Fassaden: Prinzipien der Konstruktion 9783764383190

Einführung in Gebäudefassaden für fortgeschrittene Architekturstudenten und Berufsanfänger    

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Fassaden: Prinzipien der Konstruktion
 9783764383190

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Fassaden Prinzipien der Konstruktion

Die folgenden Titel sind in Vorbereitung: Komponenten und Verbindungen in der Architektur – Prinzipien der Konstruktion Maarten Meijs, Ulrich Knaack, Tillmann Klein Bautypen in der Architektur – Prinzipien der Konstruktion Ulrich Knaack, Marcel Bilow, Tillmann Klein Materialien der Architektur – Prinzipien der Konstruktion Maarten Meijs, Ulrich Knaack, Marcel Bilow Modulsysteme in der Architektur - Prinzipien der Konstruktion Ulrich Knaack, Reinhard Hasselbach, Sharon Chung-Klatte

Ulrich Knaack, Tillmann Klein, Marcel Bilow, Thomas Auer

Fassaden Prinzipien der Konstruktion

Wir danken der Technischen Universität Delft für die finanzielle Unterstützung dieser Publikation. Weiterhin gilt unser Dank Frau Ria Stein für ihr Lektorat sowie den studentischen Mitarbeitern Jaen-Paul Willemse, Vincent van Sabben, Thijs Welman und Farhan Alibux für deren Hilfe bei der Erstellung der Zeichnungen.

Layout und Covergestaltung: Oliver Kleinschmidt, Berlin Druck: Medialis, Berlin Dieses Buch ist auch in englischer Sprache erschienen: ISBN 978-3-7643-7962-9 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. © 2007 Birkhäuser Verlag AG Basel · Boston · Berlin Postfach 133, CH-4010 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF d Printed in Germany ISBN 978-3-7643-7961-2

987654321 www.birkhauser.ch

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7 | 1 Einleitung

14 | 2 Von der Wand zur Fassade 14 | Massive Wandkonstruktionen 14 | Warmfassade / Kaltfassade 16 18 19 20 21

| | | | |

Öffnungen in massiven Wandkonstruktionen Überbrücken der Öffnung Einfachverglasung Kastenfenster Isolierverglasung

36 | 3 Konstruktionsprinzipien 37 38 42 44 45 46 46

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Konstruktionsbereiche Fassadentragwerke und Lastabtragung Raster und Position der Fassade im Bauwerk Systeme in der Fassadenkonstruktion Pfosten-Riegel-Konstruktion Elementfassade Gestaltung mit Systemen

47 | Öffnungen in Fassadenkonstruktionen 47 | Beschläge 48 | Fenster 50 | Montage

22 | Skelettartige Wandkonstruktionen 22 | Fachwerk 23 | Holzskelettbau 52 | 4 Detailprinzipien und Toleranzen 24 | Auflösung der Wand, Tragstruktur und Fassade 25 | Pfosten-Riegel-Fassade 26 | Pfostenfassade 26 | Riegelfassade 27 | Vorhangfassade 28 | Elementfassade 29 30 30 31 32 33 34

| | | | | | |

Doppelfassaden Zweite-Haut-Fassade Kastenfenster-Fassade Korridorfassade Schacht-Kasten-Fassade Wechselfassade Komponentenfassade

54 56 57 57

| | | |

Gebäuderaster und Position des Bauteils Komposition von Funktionen Prinzipien des Details Fassadenschichten im Detail

58 59 59 60 61 62 63

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Detailentwicklung an Beispielen Außenverkleidung Mauerwerk Pfosten-Riegel-Fassade Elementfassade Attika Sockel Fugen

67 | Toleranzen

70 | 5 Klima und Energie 70 | Fassade als Schnittstelle zum Außenraum 70 | Anforderungen an die Fassade 71 | Thermische Anforderungen 72 | Visuelle Anforderungen 73 | Hygienische Anforderungen 73 | Akustische Anforderungen 74 | Regulieren der Behaglichkeit mit Fassaden 74 | Lüften 77 | Heizen 78 | Kühlen 80 | Sonnen- und Blendschutz 84 | Lichtlenkung

85 | 6 Adaptive Fassaden 85 86 86 87

| | | |

Sonne Licht Wärme Glashauseffekt

87 90 90 91 92

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Geschichte der adaptiven Fassaden Kollektorfassaden Trombewand Transparente Wärmedämmung Abluftfassaden

93 94 95 96 98

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Doppelfassaden Kastenfenster-Fassade Schacht-Kasten-Fassade Korridorfassaden Zweite-Haut-Fassaden

100 | Wechselfassade 100 | Komponentenfassade

102 | 7 Beispiele Elementfassade: 102 | Debitel-Hauptverwaltung, Stuttgart Massive Betonfassade: 106 | Zollverein School of Management and Design, Essen Frei geformte Metallfassade: 110 | Guggenheim Museum, Bilbao Holzskelettfassade mit verschiedenen Verkleidungen: 114 | Hageneiland Housing, Ypenburg

120 | 8 Die Zukunft der Fassade 120 121 121 121 121 122

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Motoren der Entwicklung Material und Technologie Technologietransfer Nanobeschichtungen Klebstofftechnologie Smart Materials

124 124 125 125 126 127

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Produktion und Montage Frei geformte Fassaden Modulares Bauen Kompositbaustoffe Generative Fertigungsverfahren Computertechnologie

128 | Bewertungsstrategien 128 | Funktionalität von Fassaden 129 | Planungsmedien 130 | Die integrale Hülle

Anhang 132 | Autoren 133 | Auswahlbibliografie 134 | Register 135 | Bildnachweis

1 | Einleitung Fassaden – Prinzipien der Konstruktion, so der Titel dieses Buches. Selbstverständlich fragt man sich, warum noch ein Buch über Fassaden – gibt es doch schon genügend, die sich auf Themen wie transparente Fassaden, Doppelfassaden oder materialspezifische Fassadenkonstruktionen (1, 2) konzentrieren. Hier mag der Untertitel – Prinzipien der Konstruktion – Aufschluss geben: Dieses Buch richtet sich an Architekten und Studierende, die sich eher grundsätzlich mit den Prinzipien von Fassaden beschäftigen möchten. Nicht einzelne Themenschwerpunkte werden fokussiert, sondern die Grundsysteme von Fassaden, deren Entstehung sowie die Prinzipien des Konstruierens, der Bauphysik und der Integration in das Bauwerk. Ziel ist weder eine Sammlung von konstruktiven Beispielen noch eine Zusammenstellung von aktuellen und regelgerechten Details, sondern vielmehr die Schaffung eines prinzipiellen Verständnisses von Fassaden und deren technischer Umsetzung. Mit diesem Verständnis, welches nicht an Verfallsdaten von Eurocode-Normen oder technischen Richtlinien gebunden ist oder in Abhängigkeit von spezifischen Materialparametern steht, wird es möglich, Projektbeispiele zu analysieren, zu verstehen und anschließend eigene Entwicklungen technisch richtig umzusetzen.

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Jüdisches Museum, Berlin, Daniel Libeskind, 1999 Fassadendetail. Das architektonische Konzept sah eine homogene Blechfassade vor, die in der konsequenten technischen Umsetzung eine Metamorphose hin zu einer mehrschichtigen hinterlüfteten Fassade mit innen liegenden Regenentwässerungen und Notüberläufen durchmachte.

Guggenheim Museum, Bilbao, Frank O. Gehry, 1997 Geometrisch komplexe Gebäudeecke: Die Lösung der Geometrie und der Einpassung des Fassadensystems obliegt dem Architekten, das konstruktive System der Pfosten-Riegel-Fassade wird jedoch nicht verändert.

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Dieser Ansatz versteht sich als Teil einer ganzheitlichen Entwurfsauffassung: Ein architektonischer Entwurf beinhaltet neben der Idee sowie einer Raumkomposition und der Organisation der Funktionen des Gebäudes auch die bautechnische Umsetzung. Die Definition der Materialisierung von Oberflächen und Strukturen sowie deren Fügung im Detail ist damit Ausdruck des Gesamten. Somit ist das Detail Teil des architektonischen Konzeptes oder besser als Element mit besonderer Maßstabsebene zu verstehen. Hierüber muss der Architekt gestalterische Kontrolle haben, andernfalls entsteht das Detail zufällig und kann den architektonischen Raum entgegen der ursprünglichen Konzeption beeinflussen. Der Architekt kann im derzeitigen Entwicklungsstand der Fassadentechnologie nicht mehr jedes Detail vollständig technisch kontrollieren – zu groß ist die Bandbreite der technischen Entwicklung und die Produktvielfalt. Dieses Buch gibt einen Überblick über typische Lösungen, die dahinter steckenden Systeme sowie deren Funktionsweisen, um den Architekten zu einem kompetenten Gesprächspartner für einen Fassadenspezialisten zu machen. So kann er inhaltlich verstehen, in welchem Bereich des Entwurfs welches System sinnvoll eingesetzt werden kann und wo dessen technische und geometrische Grenzen liegen. In diesem Buch werden Fassaden nicht als isoliertes Bauteil an einem Gebäude verstanden, sondern als integratives Element mit wesentlicher Bedeutung für die Erscheinung, welches zusätzlich auch Funktionen des Tragens, der aktiven oder passiven Klimatisierung (3) und der gestalterischen Individualisierung (4) des Gebäudes beinhalten soll.

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Debitel-Hauptverwaltung, Stuttgart, RKW Architektur + Städtebau, 2002 Beispiel einer integrativen Planung von Architektur und Klimakonzept: Die für Zuluft sorgende Wechselfassade mit Solarkamin zur Abluftführung wurde neu entwickelt.

Wintergärten der Cité des Sciences et de l’Industrie, Parc de la Villette, Paris, RFR, 1986 Bei dieser hängenden Verglasung übertragen gelenkig gelagerte Glashalter das Gewicht der Glasscheiben in die jeweils darüber liegenden Scheiben; die Horizontalkräfte werden durch die Seilverspannung aufgenommen.

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Fassadenplanung und Konstruktion Fassaden sind nicht nur auf den tatsächlichen Raum der Konstruktion begrenzt, sondern beeinflussen auch den Raum außerhalb und innerhalb des Gebäudes. Eine Fassade ist der Hauptfaktor bei der Wahrnehmung des Gebäudes und strahlt zudem in den Innenraum aus. Aussicht, Belichtung, Belüftung, Nutzerkomfort, Teil der Haustechnik, eventuell auch der Tragstruktur sind Aufgaben der Fassade. Fassaden sind ein Bestandteil im Gesamtbaugefüge mit direkten Verbindungen zur Gestaltung, Nutzung, Statik und gebäudetechnischen Ausstattung. Dies hat entscheidende Auswirkungen auf die gesamten Planungs- und Konstruktionsvorgänge. Die Planung einer Fassade ist ein Kommunikations- und Entscheidungsprozess, der sich mit der Ausformulierung des Gebäudes und der Fassade vertieft: Als einzelne Phasen können Idee, Funktionsbestimmung, Entwurf, Ausführungsplanung sowie Montage definiert werden. Bestimmte Prozesse tauchen bei jeder dieser Phasen wieder auf: die Rückkopplung mit der Gesamtgestaltung und Funktionsdefinition sowie die Bedeutung in der Gesamtstruktur des Gebäudes (Statik, Gebäudetechnik, Nutzung, Sicherheit). Exemplarisch sei der folgende Verknüpfungsvorgang zwischen Entwurf und Fassade beschrieben: Wasser muss vom Gebäude fern gehalten werden. Dazu wird im Entwurf beispielsweise mit überstehenden Dachrändern und zurückgesetzten Fensterebenen gearbeitet (5). Für den Bereich Konstruktion hat dies zur Folge, dass eine Systementscheidung für einen geschichteten Aufbau mit gezielter Entwässerungsführung über Regenrinnen oder Tropfkanten erfolgt. Die Montage muss von unten nach oben verlaufen, damit Überstände und die Abdichtung angelegt werden können.

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Dachüberstand als Wetterschutz, Ouro Pre´`to, Brasilien Ausbildung eines großen Dachüberstandes als Witterungsschutz für die darunter befindlichen Wand- und Fensterflächen. Die Fenster selbst sind im oberen, geschützten Geschoss als Öffnungsflügel, im unteren Geschoss als nach innen versetzte Schiebefenster ausgebildet, da diese einfacher abgedichtet werden können.

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Eine ähnliche Verknüpfung von Entwurfs- und Detailentscheidungen bietet das Beispiel der Ganzglasfassade: Mit der Entwurfsidee einer möglichst transparenten Hülle geht im Allgemeinen die Entscheidung einher, die Fassade nicht tragend auszuführen und so möglichst viel Glas in der Fassade in Erscheinung treten zu lassen (6). Für die Konstruktion bedingt dies die Systementscheidung für eine Ganzglasfassade, die unabhängig vom Baukörper angeordnet und mit einer Bewegungsfuge versehen wird, um eine statische Belastung der Glasfassade durch das Gebäude zu vermeiden. Die Fassadenplanung ist also ein integraler Prozess, abhängig vom Entwurf und mit Rückkopplungen zu diesem. Ein Prozess, der schrittweise vollzogen werden muss. Und gemäß dieser Systematik ist auch dieses Buch aufgebaut: Das Kapitel „Von der Wand zur Fassade“ beschäftigt sich mit der Entwicklung der heutigen Fassaden und ihrer typologischen Einordnung. Das Kapitel „Konstruktionsprinzipien“ erläutert den Zusammenhang zwischen der Gebäudestruktur und den Fassadensystemen. Das Kapitel „Detailprinzipien und Toleranzen“ thematisiert das Ausarbeiten der Prinziplösungen im Detail. Den Themenkomplex der integrierten Planung sowie der bauphysikalischen Aspekte der Fassade behandelt das Kapitel „Klima und Energie“. Im Kapitel „Adaptive Fassaden“ wird analysiert, wie Fassaden auf sich ändernde Parameter reagieren können. Der Abschnitt „Beispiele“ erläutert anhand von ausgewählten Projekten typische und besondere Fassadenlösungen. Abschließend erlauben sich die Autoren einen Ausblick auf mögliche Entwicklungslinien der Fassadentechnologie. Man fragt sich, wieso wir heute Fassaden als hochtechnische Bauteile beschreiben, sind sie doch seit je ein einfach mitzuplanendes Gewerk des Architekten gewesen. Insbesondere klassische Architektur besticht doch durch simple Detaillösungen mit technischer Einfachheit. Wie einfach und simpel kann eine Einfachverglasung ausgeführt werden, ohne komplexe Aluminiumprofile, einfachst aus Flachstählen zusammengeschweißt und extrem schlank in den Ansichten.

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Haus Farnsworth, Plano, Illinois, Ludwig Mies van der Rohe, 1950 Das Sommerhaus liegt eingebettet in die Landschaft; es ist aufgeständert, um dem jährlichen Hochwasser zu widerstehen, aber auch um sich von der Umgebung zu lösen.

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Heutige Gebäude bestehen im Gegensatz zu den historischen Beispielen von Mies van der Rohe (7) und Niemeyer (9) meist aus einer Vielzahl komplexer und miteinander verknüpfter technischer Lösungen für das Tragwerk, die technische Ausrüstung und die Fassade. Für jeden dieser Gebäudebereiche haben sich eigene Planungsdisziplinen entwickelt. Die Fassade ist heute ein komplexes Bauteil mit einer Vielzahl an Funktionen und dazugehörigen technischen Lösungen. Betrachtet man die Lösungen der Architektur der klassischen Moderne, kann man feststellen, dass diese aus ihrer Zeit heraus berechtigt waren, jedoch heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Gesteigerte Komfortansprüche bezogen auf Wärmedämmung sowie Luft- und Regendichtigkeit erlauben heute in den Klimazonen der meisten Industriestaaten keine Einfachverglasungen mehr. Hieraus entsteht die Notwendigkeit, die Konstruktionsprofile thermisch zu trennen, gefolgt von der Abhängigkeit, diese Trennung auch in Flügelrahmen, Entwässerungsebenen und Beschlagstechnologie einzuhalten. Die Komplexität allein der technischen Aspekte nimmt hierbei exponential zu. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang die Erweiterung des Wissens zu Werkstoffen und deren rasante Neuentwicklung, erscheinen die Möglichkeiten aber auch die Problemstellungen nahezu unbegrenzt.

Entwicklungstendenz Komplexität

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Fassadendetail Haus Farnsworth, Plano, Illinois Das Detail besteht aus einem inneren Flachstahlwinkel, einer eingeklemmten, nicht wärmedämmenden Einfachverglasung und einer äußeren auf-geschraubten Klemmleiste. Wie damals üblich sind weder Wärmebrücken noch eine Fugenentwässerung innerhalb der Profile vorgesehen; wegen der Sommernutzung war dies nicht notwendig.

Historische Fassaden in Bilbao Als Teil des Wohnraumes in der Übergangszeit und als Teil eines klimatischen Puffers im Sommer dienen die verglasten Balkonbereiche in mediterranen Klimazonen.

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Die Tendenz in der Fassadentechnologie ist die der zunehmenden Komplexität. Die Bandbreite der Möglichkeiten nimmt zu, technische Lösungen werden zum Indikator für Aktualität der Entwurfsverfasser und der Bauherren: Immer „intelligentere“ Doppelfassaden (10), von denen wir hoffen, dass sie weiteren Komfort für den Nutzer bringen, werden entwickelt – die Frage nach der tatsächlichen Praktikabilität mit Nutzern, die erst in einem Prozess an dieses System gewöhnt werden müssen, bleibt jedoch zum Teil unbeantwortet. Und so schlägt das Pendel der Entwicklung manchmal zurück und inhaltlich sinnvolle Entwicklungen vergehen – heute wissen wir um die Problematiken von Doppelfassaden, die in einer Vielzahl gebaut worden und durch falsche Konzeption oder falschen Betrieb in Ungnade gefallen sind, und können daher die Vor- und Nachteile besser einschätzen. Betrachten wir jedoch bekannte Technologien oder Systeme, so stellen wir fest, dass die beschriebenen Doppelfassaden durchaus ihre historischen Vorgänger haben, beispielsweise das mediterrane Kastenfenster (8) oder die dezentralen Haustechnikmodule, die sogenannten „fan coil units“, welche wir auch von alten amerikanischen Hochhausfassaden kennen. Die Themen, mit denen sich die Fassadentechnologie heute beschäftigt, sind Energie,

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Banco Mineiro de Produção, Belo Horizonte, Oskar Niemeyer, 1953 Die schlanken Profile und die Einfachverglasung am Verwaltungsgebäude von Oskar Niemeyer bestehen auch heute noch in gleicher Art und Funktion, da die klimatischen Gegebenheiten keine thermische Isolierung erfordern. Zur Kühlung des Innenraumes im Sommer sind Klimageräte je nach Wünschen der Nutzer individuell platziert.

ARAG Tower, Düsseldorf, RKW Architektur + Städtebau mit Foster and Partners, 2000 Diese gut konzipierte Doppelfassade ist ein Schacht-Kasten-System mit individuellen Kastenfenstern und über mehrere Geschosse fungierenden Entlüftungsschächten in der Glasfassade.

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Nutzerkomfort, Individualisierung von Fassaden (11) sowie die Sanierungsproblematik von bestehenden Fassaden. Getragen werden all diese Themen von der Suche nach neuen Lösungen, um Fassaden für alle Funktionen, klimatische Situationen und geografische Orientierungen (12) zu finden. Nach Auffassung der Autoren sind zwei Hauptrichtungen der Entwicklung zu erwarten: eine weitere Vertiefung der technischen Entwicklung mit verbesserten Planungsinstrumenten, Herstellungsverfahren und Systemvarianten sowie eine Vereinfachung von Fassaden durch Integration von Komponenten und Funktionen in zwar komplex zu konzipierende, aber einfach zu betreibende Fassaden. Es gibt aber keine Ausschließlichkeit bei Fassaden, kein absolutes Falsch oder Richtig. Fassaden sind immer das Ergebnis einer individuellen Entwicklung, von kreativen Planern für einen Ort, eine Situation, eine Architektur konzipiert. Dieses Buch versteht sich als Anleitung zum Analysieren, Denken und Entwickeln. Es fordert dazu auf, sich ständig über neue, aber auch althergebrachte Themen zu informieren, zu lernen – durch Beobachten, Baustellenbesuche und Fragen.

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Institut du Monde Arabe, Paris, Jean Nouvel, 1989 Südfassade des Instituts du Monde Arabe mit einer technischen Interpretation des arabischen Sonnenschutzes als scheibenintegriertes System. Die Blenden schließen oder öffnen sich je nach Sonnenstand.

Juscelino Kubitschek-Komplex, Belo Horizonte, Oscar Niemeyer, 1951 Nordfassade eines Wohnhochhauses aus den fünfziger Jahren mit für jede Wohnung individuell regelbaren Sonnenschutzlamellen. Durch die unterschiedlichen Neigungen der Lamellen entsteht eine Textur in der Oberfläche, die dem Gebäude eine sich verändernde Erscheinung gibt – eine gestalterisch durchaus aktuelle Fassade.

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2 | Von der Wand zur Fassade Heutige Wand- und Fassadenkonstruktionen sind in Erscheinung und Funktion gekennzeichnet von einem langen Prozess der Entwicklung. Ausgehend von den beiden grundsätzlichen Urformen des menschlichen Lebens, dem sesshaften und dem nomadenhaften Dasein und den damit entstehenden funktionalen, technischen und gestalterischen Verknüpfungen können Wand- und Fassadenformen bezüglich ihrer Entstehungshintergründe und Entwicklungslinien skizziert werden. Je nach klimatischen Gegebenheiten und den sich daraus ergebenden Lebens- und Wohnformen kamen zwei grundsätzlich verschiedene Ursprungsprinzipien des Einhüllens zur Anwendung: massive, ortsfeste und auf Dauerhaftigkeit ausgelegte Wandkonstruktionen zum Einen, zum Anderen elementierte Fassaden in Form von Zelten für den flexiblen und mobilen Einsatz. Dieser Überblick der Entwicklungslinien verfolgt weniger die kulturellen und historischen Aspekte. Er

Massive Wandkonstruktionen Bewohner kalter Klimazonen sowie sesshafte Volksgruppen bevorzugten möglichst massive Wandkonstruktionen (1, 4). Sie bestanden aus vorgefundenen oder einfachen selbst gefertigten Konstruktionselementen wie Findlinge, Bruchstein oder gebrannter Ziegel. Ziel dieser Konstruktionsprinzipien war eine Dauerhaftigkeit der Wand gegen Witterungseinflüsse bei möglichst einfacher Bau- und Konstruktionsweise. In der Neuzeit haben diese massiven Konstruktionen selbstverständlich in der Herstellung und der Verarbeitung eine Entwicklung entsprechend der technischen Möglichkeiten erfahren – heutige massive Konstruktionen werden aus tragenden und wärmedämmenden Werksteinen hergestellt oder zwecks Wärmeschutz mit Isolierungen versehen – das konstruktive Prinzip aber ist gleich geblieben.

beschäftigt sich vor dem Hintergrund konstruktiver und funktionaler Zusammenhänge vielmehr mit der strukturellen Entwicklung

Warmfassade / Kaltfassade

und der hierin liegenden Logik. Er ist also keine chronologische

Bei massiven Wandkonstruktionen werden heute zwei Systeme

Reihenfolge, sondern erläutert die aufeinander aufbauenden

unterschieden: Warmfassaden (2), bei denen sich die wärme-

Konstruktionsschritte, um Abhängigkeiten und Verknüpfungen er-

dämmende Schicht außen, oder innen, direkt auf der Fassaden-

kennbar zu machen. Der Fokus des Überblicks liegt auf aktuellen

konstruktion befindet, oder Kaltfassaden (3, 5), bei denen die

Entwicklungen, die jedoch keinesfalls abgeschlossen sind.

wärmedämmende Schicht durch eine Luftschicht von der Wetterschutzschicht getrennt ist. Die Luftschicht bewirkt, dass die wärmedämmende Schicht austrocknen kann, wenn durch einen Schaden in der Wetterschutzschicht Wasser eindringt.

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Massivwand Massive Wandkonstruktion als monolithisches oder aus Elementen zusammengesetztes Bauteil, eventuell mit einer separaten Wetterschutzschicht, hier in Form eines Außenputzes

Warmfassade Warmfassaden erhalten eine wärmedämmende Schicht direkt auf der Konstruktionsebene. Die Außendämmung muß wasserbeständig sein, da ihre Funktion bei Schäden an der Fassadenkonstruktion ansonsten aufgehoben wird. Bei einer Innendämmung kann die Speichermasse der massiven Wand nicht mehr aktiv zum Raumklima beitragen.

Kaltfassade Kaltfassaden zeichnen sich durch einen hinterlüfteten Hohlraum zwischen äußerer Wetterschutzschicht und der Wärmedämmung aus.

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Marktplatz in Siena, 13. Jahrhundert Gemauerte Massivwände als tragende und raumabschließende Konstruktion

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Bürogebäude Port-Event-Center im Düsseldorfer Hafen, Norbert Wansleben, 2002 Kaltfassade des Sockelgeschosses eines Bürobaus im Düsseldorfer Hafen. Die transparente Wetterschutzschicht lässt die Konstruktion, den durchlüfteten Hohlraum sowie die Wärmedämmschicht erkennen.

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Massive Wandkonstruktionen Zur Verbesserung der Funktion des Gebäudes folgte die Öffnung

Mit dem Wunsch nach Entmaterialisierung des Raumes geht die

der Wandkonstruktionen, um die Möglichkeit des Rauchabzugs

Auflösung der massiven Wand einher (8). Aufbauend auf das

vorzusehen (6). In einem weiteren Entwicklungsschritt wurden

konstruktive Wissen der Romanik werden mit den gotischen Ka-

die Öffnungen vergrößert, um eine Belichtung zu ermöglichen.

thedralen die bis dahin monolithischen Wände in eine Vorstufe

Als Lösung für die Problematik der Unterbrechung des Gefüges

der Skelette aufgelöst. Diese bestehen aus kreuzförmig unter-

der massiven Wand wurden zuerst horizontale Balken als Sturz

stützten Schalenkonstruktionen, die ihre Lasten auf Pfeiler und

verwendet.

aussteifende Wandflächen abtragen (7). Die vertikalen Kräfte

In der Gotik wurden dann die bis dahin verwendeten mas-

werden so an vorgesehenen Stellen konzentriert und gebündelt

siven Wandkonstruktionen immer weiter reduziert. Es entstan-

nach unten abgeführt, um in den „kraftfreieren“ Flächen die Mög-

den große verglaste Öffnungen mit einer bis heute bewunderns-

lichkeit von großen Öffnungen zu erhalten. Da im System durch

werten konstruktiven Kühnheit.

die Umleitung der Kräfte Horizontalkräfte entstehen, müssen diese durch geschickte Reihungen oder außen liegende Auflasten ebenfalls nach unten umgelenkt werden.

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Auflösung der Wand im Kirchenbau Durch das Einfügen von großen Fenstern im Kirchenbau wird die Wand aufgelöst. Die Verglasungen werden durch Rahmen in kleinformatige Scheiben geteilt.

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7

Kathedrale von Amiens, 1220-1269 Die Auflösung des Raumes erfolgt durch eine Aufgliederung der Konstruktion in tragende und hüllende Elemente. Große Flächen werden von Tragfunktionen befreit und es entstehen Fenster.

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Bürgerhäuser in Antwerpen, 16. Jahrhundert Mit dem Erstarken des Bürgertums werden die aufgelösten Wandflächen auch für nicht- sakrale Gebäudezwecke verwendet, beispielsweise in den historischen Bürgerhäusern am Markt von Antwerpen.

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Überbrücken der Öffnung Da bei großen Öffnungen (9) das Prinzip Sturz schnell an konstruktive Grenzen stößt, erfolgte in einem nächsten Entwicklungsschritt das Überbrücken der Öffnung durch Bögen. Aufbauend hierauf gelang in der Gotik die Entwicklung des Spitzbogens, welcher aufgrund seiner Form das Eigengewicht der darüber liegenden Wand besser abtragen kann. In der heutigen Formensprache werden bei Öffnungen in massiven Wänden wieder Stürze aus Stahl oder Stahlbeton eingesetzt (10).

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Öffnung der Wand Unterbrechung einer massiven Wand mittels Öffnungen, um Luftaustausch und Belichtung zu ermöglichen

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Überbrücken der Öffnung Die Entwicklung der Öffnung in einer massiven Wand beginnt mit dem einfachen Sturz aus Holz. Sind größere Spannweiten zu überbrücken, erfolgt dies mittels eines Bogens. Um höhere Eigengewichte aufnehmen zu können, werden in der Gotik Spitzbögen entwickelt. Heutige Öffnungen werden meist mit verdeckten Trägern realisiert.

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Einfachverglasung Um den Erhalt der Raumwärme bei Beibehaltung der Belichtung der Räume zu ermöglichen, werden diese Öffnungen in einem nächsten Entwicklungsschritt mit transluzenten Materialien – beispielsweise dünn geschnittene Marmortafeln bei römischen Thermen – ausgefüllt. Mit der Entwicklung von Glas als Baustoff werden die Öffnungen durch einlagige Verglasungen geschlossen, um neben dem Lichteinfall eine Sichtbeziehung nach außen zu ermöglichen (11, 12). Dies beginnt aufgrund der technisch begrenzten Herstellungsmöglichkeiten mit kleinen Glasscheiben, woraus konstruktiv kleinformatige Fenster resultieren. Mittels der Bleiverglasungen als Verbindungstechnik für die Glasscheiben entstehen im Folgenden größere Fensterelemente, die sich insbesondere im Sakralbau durch ihre Farbigkeit hervorheben. In der Moderne werden große Einfachglasscheiben häufig in Stahlprofile eingesetzt.

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Einfachverglasung Einfachverglasungen werden in Öffnungen eingebracht, um Belichtung und Durchsicht zu ermöglichen und gleichzeitig Wärme im Raum zu halten. Je nach Größe der Öffnungen und den verfügbaren Scheibengrößen werden mittels Rahmen konstruktive Teilungen vorgenommen.

Weißenhofsiedlung Stuttgart, Ludwig Mies van der Rohe, Le Corbusier, Walter Gropius, 1926/27 Einfachverglasung und Fensterrahmen aus Stahlprofilen in einer Baugruppe der Weißenhofsiedlung Stuttgart. Position des Fensters an der Außenseite der Mauerwerksöffnung, um eine flächige Erscheinung des Baukörpers zu erreichen.

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Kastenfenster Als weiterer Schritt in dieser Entwicklung kann das Kastenfenster betrachtet werden. Hier besteht die Verglasung aus zwei Schichten, die je nach Witterung oder Jahreszeit genutzt werden, um einen zusätzlichen Klimapuffer zu erzeugen (13, 14). Als Variante kann auch bei kalter Witterung eine zweite Glasschicht angebracht werden. Der Zwischenraum ist nicht hermetisch abgeschlossen, um einen Feuchteausgleich nach außen zu ermöglichen. Bei dieser Konstruktion kann von einer ersten intelligenten Wand gesprochen werden: Der Nutzer entscheidet je nach Klima und eigenen Bedürfnissen, wann das Fenster zu öffnen ist. Verlangen die äußeren klimatischen Gegebenheiten eine Verstärkung des Wärmeschutzes, wird die zweite Ebene des Kastenfensters geschlossen.

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Kastenfenster Kastenfenster entstehen, wenn saisonal eine zweite Fensterebene installiert wird. Der Nutzer entscheidet je nach Temperatur über die Anzahl der geschlossenen Schichten.

Fassaden-Loggien in Bilbao Variante des Kastenfensters: als Loggien ausgebildete Vorräume vor den eigentlichen Fenstern. Diese Bereiche können in den Übergangszeiten als Zwischenraum genutzt werden und dienen in der kalten Jahreszeit als zusätzlicher Klimapuffer.

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Isolierverglasung Der folgende Entwicklungsschritt war das Zusammenführen des Kastenfensters auf nur eine Funktionsebene. Bei der so entstandenen Isolierverglasung (15, 16) isolieren dauerhaft verbundene Glassscheiben mittels einer Luft- oder Edelgasschicht das Innenklima gegenüber dem Außenklima. Nach einigen Experimenten mit gläsernen Rändern werden heute üblicherweise die Glassscheiben mit Silikon auf Aluminiumschienen aufgeklebt.

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Isolierverglasung Dauerhaft verbundene Glasscheiben erhöhen als Isolierverglasung die thermische Isolation des Innenraumes gegenüber dem Außenraum.

Fondation Cartier, Paris, Jean Nouvel, 1994 Die Fassade weist links Einfachverglasung und rechts Isolierverglasung auf.

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Skelettartige Wandkonstruktionen

Fachwerk

Parallel zu den massiven Konstruktionen entstanden in noma-

Aus der Auflösung der massiven Wand und der von vornherein

dischen Gesellschaften Skelettstrukturen, die zeltartig eingehüllt

funktionsgetrennten Zeltkonstruktion lässt sich die allmähliche

wurden (17). Ausschlaggebend für diese Konstruktionsweise

Entwicklung der Wand zur Fassade beobachten: Skelette als

war das Transportproblem: Skelett und Hülle mussten maximale

Holzrahmenkonstruktionen entstehen, bei welchen das Skelett

Leichtigkeit aufweisen, weshalb massive Bauteile ausschieden.

als System errichtet und dann mit Ausfachungen verschiedenster

Hieraus folgt die Notwendigkeit einer Trennung der Funktionen

Art geschlossen wird (19).

Stützen – die Unterkonstruktion – und Dichten mit der Hüllfläche.

Die europäische Version dieser Konstruktion ist das Fachwerk (18). Hier werden Holzskelette je nach Region mit Geflecht, Lehm oder Ziegeln ausgefacht. Die Geschossdecke wird entweder im normannischen Fachwerkbau in die Wandkonstruktion eingelegt oder im alemannischen Fachwerkbau auf die Wand aufgelegt. Bei letzterer Bauweise ist das Stapeln der Geschosse in der Außenansicht ablesbar.

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Zelt Zeltstrukturen entstehen durch die Notwendigkeit des Ortswechsels bei nomadischer Lebensweise. Die Konstruktion wird für einfachen Auf- und Abbau konzipiert, indem Tragwerk und abdichtende Haut getrennt werden.

Fachwerkhäuser, Detmold, 16. Jahrhundert Beim Fachwerk trägt die Skelettkonstruktion, während die Flächen lediglich mittels Ausfachungen geschlossen werden. Gut erkennbar ist auch das Stapeln der einzelnen Geschosse.

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Holzskelettbau Die amerikanische Variante dieses Prinzips ist das des Holzskelettbaus. Es besteht aus tragenden hölzernen Schotten, welche mit Ausfachungen aus Holzwerkstoffplatten geschlossen werden. Diese tragen zur Aussteifung der Wandscheiben bei. Diese Bauweise legt keinen Wert auf bauphysikalische Masse, woraus ungünstige Wärmespeicherungseigenschaften resultieren. Unterschieden werden Platform und Balloon Framing: Beim Balloon Framing (21) werden die Geschossdecken in die Wandkonstruktion eingelegt, während beim Platform Framing (20) die Geschossdecken auf die Wandscheiben aufgelegt werden. Bei mehren Geschossen werden diese dann auf die Plattform aufgesetzt.

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Platform Framing Bei der amerikanischen Platform Framing-Holzskelettbauweise wird ein vertikales Ständerwerk als Wandkonstruktion mit Holzplatten und Wärmedämmung geschlossen. Die Geschossdecken werden auf die Wandflächen aufgelegt.

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Holzskelettbau Holzskelettbau besteht aus schlanken Pfosten, die mit einer Verschalung innen und außen geschlossen werden. Im Zwischenraum befindet sich die Wärmedämmung.

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Balloon Framing Balloon Framing besteht aus geschosshohen Pfosten, die mit einer Verschalung außen und innen geschlossen werden. Im Gegensatz zum Platform Framing werden Geschossdecken in die Wand eingefügt.

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Auflösung der Wand in Tragstruktur und Fassade Die bisher beschriebene Entwicklung definiert einen über meh-

Durch diese Entwicklungsschritte vorbereitet gelingt mit der klas-

rere Jahrtausende andauernden Prozess. Die folgenden Entwick-

sischen Moderne die vollständige Trennung der Hülle von der

lungsschritte vollziehen sich nun in einem nur ca. 100-jährigen

Struktur des Gebäudes und damit die Auflösung der Wand zur

Zeitraum. Auch sie sind nicht notwendigerweise in einer chrono-

Fassade. Die Tragfunktion wird auf – nach Möglichkeit nach in-

logischen Reihenfolge zu sehen – vielmehr wird der strukturelle

nen gezogene – Stützen verlagert, während die Fassade außen,

Entwicklungsweg skizziert.

vor der Struktur des Gebäudes vorbei geführt wird (22).

Im Vorfeld der klassischen Moderne beschäftigten sich Architekten mit der weiteren Trennung der Funktionen der Wand. Tragen sowie Dichten und Durchsicht wurden immer mehr voneinander getrennt, wobei die vollständige Lösung der Funktion Tragen aufgrund der technischen Beschränkungen durch die Massivbauweise noch nicht erreicht wird. Beispielhaft hierfür können großformatige Fensteröffnungen angeführt werden, die ohne konstruktive Verknüpfung in Wände eingebracht werden.

22

Haus Farnsworth, Plano, Illinois, Ludwig Mies van der Rohe, 1950 Ein Beispiel für die totale Trennung von Tragwerk und Fassade ist Mies van der Rohes Haus Farnsworth. Die Ebene des Tragwerkes liegt vor der Fassade und definiert die gestalterische Idee von zwei Ebenen. Die Ebene der Fassade liegt innen und tritt nahezu vollständig zurück, um Innen- und Außenraum verschmelzen zu lassen.

24

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

Pfosten-Riegel-Fassade Die Entwicklung der Auflösung der Wand zur Fassade beruht

23

auf in dieser Zeit vorgenommenen theoretischen Betrachtungen und führt in ihrer letzten Konsequenz zu den bekannten Vorstellungen von vollverglasten Gebäuden. Weniger in der historisch richtigen Reihenfolge als vielmehr in der strukturellen Folge kann somit die Pfosten-Riegel-Fassade als der konsequente Schritt

Pfosten-Riegel-Fassade Pfosten-Riegel-Systeme bestehen aus geschosshohen Pfosten, in die Riegel eingesetzt werden. Anschließend werden die Flächen entsprechend den Anforderungen ausgefacht.

der Auflösung der Wand verstanden werden. Die Systeme bestehen aus geschosshohen Pfosten und eingesetzten Riegeln. Die entstehenden Flächen werden mit verschiedenen Funktionen – Ausfachen, Belichten, Lüften – belegt (23, 24). Da es sich um stehende Pfosten-Riegel-Fassaden handelt, besteht die Funktion der Pfosten neben der Ableitung der Windlasten auch in der Ableitung des Eigengewichtes der Konstruktion und der Ausfachung.

24

Bibliothek der TU Delft, Mecanoo Architecten, 1998 Pfosten-Riegel-Konstruktion der Bibliothek der TU Delft, bestehend aus vertikalen Pfosten und horizontalen Riegelelementen. Die Glasscheiben werde mittels außen liegender Klemmleisten fixiert.

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

25

Pfostenfassade

Riegelfassade

Neben den reinen Pfosten-Riegel-Konstruktionen sind auch Pfo-

Bei der Reduzierung der Konstruktion auf Riegel handelt es sich

sten-Konstruktionen sowie Riegel-Konstruktionen mit Zugstan-

im Gegensatz zur stehenden Pfosten-Riegel-Konstruktion (28)

gen zur Lastabtragung entwickelt worden. Ziel dieser Varianten

um ein hängendes System (26). Hierbei wird das Eigengewicht

ist immer die Verbesserung der Filigranität mittels Verringerung

nach oben abgeleitet, um Konstruktionsmasse zu sparen und um

der Konstruktionsglieder in der Fassade, um eine größere Trans-

die Elemente nicht mehr auf Knicken zu beanspruchen. Für die

parenz zu erreichen. Bei den Pfosten-Konstruktionen erfolgt die

Zugstangen sind jedoch meist aufwendige Überzugkonstrukti-

Beschränkung der Konstruktion durch die maximal möglichen

onen im Kopfbereich der Fassade notwendig. Lediglich die Hori-

Abmessungen der Ausfachung (25).

zontalkräfte werden durch die Riegel aufgenommen.

25

26

Pfostenfassade Die geschosshohen Pfosten tragen Windlasten und das Eigengewicht der Konstruktion ab.

Riegelfassade Fassadenkonstruktionen, in denen lediglich Riegel verwendet werden, bedürfen einer vertikalen Abspannung, um das Eigengewicht der Konstruktion abzuleiten. Windlasten werden hier über die Riegel abgeleitet.

26

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

Vorhangfassade Strukturell gesehen entstehen aus den hängenden Fassaden, die keine Probleme mit Knick-Beanspruchungen haben, die Vorhangfassaden oder Curtain Walls (27, 29). Da kaum noch konstruktive Abhängigkeit zum Haupttragwerk des Gebäudes besteht, können Teilungen und Gliederungen freier gewählt werden. Auch können hierdurch Ausfachungen bzw. Verglasungen entsprechend des jeweiligen ästhetischen Anspruches und der funktionalen Anforderungen verwendet werden. Üblicherweise erfolgt eine Abtragung der Vertikallasten und der Horizontallasten geschossweise, kann aber auch mit eingefügten Tragwerkkomponenten über größere Distanzen überbrückt werden.

28

Stehende Pfosten-Riegel-Fassaden Stehende Pfosten-Riegel-Fassaden stehen üblicherweise als geschosshohe Konstruktion auf. Hieraus resultiert das Problem des Knickens der Pfosten.

27

29

Federal Center, Chicago, Ludwig Mies van der Rohe, 1964 Mies van der Rohes Federal Center in Chicago ist ein Beispiel für eine Curtain Wall. Es manifestiert sich der Wunsch nach industriell hergestellten Fassaden, welcher sich aus der Architekturästhetik entwickelt – handelt es sich doch konstruktiv um vorfabrizierte Halbzeuge, deren Zusammenstellung und Montage in handwerklicher Ausführung vor Ort erfolgt.

Vorhangfassade Im Gegensatz zu reinen Pfosten-Riegel-Systemen wird bei der Curtain Wall oder Vorhangfassade das Eigengewicht über hängende Pfosten abgetragen. Der Vorteil liegt in der Vermeidung des Knickproblems der Pfosten sowie einer weitgehenden Unabhängigkeit von der Hauptstruktur des Gebäudes.

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

27

Elementfassade Heute übliche Vorhangfassaden werden in Stabsysteme oder Elementsysteme (30) unterschieden. Je nach Aufbau der Konstruktion besteht die Möglichkeit, die Elemente teilweise vorzufertigen und dann vor Ort zu fügen oder als vollständige Elementfassade zu installieren. Die Vorteile liegen in der gesicherten Qualität der Produktion, einer schnellen Montage und dem geringen Personalaufwand auf der Baustelle. Dennoch konnten sich Elementsysteme noch nicht vollständig durchsetzen, sondern bleiben trotz ihres hohen Vorfertigungsgrades auf besondere Bauaufgaben wie zum Beispiel Hochhäuser (31) beschränkt, da ihre Montage mittels eines Krans erfolgt und somit entsprechend logistischer Aufwand entsteht.

30

Elementfassade Elementierte Fassaden werden im Gegensatz zu Pfosten-Riegel-Systemen als vollständige Fassadenelemente industriell hergestellt und vor Ort von einer kleinen Mannschaft montiert.

31

Westhafen Haus, Frankfurt, Schneider + Schumacher, 2005 Diese Elementfassade besteht aus geschosshohen Fassadenelementen aus einem äußeren Rahmen, der Verglasung und in den vertikalen Pfosten eingebrachten Lüftungsflügeln. Die Trennung vom Tragwerk des Gebäudes ist durch die hinter der Fassade liegenden Stützen erkennbar.

28

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

Doppelfassaden Einige interessante Entwicklungsschritte können wir derzeit be-

Der Euphorie zu Beginn der Entwicklung in Bezug auf die neuen

obachten: Durch die Erweiterung der Funktion der Fassade um

technischen und gestalterischen Möglichkeiten ist mit dem zu-

haustechnische Anforderungen entsteht die Doppelfassade (32).

nehmenden Wissen über die Funktionsweise ein gewisser Prag-

Bei diesem Fassadentypus werden beispielsweise Lüftungsfunk-

matismus gefolgt. Dieser führte zu einem gezielteren Einsatz der

tionen der dahinter liegenden Räume aus dem Gebäude in die

Doppelfassade für bestimmte sinnvolle Situationen: Nicht jedes

Fassadenebene verschoben und über natürliche Thermik im Fas-

neue Gebäude braucht in jeder Himmelsrichtung eine Doppel-

sadenzwischenraum betrieben. Aus den anfänglichen Varianten

fassade – bei besonderen Belastungen des Gebäudes, bei-

haben sich nach ersten Erfahrungen verschiedene Konzepte mit

spielsweise Straßenlärm, hohen Windbelastungen oder einfach

geschosshohen oder über mehrere Geschosse verbundenen

nur großer Höhe des Gebäudes können solche Fassaden jedoch

Abluftsystemen kristallisiert.

richtig und folglich auch wirtschaftlich sinnvoll sein (33).

32

Doppelfassade Doppelfassaden bestehen aus einer Fassade, die um eine weitere äußere verglaste Schicht ergänzt wird, um Lüftungsfunktionen für das Gebäude oder zusätzlichen Schallschutz zu bieten. Je nach Funktionsweise und Anforderungen an die Fassade werden verschiedene Aufbauvarianten verwendet.

33

Einfachfassade und Doppelfassade: Triangle-Hochhaus, Köln-Deutz, Gatermann + Schossig, 2006 Beispiel einer Hochhausfassade mit unterschiedlichen, den Belastungen entsprechenden Funktionen: Einfachfassade und Doppelfassade mit äußerer Glasebene zwecks Lüftung im Scheibenzwischenraum. In der rechten Bildhälfte zu erkennen ist die Einfachfassade, in der linken Bildhälfte die Einfachfassade mit einer zweiten, außen liegenden Glasebene als Doppelfassade.

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

29

Zweite-Haut-Fassade

Kastenfenster-Fassade

Nach derzeitigem Wissensstand können vier Hauptprinzipien der

Als zweites Prinzip sei das bereits bekannte System des Kasten-

Doppelfassaden beschrieben werden: Als einfachste Lösung

fensters aufgeführt. Hierbei werden geschosshohe Fassadenele-

bietet sich eine zweite Glashaut auf der Außenseite des Gebäu-

mente mit Öffnungsmöglichkeiten am oberen und unteren Rand

des an – die Zweite-Haut-Fassade (34, 35). Vorteile dieses Prin-

des Elementes installiert (36). Der Vorteil liegt in der individuellen

zips sind einfache konstruktive und technische Lösungen sowie

Regelungsmöglichkeit. Nachteilig können sich übereinander lie-

wenige bewegliche Elemente, da die äußere Glasebene einfach

gende Lüftungselemente auswirken, da in diesen Bereichen die

vor eine innere Fassadenkonstruktion vorgesetzt wird und nur

Abluft tiefer liegender Geschosse die Zuluftqualität der darüber

im Fuss- und Kopfbereich der Fassade Lüftungsmöglichkeiten

liegenden Geschosse beeinträchtigen kann. Durch seitliches

vorgesehen werden. Nachteile sind jedoch die geringe Steue-

Versetzen der Ein- und Auslassöffnungen kann dies vermieden

rungsmöglichkeit für den Betrieb des Gebäudes und das daraus

werden.

resultierende Überhitzungsrisiko.

35

34

Zweite-Haut-Fassade Zweite-Haut-Fassaden bestehen aus einer inneren Fassade und einer zusätzlichen äußeren Glasschicht. Der geringe konstruktive Aufwand und die daraus sich ergebenden Steuerungsmöglichkeiten bergen allerdings auch das Risiko der Überhitzung.

30

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

Kastenfenster- und Zweite-Haut-Fassade Die linke Bildhälfte zeigt ein Kastenfenster mit nachträglich im Inneren in den Bestand eingebrachten Fensterelementen. In der rechten Bildhälfte ist ein frühes Beispiel einer Zweite-HautFassade mit einer inneren Fassadenfläche und einer zusätzlichen äußeren Glasfläche erkennbar.

Korridorfassade Um den Nachteil des Lüftungskurzschlusses zu beheben, wurde die Korridorfassade mit versetzten Zu- bzw. Abluftöffnungen entwickelt. Hierbei werden lediglich vertikale Abschottungen vorgesehen: Allerdings besteht durch die horizontale Verknüpfung eine direkte Verbindung benachbarter Räume durch den Scheibenzwischenraum. Diese Verbindung kann im Bereich Schallschutz zu problematischen Reflektionen führen. Ein Nachrüsten von Schotten ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich, da gerade die horizontale Verbindung für dieses Prinzip der Fassade notwendig ist (37, 38).

36

Kastenfenster-Fassade Geschosshohe Kastenfenster bieten mit Lüftungsklappen oben und unten die Möglichkeit der Steuerung eines einzelnen Elementes.

38

37

Stadttor Düsseldorf, Petzinka Pink und Partner, 1998 Ein frühes Beispiel einer Korridorfassade: Die geschosshohen Fassadenelemente bestehen im Inneren aus Holz-Drehflügeln und außen aus vollflächigen Glasscheiben.

Korridorfassade Korridorfassaden verknüpfen nebeneinander liegende Doppelfassadenelemente, um eine versetzte Entlüftung des Zwischenraumes zu ermöglichen.

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

31

Schacht-Kasten-Fassade Die sicherlich effizienteste, aber auch konstruktiv und steuerungstechnisch aufwendigste Version der Doppelfassade ist die Schacht-Kasten-Fassade (39, 40). Raumweise separate Kastenfenster oder andere Fassadenelemente entlüften in einen mehrere Geschosse übergreifenden und damit thermisch effektiven Fassadenschacht. Durch die Höhe des Schachtes kann eine vertikale Luftbewegung aufgrund des Kamineffektes und damit eine effiziente Funktion des Systems leichter sichergestellt werden.

40

Photonikzentrum Berlin, Sauerbruch Hutton Architekten, 1998 Frühe Variante einer Schacht-Kasten-Fassade bestehend aus vertikal getrennten Entlüftungsschächten in Fassadenebene, welche im Kopfbereich zwecks Entlüftung des Doppelfassadenzwischenraumes zusammengeführt werden.

39

Schacht-Kasten-Fassade Schacht-Kasten-Fassaden bieten mit einem über mehrere Geschosse gehenden Schacht und in diesen hinein entlüftenden Kastenfenstern ein konstruktiv komplexes, aber effizientes Doppelfassadensystem.

32

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

Wechselfassade Da die beschriebenen Doppelfassaden nicht der Problematik unterschiedlicher Lüftungssituationen vollständig entsprechen können, wurden hybride Lösungen in Form der Wechselfassaden entwickelt (41, 42). Hierbei handelt es sich um einschalige Fassadenkonstruktionen, die in Teilbereichen mit einer zweiten Ebene zu Doppelfassaden verändert werden. Ziel hierbei ist zum Einen die Nutzung der Einfachheit der einschaligen Fassaden und zum Anderen die puffernde Funktion der Doppelfassaden.

42

Debitel-Hauptverwaltung, Stuttgart, RKW Architektur + Städtebau, 2002 Für die Debitel-Zentrale in Stuttgart wurde von RKW Architekten gemeinsam mit Transsolar eine Wechselfassade entwickelt. In Teilbereichen besteht die Fassade aus einschaligen Fassadenflächen, feststehendem Sonnenschutz, dahinter liegendem Sonnenschutz sowie Bereichen mit einer Doppelfassade.

41

Wechselfassde Korridorfassaden verknüpfen nebeneinander liegende Doppelfassadenelemente, um eine versetzte Entlüftung des Zwischenraumes zu ermöglichen.

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

33

Komponentenfassade Die konsequente Weiterentwicklung des Gedankens der Doppelfassade, in die neben der Lüftung auch weitere haustechnische Funktionen, beispielsweise die Konditionierung bzw. klimatische Behandlung der Zuluft oder gezielte Lichtlenkung, integriert werden, ist das Prinzip der Komponentenfassade (43, 44). Es bietet in seiner Konsequenz den Gedankenansatz, die Struktur des Gebäudes nur noch als Tragwerk und die Fassade als Funktionsträger für die Raumhülle und die Klimatisierung zu verstehen. Diese Bauweise könnte also eine bisher nicht gekannte Kooperation zwischen Fassadenbau und Haustechnik erzeugen und dadurch den derzeit noch üblichen Entwurfsprozess der kernorientierten Gebäude erheblich verändern, da wesentliche Funktionen des Kerns dann in der Fassade Platz finden.

43

44

Post Tower, Bonn, Helmut Jahn, 2003 Für das Projekt Post Tower in Bonn wurde durch Helmut Jahn in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Transsolar eine der ersten Komponentenfassaden entwickelt. Im Deckenstirnbereich der Fassade befinden sich Haustechnikmodule, welche als dezentrale Einheiten individuell angesteuert werden können.

Komponentenfassade Die Komponentenfassade integriert neben den bereits beschriebenen Lüftungsfunktionen auch aktive Klimatisierungs- oder Beleuchtungskomponenten. Es entstehen hybride Fassaden-Haustechnik-Einheiten.

34

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

Betrachtet man die zuletzt skizzierte Entwicklung, so lässt sich beobachten, dass die von Mike Davies aus dem Büro Richard Rogers 1978 für das Projekt Lloyds of London formulierte Vision der polyvalenten Wand – eine Fassade, die neben den klassischen Funktionen Dichten, Dämmen und Belichten weitere, vielleicht auch später erst zu definierende Funktionen übernehmen kann – immer noch Ziel der Suche ist. Neben den oben beschriebenen Einschränkungen, beispielsweise bei den Doppelfassaden (45) oder den technischen Herausforderungen, welche die „Modulfassaden“ in der Herstellung an die Ausführenden sowie deren Logistik stellen, ist auch der ausschließliche Fokus auf immer besser werdende Verglasungen eine Sackgasse: Werden alle Funktionen auf das Glas konzentriert, bedarf es der Lösung der Probleme in einem Bauteil oder gar in einem Baustoff. Sinnvoller erscheint an dieser Stelle daher die Trennung der Funktionen in unterschiedliche Funktionsebenen und Bauteile, auch wenn diese erst zusammen das Modul Fassade ergeben (46).

45

46

Stadttor Düsseldorf, Petzinka Pink + Partner, 1998 Beispiel für eine frühe Doppelfassade: Die äußere Glashülle schützt die innere Holzfassade.

debis-Hauptverwaltung, Renzo Piano, 1997 und Daimler-Chrysler-Hochhaus, Potsdamer Platz, Berlin, Hans Kollhoff, 1999 Die Erscheinung der Fassaden – gläsern bzw. massiv – ist sehr unterschiedlich, obwohl technische Funktion und Nutzung ähnlich sind.

V O N D E R W A N D Z U R FA S S A D E

35

3 | Konstruktionsprinzipien Die Fassade ist das trennende Bauteil zwischen dem benutzten

Die Skizze (1) zeigt die Vielzahl der zu erfüllenden Anforde-

Innenraum und der Außenwelt. Um sich dem Wesen heutiger

rungen. Diese Anforderungen müssen in allen Phasen der Fas-

Fassadenkonstruktionen zu nähern, soll zunächst an die verschie-

sadenkonstruktion berücksichtigt werden: bei der Konzeption,

denen Funktionen der Fassade erinnert werden: Sie bestimmt

bei den Konstruktionsprinzipien, im Detail und letztendlich in der

die architektonische Erscheinung des Gebäudes, sie gewährt

Ausführung.

Ein- und Ausblicke, sie muss Druck- und Sogkräfte aus Wind-

Im Grunde wünschen wir uns eine möglichst einfache Kon-

lasten aufnehmen, ihr Eigengewicht tragen und zum Teil auch

struktion, welche alle diese Funktionen übernehmen kann und

tragende Funktion für andere Bauteile übernehmen. Sie lässt

in der Lage ist, sich an die ständig wechselnden Einflüsse anzu-

Sonnenlicht in das Gebäude, muss aber gleichzeitig auch Son-

passen. Sie sollte eine adaptive Hülle sein, ähnlich der Haut des

nenschutz bieten. Sie erzeugt Dichtigkeit gegen Regenwasser

Menschen, die mehrere Funktionen des Körpers erfüllt.

und muss mit Feuchtigkeit von innen und außen umgehen. Sie

Die Fassade von heute blickt auf eine Entwicklung über meh-

isoliert gegen Wärme und Kälte, sorgt für Schallschutz und kann

rere Jahrtausende zurück. Die Möglichkeiten, die sich uns aktuell

sogar zur Energiegewinnung dienen.

bieten, resultieren aus bekannten und bewährten Konstruktionsmethoden, den zur Verfügung stehenden Materialien und den tradierten Produktions- und Montageabläufen.

2EGENWASSERDICHT "ELICHTUNG

3CHUTZGEGEN56 3TRAHLUNG %NERGIEGEWINNUNG

!USBLICK

"ELàFTUNG $RUCK 3OGKRËFTE AUS7INDBELASTUNG

3TATISCHE"ELASTUNGVONINNEN

7ASSERDAMPFDIFFUSION

,ËRM

)SOLIERUNG7ËRME+ËLTE

%INBLICK

1 3TËDTEBAULICHE %RSCHEINUNG

%IGENLAST

Fassadenfunktionen Die Fassade muss zahlreiche Anforderungen erfüllen.

36

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

Konstruktionsbereiche Am Beispiel von Metall-Glas-Fassaden, die einen großen Teil der

Der Hauptzweck dieser Struktur besteht in der Aufteilung der

heute verwendeten Fassaden ausmachen, sollen im Folgenden

oben beschriebenen Anforderungen und Funktionen, auf welche

die Konstruktionsprinzipien erläutert werden.

die Fassade konstruktiv reagieren muss. Diese Funktionen wer-

Im Wesentlichen können drei konstruktive Bereiche (2) inner-

den auf mehrere unterschiedliche Bauteile verteilt. Der Aufbau

halb der Fassade definiert werden:

erleichtert das Fügen der Fassadenbestandteile untereinander

s$IE0RIMËRSTRUKTUR2OHBAU WELCHEDAS(AUPTTRAGWERKDES

und erlaubt das Verarbeiten von Bewegungen.

Gebäudes bildet

Die Primärstruktur übernimmt die tragende Funktion für das

s$IE3EKUNDËRSTRUKTUR WELCHEDIE4RAGSTRUKTURDER&ASSADEIST

ganze Gebäude und leitet die Lasten aus der Fassade in die

und das vermittelnde Element zwischen Ebene 1 und 3 darstellt

Fundamente weiter.

s&LËCHENFàLLENDE%LEMENTE 0RIMËRSTRUKTUR2OHBAU 3EKUNDËRSTRUKTUR&ASSADE &LËCHENFàLLENDE%LEMENTE

Die Sekundärstruktur bildet die Tragstruktur der Fassade. Sie übergibt ihre Lasten an die Primärstruktur. An dieser „Schnittstelle nach innen“ müssen unterschiedliche Bewegungen von Rohbau und Fassade ausgeglichen werden. Dazu kommt, dass in der Regel beide einem unterschiedlichen Gewerk zugeordnet sind, der Rohbau beispielsweise dem Gewerk Betonarbeiten und die Fassade dem Gewerk Metallbauarbeiten. Sie werden also durch unterschiedliche Firmen hergestellt, was eine besondere Koordination dieser Schnittstelle erfordert. Die Fertigungstoleranzen des Rohbaus (Beton) liegen im Zentimeterbereich und bei der Fassade (Metall) darf es Abweichungen von lediglich Millimetern geben. Gleichzeitig werden auf der Sekundärstruktur die flächenfüllenden Elemente wie Verglasung, Paneele etc. befestigt. Diese „Schnittstelle nach außen“ muss wiederum verschiedene Funktionen erfüllen: Die Elemente müssen winddicht befestigt werden; 3CHNITTSTELLENACHINNEN 3CHNITTSTELLENACHAU”EN

Wasser darf nicht in die Konstruktion eindringen bzw. muss wieder nach außen abgeleitet werden; die Bewegung zwischen den Elementen und der Sekundärstruktur muss aufgenommen werden und es dürfen keine Wärmebrücken entstehen. Es handelt sich bei der Sekundärstruktur also um ein äußerst komplexes Bauteil.

2

Natürlich gibt es auch Fassadenkonstruktionen, bei denen Primärkonstruktion und Sekundärkonstruktion ein Bauteil darstellen,

Schema der konstruktiven Bereiche Prinzipiell funktioniert jede Fassadenkonstruktion nach diesem Schema, wobei die verschiedenen Funktionsbereiche auch in einem Bauteil zusammengefasst sein können.

also die Sekundärkonstruktion Anteil an der Tragstruktur des Gebäudes hat. In diesem Fall werden die Schnittstellen nach außen und nach innen auf eine einzige reduziert. Der Einsatz dieser Konstruktionen muss daher in Bezug auf Toleranzen, Verformung und Bauphysik sorgfältig geprüft werden. Auch können Teile der Fassade nicht einfach ausgetauscht werden, wenn sie Teil der Tragstruktur des Gebäudes sind.

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

37

Fassadentragwerke und Lastabtragung Die flächenfüllenden Elemente bilden den eigentlichen Raum-

Man kann verschiedene Lastarten unterscheiden, die auf Fassa-

abschluss (3). Dazu gehören Glas für Belichtung und Ausblick,

denkonstruktionen wirken:

Paneele für Wärmedämmung oder Öffnungsflügel für die Belüf-

s%IGENLASTAUSDEN+OMPONENTENDER&ASSADE

tung. Die Anordnung kann auch in mehreren Schichten erfolgen.

s3CHNEELAST

Zum Beispiel kann es sinnvoll sein, den Sonnenschutz auf der

s7INDLAST$RUCKUND3OG

Außenseite der Verglasung anzuordnen. Ebenso funktionieren

s6ERKEHRSLASTEN ZUM"EISPIELAUSDEM!UFPRALLEINER0ERSONVON

Doppelfassaden nach dem Schichtensystem. Im Grunde können

innen an die Fassade, deren Absturz verhindert werden muss

alle Fassadenkonstruktionen nach diesem System kategorisiert

(Absturzsicherung)

werden.

s"ELASTUNGENAUS:WANGSKRËFTEN$IESEENTSTEHENETWADURCH Formveränderung von Bauteilen aufgrund von Temperaturschwankungen oder auch veränderter Luftfeuchtigkeit.

A (ËNGENDE+ONSTRUKTION

B 3TEHENDE+ONSTRUKTION

C 3TEHENDE+ONSTRUKTION àBERZWEI'ESCHOSSE

,OSPUNKT

&ESTPUNKT

,OSPUNKT

,OSPUNKT

&ESTPUNKT

&ESTPUNKT

3

4

Akademie Mont Cenis, Herne, Jourda & Perraudin, 1999 Innen ist die Primärstruktur aus Holzstützen zu erkennen, die Sekundärstruktur besteht aus Holzpfosten. Als flächenfüllende Elemente bilden Glasscheiben und Lüftungsflügel den Raumabschluss.

Lastabtragung Die Zeichnung zeigt links eine hängende Lastabtragung, in der Mitte eine stehende und rechts eine stehende Konstruktion über zwei Geschosse.

38

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

Betrachten wir zunächst eine Fassade mit großflächiger Vergla-

Diese wiederum gibt die Lasten an das Primärtragwerk des Ge-

sung und umlaufender Rahmenkonstruktion (5) und untersuchen

bäudes weiter. Es ist zu erwarten, dass die Fassade als außen

ihre Lastenabtragung gemäß den oben beschriebenen Konstruk-

liegendes Bauteil anderen Witterungseinflüssen unterliegt als

tionsbereichen.

die Rohbaukonstruktion innen. Auch ist sie wahrscheinlich aus

Die Eigenlast der Glasscheibe wirkt parallel zur Fassaden-

einem anderen Material gefertigt, was eine unterschiedliche Län-

ebene nach unten. Sind Glasscheiben nicht durch Punkthalter

genausdehnung zur Folge hat. Die Primärkonstruktion unterliegt

gehalten oder von oben abgehängt, werden sie auf zwei Punkten

dazu noch anderen Lasteinflüssen und kann sich entsprechend

in Form von Kunststoffklötzen abgestellt. Zwei Punkte deshalb,

verformen. Um Zwängungen zu vermeiden, steht die Sekundär-

weil Gläser sich in Richtung ihrer Fläche nicht durchbiegen und

konstruktion also unten auf oder sie wird von oben abgehängt

deshalb sowieso nur auf zwei Punkten stehen, egal wie viele

(4). Damit die Längenunterschiede sich nicht über mehrere Ge-

Auflagerklötze man hinzufügt. Diese werden, statisch optimiert,

schosse addieren, ist es meistens sinnvoll die Fassadenlasten

in den Fünftelpunkten der Breite angeordnet. Die Last steht in

geschossweise abzutragen und jeweils Dehnungsfugen anzu-

diesem Falle also auf dem unteren Riegel des Rahmens (Sekun-

ordnen. Das ist eine Möglichkeit, die bei einer Trennung von Se-

därstruktur). Je nach Glasgröße kann eine Funktionsscheibe mit

kundärstruktur und Primärstruktur zur Verfügung steht.

mehreren Gläsern eine halbe Tonne oder auch mehr wiegen! Die Festpunkte fixieren die Fassade, während die Lospunkte Bewegungen in der Konstruktion ausgleichen. Die Druck- und Sogkräfte aus der Windlast und andere dynamische Lasten, die senkrecht auf die Fassadenfläche wirken, werden durch die Scheibe auf die lineare Sekundärkonstruktion (Rahmen) abgegeben.

"EWEGUNGMÚGLICH

"EFESTIGUNG AM2OHBAU OBENMIT ,OSPUNKT

7INDLAST

,ASTVONINNEN

5

"EFESTIGUNGAM 2OHBAUUNTENMIT &ESTPUNKT

%IGENLAST

Lastabtragung von Fassaden Die unterschiedlichen Lastarten müssen abgetragen werden.

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

39

Ist die Fassade Bestandteil der Primärstruktur (Rohbau) und übernimmt hier eine tragende Funktion, muss ebenfalls den verschiedenen Ausdehnungen Rechnung getragen werden, was ungleich komplizierter sein kann, weil eine Lastübertragung über die oben beschriebenen Bewegungsfugen nicht möglich ist. Die Zeichnung zeigt weitere Beispiele von Tragsystemen für Metall-Glas-Fassaden (6).

b) a)

d)

c)

e)

f)

6

Tragsysteme a) Sekundärstruktur ohne Pfosten. Die Glasscheibe spannt einseitig vertikal und muss entsprechend dimensioniert sein. b) Sekundärstruktur ohne Riegel c) Sekundärstruktur mit kleiner Teilung. Flächenelemente mit verschiedenen Funktionen werden eingefüllt.

40

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

d) Auflösung der Sekundärtragstruktur durch Fachwerkträger e) Sekundärstruktur aus liegenden Aussteifungsriegeln zur Abtragung von Windlasten. Die Vertikalkräfte werden über Seile nach oben in die Primärkonstruktion geleitet.

f) Seilnetzkonstruktion. Die Gläser werden über punktförmige Halter in den Eckpunkten mit der Seilnetzstruktur verbunden. Die Fassade verhält sich wie ein gespanntes Tuch und es treten relativ große Verformungen senkrecht zur Fassade auf. Das wiederum bedingt eine relativ große Bewegung des Randes der Fassade in Richtung der Fassadenebene, welche konstruktiv im Anschlussdetail aufgenommen werden muss.

Es gibt also eine Vielzahl von statischen Systemen bei Fassadenkonstruktionen (7-9). Die Entscheidung für eine Variante hängt von den folgenden Einflussfaktoren ab: s!RTDES0RIMËRSYSTEMSBZWDER2OHBAUSTRUKTUR s$AS!BTRAGENDER,ASTENVONAU”ENNACHINNEN s$IE'RڔEDERmËCHENFàLLENDEN%LEMENTEUNDDIE-ÚGLICHKEI ten des Materials (Glasgrößen, Durchbiegung, Gewicht etc.) s$IEARCHITEKTONISCHE'ESTALTUNG

8

Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg, Manfred Lehmbruck und Klaus Hänsch, 1964 Die Fassade besteht aus hängenden Gläsern mit einer oberen und unteren Fassung. Die hängende Konstruktion erlaubt geringere Glasdicken als eine stehende.

7

9

Detail einer Seilnetzfassade Die Gläser werden über punktförmige Halter in den Eckpunkten mit der Seilnetzstruktur verbunden.

Punkthalterfassade Punkthalter übernehmen die Lasten aus den Gläsern und gleichen deren Bewegungen aus.

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

41

Raster und Position der Fassade im Bauwerk Den meisten Gebäuden liegt ein sich wiederholendes Maß zu-

Im Sinne einer möglichst effektiven Anbindung bezieht sich

grunde, das so genannte Modulmaß. Das Raster ist dabei be-

das Fassadenraster auf das Raster des Gesamtgebäudes.

hilflich, das Bauvolumen in dem Modulmaß entsprechende Ein-

In der Regel wird zwischen Haupt- und Nebenraster unter-

heiten zu untergliedern und zu ordnen. Jedes Bauteil wird so in

schieden, wobei das Raster der Primärkonstruktion das Haupt-

seiner Lage definiert und geometrisch zu den Nachbarbauteilen

raster vorgibt und die Sekundärstruktur der Fassade auf dem

in Beziehung gebracht. Solche Raster finden sich sowohl bei der

Neben raster angeordnet wird. Fassade und Tragwerk können

Gesamtorganisation des Grundrisses als auch bei den einzelnen

so unabhängig voneinander beschrieben werden und auch ver-

Bauteilen, beispielsweise im Mauerwerk.

setzte Anordnungen sind möglich. Durch die Wiederholung der

Die Wiederholung hat im Bauablauf ihre Vorteile. Bei der sta-

geometrischen Beziehung von Rohbau und Fassade, also von

tischen Struktur zum Beispiel erspart die Aufteilung in Abschnitte

Primär- und Sekundärstruktur, können Anschlüsse und Details

gleicher Größe viel Aufwand. Die Planung und gesamte Baukom-

vereinheitlicht werden. Grundsätzlich kann man zwei Arten von

munikation wird mit der Definition eines Grundrasters einfacher.

Raster unterscheiden, wobei diese auch auf verschiedenste Art

Auch die Ausstattung eines Gebäudes lässt sich entsprechend

kombiniert werden können (10).

vereinfachen. Hierbei ist klar, dass bestimmte Gebäudetypen wegen ihrer Raumanforderungen unterschiedliche Raster haben

Achsraster: Das Grundraster deckt sich mit der Mittelachse der

müssen und ein entsprechendes konstruktives System.

Bauteile. Ihre Ausdehnung wird dabei nicht beschrieben. Das

Bürogebäude haben beispielsweise ein gängiges Raster von 1,35 m, welches eine effiziente Büromöblierung erlaubt. Wird

kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn die Größe von Bauteilen noch nicht bekannt ist.

darunter eine Tiefgarage angeordnet, fällt die Entscheidung meistens zugunsten eines konstruktiven Rasters der Primärstruktur

Bandraster: Das Bandraster beschreibt die Ausdehnung der

von 5,40 m bzw. 8,10 m als ein Vielfaches von 1,35 m. Zwi-

Primärstruktur. Das Nebenraster der Fassade ist darauf abge-

schen den Stützen bleibt also genug Platz für zwei bzw. drei

stimmt. In den Feldern b und c entstehen Zonen mit unterschied-

Pkw-Stellplätze.

licher Ansichtsbreite. Versetztes Haupt- und Nebenraster: Das Versetzen des Fassadenrasters über ein Nebenraster kann vermittelnd wirken. Aller-

A

dings sind dabei die Trennwandanschlüsse zu berücksichtigen. Vermittelnde Zwischenelemente (c) können zum Ausgleich not-

B B

A

wendig oder auch gewünscht sein.

B

!CHSRASTER

Eine der wichtigsten Eigenschaften des Rasters ist, dass mit sei-

B

ner Festlegung eine Gestaltungsentscheidung einhergeht. Das Ordnungsprinzip des Rasters bildet sich in der Fassade ab. Pro-

A

portion und Rhythmus der Fassade werden definiert. Horizontale

B

B

C C

"ANDRASTER

oder vertikale Gliederungen können über die Wahl des Rasters unterstützt werden.

B

A C B 6ERSETZTES(AUPT UND.EBENRASTER

B C

10

Raster a) Achsraster, b) Bandraster c) versetztes Haupt- und Nebenraster

42

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

Eine der wesentlichen gestalterischen und konstruktiven Entscheidungen bei der Planung von Fassaden ist die Position der Fassade zur tragenden Struktur des Gebäudes (11, 12).

a) 6ORDERKANTE2OHBAU

6ERHINDERUNGDES "RANDàBERSCHLAGS

11

b)

6ORDERKANTE2OHBAU

$ËMMUNGDES $ECKENKOPFES

Atlasgebouw Wageningen, van den Oever, Zaaijer & Partners Architecten, 2006 Die Fassade liegt hinter dem Tragwerk des Gebäudes.

'EDËMMTE3TàTZE

c)

6ORDERKANTE 2OHBAU

A 4HERMISCHE%NTKOPPLUNG DER$ECKENPLATTE

B 12

Position der Fassade a) Die Sekundärstruktur der Fassade läuft vor der Primärstruktur des Gebäudes durch. Die Auskragung der Deckenplatte vor der Stütze kann variiert werden. Sofern die Raster sich decken, hat das Auswirkungen auf die Größe der Eckelemente. Die Ecke ist transparent. Es ist möglich die Deckenscheibe nicht im äußeren Fassadenraster zu zeigen. Der Raum zwischen Fassade und Rohbau bedarf einer besonderen Betrachtung in Bezug auf den Brandschutz.

b) Die Fassade sitzt mit der Primärstruktur bündig. Wegen der thermischen Anforderungen muss der Deckenkopf gedämmt werden. Die Position der Stütze erzeugt eine geschlossene Fassadenecke. c) Die Fassade liegt hinter der Primärkonstruktion zurück. In diesem Beispiel durchdringt die Geschossdecke die thermische Trennung des Gebäudes und muss mit entsprechendem Aufwand thermisch entkoppelt werden. Die Stütze steht frei in der Außenecke.

C

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

43

Systeme in der Fassadenkonstruktion Eine Betrachtung der aktuellen Baukultur zeigt, dass bei fast allen

regensicherheit, die Wärmedämmung, die Luftdurchlässigkeit,

Objekten systematisierte Fassaden zum Einsatz kommen. Das be-

den Schallschutz, das Brandverhalten und die Einbruchsicher-

deutet, dass die Konstruktion in bestimmten Teilen aus standardi-

heit geprüft. Die Konstruktion der Glashalter und die Verbindung

sierten Komponenten besteht, welche von Fassadenanbietern ge-

von Pfosten- und Riegelprofilen untereinander zur Weitergabe

liefert werden. Es stellt sich die Frage, warum Systeme notwendig

der statischen Lasten ist nachgewiesen. Das macht es möglich,

sind und welchen Einfluss sie auf die Planung und die Gestaltung

Systeme nach dem Baukastenprinzip einzusetzen.

von Fassaden haben.

Für alle Systeme gilt: Im Umgang mit den Systemgrenzen,

Früher gehörte das Konstruieren von Fassadenprofilen zu den

also der Anschlüsse zu anderen Bauteilen, liegt die eigentliche

planerischen Aufgaben des Architekten (13, 14). Begriffe wie der

planerische Aufgabe. Innerhalb des Systems erfolgt die Lösung

Wärmedurchgangskoeffizient oder die Schlagregendichtigkeit

durch die Anwendung des Standards. Dabei ist die Kenntnis

waren allerdings für die Planung nicht relevant, da die Anforde-

der Stärken und Schwächen von Systemen für die Planung wie

rungen niedriger waren. Probleme gab es nur dann, wenn Undich-

Anwendung sehr wichtig. Die Definition der gestalterischen und

tigkeiten oder andere Mängel zutage getreten waren. Das gehört

technischen Grundlagen und die Berücksichtigung der Vorga-

der Vergangenheit an, zumindest in der industrialisierten Welt. Die

ben durch Baurecht und Anforderungen des Brand-, Schall- und

technischen Anforderungen sind erheblich gestiegen und inzwi-

Wärmeschutzes sind Aufgabe der Architekten. Diese umfasst

schen so umfassend geregelt, dass sie nur durch den Einsatz

weiterhin die Festlegung der Tragstruktur, des Fassaden- und

ausgefeilter Techniken erfüllt werden können.

Elementrasters und die Vorgabe von Anschlussprinzipien. Die

Die Notwendigkeit einer Systematisierung von Fassaden liegt

eigentliche Ausführungsplanung für die Baustelle erfolgt dann

auf der Hand, da es sich wegen der hohen bauphysikalischen An-

durch die ausführenden Firmen. Es ist für den Architekten un-

forderungen um besonders komplexe Bauteile handelt. Neben der

möglich, alle Einzelheiten des Systems zu kennen. Ein Teil des

Vereinfachung bei der Planung haben Systeme den Vorteil, dass

Produktions- und Montageprozesses entzieht sich somit seiner

die Abwicklung der Bauleistung, von der Planung über die Aus-

Kontrolle. Es zeigt sich, dass neue Konzepte und Fertigungsme-

schreibung bis hin zur Baustelle, den Baupartnern geläufig und

thoden einer Anpassung der vorhandenen Planungsstrukturen

damit sicherer ist. Das gilt auch für die erlaubten Bautoleranzen.

und des Kommunikationsprozesses bei der Bauausführung be-

Systeme werden von den Herstellern in Bezug auf ihre Schlag-

dürfen. Nur so kann eine effektive und sichere Umsetzung gewährleistet werden.

13

14

Crown Hall, Illinois Institute of Technology, Chicago, Ludwig Mies van der Rohe, 1956 Die Fassade besteht aus einer Kombination von Stahlprofilen. Die Konstruktion besticht durch Klarheit in der Kombination von verwendeten Materialien, des statischen Systems und des gestalterischen Ausdrucks.

Crown Hall, Illinois Institute of Technology, Chicago Detail der Fassade

44

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

Pfosten-Riegel-Konstruktion Die Pfosten-Riegel-Konstruktion ist ein weit verbreiteter Kon-

In der Regel wird der Pfosten über dreidimensional ausrichtbare

struktionstyp und soll deshalb näher beschrieben werden. Die

Halter am Rohbau befestigt (16). Dann werden die Riegel mon-

Grundkonstruktion besteht aus tragenden Profilen aus Holz,

tiert, anschließend das Dichtsystem mit der Verglasung (17). Die

Stahl oder Aluminium, welche die statische Funktion der Fassade

umlaufenden Anschlüsse folgen. Nach Montage der Pressleisten

übernehmen (15). Darauf wird die innere Dichtungsebene befe-

ist die Konstruktion dicht. Die Ansichtsbreiten der Profile liegen

stigt. Aluminiumprofile sind in der Regel direkt für die Aufnahme

standardmäßig zwischen 50 und 60 mm. Da die Einsatzelemente

der Lasten aus dem inneren Dichtungssystem ausgelegt. Es folgt

auch bei Verformungen innerhalb der Fassade sicher gehalten

die Ebene der Einsatzelemente. Je nach System können Ver-

werden müssen, ohne aus der Dichtung zu rutschen, sind schlan-

glasung, Fensterelemente oder Türen eingesetzt werden. Über

kere Profile bei diesem System praktisch nicht möglich.

Pressleisten, in welche die äußere Dichtungsebene integriert ist, werden die Einsatzelemente an Pfosten und Riegeln fixiert. Die Lasten der Elemente werden über Auflagerklötze in die Riegel eingeleitet. Es ist nicht zu verhindern, dass Wasser durch die äußere Dichtungsebene in die Konstruktion eintritt. Dieses wird über die innere Riegeldichtung in die innere Pfostendichtung abgeführt und muss am Fußpunkt sicher nach außen abgeleitet werden. Dabei kommt der Ausführung der Verbindungsstelle von Riegel- und Pfostendichtung eine besondere Bedeutung zu. Je nach geforderter Verglasung oder benötigtem Dämmwert der Profile können verschiedene Dichtungen eingesetzt und kombiniert werden. Die Gestaltung der Pfosten, Riegel und Deckleisten ist im Prinzip vom System unabhängig. Das System kann beispielsweise auf einem tragenden Holzpfosten montiert werden. 16

Montageablauf einer Pfosten-Riegel-Konstruktion In der Regel werden die Riegel und Pfosten nacheinander eingebaut.

15

17

Pfosten-Riegel-Konstruktion Perspektivische Darstellung eines Knotenpunktes

Holz-Aufsatz-Konstruktion für Pfosten-Riegel-Fassade Die Sekundärkonstruktion der Fassade besteht aus tragenden Pfosten und Riegeln aus Holz. Darauf ist ein Dichtsystem befestigt, welches die Schnittstelle nach außen, also zu den flächenfüllenden Elementen, bildet. Der Aluminiumverbinder für die seitliche Riegelbefestigung ist zu sehen. KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

45

Elementfassade

Gestaltung mit Systemen

Das zweite gängige Fassadensystem ist die Elementfassade

Die Anwendung von Systemen impliziert auch immer eine Ein-

(18). Der wesentliche Unterschied zwischen Elementfassade und

schränkung der gestalterischen Möglichkeiten. Das Systempro-

Pfosten-Riegel-Konstruktion besteht im Grad der Vorfertigung

dukt liefert bereits eine formale Antwort auf die gestellte Auf-

mit dem Ziel, die kostenintensiven Montage- und Rüstzeiten vor

gabe. Der Gestaltungswunsch der Architektur versucht auf die

Ort zu verringern und sie besser kalkulierbar zu machen. Es ge-

Systeme Einfluss zu nehmen. Durch die Forderung nach kleine-

hört zu den wesentlichen Vorteilen, dass die Fertigung in eine

ren Bauteilabmessungen und größerer Transparenz sind Systeme

frühere Phase verlagert werden und die Montage unabhängig

für großflächige Verglasungen auf dem Vormarsch.

vom Wetter erfolgen kann.

Die gestalterische Idee eines Entwurfs beruht in den meisten

Die Verglasung und auch bestimmte Haustechnikkomponen-

Fällen auf der Auffassung vom Gebäude als einem individuellen

ten werden bei Elementfassaden weitestgehend vormontiert.

Produkt. Das liegt zum Einen daran, dass komplexe Bauaufga-

Die Rohbaubefestigungen müssen vor Montage der Elemente

ben von sich aus bestimmte Antworten erfordern. Es ist aber

exakt ausgerichtet werden. Dies erfolgt geschossweise und

auch im Selbstverständnis der Architekten begründet, die sich

von unten nach oben. Um Kreuzungspunkte von Dichtungen zu

als Schöpfer eines spezifi schen Produktes verstehen. Beson-

vermeiden, werden die einzelnen Elemente auf einer horizontal

dere Gestaltungswünsche stehen jedoch im Gegensatz zum

durchlaufenden Dichtschiene befestigt. Die seitlichen Element-

Ideal des systematisierten Bauens. Entweder können sie durch

verbindungen erfolgen über Steckdichtungen.

Anpassung des Systems im Rahmen seiner Zulassungsgrenzen

Durch die Kopplung von selbstständigen Einheiten und der

realisiert werden oder es ist eine Neuentwicklung mit entspre-

einhergehenden Verdopplung von Stoßprofilen werden die An-

chenden Prüfungen notwendig. Beides erfordert ein hohes Maß

sichtsbreiten größer. Die Standardbreite der Pfosten liegt deshalb

an Wissen über die Systeme und die enge Zusammenarbeit mit

bei ca. 2 x 40 mm, also zweimal der einfache Elementrand. Die

Industrie und Herstellern. Für diese Aufgabe werden speziali-

mögliche Transparenz nimmt also im Vergleich zur Pfosten-Riegel-

sierte Fassadenplaner herangezogen. Eine Veränderung des Sy-

Fassade ab. Die Elemente werden in möglichst großen Einheiten

stems durch den Architekten kann nur dann realisiert werden,

gefertigt. Die Größe hängt vor allem vom Transport ab. Üblich

wenn der Hersteller erwarten darf, dass sich dadurch der Markt-

sind geschosshohe und 1,20 -2,70 m breite Elemente. Es können

wert seines Produktes erhöht und er somit die Mehrkosten wie-

aber auch Elemente mit einer Höhe von mehreren Geschossen

der einspielt. So werden meistens also vorhandene Systeme im

und einer Breite von mehreren Achsen zum Einsatz kommen.

Sinne des architektonischen Entwurfs eingesetzt. Mehr ist oft im Rahmen der Baukosten und dem gegebenen Planungshonorar nicht zu leisten. Ausnahmen bilden Großprojekte wie Hochhäuser, bei denen wegen der großen Stückzahlen Sonderlösungen interessant sind.

18 19

Montageablauf einer Elementfassade Vorgefertigte Elemente werden auf der Baustelle montiert.

46

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

Montage von Fensterelementen in der Fabrik Vorfabrikation ist eine Möglichkeit, Qualität und Quantität auf der Baustelle zu erhöhen.

Beschläge Wenn man die Tatsache in Betracht zieht, dass ein großer Teil

Um bewegliche Öffnungen in der Fassade zu realisieren, sind

der in Europa gebauten Objekte in Ortbeton mit vorgesetzter

Beschläge notwendig. Sie stellen die Verbindung zwischen Ele-

Systemfassade ausgeführt wird, stellt sich die Frage, wie groß

ment und Fassadenkonstruktion her und kommen an der äußeren

der Gestaltungsspielraum tatsächlich ist. Handelt es sich nicht

Schnittstelle zwischen Sekundärstruktur und flächenfüllenden

um ein ständiges Deklinieren desselben Themas? Der System-

Elementen zum Einsatz. Auch Teile, welche zur Bewegung des

gedanke bestimmt bereits jetzt das planerische Denken.

Elementes notwendig sind wie etwa Türgriffe, bezeichnet man als Beschläge.

Öffnungen in Fassadenkonstruktionen

In statischer Hinsicht müssen sie auf die Konstruktion des

Ein wesentliches Thema bei allen Fassaden sind Öffnungen. Öff-

verwendeten Fassadensystems abgestimmt werden. Die Lasten

nungen bieten die Möglichkeit, Außen- und Innenklima kontrol-

aus beweglichen Elementen müssen in die Sekundärstruktur

liert miteinander zu verbinden. Sie sind notwendig für Aus- und

der Fassade eingeleitet werden. Viele Systemhersteller bieten

Einblick, Belüftung, Austausch von Luftfeuchtigkeit und Schall.

deshalb Standardlösungen an. Werden motorische Beschläge

Öffnungen können die verschiedensten Größen und Funktionen

verwendet (22), beispielsweise für automatische Lüftungsflügel,

haben: Zugänge, Zufahrten, Lüftungsflügel, Fluchtfenster, tempo-

muss die Steuerung mit dem Gesamtkonzept der elektrotech-

räre Revisionsöffnungen, Reinigungsöffnungen, technische Instal-

nischen Ausstattung des Gebäudes abgestimmt werden. Lei-

lationen, Mediendurchführungen (19). Die Ausrichtung, Lage und

tungszuführungen müssen in der Fassadenkonstruktion berück-

Größe von Öffnungen stehen immer in engem Zusammenhang

sichtigt werden. Beschläge haben einen großen Einfluss auf die

mit Funktion und Nutzung des Innenraumes. Die plastische Aus-

Detailgestaltung von Fassaden.

bildung der Laibung hat großen Einfluss beispielsweise auf die Belichtung des Innenraums. Die Lage der Öffnung kann natürliche Lüftung unterstützen oder auch erschweren. Der Schutz des Innenklimas macht eine Veränderbarkeit von Öffnungen not-

Anforderung der Fassade

Auswirkung auf den Beschlag

Art der Öffnung

Wahl des Beschlagstyps

Gestaltung

Material, Form, eventuell verdeckte Anordnung

Bedienung

Manuelle Bedienung (Griff, motorischer Antrieb) Position der Bedienelemente

Lichte Größe der Öffnung

Definition von Dreh-, Kippwinkel

Elementgröße/Gewicht

Material, Dimensionierung des Beschlags

Nutzungshäufigkeit

Material, Dimensionierung des Beschlags

Sicherheit (Einbruchschutz, Brandschutz, Fluchtwege)

Entsprechende Sicherheitsbeschläge

wendig. Die Abbildung 20 zeigt Standardvarianten. Die Öffnung kann manuell oder auch motorisch erfolgen.

+IPPEN

+LAPPEN

6ERTIKALSCHIEBEN

3CHWINGEN

0ARALLELAUSSTELLEN

(ORIZONTALSCHIEBEN

$REHEN

7ENDEN

,AMELLE

20

Öffnungsvarianten Unterschliedliche Möglichkeiten von Fassadenöffnungen am Beispiel einer Fensterkonstruktion.

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

47

Fenster Fenster werden in verschiedenen Materialien ausgeführt. Die jeweilige Materialwahl wirkt sich auf Konstruktion und Detaillierung von Fenster und Fassade aus. Die wichtigsten Konstruktionsarten von Fenstern im Zusammenhang mit dem verwendeten Material werden in der Folge vorgestellt.

Holzfenster und Holz-Aluminium-Verbundfenster Es gibt jahrhundertelange Erfahrung bei der Konstruktion von Holzfenstern (21). Dementsprechend vielfältig ist die Zahl der verwendeten Konstruktionen. Die eingesetzten Holzarten müssen gute Eigenschaften in Bezug auf wechselnde Temperatur- und

21

Feuchtigkeitsverhältnisse haben und widerstandsfähig gegen Schädlingsbefall sein. Bei der Konstruktion von Holzfenstern (23) müssen eine Reihe von Dingen beachtet werden:

Historischer Beschlag Beschläge an Klappläden mit Stahlhülse als Gegenpart in der Steinstütze.

s7ASSER WELCHESINDIE+ONSTRUKTIONEINDRINGT MUSSSORGFËLTIG nach außen abgeleitet werden. s$ER&ALZRAUMINDER+ONSTRUKTIONMUSSENTLàFTETWERDEN s"EWITTERTE+ANTENMàSSENEINENAUSREICHENDEN!BSTAND von anderen Bauteilen haben, um gut austrocknen zu können. s+ANTENVON&ENSTERPROlLENMàSSENSORGFËLTIGGEFASTWERDEN d. h. die Kante wird gebrochen. s%SDARFKEIN7ASSERINDIE&ENSTERECKENEINDRINGEN Die unteren Ecken werden deshalb in der Regel nicht auf Gehrung ausgeführt, sondern das seitliche Rahmenteil läuft nach unten durch. Holzfenster müssen vor dem Einbau durch Holzschutzmittel gegen Pilz- und Insektenbefall imprägniert werden. Die Oberflächen

22

von Holzfenstern müssen regelmäßig gewartet und Anstriche erneuert werden. Die unteren Rahmenteile sind besonders der Witterung ausgesetzt. Deshalb werden hier häufig Wetterschenkel aus Metall auf der Konstruktion angebracht. Eine Variante

Öffnungsmotor Öffnungsmotor mit verdeckt liegender Leitungsführung in der Rahmenkonstruktion während der Montage.

bieten auch Holz-Aluminium-Fenster (25), wobei ein Aluminiumprofil komplett die äußere Ebene des Fensters verblendet. Wenn Holzfenster gut gepflegt werden, können sie sehr lange halten. Der emotionale Faktor beim Material Holz spielt eine große Rolle. Flügelprofil (massiv)

Holz lässt sich gut verarbeiten und riecht gut. Allerdings müssen auch ökologische Aspekte beachtet werden. Sollen Tropenhölzer

Deckprofil (Aluminium)

eingebaut werden, werden oft Zertifizierungen verlangt, die einen nachhaltigen Anbau garantieren sollen.

Rahmenprofil (massiv)

23

Schematische Darstellung Holzfenster Es gibt jahrhundertelange Erfahrung bei der Konstruktion von Holzfenstern. Bei diesem modernen Holzfenster wird der Rahmen unten durch einen Wetterschenkel geschützt.

48

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

24

26

Stranggepresste Aluminiumprofile Die Ausbildung der Pressform erlaubt eine kleinteilige Detaillierung des Profilquerschnitts.

Eckverbinder Der eingeschobene Eckverbinder verbindet zwei Aluminiumprofile; anschließend werden die Ecken verklebt und verpresst.

Aluminiumfenster Das Bild 24 zeigt deutlich die besondere Schnittstruktur von

und ähnliche Elemente werden vor dem Zusammenbau einge-

Aluminium-Strangpressprofilen, aus denen Aluminiumfenster zu-

fräst. Die Verbindung in den Ecken erfolgt über Einschubprofile

sammengesetzt werden. Die Ausbildung der Pressform erlaubt

(26). In der Kombination können gute Wärme- und Schalldäm-

eine kleinteilige Detaillierung des Profils. Gummidichtungen

meigenschaften erreicht werden.

können direkt eingesetzt werden und Stege verbessern die sta-

Aluminiumfenster haben eine Reihe von Vorteilen: Sie sind

tischen Eigenschaften. Da Aluminium ein hervorragender Leiter

leicht und anspruchslos in der Unterhaltung und Pflege. Sie sind

ist, werden Fenster dieser Art aus einer inneren und äußeren

gut zu bearbeiten und erlauben große Herstellungsgenauigkeit

Schale zusammengesetzt, welche über wärmeisolierende Kunst-

und damit auch sehr geringe Toleranzen und entsprechende

stoffprofile miteinander verbunden werden (27). Man spricht von

Fugendichtigkeiten. Diese Eigenschaften können auf längere

Aluminium-Kunststoff-Verbundprofilen. Die Stoßkanten können

Sicht die höheren Anschaffungskosten wett machen und kom-

verputzt und überlackiert werden. Die Profile werden auf Länge

men deshalb vor allem im Objektbereich, d.h. bei großen Projek-

zugeschnitten und notwendige Aussparungen für Beschlagteile

ten bevorzugt zur Anwendung.

Deckprofil (Aluminium)

Flügelprofil (massiv)

Äußere Schale

Rahmenprofil (massiv)

Innere Schale Thermische Trennung

25

27

Schematische Darstellung Holz-Aluminium-Fenster Die Wetterseite des Fensters wird durch ein Aluminiumprofil geschützt.

Schematische Darstellung Aluminiumfenster Da Aluminium ein hervorragender Leiter ist, werden Fenster dieser Art aus einer inneren und äußeren Schale zusammengesetzt, welche über wärmeisolierende Kunststoffprofile miteinander verbunden sind.

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

49

Stahlfenster Stahlfenster werden aus Hohlprofilen zusammengesetzt, die im Kaltwalzverfahren hergestellt werden. Die Profilierung erfolgt durch Faltung von Blechen. Wie beim Aluminiumprofil bedürfen diese einer thermischen Trennung der Innen- und Außenschale

Äußere Schale

durch wärmedämmende Kunststoffprofile (28).

Innere Schale

Stahlprofile besitzen eine hohe Biege- und Torsionsfestigkeit und können deshalb Vorteile haben, wo die Statik des Rahmens von Bedeutung ist. Sie sind jedoch teurer als vergleichbare Aluminiumkonstruktionen. Auf den Korrosionsschutz der Profile muss besondere Rücksicht genommen werden. Beim BrandThermische Trennung

schutz schneiden Stahlprofile gut ab. 28

Kunststoff-Fenster Kunststoff-Fenster werden wie Aluminiumfenster aus verschie-

Schematische Darstellung Stahlfenster Das gefaltete Stahlprofil ist zu erkennen.

denen Profilen zusammengesetzt. Diese werden im Extrudier-Verfahren hergestellt (29). Es gibt eine große Vielfalt von Kunststoffmaterialien, die bei der Konstruktion von Fenstern zum Einsatz kommen. Am meisten verbreitet ist jedoch PVC, welches eine hohe Schlagzähigkeit besitzt und widerstandsfähig gegen Verkratzen ist. Allerdings sind die thermischen Eigenschaften von Innere Schale

PVC denen von anderen Fassadenbaumaterialien unterlegen. Bei Sonneneinstrahlung können sich dunkle Profile bis 80 °C erwär-

Äußere Schale

men, was zu Verformungen führen kann. Farbige Profile werden durch das Aufkleben von gefärbten Deckschichten hergestellt,

Metallkern

was den Preisvorteil gegenüber anderen Materialien verringert. Da Kunststoff-Fenster nicht besonders steif sind, bleiben die Einbaumaße begrenzt. Oft werden zur Aussteifung Leichtmetallrohre in die Konstruktion eingeschoben. Auch die Befestigung von Be-

29

schlägen muss entsprechend dimensioniert sein. Der Vorteil von Kunststoff-Fenstern liegt in der einfachen Verarbeitung, den niedrigen Kosten und der Unempfindlichkeit beim Einbau. Das Problem der Beschädigung von Korrosionsschutz-

Schematische Darstellung Kunststoff-Fenster Zur Verbesserung der statischen Eigenschaften können Metallprofile in Rahmen eingeschoben werden.

schichten besteht nicht. In brandschutztechnischer Sicht bieten Kunststoff-Fenster keinen wirksamen Schutz.

Montage Die Fassadenindustrie ist ständig auf der Suche nach neuen Fertigungs- und Montageweisen. Die Tendenz geht dahin, die Montagezeiten auf der Baustelle zu verringern. So werden kurze Bauzeiten ermöglicht und das Konfliktpotenzial im zeitlichen Ablauf mit anderen Gewerken reduziert. Auch ist die Montage auf der Baustelle wegen der Witterungseinflüsse größeren Risiken ausgesetzt. Unterhalb einer Temperatur von ca. 5 °C lassen sich Dichtungsprofile kaum noch einsetzen. Die Arbeit in der Werkhalle ist in der Regel sauberer und kann besser kontrolliert werden. Mögliche Fehler und Probleme lassen sich einfacher beheben. Die Vorfertigung zu größeren Einheiten hat jedoch auch Nach-

50

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

teile: Die Konstruktion ist in der Regel komplizierter und muss

architektonischen Konzept beginnt und der Montage der Fassade

für Belastungen während des Transports dimensioniert werden.

endet. Dieser Prozess verläuft nicht linear in eine Richtung, son-

Das direkte Fügen von Elementen vor Ort bedarf einer aufwen-

dern lebt von Rückkopplungen (30), die sich innerhalb der kom-

digen Gestaltung von Konstruktionsfugen und erlaubte Rohb-

plexen Entscheidungs- und Kommunikationsabfolge ergeben. Hier

autoleranzen sind begrenzt. Befestigungen am Rohbau müssen

ein Beispiel: Wird während der Montageplanung klar, dass eine

im Voraus mit äußerster Genauigkeit montiert sein, da der fein

elementierte Bauweise entgegen der vorgesehenen Konstruk-

geplante logistische Ablauf keine Verzögerungen erlaubt. Auch

tionsart am wirtschaftlichsten ist, kann dies dazu führen, dass die

der Transport hat seine Eigenheiten. Bei Beschädigungen unter-

Gestaltung maßgeblich verändert wird, weil diese Bauweise an-

wegs wird nicht nur das Material, sondern eventuell gleich der

derer Profilbreiten bedarf. Um also den Prozess so gut wie mög-

gesamte Fertigungsaufwand zerstört.

lich zu steuern und zu kontrollieren, ist ein gutes Grundwissen

Daraus ergeben sich eine Reihe von Fragen, die vor der Ent-

aller an der Planung Beteiligten eine wichtige Voraussetzung.

scheidung für eine Pfosten-Riegel-Konstruktion oder einer ele-

Ebenso müssen alle Entscheidungsschritte deutlich kommuniziert

mentierten Fassade diskutiert werden müssen:

werden.

s7IESINDDIE&ERTIGUNGSABLËUFEDERAUSFàHRENDEN&IRMA und welche Erfahrungen hat das Team?

Das Baugeschäft befindet sich in einem Zwischenstadium von tradiertem Bauhandwerk und industrieller Fertigung. Neue Ent-

s7ELCHE&ERTIGUNGSANLAGENSTEHENAUFDEM7ERKSGELËNDE zur Verfügung?

wicklungen in der Technologien, wie zum Beispiel das Internet, führen dazu, dass heute eine Vielzahl Informationen über neue

s:UWELCHER*AHRESZEITERFOLGTDIE-ONTAGEUNDWIEVIEL:EIT steht dafür zur Verfügung?

Materialien und Produktionstechnologien, auch aus anderen Disziplinen, für jedermann bereitliegen. Auch die Architekten und

s7IEGRO”ISTDAS0ROJEKTUNDWIEDERHOLENSICH4EILEHËUlG genug, um eine Elementierung zu rechtfertigen?

Designer drängen danach, diese neuen Erkenntnisse in die Tat umzusetzen. Es gibt einen immensen Neuerungsdruck und wir

s7IESINDDIE4RANSPORTMÚGLICHKEITENUNDWELCHE(EBEZEUGE sollen zum Einsatz kommen?

können erwarten, dass sich daraus Auswirkungen auf die Konstruktion von Fassaden ergeben. Die stetig steigenden Quali-

s7IEISTDIEZUERWARTENDE2OHBAUQUALITËTIN"EZUGAUF Toleranzen?

tätsanforderungen, die geforderte Baugeschwindigkeit und das gesteigerte Bewusstsein in Bezug auf den Energieverbrauch von

s7IEISTDIE3CHNITTSTELLEZUANGRENZENDEN'EWERKEN (Rohbau und Ausbau) beschaffen?

Gebäuden werden dazu führen, dass Fassaden immer mehr zu umfassenden Produkten werden. Die Architekten müssen sich der Herausforderungen stellen und Systeme bewusst als Möglichkeit

Die Konstruktion von Fassaden ist ein Prozess, der mit dem

!RCHITEKTONISCHES +ONZEPT

'ESTALTUNG &UNKTIONS BESCHREIBUNG

einer architektonischen Auseinandersetzung verstehen.

%NTWURF 3YSTEMENT SCHEIDUNG 'RUNDSATZ DETAILS

!USFàHRUNGS PLANUNG $ETAILPLANUNG

0RODUKTIONS -ONTAGEPLANUNG

0RODUKTION -ONTAGE

30

Fassadenplanung Der Prozess der Fassadenplanung verläuft nicht linear in eine Richtung, sondern lebt von Rückkopplungen.

KON STR U KTION S PR I NZ I PI E N

51

4 | Detailprinzipien und Toleranzen Detaillieren ist Entwerfen. Der Entwurf generiert die Ideen für De-

Selbstverständlich müssen Gestaltungswille und Ästhetik Ein-

taillösungen und deren Gestaltung. Jedes Detail ist ein Teil des

fluss auf das Detail nehmen, konstruktive Notwendigkeiten wer-

Entwurfs – Probleme bei der Detailentwicklung zeigen auch Ent-

den sich aber gleichermaßen bei der Erscheinung des Details

wurfsprobleme. Beispielhaft der konstruktive Holzschutz: Dachü-

auswirken. Wird dies nicht berücksichtigt, kann keine dauerhaft

berstände schützen die Holzkonstruktion der Fassade und sind

schöne und gute Lösung entstehen.

gleichzeitig Elemente, die wesentlich die Gestalt eines Bauwerkes

Neben den gestalterischen Ansprüchen besteht eine Schwie-

prägen (1). Werden sie zugunsten einer glatten Oberfläche oder

rigkeit in der Umsetzung von Details in der immer komplexer wer-

scharfer Kanten an Gebäuden vermieden, muss die Holzkonstruk-

denden Konstruktion. Wurde bei historischen Fassadendetails

tion der Fassade beständig gegen Witterung sein. Wird dies nicht

(2, 4, 6) die Funktion Dichten gegen Regen und Wärmeverlust

erreicht, ist ein schneller Verfall die Konsequenz.

berücksichtigt, sind heute in dem gleichen Detail die Funktionen Winddichtigkeit, Schlagregendichtigkeit, sommerlicher und winterlicher Wärmeschutz sowie Dampfdiffusionsdichtigkeit zu lösen (3). Dieser Steigerung der Komplexität wird durch eine Schichtung von Funktionen in verschiedene Ebenen sowie den Einsatz von bewährten Systemen für Einzelfunktionen – beispielsweise die Systeme Isolierglas, Dichtungsprofile oder Rahmenprofile (5) – entsprochen. Die Leistung des Detaillierens reduziert sich somit vor dem Hintergrund der sich steigernden Komplexität auf das Zusammensetzen von Einzelkomponenten. Einzelne Aspekte können hierbei verändert werden, die Komponenten bleiben jedoch meist vollständig erhalten.

1

Historischer Holzschutz Holzbauten können nur bei konsequenter Berücksichtigung konstruktiv richtiger Detaillösungen dauerhaft überstehen. Dieses Beispiel eines Schweizer Holzhauses lässt anhand der großen Dachüberstände den Schutz der Fassade gut erkennen.

2

Holzfenster mit Klappladen Klappläden und Einfachverglasung am Beispiel eines Fachwerkhauses. Neben dem Regenschutz für das Fenster erzeugt der Klappladen einen Klimapuffer, der bei nächtlichen tiefen Temperaturen den Wärmeschutz verbessert.

52

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

3

Historisches und modernes Fensterprofil Historische Fenster beschränken sich auf die Lösung der Probleme des Wasserabweisens und der Minimierung der Wärmeverluste. Heutige Fensterkonstruktionen müssen zusätzlich höhere Anforderungen an Schlagregendichtigkeit und Wärmeschutz, thermische Trennung, Winddichtigkeit und Dampfdiffusion sicherstellen.

4

5

6

Historisches Holzfensterprofil Holzfensterprofile in Fußpunktbereich. Erkennbar ist der Holzrahmen des Flügelelementes, welcher mittels eines Rücksprungs gegen das metallische Rahmenprofil anschlägt. Die Schlagregendichtung erfolgt im Sockelbereich mittels eines Wetterschenkels. Winddichtende Kunststoffprofile existieren nicht.

Modernes Holzfensterprofil Im Gegensatz zum historischen Holzfenster werden moderne Holzfenster im Sockelbereich mittels mehrerer Falzungen und Silikondichtungsprofile gegen Wind abgedichtet. Der Schlagregenschutz des Flügels wird auch in diesem Beispiel mittels eines Wetterschenkels erbracht. Im Bereich des Rahmens kann eingedrungenes Wasser über die Entwässerungsführung und über ein außen liegendes Aluminiumabdeckprofil abgeführt werden.

Historisches Schiebefensterprofil Beispiel eines historischen Schiebefensters. Einfach zu lösen ist in diesem Fall der Sockelpunkt, da aufgrund der Führung des Flügels vor dem Rahmen eine innere Aufkantung das Eindringen von Wasser verhindert. Schwieriger ist hier die Dichtung der Seiten des Rahmens.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

53

Gebäuderaster und Position des Bauteils Die Position der Fassade im Baugefüge wird bestimmt durch das

Als weiterer Punkt muss die Position des Bauteils im Gefüge

Raster des Gebäudes. Gebäude bestehen aus Flächen, welche

des Gebäudes betrachtet werden. Hier kann beispielsweise das

aus einzelnen Komponenten, Elementen oder Bauteilen zusam-

Schließen einer Öffnung durch ein zurückgesetztes und damit

mengesetzt werden. Werden in die Flächen Öffnungen einge-

konstruktiv geschütztes Fenster erfolgen. Gestalterisch entsteht

bracht, resultiert hieraus ein Übergang des einen Bauteils in den

ein die Ansicht des Gebäudes gliedernder Schattenwurf. Nach-

anderen. Diese Übergänge werden mittels Fugen geschlossen.

teilig hierbei ist das Problem des Kältedurchgangs in den Rand-

Zwecks Organisation der Komponenten sowie der Fugen wer-

bereichen des Fensters: Es besteht das Risiko, dass in diesen

den üblicherweise Raster über Gebäude gelegt, um immer wie-

Randbereichen rund um das Fenster bei einer schlechten Wärme-

derkehrende Situationen gleichmäßig zu lösen. Raster sind auch

dämmeigenschaft der Wand eine Wärmebrücke entsteht.

in den einzelnen Elementen wiederzufinden – beispielsweise

Alternativ kann das Fenster möglichst weit außen platziert wer-

im Mauerwerk, durch die gleichbleibenden Abmessungen des

den, um die Homogenität des Gebäudes zu unterstreichen, oder

Mauerziegels (7).

es kann gar nach außen exponiert werden. Auch hier besteht der Nachteil einer möglichen Wärmebrücke sowie des geringen konstruktiven Schutzes der Fassade. Folglich erscheint eine Platzierung der Fenster in einer mittleren Ebene sinnvoll, mit der daraus resultierenden Gestaltung (8).

7

Mauerwerk Die Einzelkomponenten des Mauerwerkes, die Ziegel, erzeugen im Gefüge ein Bandraster.

54

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Auf Fassaden wirken verschiedenste Einflussfaktoren: Belastungen aus Eigengewicht, im System der Fassade vertikal, und Windlasten, rechtwinklig zum System der Fassade. Wird die Fassade zur Aussteifung des Gebäudes herangezogen, wirken im System der Fassade Horizontalkräfte. Wird die Fassade auch zur Lastabtragung des gesamten Gebäudes verwendet, wirken auch diese Lasten als Vertikalkräfte im System der Fassade (9). Als weitere Einflüsse wirken auf die Fassade von außen Schall, Wind, Regen, Wärme/Kälte sowie die Sonneneinstrahlung. Von innen wird die Fassade mit Luftfeuchte, Wärme und Kälte beansprucht. Üblicherweise werden die Einflussfaktoren aufgrund ihrer zum Teil widersprüchlichen Anforderungen an die Konstruktion getrennt betrachtet und in Form von einzelnen Funktionsschichten in die Fassade eingebunden.

9

Einflussfaktoren Fassaden Fassaden werden aus dem Gefüge des Gebäudes, der Nutzung und den Umgebungsbedingungen von verschiedenen Einflussfaktoren beansprucht. Von außen wirken Schall, Wind, Regen und Wärme/Kälte. Auf der Innenseite der Fassade treten Luftfeuchte und ebenfalls Wärme/Kälte auf. Außerdem müssen Eigengewicht der Fassade und Windlasten sowie gegebenenfalls Lasten aus dem Gefüge des Gebäudes aufgenommen werden.

8

Position der Fenster im Gebäude Die Position der Fenster im Gefüge des Gebäudes kann nach innen zurückgezogen, in Mittellage, flächenbündig oder nach außen exponiert werden. Lediglich bei der Position in Mittellage werden Wärmebrücken geometrisch einfach vermieden.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

55

Komposition von Funktionen Eine gestalterische und konstruktive Aufteilung der Fassaden erfolgt nach zwei Prinzipien, entweder als elementiertes (10) oder als aus Ebenen bestehendes System (11). Bei einer Aufteilung in Elemente übernehmen diese Elemente einzelne Aufgaben wie Belüftung und Belichtung oder verhindern Durchsicht. Sie können jedoch meistens nur eine oder wenige Funktionen gewährleisten, erst die Komposition der Elemente ermöglicht eine vollständige Funktion der Fassade. Entsprechend werden die einzelnen Elemente aus einer Auswahl an Möglichkeiten zusammengestellt. Jedes Element wird, wenn Funktionen vorgesehen sind, einzeln genutzt, kann aber seine Funktion nur an der jeweiligen Stelle des Elementes erfüllen. Ein Austausch der Elemente – beispielsweise veraltete Fensterelemente – kann separat erfolgen. Bei einem aus Ebenen bestehenden System werden die einzelnen Funktionen durch jeweils eine Ebene in der Fassade über-

10

nommen. Diese Ebenen können vollflächig angeordnet werden und ermöglichen so die Nutzung der Funktion an jeder Stelle der Fassade. Jede Funktion wird über die jeweilige Ebene geschaltet, um den Anforderungen zu entsprechen. Die Komplexität der Kon-

Elementierte Fassade Eine Fassade, gegliedert durch Elemente, welche einzelne Funktionen wie Belüftung, Belichtung oder Transparenz separat ermöglichen

struktion sowie die Abstimmung der einzelnen Funktionen, beispielsweise des Lüftens, der Transparenz und des Dämmens, stellt hier die Schwierigkeit dar. Für beide Prinzipien gilt, dass es neben den selten vorkommenden reinen Ausprägungen des einen oder anderen Systems viele Mischformen und Varianten gibt, um möglichst vielen Anforderungen gleichzeitig gerecht zu werden und dennoch ein Optimum von geringem konstruktiven Aufwand bei guter Funktionalität zu finden. Auch erzeugt die weiter voranschreitende Entwicklung immer weitere spezialisierte Komponenten – sowohl bei den Fassadenelementen als auch bei den Ebenen.

11

Fassade aus mehreren Ebenen Die Gliederung der Fassaden durch Ebenen ermöglicht vollflächige Fassaden, die an jeder Stelle der Fassade alle Funktionen wahrnehmen können.

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D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Prinzipien des Details Unabhängig von Materialwahl und dem gestalterischen Gedan-

Fassadenschichten im Detail

ken der Fassade können hier zwei Prinzipien als wesentliche

Üblicherweise werden für die verschiedenen Einflussfaktoren

Konstruktionsrichtlinien formuliert werden, um den konstruktiven

auf eine Fassade einzelne Schichten mit jeweils einigen weni-

und bauphysikalischen Notwendigkeiten von Fassaden zu ent-

gen Funktionen eingesetzt (12), die als Gesamtes die Fassade

sprechen:

bilden: Eine außen liegende Wetterschutzschicht übernimmt die

Von außen auftreffendes Wasser sollte außen abgeleitet wer-

Dichtung gegen Regen, Wind und Sonneneinstrahlung. Wie

den. Falls trotz Wetterschutzschicht Wasser eindringt, muss

bereits beschrieben sollte eine zweite wasserführende Schicht

dieses wieder nach außen geführt werden oder verdunsten kön-

hinter der Wetterschutzschicht vorgesehen werden. In der Ebene

nen, damit es keinen Schaden anrichten kann. Dies ist notwen-

der Fenster kann zusätzlich ein außen liegender Sonnenschutz

dig, da es nahezu unmöglich ist, über die gesamte Lebensdauer

vorgesehen werden.

eines Gebäudes sicherzustellen, dass die äußere Wetterschutz-

Die mittlere Funktionsschicht übernimmt die Aufgabe Däm-

schicht absolut unversehrt und damit dicht bleibt. Wenn Was-

men gegen Kälte und Wärme in beide Richtungen. Um direkte

ser eingedrungen ist, kann es zum Faulen von Holz, Korrodieren

Temperaturübertragung zu vermeiden oder zumindest zu mini-

von Stahl oder bei Frost zum Platzen von Stein führen. Um dies

mieren, werden die äußere Wetterschutzschicht und die Funk-

zu vermeiden, sollte eine zweite, vollständige wasserführende

tionsschicht thermisch getrennt. Hierunter versteht man eine

Schicht hinter der äußeren Wetterschutzschicht vorgesehen

weitgehende Entkopplung der beiden Ebenen, um direkte Kon-

werden. Kann dies nicht erfolgen oder ist das Bauteil anders

taktstellen, welche Wärme oder Kälte übertragen würden, zu

beschaffen – beispielsweise als Sandwichelement – sollte zum

vermeiden. Da die äußere Wetterschutzschicht aber von den

Einen die Möglichkeit der Wartung bestehen, zum Anderen müs-

mittleren Funktionsschichten getragen wird, ist diese Trennung

sen die Komponenten der Fassade dauerhaft wasserresistent

konstruktiv nicht vollständig möglich. Entsprechend werden die

sein.

Kontaktstellen möglichst klein gehalten oder mittels schlecht

Als zweites Prinzip sollte die Dichtigkeit gegen Luftfeuchte

wärmeleitender Materialien ausgebildet.

von innen nach außen abnehmen. So kann Wasserdampf von

Bei genügender Bauteilmasse übernimmt die Funktions-

innen nicht in die Konstruktion eindringen. Im Fall des Eindrin-

schicht auch die Aufgabe des Schallschutzes. Ist nicht genü-

gens von Wasser in die Fassade kondensiert dieses bei kalten

gend Bauteilmasse vorhanden, muss auch hier eine Entkopplung

Außentemperaturen und schädigt dann in der Folge die Fassa-

der Bauteile gewährleistet werden, um den Schalldurchgang zu

denkonstruktion. Bei einem Aufbau mit nach außen abnehmender

minimieren. Wird die Fassade für Funktionen des Tragens heran-

Dichtigkeit kann das Wasser nach außen verdunsten. Des Wei-

gezogen, erfolgt auch das in dieser Ebene. Je nach Konstruktion

teren kann durch eine dichte Innenhülle Zugluft und damit Ener-

des Gebäudes und der Fassade werden Eigengewicht und Las-

gieverlust vermieden werden.

ten aus dem Gebäude abgeleitet. Die innere Schicht trennt den Innenraum von der Fassade bzw. dem Außenraum. Hier wird die Funktion Wind- und Wasserdampfdichtigkeit vorgesehen. Gegebenenfalls ist in dieser Ebene auch die Möglichkeit der Aufnahme von Wasserdampf aus 12

dem Innenraum zu berücksichtigen, wobei dieser dann wieder in den Innenraum zurückgegeben werden muss. Ein Durchdringen

Schichten im Detail Drei Schichten übernehmen im Fassadendetail die Aufgabe, den jeweiligen Einflussfaktoren auf die Fassade entgegenzuwirken. Die außen liegende Wetterschutzschicht muss Schlagregendichtigkeit sicherstellen. Die mittlere Schicht muss als Funktionsschicht die Aufgaben des Tragens und Dämmens übernehmen. Die innere Schicht trennt den Innenraum und muss als Dampfdichtung fungieren.

des Wasserdampfes durch die Dichtungsebene ist aus oben beschriebenen Gründen zu vermeiden.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

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Detailentwicklung an Beispielen Die Komplexität der Verknüpfung der drei Schichten steigt mit

Die Prinzipien des Details sollen nun anhand von fünf typischen

der Notwendigkeit, konstruktive Lösungen für Ecken oder Dach-

Detaillösungen – Außenverkleidung Mauerwerk, Pfosten-Riegel-

anschlüsse zu finden (13). Der Wunsch, die einzelnen Ebenen

Fassade, Elementfassade, Dachattika und Sockeldetail – und

ohne Unterbrechung um die Ecke zu führen, stößt bei den unter-

anhand konkreter Konstruktionen erläutert werden.

schiedlichen Funktionen der Bauteile – vertikale Bauteile (Fassaden) müssen Wasser abweisen, horizontale Bauteile (Dächer und Vorsprünge) müssen Wasser abweisen und abführen – auf Probleme, deren prinzipielle Lösungen im Weiteren vorgestellt werden. Konstruktiv aufwendig ist das Führen der Schichten auf einen Gehrungsschnitt, da letztendlich am äußersten Punkt die Entscheidung der Überlappung zu treffen ist und bis zu diesem Punkt alle Schichten zu führen sind. Die Lösung dieses Problems über eine Attika bietet die Möglichkeit, mit scharfen Kanten geometrisch eindeutige Formen zu erzeugen, birgt aber auch die Schwierigkeit der Wasserableitung des Daches auf der Innenseite der Wandkonstruktion. Eine Lösung mittels eines Überstandes entspricht der Notwendigkeit von vorspringenden Schichten zur Überlappung, resultiert aber auch in eventuell ästhetisch nicht gewollten sichtbaren Kanten von Bauteilen.

14

Außenverkleidung Mauerwerk: Wohnbebauung in Middelburg, Niederlande Die zweischalige Konstruktion mit einer dämmenden und tragenden Funktionsschicht und einer getrennten Wetterschutzschicht aus Mauerwerk. Das Mauerwerk wird durch Zuganker, die die Wärmedämmung durchdringen, in Position gehalten. Das Fenster wird bei dieser niederländischen Bauweise vor dem Mauerwerk montiert, welches dann an die Rahmenabmessungen angepasst werden kann. Oberhalb des Fensters befinden sich Dichtungsfolien, die eingedrungenes Wasser ableiten.

13

15

Prinzip der Schichtenführung bei Ecklösung Das Führen der Schichten über Eck verdeutlicht die Problematik verschiedener Funktionen: Vertikale Bauteile wirken wasserabweisend, horizontale Bauteile müssen Wasser zusätzlich ableiten. Die Skizze zeigt links einen fehlenden Überstand, der langfristig zum Schaden führen muss, als zweites einen Überstand lediglich der äußersten Wetterschutzschicht. Die nächste Lösung zeigt eine Attika, bei welcher für eine separate Entwässerung zu sorgen ist, und die letzte, rechte Lösung zeigt das Aufeinanderliegen der Funktionsschichten und das Überlappen der Wetterschutzschichten.

Prinzipskizze Außenverkleidung Mauerwerk Die Trennung der Funktionsschicht – hier eine Betonwand mit Wärmedämmung – und der Wetterschutzschicht aus Mauerwerk erfolgt durch eine Luftschicht. Fugen im Mauerwerk ermöglichen die Luftzufuhr. Um durch die Wetterschutzschicht eingedrungenes Wasser abzuleiten, wird im unteren Bereich der Fassade eine Entwässerungsfolie nach außen geführt.

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D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Außenverkleidung Mauerwerk

Pfosten-Riegel-Fassade

Eine zweischalige Konstruktion besteht typischerweise aus einer

Pfosten-Riegel-Fassaden werden aus geschosshohen Pfosten,

Betonwand aus Fertigteilen sowie Wärmedämmung als Funk-

welche mittels Anschlussschuhen an die Geschossdecken ange-

tionsschicht und ein vorgesetztes Mauerwerk als Wetterschutz-

bunden werden, und darin eingesetzten Riegeln zusammenge-

schicht (14, 15). Die thermische Trennung erfolgt über Draht-

stellt (16, 17). Diese Konstruktion bildet die Funktionsschicht. Die

Zuganker, die die Wärmedämmung durchstoßen, aber wegen

Wetterschutzschicht wird durch eingesetzte Paneele – Glasschei-

ihres geringen Durchmessers kaum Wärme ableiten. Durch diese

ben oder Sandwichelemente – und die Abdeckprofile gebildet,

wird die äußere Mauerwerksschale gegen horizontale Kräfte und

welche die Paneele fixieren. Die Trennung der Funktionsschicht

Knicken aufgrund von Eigengewicht gesichert. Bei dem Beispiel

und der Wetterschutzschicht erfolgt durch thermisch wenig lei-

einer Wohnbebauung in Middelburg in den Niederlanden ist im

tende Abstandshalter sowie punktuelle Verschraubungen. Weni-

Bereich des Fensters ein Folienübergang vorgesehen. Dies er-

ger eindeutig ist die Trennung im Bereich der Glasscheiben, da

laubt es, oberhalb des Fensters in die Fassade eingedrungenes

diese sowohl die innere Schicht, die Funktionsschicht (zuständig

Wasser auch oberhalb des Fensters wieder nach außen abzulei-

für Tragen und Wärmedämmen) sowie die Wetterschutzschicht

ten. Das Fenster selbst besteht aus einem Rahmen, der vor der

in einem darstellen.

Erstellung des Mauerwerkes montiert wird – eine gängige nieder-

Die Konstruktionsweise Pfosten-Riegel-Konstruktion besteht

ländische Lösung, die sehr gut auf vorgefertigte Fensterelemente

aus industriell vorgefertigten Halbzeugen, die vor Ort handwerk-

und die Möglichkeit des Anpassens der Mauer an den Rahmen

lich montiert werden. Das System kann gut vor Ort angepasst

eingeht. Das eigentliche Fenster mit Flügel wird später eingesetzt,

werden, da es nur auf die Geschossdecke aufgesetzt wird und

um Beschädigungen während der Bauarbeiten zu vermeiden. Die

so vom Gefüge des Gebäudes weitgehend unabhängig ist. Hie-

Innenschicht ist in diesem Detail nicht sichtbar, wurde aber als

raus resultiert auch, dass Toleranzen gut korrigiert werden kön-

verputzte Fläche ausgeführt, wodurch neben einer vollständigen

nen. Nachteilig wirkt sich in diesem Zusammenhang allerdings

Dichtigkeit auch die thermische Speicherfähigkeit erreicht wird.

die Notwendigkeit aus, dass die Zwischenräume zwischen Geschossdecke und Fassade nachträglich geschlossen werden müssen, um Schall- und Brandschutz zu gewährleisten.

16

17

Pfosten-Riegel-Fassade: Fachhochschule Detmold, Werkstatt Emilie, 2007 Dieses Beispiel einer Pfosten-Riegel-Konstruktion zeigt die Struktur der Fassade im Bereich des Deckenanschlusses mit den gut erkennbaren Anschlussschuhen. In weiteren Arbeitsschritten werden Glasscheiben und Paneele mittels Pressleisten aufgebracht.

Prinzipskizze Pfosten-Riegel-Fassade Die Pfosten-Riegel-Fassade besteht aus geschosshohen Pfosten und darin eingesetzte Riegel. Die Scheiben und Paneele werden mittels Pressleisten von außen aufgebracht und sind so thermisch von der Hauptkonstruktion getrennt.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

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Elementfassade In Gegensatz zu Pfosten-Riegel-Fassaden bestehen Elementfassaden aus vollständig vorgefertigten Fassadenelementen, die vor Ort lediglich in Position gebracht und fixiert werden (18). Auch sie werden geschosshoch konstruiert und bestehen meist aus einem tragenden Rahmen, in den Verglasungen und Paneele eingebracht werden (19). Da die Elemente vollständige Einheiten darstellen, werden die Funktionen der Fassade meist von einzelnen Komponenten gleichzeitig wahrgenommen: Wie bei den Pfosten-Riegel-Fassaden fungiert eine eingebrachte Glasscheibe außer als Innenoberfläche auch als Wärmedämmung und Wetterschutzschicht. Die Verknüpfung zum Gebäude erfolgt über Anschlusswinkel stirnseitig im Bereich der Decke. Die Elemente werden am oberen Ende eingehängt und erhalten im unteren Bereich eine Stabilisierung gegen Horizontalkräfte durch einen vertikal verschiebbaren Anschlussbolzen zum darunter liegenden Element. Die Elemente bauen so aufeinander auf und können dann nur von unten nach oben und in einer Reihe montiert werden. Da die einzelnen Module vorgefertigt und transportiert werden, müssen sie als Elemente stabil sein. Hieraus entsteht die Problematik des Fügens der Elemente: Anders als bei der Pfosten-Riegel-Konstruktion, bei welcher die Eindichtung der Wetterschutzschicht durch die Pressleisten erfolgt, müssen bei Elementfassaden die Scheiben im jeweiligen Element eingedichtet werden. Daraus resultiert, dass die Elemente auch untereinander gedichtet werden. Dies erfolgt in der Regel durch drei Dichtungs-

18

profile, die in speziellen Nuten zwischen die Elemente während der Montage eingebracht werden müssen.

Elementfassade: Debitel-Hauptverwaltung, Stuttgart, RKW Architektur + Städtebau, 2002 Diese Elementfassade wurde als Doppelfassade ausgebildet. Die einzelnen Elemente werden von wenigen Personen und einem Kran montiert und sind bereits vollständig – Nacharbeiten wie etwa Verglasung sind nicht mehr notwendig.

19

Prinzipskizze Elementfassade Elementfassaden werden aus vollständig vorfabrizierten Elementen montiert. Somit bestehen sie aus einem umlaufenden Rahmen, was im Bereich der Elementstöße eine Verdoppelung der Profilansichten bedeutet. Des Weiteren muss dieser Bereich mit Dichtungsprofilen innerhalb des Stoßes die vollständige Dichtigkeit – außen gegen Schlagregen, innen gegen Wind und Wasserdampf – gewährleisten.

60

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Attika Der Attikapunkt einer Fassade enthält die Problematik der Überführung verschiedener Schichten einer Fassade in die Schichten einer Dacheindeckung. Die einzelnen Schichten der Fassade – Funktionsschicht mit Wärmedämmung sowie Wetterschutzschicht – werden nach oben geführt (20). In gleicher Weise werden die horizontalen Folienbahnen der Dacheindeckung an einem aufgemauerten Sockel nach oben geführt. Hierbei werden die Dichtungsebenen der einzelnen Systeme soweit vertikal angelegt, dass Schlagregen oder, im Falle des Daches, stehendes Wasser nicht eindringen kann. Als Abschluss dieser einfachen Lösung dient eine Holzverschalung mit Folienbahnen, die die beiden Systeme überdeckt (21). Im Bereich der vorderen Ecke wird ein Aluminiumprofil mit Abtropfkante vorgesehen. Alternativ und eventuell auch dauerhafter kann hier auch eine gekantete Blechabdeckung, welche ebenfalls beide Systeme überdecken muss, verwendet werden.

20

Attika an einer Wohnbebauung Diese Attika lässt die Zusammenführung der Funktionsschichten – Tragen und Dämmen – erkennen, während die Wetterschutzschichten weiter nach oben geführt werden. Alternativ zur Abdeckung mit folienbekleidetem Holz kann eine Blechabdeckung vorgesehen werden.

21

Prinzipskizze Attika Bei Attikadetails erfolgt die Verflechtung der Funktionsschichten von Fassade und Dach, da beide Systeme zusammengeführt werden und aufeinander konstruktiv aufbauen. Die Wetterschutzschichten müssen wegen des Risikos eindringenden Wassers vertikal nach oben geführt werden. Sie werden am höchsten Punkt mit einer Abdeckung aus folienbekleidetem Holz oder Blech versehen.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

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Sockel Die Problematik des Sockelpunktes liegt in der Überführung der

Selbstverständlich gibt es andere Konstruktionsweisen, die auf-

Fassade in das Fundament. Lasten aus der Fassade und dem

grund ihres technischen Aufbaus nicht in jeder Situation den Prin-

Gebäude müssen kraftschlüssig übertragen werden. Außerdem

zipien der Trennung der Schichten folgen. Auch diese können die

muss die Wetterschutzschicht der Fassade in die Abdichtung

Funktionen einer Fassade erfüllen und haben ihre Berechtigung –

gegen das Erdreich überführt werden.

erläutert wurden mit den Details jedoch die Grundprinzipien der

Beispielhaft soll der Sockelpunkt anhand einer Ständerwand aus Blechprofilen auf einem Betonfertigteil-Sockel erläutert wer-

Schichtung in Konstruktionen und das Zusammenführen dieser in Knotenpunkten und Durchdringungen.

den (23). Die Trennschichten zum Innenraum werden hier aus kassettierten Blechpaneelen gebildet, die auf der Tragkonstruktion des Gesamtgebäudes aufgebracht werden. Die Funktionsschicht besteht aus der Wärmedämmung. Die Wetterschutzschicht wird aus Blechpaneelen auf einer Unterkonstruktion zusammengesetzt (22). Der so entstehende Zwischenraum wird auch in diesem Detail dazu genutzt, unplanmäßig eingedrungenem Wasser die Möglichkeit des Abtrocknens zu geben. Das Fertigteil, welches den Sockel selbst bildet, besteht aus zwei Betonflächen, die mittels einer geschlossenporigen Hartschaumplatte getrennt sind. So wird auch hier eine direkte Wärmebrücke vermieden und gleichzeitig ein schlagfester Sockelpunkt verwirklicht. Anhand dieser Details lässt sich gut die Forderung der nach außen hin abnehmenden Dampfdichtigkeit der Fassade erkennen. Die äußere Schicht weist den Schlagregen ab, ist aber für Luft in den Fugen und im Sockeldetail durchlässig. Alle Öffnungen sind mit Tropfkanten versehen, um das Eindringen von Wasser zu erschweren. Die dahinter liegende Wärmedämmung kann bei Bedarf austrocknen. Der Innenraum erhält eine maximale Winddichtigkeit durch eine Blechverkleidung, die dann allerdings in den Fugen mit entsprechenden Dichtungsprofilen zu versehen ist. 23

Sockelpunkt Das Sockeldetail, welches hier als Schnittmodell ausgeführt wurde, zeigt die Schichtenfolge der Funktionsschicht unter der Wetterschutzschicht. Die innere Schicht besteht hier aus der Blechoberfläche. Um eine Fugendichtigkeit zu erreichen, bedarf es Dichtungsprofile in den Stößen des inneren Blechelementes.

22

Prinzipskizze Sockelpunkt Der Wandaufbau besteht in seiner Funktionsschicht aus ineinandergreifenden Blechpaneelen, in die dann Wärmedämmung eingebracht wird. Die Wetterschutzschicht ist mit einem Luftraum von der Funktionsschicht getrennt.

62

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Fugen Für die Funktionen in der Fassade besteht die Notwendigkeit des Verbindens einzelner Fassadenkomponenten oder ganzer Bauteile. Diese erfolgt üblicherweise über eine Fugenausbildung (24). Hierbei ist die Sicherung der Durchgängigkeit der Funktionen der einzelnen Schichten zu beachten sowie der ästhetische Einfluss auf die Erscheinung der Fassade. Bezüglich der Erscheinung werden offene Fugen, Haarfugen (das sind offene Fugen mit einem nur minimalen Zwischenraum, die allerdings das Risiko des Eindringens von Wasser durch Kapillarwirkung beinhalten) sowie überdeckte Fugen (25), hinterlegte Fugen und Schattenfugen, welche im Hintergrund keine Konstruktion erkennen lassen, unterschieden.

25

Fugenausbildung an einem historischen Holzfenster Beispiel eines historischen Holzfensters mit verschiedenen Fugenausbildungen: Die Öffnungsfuge zwischen den Rahmen wurde mit einer Deckleiste geschlossen. Die Fugen zwischen den einzelnen Bauteilen des Rahmens wurden als verleimte Haarfugen ausgeführt. Die Verschalung der unteren Felder wurde mittels Nut und Feder zu Stößen gefügt, die Glasscheiben der oberen Felder sind mit außen liegendem Kitt eingedichtet.

24

Fugenausbildung Fugenausbildung von links: überdeckte Fuge, Schattenfuge, Deckleiste, Haarfuge, offene Fuge

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

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Neben den gestalterischen Akzenten, die Fugen im Fassadenbild eines Gebäudes erzeugen (26-33), ist im Bereich der Konstruktion die Dichtigkeit gegen das Eindringen von Wasser insbesondere bei Schlagregen wichtig. Hierzu werden offene Fugen mit Überdeckungen oder Tropfkanten versehen, um Wasser gezielt durch Abtropfen von der Konstruktion abzuleiten. Geschlossene Fugen hingegen müssen durch die Verschlussmasse die Dichtigkeit gewährleisten. Soll zusätzlich eine Winddichtigkeit von innen erreicht werden, erfolgt dies meist in einer weiteren Ebene auf der Fassadeninnenseite.

28

26

Schindelverkleidung aus Lärchenbrettern Bei dieser Deckung aus Lärchenschindeln ist die Überdeckung sowie der Versatz der Schindeln gegeneinander gut zu erkennen. Auch ist aufgrund der kleinteiligen Bauteile die Möglichkeit einer freien Formgebung gegeben.

Schindelverkleidung aus Schiefer Offene Fugen einer Schindelverkleidung erhalten ihre Schlagregendichtigkeit über die Überlappung der einzelnen Schindeln. Hierbei werden die oberen Schindeln jeweils mit einem Überstand auf die unteren aufgelegt und dann an der Wandkonstruktion fixiert.

29

27

Geschlossene Fugen Geschlossene Fugen sichern die Wetterschutzfunktion der Fassade über die Verschlussmasse. Wasser kann dann nur bei schadhaften Dichtungen eindringen. Dargestellt sind von links: Pressleiste mit Dichtungsprofil, Silikonfuge, Mörtelfuge.

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D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Offene Fugen Offene Fugen können die Funktion der Wetterschutzschicht nur mittels einzelner Überstände und sogenannter Tropfkanten – Überstände mit Rücksprüngen, die ein horizontales Weiterfließen des Wassers verhindern – ermöglichen.

30

32

Deckleistenschalung Deckleistenschalung eines Dachfirstes. Die Fugen der Schalungsbretter werden mittels der aufgeschraubten Deckleisten geschlossen, sodass auch bei Verformung des Holzes die Fugen zwischen den Schalungsbrettern nicht offen stehen.

Silikonfuge Im Gegensatz zur Pressleiste hat die Silikonfuge keinen Stoß zwischen horizontalen und vertikalen Elementen, da sie in einem Verarbeitungsprozess erzeugt wird. Nachteilig können Ausführungsqualität und die Notwendigkeit des regelmäßigen Austausches sein.

31

33

Deckleiste einer Pfosten-Riegel-Konstruktion Ähnlich der Deckleistenschalung verdeckt die Pressleiste einer Pfosten-Riegel-Konstruktion die Fuge zwischen zwei Glasscheiben. Zusätzliche Silikondichtungsprofile dichten die Glasscheibe zur Pressleiste ab. Gut erkennbar ist der Konfliktpunkt des Stoßes zwischen vertikaler und horizontaler Pressleiste.

Mauerwerksdetail mit Blechabdeckung Dieses Mauerwerksdetail zeigt geschlossene Fugen als Verbindung der einzelnen Mauerwerkssteine sowie eine vorspringende Blechabdeckung, die offene Fugen mit Tropfkante aufweist und so eine kontrollierte Abführung des Regenwassers ermöglicht.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

65

Somit ergibt sich für die Fugenausbildung ein Aufbau von au-

Da Fugen auch unterschiedliche Bewegungen von Bauteilen er-

ßen wie folgt: Die Schlagregendichtigkeit wird durch die äuße-

möglichen müssen, kann es innerhalb der Fugen zu planmäßigen

re Dichtungsebene gewährleistet. Die Schlagregendichtigkeit

Verformungen kommen. In solchen Situationen entstehen teilwei-

wird zusätzlich gesichert durch eine zweite Dichtungsebene und

se erhebliche Bewegungen, die durch ein Fugenelement aufge-

eventuell eingedrungenes Wasser wird abgeführt. Abschließend

nommen werden müssen. Somit müssen die Fugenprofile oder

erfolgt raumseitig eine luftdichte Trennung zum Innenraum. Somit

Dichtungsmassen genügende Elastizität aufweisen (34, 36).

werden auch in der Fuge die einzelnen Funktionen durch erkennbare Schichten übernommen (35).

34

Betonfassade Beispiel eines vorstehenden Baukörpers mit einer Betonfassade: Erkennbar sind die vertikalen Fugen zwischen den Betonflächen, in diesem Beispiel als dauerelastische Silikonfuge ausgebildet. Des Weiteren sind im unteren Bereich der Fassade die Führung der Abtropfkanten erkennbar, um Regenwasser gezielt abtropfen zu lassen.

36

35

Aufbau einer Fuge in Fertigteilen Der Fugenaufbau eines Fertigteilanschlusses definiert die Schichtenfolge einer Fassade. Die innere Dichtung erzeugt die Winddichtigkeit, die äußere Dichtung stellt die Wetterschutzschicht dar. Die mittlere Dichtung sichert die Fuge im Falle einer schadhaften Wetterschutzschicht.

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D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Dachanschluss Flughafen Chek Lap Kok, Hongkong, Foster and Partners, 1998 Bei der Fugenausbildung im Dachrand bewegt sich das Dach gegenüber der Fassade, sodass der Anschluss konstruktiv gelenkig und in der Höhe veränderbar ausgeführt werden muss. Um diese Fuge im Bauwerk zu überbrücken, bedarf es eines ziehharmonikaähnlichen Kunststoffprofils, welches die Funktionen Regeneindichtung und Winddichtigkeit übernimmt. Eine nicht vollständige Sicherung der Wärmedämmfunktion wird üblicherweise an diesen Stellen akzeptiert.

Toleranzen Zur Detailentwicklung gehört auch die Problematik von Tole-

Zur Lösung dieses Problems werden Anschlusskomponenten ent-

ranzen. Im Bauwesen versteht man unter Toleranz die Differenz

wickelt und so ausgebildet, dass sie einen Ausgleich in eine, zwei

eines realisierten Bauteils gegenüber der in der Planung pro-

oder alle drei Richtungen zulassen. Dies geschieht beispielswei-

gnostizierten Position im Gefüge des Gebäudes. Aus dieser Dif-

se über Langlöcher: Hier werden in den Anschlusskomponenten

ferenz resultieren fehlende oder sich überschneidende Volumen

längliche Bohrungen vorgesehen, um Schraubverbindungen vor

im Gefüge, die mittels Überbrückungsmöglichkeiten geschlos-

der Fixierung mit einer Verschieblichkeit in eine Richtung auszu-

sen oder durch vorherige Planung verhindert werden müssen,

statten (38, 41). Alternativ können verschiebbare Auflagerbolzen

um ineinander passende Bauteile und einen reibungslosen Bau-

vorgesehen werden, welche auch unter Belastung eine Verschie-

ablauf zu ermöglichen. Somit beinhaltet das Fügen von Materi-

bung der Anschlusskomponenten zulassen (39, 40). Sicherlich

alien mittels eines Details neben dem Umgang mit Funktionen

die aufwendigste Verfahrensweise stellt die „Vor-Ort-Positionie-

und Einflussfaktoren auch den Umgang mit den verschiedenen

rung“ des Bauteils mit anschließender Fixierung, beispielsweise

planmäßigen und unplanmäßigen Dimensionsabweichungen: Bei-

durch Verschweißen, dar.

spielsweise werden im Bereich des Stahlbetons üblicherweise Toleranzen bis zu 3 cm (37) je nach Bauteilgröße vorgesehen. Für Holz kann im Bereich von Detailkonstruktionen von 0,5-2 cm Toleranz ausgegangen werden. Im Bereich des Stahlbaus sind für Detailkon-struktionen Toleranzen von 0,2-0,5 cm üblich. Daraus resultiert die Notwendigkeit, bei gleichen Materialien mit den materialspezifischen Toleranzen der Bauteile untereinander umzugehen. Werden verschiedene Materialien miteinander in Verbindung gebracht, muss zusätzlich mit den verschiedenen Toleranzen der Materialien umgegangen werden.

38

Anschlusswinkel mit Langlöchern Beispiel einer Langlochausführung von Anschlusskomponenten, hier für eine Glasverbindung. Erkennbar sind die verschiedenen Richtungen der Langlöcher, um vor Ort die Position der einzelnen Scheiben und Bohrungen möglichst flexibel aufnehmen zu können. 37

Toleranz Betonfertigteile Im Betonbau – Ortbeton oder Fertigteil – können planmäßig Toleranzen von bis zu 3 cm auftreten. Diese sind mit entsprechenden Anschlusspunkten insbesondere im Bereich der Fassaden aufzunehmen, um den geringeren Toleranzen von Stahl und Aluminium zu entsprechen.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

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Wesentlich ist auch, dass die aus den Toleranzen resultierenden Ungleichheiten in den Anschlüssen auch das Erscheinungsbild beeinflussen. Konstruktionen, die in ihrer Fugenausbildung ohne Toleranzen geplant werden, erscheinen in der Ausführung meist unsauber. Hilfreich ist hier eine genügend breite oder verdeckte Fuge, um dieses Problem einzugrenzen.

39

40

Auflagerpunkt Pfosten-Riegel-Fassade innen Dieser Auflagerpunkt einer Pfosten-Riegel-Fassade wird vor Ort so in Position gebracht, dass mittels der in die Betondecke gebohrten Dübel die fassadenparallele Achse flexibel bleibt, um eine Feinjustage zu ermöglichen.

Auflagerpunkt Pfosten-Riegel-Fassade außen Im diesem Bild vom gleichen Auflagerpunkt ist erkennbar, das die Achse rechtwinklig zur Fassade durch eine Bohrung vor Ort im Holz positioniert wird. Bei einer Ausführung der Fassade aus Aluminium oder Stahl wäre hier ein horizontales Langloch vorzusehen.

41

Auflagerpunkt Pfosten-Riegel-Fassade oben Im letzten Bild dieser Reihe ist der obere Anschlusspunkt der PfostenRiegel-Fassade erkennbar. Hier ist ein vertikales Langloch zu sehen, mittels dessen sowohl horizontale Toleranzen als auch Bewegungen im Bauwerk selbst aufgenommen werden können.

68

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

Es kann festhalten werden, dass für Stahlbeton und Holz Toleranzen im Zentimeter-Bereich, für Stahl und Aluminium im Millimeter-Bereich vorzusehen und diese in der Detailentwicklung zu berücksichtigen sind. Dies gilt insbesondere für Fassaden, da hier meist Stahlbeton und Stahl/Aluminium aufeinandertreffen und somit nicht nur die Materialtoleranzen, sondern auch die Bautoleranzen zwischen den Materialien ausgeglichen werden müssen. Hier muss eine gezielte Aufnahme der möglichen Anschlussverschiebungen realisiert werden können (42, 43).

42

Fußpunkt Fassade Post Tower, Bonn, Helmut Jahn, 2003 Aufsicht auf den Fußpunkt der Fassade mit den Anschlüssen für die weiteren Ausbauelemente wie Ständerwerk, Doppelboden und Trennwand-Anschluss.

43

Post Tower, Bonn Die Elementfassade des Post Tower wird mittels der Verbindungsschuhe an die Geschossdecke angeschlossen. Erkennbar sind die drei möglichen Richtungen, in die Toleranzen aufgenommen werden können: Horizontal nach außen über gerasterte Langlöcher und Schrauben in die Betondecke, horizontal parallel zur Fassade über einen Aufnahmebolzen und vertikal über Aufnahmehaken und darin vorgesehene Stellschrauben.

D E TA I L P R I N Z I P I E N U N D T O L E R A N Z E N

69

5 | Klima und Energie Fassade als Schnittstelle zum Außenraum

Das Beispiel (1) demonstriert den Einfluss der Fassadenqualität

Die Fassade dient als Schnittstelle zwischen innen und außen.

auf den spezifischen Energiebedarfs eines Gebäudes (typisches

Durch die Fassade kann Luft und Wärme entnommen werden,

klimatisiertes Bürogebäude in Mitteleuropa). Es zeigt sich eine

aber auch entweichen. Um den jeweiligen Nutzern einen behag-

Reduzierung des Energiebedarf im Inneren in Abhängigkeit von

lichen Aufenthalt zu gewährleisten, muss eine Fassade viele Funk-

der Qualität der Fassade (Wärme- und Sonnenschutz). Man

tionen sicherstellen. Können diese Funktionen nicht durch die

erkennt hier deutlich, dass ein höherer Glasanteil einen wirt-

Fassade geleistet werden, müssen zusätzliche Komponenten in

schaftlicheren Betrieb ermöglicht. Der Energiebedarf sowie der

der Ebene der Fassade oder in deren Nähe angeordnet werden.

optimale Glasanteil kann natürlich über zusätzliche passive und aktive Maßnahmen reduziert bzw. verschoben werden.

Anforderungen an die Fassade

Nachfolgend werden passive Maßnahmen (Fassade) als auch

Die Fassade stellt die Schnittstelle zwischen innen und außen

aktive Maßnahmen (technische Komponenten) und deren Ein-

dar. Innen müssen alle Komfortbedingungen erfüllt werden, au-

fluss auf den Nutzerkomfort näher erläutert.

ßen muss sie den lokalen Einflüssen standhalten und sollte sie zudem energieeffizient nutzen. Fassade und technische Kompo-

b)

3PEZIFIS C HERJËHRLIC HER0RIMËRENERGIEBEDARFERFORDERLIC HFàRDEN 'EBËUDEBETRIEBZ""àROGEBËUDEIN:ENTRALEUROPA

Wärmeschutz der Fassade desto kleiner sind die erforderlichen Heizflächen und je effektiver der Sonnenschutz desto geringer die erforderlichen Kühlmaßnahmen. Je nach klimatischen Bedingungen und inneren Wärmelasten kann auf aktive Kühlmaßnahmen vollständig verzichtet werden.Die Fassade definiert maßgeblich den Energiehaushalt sowie die Komfortparameter eines Gebäudes.

3PEZIFISCHER0RIMËRENERGIEBEDARF;K7HM¶A=

nenten stehen in Interaktion miteinander. Je besser der passive    







































      







'LAS ANTEILINDER&AS S ADE

(E IZ U N G

a)

c)

3PEZIFIS C HERJËHRLIC HER0RIMËRENERGIEBEDARFERFORDERLIC HFàRDEN 'EBËUDEBETRIEBZ""àROGEBËUDEIN:ENTRALEUROPA

+ à H LU N G

+ U N STLICH T

, à FTE RSTROM

Spezifischer jährlicher Primärenergiebedarf erforderlich für den Gebäudebetrieb (z.B. Bürogebäude in Zentraleuropa) 

 

 

 

















    

Spezifischer Primärenergiebedarf [kWh/m²a]

3PEZIFISCHER0RIMËRENERGIEBEDARF;K7HM¶A=



  

 































   





 

























(E IZ U N G

+ à H LU N G

+ U N STLICH T

, à FTE RSTROM

1

Primärenergiebedarf eines Verwaltungsgebäudes Spezifischer Primärenergiebedarf eines Verwaltungsgebäudes in gemäßigtem Klima in Abhängigkeit des Glasanteils und der Qualität des Wärmebzw. Sonnenschutzes der Fassade. Das Diagramm a zeigt den Energiebedarf mit einer modernen Zwei-Scheibenverglasung und innen liegendem Sonnenschutz. Die Wärmeschutzverglasung ist im Diagramm b durch eine Drei-Scheibenverglasung ersetzt worden. Im Diagramm c ist zusätzlich ein außen liegender Sonnenschutz hinzugefügt.

KLI MA U N D E N E RG I E







Glasanteil in der Fassade

'LAS ANTEILINDER&AS S ADE

70





(E IZ U N G

+ à H LU N G

+ U N STLICH T

, à FTE RSTROM

²# 

Behaglichkeit Verschiedene Gebäudetypen wie Wohngebäude oder Büro-



bauten stellen andere Anforderungen an die Behaglichkeit. Die



UNBEHAGLICH WARM

NOCH BEHAGLICH

wichtigsten Faktoren sind die thermische, hygienische, akustische 

sowie visuelle Behaglichkeit. Die Vielzahl der Parameter, die bei der Planung zu berücksichtigen sind, sollten im Dialog mit allen trachtung von Einzelaspekten kann zur Beeinträchtigung anderer Anforderungen führen (2). Ein behaglicher Aufenthalt wird von jedem Nutzer subjektiv anders definiert; daher lässt sich die Behaglichkeit nicht mit objektiven Messmethoden für alle Nutzer gleichermaßen erfassen. Bei der Angabe von Faktoren, die die Behaglichkeit bestimmen wie Luftbewegung, Temperatur, Lichtintensität oder Luftfeuchte, kann man immer nur Empfehlungen anhand von Richtwerten anstreben, wobei davon ausgegangen werden muss, dass jeder Nutzer diese anders wahrnimmt und sich deshalb mehr oder weniger wohlfühlt.

 2AUMUMSCHLIE”UNGSFLËCHENTEMPERATURT 5

beteiligten Fachplanern abgestimmt werden. Die isolierte Be-

BEHAGLICH

    UNBEHAGLICH KALT

  

     2AUMLUFTTEMPERATURT ,









2

In den jeweiligen Gesetzen der Länder werden Mindestforderungen an die Bedingungen am Arbeitsplatz oder im Wohnraum festgelegt, diese dienen aber in den meisten Fällen nur der Sicherstellung der Haupteinflussgrößen. Besondere Forderungen be-

Behaglichkeit Behaglichkeitsbereich in Abhängigkeit von Raumlufttemperatur und der Oberflächentemperatur der Raumumschließungsflächen

züglich der Behaglichkeit sollten im Planungsprozess mit den Beteiligten festgelegt werden. Die einzelnen Behaglichkeitsfaktoren werden im Folgenden kurz erklärt.

Thermische Anforderungen Der menschliche Körper im Raum tauscht die Wärme nicht nur über die Luft durch Konvektion, d.h. Übertragung von Energie durch kleinste Teilchen in einer Strömung, aus, sondern steht auch mit den umschließenden Raumflächen über Strahlung in Kontakt, daher muss sowohl der Wärmetransport über Konvektion als auch der über Strahlung für das Erreichen der thermischen Behaglichkeit beachtet werden (3). Aufgrund dieser Wärmetransportmechanismen wird die Temperatur als „empfundene Temperatur“ oder „operative Temperatur“ angegeben. Diese auch als Raumtemperatur bekannte Größe entspricht näherungsweise dem Mittelwert aus Raumlufttemperatur und mittlerer Strahlungstemperatur der Raumumschließungsflächen. Daraus wird ersichtlich, welchen Einfluss die Raumum-

3

schließungsflächen auf die thermische Behaglichkeit haben können.

Faktoren der thermischen Behaglichkeit Für die thermische Behaglichkeit sind viele Faktoren verantwortlich. Der Mensch gibt Wärme als Strahlung und als Konvektion ab, empfindet diese aber auch durch die ihn umgebenden Wände und die Luftbewegungen im Raum.

KLI MA U N D E N E RG I E

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Für die thermische Behaglichkeit sind viele Faktoren verantwortlich. Der Mensch gibt Wärme als Strahlung und als Konvektion ab, empfindet diese aber auch durch die ihn umgebenden Wände und die Luftbewegungen im Raum. Die Frage welche Temperatur oder welcher Temperaturbereich für einen Raum oder ein Gebäude festgelegt werden soll oder kann, ist durch vielfältige Regularien in den einzelnen

     



Ländern geregelt. Grundsätzlich sollte die Temperatur immer in



Abhängigkeit von der Außentemperatur bewertet werden. Eine

 

Differenz von 5-6 K ( Temperaturdifferenzen werden in Kelvin



angegeben, wobei 1 K = 1 °C entsprechen) gegenüber der Außentemperatur hat sich als realisierbare Festlegung herausge-



















4

stellt, wobei Raumtemperaturen über 26 °C vermieden werden sollten. In Untersuchungen hat sich feststellen lassen, dass die Nutzer eine höhere Akzeptanz gegenüber der Raumtemperatur auf-

DIN EN ISO 7730 Berechnung der Behaglichkeit Vorausgesagter Prozentsatz Unzufriedener (PPD) als Funktion des vorausgesagten mittlerem Votums (PMV) .

weisen, wenn diese individuell über ein Fenster regulierbar ist. Unzufriedener sind die Nutzer, wenn die Temperatur zentral über eine Klimaanlage gesteuert wird und sie somit keinen Einfluss ausüben können.

Bewertung der Behaglichkeit Eine Berechnungsmethode nach DIN EN ISO 7730 ermöglicht innerhalb der Planung die Behaglichkeit für die Nutzer in Abhängigkeit von den Raumtemperaturen, der Tätigkeit der Nutzer und dem Grad der Bekleidung abzuschätzen. Diese beispielhafte Methode der Bewertung gibt ein vorausgesagtes mittleres Votum der Nutzer an, aus dem dann der vorausgesagte Prozentsatz Unzufriedener (PPD = Predicted Percentage of Dissatisfaction)

5

angegeben werden kann (4). Das Verfahren beruht auf der Wärmebilanz des menschlichen Körpers, wobei neben Bekleidungs- und Tätigkeitsgrad (5) auch die Lufttemperatur, die mittlere Strahlungstemperatur sowie die relative Luftgeschwindigkeit und die Raumluftfeuchte mit in die Berechnung einfließen. Als Planungsziel wird empfohlen, einen Prozentsatz Unzufriedener

Bekleidungsgrad In der DIN EN ISO 7730 wird den jeweiligen Bekleidungen ein Wert zugeordnet. Das ist sinnvoll, wenn man bedenkt, dass in einer Bank Kostüm bzw. Anzug mit Krawatte zum äußeren Erscheinungsbild gehört, jedoch beispielsweise die Mitarbeiter einer Werbeagentur lässiger, dem Wetter angepasst gekleidet sein können.

unter 10% anzustreben; diese Richtlinie versteht den Mensch als Individuum, der unterschiedlich empfindet und sich dementspre-

Visuelle Anforderungen

chend auch anders wohlfühlt.

Die visuellen Anforderungen, die an einen Raum gestellt werden, haben zum Ziel, den in ihm befindlichen Menschen diesen Raum angenehm erscheinen zu lassen. Auch hier wird wie bei der thermischen Behaglichkeit deutlich, dass Wahrnehmung und auch der Geschmack der einzelnen Nutzer sich stark voneinander unterscheiden können. Prinzipiell sollte man die Räume so gestalten, dass das menschliche Auge die Umgebung schnell erfasst und ein klarer Raumeindruck vermittelt werden kann. Gute Orientierungsmöglichkeiten, ausreichende Beleuchtung und geringe Kontrastunterschiede helfen bei der Wahrnehmung des Raumes und begünstigen die visuelle Behaglichkeit (6).

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KLI MA U N D E N E RG I E

Hygienische Anforderungen Aktuelle Untersuchungen sollen in diesem Zusammenhang klä-

In einer vergleichenden Studie des BMFT (Bundesministerium

ren, ob eine gute Gestaltung einer schlechten Klimatisierung

für Forschung und Technologie) von klimatisierten Büroräumen

entgegenwirken kann. Ebenfalls ist die Wirkung von Farben in

und natürlich belüfteten Räumen hat man 1998 festgestellt, dass

Räumen in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

sich die Mitarbeiter in Räumen mit Klimaanlage häufiger unwohl

Ein ebenso wichtiger wie häufig unterschätzter Aspekt der vi-

fühlen als in natürlich belüfteten und belichteten Räumen. Das

suellen Behaglichkeit ist die natürliche Belichtung. Sofern natür-

Arbeiten in klimatisierten Räumen beeinflusst somit die Produk-

lich einfallendes Sonnenlicht verfügbar ist, sollte man versuchen

tivität der Mitarbeiter wie die des Unternehmens. Die in diesem

dieses auch zu nutzen. Der menschliche Stoffwechsel benötigt

Zusammenhang auftretenden Ermüdungs- und Konzentrations-

die Sonnenstrahlen. Um eine Überhitzung der Räume und Blen-

schwächen nennt man Sick-Building-Syndrom (kurz SBS).

dung am Arbeitsplatz zu vermeiden, werden aber Sonnenschutz-

Die Qualität der Raumluft spielt für die hygienische Behaglich-

vorrichtungen benötigt. Problematisch ist ebenfalls der starke

keit eine große Rolle und wird neben vielen anderen Faktoren

Kontrast von Hell und Dunkel, der durch die Verschattung entste-

durch die Qualität der Zuluft (Außenluft) einerseits und durch

hen kann. Hier gilt es, Kompromisse in der Planung einzugehen.

nutzungs- und raumbedingte Verunreinigungen andererseits bestimmt. Als solche Verunreinigungen können Staub, Gase, CO2, Geruchsstoffe, Viren und Bakterien angeführt werden. Um die hygienische Behaglichkeit zu gewährleisten, muss ein ausreichender Luftwechsel sichergestellt werden. Der Mensch kennt dieses Phänomen, wenn man beispielsweise die lange nicht genutzte Ferienwohnung zu Beginn des Urlaubs richtig durchlüften muss, weil es stickig und muffig riecht.

Akustische Anforderungen Die akustische Behaglichkeit in Räumen wird durch von außen übertragene Geräusche, von Geräuschen innerhalb des Gebäudes, von der eigenen Geräuschproduktion bzw. der Raumantwort beeinflusst (7). Verkehrslärm und Baustellenlärm sind die größten Geräuschquellen außerhalb des Gebäudes. Im Gebäude werden die Lärmbelastungen zum Einen von den Nutzern selbst durch Te6

lefonieren, Gehen oder Musik verursacht. Unterscheiden muss man Luftschall, der sich von der Quelle aus im Raum über die

Visuelle Behaglichkeit Blendungen, Reflexionen und starke Hell-Dunkel-Kontraste wie hier die Streifen, die der Sonnenschutz auf die Betonstütze wirft, können die visuelle Behaglichkeit mindern.

Luft ausbreitet, und Körperschall, der sich über die Bauteile des Gebäudes verbreitet, wie beispielsweise Trittschall durch das Gehen mit Absatzschuhen auf harten Böden. Geräusche können zum Anderen auch von technischen Anlagen oder Leitungen ausgehen und sich über das Leitungsnetz im Gebäude verteilen und die akustische Behaglichkeit senken.

7

Akustische Einflüsse Die akustischen Einflüsse, die auf einen Raum einwirken können, bestehen aus äußeren Lärmquellen wie Fluglärm, stark frequentierte Verkehrsachsen sowie Baulärm. Von innen können Gespräche von Nachbarräumen, Betriebsgeräusche sowie Trittschall bei ungenügender Schalldämmung die akustische Behaglichkeit beeinträchtigen.

KLI MA U N D E N E RG I E

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Lüften Betrachtet man die einzelnen Anforderungen an ein Gebäude

Wie bereits im Zusammenhang mit der Behaglichkeit angemerkt

isoliert, können sich Widersprüche zwischen ihnen ergeben. So

ist dem Thema Lüften ein sehr großer Stellenwert beizumessen.

kann es aus raumakustischer Betrachtung erforderlich sein, die

Das Klima der Räume, in denen sich Nutzer aufhalten, wird durch

gesamte Decke abzuhängen. Das Verkleiden der Rohbetonde-

deren Anwesenheit stark beeinflusst. Durch den Menschen kön-

cke reduziert jedoch deren thermische Speicherfähigkeit und

nen je nach Tätigkeit pro Tag mehrere Liter Wasser in Form von

somit den natürlichen Kühleffekt im Sommer durch die Masse

Dampf in die Raumluft abgegeben werden. Der CO 2-Gehalt

des Betons. Kann man beispielsweise nicht auf das Verkleiden

steigt durch das Ausatmen und die Temperatur steigt ebenfalls.

der Decke verzichten und die Raumakustik durch Raumteiler

Der Anteil an CO2 sollte auf ein Maximum von 0.1-0.15 % redu-

oder Schall absorbierende Möbel beeinflussen, so muss über

ziert werden. Durch die Lüftung wird die Raumlufttemperatur so-

eine andere Art der Kühlung im Raum nachgedacht werden. Die

wie die Raumluftfeuchte reguliert, verbrauchte Luft ausgetauscht

Planung muss also ständig alle Erfordernisse im Blick behalten

und Geruchs- und Schadstoffe abtransportiert. Die natürliche

und diese in Einklang bringen.

Lüftung wird über die jeweiligen nationalen Normen und Richt-

Sofern der Außenlärm erhöhte Forderungen an den Schallschutz durch die Fassade stellt und gleichzeitig eine natürliche

linien reglementiert. Es gibt verschiedene Arten einen Raum zu belüften, die natürliche und die mechanische Lüftung.

Lüftung über die Fenster beabsichtigt wird, können diese im geöffneten Zustand den Lärmschutz nicht mehr gewährleisten.

Natürliche Lüftung

Alternativ muss dann über eine andere Art der Lüftung nachge-

Zur natürlichen Lüftung gehören die Fugenlüftung, die Fenster-

dacht werden oder die Fassade wird soweit verändert, um den

lüftung und die Schachtlüftung (9).

Schallschutz bei freier Lüftung zu verbessern. Fugenlüftung: Als Selbst- oder Fugenlüftung eines Raumes wird der Luftwechsel im Raum bezeichnet, der bei geschlos-

Regulieren der Behaglichkeit mit Fassaden

senen Fenstern, Außentüren und Rollladenkästen durch deren

Um die zuvor geforderten Behaglichkeiten in einem Gebäude

Fugen infolge des durch Temperaturunterschied und Windanfall

zu erreichen, sind die Funktionen Lüften, Heizen, Kühlen, Son-

hervorgerufenen Druckgefälles zwischen innen und außen ent-

nenschutz sowie Lichtlenkung in Teilbereichen der Fassade oder

steht. Moderne Fenster ermöglichen durch ihre Dichtungsfüh-

mittels haustechnischer Komponenten zu erfüllen (8).

rung fast keine Fugenlüftung mehr, besitzen aber in manchen Fällen kleine öffenbare Klappen (10-12).

8

9

Funktionsübersicht Fassade Um ein komfortables Raumklima zu erreichen sind an und in unmittelbarer Nähe der Fassade die Funktionen Lüften, Heizen, Kühlen, Sonnenschutz und Lichtlenkung mit Hilfe verschiedener Komponenten zu erfüllen.

Natürliche Lüftung Die natürliche Lüftung kann man in drei Arten unterteilen: 1. Fugenlüftung, bei der die Luft durch Undichtigkeiten im Rahmen oder gezielt durch kleine Klappen zugeführt wird, 2. die klassische Fensterlüftung und 3. die Schachtlüftung, bei der die Abluft in einem vertikalen Schacht abgeführt wird.

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Fensterlüftung: Die gebräuchlichste Art der natürlichen Lüftung ist die Fensterlüftung, wobei die verschiedenen Fensterbeschlagsarten die Effektivität der Lüftung beeinflussen (13). Die Funktion der Lüftung wird ebenfalls durch die jeweiligen Winddruckverhältnisse an der Fassade beeinflusst. Wird nur von einer Fassadenseite gelüftet, kann man für die erreichbare Raumtiefe von der 2,5-fachen Raumhöhe ausgehen. Effektiver ist die Möglichkeit der Querlüftung, die für „Durchzug“ sorgt; dann ist eine Belüftung bis zum 5-fachen der Raumhöhe möglich. Heute können Fenster mit Motoren ausgestattet werden, 10

um automatisch die Räume nach Erfordernis zu belüften oder schwer erreichbare Fenster zu öffnen.

Geschlossenes Fenster mit offener Tür Einstellbare Fugenlüftung in einem Holzfenster; der Pfeil zeigt die geöffnete Klappe, durch die auch bei geschlossenem Fenster gelüftet wird.

BIS

BIS

BIS

+IPPFLàGEL

(ORIZONTAL 3CHWINGFLàGEL

3ENK +LAPP &LàGEL

BIS

BIS

BIS

$REHFLàGEL

7ENDEFLàGEL

11

Geschlossenes Fenster mit geschlossener Fugenlüftung Geschlossene Lüftungsklappe, durch die ein absolut winddichtes Fenster erreicht werden kann.

6ERTIKAL 3CHIEBEFLàGEL BIS

KEINE!NGABEN

3CHWINGFLàGEL

0ARALLEL !USTELLFENSTER

12

13

Lüftungsschlitze Kleine Lüftungsschlitze mit Fliegenschutzgittern sind außen an den Blendrahmen des Fensters angebracht, durch die auch bei geschlossenem Fenster gelüftet werden kann.

Lüftungsöffnungen Durch verschiedene Beschläge können Fenster in ihrer Öffnungsart variiert werden. Jede Öffnungsart hat jedoch einen unterschiedlichen Luftdurchlass.

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Schachtlüftung: Schachtlüftungen werden bevorzugt genutzt,

Gerade im Bereich der zentralen Lüftungs- und Klimaanlagen ist

wenn ein höherer Luftwechsel angestrebt wird. Dabei lässt man

der haustechnische Aufwand sehr groß, da Zu- und Abluftkanäle

die Zuluft über die Fenster einströmen und führt diese durch ei-

in der Decke oder im Boden verlegt werden müssen (15). Die

nen Schacht meist in Gebäudemitte über das Dach ab. Schacht-

Lüftungszentralen nehmen große Teile der Nutzflächen in An-

lüftungen sind gehäuft im Wohnungsbau anzufinden und wurden

spruch, bei Hochhäusern sogar als Technikgeschosse ganze

früher vielfach angewandt, um große Raumtiefen zu überwin-

Etagen, die alle haustechnischen Anlagen konzentrieren. Großer

den. Schachtlüftungen sind auch im Winter sehr zuverlässig,

Vorteil von mechanischen Lüftungsanlagen ist die Möglichkeit der

da durch die windgeschützte Lage im Gebäude ein schnelles

Wärmerückgewinnung; dabei wird der Abluft die Energie entzo-

Auskühlen der Abluft verhindert wird und somit die Funktion der

gen, um diese wieder der Heizung zuzuführen. Häufig wird die

Lüftung aufrechterhalten werden kann. Abluftschächte in der

Luft, sobald sie zentral aufbereitet wird, auch klimatisch behan-

Fassadenebene werden dagegen mittlerweile häufig angewandt,

delt, d.h. erwärmt, gekühlt oder entfeuchtet; in diesem Fall spricht

so zum Beispiel bei den Schacht-Kasten-Fassaden, bei denen

man von einer Klimaanlage. Der Trend gerade im Hinblick auf den

sich durch die solare Einstrahlung die Abluft erwärmt und somit

Platzverbrauch und der individuellen Einstellung des Raumklimas

beschleunigt nach oben geführt wird.

geht zu dezentralen Einheiten, die jeweils eine Raumzelle oder Büroachse individuell klimatisieren oder belüften können (16).

Mechanische Lüftung

Dabei werden kompakte Geräte im Unterflurbereich unter dem

Wenn eine konstante Belüftung über das ganze Jahr sichergestellt

Fußboden fassadennah im Doppelboden (ein doppelter aufge-

werden soll, werden häufig mechanische Lüftungsanlagen einge-

ständerter Boden) bei geschosshoher Verglasung (17) oder im

setzt. Die angesetzten Luftwechselraten werden durch die Ge-

Brüstungsbereich eingesetzt, die dann über Auslässe die aufbe-

setze der einzelnen Länder geregelt. Als einfachste mechanische

reitete Luft in den Raum abgeben. Jeder Nutzer kann das Gerät

Lüftung sind Systeme zu nennen, in denen kleine motorische Lüf-

steuern und somit die Behaglichkeit im Raum individuell regeln.

ter in die Außenwand eingesetzt werden (14) und diese dann die Abluft abführen. Die Zuluft wird an anderer Stelle zugeführt.

15

Mechanische Lüftung durch Absaugen In die Abhangdecke werden Abluftöffnungen eingesetzt, die dann über Rohrleitungen die Abluft unter der Abhangdecke zur Klimazentrale weiterführen.

16

14

Einfache mechanische Lüftung Als einfachste Variante der mechanischen Lüftung kann man kleine Elektrolüfter in ein Fenster einsetzen, ein Regenschutzgitter auf der Außenseite verhindert das Eindringen von Regen und Insekten. Diese Lösung ist jedoch nur in Sonderfällen wie hier in einem Serverraum zu empfehlen, da ein kontinuierlicher Luftaustausch unbeaufsichtigt erfolgen kann. Deutlich ist auch die Verschmutzung des Gitters von außen zu sehen.

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Dezentrale Klimamodule Im Fassadenraster werden je nach Erfordernis kleine dezentrale Klimamodule eingesetzt. Durch Zuluftöffnungen in der Fassade kann die Frischluft in das Gebäude geführt werden.

Heizen

18

Durch das Lüften eines Raumes wird die Raumtemperatur immer wieder abgekühlt; die Energie, die zum Aufheizen der kalten Frischluft benötigt wird, nennt man Lüftungswärmebedarf. Hinzu kommt noch der Wärmeverlust über die abschließenden Hüllflächen, der ebenfalls das Heizen notwendig macht. Im Folgenden

Radiator Ein Radiator gibt die Wärme zu einem Teil über Strahlung an den Raum ab, ein kleiner Teil der Wärme wird über Konvektion über die Raumluft abgegeben.

werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Beheizung eines Gebäudes mit fassadennahen Komponenten aufgezeigt. (Ausgenommen bleibt die Beheizung über die Luft, die ein Lüftungsrohrnetz und eine zentrale Lufterwärmung oder eine Klimaanlage voraussetzt und als Teil der allgemeinen Haustechnik hier nicht weiter erklärt wird.)

Heizkörper Die einfachste und gebräuchlichste Möglichkeit, einen Raum zu heizen, ist die Verwendung von Heizkörpern. Bei diesen lassen

19

sich zwei verschiedene Wirkungsweisen unterscheiden, zum Einen durch Strahlung (18) und zum Anderen durch Konvektion (19, 20).

Konvektor Konvektoren nutzen das Prinzip aufsteigender Wärme. Wenn man die Heizrippen des Konvektors beheizt, wird die kalte Luft unten angesaugt und oben erwärmt von den Heizrippen an den Raum abgegeben. Die Luft kommt so in einer Art Lüftungswalze bis in die Raumtiefen.

20

17

Dezentrale Klimabox Im Post Tower in Bonn, Helmut Jahn, 2003, sind im Doppelboden dezentrale Klimageräte eingesetzt worden. Das Bild zeigt ein Gerät in der Bauphase; gut zu sehen sind die Luftzuführung und die Wasserleitungen, die das Gerät mit Heizwärme versorgen.

Bodenkonvektor Nach dem gleichen Prinzip werden Bodenkonvektoren in den Boden eingelassen. Auch hier wird kalte Luft unten angesaugt und nach oben erwärmt abgegeben. Optisch sind diese im Raum nicht so dominant, dürfen aber nicht verstellt werden und sind reinigungsintensiver, da Schmutz direkt hineinfallen kann.

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Fassadenheizung

Kühlen

Als weitere Form der Heizung kann man Fassadenheizungen nen-

Die gebräuchlichsten Vorrichtungen zum Kühlen sind die Klima-

nen, bei denen durch die Profile der Fassade warmes Wasser

anlagen in ihren verschiedenen Bauarten. Es gibt aber gerade

geführt wird (21) und somit die Behaglichkeit in Fassadennähe

im Hinblick auf groß verglaste Büro- und Verwaltungsbauten, die

verbessert werden kann. Im Sommer kann man auch mithilfe von

stark überhitzungsgefährdet sind, noch weitere bauliche Maß-

kaltem Wasser die Anlage zum Kühlen verwenden. Die durch-

nahmen, um die Raumtemperatur im Sommer auf eine akzeptable

strömten Fassadenprofile geben die Temperatur über Strahlung

Höhe herabzusenken. Generell kann man diese Maßnahmen in

ab, welche für den menschlichen Körper als angenehmer als eine

verschiedene Funktionsweisen unterteilen. Zum Einen kann man

für Zugluft anfällige Luftheizung empfunden wird. Eine Fassaden-

die bereits im Raum befindliche Wärme herunterkühlen oder aber

heizung kann nicht zur Heizung des gesamten Raumes genutzt

zum Anderen die Abschirmung der solaren Einstrahlung bereits

werden. Häufig findet sie Anwendung, wenn bei großen Fassaden

in der Fassadenebene oder vor der Fassade vornehmen.

in Foyers oder Empfangsräumen der möglichen Kondenswasserbildung auf den Gläsern entgegengewirkt werden soll. Bei der

Nachtauskühlung

Planung von Fassadenheizungen muss man sorgfältig alle An-

Um einen Raum zu kühlen, sind verschiedene Prinzipien anwend-

schlusspunkte überdenken, da die Fassadenelemente im Bereich

bar. Bei der Nutzung von Luft als Kühlmedium kann man sich

der Außenhaut und an den wärmeführenden Elementen starken

die natürliche Speicherfähigkeit von massiven Bauteilen zunutze

Längenausdehnungen aufgrund der thermischen Verformungen

machen. Im Skelettbau verbleiben für diesen Zweck zwar nur die

ausgesetzt sind.

Decken, diese bieten aber große Flächen, die genutzt werden kön-

Der Vollständigkeit halber sollte man auch Fußbodenheizungen,

nen. Betondecken können die Wärme im Tagesverlauf bis zu einer

Flächenheizsysteme sowie die Bauteilaktivierung nennen. Bei Fuß-

Tiefe von 50 -70 mm speichern. In der heißen Sommerzeit wird

boden-, Flächenheizsystemen oder Bauteilaktivierungen werden

nachts bei kühlerer Außenluft ein Teil der Fenster motorbetrieben

wasserführende Rohrleitungen in den Boden, in die Wandflächen

geöffnet (23) und die Kaltluft unter den roh belassenen Decken

oder in die tragenden Betondecken eingelegt. Über Wand- und

entlang geführt (Nachtluftauskühlung). Die im Tagesverlauf gespei-

Deckenflächen ist auch eine Kühlfunktion zu realisieren.

cherte Wärme wird der Decke entzogen und die heruntergekühlte Decke heizt sich am Tag nicht so schnell wieder auf; der Raum bleibt somit länger kühl (22).

22

21

Fassadenheizung Bei einer Fassadenheizung werden die Profile mit Heizwasser durchströmt. Die gesamten Profile strahlen dann die Wärme an den Raum ab und erhöhen die Behaglichkeit in Fassadennähe.

78

KLI MA U N D E N E RG I E

Nachtauskühlung Lässt man nachts durch geöffnete Lüftungsklappen die kühle Außenluft unter der Sichtbetondecke entlangströmen, kann man die Temperatur der Decke senken. Am Tag entzieht die ausgekühlte Decke der Raumluft ihre Wärme, wodurch ein natürlicher Kühleffekt eintritt.

Bauteilaktivierung Wasser ist ebenfalls zur Kühlung geeignet. In den Betondecken werden wasserführende Leitungen eingelegt, durch die man im Sommer kaltes Wasser leitet. Das kalte Wasser entzieht damit über die aktivierten Baumassen dem Raum die Wärme. Positiv ist bei dieser Lösung die Möglichkeit, die Decken auch zum Hei-

24

zen verwenden zu können, wenn man warmes Wasser durch die gleichen Leitungen führt (24).

Kühldecken Kühldecken funktionieren nach demselben Prinzip, werden jedoch unter die Betondecken gesetzt oder im Bereich der Abhangdecken installiert (25), was eine spätere Deinstallation oder Nach-

Bauteilaktivierung In die Betondecke werden wasserführende Rohrleitungen eingelegt, die später mit temperiertem Wasser zum Heizen oder Kühlen genutzt werden können.

rüstung ermöglicht. Alternativ finden auch Kühlsegel Anwendung, die von der Decke abgehängt werden und von kaltem Wasser durchströmt werden und dadurch dem Raum Wärme entziehen (26). Sie können auch mit Beleuchtungskörpern und akustischen Elementen kombiniert werden. Allerdings müssen die Kühlsegel in Abhängigkeit zu den Arbeitsplätzen angeordnet werden, worunter die Flexibilität im Raum leidet.

25

Kühldecken Die Kühldecke ist von der Betondecke abgehängt und enthält wasserführende Elemente, die kühlend in den Raum strahlen. Der Vorteil dieser Lösung ist die einfache Demontage und Nachrüstung des Systems.

23

Fassadenklappen Im Bereich der Fassade sind im unteren und oberen Bereich Lüftungsklappen angeordnet. Durch die hervorstehenden Deckenauskragungen ist eine regensichere Durchlüftung auch nachts möglich.

26

Kühlsegel Kühlsegel bilden häufig eine gute Lösung für die Kühlung des Raumes, da sie mit Beleuchtungskörpern und akustischen Elementen kombiniert werden können.

KLI MA U N D E N E RG I E

79

Sonnen- und Blendschutz

Innen liegender Sonnen- und Blendschutz

Eine im Hinblick auf Energieeinsparung adaptive Fassade verfügt

Ein innen liegender Sonnenschutz ist in der Wirksamkeit gegen-

über die Fähigkeit, auf die mit den Jahreszeiten wechselnden An-

über dem außen liegenden Sonnenschutz deutlich unterlegen.

forderungen in adäquater Weise reagieren zu können. In Bezug

Ist die Wärme erst durch das Glas in den Raum gelangt, kann

auf den solaren Wärmeeintrag stehen sich die Anforderungen an

ein innen liegender Sonnenschutz (28) nur noch zu einem ge-

die Fassade im Winter und Sommer diametral gegenüber. Im Win-

ringen Teil die Wärmestrahlung blockieren. Als Blendschutz ist

ter sind solare Wärmegewinne erwünscht, welche einen möglichst

ein innen liegender Schutz als sogenannter Screen wirksam, der

hohen Gesamtenergiedurchlassgrad (Durchlässigkeit der Fassa-

gerade im Bereich von EDV-Arbeitsplätzen eine Verminderung

de für Sonnenenergie) der Fassade erfordern. Im Sommer hinge-

der Blendung erzielt (29). Diese Folien oder Textilien werden in

gen soll eine Überhitzung der Räume bei Besonnung vermieden

verschiedenen Lichttransmissionswerten geliefert, d.h. das Maß,

werden, was neben anderen passiven Maßnahmen in erster Linie

wie viel Licht durchgelassen wird.

einen entsprechend niedrigen Gesamtenergiedurchlassgrad der Fassade erfordert. Diese gegensätzlichen Anforderungen können nur von einer Fassade erfüllt werden, die ihre Durchlässigkeit für solare Energie ändern kann; diese Flexibilität kann durch Sonnenschutzsysteme erzielt werden. Zu Beginn der Planung sollte die Verschattung des Gebäudes durch die baulichen Gegebenheiten der Umgebung geprüft werden. Im städtischen Kontext kann es manchmal vorkommen, dass durch die Verschattung der Nachbarbebauung (27) ein Sonnen-

28

schutz nicht an allen Fassadenseiten erforderlich ist. Im Folgenden werden die verschiedenen Sonnenschutzsysteme nach ihrem Wirkungsprinzip und Einbauort erklärt.

Innen liegender Sonnenschutz Ein innen liegender Sonnenschutz ist nicht so wirksam wie ein außen liegender Sonnenschutz; häufig dient er mehr als Blendschutz für PC-Arbeitsplätze.

27

Verschattung Im städtebaulichen Kontext kann es vorkommen, dass ein Sonnenschutz nicht auf jeder Seite des Gebäudes nötig ist, da Fassadenflächen durch Nachbargebäude verschattet werden. 29

Blendschutz Diese Fassade verfügt neben einem außen liegenden Sonnenschutz aus textilen Rollos auch über Blendschutzrollos im Innenraum. Im Brüstungsbereich gibt es öffenbare Fenster und Lüftungsklappen.

80

KLI MA U N D E N E RG I E

Außen liegender Sonnenschutz

Fest stehender Sonnenschutz

Beim außen liegenden Sonnenschutz kann man fest stehende

Ein fest stehender Sonnenschutz bietet eine gute Möglichkeit

und bewegliche Sonnenschutzsysteme unterscheiden. Diese

der Verschattung. Weit auskragende, horizontale Elemente auf

Systeme bieten den besten Sonnenschutz, da sie die solare

Geschossdeckenhöhe sind als Brises soleil bekannt (30). Als

Wärmestrahlung bereits vor der Glasebene abfangen.

weitere Lösung können fest stehende oder drehbar gelagerte Lamellen (31) an der Fassade angebracht werden, diese erreichen aber nicht so gute Werte wie im Winkel verstellbare (nachführbare) Elemente. Die Frage der Reinigung der dahinterliegenden Glasscheiben sollte jedoch bereits früh bedacht werden. Feststehende Sonnenschutzsysteme können auch als Putzbalkon oder zweiter Rettungsweg herangezogen werden, wenn sie einen ausreichenden Abstand von der Glasebene haben. Als weitere Möglichkeit der fest stehenden Verschattung kann auch eine Bepflanzung dienen (32). Optimal sind Begrünungen, die im Winter die Blätter verlieren, um so den in der Heizperiode gewünschten Wärmeeintrag zu erhöhen. Generell muss aber darauf geachtet werden, dass die Pflanzen regelmäßig beschnitten werden, damit die Durchsicht gewährleistet bleibt, ebenso sollte

30

man eine Bewässerungsanlage einplanen.

Brises soleil Diese fest stehenden Sonnenschutzelemente kragen vor den Geschossplatten aus und können bei richtiger Dimensionierung und Tragfähigkeit auch als Putzbalkon genutzt werden.

32

31

Fassadenbegrünung Als fest stehender Sonnenschutz kann auch eine vorgelagerte Pflanzebene dienen. Bei Fassadenbegrünung ist der regelmäßige Rückschnitt und eine Bewässerungsmöglichkeit einzuplanen.

Fest stehende Lamellen Fest stehende Lamellen können vertikal wie auch horizontal angeordnet werden. Je nach Ausstattung kann man die Lamellen auch für eine bessere Beschattung im Winkel verstellen (nachführen). Bei der Planung ist die Reinigung der dahinterliegenden Gläser zu bedenken.

KLI MA U N D E N E RG I E

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Beweglicher Sonnenschutz Ein Beispiel für den beweglichen Sonnenschutz sind textile Systeme, die als Rollos vor der Glasebene heruntergelassen oder in Schienen von der Fassade ähnlich einem Vordach ausgestellt werden und so ungehinderte Durchsicht erlauben (33). Eine andere, weit verbreitete Variante stellen Lamellenraffstores dar, die zur Regelung der Sonneneinstrahlung im Winkel veränderbare Lamellen besitzen (34). Eine Teilung in mehrere Bereiche ist möglich; beispielsweise kann über flacher gestellte Lamellen im oberen Bereich das Licht in die Raumtiefe gelenkt werden. Eine motorische Steuerung ist heute Standard, die bis zur automatischen Regelung des Sonnenschutzes über Sensoren bei Erreichen eines Höchstwertes an Solarstrahlung auf

34

der Fassade reichen kann. Die beweglichen Sonnenschutzsysteme sind bei starkem Wind beschädigungsanfällig und müssen dann hochgezogen werden. Daher ist das Einbringen des Sonnenschutzes in den Fassadenzwischenraum eine effiziente Lösung, gerade im Hochhausbau, der starken Windbelastungen ausgesetzt ist. Im Wohnungsbau und bei geringgeschossigen Bürobauten werden seit einigen Jahren auch horizontal verschiebbare Sonnenschutzläden verwendet (35). Diese in Schienen aufgehängten Elemente lassen sich motorisch oder von Hand verschieben. Die

Lamellenraffstores Lamellenraffstores sind ein weit verbreiteter Sonnenschutz. Eine Vielzahl von Systemen, die in Farbe, Konstruktionsart und Dimension variieren, ist auf dem Markt erhältlich. Einige Lamellenraffstores verfügen zudem noch über lichtlenkende Funktionen, die über flacher gestellte Lamellen im oberen Bereich das Licht in die Raumtiefe lenken.

Rahmen können mit Alu- oder Holzlamellen oder Metallgittern ausgefacht werden. Aufgrund der horizontalen Bewegung dieser Elemente müssen jedoch im Fassadenlayout sogenannte Parkpositionen eingeplant werden, an denen die Schiebeläden im geöffneten Zustand geparkt werden können.

35

33

Sonnenschutzrollos Textile Sonnenschutzrollos können an Seilen herauf- und herabgefahren werden. Je nach Art des Textils ist eine Durchsicht von innen nach außen möglich.

82

KLI MA U N D E N E RG I E

Schiebeläden Bei geringer Anzahl von Geschossen ist die Verwendung von horizontal verschiebbaren Sonnenschutzläden möglich. Diese können motorisch oder von Hand verschoben werden. Es stehen dafür eine breite Auswahl von Metallnetzen, Gittern, Holzlamellen oder Textilien zur Verfügung, wodurch vielfältige Gestaltungen realisierbar sind.

Sonderlösungen Die Industrie entwickelt ständig neue Produkte im Bereich des Sonnenschutzes. Einige bleiben Sonderlösungen, aber manche reifen zu Standarddetails. Einige auf dem Markt erhältliche Produkte werden hier als prinzipielle Lösungen vorgestellt. Mittlerweile sind Sonnenschutzvorrichtungen im Scheibenzwischenraum der Isolierglasscheiben sehr verbreitet (36, 37). Das Einlegen von Elementen in den Scheibenzwischenraum hat jedoch Vor- und Nachteile. Bringt man beispielsweise Metallgitter oder Holzlamellen in die Isoliergläser ein, spart man bei der Montage Zeit und es entfällt die Reinigung. Geht aber eine Scheibe kaputt, muss mit ihr auch der Sonnenschutz erneuert werden. Kritisch zu betrachten sind im Scheibenzwischenraum eingesetzte Lamellenraffstores, die motorisch angetrieben werden. Fällt ein

37

Motor aus oder verkantet sich der Lamellenvorhang, muss die gesamte Scheibe ausgetauscht werden. Prinzipiell muss man sich bei der Auswahl immer über alle Vor- und Nachteile des Systems im Klaren sein. Manchmal ist diese Lösung sinnvoll, wenn beispielsweise die Reinigung der Fassade dadurch vereinfacht

Central Library, Seattle Bei der Bibliothek in Seattle wurden in den Scheibenzwischenraum Streckmetallgitter als Sonnenschutzelemente eingesetzt. Dieser Sonnenschutz ist aufgrund der schräg geneigten Fassaden- und Dachflächen gegenüber außen liegenden Sonnenschutzelementen vorteilhaft.

werden kann. Andererseits ermöglichen aber getrennte Systeme mehr Unabhängigkeiten im späteren Betrieb. Ein sehr einfacher Sonnenschutz ist das Bedrucken der Gläser mittels Siebdruck oder Emaillierung, da dies im Bereich der Glasebene realisiert werden kann (38). In frei wählbaren Mustern oder Rastern können so grafische Elemente auf die Scheiben aufgebracht werden, die den Einfall der Sonnenstrahlung reduzieren. Da beim Bedrucken viele Variationen möglich sind, kann der Sonnenschutz auch den jeweiligen Anforderungen der Nutzung angepasst werden.

38

Bedrucktes Glas Das Bedrucken von Gläsern stellt eine einfache Sonnenschutzmaßnahme dar. Bei der Gestaltung bestehen viele Freiheiten, um das Bild der Fassade den gestalterischen Ansprüchen anzupassen. Dargestellt ist eine Fassade mit verschieden dicht bedruckten Gläsern. 36

Central Library, Seattle, OMA und LMN Architects, 2004 Der Detailausschnitt zeigt das rautenförmige Fassadentragwerk aus Stahlträgern. Im Scheibenzwischenraum befinden sich Streckmetallgitter zur Filterung des Sonnenlichts.

KLI MA U N D E N E RG I E

83

Lichtlenkung Bei tiefen Räumen – insbesondere mit zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Raumtiefe – reicht die natürliche Belichtung manchmal nicht aus. In diesen Fällen können Systeme zur Lenkung des Tageslichts in die Raumtiefe zum Einsatz kommen. Diese Systeme können ebenfalls genutzt werden, um bei direkter Besonnung eine blendfreie Belichtung zu ermöglichen. Mithilfe von Tageslichtlenksystemen lässt sich der Stromverbrauch für Kunstlicht reduzieren und eine höhere visuelle Behaglichkeit erreichen. Bisher sind reine lichtlenkende Systeme aber noch sehr teuer und stellen gestalterisch noch starke Differenzen zur übrigen Verglasung dar, weil diese Elemente keine ungehinderte Durchsicht ermöglichen. Oft wird daher auf Sonnenschutzsysteme wie Lamellenraffstores mit lichtlenkenden Eigenschaften

39

im oberen Bereich zurückgegriffen. Die oberen Lamellen werden dabei in einem anderen Winkel angestellt oder sind in einem anderen Profil geformt. Lichtlenkende Systeme kann man in verschiedene Konstruktionsformen einteilen. Zum Einen gibt es horizontale Elemente (39), die das Licht reflektieren und somit lenken, und zum Anderen Systeme, die vertikal in den Sonnenschutz oder in die Glasebene

Horizontale Lichtlenkung Horizontale Linklenkelemente werden in Form von kleinen Konsolen im oberen Bereich der Fassade von außen montiert. Das auftreffende Licht wird dann reflektiert und über die helle Raumdecke in die Raumtiefe geleitet.

eingebracht sind (40). Das Licht wird durch diese Elemente nicht reflektiert, sondern in einem anderen Winkel umgelenkt. Bei diesem Prinzip gibt es viele Lösungen. Zu nennen sind holografische Folien, feine Prismenoberflächen und reflektierende Lamellen in spezieller Geometrie. Gerade bei der Lichtlenkung spielt die Ausführung der Decke, die das Licht ebenfalls in die Raumtiefe lenkt, eine wichtige Rolle. Als einfachste Lösung wird diese weiß gestrichen oder mit lichtlenkenden Elementen verkleidet.

40

Vertikale Lichtlenkung In der Glasebene eingesetzte vertikale Lichtlenkelemente leiten über holografische Folien oder Prismengläser das Licht in die Raumtiefe. Diese Lichtlenkelemente ordnet man über dem Sichtbereich bis zur Decke an, um ein Optimum an Lichtintensität zu erreichen und ungehinderte Durchsicht zu gewährleisten.

84

KLI MA U N D E N E RG I E

6 | Adaptive Fassaden Sonne Als intelligente Gebäude werden diejenigen Gebäude bezeich-

Die Sonne ist der wichtigste Energielieferant und Motor allen Le-

net, die in der Lage sind, sich an wechselnde klimatische Be-

bens auf der Erde (1). Im Verhältnis zum Energiebedarf der Erde

dingungen anzupassen. Der Wortgebrauch von Intelligenz bei

ist die von der Sonne ausgehende Energiemenge unendlich. Die

Gebäuden oder Fassaden kann zu Fehlinterpretationen führen,

Energie der Sonne, die als Solarstrahlung auf die Erde fällt, ist

weshalb im Folgenden von adaptiven Fassaden gesprochen

jedoch nur ein Bruchteil der Energie, die ihren Weg zu unserem

wird. Adaption beinhaltet grundsätzlich, dass sich die Gebäude

Planeten antritt. Ein Teil der gefährlichsten Strahlungen der Son-

und Fassaden an die jeweiligen Witterungseinflüsse adaptieren.

ne wird durch die Erdatmosphäre abgehalten, die als Schutz-

Anstatt sich gegen die Umwelt abzuschotten, macht man sich

und Filterschicht die Erde umhüllt. Ein weiterer Teil der auf die

diese für den Gebäudebetrieb zunutze, was sich positiv auf die

Erde auftreffenden Strahlung wird durch die Wassermassen

Behaglichkeit für den Nutzer und den Energieverbrauch aus-

der Weltmeere absorbiert. Der größte Teil der Sonnenenergie

wirkt. Diese Technologie hat sich in Zentraleuropa aus der tra-

wird durch die Pflanzen aufgenommen, diese wandeln durch die

ditionellen Bauweise entwickelt, da aufgrund des milden Klimas

Fotosynthese den in der Luft enthaltenen Kohlendioxid in Sau-

Fensterlüftung sowie ein außen liegender Sonnenschutz üblich

erstoff um und schaffen die Grundlage alles menschlichen und

war. Damit verbunden war natürlich eine geringe Gebäudetiefe,

tierischen Lebens. Als direkter Energieträger nutzen die Men-

sodass jeder Nutzer Zugang zur Fassade und somit zu Tageslicht

schen das Holz zum Heizen sowie durch die erdgeschichtliche

und natürlicher Lüftung hat.

Umsetzung von Biomasse auch Öl und Kohle aus tieferen Zonen

Die Nachteile einer derartigen Bauweise sind hohe Raum-

der Erdkruste.

temperaturen in Hitzeperioden, Windanfälligkeit des außen lie-

Die direkte Nutzung der Sonnenenergie zum Heizen ist erst

genden Sonnenschutzes – speziell bei Hochhäusern oder in

wenige Jahrhunderte alt, die Technologie der solaren Stromge-

windreichen Regionen –, Zugerscheinungen im Winter durch

winnung sogar nur wenige Jahrzehnte. Im Gebäude lässt sich die

die natürliche Lüftung, eine verminderte Tageslichtversorgung

Sonne als Motor ausgeklügelter Klimakonzepte und Erzeugung

bei geschlossenem Sonnenschutz und dadurch bedingt auch

natürlicher Luftbewegung zu nutzen.

eine eingeschränkte Transparenz. Ausgeklügelte adaptive Fassadenkonzepte versprechen zumindest einige dieser Nachteile zu minimieren, sodass auch ohne Klimatisierung in der Regel ein hoher Nutzerkomfort erzielbar ist. Dieser lässt sich in sogenannten hybriden Gebäuden zusätzlich steigern, indem für extreme klimatische Situationen eine unterstützende Klimatisierung integriert wird. Nachfolgend wird eine kurze Übersicht über adaptive Fassaden gegeben. Um die Wirkprinzipien der Fassaden verständlich zu machen, werden grundlegende bauphysikalische Vorgänge vorausgehend erläutert.

1

Erdatmosphäre Die Erde wird von mehreren Luftschichten umhüllt, die Teile der Sonnenstrahlung filtern und gefährliche Strahlungsanteile von der Erde fernhalten. Die Energie, die von der Sonne ausgeht, ist in Relation zur benötigten Energiemenge unendlich. Bisher wird jedoch nur ein kleiner Teil davon genutzt.

A D A P T I V E FA S S A D E N

85

Licht

Wärme

Als Licht bezeichnet man den Teil der von der Sonne ausgestrahl-

Wärme oder Wärmemenge ist eine physikalische Größe und

ten elektromagnetischen Strahlung, der vom menschlichen Auge

beschreibt den Transport von thermischer Energie über eine

wahrgenommen werden kann (2). Dieser Bereich liegt zwischen

Systemgrenze hinweg. Wärme ist an diese Transportvorgänge

380 bis 780 nm Wellenlänge. Unterhalb dieses sichtbaren Wel-

gebunden und daher eine Prozessgröße, im Gegensatz zu einer

lenbereichs liegt die kurzwellige ultraviolette Strahlung, oberhalb

Zustandsgröße. Dabei wird thermische Energie immer vom Sy-

die langwellige Infrarotstrahlung. Erhöht man die Energie dieser

stem mit der höheren Temperatur in Richtung des Systems mit

langwelligen Strahlung, kann man sie bis zur schneidenden Kraft

der geringeren Temperatur übertragen (3). Trifft eine Wärme-

eines Laserstrahls nutzbar machen. Das menschliche Auge

strahlung wie die Strahlung der Sonne auf einen Körper, kann

nimmt die Reize und die Intensität des einfallenden Lichts als

diese teilweise durchgelassen (Transmission), teilweise reflektiert

Kontraste und Farben wahr.

(Reflexion) und teilweise absorbiert werden (Absorption). Wird nun die Wärmestrahlung in einem Körper absorbiert, erwärmt sich dieser. Die Wärme kann durch die verschiedenen Prinzipien des Wärmetransports weitergegeben werden. Innerhalb eines Stoffes spricht man von Wärmeleitung, innerhalb von fl uiden Medien, zu denen auch die Luft gehört, kann sich die Wärme als sogenannte Konvektion ausbreiten. Dabei wird die erwärmte Luft durch Dichteabnahme leichter und steigt

0.01 nm

1.00 nm

100 nm

1.00 mm

1.00 cm

1.00m

1.00 km

auf, es entsteht eine Luftbewegung. Als Strahlungswärme oder 400 nm

700 nm

Radiation bezeichnet man den Wärmetransport als Strahlung von Körper zu Körper. Der Wärmefluss erfolgt immer vom höheren Temperaturniveau zum niedrigeren. Das Phänomen der Wärmestrahlung ist deutlich zu empfinden, wenn man die Wärme der Sonne auf der Haut wahrnimmt oder neben einer kalten Wand

2

ein Unbehagen spürt, da dem Körper Wärme entzogen wird. Lichtspektrum Nur ein kleiner Teil der Sonnenstrahlung kann vom menschlichen Auge als sichtbares Licht wahrgenommen werden. Das Strahlungsspektrum reicht von der ultravioletten Strahlung im kurzwelligen bis zur Infrarotstrahlung im langwelligen Bereich.

+ONVEKTION

2EFLEXION 3TRAHLUNG

!BSORPTION

3

Wärmetransport Wärme kann auf verschiedene Weise übertragen werden, wobei die Energie je nach Material transportiert oder umgewandelt wird. Unterscheiden kann man die verschiedenen Transportmechanismen in Strahlung und Wärmeleitung.

7ËRMELEITUNG

4RANSMISSION

4EMPERATURINŽ#

86

A D A P T I V E FA S S A D E N

3TRAHLUNG

Glashauseffekt

Geschichte der adaptiven Fassaden

Mit den vorangegangenen Prinzipien kann man den Glashausef-

Bereits alte Bauernhäuser waren in Bezug auf die Energieein-

fekt beschreiben, der die Verwendung von Glas in der Architek-

sparung im Rahmen ihrer Möglichkeiten optimal ausgelegt. Die

tur zur Nutzung solarer Energie erklärt.

Wärme des untergestellten Viehs wurde genutzt, das Stroh und

Trifft kurzwellige Strahlung auf eine Glasscheibe, kann diese

Heu war nicht nur Streu und Futter sondern auch Dämmung.

das Glas durchdringen. Glas lässt diese Strahlung also transmit-

Den Energieverbrauch in Form von Feuerholz versuchte man

tieren; im Inneren trifft die Strahlung auf feste Körper wie Böden

möglichst gering zu halten. Die Fenster hatten Klappläden, die

oder Wände und wird durch diese absorbiert. Dabei erfolgt die

zur Nacht den Luftraum zwischen Klappladen und Glas als ther-

Umformung in langwellige Wärmestrahlung. Diese Wärmestrah-

mischen Puffer nutzten und somit bereits das Prinzip der zwei-

lung wird dann weiter an den Raum abgegeben (4). Das Glas ist

schaligen Fassade kannten (5).

jedoch für diese langwellige Strahlung undurchlässig, der Raum

Diese Bauweise ist bis heute im alpinen Raum erhalten. Das

heizt sich demzufolge weiter auf. Nach diesem „Einwegprinzip“

Prinzip der Doppelschaligkeit ist eines der meistverwendeten

von Glas, das wie ein selektiver Filter wirkt, lassen sich vielfältige

Funktionsprinzipien um sich im Bereich der Fassadenhülle ge-

Konzepte zur Erwärmung von Gebäuden und natürlicher Luftbe-

gen die äußeren Umwelteinflüsse zu schützen. Vor der Entwick-

wegung realisieren.

lung des Isolierglases setzte man ein zweites Fenster ein, um eine Pufferwirkung durch den entstehenden Zwischenraum zu erzielen. Dieses Kastenfenster (6) erzielt durch die Kombination zweier Einfachgläser eine erhöhte Isolierwirkung und kann an die jeweiligen Witterungsverhältnisse angepasst werden. Im Winter lässt man beide Fenster geschlossen, im Sommer kann man die Außenfenster aufstellen und von der guten Durchlüftung der Räume profitieren.

4

Glashauseffekt Da Glas kurzwellige Strahlung durchlässt, können sich Körper hinter der Glasebene durch Absorbieren der Strahlung aufheizen. Die kurzwellige Strahlung wird in langwellige Wärmestrahlung umgewandelt, für die Glas undurchlässig ist. Der Raum erwärmt sich dadurch stetig.

5

Historisches Fachwerkhaus Die Fenster lassen sich durch die Verwendung von Holzklappläden den Witterungsverhältnissen anpassen. Die Luftschicht zwischen Glas und Klappläden dient zur Wärmeisolierung.

A D A P T I V E FA S S A D E N

87

6

7

Kastenfenster-Prinzip Schematischer Aufbau eines Kastenfensters durch zwei unabhängig voneinander öffenbare Fenster.

Mur neutralisant Bereits Le Corbusier entwickelte die Idee einer klimaaktiven Fassade, die das Gebäude von den äußeren Einflüssen aktiv abschirmt, um in jeder Klimazone Behaglichkeit für den Nutzer zu erreichen.

Im Zeitalter der Moderne wurde zunehmend Glas eingesetzt, da-

Die Gedanken von Le Corbusier sind nie in ein zufriedenstel-

mit verschärfte sich aber auch das Problem der Auskühlung im

lendes Ergebnis überführt worden. Er war als Ideengeber seiner

Winter und der Überhitzung im Sommer. Bereits 1929 formulierte

Zeit weit voraus. Die „mur neutralisant“ kann heute als Vorläufer

Le Corbusier in „Feststellungen zu Architektur und Städtebau“ ein

der Abluftfassade gesehen werden, in der durch die Kombination

Konzept für eine Gebäudehülle mit positiver Auswirkung auf das

einer doppelschaligen Fassade und einer Klimaanlage das Klima

Innenklima (7). Er sprach dabei von der „mur neutralisant“: “Wir

der Nutzräume individuell und unabhängig vom Außenklima regu-

haben schon gesehen, dass diese neutralisierenden Mauern aus

liert werden kann.

Glas, aus Stein oder aus beiden Materialien (gemischt) gebaut

Während Le Corbusier das Ziel vor Augen hatte, mittels eines

sind. Sie bestehen aus zwei Membranen, die einen Zwischenraum

künstlichen Klimas in der Gebäudehülle den angrenzenden Raum

von einigen Zentimetern haben. [...] Durch diesen Membranzwi-

– unabhängig von den äußeren klimatischen Bedingungen – zu

schenraum leitet man in Moskau Heißluft, in Dakar Kaltluft. Ergeb-

temperieren, nutzen moderne Klimakonzepte den Fassadenzwi-

nis: auf diese Weise erreicht man, dass die Innenwand (die Innen-

schenraum, um eine Pufferwirkung zu erzielen. Im Fassadenraum

membrane) ständig eine Temperatur von 18° behält. Bitte sehr! [...]

stellt sich somit ein Zwischenklima zwischen innen und außen

Das Haus ist hermetisch abgedichtet! Kein Staub wird künftig

ein.

mehr eindringen. Keine Fliegen, keine Schnaken werden hereinkommen. Und kein Lärm!“ (Berlin und Frankfurt, 1964, S. 72)

88

A D A P T I V E FA S S A D E N

Ein weiteres Konzept definiert die Fassade als regulierende Schicht ähnlich eines Filters zwischen innen und außen, in der je nach klimatischen Erfordernissen ein Austausch der Medien durch die Fassade erfolgen kann. Ging die Idee der „mur neutralisant“ Le Corbusiers davon aus, dass man aktiv die Neutralisierung der Umwelteinflüsse zum Innenraum anstrebt, sollten diese Fassaden die Umwelteinflüsse nutzen und jeweils das Optimum für das Haus zur Verfügung stellen. Dieser Fassadentyp, der als Kollektorfassade bekannt ist, nutzt mit vorwiegend passiven Mitteln die Umweltenergien aus. Auch hier besteht innerhalb der Fassadenebene eine Pufferzone, die aber innerhalb der Außenschale in Kontakt mit dem Außenklima steht. Buckminster Fuller hatte bereits in den vierziger Jahren Konzepte entwickelt, bei dem er durch kuppelförmige Bauten als zweite Hülle allein mit passiven Mittel ein eigenes Mikroklima erzeugen wollte. Diese Hülle sollte nur durch die Nutzung von Wind und Sonne zur Kühlung, Lüftung und Heizung herangezogen werden. Ebenso wie Buckminster Fuller beteiligten sich auch Norman

8

Foster und Frei Otto an den Überlegungen zu einer großen Klimahülle, die wie eine Käseglocke ein Mikroklima erzeugen sollte. Keines dieser visionären Konzepte wurde realisiert, sie trieben aber die Entwicklung der Solararchitektur der USA in den sechziger und siebziger Jahren voran. Diese umfasste vor allem

Polyvalente Wand Mike Davies formulierte 1981 die Idee der polyvalenten Wand, bei der alle Funktionen der Fassade durch ein Element mit mehreren Schichten erfüllt werden sollten. Auch die erforderliche Energie sollte durch die Fassade bereitgestellt werden.

ökologische Einfamilienhäuser, die im Selbstbau errichtet wurden und Solarfassaden und -kollektoren verwendeten. Mike Davies formulierte bereits 1981 als Mitarbeiter bei Richard Rogers und Partner in seinem Artikel „Eine Wand für alle Jahreszeiten“ die Idee einer polyvalenten Wand (8). Dabei sollten in einer Glasebene mehrere Funktionsschichten den Sonnenschutz und den Wärmeschutz gewährleisten und diese Funktionen selbsttätig nach Erfordernis regulieren. Die dafür erforderliche Energie sollte diese Wand selbst produzieren. Aus der Idee der polyvalenten Wand erwuchs der Begriff der intelligenten Fassade. Wenngleich die Frage der technischen Umsetzung nach wie vor nicht geklärt ist, bildet die polyvalente Wand für die Fassadentechnologie Vision und Ansporn zugleich und viele Wissenschaftler haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten damit beschäftigt. Mit der Ölkrise 1972 und der Erkenntnis der endlichen Ressourcen besann man sich auf die Möglichkeit, die Energie der auf die Fassadenflächen auftreffenden Sonnenstrahlung zu nutzen. Daraus resultierte die Bewegung des ökologischen Bauens in den achtziger Jahren. Die wichtigsten energiewirksamen Fassadentypen, auch als Kollektorfassaden bekannt, werden im Folgenden vorgestellt.

A D A P T I V E FA S S A D E N

89

Kollektorfassaden Trombewand

9

Die Trombewand (9) ist die einfachste Kollektorwand und nutzt den Glashauseffekt. Durch die an der Südseite angeordneten

Trombewand Die Trombewand nutzt den Glashauseffekt. Sonnenenergie, die durch das Glas einfällt, wird von der massiven dunklen Wand absorbiert und zeitverzögert je nach verwendetem Material an den Innenraum abgegeben.

Glasscheiben fällt das kurzwellige Sonnenlicht auf eine dunkle Absorptionsfläche (Absorber) – die sogenannte Trombewand – und wird dort absorbiert und in langwellige Wärmestrahlung umgewandelt. Die Wärme im Fassadenzwischenraum wird durch die Wand hindurch in den dahinter befindlichen Raum abgegeben. Je nach Bauart der Wand und deren Speicherfähigkeit kann die gewonnene Wärme relativ schnell oder bis in die späten Abendstunden verzögert abgegeben werden. Bringt man am Fuß und Kopf der Wand Öffnungen zum Raum an, kann die Raumluft aufgrund der thermischen Differenz im Fassadenzwischenraum zirkulieren (10). Die kalte Luft wird unten angesaugt, erwärmt sich im Zwischenraum und tritt am oberen Ende wieder in den Raum. Dieses Prinzip wird als Luftheizung bezeichnet. Bringt man in der äußeren Glasebene ebenfalls Öffnungsklappen an,

10

kann man durch die im Fassadenzwischenraum entstehende Luftzirkulation den Raum mit vorgewärmter Frischluft versorgen.

Belüftete Trombewand Bringt man in der Trombewand Lüftungsöffnungen an, kann eine zusätzliche Konvektion erreicht werden. Die Trombewand funktioniert dann auch als Luftheizung.

Eine Abluftführung ist nach diesem Prinzip ebenso an der Außenfassade möglich. Als Beispiel einer einfachen Trombewand kann man das Wohnhaus von Steve Baer in Arizona in den USA von 1973 nennen (11,12). Eine Wand aus (wassergefüllten) Ölfässern speichert tagsüber die Wärme der Sonne und wird raumseitig durch eine Klappe isoliert. Nachts werden die Außenklappen verschlossen und die Innenklappe geöffnet um die tagsüber gespeicherte Wärme an den Raum abzugeben.

11

12

Einfamilienhaus, Corrales, New Mexico, Steve Baer, 1973 Funktionsprinzip von Steve Baers Trombewand aus Ölfässern. Am Tage wird die Sonnenenergie in den wassergefüllten Ölfässern gespeichert. Nachts schließt man außen die isolierende Klappe und öffnet die innere Klappe, damit die Wärme an den Raum abgegeben wird.

Einfamilienhaus, Corrales Zu erkennen sind die Ölfässer in der geöffneten Fassade und die Seilzüge, mit denen die Klappen von innen bedient werden.

90

A D A P T I V E FA S S A D E N

Transparente Wärmedämmung In diesem Zusammenhang kann auch die transparente Wärme-

1 Parallel zur Glasebene wird das Licht durch stehende Luft-

dämmung (TWD) genannt werden. Anstelle der einfachen Glas-

schichten geleitet. Das Licht wird jeweils an den einzelnen Trenn-

ebene kann man TWD-Elemente (14) verwenden. Die TWD wird

stegen, die meist aus Polycarbonat oder Acrylglas bestehen, re-

dem Absorber (Trombewand) vorgelagert. Die Solarstrahlung

flektiert und fällt dann in den Innenraum.

durchdringt die TWD und erhitzt den Absorber, während die TWD die Wärmeverluste nach außen minimiert. Um eine sommer-

2 Senkrecht zur Glasebene wird das Licht in waben- oder

liche Überhitzung zu unterbinden, müssen jedoch Sonnenschutz-

röhrenförmigen Kunststoffelementen weitergeleitet. Ein Vorteil

vorrichtungen vorgelagert werden. Entwicklungen mit Prismen-

der senkrechten Ausrichtung ist die Bildung kleiner Luftvolumen,

gläsern versuchen die Reflexion der Sonnenstrahlen bei hohem

die den Dämmwert erhöhen.

Sonnenstand (im Sommer) zu erreichen, um nur die Sonnenenergie in der Heizperiode bei tief stehender Sonne zu nutzen.

3 Geschlossenzellige Schüttungen oder Kammerstrukturen kom-

In Verwendung mit einer Speicherwand sind die TWD-Elemente

men in Form von transluzenten Materialien wie Acrylschaumfül-

sinnvoll, um sich das Prinzip der Trombewand zunutze zu machen

lungen oder Salzhydraten zur Anwendung. Die Konvektion der

und eine Anpassung an die Jahreszeiten zu ermöglichen. TWD-

eingeschlossenen Luft wird dabei weitgehend unterbunden.

Elemente kann man auch direkt ohne dahinter liegende Kollektor-

Auch die Füllung mit leichten Glasfasermatten ist möglich.

wand verwenden, um den Raum mit diffusem Licht zu belichten und gleichzeitig den Wärmeschutz zu verbessern. Transparente

4 Fast homogene Strukturen können durch mikroskopisch feine

Wärmedämmung gibt es in verschiedenen Wirkungsarten, wobei

Materialien wie Aerogel erzeugt werden. Aerogel besteht aus

sich die geometrische Anordnung der TWD-Schicht differenziert

2-5% Silikat und aus 95-98% aus Luft; das leicht poröse Mate-

gestaltet. Alle TWD-Elemente erhöhen die Wärmeisolierung und

rial wird auch „solid smoke“ genannt, da es an erstarrten Rauch

lassen dabei je nach Konstruktionsart diffuses Licht in den Raum.

erinnert (13).

Um die verwendeten Materialien zu schützen, werden sie sämtlich zwischen zwei Glasscheiben eingelegt. Man unterscheidet vier Anwendungen (15).

13

14

Aerogel Aerogel wurde bereits um 1950 von der NASA entwickelt und ist ein sehr guter thermischer Isolator. Durch den hohen Anteil an Luft von ca. 95 -98 % ist es extrem leicht. Wegen seiner Anmutung nennt man es auch „solid smoke“.

Übliche TWD-Elemente Zu sehen sind parallele und senkrechte Strukturen, Glasfasergelege und Aerogel in kleinteiliger Strukturform.

15

Struktur TWD-Elemente TWD-Elemente lassen sich aufgrund ihrer Wirkungsweise in vier Gruppen aufteilen: 1 Parallel zur Glasebene 2 Senkrecht zur Glasebene 3 Kammerstrukturen 4 Fast homogene Strukturen

A D A P T I V E FA S S A D E N

91

Abluftfassaden Abluftfassaden bestehen aus einem mehrschaligen Fassaden-

belüftet werden. Aufgrund der geschlossenen Außenhaut er-

aufbau, unterscheiden sich aber von den Doppelfassaden, da

reicht dieser Fassadentyp gute Schallschutzwerte. Als einfache

sie zur Luftbewegung eine mechanische Lüftung benötigen (17).

Variante ist eine Abluftfassade möglich, die auf die innere Glase-

Häufig wird die raumseitige Schale als Einfachverglasung oder

bene verzichtet und nur den Zwischenraum zwischen Isolierglas-

als textiles Rollo ausgeführt. Der Abschluss nach außen wird mit

scheibe und Sonnenschutzstore als luftführenden Zwischenraum

einer Isolierverglasung vorgenommen. Die Raumabluft wird über

nutzt. Bekannte Gebäude mit einer Abluftfassade sind das New

Lüftungsöffnungen mechanisch durch den Fassadenzwischen-

Parliament Building in London von Michael Hopkins und Partner

raum gezogen. Die Luft kann in zwei Richtungen geführt werden,

(18) und das ebenfalls in London von Richard Rogers geplante

von unten nach oben oder von oben nach unten. Die Abluft wird

Lloyd’s Building (16). Beim New Parliament kann man die Luft-

dann über ein Kanalsystem mit der Möglichkeit der Wärmerück-

führung in der Fassade bis über das Dach in großen Kaminen

gewinnung zentral, meist über das Dach, abgeführt. Die Wärme,

deutlich verfolgen. Beim Prisma-Gebäude in Frankfurt von Auer

die im Scheibenzwischenraum durch die Erwärmung des dort

+ Weber + Partner 2001 wird hingegen die Abluftfassade als

befindlichen Sonnenschutzes entsteht, wird durch die Lüftungs-

Solarkamin verwendet; die Abluft wird über den Fassadenraum

anlage abgesaugt. Da im Fassadenzwischenraum ständig eine

abgezogen. Diese Lösung stellt somit eine Abwandlung der Ab-

Schicht erwärmter Raumluft zirkuliert, erhöht sich die Behaglich-

luftfassade mit natürlicher Lüftung dar. (In konstruktiver Hinsicht

keit in Fassadennähe. Dieser Komfortzugewinn wird häufig dafür

handelt es sich allerdings um eine Doppelfassade.)

genutzt, eine dichtere Anordnung der Arbeitsplätze an der Fassade zu ermöglichen. Die Abluftfassade schließt meist natürliche Lüftung aus und das Gebäude muss das ganze Jahr mechanisch

16

Lloyd’s Building, London, Richard Rogers, 1986 Beim Lloyd´s Building von Richard Rogers ist die Abluftführung deutlich durch die aufgesetzten Lüftungskanäle zu erkennen.

92

A D A P T I V E FA S S A D E N

Doppelfassaden Doppelfassaden setzen sich aus konstruktiver Sicht aus drei Funktionsschichten zusammen. Die Außenfassade wird meist als Einfachverglasung erstellt. Ein Fassadenzwischenraum trennt sie von der Innenverglasung, die den Raumabschluss bildet und meist mit Isolierglas ausgeführt wird. Je nach konstruktiver Ausführung variiert der Abstand der Innen- und Außenfassade voneinander. Um den Effekt der thermischen Pufferzone im Fassadenzwischenraum nutzen zu können, werden je nach Lüftungsprinzip wahlweise in der Außen- oder in der Innenfassade oder in beiden Fassadenschichten Lüftungsöffnungen angebracht. Die Luft im Fassadenzwischenraum erwärmt sich durch die solare Einstrahlung und dient somit als Puffer gegenüber dem Innenraum. Die erwärmte Luft kann aufgrund der Temperaturdifferenzen als Motor der natürlichen Belüftung des Innenraumes oder des Fassadenzwischenraumes genutzt werden. 17

Doppelfassaden sind am besten geeignet, um den Innenraum vor Lärmquellen wie etwa stark befahrenen Straßen zu schützen.

Abluftfassade Bei der Abluftfassade wird über eine zentrale Klimaanlage die Raumluft über den Fassadenzwischenraum abgesaugt. Die Temperatur in diesem Zwischenraum sinkt daher nur gering gegenüber der Raumtemperatur und erhöht den Komfort in Fassadennähe.

Im Detail muss man jedoch in der Verwendung als Schallschutzmaßnahme die verschiedenen Konstruktionsvarianten prüfen. Bei Hochhäusern müssen bei einschaligen Fassaden die Sonnenschutzelemente bei starkem Wind zum Schutz vor Zerstörung hochgezogen werden. Das bedeutet aber auch, dass die Sonnenschutzelemente dann nicht den angrenzenden Raum vor Überhitzung schützen können. Daher eignen sich durch die Möglichkeit, Sonnenschutzelemente im Fassadenzwischenraum windgeschützt unterzubringen, Doppelfassaden besonders für hohe Gebäude. Doppelschalige Fassaden kann man nach der Luftführung im Fassadenzwischenraum in vier Hauptgruppen einteilen: Bei der Kastenfenster-Fassade zirkuliert die Luft nur innerhalb eines Fassadenelementes. Bei der Schacht-Kasten-Fassade steigt die Luft in vertikalen Schächten entlang der Fassade nach oben und nimmt die Abluft der angrenzenden Fassadenelemente mit. Bei der Korridorfassade zirkuliert die Luft im Fassadenzwischenraum horizontal auf Geschossebene. Bei der Zweite-Haut-Fassade zirkuliert die Luft über die gesamte Fassadenfläche im unsegmentierten Fassadenzwischenraum.

18

New Parliament Building, London, Michael Hopkins, 2000 Bei der Abluftfassade des New Parliament Building lässt sich die Abluftführung deutlich bis über das Dach zu den Abluftkaminen verfolgen.

A D A P T I V E FA S S A D E N

93

Kastenfenster-Fassade Die Kastenfenster-Fassade basiert auf dem Prinzip des Kasten-

Als Beispiel für eine Kastenfenster-Fassade ist das Hochhaus

fensters ist aber als geschosshohe Fassade ausgebildet (19).

von Hans Kollhoff am Potsdamer Platz (20) zu nennen, das je-

Die Fenster im Innenraum können zum Lüften in den Fassaden-

doch nicht geschosshoch, sondern mit Kastenfenstern in der

zwischenraum geöffnet werden. Die Außenfassade enthält je-

Lochfassade aus Klinkerstein-Fertigteilen ausgeführt wurde (21).

weils Öffnungen für Zu- und Abluft. Durch die horizontale sowie

Die äußere Verglasung kann zu Reinigungszwecken geöffnet

vertikale Abschottung gegenüber den Nachbarelementen ist ein

werden. Zur Durchlüftung ist oben und unten ein Spalt ange-

optimaler Schallschutz auch zu den angrenzenden Büroräumen

ordnet, wobei der obere Spalt durch vertikales Verschieben des

gewährleistet. Geruchsbelästigungen und Brandüberschlag sind

Außenfensters geschlossen werden kann, um während der Heiz-

bei richtiger Ausführung der Schotten planerisch gut lösbar.

periode den Kollektoreffekt im Zwischenraum besser zu nutzen.

Durch das Versetzen der Zu- und Abluftöffnungen kann der thermische Kurzschluss, bei dem die Abluft der unteren Elemente in die Zuluftöffnungen der darüber angeordneten strömt, vermieden werden.

20

Daimler-Chrysler-Hochhaus, Potsdamer Platz, Berlin, Hans Kollhoff, 1999 Das Daimler-Chrysler-Gebäude am Potsdamer Platz in Berlin ist mit Kastenfestern ausgestattet.

94

19

21

Kastenfenster-Fassade Die Kastenfenster-Fassade ist vom Prinzip des Kastenfensters abgeleitet. Durch die Abschottung sowohl in vertikaler und horizontaler Richtung eignen sich Kastenfenster-Fassaden besonders für den Schallschutz sowohl für Außenlärm als auch gegen Lärmquellen angrenzender Büroräume..

Daimler-Chrysler-Hochhaus, Berlin Die Kastenfenster erreichen über die Außenfenster eine Anpassung an das Klima. Dazu werden die Außenfenster vertikal verschoben und somit die Lüftungsspalte im oberen Bereich geschlossen oder geöffnet. Durch diese Funktion erzielt man im Winter eine bessere Pufferung und im Sommer eine bessere Durchlüftung.

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Schacht-Kasten-Fassade Schacht-Kasten-Fassaden sind aus der Konstruktionsweise

Aufgrund der klaren Führung der Abluft in Schächten müssen

der Kastenfenster-Fassade abgeleitet (22). Kastenfenster und

in der Außenfassade weniger Öffnungen platziert werden, was

Schachtelement wechseln sich ab, die Schachtelemente führen

sich auf den Schallschutz positiv auswirkt. Da der Kamineffekt mit

dann über mehrere Geschosse. Die Vertikalschächte sind jeweils

steigender Höhe zunimmt, sollte man die Höhe begrenzen.

geschossweise über Überströmöffnungen mit den Kastenfenstern

Dieser Fassadentyp ist somit für niedrigere Bauten geeignet.

verbunden und leiten aufgrund der Kaminwirkung die erwärmte

Das Photonikzentrum in Berlin-Adlershof, von Sauerbruch Hutton

Luft aus den Fassadenzwischenräumen über Öffnungen am Ele-

Architekten (23) geplant, ist ein Beispiel für diesen Fassadentyp.

mentkopf durch den Schacht nach außen. Eine mechanische Ab-

Die gebäudehohen Schächte werden vom Tragwerk gebildet und

saugung der Luft aus dem Fassadenzwischenraum ist möglich,

leiten die verbrauchte Abluft über Lamellenfenster am oberen Ge-

aber aufgrund der benötigten Ventilatorleistung sehr energie-

bäudeabschluss ab. Beim ARAG Tower in Düsseldorf (24, 25),

intensiv und daher in der Regel unwirtschaftlich. Die geringe

in Kooperation von RKW Architektur + Städtebau mit Foster and

Durchlüftung im Winter erhöht die Pufferwirkung, führt jedoch

Partners geplant, wurde eine Schacht-Kasten-Fassade verwen-

dazu, dass bei geöffneter innerer Fassade die äußere Glasscheibe

det, die in vier Stapeln von je sieben Geschosseinheiten zusam-

(von innen) beschlagen kann.

mengefasst wurde und somit die Länge des gesamten Schachtes auf ein Viertel reduziert, um die Sogwirkung gering zu halten.

23

22

Schacht-Kasten-Fassade Die Schacht-Kasten-Fassade setzt sich aus Kastenfenster-Elementen und Abluftschächten zusammen, die jeweils im Fassadenlayout abwechselnd angeordnet sind. Durch die Kaminwirkung in den Schächten wird die Abluft aus den Kastenfenstern natürlich abgesaugt und über Dach abgeführt.

Photonikzentrum, Berlin-Adlershof, Sauerbruch Hutton Architekten, 1998 Die Lüftungsschächte werden am Fassadenkopf über Lamellenlüfter entlüftet. Deutlich zu sehen sind die Öffnungen in den Betonstützen, über die Luft zirkulieren kann, der innen liegende Sonnenschutz und die Innenfassade.

A D A P T I V E FA S S A D E N

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Korridorfassaden Bei Korridorfassaden wird die Luft geschossweise geführt (26). Vereinzelt werden aus brandschutztechnischen Gründen oder zum Schallschutz vertikale Schotten eingesetzt, da die Schallübertragung zu den benachbarten Räumen über den Fassadenzwischenraum stattfinden kann. Die Zuluftöffnungen befinden sich in Boden- und Deckennähe (29), wobei diese versetzt angeordnet werden, um einen thermischen Kurzschluss von Zu- und Abluft zu vermeiden. Aufgrund der Abschottung in jedem Geschoss wird eine thermische Überhitzung, die bei der Luftführung über mehrere Geschosse schnell bei den oberen Geschossen auftreten kann, wirkungsvoll vermieden. Dieser Korridor ist begehbar und wird häufig so breit ausgeführt, dass er auch als Reinigungsbalkon genutzt werden kann. Der Luftzwischenraum wird über Öffnungen in Höhe der Geschossdecke be- und entlüftet. Motorisch steuerbare Klappen können die Luftströmung regulieren. 24

Als Beispiel ist das Düsseldorfer Stadttor (27, 28) zu nennen, bei dem eine Korridorfassade mit einem Zwischenraum von bis

ARAG Tower, Düsseldorf, RKW Architektur + Städtebau mit Foster and Partners, 2000 Die Schacht-Kasten-Fassade ist in vier Stapeln von jeweils sieben Geschossen zusammengefasst. Durch die Trennung in vier Zonen kann die Luftbewegung innerhalb der Abluftschächte begrenzt werden.

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zu 1,40 m geplant worden ist.

25

26

ARAG Tower, Düsseldorf Deutlich sind die vertikal durchlaufenden Abluftschächte an den Lichtreflexionen zu erkennen. Nach jeweils einem Schacht folgen zwei Kastenfenster-Elemente.

Korridorfassade Die Korridorfassade führt die Luft innerhalb des Fassadenzwischenraumes jeweils geschossweise. Im Deckenbereich werden jeweils versetzt Zu- und Abluftöffnungen angeordnet, um einen thermischen Kurzschluss der verbrauchten Abluft zu vermeiden.

A D A P T I V E FA S S A D E N

27

Stadttor Düsseldorf, Petzinka Pink und Partner, 1998 Bei dieser Korridorfassade sind deutlich die Lüftungslamellen im Bereich der Geschossdecken und der tiefe Fassadenzwischenraum sowie der innen liegende Sonnenschutz zu erkennen.

28

29

Stadttor Düsseldorf Erkennbar sind der breite begehbare Fassadenzwischenraum, die Lüftungsschlitze auf Geschossdeckenhöhe und die Innenfassade.

Stadttor Düsseldorf Detailaufnahme der Zuluftklappe des Fassadenzwischenraumes. Hinter der Außenfassade lässt sich deutlich das Lüftungsgitter erkennen, durch das die Zuluft einströmen kann.

A D A P T I V E FA S S A D E N

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Zweite-Haut-Fassaden Zweite-Haut- oder Mehrgeschossfassaden gliedern den Fassa-

Zweite-Haut-Fassaden kann man im klassischen Hochbau als

denzwischenraum nicht, sondern bilden mit der Außenfassade

Pufferfassade mit geringem Abstand sowie in der Verwendung

eine gebäudeumhüllende Luftschicht als Puffer vor der Innen-

als große umspannende Klimahülle mit sehr großen Abständen

fassade (30). Die Räume werden oft mechanisch be- und ent-

zu den eingestellten Gebäuden vorfinden. Der Fassadenzwi-

lüftet. Der Zwischenraum kann dabei als Zu- oder Abluftführung

schenraum kann dabei in der Tiefe variieren bis hin zu seiner

dienen. Die Außenfassade wird über boden- und dachnahe Öff-

vollkommenen Auflösung, wobei eine raumbildende Außenhülle

nungen belüftet. Im Winter können diese geschlossen werden,

entsteht. Bei schwacher Hinterlüftung im Winter erhöht sich die

um den Glashauseffekt zu nutzen und eine Erhöhung des Wär-

Pufferwirkung, die Gefahr der Kondensatbildung auf der Innen-

meschutzes zu erwirken. Im Sommer werden die Fassadenklap-

seite der Außenfassade steigt aber im gleichen Maß. Da sich

pen geöffnet, um thermische Überhitzung zu vermeiden. Durch

Frisch- und Abluft im Fassadenzwischenraum mischen, nimmt

die geringe Anzahl der Belüftungsöffnungen ist ein guter Schall-

die Luftqualität über die Stockwerke ab. Um diese Probleme zu

schutz nach außen gewährleistet, bringt aber innerhalb der Fas-

vermeiden, besteht die Möglichkeit, die Doppelfassade im Winter

sade die Gefahr der Schallübertragung von Raum zu Raum mit

als Zuluftfassade und im Sommer als Abluftfassade zu nutzen,

sich. Brandschutztechnisch ist diese Lösung ebenfalls kritisch

wie es zum Beispiel im Prisma-Gebäude in Frankfurt von Auer +

zu betrachten, da sich der im Brandfall entstehende Rauch über

Weber + Partner (31, 32) realisiert worden ist.

den Fassadenzwischenraum schnell verteilt.

31

Prisma-Gebäude, Frankfurt, Auer + Weber + Partner, 2001 Diese Doppelfassade dient im Sommer als Abluftfassade und im Winter der Zuführung von Zuluft.

30

Zweite-Haut-Fassade Bei der Zweite-Haut-Fassade umgibt die Innenfassade eine unsegmentierte, das gesamte Gebäude umhüllende zweite Glasebene. Da nur in Boden- und Dachnähe Zu- und Abluftöffnungen angeordnet sind, ist eine gute Schallisolierung gegenüber Außenlärm realisierbar.

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A D A P T I V E FA S S A D E N

Als weiteres Beispiel ist das Doppel-XX Bürohochhaus von Bothe Richter Teherani (34) in Hamburg zu nennen, bei dem sich das Gebäude innerhalb der Außenfassade zurückzieht und somit große Atrien bildet, die sich als begrünte Freiflächen in den Grundrissen abbilden. Die Gärten dienen als Kommunikationszonen. Ein Haus-in-Haus-Prinzip verfolgt die Fortbildungsakademie Mont Cenis in Herne von Jourda & Perraudin (33), in der einzelne Bauten in eine große Glashalle eingestellt wurden. Durch das große Volumen, das die Gebäude umschließt, soll sich ganzjährig ein mildes Klima einstellen.

33

Akademie Mont Cenis, Herne, Jourda & Perraudin, 1999 Die Fortbildungsakademie wird durch eine große Glashalle umspannt, die als Pufferzone für die eingestellten Gebäude wirkt. Das Innenraumklima kann über das gesamte Jahr durch das große Volumen konstant eingestellt werden.

32

Prisma-Gebäude, Frankfurt Der Fassadenzwischenraum der Doppelfassade ist begehbar; deutlich zu erkennen sind die Fassadenklappen mit den Betätigungsarmen zum Öffnen der Fassade.

34

Bürohochhaus Doppel-XX, Hamburg, Bothe Richter Teherani, 1999 Die Zweite-Haut-Fassade umhüllt das gesamte Gebäude. Wo sich die Innenfassade – bedingt durch die Geometrie des Grundrisses – von der Fassade trennt, entstehen klassische Fassadenzwischenräume bis hin zu großen Atrien. A D A P T I V E FA S S A D E N

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Wechselfassade

Komponentenfassade

Doppelfassaden sind mittlerweile in großer Zahl gebaut worden,

Betrachtet man die technologische Entwicklung der Fassaden,

viele sind dokumentiert und als technische Innovationen darge-

die immer schon raumseitig mit Heizungen ausgestattet wurden,

stellt worden. Mittlerweile kennt man das Potenzial dieser Fas-

und den technologischen Fortschritt der immer kleiner werdenden

saden und weiß um die Probleme bei bestimmten Standorten

dezentralen Klima- oder Lüftungsmodule, erscheint es logisch,

oder Nutzungen. Als Weiterentwicklung dieser Fassaden hat

diese Komponenten innerhalb eines Fassadenmoduls zu integrie-

man Doppelfassaden mit einschaligen Fassaden zu sogenann-

ren. Aus Sicht des Bauablaufs bietet die Integration möglichst

ten Wechselfassaden kombiniert (35). Durch die Kombination

vieler Komponenten in die Fassade Vorteile. In der industriellen

dieser zwei bekannten Konstruktions- und Funktionsprinzipien ist

Fertigung von Fassadenmodulen ist es ohne Probleme möglich, in

es möglich, eine optimale Anpassung an die jeweiligen Anforde-

hoher Präzision weitere Komponenten zu integrieren, diese wer-

rungen zu erreichen. In manchen Fällen werden Wechselfassa-

den dann in gewohnter Weise als Elementfassaden am Rohbau

den auch Hybridfassaden genannt, hybrid (griech. = aus zwei

montiert und verkürzen dadurch Montagezeit von Haustechnik-

Richtungen kommend) beschreibt die technologische Herkunft.

komponenten im Rohbau.

Da die doppel- und einschaligen Fassadenbereiche jeweils

Mittlerweile sind in Komponenten- oder Integralfassaden (38),

abwechseln (36), kann man im Winter vorgewärmte Luft aus dem

wie sie auch genannt werden, die Funktionen Heizen, Kühlen, Lüf-

Fassadenzwischenraum der Doppelfassade ziehen, um die Büros

ten, aber auch Lichtlenkung, Verschattung, Integration von Kunst-

mit vortemperierter Frischluft zu versorgen und so den Lüftungs-

lichtleuchten bis hin zur Erzeugung von Strom über Solarpaneele

wärmebedarf reduzieren. Im Sommer kann über die einschaligen

möglich. Eine Kombination nach dem Baukastenprinzip lässt den

Bereiche der Fassade eine natürliche Belüftung erzielt werden,

Planern die Möglichkeit, Fassaden individuell nach Erfordernis

da die stark erwärmte Zuluft aus der Doppelfassade zum Pro-

zu gestalten.

blem werden kann. Die Fassadenzwischenräume in den doppelschaligen Bereichen können durch Öffnen von Lüftungsklappen durchlüftet werden, um den angrenzenden Raum nicht weiter aufzuheizen. Wechselfassaden sind sowohl in geschosshohen Fassaden sowie in Band- oder Lochfassaden zu realisieren.

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Wechselfassade Die Wechselfassade vereint Doppelfassade und Einfachfassade. Im Sommer kann direkt über die einschaligen Fassadenelemente gelüftet werden, um einer Überhitzung durch die Doppelfassade entgegenzuwirken. Im Winter kann man vorgewärmte Luft aus dem Fassadenzwischenraum der doppelschaligen Bereiche ziehen und dadurch den Heizwärmebedarf senken.

Debitel-Hauptverwaltung, Stuttgart, RKW Architektur + Städtebau, 2002 Den einschaligen Bereichen dieser Wechselfassade ist ein Wetterschutzgitter vorgelagert, das es ermöglicht, die Fenster zur Nachtauskühlung geöffnet zu lassen. Die im Foto gläsern wirkenden Bereiche sind als Doppelfassade ausgebildet.

A D A P T I V E FA S S A D E N

Durch die große Anzahl der dezentralen Klimaeinheiten steigt der

Betrachtet man die verschiedenen Typen adaptiver Fassaden, die

Wartungsaufwand gegenüber einer zentralen Klimaanlage, eben-

in den letzten Entwicklungsschritten immer speziellere Funktio-

so ist der Aufwand der Steuerungstechnik umfangreicher. Dem-

nen und Komponenten beinhalten, lässt sich erkennen, dass die

gegenüber stehen Einsparungen an Technikzentralen, Schächten

Fassaden immer komplexer und kleinteiliger werden. Sind in den

und Kanälen sowie einer minimierten Geschoßhöhe, da eine hori-

Anfängen viele Innovationen im Bereich des physikalisch Mach-

zontale Luftführung in der Regel entfällt. Aufgrund des individuell

baren erreicht worden, wie die Möglichkeiten der natürlichen

regelbaren Raumklimas und der Luftqualität wird außerdem ein

Luftführung in Doppelfassaden, so zeichnet sich in den letzten

erhöhter Komfort erzielt.

Entwicklungen ein deutlicher Zuwachs an haustechnischen Kom-

Die Fassade des Capricorn Hauses im Medienhafen Düssel-

ponenten in die Fassade ab.

dorf von Gatermann + Schossig (37) stellt ein gutes Beispiel dieses Fassadenprinzips dar. Die realisierte Fassade integriert in geschlossenen Fassadenbereichen dezentrale Klimamodule, die die Funktionen Kühlen, Heizen, Lüften und Klimatisieren übernehmen. In den Modulen ist ebenfalls eine Wärmerückgewinnung installiert, die der warmen Abluft die Energie entzieht, um die zugeführte Frischluft wieder vorzuwärmen. Weiter sind in den Oberlichtbereichen tageslichtlenkende Lamellen eingesetzt, um den Tageslichtanteil im Raum zu erhöhen; für die Beleuchtung sind in den Fassadenelementen Leuchten eingesetzt, die indirekt und direkt das Licht in den Raum bringen.

38

37

Komponentenfassade In einer Komponentenfassade werden vielfältigste Elemente der Haustechnik integriert. Der Bauablauf kann auf diese Weise verkürzt werden, da eine industrielle Fertigung der Fassadenelemente auch den Einbau weiteren Komponenten beinhalten kann.

Capricorn Haus, Düsseldorf, Gatermann + Schossig, 2006 Die Komponentenfassade des Capricorn Hauses hat integrierte Klimamodule hinter den nicht transparenten Bereichen der Fassade, über die sich die Räume individuell klimatisieren lassen.

A D A P T I V E FA S S A D E N

101

7 | Beispiele Konzept Die Hauptverwaltung der Telefongesellschaft debitel besteht aus

Elementfassade

einem Hochhaus und vier riegelförmigen Flachbauten, die mit dem Hochhaus durch einen Glasgang von 100 m Länge verbunden

Projekt | Debitel-Hauptverwaltung

sind. Das gesamte Ensemble gruppiert sich um einen zentralen

Ort | Stuttgart

Platz, welcher Mittelpunkt des Entwicklungsgebietes ist. Unter

Fertigstellung | 2004

dem Komplex befindet sich eine Tiefgarage sowie ein Rechen-

Bauherr | Step GmbH Stuttgart

zentrum (1).

Architekt | RKW Architektur + Städtebau

Das Hochhaus mit 16 Etagen hat zwei Treppenhäuser und

Tragwerk | Weischede Herman und Partner

einen Aufzugsturm, welche außerhalb des Baukörpers liegen. Zu-

Haustechnik | Transsolar + Schmidt Reuter

sätzlich befindet sich auf der zum zentralen Platz gewandten Seite

Partner Ingenieurgesellschaft

ein Solarkamin als Landmarke am Hochhaus. Durch die außerhalb

Fassadenplanung | Emmer Pfenninger Partner AG

der Baumasse liegenden Bauteile wird der Baukörper aufgelöst

Ausführende Fassadenfirma | Haskamp Metall-

und erscheint vertikal gestreckt.

und Elementbau

Wesentlicher Bestandteil des architektonischen Konzeptes war die Integration der Haustechnik in den Entwurf: Als sichtbares Zeichen hierfür fungiert der Solarkamin, der mit seiner Thermik genügend Sog erzeugt, um die Geschosse des Hochhauses natürlich zu entlüften. Die Zuluft erfolgt zentral oder individuell über Öffnungselemente in der Fassade. Somit hat der Nutzer trotz der großen Höhen die Möglichkeit, seinen Frischluftbedarf selbst zu steuern.

1

Gesamtkomplex Gesamtkomplex von der Piazza mit Hochhaus, Glasverbindungsgang und den dahinterliegenden Riegelgebäuden

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B E I S PI E LE

Fassade Die Fassade des Gebäudes ist als Wechselfassade ausgebildet.

Diese Elementfassade ist im Wechsel aus Kastenfenstern sowie

Teilbereiche der Fassade bestehen als klassische Kastenfenster-

Öffnungsflügeln mit festem Sonnenschutz zusammengesetzt (3).

Fassade aus einer inneren Isolierglaseinheit sowie einer Einfach-

Der Rahmen besteht aus thermisch getrennten Aluminiumprofi-

verglasung außen (2). Im windgeschützten Scheibenzwischen-

len, in welche die einzelnen Funktionsschichten eingefügt sind.

raum befindet sich eine Lamellenstore als Sonnenschutz. Der

Im Bereich der Decke werden der Sonnenschutzkasten und die

andere Bereich der Fassade besteht aus einem außen liegenden

Aufhängung mittels einer Blende verdeckt.

festen Sonnenschutz sowie einem Lüftungsflügel innen. So ist

Die Explosionsisometrie zeigt die äußere Einfachverglasung,

zum Einen der Sonnenschutz gesichert, zum Anderen besteht

den im Zwischenraum liegenden Sonnenschutz sowie den die

keine Absturzgefahr.

Elemente tragenden Aluminiumrahmen. Innen erkennbar sind die

Konstruktiv wurde die Fassade als Elementfassade mit achs-

Öffnungsflügel im Bereich des fest stehenden Sonnenschutzes

breiten und geschosshohen Einheiten ausgeführt, um die Mon-

sowie die Flügel der Kastenfenster, die nur zu Reinigungszwe-

tage ohne Gerüst schnell und mit nur einer kleinen Mannschaft

cken zu öffnen sind. Anschließend ist die Aufhängung im Kopf-

ausführen zu können. Die vom Hauptbaukörper losgelösten Bau-

bereich der Fassade zu sehen, die an der Betonplatte des Ge-

teile wurden in den massiv ausgebildeten Bereichen mit Wärme-

bäudes fixiert ist. Diese wird durch den Doppelboden verdeckt.

dämmung und kleinteiligen Natursteinplatten verkleidet.

2

3

Baukörper Hochhaus Auflösung des Baukörpers durch Gliederung der Funktionen Treppen, Aufzug und Bürofassade.

Bürofassade des Hochhauses Gliederung der Bürofassade in geschosshohe Elemente, die entweder aus einem Kastenfenster oder als Wechselfassade aus einem Kastenfenster und einem Öffnungsflügel mit festem Sonnenschutz bestehen

B E I S PI E LE

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Am Detail des Elementstoßes ist die Ebenenführung der Konstruktion sowie deren Aufbau erkennbar (4-6). Von außen gesehen entwickelt sich das Detail wie folgt: Einfachverglasung aus Absturz sicherndem Verbundsicherheitsglas, eingefügt in das Haupttragprofil. Dieses wird an die benachbarten Elemente mittels dreier durchlaufender Dichtungsprofile angeschlossen. Die thermische Trennung zum Innenraum erfolgt über Kunststoffabstandshalter, welche den inneren Rahmen tragen. Der Flügelrahmen, ebenfalls thermisch getrennt ausgeführt, fasst die innere Isolierverglasung. Der Kastenfenster-Zwischenraum befindet sich also außerhalb der thermischen Hülle und sichert den Sonnenschutz gegen Windbelastung. Als Dichtung für den Flügelrahmen wurden drei Dichtungslippen ausgebildet. Auch die Dichtung der Elemente untereinander erfolgt über drei Dichtungsebenen, wobei die beiden äußeren Regendichtigkeit und die innere Winddichtigkeit sicherstellen sollen (7-9). 4

Fassade im Eingangsbereich Ausschnitt der Fassade mit Sockel und hängender Pfosten-Riegel-Fassade. Das Vordach ist vom Gebäude losgelöst.

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B E I S PI E LE

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6

Isometrie Fassadenelemente Zwei Fassadenelemente mit Kastenfenster-Bereichen sowie Teilbereichen mit Öffnungsflügeln und festem Sonnenschutz

Explosionsisometrie eines Fassadenelementes Gut erkennbar sind in dieser Isometrie die einzelnen Schichten der Fassade mit innen liegenden Isolierglaseinheiten, dem Sonnenschutz im Kastenfenster-Zwischenraum sowie der Einfachverglasung außen bzw. dem festen Sonnenschutz.

8

Eckbereich der Fassade Da das äußere Fassadenraster ohne Rastersprung durchläuft, muss die innere Fassade im Bereich des Kastenfensters einen Wechsel des Rasters aufnehmen.

7

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Ausschnitte im Bereich des Elementstoßes Isometrische Ausschnitte im Bereich des Elementstoßes: innen liegender Öffnungsflügel, Kastenfenster-Zwischenraum und Einfachverglasung außen. Auflösung des Baukörpers durch Gliederung der Funktionen Treppen, Aufzug und Bürofassade

Explosionsisometrie des Elementstoßes Geometrische Auflösung des Elementstoßes mit außen liegender Einfachverglasung, dem tragenden Aluminiumprofil sowie der thermischen Trennebene und dem inneren Flügelrahmen

B E I S PI E LE

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Massive Betonfassade

Konzept Zur Revitalisierung eines stillgelegten Zechengeländes wurde

Projekt | Zollverein School of Management and Design

der Neubau der School of Management and Design an einer im

Ort | Essen, Deutschland

Masterplan von Koolhaas als „Attraktor“ ausgewiesenen Stelle

Fertigstellung | 2006

errichtet. Seitens der Architekten wurde ein fugenloser Betonwür-

Bauherr | Entwicklungsgesellschaft Zollverein Essen

fel mit einer Kantenlänge von 34 m vorgesehen (1). Die Oberflä-

Architekt | SANAA, Tokio, mit Heinrich Böll, Essen

che des Gebäudes wird durch ca. 150 Fenster perforiert, um die

Tragwerk | Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt

Monumentalität des Baukörpers zu relativieren. Im Inneren teilt

Haustechnik | Transsolar, Stuttgart

sich der Baukörper in eine Eingangsebene mit Vortragssaal und

Ausführende Firma | Schäfer Bauten, Ibbenbüren

eine darunter liegende Serviceebene. Das erste Obergeschoss mit einer Raumhöhe von ca. 10 m beherbergt Seminarbereiche. Darüber befinden sich in drei weiteren Ebenen ebenfalls Seminarbereiche, die Administration sowie Dachgärten. Für den fugenlosen Betonkörper wurde nach umfänglicher Untersuchung von Alternativen eine Lösung in Form einer massiven und nicht thermisch getrennten Betonschale gefunden. Dies war nur durch den Umstand möglich, dass ca. 30 °C warmes Grubenwasser der stillgelegten Zeche zur Erwärmung des gesamten Baus verwendet werden konnte. Durch diese „aktive“ Wärmedämmung, die im Winter das Gebäude in seiner Hülle erwärmt, besteht keine Notwendigkeit, eine mehrschalige Konstruktion mit konventioneller Wärmedämmung auszuführen. Der Bau beeindruckt durch seine Dimension, die Massivität, die sakral wirkenden Innenräume sowie die konsequente technische Umsetzung – welche jedoch wegen des temperierten Grubenwassers nur an diesem Ort möglich war.

1

Baukörper der Zollverein School of Management and Design Gesamtanschicht des Baukörpers mit den frei verteilten Fenstern, die keinen Rückschluss auf eine Geschossigkeit innerhalb des Gebäudes zulassen

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B E I S PI E LE

Fassade Das Konzept der „aktiven“ Wärmedämmung ermöglicht eine Kon-

Das Hauptprinzip der Fassade besteht aus einer einschaligen

struktionsweise mit Beton, die sonst nur in gemäßigteren Klima-

Sichtbetonwand, in die Heizschlangen mit 2 cm Durchmesser

zonen möglich ist: Einschalige Betonwände mit einer Wandstärke

und Abständen von 20-40 cm zueinander eingelegt sind (5,

von ca. 30 cm bilden die Außen- und Innenschale des Gebäudes

6). Diese werden mit dem warmen Grubenwasser durchströmt,

(2, 3). In dieser Betonschale befinden sich Heizschleifen, die mit

um im Winter als „aktive“ Wärmedämmung zu fungieren. Somit

dem warmen Grubenwasser durchspült werden und so sowohl

ist keine Kerndämmung oder ein anderer zweischaliger Aufbau

die Innentemperatur regulieren als auch auf der Außenseite Frost

der Betonfassade notwendig. Alternative Ausführungen hätten

verhindern.

neben einer größeren Wanddicke zusätzlich das Vorsehen von

Die unregelmäßig und nach den Anforderungen der inneren Funktion verteilten Fenster wurden auf der Innenseite der Beton-

Dehnfugen in der Außenschale bedeutet, um thermische Ausdehnung zu ermöglichen.

schale angebracht. Hierfür befinden sich Aussparungen in der

Die Betonschale selbst ist in zwei Ebenen mit Bewehrung ver-

Oberfläche, um die Aluminiumrahmen aufzunehmen. Die Regen-

sehen, um die aus dem Gebäude und der thermischen Ausdeh-

entwässerung wird innerhalb der Wand geführt, da aufgrund der

nung entstehenden Spannungen aufzunehmen.

warmen Wandtemperatur nicht mit Frost zu rechnen ist. Die Qualität der Sichtbetonoberflächen lässt einen erheblichen Planungs- und Koordinationsaufwand sowie eine hochwertige Ausführung erkennen.

2

Ausschnitt Fassade Beeindruckende Qualität der Sichtbetonoberflächen im Wechselspiel mit den frei platzierten Fenstern

3

Innenraum im Seminarbereich Innenraum auf der Ebene des Seminarbereiches mit einer Geschosshöhe von ca. 10 m. Da alle Wand- und Deckenoberflächen als Ortbeton schallhart (schallreflektierend) sind, dienen große Vorhänge neben der Verdunklung als akustische Absorber.

B E I S PI E LE

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Anhand der Fenster lässt sich gut die konstruktive Umsetzung der minimalisierten Anschlüsse erkennen: In die nur 30 cm dicke Betonschale wurden nicht nur die Heizschleifen integriert, sondern auch die Entwässerung der Fensterbänke (4). Diese wurden nicht konventionell mit nach außen abgeführten Blechen ausgebildet, sondern mit einer Innenentwässerung. Da die Fassade im Winter erwärmt ist, besteht keine Frostgefahr für die Entwässerung (7, 8). Auch wurden keine Tropfkanten vorgesehen; die Bildung von Tropfspuren muss als Patina des Gebäudes in Kauf genommen werden. Die Aluminiumfenster wurden in Aussparungen im Beton eingepasst (9, 10). Sie bestehen aus Aluminiumprofilen, die auf der Außenseite die Glasscheiben fixieren. Ein Austausch der Scheiben kann nur durch Herausnehmen der Fenster aus der Wand

4

erfolgen. Detail der Fassade Ausschnitt der Sichtbetonfassade mit den Fensteröffnungen, Aluminiumrahmen und der festen Verglasung. Das Fugenbild des Sichtbetons läuft regelmäßig durch, die Fenster sind frei positioniert.

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5

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Isometrie der Fassade Aufgrund der „aktiven“ Wärmedämmung war eine einschalige Ausführung der Sichtbetonfassade möglich. Die Fensterrahmen sind in Aussparungen im Beton eingelassen.

Isometrie der Fassadenschichten In den Beton der Fassade wurden Heizschlangen integriert, die mit dem warmen Grubenwasser durchströmt werden, um die Fassade aufzuheizen. Auf der Innenseite findet sich der Aluminiumrahmen mit fest stehender Verglasung.

B E I S PI E LE

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Ausführung der Fensterlaibung mit Entwässerung Dieses Detail ermöglichte die Ausführung einer fensterbanklosen Lösung. Es wurde eine Innenentwässerung in der Betonschale vorgesehen und die Oberfläche der Schalung nach innen geneigt.

Innenansicht Fenster Innenansicht des Fensters mit in die Betonschale eingelassenem Aluminiumrahmen. Die fest stehende Verglasung wurde in den Rahmen eingefügt, welcher anschließend an der Fassade angebracht wurde.

8

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Explosionsisometrie Fenster Anhand der Explosionsskizze sind die nach innen geführte Entwässerung mit dem Gefälle der Fensterbank sowie der Aufbau der Fenster zu erkennen.

Isometrie Fensterdetail Das Detail zeigt die Fügung der Fenster in die Aussparung im Beton. Die klassische Klemmleiste, die üblicherweise die Fenster von innen fixiert, ist hier außen aufgesetzt. Die Verglasung ist nicht zu öffnen.

B E I S PI E LE

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Frei geformte Metallfassade

Konzept Auf einem ehemaligen Lagerhausgelände am Fluss Nervion be-

Projekt | Guggenheim Museum

findet sich an prominenter Stelle das Guggenheim Museum Bil-

Ort | Bilbao, Spanien

bao mit seinen Ausstellungen zur modernen Kunst (1). Der frei

Fertigstellung | 1997

geformte Baukörper besteht aus Kalkstein, Titan und Glas und

Bauherr | Solomon R. Guggenheim Foundation/

wird über eine zur Stadt gewandten Piazza erschlossen (2). Vom

Fundación del Museo Guggenheim, Bilbao

Eingangsbereich aus erreicht man die zentrale Halle, den Mit-

Architekt | Frank O. Gehry

telpunkt des Gebäudes, von dem aus sich die verschiedenen

Tragwerk | Skidmore, Owings and Merrill

Ausstellungsräume mit ihren unterschiedlichen Kubaturen und

Haustechnik | Cosentini Associates

Belichtungen verzweigen. Die Volumina der Ausstellungsräume

Ausführende Firma | Construccones y Promociones Balzola

folgen im Inneren der Geometrie der äußeren Erscheinung.

Ausführende Fassadenfirma | Permasteelisa

Spektakulär ist die von Gehry entwickelte freie Architektursprache, die sich in Maßstab und Textur auf die Industrie- und Hafenstadt Bilbao beziehen soll (3). Ausgehend von Skizzen wurden Arbeitsmodelle erzeugt und dann mittels eines 3-D-Scanners in ein digitales Datenmodell übersetzt. Zur weiteren Verarbeitung dienten CAD-Programme aus der Flugzeugindustrie. Das Gebäude hat aufgrund seiner Prominenz zu einem „Bilbao-Effekt“ genannten Boom für die Stadt geführt.

2

Ausschnitt des Baukörpers Das Museum besteht als frei geformte Figur aus einem zentralen Baukörper, von dem aus sich die verschiedenen Gebäudeteile verzweigen.

1

Guggenheim Museum Das Guggenheim Museum liegt am Fluss Nervion und ist eingebettet in eine Struktur von Verbindungsstraßen und umgebender Bebauung. Zum Fluss öffnet es sich mit einer weiten Brücke und einer eigenen Wasserfläche.

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B E I S PI E LE

Fassade Die geschlossenen Fassaden bestehen aus einer tragenden

Die innere Ebene besteht aus einer auf das Tragwerk aufge-

Stahlstruktur, die die freie Geometrie in zerlegte geometrische

brachten und frei geformten Profilträgerlage, auf der Gipskarton-

Flächen aufteilt (4). An dieser Struktur werden die innere Fas-

platten fixiert sind.

sade und die äußere Fassade in der letztendlich freien Form

Die Funktionsebene, in der sich das Tragwerk auf I- und

fixiert. Durch diese Teilung der Fassade in eine innere Ebene,

Rundrohrprofilen des Gebäudes befindet, variiert in der Wand-

eine Funktionsebene mit Tragwerk und eine äußere abdichtende

stärke je nach Anforderungen durch Tragwerk oder Geometrie

Ebene besteht die Möglichkeit, das komplexe Tragwerk in der

des Gebäudes. Das Tragwerk selbst ist aus Brandschutzgründen

Fassade verschwinden zu lassen und so eine reine äußere Form

mit einer separaten Ummantelung versehen.

zu erhalten (5).

Die äußere Ebene des Gebäudes besteht aus einer Unterkonstruktion, welche der freien Geometrie der äußeren Hülle exakt folgt. Auf dieser wurde die Verkleidung aus geschuppt angeordnetem Titan oder Naturstein angebracht. In dieser Ebene befindet sich auch die Wärmeisolation.

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4

5

Komplexe Geometrie Die Komplexität der Geometrie wird anhand der frei geformten Fassadenflächen und der durch sie eingeschlossenen transparenten Fassaden deutlich.

Fassadenmaterialien Die Fassaden der aufgehenden und frei geformten Ausstellungshallen bestehen aus Titan, die Sockelbereiche wurden mit Kalkstein verkleidet.

Fassadenkonstruktion Die seitlich neben dem Museum als Landmarke zur Stadt aufgestellte Struktur zeigt die Konstruktionsweise der Fassade, bestehend aus einem Haupttragwerk, der Fassadenunterkonstruktion sowie der Verkleidung.

B E I S PI E LE

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Die frei geformte Metallfassade besteht aus den drei beschriebenen Ebenen – die innere und die äußere Ebene folgen der geometrischen Form. Die innere Ebene hat jedoch eine für das Tragwerk vereinfachte Geometrie. Das Tragwerk besteht aus vertikalen I-Profilen, die untereinander mit horizontalen und diagonalen Flachstahllaschen verbunden sind (6, 8). Die Unterkonstruktion aus Rundprofilen und darauf fixierten Aluminium-C-Profilen wird am Tragwerk mittels Distanzstangen fixiert (7, 9). Die innere Form wird letztendlich durch eine Gips-Kartonschicht aus einzelnen Platten erzeugt.

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Konstruktion der Fassade Detail der inneren Tragstruktur und der auf dieser angebrachten Nebenträger als Unterkonstruktion für die Fassadenverkleidung. Die innere Hülle ist in diesem Bauteil nicht ausgeführt. 6

Isometrie der Metallfassade Isometrische Darstellung der Metallfassade mit dem Aufbau der Ebenen: innere Ebene auf separater Unterkonstruktion, Tragwerksebene aus I-Profilen sowie die äußere Ebene mit der verklebten Metallverkleidung und der C-ProfilUnterkonstruktion

9

Facettierung der Blechfassade Die Facettierung der Blechfassade führt dazu, dass durch die kleinen Blechpaneele die freie Form des Baukörpers gebildet werden kann, ohne diese in großformatige oder dreieckige Flächen zerlegen zu müssen. 7

Explosionsisometrie Metallfassade Das Detail verdeutlicht die Fixierung der Unterkonstruktion am inneren Tragwerk mittels Distanzblechen und Anschlussprofilen.

112

B E I S PI E LE

Die Fassade der transparenten Flächen besteht aus einer Pfosten-Riegel-Konstruktion, die mittels einer außen liegenden Klemmleiste die Glasscheiben fixiert (10, 12). Diese Konstruktion ist auf ein inneres Tragwerk aus Stahlprofilen aufgesetzt, um die entstehenden Lasten in das Gesamtsystem abzuleiten (13). In Bereichen, in denen sich die Geometrie nicht in viereckige und ebene Flächen aufgliedern ließ, wurden die Glasscheiben diagonal gestoßen, ohne eine äußere Deckleiste aufzusetzen (11).

12

10

Isometrisches Detail der transparenten Fassade Die Isometrie zeigt die konstruktive Ausbildung der Pfosten-Riegel-Konstruktion der Fassade mit inneren Pfosten und aufgesetzten Klemmleisten. Die diagonal geschnittenen Scheiben sind lediglich innen unterstützt.

Detail der transparenten Fassade Innenansicht einer Fassaden-Innenecke: Die Pfosten-Riegel-Fassade ist auf einem separaten Stahltragwerk aufgesetzt. Im unteren Bereich ist die Entwässerungsführung der Regenrinne zu erkennen.

13 11

Explosionsisometrie Fassadendetail Die Zerlegung des Details zeigt die einzelnen Bauteile der Fassade mit Klemmleisten außen und den Pfosten und Riegeln innen.

Außenansicht der transparenten Fassade Äußere Ansicht der transparenten Fassade mit aufgrund geometrischer Notwendigkeit geteilten Glasscheiben. Diese werden nur auf der Innenseite unterstützt, um gestalterisch die Struktur der Fassade nicht zu unterbrechen.

B E I S PI E LE

113

Holzskelettfassade mit verschiedenen Verkleidungen

Fassade Als Fassadenmaterialien wurden für die Zweifamilienhäuser Aluminiumblech, Dachziegel, Faserzementplatten, Holzschindeln so-

Projekt | Hageneiland Housing

wie Kunststoffplatten in Blau und Grün gewählt. Alle Materialien

Ort | Ypenburg, Niederlande

sind als hinterlüftete Verkleidung auf einer Holzständerwand auf-

Fertigstellung | 2001

gebracht. Die Isolierung der Konstruktion befindet sich innerhalb

Architekt | MVRDV

der Holzständerwand.

Tragwerk | ABT

Standardisierte Fenster- und Türelemente sowie Dachflächen-

Konstruktion | Office for Architectual Engineering

fenster wurden als Einbauelemente vorgesehen. Die Abmes-

Ausführende Fassadenfirma | Balaast Nedam

sungen der Einbauelemente ist auf die Fassadenmaterialien so abgestimmt, dass diese immer in vollständigen Moduleinheiten

Konzept

ohne Zuschnitte angewendet werden konnten. Lediglich im Be-

Der Entwurf ist eine ironische Brechung des normalen Einfa-

reich der Dachflächenfenster wurden kleine Regenrinnen ausge-

milienhauses mit einer typischen Hausform und einer darauf

bildet, um das Wasser nach unten abzuleiten.

applizierten Fassaden- und Dachoberfläche für den gesamten Baukörper. So entstehen „eingepackte“ Gebäude mit gleichem Baukubus, die in der Oberfläche ausschließlich aus Blech, Dachziegeln, Holzschindeln oder gar vollständig aus Kunststoff bestehen (1). Die Materialien sind so gewählt, dass verschiedene Grundfarbtöne entstehen und so der Verkleidungseindruck der Gebäude verstärkt wird. Jedes Zweifamilienhaus besitzt einen Garten sowie einen als Gewächshaus ausgebildeten Abstellbereich (2). Entstanden ist eine kleine Siedlung in einem Neubaugebiet bei Den Haag, welche durch die Vielzahl und Mischung der Materialien bei gleichen Haustypen Individualität bietet. Dazu trägt auch das Spiel von räumlichen Versätzen und Blickbeziehungen bei.

2

Fassadenmaterialien Die verschiedenen Fassadenmaterialien Aluminiumblech, Holzschindeln, Dachziegel sowie Faserzement- und Kunststoffplatten erzeugen das Bild der Siedlung.

1

Ensemble der verschiedenen Wohnhäuser Die Wohnhäuser wurden vollständig mit verschiedenen Materialien verkleidet, um Individualität zu erreichen.

114

B E I S PI E LE

Variante Faserzementplatten Die Verkleidung mit Faserzementplatten besteht aus Wellplatten auf einer Lattenunterkonstruktion, die in den vertikalen und horizontalen Stößen überlappend ausgebildet sind (3). Die Traufbereiche wurden mit Formstücken ausgebildet, wodurch einfache konstruktive Lösungen möglich wurden, da die Überlappungen nicht in, sondern neben den Ecken vorkamen (4). Wie alle Fassaden der Siedlung ist auch diese hinterlüftet ausgebildet – im Firstbereich sind Lüftungsöffnungen erkennbar (5, 6). 5

Isometrie der Fassade mit Faserzementplatten In der Isometrie ist der konstruktive Aufbau der Fassade erkennbar: Holzständerwand mit Isolierung, vertikale Lattung und horizontale Konterlattung sowie vertikal angeordnete Verschalung mit Faserzementplatten.

3

Verkleidung aus Faserzementplatten Baukörper mit der hinterlüfteten Faserzementplattenverkleidung aus Wellplatten. Die Stöße sind überlappend ausgeführt.

6

4

Explosionsisometrie Faserzementplatten In der auseinander gezogenen Isometrie wird erkennbar, dass durch die Lattung und Konterlattung eine Hinterlüftung der Fassade möglich ist.

Ecklösung der Faserzementplatten Lösung der Ecke mittels Sonderelementen, um eine Verschneidung in den Ecken zu vermeiden. Ergebnis ist eine Unterstützung der formalen Vorstellung des „verpackten“ Gebäudes.

B E I S PI E LE

115

Variante Aluminiumblech Die Fassadenverkleidung aus Aluminiumblechen wird auf einer Lattenkonstruktion mit Abstandsprofilen fixiert, welche die Hinterlüftung ermöglicht (7). Da in großen Längen lieferbar, müssen die einzelnen Elemente nicht vertikal gestoßen werden – lediglich in den Traufen bedarf es eines verlöteten Stoßes (8). Der horizontale Stoß erfolgt in der Falz, die als Überlappung ausgebildet ist (9, 10).

9

Isometrie des Details mit Aluminiumblech Die Verkleidung mit Aluminiumblech sitzt auf einer Unterkonstruktion aus vertikalen Latten und Abstandsprofilen.

7

Aluminiumverkleidete Zweifamilienhäuser Baugruppe mit zwei mit Aluminiumblech verkleideten Häusern, die die Idee der Austauschbarkeit der Verkleidung erkennen lassen. Die Entlüftungsrohre auf den Dächern dienen der Sanitär- und Küchenentlüftung.

10

Explosionsisometrie des Details Aluminiumblechverkleidung Die Auflösung des Details zeigt die Lattung und die Abstandsprofile, welche in die Graten der Aluminiumblechverkleidung eingreifen und diese fixieren. 8

Ecklösung der Blechverkleidung Die Ecke der Blechverkleidung wird durch einen verlöteten Stoß gebildet.

116

B E I S PI E LE

Variante Polyurethan-Paneele Polyurethan-Paneele sind ein eher untypisches Fassadenmaterial. Sie wurden sowohl in Blau als auch in Grün ausgeführt – Farben, die mit sonst üblichen Verkleidungsmaterialien nicht möglich sind (11). Die Fassaden bestehen aus horizontal liegenden und versetzt gestoßenen Polyurethanplatten, die in den Stößen und Ecken dauerelastisch verfugt sind (12). Die Hinterlüftung wird durch die Lattung und Konterlattung als Unterkonstruktion sowie Lüftungselemente im Dachbereich gewährleistet (13, 14).

13

Isometrie der Verkleidung mit Polyurethan Auch diese Verkleidung wird auf einer Unterkonstruktion aus Lattung und Konterlattung aufgebracht. Zur Entlüftung sind in der Fassade sowie im Dach Entlüftungsschlitze mit Einsatzelementen zum Regenschutz vorgesehen.

11

Polyurethanverkleidung des Wohnhauses In der blauen Version der Polyurethanverkleidung wird durch die für Fassaden untypische Farbe der Umstand der „Verkleidung“ des Gebäudes besonders deutlich.

14

12

Eckdetail der Polyurethanverkleidung Im Eckdetail wird die Lösung für die Stöße der Paneele deutlich – nicht eine Überlappung, sondern ein flächig verschlossener Stoß mit dauerelastischem Dichtungsmittel wurde gewählt, um den „kastigen“ Eindruck des Gebäudes zu erhalten.

Explosionisometrie der Polyurethanverkleidung Die Auflösung des Details zeigt die Unterkonstruktion der Fassade sowie die Paneele. Die Entlüftung des Fassadenzwischenraumes erfolgt in der Fassade mittels einer farbigen Regenschutzabdeckung. Im Dach sind die gleichen Abdeckungen in horizontale „Rüssel“ eingebracht, da sie in der Ebene der Dachfläche sonst keinen Regenschutz bieten würden.

B E I S PI E LE

117

Variante Holzschindeln Die Verkleidung mit Holz erfolgt auf einer Unterkonstruktion auf der Holzständerwand mit sich überlappenden und versetzt angeordneten Schindeln (15). In dieser Lösung entschied man sich im Dachbereich für eine innen liegende Regenrinne, um den Eckstoß ohne wesentliche Tropfkante vor Regenwasser vom Dach zu schützen (16-19).

17

Eckbereich der Variante Holzschindeln Erkennbar ist die innen liegende Regenrinne bei dieser Verkleidungslösung sowie der nur geringe Dachüberstand, der zu Verfärbungen des Holzes im Tropfwasserbereich führt.

15

Verkleidung mit Holzschindeln Die Verkleidung des Wohnhauses mit hinterlüfteten und versetzt angeordneten Holzschindeln

18

Fensteranschluss Detailausschnitt eines Fensteranschlusses mit Schiebefenstern und in die Holzverschalung eingreifenden Abdeckblechen

16

19

Isometrie der Holzverkleidung Die Holzverkleidung erfolgt über versetzt angeordnete und sich überlappende Schindeln.

Explosionsisometrie der Holzverkleidung Die Zerlegung des Details verdeutlicht die Überlappung der Schindeln, um die Nagelungen der Schindel sowie deren Stöße zu überdecken.

118

B E I S PI E LE

Variante Dachziegel Die Verkleidung des vollständigen Baukörpers mit Dachziegeln erfolgt ebenfalls mit einer hinterlüfteten Konstruktion aus Lattung und Konterlattung (20). Auch in dieser Lösung wurde der Stoß in der Ecke durch Formstücke gelöst (22). Diese sind für alle Eck- und Kantenbereiche in der jeweiligen Geometrie erzeugt worden, sodass kein geschnittener Stoß notwendig war (23). Entsprechend präzise ist die Detailausbildung (21, 24).

22

Ecklösung der Ziegelverkleidung Sonderformteile lösen die Problematik des Stoßes in der Ecke und Traufe; allerdings sind entsprechend viele Sonderformteile notwendig.

20

Verkleidung mit Ziegeln Die Ziegelverkleidung erzeugt einen Kontrast zu den anderen Materialien.

23

Fensteranschluss Beim Fensteranschluss zeigt sich die Problematik der Sonderformteile: ein vorgefertigter Anschluss der Fensterbank ist kaum möglich und muss somit vor Ort bearbeitet werden.

21

24

Isometrie der Ziegelverkleidung Die Isometrie der Ziegelverkleidung zeigt auch hier die Hinterlüftung auf der Unterkonstruktion der Fassade. Die einzelnen Ziegel werden üblicherweise mit Klammern gegen Abheben oder Herauslösen gesichert.

Explosionsisometrie der Ziegelverkleidung Die Detaildarstellung zeigt die verschiedenen Schichten der Konstruktion bestehend aus Holzständerwand, Unterkonstruktion aus vertikaler Lattung und horizontaler Konterlattung sowie den geklammerten Dachziegeln.

B E I S PI E LE

119

8 | Die Zukunft der Fassade Architekten suchen nach neuen Ausdrucksformen. Durch die

Motoren der Entwicklung

Möglichkeit des dreidimensionalen Modellierens im Computer

Eine wesentliche Triebfeder der Fassadenentwicklung sind

haben die Architekten die Freiform als Gestaltungsmittel von

energetische Überlegungen: Entsprechend der Notwendigkeit

Gebäuden entdeckt, was wiederum die Suche nach entspre-

zur Energieeinsparung müssen Dämmung gegen Kälte und

chenden Konstruktions- und Produktionsmöglichkeiten zur Folge

Wärme, Energiespeicherung sowie die Möglichkeit der Energie-

hat (2). Oft sind es auch architektonische Visionen, die konstruk-

gewinnung beachtet werden (1). Gleiches gilt für den Energie-

tiv noch nicht umsetzbar sind, aber die technische Entwicklung

einsatz zur Herstellung der Ausgangsmaterialien der Fassaden,

herausfordern. Zukünftige Entwicklungen sind möglicherweise in

deren Halbzeuge und fertigen Produkte. Abschließend wird ein

drei Feldern zu erwarten: Material und Technologie, Bewertungs-

weiteres Augenmerk auf der Wiederverwertung oder Rückfüh-

strategien und die integrale Hülle.

rung in die Fertigungsprozesse liegen.

1

2

Nord- und Südfassade Academia Brasileira de Letras, Rio de Janeiro, Le Corbusier und Oskar Niemeyer, 1943 Nord- und Südfassade des ehemaligen Bildungsministeriums mit unterschiedlicher Sonnenschutzausführung, um den Energieeintrag durch die Sonne auf der Nordseite zu vermeiden.

Genzyme Center, Cambridge, Massachusetts, Behnisch Architekten, 2003 Tageslicht wird mittels Heliostaten über dem Glasdach in das Gebäude geleitet.

120

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

Material und Technologie

Technologietransfer

Zur Zeit ist ein regelrechter Boom von neuen Materialien im Archi-

In ähnlicher Weise kommt es zum Technologietransfer. Verwand-

tekturbereich zu beobachten, was zahlreiche Veröffentlichungen

te industrielle Bereiche wie zum Beispiel die Automobilindustrie,

zeigen. Meistens sind es neue Gestaltungsmöglichkeiten (3),

der Flugzeugbau, Industriedesign und Materialwissenschaften

welche die Ursache für diesen Trend sind, aber auch die Suche

bieten ein fast unerschöpfliches Potenzial an Technologien (5).

nach neuen Funktionalitäten treibt die Entwicklung voran. Man

Nicht alle sind jedoch für den Einsatz im Fassadenbereich ge-

muss unterscheiden zwischen komplett neuen Materialien (4)

eignet. Ausschlaggebend für die Möglichkeit der Übersetzung

oder bereits existierenden Materialien, die in der Baubranche eine

von einem Bereich in den anderen sind zum Beispiel Kosten von

neue Anwendung finden. Diese Übertragung bezeichnet man als

Bauteilen oder Oberflächenbeschichtungen, Produktionszahlen

Materialtransfer und in diesem Bereich sind einige Neuerungen

oder der Grad der industriellen Fertigung von interessanten

zu erwarten.

Komponenten. Technologietransfer kann auf verschiedenen Ebenen geschehen: Auf der Ebene des Entwurfs und Planungsprozesses, der Produktion und Fertigung, der Ebene der Montage und schließlich bei den Kommunikationsprozessen. Technologietransfer findet statt, aber es bedarf der Methoden zum Transferprozess für die Optimierung des Effektes für die Gebäudehülle.

Nanobeschichtungen Nanobeschichtungen sind unter anderem bei Kunststoffbrillengläsern bekannt. Eine keramische Oberflächenveredelung schützt dabei die Brille vor Kratzern. Führt man den Gedanken einer Schutzschicht auf nanokristallinen Strukturen weiter, so lassen sich für die Architektur wirtschaftliche Verwendungen von Kunststoffgläsern ableiten. Gerade im Bereich von mehrfach gekrümmten Gläsern – die in der Herstellung sehr kostenintensiv 3

sind – kann Kunststoff gegenüber herkömmlichem Glas billiger sein. Kunststoffgläser sind mit vielfach geringerem Aufwand ther-

Allianz Arena, München, Herzog & de Meuron, 2005 Die Fassadenbekleidung besteht aus großen pneumatischen Kissen aus ETFE-Kunststofffolien.

misch verformbar; sobald man diese gegenüber Umwelteinflüssen und äußeren Beschädigungen dauerhaft durch transparente Schutzbeschichtungen versiegeln kann, erlaubt ihre Verwendung große Freiheit in der architektonischen Formensprache.

Klebstofftechnologie Im Bereich der Klebstofftechnologie werden Stück für Stück neue Entwicklungen vorangetrieben. So werden in einem Automobil heute viele Teile nicht mehr verschweißt, sondern durch Kleben gefügt. Um eine spätere Trennung der Einzelkomponenten für das Recycling zu verbessern, werden derzeit Klebstoffe entwickelt, die sich unter bestimmten Zuständen inaktivieren lassen. So können zum Beispiel bestimmte Klebeverbindungen in einem erwärmten Wasserbad bei 42 °C und einem Stromimpuls gelöst werden. Tritt nur ein Impuls isoliert ein, so bleibt die Klebekraft erhalten. Denkt man diese Technologie weiter, so lassen sich in 4

der Architektur Klebeverbindungen realisieren, welche die Arbeit auf der Baustelle erleichtern könnten. Durch Wetterbedingungen

Materialsammlung Eine große Anzahl von neuen Materialien sind auf dem Markt erhältlich. Der Einsatz für Fassadenkonstruktionen wird untersucht.

unsaubere Verbindungen zwischen Bauteilen könnten gelöst und wieder neu positioniert werden.

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

121

Smart Materials Gerade im Bereich der Klebeverbindungen sind im Bauwesen

Materialien, die sich den jeweiligen äußeren Einflüssen anpassen

deutliche Verbesserungen wünschenswert. Lassen sich bei

oder sich diese zunutze machen, bezeichnet man als Smart Ma-

Schraubverbindungen über die Messung des Drehmomentes

terials. Aus diesem Bereich finden immer mehr Materialien den

gleichbleibende Festigkeiten erzielen, ist die Prüfung einer Kle-

Weg in die Architektur. So erforscht man derzeit Beschichtungen

beverbindung nur durch optische Kontrolle möglich. Vorteilhaft

auf Gläsern, die als thermochrome Schichten auf Sonnenlicht

wären zum Beispiel Kleber, die bei Erreichen der erforderlichen

reagieren. Diese Gläser (das Prinzip ist von selbsttönenden

Klebekraft die Farbe ändern und somit die Klebekraft gut sicht-

Sonnenbrillen bekannt) werden automatisch dunkler, wenn die

bar anzeigen würden, oder zum Beispiel auch Kleber für Glas,

Sonneneinstrahlung zunimmt. Somit sind die Gläser in der Lage

welche sich bei zu hoher Spannung verfärben und so die Gefahr

eigenständig auf die Stärke der Sonne zu reagieren; sie bilden

des Versagens von Bauteilen frühzeitig optisch anzeigen. Ge-

einen selbstregulierenden Sonnenschutz.

rade bei Glas mit seinen spröden Eigenschaften könnte diese

Im Bereich der Nanotechnogie werden viele neue Materialien

Eigenschaft eine deutlich bessere Akzeptanz als tragendes Bau-

entwickelt. Beispielsweise gibt es Flüssigkeiten, die metallische

teil bewirken.

Partikel enthalten und dadurch mithilfe eines Magneten nach oben gezogen werden können (6). Momentan werden erste Tests in der Medizin erprobt, ein Transfer in die Architektur ist denkbar, wenn eine geeignete Anwendung gefunden wird.

5

Cloud Gate, Millennium Park, Chicago, Anish Kapoor, 2006 Die aufwendige polierte Edelstahloberfläche der Skulptur erzeugt eine einzigartige Präsenz.

6

Nanotechnologie Diese Flüssigkeit enthält metallische Partikel und kann dadurch mithilfe eines Magneten nach oben gezogen werden.

122

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

Phase Change Materials (PCM) nutzen die sogenannte Latent-

Die Anforderungen für Materialien im Fassadenbereich sind sehr

wärme. Latentwärme bezeichnet die im Phasenübergang von

hoch. Sie sind der Witterung ausgesetzt und dürfen auch beim

Stoffen, also zum Beispiel vom festen zum flüssigen Zustand,

Versagen niemanden innerhalb und außerhalb des Gebäudes

aufgenommene bzw. abgegebene Energie. Als latent bezeichnet

gefährden. Sollen neue Materialien oder Materialkombinationen

man sie deshalb, weil sich bei diesem Vorgang die Temperatur

in der Fassade Anwendung finden, muss ein aufwendiger und

des Stoffes nicht ändert. Nutzt man beispielsweise Wachse, die

auch oft kostenintensiver Prozess durchlaufen werden: Erst nach

über chemische Zusätze so eingestellt werden können, dass sie

Entwicklung eines Prototyps, Testphase, Weiterentwicklung und

bei ca. 23 °C schmelzen, können diese eingebettet in den Wand-

Prüfung folgt die Zulassung für einen definierten Einsatzbereich

putz die steigende Raumtemperatur absorbieren. Der Raum er-

und schließlich die Markteinführung.

hitzt sich nicht weiter. Kühlt die Raumluft wieder ab, gibt das

Der Erfolg des Produktes hängt dabei von vielen Faktoren ab.

Wachs die aufgenommene latente Wärme wieder an den Raum

Natürlich müssen Funktionalität und Preis in einem bestimmten

ab. PCMs simulieren also eine nicht vorhandene thermische

Verhältnis stehen. Ebenso muss die Praktikabilität in Bezug auf

Masse und können Schwankungen im Raumklima ausgleichen

den Bauprozess gewährleistet sein. Genügend Firmen müssen

(7, 8). Momentan ist die Verwendung von PCMs auf Wachsbasis

kurz- oder mittelfristig in der Lage sein mit ihren Personal- und

aus brandschutzrechtlichen Gründen noch eingeschränkt, die

Montagemitteln das Produkt einzusetzen, ansonsten wird es eine

Forschung wird aber sicherlich noch effektivere Produkte in die-

exklusive Sonderlösung bleiben. Aber auch die Akzeptanz des

sem Bereich liefern.

Produktes in ästhetischer Hinsicht ist von großer Bedeutung, damit es von den entscheidenden Parteien (meist Architekten und Bauherren) angewendet wird.

7

Funktionsprinzip PCM Die Konstruktionsskizze zeigt die Heizschlangen in der PCM-Masse

8

Modell eines PCM-Deckenmoduls Mithilfe dieses Deckenmoduls, noch ungefüllt mit PCM-Masse, kann der Raum klimatisiert werden, die Temperatur wird zusätzlich über das PCM gepuffert. EMPA (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) und Transsolar, 2005

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

123

Produktion und Montage

Frei geformte Fassaden

Die Industrie ist bestrebt, durch kontinuierliche Weiterentwick-

Immer noch nicht gelöst ist die Übersetzung von digital erzeugten,

lung ihrer Produktionstechnologien die Produktivität ihres Be-

frei geformten Flächen in ebenso frei geformte Konstruktionen

triebes und die Wirtschaftlichkeit ihrer Produkte zu erhöhen. In

– nach wie vor werden diese Flächen in geometrische Flächen

diesem Zuge und durch die vom Markt und durch die Architekten

zerlegt, mit Unterkonstruktionen unterstützt oder in aufwendigen

geforderten Anpassungen der bestehenden Produkte entsteht

Verfahren aus kleinteiligen Elementen zusammengesetzt (9, 10,

eine kontinuierliche Weiterentwicklung.

14). Eine direkt an die digital erzeugte Planung gekoppelte Produktion von frei geformten Fassadenbauteilen ist ein Thema der Zukunft.

9

iWeb-Versuchsgebäude, TU Delft, ONL – Oosterhuis_Lénárd, 2006 Zerlegung der freien Form in geometrisch eindeutige Dreiecksflächen, welche anschließend ausgefacht und abgedichtet werden müssen

10

Jay Pritzker Pavilion, Millennium Park, Chicago, Frank O. Gehry, 2004 Unterstützung der frei geformten Oberfläche mit Unterkonstruktion und kleinteiligen Oberflächenelementen.

124

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

Modulares Bauen

Kompositbaustoffe

Wie im Kapitel Konstruktionsprinzipien beschrieben, werden

Als Kompositbaustoffe bezeichnet man zusammengesetzte Ma-

häufig Systeme in der Fassadenkonstruktion eingesetzt. Der

terialien, die in ihrer Kombination neue Eigenschaften aufweisen.

Erfolg des modularen Bauens, bei dem nicht nur die Konstruk-

Stahlbeton ist zum Beispiel ein typischer Kompositbaustoff, bei

tionssysteme, sondern ganze Komponenten für einen bestimmten

dem eine innen liegende Stahlarmierung dem Beton Zugfestig-

Gebäudetyp entwickelt werden, scheitert oft an der negativen

keit verleiht.

Einstellung bei den Entscheidern im Bauprozess. Die geringe

Zunehmend finden Kompositprodukte des Leichtbaus wie

Akzeptanz von Modulsystemen rührt vielleicht von den qualitativ

Sandwichkonstruktionen mit druckfesten Lagen aus Glas, Koh-

schlechten Betonfertigteilfassaden des Plattenbaus her. Es gilt

lefaser oder anderen textilen Fasern, deren Entwicklung aus der

daher, größtmögliche architektonische Individualität zu erlauben

Luft- und Raumfahrt sowie dem Bootsbau stammt, den Weg in

und gleichzeitig die Vorteile der Massenfertigung zu nutzen. Es

die Architektur (11). Wenn die bisherigen Probleme im Brand-

gibt Erfolg versprechende Beispiele für modulare Systeme mit

schutz gelöst werden und der Nachteil der geringen thermischen

integrierter Gebäudetechnik. Das Ziel der Entwicklung von mo-

Masse durch den Einsatz von neuen Deckschichten aufgehoben

dularen Systemen muss sein, die komplizierten Schnittstellen

wird, dann hat die Verwendung von gedämmten tragfähigen

zwischen den unterschiedlichen Gewerken zu optimieren. Die

Sandwichelementen sicherlich eine Zukunft im Fassadenbau.

Fassaden könnten je nach Gebäudetyp bereits alle haustech-

Durch eine neue industrielle Fertigungsmethode (Pultrusion)

nischen Komponenten enthalten. Bei der Montage der industriell

können stranggepresste Kunstharzprofile mit eingelegten Fa-

vorgefertigten Elemente ist die Arbeit des Elektrikers, des Hei-

serbündeln hergestellt werden. Diese können als nicht leitende

zungsinstallateurs, des Glasers und anderer Handwerker bereits

Betonarmierung oder als Fensterprofile genutzt werden. Ein Vor-

im Werk unter optimalen Arbeitsbedingungen abgeschlossen.

teil in der Verwendung dieser Profile aus glasfaserverstärktem

Nach Jahren kann die Fassade durch Austauschen weniger Ele-

Kunststoff (GFK) besteht in der Materialzusammensetzung. Sie

mente wieder an neue Nutzung oder neue energetische Forde-

bestehen zu einem Großteil aus Glas und haben ähnliche Wär-

rungen angepasst werden.

meausdehnungskoeffizienten, was die Möglichkeit der direkten Verklebung mit Glas sinnvoll erscheinen lässt. Erste Forschungsprojekte sind mit diesem Verfahren durchgeführt worden, die Tendenzen für den Fassadenbau sind abzuwarten.

11

Herstellung von Sandwichplatten für den Fahrzeugbau Sandwichplatten könnten auch in der Architektur als tragende Großtafeln zur Anwendung kommen.

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

125

Generative Fertigungsverfahren Generative Fertigungsverfahren sind Verfahren zur schnellen Herstellung von Modellen, Prototypen, Werkzeugen und auch Endprodukten, bei denen Datenmodelle aus dem Computer über formlose Pulver, Flüssigkeiten oder bandförmige Materialien direkt in physische Körper umgesetzt werden. Man kann sich das Verfahren auch als eine Art dreidimensionale Drucktechnik vorstellen. Man spricht auch vom Rapid Prototyping, Rapid Tooling oder Rapid Manufacturing, je nachdem, in welchem Prozessschritt das Verfahren angewendet wird (13). Fast unbemerkt von der Fachwelt hat sich diese Technologie in den letzten 20 Jahren entwickelt. Was anfangs zur Herstellung von Prototypen als Anschauungsmodelle diente, lässt sich heute schon für eine Vielzahl von Materialien bis hin zu gebrauchsfer-

12

tigen Produkten in dreidimensionalen Bauteilen umsetzen (12). In der Zukunft werden ganze Bauteile aus verschiedensten Baustoffen (vielleicht auch transparente) in einem einzigen Arbeitsschritt hergestellt werden. Das Fügen von Elementen entfällt. Die

Freigeformte Metallteile Komplexe Geometrien wie diese ineinander verschachtelten Hohlkugeln sind nur durch schichtweisen Aufbau herstellbar.

Maschine liefert ein kompaktes, fertiges Produkt. Die Größe von Bauteilen wird sich nicht mehr nach ihren Montagebedürfnissen, sondern nach der möglichen Auflösung des Druckers richten. Wir müssen uns in der Zukunft fragen, welche Funktionen erreicht werden sollen, und nicht, wie das Bauteil gefertigt werden kann. Die Entwicklung von generativen Fertigungsverfahren ist längst nicht abgeschlossen und Aussagen über deren Innovationskraft sind spekulativ. Trotzdem können wir hier eine spannende Zukunft erwarten.

13

Generative Fertigungsverfahren Mithilfe von generativen Verfahren ist es möglich, dreidimensionale Modelle oder Bauteile auf Grundlage von 3-D-Computerdaten schichtweise aufzubauen. Zu sehen sind ein Entwurf und ein Modell, das aus Kunststoff ausgedruckt wurde.

126

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

Computertechnologie Prinzipiell wird der Computer in der architektonischen Planung in

Der Computer, früher vor allem lediglich als Zeichnungshilfe und

den drei Bereichen Kommunikation, Konstruktion und Simulation

zur Textverarbeitung genutzt, wird mit Funktionen wie E-Mail oder

eingesetzt. Der Bauablauf ist auf allen Ebenen ein Kommunika-

Instant Messaging vielfältig zur Kommunikation eingesetzt. Durch

tionsprozess, bei dem Informationen von einer Planungsphase

das World Wide Web wird eine Fülle von Information bereitge-

an die nächste übergeben werden. CAD (Computer Aided De-

stellt, die es ermöglicht, Daten abzurufen, Informationen weltweit

sign) ermöglicht die Umsetzung von Fassaden, bei denen alle

zu recherchieren oder sich über den aktuellen Stand der Tech-

Elemente unterschiedlich sind. CFD (Computational Fluid Dy-

nik zu informieren. So kann es in naher Zukunft möglich werden,

namics), wobei das Strömungsverhalten von Luft simuliert wird,

dass die jeweiligen Programme bereits zu Beginn der Planung

und thermische Simulation ermöglichen die Vorhersage der Inter-

Vorschläge zu einzelnen Teilaspekten machen können. Sinnvolle

aktion der Fassade mit dem Raum.

Wandstärken in Abhängigkeit der zu erfüllenden Energiewerte werden direkt angegeben. In diesem Bereich sind eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten denkbar. So könnte beim Zeichnen eines Fassadendetails das Programm bereits auf mögliche Probleme aufmerksam machen: „Bei der Bauhöhe der Fassade ist die Tiefe der Fassadenpfosten nicht ausreichend. Bitte erhöhen Sie diese um 5 cm oder wählen Sie Stahl anstelle von Aluminium!“ Oder: „Bei der Dämmstärke besteht die Gefahr des Tauwasserausfalls im Bereich Geschossdecke.“

14

Phaeno Science Center, Wolfsburg, Zaha Hadid, 2005 Die komplexe Geometrie des Gebäudes war nur durch CAD-Designtechnologie möglich.

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

127

Bewertungsstrategien

Funktionalität von Fassaden

Bei der Planung von Gebäudehüllen sind heute aufgrund der

Betrachtet man das Bauen im Ausland, so wird heute versucht

Komplexität viele Fachplaner notwendig. In der Regel sind neben

mit ausgereiften mitteleuropäischen Fassaden die Gebäudehül-

dem Architekten Fassadenplaner (vor 15 Jahren gab es diese

len in den weltweit entstehenden Großbauprojekten zu konzipie-

Spezialisierung kaum), Klimaplaner, Bauphysiker, Haustechniker

ren. Häufig werden die für westeuropäisches Klima konzipierten

und Kostenspezialisten und auch die Fassadenindustrie an der

Komponenten und Technologien genutzt, um für teilweise extrem

Entwicklung von großen Projekten beteiligt. Es sind vielfältige In-

unterschiedliche klimatische Bedingungen komfortable Büro-

formationen über neue Entwicklungen, Technologien und Materi-

oder Wohnhäuser zu planen. Technologien wie beispielsweise

alien verfügbar. Aber wie kann sichergestellt werden, dass schon

Klimaanlagen kann man sicherlich verwenden, wenn man voll

im frühen Planungsstadium die richtigen Entscheidungen getrof-

verglaste Gebäude in der Wüste von Dubai bauen möchte. Eine

fen werden? Wie können neue Technologien integriert werden

Analyse der jeweiligen klimatischen Bedingungen und auch der

und wie kann man den Überblick über die ständig wachsende

traditionellen Bauweise kann jedoch Konzepte hervorbringen,

Anzahl von Normen, Richtlinien und Gesetzen behalten?

die mit geringeren technischen Lösungen im Betrieb wirtschaft-

Auf dem Weg zur Fassade der Zukunft sind deshalb Strategien

lichere Lösungen hervorbringen kann.

und Werkzeuge notwendig, die sich mit dem Entscheidungs- und

Es werden Modelle benötigt, die auf Grundlage der klima-

Planungsprozess auseinandersetzen und Informationen dazu in

tischen Voraussetzungen geeignete Fassadenkonzepte aufzeigen

übersichtlicher Weise darstellen (15).

und mit denen sich diese im frühen Planungsprozess bewerten lassen. Die Nutzung von neuester Technologie ist nur dann sinnvoll, wenn an dem jeweiligen Bauort auch die Vorteile aus dem lokalen Klima genutzt werden können. Ziel dieser Planungshilfen muss die Einbeziehung der klimatischen Gegebenheiten in das Fassadenkonzept darstellen und nicht der Kampf mit technischen

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Möglichkeiten gegen diese Klimaverhältnisse.

15

Fassadenmatrix Im Rahmen eines Forschungsvorhabens soll mithilfe von Auswahlmatrizes in der frühen Entwurfsphase die Auswahl von geeigneten Fassadentechnologien erleichtert werden.

128

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

Planungsmedien Generell ist für das Gelingen einer jeder Planungsaufgabe zu

Dem planenden Architekten muss daher mehr Wissen aus den

Beginn ein Anforderungskatalog aufzustellen. Es gilt zu klären,

Folgedisziplinen wie Haustechnik, Bauphysik oder Klimaplanung

welche Ziele mit dem Entwurf realisiert werden sollen (16). Diese

durch die Verwendung von Planungswerkzeugen oder einfachen

setzen sich aus den jeweiligen nationalen Normen und Gesetzen,

Entscheidungshilfen an die Hand gegeben werden, um früh die

aber auch aus den vom Bauherrn angestrebten Zielen zusammen.

eigenen Planungen zu prüfen.

Was ist realistisch, was ist sinnvoll, welche Forderung erscheint überzogen?

Die Fassadenindustrie besteht zum großen Teil aus mittelständischen Unternehmen und dementsprechend sind die Investi-

Anhand von Checklisten oder detaillierten Anforderungskata-

tionsmöglichkeiten in Forschung und Entwicklung begrenzt. We-

logen ist es möglich, bereits in der frühen Planungsphase die

gen ihrer geringen Größe können Fassadenbaubetriebe nur ein

Möglichkeiten der Umsetzung des Projektes zu bewerten und

kleines Risiko in Bezug auf den Einsatz von neuen Technologien

zielgerichtet Fehlentscheidungen, die im späteren Planungsver-

tragen. Das Feld der Fassadensanierung hat gezeigt, dass die

lauf enorme Kosten nach sich ziehen, zu vermeiden. Häufig wer-

Lebensdauer moderner Fassaden ca. 30 Jahre beträgt. Ob

den Versprechungen in den ersten Entwurfsplänen gemacht, die

diese Erwartung auch für die Zukunft gilt, bleibt abzuwarten.

sich in der späteren Zusammenarbeit mit Fachingenieuren als

Möglicherweise wird sich dieser Zeitraum mit der schneller wer-

nur schwer realisierbar oder im späteren Betrieb unwirtschaftlich

denden Entwicklung im Bereich der Konstruktion und den Nutzer-

erweisen.

anforderungen noch verkürzen. Dennoch bleiben Fassaden auf eine lange Lebensdauer ausgelegt (17), in der die Funktionalität gewährleistet sein muss. Neue Ansätze, vor allem in der Konstruktion, bergen dabei ein hohes Risiko. Man kann deshalb die Fassadenindustrie als eine eher konservative Branche bezeichnen, in die Neuerungen nicht so leicht Eingang finden.

16

debis-Hauptverwaltung, Renzo Piano, 1997, Daimler-Chrysler-Hochhaus, Hans Kollhoff, 1999 und DB-Hauptverwaltung am Sony Center, Helmut Jahn, 2000, Potsdamer Platz, Berlin Trotz gleicher Funktion haben diese Fassaden unterschiedliche gestalterische Konzepte. 17

Downtown Chicago Fassaden der verschiedenen Hochhausgenerationen lassen die technische Entwicklung erkennen.

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

129

Die integrale Hülle Die Fassade der Zukunft wird potenziell mehr Funktionen über-

Es sollen möglichst gleichmäßige Bedingungen im Gebäudein-

nehmen. Dies ist die Fortführung des schon zitierten Gedankens

neren in Bezug auf Kälteschutz, Sonnenschutz, Lüftung und na-

der polyvalenten Wand von Mike Davies – die Suche nach der

türliche Belichtung erreicht werden. Wesentlich ist, dass die Be-

Fassade, die alles kann: Die stärkere Einbindung in das gebäu-

dürfnisse der Nutzer dabei berücksichtigt werden. Die zukünftige

detechnische Konzept, die Adaptivität, d.h. die Anpassbarkeit an

Fassade muss integral konzipiert sein, d.h. sie muss die sich zum

die ständig wechselnde klimatische Umgebung und die Nutzer-

Teil widersprechenden Funktionen auf optimale Weise kombinie-

bedürfnisse, und auch die Integration in das konstruktive Gerüst

ren und steuern.

des Gebäudes sind Aufgaben der Fassade von morgen (18).

Die Funktionen Kälteschutz, Sonnenschutz, Lichtlenkung,

Die integrale Hülle ist ein Oberbegriff für solche ganzheitlichen

natürliche oder mechanische Lüftung, Heizung, Kühlung, Ener-

Ansätze. Als integral – ein Ganzes ausmachend – wird dieses

giegewinnung (20), Energiespeicherung (zum Beispiel PCM)

Konzept deshalb beschrieben, weil die Vielzahl der möglichen

müssen als Komponenten in die Fassadenkonstruktion integriert

Funktionen, die sich nicht immer decken müssen, ein komplexes

werden. Dies führt zwangsläufig zu der Frage der räumlichen An-

Neues ergeben. Das Ziel der Entwicklung ist eine große Anpas-

ordnung, flächig oder geschichtet. Je kleiner die Komponenten

sungsfähigkeit der Fassade an die sich stetig verändernden äu-

sind, desto besser und feiner die Möglichkeiten einer räumlichen

ßeren Umstände zum Wohl der Nutzer des Gebäudes.

Anpassung im Fassadensystem.

Die in Kapitel 6 beschriebenen adaptiven Fassaden können als Schritte auf dem Weg zur integralen Fassade verstanden werden. In Weiterentwicklung der Doppelfassade wird aktuell an der Integration von haustechnischen Komponenten viel gearbeitet (19). Hier kann für die nahe Zukunft eine breite Anwendung erwartet werden, da dieses Konzept neben der guten Zugänglichkeit der haustechnischen Module und der daraus resultierenden einfachen Austauschbarkeit auch eine größere Individualität und Flexibilität erlaubt. Problematisch sind allerdings der hohe Wartungsaufwand und die höheren Investitionskosten.

19

Capricorn Haus, Düsseldorf, Gatermann + Schossig, 2006 In den geschlossenen Elementen sind dezentrale Lüftungselemente sowie die Beleuchtung integriert.

18

Funktionskonzept der integralen Hülle Funktionsanforderungen an eine integrale Fassade: Tragen, Dämmen, Dichten und Lüften sowie gesteuerte Transparenz und Energiegewinnung

130

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

Die Bedeutung von Glas bei der integralen Hülle wird ungebro-

Die Zusammenfassung der Möglichkeiten für die zukünftige Fas-

chen groß sein. Schon jetzt zeichnen sich eine Reihe von Ent-

sade kann niemals vollständig sein. Die Entwicklung muss immer

wicklungen ab, welche Glas zu einem wandelbaren Baustoff ma-

im Sinne von Nutzer, Energieeinsparung und architektonischer

chen können, welcher gleichzeitig mehrere Funktionen erfüllen

Qualität erfolgen.

kann. Hier ein paar Beispiele:

Die Architektur wird auf die Bedürfnisse der Menschen von morgen reagieren und diese vielleicht auch formen. Genauso

Elektrochrome Beschichtung: Durch das Anlegen einer Span-

wird sie Ziele für die Gebäudehülle formulieren. Im Gegenzug

nung lässt sich die Tageslicht- und Strahlungstransmission ver-

kann die Entwicklung der Gebäudehülle die Möglichkeiten der

ändern.

Architektur erweitern. Die integrale Fassade ist eine Vision, die sich schrittweise mit der Entwicklung von neuen Komponenten

Dünnschichtzellen: Auf Glas aufgedampfte Photovoltaik-Zellen

und Technologien erfüllen wird.

produzieren Strom – mit Laser lässt sich ein Muster aufprägen, wodurch man eine Resttransparenz erhält. PCM in Glas: dient als Wärmespeicher. Holografische Schichten (Filme): sind in der Lage sonnenwinkelabhängig (transparent) zu beschatten oder Lichtlenkung bzw. Strahlung auf PV-Module zu konzentrieren. Beheizbare Gläser: zum Ausgleich von Wärmeverlusten und Erhöhung der Oberflächentemperatur (keine Komforteinschränkung durch Strahlung und Kaltluftabfall im Winter).

20

Solarzellen Mit Solarzellen kann man aus Sonnenlicht Strom gewinnen. Gestalterisch wird jedoch noch experimentiert, um diese Elemente vollständig in die Fassade zu integrieren.

D I E Z U K U N F T D E R FA S S A D E

131

Autoren Professor Dr. Ing. Ulrich Knaack war Architekt in Düsseldorf und ist heute Professor für Konstruktion und Entwurf an der TU Delft sowie der Fachhochschule Detmold. Autor der bekannten Fachbücher „Konstruktiver Glasbau” und „Konstruktiver Glasbau 2”. Dipl.-Ing. Thomas Auer ist Teilhaber bei Transsolar Energietechnik, Stuttgart. Er ist Spezialist auf dem Gebiet der integralen Gebäudetechnik und lehrt seit 2001 an der Yale University im Bereich „Environmental Design of Buildings”. Dipl.-Ing. Tillmann Klein ist Architekt und Leiter der Fassadenforschungsgruppe an der TU Delft am Lehrstuhl von Professor Knaack. Marcel Bilow ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrgebiet von Professor Knaack an der Fachhochschule Lippe & Höxter in Detmold. Er leitet dort den Bereich “Forschung und Entwicklung” und ist Mitglied der Fassadenforschungsgruppe an der TU Delft.

132

ANHANG

Auswahlbibliografie Geschichte und allgemeine Darstellungen Francis D.K. Ching Building Construction Illustrated John Wiley Verlag, New York 3. Auflage, 2000 Mike Davies „A Wall for All Seasons“, in: RIBA Journal, 1981, Bd. 88, Nr. 2. – Deutsch: „Eine Wand für alle Jahreszeiten“, in: Arch+, Nr. 104, 1990 Edward R. Ford Das Detail in der Architektur der Moderne Birkhäuser Verlag, Basel, 1994 Thomas Herzog, Roland Krippner, Werner Lang, Fassaden Atlas, Birkhäuser Verlag, Basel und Edition Detail, München, 2004 Le Corbusier, Précisions sur un état présent de l’architecture et de l’urbanisme Editions Vincent, Fréal & Cie., Paris, 1929 – Deutsch: Feststellungen zu Architektur und Städtebau, Ullstein, Berlin und Frankfurt, 1964 Christian Schittich (Hrsg.) Gebäudehüllen – Konzepte, Schichten, Material Birkhäuser Verlag, Basel und Edition Detail, München, 2001

Gerhard Hausladen, Michael de Saldanha, Petra Liedl, Christina Sager Clima Design – Lösungen für Gebäude, die mit weniger Technik mehr können Callwey Verlag, München, 2005 Gerhard Hausladen, Michael de Saldanha, Petra Liedl Clima Skin – Konzepte für Gebäudehüllen, die mit weniger Energie mehr leisten Callwey Verlag, München, 2006

Nicola Stattmann Handbuch Material Technologie AV Edition, Ludwigsburg, 2. Auflage, 2003 Els Zijlstra, Material Skills – Evolution of Materials Materia, Rotterdam, 2005

Othmar Humm, Peter Toggweiler Photovoltaik und Architektur Birkhäuser Verlag, Basel, 1993 Patrick Loughran Falling Glass – Glasschäden und Lösungen in der neueren Architektur Birkhäuser Verlag, Basel, 2003 Eberhard Oesterle, Rolf-Dieter Lieb, Martin Lutz Doppelschalige Fassaden Callwey Verlag, München 1999 Just Renckens Fassaden und Architektur – Faszination in Aluminium und Glas FAECF Verlag, Delft, 1997

Materialien Technologie Andrea Compagno Intelligente Glasfassaden – Material, Anwendung, Gestaltung Birkhäuser Verlag, Basel, 5. Auflage, 2002 Klaus Daniels Gebäudetechnik – Ein Leitfaden für Architekten und Ingenieure Oldenbourg Verlag, München, 1996 Klaus Daniels, Dirk U. Hindrichs Plusminus 20/40 Latitude – Sustainable Building Design in Tropical and Subtropical Regions Edition Axel Menges, Stuttgart, 2002 Dietmar Danner Die klima-aktive Fassade Koch Verlag, Leinfelden, 1999 Johann Eisele, Bettina Staniek (Hrsg.) Bürobau Atlas – Grundlagen, Planung, Technologie, Arbeitsplatzqualitäten Callwey Verlag, München, 2005

Manfred Hegger, Volker Auch-Schwelk, Matthias Fuchs, Thorsten Rosenkranz Baustoff Atlas Birkhäuser Verlag, Basel und Edition Detail, München, 2005 Ulrich Knaack Konstruktiver Glasbau Rudolf Müller Verlag, Köln, 1998 Ulrich Knaack, Wilfried Führer, Jan Wurm Konstruktiver Glasbau 2 Rudolf Müller Verlag, Köln, 2000 Uta Pottgiesser Fassadenschichtungen Glas Bauwerk Verlag, Berlin, 2004 Gunter Pültz Bauklimatischer Entwurf für moderne Glasarchitektur Ernst & Sohn Verlag, Berlin, 2002 Axel Ritter Smart Materials in Architektur, Innenarchitektur und Design Birkhäuser Verlag, Basel, 2006

ANHANG

133

Register Abluftfassade 88, 92-93, 98 Academia Brasileira de Letras, Rio de Janeiro 120 Adaptive Fassade 36, 80, 85, 87, 101, 130 Aerogel 91 Akademie Mont Cenis, Herne 38, 99 Aktive Wärmedämmung 107-108 Alemannischer Fachwerkbau 22 Allianz Arena, München 121 Atlasgebouw, Wageningen 43 Aluminium 10, 21, 45, 48, 103, 105, 107-109, 112, 127 Aluminiumblech 114, 116 ARAG Tower, Düsseldorf 12, 96 Attika 58, 61 Auer + Weber + Partner 92, 98 Ausfachung 22-23, 25-27 Baer, Steve 90 Balloon framing 23 Banco Mineiro de Produça˜ o, Belo Horizonte 12 Bauteilaktivierung 79 Behaglichkeit 71-74, 76, 78, 84-85, 88, 92 Beheizbares Glas 131 Behnisch Architekten 120 Belüftung 9, 38, 47, 56, 75-76, 93, 98, 100 Beschläge 47-48, 50, 69, 75 Beton 18, 37, 47, 58-59, 62, 66-69, 73-74, 7879, 95, 103, 106-109, 125 Betonfassade 66, 106-108 Bibliothek der TU Delft, Delft 25 Bleiverglasung 19 Bothe Richter Teherani 99 Brandschutz 43, 47, 50, 59, 96, 98, 111, 123, 125 Bürohochhaus Doppel-XX, Hamburg 99 Capricorn Haus, Düsseldorf 101, 130 Central Library, Seattle 83 Cloud Gate, Millennium Park, Chigaco 122 Computational Fluid Dynamics - CFD 127 Computertechnologie 127 Crown Hall, Illinois Institute of Technology, Chicago 44 Dachziegel 114, 119 Daimler-Chrysler-Hochhaus, Potsdamer Platz, Berlin 35, 94, 129 Davies, Mike 35, 89, 130 DB-Hauptverwaltung am Sony Center, Potsdamer Platz, Berlin 129 debis-Hauptverwaltung, Potsdamer Platz, Berlin 35, 129 Debitel-Hauptverwaltung, Stuttgart 8, 33, 60, 100 Dehnungsfuge 39-40, 107 Dichtungsebene 45, 57, 61, 66, 104 Digitales Datenmodell 110 Doppelfassade 7, 12, 29-35, 38, 60, 88, 92-93, 98-101, 130 Dünnschichtzellen 131

134

ANHANG

Einfachverglasung 10-12, 19, 21, 52, 92-93, 103-105 Einfamilienhaus, Corrales, New Mexico 90 Elektrochrome Beschichtung 131 Elementfassade 28, 46, 58, 60, 69, 100, 102-103 Emaillierung 83 Energiebedarf 51, 70, 85, 87 Energieeinsparung 80, 87, 120, 131 Energiegewinnung 36, 120, 130 Entlüftung 12, 31-33, 116-117

Institut du Monde Arabe, Paris 13 Integrale Hülle 120, 130 Isolierverglasung 21, 83, 92, 104 iWeb-Versuchsgebäude, TU Delft, Delft 124

Fachwerk 22, 52, 87 Fan coil unit 12 Faserzementplatten 114-115 Fassadentragwerk 38, 40, 83 Fassadenheizung 78 Fassadenzwischenraum 29, 32, 82, 88, 90, 92-100, 117 Federal Center, Chicago 27 Flächenfüllende Elemente 37-38, 41 Flughafen Chek Lap Kok, Hongkong 66 Folien 80, 84, 121 Fondation Cartier, Paris 21

Kaltfassade 14-15 Kamineffekt 32, 95 Kapoor, Anish 122 Kastenfenster 12, 20-21, 30-32, 87-88, 94-96, 103-105 Kastenfenster-Fassade 30-31, 93-95 Kathedrale von Amiens, Amiens 17 Klebstofftechnologie 121 Klimamodul 76, 101 Klimatisierung 8, 34, 73, 85 Kollektorfassade 89-90 Kollhoff, Hans 35, 94, 129 Komponentenfassade 34, 100-101 Kompositbaustoffe 125 Konstruktionsprinzipien 10, 14, 36-37, 125 Korridorfassade 31, 33, 93, 96-97 Kühldecke 79 Kunststoffprofile 49-50, 53 Kunststoffplatten 114

Foster and Partners 12, 66, 89 Fugen 11, 49, 51, 58, 62-66, 68, 74-75, 108 Fuller, Buckminster 89 Gatermann + Schossig 29, 101, 130 Gehry, Frank O. 7, 110, 124 Generative Fertigungsverfahren 126 Genzyme Center, Cambridge, Massachusetts 120 Geschossdecke 22-23, 59, 69, 81, 96-97, 127 Glasfaserverstärkter Kunststoff – GFK 125 Glashauseffekt 87, 90, 98 Gotik 16, 18 Gropius, Walter 19 Guggenheim Museum, Bilbao 7, 110-113 Hadid, Zaha 127 Hageneiland Housing, Ypenburg 114-119 Hängende Konstruktion 38, 41 Hänsch, Klaus 41 Haus Farnsworth, Plano, Illinois 10-11, 24 Herzog + de Meuron 121 Hinterlüftung 98, 115-117, 119 Holografische Schicht 131 Holzfenster 48, 52-53, 63, 75 Holzschindeln 114, 118 Holzskelettbau 22, 23 Hopkins, Michael 92 Horizontalkräfte 8, 16, 26, 55, 60 Hybridfassade 100

Jahn, Helmut 34, 71, 77, 129 Jay Pritzker Pavilion, Milennium Park, Chicago 124 Jourda & Perraudin 38, 99 Jüdisches Museum, Berlin 7 Juscelino Kubitschek-Komplex, Belo Horizonte 13

Lamellen 13, 81-84, 95, 97, 101, 103 Lastabtragung 26, 38-39, 55 Le Corbusier 19, 88, 120 Lehmbruck, Manfred 41 Libeskind, Daniel 7 Lichtintensität 71, 84 Lichtlenkung 34, 74, 82, 84, 100, 130-131 Lloyd’s Building, London 35, 92 LMN Architects 83 Lüftungsöffnung 75, 90, 92-93, 98, 115 Luftschicht 14, 21 Massive Wandkonstruktion 14 Mauerwerk 19, 42, 54, 58-59, 65 Meccanoo Architecten 25 Metallfassade 110, 112 Mies van der Rohe, Ludwig 10-11, 19, 24, 27, 44 Modulfassade 35 Modulsystem 125 Mur neutralisant 88 MVRDV 114 Nachtauskühlung 78 Nanobeschichtung 121 Nanotechnologie 122 New Parliament Building, London 92 Niemeyer, Oscar 11-13, 120 Normannischer Fachwerkbau 22 Nouvel, Jean 13, 21

Bildnachweis OMA 85 ONL - Oosterhuis_Lénárd 124 Otto, Frei 89 Petzinka, Pink und Partner 31, 35, 97 Pfostenfassade 26 Pfosten-Riegel-Fassade 7, 25, 27, 45, 59-60, 68, 104, 113 Pfosten-Riegel-Konstruktion 25-26, 45-46, 51, 59-60, 83, 113 Phaeno Science Center, Wolfsburg 127 Phase Change Materials – PCM 123, 130-131 Phototonikzentrum Berlin-Adlershof 32, 95 Piano, Renzo 35, 129 Platform framing 23 Polyurethan-Paneel 117 Polyvalente Wand 35, 89, 130 Port-Event-Center, Düsseldorf 15 Post Tower, Bonn 34, 69, 77 Predicted Percentage of Dissatisfaction – PPD 72 Primärstruktur 37-43 Prisma-Gebäude, Frankfurt 98, 99 Pultrusion 125 Punkthalter 39, 41 Rapid Manufacturing 126 Raster 42-44, 54, 76, 83, 105 Raumluftfeuchte 72, 74 Raumtemperatur 71-72, 77-78, 85, 93, 123 RFR 8 Riegelfassade 26 RKW Architektur + Städtebau 8, 12, 33, 60, 95-96, 100, 102 Rogers, Richard 35, 89, 92 SANAA 106 Sauerbruch Hutton Architekten 32, 95 Schacht-Kasten-Fassade 32, 76, 93, 95-96 Schallschutz 29, 31, 36, 44, 57, 74, 92-96, 98 Schlagregen 44, 52-53, 57, 60-62, 64, 66 Schneider + Schumacher 28, 43 Sekundärstruktur 37-40, 42-43, 47 Sick Building Syndrom – SBS 73 Sichtbeton 78, 107-108 Siebdruck 83 Silikon 21, 53, 64-66 Skelettartige Wandkonstruktion 22 Smart Materials 122 Sockel 53, 58, 61-62, 104, 111 Solarkamin 8, 92, 102 Sonnenenergie 80, 85, 90-91 Sonnenschutz 13, 33, 36, 38, 70, 73-74, 80-84, 89, 91-93, 95, 97, 103-104, 120, 130 Speichermasse 14 Spitzbogen 18 Stadttor Düsseldorf, Düsseldorf 31, 35, 97 Stahlprofil 19, 44, 50, 113 Stehende Konstruktion 38 Sturz 16, 18

Textilien 80, 82 Thermische Trennung 12, 21, 43, 53, 59, 104 Toleranzen 37, 44, 49, 51-52, 59, 67-68 Transluzente Materialien 19, 91 Transparente Wärmedämmung – TWD 91 Triangel-Hochhaus, Köln-Deutz 29 Trombewand 90-91

Kapitel 1 3 Holger Knauf Kapitel 2 42 Holger Knauf Kapitel 3 15 Raico Bautechnik GmbH 19 Metallbau Erhard Holz GmbH, Leopoldshöhe

Überhitzungsrisiko 30 Van den Oever, Zaaijer & Partners Architecten 43 Vorhangfassade 27, 28 Wansleben, Norbert 15 Wärmebrücke 11, 37, 54, 62 Wärmedämmung 11, 14, 23, 38, 44, 58-62, 103, 106 Wärmetransport 71, 86 Wärmestrahlung 80-81, 86-87 Warmfassade 14 Wasserdampf 57, 60 Wechselfassade 8, 33, 100, 103 Weißenhofsiedlung, Stuttgart 19 Westhafen Haus, Frankfurt 28 Wetterschutzschicht 14-15, 57-62, 64, 66 Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg 41 Windlast 25-26, 36, 38-40, 55 Wintergärten der Cité des Sciences et de l’Industrie, Parc de la Vilette, Paris 8 Wohnbebauung, Middelburg 58 Zollverein School of Management and Design, Essen 106-109 Zu- und Abluftöffnung 31, 94, 96, 98 Zweite-Haut-Fassade 30, 93, 98-99

Kapitel 4 37, 42, 43 Ilja Sucker Kapitel 5 2 Zeichnung erstellt nach Recknagel 4 nach DIN EN ISO 7730 erstellt 17 Ilja Sucker Kapitel 6 7 LeCorbusier, © VG Bild Kunst, Bonn 2007 8 Mike Davies, Richard Rogers Partnership, London 11, 12 Steve Baer, Zomeworks 13 NASA 16 Lloyd's Redevelopment, London, Gartner GmbH 18 Alexandra Liedgens 23 Holger Knauf 34 Rouven Holz Kapitel 7 1, 2, 3, 4, 8 (Debitel-Hauptverwaltung) Holger Knauf Kapitel 8 11 Pecocar Holland B.V. 13 Jürgen Heinzel Den genannten Bildgebern gilt unser besonderer Dank. Alle weiteren Abbildungen wurden für dieses Buch erstellt oder stammen aus den Archiven der Autoren. Die Autoren haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Herkunft aller Abbildungen zu recherchieren. Falls es unabsichtlich dabei zu Fehlern oder Auslassungen gekommen sein sollte, möchten wir dies entschuldigen und bitten um kurze Nachricht. Die Fehler werden in der nächsten Auflage der Publikation korrigiert.

ANHANG

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