Bauteile und Verbindungen: Prinzipien der Konstruktion 9783034610629

About building elements and components Every building is composed of parts, or components, that may be organized in va

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Bauteile und Verbindungen: Prinzipien der Konstruktion
 9783034610629

Table of contents :
1 Einleitung
2 Bauteile
Eigenschaften und Funktionen von Bauteilen
Trennende Funktion
Tragende Funktion
Eigenschaften und Leistungsgrad
Regelbare und aktive Systeme
Dichtheit und Durchlässigkeit von Konstruktionen
Lichtundurchlässige Konstruktionen
Schichtenaufbauten
Lichtdurchlässige Konstruktionen
Tragverhalten
Kraft und Spannung
Elastizität
Knicken
Überspannungen
Horizontale Konstruktionen
Öffnungen in Decken
Vertikale Konstruktionen
Öffnungen in Wänden
3 Verbindungen
Interne und externe Anschlüsse
Interne Anschlüsse
Externe Anschlüsse
Art und Funktion der Anschlüsse
Fugenbildung durch Positionierung der Bauteile
Fugenbildung durch die Form der Bauteile
Fugenbildung durch das Material der Bauteile
Position der Anschlüsse
Toleranzen
Justierung
Fixierung
Verschiebliche Auflager, Gelenke, Einspannungen
Fixieren durch Position, Form oder Material
Fixieren von Schichten, Verbundplatten und Schalen
Formungsverfahren
Basisformung
Umformungen
Trennende Verarbeitung
Material und Anschlüsse
Holzverbindungen
Stahlverbindungen
Betonverbindungen
Anschlüsse zwischen Bauteilen unterschiedlicher Zusammensetzung
Entwurf von Anschlüssen
4 Baustruktur
Drei Bauweisen: Räume und Beziehungen zwischen Räumen
Primär- und Komplementärsystem, raumbildende Mittel
Massiv- oder Zellenbauweise
Beispiele für die Massivbauweise
Scheibenbauweise
Beispiele für die Scheibenbauweise
Skelettbauweise
Beispiele für die Skelettbauweise
Horizontale räumliche Beziehungen
Räume teilen
Räume vervielfältigen
Räume verbinden
Vertikale räumliche Beziehungen
Räume vervielfältigen
Räume verbinden
Anhang
Autoren
Auswahlbibliografie
Register
Bildnachweis

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Bauteile und Verbindungen Prinzipien der Konstruktion

Meinen Lehrern Leen Hulsbos und Ruud Sackman zugeeignet.

Maarten Meijs, Ulrich Knaack

Bauteile und Verbindungen Prinzipien der Konstruktion

Birkhäuser Basel · Boston · Berlin

Wir danken der Technischen Universität Delft für die finanzielle Unterstützung dieser Publikation ebenso wie Frau Ria Stein für ihr Lektorat. Unser Dank gilt auch Tillmann Klein, Jorien Diemel und Henk Mihl für Recherchen, Textarbeit sowie Zeichnungen. Die Zeichnungen wurden erstellt von Jorrit Verduin, Vincent van Sabben, Farhan Alibux, Somayeh Chitchian und Jean-Paul Willemse.

Graphisches Konzept und Covergestaltung: Oliver Kleinschmidt, Berlin Layout und Satz: Medien profis, Leipzig Dieses Buch ist auch in englischer Sprache erschienen: ISBN 978-3-7643-8669-6 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. © 2009 Birkhäuser Verlag AG Basel ∙ Boston ∙ Berlin Postfach 133, CH-4010 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF ∞ Printed in Germany ISBN 978-3-7643-8668-9

9 8 7 6 5 4 3 2 1 www.birkhauser.ch

I n h a lt

7 | 1 Einleitung Ulrich Knaack 11 | 2 Bauteile 11 | Eigenschaften und Funktionen von Bauteilen | 11 Trennende Funktion 12 | Tragende Funktion 13 | Eigenschaften und Leistungsgrad 14 | Regelbare und aktive Systeme 16 | Dichtheit und Durchlässigkeit von Konstruktionen | 18 Lichtundurchlässige Konstruktionen 22 | Schichtenaufbauten 25 | Lichtdurchlässige Konstruktionen 29 | 29 | 29 | 30 | 31 | 41 | 47 | 49 | 58 |

Tragverhalten Kraft und Spannung Elastizität Knicken Überspannungen Horizontale Konstruktionen Öffnungen in Decken Vertikale Konstruktionen Öffnungen in Wänden

61 | 3 Verbindungen 62 | Interne und externe Anschlüsse 62 | Interne Anschlüsse 63 | Externe Anschlüsse 64 | Art und Funktion der Anschlüsse 64 | Fugenbildung durch Positionierung der Bauteile 67 | Fugenbildung durch die Form der Bauteile 71 | Fugenbildung durch das Material der Bauteile 71 | Position der Anschlüsse 71 | Toleranzen 74 | Justierung 77 | Fixierung 77 | Verschiebliche Auflager, Gelenke, Einspannungen 78 | Fixieren durch Position, Form oder Material 85 | Fixieren von Schichten, Verbundplatten und Schalen 92 | 92 | 93 | 94 |

Formungsverfahren Basisformung Umformungen Trennende Verarbeitung

95 | 95 | 97 | 98 |

Material und Anschlüsse Holzverbindungen Stahlverbindungen Betonverbindungen

100 | Anschlüsse zwischen Bauteilen unterschiedlicher Zusammensetzung 101 | Entwurf von Anschlüssen

102 | 4 Baustruktur 102 | Drei Bauweisen: Räume und Beziehungen zwischen Räumen 103 | Primär- und Komplementärsystem, raumbildende Mittel 105 | Massiv- oder Zellenbauweise 106 | Beispiele für die Massivbauweise 112 | Scheibenbauweise 114 | Beispiele für die Scheibenbauweise 119 | Skelettbauweise 121 | Beispiele für die Skelettbauweise

126 | 126 | 128 | 132 |

Horizontale räumliche Beziehungen Räume teilen Räume vervielfältigen Räume verbinden

133 | Vertikale räumliche Beziehungen 133 | Räume vervielfältigen 135 | Räume verbinden Anhang 138 | Autoren 139 | Auswahlbibliografie 140 | Register 143 | Bildnachweis

1 | Einleitung Ein Buch zum Thema Bauteile und Verbindungen – warum? In zahlreichen Nachschlagewerken der Baukonstruktion werden die einzelnen Elemente eines Gebäudes wie Geschossdecken, Dächer, Balken, Außenwände, Innenwände, Türen, Fenster, Balkone und Treppen erklärt und es werden standardisierte Detaillösungen vorgestellt. Das vorliegende Buch betrachtet die Bauteile nicht einzeln, sondern geht von den Funktionen aus, die eine Konstruktion als Ganzes erfüllen muss. Sie bildet Raum, bietet Wetterschutz, schützt vor Außeneinflüssen wie Wärme oder Kälte, erlaubt und verhindert Lichteinfall und vieles mehr. Diese Funktionen des Gesamtgefüges werden im Wesentlichen von ihren Einzelteilen, den Bauelementen erbracht. Dieses Buch erläutert wie die Bauteile dies leisten. Ziel des Buches ist eine Einführung zum Thema Baukonstruktion, um Funktionsprinzipien und Anforderungen einerseits mit den konstruktiven Möglichkeiten andererseits zu verknüpfen. So entsteht ein ganzheitliches Bild, das dem Leser die Möglichkeit gibt, die einzelnen Prinzipien zu verstehen und zu Konstruktionen zusammenzuführen. Es geht um den bauteilbezogenen Zusammenhang von Funktion und Konstruktion – nicht um isolierte Komponenten. Ausgehend von den Komponenten wird dann die Frage des Anschlusses von Bauteilen untereinander geklärt. Es werden verschiedene Verbindungstypen vorgestellt – wiederum nicht im Sinne von Detaillösungen, sondern im Sinne eines übergeordneten Systems und gemäß verschiedener Ordnungskriterien. Mit diesem Hintergrund, quasi dem Wortschatz und der Grammatik des Konstruierens, werden abschließend Bauweisen erläutert. So ergibt sich, ausgehend vom Einzelteil und dessen Fügung, die Möglichkeit der Komposition zur konstruktiven Antwort auf eine Fragestellung – ein integraler Prozess im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung und Lösung. Die Erscheinungsform eines Gebäudes und die Komposition der einzelnen Bauteile wird durch eine große Anzahl von Faktoren bestimmt: Ästhetik, Mode, Ort und regionale Bezüge, Ausführungsmöglichkeiten, Ökonomie und gesetzliche Richtlinien. In jedem Fall werden allerdings zwei Hauptfunktionen erfüllt: Stabilität und Tragfähigkeit zum einen und Durchlässigkeit und Dichtigkeit gegenüber Außeneinflüssen zum anderen. Wie die einzelnen Komponenten zusammengesetzt sind und technisch ihre Funktionen erfüllen, wird in diesem Buch im Kapitel „Bauteile“ besprochen. Im Kapitel „Anschlüsse“ werden die möglichen Verbindungen nach verschiedenen Kriterien geordnet vorgestellt: nach ihrer Anordnung zwischen zwei Bauteilen, nach dem Material der Bauteile sowie der Form der Bauteile. Im letzten Kapitel „Baustruktur“ werden dann die drei grundlegenden Bauweisen Massiv-, Scheiben- und Skelettbauweise erklärt sowie das Zusammenspiel von Primär- und Komplementärsystem erläutert. Sowohl horizontal als auch vertikal sind Bauteile Teil einer Gesamtkonstruktion und definieren das Erscheinungsbild des Gebäudes. Jedes der Bauteile hat seinen eigenen Aufbau, der aus mehr oder weniger vielen Schichten besteht. Neben der Art und Dimension des Materials ist die an die Funktion gekoppelte Positionierung wesentlich für das Erreichen der Funktionserfüllung. Die Prinzipien hierfür werden in diesem Buch erläutert. Neben der Funktion des Raumabschlusses haben die Bauteile auch die Aufgabe, Zugänglichkeit oder Ausblick zu gewährleisten. Diese können ganz verschiedene Formen annehmen und sind letztendlich ästhetische Entscheidungen Der Entwerfer beeinflusst die Funktionsweise der Gesamtkonstruktion durch die Wahl der Materialien, der Abmessungen und der Zusammenstellung der Bauteile sowie ihrer Positionierung. Dieser Optimierungsprozess ist ein Teil des Entwerfens. E I N LE ITU NG

7

Der Ansatz, die Funktion der Bauteile und Anschlüsse zum Ausgangspunkt ihrer Beschreibung zu machen, ist aus verschiedenen Gründen hilfreich: Zum einen sind Bauteile einer historischen Entwicklung unterworfen. Im Laufe der Zeit sind verschiedene Bauelemente entstanden und zum Teil auch wieder verschwunden, sei es aufgrund von verändertem Wissen oder aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen wie beispielsweise durch die Verschiebung vom Materialkosten und Arbeitslohn gegeneinander. Auch Umwelt- und Energieaspekte haben Art und Form der Bauteile verändert. Dieser Prozess verläuft kontinuierlich, allerdings durch die hohen Kosten für Neuentwicklungen langsam. Jede Auflistung einzelner Komponenten würde unweigerlich zu einer umfangreichen und gleichzeitig schnell veraltenden Dokumentation führen, im welcher obendrein nur der Status Quo beschrieben würde. Auch die Abgrenzung zwischen Bauteilen ist bei der neueren Architektur nicht mehr klar zu treffen. Während in mancher Literatur der Unterscheid zwischen Dach und Wand anhand des Winkels von 75° definiert wird, wird diese Unterscheidung beispielsweise bei der „Blob“-Architektur (binary large objects) komplett hinfällig. Bei der frei geformten Architektur lässt sich nicht mehr sinnvoll zwischen Dach und Wand differenzieren. Auch die für Dach und Wand unterschiedliche Belastung aus Eigengewicht oder Windkräften, durch Regen oder Sonneneinstrahlung, ist eben nicht eindeutig horizontal oder vertikal zu definieren, sondern durchaus graduell (1). Üblicherweise werden bestimmte Materialien und Bauteile für horizontale oder vertikale Konstruktionen verwendet – das bedeutet aber nicht, dass diese ausschließlich so eingesetzt werden müssen und nicht doch auch anders angewendet werden können.

1

Krafteinwirkung auf Flächen Sowohl in der horizontalen als auch der vertikalen Ebene sind innerhalb der Fläche und senkrecht zur Fläche Kräfte wirksam.

8

E I N LE ITU NG

In diesem Buch beschäftigen wir uns im Wesentlichen mit den Grundlagen der Konstruktionen und erläutern deren Prinzipien – auch um zu zeigen, wie sich Aufbauten voneinander unterscheiden. Beispiele für die Gleichheit von Wand- und Dachkonstruktion sind das Sainsbury Centre in Norwich von Sir Norman Foster (2), das Kaufhaus Peek & Cloppenburg von Renzo Piano in Köln (3), sowie das Zugangsgebäude von MVRDV für das Naturschutzgebiet Hoge Veluwe in den Niederlanden (5). Auch der Unterschied zwischen Innen- und Außenwänden ist nicht immer eindeutig: Bei einem Gebäude mit integrierter Garage beispielsweise muss die Wand zwischen Garage und Haus zwar thermisch isoliert sein, aber nicht niederschlagsbeständig.

2

Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1978 Dach und Wand haben den gleichen konstruktiven Aufbau.

3

Kaufhaus Peek & Cloppenburg, Köln, Renzo Piano, 2005 Dach und Wand bilden eine Freiform.

E I N LE ITU NG

9

Die Strukturierung von Wissen ist ein Prozess, welcher dem Leser, dem späteren Anwender, die Möglichkeit gibt, seine Kenntnisse zielgerichtet zu verwenden. Es geht dabei um das Erkennen der Prinzipien, damit neben der Nutzung von bekanntem Wissen auch zukünftige Fragestellungen auf ihre Kernproblematik reduziert werden können. Aus diesem Wissen ist es dann möglich, neue Lösungen zu entwickeln, jenseits von bereits Erprobtem. Dies ist aus zwei Gründen belangreich: Zum einen dienen Innovationen dazu, leistungsfähigere Lösungen zu erreichen, zum anderen besteht die Notwendigkeit, auf neue und sich stetig verändernde Umstände zu reagieren. Die Katalogisierung von Wissen ist zwar eine Hilfe zum Erkennen des Bestehenden, aber erst die Strukturierung von Wissen unterstützt die eigenständige Entwicklung – einer absoluten Notwendigkeit, sowohl für den Einzelnen im Sinne seiner Leistungsfähigkeit als auch für die Gemeinschaft im Sinne der Lösung drängender Probleme. Die gewählte Systematik zur Organisation des Wissens betrachtet die Baukonstruktion aus drei Richtungen, um einen „Wissensraum” als dreidimensionales Koordinatensystem zu generieren (4). Dieser bietet, jeweils aus den verschiedenen Richtungen betrachtet, die Möglichkeit der Systematisierung des Wissens. So können beispielsweise Konstruktionstypen diesen „Wissensraum“ gliedern und so Prinzipien erkennbar machen. In gleicher Weise kann dann mit Materialien und Gebäudefunktionen umgegangen werden, um aus verschiedenen Blickrichtungen das einzelne Objekt zu bewerten.

Primärsystem Massivbauweise Skelettbauweise Scheibenbauweise Komplementärsystem Wand Dach Funktion Wohnungsbau Bürobau Industriebau

4

Material Stein Ziegel Beton Glas Stahl Holz Kunststoff

Wissensraum der Konstruktion Das dreidimensionale Koordinatensystem schafft ein Abbildungsmodell für die drei konstruktionsbestimmenden Ebenen. 5

Zugangsgebäude Naturschutzgebiet Hoge Veluwe, Schaarsbergen, Niederlande, MVRDV, 1996 Das Holzdach geht in die Außenfassade über.

10

E I N LE ITU NG

2 | Bauteile Eigenschaften und Funktionen von Bauteilen

Der Begriff Konstruktion bezeichnet hier somit die Gesamtheit

Gebäude sind traditionell aus Fußböden, Dächern, Stützen, Außen-

der im Bau verwendeten Elemente und ist nicht auf das Trag-

wänden, Innenwänden, Türen, Fenstern, Balkonen, Treppen und

werk beschränkt. Das Tragwerk ist jene Teilmenge der Konstruk-

anderen Elementen aufgebaut. Jedes davon besteht seinerseits

tion, welche bestimmend für die Erhaltung der Gesamtheit die-

aus einer Vielzahl kleinerer Produkte und Werkstoffe. Im Grunde

ser Konstruktion ist. Die einzelnen Bestandteile eines Gebäudes

genommen handelt es sich bei all diesen Bauteilen um „Kompo-

bilden ein – in Bezug auf die Funktion des Tragens – hierarchi-

nenten“, um Bestandteile eines Ganzen, nämlich des Gebäudes.

sches System. Die Bauteile an der Spitze dieses Systems kann

In diesem Buch werden Gebäude nur auf der obersten Ebene

man als tragkonstruktiv bezeichnen; ihre Existenz ist nicht von

ihres Aufbaus beschrieben: Es geht um die raumumschließen-

den Teilen abhängig, die sich an einer nachgeordneten Stelle im

den Flächen, ob sie nun horizontal, vertikal oder schräg angeord-

System befinden. Alle Teile eines Gebäudes sind tragend, weil

net sind. Alle Elemente des Gebäudes lassen sich als raumum-

sie der Schwerkraft ausgesetzt sind; nicht jedes Teil jedoch ist

schließende Fläche – oder als Teil davon – betrachten. Um den

wesentlich für den Erhalt der Gesamtkonstruktion.

Aufbau richtig verstehen zu können, muss man wissen, welche Funktionen diese Komponenten innerhalb des Ganzen besitzen.

Die Hauptfunktion einer Konstruktion besteht darin, als durchlässige Membran zwischen zwei aneinander grenzenden Räumen zu wirken. Einflüsse wie Licht, Wärme, Schall, Regen oder Wind,

Trennende Funktion

die auf eine Konstruktion treffen, können von dieser reflektiert,

Die Abtrennung eines Raums von dem umgebenden natürlichen

absorbiert oder durchgelassen werden. Die Summe der reflek-

Raum versetzt uns in die Lage, in diesem abgetrennten Raum

tierten, absorbierten und durchgelassenen Energie und Materie

Bedingungen zu schaffen, die für uns sicherer, gesünder und

entspricht immer jener Energie- und Materiemenge, die von au-

angenehmer sind als die in dem natürlichen Raum herrschenden

ßen auf das Gebäude trifft. Wird die Energie oder die Materie

Bedingungen. In diesem Raum werden bestimmte natürliche

reflektiert und/oder durchgelassen, so wird sie dabei möglicher-

oder künstliche Einflüsse ferngehalten – zum Beispiel Regen –

weise verändert und abgelenkt oder gestreut (1).

oder gedämpft, wie etwa Verkehrslärm. Darüber hinaus können wir uns innerhalb dieses Raums von anderen Personen absondern oder mit ihnen zusammenkommen. In diesem abgetrennten Raum können wir Tätigkeiten entfalten, die für die Natur oder andere schädlich, riskant oder störend sind. Die trennende Konstruktion ist ein Medium zwischen dem natürlichen Raum und dem bewohnbar gemachten Ort. Unter einer Konstruktion ist eine aus materiellen Teilen bestehende Einheit zu verstehen, wobei diese Teile auch unabhängig von der Konstruktion existenzfähig sind und wobei die spezifischen Material- und Formeigenschaften der Teile oder Komponenten innerhalb der Konstruktion größtenteils erhalten bleiben und einen bestimmten Teil der konstruktiven Funktionen erfüllen. Beispiele für Objekte, bei denen es sich nicht um eine Konstruktion handelt, sind:  eine

homogene Platte oder Scheibe (besteht nicht aus mehre-

ren Teilen)  eine

mit einem Anstrich beschichtete Platte (die Farbschicht

kann nicht selbständig existieren)  ein

Zweikomponentenkleber (besteht zwar aus zwei Teilen aber

der Klebstoff allein kann nicht sinnvoll existieren)

Reflektion

Absorption

Durchlässigkeit

1

Reflektieren, absorbieren und durchlassen Nicht nur Licht, das auf Glas trifft, sondern alle Außeneinflüsse werden von einer Konstruktion reflektiert, absorbiert oder durchgelassen.

BAUTE I LE

11

Tragende Funktion Außeneinflüsse wirken sich sowohl auf der Innen- als auch der

Konstruktionen müssen dauerhaft standfest sein. Neben der

Außenseite der Konstruktion sowie auf die Konstruktion selbst

Schwerkraft wirken auch Windlasten oder unerwünschte Ereig-

aus (2). Beim Entwurf einer Konstruktion wird das Verhältnis

nisse wie Kollision, Brand und Explosion auf Gebäude ein. Jede

zwischen reflektiertem, absorbiertem und durchgelassenem An-

Konstruktion muss mindestens das eigene Gewicht abstützen,

teil der äußeren Einflüsse ermittelt. Dies geschieht mit dem Zweck,

oft aber auch andere Teile des Gebäudes tragen; diese Funktion

die Bedingungen des Raums auf mindestens einer der Seiten

einer Konstruktion ist die Tragfunktion. Die Summe der tragen-

dieser Konstruktion zu beeinflussen. Soll eine Konstruktion ent-

den Eigenschaften sorgt für den Ausgleich aller Kräfte, die inner-

worfen werden, so muss deshalb Folgendes bekannt sein:

halb und außerhalb eines Gebäudes auf dieses wirken. Keines

 Welche

der zuvor beschriebenen Bauteile kann sich der Einwirkung von

Quantität und Qualität hat die Energie oder Materie,

die reflektiert, absorbiert oder durchgelassen werden soll?  Welche

Bedingungen werden an der Innenseite – auf der kli-

matisierten Seite – der Konstruktion gewünscht? Dafür benö-

Kräften entziehen, allein schon weil kein Objekt der Schwerkraft entkommen kann. Die Tragefunktion kann anhand der folgenden Eigenschaften beschrieben werden (3).

tigt man Kenntnisse über die Bedingungen, unter denen sich ein Mensch wohl fühlt oder unter denen bestimmte Verfahren

Festigkeit

optimal durchgeführt werden können. Die Anforderungen, die

Alle Teile einer Konstruktion müssen über eine ausreichend hohe

von einem (inneren oder äußeren) Raum zu erfüllen sind, wer-

Festigkeit verfügen; sie dürfen unter dem Einfluss der auftreten-

den manchmal in Gesetzen oder Normen festgelegt; oft kom-

den Belastung nicht versagen.

men ergänzend Forderungen des Bauherrn hinzu.  Mit

welcher Konstruktion lässt sich der gewünschte Unter-

Stabilität

schied zwischen den Bedingungen erreichen? Um dies heraus-

Alle Teile einer Konstruktion müssen stabil oder standfest sein:

zufinden, sind Kenntnisse bezüglich der Art und Weise erfor-

Die Konstruktion als Ganzes darf nicht umstürzen oder sich ver-

derlich, in der Außen- und auch Inneneinflüsse von Materialien

schieben; die einzelnen Teile dürfen nicht kippen.

gefiltert werden können.  Welche

möglichen (negativen) Effekte treten auf, wenn die

Konstruktion den Einflüssen ausgesetzt ist?  Welche

Auswirkungen ergeben sich für die nicht-klimatisierte

Seite?

Steifigkeit Alle Teile einer Konstruktion müssen ausreichend steif sein; sie dürfen sich nicht stärker verformen, als dies für den Gebrauch der Konstruktion akzeptabel ist.

Oft gilt das Augenmerk des Planers den Bedingungen, die später in dem von ihm entworfenen Raum herrschen werden. Die Bedingungen außerhalb des von ihm geschaffenen Raums bleiben dabei unbeachtet. Die Berücksichtigung der Bedingungen im Außenbereich wird manchmal vom Gesetzgeber vorgeschrieben; in vielen Bereichen jedoch fehlen gesetzliche Bestimmungen wie zum Beispiel bei erhöhter Windgeschwindigkeit um Auswirkung auf den Innenraum

hohe Gebäude oder Reflektionen durch spiegelnde Verglasung. Außeneinflüsse

2

Auswirkungen auf Raumbedingungen und Konstruktion Jeder Außen- oder Inneneinfluss hat Auswirkungen auf die Konstruktion selbst sowie auf die Räume zu beiden Seiten der Konstruktion.

12

B auteile

Auswirkung auf die Konstruktion

Auswirkung auf den Außenraum Auswirkung auf die Konstruktion

Inneneinflüsse

Auswirkung auf den Innenraum

Eigenschaften und Leistungsgrad eine funktion ist die beabsichtigte Wirkung (eines Teils) der Konstruktion. dabei ist zwischen objektiven und subjektiven funktionen zu unterscheiden. die funktion eines dachs zum Beispiel ist den Regen abzuhalten, die der Tür, Zugang zum Gebäude zu gewähren. Objektive funktionen beziehen sich auf quantifizierbare Größen, subjektive funktionen auf nicht quantifizierbare Größen. ein Beispiel: das Wort „warm“ kann als objektiver Ausdruck verwendet werden; 38 °C ist warm. Was hingegen mit einem „warmen“ interieur gemeint ist, lässt sich weniger eindeutig definieren. Bei der Beschreibung des Leistungsgrads werden nur objektive funktionen berücksichtigt; sobald diese definiert sind, müssen sie in eine Anforderung für die verschiedenen Komponenten übersetzt werden. die Anforderung kann sich auf die eigenschaften der Kon-

a

b

c

3

Die tragende Funktion ist die Summe aus Festigkeit, Stabilität und Steifigkeit Bei unzureichender festigkeit kommt es zum Bruch (a), bei zu geringer Stabilität zum Kippen (b) und bei ungenügender Steifigkeit zum Biegen (c).

struktion beziehen. die eigenschaften sind jene Merkmale der Konstruktion, von denen sie eindeutig charakterisiert wird. Sie beschreiben ihre Ausdehnung – form und Größe – und ihre Materialität (4). der Leistungsgrad, also die Qualität, einer Konstruktion bezieht sich auf das Maß, in dem die eigenschaften dieser Konstruktion den Anforderungen entsprechen. die eigenschaften der Konstruktion werden vom Planer festgelegt und müssen die Anforderungen erfüllen (5). in den meisten fällen übertreffen Konstruktionen die gestellten Anforderungen: Sie verfügen über Leistungsreserven. diese Leistungsreserven kosten jedoch Geld. Konstruktionen können ferner weitere eigenschaften besitzen, die nichts zu der erfüllung der gestellten Anforderungen beitragen oder sich sogar nachteilig darauf auswirken. durch die optimale Gestaltung der Konstruktion soll versucht werden, ungewollte Leistungsreserven zu verringern und widersprüchliche Anforderungen in ausgewogener

4

Jedes Element der Konstruktion wird durch drei Merkmale charakterisiert Position, Ausdehnung (form und Größe) und Material

Weise zu berücksichtigen. die funktion einer Konstruktion lässt sich nicht eindeutig auf eine bestimmte Kategorie festlegen. Wenngleich man etwa oft von Tragwerken oder trennenden Bauteilen, zum Beispiel innen- und Außenwänden, spricht, so ist die funktion und sind vor allem die eigenschaften einer solchen Konstruktion nicht ausschließlich tragend oder trennend. So be-

eigenschaften

eigenschaften

funktionen

funktionen

b

c

eigenschaften

sitzt eine Geschossdecke sowohl tragende als auch trennende eigenschaften. die funktion, für die eine Konstruktion vorgesehen ist, wird

funktionen

von dieser oft nur in bestimmtem Maße erfüllt. die Ursache kann ein mangelhafter entwurf sein, mögliche Ursachen sind aber auch eine physikalische Unmöglichkeit oder wirtschaftliche erwägungen.

a 5

Die Beziehung zwischen Eigenschaften und Funktionen a die eigenschaften erfüllen nicht die Anforderungen. b die eigenschaften übertreffen bei Weitem die Anforderungen. c Optimierung von Anforderungen und eigenschaften

BAUTE I LE

13

Regelbare und aktive Systeme Solange zwischen zwei Räumen ein Temperaturgefälle vorhan-

Der Nutzer eines Gebäudes kann das Verhältnis zwischen Re-

den ist, findet ein Wärmeaustausch zwischen ihnen statt. Ein

flexion, Absorption und Transmission von Außeneinflüssen in

Tragwerk unterliegt, wenn es seine Funktion erfüllt, immer einer

bestimmten Fällen beeinflussen. So lassen sich beispielswei-

gewissen Verformung, mag sie auch nur äußerst gering sein.

se Fenster zwecks Belüftung öffnen oder mittels verstellbarer

Eine absolute Wasserdichtigkeit ist für ein Gebäude meistens

Sonnenschutzvorrichtungen der Lichteintrag verändern (6).

nicht erforderlich; ein Gebäude mit einer sehr guten Abdichtung

In manchen Gebäuden können Parameter wie Belichtung,

gegen Regen wird bei einer Überschwemmung trotzdem nass,

Akustik oder Belüftung auch durch aktive Systeme verändert

und eine völlige Abdichtung gegen Wasser ist sehr teuer.

werden.

6

Wohnungsbau Chassé-Gelände, Breda, Niederlande, OMA, 2000 Die laufend sich verändernde Stellung der regelbaren Sonnenschutzvorrichtung verleiht dem Gebäude ein lebendiges Aussehen.

14

B auteile

Ein Beispiel: Ein Teil der Sonnenenergie, die auf Gebäude trifft, wird von der Konstruktion absorbiert und danach allmählich wieder an die Umgebung oder den Innenraum abgegeben. Es gibt zahlreiche Entwicklungen, deren Ziel es ist, einen Teil der Energie, die auf die Hülle eines Gebäudes trifft, für die Nutzung innerhalb des Gebäudes zu verwerten, eventuell über den Umweg einer Zwischenspeicherung. Dazu gehören die photovoltaischen (PV) Zellen, mit denen das auftreffende Licht in elektrische Energie umgewandelt wird (7), sowie Sonnenkollektoren für die Erzeugung von Warmwasser (8). In Außenwänden mit Doppelverglasung wird die zwischen den beiden Fassadenschalen erwärmte Luft für die Raumheizung genutzt.

7

Akademie Mont-Cenis, Herne-Sodingen, Jourda & Perraudin, 1999 Solarzellen wandeln Licht in elektrische Energie um und dienen der Reduzierung des Sonnenlichteintrags.

8

Wohnhaus, Almere, Niederlande, B.J. van den Brink, 1986 Sonnenkollektoren wandeln Sonnenenergie in warmes Wasser um.

BAUTE I LE

15

Dichtheit und Durchlässigkeit von Konstruktionen Eine Konstruktion kann aus nur einer Materialschicht aufgebaut

In der unten stehenden Tabelle werden einige oft verwende-

werden. Allerdings ist dann jene Funktion, die von dem Mate-

te Baustoffe in Bezug auf ihre Wärmeleitfähigkeit (), Dichte,

rial am schlechtesten erfüllt wird, maßgebend für die Dicke der

Druckfestigkeit und Biegefestigkeit miteinander verglichen. Im

Konstruktion. Durch Kombination verschiedener Werkstoffe in

Laufe der Geschichte hat die Entwicklung von ursprünglich homo-

mehreren Schichten lassen sich die günstigen Eigenschaften

genen zu mehrschichtigen, mehrlagigen und mehrschaligen Kon-

eines jeden Materials nutzen. Dadurch werden die Baukosten

struktionen geführt.

gesenkt, weil einerseits die insgesamt benötigte Materialmenge

Die Erforschung und Herstellung von Werkstoffen, die in be-

geringer ausfällt und andererseits die Nutzfläche eines Raums

stimmter Hinsicht bessere Eigenschaften bieten, ermöglicht die

umso größer ist, je dünner die umhüllende Konstruktion ausge-

Erfüllung strengerer Anforderungen. In Verbundkonstruktionen

führt ist (9). Auch durch die geringere Masse der Konstruktion

kann jede einzelne Schicht eine ganz bestimmte oder mehrere

braucht die Festigkeit von Stützkonstruktionen wie etwa das Fun-

Funktionen erfüllen. Für eine kombinierte Anwendung in mehre-

dament nicht so hoch zu sein.

ren Schichten entscheidet man sich vor allem dann, wenn hohe

9

Materialoptimierung in einer schichtweise aufgebauten Konstruktion Ein 5  5 m großer Raum wird von einer 300 mm dicken Hohlmauer umschlossen. Die Bruttofläche beträgt 5,60  5,60 m = 31 m2. Die Wand ist aus 100 mm dickem Ziegelstein, 80 mm dickem Isolierschaum, einem 20 mm breiten Luftzwischenraum sowie noch einmal 100 mm dickem Ziegelstein aufgebaut. Der Wärmedämmwert von Luftspalt und Dämmstoff ist ungefähr zehnmal so hoch wie der von Stein. Um den gleichen Dämmwert mit einer massiven Ziegelsteinmauer zu erzielen, müsste man statt der 100 mm Dämmschicht mit Luftspalt eine 1.000 mm dicke Steinschicht aufmauern. Die Dicke der Konstruktion beträgt in diesem Fall 1.200 mm, die Bruttofläche 7,40  7,40 m = 55 m2: fast das Doppelte. Das Gewicht der Wand beträgt 160.000 kg statt rund 25.000 kg (ausgehend von einer Wandhöhe von 3.000 mm).

3 x 0,13m 3 x 0,1 0,1 mm 5m

55 mm

m 55 m

5m

5,60 m

5,60 5,60 mm

7,40 m 7,40 m

7,40 m



 [W/MK]

Dichte [kg/m3]

Druckfestigkeit [N/mm2]

Biegefestigkeit [N/mm2]

52

7.800

200

200

Aluminium

204

2.800

65

65

Granit

2,91

3.000

200

0

Beton, bewehrt, verdichtet

2,33

2.500

20

20

0,7

1.000

2

0

Nadelholz

0,17

550

6,5

7

Mineralwolle

0,04

35

0,2

0

Kunststoffschaum

0,035

20

0,3

0

Stahl

Porenbeton

16

B auteile

Anforderungen an eine Vielzahl von Funktionen gestellt werden.

Im Folgenden wird näher auf die Funktionsschichten und die

Konstruktionen können ihre Membranfunktion durch ihre Haupt-

Reihenfolge eingegangen, in der diese Schichten in einer Kon-

eigenschaften Form und Material erfüllen sowie durch die Anord-

struktion vorzugsweise anzuordnen sind. Danach werden mehrere

nung der einzelnen Schichten. Diese Anordnung der einzelnen

Beispiele beschrieben, an denen ersichtlich ist, welchen Einfluss

Schichten zueinander ist für das ordnungsgemäße und dauer-

die Eigenschaften bestimmter Materialarten auf die Gesamt-

hafte Erfüllen der Funktionen sehr wichtig. Wichtig ist in diesem

konstruktion haben. Es ist Aufgabe des Planers, die optimale

Zusammenhang der Begriff Funktionsschicht: Eine Funktions-

Kombination, Reihenfolge und Dicke der Materialien festzulegen.

schicht in einer Konstruktion ist eine Schicht, von der eine be-

Dabei dienen die Bauphysik, Werkstoffkunde und angewandte

stimmte Funktion dieser Konstruktion hauptsächlich erfüllt wird.

Mechanik als Hilfsmittel. Ohne diese Kenntnisse bleibt dem Pla-

Eine Funktionsschicht ist nicht das Gleiche wie eine Material-

ner nichts anderes übrig, als herkömmliche Konstruktionen anzu-

schicht. Diese kann mehrere Funktionen erfüllen, während um-

wenden, und hat er nicht die Möglichkeit, technische Verbesse-

gekehrt eine Funktion von verschiedenen Materialien übernom-

rungen vorzunehmen oder bestimmte ästhetische Wünsche, die

men werden kann.

sich mit herkömmlichen Bauweisen nicht realisieren lassen, in

Der Unterschied zwischen den beiden Begriffen ist wichtig,

einen konstruktiven Entwurf umzusetzen.

weil nicht so sehr die Art der Materialien entscheidend für die Reihenfolge ist, in der diese in einer Konstruktion eingesetzt werden, sondern die Funktion, die das Material in dieser Konstruktion erfüllt. In der Fassadenfläche kann die Funktionsschicht das Material wechseln, zum Beispiel durch den Übergang von Mauerwerk zu Fensterrahmen zu Glas. Ungeachtet des Materials hat die äußere Schicht stets eine Regenschutzfunktion. Während Materialschichten auf einen bestimmten Bereich innerhalb der Trennkonstruktion beschränkt sind, verteilen sich Funktionsschichten kontinuierlich über das ganze Gebäude, auch über Geschossdecken, Wände und Dächer. Unterbrechungen in diesen Schichten sind „Leckstellen“: Wasserlecks, Luftlecks und Wärmelecks. Falls die Anordnung der Schichten in zwei benachbarten Bauteilen (z. B. Wand und Dach) sich aus technischen, wirtschaftlichen oder ästhetischen Gründen voneinander unterscheidet, muss der Verbindung zwischen diesen Bauteilen große Beachtung geschenkt werden, weil dabei im Prinzip immer eine der Schichten unterbrochen wird (10).

10

Unterbrechung von Funktionsschichten Der Träger ist verschieden positioniert (Dach innen, Fassade außen) und durchbricht dabei sowohl die Wärmedämmschicht als auch die Dampfsperre.

BAUTE I LE

17

Lichtundurchlässige Konstruktionen Tragende Schicht In einer Wand, einer Decke und einem Dach ist immer ein Träger

Anordnung: Wie die obige Erläuterung zeigt, lassen sich die

vorhanden oder ein Material bzw. Materialverbund, der die tra-

Funktionen Tragen und Dämmen nur schwer von ein und dem-

gende Funktion erfüllt und die darauf einwirkenden horizontalen

selben Werkstoff erfüllen. Es ist zwar durchaus möglich, ein in

und vertikalen Kräfte, das heißt Belastungen durch Wind, durch

der Praxis meistens in tragender Funktion verwendetes Mate-

Menschen und durch andere Materialschichten und Eigenge-

rial auch als Dämmstoff einzusetzen, doch die Konstruktion wird

wicht, auf das Fundament überträgt. Bei der Schicht kann es

dabei erheblich dicker als bei einer Verteilung der Funktionen

sich um eine zusammenhängende Fläche handeln oder um ein

auf verschiedene Werkstoffe. Andererseits wurden schon Häu-

Rahmentragwerk aus linearen Elementen mit einer Füllung von

ser gebaut, in denen Polystyrol (Styropor) oder Strohballen kon-

untergeordneter Bedeutung.

struktive Elemente bildeten.

Wärmedämmung

Schicht angebracht, so wird die tragende Schicht relativ starken

Funktionsweise: Wärme kann auf drei Wegen übertragen wer-

Temperaturschwankungen ausgesetzt. Bei der Verbindung zwi-

den: durch Strömung, durch leitenden Kontakt und durch Strah-

schen jenen Teilen der tragenden Schicht, die, wie etwa Außen-

lung. Strömung ist nur bei Gasen und Flüssigkeiten möglich.

wände und Dächer, starken Schwankungen der Temperatur aus-

Wärmeleitung kann in jedem Material stattfinden, und für einen

gesetzt sind, und anderen Teilen wie Geschossdecken und

Wird das Dämmmaterial an der Innenseite der tragenden

Wärmeaustausch mittels Strahlung ist kein Medium erforderlich;

tragenden Innenwänden, die keinen großen Temperaturschwan-

er kann auch in einem Vakuum erfolgen. Wärmedämmung beim

kungen unterliegen, wird es durch die unterschiedlich starke

Bau bedeutet zumeist, dass die Wärmeleitung eingeschränkt

thermische Ausdehnung oder Schrumpfung der Konstruktion zu

wird. Manchmal finden auch Maßnahmen statt, die der Strahlung

Spannungen kommen (11). Darüber hinaus entstehen an diesen

entgegenwirken sollen. Nicht jedes Material besitzt die gleiche Wärmeleitfähigkeit. Die Leitfähigkeit kann durch die Verwendung von Materialien mit geringer Wärmeleitzahl herabgesetzt werden. Einer der besten und billigsten Isolatoren ist Luft. Allerdings muss die Luft stehen, weil es sonst zu einem Wärmeaustausch durch Strömung kommt. Die Dämmeigenschaften häufig verwendeter Baustoffe beruhen auf dem Prinzip der stehenden Luft, die in den Poren des Materials eingeschlossen ist. Durch ihren hohen Porenanteil besitzen Materialien mit einem hohen Dämmwert im Allgemeinen nur eine geringe mechanische Festigkeit. Ausnahmen sind unter anderem Porenbeton (ein mit vielen kleinen Gasporen versehener Beton) und Holz, das schon von Natur aus einen hohen Porenanteil aufweist; diese Materialien isolieren relativ gut und weisen eine relativ hohe Festigkeit auf. Wärmeverluste lassen sich auch durch eine Verringerung der Strahlungseinwirkung begrenzen. Der Wärmeaustausch infolge von Strahlung hängt von der Art des Materials ab, aber auch von dessen Farbe und dem Glanzgrad. Glatt poliertes Aluminium besitzt einen Emissionskoeffizienten von 0,1 gegenüber 0,98 bei einer schwarz beschichteten Oberfläche (auf einer Skala von 0 bis 1). Dieses Prinzip wird oft bei einer Doppelverglasung angewendet. An der Innenseite der Scheiben wird eine sehr dünne Metallschicht aufgedampft. Die Schichten sind so dünn, dass sie genügend Licht hindurchlassen. Diese Methode kann allerdings nur angewandt werden, wenn dauerhaft gewährleistet ist, dass die Schicht sauber bleibt – wie bei dem Luftspalt einer Doppelglasscheibe. 18

B auteile

11

Thermische Spannungen in der Verbindung zwischen tragenden Teilen Die Temperatur der Fassade kann durch Absorption deutlich über der Temperatur der Außenluft liegen. Dunkle Fassaden und Dächer können sich auf bis zu 60 °C erwärmen. Die innen liegende Geschossdecke ist deutlich kühler, wodurch thermische Spannungen an den Verbindungspunkten entstehen.

Anschlüssen Wärmebrücken, was zur Folge hat, dass Energie

Metalle, Glas, bituminöse Produkte, (künstlicher) Kautschuk und

verloren geht und die Gefahr der Oberflächenkondensation ent-

geschlossenporige Kunststoffe sind dagegen wasserundurch-

steht.

lässig. Sie können auf Flachdächern verwendet werden. Die An-

In den weitaus meisten Fällen wird die tragende Schicht in-

sprüche an die Fugen in den wasserdichten Schichten sind ver-

nerhalb des gedämmten Bereichs angebracht. Ist das Material

schieden. Auf Flachdächern müssen diese absolut wasserdicht

offenporig, so darf es nicht mit Wasser in Kontakt kommen, weil

sein, in vertikalen Konstruktionen spielt diese Anforderung keine

dieses dann in die Poren eindringen kann, was die Dämmwirkung

ganz so wichtige Rolle.

stark beeinträchtigt. Dämmstoffe wie Mineralwolle und Glas-

Die ästhetischen Ansprüche, die an Außenwände gestellt

wolle besitzen eine offenporige Struktur und absorbieren sehr

werden, sind im Allgemeinen höher als bei Dächern, was auch

leicht Wasser. Die am häufigsten für die Wärmedämmung ver-

weitgehend erklärt, weshalb für die gleiche Funktion unterschied-

wendeten Kunststoffschäume zersetzen sich unter Einwirkung

liche Werkstoffe gewählt werden.

von UV-Strahlung. Darüber hinaus erfüllen Dämmstoffe oft nicht die ästhetischen Ansprüche, die an die (sichtbare) Außenfläche

Anordnung: Die wasserabweisende Schicht befindet sich fast

einer Konstruktion gestellt werden. Diese Materialeigenschaften

immer an der Außenseite einer Konstruktion. Sie schützt die da-

führen dazu, dass die wärmedämmende Schicht fast immer hin-

hinter oder darunter befindliche Konstruktion vor den schädli-

ter der Regenschutzschicht angebracht wird. Eine Ausnahme

chen Einflüssen von Niederschlägen. Diese äußere Schicht hat

bildet das Umkehrdach (19).

oft auch die Aufgabe, UV-Strahlung zurückzuhalten, und muss

Beim Umkehrdach ist die Wärmedämmschicht auf der was-

mechanischer Einwirkung gut widerstehen können. In vielen Fäl-

serdichten Schicht angebracht. Der große Vorteil besteht darin,

len richtet sich die Wahl des Materials für diese äußere Schicht

dass sich an der Unterseite der Wasserschutzschicht kein Kon-

in wesentlichem Maße nach ästhetischen Ansprüchen. Schmutz-

denswasser bildet, weil die Temperatur in diesem Bereich unge-

beständigkeit und Reinigungsfreundlichkeit sind ebenfalls wichti-

fähr der Innentemperatur entspricht und die dichtende Schicht

ge Kriterien.

vor mechanischer Beschädigung geschützt ist.

Dampfsperre und Luftdichtheit Regenschutz und Wasserdichtheit

Funktionsweise: Wasser kommt in der Atmosphäre in drei

Funktionsweise: Es werden zwei Arten von Werkstoffen ver-

Aggregatzuständen vor: gasförmig als Wasserdampf, flüssig als

wendet: absolut wasserdichte Materialien und Materialien, die

Regen und fest als Schnee und Hagel. Der Wasserdampfgehalt

mehr oder weniger porös sind. Bei der letztgenannten Kategorie

der Luft kann als Dampfdichte (kg/m 3) oder als Dampfdruck

beruht die Wasserschutzwirkung auf dem Prinzip der wechseln-

(N/m2) ausgedrückt werden. Wieviel Dampf in einer bestimmten

den Belastung durch Wasser, das sich an nassen Tagen nieder-

Luftmenge höchstens enthalten sein kann, hängt von der Tempe-

schlägt und an trockenen Tagen verdunstet. Weist ein Werkstoff

ratur ab: Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als

Poren auf, die größer als Wassermoleküle sind und miteinander

kalte Luft. Der Grad der Sättigung der Luft mit Wasserdampf wird

in Verbindung stehen, so absorbiert er Wasser. Durch Adhäsion

mit der relativen Luftfeuchtigkeit angegeben. Die relative Luft-

und Kapillarwirkung zieht das Wasser immer tiefer in das Ma-

feuchtigkeit gibt das Verhältnis zwischen dem tatsächlich gege-

terial ein und wird es auch nach oben gesogen; dies dauert so

benen Dampfdruck pw und dem bei einer bestimmten Temperatur

lange, bis ein Gleichgewichtszustand erreicht ist. Ziegelsteine,

erreichten Sättigungsdampfdruck ps wieder. Beträgt die relative

Natursteine, Dachziegel, Kalksandsteine und Beton sowie Holz

Luftfeuchtigkeit 100 %, so bedeutet dies, dass der vorhandene

mit in Längsrichtung verlaufender Faserrichtung sind porös und

Dampfdruck der Luft dem Sättigungsdampfdruck entspricht und

absorbieren in mehr oder weniger starkem Maße Wasser. Durch

die Luft die bei dieser Temperatur maximal mögliche Dampfmen-

eine abdichtende Beschichtung, etwa einer Glasur oder eines

ge aufgenommen hat. Die Temperatur, bei der die relative Luft-

Anstrichs, kann das Eindringen von Wasser verringert werden.

feuchtigkeit einen Wert von 100 % erreicht, wird als Taupunkts-

Wenn die Konstruktion ausreichend dick ist und nicht ständig

temperatur oder kurz Taupunkt bezeichnet. Sinkt die Temperatur

einem Wasserdruck ausgesetzt ist, kann das Wasser aus dem

unter den Taupunkt, so kann die Luft keinen zusätzlichen Was-

Material verdunsten, bevor es das Material durchdrungen hat.

serdampf mehr aufnehmen, was zur Kondensation des Dampfes

Auf horizontalen oder fast horizontalen Flächen sind Steinwerk-

führt. In der Atmosphäre entstehen dann Wolken oder, wenn die

stoffe oder Holz nicht zur Abdichtung gegen Wasser geeignet.

Temperatur unter dem Gefrierpunkt liegt, Eiskristalle. Kühlen die Wassertropfen oder Eiskristalle weiter ab, so werden sie schwerer und fallen in Form von Niederschlägen vom Himmel. BAUTE I LE

19

Auch an oder in Konstruktionen kann dieses Phänomen auftre-

(geschlossenporige) Schicht können die Funktion einer Dampf-

ten, wenn die Temperatur des Materials, mit dem die Luft in Be-

sperre erfüllen, sofern sich auch die Fugen und die Randabschlüs-

rührung kommt, unter dem Taupunkt liegt. Der Wasserdampf

se entlang der Materialien ausreichend gegen Flüssigkeit abdich-

kondensiert dann an dem kalten Material. Diese Vorgänge wer-

ten lassen. Die Anwendung poröser „wasserdichter“ Schichten

den als Oberflächenkondensation beziehungsweise innere Kon-

erweist sich im Hinblick auf das Problem der inneren Konden-

densation bezeichnet. Beide können zur Zersetzung des Mate-

sation in vielen Fällen als vorteilhaft.

rials (Verrottung, Korrosion, Frostschäden), zu Verschmutzung, zu einer Beeinträchtigung der Funktion (Eindringen von Wasser

Hohlraum: Zwischen zwei Schalen einer Konstruktion kann

in die Wärmedämmschicht) und zu gesundheitlichen Problemen

sich ein Hohlraum in Form eines Luftspalts oder ein verbinden-

(Bildung von Schimmelpilzen) führen und auf diese Weise große

des Material befinden. Durch einen Luftzwischenraum werden

Schäden verursachen.

die Funktionen der beiden Schalen entkoppelt, wobei allerdings fast immer eine mechanische Kopplung zwischen den beiden

Innere Kondensation: Bei Temperaturunterschieden inner-

Schalen existiert. In geschlossenen, das heißt lichtundurchläs-

halb eines Gebäudes kommt es zu einem Dampfaustausch, bei

sigen Teilen der Außenwand und des Dachs hat der Hohlraum

dem Feuchtigkeit von dem warmen in den kalten Raum wandert,

vor allem eine feuchtigkeitsregulierende Funktion. Die schall-

wenn die beiden Räume nicht luftdicht voneinander getrennt

dämmenden Eigenschaften einer Konstruktion werden durch

sind, zum Beispiel wenn poröse Materialien verwendet werden

den Luftspalt verbessert. Übersteigt die Wassermenge das

oder Undichtigkeiten in der Konstruktion vorhanden sind. Dampf,

Absorptionsvermögen der wasserabweisenden Außenschale,

der durch eine Wärmedämmschicht hindurchtritt, kühlt sich auf

so wird nach einiger Zeit auch die Innenfläche der Außenscha-

dem Weg von innen (warm) nach außen (kalt) ab. Wenn die Luft

le nass werden. Durch den Hohlraum soll vermieden werden,

die Taupunktstemperatur erreicht, kondensiert der darin enthal-

dass die Feuchtigkeit die Innenschale erreichen kann. Besteht

tene Dampf. Diese innere Kondensation lässt sich durch das An-

die Außenschale aus einem für Feuchtigkeit undurchlässigen

bringen einer dampfdichten Trennschicht auf der warmen Seite

Material, zum Beispiel aus Blech, so kann sich unter bestimm-

der Konstruktion vermeiden. Innere Kondensation stellt kein Pro-

ten Umständen Kondenswasser an der Innenfläche des Blechs

blem dar, wenn die Feuchtigkeit aus der Konstruktion verdunsten

bilden. Da die in dem Hohlraum vorhandene Luft wärmer ist als

kann, bevor sie Schaden anrichtet.

die Außenluft, steigt sie empor. Diese Luftströmung führt zu

Im Allgemeinen müssen die Schichten, die sich auf der war-

einem Wärmeaustausch zwischen der Außen- und der Innen-

men Seite der wärmedämmenden Schicht befinden, einen grö-

schale. Die Wärmedämmung einer zweischaligen Konstruktion

ßeren Dampfdiffusionswiderstand besitzen als jene Schichten,

mit Belüftungsspalt ist daher nicht besonders gut. Tritt Feuch-

die sich auf der kalten Seite einer Konstruktion befinden, um das

tigkeit durch eine schräge oder waagerechte Konstruktion hin-

Auftreten innerer Kondensation zu verhindern. Kondenswasser,

durch, so fließt das Wasser nicht an der Außenschale nach

das sich im Winter gebildet hat, muss während der warmen

unten, sondern es fällt auf die Isolierschicht. Diese muss mit

Monate verdunsten können. Wenn die Schichten auf der kalten

einer wasserdichten Schicht geschützt werden. Bei geneigten

Seite völlig undurchlässig für Feuchtigkeit sind, muss sich auch

Dächern kann sie dampfoffen ausgeführt werden, bei Flach-

auf der warmen Seite eine absolut dampfdichte Schicht befin-

dächern muss auch diese Schicht dampfdicht sein. Der Unter-

den, wobei nicht nur die Materialien selbst, sondern auch die

schied zwischen dampfdurchlässigen Wasserschutzschichten

zwischen diesen Materialien vorhandenen Anschlüsse dampfdicht

und wasserdichten Schichten hängt mit den unterschiedlichen

sein müssen.

Eigenschaften von Wasserdampf und Wasser zusammen. Was-

Dies ist von der Ausführung her nicht immer einfach, und Bau-

ser kann aufgrund seiner Oberflächenspannung nicht durch die

fehler lassen sich nur schwer orten. Die Verbindung dünner,

mikroskopisch kleinen Öffnungen dampfdurchlässiger Schichten

empfindlicher dampfdichter Folien miteinander und mit an-

dringen, vor allem dann nicht, wenn das Wasser schnell genug

schließenden Bauteilen ist oft schwierig. Die auf Flachdächern

abläuft. Die einzelnen Wassermoleküle des Wasserdampfs hin-

angewendeten wasserdichten Schichten sind ebenfalls immer

gegen gelangen durch die Poren. Wasserdichte Schichten sind

dampfdicht, was bedeutet, dass zur Vermeidung von innerer

weder für Wasser noch für Wasserdampf durchlässig.

Kondensation auch auf der warmen Seite eine Dampfsperre angebracht wird. Dabei braucht es sich nicht um eine separate Materialschicht zu handeln. Auch der Träger, der beispielsweise aus Stahlblech oder Beton sein kann, oder die wärmedämmende 20

B auteile

Schichtenaufbauten

Trennung von tragender und wärmedämmender Schicht

Schichten in horizontalen, vertikalen und geneigten Flächen kön-

Dieser Aufbau kann in sechs Typen unterteilt werden, die in der

nen auf unterschiedliche Weise aufgebaut werden, was jeweils

Folge kurz vorgestellt werden.

spezifische Vor- und Nachteile aufweist. Die einzelnen Typen lassen sich in einem Gebäude kombinieren.

1. Ohne Hohlraum und mit durchgehender wasserdichter Schutzschicht (13):

Einlagiger Aufbau

Diese wasserdichte Schicht ist zum Beispiel Bitumen, PVC

Hier erfüllt eine einzige Schicht alle Funktionen (12). Die Abdich-

oder Kunstkautschuk auf dem Dach oder eine Putzschicht an der

tung gegen Wasser ist stark von den Fugen im Material abhän-

Wand. Inwiefern in der Wand eine Dampfsperre erforderlich ist,

gig. Bei fugenlosen Werkstoffen wie zum Beispiel Ortbeton ist

hängt davon ab, wie dampfundurchlässig die äußere Schicht ist.

die Gefahr einer Rissbildung und darauf folgenden Undichtigkeit

Auf der horizontalen und geneigten Fläche ist die äußere Schicht

groß, vor allem in den geneigten und horizontalen Flächen.

absolut wasser- und wasserdampfundurchlässig; auf der warmen Seite der Konstruktion wird eine wirksame Dampfsperre benötigt, entweder in einer separaten Materialschicht oder in dem Träger oder der Wärmedämmschicht.

12

13

Einlagiger Aufbau Der einlagige Aufbau ist die einfachste Art der Konstruktion, kann allerdings auch die wenigsten Funktionen erfüllen.

Trennung von tragender und wärmedämmender Schicht ohne Hohlraum und mit durchgehender wasserdichter Schutzschicht Dieser Aufbau wird bei Flachdächern oder Außenwänden mit Putzfassaden eingesetzt.

BAUTE I LE

21

2. Ohne Hohlraum und mit geschlossenen Fugen in der Schutz-

3. Mit belüftetem Hohlraum und geschlossenen Fugen in der

schicht (14):

Schutzschicht (15):

Die Dampfdurchlässigkeit nimmt, von der Innenseite zur

Je nach Fugenqualität benötigt die äußere Seite der Wärme-

Außenseite hin, üblicherweise immer mehr zu. Weil jedoch bei

dämmschicht in dieser Wand meistens keine feuchtigkeitsdichte

dieser Konstruktion die äußere Schicht der horizontalen und ge-

Schicht. Sollte Wasser in den Luftspalt eindringen, so fließt die-

neigten Fläche absolut wasserdicht sein muss, ist eine wirksame

ses, ohne dass es mit der Wärmedämmschicht in Berührung

Abdichtung gegen Wasserdampf an der Innenseite erforderlich,

kommt, im Hohlraum nach unten, wo es abgeleitet wird. In der

damit kein Kondensat in der Konstruktion entsteht. In der Wand

horizontalen und geneigten Fläche kann es sein, dass Leckwas-

kann die äußere Schicht dampfoffen ausgeführt sein, so dass

ser auf die Wärmedämmschicht gelangt, die damit ihre Wirkung

die Anforderungen bezüglich der Wasserdampfdurchlässigkeit

verlieren würde. Dort muss die Dämmschicht deshalb mit einer

auf der warmen Seite weniger streng ausfallen können. Die

dampfoffenen Wasserschutzfolie versehen werden. Durch Kälte-

Fugen stellen, insbesondere in der horizontalen und geneigten

strahlung können dünne Dacheindeckungen, zum Beispiel aus

Fläche, ein großes Undichtigkeitsrisiko dar. In der Wand können

Metall, sehr kalt werden und es droht an der Innenseite der Dach-

die Fugen so ausgebildet werden, dass Wasser nach außen ab-

haut Oberflächenkondensation. Das Kondensat kann gefrieren

geleitet wird. Wegen der Leckgefahr wird dieser Typ fast nur für

und beim Auftauen erhebliche Schäden verursachen. Auch des-

Wände eingesetzt.

halb ist eine wirksame Schutzschicht zur Abdichtung gegen und Ableitung von Wasser auf der Wärmedämmschicht erforderlich.

14

15

Trennung von tragender und wärmedämmender Schicht ohne Hohlraum und mit geschlossenen Fugen in der Schutzschicht Aufgrund der Leckgefahr wird diese Konstruktion bei Dächern nahezu gar nicht eingesetzt. Bei Außenwänden sind auf Polystyrol verklebte Fliesen ein Beispiel für diesen Aufbau.

Trennung von tragender und wärmedämmender Schicht mit belüftetem Hohlraum und geschlossenen Fugen in der Schutzschicht Dieser Aufbau wird häufig in Wandkonstruktionen verwendet, z. B. mit einer Verkleidung aus Metallplatten (Zink, Kupfer) oder Mauerwerk, und geneigten Dachformen, beispielsweise mit Dachziegeln. Durch die hohe Leckgefahr findet dieser Aufbau bei Flachdächern keinen Einsatz.

22

B auteile

4. Mit belüftetem Hohlraum und offenen oder überlappenden

5. Wärmedämmschicht in der Tragkonstruktion mit belüftetem

Fugen in der Schutzschicht (16):

Hohlraum und offenen oder überlappenden Fugen in der Schutz-

Dieser Aufbau wird bei begehbaren Flachdächern und Fas-

schicht (17):

sadenverkleidungen aus Metall-, Holz-, Beton- oder Kunststoff-

Dieser Aufbau hat einen belüfteten Hohlraum und die Fassa-

platten eingesetzt. Die Schutzschicht schützt vor mechanischen

denbekleidung ist mit offenen oder überlappenden Fugen aus-

Einflüssen und UV-Strahlung und wird oft aus gestalterischen

geführt. Hinter beziehungsweise unter der Bekleidung ist eine

Gründen verwendet, da sie keine wasserabdichtende Funktion

Wasserschutzschicht erforderlich. In der Wand kann es sich da-

übernimmt. Auf dem Dach kann die Schutzschicht als Lauffläche

bei um eine dampfoffene Wasserschutzfolie handeln. Im Dach

fungieren, doch man kann sie auch weglassen, wenn die auf der

muss die Schicht absolut dicht sein. Dort ist dann auch an der

Wärmedämmschicht angebrachte Wasserschutzschicht die An-

Innenseite eine absolut dampfundurchlässige Abdichtung erfor-

forderungen an Festigkeit und UV-Beständigkeit erfüllt. Die auf

derlich. In Dächern – dem so genannten Kaltdach – wird diese

der Wärmedämmschicht der Wand angebrachte Wasserschutz-

Konstruktion nur noch selten angewendet, weil die Gefahr der

schicht muss nicht die gleichen Qualitätsanforderungen erfüllen

Kondenswasserbildung an der Innenseite groß ist. Die Ableitung

wie auf dem Dach, weil sie nicht direkt durch Wasser belastet

der in der Konstruktion sich ansammelnden Feuchtigkeit durch

wird. Dort reicht eine dampfoffene Wasserschutzfolie aus. Auf

Belüftung ist, anders als bei vertikalen Flächen, schwierig.

dem Dach hingegen muss eine hohe Wasserdichtigkeit gewährleistet sein, womit auch eine wirksame Dampfabdichtung erforderlich wird.

16

17

Trennung von tragender und wärmedämmender Schicht mit belüftetem Hohlraum und offenen oder überlappenden Fugen in der Schutzschicht Die Schutzschicht schützt vor mechanischen Einflüssen und UVStrahlung. Die wasserabweisende Schicht befindet sich darunter.

Wärmedämmschicht in der Tragkonstruktion mit belüftetem Hohlraum und offenen oder überlappenden Fugen in der Schutzschicht Der Aufbau wird in tragenden und nicht-tragenden Fassadenkonstruktionen meistens mit Holzpfosten verwendet.

BAUTE I LE

23

Umkehrdach 6. Wärmedämmschicht zwischen zwei Schalen (18):

Für die Wärmedämmschicht wird ein geschlossenporiger Kunst-

Die Außenschale ist wasserdicht, beständig gegen UV-Strah-

stoffschaum verwendet, in den kein Wasser eindringen kann

len und schlagfest. Die innen liegende Schicht muss deshalb

(19). Allerdings kann Wasser durch zwischen den Platten vor-

außerdem wasserdampfundurchlässig sein. Die Wärmedämm-

handene Fugen und entlang den Rändern eindringen. Die Plat-

schicht muss wasserdampfundurchlässig sein, oder es muss sich

ten können miteinander verklebt werden, um dies zu verhindern.

zwischen der inneren Schicht und der Wärmedämmschicht eine

Das eindringende Wasser bildet unter dem Dämmmaterial eine

wasserdampfundurchlässige Schicht befinden. Insbesondere die

dünne, wärmeleitfähige Schicht, doch dies stellt theoretisch kein

Anschlüsse zwischen den Platten in der horizontalen und der

Problem dar, weil nach wie vor die Wärmedämmschicht vorhan-

geneigten Fläche gestalten sich komplex und sind leckanfällig. In

den ist. Das in die Platten eindringende Wasser muss wieder

der vertikalen Fläche müssen die Fugen so ausgebildet werden,

verdunsten können. Der Kunststoffschaum wird durch den Kies-

dass sie abfließendes Wasser gut ableiten. Diese Konstruktion

ballast fixiert, der außerdem vor UV-Strahlung schützt. Eine aus-

wird in Form von Sandwichplatten angewendet, die in ein Stän-

reichende Dachneigung (mehr als 1%) ist Voraussetzung für

derwerk eingefügt werden.

eine ordnungsgemäße Funktion. Dieser Aufbau besitzt den weiteren Vorteil, dass sich das Dach schnell wasserdicht machen lässt.

18

19

Wärmedämmschicht zwischen zwei Schalen Diese Sandwichplatten werden hauptsächlich in Wandkonstruktionen eingesetzt. Aufgrund von Problemen mit der Wasserableitung und Leckgefahr gebraucht man sie seltener in geneigten Dächern und nahezu nie bei Flachdächern.

Umkehrdach Beim Umkehrdach wird die dämmende Schicht auf die dichtende Schicht aufgelegt, um diese vor Beschädigungen zu schützen. Allerdings muss dann der Dämmstoff UV-beständig sein oder selbst wiederum vor Sonneneinstrahlung geschützt werden.

24

B auteile

Lichtdurchlässige Konstruktionen Glas ist das bei weitem am häufigsten verwendete Material für

indem man eine transparente Kunststofffolie zwischen zwei Schei-

lichtdurchlässige Konstruktionen (20).

ben anbringt. Dadurch nimmt zwar die Festigkeit der Scheibe kaum zu, die Folie verhindert aber, dass das Glas bei einem

Tragkonstruktive Funktion

Bruch in lose Scherben zerfällt.

Seit Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hat es Experimente mit tragendem Glas gegeben (21). In den meisten

Lichtdurchlässigkeit

Fällen jedoch wird die Tageslichtöffnung nicht in erster Linie eine

Die Lichtdurchlässigkeit wird mit dem g-Wert angegeben, dem

tragende Funktion haben, sondern Teil des Komplementärsystems

Verhältnis zwischen der durch das Glas hindurchtretenden und

sein. Die Festigkeit von Glas ist sehr hoch und mit der von Stahl

der auf das Glas auftreffenden Lichtmenge. Wichtig ist ferner

vergleichbar, kann aber durch kleine Beschädigungen der Ober-

der Z-Wert oder Einstrahlungsfaktor, der für ein Verglasungssy-

fläche deutlich reduziert werden. Glas ist deshalb kein tragfähi-

stem das Verhältnis zwischen der durch das Glas hindurchtre-

ger Werkstoff, sondern gilt als zerbrechliches Material. Durch

tenden und der auf das Glas auftreffenden Sonnenstrahlung

thermische oder chemische Härtung kann die Festigkeit von

wiedergibt. Der g-Wert bezieht sich auf das sichtbare Licht, der

Glas gesteigert werden. Die Sicherheit lässt sich verbessern,

Z-Wert auf das gesamte Spektrum der Sonnenstrahlung, also auch Infrarot- und Ultraviolettstrahlung.

g

f

e

d c b

20

a

Möglicher Aufbau lichtdurchlässiger Konstruktionen mit Glas a Einzelverglasung b Verbundscheiben c Zwei Scheiben mit belüftetem Spalt d Wärmeschutzverglasung mit geschlossenem Spalt e Wärmeschutzverglasung mit geschlossenem Spalt und Metallbeschichtung an der Innenseite f Doppelhautfassade g Abluftfassade

BAUTE I LE

25

Wärmedämmung

Sonnenschutzvorrichtungen

Glas, und ebenso lichtdurchlässige Kunststoffe, besitzen eine

Wenn Sonnenenergie durch eine Glaskonstruktion hindurch in

hohe Wärmeleitfähigkeit. Durch die geringe Dicke, in der diese

einen Innenraum gelangt, werden Wände, Fußboden und Zim-

Werkstoffe verwendet werden, sind einschichtige lichtdurchläs-

merdecke und auch alle in dem Raum vorhandenen Objekte auf-

sige Konstruktionen nur schwach wärmedämmend. Die wärme-

gewärmt. Diese Flächen und Gegenstände geben sodann lang-

dämmenden Eigenschaften werden verbessert, wenn das Ma-

wellige Wärmestrahlung ab. Diese Wärme wird dann vom Glas

terial in zwei Schichten mit einem Hohlraum eingesetzt wird, der

zurückgehalten, wodurch sich der Raum aufheizt: der Treibhaus-

mit einer „stehenden Luftschicht“ gefüllt ist, um Konvektion zu

effekt. Um dieser Erwärmung vorzubeugen, muss an der Außen-

vermeiden.

seite vor der Verglasung eine Sonnenschutzvorrichtung ange-

Sind die beiden Scheiben nicht luftdicht miteinander ver-

bracht werden. Dort ist die Sonnenschutzvorrichtung jedoch

bunden, so kann es passieren, dass der in dem Luftzwischen-

auch Windeinflüssen ausgesetzt. Instandhaltungsarbeiten an

raum vorhandene Wasserdampf kondensiert. Bei einer Erwär-

Sonnenschutzvorrichtungen sind teuer, insbesondere an Hoch-

mung verschwindet das Kondensat wieder, zurück bleibt jedoch

häusern, und je nach Ausführung kann auch die Sicht durch die

Schmutz. In der Regel sind aber die beiden Glasscheiben luft-

Vorrichtung einschränkt werden.

dicht miteinander verbunden, und die in dem Zwischenraum vor-

Dies hat zur Entwicklung von zwei Fassadentypen geführt, die

handene Luft ist so trocken, dass sich auch bei starker Ab-

vor allem bei Gebäuden mit hoher interner Wärmelast wie Büro-

kühlung kein Kondenswasser bildet. Die Wärmedämmung kann

bauten angewendet werden.

durch Aufdampfen einer dünnen, transparenten, die Strahlung reflektierenden Silberschicht auf die hohlraumseitige Oberfläche der Innenscheibe verbessert werden. Dies senkt auch den g-Wert, wodurch die Erwärmung des hinter der Scheibe befindlichen Innenraums verringert wird. Das kann ein Nachteil sein, weil damit auch der Anteil von eintretendem Licht verringert wird, doch in großzügig verglasten Bürogebäuden mit hoher interner Wärmelast ist dies von Vorteil. Anstelle von Luft kann der Hohlraum auch mit einem Edelgas (z. B. Argon) gefüllt werden.

Schallschutz Glas besitzt eine hohe Dichte, die mit 2.500 kg je m3 ungefähr der Dichte von Beton entspricht. Aufgrund der geringen Dicke werden Geräusche kaum gedämmt. Schall kann entweder durch Masse an sich oder nach dem Masse-Feder-Prinzip verringert werden. Bei letzterem werden zwei Materialschichten mit jeweils unterschiedlicher Masse und einem dazwischen liegenden Dämmmaterial vorgesehen – beispielsweise in Form von Sandwichelementen. Durch die Verwendung von wärmedämmendem Isolierglas, das vorzugsweise aus Scheiben von unterschiedlicher Dicke aufgebaut ist, werden die Schallschutzeigenschaften ebenfalls deutlich verbessert.

26

B auteile

21

Glashaus, Almere, Niederlande, Benthem Crouwel Architecten, 1984 Glas als Wandkonstruktion trägt das Dach.

1. Abluftfassade (22): Der Luftzwischenraum wird an der Außen-

spiel auf der Nordseite des Gebäudes, wiederverwendet oder

seite von einer Doppelglasscheibe und an der Innenseite von

mittels Saisonspeicherung im Winter genutzt. Mit der Abluftfas-

einer einfachen Glasscheibe umschlossen. In den Zwischenraum

sade soll vor allem eine Überhitzung der dahinter befindlichen

sind zum Schutz vor Sonnenstrahlung Jalousien eingelassen.

Räume vermieden werden. Die Innenscheibe kann zu Reinigungs-

Die in dem Hohlraum entstehende Wärme wird über das Gebäu-

und Instandsetzungszwecken geöffnet werden. Der Hohlraum

debelüftungssystem abgeleitet und entweder sofort, zum Bei-

hat eine Breite von 100–300 mm.

h

c k l

j i

e

g f

d b a

22

Kastenfenster als Vorläufer der Abluftfassade a Fensterläden als Sonnenschutz, Einbruchsicherung, Verdunklung b Hochklappbarer Laden mit Aussicht auf die Straße c Sturz zur Übertragung von Kräften auf beide Seiten des Fensters d Abtropfkante; ragt über die Außenwand hinaus und leitet das Wasser so ab, dass die Wand nicht schmutzig wird. e Schräge Fensterlaibungen mildern den Kontrast zwischen Fenster und Wand. f Tür- und Fensterrahmen bilden eine Übergangskonstruktion von Wand zu Glas oder beweglichem Fenster. g Nach innen öffnendes Fenster; erlaubt eine Belüftung und die Bedienung der Fensterläden von innen. h Fenstersprossen können Fenster unterteilen. i Vorsatzfenster verbessern im Winter die Wärmedämmung und verhindern Eisbildung an der Fensterinnenfläche. Sie lassen sich zwecks Reinigung öffnen oder abnehmen und verbessern den Schallschutz. j Fliegenschutzgitter k Stores mildern den Kontrast, verhindern Einblick, schützen vor Insekten und schmücken. l Vorhänge sorgen für Verdunklung, Dekoration, bessere Schallabsorption.

BAUTE I LE

27

2. Doppelfassade (23): Der Luftzwischenraum wird an der Innenseite von einer Doppelglasscheibe und an der Außenseite von einer einfachen Glasscheibe umschlossen. Auch hier schützen Jalousien im Zwischenraum vor Überhitzung. In diesem Fall wird der Zwischenraum jedoch mit Außenluft belüftet. Die in dem Hohlraum erwärmte Luft kann eventuell für die Gebäudeheizung genutzt werden.

h

e

g

f

a

d b c

23

Doppelfassade a Einzelverglasung mit Scheibe als Wind- und Regenschutz, in Kombination mit Hohlraum und Innenscheibe auch Schallschutz b Rost/Klappen (mit Fliegenschutzgitter) erlauben Zufuhr von Frischluft in den Hohlraum. c Hohlraum als Wärmespeicher, schützendes Halbklima, Zugang zu Wartungs- und eventuell Aufenthaltszwecken d Lamellen, drehbar, eventuell vertikal beweglich, zentrale Bedienung, Wärmeschutz e Ableitung von Abluft direkt ins Freie oder mit Wärmerückgewinnung f Rahmen mit zu öffnenden Türen als Zugang zum Hohlraum und/oder dessen Belüftung g Einzeln steuerbare Lichtregulierung dämpft Kontraste zur komfortableren Bildschirmarbeit. h Abgehängte Decke; birgt Teile der Klimaanlage, Beleuchtung und wirkt akustisch dämpfend.

28

B auteile

Tragverhalten

Elastizität

Wesentliche Funktion einer Konstruktion ist die Lastableitung

Durch Zug dehnt sich die Leine aus, sie wird also länger. Zieht

einwirkender Kräfte in den Baugrund. Um die daraus entstehen-

man nicht mehr daran, so verkürzt sie sich wieder. Die Leine ver-

den Anforderungen für den Aufbau von Wänden, Dächern und

hält sich ungefähr wie ein Gummiband. Dieses Phänomen wird

Decken verstehen zu können, muss man über ein gewisses Ver-

elastische Verformung genannt. Die Länge ändert sich – bis zu

ständnis von Mechanik und Festigkeitslehre verfügen.

einer bestimmten Grenze – direkt proportional zu der Spannung, der das Material ausgesetzt wird. So wird auch ein Stab, wenn

Kraft und Spannung

man darauf drückt, kürzer, während er nach der Beseitigung der

Setzt man eine Leine einer Zugkraft aus, so setzt die Leine die-

Kraft wieder länger wird. Das Ausmaß der Verformung richtet

ser Zugkraft eine Kraft entgegen, die der Zugkraft entspricht.

sich nach dem Material des Stabes. Der Elastizitätsmodul [E] ist

Zieht man immer stärker an der Leine, so wird diese irgendwann

eine Materialkonstante, die ein Maß für die elastische Verfor-

reißen. Entscheidend dafür, ob die Leine reißt, ist aber nicht nur

mung darstellt. Je größer der E-Modul, desto steifer ist das Ma-

die darauf einwirkende Kraft, sondern auch die Dicke der Lei-

terial.

ne. Dieses Verhältnis zwischen Kraft und Querschnittsfläche („Dicke“) bezeichnet man als Spannung. Die Spannung () in

Das Verhältnis zwischen Spannung, Verformung und Material wird im Hookeschen Gesetz beschrieben:

[N/m2] ist als Kraft (F) in [N] je Flächeneinheit (A) [m2] definiert. Die Spannung in einem Material ist umso höher, je größer die

 L/L= /E

Kraft und je kleiner die Fläche ist.

L: Länge des Objekts

Die Leine reißt, wenn die Spannung in der Leine einen Grenz-

L: Längenänderung

wert, die zulässige Zugspannung, überschreitet. Die zulässige Spannung stellt eine Materialeigenschaft dar, die für jeden Werk-

Material verformt sich, wenn es einer Kraft ausgesetzt wird, ganz

stoff anders ist.

gleich wie gering diese Kraft ist. Tritt eine Spannung auf, die im

Wird an einer Leine von beiden Seiten gleich stark gezogen,

Verhältnis zur zulässigen Spannung sehr hoch ist, so kann es

herrscht ein Kräftegleichgewicht. Die Kräfte wirken auf der glei-

neben der elastischen auch zu einer plastischen Verformung

chen Achse, jedoch in entgegengesetzter Richtung.

kommen. Bei einer plastischen Verformung bleibt die hervorgerufene Verformung auch nach dem Ende der Krafteinwirkung bestehen. Verschiedene Werkstoffe verhalten sich bei der Annäherung an diesen Grenzbereich sehr unterschiedlich; einige weisen keinerlei plastische Eigenschaften auf, sondern brechen sofort,

1 Fließgrenze 2 Bruch 3 Fließspannung 4 Maximalspannung 5 Winkel, der E angibt

wenn ein bestimmter Grenzwert überschritten wird, andere dagegen sind plastisch verformbar. Bei diesen Materialien kommt es zunächst (bei gleich bleibender Kraft) zu starken Deformationen, bevor sie brechen (24). Sie sind sicher, weil man gewarnt



wird, bevor es zum Bruch kommt. 4

3

24

Spannungs-Dehnungs-Diagramm für Stahl Bei zunehmender Spannung nimmt zunächst die Verformung proportional zu. Danach kommt es ohne weitere Zunahme der Spannung zur Deformation. Im weiteren Verlauf stabilisiert sich das Material, bis es schließlich bricht.

5 0

1

2

 (=  L/L)

BAUTE I LE

29

Knicken Manche Werkstoffe sind gut in der Lage, Druckkräfte aufzuneh-

Wichtig bei druckbelasteten Elementen ist das Phänomen

men, andere vertragen sowohl Druck- als auch Zugkräfte sehr

Knicken. Zieht man an einer durchhängenden Leine, so wird die

gut, wobei allerdings die zulässige Druck- und Zugspannung un-

Seilkurve immer flacher und nähert sich einer Geraden an. Drückt

terschiedlich groß sein kann. Es gibt keinen Werkstoff, der einer-

man dagegen auf einen dünnen langen Stab, so wird dieser

seits sehr hohe Zugkräfte, andererseits aber nur sehr wenig

plötzlich stark umbiegen und recht schnell brechen, bevor die für

Druck aufnehmen kann. Holz ist einer Zugbeanspruchung weni-

dieses Material maximal zulässige Spannung erreicht ist.

ger gut gewachsen als einer Druckbelastung, doch das ist vor

Die Schlankheit stellt ein bestimmtes Verhältnis zwischen der

allem darauf zurückzuführen, dass die Herstellung der auf Zug

Länge des Stabes auf der einen Seite und der Form und den

beanspruchten Verbindungen schwierig ist, und liegt weniger an

Abmessungen des Querschnitts auf der anderen Seite dar. Je

dem Material selbst. Werkstoffe sind entweder isotrop, das

länger der Stab ist, desto schlanker ist er und desto schneller

heißt, dass sie in jeder Richtung die gleichen Eigenschaften be-

kommt es zum Knicken. Außerdem spielt die Art und Weise der

sitzen, oder anisotrop. Anisotrope Werkstoffe können je nach

Befestigung des Stabes auf beiden Seiten eine wichtige Rolle

Wirkrichtung sehr unterschiedliche Werte in Bezug auf die zu-

und beeinflusst die Möglichkeit des Knickens (26).

lässigen Spannungen, den E-Modul und andere Eigenschaften aufweisen. Holz ist dafür ein gutes Beispiel. In Faserrichtung kann die zulässige Druckspannung je nach Holzart bis zu achtmal höher sein als im rechten Winkel zur Faserrichtung (25).

25

Anisotrope Eigenschaften von Holz Die Werte für die zulässigen Spannungen, den E-Modul, die thermische Verformung und die Wärmeleitfähigkeit sowie die Werte für die feuchtigkeitsbedingte Verformung sind unterschiedlich, je nachdem ob die Betrachtung in der Faserrichtung oder senkrecht zur Faserrichtung erfolgt.

½l

l

2

l

½l

l

26

Knicklängen und Fixierung von Knickstäben Die Knicklänge des Stabes ist umso geringer und seine Knicksicherheit umso größer, je steifer der Stab eingespannt ist.

30

B auteile

Überspannungen Vertikal auf eine Überspannungskonstruktion wirkende Kräfte

entlang der Längsachse der Leine. An den Befestigungspunk-

können durch Normalkräfte (Zug- oder Druckkräfte) und durch

ten – den Auflagern – muss eine Auflagerreaktion vorhanden

Biegung übertragen werden (27).

sein, die ebenso groß, der Kraft in der Leine jedoch entgegengesetzt ist. Diese Reaktionskraft kann in eine horizontale und eine

Zugbeanspruchte Überspannung

vertikale Komponente zerlegt werden. Wird die Leine stärker ge-

Eine Leine lässt sich mühelos in jede beliebige Form biegen.

spannt, so wächst die horizontale Komponente der Reaktions-

Eine Leine kann keine Biegekräfte aufnehmen, nur Zugkräfte. In

kraft (28).

einer zwischen zwei Punkten aufgehängten Leine wirkt die Kraft

SLABS

SKELETON

FORCES

DEFORMATION

SOLUTION

BENDING Biegung

TENSION Zug

COMPRESSION Druck

MASSIVE

a

b

c

d

e

f

27

Übersicht der Überspannungstypen Obere Zeile: druckbeanspruchte Überspannungskonstruktionen Mittlere Zeile: zugbeanspruchte Überspannungskonstruktionen Untere Zeile: biegebeanspruchte Überspannungskonstruktionen a Massivbauweise b Scheibenbauweise c Skelettbauweise d Kraftfluss e Verformung der Konstruktion f Ausbildung der Konstruktion

28

Gegenkräfte in einem gespannten Seil Je strammer ein Seil gespannt wird, desto größer sind die Horizontalkräfte an den Auflagern.

BAUTE I LE

31

Die bekannteste Form zugbelasteter Überspannungskonstruktio-

(30, 31). Hierbei wird die horizontale Reaktionskraft von dem gro-

nen sind Hängebrücken. Mit sehr wenig Material und einfachen

ßen Gewicht des Gebäudes auf den gegenüberliegenden Sei-

Mitteln lassen sich enorme Spannweiten erzielen (29).

ten der Überspannung aufgenommen.

Ein Problem bildet die Aufnahme der horizontalen Komponen-

Eine abgeleitete Form sind die abgespannten Überspan-

te der Reaktionskraft, das sich nur mit komplexen und oft groß

nungskonstruktionen für Lagerhäuser und Fabrikhallen, wie die-

dimensionierten Verankerungskonstruktionen in der Erde lösen

se im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts von den „High-tech“-

lässt. Ein anderer Nachteil dieser Bauweise ist die Tatsache,

Architekten Sir Norman Foster, Sir Richard Rogers und Nicholas

dass die lichte Höhe in der Mitte des Raums am niedrigsten ist.

Grimshaw angewendet wurden. Geeignet sind nur Werkstoffe,

In Gebäuden wird diese Konstruktionsmethode nicht oft ange-

die Zugbelastungen aufnehmen können, wie zum Beispiel Stahl,

wendet, doch es gibt einige ansprechende Beispiele wie den

Aluminium und Seile aus Pflanzenfasern.

portugiesischen Pavillon auf der Weltausstellung in Lissabon

29

Hängebrücke in Norwegen Mit geringem Aufwand können große Stützweiten überbrückt werden, doch die Verankerung stellt hohe Anforderungen an das Fundament.

31

Portugiesischer Pavillon, Weltausstellung, Lissabon, Alvaro Siza, 1998 Die im Auflagerpunkt eingelassenen Stahlseile nehmen die Zugspannung auf.

30

Portugiesischer Pavillon, Weltausstellung, Lissabon, Alvaro Siza, 1998 Im Dach herrschen Zugspannungen, die Gebäude zu beiden Seiten sorgen für die Gegenkraft.

32

B auteile

Druckbeanspruchte Überspannung Als die Baumeister noch nicht über Stahl verfügten, wurden viele

tionen nur Druckkräfte auf. Die Wirkungsweise ist den auf Zug

Überspannungen aus Stein gebaut. Eindrucksvolle Steinkon-

beanspruchten Überspannungskonstruktionen genau entgegen-

struktionen existieren noch in großer Zahl auf der Welt (33), in

gesetzt. Zugbelastete Konstruktionen, in denen Stahlseile oder

Tempeln (32), Kirchen und Tiefbauwerken wie Brücken und

Ketten verwendet werden, nehmen von selbst eine Form an, in

Aquädukten (34). Stein kann jedoch nur Druckkräfte aufnehmen.

der nur Zugkräfte wirken. Um die ideale Form für seinen Ent-

Durch eine bogenförmige Ausbildung treten in Steinkonstruk-

wurf der Sagrada Familia in Barcelona zu ermitteln, verwendete

33

32

Steinerne Bogenkonstruktion in einer alten Scheune in Frankreich, 1820 Die Holzbalken sind zerbrochen, der dünne, nicht mehr stabilisierte Bogen steht immer noch.

Pantheon, Rom, Hadrian, 118–125 n. Chr. Kuppelkonstruktion mit Spannweite von 43 m, die ihre Auflagerlasten in die umhüllenden Wände einleitet.

34

Pont du Gard, Nîmes, 52 n. Chr. Steinerne Bogenkonstruktion, die durch Addition und Stapeln von Bögen das Tal überwindet. Vertikale Lasten werden über die Bögen nach unten abgetragen. Die so entstehenden horizontalen Lasten werden in die Flanken des Tals eingeleitet.

BAUTE I LE

33

Antonio Gaudí so genannte Kettenmodelle (35). Bei den Model-

halb des Bogens angeordnet ist, herrscht in der Fuge ein Kräfte-

len handelt es sich um eine invertierte Form der eigentlichen, auf

gleichgewicht und ist eine stabile Zusammensetzung gegeben.

Druck beanspruchten Konstruktion.

Wie bei den zugbelasteten Konstruktionen treten in den Auf-

Die Bögen werden aus Natur- oder Ziegelsteinen aufgebaut,

lagern horizontal gerichtete Kräfte auf, die in diesem Fall nach

die mit oder ohne Zementfuge oder – bei Naturstein – mit Bron-

außen gerichtet sind. Je flacher der Bogen ist, umso größer ist

zeklammern aneinander gefügt werden. Wenn die Fuge zwischen

die horizontale Komponente. Die nach außen gerichteten hori-

den Steinen senkrecht zur Wirkrichtung der Normalkraft inner-

zontalen Kräfte müssen sich im Gleichgewicht befinden (36).

35

Kettenmodell der Sagrada Familia, Barcelona, Antonio Gaudí, 1882–1926 Die Simulierung der optimalen Bogenform in einem Modell ist vor allem in zusammengesetzten Konstruktionen nahezu unmöglich. Durch eine Umkehrung der Krafteinwirkung, wobei das Modell kopfüber, an einer Decke hängend, aus Ketten aufgebaut wird, erhält man Einblick in eine Gebäudeform, in der nur Normalkräfte wirken. Durch die Fixierung der Ketten mit Lack oder Wachs kann das Modell aufrecht aufgestellt werden und es entsteht eine Konstruktion, in der nur Druckkräfte auftreten.

34

B auteile

Biegebeanspruchte Überspannung Können diese Kräfte nicht direkt in das Fundament eingeleitet

Wenn man ein Brett auf zwei Auflager legt und sich darauf stellt,

werden, so muss man sich mit anderen Maßnahmen wie Zugstä-

biegt sich das Brett durch. Die nach unten gerichtete Kraft ist

ben oder Stützpfeilern behelfen. Der Vorteil liegt dann in der ge-

genauso groß wie die Summe der beiden nach oben gerichteten

ringen Materialmenge, die für die Herstellung dieser Überspan-

Kräfte (37). Wenn man eine Last mit einem Arm anhebt und da-

nung im Vergleich zu einer auf Biegung belasteten Konstruktion

nach den Arm ausstreckt, kann man spüren, wie der Kraftauf-

erforderlich ist. Offenkundige Nachteile sind die große Bauhöhe

wand mit dem Ausstrecken immer weiter zunimmt (38). Was

und die nicht ebene Oberseite der Konstruktion.

man spürt, ist ein Moment. Ein Moment [M] in einem bestimmten

Bis zur Anwendung von Eisen (Ende des 18. Jahrhunderts) und später Stahl (seit der Mitte des 19. Jahrhunderts) sowie Stahlbe-

Punkt ist das Produkt aus der Kraft [F] und der Entfernung [a] zu diesem Punkt:

ton (am Ende des 19. Jahrhunderts) wurden Überspannungen

M=F·a

mit großer Stützweite vorzugsweise in Stein ausgeführt. Ausreichend langlebiges Holz ist in großen Längen schwer erhältlich;

Auf das Brett wirken keine äußeren horizontalen Kräfte; daher

zudem ist es deutlich witterungsempfindlicher als Stein.

verändert sich die Länge des Bretts – gemäß dem Hookeschen Gesetz – nicht. Betrachtet man die Durchbiegung in übertriebener Darstellung, so ist zu sehen, dass der Träger an seiner Unterseite länger und an der Oberseite kürzer wird; die durchschnittliche Länge des Bretts bleibt jedoch gleich.

F

½F

½F

36

a

Lastabtragung einer Bogenkonstruktion Im Bogen tritt keine Biegung auf. Die Belastung wird durch Druck im Material übertragen.

a

37

Äußeres Kräftegleichgewicht in einem Träger mit zwei Auflagern Die nach unten gerichtete Kraft entspricht der Summe der Gegenkräfte. Die nach unten gerichtete Kraft wirkt auf der gleichen Achse wie die Resultierende der nach oben gerichteten Kräfte.

BAUTE I LE

35

Offenbar sind innere Spannungen vorhanden, die bewirken, dass das Brett an seiner Oberseite kürzer und an der Unterseite A

länger wird (39). Bei einem theoretischen Schnitt durch die Mit-

MA = F · a

te des Bretts, dort also, wo die Last wirkt, wäre zu sehen, dass die vertikale Auflagerreaktion das Brett in Drehung versetzen würde, und zwar durch das Moment ½ F · ½ l. Das Brett dreht sich jedoch nicht, und das bedeutet, dass

F

noch ein anderes Moment am Werk sein muss. Dieses Moment hat die gleiche Größe wie das Moment von ½ FA · ½ l, jedoch die entgegengesetzte Richtung. Es sind die Zugkraft an der Unter-

a

a

seite des Bretts und die Druckkraft an dessen Oberseite, die gemeinsam das Moment erzeugen, welches für das Gleichgewicht des Bretts sorgt (40). Die Verformung im Brettmittelpunkt,

38

zwischen der Ober- und der Unterseite, beträgt null; die Spannung ist dort also ebenfalls gleich null. In den äußeren Zonen ist

Moment, Kraft und Hebelarm Am Beispiel eines Wassereimers am ausgestreckten Arm wird durch die aufzuwendende Kraft im (Hebel)Arm das entstehende Moment deutlich.

die Verformung am stärksten, die Spannung somit auch am größten. Der Spannungsverlauf entlang dem Querschnitt besitzt eine Dreiecksform.

½l

l h

MA = ½ F · ½ l = ¼ Fl

A

½F

Fc 2½3

39

Durchbiegung eines Trägers Der Träger wird an der Oberseite kürzer und an der Unterseite länger. Die Länge bleibt gleich, so dass die Sehnenlänge des gebogenen Trägers geringer ist als die Länge des geraden Trägers.

36

Baute i le

½F

A

½F

A

h

Ft

MA = ¼ Fl = Fc · 2½3 h

40

Äußeres und inneres Kräftegleichgewicht in einem Träger Die von außen einwirkende Kraft (½ F) erzeugt ein Biegemoment (in Punkt A), dem im Brett Gegenkräfte entgegenwirken und die Zug bzw. Druck innerhalb des Brettes erzeugen. Es entsteht ein Gleichgewicht der Kräfte.

Mit zunehmender Belastung des Trägers werden die Spannun-

Aus dieser Formel ist ersichtlich, dass das Moment bei einer

gen größer und nimmt das Biegemoment zu, wodurch die Verfor-

gleichmäßig verteilten Belastung mit dem Quadrat der Stütz-

mung stärker wird (41). Überschreitet die Spannung den zuläs-

weite zunimmt. Eine Verdopplung der Stützweite ergibt also eine

sigen Höchstwert, so bricht das Brett.

Vervierfachung des Biegemoments. Außerdem ist festzustellen,

Wir haben jetzt ein Brett mit einer mittig wirkenden Belastung beschrieben und dabei das Brettgewicht außer Betracht gelas-

dass das Biegemoment nicht von der Querschnittsform und den Materialeigenschaften des Trägers abhängig ist.

sen. In der Praxis stellt das Eigengewicht von Konstruktionen

Der Träger bricht, wenn die darin auftretende Spannung die

einen wesentlichen Teil der Belastung dar. Die veränderlichen

zulässige Spannung überschreitet. Die Spannung in dem Träger

Belastungen treten vielfach nicht punktuell auf, sondern sind der

errechnet sich nach der folgenden Formel:

Annahme nach als gleichmäßig verteilte Belastung anzusehen. Bei einer punktuellen Belastung beträgt das Biegemoment in der Mitte ¼ Fl. Ohne weitere Ableitung nehmen wir an, dass sich bei einem Träger mit einer gleichmäßig verteilten Belastung,

M  = −− W

(1)

wobei

der von zwei Auflagern gestützt wird, das Biegemoment in der Mitte befindet und nach folgender Formel errechnet:

: die Spannung in [N/mm2] M: das Biegemoment [Nm] und

1 8

M = − ql 2 wobei

W: ein Formfaktor ist, das Widerstandsmoment. Das Widerstandsmoment beträgt bei rechteckigem Querschnitt:

q: die gleichmäßig verteilte Belastung in [N/m1] und

l: die Stützweite des Trägers [m] ist.

1 6

− bh2

(2)

b: die Breite des Trägers h: die Höhe des Trägers Kombiniert man (1) und (2), so ist ein Zusammenhang zwischen Form und Spannung erkennbar: M  = −−−−−−− 1 bh2 6 Aus dieser Formel kann man ableiten, dass eine Verdopplung der Breite – bei gleich bleibender Belastung – zu einer Halbierung der Spannung in dem Träger führt, während bei einer Verdopplung der Höhe die Spannung in dem Träger auf ½ · ½ = ¼ reduziert wird. Es ist also wirtschaftlicher, den Träger nicht flach aufzulegen, sondern hochkant anzuordnen.

41

Spannungsdiagramm in einem homogen aufgebauten biegebeanspruchten Träger Die Spannung auf halber Höhe des Querschnitts ist gleich null, in den äußeren Zonen hingegen maximal.

BAUTE I LE

37

Die Formel für die maximale Durchbiegung eines Trägers auf

Ferner ist festzustellen, dass die Höhe des Trägers auf die

zwei Auflagern, der einer gleichmäßig verteilten Last ausgesetzt

Durchbiegung einen noch größeren Einfluss hat als die Festig-

ist, lautet:

keit. Der Durchhang verhält sich umgekehrt proportional zur Breite des Balkens und umgekehrt proportional zur dritten Po-

5 ql 4 ƒ = −−−−−−− 384 EI

tenz der Höhe. Man beachte jedoch: Die Höhe [h] ist nicht das größte Querschnittsmaß, sondern das Maß in Wirkrichtung der

Wobei

Last (42). Diese Gesetzmäßigkeiten gelten nicht nur für horizontale Trä-

ƒ: die elastische Durchbiegung in [m]

ger, sondern auch für Streben in Außenwandkonstruktionen und

q: die gleichmäßig verteilte Last in [N/m1]

Stützen, die durch eine horizontale Kraft wie zum Beispiel Wind

l: die Stützweite in [m]

belastet werden.

E: der Elastizitätsmodul des Materials ist. l: ist ein Formfaktor (das Trägheitsmoment), der sich bei rechteckigem Querschnitt nach folgender Formel errechnet:

Es ist daher wirtschaftlicher, Balken hoch und schmal auszuführen. Wird das Höhe-Breite-Verhältnis allerdings sehr groß gewählt, so kommt es zu unerwünschten Effekten wie Kippen und Verwinden (43). Deshalb kann das Höhe-Breite-Verhältnis nicht

1 −− 12

bh

unbegrenzt vergrößert werden.

3

Aus dieser Formel kann man ableiten, dass die Durchbiegung direkt proportional zur vierten Potenz der Stützweite ist; bei einer Verdopplung der Stützweite ist die Durchbiegung dementsprechend 16-mal so groß.

h h b b

38

42

43

Vergleich liegender und stehender Träger Die Höhe h eines Balkens wird in der Richtung gemessen, in der eine Kraft auf den Balken wirkt.

Kippen und Verwinden Kippen bedeutet Instabilität des Trägers; bei einer Verwindung knickt der Träger auf jener Seite, auf der Druckspannungen herrschen.

B auteile

In dem Spannungsdiagramm des Querschnitts ist zu sehen, dass

Auch bei Hohlplatten befindet sich in der Mitte der Querschnitts-

die Spannung – wiederum ausgehend von einem rechteckigen

fläche kein Material, weil dieses zwar das Eigengewicht der Plat-

Träger, der auf zwei Auflagern ruht und einer gleichmäßig verteil-

te erhöhen, deren Festigkeit jedoch kaum verbessern würde. Bei

ten Last ausgesetzt ist – durch das Biegemoment in den außen

Holz und Beton ist die Herstellung von I- oder H-förmigen Quer-

liegenden Fasern am größten ist. Auf der restlichen Querschnitts-

schnitten verhältnismäßig teuer, weshalb diese Querschnitte

fläche ist das Material unbelastet. Das hat dazu geführt, dass für

nicht so oft und auch nur bei großen Stützweiten verwendet wer-

Standardprofile aus bestimmten Werkstoffen (vor allem Stahl

den, wo das geringere Gewicht die hohen Herstellungskosten

und Aluminium) eine Form gewählt wurde, die diesem Umstand

aufwiegt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Position

angepasst ist (44).

und die Form eines tragenden Elements großen Einfluss auf die Festigkeit und die Steifigkeit haben (45). Dass die Belastbarkeit eines Trägers, und erst recht das Ausmaß der Verformung, durch dessen Höhe bestimmt wird, hat Einfluss auf die Form vieler Decken- und Wandtypen. Werden beispielsweise die Balken einer Decke hochkant gestellt (46), verbessert sich die Festigkeit und es sind weniger Balken notwendig. Die Öffnung zwischen den Balken muss noch verschlossen werden, damit eine begehbare Decke entsteht. Wegen der

44

H-Profil, I-Profil, Kastenprofil und Rohr Stahlkonstruktionen werden aus Standardprofilen mit H- und I-förmigem, kastenförmigem und rundem Querschnitt hergestellt. H- und I-Profile werden verwendet, wenn die Last hauptsächlich in einer bestimmten Richtung wirkt; Kasten- und Rohrprofile verwendet man, wenn die Profile in zwei Richtungen belastet oder Torsionskräften ausgesetzt sind.

a

ab b c cd

45

Profilierung des Trägers Der Einfluss verschiedener Profilierungen des Trägers führt zu unterschiedlichem Tragverhalten sowie zur Reduzierung des verwendeten Materials. a Vollquerschnitt b Liegender Träger mit geringer Tragkraft c Stehender Träger mit höherer Tragkraft d Profilierter Träger mit verringertem Materialeinsatz

BAUTE I LE

39

geringen Stützweite zwischen den Balken ist die dafür benötig-

Drei Faktoren können die Anwendung dieser Methode einschrän-

te Materialmenge jedoch viel kleiner als der Materialgewinn,

ken. Erstens weisen diese Decken keine ebene Unterseite auf,

der durch liegenden Einbau der Balken erzielt wird. Bei vielen

was für die (schalldichte) Verbindung von Innenwänden ein Pro-

Decken- und Wandtypen ist diese abgestufte Lastabtragung an-

blem darstellen kann. Überdies kann die Gewichtsreduzierung

zutreffen, manchmal in Form eines mehrlagigen Aufbaus aus Un-

dazu führen, dass die Decke für eine ausreichend wirksame Ge-

terzügen und Unterzugsträgern (47).

räuschdämmung nicht massiv genug ist. Schließlich sprechen

Bei der oberen Schicht kann es sich um eine statisch nicht

ästhetische Argumente für eine Decke oder ein Dach mit ebener

mitwirkende Ergänzung handeln, die jedoch, wenn sie steif ge-

Unterseite. Die Anbringung einer glatten Zimmerdecke kann mit

nug mit den Balken verbunden ist, die Festigkeit der Lauffläche

so hohen Kosten verbunden sein, dass der Vorteil der Material-

positiv beeinflussen kann.

und Gewichtseinsparung der Deckenkonstruktion verloren geht.

46

Materialeinsparung in einer Deckenkonstruktion Die Decke ist aus flachen Balken aufgebaut, die dreimal so breit wie hoch sind. Wird der Balken hochkant gestellt, so verbessert sich die Festigkeit auf das 32-fache (Höhe im Quadrat) und die Steifigkeit um das 33-fache.

40

B auteile

47

System aus Unterzügen und Unterzugsträgern Beispiel einer Schichtung von einzelnen Trägerlagen, die mittels Unterstützungsträgern Lasten in die Auflager ableiten.

Horizontale Konstruktionen Die Einteilung horizontaler Konstruktionen wie Decken und

Bei jedem der genannten Typen hat man theoretisch die Wahl

Dächer erfolgt anhand der für die Überspannungskonstruktion

aus Konstruktionen mit einer ebenen Ober- und Unterseite, aus

zur Verfügung stehenden Auflagemöglichkeiten: linienförmig,

Platten mit einer gewölbten Seite sowie aus einem gestaffelten

umlaufend (Massivbauweise), linear in zwei Richtungen (Schei-

Aufbau, der aus linearen tragenden Hauptelementen und einer

benbauweise) und auf Stützen (Skelettbauweise). Bei jeder Bau-

Füllung besteht, welche die Distanz zwischen den linearen Ele-

weise kann die Überspannung mit auf Druck, auf Zug oder auf

menten überspannt.

Biegung beanspruchten Konstruktionen hergestellt werden. An dieser Stelle werden hauptsächlich die auf Biegung beanspruchten Konstruktionen beschrieben.

Zweiachsige Überspannung, Massivbauweise, ebene Decke

Bezeichnung

Stützweite bis

Anwendung

Ebene Ortbetondecke mit in zwei Richtungen verlaufender Hauptbewehrung.

8m

Erdgeschoss Obergeschoss Dach

Viel Freiheit bei Aussparungen und Überhängen. Einbetonieren von Leitungen je nach Querschnitt möglich.

Filigrandecke. Der Beton wird auf vorgefertigten Betonplatten gegossen, die auch als Schalung fungieren. Platte und gegossener Beton bilden eine Einheit. In der Schale verläuft die Hauptbewehrung in einer Richtung, im gegossenen Beton in die andere Richtung. Die Bewehrung in der Schale kann vorgespannt werden. Das ist auch für die Deckschicht möglich, muss aber auf der Baustelle stattfinden, was viel komplizierter ist.

9,50 m

Obergeschoss Dach

Systemdecke. Viel Freiheit bei Aussparungen und Überhängen. Einbetonieren von Leitungen je nach Querschnitt möglich.

Bubble-Deck-Decke. Wie die Filigrandecke, wobei jedoch Kunststoffkugeln in die Decken einbetoniert werden, wodurch die Bauhöhe bei gleich bleibendem Gewicht zunimmt. Dies erlaubt größere Stützweiten.

15 m

Obergeschoss Dach

Systemdecke. Viel Freiheit bei Aussparungen und Überhängen. Einbetonieren von Leitungen je nach Querschnitt möglich.

Bezeichnung

Stützweite bis

Anwendung

Kassettendecke. Auf einer ebenen Schalung werden Kunststoffkassetten platziert, zwischen und über den Kassetten wird eine Bewehrung angebracht, anschließend wird die Decke betoniert. Dieser Deckentyp wird aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes nur noch selten verwendet.

15 m

Obergeschoss Dach

Zweiachsige Überspannung, Massivbauweise, Kassettendecke

Viel Freiheit bei Aussparungen und Überhängen.

BAUTE I LE

41

Zweiachsige Überspannung, Massivbauweise, Stäbe und Füllungen Bezeichnung

Stützweite bis

Anwendung

Raumfachwerk. Konstruktion aus Stahlstäben von relativ großer Höhe. Die Knoten der Stäbe können entweder von einem Hersteller entwickelte Systemprodukte sein oder eigens für das betreffende Bauwerk angefertigt worden sein.

40 m

Dach

Große Überhänge möglich, bis zu 30 % der Stützweite.

Neben diesen heute oder früher regelmäßig angewendeten Me-

Rede mehr sein kann. Bei der Herstellung einer überblatteten

thoden sind Sonderlösungen möglich, die in Holz, Beton oder

Verbindung muss im Kreuzungsbereich von jedem Teil viel Mate-

Stahl ausgeführt werden. Bei deren Entwurf muss darauf geach-

rial entfernt werden und der Querschnitt im Verbindungsbereich

tet werden, dass eine zweiachsige Überspannung mit linearen

wird maßgebend für den gesamten Träger (49).

Elementen zu einer Konfrontation zwischen der Linearität der

In Stahlkonstruktionen kann die Verbindung geschweißt oder

Elemente und der in zwei Richtungen verlaufenden Überspan-

verschraubt werden. Schweißarbeiten auf der Baustelle sind

nung führt. Die tragenden Elemente müssen einander kreuzen.

schwierig, sollten also vermieden werden. Verschraubungen sind

Das Erzielen einer ausreichend festen und vor allem steifen Kon-

aufgrund der Lastkonzentration starker Verformung ausgesetzt

struktion im Kreuzungsbereich ist teuer und deshalb nur in be-

und machen es somit nicht einfach, elegante Verbindungen her-

sonderen Gebäuden möglich (48).

zustellen.

Bei einem Tragwerk aus Holz werden manchmal Hauptträger

Aus Ortbeton lassen sich zwar überkreuzende Balken herstel-

verwendet, die in einer Richtung durchgehend verlaufen und in

len, doch in einfachen Konstruktionen wird wegen der hohen

der anderen, kreuzenden Richtung in Teilen ausgeführt und zwi-

Schalungskosten und der durch die erforderliche Aushärtung

schen den anderen Trägern angeordnet sind. Die geteilten Trä-

des Betons längeren Bauzeit meist die Verwendung von Beton-

ger ruhen dabei auf den durchgehenden Trägern, so dass von

fertigteilen bevorzugt.

einer zweiachsigen Überspannung im Grunde genommen keine

48

49

Verbindung zwischen strahlenförmig angeordneten Holzträgern Die Verbindung wird durch einen geschweißten Stahlknoten hergestellt, der durch Bolzen mit den Trägern verbunden ist – gut erkennbar ist die Komplexität und der damit verbundene Aufwand des Knotens.

Überblattete Verbindung Wo die Belastungen am größten sind, wird der Querschnitt des Trägers halbiert.

42

B auteile

Einachsige Überspannung, Massivbauweise, ebene Decke Bezeichnung

Stützweite bis

Anwendung

Ebene Ortbetondecke mit in einer Richtung verlaufender Hauptbewehrung.

8m

Erdgeschoss Obergeschoss Dach

Viel Freiheit bei Aussparungen und Überhängen. Einbetonieren von Leitungen je nach Querschnitt möglich.

Filigrandecke. Der Beton wird auf vorgefertigten Betonplatten gegossen, die auch als Schalung fungieren. Platte und gegossener Beton bilden eine Einheit. In der Schale verläuft die Hauptbewehrung in einer Richtung. Die Bewehrung in der Schale kann vorgespannt werden.

9,50 m Breite der Fertigteile: 2.500 mm

Obergeschoss Dach

Systemdecke. Viel Freiheit bei Aussparungen und Überhängen durch die Möglichkeit, in der Decke zusätzliche Bewehrung anzubringen. Einbetonieren von Leitungen je nach Querschnitt möglich.

Massive, vorgefertigte Betondecke

10 m Elementbreite: 1.200 mm

Geschossdecke Dach

Überhänge nicht, Aussparungen in der Decke begrenzt möglich. Wechselkonstruktionen mittels Wechselbalken aus Metall.

Betondecke aus vorgefertigten Hohlplatten

18 m Elementbreite: 1.200 mm, Passplatten

Erdgeschoss Obergeschoss Dach

Systemdecke, Überhänge nicht, Aussparungen in der Decke begrenzt möglich. Wechselkonstruktionen mittels Wechselbalken aus Metall.

Wing-Decke. Vorgefertigte Betondecke, bestehend aus einem 1.200 mm breiten Hohlplattenteil und zwei dünnen „Wings“ an beiden Längsseiten, die je 600 mm breit sind. Auf den niedrigeren Teilen können Leitungen verlegt werden; danach wird die Decke gegossen.

15 m

Geschossdecke

Systemdecke. Aussparungen in der Decke begrenzt möglich.

Massivdecke aus Brettstapelholz. Bretter werden in mehreren Schichten (meistens fünf) nebeneinander und übereinander verleimt. Die Bretter sind von Schicht zu Schicht jeweils im rechten Winkel angeordnet; die äußeren Schichten verlaufen in Richtung der Überspannung.

6m

Geschossdecke Dach

Kleine Aussparungen sind je nach Belastung möglich. Wechselkonstruktionen mittels Hilfskonstruktionen.

BAUTE I LE

43

Einachsige Überspannung, Skelettbauweise, profilierte Deckenträger

44

B auteile

Bezeichnung

Stützweite bis

Anwendung

Rippendecke. Vorgefertigte Deckenplatten in 1.200 mm Breite, ausgebildet als Betonplatten, die mit zwei parallel an den Längsseiten verlaufenden Rippen versehen sind.

7,50 m

Hauptsächlich als Erdgeschossdecke im Wohnungsbau. Die Platte wird meistens werksseitig mit einer wärmedämmenden Schicht versehen.

Aussparungen können nur in dem Bereich zwischen den Rippen angebracht werden. Überhänge sind nicht möglich.

TT-Platte. Vorgefertigte Betonplatte, an deren Unterseite sich zwei parallel verlaufende Rippen befinden. Sie unterscheidet sich von Rippendecken dadurch, dass sich die Rippen nicht am Rand der Platte befinden. Die Plattenränder bieten dadurch eine größere Formfreiheit.

Je nach Belastung bis zu 28 m

Geschossdecke und Dach mit großer Stützweite

Aussparungen nur im Bereich zwischen den Rippen.

Stahlblech-Betondecke. Träger aus Stahl (oder Beton), auf die profilierte Stahlplatten gelegt werden. Darauf wird Beton gegossen. Das Stahlblech dient als „Bewehrung“, die die Zugspannung aufnimmt.

Bis zu 5,50 m ohne Zwischenauflager

Geschossdecke Dach

Abstempelung während des Betonierens erforderlich. Aussparungen abhängig von Belastung und Aussparungsmaßen. Im Bereich von Aussparungen kann zusätzliches Bewehrungsmaterial eingelegt oder können zusätzliche Unterzüge angebracht werden.

Einachsige Überspannung, Skelettbauweise, Stäbe und Füllungen Bezeichnung

Stützweite bis

Anwendung

Polystyrol-Isolierdecke. Vorgefertigte Betonbalken (Mittenabstand ca. 600 mm), zwischen denen sich Füllelemente aus EPS befinden. Darauf wird eine Betondruckschicht mit Schwindbewehrung angebracht.

5,50 m

Erdgeschoss

Aussparungen zwischen den Balken durch die Anbringung spezieller Wechselkonstruktionen.

Infra+-Decke. Bewehrte konstruktive Decke, bestehend aus einer Betonunterschale (Dicke 70 mm) mit einbetonierten Stahlträgern (unbehandelter Stahl, Mittenabstand 600 oder 1.200 mm) und glatter Unterseite. Die Stahlträger sind mit Aussparungen für Leitungen versehen. Über den Trägern wird ein erhöhter Fußboden angebracht.

9m

Geschossdecke insbesondere für Bürogebäude. In der Decke können Leitungen für die Haustechnik angebracht werden.

Aussparungen können, je nach Abmessungen und Deckenbelastung, zwischen den Stahlträgern angebracht werden.

Balken und Platten aus Holz. Holzbalken (maximal 75  275 mm, Mittenabstand 300–600 mm), über die Platten aus Holzmaterial (Spanplatte oder eine andere Unterlage) gelegt werden.

5,40–6 m

Geschossdecke Dach

Aussparungen zwischen den Balken oder mit Hilfe einer Wechselkonstruktion

BAUTE I LE

45

Bei einer punktförmigen Auflage wie bei der Skelettbauweise

Belastung und Deckendicke, nicht so groß sein können wie

gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten für die Herstellung der

bei einem linienförmigen Auflager. Im Bereich der Stützen treten

Überspannung (50).

hohe Lastspitzen auf, und auch an den Rändern der Decken kön-

Bei der ersten Methode liegen in beiden Richtungen verlau-

nen die auftretenden Deformationen stärker sein als bei einer

fende Träger auf den Stützen auf. Ist der Grundriss mehr oder

Randabstützung durch einen Balken oder eine Wand. Die zu-

weniger quadratisch, so kann über den Balken eine Decke ange-

sätzlichen Spannungen können aufgenommen werden, indem

bracht werden. Die Gesamtheit von Stützen und Balken bildet

man in den Betondecken im Bereich der Auflager zusätzliches

ein Auflager, welches mit umlaufenden Wänden vergleichbar ist.

Bewehrungsmaterial anbringt und im Raumfachwerk die Stäbe

Eine zweite Lösung ist die direkte Platzierung der verschiedenen

im Bereich der Auflager und entlang den Rändern größer dimen-

Deckentypen auf den Stützen. Die Decke ruht nicht auf einem

sioniert oder für die Stäbe einen Stahl von höherer Güte wählt.

umlaufenden linienförmigen, sondern auf einem punktförmigen

In jedem Fall aber ist die maximal mögliche Stützweite bei einer

Auflager. Das hat zur Folge, dass die Stützweiten, bei gleicher

direkten Auflage auf Stützen grundsätzlich geringer als bei einer Auflage auf ringsum vorhandene Wände oder Träger. In der dritten Methode, einem System aus Haupt- und Nebenträgern, ruhen die Decken auf parallel angeordneten Trägern, die auf den Stützen aufliegen. Dies ist eine gerichtete Überspannung, die sich insbesondere für nicht-quadratische Grundrisse eignet.

b

a

c

50

Überspannungstypen bei der Skelettbauweise Einleitung der Belastung aus der Decke über Randträger (a), das Deckensystem selbst (b) oder einen Trägerrost aus Hauptträgern und Deckenplatten (c).

46

B auteile

Öffnungen in Decken Die Möglichkeiten zum Anbringen von Öffnungen in den ver-

Kassettendecken (52) lassen sich Aussparungen im Allgemei-

schiedenen Deckensystemen hängen von deren jeweiligem Auf-

nen ohne Probleme in den Feldern zwischen den Rippen an-

bau ab (51).

bringen.

In einem ungerichteten Deckensystem sind beide Richtungen

Sind größere Aussparungen erforderlich, so kann man auch

gleich wichtig. Zu bevorzugen ist daher eine quadratische Trep-

Rippen weglassen, wenn die rings um die Öffnung befindli-

penöffnung, weil der Deckendurchbruch dabei am kleinsten aus-

chen Rippen mit zusätzlicher Bewehrung versehen werden. Die

fällt und dem Prinzip der Lastabtragung in beiden Richtungen

Decke hat überall die gleiche Dicke, was etwa bei der Anbrin-

am besten entsprochen wird. In ebenen Platten aus Ortbeton

gung von Wänden und abgehängten Decken von Vorteil ist. In

können die erhöhten Spannungen, die im Bereich von Ausspa-

Raumfachwerken können Öffnungen angebracht werden, wenn

rungen auftreten, durch Verwendung zusätzlicher Bewehrungs-

rings um die Öffnungen stärkere Stäbe verwendet werden (53).

einlagen aufgefangen werden. Die Decke wird dann in ihrem In-

Kleine Öffnungen, deren Größe unter dem Rastermaß des Fach-

neren örtlich verstärkt, ohne dass dies an der Form der Decke zu

werkes liegt, stellen kein Problem dar.

erkennen ist. Das Gleiche gilt für Filigrandecken und Bubble-

In gerichteten Deckensystemen sind aus konstruktiven Gründen

Deck-Decken. Die Größe der Öffnung unterliegt allerdings einem

solche Treppenöffnungen zu bevorzugen, deren Längsseite in

bestimmten Maximum, das von der Stützweite, der Belastung

der Richtung der Überspannung verläuft. So kann in einer Decke

sowie der Position und den Abmessungen der Aussparung ab-

mit ebenen, länglichen Platten auf eine der Platten verzichtet

hängt. Rings um eine Stütze sind die Möglichkeiten zur Anbrin-

werden, um eine Aussparung für eine längliche Treppenöffnung

gung von Aussparungen eingeschränkt, und direkt an eine Stütze

herzustellen. Bei einer Decke, die durch lineare Elemente (Bal-

grenzende Aussparungen können sogar ganz unmöglich sein,

ken) gebildet wird, zwischen denen sich jeweils eine Fläche von

weil die Decke dort wegen der erhöhten Spannung im Auflage-

untergeordneter Bedeutung befindet, kann auf letztere verzichtet

bereich bereits über die größtmögliche Bewehrung verfügt. Bei

und so eine Aussparung zwischen den Balken hergestellt wer-

51

Öffnungen in Deckenplatten Öffnungen in ungerichteten Decken, in Decken aus plattenförmigen Elementen und in Decken aus Stäben und Füllungen

BAUTE I LE

47

den, die als Treppenöffnung fungiert. Wenn eine längliche Trep-

Bei aus Stäben und Füllungen aufgebauten Decken mit einach-

penöffnung im rechten Winkel zur Überspannungsrichtung der

siger Überspannung gestaltet sich die Anbringung einer Aus-

Decke platziert wird, muss im Bereich der Treppenöffnung eine

sparung zwischen den linearen Elementen einfach; die Füllung

größere Zahl von konstruktiven Elementen (Balken) unterbro-

kann weggelassen werden, und lediglich im Bereich des so ent-

chen werden. Diese Balken (so genannte Stichbalken) müssen

standenen Randes ist eine Versteifung erforderlich. Müssen die

auf der Seite der Treppenöffnung mit einem Wechsel abgestützt

Aussparungen größer als der Abstand zwischen den Stäben

werden. Dieser Wechsel muss die auf ihn einwirkende Bean-

sein, so müssen diese mit Hilfe einer Wechselkonstruktion unter-

spruchung auf zwei Balken übertragen, die sich beiderseits der

brochen werden. Die Wechselbalken werden stärker belastet

Treppenöffnung befinden; dies sind die so genannten Wechsel-

und müssen somit größer dimensioniert werden. In gewölbten

balken. Diese müssen deshalb größer dimensioniert werden als

Platten können Aussparungen nur innerhalb der Felder ange-

die anderen Balken. Die Wand wird an den Auflagepunkten der

bracht werden und dürfen die Rippen und ein Bereich auf beiden

Wechselbalken stärker belastet. Um nicht die gesamte Decke

Seiten der Rippen nicht durchbrochen werden. Größere Aus-

dicker ausführen zu müssen, können anstelle von höheren Bal-

sparungen werden in das Primärsystem integriert.

ken breitere Balken oder aber die doppelte Balkenzahl verwen-

Platten aus Brettstapelholz können verstärkt werden, indem

det werden. Bei Stahlkonstruktionen können Stahlprofile mit

man sie dicker macht oder Hilfsstäbe darunter anbringt. Im er-

größerer Materialstärke verwendet werden (HEB- oder HEM-

steren Fall ist die Dicke der durchbrochenen Platte entscheidend

Profile anstelle von HEA-Profilen).

für die Dicke der gesamten Decke, im letzteren Fall ist die Unter-

Bei massiven Betondecken ergibt sich der gleiche Effekt. Dort

seite der Decke nicht mehr eben, was zu Einschränkungen bei

kann die Zusatzbelastung durch eine zusätzliche Bewehrung

den darunter angebrachten Zimmerdecken, Wänden und Leitun-

des Betons aufgefangen werden. Wenn jedoch die Treppenöff-

gen führen kann. Ist die Aussparung ebenso breit wie oder brei-

nung zu lang wird und man den Grenzwert für den maximalen

ter als die Platte, so kann ein Stahlprofil als Wechselbalken ein-

Bewehrungsanteil überschreiten würde, muss die Decke dicker

gesetzt werden. Die Platten auf beiden Seiten der Öffnung

ausgeführt werden. Die Ausnahme wird dann maßgebend für die

müssen das Gewicht und die Belastungen auf den verkürzten

Regel, was zu einer weniger wirtschaftlichen Lösung führt.

Deckenteilen tragen können. Die gleiche Methode wird bei Betondecken aus vorgefertigten Hohlplatten angewendet.

52

53

Kassettendecke Decken mit Aussparungen zur Gewichtsreduktion an der Unterseite

Raumfachwerke Das räumlich angeordnete Fachwerksystem ermöglicht größere Spannweiten bei schlankeren Deckenplatten. Lasten können gezielt eingeleitet werden.

48

B auteile

Vertikale Konstruktionen Der Begriff „Wand“ wird für die vertikale Fläche verwendet, mit

die senkrecht zur Fläche auf die Wand wirken. Die vertikalen Be-

der zwei Räume voneinander getrennt werden. Die Wand besitzt

lastungen werden durch das Gewicht von eventuell auf der

entlang ihrer Fläche einen einheitlichen Aufbau und eine Kon-

Wand ruhenden Bauteilen sowie durch das Eigengewicht der

struktionstypologie. Darin unterscheidet sie sich von der Fassa-

Wand verursacht.

de. Damit sind die Außenwände eines Gebäudes gemeint, jene

In Bezug auf den Lastabtrag lassen sich Wände in vier ver-

Flächen, an denen der Kontakt zwischen dem Gebäude und dem

schiedene Typen einteilen (54). Die Unterscheidung erfolgt eben-

äußeren Raum stattfindet, mit allen dazugehörigen – techni-

so wie bei den Überspannungen von Räumen anhand der Auf-

schen, kulturellen, ästhetischen – Bedeutungen und Bauteilen

lagemöglichkeiten. Belastungen können über ein an einer Seite

wie Balkons, Fenstern, Erkern, Türen, Friesen, Dachgesimsen

vorhandenes Auflager, über zwei parallel angeordnete Seiten,

und Rinnen.

nach vier Seiten oder auf vier Punkte abgeleitet werden.

Wie bereits erwähnt, sind Wände, also vertikale Trennkon-

Innerhalb dieser Kategorien lassen sich mehrere Untergrup-

struktionen, sowohl horizontalen als auch vertikalen Belastungen

pen unterscheiden. Dabei handelt es sich um theoretische Mo-

ausgesetzt. Die horizontalen Belastungen werden hauptsächlich

delle. Es sind zahlreiche Varianten und Kombinationen möglich.

durch Windeinwirkung verursacht, können aber auch durch die

Die Vielfalt möglicher Lösungen ist wesentlich größer als bei den

Befestigung anderer Teile auftreten. Bezüglich der horizontalen

Decken.

Belastung gehen wir an dieser Stelle nur auf Belastungen ein,

54

Wandtypen Lastabtrag nach einer Seite, nach zwei parallel angeordneten Seiten, nach drei oder vier Seiten oder auf vier Punkte

BAUTE I LE

49

Frei stehende Wand Die Wand steht „lose“ auf einer Decke oder einem Fundament

Wenn die Wand keinerlei Zug – und damit auch keine Biegung

oder anders ausgedrückt: Die Verbindung zwischen Wand und

– aufnehmen kann, weil entweder dem Material, dem Untergrund

Decke kann nur Druckspannungen aufnehmen, keine Zugspan-

oder den Fugen diese Fähigkeit fehlt, muss die erwähnte Resul-

nungen (55). Damit die Wand stehen bleibt, muss die resultie-

tierende außerdem über die gesamte Höhe der Wand in dem

rende Wirkungslinie, d.h. die Summe der Kräfte, die auf einer

dort vorhandenen Wandquerschnitt liegen. Diese Art und Weise

Linie wirken, aus der durch die Windlast verursachten Horizon-

des Wandbaus ist viele hundert Jahre alt und vor allem von Wän-

talkraft und der Vertikalkraft in der Aufstandsfläche der Wand

den bekannt, die aus geschichteten und eventuell mit Fugenma-

liegen (56, 57).

terial wie Lehm, Kalk, Zement oder Klebstoff verbundenen Steinen aufgebaut sind. Dabei kann es sich um Naturstein, Platten aus an der Sonne getrocknetem Lehm oder Ton, Ziegelstein oder Kalksandstein, aber auch um Glasbausteine handeln. Auch massive Beton- und Lehmwände verdanken ihre Stabilität diesem Mechanismus. Das hohe Gewicht der Steine trägt zur Stabilität der Wand bei. Die Wände können frei stehen oder einen Teil des Primär- oder Komplementärsystems bilden. Ist die Wand Teil des Primärsystems, so bewirkt die darauf ruhende Decke eine verbesserte Stabilität der Wand. Die Belastung durch die Decke führt dazu, dass die Resultierende aus horizontaler und vertikaler Belastung steiler nach unten gerichtet ist.

55

Frei stehende Wand Die Wand kann aus Platten (mit vertikalen Fugen), Balken (mit horizontalen Fugen) oder Blöcken (mit horizontalen und vertikalen Fugen) bestehen. H = Windlast V = Eigengewicht

56

Stabilität einer frei stehenden Wand Die Resultierende der Kräfte aus Eigengewicht und Horizontalkraft muss in der Grundfläche der Konstruktion liegen.

50

B auteile

Wenn die Wände einen Teil des Komplementärsystems bilden, ruht die darüber angebrachte Decke nicht auf diesen Wänden und eine eventuell vorhandene mechanische Verbindung zwischen Wand und Decke muss so ausgeführt sein, dass vertikale Belastungen nicht auf die Wand übertragen werden. Die Wand muss eigenstabil sein, weil sie einer Biegebeanspruchung nicht widersteht. In der Praxis können Steinwände jedoch einen gewissen Zug – und damit auch Biegekräfte – aufnehmen. Die Kopplung mit der darüber befindlichen Decke besteht dabei aus einem federnden Anker, der es einerseits erlaubt, dass sich die Decke frei durchbiegen kann, und andererseits an der Oberseite die Übertragung horizontaler Kräfte auf die Decke beziehungsweise das Dach zulässt. Das Fugenmuster kann horizontal, vertikal oder in beide Richtungen verlaufen. In letzterem Fall werden die Elemente oft versetzt aufgeschichtet, damit zufällig auftretende, horizontal wirkende Einzellasten besser über die Wand verteilt werden. Durch die Veränderung der Formgebung der Wand lässt sich die Stabilität vergrößern, etwa mit Stützpfeilern (58) oder schlangenförmig angeordnet. 57

Schweizer Pavillon, Weltausstellung EXPO, Hannover, Peter Zumthor, 2000 Die mit Federn gespannten Stäbe sorgen für die vertikale Reaktion, die erforderlich ist, um die lose aufgeschichteten Holzbalken zusammenzuhalten.

58

Stützpfeiler an einer Stützwand Stabilisierung der freistehenden Wand mittels Stützpfeiler, die im gewählten Beispiel entsprechend der Belastung unten breiter werden

BAUTE I LE

51

Eingespannte Wand Die Wand ist in eine Decke oder ein Fundament (59) eingespannt. Horizontale Lasten werden über Biegemomente, also eine Kombination aus Zug und Druck, auf das Fundament oder die Decke übertragen. Die verwendeten Werkstoffe müssen somit die Fähigkeit zur Aufnahme sowohl von Zug als auch Druck besitzen. Geeignete und im Bau vielfach verwendete Werkstoffe sind Stahl, Aluminium, Holz und Stahlbeton (60). Die Wand kann fugenlos sein, sie kann aber auch vertikale Fugen aufweisen oder aus vertikalen Stäben mit einer Füllung bestehen.

59

In das Fundament eingespannte Wand Zur Stabilisierung der Wand gegen Horizontalkräfte wird diese in das Fundament eingespannt. Wandtypen sind massive Wände, Wandscheiben oder Stützen mit horizontalen Wandelementen.

60

Windschutz am Calandkanal, Niederlande, Maarten Struijs, 1985 Durch die gebogene Form der Betonschutzwände haben diese einen stabileren Stand. Sie sollen auch bei Starkwind eine sichere Passage großer Schiffe durch einen Brücken- und Schleusenkomplex gewährleisten.

52

B auteile

Angelehnte Wand mit zwei parallelen Auflagern Eine solche Konstruktion bildet immer einen Teil des Komplementärsystems, wobei die auftretenden Kräfte auf das Primärsystem übertragen werden. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Decken, manchmal auch um Wände oder Stützen. Zum einen kann die Wand an zwei horizontalen, parallel angeordneten Auflagern befestigt werden, zum Beispiel an Decken oder einem Dachrand (61). Sie kann entweder an der oberen Decke hängen oder auf der unteren Decke stehen. Im ersteren Fall wird die Wand über ein Gelenk mit der oberen Decke und durch ein verschiebliches Auflager mit der unteren Decke verbunden (62). Windlasten werden von der Wand durch Biegung auf die beiden Decken übertragen, eine vertikale Belastung wird durch Zugkraft in die obere Decke eingeleitet. Da die Wand einer Zugbeanspruchung ausgesetzt wird, ist kein Nachweis der Knicksicherheit erforderlich und die Wand kann dementsprechend schlanker dimensioniert werden. Holz, Aluminium und Stahl sind geeignete Werkstoffe für Wände, weil sie Zugkräfte gut aufnehmen können. Stahlbetonwände sind besser für Druckkräfte geeignet und sollten daher mit der unteren Decke über ein Gelenk verbunden werden. Da Windlasten über die beiden Decken eingeleitet werden und die Wand deshalb auch einer

61

Angelehnte Wand mit zwei horizontalen Auflagern Die Wand kann aus Platten oder aus Stützen mit Füllelementen bestehen.

Biegebeanspruchung ausgesetzt ist, kann auf eine Bewehrung nicht verzichtet werden; gegenüber einer hängenden Anbringung genügt jedoch eine schwächere Bewehrung. Der große Vorteil dieses Typs besteht darin, dass vertikale Lasten über Normalkräfte (Zug oder Druck) in die Ständer und nicht durch Biegung in die horizontalen Streben eingeleitet werden, so dass sie schlanker dimensioniert werden können. Auch weil der Abstand zwischen den Decken im Allgemeinen geringer ist als die Distanz zwischen den Stützen und eine Überspannung in der kürzesten Richtung am günstigsten ist, wird diese Bauweise oft angewendet.

a

b

62

Möglichkeiten der Fixierung einer nicht-tragenden Wand a Stehend: gelenkig unten, verschieblich oben b Hängend: gelenkig oben, verschieblich unten

BAUTE I LE

53

Bei einem weiteren Typ werden die Belastung der Wand und die auf die Wand einwirkenden Kräfte auf vertikale Elemente – Wände oder Stützen – des Primärsystems übertragen (63). In mechanischer Hinsicht ist dieses Konzept logisch, wenn der Abstand zwischen den vertikalen Auflagern deutlich kleiner als der Abstand zwischen den Decken ist. Ein Nachteil ist, dass die horizontal ausgerichteten tragenden Elemente, also die waagrechten Streben, die vertikale Belastung durch Biegung und nicht über Normalkräfte auf die Auflager übertragen müssen. Dabei kommt es zu stärkeren und lästigeren Verformungen der Konstruktion (66). Wenn die Wand aus Platten besteht, die als Träger fungieren können, hält sich der Nachteil in Grenzen. Oft spielen ästhetische Überlegungen bei der Entscheidung für eine vertikale oder horizontale Ausrichtung eine Rolle (64, 65). 63

Angelehnte Wand mit zwei vertikalen Auflagern Die Wand kann aus Platten oder aus Stützen mit Füllelementen bestehen.

64

Muziekgebouw, Amsterdam, 3XN Architects, 2005 Die großdimensionierten horizontalen Streben übertragen die Windlasten auf die Stützen des Haupttragwerks. Sie hängen an Zugstäben.

54

BAUTE I LE

65

Carré d’Art, Nîmes, Frankreich, Sir Norman Foster, 1993 Die horizontalen Streben sind stärker dimensioniert als die Ständer, weil sie das Gewicht der Glasplatten und die Windlasten auf die Fassadenstützen aus Beton übertragen.

66

Verformungen von Fassadenelementen, die mit horizontalen Streben abgestützt werden Durch das Gewicht der Platten biegen sich die Streben durch, wodurch die Fugen zwischen den Platten Druckkräften ausgesetzt werden.

BAUTE I LE

55

Angelehnte Wand mit Auflagern auf drei oder vier Seiten

Angelehnte Wand mit vier Auflagerpunkten

Die Belastungen werden sowohl in horizontaler als auch verti-

der als Platte betrachtet werden kann –, die Biegekräfte aufneh-

kaler Richtung abgeleitet Die horizontale (Wind-)Last wird über

men kann, welche in ihrer Ebene sowie senkrecht zu ihrer Ebene

horizontale Streben auf die Wände übertragen. Die vertikale Be-

wirken (67).

Die Wand besteht aus einer Platte – oder aus einem Rahmen,

lastung wird entweder über Hängestäbe in die obere oder über Druckstäbe in die untere Decke eingeleitet. Für die Dimensionierung der Hängestäbe brauchen lediglich Zugkräfte zu Grunde gelegt zu werden, wodurch eine sehr schlanke und horizontal gegliederte Konstruktion entsteht. Vertikale Stäbe im unteren Stockwerk, die den Zugang zum Gebäude behindern könnten, sind nicht erforderlich. Im Prinzip können die vertikalen Lasten auch über Druckstäbe in das Fundament eingeleitet werden, doch aus Gründen der Knicksicherheit müssen sie stärker dimensioniert werden. Die Schlankheit hängender Stäbe lässt sich mit Druckstäben nicht erreichen (68).

67

Abstützung auf vier Punkten Nicht nur Platten, sondern auch steife Rahmen können auf diese Weise montiert werden.

68

Angelehnte Wand mit Auflagern an drei oder vier Seiten Windlasten werden über die horizontalen Streben auf die Wände übertragen. Zugbeanspruchte Hängestäbe verhindern eine Durchbiegung dieser Streben.

56

BAUTE I LE

Über Biegespannungen werden die Belastungen auf die Auf-

Bei der Erörterung dieser Systeme geht es um jene Wand-

lager übertragen, die sich – damit die Biegebeanspruchung der

schicht oder Wandschale, die als Träger fungiert. In den meisten

Decken möglichst gering bleibt – vorzugsweise nahe an jenen

Fällen ist dies die Innenschale. Je nachdem, welche Anforderun-

Stellen befinden, an denen sich Wände oder Stützen sowie

gen in puncto Ästhetik, Wärme- und Schalldämmung sowie Was-

Decken kreuzen. Die Platte kann einen homogenen Querschnitt

ser- und Außenluftabdichtung gelten, kann man weitere Schich-

aufweisen, was bei Betonplatten meistens der Fall ist, oder aus

ten hinzufügen, die an oder in der tragenden Schicht fixiert

mehreren Schichten aufgebaut sein (69).

werden.

69

Zusammengesetztes Fassadenelement In den Betonrahmen sind in den Anschlussbereichen Stahlprofile zur Befestigung am Gebäude eingelassen.

BAUTE I LE

57

Öffnungen in Wänden

Öffnungen kleiner als das Rastermaß

Eine Öffnung, die Lichteinfall und Aussicht ermöglicht, stellt in

Ist das Öffnungsmaß kleiner als das Konstruktionselement, so

den meisten Fällen eine Unterbrechung der tragenden Funktion

bedarf es keiner besonderen konstruktiven Maßnahmen, sofern

der Baukonstruktion dar; dies gilt unabhängig davon, ob es sich

rund um die Öffnung genügend festes und steifes Material für

dabei um eine Wand oder ein Dach handelt. Bei Tür- und Trep-

die Einleitung der Kräfte übrig bleibt (70). Eine eventuelle Ver-

penöffnungen ist dies grundsätzlich der Fall.

stärkung kann innerhalb der Abmessungen des Elements selbst

Im Prinzip gibt es drei Möglichkeiten: Die Umgrenzung der

hergestellt werden. Das die Fassade abschließende Element

Öffnung passt in das Rastermaß der konstruktiven Struktur; die

verfügt über einen entlang seiner Fläche homogenen Aufbau.

Umgrenzung deckt sich teilweise mit dieser Struktur, oder die

Sofern die Festigkeit und Steifigkeit des restlichen Materials

Umgrenzung der Öffnung überschreitet das Raster der konstruk-

ausreichend ist oder nachträglich erreicht werden kann, etwa

tiven Struktur.

durch die Anbringung zusätzlicher Bewehrungseinlagen in einem Betonelement, kann in dieser Fläche eine Öffnung angebracht werden. Die Verbindung von Wandelementen und umgebender Konstruktion kann völlig anders ausgeführt sein als die Verbin-

70

Öffnung in der Wand Die Öffnungen sind kleiner als das Rastermaß.

58

B auteile

Öffnungen von gleicher Größe wie das Rastermaß dung von Tür- oder Fensterrahmen und Wand. Die Öffnung ist

In einem System mit tragenden Ständern oder horizontalen Stre-

kleiner als das Abstandsmaß zwischen den Stäben (Ständer

ben, die mit Füllungen versehen sind, werden diese ganz oder

oder horizontale Streben), welche die tragende Struktur der Fas-

teilweise durch ein transparentes Füllelement ersetzt. Die tragen-

sade bilden. Um den Rahmen mit den tragenden Stäben zu ver-

de Struktur wird nicht durchbrochen, so dass es nicht nötig ist,

binden, muss ein Zwischenrahmen angebracht werden. Der Tür-

die Ständer oder horizontalen Streben zu verstärken. Wenn die

oder Fensterrahmen wird an allen Seiten in gleicher Weise mit

Öffnung bis zum Rand des Elements reicht, empfiehlt es sich,

dem Zwischenrahmen verbunden. Sofern das restliche Material

diesen nicht zu durchbrechen. Der Anschluss zwischen dem

ausreichend fest und steif ist, können die Kräfte durch das Ele-

Fassadenelement und der dahinter befindlichen Konstruktion ist

ment selbst abgeleitet werden. Die Verbindung zwischen Tür-

dann ringsum in gleicher Weise ausgeführt. Auch die Verbindung

oder Fensterrahmen und Wandelement kann anders ausgeführt

des Tür- oder Fensterrahmens ist dann rundherum von gleicher

sein als der Anschluss zwischen den Wandelementen unter-

Ausführung.

einander.

Bei Öffnungen, die sich mit dem Rastermaß decken (71) wird das Element unterbrochen, in dem die Öffnungen angebracht wurden, weshalb die Übertragung der darauf einwirkenden Kräfte (vertikal und horizontal, Gewicht und Wind) über die benachbarten Elemente erfolgen muss. Diese müssen stärker dimensioniert werden, und die Fuge zwischen den Elementen besitzt nicht mehr nur eine Dichtungsfunktion, sondern muss auch Kräfte übertragen können.

71

Öffnung in der Wand Die Öffnungen decken sich mit dem Rastermaß.

BAUTE I LE

59

Öffnungen größer als das Rastermaß Wenn die Öffnung die Stäbe durchtrennt (Ständer oder horizon-

In Wänden, die aus Blöcken aufgebaut sind, haben die Öffnun-

talen Streben) soll die unterbrochene Lastabtragung mittels ei-

gen meistens größere Abmessungen als die einzelnen Blöcke.

ner Wechselkonstruktion wieder ermöglicht werden (73). Eine

Um die Belastung des Oberbaus aufnehmen zu können, werden

Verdopplung der Ständer oder horizontalen Streben oder eine

Fensterstürze aus Natur- oder Ziegelstein, Beton oder Stahl ver-

Änderung der Wirkrichtung bei der Lastabtragung kann in die-

wendet. Die Festigkeit der Wandzonen auf beiden Seiten der

sem Fall wünschenswert sein.

Öffnung muss für die Aufnahme der umgeleiteten Kräfte ausrei-

Das restliche Material oberhalb und unterhalb der Öffnung

chend sein (72).

muss dafür sorgen, dass die auf die Wand wirkenden Kräfte auf die Stützen oder Wände übertragen werden. Durch die Anbringung eines die Öffnung umschließenden Zwischenrahmens kann verhindert werden, dass das schwächste Glied bestimmend für das Rastermaß der Elemente wird. Die Verbindungen zwischen den Elementen müssen nicht nur dicht sein, sondern auch Kräfte übertragen können. Auch kann der Lastabtrag über einen Sturz oder einen Zwischenträger geregelt werden, der sich hinter den Wandelementen befindet; alternativ müssen die Anschlüsse zwischen den Elementen die Kräfte übertragen können.

72

Bonnefantenmuseum, Maastricht, Aldo Rossi, 1995 In die Mauerwerksfassade sind Stahlträger zur Lastabtragung eingebettet.

73

Öffnung in der Wand Die Öffnungen sind größer als das Rastermaß.

60

B auteile

3 | Verbindungen Gebäude bestehen aus Einzelteilen, die verschiedene Funktio-

staltung des Gebäudes. Wie der Anschluss von Bauteilen letzt-

nen erfüllen und unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Damit

lich ausgestaltet wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, und

sie eine Einheit bilden, müssen diese Bauteile miteinander ver-

die Zahl der theoretisch richtigen Lösungen ist groß. Es ist Auf-

bunden werden. Fertigungsmöglichkeiten, Transportbeschrän-

gabe des Architekten, hier jene Ausführung zu wählen, die für den

kungen, die Handhabung auf der Baustelle und die Materialei-

Entwurf am geeignetsten ist. Anschlussdetails sind gebäude-

genschaften – insbesondere das Verformungsverhalten – sind

spezifisch, und es ist schwierig, aus einem spezifischen Entwurf

entscheidend für die maximalen Abmessungen der Elemente und

allgemeine Aussagen zu destillieren. Deshalb werden in diesem

damit für die Notwendigkeit, diese untereinander zu verbinden.

Buch keine konkreten Details als Beispiel herangezogen. Wir ver-

Innerhalb des Anschlusses erfolgt ein Übergang von einem Bau-

wenden Prinzipien und Modelle, allgemeines Wissen, das sich

teil mit bestimmten Funktionen und/oder Eigenschaften zu einem

auf den spezifischen Anschluss in einem bestimmten Entwurf an-

Bauteil mit anderen Funktionen und/oder Eigenschaften. Dabei

wenden lässt. Die Erfahrung bei der Anwendung dieser Prinzi-

müssen sich einige der Funktionen fortsetzen, während andere

pien kann in diesem Buch nicht vermittelt werden; dies ist eine

Funktionen wechseln. Betrachtet man als Beispiel ein in die Wand

Fähigkeit, die oft erst in der Entwurfspraxis voll entwickelt wer-

eingelassenes Fenster, so müssen sowohl die Wand als auch

den kann. Die hier vermittelten Kenntnisse stellen jedoch eine

das Fenster wasserdicht sein, während die Funktion „Lichtdurch-

Voraussetzung für die Aneignung dieser Fähigkeit dar.

lässigkeit“ zwischen den beiden Elementen wechselt. Wenn Bauteile gemeinsam eine mechanische Aufgabe wie beispielsweise Tragen erfüllen müssen, muss die Funktion „Tragen“ auch in der Verbindung zwischen diesen Bauteilen in irgendeiner Weise gewährleistet sein. Ebenso muss der Anschluss die „richtige“ Durchlässigkeit gegenüber thermischen, akustischen oder anderen Einwirkungen aufweisen, sonst ist das Gebäude „undicht“. Innerhalb der Verbindung werden Bauteile miteinander gekoppelt oder ganz im Gegenteil entkoppelt. Anschlüsse zu entwerfen heißt, dass Schichten mit einer bestimmten Funktion dort, wo dies nötig ist, miteinander „verknüpft“ werden und dort, wo eine solche Verknüpfung nicht nötig ist, voneinander getrennt werden (1). Es kann etwa darum gehen, die Schichten innerhalb eines Bauteils zu verknüpfen, wie zum Beispiel bei der durch die Wärmeschutzschicht hindurchführenden Verbindung einer wasser-

?

?

abweisenden äußeren Wandschale mit der Innenschale, aber auch um die Verbindung zwischen unterschiedlichen Bauteilen, etwa zwischen einer Wand und einer Decke oder einem Fenster und einer Wand. Senkrecht zur Fläche betrachtet handelt es sich um flächige Anschlüsse zwischen verschiedenen Schichten. Innerhalb der Flächenebene betrachtet handelt es sich um line-

?

are Anschlüsse zwischen den Flächen. Einerseits stehen für Anschlüsse bewährte konventionelle Methoden zur Verfügung, andererseits ist die Entwicklung von Anschlüssen die Domäne der Bauindustrie. In vielen Fällen reicht es allerdings nicht, wenn sich der Architekt einen fertig entwickelten Anschluss aus der Palette der angebotenen Lösungen aussucht, sondern er muss den Anschluss selbst entwerfen. Gebäude sind oft sehr speziell ausge-

1

Verknüpfung von Funktionsschichten Dies ist die Kernaufgabe beim Entwurf von Anschlüssen.

führt, was sowohl für die technischen Anforderungen als auch für die äußere Form gilt. Die Anschlüsse zwischen den Bauteilen sind mit entscheidend für die technische Qualität und die Ge-

VERBINDUNGEN

61

Interne und externe Anschlüsse Anschlüsse lassen sich im Wesentlichen unter anderem da-

Der Anschluss ist material-, produkt- oder systemspezifisch und

nach unterscheiden, ob es sich um Anschlüsse handelt, die in

ist entweder von der Tradition geprägt, wie bei einer Mauerfuge,

einer homogenen Fläche angeordnet sind oder zu dem gleichen

oder von dem Hersteller des Produkts oder Systems bestimmt,

System gehören (interne Anschlüsse), oder um die Anschlüsse

wie bei den Anschlüssen zwischen den Teilen eines Aluminium-

von raumumschließenden Flächen von unterschiedlicher Zusam-

rahmens. Der Architekt hat mit dem Entwurf von Anschlüssen

mensetzung (externe Anschlüsse).

dieser Art im Allgemeinen wenig zu tun, weil deren Entwicklung fertig abgeschlossen ist. Der Architekt kann allerdings, wenn er

Interne Anschlüsse

dies für nötig hält, durchaus Einfluss auf die Ausführung der-

Dies sind die Anschlüsse zwischen Teilen, die zu einem bestimm-

artiger Anschlüsse nehmen. Ein Problem können dabei gewähr-

ten System oder einer bestimmten Art gehören, wie zum Beispiel

leistungsrechtliche oder gesetzliche Bestimmungen sein. Ein

die Verbindung zwischen Ziegelsteinen, den einzelnen Elemen-

Hersteller ist häufig nur bereit erprobte und zertifizierte Anschlüs-

ten einer Systemdecke, den Einzelteilen eines Tür- oder Fenster-

se zu garantieren.

rahmens und den Metallplatten einer Fassadenverkleidung (2, 3, 4).

3

Fugenbildung bei einer Rippendecke Dieser interne Anschluss gehört zum Deckensystem.

2

Ausfugung in Ziegelmauern Die Form der Fuge und die Farbe des Fugenmaterials können innerhalb bestimmter Grenzen von dem Architekten vorgegeben werden.

4

Außenwandsystem „Aspect II“ Vertikale Fuge im Außenwandsystem mit Anschluss an das Tragwerk und integrierten Abdichtungsebenen (Entwurf: Alan Brookes)

62

VERBINDUNGEN

Externe Anschlüsse Dies sind die Anschlüsse zwischen Bauteilen, die nicht zum gleichen System oder Typ gehören. Es handelt sich hier etwa um die Verbindung eines Tür- oder Fensterrahmens mit einer Wand, von Wänden untereinander oder einer Bodenplatte mit einem Fundament. Es ist die Aufgabe des Planers, Anschlüsse dieser Art zu entwerfen. Diese Verbindungen bilden ein eigenes Merkmal des Gebäudes oder sie sind ein Bestandteil der architektonischen Formensprache. Bei Tür- und Fensterrahmen aus Holz beispielsweise ist das Profil der Rahmen- und Flügelhölzer ebenso standardisiert wie die Art und Weise, in der die Scheiben eingefügt werden. Die Industrie hat, auch um eine Garantie auf ihre Produkte geben zu können, einheitliche Details entwickelt. Wie ein Rahmen in eine Wand eingesetzt wird, ist dagegen eine typische Entscheidung des Architekten. Auch für diesen Anschluss sind Standarddetails entwickelt worden; die Verantwortung für eine fehlerfreie Konstruktion jedoch liegt bei dem Architekten, und dieser kann aus technischen oder ästhetischen Gründen eigene Anschlüsse entwickeln (5). In einem Anschluss zwischen Bauelementen entstehen Fugen. Fugen sind potentielle Schwachpunkte, sowohl hinsichtlich der Kraftübertragung als auch der Dichtigkeit bzw. Durchlässigkeit der Fuge. Die Fuge eines Mauerwerks zum Beispiel ist wasserdurchlässiger und besitzt eine geringere mechanische Festigkeit als der Mauerstein; sie ist, mit einem Flächenanteil von 24 %, in hohem Maße entscheidend für die Wasserdichtigkeit und Festigkeit der Wand. Fugenkonstruktionen sind teuer und das Reduzieren der Fugenlänge bringt wirtschaftliche Vorteile mit sich.

5

Wohnbauprojekt Hoogte Kadijk, Amsterdam, Claus en Kaan Architecten, 1998 Die Fassade von außen und innen. Die Position des Rahmens in der Außenwand ist in hohem Maße bestimmend für die Ästhetik.

Ferner spielt auch der durch Fugen verursachte Instandhaltungsaufwand eine Rolle. Andererseits wächst mit einer Reduktion der Fugen die Größe der aneinander zu fügenden Elemente, was den Einsatz leistungsfähigerer Transportmittel und Kräne erforderlich macht. Auch ästhetische Ansprüche spielen eine wichtige Rolle, wenn die Fugen einen bedeutenden Aspekt der äußeren Erscheinung des Gebäudes bilden. Der Planer hat die Aufgabe, Material- oder Produktabmessungen, ästhetische Anforderungen und technische Rahmenbedingungen aufeinander abzustimmen (6).

6

Tafelgrößen im Holzskelettbau Im Holzskelettbau spielen die Abmessungen der Deckenund Wandtafeln eine entscheidende Rolle für die Dimensionierung. Im Prinzip werden ganze Paneele verwendet und die Abstände der Deckenbalken und Wandstützen darauf abgestimmt.

VERBINDUNGEN

63

Art und Funktion der Anschlüsse Die Dichtigkeit bzw. Durchlässigkeit eines Gebäudes muss auch

Fugenbildung durch Positionierung der Bauteile

in den Anschlüssen gewährleistet sein. Die entweder dichtende,

Der einfachste Weg, eine funktionsfähige Fuge zwischen zwei

absorbierende oder durchlässige Funktion im Bereich von An-

Bauteilen zu schaffen ist die geeignete Anordnung der miteinan-

schlüssen kann durch entsprechende Positionierung der Fuge,

der zu verbindenden Teile zueinander. In diesem Fall ist es weder

durch Form- oder durch Materialschluss erreicht werden, was im

nötig, den zu verbindenden Teilen eine bestimmte Form zu ge-

Folgenden näher erläutert wird (7).

ben, noch ist es erforderlich, ein zusätzliches Material zu verwen-

Auch die kombinierte Anwendung dieser Methoden ist eine

den.

Möglichkeit, die häufig genutzt wird. Welche Art von Fuge man wählt, hängt von der gewünschten Funktion, von dem Material,

Man unterscheidet drei verschiedene Arten:

der erforderlichen Lebensdauer und dem Aussehen der Fuge ab.

Stoßfugen

Offene Fugen

Überlappende Fugen

Position

Intern

b

a

c

Extern Intern

f

e

Extern

Form

Bessere Abdichtung durch komprimierbares Fugenprofil. Anzuschließende Elemente liegen nicht in einer Ebene. d

g

h

Material

i

k

j

l

Verformbar

m

n

Nicht verformbar

o

Die verschiedenen Fugentypen im Überblick Unterschieden werden Stoßfugen, offene Fugen sowie überlappende Fugen. Diese Fugen können durch die Position, die Form oder mittels eines zusätzlichen Fugenmaterials gebildet werden.

VERBINDUNGEN

Vergrößerung der Haftfläche. Nur begrenzt verformbar

Unbearbeitete Kanten

7

64

Bessere Abdichtung durch komprimierbares Fugenprofil. Anzuschließende Elemente liegen in einer Ebene.

Stoßfugen

Offene Fugen

Die miteinander zu verbindenden Teile grenzen direkt aneinander

Die miteinander zu verbindenden Teile berühren einander nicht

(7a). Wenn sich die zu verbindenden Teile durch thermische Ein-

(7b). Die offene Fuge kann die Funktion haben, bestimmte Ein-

flüsse, eindringende Feuchtigkeit oder mechanische Belastung

flüsse (meistens Luft) durchzulassen; sie kann auch eine Aus-

verformen, so besteht dafür kein Spielraum. Es können sich star-

dehnung der zu verbindenden Teile ermöglichen. Für die Ab-

ke Spannungen bilden, was zum Bruch der zu verbindenden

dichtung gegen Luft und Wasser sorgen dahinter angeordnete

Teile führen kann. Die Dichtwirkung ist schlecht, zumindest was

Schichten. Die Innenschale muss absolut luftundurchlässig sein.

den Widerstand gegen Außenluft und Wasser betrifft, weil viele

Durch den Druckaufbau im Hohlraum wird das Eindringen von

Materialien aufgrund ihrer unebenen Oberfläche niemals eine

Regenwasser so weit verhindert, dass kein Schaden entsteht.

vollständige Abdichtung bieten können. Durch Kapillareffekte

Allerdings muss die Wärmedämmschicht im Hohlraum mit ei-

kann Wasser in die Fuge gesaugt werden, jedoch nur schwer

ner wasserundurchlässigen, aber dampfdurchlässigen Folie ge-

wieder verdunsten. In der Fuge gefrierendes Wasser dehnt sich

schützt werden. Die Außenschale fungiert in diesem Fall nur als

aus, was zu Schäden an der Konstruktion führen kann. Holzkon-

erste Regenschutzbarriere, als Schutz der Wärmedämmschicht

struktionen mit derartigen Fugen können verfaulen, Stahlkon-

vor Beschädigung, als Schutz vor UV-Strahlung – die Kunststoff-

struktionen können korrodieren. Diese Fugen eignen sich für die

folien und Wärmedämmschichten schädigt – und als ästhetisch

Anwendung in Innenräumen, da sie dort wenig Temperatur- und

ansprechendes Gewand. Die Verwendung teurer Fugenmasse

Feuchtigkeitseinflüssen ausgesetzt sind.

wird so vermieden (8, 9).

8

9

Offene Fuge in einer Fassadenbekleidung Oben Sperrholzplatten, unten Naturstein. Durch den Druckaufbau in der Luftschicht dringt wenig Wasser in die Fugen ein und die teure Fugenabdichtung kann entfallen.

Aufbau einer Fassade mit offenen Fugen Die Wasserschutzschicht muss UV-beständig sein, Verankerungen bestehen aus korrosionsund verrottungsbeständigem Material. Durchschlagendes Wasser muss am unteren Ende des Hohlraums abfließen können. Der Anker besitzt eine Abtropfkante, damit durchschlagendes Wasser nicht die Innenschale erreicht.

VERBINDUNGEN

65

Überlappende Fugen

Einander kreuzende Fugen

Dies ist ein oft verwendetes Fugenprinzip (7c). Die Teile brau-

Dort, wo Fugen aus unterschiedlicher Richtung aufeinander tref-

chen nicht aneinander anzuliegen, die Fuge bleibt für bestimmte

fen, muss die Kontinuität der Dichtung gewährleistet werden.

Funktionen wie zum Beispiel Belüftung offen, besitzt aber den-

Horizontale und vertikale Fugen können unterschiedlich ausge-

noch eine Dichtungsfunktion zum Schutz vor Regen oder Ein-

führt sein, und auch in diesen Fällen muss das Gebäude dicht

blick. Sollten die Teile aneinander anliegen, so ist wegen der

sein.

unebenen Oberfläche der zu verbindenden Materialen keine ab-

An einer Ecke kann eine Öffnung entstehen, wenn die hori-

solute Abdichtung gegeben. Durch die richtige Positionierung

zontale und die vertikale Fuge nicht in einer Ebene liegen (12).

von Befestigungsmitteln wie Schrauben oder Nägel kann Druck

Das gilt nicht nur für einzelne Elemente wie Tür- und Fenster-

aufgebaut werden, während sich die zu verbindenden Teile den-

rahmen, sondern auch für Außenwände, Dächer und Decken.

noch ausdehnen und schrumpfen können (10,11). In den meisten Fällen wird ein derartiger Anschluss in horizontaler Anordnung angewendet, wobei der obere Teil den unteren Teil überdeckt und eine regendichte – aber noch keine wasserdichte! – Fuge entstehen lässt.

11

Vertikale Fassadenverkleidung aus ungehobeltem Holz Die schmalen Holzlatten sorgen für die Fixierung der breiteren Teile.

12 10

Stülpschalung aus Holzteilen Horizontale Teile werden auf Ständer geschraubt oder genagelt. Pro Teil wird ein Nagel so platziert, dass das darunter befindliche Teil zwar fixiert wird, sich aber noch etwas ausdehnen oder schrumpfen kann.

66

VERBINDUNGEN

Ungünstige Lösung für das Aufeinandertreffen von horizontaler und vertikaler Fuge In der Ecke ist hier der Anschluss offen; es ist aber vor allem bei luftundurchlässigen Fugen wichtig, dass diese in derselben Ebene liegen.

Fugenbildung durch die Form der Bauteile Direkt formschlüssige Fugen sind luftdurchlässig; die in der Re-

In diesem Fall geschieht die Fügung durch die Form der zu ver-

gel unebene Oberfläche der Materialien macht eine ausreichen-

bindenden Teile wie zum Beispiel bei Dachziegeln, wo die Aus-

de Abdichtung gegen Außenluft unmöglich. Fugen, die gegen

bildung der überlappenden Fugen durch die Ziegelform bestimmt

Luft abdichten sollen, müssen somit entweder als indirekt form-

wird (direkte Methode), (7e und f). Alternativ kann ein drittes Ele-

schlüssige Fugen ausgebildet sein, wobei die hinzugefügte Form

ment, beispielsweise ein Profil, hinzugefügt werden, das die Ab-

aus einem flexiblen Material besteht, oder es müssen material-

dichtung herstellt (indirekte Methode), (7g und h). Auch eine

schlüssige Fugen angewendet werden. Vielfach verwendet man

Kombination beider Methoden ist möglich (7i, 7j, 14, 15).

eine doppelte Abdichtung; dabei sorgt die äußere Dichtung für den Regenschutz, während die innere Dichtung den Luftwechsel verhindert. Es können nach Bedarf sogar dreifache Abdichtungen ausgeführt werden (57). Bei Verwendung flexibler Gummioder Kunststoffprofile müssen diese dort, wo die horizontale und die vertikale Fuge aufeinander treffen, in irgendeiner Weise verbunden werden. Dies sollte in einer Werkstatt erfolgen, weil hier die günstigsten Bedingungen für die Herstellung fehlerfreier Verklebungen herrschen (13).

14

Waterloo Station, International Terminal, London, Nicholas Grimshaw, 1993 Anschluss an das Tragwerk mit überlappender Fuge

13

Eckverbindung zwischen Gummiprofilen in einer Außenwandkomponente Die Verbindung wurde in der Werkstatt hergestellt. Auf der Baustelle ist es schwierig, Dichtungen dieser Art luftundurchlässig auszuführen.

15

Waterloo Station, International Terminal, London, Nicholas Grimshaw, 1993 Glasdetail: Überlappende Fuge mit Dichtungsgummi

VERBINDUNGEN

67

Die offene Fuge in (7e) besitzt durch den so genannten Labyrinth-

fertigtes Fassadenelement aus Holz mit Klemmhalterungen an

effekt eine gewisse Regenschutzwirkung. Strömt wasserhaltige

der Stirnseite einer Betonwand fixieren, die zu diesem Zweck

Luft durch eine solche Fuge, so wird sie darin durch eine Verbrei-

entsprechend ausgebildet ist (16). Durch Anziehen der Schrau-

terung oder Verlängerung der Fuge verlangsamt. Das führt dazu,

ben wird das flexible Dichtungsband zwischen Element und Be-

dass das Wasser in der Fuge nach unten sickert. In horizontalen

tonwand zusammengedrückt, so dass durch Anpressdruck eine

Fugen muss die Feuchtigkeit durch die Form der Fuge nach außen

dauerhaft luftundurchlässige Abdichtung erreicht wird (17). Wird

abgeleitet werden. Eine Fuge kann auch als überlappende Kon-

ein Bauteil nicht vor, sondern in einer Öffnung eingesetzt (18a),

struktion angelegt sein (7f), bei der die zu verbindenden Teile in

so kann die Abdichtung nicht mit Dichtungsband hergestellt

einer Ebene liegen, Spielraum für Dehn- und Schrumpfbewegun-

werden, weil dieses vor der Montage aufgebracht werden muss

gen bleibt und die beiden Teile einander (teilweise) fixieren. Wei-

und beim Einsetzen des Bauteils möglicherweise beschädigt

terhin kann ein verformbares oder unverformbares Element in

wird. Wird das Bauteil vor die Öffnung gesetzt (18b), ist dieses

oder über der Fuge angebracht werden (7g). Durch Verwendung

Problem gelöst; besser ist jedoch die Profilierung des Bauteils

eines flexiblen Fugenmaterials wird die Abdichtung in einer über-

(18c), weil das Element dann bereits vorläufig platziert werden

lappenden Fuge verbessert (7h). Ein großer Vorteil von überlap-

kann.

penden Fugen im Allgemeinen ist die Möglichkeit, die Fuge mit

Grundsätzlich können Abdichtungen mit Fugendichtungs-

Anpressdruck zu belasten. Beispielsweise lässt sich ein vorge-

masse ohne Probleme auf der Baustelle hergestellt werden, auch im Bereich von Ecken und Kreuzungen, doch unter dem Gesichtspunkt von Lebensdauer, Zuverlässigkeit und Demontierbarkeit sind Gummi- oder Kunststoffdichtungen zu bevorzugen (19–22).

16

Befestigung eines vorgefertigten Fassadenelements aus Holz Durch die Langlöcher in den Stahlbügeln und die Schlitze im Holzelement erlaubt der Stahlbügel bei der Anbringung große Maßtoleranzen und lässt sich das Element sowohl seitlich als auch in der Höhe justieren. Es wurden zwei Bügel verwendet, um eine Schallübertragung durch den Bügel zu vermeiden.

68

VERBINDUNGEN

17

Fixierung eines Fassadenelements aus Holz an der Stirnseite einer Betonwand Durch das Anziehen der Schraube wird das Element an das Dichtungsmaterial gepresst.

a

b

c

18

Mögliche Anordnung eines Elements in einer Öffnung a Position vertikal determiniert b Position horizontal determiniert c Position vertikal und horizontal determiniert Hier sind Dichtung und Position optimal gewählt worden.

POSITION VERTICALLY DETERMINED

POSITION HORIZONTALLY DETERMINED

POSITION HORIZONTALLY + VERTICALLY DETERMINED

19

Außenwandsystem „Aspect II“ Das vertikale, luftundurchlässige Fugenprofil aus Gummi, das sich zwischen dem Ständer und den Sandwichplatten befindet, wird an die flexible Gummifuge zwischen den Platten gedrückt (Entwurf: Alan Brookes).

VERBINDUNGEN

69

20

Abdichtung gegen Außenluft bei Fassadenelementen aus Beton Die aus bituminösen Bahnen bestehende Abdichtung wird angebracht, bevor die Wärmedämmschicht und die Fassadenbekleidung montiert werden.

22

21

Aufeinandertreffen horizontaler und vertikaler Fugen Bei überlappenden Fugen entstehen Öffnungen in dem Bereich, in dem die Elemente expandieren können.

70

VERBINDUNGEN

Prinzip der Abdichtung zwischen Außenwandelementen aus Beton Die Abdichtung gegen Wasser und Luft erfolgt in zwei separaten Schichten. Der Regenschutz wird durch eine Überlappung in der Horizontalfuge und durch eine Verbreiterung sowie durch ein flexibles, von oben her in die Fuge eingeschobenes Profil aus Hartkunststoff in der Vertikalfuge erreicht. Für die Abdichtung gegen Außenluft auf der Innenseite sorgen Gummiprofile oder Dichtungsmasse.

Fugenbildung durch das Material der Bauteile

Position der Anschlüsse

Bei diesen Fugen macht man sich die materielle Beschaffenheit der Objekte zunutze. Es wird eine physikalisch-chemische

Toleranzen

Bindung zwischen den Objekten erzeugt: entweder auf direk-

Die Ausbildung der Fugen und die notwendigen Toleranzen rich-

te Weise, indem beispielsweise Stahlteile durch Verschweißen

ten sich nach den Hauptcharakteristika der zu verbindenden

miteinander verbunden werden, oder auf indirekte Weise unter

Teile, nämlich Position, Ausdehnung (Form und Größe) und Be-

Verwendung eines weiteren Materials, das für den Anschluss

lastung.

zwischen den beiden Teilen sorgt, beispielsweise eine Lötverbindung zwischen zwei Metallteilen. Eine stumpfe Stoßfuge (7k)

Position

entsteht, wenn man zwei Elemente durch Schweißen oder Ver-

Die Platzierung von Bauteilen erfolgt mit einer unvermeidlichen

gießen miteinander verbindet. In dieser Fuge ist kein Raum für

Ungenauigkeit. Die in den Bauplänen aufgeführten Positions-

ein Ausdehnen oder Schrumpfen der zu verbindenden Werkstof-

und Größenangaben von Bauteilen beziehen sich auf ein virtuel-

fe. Lässt man zwischen den zu verbindenden Elementen einen

les System von Linien, das den Längen- und Breitengraden der

Zwischenraum, so kann dieser Raum mit einem verformbaren

Erde vergleichbar ist. Sowohl die Markierung des virtuellen Be-

Fugenmaterial (Dichtungsmasse) oder mit einem unverformbaren

zugssystems auf der Baustelle als auch die Platzierung der Ele-

Material wie Zement- oder Kalkmörtel gefüllt werden, wie er in

mente anhand dieses Systems sind nicht genau. Die Bedingungen

Ziegelsteinmauern verwendet wird (7l, n).

auf der Baustelle, die Größe der Elemente und das Bautempo

Wenn die beiden miteinander zu verbindenden Elemente, die

machen eine hohe Genauigkeit unverhältnismäßig zeitraubend

mit einem Randprofil versehen sein können, einander überlap-

und teuer, wenn nicht gar unmöglich. Es ist ebenso unmöglich,

pen, hat man die Möglichkeit, die Dichtungsfläche und die Flä-

ein Objekt von einer bestimmten Größe in einer Öffnung mit ex-

che, die der Fixierung dient, zu vergrößern und auf diese Weise

akt denselben Abmessungen anzubringen. In der Fuge werden

nicht nur eine bessere Abdichtung, sondern auch eine bessere

diese Positionsabweichungen ausgeglichen (23).

Fixierung der verbundenen Bauteile zu erzielen. Die Verformbarkeit hängt von der Flexibilität des Fugenmaterials ab (7m, o).

23

Ungenauigkeit und Unmöglichkeit der Platzierung Ohne genügend Einbauraum können Elemente nicht eingesetzt werden.

VERBINDUNGEN

71

Ausdehnung

Belastung

Der Abstand zwischen den Verbindungen untereinander richtet

Decken, Dächer, Wände und Stützen erfahren unter Einwirkung

sich unter anderem nach den Abmessungen, in denen die zu

einer zunehmenden Last eine elastische Verformung. Nach der

verbindenden Bauteile gefertigt, transportiert oder in das Bau-

Entlastung nehmen die Bauteile wieder ihre ursprüngliche Form

werk eingefügt werden können. Doch auch die Manövrierbarkeit

an. Tritt hingegen eine mit der Zeit zunehmende Verformung un-

auf der Baustelle und der erforderliche Einsatz von Gerät oder

ter dem Einfluss einer relativ hohen, aber gleich bleibenden Be-

Hilfsmitteln wie Kränen, Schalungen und Stützen schränken die

lastung auf, so spricht man von „Kriechen“. Durch die Schaffung

Abmessungen von Bauprodukten ebenso ein wie die geltenden

eines Zwischenraums zwischen den miteinander zu verbinden-

Arbeitsschutzbestimmungen. Je nach Werkstoff und Herstel-

den Teilen wird verhindert, dass bei einer Verformung bestimm-

lungsverfahren kann die Genauigkeit bei der Fertigung im Be-

ter Teile des Tragwerks andere Teile der Ausbaukonstruktion

reich von Zehntelmillimetern oder mehreren Zentimetern liegen.

Kräften ausgesetzt werden, für die sie nicht ausgelegt sind (25,

Eine absolute Maßhaltigkeit ist unmöglich. Im Allgemeinen steigt

26).

der Grad der Genauigkeit vom Rohbau bis zum Feinausbau. In

Weiterhin unterliegen alle Werkstoffe durch den Einfluss

der Rohbauphase rechnet man bei Ortbetonkonstruktionen mit

schwankender Temperaturen einer gewissen Dehnung und

Abweichungen von bis zu 30 mm gegenüber den Sollmaßen.

Schrumpfung; auch bei steigender oder sinkender Luftfeuchtig-

Bei Stahlkonstruktionen beträgt die zulässige Abweichung von

keit kommt es bei vielen Materialien zu Formänderung. Diese

dem Sollwert 5 mm. Außenwandkonstruktionen weisen Abwei-

wird von hohen Kräften begleitet (27).

chungen von einigen Millimetern auf. Im Grunde ist es sinnvoller, die Maßabweichung in Prozent der Sollgröße auszudrücken. Bauteile können in ihrer Länge, Breite und Höhe abweichen, sie können aber auch nicht die erforderliche Rechtwinkligkeit besitzen oder uneben, gebogen, krumm oder verzogen sein. In der

24

Fuge werden die Formabweichungen ausgeglichen (24).

Form- und Maßabweichungen von Bauteilen a Schiefwinkligkeit b Maßabweichungen c Windschief d Gewölbt e Gebogen f Krumm

72

a

b

c

d

e

f

VERBINDUNGEN

26

Falsche Kopplung zwischen Primär- und Komplementärsystem Die Schrauben, mit denen der Anker an der Stirnseite des Balkens an der Außenwandstütze verbunden ist, sind durch Biegung des Balkens und/oder Dehnung der Außenwand herausgezogen worden.

25

Raum zwischen Bauteilen Wenn sich tragende Teile unter Belastung verformen, darf ihre Last nicht auf nicht-tragende Teile abgetragen werden.

27

Fugen im Mauerwerk Die offenen Fugen sollen Dehn- und Schrumpfbewegungen der Wand ermöglichen. Obwohl die Fugen offen sind, ist eine Abdichtung nicht nötig, weil sich in dem Hohlraum Druck aufbaut.

VERBINDUNGEN

73

Justierung In der Fuge werden die materialspezifischen Maßabweichungen

Justieren oder Ausrichten ist die Bezeichnung für die präzise Po-

ausgeglichen. Durch den Einbauraum bleibt zwischen den Bau-

sitionierung von Teilen des Bauwerks. Die Position eines jeden

teilen ein Zwischenraum (Fugenspalt) übrig. Um die Fugenbreite

Teils muss in sechs Richtungen festliegen: drei Translations- und

richtig zu bemessen, müssen die möglichen Positionsabwei-

drei Rotationsrichtungen. Für die Ausrichtung in diesen sechs

chungen, Maßabweichungen und die Formveränderung nach

Richtungen gibt es Richtverfahren und Hilfsmittel.

statistischen Verfahren addiert werden; auf diese Weise werden

Auch bei der Ausrichtung sind drei Methoden zu unterschei-

die Unter- und die Obergrenze der Fugenbreite ermittelt. Das

den, die mit den Hauptcharakteristika von Objekten zusammen-

statistisch errechnete Summenmaß wird geringer ausfallen als

hängen: Position, Ausdehnung und Material. Welche Methode

die reine Summierung absoluter Zahlen, weil es unwahrschein-

man anwendet, hängt von dem Bauteil ab, das ausgerichtet wer-

lich ist, dass alle Abweichungen gleichzeitig den maximalen oder

den soll. Für die Ausrichtung wird viel Zeit benötigt; sie ist daher

minimalen Wert haben. Für die Bestimmung der Fugenbreite

kostspielig. Müssen viele und relativ kleine Elemente ausgerich-

muss das Fugenmaterial, die Verarbeitungstechnik und das Aus-

tet werden, so gilt es, einfache Verfahren anzuwenden. Ziegel-

maß der Formveränderung der Bauteile berücksichtigt werden.

steine werden von dem Maurer visuell entlang der Fluchtschnur

Zum Beispiel kann man in Fugen von weniger als 6 mm Breite

ausgerichtet. Bei großflächigen, komplexen Fassadenelementen

Silikon praktisch nicht mehr einfüllen. Das Ausmaß der Formver-

verwendet man oft entsprechende Richtkonstruktionen.

änderung des Objekts darf keinesfalls jenseits der Verformungsgrenzen des Fugenmaterials liegen, weil es sonst zum Bruch des Fugenmaterials oder der Befestigung der zu verbindenden Konstruktion kommt (28). Bei der Errichtung eines Gebäudes bleibt zwischen den Bauteilen ein Fugenspalt frei. Die Teile werden nicht zueinander, sondern zu dem virtuellen Bezugssystem positioniert. Anschließend wird die entstandene Fuge auf geeignete Art und Weise abgedichtet. Minimales Maß der Fuge unter Berücksichtigung des Fugenmaterials

Maximale Verformung der Fuge in der Gebrauchsphase

Summe der Positionierungs- und Maßabweichungen

28

Bestimmung der Fugenbreite Das Fugenmaß ist die Summe der statistischen Mittelwerte für die Positionierungsabweichung, die herstellungsbedingte Maßabweichung und die Verformung durch physikalische Phänomene.

74

VERBINDUNGEN

Fugenmaße < maximale Ausdehnung des Fugenmaterials

Justieren durch direkte Positionierung des Bauteils

Justieren durch die Form

Das Element kann sofort an der vorgesehenen Stelle platziert

an dem es angebracht wird – wird so geformt, dass es bei der

werden, wenn die Anschlussteile in der richtigen Position ange-

Anbringung von selbst in die richtige Lage gelangt. In den meisten

bracht worden sind. Ein Beispiel sind die Einzelteile eines Stahl-

Fällen lässt sich die gewünschte Präzision bei der Platzierung

tragwerks. Die Teile können mit so hoher Präzision gefertigt wer-

nur in zwei Richtungen erzielen. Um die verlangte Genauigkeit in

den, dass sie, wenn die Stützen erst einmal korrekt ausgerichtet

der dritten Dimension erreichen zu können, bedarf es eines wei-

worden sind, sofort befestigt werden können. Ein anderes Bei-

teren Richtverfahrens.

Das zu platzierende Objekt – und eventuell das Bauteil, auf oder

spiel sind Ortbetonkonstruktionen. Dort muss nicht sosehr das

Diese Art der Justierung wird für Objekte eingesetzt, die

Bauteil oder die Konstruktion selbst, sondern die Hilfskonstrukti-

sich einfach in die gewünschte Form bringen lassen, wie zum

on (Schalung) des zu gießenden Bauteils ausgerichtet werden.

Beispiel in Formen gegossene oder gepresste Kunststeine wie

Die zu montierenden Objekte werden mit Hilfe von Muskelkraft

Gipsbausteine oder Kalksandsteine. Wenn die Produkte eine

oder einem Gerät an der vorgesehenen Stelle gehalten und an-

besondere Form erhalten sollen, erhöhen sich deren Kosten.

schließend fixiert. Diese Methode hat den Nachteil, dass das

Mit dieser Art der Justierung durch die Form von Bauteilen

Bauteil festgehalten werden muss, solange die Fixierung nicht

können teilweise auch Kräfte übertragen werden. Voraussetzung

endgültig ist, was den Einsatz von Arbeitskraft oder Material

für die Anwendung ist, dass Form und Gegenform mit der glei-

während des gesamten Ausrichtungs- und Fixierungsvorgangs

chen Genauigkeit gefertigt werden können, wie sie auch für das

erfordert (29).

fertige, zusammengesetzte Bauteil verlangt wird (30, 31).

30

Profilierung in Kalksandsteinen Nut und Feder verlaufen konisch, so dass der Stein von selbst in der richtigen Position platziert wird.

29

Ausrichtung durch korrekte Positionierung des Elements Der Mechanismus, mit dessen Hilfe die vorgefertigten Betontafeln ins Lot gebracht werden, befindet sich in der Hilfskonstruktion.

31

Nut und Feder an Kalksandsteinen Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, die Steine zu versetzen.

VERBINDUNGEN

75

Justieren mit Hilfsmaterial

Justieren mit Hilfskonstruktion

Ein plastisches Material wird so geformt, dass es ein Maß aus-

Für diese Methode können Standardprodukte oder Spezialanfer-

füllt. Das Bauelement kann in das noch plastisch verformbare

tigungen verwendet werden. Beispiele von Standardprodukten

Material gedrückt oder auf das ausgehärtete Material aufgesetzt

sind Abstandhalter und Beilagen in verschiedenen Dicken, die

werden. In manchen Fällen sorgt auch das Richtmaterial für

zwischen auszurichtenden Objekten angebracht werden, etwa

Fixierung und Abdichtung, wie zum Beispiel Quellmörtel. Diese

Fliesenkreuze für Kachelbeläge, Kunststoffbeilagen in Zimmerer-

Methode wird für die höhenrichtige Ausrichtung von Steinkon-

konstruktionen und Kunststoffklötze unter den Glasscheiben in

struktionen (einschließlich Beton) und manchmal als Fundament

Fensterrahmen (34).

für Stahlstützen verwendet. Sie ist billig, nicht besonders genau, und die Abbindezeit erfordert eine sorgfältige Planung (32).

Speziell angefertigte Produkte werden zum Beispiel bei großen und komplexen Fassadenkomponenten für Bürogebäude verwendet. Die gewünschte hohe Genauigkeit, das verlangte Bautempo und die schwierigen Bedingungen auf der Baustelle (große Höhe) machen die zusätzliche Investition für die teuren Richtkonstruktionen unvermeidlich. In diesen Fällen werden die Richtkonstruktionen meistens schon vor der Anbringung des Fassadenelements genau positioniert. Das Fassadenelement kann dann sofort platziert und befestigt werden. Diese Produkte werden oft auch zur Fixierung verwendet (33, 35).

33

32

Zementfuge in Ziegelmauern Bei dieser Lösung wird mit nur einem Arbeitsgang der Stein ausgerichtet und fixiert und der Anschluss hergestellt.

Hoftoren, Den Haag, Kohn Pedersen Fox, 2002 Richtkonstruktion: Horizontal zur Außenwandebene kann sich das Element in der in den Beton eingelassenen Ankerschiene verschieben, lotrecht zur Außenwandebene erfolgt die Bewegung durch die Langlöcher mit Sicherungsplatten, und in vertikaler Richtung wird das Element mit Hilfe der Stellschrauben verschoben.

34

Stellplatten Diese werden über eine Schraube geschoben; die Dicke wird mit einer Farbe gekennzeichnet.

35

Museum Kalkriese, Bramsche, Deutschland, Gigon + Guyer, 2002 Richtkonstruktion der Außenwandtafeln aus Cortenstahl

76

VERBINDUNGEN

Fixierung Verschiebliche Auflager, Gelenke, Einspannungen Es gibt unterschiedliche Methoden zur Befestigung von Bauteilen; zunächst ist eine Unterscheidung anhand der mechanischen Wirkungsweise möglich. Gegenstände behalten ihre Lage bei, weil sich die darauf wirkenden Kräfte im Gleichgewicht befinden. Wird das Gleichgewicht gestört, so gerät der Gegenstand in Bewegung, bis ein neues Gleichgewicht entstanden ist. Mit Ausnahme von dreh- oder verschiebbaren Teilen, bei denen die Bewegung beabsichtigt ist, sollen sich die Teile, aus denen ein Gebäude aufgebaut ist, auf dem Untergrund nicht verschieben oder drehen. Ein nicht fixiertes Objekt besitzt sechs Freiheitsgrade: drei Translationsrichtungen – entlang der X-Achse, der Y-Achse und der Z-Achse – und drei Rotationsrichtungen auf der X-Ach-

37

Rolle, Scharnier, Einspannung Darstellung der verschiedenen Verbindungsarten mit den dazugehörigen Freiheitsgraden als Möglichkeiten der Bewegung für die Bauteile

36

Verschiebliches Auflager, Gelenk, Einspannung Obere Reihe: verschiebliches Auflager, mittlere Reihe: Gelenke, untere Reihe: Einspannungen oder starre Verbindungen

VERBINDUNGEN

77

Fixieren durch Position, Form oder Material se, der Y-Achse und der Z-Achse. In der Mechanik unterscheidet

Verbindungen können auch unter dem Gesichtspunkt der Cha-

man die drei Verbindungsarten Rolle, Scharnier und Einspan-

rakteristika eines bestimmten Objekts betrachtet werden: Posi-

nung (37). Diese werden fast immer in einer ebenen Fläche be-

tion, Form und Material. Dabei handelt es sich um Modelle, die in

trachtet und entworfen; in der anderen Richtung ist die konstruk-

der Praxis oft kombiniert werden (39).

tive Funktion oft weniger deutlich. In einer Rolle kann sich das Konstruktionselement auf einer Rotationsachse und auf einer

Fixieren durch Position

Translationsachse bewegen, an einem Scharnier lediglich auf ei-

Diese Art der Fixierung macht sich die relative Position der ein-

ner Rotationsachse und in einer Einspannung weder auf einer

zelnen Elemente zunutze und ordnet diese in einer bestimmten

Rotationsachse noch auf einer Translationsachse. Im Bauwesen

Stellung zueinander an.

sind die Verbindungen zwischen großen, tragkonstruktiven Ele-

Die Schwerkraft fungiert als die bindende Kraft. Das Objekt

menten als verschiebliche Auflager, Gelenk oder Einspannung

wird nur in Richtung der Schwerkraft fixiert. Sobald aus anderen

ausgebildet und als solche erkennbar (36).

Richtungen Kräfte auf das Objekt wirken, gerät das Objekt in

Ein verschiebliches Auflager kann die vertikalen Kräfte übertra-

Bewegung. Eine Wand aus aufeinander gestapelten Steinen

gen, ist aber horizontal beweglich, um Längenänderung zulassen

wird in erster Linie durch die Schwerkraft zusammengehalten.

zu können. Eine Einspannung kann ein Biegemoment aufnehmen

Dass die Mauer etwa bei Wind oder Stößen nicht einstürzt, ist

und ist sozusagen fest. Dabei ist ein Moment das Produkt aus

dem Reibungswiderstand – Oberflächenrauheit, Form- und Rei-

Kraft und Hebel; je länger der Hebel ist, desto größer ist das

bungskoeffizient – der Steine zu verdanken. In den weitaus mei-

Biegemoment, das aufgenommen werden kann (38). Bei einem

sten Fällen kommen noch andere Befestigungsmethoden zum

Gelenk hingegen konzentrieren sich die Kräfte an einem einzigen

Einsatz, um auch Kräften aus anderen Richtungen Widerstand

Punkt. Es gibt also einen Drehpunkt, um den die Teile sich bewe-

bieten zu können. Die Fixierung kann verbessert werden, indem

gen können. Bei kleineren Konstruktionselementen von unterge-

man die Objekte in einem bestimmten Muster, einem so genann-

ordneter Bedeutung lassen sich die Verbindungen nicht immer

ten Verband, verlegt oder aufschichtet. Die Methode ist einfach,

genau einer der drei Kategorien zuordnen.

die Objekte bedürfen keiner besonderen Form, und es werden keine zusätzlichen Hilfsmittel benötigt (40).

aa

78

38

39

Moment, Kraft und Hebel in einer Einspannung Je größer der Abstand der Schrauben von den Stützen (Hebel) ist, desto mehr Biegemomente können aufgenommen werden.

Objekte können auf drei Weisen fixiert werden Fixierung durch Position (Aufschichtung, vorzugsweise in einem Verband), durch formschlüssige Verbindung (direkt und indirekt) und mittels Material (direkt und indirekt).

VERBINDUNGEN

Merkmale der Fixierung durch Position sind:

Formschlüssige Verbindungen verfügen somit über mindestens

 trennbar

(demontierbar, wiederverwendbar)

einen Freiheitsgrad. Daher wird, um die Verbindung zu sichern,

 einfache

Montage

in vielen Fällen ein Material (Klebstoff) oder ein Objekt (Zapfen,

 meistens

eine Sicherung in anderen Richtungen notwendig,

was möglicherweise die Trennbarkeit beeinträchtigt  Krafteinleitung

erfolgt sofort, keine vorübergehende Abstützung

oder Hilfskonstruktion erforderlich

Schraube, Nagel) hinzugefügt, oder die zu verbindenden Objekte oder die Verbindungsmittel werden nach ihrer Herstellung so verformt, dass sie sich nicht mehr lösen können (41). Die Hauptkrafteinleitung erfolgt meistens über die formschlüssige Verbindung. Das hinzugefügte Material oder Objekt hat dabei den

Fixieren durch Form

Zweck, zufälligen Kräften Widerstand zu bieten. Sowohl kleine

Die Verbindung kommt dadurch zustande, dass ein zu verbin-

Objekte als auch ganze Wände und Decken können mit form-

dendes Objekt in bestimmter Weise geformt wird und dadurch

schlüssigen Verbindungen fixiert werden.

in die Komplementärform eines anderen Objekts passt. Man

Es kann zwischen direkt und indirekt formschlüssigen Verbin-

denke etwa an die beiden Hälften eines Reißverschlusses, an

dungen unterschieden werden. Eine direkt formschlüssige Ver-

eine Schraube mit Mutter, an Stecker und Steckdose. Die zu

bindung ist gegeben, wenn die Objekte direkt durch ihre Form

verbindenden Objekte brauchen nicht aus dem gleichen Material

miteinander gekoppelt werden. Eine indirekt formschlüssige Ver-

gefertigt zu sein und werden so ausgebildet, dass an ihrer Kon-

bindung ist gegeben, wenn zwei Objekte mit Hilfe eines dritten,

taktfläche eine Druckkraft und eine Gegenkraft in der Richtung

untergeordneten Objekts über eine formschlüssige Verbindung

aufgenommen werden können, in der die Fixierung erfolgen soll.

miteinander gekoppelt werden. Dieser Typ kann daher auch als

Beispiele für solche Verbindungen sind Loch und Dübel, Nut und

Objektverbindung bezeichnet werden.

Feder, Zapfen und Schlitz; sie werden als „formschlüssig“ bezeichnet. Die Beschaffenheit des Materials kann Beschränkungen mit sich bringen: Nicht jeder Werkstoff lässt sich ohne Probleme in der gewünschten Form herstellen oder bearbeiten. Im Prinzip sind formschlüssige Verbindungen in jener Richtung trennbar, in der sie zusammengesetzt wurden.

41

Formschlüssige Verbindung zwischen Dachblechen aus Zink Die Platten werden auf der Bau-stelle verfalzt und können danach nicht mehr gelöst werden. 40

Mauer aus Kieselsteinen Die Steine werden durch das Gewicht der darauf ruhenden Steine fixiert. Die großen Steine liegen oben und lehnen aneinander, was ihnen eine stabilere Lage verleiht.

VERBINDUNGEN

79

Direkt formschlüssige Verbindung: Bei der direkt formschlüssigen Verbindung hängt die Richtung, in der die Last aufgenommen werden kann, von der Form des Anschlusses ab. Die Stärke der aufzunehmenden Belastung ist sowohl von den Festigkeitseigenschaften des Materials als auch von der Form des Anschlusses abhängig (42). Die Profilierung kann punktförmig angebracht werden, doch in den meisten Fällen werden Elemente über die gesamte Länge profiliert. Der Anschluss besitzt in diesem Fall auch abdichtende Eigenschaften. Es können entweder beide miteinander zu verbindende Teile oder nur eines von diesen mit einer bestimmten Form versehen werden (43–45).

43

a

b

c

d

e

f 42

Formschlüssige Verbindungen Es sind die Richtungen eingezeichnet, in denen Kräfte aufgenommen werden können. Die Verbindung a kann Kräfte in einer axialen und einer lateralen Richtung aufnehmen, b kann Kräfte in einer axialen und zwei lateralen Richtungen aufnehmen, c und d können auch einen Rotationswiderstand aufnehmen, e und f dagegen können rotieren.

80

VERBINDUNGEN

Fixierung einer Glasscheibe in einem Holzrahmen Glas erhält keine besondere Form, denn es lässt sich nur schwer formen; stattdessen wird die Scheibe mit Glasleisten in der Gegenform des Fensterrahmens montiert.

44

Formschlüssige Verbindung zwischen Spundwandprofilen aus Stahl Wenngleich der Anschluss nicht ganz wasserdicht ist, sind die Dichtungseigenschaften dieses Anschlusses recht gut.

45

Formschlüssige Verbindung zwischen Bordsteinkanten aus Beton Mechanische Verbindung durch Ausbildung der Form des Betonsteins

46

Direkte und indirekte Weise einer Balkenverbindung Bei der direkt formschlüssigen Verbindung muss – eventuell auf der Baustelle – mit Hammer und Beitel eine Aussparung in den Balken gestemmt werden; bei der indirekt formschlüssigen Verbindung kann der Metallschuh mit Nägeln an den beiden Balken angebracht werden.

VERBINDUNGEN

81

Indirekt formschlüssige Verbindung: Bei Objektverbindun-

eignet, die in der Längsachse des Verbindungsmittels wirken,

gen kommt die Verbindung durch ein hinzugefügtes Objekt zu-

bei letzteren kommt es durch die Profilierung zu einem Reibungs-

stande. Dabei kann es sich um ein Standardprodukt oder ein

widerstand gegenüber dem zu verbindenden Objekt, wodurch

speziell angefertigtes Teil handeln.

auch in Längsrichtung Kräfte übertragen werden können.

Dazu gehören stabförmige Objekte wie Stifte, Nägel, Treib-

Ein wichtiger Unterschied zwischen direkt und indirekt form-

und Gewindeschrauben sowie gerade oder gebogene, profilier-

schlüssigen Verbindungen ist, dass bei direkt formschlüssigen

te und gelochte Metallplatten, die zum Beispiel für die wechsel-

Verbindungen das zu verbindende Element einer bestimmten

seitige Verankerung von Holzbalken oder deren Befestigung an

Form bedarf, was schwierig sein kann. Bei Objektverbindungen

Steinmaterial verwendet werden. Diese Anker werden mit Schrau-

wird die Anschlussform dem zu verbindenden Objekt mit relativ

ben oder Nägeln an den Balken fixiert.

einfachen Mitteln hinzugefügt. Die hinzugefügte Form wird oft

Bei den stabförmigen Elementen besteht ein klarer Unterschied

aus einem höher belastbaren Material hergestellt, wodurch es

zwischen glatten Stäben wie Stiften und Nägeln einerseits so-

möglich ist, die Kräfte an einem Punkt, beispielsweise in einer

wie profilierten Stäben wie Treib- und Gewindeschrauben ande-

Scharnierverbindung, zu konzentrieren. Am Beispiel der Verbin-

rerseits. Erstere sind nicht für die Übertragung von Kräften ge-

dung von zwei Holzbalken wird dies deutlich (46, 47).

a

b

c

d

e

f

47

Einige Verbindungsmittel a Sechskant-Holzschraube, Spanplattenschrauben, Holzschrauben b Mutter, Hutmutter, Verbindungsmutter, Gewindestange und Schrauben c Einpressdübel (drei Ausführungen) und Nagelplatte d Ankerhülse; diese werden in den Beton eingegossen, danach kann eine Gewindeschraube eingedreht werden. e Innensechskantschrauben und Inbusschlüssel f Doppelnagel (damit wird ein weiches auf ein hartes Material genagelt), Schraubnagel und gewöhnlicher Drahtstift

82

VERBINDUNGEN

Fixieren durch die Art des Materials Bei dieser Art der Verbindung macht man sich die materielle

Indirekte Materialverbindungen

Beschaffenheit der Objekte zunutze. Es wird eine physikalisch-

Löten:

chemische Bindung zwischen den Objekten erzeugt: entweder

Metallteile werden miteinander verbunden, indem man ein Metall

auf direkte Weise, ohne Hinzufügung anderer Materialarten, oder

mit niedrigerem Schmelzpunkt zwischen die zu verbindenden Me-

auf indirekte Weise unter Verwendung eines weiteren Materials,

tallteile fließen lässt. Nach dem Erstarren ist die Verbindung herge-

das für die Bindung zwischen den beiden Teilen sorgt.

stellt. Anders als beim Schweißen wird für die Verbindung ein anderes Material als jenes verwendet, aus dem die zu verbindenden

Direkte Materialverbindungen

Teile bestehen, und die Verbindung ist weniger belastbar. Lötver-

Schweißen:

bindungen werden in der Werkstatt hergestellt, zum Beispiel bei

Die beiden zu verbindenden Teile werden geschmolzen und even-

der Verbindung von Zinkteilen für Regenrinnen und -abflussrohre.

tuell unter Beigabe von ähnlichem Zusatzmaterial miteinander in Berührung gebracht. Nach dem Erstarren besteht die Konstruk-

Kleben:

tion aus einem einzigen Material, dessen Eigenschaften sich im

Eine chemische Substanz wird zwischen zu befestigenden Tei-

Anschlussbereich übrigens leicht von denen des ursprünglichen

len angebracht. Durch eine chemische Reaktion oder durch Ver-

Materials unterscheiden können. Dieses Verfahren kann bei

dunstung eines Lösemittels härtet der Klebstoff aus. Für dampf-

Stahl, Aluminium, nicht-rostendem Stahl und thermoplastischen

undurchlässige Werkstoffe wie Metall und Glas eignen sich nur

Kunststoffen angewendet werden; die Anwendung erfolgt vor-

chemisch reagierende Klebstoffe, weil auch Lösemitteldämpfe

zugsweise oder ausschließlich in einer Werkstatt. Bituminöse

wegen der dampfundurchlässigen Materialeigenschaften nicht

Produkte wie zum Beispiel Dachbahnen werden auf der Baustel-

aus der Fuge entweichen können.

le verschweißt (48).

Klebetechniken lassen sich bei nahezu allen Werkstoffen anwenden, wobei jedoch die Art und Weise der Anwendung stark

Vergießen:

von den zu verbindenden Werkstoffen und der zu bewältigenden

Entweder wird um die miteinander zu verbindenden Teile eine

Beanspruchung abhängt. Die wichtigsten Anwendungen im

Schalung angebracht, oder die zu verbindenden Teile bilden

Baubereich sind Verklebung druckbelasteter Fugen in Steinma-

selbst die Schalung. Zwischen die Elemente wird das Material,

terial wie Kalksandstein, Gipsbausteine und Fliesen sowie ferner

insbesondere Beton, gegossen, das nach dem Aushärten die

Innenraumanwendungen bei nahezu sämtlichen Materialien. Im

Verbindung bildet.

Außenbereich können zwar verklebte Konstruktionen angewendet werden, doch dann wird die Klebeverbindung in der Werk-

Beschichten:

statt hergestellt und die verklebte Komponente als Ganzes mit

Dies beinhaltet das Aufbringen dünner Schichten flüssigen oder

einer formschlüssigen Verbindung auf der Baustelle angebracht.

plastischen Materials wie bei Gussböden, Wandputz, Anstrichen

Die Qualität der Klebeverbindung ist stark von geeigneten Be-

und das Aufdampfen dünner Metallschichten etwa auf Glas.

dingungen abhängig, und die Anfälligkeit für Baufehler – die erst beim Versagen der Verbindung zutage treten – ist hoch. Eine Kontrolle ist nicht möglich. In der Werkstatt können die zu verbindenden Werkstoffe so vorbereitet werden, dass sie ausreichend trocken, staub- und fettfrei sind. Manchmal bezeichnet man Klebstoffe auch als Fugenmasse, doch dieser Begriff wird im Allgemeinen nur verwendet, wenn die zu überbrückende Spaltbreite relativ groß ist (mehr als 4 mm) und das Material neben den Hafteigenschaften hauptsächlich abdichtende oder ästhetische Eigenschaften besitzt. 48

„Schweißen“ von Dachbahnen Als Art der direkten Materialverbindung kann das Verschweißen von Dachbahnen gesehen werden, bei welchem die beiden Bahnen zu einem homogenen Material verbunden werden.

VERBINDUNGEN

83

Zement- und Kalkmörtel: Im Grunde handelt es sich dabei auch um Klebstoff, denn hier

Häufig werden Befestigungsmethoden kombiniert angewendet.

findet eine chemische Aushärtung durch die Reaktion von Was-

Dies geschieht an erster Stelle dann, wenn in verschiedenen

ser und Zement statt. Die Belastung, und dabei insbesondere

Richtungen unterschiedliche Methoden verwendet werden (49).

die Zugbeanspruchung, die diese Verbindungen aufnehmen kön-

An zweiter Stelle dienen Kombinationen zur Sicherung. Bei

nen, ist sehr gering. Sie werden bei druckbelasteten Verbindun-

der Verklebung von Glasscheiben mit einem Aluminiumrahmen

gen von Steinmaterialien untereinander verwendet. Die Anwen-

gilt die Vorschrift, dass die Glasscheiben mit einem Objekt, wie

dung erfolgt hauptsächlich auf der Baustelle.

einer verschraubten Sicherungsplatte, auch für den Fall zu sichern

Im Prinzip können Materialverbindungen in allen Richtungen

sind, dass sich die Verklebung löst.

Belastungen aufnehmen. Im Falle von Zugbelastungen und Bie-

Drittens werden Methoden kombiniert, um die Funktionswei-

gemomenten müssen die verbundenen Teile und das Fixierungs-

se einer der Methoden zu unterstützen. Dies kommt vor allem als

material eine Zugbeanspruchung aufnehmen können. Material-

Kombination aus einer direkt formschlüssigen Verbindung und

verbindungen bieten bessere Abdichtungseigenschaften als

einer Materialverbindung vor. Die Form hat in diesem Fall den

Positions- und formschlüssige Verbindungen, sind aber, vor allem

Zweck, die Klebefläche zu vergrößern (50).

auf der Baustelle, schwieriger herzustellen.

Werden zwei Verbindungsmethoden mit der Absicht kombiniert, die Kräfte auf die beiden Verbindungstechniken zu vertei-

Merkmale der Materialverbindung sind:

len, so ist es praktisch unmöglich zu berechnen, welcher Teil der

 im

Kraft von welcher Verbindung aufgenommen wird. Derartige

Allgemeinen nur schwer trennbar (unpraktisch bei Abbruch

und Wiederverwendung)  bei

durchgehender, also nicht punktförmiger Fixierung auch

gute Abdichtungseigenschaften  relativ

teuer

 Fixierung

über eine große Länge möglich, Kräfteverteilung

 manchmal

Kombinationen sollten daher vermieden werden. Ein Beispiel: Die Verschweißung von zwei Stahlprofilen mit anschließender Verschraubung ergibt wenig Sinn. Es ist fast unmöglich zu errechnen, welche Last die Schweißstelle aufnimmt und welche Kräfte die Schrauben aufnehmen. Schrauben müssen durch

anfällig für Umgebungseinflüsse: Schweißen, Löten

Bohrungen in die zu verbindenden Materialien gesteckt werden

und Kleben in der Fabrik ist zu bevorzugen, weil dort Schmutz,

und weisen daher immer ein gewisses Spiel auf. Die Schweiß-

Fett und Feuchtigkeit besser kontrollierbar sind.

verbindungen sind viel steifer. Die Schrauben werden in dem Augenblick belastet, in dem die Schweißverbindung bricht.

49

Kombination von Positionsverbindung, formschlüssiger Verbindung und Materialverbindung bei einer Betonsäule mit Nocken Die vertikal nach unten gerichtete Belastung wird in einer Positionsverbindung aufgenommen, die seitlichen Lasten von hervorstehenden Bewehrungsstäben, die in Aussparungen des Balkens stecken (formschlüssige Verbindung). Diese Öffnungen werden danach mit schwindfreiem Mörtel vergossen (Materialverbindung).

84

VERBINDUNGEN

50

Fingerzinkung Diese Kombination aus einer formschlüssigen Verbindung und einer Materialverbindung ist typisch für Holzkonstruktionen. Die Form wird mit dem Zweck angebracht, die Klebefläche zu vergrößern.

Fixieren von Schichten, Verbundplatten und Schalen Wie wir gesehen haben, bestehen Konstruktionen aus mehreren Schichten, die wiederum zu Verbundplatten und Schalen zusammengefügt sein können. Eine Konstruktion besteht aus mehreren Schalen, wenn eine aus mehreren Schichten bestehende Konstruktion durch einen Spalt von einer anderen Schicht oder einer mehrschichtigen Konstruktion getrennt ist. Die Schalen können konstruktiv gekoppelt sein, jedoch in der Weise, dass eine der Schalen der anderen konstruktiv untergeordnet ist, das heißt, die darauf einwirkenden Kräfte auf eine tragende Schale überträgt. b

Man spricht von Verbundplatten, wenn eine Konstruktion aus mehreren Schichten aufgebaut ist, von denen zwei, die im Abstand zueinander angeordnet sind, eine konstruktive Einheit bilden, wie dies etwa bei Sandwichplatten der Fall ist. Bei mehrschaligen Außenwandkonstruktionen kann das Eigengewicht der konstruktiv untergeordneten Mauerschale entweder direkt in das Fundament oder aber in die dahinter befindliche Konstruktion eingeleitet werden. Erstere Möglichkeit wird bei Konstruktionen von geringer Höhe (zwei oder drei Geschosse) angewendet. Bei einer größeren Geschosszahl müssten diese Schichten, um die Last tragen zu können, unverhältnismäßig groß dimensioniert werden. Windlasten können über flexible Anker, die Platz für Dehn- und Schrumpfbewegungen der Außenschale bieten, in

a

die dahinter befindliche Konstruktion eingeleitet werden (51, 52).

51

Lastabtragung von Mauerschalen a Direkt auf das Fundament b Durch Fixierung an jedem Geschoss oder an jedem zweiten Geschoss

52

Schichten, Schalen und Verbundplatten Bei doppelschaligen Konstruktionen hat eine der beiden Schalen eine tragende Funktion; die nicht-tragende Schale ist mit der tragenden jedoch konstruktiv verbunden, um entweder Windlasten und Eigengewicht oder nur Windlasten abzutragen. Bei Verbundplatten bilden zwei Schichten eine konstruktive Einheit.

VERBINDUNGEN

85

Horizontaler Aufbau In horizontalen Konstruktionen können Schichten fixiert werden,

Bei lose aufgetragenen Schichten sind Windeinflüsse in Form

indem man die einzelnen Elemente, wenn die untere Schicht die

von Saugkräften zu berücksichtigen, welche die Schichten hoch-

Tragschicht ist, einfach aufeinander schichtet. Jede tiefer gele-

wirbeln können. Dies lässt sich verhindern, indem man Ballast-

gene Schicht muss die Belastung der darüber befindlichen

material (Kies oder Platten) anbringt oder die Schichten mit Hilfe

Schichten tragen können. Bei gering belasteten Dächern ist dies

indirekt formschlüssiger Verbindungen wie Schrauben punktuell

meistens kein Problem, bei Dachterrassen, Parkdächern und

fixiert. Direkt formschlüssige Verbindungen werden hier nicht

Ähnlichem bildet die Wärmedämmschicht den Schwachpunkt. In

verwendet. Die Schichten können außerdem mittels direkter

diesen Fällen kann ein Dämmstoff mit höherer Druckfestigkeit

oder indirekter Materialverbindungen fixiert werden. So werden

verwendet oder die begehbare Schicht punktförmig, durch die

bituminöse wasserundurchlässige Dachdeckungen oft durch

wasserdichte Schicht und die Wärmedämmschicht hindurch, auf

Anschmelzen der Schichtunterseite an der darunter befindlichen

der Tragschicht abgestützt werden. Es versteht sich von selbst,

Schicht befestigt. Klebstoffe können für die flächige, streifenför-

dass die Abdichtung dieser Punkte große Sorgfalt bei Entwurf

mige oder punktförmige Verbindung von Schichten verwendet

und Ausführung erfordert und die Kosten deutlich in die Höhe

werden. Schichten oder Schalen, die an der Unterseite der Trag-

treibt (53).

schicht angebracht werden, wie zum Beispiel Farb- und Putzschichten, haften mittels Materialverbindung an der Tragschicht. Schalen, ob zusammengesetzt oder nicht, wie etwa abgehängte Decken, werden mit Objektverbindungen an der Tragschicht befestigt.

a

AA

b

BB

53

Zwei mögliche Verbindungsmethoden für Dachbekleidungen A zeigt eine feste Verbindung. Die wasserdichte Schicht läuft über das Verbindungselement. Damit liegt die Verbindung oberhalb der wasserführenden Ebene. In b ruht die Dachbekleidung durch ihr Eigengewicht auf der wasserdichten Schicht. Das Wasser kann unter den Verbindungselementen hindurch laufen.

86

VERBINDUNGEN

Vertikaler Aufbau Auch in vertikalen Konstruktionen, die mehrschichtig oder mehr-

Der durch die Wärmebrücke fließende Wärmestrom verhält sich

schalig ausgeführt sind, hängt die Wahl der Fixierungsmethode

proportional zur Fläche A der Brücke und zur Wärmeleitfähigkeit

von dem Gewicht und der Festigkeit der einzelnen Schichten ab.

 sowie umgekehrt proportional zur Länge l der Wärmebrücke

Eine der Schichten übernimmt die tragende Funktion, und die

(55). Der Wärmestrom kann durch eine Verkleinerung der Fläche,

anderen Schichten werden daran befestigt. Bei Flachdächern

eine Verringerung der Wärmeleitfähigkeit oder eine Vergrößerung

wirken innerhalb der Verbindung Normalkräfte. Bei vertikalen

der Länge reduziert werden.

Verbindungen herrschen Biegemomente und Scherkräfte, für deren Aufnahme erheblich mehr Material benötigt wird. Die Verbindungen, vor allem zwischen Schalen, die in bestimmtem Abstand zueinander angeordnet sind, werden dadurch komplexer. Jene Materialschicht, die sich der Tragschicht am nächsten befindet, muss stabil genug sein, um die Belastung einer weiter entfernten Schicht in die Tragschicht einleiten zu können. Ist dies nicht der Fall, so muss die betreffende Schicht in anderer Weise mit der Tragschicht verbunden werden. In der Praxis kommt dies oft vor. Beispielsweise ist die Wärmedämmschicht aus bauphysikalischen Gründen oft zwischen einer Tragschicht und einer Wasserschutzschicht oder schlagfesten Schicht angeordnet. Oft ist die Wärmedämmschicht mechanisch so schwach, dass darauf keine anderen Schichten, mit Ausnahme etwa von Wandputz oder dünnen Fliesen, fixiert werden können. Die außen liegende Schicht muss dann durch die Wärmedämmschicht hindurch mit der Tragschicht verbunden werden. In vielen Fällen geschieht dies mit Hilfe einer Objektverbindung. Je größer der Abstand zwischen den Schichten ist, desto stärker sind die in der Verbindung auftretenden Biegemomente. Das Verbindungs-

54

Schematische Darstellung der mechanischen Verbindung zwischen zwei Schalen Bei der oberen Verbindung handelt es sich um eine Einspannung, bei der unteren um eine Rolle. Die Verbindung muss ein Biegemoment aufnehmen können.

mittel muss so ausgebildet sein, dass ein Biegemoment aufgenommen werden kann. In diesem Fall spricht man von einer Konsole (54). Das nach links gerichtete Moment, welches durch das Gewicht der Außenwand verursacht wird, muss von einem nach rechts drehenden Moment in der Befestigung der Konsole an der Tragschicht aufgenommen werden. Die äußere Schicht muss darüber hinaus an mindestens einer weiteren Stelle befestigt werden. Dies geschieht über einen flexiblen Anschluss (mechanisch ein verschiebliches Auflager), um Spannungen aufgrund unterschiedlicher Formveränderungen in Innen- und Außenschale aufnehmen zu können.

h

Wärmebrücken: Mit der Verbindung von zwei Schalen wird zwangsläufig die Wärmedämmschicht durchbrochen. In der Verbindung zwischen den beiden Konstruktionsteilen entsteht eine Wärmebrücke, die zu Wärmeverlust oder Problemen durch Kondenswasserbildung führen kann.

b

l

55

Wärmebrücke zwischen zwei Schalen in einer Außenwand Durch die Verkleinerung der Brücke oder die Verwendung eines weniger wärmeleitfähigen Materials wird der Wärmeverlust begrenzt.

VERBINDUNGEN

87

Bei der ersten Möglichkeit, der Verkleinerung der Oberfläche,

Kopplung der Schichtenelemente: Die Kopplungen zwischen

A (= b · h), empfiehlt es sich, das Verhältnis h:b so groß wie mög-

Innen- und Außenschale müssen aus korrosionsfreiem Material

lich zu wählen, da der Parameter Höhe h für Festigkeit und Stei-

bestehen. Im Allgemeinen verwendet man nicht-rostenden Stahl,

figkeit wichtiger ist als der Parameter Breite b.

doch im Prinzip sind auch Verbindungen aus Aluminium und

Die Konsole muss so klein wie möglich ausgeführt werden.

Kunststoff möglich. Der Anschluss an wasserdichte, wärmedäm-

Früher wurden Balkone zum Beispiel manchmal über die gesam-

mende und luftundurchlässige Schichten muss sorgfältig ab-

te Länge mit der dahinter befindlichen Decke verbunden. Durch

gedichtet werden; mit Hilfe von Wassernasen und Tropfkanten

eine punktförmige Verbindung hingegen wird der Wärmeverlust

muss verhindert werden, dass durch die Außenschale eindrin-

verringert. Örtliche Verwendung eines Materials mit niedrigerer

gendes Wasser mittels Adhäsion an das Verbindungselement

Wärmeleitfähigkeit geschieht zum Beispiel bei Aluminiumprofilen

die Innenschale erreicht (56).

für Tür- und Fensterrahmen, bei denen der innen und der außen liegende Teil über eine Wärmebrückenbarriere aus Kunststoff verbunden werden (57). Inwiefern eine Anwendung von Kunststoff als thermische Trennung möglich ist, hängt von der Belastbarkeit des Dämmstoffs ab. Die Vergrößerung der Länge l der Wärmebrücke ist nicht relevant, weil sich dieses Maß nach der Dicke der Dämmschicht richtet.

druckfeste druckfester Wärmedämmung Wärmedämmung

56

57

Wärmebrückenunterbrechung in einer Porenbetonwand Die Innenseite der Brüstung wurde auf einer druckfesten Wärmedämmschicht aufgemauert. In diesem Fall wurde Gasbeton verwendet, doch auch Schaumglas (erstarrter Glasschaum) und Kunststoffschäume mit geringem Porenanteil vereinen einen relativ hohen Dämmwert mit einer relativ hohen (Druck-)Festigkeit.

Wärmebrückenunterbrechung aus Kunststoff in einem Aluminiumrahmen Das Kunststoffmaterial sorgt dort, wo sich die roten Kreise befinden, für einen geringeren Wärmedurchgang.

88

VERBINDUNGEN

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten von Verbindungen zwi-

Kondenswasser, das sich an der Innenfläche der Fassadenbe-

schen der Außen- und der Innenschale, beispielsweise Lattun-

kleidung bildet, wird im Hohlraum nach unten abgeleitet und fließt

gen, Konterlattungen, Abfangkonsolen oder Tragwinkel (58, 59).

nach draußen ab. Horizontale Profile bieten keine Belüftungs-

Die Elemente der Fassadenbekleidung können an Profilen be-

möglichkeiten; Kondenswasser oder durchschlagendes Wasser

festigt werden (58a). Die Profile können in einem gewissen Ab-

bleibt auf den Profilen stehen. Bei vertikal angeordneten, schma-

stand zur Tragschicht platziert werden, was die Anbringung von

len Fassadenbekleidungen liegt die Verwendung horizontaler

Wärmedämmmaterial hinter den Profilen ermöglicht. Der Hohl-

Profile auf der Hand und der Nachteil einer eingeschränkten Be-

raum zwischen der Fassadenbekleidung und der Wärmedämm-

lüftung muss in Kauf genommen werden (58b). In einem Stän-

schicht wird von Außenluft durchströmt. Die Belüftung muss

derwerk kann die Luft hinter den Profilen entlanggeführt wer-

vertikal erfolgen, weil durch das Temperaturgefälle zwischen

den. Die Profile können so ausgebildet sein, dass vorhandenes

Außenluft und Hohlraumluft ein nach oben gerichteter Luftzug in

Wasser abgeleitet wird; entweder nach außen, wenn die Fugen

dem Hohlraum erzeugt wird. Durchschlagendes Wasser oder

in der Fassadenbekleidung offen sind, oder, bei geschlossenen Fugen, nach innen (58d). Bei großen Elementen werden punktförmige Befestigungen (58e) verwendet, die auch zusammengesetzt sein können und sich als Ganzes transportieren lassen. Beispiele sind Fassadenelemente aus Beton oder ein steifer Rahmen mit einer darin oder daran angebrachten Füllung.

a

b

c

d

58

e

Möglichkeiten zur Verbindung von Innen- und Außenschale Die Fixierung der äußeren an der inneren Schale kann mittels Lattung, Konterlattung, Abfangkonsolen oder Tragwinkeln erfolgen.

VERBINDUNGEN

89

Außenschalen aus Mauersteinen, die zu hoch sind oder in zu großer Höhe platziert werden, als dass man sie direkt auf einem Fundament aufmauern könnte, werden wie folgt getragen: ein horizontales Profil, das oft aus Stahl mit L-förmigem Querschnitt besteht, bei dem es sich jedoch auch um einen Betonträger mit rechteckigem Profil handeln kann, das punktuell mit Konsolen an der dahinter befindlichen Konstruktion befestigt ist (58c, 59). Die Außenschale leitet die auf sie wirkenden Windlasten über im Hohlraum angebrachte Befestigungsanker in die Tragschicht ein. Bei geneigten Dächern ist die Situation nicht wesentlich anders als bei Außenwänden. Da eindringendes Wasser dort direkt auf das Wärmedämmmaterial fallen würde, ist es erforderlich, auf der Wärmedämmschicht eine dampfdurchlässige Wasserschutzfolie zu verwenden. Die vorhandene Luft muss ungehindert nach oben strömen können. Zwischenräume in Hohlmauern sowie andere Hohlräume müssen immer belüftet und vor eindringenden Insekten, Spinnen und anderen Kleintieren geschützt werden.

59

Bei Verbundplattenkonstruktionen müssen die beiden Platten

Abfangkonsole für Mauerwerk Die Abfangkonsole ist an der tragenden Betondecke fixiert und erzeugt einen Abstand zwischen innerer und äußerer Schale.

so miteinander verbunden werden, dass sie eine konstruktive Einheit bilden. Werden die Verbundplatten einer Biegebelastung ausgesetzt, treten in einer Schicht Druckspannungen und in der anderen Schicht Zugspannungen auf. Das Material zwischen den beiden Platten muss diese Kräfte koppeln können. Zwei Techniken sind üblich (60). Bei der ersten werden die beiden Platten durch einen relativ steifen Wärmedämmstoff wie zum Beispiel Kunststoffschaum oder Kork miteinander verbunden. Die beiden Schichten der Verbundplatte bestehen aus Blech (Stahl oder Aluminium) mit einer Stärke von einigen Zehntelmillimetern bis zu 1,5 mm, oder aus dünnen Paneelen aus Holzmaterial oder Kunststoff. Die Schichten werden durch eine direkte oder indirekte Materialverbindung miteinander verbunden. Bei der direkten Verbindung wird Kunststoffschaum zwischen zwei in eine Form eingelegte Platten gespritzt. Der aushärtende Schaum sorgt für eine Verklebung der Paneele. Bei der indirekten Verbindung werden die Paneele mit Klebstoff auf harte Dämmstoffplatten aufgebracht. Entlang den

60

Rändern können Profile angebracht werden, um den Anschluss

Zwei Arten der Herstellung von Verbundplatten Sie können mit Hilfe des Dämmmaterials oder mit vertikalen oder horizontalen Verbindungsstreben hergestellt werden, die zwischen den außen liegenden Paneelen der Platte angebracht sind.

mit einer anderen Platte oder einer anderen Konstruktion zu ermöglichen. Um zu verhindern, dass diese Profile eine Wärmebrücke zwischen Innen- und Außenschale bilden, müssen sie eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit besitzen, wie es bei Hartkunststoffen und Holz der Fall ist. Diese Sandwichplatten werden vielfach in Außenwandkonstruktionen, in Dächern und in Innenräumen (Trennwände) verwendet.

90

VERBINDUNGEN

Darüber hinaus besteht die zweite Möglichkeit, die beiden Schich-

bindung mit dem benachbarten Paneel zu ermöglichen. Die Plat-

ten über lineare Elemente miteinander zu verbinden. Diese wer-

ten werden auf die Profile geklebt. Bei Holzplatten dienen Nägel

den bei kleinen Elementen nur entlang den Rändern angebracht;

oder Schrauben dazu, die Platten und die Profile während der

bei größeren Elementen müssen auch dazwischen Verbindun-

Aushärtung des Klebstoffs zusammenzuhalten. Verbundplatten

gen angebracht werden, um die Kraftübertragung zwischen den

dieser Art werden in geneigten Dächern verwendet. Werden die

beiden Paneelen der Verbundplatte zu ermöglichen. Der Hohl-

Platten auf Biegung beansprucht, so nehmen die außen liegen-

raum zwischen den beiden Platten kann offen bleiben oder mit

den Schichten Druck- und Zugspannungen auf, die durch die

wärmedämmendem Material gefüllt werden. Die Ränder können

Biegung entstehen. Die Zwischenschicht sorgt für die Übertra-

mit einem Profil versehen werden, um eine formschlüssige Ver-

gung dieser Kräfte (61, 62).

61

Sandwichplatten Der Kunststoffschaum sorgt für eine konstruktive Verbindung der beiden Bleche. Dies gelingt nur mit leichtem und dünnem Material, weil der Schaum keine hohen Kräfte übertragen kann.

62

Verbundplattenkonstruktion in vorgefertigten Dachelementen aus Holz Das innen liegende und das außen liegende Paneel werden mit Holzstreben verbunden.

VERBINDUNGEN

91

Formungsverfahren Die Fähigkeit, ein Objekt in einer bestimmten Form anzufertigen,

Kalksandsteine werden zum Beispiel hergestellt, indem Kalk und

ist entscheidend für seine Verwendbarkeit in baulichen Konstruk-

Sand bei hoher Temperatur in eine Form gepresst werden. Kera-

tionen. Das Material des Objekts bestimmt in hohem Maße die

mische Produkte wie gebrannter Ton in Form von Dachziegeln,

Möglichkeiten, dieses zu formen. Damit man Konstruktionen ent-

Ziegelsteinen, Rohren sowie Waschbecken und WC-Schüsseln

werfen kann, muss bekannt sein, in welcher Weise sich deren

werden in Formen hergestellt und danach gebrannt.

Bestandteile formen lassen. Im Folgenden werden die wichtigsten Formungsverfahren kurz beschrieben.

Metall: Stahl, Eisen und Aluminium als die häufigsten metallischen

Basisformung

Werkstoffe im Baubereich können in eine Form gegossen wer-

Aus einem formlosen Material (Pulver, Flüssigkeit oder einer Mi-

den. Vor allem Objekte mit veränderlichem Querschnitt werden

schung aus beiden) wird auf direktem Wege ein Objekt herge-

auf diese Weise hergestellt (63).

stellt. Dies geschieht, indem man die Stoffe in eine Herstellungsform gießt und diese dann, eventuell bei erhöhtem Druck und/

Kunststoff:

oder Temperatur, physikalisch oder chemisch aushärten lässt. Im

Ähnlich wie bei Metallen wird der Ausgangsstoff in eine Form

Baubereich werden Stein, Metalle, Kunststoffe und Glas ver-

gegossen, gespritzt oder geblasen. Aufgrund der Bandbreite

wendet.

der verschiedenen verwendeten Kunststoffe sind äußerst unterschiedliche Verfahren möglich.

Stein und Keramik: Betonprodukte wie Bordsteine und Mauersteine, aber auch

Glas:

Wände, Decken und Treppen werden in einer Form (der Scha-

Die Herstellung von Glasscheiben erfolgt, indem geschmolze-

lung) hergestellt, in der der hineingegossene Beton chemisch

nes Glas auf eine Fläche aus flüssigem Zinn gegossen wird. Das

aushärtet.

flüssige Zinn sorgt für eine spiegelglatte Oberfläche. Glasdachsteine und Glasbausteine werden in einem Gießverfahren hergestellt.

63

Bracken House, London, Michael Hopkins, 1992 Bei der Renovierung der Fassaden wurden gegossene Stahlelemente verwendet.

92

VERBINDUNGEN

Umformungen Die Form eines festen Objekts wird durch darauf wirkende Kräfte

Biegen und Abkanten:

verändert, ohne dass Material verloren geht.

Platten oder Profile werden stellenweise zwischen zwei Werkzeugen in eine Form gebracht. Diese Bearbeitung eignet sich für

Schmieden:

Stahl, Aluminium, Zink, Kupfer und Kunststoffe (66).

Das Produkt wird zwischen zwei Werkzeugen unter Hitzeeinwirkung zusammengepresst.

Tiefziehen: Eine ebene Platte wird über eine Öffnung gelegt; danach drückt

Walzen:

ein Stempel die Platte in die gewünschte Form. Dieses Verfah-

In einem kontinuierlichen Verfahren wird das Ausgangsprodukt

ren wird im Baubereich relativ selten angewendet, doch es las-

zwischen Rollen in eine Form gezwungen. Diese Methode wird

sen sich doppelt gekrümmte Flächen damit herstellen.

bei Konstruktionsprofilen aus Stahl und bei Glatt- und Formblech angewendet (64).

Explosionsumformung: Bei der Explosionsumformung wird ein ebenes Blech über einer

Strangpressen:

Matrize platziert; danach wird das Blech mit einer Explosion in

Plastisches Material wird durch eine Öffnung in einer Matrize ge-

die Form gepresst. Ein teures und im Baubereich selten ange-

presst und nimmt dabei einen der Matrizenöffnung entsprechen-

wendetes Verfahren, doch auch hiermit lassen sich doppelt ge-

den Querschnitt an. Auf diese Weise werden Profile aus Alumi-

krümmte Flächen herstellen. Umformung eignet sich für Werk-

nium und Kunststoff hergestellt (65).

stoffe, die – eventuell nach einer Erwärmung – über plastische Eigenschaften verfügen. Dazu zählen Metalle und thermoplastische Kunststoffe. Holz ist bei höheren Temperaturen (mehr als 175 °C) ebenfalls plastisch verformbar, doch die Verformbarkeit ist zu gering, als dass sich auf diese Weise zweckmäßige Verbindungen herstellen ließen.

64

Gewalzte Stahlprofile Gewalzte Produkte besitzen auf ihrer gesamten Länge einen gleich bleibenden Querschnitt; für die Herstellung von Verbindungen können jedoch zusätzliche Stahlobjekte angeschweißt werden.

65

66

Strangpressmatrize für die Herstellung von Aluminiumprofilen Flüssiges Aluminium wird durch die Öffnung gepresst und kühlt danach ab.

Kantbank Maschine zum Verformen von Blech mittels Kanten über eine Ecke

VERBINDUNGEN

93

Trennende Verarbeitung Zerspanen: Fräsen, Bohren, Abschleifen. Als Restprodukt entstehen un-

Metall:

brauchbare Späne.

Die genannten Verfahren sind im Allgemeinen gut für Metalle geeignet (67).

Sägen: Dabei bleiben eine brauchbare Restform sowie unbrauchbare

Kunststoff:

Späne übrig.

Zerspanende und spanfreie Trennungen eignen sich grundsätzlich für die Verarbeitung von Kunststoffen. Je nach Art des Kunst-

Zerspanungsfreies Trennen:

stoffes kann dieser entweder geschnitten und/oder zersägt wer-

Schneiden. Dabei bleibt eine brauchbare Restform übrig. Es ent-

den

stehen keine Späne. Glas: Stein:

Glas kann auf einfache Weise zerspanungsfrei getrennt werden

Steinmaterialien können spanabhebend bearbeitet werden, doch

(einkerben und abbrechen) und lässt sich mit Spezialwerkzeug

weil das Material hart ist, sind sehr harte Werkstoffe – wie zum

bohren, fräsen und sägen.

Beispiel Diamant – für die Werkzeuge erforderlich. Da Naturstein nicht durch Basisformung oder Umformung bearbeitet werden

Holz:

kann, ist dies das einzig geeignete Bearbeitungsverfahren für

Spanabhebende Bearbeitungsarten sind gut für Holz geeignet.

Naturstein. Beton-, Ziegel-, Kunststeine sowie Fliesen und Plat-

So lässt Holz sich gut sägen, beispielsweise als Bretter oder

ten können zerspanungsfrei getrennt werden, indem man sie ein-

Furniere aus dem vollen Stamm des Baumes.

kerbt und danach bricht; dabei entsteht jedoch keine scharfe Schnittkante.

67

Blechschneidemaschine Ähnlich wie mit einer Schere werden hier Metallflächen geschnitten.

94

VERBINDUNGEN

Material und Anschlüsse Nicht jede Verbindungstechnik kann für jedes Material angewen-

Die Verbindungen werden meist mit Holzdübeln oder Keilen ge-

det werden. Festigkeit und Verformungseigenschaften, Elastizi-

sichert. Da sich Holz unter dem Einfluss von Luftfeuchtigkeits-

tät und Bearbeitungsfähigkeit der einzelnen Werkstoffe sind

schwankungen erheblich verformen kann, neigen diese Verbin-

sehr unterschiedlich. Für jedes Material sind im Laufe der Ge-

dungen dazu, sich zu lösen. Ein weiterer Nachteil dieser Methode

schichte spezifische Verbindungsmethoden entwickelt worden

ist, dass Material an jener Stelle abgenommen wird, an dem die

(und manchmal auch wieder verschwunden).

größten Spannungen auftreten. Ferner sind die Anschlüsse arbeitsaufwändig und verlangen großes handwerkliches Können.

Holzverbindungen

Sie werden noch bei Restaurierungen angewendet, aber auch

Direkt formschlüssige Verbindungen:

bei der Herstellung von Fensterrahmen aus Holz, deren Ver-

Von einem oder von beiden zu verbindenden Teilen wird Material

zapfungen maschinell, also in der Werkstatt, hergestellt werden

abgenommen, damit sie sich zusammenfügen lassen. Dies ist

können (69).

eine sehr alte Verbindungstechnik, die insbesondere in Japan hoch entwickelt ist. Familien von Zimmerleuten haben dort oft ihre eigenen Holzverbindungen entwickelt, die geheimgehalten und von einer Generation an die nächste weitergereicht werden (68, 70).

69

Verbindung von Rahmenteilen eines Fensters aus Holz Die gesteckte Verbindung erhält zusätzlich eine Verleimung zum Erreichen der notwendigen Steifigkeit.

68

Beispiel einer japanischen Holzverbindung Die Technik bei der Herstellung von Holzverbindungen war stark an Familien gebunden. Jede Familie besaß ihre eigene Palette von Verbindungen.

70

Einige Möglichkeiten für Holzverbindungen Dargestellt sind gerade, L-förmige, T-förmige und sich kreuzende Anschlüsse.

VERBINDUNGEN

95

Indirekt formschlüssige Verbindungen:

Ein Vorteil direkt formschlüssiger Verbindungen in Holz ist, dass

Objektverbindung. Holzelemente können mittels Metallschrau-

die Wirkrichtung der Kräfte in einer einzigen Fläche konzentriert

ben, Sechskant-Holzschrauben, Treibschrauben oder Nägeln

werden kann. Bei Verbindungen mit Dübeln, Treib- oder Gewin-

miteinander oder mit anderen Materialien verbunden werden.

deschrauben werden die Elemente aufeinander montiert, so

Zwar tritt im Bereich der Verbindung Materialverlust auf, doch ist

dass in der Verbindung Momente auftreten, die sowohl die Ver-

dieser viel geringer als bei der direkt formschlüssigen Verbin-

bindungsmittel als auch die miteinander zu verbindenden Stäbe

dung. Bei tragkonstruktiven Elementen werden oft Hilfsplatten

zusätzlich belasten. Wenn die Stäbe verdoppelt werden, ent-

oder Elemente aus Stahl verwendet (71).

steht statt einer einschnittigen eine zweischnittige Verbindung mit einem symmetrischen Anschluss (72, 73).

72

Bürogebäude Eric Boulanger, Brüssel, Philippe Samyn, 1990 Zweischnittige Verbindung zwischen Konstruktionselementen aus Holz

71

Akademie Mont-Cenis, Herne-Sodingen, Jourda & Perraudin, 1999 Bei dieser Holzkonstruktion werden gegossene Stahlverbindungen verwendet.

73

Ein- und zweischnittige Verbindung zwischen zwei Stäben Bei zweischnittigen Verbindungen liegen die Resultierenden der Kräfte in der gleichen Achse, so dass keine Biegemomente auftreten.

96

VERBINDUNGEN

Stahlverbindungen Klebeverbindungen:

Für Anwendungen in Tragwerken kommen verschraubte und ver-

Materialverbindung. Diese werden bei Holz oft verwendet, insbe-

schweißte Verbindungen zum Einsatz. Aus zwei Gründen erfolgt

sondere wenn Holzprodukte aus kleineren Teilen zusammenge-

die Schweißarbeit meistens nicht auf der Baustelle. Die schlech-

setzt werden. Sowohl Späne, Schnitzel, dünne Furnierschichten

te Kontrollierbarkeit der Baustellenbedingungen bremst die Ar-

als auch Bretter können zu platten- oder stabförmigen Elementen

beitsgeschwindigkeit und beeinträchtigt das Ergebnis. In der

verklebt werden. Letztere werden sowohl für Tür- und Fenster-

Werkstatt können moderne, automatisierte Schweißgeräte ein-

rahmen als auch in tragkonstruktiven Elementen eingesetzt. Auf

gesetzt werden. Ferner müssen Stahlbauteile, vor allem wenn

diese Weise lassen sich sehr große, makellose Elemente her-

sie im Außenbereich verbaut werden, verzinkt werden, um sie

stellen, die größer sind als die Bäume, von denen sie stammen.

ausreichend korrosionsbeständig zu machen. Beim Verzinken

Es wurden schon Schichtholzträger mit Längen von bis zu 60 m

werden die Stahlteile in ein Bad aus geschmolzenem Zink ge-

angefertigt, und Platten sind in Abmessungen von 1.800 

taucht. Dadurch werden die Abmessungen der Elemente be-

26.000 mm bei einer Stärke von 75 mm erhältlich. Auf der Bau-

grenzt, denn sie müssen in das Tauchbad passen. Ist das Bauteil

stelle findet eine Verklebung nur selten statt, mit Ausnahme von

größer als das Tauchbad, so müssen seine Teile auf der Baustel-

Innenausbauten (74).

le miteinander verbunden werden. Durch die Zinkbeschichtung ist ein Verschweißen der Einzelteile nicht mehr möglich. Dennoch werden in Ausnahmefällen verzinkte Komponenten auf der Baustelle verschweißt; zu diesem Zweck bleiben die zu schweißenden Bereiche unverzinkt. Nach dem Verschweißen erhalten diese Bereiche eine Beschichtung aus Zwei-Komponenten-Masse. Bei den Verbindungen, die auf der Baustelle hergestellt werden, handelt es sich meistens um Verschraubungen, die oft mit direkt formschlüssigen Verbindungen und Positionsverbindungen kombiniert werden. Dies hat den Vorteil, dass die Belastung auf eine größere Fläche eingeleitet werden kann und nicht nur über die relativ dünnen Schrauben übertragen werden muss, und dass die Komponente während der Konstruktionsphase platziert werden kann, ohne dass sie die ganze Zeit am Kran eingehängt sein muss (75). Bei der Verschweißung dünner Stahlelemente ist die Gefahr groß, dass sich die Bleche verformen, weil beim Schweißvorgang sehr hohe Temperaturen herrschen. Wenn Feinbleche mit einer Stärke von weniger als 2 mm fixiert werden müssen – ob aneinander oder auf einem Untergrund aus Stahl oder Holz –, werden (Blech‑)Schrauben, Gewindeschrauben mit Muttern oder Blindnieten verwendet. Überdies können die Blechplatten in der Werkstatt durch Punktschweißungen miteinander verbunden

74

werden.

Fenster aus fingergezinkten und laminierten Blendrahmenteilen Auch bei Hölzern mit kleinen Abmessungen können auf diese Weise große Querschnitte hergestellt werden.

VERBINDUNGEN

97

Betonverbindungen Für Beton werden Trocken- und Nassverbindungen verwendet.

Trockenverbindungen lassen sich auf unterschiedliche Weise her-

Nassverbindungen sind Materialverbindungen, die auf der Bau-

stellen. In den meisten Fällen geschieht dies durch Stapeltechni-

stelle hergestellt werden. Die Verbindung wird durch das Ein-

ken (Positionsverbindung), eventuell in Kombination mit direkt

bringen von flüssigem Beton zwischen den miteinander zu ver-

und indirekt formschlüssigen Verbindungen. Vor allem bei der

bindenden Teilen hergestellt. Die Öffnung zwischen den Teilen

Aufnahme vertikaler Belastungen in tragkonstruktiven Kompo-

muss zu diesem Zweck verschalt werden, sofern nicht die beiden

nenten ist diese Methode zu bevorzugen, doch sie wird auch in

Teile selbst die Schalung bilden. Die Bewehrungsstäbe ragen

Außenwänden angewendet (76). Weiterhin können Betonele-

aus den zu verbindenden Elementen und stecken nach dem Ver-

mente durch Ankerplatten und Schrauben miteinander verbun-

guss im Beton. So hergestellte Verbindungen können moment-

den werden (77).

fest, das heißt als Einspannung, ausgeführt werden. Die arbeits-

Ebenso können die Elemente über an der Bewehrung ange-

aufwändige Ausführung, die Notwendigkeit der Verschalung und

schweißte Platten miteinander verbunden werden (78). Diese

die Aushärtungszeit des Betons sind Nachteile dieser Methode.

Methode ergibt stärkere Befestigungen, ist aber auch aufwän-

Es ist fast unmöglich, die Schalung so genau an zwei Fertigteilen

diger.

anzubringen, dass kein Zementwasser austritt. Wenn hohe Ansprüche an das Aussehen der Betonoberfläche gestellt werden, ist diese Methode somit nicht die erste Wahl.

75

Kombination der Verbindungsmethoden zwischen Elementen einer Stahlkonstruktion Die Stütze wird an ihrem oberen Ende durch Schweißen mit einer Form versehen, wodurch die Belastung des Trägers über eine Positionsverbindung auf die Stütze abgetragen werden kann. Die Schrauben sichern den Träger gegen seitliche Bewegungen.

98

VERBINDUNGEN

76

Staatliches Institut für Archäologische Bodenuntersuchung, Amersfoort, Niederlande, Abel Cahen, 1988 Vorgefertigte Fassadenelemente und -stützen aus Beton

77

Verschraubung von zwei vorgefertigten Wandelementen aus Beton In beide Teile werden Anker eingegossen, die mit der Bewehrung verbunden sind. Nach der Ausrichtung der Elemente werden diese mit verzinktem Stahlblech und Schrauben miteinander verbunden. Durch die vorhandenen Langlöcher passen die Tafeln immer.

78

Verschweißung von zwei vorgefertigten Wandelementen aus Beton In beiden Teilen befindet sich eine Stahlplatte an der Oberfläche der Betontafel, die mit der darin vorhandenen Bewehrung verbunden ist. Auf der Baustelle wird ein Stahlwinkel auf die beiden Platten geschweißt. Der vertieft angeordnete Anschluss wird später mit schwindfreiem Mörtel verschlossen. Mit dieser Verbindung lassen sich höhere Kräfte als mit einer Schraubverbindung übertragen.

VERBINDUNGEN

99

Anschlüsse zwischen Bauteilen unterschiedlicher Zusammensetzung Wie bereits erwähnt, geht es in schichtweise aufgebauten Bau-

Auch die Abdichtung gegen Wasser und Außenluft, der Schall-

teilen darum, am Übergang zwischen zwei oder mehreren solcher

schutz und Maßnahmen gegen die Verbreitung von Feuer sind

Teile jene Schichten miteinander zu verbinden, die die gleiche

Eigenschaften, denen die Anschlussdetails gerecht werden

Funktion besitzen. Die Bestandteile einer jeden Materialschicht

müssen, während es bei anderen Funktionen wie Lastabtrag und

sind im Bereich des Anschlusses so miteinander zu verbinden,

Lichtdurchlässigkeit nicht nötig oder gar nicht zulässig ist, dass

dass ihre Funktion auch in diesem Bereich gewährleistet ist.

sich die Eigenschaft fortsetzt.

Verbindungen innerhalb einer Schicht, wie zum Beispiel bei Wärmedämmschichten aus Polystyrolschaum, stellen Anschlüsse dar und werden entweder von dem Hersteller des Materials entworfen, wie dies etwa bei Außenwandtafeln in Sandwichbauweise der Fall ist, oder sind stark traditionell geprägt. Die Anschlüsse zwischen verschiedenen Schichttypen unterliegen sowohl bei Schichten, die in der gleichen Ebene liegen – zum Beispiel einem Rahmen mit Fenster, der in eine Außenwand eingelassen ist – als auch bei Schichten, die in verschiedenen Ebenen liegen – etwa einem Dach und einer Außenwand – der Verantwortung des Architekten; auch wenn deren Konstruktion nicht von ihm stammt, so hat er doch zumindest eine kontrollierende Aufgabe. Bei einer Verbindung zwischen zwei komplexen Bauteilen, wie Dach-, Wand- und Deckenkonstruktionen mit schichtweisem Aufbau, treffen verschiedene Aspekte aufeinander. Die Gesamtheit der Funktionen, Techniken und verfügbaren (finanziellen) Mittel führt dazu, dass in der Praxis nahezu kein Detail eines Gebäudes so ist wie bei anderen Bauten und es in einem einzigen Gebäude viele verschiedene Anschlussdetails geben kann. Bei schichtweise aufgebauten Konstruktionen besitzt jede Schicht ihre eigenen Anschlusstypen, die zu dem verwendeten Werkstoff gehört. Wenngleich im Prinzip in jeder Schicht für die erforderliche Abdichtung zu sorgen ist, empfiehlt es sich dennoch, Fugen in verschiedenen Schichten versetzt gegenüber Fugen anzuordnen, die in Schichten mit einer anderen Funktion vorhanden sind.

79

Zusammenführung der Funktionen Der Rahmen ist eine Übergangskonstruktion zwischen einer Scheibe mit einem bestimmten Satz von Funktionen und einer Wand mit einem anderen Satz von Funktionen.

100

VERBINDUNGEN

Entwurf von Anschlüssen Bei Tageslichtöffnungen mit Doppelverglasung werden die Funk-

Der Entwurf von Anschlüssen zwischen Bauteilen ist ein kom-

tionen Regenschutz, Wärmedämmung, Dampfundurchlässigkeit

plexer Vorgang, weil in einem Anschluss eine Vielzahl ästheti-

und Schallschutz von zwei Glasscheiben erfüllt, zwischen denen

scher, funktionaler und technischer Anforderungen zu berück-

sich ein schmaler Luftspalt befindet. Die Wand, in der sich die

sichtigen sind. Es handelt sich, dies sei betont, um einen

Öffnung befindet, kann aus verschiedenen Schichten mit unter-

iterativen Prozess, der dem Ablauf beim Entwurf von Gebäuden

schiedlicher Funktion zusammengesetzt sein, die erheblich dicker

ähnelt. Während man nach den richtigen Lösungen sucht, müs-

als die Glasscheibe sein können. Im Bereich des Anschlusses

sen und können Ziele geändert werden. Dabei kann es zu Wider-

zwischen diesen beiden Bauteilen gilt es nicht nur, Schichten

sprüchlichkeiten kommen, die gelöst werden müssen. Herstel-

unterschiedlicher Art aneinander zu befestigen; der dazwischen

lungs- und Demontagemöglichkeiten spielen eine wichtige Rolle.

befindliche Anschluss muss auch abgedichtet werden können,

Im Baugewerbe, und dort insbesondere beim Wohnungsbau,

was durch die stark unterschiedliche Dicke ein geometrisches

werden oft Standarddetails verwendet, die sich über die Jahre

Problem darstellen kann. Durch die Verwendung einer Über-

bewährt haben. Allerdings liegt die Form solcher Anschlüsse von

gangskonstruktion können diese Probleme gelöst werden. Bei

vornherein fest, und nicht immer ist diese der Gestalt des Ge-

der Übergangskonstruktion handelt es sich um eine Einheit aus

bäudes angemessen. Ist dies nicht der Fall, so muss der Entwer-

Elementen – Rahmen, Stürze, Abtropfkanten, Abflussfolien –,

fende nach einer eigenen Lösung suchen. So wenig, wie es Rou-

die auf einer Seite so geformt ist, dass darin die Glasscheibe

tineverfahren für den Entwurf eines Gebäudes gibt, so wenig

befestigt werden kann, und auf der anderen Seite der Wand an-

gibt es diese für den Entwurf von Anschlüssen. Es bleibt Ent-

gepasst ist, in die die Scheibe eingesetzt wird. Die Übergangs-

wurfsarbeit, das heißt die Suche nach einer Form für die gestell-

konstruktion kann zugleich – mehr oder weniger – all jene Funk-

te technisch-funktionale Aufgabe.

tionen erfüllen, die auch die Wand erfüllen kann (79).

Es können jedoch einige Kriterien genannt werden, anhand de-

Entscheidend ist bei diesen Anschlussdetails, dass die ge-

rer ein Anschluss beurteilt werden kann.

samte Wärmedämmung in einer Ebene angeordnet ist und somit

Gehören die zu verbindenden Teile zum Primär- oder zum

geradlinig verlaufen kann. Soll der Rahmen weiter innen oder

Komplementärsystem? Welche Funktionen müssen die mitein-

außen angeordnet werden, so muss die Wärmedämmschicht

ander zu verbindenden Bauteile erfüllen?

entsprechend verspringen.

Wie sind die Funktionsschichten (und die Materialschichten) der miteinander zu verbindenden Teile aufgebaut; sind die Schichten in einer sinnvollen Reihenfolge angeordnet? Weisen die Funktionsschichten im Anschluss einen ununterbrochenen Verlauf auf, und wenn nicht, wie werden die möglichen Probleme etwa in Bezug auf Wärmebrücken gelöst? Können die Bauteile, mit Blick auf ihre Größe und ihre Masse, an der vorgesehenen Stelle eingesetzt und gut dorthin befördert werden? Ist genügend Platz vorhanden, um das Objekt einzubringen? Lassen sich Hilfskonstruktionen wieder aus dem Gebäude entfernen? Wie wird das Element ausgerichtet? In allen sechs Richtungen? Wie wird es befestigt? Sind die Befestigungspunkte erreichbar? Wie werden die Fugen abgedichtet?

VERBINDUNGEN

101

4 | BAUSTR U KTU R In diesem Kapitel wird beschrieben, wie sich die Teile, aus de-

Drei Bauweisen: Räume und Beziehungen zwischen Räumen

nen ein Gebäude aufgebaut ist, zu einer Einheit zusammenfügen

Wollen wir einen Raum begrenzen, so sind dafür in drei rechtwink-

lassen. Erst mit dem richtigen Verständnis des Gebäudes als

lig zueinander verlaufenden Richtungen Begrenzungen erforder-

Ganzem können die richtigen Entscheidungen beim Entwurf die-

lich. Wenn wir eine Dachfläche schaffen (den Raum in der dritten

ser Bestandteile, der darin vorhandenen Öffnungen und der da-

Dimension festlegen), stehen hinsichtlich der beiden verbleiben-

zwischen befindlichen Anschlüsse getroffen werden. Die Art und

den Dimensionen und der Möglichkeiten für die Abstützung des

Weise, in der Räume angeordnet, geteilt und miteinander ver-

Dachs drei Modelle zur Wahl. Die vertikalen Elemente (Wände,

bunden werden können, sowohl horizontal als auch vertikal, hat

Stützen) können:

wesentlichen Einfluss auf die Wahl der Bauteile und Anschluss-

1. die Dachfläche an allen vier Seiten abstützen, womit der

typen. Die Art und Weise, in der eine Einheit aus Bestandteilen

Raum in zwei horizontalen Dimensionen begrenzt wird; es be-

aufgebaut ist oder in der die Bestandteile einer Einheit miteinan-

steht keinerlei Zusammenhang mit dem „äußeren Raum“.

der in Zusammenhang stehen, bezeichnen wir als die Struktur

2. die Dachfläche an zwei parallelen Seiten abstützen, womit der

dieser Einheit. Die Wiedergabe einer Struktur erfolgt zumeist über abstra-

Raum in nur einer Dimensionen begrenzt wird; es besteht eine eindimensionale Beziehung mit dem „äußeren Raum“.

hierte Schemata. Dabei kann unter anderem angegeben werden,

3. die Dachfläche nur durch lineare Elemente (Stützen) ab-

welche Einzelteile die Einheit umfasst, nach welcher Hierarchie

stützen, womit der Raum in den beiden horizontalen Dimen-

sich diese Einzelteile ordnen lassen, wie das Beziehungsmuster

sionen unbegrenzt bleibt; es besteht eine zweidimensionale

dieser Einzelteile gestaltet ist und welche Hierarchie die betref-

Beziehung mit dem „äußeren Raum“ (1, 2).

fende Beziehung aufweist.

Diese drei Konstruktionsarten nennt man Zellen- oder Massivbauweise, Scheibenbauweise und Skelettbauweise.

1

Die drei Bauweisen und ihre Zwischenformen Zellen- oder Massivbauweise, Scheibenbauweise und Skelettbauweise

2

Massiv- oder Zellenbauweise, Scheibenbauweise und Skelettbauweise Drei Beziehungen zwischen räumlicher Qualität und konstruktiver Ordnung

102

BAUSTR U KTU R

Primär- und Komplementärsystem, raumbildende Mittel Nicht alle Teile eines Gebäudes müssen den gleichen, hohen

Wenn die Dachfläche allseitig abgestützt und der Raum damit in

Belastungen gewachsen sein. Durch die Wahl bestimmter Kon-

zwei horizontalen Dimensionen begrenzt wird, handelt es sich

struktionsverfahren können Kräfte an bewusst gewählten Stellen

nicht automatisch um architektonischen Raum. Es bedarf einer

der Konstruktion eingeleitet werden. So entsteht, was oft als

Öffnung in der Wand, die den Raum sichtbar macht und dafür

„Konstruktion“ oder „Struktur“ bezeichnet wird und der „Ausge-

sorgt, dass aus der Höhlung zwischen den begrenzenden Flä-

staltung“ gegenübersteht. Es lässt sich bei einer Konstruktion

chen ein Innenraum wird. Es entsteht ein Verhältnis, eine Bezie-

zwischen einem primären und einem komplementären System un-

hung zwischen innen und außen. Andererseits ist eine Wand

terscheiden. Das Primärsystem ist zu definieren als die Summe

eine Fläche, die in ihrer Ganzheit die Begrenzung darstellt; wo

der primär raumbildenden Mittel. Dazu zählen auf jeden Fall das

sich in der Wand ein Loch befindet, ist der Raum somit weniger

Dach (oder die Geschossdecke) und jene Elemente, die das

deutlich definiert. Diese Spannung im räumlichen Sinne macht

Dach stützen. „Primärsystem“ ist nicht gleichbedeutend mit „Trag-

sich auch konstruktiv bemerkbar. Wenn die Wand als Ganzes

werk“. Es ist kein eindeutiger Begriff, der bei jedem Gebäude die

das Dach trägt, führt ein Loch in der Wand zu einer Beeinträch-

gleiche Bedeutung besitzt. Was primär ist und was komplemen-

tigung ihrer Tragfähigkeit (3). Eine der charakteristischen Eigen-

tär, hängt von der Bedeutung ab, die beide Teile in Bezug auf-

schaften der einzelnen Bauweisen ist die Möglichkeit, die sie für

einander innerhalb eines bestimmten Gebäudes haben. In jeder

die Herstellung von Öffnungen bieten.

der drei Bauweisen herrscht eine bestimmte Beziehung, ein bestimmter Zusammenhang zwischen dem Primär- und dem Komplementärsystem, die für die jeweilige Bauweise typisch sind (4).

3

Komplementäre Beziehung Raum und Konstruktion Die komplementäre Beziehung zwischen Raum und Konstruktion in einer Wand: Wo Raum ist – im Bereich der Öffnung – wird der Lastabtrag unterbrochen.

4

Primär- und Komplementärsystem In jeder der drei Bauweisen kann zwischen primären und komplementären raumbildenden Mitteln unterschieden werden.

BAUSTR U KTU R

103

Im Folgenden werden die Bauweisen unter verschiedenen Ge-

Die Fläche, die den Raum in der dritten Dimension, der Himmels-

sichtspunkten, darunter auch das Erzeugen von Öffnungen und

richtung, begrenzt, besitzt damit eine nicht zu unterschätzende

Überspannungen, miteinander verglichen. Jede der Bauweisen

Bedeutung für den Raum. Die Sichtbarkeit der Wirkungsweise

wird von den Auflagemöglichkeiten bestimmt, die sich für eine

der Überspannung und der Rolle der Wände dabei verleiht die-

raumüberspannende Konstruktion wie Dach oder Decke bieten.

sem Raum seine räumliche Ausrichtung (5–8).

Für jede der drei Bauweisen gibt es mehrere Überspannungstypen.

Im konstruktivem Sinne sind die Auflagemöglichkeiten für Geschossdecken entscheidend für die Art der Überspannung. Dabei führt die Nutzung sämtlicher Auflagemöglichkeiten, allgemein gesagt, zu einer kostengünstigeren Konstruktion. Weiterhin kann das Gewicht des Dachs die Wand stabiler machen, vor allem wenn es um Konstruktionen geht, die ihre Stabilität aus der Eigenlast erhalten.

5

104

Sogn Benedetg-Kapelle, Sumvitg, Schweiz, Peter Zumthor, 1988 Das Muster der Balken unterstützt die Grundrissform und sorgt für eine gleichmäßige Belastung der Wände.

6

7

8

Bahnhof Lissabon-Oriente, Santiago Calatrava, 1998 Die Dachkonstruktion spannt auf gleiche Art in zwei Richtungen, was für einen Bahnhof ungewöhnlich ist.

Bibliothek Ste. Geneviève, Paris, Henri Labrouste, 1851 Die prachtvollen gusseisernen Bögen betonen die lang gestreckte Grundrissform.

BAUSTR U KTU R

St. Jeronimo Kathedrale, Belem, Portugal, 1514 Die Gewölbeform folgt dem Kraftfluss.

Massiv- oder Zellenbauweise Der Raum wird von den Wänden bestimmt, die ihn vollständig

Möglichkeiten für einen Um- oder Ausbau

umschließen (9). Das Dach verbindet alle Wände und wird von

Ein Ausbau erfolgt durch die Hinzufügung neuer Zellen. Die

allen Wänden getragen. Zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen

Zellen fungieren dabei im Prinzip nach wie vor als separate räum-

sind im Prinzip nicht erforderlich, da die Wände einander seit-

liche Einheiten. Räumliche Verbindungen zwischen den Zellen

lichen Halt verleihen. Die Abmessungen des Raums in den bei-

sind schmal. Veränderungen stellen einen Eingriff in das Primär-

den horizontalen Dimensionen unterscheiden sich im Allgemei-

system dar und sind deshalb oft eine tief greifende Maßnahme.

nen nicht allzu sehr voneinander. Dieser Umstand ist sowohl in räumlicher als auch in konstruktiver Hinsicht von Bedeutung. Im

Überspannung

räumlichen Sinne wird das „Zwischen“, das „Innen“, unter ande-

Bei der Massivbauweise gehören alle umhüllenden Wände zum

rem durch den Abstand zwischen den beiden zueinander in Be-

Primärsystem und tragen Decken und/oder Dach (10). Die Dach-

zug stehenden Wänden bestimmt. Wenn zwei parallel verlaufen-

konstruktion ist somit im Prinzip richtungslos. Sie kann aus einer

de Wände zu nahe beieinander liegen und zwei andere weit

ungerichteten Konstruktion oder aus einem System linearer Ele-

voneinander entfernt angeordnet sind, spielen sie in der Raum-

mente bestehen, die durch ihre geometrische Ordnung Lasten in

bildung eine geringere Rolle. Das Gefühl, allseitig umschlossen

alle Wände einleiten.

zu sein, wird schwächer. Je weiter die Wände voneinander entfernt sind, desto größer ist auch der konstruktive Aufwand, der für die Herstellung des Dachs erforderlich ist. Die Konstruktion wird dazu tendieren, die gegebenen Distanzen auf kürzestem Wege und nicht in zwei Richtungen zu überspannen, womit die weit voneinander entfernten Wände ihre Bedeutung als Teil des Primärsystems verlieren. Im Wesentlichen wird der Raum von den primären raumbildenden Elementen begrenzt.

Öffnungen Öffnungen stellen eine Unterbrechung der Primärstruktur dar. Die Wand besitzt im Prinzip auf ganzer Länge eine tragende Funktion, deshalb sollen die Öffnungen vorzugsweise schmal sein. Die Höhe spielt ein geringere Rolle.

Stabilität In der Massivbauweise verleihen die Wände einander seitlichen Halt. Das Gewicht der darauf ruhenden Decken- oder Dachkonstruktion kann in wesentlicher Weise dazu beitragen. Zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen sind im Prinzip nicht erforderlich.

10

9

Massivbauweise, Überspannungstypologien Von oben nach unten: Balkenraster, radiale Anordnung, Deckenplatte und Kuppelgewölbe

Massivbauweise und Öffnungen Die Wand besitzt auf ganzer Länge eine tragende Funktion, deshalb sollen die Öffnungen vorzugsweise schmal sein. Die Höhe spielt ein geringere Rolle.

BAUSTR U KTU R

105

Decken und Dächer

Beispiele für die Massivbauweise

Neben bereits beschriebenen Deckentypen, wie zum Beispiel in zwei Richtungen tragende, biegebeanspruchte ebene Platten

Gallarus Kapelle, Dingle, County Kerry, Irland

und Systeme aus Stäben und Füllungen (S. 41–42), können

Diese frühchristliche Kapelle datiert aus dem siebten oder ach-

druckbeanspruchte Kuppeln oder zugbeanspruchte Konstruktio-

ten Jahrhundert. Sie wurde mit aufeinander geschichteten, eng

nen verwendet werden.

eingepassten Mauersteinen ohne Fugenmaterial gebaut. Die

Wenn parallel angeordnete Balken oder plattenförmige Decken

Lagerfugen verlaufen mit etwas Gefälle von innen nach außen,

mit einer deutlichen Ausrichtung zur Anwendung kommen, wer-

so dass eindringendes Wasser nach außen abgeleitet wird. Die

den von den vier Wänden des Primärsystems nur zwei parallele

Konstruktion ist kein Tonnengewölbe; die Steine kragen von un-

Wände belastet. Die nicht belasteten Wände verlieren für das

ten nach oben jeweils etwas weiter aus, wodurch ein „Falsches

Primärsystem an Bedeutung. Es ist einfacher, größere Öffnun-

Gewölbe“ entsteht, wie sie auch in den Kuppelgräbern der

gen darin anzubringen, weil die Wand nicht durch die Decke be-

mykenischen Kultur Griechenlands und bei den Trulli in Südita-

ansprucht wird. Da bei einer solchen Wand die Belastung fehlt,

lien vorkommen. Das hohe Gewicht der Mauersteine führt zu ei-

kann ihre Stabilität geringer ausfallen, weil sie an der Oberseite

ner stabilen Konstruktion. Die Ecksteine und die Steine entlang

nicht mehr konstruktiv mit der Decke verbunden ist. Die nicht

der Öffnungen sind größer und präziser behauen, um eine höhe-

belasteten Wände spielen in diesem Fall eine Rolle für die Stabi-

re Passgenauigkeit zu erreichen und einen Türrahmen zu bilden.

lität des Ganzen.

Die Kapelle wurde nie restauriert und befindet sich trotzdem in einem hervorragenden Zustand (11).

Wirtschaftlichkeit Da alle Wände eine doppelte Funktion besitzen, nämlich Tragen

Jurte, Kirgisien

und Raumabschluss, wird das vorhandene Material optimal ge-

Die Wand der Zelte, die in Kirgisien und der Mongolei benutzt

nutzt. Wird die am besten zu dieser Bauweise passende Über-

werden, ist als geschlossene Wand zu betrachten, die das Dach

spannungskonstruktion gewählt, nämlich eine Überspannung in

entlang des gesamten Umfangs trägt. Am Eingang wird die

zwei Richtungen, so kann dies noch einen zusätzlichen Vorteil

Wand durchbrochen, weshalb dort Maßnahmen getroffen wer-

bringen, weil die Konstruktion dann dünner ausgeführt werden

den müssen, die ein Auseinanderfallen des Zeltes verhindern.

kann. Nicht alle Materialien und Konstruktionsweisen sind jedoch

Ein Türrahmen wird mit Gurten in der durchbrochenen Konstruk-

für Decken oder Dächer geeignet, die einen Raum in zwei Rich-

tion der Wand montiert. Die Wand, die sich zusammenfalten

tungen überspannen.

11

Gallarus Kapelle, Dingle, County Kerry, Irland, 7.–8. Jahrhundert Das Gewölbe wird durch horizontale, nach innen kragende Steinschichten erzeugt. Die Wände sind zueinander geneigt und stabilisieren sich gegenseitig.

106

BAUSTR U KTU R

lässt, besteht aus Zweigen, die mit Ledergurten verbunden sind.

ein Teil der Deckung abgenommen werden, um Rauch ent-

Lange Ledergurte sind oben und in der Mitte um die Jurte ge-

weichen zu lassen oder zu lüften. Die Jurte ist sehr stabil; sie

spannt, damit die Wand nicht in sich zusammenfällt. Der obere

widersteht auch starkem Sturm und braucht für den festen

Gurt nimmt auch die Spreizkräfte auf, die von der „Kuppel“ auf

Stand keine Spannleinen. Darüber hinaus ist die Konstruktion

die Wand übertragen werden. Die Dachsparren treffen in einem

sehr sicher: Kommt es zum Bruch eines Konstruktionselements

zentralen Ring zusammen. Eine mittige Abstützung ist nicht mög-

oder einer Verbindung, so übernehmen andere Teile die Funk-

lich, wird aber auch nicht benötigt. In der Mitte des Dachs kann

tion (12, 13).

12

Jurte, Kirgisien Die Konstruktion ist leicht und besteht aus lokalen Materialien. Die Wand wird durch so wenige Öffnungen wie möglich unterbrochen.

13

Jurte, Kirgisien Die Zeichnung zeigt die Unterkonstruktion.

BAUSTR U KTU R

107

Villa Capra oder Villa Rotonda, Vicenza, Italien Der Hauptbaukörper der von Andrea Palladio um 1550 erbauten

Die Öffnungen in der Fassade sind schmal und hoch. Alle Wän-

Villa weist einen quadratischen Grundriss auf, dem vier Portiken

de tragen entweder das Dach oder die Decke des Obergeschos-

hinzugefügt wurden. Zentral in der Villa befindet sich eine runde

ses oder beides. Die Belastung verleiht der Wand zusätzliche

Halle, die von einer Kuppel abgedeckt wird. Sie liegt entlang ih-

Stabilität. Im Querschnitt ist die von oben nach unten immer

rem gesamten Umfang auf den Wänden der Halle auf. Die ge-

stärker dimensionierte Konstruktion sichtbar (14, 15).

neigte Dachfläche ruht an einer Seite auf der Wand der Halle und an der anderen Seite auf der Außenwand. Die Haupträume des Piano nobile werden mit Gewölben überdeckt, die an der Oberseite verfüllt worden sind, damit ein ebener Boden entsteht.

14

Villa Rotonda, Vicenza, Italien, Andrea Palladio, um 1550 Schmale hohe Fenster sind typisch für eine Zellenbauweise.

15

Villa Rotonda, Vicenza, Italien, Andrea Palladio, um 1550 Grundriss und Schnittansicht

108

BAUSTR U KTU R

Fabrik für Tischbesteck David Mellor, Derbyshire, Großbritannien Die Fabrik, 1990 nach dem Entwurf von Michael Hopkins ent-

Bereich der Auflagepunkte sind die Betonblöcke stärker dimen-

standen, wurde auf dem Fundament eines ehemaligen Gasbe-

sioniert, um die Last besser auf dem Mauerwerk zu verteilen.

hälters errichtet. Nur der Rand der Bodenplatte war tragfähig

Auch entlang der Öffnungen kommen Betonblöcke zur Anwen-

genug, um die Konstruktion und die darauf ruhenden Lasten auf-

dung. Sie bilden einen Übergang zwischen dem nur grob bear-

nehmen zu können. Das Dach besteht aus strahlenförmig ange-

beiteten Naturstein und den glattflächigen Türrahmen, die einen

ordneten Stahlträgern, die an der Spitze auf einem ringförmigen

ebenen Anschluss benötigen. Darüber hinaus haben die Beton-

Träger ruhen, während die äußeren Enden auf eine aus grob be-

blöcke durch ihre ebene Oberfläche den Vorteil, dass sie sich

hauenen Natursteinblöcken aufgemauerte Wand aufgelagert

weniger leicht zur Seite verschieben können. Zudem ist ihre zu-

sind, die mit Betonsteinen umrandet ist. Das Mauerwerk fungiert

lässige Druckbelastung höher. Die Kreisform ist sehr stabil, vor

hier nicht lediglich als Verkleidung einer tragenden Konstruktion,

allem dann, wenn sie mit einer formbeständigen Dachfläche ab-

wie dies heute fast überall der Fall ist, sondern dient selbst als

gedeckt wird. Die Öffnungen durchbrechen zwar die Kreisform

tragendes Material. Die Wand ist an vier Stellen mit jeweils einer

des Grundrisses, doch dank der gebogenen Form sind die

Öffnung unterbrochen, deren Breite etwas geringer ist als der

Wandflächen dennoch von ausreichend hoher Stabilität (16–18).

Abstand zwischen den Trägern. Über der Öffnung ist deshalb kein Sturz erforderlich. Das Maß der Öffnung wird von der Konstruktion bestimmt. Auf der Wand liegen vorgefertigte Betonelemente. Sie erlauben einen präziseren Anschluss mit dem Lichtband über der Wand; auch für die Anbringung von Befestigungsmitteln ist dieses Material besser geeignet als Naturstein. Dies ist vor allem bei der Auflage der Stahlträger wichtig. Im

17

Fabrik für Tischbesteck David Mellor, Derbyshire, Großbritannien, Michael Hopkins, 1990 Grundriss Dach

16

Fabrik für Tischbesteck David Mellor, Derbyshire, Großbritannien, Michael Hopkins, 1990 Vor allem bei der Dachkonstruktion ist die Ähnlichkeit zur Jurte groß.

18

Fabrik für Tischbesteck David Mellor, Derbyshire, Großbritannien, Michael Hopkins, 1990 Tragwerk des Dachs

BAUSTR U KTU R

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First Unitarian Church, Rochester, USA Der fast quadratische Kirchensaal des 1959–1969 entstande-

Säulen sichtbar sind und andererseits das gesamte Maß des

nen Gebäudes von Louis I. Kahn ist von einem Flur umgeben, an

Kirchensaals erlebbar ist. Die Säulen können schlank ausgeführt

den sich mehrere Blöcke mit Konferenzräumen, Unterrichtsräu-

sein, weil sie in die Wand integriert sind und so die Gefahr des

men und Nebenräumen anlagern. Louis I. Kahn war der Meinung,

Einknickens verringert wird. In den vier Ecken ist das Dach ange-

dass sich die konstruktive Gliederung eines Gebäudes mit der

hoben, so dass indirekt einfallendes Tageslicht den Kirchensaal

räumlichen Einteilung decken muss. Eine Person, die in einem

erhellt (19–21).

Raum steht, soll die gesamte Struktur dieses Raums wahrnehmen können. So verwarf er eine Skelettkonstruktion, die in kleinere Räume unterteilt wird, wodurch die Konstruktion dem Auge vollständig entzogen wäre. In jedem Fall müssen wichtige Räume, wie hier der große Saal der Kirche, eine eigene Überspannung erhalten, die zugleich die gegebenen Auflagemöglichkeiten optimal nutzt und deren Formgebung mit der Form des Raums harmoniert. Das Dach besteht aus Spannbeton und ist an vier Seiten auf die Außenwände des Kirchensaals sowie auf in die Wand des Flurs integrierte Betonsäulen aufgelagert. Die Wand des Flurs reicht nicht ganz bis zur Decke, so dass einerseits die

20

First Unitarian Church, Rochester, New York, Louis I. Kahn, 1969 Innenansicht

19

First Unitarian Church, Rochester, New York, Louis I. Kahn, 1969 Hohe, schmale Öffnungen sind typisch für die Zellenbauweise. Der Innenraum wird über Dachöffnungen in den vier Ecken belichtet.

21

First Unitarian Church, Rochester, New York, Louis I. Kahn, 1969 Axonometrie

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Haus Luis Barragán, Mexiko-Stadt Barragáns Häuser sind von rechteckigen und quadratischen Räumen mit stets wechselnder Größe geprägt, die sich wie die Teile eines Puzzlespiels ineinander fügen. Die Außen- und Innenwände aus verputztem Material sind weiß getüncht oder grellfarbig gestrichen. In diese Flächen sind kleine Öffnungen für Fenster eingelassen. Sonnenlicht, und damit auch Sonnenwärme, wird dadurch von den Innenräumen ferngehalten. Nur an einigen wichtigen Stellen, etwa zwischen Wohnzimmer und Garten oder am Eingang zur Garage, sind größere Öffnungen vorhanden. Die Geschossdecken bestehen zum Teil aus schweren Holzbalken, die in der günstigsten Richtung angeordnet sind. Die Ausrichtung kann in jedem Raum anders sein. Auf den Balken liegen Holzdielen. In einigen Räumen ist die Konstruktion der Geschossdecke unsichtbar; die Zimmerdecke ist dann, ebenso wie die Wände, verputzt (22–24).

22

Haus Luis Barragán, Mexiko-Stadt, Luis Barragán, 1948 Das Wohnhaus wurde in Zellenbauweise errichtet, was sich an den großen, geschlossenen Wandflächen zeigt.

23

Haus Luis Barragán, Mexiko-Stadt, Luis Barragán, 1948 Ansicht, Grundriss und Schnitt

24

Haus Luis Barragán, Mexiko-Stadt, Luis Barragán, 1948 Fassade Straßenseite

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Scheibenbauweise Der Raum wird von zwei einander gegenüberliegenden Wänden

Öffnungen

des primären raumbildenden Systems begrenzt (25). Das Dach

Die komplementären Wände können weggelassen oder mit be-

ruht auf diesen Wänden und überspannt den Zwischenraum in

liebig großen oder kleinen Öffnungen versehen werden, ohne

einer einzigen Richtung. Die beiden anderen Wände des Raums

dass dies Auswirkungen auf das Primärsystem hat. Die Öffnun-

gehören zum Komplementärsystem. Das Primärsystem spielt

gen des Primärsystems sind vorzugsweise schmal und können

keine ausschlaggebende Rolle bei der Ausbildung der komple-

als vertikale, geschosshohe Schlitze ausgebildet werden, ohne

mentären Wände, bei denen der Planer über eine größere Ge-

dass dies die Tragfähigkeit beeinträchtigt.

staltungsfreiheit verfügt. Der Raum ist von einer dominierenden Richtung gekennzeichnet. Der Grund dafür liegt zum einen in der

Stabilität

Möglichkeit, raumbreite und raumhohe Öffnungen in die komple-

Die Wände des Primärsystems sind in ihrer Ebene steif und ver-

mentären Wände einzulassen, und zum anderen in Erwägungen

leihen der Konstruktion damit in einer Richtung Stabilität. In der

konstruktiver und wirtschaftlicher Art. Die Kosten einer Über-

anderen Richtung muss die Stabilität durch besondere Maß-

spannung steigen mit der Spannweite exponentiell an. Daher ist

nahmen erreicht werden. Dies kann geschehen, indem man die

es eine wirtschaftliche Lösung, die tragenden Wände in einem

Dicke der primären Wände an bestimmten Stellen oder auf gan-

möglichst geringen Abstand anzuordnen, wobei selbstverständ-

zer Länge vergrößert oder indem man die Wand verstrebt, zum

lich funktionale und räumliche Argumente eine wichtige Rolle

Beispiel mit dem Komplementärsystem (oder Teilen davon) (26).

spielen. Umgekehrt betrachtet: Bei einer gegebenen, länglichen

In diesem Fall entsteht eine Hybridkonstruktion.

Raumform wird eine Überspannung in einer (der kürzesten) Richtung zu einer logischen und wirtschaftlichen Entscheidung. Die kurzen Wände verlieren damit ihre konstruktive Bedeutung.

25

Scheibenbauweise und Öffnungen Die komplementären Wände können weggelassen oder mit Öffnungen versehen werden, ohne dass dies Auswirkungen auf das Primärsystem hat. Die Öffnungen sind vorzugsweise schmal und können als geschosshohe Schlitze ausgebildet werden.

26

Stabilität von Wänden Aussteifung der Wand durch Rippen oder Wandscheiben

112

BAUSTR U KTU R

Möglichkeiten für einen Um- oder Ausbau Für einen Ausbau gibt es zwei Möglichkeiten: eine Verlängerung der Scheiben oder die Anordnung mehrerer Scheiben nebeneinander. Im letzteren Fall sind die Öffnungen zwischen diesen Räumen vorzugsweise schmal. Eine Verbreiterung des Raums bedarf einer Änderung des Primärsystems.

Überspannung Bei der Scheibenbauweise kommt immer eine gerichtete Überspannung zur Anwendung. Das Dach verbindet die Wände des Primärsystems und ruht auf diesen Wänden. Das Material des Daches kann den Raum nur von Wand zu Wand überspannen (27–29).

28

Auditorium Niccolò Paganini, Parma, Italien, Renzo Piano, 2001 Der Raum orientiert sich am Tragsystem.

27

Scheibenbauweise, Überspannungstypologien Von oben nach unten: Balkenlage, Binderkonstruktion, einseitig gespannte Deckenplatten und Tonnengewölbe

29

Fondation Maeght, St. Paul de Vence, Frankreich, Josep Lluis Sert, 1964 Das Gebäude hat ein gerichtetes Tragsystem mit integrierter Lichtführung.

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Decken und Dächer

Beispiele für die Scheibenbauweise

Es gibt vier Dach- und Deckentypen: 1. Systeme von parallel in regelmäßigen Abständen zueinander

Mudhif, Südirak

angeordneten linearen Elementen, zwischen denen sich Ele-

Diese Gebäude bestehen aus in sehr engem Abstand aufge-

mente von sekundärer Bedeutung befinden.

stellten, gebogenen Gebinden, die aus gebündeltem Schilfrohr

2. Systeme von länglichen, plattenförmigen Elementen, die aneinander gelegt ein Dach bilden (S. 43–45). Diese Elemente können auch gewölbt sein (im Falle einer begehbaren Geschossdecke nur an der Unterseite).

hergestellt sind. Zusammen bilden sie einen tunnelähnlichen Raum. Der Bereich zwischen den Gebinden wird mit einem dünneren Schilfgeflecht gefüllt. Die Fassaden an den Gebäudeenden bestehen aus Matten von geflochtenem Schilf mit offener

3. Tonnengewölbe, Tunnel/Tunnelschalung

Struktur, die zwischen einigen Schilfsäulen befestigt sind. Diese

4. Zugbeanspruchte Hängedächer

Gewebe sorgen für den Zutritt von Licht und Luft in den Raum. Im Prinzip ist es möglich, auch an den Längsseiten Öffnungen in

Vor allem im Wohnungsbau werden auch monolithische, ebene

der Außenwand anzubringen, doch dies ist nur an wenigen Stel-

Plattenböden aus Ortbeton verwendet. Dies bietet die Möglich-

len machbar, weil die Flächen zwischen den Säulen in Längsrich-

keit, Leitungen in eine solche Decke einzugießen; darüber hin-

tung Stabilität bieten. In Querrichtung wird die Stabilität durch

aus wird durch das relativ hohe Gewicht der Decke eine gute

die Form der Gebinde gewährleistet (30).

Schalldämmung erzielt und der Aufwand bei der Verkleidung der ebenen Unterseite ist sehr gering. In die Decke wird eine Hauptbewehrung aus Stahlstäben eingelegt, die entsprechend der Überspannungsrichtung angeordnet sind. Werden auch Stäbe in der anderen Richtung angebracht, so wird die Decke in zwei Richtungen tragfähig. In diesem Fall sind auch die anderen Wände als tragend anzusehen; sie werden dann zu einem Teil des Primärsystems. Das Gebäude ist dann nicht mehr nach der Scheibenbauweise, sondern nach der Zellenbauweise konstruiert.

Wirtschaftlichkeit Der Kostenvorteil dieser Bauweise ergibt sich in erster Linie aus dem günstigen Verhältnis zwischen der Geschossfläche und dem Maß der Überspannung. Diese Bauweise wird gewählt, wenn die Auflage der Decke auf alle vier umhüllenden Wände keinen Sinn mehr hat, weil die Überspannung in einer Richtung viel geringer ist als in der anderen. Die Geschossfläche kann dann vergrößert werden (durch eine Verlängerung des Gebäudes), ohne dass dies zu einer größeren Überspannung führt.

30

Mudhif, Südirak Innen- und Außenansicht. Über die komplementären Wände (Kopfgiebel) wird frische Luft und Licht eingelassen.

114

BAUSTR U KTU R

Santa Maria de Ripoll, Ripoll, Spanien Die Kirche besitzt neben dem Mittelschiff zwei Seitenschiffe und

Die Abschlüsse an den Enden des Schiffes, auf der einen Seite

ein Querschiff. Mittelschiff und Querschiff werden mit einem

durch das Querschiff (Transept mit Apsis und Seitenapsiden)

Tonnengewölbe abgedeckt. Die Wände des Mittelschiffs werden

und auf der anderen Seite durch zwei Türme, zwischen denen

durch Öffnungen durchbrochen, die nur geringfügig breiter sind

sich ein Portal befindet, spielen für die Überspannung selbst kei-

als die übrig bleibenden Fenstergewände. Dadurch bleibt der

ne Rolle, überspannt doch das Gewölbe den Raum von einer

Charakter der Wand erhalten.

Längswand zur anderen (31–33).

Im Laufe der Geschichte des Kirchenbaus entwickeln sich die Öffnungen in diesen Wänden zu immer größerer Breite, werden die Fenstergewände zunächst zu Pfeilern und später zu Säulen oder Gruppen von Säulen, um damit die räumliche Beziehung zwischen dem Mittelschiff und den Seitenschiffen zu verstärken. Die Tonnengewölbe entwickeln sich dann zu Kreuzgewölben, um die Last des Gewölbes direkter auf die Pfeiler oder Säulen übertragen zu können und im oberen Teil der Wand größere Lichtöffnungen schaffen zu können. Über die Jahrhunderte lässt sich so beobachten, wie unter dem Einfluss fortschreitender Erkenntnisse und verbesserter Bauverfahren aus einer Scheibenbauweise (romanisch) eine Skelettbauweise (spätgotisch) wird.

32

Santa Maria de Ripoll, Ripoll, Spanien, 12.–14. Jahrhundert Außenansicht

31

Santa Maria de Ripoll, Ripoll, Spanien, 12.–14. Jahrhundert Innenansicht 33

Santa Maria de Ripoll, Ripoll, Spanien, 12.–14. Jahrhundert Grundriss

BAUSTR U KTU R

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Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich, Großbritannien Die Längswände und das Dach des Gebäudes von 1974–1978, entworfen von Sir Norman Foster, bestehen aus nahe beieinander angeordneten Fachwerkgebinden. Das Breitenmaß der Gebinde entspricht ihrem Zwischenabstand: 2,40 m. Außenwand und Dach werden durch Paneele mit einer Breite von 2,40 m und einer Höhe von 1,60 m geschlossen. Die meisten Paneele bestehen aus einem Aluminium-Sandwich; ein Teil der Paneele besteht aus Glas oder aus Gitterrosten. In einigen Fällen werden Paneele von doppelter Höhe verwendet, was das Anbringen einer Tür ermöglicht. Die Fassaden an den Gebäudeenden sind aus großen, rahmenlosen Glasscheiben aufgebaut, die zwischen den letzten Gebinden der Konstruktion montiert sind. Hinter den Scheiben sind Verstärkungsrippen aus Glas angebracht, mit denen die auf die Endfassade einwirkende Windlast an der Oberseite auf die Gebindekonstruktion und an der Unterseite auf die

35

Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1978 Die Kopfgiebel des Gebäudes sind so transparent wie möglich gestaltet.

Erdgeschossdecke beziehungsweise das Fundament übertragen wird. Die Stabilität in Querrichtung wird durch die starren Verbindungen der Säulen am Fundament gewährleistet. In der 2,40 m tiefen Wand- und Dachkonstruktion sind Toiletten, Kanäle und Haustechnik untergebracht. In der Halle befinden sich zwei Zwischengeschosse, die ein eigenes, separates Tragwerk besitzen. Auch wenn die Konstruktion aus Stützen besteht, so haben wir es eindeutig mit einer Scheibenbauweise zu tun. Die Rahmen sind so eng aufgestellt, dass sie gegenüber der Endfassade eine nahezu geschlossene Fläche bilden. Das Gebäude ist darüber hinaus von einer deutlichen Hauptrichtung geprägt, dem typischen Merkmal der Scheibenbauweise (34–37). 36

Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1978 Tragwerk

34

Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1978 Grundriss

116

BAUSTR U KTU R

37

Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1978 Räumlicher Aufbau

Fondation Beyeler, Riehen, Schweiz Vier 130 m lange Wände bestimmen die Einteilung dieses 1992

ein Sonnenschutzsystem, das aus schräg platzierten, emaillier-

–1997 von Renzo Piano entworfenen Museums bei Basel. Das

ten Glasplatten besteht. Die außen liegenden Längswände be-

Dach ist aus Profilstahlträgern aufgebaut, die den Raum von

stehen aus Beton, die beiden anderen Wände und die Querwän-

Scheibe zu Scheibe überspannen. Die Konstruktion des Daches

de sind aus Stahlsäulen und dazwischen befindlichen Ständern

besteht aus fünf Schichten, von denen jede in unterschiedlicher

konstruiert, die mit Gipsplatten verkleidet sind. In diesen Hohl-

Weise lichtdurchlässig ist. Das Dach ist deshalb ohne Kanäle

wänden befinden sich die Kanäle und Leitungen, die wegen der

ausgeführt. Die einzelnen Schichten sind: ein lichtstreuender Stahl-

Transparenz des Dachs nicht über einer Decke verlegt werden

rost, eine zu Instandhaltungszwecken begehbare Glasfläche,

konnten (38–40).

verstellbare Jalousien, wärmedämmendes Sicherheitsglas und

38

Fondation Beyeler, Riehen, Schweiz, Renzo Piano, 1997 Das Dach besteht aus transparenten Lagen, welche durch Stahlprofile getragen werden, die Wandscheiben überspannen.

39

Fondation Beyeler, Riehen, Schweiz, Renzo Piano, 1997 Die großen Dachauskragungen verhindern harte Kontraste in den Ausstellungsräumen.

40

Fondation Beyeler, Riehen, Schweiz, Renzo Piano, 1997 Grundriss

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Siedlung Halen, Bern Beim Serienbau von Wohnhäusern ist die Scheibenbauweise

men durch eventuell notwendige stabilisierende Maßnahmen,

die am häufigsten verwendete Baumethode. Die Trennwand zwi-

wie Windverbände in der Fassade. Bei diesem Projekt, entwor-

schen den Wohneinheiten muss geschlossen sein und einen

fen 1955–1961 von Atelier 5, bestehen die Wohnungstrenn-

guten Schall- und Brandschutz bieten. Mit schweren, steinarti-

wände aus einer zweischaligen, aus Ziegelsteinen aufgebauten

gen Wänden (aus Mauerwerk oder Beton) lassen sich diese An-

Mauer, während die Decken aus Ortbeton hergestellt wurden.

forderungen relativ leicht erfüllen; darüber hinaus bieten sie gute

Die Trennwände zwischen den Loggien und Terrassen bestehen

Auflagemöglichkeiten für Geschossdecken. Ein schmaler, tiefer

zumeist aus Betonmauersteinen, manchmal auch aus Ortbeton.

Grundriss ist günstig, weil sich daraus eine im Verhältnis zur Ge-

Die Stabilität in der Längsrichtung des Blocks (das heißt quer zu

schossfläche geringe Fassadenfläche ergibt. Überdies ist dann

den Wohnungstrennwänden) wird mit gemauerten Segmenten

die Länge der Erschließungswege und der Leitungen unter die-

in den straßenseitigen Außenwänden gewährleistet. Die Fassa-

sen Wegen gering, was die Kosten senkt. Je nach gewählter

den an der Garten- und Terrassenseite sind vollständig verglast

Konstruktionsweise kann die Fassade relativ offen ausgeführt

(41–44).

werden. Einschränkungen ergeben sich bei einigen Bausyste-

41

42

Siedlung Halen, Bern, Atelier 5, 1961 Schnitt und Grundrisse

Siedlung Halen, Bern, Atelier 5, 1961 Übersicht des Komplexes

43

44

Siedlung Halen, Bern, Atelier 5, 1961 Außenansicht

Siedlung Halen, Bern, Atelier 5, 1961 Innenansicht

118

BAUSTR U KTU R

Skelettbauweise Der Raum wird horizontal nicht durch Teile des Primärsystems

Decken und Dächer

begrenzt (45). Das Primärsystem ist somit (in horizontaler Rich-

Neben den erwähnten ungerichteten und gerichteten Systemen

tung) für die Raumbildung kaum von Bedeutung. Der Raum wird

(S. 47, Abb. 44) können Kreuzgewölbe, Kuppeln oder Hänge-

durch das Komplementärsystem bestimmt.

dächer verwendet werden.

Öffnungen

Wirtschaftlichkeit

In allen Richtungen können gleichwertige und große Öffnungen

Die vertikalen Lasten können nicht direkt über Wände auf das

angebracht werden.

Fundament übertragen werden. Dies muss auf einem Umweg geschehen, entweder durch Biegebelastung von Balken oder

Stabilität

ebenen Platten, oder durch Druckbögen. Diese Konstruktions-

Das Primärsystem verfügt nicht über Wände; Stabilität muss mit

methode ist daher verhältnismäßig teuer.

sekundären Mitteln erreicht werden. Dies kann geschehen, in-

Bei der Skelettbauweise muss sowohl beim Entwurf des Pri-

dem man die Säulen in das Fundament, das Dach oder in beide

märsystems (Stabilität, Übertragung von Kräften) als auch des

Teile einspannt (unverstrebte Konstruktion) oder indem man die

Komplementärsystems großer Aufwand getrieben werden.

Konstruktion mit Diagonalen oder Elementen des Komplementärsystems verstrebt.

Die Skelettbauweise bietet, wie bereits erwähnt, dem Planer viel Freiheit, auch was zukünftige Umbauten betrifft. Dadurch kann das Primärsystem möglicherweise länger genutzt werden.

Möglichkeiten für einen Um- oder Ausbau

Wird diese Freiheit jedoch nicht genutzt, so sind die Kosten für

Die Teile, die zu dem Komplementärsystem gehören, können ent-

diese Bauweise als hoch einzustufen.

fernt oder verändert werden, ohne dass dies Auswirkungen auf das Primärsystem hat.

Überspannung Bei der Skelettbauweise wird das Dach von Stützen getragen (46–48). Das Dach kann im Prinzip nach zwei Richtungen Lasten einleiten, mit dem Unterschied, dass die Kräfte nicht wie bei der Massivbauweise auf vier linienförmige Auflagerstreifen, sondern auf vier Punkte oder sogar nur einen Punkt übertragen werden.

45

Skelettbauweisen und Öffnungen In allen Richtungen können gleichwertige und große Öffnungen angebracht werden.

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119

47

Haus Hopkins, London, Michael Hopkins, 1976 Für Skelettsysteme ist ein offener Raum typisch.

46

48

Skelettbauweise, Überspannungstypologien Von oben nach unten: Binderkonstruktion mit Balkenlage, Balkenraster, Raumfachwerk, Deckenplatte und Kreuzgewölbe

Skelettbauweise Überspannungsorientiertes System, mit hohen Bindern in Richtung der größten Spannweite und Balken dazwischen

120

BAUSTR U KTU R

Beispiele für die Skelettbauweise

Holzkonstruktionen in traditioneller Bauweise lassen sich in zwei

Haus Marika Alderton, Northern Territory, Australien

Typen unterteilen. In kühlen Regionen trifft man den Typus mit

Marika Aldertons Haus, 1991–1994 von Glenn Murcutt entwor-

liegenden, aufeinander geschichteten und eventuell bearbeite-

fen, und das indonesische Uma Mbatangu-Haus befinden sich in

ten Baumstämmen an. Die Stämme bilden dann ein konstrukti-

einem ähnlichen Klima: sehr warm, mit trockenen und nassen

ves sowie Wetterschutz bietendes Element. Holz weist einen

Jahreszeiten. Überdies können schwere Stürme auftreten. Das

relativ hohen Wärmedämmwert auf. In warmen, feuchten Klima-

Haus ist eine aus Stahlgebinden bestehende Skelettkonstrukti-

regionen trifft man häufig Skelettkonstruktionen an, die aus Säu-

on. Teile der Wände bestehen aus Luken, die sich öffnen lassen,

len und Balken mit Ausfachungen aus Lehm, Brettern, Häuten,

um tagsüber eine maximale Belüftung zu ermöglichen und nachts

Bambus, Blättern oder Schilf bestehen. Oft sind diese Wände

ausreichend Schutz zu bieten. Andere Teile der Fassade beste-

als luftdurchlässige Konstruktion ausgeführt. Die Konstruktion er-

hen aus großen Schiebetüren oder nach oben schwenkenden

hält ihre Stabilität, indem die Säulen in den Boden eingelassen wer-

Luken aus einem offenen Lattengerüst. Den Kräften möglicher

den. Öffnungen für Türen und Fenster entstehen, indem Teile der

Stürme wurde auf zweierlei Weise Rechnung getragen: Die Kon-

Bambuswand offen bleiben. Das Dach wird durch ein System

struktion ist besonders stark dimensioniert, und Venturidüsen im

von Balken, Sparren und „Dachlatten“ gebildet und mit Blättern

Dach verhindern ein zu starkes Druckgefälle zwischen der Ober-

gedichtet (49).

und Unterseite des Dachs. Die Stabilität des Primärsystems in

Uma Mbatangu-Haus, Sumba, Indonesien

Querrichtung wird durch die starren Verbindungen der Gebindeknoten gewährleistet (50). In Längsrichtung sorgt die starre Verbindung des aus Stahl bestehenden Längsträgers mit den Hauptbalken, der steifen Dachhaut und geschlossenen Teilen in

49

Uma Mbatangu-Haus, Sumba, Indonesien Isometrie

50

Haus Marika Alderton, Northern Territory, Australien, Glenn Murcutt, 1994 Die Ähnlichkeit zum Uma Mbatangu-Haus ist auffallend: Eine leichte Stahlkonstruktion und Fassaden mit ventilierender Belüftung.

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121

der Nordfassade für Stabilität. Diese Teile sind in Bezug auf ihr konstruktives Wesen ambivalent: Sie wirken wie andere Teile des Komplementärsystems – es scheint, als könne man sie weglassen –, doch sie tragen zur Stabilität des Gebäudes bei und bilden damit einen Teil des Primärsystems. Wenn alle Luken und Türen geöffnet sind, sieht das Haus aus, als bestünde es fast nur noch aus einem Dach, das sich über einem erhöhten Fußboden befindet. Dass die Innen- und Außenwände nicht mit dem Dach verbunden sind, verstärkt diesen Eindruck. Das Haus wurde in Sydney vollständig vorgefertigt, quer durch Australien transportiert und dann in wenigen Wochen vor Ort montiert (50–53).

51

Haus Marika Alderton, Northern Territory, Australien, Glenn Murcutt, 1994 Außenansicht

52

Haus Marika Alderton, Northern Territory, Australien, Glenn Murcutt, 1994 Grundriss

53

Haus Marika Alderton, Northern Territory, Australien, Glenn Murcutt, 1994 Innenansicht

122

BAUSTR U KTU R

Ausstellungsdach, Weltausstellung EXPO, Hannover Die Konstruktion des von Thomas Herzog entworfenen EXPO-

Platten (Holzlaminat) steif miteinander verbunden sind. Der Ab-

Dachs besteht aus zehn Pilzen, von denen jeder aus fünf Teilen

stand zwischen den Latten des Lattengerüsts wird durch die

aufgebaut ist: ein Stamm, auskragende Träger und ein hölzernes

auftretenden Kräfte bestimmt. Da jeder Pilz konstruktiv unabhän-

Lattengerüst, ein Verbindungsstück aus Stahl und eine das Dach

gig ist, kann das Gebäude prinzipiell nach jeder Seite erweitert

abschließende Membran. Jeder Pilz misst 40  40 m. Die Pilze

werden. Das Gebäude wurde nach der additiven Methode ge-

sind konstruktiv nicht miteinander verbunden. Die Stämme be-

baut (54–57).

stehen aus vier Bäumen (Weißtanne), die mit Hilfe von Kerto-

54

55

Ausstellungsdach, Weltausstellung EXPO, Hannover, Thomas Herzog, 2000 Außenansicht

Ausstellungsdach, Weltausstellung EXPO, Hannover, Thomas Herzog, 2000 Bauteile eines Pilzes

56

57

Ausstellungsdach, Weltausstellung EXPO, Hannover, Thomas Herzog, 2000 Das Dach besteht aus zehn gleichen, voneinander unabhängigen Pilzen.

Ausstellungsdach, Weltausstellung EXPO, Hannover, Thomas Herzog, 2000 Verbindung zwischen Hut und Stamm

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Renault Distribution Centre, Swindon, Großbritannien Das 1980–1982 von Sir Norman Foster entworfene Vertriebs-

Die Stabilität wird erzielt, indem die Stützen in das Fundament

zentrum von Renault in Großbritannien umfasst 20.000 m La-

eingespannt und mit den Hauptträgern der Dachkonstruktion

gerfläche und 4.000 m2 Bürofläche. Das Primärsystem besteht

verbunden werden. Diese Verbindung wird mit den Stäben aus-

aus Stahlstützen in einem Raster von 24 m im Quadrat. Geknick-

gesteift, die in einem flachen Winkel mit den Stützen und den

te und teilweise unterspannte Stahlträger überspannen den

Trägern verbunden sind. Träger, Stütze und Stäbe bilden zwei

Raum zwischen den Stützen. Dazwischen sind in einem dreiecki-

formfeste Dreiecke. Das Gebäude kann nach allen Richtungen

gen Muster kleinere, teilweise unterspannte Stahlträger ange-

vergrößert werden, ohne dass große Eingriffe in die Konstruktion

bracht. Die Dachhaut besteht aus profilierten Stahlblechen, die

erforderlich sind (58–61).

2

so verlegt sind, dass die Belastungen gleichmäßig auf die Konstruktion übertragen werden. Die Außenwände sind Teil des Komplementärsystems und so an der Konstruktion befestigt, dass relativ große Bewegungen des Dachs möglich sind. Manche Teile sind vollständig verglast, andere Teile bestehen aus Sandwichplatten.

59

Renault Distribution Centre, Swindon, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1982 Die Anordnung der Elemente des Dachtragwerks sorgen für eine einheitliche Belastung auf die Säulen und Hauptträger.

58

Renault Distribution Centre, Swindon, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1982 Außenansicht

61 60

Renault Distribution Centre, Swindon, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1982 Zwischen den Stahlstützen spannen geknickte Stahlträger.

124

BAUSTR U KTU R

Renault Distribution Centre, Swindon, Großbritannien, Sir Norman Foster, 1982 Konstruktives System

TWA Terminal, New York Die vier Betonschalen, die das Dach des Hauptbaukörpers

der trennt, wurde mit einer Glaskonstruktion geschlossen. Die

(1956–1962, Eero Saarinen) bilden, ruhen auf vier gewaltigen

Außenwände des Hauptbaukörpers sind vollständig verglast

Doppelstützen. Jede Schale ist in der Draufsicht mehr oder we-

und im Primärsystem ohne Funktion. Die Möglichkeiten der

niger rautenförmig ausgebildet und besitzt geschwungene Rän-

räumlichen Gestaltung, welche die Skelettkonstruktion bietet,

der, wobei sich an zwei einander diagonal gegenüberliegenden

wurden genutzt, um auf zwei einander gegenüberliegenden Sei-

Punkten eine Stütze befindet. Die Stützen tragen so die Schalen,

ten den Eingang des Gebäudes und den Zugang zum Vorfeld zu

allerdings in einem prekären Gleichgewicht. Da die Schalen ein-

schaffen. Entlang einer senkrecht dazu verlaufenden Linie wur-

ander an einem Punkt berühren, entsteht Stabilität. Die über-

den zwei flache, untergeordnete Gebäudeteile unter die Flügel

spannende Konstruktion ist somit integrativer Natur: Die vier

des Hauptbaukörpers geschoben, die von den Schalendächern

Elemente wirken bei der Herstellung der Überspannung zusam-

konstruktiv getrennt sind (62–65).

men. Die Naht, welche die Schalen auf großer Länge voneinan-

62

TWA Terminal, New York, Eero Saarinen, 1962 Das Gebäude bei Nacht

64

TWA Terminal, New York, Eero Saarinen, 1962 Außenansicht

63

TWA Terminal, New York, Eero Saarinen, 1962 Luftaufnahme. Deutlich ist die Fuge zu sehen, wo die Schalen miteinander verbunden sind.

65

TWA Terminal, New York, Eero Saarinen, 1962 Grundriss

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125

Horizontale räumliche Beziehungen Die drei beschriebenen Bauweisen sind in gewisser Weise theo-

Gebäude bestehen selten aus einem einzigen Raum; meistens

retische Modelle. Gebäude sind reicher und komplexer als diese

hat man es mit einer Ansammlung von nebeneinander und oft

Modelle, doch in vielen Bauwerken sind diese Archetypen oder

auch noch übereinander angeordneten Räumen zu tun. Für die

Kombinationen und Abweichungen davon erkennbar. Auch wenn

Schaffung und Anordnung mehrerer Räume innerhalb eines Ge-

der Grundriss eines Gebäudes nicht eckig, sondern rund ist, die

bäudes gibt es eine Reihe von Möglichkeiten.

Scheiben nicht parallel zueinander angeordnet oder die Säulen nicht auf einem viereckigen Raster platziert sind, so weisen die-

Räume teilen

se Gebäude doch die Merkmale der Massiv-, Scheiben- und

Innerhalb der primären Einheit kann mit Hilfe komplementärer

Skelettbauweise auf. Ebenfalls von Bedeutung ist die Proportion:

Elemente eine Unterteilung des Hauptraums vorgenommen wer-

Eine Reihe dicht beieinander stehender Säulen kann als Schei-

den (69). Die raumteilende Wand zählt nicht zum Primärsystem.

be angesehen werden, sofern der Abstand zur nächsten Reihe

In einem solchen Fall liegt ein gewisser Gegensatz vor: Die

groß genug ist. In vielen Gebäuden sind Kombinationen dieser

Konstruktion überspannt das gesamte Maß des Primärsystems,

Bauweisen zu beobachten, wobei sowohl in horizontaler als auch

während im Raum nur das geteilte Maß wahrnehmbar ist. In die-

in vertikaler Richtung kombiniert wird. Dies kann zum Beispiel bei

ser Situation stellt sich die Frage, ob sich der zusätzliche Auf-

der Massivbauweise der Fall sein, wenn die Raumbildung durch

wand lohnt, der für diese große Überspannung erforderlich ist,

das Anbringen von Stützen im Innenbereich verbessert wird. Auch

wenn dieser Aufwand bei einer Teilung des Raums, wie sie hier

das Gegenteil kommt vor: Vor einer geschlossenen Außenwand

beschrieben wird, kaum erkennbar ist (66, 67). Ein Vorteil dieser

wird eine Kolonnade oder ein Portikus angebracht, um eine in-

Raumteilung ist, dass bei einer späteren Funktionsänderung der

tensivere Beziehung zwischen dem Gebäude und seiner Umge-

Raum leicht anders unterteilt werden kann. Ferner kann es bei

bung herzustellen. In vertikaler Richtung ist die Kombination einer

mehrgeschossigen Bauten sein, dass in den oberen Geschos-

skelettartigen Struktur zur ebenen Erde und einer darüber ange-

sen eine kleinteiligere Raumgliederung erwünscht ist als in den

ordneten Massiv- oder Scheibenbauweise häufig anzutreffen.

unteren Geschossen. Da es konstruktiv und wirtschaftlich sinn-

66

67

Teilung eines Raums Es besteht die Möglichkeit, die teilende Wand nicht bis zur Decke durchzuziehen, so dass die Überspannung in ihrer ganzen Weite sichtbar wird.

Vervielfältigung eines Raums Bei der Vervielfältigung von Raum verlaufen die teilenden Wände vom Boden bis zum Dach und im Raum ist nur das geteilte Maß wahrnehmbar.

126

BAUSTR U KTU R

voll ist, vertikale tragende Elemente möglichst genau übereinander und nicht auf einer horizontalen Konstruktion (Decke oder Balken) anzuordnen, wird deshalb auch für das höher gelegene Geschoss die vollständige Überspannung gewählt, die man danach mit komplementären Mitteln weiter ausgestaltet. Dennoch ist bei einer derartigen Vorgehensweise Vorsicht geboten. Jede Konstruktion unterliegt einer gewissen Durchbiegung, auch wenn sie noch so gering ist. Wenn die raumteilende Wand die primäre Überspannungskonstruktion in konstruktivem Sinne berührt, kann der Durchhang der Konstruktion dazu führen, dass die Wand zu

68

einem Teil des Primärsystems wird (68).

Komplementärwände Beim Installieren von Komplementärwänden auf Decken müssen die verschiedenen Verformungen von Dach und Decke berücksichtigt werden, damit die Wand nicht zu einem Teil des Primärsystems wird.

Schnitt

Lastschema

1 ––– q l 2 32

Biegemoment Mmax

Mmax 1 – ql2 8

1 ––– q l 2 32

Mmax

1 ––– q l 2 32

Durchbiegung

5 ––––––– q l 4/El 6144

5 ––––– q l 4/El 384

2 ––––––– q l 4/El 6144

69

70

71

Räume teilen Die raumteilende Wand ist nicht Teil des Primärsystems und darf nicht konstruktiv mit dem Dach verbunden sein.

Räume mit der additiven Methode vervielfältigen Über der mittleren Wand verläuft eine Trennlinie durch das Dach. Das Dach besteht aus Teilen, die unabhängig voneinander funktionieren.

Räume mit der integralen Methode vervielfältigen Das Dach reicht über das mittlere Auflager hinweg. Die Verformung und Belastung auf einer Hälfte wirkt sich auf die andere Hälfte aus; die Verformungen insgesamt fallen jedoch geringer aus.

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127

Die additive Methode Hier entsteht dann erneut ein Gegensatz: Die als komplemen-

Bei der additiven Methode werden die miteinander verbundenen

tärer Teil vorgesehene Wand wird plötzlich zu einem Teil des Pri-

Räume von gesonderten Geschossen oder Dächern überspannt

märsystems. Auf Bauteile, die nicht für eine tragende Funktion

(70, 72). Wo die horizontalen Flächen einander berühren, sind

vorgesehen sind, wirken dann Kräfte ein, die zum Versagen des

sie in konstruktivem Sinne „zerschnitten“. Im Prinzip ist dort, wo

Bauteils führen können. In einem solchen Fall müssen komplexe

die Räume einander berühren, eine Verdoppelung der Auflager-

schiebende oder federnde Anschlüsse angewendet werden.

konstruktion gegeben. Treffen vier Felder einer Skelettkonstruk-

Dieses Problem ist mit dem Anschluss komplementärer Außen-

tion aufeinander, so befinden sich an dieser Stelle vier Stützen,

wände an das Primärsystem vergleichbar.

denn wenn wir davon ausgehen, dass jede Stütze unter einem bestimmten Feld für die jeweils auftretende maximale Belastung

Räume vervielfältigen

ausgelegt ist, so ist an der mittleren Abstützung eine Vervier-

Darüber hinaus lassen sich in einem Gebäude mehrere Räume

fachung gegeben. Die vier einzelnen Stützen bilden keine kon-

dadurch schaffen, dass man primäre Einheiten miteinander ver-

struktive Einheit.

bindet (70, 71). Dabei sind zwei Möglichkeiten für die Überspan-

Beispiele für die additive Methode sind die Richards Medical

nung von miteinander verbundenen Räumen zu unterscheiden:

Research Laboratories in Philadelphia, 1961, von Louis I. Kahn

die additive und die integrale Methode (Heinz Ronner u.a., Bau-

(73) und das Rathaus in Ter Aar von Joop van Stigt (74, 75).

struktur, 1995).

72

Additive Methode bei der Verbindung von Räumen Einzelne konstruktive Einheiten werden zu einem Gebäude zusammengesetzt.

128

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73

Richards Medical Research Laboratories, Philadelphia, Louis I. Kahn, 1961 Das Gebäude besteht aus einer Reihe von konstruktiven Einheiten, die im Grundriss deutlich zu erkennen sind.

74

Rathaus, Ter Aar, Niederlande, Joop van Stigt, 1965 Das Gebäude ist ein Beispiel für die additive Methode zur Vervielfältigung von Räumen.

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129

Die integrale Methode Bei der integralen Methode erstrecken sich Decken (oder Dächer) über mehrere Räume (76). Bei der Massivbauweise und der Skelettbauweise mit ungerichteten Deckensystemen erfolgt die Überspannung in zwei Richtungen, bei der Scheibenbauweise in eine Richtung. Im Bereich des Auflagepunktes wirkt ein negatives Biegemoment, dass die Durchbiegung der Decke verringert (71). Die Decken können deshalb dünner als bei der additiven Methode ausgeführt werden. Überstände verstärken diesen vorteilhaften Effekt. Deckenkonstruktionen nach der integralen Methode sind im Prinzip wirtschaftlicher.

75

Rathaus, Ter Aar, Niederlande, Joop van Stigt, 1965 Grundrisse und Querschnitt

130

BAUSTR U KTU R

76

Integrale Methode bei der Verbindung von Räumen Das gesamte Gebäude kann als konstruktive Einheit betrachtet werden.

Räume verbinden Wenn wir einen Raum nicht betreten oder mangels Lichteinfall

die Wandflächen, mit denen diese Last auf das Fundament über-

nicht wahrnehmen können, haben wir es faktisch nicht mit einem

tragen werden kann. Bei Öffnungen im Komplementärsystem ist

architektonischen Raum zu tun. Zugänglichkeit und Wahrnehm-

die Breite der Öffnung ein weit geringeres Problem. Dies gilt

barkeit sind Wesensmerkmale von Raum.

erst recht, wenn die Öffnung direkt an eine Decke grenzt (79).

Hinsichtlich der Möglichkeit, Öffnungen anzubringen, besteht

Einerseits lassen sich Öffnungen erzeugen, indem man eine

ein wesentlicher Unterschied zwischen Wänden des Primär-

Wandfläche mit Löchern versieht, wodurch das Loch von einer

systems und des Komplementärsystems (77). In einer Wand des

Konstruktion gleichen Typs umschlossen wird (78). Der An-

Komplementärsystems wird das Gewicht des über der Öffnung

schluss zwischen der Wandfläche und dem Material der Öffnung

vorhandenen Materials von dem Material getragen, das sich auf

(Tür- oder Fensterrahmen, Glasscheibe) ist dann entlang allen

beiden Seiten der Öffnung befindet. In einer Wand des Primär-

Rändern mehr oder weniger gleich. Andererseits besteht auch

systems müssen außerdem auch die Lasten der darauf ruhenden

die Möglichkeit, vertikale Schlitze in der Wand anzubringen oder

Geschossdecke oder Dachkonstruktion um diese Öffnung her-

die Fuge zwischen den Wänden so breit auszuführen, dass eine

um auf das Fundament übertragen werden. Die oberhalb der

Öffnung entsteht (80). In den letzteren Fällen wird das Loch von

Öffnung befindliche Wandfläche erfüllt im Primärsystem damit

Flächen (Decken, Wänden oder Dächern) unterschiedlicher Art

eine konstruktive Rolle. Öffnungen im Primärsystem sind vor-

und Zusammensetzung umschlossen. Die Anschlüsse sind dann

zugsweise schmal. Je schmaler die Öffnung ist, desto geringer

auch auf allen Seiten unterschiedlich.

ist die Belastung, die man umleiten muss, und desto größer sind

78 77

Öffnungen im Primär- und Komplementärsystem Die Stürze über den Fenstern des Primärsystems werden auch durch die Decke belastet.

Anschlüsse an allen Seiten gleich Umlaufend gleiche Anschlusssituation, da aufgrund des Systems keine unterschiedlichen Konstruktionen notwendig sind.

80 79

Öffnung im Komplementärsystem Es besteht keine Notwendigkeit der Lastumleitung.

Anschlüsse an allen Seiten unterschiedlich Aufgrund des Systems sind in allen Richtungen des Anschlusses unterschiedliche Konstruktionen notwendig.

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131

Vertikale räumliche Beziehungen Räume vervielfältigen Der Wunsch, auf einer beschränkten Bodenfläche eine größere

einnehmen: Zum einen kann er die Konstruktion so ausführen,

Zahl von Räumen unterzubringen, hat Gebäude entstehen las-

dass deren Elemente umso größer dimensioniert sind, je tiefer

sen, in denen die Räume vertikal zueinander angeordnet sind.

ein Stockwerk gelegen ist, mit einem entsprechend größeren

Der Aufbau des Primärsystems unterscheidet sich wesentlich

Platzbedarf (81). Andererseits kann auch eine von oben nach

von Bauten, in denen die Räume in horizontaler Ebene geordnet

unten zunehmende Materialstärke gewählt werden, so dass die

sind. Erstens steigen die Windlasten mit der Gebäudehöhe ex-

Konstruktion, und damit auch der Raum, in jeder Etage die glei-

ponentiell an, weil einerseits der Winddruck in größeren Höhen

chen Dimensionen aufweist. Dies lässt sich bei Betonkonstruk-

stärker ist und andererseits das Biegemoment mit dem Quadrat

tionen zum Beispiel durch die Verwendung von besonders

der Höhe zunimmt. Zweitens muss die Konstruktion eines jeden

druckfestem und/oder stärker bewehrtem Beton und bei Stahl-

Stockwerks das Gewicht der darüber gelegenen Geschosse tra-

konstruktionen durch den Einsatz von Profilen mit größerer

gen. Der Planer muss bezüglich dieser Probleme eine Position

Wandstärke realisieren (82, 83)

81

Neuer Packhof, Berlin, Karl Friedrich Schinkel, 1829 Die Konstruktion der tiefer gelegenen Geschosse muss die Lasten der darüber liegenden Geschosse tragen und ist deshalb deutlich schwerer dimensioniert.

132

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82

83

HEA-Profil. Stahlprofile mit deutlich ausgebildetem Druck- und Zuggurt

HEM-Profil. Stahlprofile mit durch mehr Material verstärktem Druck- und Zuggurt. Die äußeren Abmessungen der Profile sind ungefähr gleich, aber durch die größere Materialstärke kann das HEM-Profil mehr tragen.

Die additive Methode Innerhalb der Abmessungen der räumlichen Einheit und des Pri-

Auch bei den Regierungsgebäuden, die Michelangelo rund um

märsystems dieser Einheit kann ein zweiter, kleinerer Raum

das Campidoglio in Rom baute, findet man ein derartiges Kon-

geschaffen werden, der in hohem Maße unabhängig von dem

zept (85). Die hohen, durchgehenden Pilaster tragen das Dach,

primären Raum existiert. Der hinzugefügte Raum steigert nicht

während freistehende runde Säulen die Decke im ersten Stock

die Festigkeit, Steifigkeit und Stabilität der Gesamtkonstruktion;

und die darauf ruhenden Teile der Fassade tragen.

eher noch wird die Konstruktion des größeren Raums dadurch

Ein drittes Beispiel ist das Zwischengeschoss in der Biblio-

belastet. Begründen ließe sich die Wahl einer solchen Bauweise

thek des Niederländischen Architekturinstituts (Nederlands Archi-

damit, dass der kleinere Raum untergeordnete Bedeutung be-

tectuur Instituut) von Jo Coenen in Rotterdam, 1993. Der Boden

sitzt, eventuell wieder zu beseitigen sein muss oder zu einem

ist an dünnen Stahlstangen von den Tragbalken abgehängt, die

späteren Zeitpunkt hinzugefügt wurde. Darüber hinaus kann es

das Dach überspannen (86).

sein, dass der Planer bewusst den Eindruck vermitteln will, dass es sich um einen untergeordneten Teil des höheren und breiteren Raums handelt. Auch der Wunsch nach einer Artikulation der Konstruktion, das Bedürfnis, in der Fassade zu zeigen, was in der Konstruktion geschieht, kann ein Grund sein, diesen Ansatz zu wählen. Dies sieht man zum Beispiel an dem Musée des Travaux Publics (1936–1937) von Auguste Perret (84). Schwere Säulen tragen das Dach, das die gesamte Gebäudetiefe überspannt. Eine Konstruktion aus enger zusammenstehenden, jedoch dünneren Säulen trägt die Decke des oberen Stockwerks und ist von der Konstruktion, die das Dach trägt, vollständig getrennt.

85

Palazzo dei Conservatori, Rom, Michelangelo, 1563 Die hohen, durchlaufenden Pilaster scheinen das Dach zu stützen, während frei stehende runde Säulen das erste Obergeschoss tragen.

84

Musée des Travaux Publics, Paris, Auguste Perret, 1937 Die Stützen der unteren Geschosse stehen unabhängig von den Dachstützen.

86

Bibliothek des Nederlands Architectuur Instituut, Rotterdam, Jo Coenen, 1993 Die Galerie ist über Stahlstäbe von der Haupttragkonstruktion abgehängt.

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133

Die integrale Methode Die Räume werden schichtweise übereinander angeordnet. Die Konstruktion einer jeden Etage muss das Gewicht und die Deckenlast der darüber befindlichen Etagen tragen. Dabei lassen sich zwei Varianten unterscheiden:  Die

konstruktive Grundstruktur ist bei allen Geschossen gleich.

Vertikale Lasten werden direkt, vertikal, in das Fundament eingeleitet. Auf allen Ebenen wird die gleiche Bauweise angewendet, und auch die Stabilität wird auf allen Geschossen in gleicher Weise gewährleistet.  Im

konstruktiven Grundkonzept sind stark voneinander ab-

weichende Geschosse vorhanden, die zum Beispiel über eine deutlich grob- oder feinmaschigere Struktur verfügen. Dieses Konzept erlaubt eine geschichtete Anwendung unterschiedlicher Bauweisen. Die Art und Weise, in der die Stabilität gewährleistet wird, ist je nach Etage und Bauweise anders (87, 88).

87

Pavillon Suisse, Paris, Le Corbusier, 1933 Die Stützenstellung der Obergeschosse ist auf die Raumgrößen abgestimmt. Das Erdgeschoss richtet sich nach den Gegebenheiten des Außenraumes.

88

Pavillon Suisse, Paris, Le Corbusier, 1933 Axonometrie

134

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Räume verbinden Übereinander befindliche Räume können über eine Treppe, eine

Raums anzubringen (89, 90). Die Konstruktion der Decke wird in

Rampe, einen Aufzug oder eine Rolltreppe miteinander verbun-

diesem Fall nicht durchbrochen. Allerdings ist das übergeordne-

den werden. Was in den folgenden Absätzen über die Treppe

te Stockwerk dann nicht mehr über den Innenraum erreichbar:

gesagt wird, gilt auch für die anderen genannten Mittel der verti-

Man muss außen herumgehen. Damit sich die Lösung auch für

kalen Erschließung. Von wesentlicher Bedeutung ist die Frage,

widrige klimatische Bedingungen eignet, kann die Treppe in ei-

ob sich die Treppe innerhalb oder außerhalb des Raums befin-

nem gesonderten Raum mit doppelter Geschosshöhe unterge-

det. Die einfachste Methode ist es, die Treppe außerhalb des

bracht werden (91, 92).

90

Außentreppe außerhalb des Primärsystems Systemskizze

89

Wohnhaus, Naxos, Griechenland Die Außentreppe liegt außerhalb des Primärsystems.

92

Innentreppe außerhalb des Primärsystems Systemskizze

91

Sanatorium Zonnestraal, Hilversum, Niederlande, Johannes Duiker, 1928 Die Innentreppe liegt außerhalb des Primärsystems.

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135

Ein Beispiel sind die Richards Medical Research Laboratories

Liegt die Treppe innerhalb der räumlichen Einheit, so muss das

(73). Treppen und Schächte für Haustechnik sind alle außerhalb

Primärsystem, oder zumindest ein Teil dieses Systems, nämlich

der Labordecken angeordnet.

die Geschossdecke, durchbrochen werden (94). In einem sol-

Bei komplexeren Gebäuden können wir die einzelnen räumlichen Einheiten so ordnen, dass eine Öffnung für eine Treppe

chen Fall sind stets besondere konstruktive Maßnahmen erforderlich.

übrig bleibt, die zu den höheren Etagen führt (93). Alle zusam-

Dies ist oft bei Reihenhäusern zu sehen. Dort sind keine tra-

mengefügten Räume bilden dann nach wie vor eine saubere kon-

genden Wände vorhanden, die im Bereich des Geschossdurch-

struktive Einheit. Die raumtrennende Geschossdecke kann dabei

bruchs die Decke tragen können. In oder unter der Decke ist

noch teilweise in den Raum von doppelter Geschosshöhe hinein-

dann eine so genannte Wechselkonstruktion erforderlich (95,

ragen und mit ihrem Vorsprung beispielsweise einen Treppenab-

96).

satz oder ein Zwischenpodest für die Treppe bilden. Diese Konstruktion ist oft in Treppenhäusern von Wohngebäuden anzutreffen. Das Treppenhaus bildet eine separate räumliche Einheit, deren Wände auf einer Seite die Podeste tragen und auf der anderen Seite die Decken der Wohnungen, die mit der Treppe erschlossen werden. Die Wände sind Teil des Primärsystems. Sie sind geschosstragend und wohnungstrennend.

94

Treppe innerhalb des Primärsystems Systemskizze

93

Innentreppe als freie Fläche des Primärsystems Die Treppenöffnung entsteht durch Ordnung der räumlichen Einheiten.

95

Treppenöffnung im rechten Winkel zur Überspannungsrichtung Systemskizze

136

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In Bezug auf den Durchbruch von Wänden des Primärsystems

Es wurde zuvor bereits erwähnt: Bei den hier beschriebenen

wurde darauf hingewiesen, dass diese Durchbrüche vorzugswei-

Bauweisen handelt es sich nur um Modelle, um räumliche und

se schmal sind. Bei Geschossdecken besteht eine Beziehung

konstruktive Urtypen mit ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und

zwischen der konstruktiven Wirkung der Decke und der Form

ihrer eigenen Logik. Gebäude sind keine Kopien dieser Modelle,

der Öffnung. Die Fläche der Decke überträgt ihre Last nach min-

und schon gar nicht könnte man behaupten, dass Gebäude, die

destens zwei Seiten. Im Bereich der Öffnung ist dies nicht mög-

sich nicht klar in eine der drei Bauweisen einordnen lassen, kei-

lich. Dort muss die Belastung der durchtrennten Geschossteile

ne guten Gebäude sein können. Es handelt sich somit nicht um

zum Teil von den intakten, sich anschließenden Deckenteilen ge-

normative Ideale. Ebenso wenig liegt hier ein implizites Gesetz

tragen werden. Für diese Beanspruchung müssen die Elemente

oder eine Moral mit Regeln vor, die von dem Gebäudeentwurf

ausgelegt sein. Je größer die in eine Decke eingelassene Öff-

einzuhalten sind.

nung ist, desto schwieriger gestaltet sich die Krafteinleitung.

Doch welche Bedeutung haben sie dann? In den beschriebenen Bauweisen wird auf einer elementaren Ebene eine Beziehung zwischen Räumen und ihren räumlichen Beziehungen einerseits und dem Material und der Konstruktion andererseits hergestellt. Die Analyse des eigenen Entwurfs und der Vergleich mit den beschriebenen Modellen hilft dem Planer bei seinen Entscheidungen über Form und Position von Öffnungen in raumbegrenzenden Konstruktionen, über Stabilität, über Ausbaufähigkeit, über die Art der Überspannungskonstruktionen und über die Anschlüsse zwischen Bauteilen. Dass dabei auch die Nützlichkeit oder die Wirtschaftlichkeit eine Rolle spielt, liegt auf der Hand. Die Geschossdecken in Massivbauweise müssen nicht unbedingt auf der gesamten Kantenlänge aufgelagert werden, längliche Treppenöffnungen können auch im rechten Winkel zu einer Balkenlage angeordnet werden, und in einer tragenden Wand oder Scheibe lassen sich auch breite Fensteröffnungen anbringen. Dies können richtige Entscheidungen sein. Worum es geht, ist, dass dem Planer bewusst ist, dass dies in technischkonstruktivem Sinne nicht die idealen Lösungen sind und dass die Entscheidung für die weniger kostengünstige Lösung von ihm auch wohl überlegt aufgrund ästhetischer oder funktionaler Erwägungen getroffen wird. Dass eine solche Entscheidung dann zu einer komplexeren und damit teureren Konstruktion führt, ist dann keine unangenehme Überraschung mehr, sondern ein von vornherein berücksichtigter Aspekt.

96

Wechselkonstruktion in einer Geschossdecke Die Treppe ruht auf einem Wechselträger, welcher zwischen den Hauptträgern spannt.

BAUSTR U KTU R

137

Autoren Ir. Maarten Meijs ist Architekt und war in verschiedenen niederländischen Büros tätig. Heute leitet er die Lehrtätigkeit am Lehrstuhl von Professor Knaack an der TU Delft. Er hat über Fassaden und andere Gebäudeaspekte publiziert und ist u. a. Autor (mit Alan Brookes) des Fachbuches Cladding of Buildings. Professor Dr. Ing. Ulrich Knaack ist Architekt und war in einem Architekturbüro in Düsseldorf tätig. Heute hält er die Professur für Konstruktion und Entwurf an der TU Delft sowie an der Fachhochschule Detmold inne. Er ist Autor verschiedener Fachbücher insbesondere zum Glasbau und Herausgeber der Reihe Prinzipien der Konstruktion.

138

A nhang

Auswahlbibliografie Alan Blanc Internal Components (Mitchell’s Building Series) Longman, London, 1996 Alan Brookes, Maarten Meijs Cladding of Buildings Taylor and Francis, London, 4. Auflage 2008 Francis D. K. Ching Building Construction Illustrated John Wiley, New York, 3. Auflage 2000 Jean-Nicolas-Louis Durand, Einleitung: Antoine Picon Précis of the Lectures on Architecture: With Graphic Portion of the Lectures on Architecture The Getty Research Institute, Los Angeles, 2000 (Originalausgabe Precis des leçons d’architecture données à l’École Polytechnique, erschienen 1802, 1805) Edward R. Ford Das Detail in der Architektur der Moderne Birkhäuser Verlag, Basel, 1994 Edward R. Ford The Details of Modern Architecture, vol. 2 MIT Press, Cambridge, Massachusetts, 1996 Kenneth Frampton Studies in Tectonic Culture MIT Press, Cambridge, Massachusetts, 1995 Klaus-Peter Gast Louis I. Kahn: Die Ordnung der Ideen Birkhäuser Verlag, Basel, 1998

Thomas Herzog, Roland Krippner, Werner Lang Fassadenatlas Birkhäuser Verlag, Basel und Edition Detail, München 2004

Helmut C. Schulitz, Werner Sobek, Karl J. Habermann Stahlbau Atlas Birkhäuser Verlag, Basel, 2001

Ulrich Knaack, Tillmann Klein, Marcel Bilow, Thomas Auer Fassaden: Prinzipien der Konstruktion Birkhäuser Verlag, Basel, 2007

Pete Silver, William McLean Introduction to Architectural Technology Laurence King Publishing, London, 2008

Patrick Loughran Failed Stone: Problems and Solutions with Concrete and Masonry Birkhäuser Verlag, Basel, 2006 Bruce Martin Joints in Building G. Godwin, London und John Wiley and Sons, New York, 1977 Michael McEvoy External Components (Mitchell’s Building Series) Longman, London, 4. Auflage 1994 Andrea Palladio Die vier Bücher zur Architektur Birkhäuser Verlag, Basel, 4. Auflage 1993 (Originalausgabe Quattro libri dell’architettura, Venedig, 1570)

Michael Stacey Component Design Architectural Press, Oxford, 2001 Osamu Wakita and Richard Linde The Professional Practice of Architectural Detailing John Wiley and Sons, New York, 3rd edition, 1999 Jan van der Woord Gieten en kneden Faculteit Bouwkunde, TU Delft, Delft, 2006 Klaus Zwerger Das Holz und seine Verbindungen: Traditionelle Bautechniken in Europa und Japan Birkhäuser, Basel 1997

Ulrich Pfammatter Die Erfindung des modernen Architekten: Ursprung und Entwicklung seiner wissenschaftlich-industriellen Ausbildung Birkhäuser Verlag, Basel, 1997 Heinz Ronner, Fredi Kölliker, Emil Rysler Baustruktur: Baukonstruktion im Kontext des architektonischen Entwerfens Birkhäuser Verlag, Basel, 1995 Bjørn Normann Sandaker On Span and Space: Exploring Structures in Architecture Taylor & Francis, London, 2007

ANHANG

139

Register 3XN Architects  54 Abluftfassade  26, 27 Additive Methode  123, 128, 129, 133 Adhäsion  19, 88 Akademie Mont-Cenis, Herne-Sodingen  15, 96 Aluminium  16, 18, 32, 39, 52, 53, 62, 83, 84, 88, 90, 92, 93, 116 Angelehnte Wand  53, 54, 56 Ankerhülse  82 Aspect II  62, 69 Atelier 5  118 Auditorium Niccolò Paganini, Parma  113 Auflager  31, 32, 33, 34, 35, 37, 38, 39, 40, 44, 46, 49, 53, 54, 56, 57, 77, 78, 86, 87, 119, 128 Auflagerreaktion  31, 36 Ausstellungsdach, Weltausstellung EXPO, Hannover  123 Bahnhof Lissabon-Oriente  104 Barragán, Luis  111 Belüftung  14, 20, 23, 27, 28, 66, 89, 121 Benthem Crouwel Architecten  26 Beschichten  19, 25, 83, 97 Bibliothek des Nederlands Architectuur Instituut, Rotterdam  133 Bibliothek Ste. Geneviève, Paris  104 Biegemoment  36, 37, 39, 52, 78, 84, 87, 96, 127, 130, 132 Biegen  30, 31, 51, 55, 93 Bitumen  19, 21 Blechschneidemaschine  94 Blob  8 Bogenkonstruktion  33, 35 Bonnefantenmuseum, Maastricht  60 Bracken House, London  92 Brettstapelholz  43 Brookes, Alan  62, 69, 138 BubbleDeck-Decke  41 Bürogebäude Eric Boulanger, Brüssel  96 Cahen, Abel  98 Calatrava, Santiago  104 Carré d’Art, Nîmes  55 Claus en Kaan Architecten  63 Coenen, Jo  133 Cortenstahl  76 Dampfoffen  20, 22, 23 Dampfsperre  17, 20, 21 Dichte  16, 26 Doppelfassade  28, 93 Doppelnagel  82 Doppelverglasung  15, 18, 101 Druckbeanspruchte Überspannung  31, 33 Druckkraft  30, 31, 33, 34, 36, 53, 79 Druckstab  56 Duiker, Johannes  135

140

Anhang

Eingespannte Wand  52 Einlagiger Aufbau  21 Einpressdübel  82 Einschnittige Verbindung  96 Einspannung  77, 78, 87, 98 Einstrahlungsfaktor  25 Elastische Verformung  29, 72 Elastizitätsmodul  29, 38 Explosionsumformung  93 Fabrik für Tischbesteck David Mellor, Derbyshire  109 Falsches Gewölbe  106 Festigkeit  12, 13, 16, 18, 23, 25, 38, 39, 40, 58, 60, 63, 87, 88, 95, 133 Filigrandecke  41, 43, 47 Fingerzinkung  84, 97 First Unitarian Church, Rochester  110 Flachdach  19, 20, 21, 22, 24, 87 Fliesen  22, 83, 87, 94 Fondation Beyeler, Riehen  117 Fondation Maeght, St. Paul de Vence  113 Formschlüssige Verbindung  78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 86, 95, 96, 97, 98 Foster, Norman  9, 32, 55, 116, 124 Frei stehende Wand  50, 51 Fugenspalt  74 Funktionsschicht  17, 61, 101 Gallarus Kapelle, Dingle  106 Gasbeton  88 Gaudí, Antonio  34 Gelenk  53, 77, 78 Geschlossene Fugen  22, 23, 89 Gewindeschraube  82, 96, 97 Gigon + Guyer  76 Glashaus, Almere  26 Glasschaum  88 Glaswolle  19 Granit  16 Grimshaw, Nicholas  32, 67 g-Wert  25 Hadrian  33 Hängestab  56 Haus Hopkins, London  120 Haus Luis Barragán, Mexiko-Stadt  111 Haus Marika Alderton, Northern Territory  121, 122 HEA-Profil  48, 132 HEB-Profil  48 HEM-Profil  48, 132 Herzog, Thomas  123 Hoftoren, Den Haag  76 Hohlplatte  43 Holzschraube  82, 96 Holzskelettbau  63 Hookesches Gesetz  29, 35 Hopkins, Michael  92, 109, 120 H-Profil  39 Hutmutter  82

Infra+-Decke  45 Innensechskantschraube  82 I-Profil  39 Jourda & Perraudin  15, 96 Jurte, Kirgisien  106 Justieren  68, 74, 75, 76 Kahn, Louis I.  110, 129, 130 Kalksandstein  19, 50, 75, 92 Kaltdach  24 Kältestrahlung  23 Kapillareffekt  65 Kassettendecke  41, 47 Kastenfenster  27 Kaufhaus Peek & Cloppenburg, Köln  9 Kerto-Platte  123 Kettenmodell  34 Kippen  12, 38 Kleben  83, 84 Klimatisierung  12, 28 Knicken  30 Kohn Pedersen Fox  76 Komplementärsystem  7, 10, 25, 50, 51, 53, 73, 101, 103, 112, 119, 122, 124, 131 Kondensation  19, 20, 22 Konsole  87, 88, 89, 90 Kriechen  72 Kunstkautschuk  22 Kunststoff  94 Kunststoffschaum  16, 19, 24, 88, 90, 91 Kupfer  23, 93 Labrouste, Henri  104 Labyrintheffekt  68 Le Corbusier  134 Leistungsgrad  13 Löten  83, 84 Lötverbindung  71, 83 Masse-Feder-Prinzip  26 Massivbauweise  7, 10, 31, 41, 42, 43, 102, 105, 106, 119, 126, 131, 137 Materialschicht  16, 17, 18, 20, 21, 26, 87, 100, 101 Membran  11, 17, 123 Metall  18, 19, 22, 23, 83, 92, 93, 94 Michelangelo  134 Mineralwolle  16, 19 Moment  35, 36, 78, 96 Mudhif, Südirak  114 Murcutt, Glenn  121, 122 Musée des Travaux Publics, Paris  133 Museum Kalkriese, Bramsche  76 Muziekgebouw, Amsterdam  54 Mutter  79, 82, 97 MVRDV  9, 10 Nadelholz  16 Naturstein  19, 34, 50, 65, 94, 109 Normalkraft  31, 34, 53, 54, 86, 87

Offene Fugen  23, 64, 65, 68 OMA  14 Ortbeton  22, 42, 47, 72, 75, 114, 118 Ortbetondecke  41, 43 Palazzo dei Conservatori, Rom  134 Palladio, Andrea  108 Pantheon, Rom  33 Pavillon Suisse, Paris  134 Perret, Auguste  133 Photovoltaik  15 Piano nobile  108 Piano, Renzo  9, 113, 117 Plastische Verformung  29, 93 Polystyrol  18, 22 Polystyrol-Isolierdecke  45 Polystyrolschaum  100 Pont du Gard, Nîmes  33 Porenbeton  16, 18, 88 Portugiesischer Pavillon, Weltausstellung, Lissabon  32 Primärsystem  10, 48, 50, 53, 54, 103, 105, 106, 112, 113, 114, 119, 121, 122, 124, 125, 126, 127, 128, 131, 132, 133, 135, 136, 137 Putz 22, 83, 86, 87, 111 PVC  22 Quellmörtel  76 Rathaus, Ter Aar  129, 130, 131 Raumfachwerk  42, 46, 47, 48, 120 Raumumschließende Fläche  11, 62 Reaktionskraft  31, 32 Regelbare Systeme  14 Regenschutzschicht  19 Renault Distribution Centre, Swindon  124 Richards Medical Research Laboratories, Philadelphia  129, 130 Richtkonstruktion  74, 76 Rippendecke  44, 62 Rogers, Richard  32 Rolle  77, 87 Rossi, Aldo  60 Saarinen, Eero  125 Sagrada Familia, Barcelona  34 Sainsbury Centre for Visual Arts, Norwich  9, 116 Samyn, Philippe  96 Sanatorium Zonnestraal, Hilversum  135 Sandwichplatte  24, 69, 85, 90, 91, 124 Santa Maria de Ripoll, Ripoll  115 Schalenkonstruktion  21 Scharnier  77, 82 Schaumglas  88 Scheibenbauweise  10, 31, 41, 102, 112, 113, 114, 115, 116, 118, 126, 130 Schichtenaufbau  21 Schmieden  93 Schraubnagel  82 Schweißen  71, 83, 84, 97, 98 Schweizer Pavillon, Weltausstellung EXPO, Hannover  51

Sechskant-Holzschraube  82, 96 Sert, Josep Lluis  113 Siedlung Halen, Bern  118 Siza, Alvaro  32 Skelettbauweise  7, 10, 31, 41, 44, 45, 46, 102, 115, 119, 120, 121, 126, 130 Sogn Benedetg-Kapelle, Sumvitg  104 Sonnenkollektor  15 Sonnenschutz  14, 26, 27, 117 Spannbeton  110 Spannungs-Dehnungs-Diagramm  29 St. Jeronimo Kathedrale, Belem  104 Staatliches Institut für Archäologische Bodenuntersuchung, Amersfoort  98 Stabilität  7, 12, 50, 51, 104, 105, 106, 108, 109, 112, 114, 116, 118, 119, 121, 122, 124, 125, 133, 134, 137 Stahlbeton  35, 52, 53 Stahlblech  20, 44, 99, 124 Stahlblech-Betondecke  44, 45 Stahlprofil  48, 57, 84, 93, 133 Steifigkeit  12, 39, 40, 58, 95, 133 Stellplatte  76 Stichbalken  48 Stoßfuge  64, 65, 71 Strangpressen  93 Stroh  18 Strömung  18 Struijs, Maarten  52 Stülpschalung  66 Sturz  27, 60, 100, 109

Walzen  93 Wärmebrücke  19, 87, 88, 90, 101 Wärmebrückenbarriere  88 Wärmedämmung  18, 19, 26, 27, 88 Wärmeleitfähigkeit  16, 18, 26, 87, 88, 90 Wassernase  88 Waterloo Station, International Terminal, London  67 Wechselbalken  43, 48 Wechselkonstruktion  43, 45, 48, 60, 136, 137 Widerstandsmoment  37 Windschutz am Calandkanal  52 Windverband  118 Wing-Decke  43 Wohnbauprojekt Hoogte Kadijk, Amsterdam  63 Wohnhaus, Almere  15 Wohnhaus, Naxos  135 Wohnungsbau Chassé-Gelände, Breda  14 Zellenbauweise  102, 105, 108, 110, 111, 114 Zerspanen  94 Zerspanungsfreie Trennung  94 Ziegel  16, 19, 34, 50, 60, 62, 71, 74, 76, 92, 94, 118 Zink  23, 79, 83, 93, 97, 99 Zugangsgebäude Naturschutzgebiet Hoge Veluwe, Schaarsbergen  9, 10 Zugkraft  29, 30, 31, 33, 36, 53, 56 Zugspannung  29, 30, 32, 44, 50, 90, 91 Zumthor, Peter  51, 104 Zweischnittige Verbindung  96 Z-Wert  25

Tiefziehen  93 Trägheitsmoment  38 Treibschraube  82, 96 Tropfkante  27, 65, 88 Trullo  106 TT-Platte  44 TWA Terminal, New York  125 Überlappende Fugen  23, 64, 66, 67, 68, 70 Überblattete Verbindung  42 Uma Mbatangu-Haus, Sumba  121 Umkehrdach  19, 24 Unterzug  40, 44 UV-Strahlung  19, 23, 24, 65 Van den Brink, B.J.  15 Van Stigt, Joop  130, 131 Verbindungsmutter  82 Verbundplatten  85, 90, 91 Vergießen  71, 83 Verschiebliche Auflager  77 Verwinden  38 Verzinken  97, 99 Villa Capra, Vicenza  108 Villa Rotonda, Vicenza  108

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Bildnachweis Kapitel 1 2 Foster & Partners 4 Ulrich Knaack Kapitel 2 7 Ulrich Knaack 30, 31 Engbert van der Zaag 35 Marcel Bilow Kapitel 3 4, 19 Alan Brookes 5 Ger van der Vlugt 35 Marcel Bilow 62 Unilin Nederland 68 Aus: Klaus Zwerger, Holz und seine Verbindungen, Birkhäuser Verlag, Basel, 1997 71 Ulrich Knaack 75 Simon Kenny

Kapitel 4 1, 2, 4, 9, 10 , 25, 26, 27, 45, 46, 72, 76, 90, 92, 93, 94, 95 TU Delft, nach Zeichnungen von Heinz Ronner 7 Engbert van der Zaag 11 Jan van de Voort 12 Linda Hildebrand 13, 30 © 1973 Lloyd Kahn. Aus: Shelter, Shelter Publications, Bolinas, 1973 15 Aus: Andrea Palladio, The Four Books of Architecture, Dover Publications, New York, 1965 16 Alistair Hunter 17, 18 Aus: Colin Davies, The Work of Michael Hopkins and Partners, Phaidon, London, 1993 19, 20 Klaus-Peter Gast 22, 24 Fotos: Kim Zwarts. Mit freundlicher Genehmigung von: Barragán Foundation, Birsfelden, Schweiz 23 Wim van den Bergh (Zeichnung Grundriss) 28 Enrico Cano 33 Aus: Walter Muir Whitehill, Spanish Romanesque Architecture of the Eleventh Century, Oxford University Press, London, 1941 34, 37, 58 Foster & Partners 35 Ken Kirkwood 36 Alan Howard 40 Zeichnung nach Informationen von Renzo Piano 41 Aus: Yukio Futagawa, Niklaus Morgenthaler, Atelier 5, ADA Edita, Tokio, 1976 42, 44 Atelier 5, Bern 47 Tim Street Porter 49 Aus: Architecture (Indonesian Heritage Series), Archipelago Press, Singapur, 1990 50, 51, 53 Reinhardt Blunck 52 Glenn Murcutt 55, 56, 57 Thomas Herzog 58, 59 Richard Davies 60 Foster & Partners 62, 63 Ezra Stoller © Esto 64 TU Delft 73, 81, 84, 88 MIT Press 75 Joop van Stigt 86 Ulrich Knaack

Alle anderen Zeichnungen wurden durch die TU Delft erstellt; alle anderen Fotos stammen von Maarten Meijs. Den genannten Bildgebern gilt unser besonderer Dank. Die Autoren haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Herkunft aller Abbildungen zu recherchieren. Falls es unabsichtlich dabei zu Fehlern oder Auslassungen gekommen sein sollte, möchten wir dies entschuldigen und bitten um kurze Nachricht. Die Fehler werden in der nächsten Auflage der Publikation korrigiert.

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Prinzipien der Konstruktion: Die Reihe für Studium und Berufspraxis

Fassaden Prinzipien der Konstruktion Ulrich Knaack, Tillmann Klein, Marcel Bilow, Thomas Auer 135 Seiten, 305 Abbildungen, Broschur ISBN 978-3-7643-7961-2 Systembau Prinzipien der Konstruktion Ulrich Knaack, Sharon Chung-Klatte, Reinhard Hasselbach 136 Seiten, 280 Abbildungen, Broschur ISBN 978-3-7643-8746-4 Juli 2009

Birkhäuser Viaduktstrasse 42 CH-4051 Basel

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