Fachkunde für Kaufleute im Gesundheitswesen [3. aktualisierte ed.] 3131407131, 9783131407139

Ein Fachbuch, auf das Sie sich während Ihrer kaufmännischen Ausbildung im Gesundheitswesen verlassen können. Laufend änd

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Fachkunde für Kaufleute im Gesundheitswesen [3. aktualisierte ed.]
 3131407131, 9783131407139

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Fachkunde für Kaufleute im Gesundheitswesen Herausgegeben von Anja Grethler

3. Auflage

175 Abbildungen

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anja Grethler [email protected] Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2006 2. Auflage 2011 © 2006, 2017 Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstr. 14 70469 Stuttgart Deutschland www.thieme.de Printed in Germany Zeichnungen: Heike Hübner, Berlin Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Umschlagfoto: Kirsten Oborny Satz: Ziegler und Müller, Kirchentellinsfurt Druck: Grafisches Centrum Cuno, Calbe

DOI 10.1055/b-004-129 988 ISBN 978-3-13-140713-9 Auch erhältlich als E-Book: eISBN (PDF) 978-3-13-152243-6 eISBN (epub) 978-3-13-167953-6

1 2 3 4 5 6

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Alle Angaben und Zahlen in dieser Auflage basieren auf dem Wissensstand des Jahres 2016. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.

Geschützte Warennamen (Warenzeichen ®) werden nicht immer besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen oder die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, der Sozial- und Gesundheitssektor ist geprägt von stetigen Entwicklungen und Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen. Sie machen einen ständigen Anpassungsprozess in der betrieblichen Praxis notwendig. Angesichts der rechtlichen Änderungen ist nach der letzten Überarbeitung im Jahre 2011 eine Neuauflage des Fachbuchs „Fachkunde für Kaufleute im Gesundheitswesen“ notwendig. Die vorliegende dritte Auflage wurde grundlegend überarbeitet und erweitert. Viele Rechtsänderungen wurden eingearbeitet, z. B. das Familienpflegezeitgesetz. Es ermöglicht berufstätigen Menschen, für maximal zwei Jahre ihre Arbeitszeit zu reduzieren und so ihre Angehörigen selbst zu pflegen und dabei im Beruf zu bleiben. Auch das Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) führte zu einer umfangreichen Revision des SGB XI und setzt den seit langem geforderten neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff um. Die bisherigen drei Pflegestufen und das gesonderte Verfahren zur Feststellung des Vorliegens einer erheblichen eingeschränkten Alltagskompetenz werden durch ein einheitliches System mit fünf Pflegegraden ersetzt. Diese Überführung der bisherigen Pflegestufen in Pflegegrade sowie eine Übersicht über die künftigen Pflegeleistungen ab 2017 sind in dieser neuen Auflage ausführlich dargestellt. Auch die Neuerungen durch das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“, kurz Patientenrechtegesetz (PatrG), wurden berücksichtigt. Neu hinzugekommen sind Ausführungen zum ambulanten Operieren und zu stationsersetzenden Eingriffen im Krankenhaus sowie die Darstellung des pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PEPP).

Das Buch soll sowohl den umfangreichen Stoff schülergerecht vermitteln als auch als Nachschlagewerk für die berufliche Praxis dienen. Zahlreiche Übungsbeispiele im Text sowie Wiederholungsfragen und Aufgaben am Ende der jeweiligen Themengebiete unterstützen wie gewohnt die Selbstkontrolle wie auch die Vorbereitung auf die schriftliche und mündliche Prüfung. In der Regel sind die Fragen ohne zusätzliche Informationen anhand der durchgearbeiteten Textaussagen zu beantworten. Die Lösungen zu den Wiederholungsfragen sind auf der Homepage des Thieme Verlags einsehbar. Danken möchte ich an dieser Stelle allen, die zur Erstellung und Korrektur dieses Buches beigetragen haben, insbesondere meiner Redakteurin für ihren engagierten Einsatz und den weiteren beteiligten Mitarbeitern des Thieme Verlags. Dank auch an meine Familie, die an zahlreichen Wochenenden und Abenden auf mich verzichten musste. Am Ende möchte ich danken für die Anregungen meiner Leserschaft, die dazu beitragen, dass dieses Fachbuch zu einer qualifizierten Berufsausbildung beiträgt. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Anja Grethler

5

Inhaltsverzeichnis I

Den Betrieb erkunden und darstellen

1

Sektoren des Gesundheitssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

1.1

Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

1.4

Pflege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

1.2

Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krankenhausbehandlung. . . . . . . . .

19 19

1.5

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

23

1.2.1

1.3

Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

2

Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

2.1

Gesundheitsschutz. . . . . . . . . . . . .

Versorgungsverträge . . . . . . . . . . Krankenhaus-Versorgungsvertrag . Versorgungsverträge mit Vorsorgeoder Rehabilitationseinrichtungen Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . .

36 36

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

37

2.2

Stationäre und teilstationäre Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

2.2.1 2.2.2

Krankenhäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stationäre und teilstationäre Pflege

2.2.3

2.3

6

25

2.4 2.4.1 2.4.2

25 26 29 30

2.4.3

2.5

37 37

2.3.1 2.3.2

Ambulante Einrichtungen . . . . . . Haus-, Fach- und Zahnärzte . . . . . . Apotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II

Die Berufsausbildung selbstverantwortlich mitgestalten

3

Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen . .

41

3.1

Überblick über Berufe im Gesundheitswesen . . . . . . . . . .

Weitere Berufe im Gesundheitswesen (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . .

44

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

46

3.2

Der Beruf des Arztes . . . . . . . . . . .

3.2.1 3.2.2 3.2.3

Gesetzliche Grundlagen. . . . . . . . . . Ausbildungsaufbau . . . . . . . . . . . . . . Unterschiedliche Tätigkeitsfelder eines Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 32 35

3.3 41 42 42 42 43

3.4

Inhaltsverzeichnis

III

Dienstleistungen und Güter beschaffen und verwalten

4

Hygienevorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4.1

Pioniere der Hygiene . . . . . . . . . . .

49

4.4.3

4.2

Grundbereiche der Hygiene . . . . .

4.4.4

4.2.1

Krankenhaushygiene . . . . . . . . . . . .

51 51

4.3

Hygienerelevante Vorschriften . .

52

49

4.4.5

Hygienebeauftragte Ärztin/ hygienebeauftragter Arzt . . . . . . . . . Fachgesundheits- und Krankenpfleger/-pflegerin für Hygiene und Infektionsprävention (Hygienefachkraft) . . . . . . . . . . . . . . Hygienebeauftragte/-r in der Pflege

4.5

Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

4.6

54

54 55

4.4

Personelle und organisatorische Voraussetzungen der Hygiene . .

4.4.1 4.4.2

Hygienekommission . . . . . . . . . . . . . Krankenhaushygieniker/-in . . . . . . .

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

56

5

Entsorgungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

5.1

Grundsätze der Kreislaufwirtschaft . . . . . . . . . . . . .

Rechtsgrundlagen der Abfallentsorgung. . . . . . . . . . .

59

5.3

Abfallschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

5.4

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

63

IV

Dienstleistungen anbieten

6

Vorhandenes Leistungsangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

6.1

Grundleistungen, Wahl- und Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses . . . . . . . . . . .

75

6.1.1 6.1.2

Allgemeine Krankenhausleistungen Wahlleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . Voraussetzungen für die Inanspruchnahme individueller Gesundheitsleistungen. . . . . . . . . . . Rechnungsstellung für individuelle Gesundheitsleistungen. . . . . . . . . . .

6.2

IGeL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen) im niedergelassenen Bereich. . . . . . .

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

76

5.1.1 5.1.2 5.1.3

Abfallvermeidung . . . . . . . . . . . . . . . Abfallverwertung . . . . . . . . . . . . . . . Abfallbeseitigung. . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 54

5.2 58 59 59 59

6.2.1 6.2.2 67 67 67

6.2.3

6.3

76

75

7

Sicherstellungsauftrag für Gesundheitsleistungen

7.1

Sicherstellungsauftrag in der vertragsärztlichen Versorgung . .

78

Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen . . . . . . . . . . . . . . .

79

7.2

76

7.3

.....................

78

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

79

7

Inhaltsverzeichnis

8

Konflikt- und Beschwerdemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

8.1

Beschwerdebegriff und Beschwerdeführer . . . . . . . . .

84

Beschwerdeauswertung . . . . . . . . . BeschwerdemanagementControlling. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerdereporting und -informationsnutzung . . . . . . . . . . .

85

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

85

9

Kundenbindungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

9.1

Gründe für das Kundenbindungsmanagement . . . . . . . . .

87

Wirkungskette der Kundenbindung . . . . . . . . . . . . . . .

88

Kundenbindung und Kundenbindungsmanagement . .

9.4

Kundenbindungsstrategien . . . . .

88

87

Wer sind Kunden im Gesundheitssektor? . . . . . . . . . . . . .

9.5 87

Instrumente des Kundenbindungsmanagements . . . . . . . .

91

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

91

10

Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

10.1

Haftungsrecht (Allgemeine Einführung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.2

Elemente des Beschwerdemanagements . . . . . . . . . . . . . . . . .

8.2.1 8.2.2 8.2.3

Beschwerdestimulierung. . . . . . . . . Beschwerdeannahme. . . . . . . . . . . . Beschwerdebearbeitung und -reaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9.2 9.2.1

81

8.2.4 8.2.5 8.2.6

81 81 82

8.3

84

9.3

9.6

93

10.2

Strafrechtliche Haftung . . . . . . . .

10.2.1 10.2.2 10.2.3 10.2.4 10.2.5 10.2.6

Merkmale einer Straftat. . . . . . . . . . Täterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf eines Strafverfahrens . . . . . . Ausgewählte Strafrechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verjährung von Straftaten . . . . . . . .

10.3

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

100

10.4

Zivilrechtliche Haftung . . . . . . . . .

10.4.1 10.4.2 10.4.3 10.4.4

Haftung aus Vertrag . . . . . . . . . . . . . Haftung aus Delikt . . . . . . . . . . . . . . Haftungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . Verjährung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 101 101 102 102

94 94 95 96 98 99 99

10.5

Träger- und Mitarbeiterhaftung

10.5.1 10.5.2 10.5.3

Haftung für Gehilfen . . . . . . . . . . . . Adressaten der Haftung . . . . . . . . . . Organisationspflichten des Krankenhausträgers . . . . . . . . . Gegenüberstellung der vertraglichen Haftung und der Haftung aus Delikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

10.6

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

108

10.7

Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10.7.1 10.7.2 10.7.3

Beweislastregeln im Zivilprozess . . Beweislastregeln im Strafverfahren Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

108 108 110 110

10.8

Aufklärungsversäumnis . . . . . . . .

10.8.1 10.8.2

Grundlagen der Aufklärung . . . . . . Die 6 großen W-Fragen der Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

10.5.4

10.8.3 10.8.4

8

85

103 103 104

107

111 111 111 113 113

Inhaltsverzeichnis

11

Dienstleistungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

116

11.1

Dienstleistungsvertrag und andere Vertragsarten . . . . . .

Beendigung und Kündigung des Vertragsverhältnisses. . . . . . . . .

120

121

11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.1.4 11.1.5 11.1.6

11.2.5 116 116 117 117 117

11.3

Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag . . . . . . . . . . . . . .

11.3.1

117 117

11.3.2 11.3.3

118 118

11.3.4 11.3.5 11.3.6 11.3.7

Ziele des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich des Gesetzes . Informationspflichten vor Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsschluss und Vertragsdauer Schriftform und Vertragsinhalt . . . . Leistungspflichten und Abwesenheitsregelungen . . . . . . . . . Kündigung des Heimvertrags . . . . .

11.4

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

126

............................................................

131

Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leihvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werkvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werklieferungsvertrag (Anwendung des Kaufrechts). . . . . . Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11.2

Behandlungsvertrag bzw. Arztvertrag . . . . . . . . . . . . . . .

11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4

Parteien des Behandlungsvertrages Zustandekommen des Behandlungsvertrages . . . . . . . . . . . Hauptpflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten der Vertragspartner . . . . .

V

Dienstleistungen dokumentieren

12

Dokumentation

12.1

Datenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was sind eigentlich Daten? . . . . . . .

12.1.1

118 119 120

131 131

12.2.3

12.2.5

Auswirkungen der Dokumentationspflicht . . . . . . . . . . Einsichtsrecht und Herausgabe der Krankenunterlagen. . . . . . . . . . . Sonstige Auswirkungen . . . . . . . . . .

12.3

12.2.4

12.2

121 122 122 123 124 124 125

134

12.2.2

Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsgrundlagen für die Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . Grundsätze zur Dokumentation . . .

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

137

13

Klassifizierungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139

13.1

ICD-10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13.1.1 13.1.2 13.1.3 13.1.4

Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau der ICD. . . . . . . . . . . . . . . . . . Merkmale der ICD . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung der Krankheitsdiagnosen . . . . . . . . . . . . Zusatzkennzeichen . . . . . . . . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

12.2.1

13.1.5 13.1.6

13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.2.4

Operationen- und Prozedurenschlüssel . . . . . . . . . . . Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des OPS . . . . . . . . . . . . . . . . . Merkmale des OPS . . . . . . . . . . . . . . Kritische Bewertung der ICD-10 und des ICPM/OPS . . . . . . . . . . . . . . .

131 133 133

139 139 139 141

13.2.5

135 136

13.2.6

Sonstige gesundheitsrelevante Klassifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

150 150 151

13.3

Pflegediagnosen . . . . . . . . . . . . . . .

143 143 144

13.3.1

145 145 146 146

13.3.4

Historische Entwicklung der Pflegediagnosen . . . . . . . . . . . . . Pflegeklassifikationssysteme . . . . . . Vor- und Nachteile der Pflegediagnosen . . . . . . . . . . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

13.4

Deutsche Kodierrichtlinien . . . . .

13.4.1 13.4.2

Aufbau der Kodierrichtlinien . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

13.3.2 13.3.3

151 151 152 152 153 153 154

150

9

Inhaltsverzeichnis 13.5

DRG (Diagnosis Related Groups)

13.5.1 13.5.2 13.5.3 13.5.4

Was sind DRGs? . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffe rund um die DRGs . . . . . . . DRG-Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . Ablauf der DRG-Gruppierung . . . . .

Kostengewichte. . . . . . . . . . . . . . . . . Basisfallwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Case-Mix und Case-Mix-Index . . . . Kritik am DRG-System . . . . . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

159 159 160 161 162

14

Datenschutz und Datensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

164

14.1

Allgemeine und bereichsspezifische Datenschutzvorschriften .

164

Datenschutz im Krankenhausbetrieb . . . . . . . . . . .

168

14.2

Begriffsbestimmungen . . . . . . . . .

165

14.7

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

169

14.3

Maßnahmen zur Datensicherheit . . . . . . . . . . . . . . .

14.8 166

Informations- und Folgerecht des Einzelnen. . . . . . . . . . . . . . . . . .

14.8.1 14.8.2 14.8.3

Ärztliche Schweigepflicht . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kernpunkte des § 203 StGB . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

169 169 169 174

166

14.5

Datenschutzbeauftragter . . . . . .

167

15

Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung . . .

176

15.1

Datentransfer mit der Krankenkasse . . . . . . . . . . . . . .

Datentransfer mit der Unfallversicherung . . . . . . . . .

180

Datentransfer mit der Rentenversicherung . . . . . . . .

181

Datentransfer mit der Pflegeversicherung . . . . . . . .

181

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

182

VI

Dienstleistungen abrechnen

16

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung. . . . . .

185

16.1

Entgeltsystem nach der Bundespflegesatzverordnung 1995 . . . .

14.4

15.1.1 15.1.2 15.1.3 15.1.4

16.2

Entgelte im G-DRG-System . . . . .

16.2.1 16.2.2 16.2.3

Zu- und Abschläge . . . . . . . . . . . . . . Verlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entgelte für vor- und nachstationäre Behandlungen . . . . Wiederaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . Rückverlegungen . . . . . . . . . . . . . . . Zusatzentgelte. . . . . . . . . . . . . . . . . .

16.2.4 16.2.5 16.2.6

10

Datenübermittlung aus der ärztlichen Praxis . . . . . . . . . . . . Datenübermittlung aus dem Krankenhaus. . . . . . . . . . . . . . . Datenübermittlung der Vorsorgeund Rehabilitationseinrichtungen . Datenübermittlung an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung . . . . . . . . . . . .

154 154 155 155 155

13.5.5 13.5.6 13.5.7 13.5.8 13.5.9

14.6

15.2 176 176

15.3

177

15.4 179

15.5 180

16.2.7 185 186 187 188 189 190 193 193

16.2.8 16.2.9

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) . . . . Sonstige Zuschläge (Auswahl). . . . . Zuzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16.3

Entgeltsystem Psychiatrie/ Psychosomatik . . . . . . . . . . . . . . . .

16.3.1 16.3.2

Zeitplan der PEPP-Einführung . . . . Gruppierungslogik und PEPP-Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des PEPP-Entgeltkatalogs . .

16.3.3

194 194 195

196 196 196 198

Inhaltsverzeichnis 16.3.4 16.3.5

Grundlagen der Abrechnung . . . . . . Vergütung mit Pflegesätzen. . . . . . .

199 202

16.4.2

Vorteile der integrierten Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

204

16.4

Integrierte Versorgung . . . . . . . . .

202

16.5

16.4.1

Was ist integrierte Versorgung nach dem Gesetzestext?. . . . . . . . . .

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

204

202

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211

17.1

Die beiden Gebührenordnungen

211

17.3

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

234

17.2

Abrechnung nach EBM . . . . . . . . . Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . EBM 2000plus und PauschalenEBM 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Euro-EBM und dessen Weiterentwicklung. . . . . . . . . . . . . . Vergütung der Ärzte (Honorarverteilung) ) . . . . . . . . . . . . Anwendung des Euro-EBM zur Abrechnung ambulanter Operationen und stationsersetzender Eingriffe im Krankenhaus. . . . . . . . .

211 211

17.4

17.2.1 17.2.2

Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) . . . . . . . . . . . . . . . .

212

17.4.1 17.4.2 17.4.3 17.4.4 17.4.5 17.4.6

Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . Geltungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau der GOÄ . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütungsformen . . . . . . . . . . . . . . Rechnungsstellung . . . . . . . . . . . . . . Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . . . .

236 236 236 236 237 246 246

18

Pflegegrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

250

18.1

Hintergründe zu den Neuregelungen in der Pflegeversicherung . . . . . . . . .

264

17

17.2.3 17.2.4 17.2.5

212 227

229

250

18.4.4

Verfahren zur Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit .

251

18.4.5 18.4.6

Leistungen bei vollstationärer Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angebote zur Unterstützung im Alltag und Entlastungsbetrag. . . Leistungen für Pflegepersonen . . . . Pflegestützpunkte und -berater . . .

Umstrukturierung von Pflegestufen auf Pflegegrade . . .

18.5

Pflegestärkungsgesetz III . . . . . . .

271

254

18.6

Leistungen der privaten Pflegeversicherung . . . . . . . . . . . .

272

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

272

19

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen .

275

19.1

275 275

19.1.3

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was bedeutet Rehabilitation? . . . . . Rehabilitationsleistungen und Träger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen der Rehabilitation . . . . . . . .

19.2

Monistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

18.2

18.3

18.4 18.4.1 18.4.2

19.1.1 19.1.2

Leistungen der sozialen Pflegeversicherung . . . . . . . . . . . . Leistungen bei häuslicher Pflege. . . Leistungen bei teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege . . . . . . . .

18.4.3

255 255

18.7

267 268 271

263

275 278

19.3

Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen . . . . . .

19.3.1

Vergütung von ambulanten Vorsorgeleistungen . . . . . . . . . . . . . . Vergütung von stationären Rehabilitationsleistungen . . . . . . . .

19.3.2

281 281 285

11

Inhaltsverzeichnis 19.4

Phasenmodell in der Neurologie

290 291

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

292

19.5

Reha-Nachsorgeprogramme . . . .

20

Selbstverwaltungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

294

20.1

Selbstverwaltung der Krankenkassen . . . . . . . . . . . .

304

20.1.1 20.1.2 20.1.3

Selbstverwaltung in der Sozialversicherung. . . . . . . . . . . Träger der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . Verbände der gesetzlichen Krankenkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . Medizinischer Dienst der Krankenversicherung . . . . . . . .

19.6

20.2.3 294 294

20.3

Ärztekammer und Bundesärztekammer . . . . . . . . . . .

295

20.3.1 20.3.2

Ärztekammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bundesärztekammer . . . . . . . . . . . .

306 306 307

20.4

298 298

20.4.1 20.4.2

Gemeinsame Selbstverwaltung . Gemeinsamer Bundesausschuss. . . InEK GmbH (DRG-Institut) . . . . . . .

308 308 311

299 299

20.5

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

311

21

Altersstruktur der Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

314

21.1

Bevölkerungspyramide. . . . . . . . .

314

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

315

21.2

Multimorbidität . . . . . . . . . . . . . . .

314

22

Wachsende Eigenverantwortung/Eigenleistung der Versicherten. . . .

318

22.1

Eigenverantwortlichkeit im Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .

Eigenverantwortlichkeit in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . .

318

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

319

.................................

321

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

322

20.1.4

20.2

Kassenärztliche Vereinigungen und KBV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20.2.1 20.2.2

Die Kassenärztliche Vereinigung . . Die Kassenärztliche Bundesvereinigung. . . . . . . . . . . . . .

303

21.3

22.2 318

22.3

12

Rechtsbeziehung im Vertragsarztrecht . . . . . . . . . . . . . . .

23

Sozialbudget und Sozialleistungsquote

23.1

Was ist das Sozialbudget? . . . . . .

321

23.2

Was versteht man unter Sozialleistungsquote . . . . .

322

23.3

Inhaltsverzeichnis

VII

Geschäftsprozesse erfolgsorientiert steuern

24

Grundzüge des Qualitätsmanagements. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24.1

Begriff und Dimensionen der Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24.2

Gesetzliche Regelungen zur Qualitätssicherung . . . . . . . . .

24.4.1 327 24.4.2 24.4.3 328 24.4.4

24.3

KTQ – Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen EFQM. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinsamkeiten und Unterschiede von EFQM und KTQ. . . . . . . Weitere Zertifikate und Auszeichnungen . . . . . . . . . . . .

327

331 336 340

Total Quality Management (TQM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

330

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

343

24.4

Zertifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

331

25

Benchmarking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345

25.1

Historische Entwicklung des Benchmarkings . . . . . . . . . . . .

24.5

340

25.3

Das Phasenmodell des Benchmarking-Prozesses . . . . . . .

345 346

25.3.1 25.3.2 25.3.3

Erste Phase: Vorbereitung . . . . . . . . Zweite Phase: Analyse . . . . . . . . . . . Dritte Phase: Umsetzung . . . . . . . . .

347 347 348 348

346

25.4

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

348

26

Sozialgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

350

26.1

SGB I – Allgemeiner Teil . . . . . . . .

26.2

SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende . . . . . . . . . . . .

350

26.3

SGB III – Arbeitsförderung . . . . . .

351

26.4

SGB IV – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung . .

25.2 25.2.1 25.2.2 25.2.3

Formen des Benchmarkings . . . . Internes Benchmarking . . . . . . . . . . Betriebsübergreifendes, wettbewerbsorientiertes Benchmarking Branchenfremdes, funktionales Benchmarking . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345

346

350

SGB VIII – Kinderund Jugendhilfe . . . . . . . . . . . . . . . .

354

SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen .

354

SGB X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz . . .

355

SGB XI – Soziale Pflegeversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

355

26.12

SGB XII – Sozialhilfe . . . . . . . . . . . .

355

26.13

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

356

26.8

26.9

26.10 351

26.11 26.5

26.6

26.7

SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung . . . . . . . . . .

352

SGB VI – Gesetzliche Rentenversicherung . . . . . . . . . . . .

352

SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung . . . . . . . . . . . . .

353

13

Inhaltsverzeichnis

VIII

Investitionen finanzieren

27

Krankenhausfinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359

27.1

Historische Entwicklung . . . . . . .

362 362 363

359

27.6

Wie erfolgt die Förderung? . . . . .

27.6.1 27.6.2 27.6.3

Einzelförderung . . . . . . . . . . . . . . . . Pauschalförderung . . . . . . . . . . . . . . Leistungsorientierte Investitionspauschalen . . . . . . . . . .

27.2

Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . .

359

27.3

Grundlage der dualen Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359

27.4

27.5

363

27.7

Finanzierung der Betriebskosten

364

27.8

Fragen und Aufgaben . . . . . . . . . .

364

...................................................

366

Abgrenzung der Wirtschaftsgüter . . . . . . . . . . . . . .

360

Krankenhausplan . . . . . . . . . . . . . .

361

Anhang

14

28

Abkürzungsverzeichnis

29

Genannte und verwendete Gesetze, Richtlinien und Verordnungen

30

Literatur und Internetadressen

.

368

..........................................

370

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

380

Teil I Den Betrieb erkunden und darstellen

I

1 Sektoren des Gesundheitssystems

17

2 Einrichtungen

25

Foto: Alexander Fischer, Thieme

Kapitel 1

1.1

Prävention

17

Sektoren des Gesundheitssystems

1.2

Behandlung

19

1.3

Rehabilitation

22

1.4

Pflege

22

1.5

Fragen und Aufgaben

23

1.1 Prävention

1 Sektoren des Gesundheitssystems Das Gesundheitssystem wird unter dem Aspekt der unterschiedlichen Aufgabenverteilung in folgende Bereiche eingeteilt (▶ Abb. 1.1): ● Prävention ● Behandlung ● Rehabilitation ● Pflege

1.1 Prävention

L

Definition Die Prävention versucht durch vorbeugende Maßnahmen, einen Krankheitseintritt zu verhindern, zu verzögern oder Krankheitsfolgen abzumildern.

1

Je nach Zeitpunkt der Maßnahme unterscheidet man drei Stufen der Prävention: ● Primärprävention (Krankheitsverhütung) ● Sekundärprävention (Krankheitsfrüherkennung) ● Tertiärprävention (Verhütung einer Krankheitsverschlechterung) ▶ Primärprävention (Krankheitsverhütung). Die Primärprävention setzt beim gesunden Menschen an und versucht, die Gefahr einer Gesundheitsschädigung abzuwenden. Primärpräventive Maßnahmen werden vorbeugend durchgeführt, um zu verhindern, dass ein Mensch überhaupt krank wird. Dazu gehören z. B. Impfungen zur Verhütung einer Infektionskrankheit oder Maßnahmen zur Gesundheitsförderung (Ernährungsverbesserung, Raucherentwöhnung).

Bereiche des Gesundheitssystems

Prävention (Vorsorge)

Behandlung

Rehabilitation (Nachsorge)

Pflege

Unterscheidung nach Zeitpunkt der Maßnahme Primärprävention

ambulante Versorgung

medizinische Rehabilitation

häusliche Pflege

Sekundärprävention

stationäre Versorgung

schulische Rehabilitation

teilstationäre Pflege

berufliche Rehabilitation

stationäre Pflege

Tertiärprävention

Unterscheidung nach Interventionsart

soziale Rehabilitation

Verhaltensprävention

Verhältnisprävention

Abb. 1.1 Bereiche des Gesundheitswesens. (nach Haubrock, 2009)

17

Sektoren des Gesundheitssystems ▶ Sekundärprävention (Krankheitsfrüherkennung). Unter Sekundärprävention wird das möglichst frühzeitige Erkennen von Gesundheitsgefährdungen oder Erkrankungen verstanden. Die Erkrankung befindet sich im Anfangsstadium und ist meist noch symptomlos. Ziel ist die Frühtherapie und Kontrolle von Risikofaktoren. Durch die Vorverlegung der medizinisch-kurativen Behandlung soll die Erkrankung vermieden bzw. der Krankheitsverlauf gemildert werden. Hierzu gehören Maßnahmen der Früherkennung, z. B. Gesundheits-Check-up, Krebsfrüherkennungsuntersuchungen.

1

▶ Tertiärprävention (Verhütung einer Krankheitsverschlechterung). Die Tertiärprävention soll ● Krankheitsrückfälle verhüten, ● das Fortschreiten oder eine Verstärkung von bereits eingetretenen Gesundheitsschädigungen vermeiden ● und die Folgen von Krankheiten bewältigen. Zu Maßnahmen der Tertiärprävention zählt die Nachsorge nach Krebserkrankungen oder einem Herzinfarkt. Auch die Rehabilitation wird häufig dem Bereich der Tertiärprävention zugeordnet. ▶ Tab. 1.1 zeigt die primäre, sekundäre und tertiäre Prävention im Überblick.

Tab. 1.1 Primäre, sekundäre und tertiäre Prävention im Überblick (nach Schewior-Popp, Fischer, 2008). Primärprävention (Krankheitsverhütung)

Sekundärprävention (Krankheitsfrüherkennung)

Tertiärprävention (Verhütung einer Krankheitsverschlechterung)

Ansatzpunkt

bevor eine Erkrankung entsteht, setzt beim gesunden Menschen an

wenn sich die Krankheit noch im Anfangsstadium befindet

wenn die Person bereits erkrankt ist

Zielsetzung

die Wahrscheinlichkeit des Krankheitseinritts verringern

Früherkennung von Gesundheitsgefährdungen oder Erkrankungen und entsprechender Einsatz von Maßnahmen









Zielgruppe

gesunde Personen bzw. Risikogruppen

Beispiele für Maßnahmen

● ●



● ●



18

Schutzimpfungen gesunde Ernährung (Ernährungserziehung in der Schule) regelmäßige sportliche Betätigung/Bewegung Entspannungstechniken Verzicht auf Drogen, Alkohol und Nikotin rückenschonende Arbeitsweise (z. B. durch Anwendung von Kinästhetik in der Pflege)

Patienten bzw. kranke Personen, deren Erkrankung noch nicht festgestellt ist ● ●





Gesundheits-Check-up Krebsfrüherkennungsuntersuchungen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft Vorsorgeuntersuchungen im Kindesalter

den Wiedereintritt eines akuten Krankheitszustandes vermeiden (Rezidivprophylaxe) Folgeerkrankungen vermeiden das Fortschreiten oder eine Verschlechterung des Krankheitsbildes vermeiden Folgen von Krankheiten bewältigen

Patienten bzw. Rehabilitanden, die sich bereits im klinischen Stadium einer Krankheit befinden ●

● ●



Nachsorge nach Krebserkrankungen oder einem Herzinfarkt Medikamentöse Therapien Pflege nach dem BobathKonzept nach einem Schlaganfall Rehabilitation

1.2 Behandlung Eine Einordnung der Prävention lässt sich auch nach der Interventionsart vornehmen. Es wird unterschieden zwischen ● Verhaltensprävention und ● Verhältnisprävention. ▶ Verhaltensprävention. Maßnahmen, die eine Verhaltensänderung von Individuen oder Gruppen beabsichtigen, werden unter dem Begriff „Verhaltensprävention“ zusammengefasst. Sie sollen Menschen informieren und ihnen helfen, ihr gesundheitsschädigendes Verhalten aufzugeben. Beispiele hierfür sind Nichtraucherkampagnen und Raucherentwöhnungsprogramme. Zur Verhaltensprävention gehört z. B. auch das Erlernen kinästhetischer Techniken, um die Bandscheiben gesund zu erhalten. ▶ Verhältnisprävention. Verhältnisprävention soll Strukturen in der Lebenswelt des Menschen so gestalten, dass Risikofaktoren und Ursachen der Krankheitsentstehung beseitigt werden. Dazu zählt die Gestaltung der Arbeitsumgebung und der Arbeitsmittel z. B. mit ergonomischen Produkten (Stühle, Betten, Arbeitsflächen, Patientenlifter). Eine weitere Möglichkeit der Verhältnisprävention ist ein ausgewogenes Speiseangebot in der Personalkantine. Beide Ansätze verfolgt das neue Präventionsgesetz (PrävG). Die wichtigsten Inhalte des Präventionsgesetzes sind in Kap. 22 zusammengefasst.

1.2 Behandlung Definition

L

hausbehandlung sowie Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 27 SBG V).

1

1.2.1 Krankenhausbehandlung Eine hohe Bedeutung bei der Krankenbehandlung kommt der Krankenhausbehandlung zu. Der Gesetzgeber schreibt in § 39 SGB V folgende Formen der Krankenhausbehandlung vor: ● vollstationäre Behandlung ● teilstationäre Behandlung ● vorstationäre Behandlung (§ 115a SGB V) ● nachstationäre Behandlung (§ 115a SGB V) ● ambulante Behandlung (§ 115b SGB V) ▶ Vollstationäre Behandlung. Im Zentrum des Krankenhausbetriebs steht die vollstationäre Krankenversorgung. Sie umfasst Unterbringung und Versorgung, ärztliche Behandlung (Diagnostik und Therapie) und pflegerische Betreuung sowie die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. Grundsätzlich haben gesetzlich Krankenversicherte nach § 39 Abs.1 S. 2 SGB V nur dann einen Anspruch auf einen vollstationären Krankenhausaufenthalt, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht wird. Vor der vollstationären Aufnahme des Patienten muss der zuständige Krankenhausarzt prüfen, ob die Aufnahme erforderlich ist. Bei einer vollstationären Behandlung zahlen Krankenversicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine Zuzahlung von 10 Euro pro Tag für maximal 28 Tage pro Kalenderjahr (§ 39 Abs. 4 SGB V).

Krankenbehandlungen (Heilbehandlung) sind Leistungen, die dazu beitragen, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

▶ Teilstationäre Behandlung. Die teilstationäre Behandlung enthält ● die medizinische Versorgung und ● die Unterbringung und Versorgung entweder nur tagsüber oder nur nachts, vorwiegend durchgeführt in einer Tages- oder Nachtklinik.

Im Zentrum des Gesundheitssystems steht die Krankenbehandlung. In der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst die Krankenbehandlung im Einzelnen alle ärztlichen, psychotherapeutischen und zahnärztlichen Leistungen einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz, die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, die häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe, Kranken-

Eine teilstationäre Behandlung erfolgt aufgrund spezifischer Krankheitsbilder über einen gewissen Zeitraum hinweg (mehrere Wochen, Monate) in einzelnen Intervallen. Sie kommt in Betracht, wenn eine dauernde Unterbringung (vollstationäre Krankenhausbehandlung) medizinisch nicht erforderlich ist; dies wird auch als tages- oder nachtklinische Behandlung bezeichnet. Bei einer tagesklinischen Behandlung übernachtet der Patient

19

Sektoren des Gesundheitssystems nicht im Krankenhaus bzw. in der Tagesklinik. Tageskliniken gibt es v. a. in den Fachgebieten der Psychiatrie oder Geriatrie. Zwischenzeitlich werden aber auch in anderen Bereichen zunehmend teilstationäre Behandlungen erbracht. Das umgekehrte Modell ist die Nachtklinik (z. B. Schlaflabor). Teilstationäre Kliniken verfügen über nahezu alle Behandlungsmöglichkeiten einer vollstationären Einrichtung, haben aber den Vorteil, dass der Patient abends bzw. tagsüber in sein häusliches Umfeld zurückkehren kann. Voraussetzung für die Aufnahme ist, dass sich der Patient in der übrigen Zeit selbst versorgen kann.

1

▶ Vorstationäre Behandlung (§ 115a SGB V). Ein Krankenhaus kann bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung vorstationär behandeln. Mit der vorstationären Behandlung soll abgeklärt werden, ob eine stationäre Aufnahme überhaupt notwendig ist. Damit sollen Fehlbelegungen vermieden werden. Eine vorstationäre Behandlung kann aber auch auf eine stationäre Aufnahme vorbereiten. Auf diese Weise können Voruntersuchungen wie Blutlaboruntersuchungen, EKG, Röntgendiagnostik und weitere notwendige Vorbereitungen für einen nachfolgenden stationären Krankenhausaufenthalt durchgeführt werden. Die vorstationäre Behandlung ist begrenzt auf längstens 3 Behandlungstage innerhalb von 5 Tagen vor Beginn der stationären Behandlung. ▶ Nachstationäre Behandlung (§ 115a SGB V). Eine nachstationäre Behandlung schließt sich an den regulären Krankenhausaufenthalt an, um den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen. Wie bei der vorstationären Behandlung sind auch bei der nachstationären Behandlung keine Unterkunft und keine Verpflegung inbegriffen. Sie darf – von Ausnahmen abgesehen – 7 Behandlungstage nicht überschreiten und soll innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung der vollstationären Behandlung erfolgen. ▶ Ambulante Behandlung im Krankenhaus. § 39 SGB V (Paragraph zur Krankenhausbehandlung) verweist in Satz 1 auf den § 115b SGB V. Dieser regelt das ambulante Operieren im Krankenhaus. Eine ambulante Operation ist ein Eingriff, bei dem der Patient meist die Nacht vor und nach dem Eingriff zuhause verbringt. Durch das ambulante Ope-

20

rieren soll eine kostenaufwendige vollstationäre Behandlung umgangen bzw. ersetzt werden. Seit Einführung des § 115b SGB V durch das „Gesundheitsstrukturgesetz“ können Krankenhäuser in den Leistungsbereichen, in denen sie auch stationäre Krankenhausbehandlung anbieten, bestimmte Operationen bzw. sonstige Eingriffe ambulant durchführen. Diese Leistungsbereiche muss das Krankenhaus den zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung und dem Zulassungsausschuss mitteilen. Die Abrechnung für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte muss vergütungstechnisch einheitlich sein. Die Leistungen werden auf der Basis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) vergütet und direkt dem Kostenträger des Patienten in Rechnung gestellt. Für Krankenhäuser sind ambulante Operationen eine zusätzliche Erlösquelle, jedoch weniger ertragreich als stationäre Aufenthalte (Kap. 17.2.5). Neben dem Ambulanten Operieren können Krankenhäuser unter bestimmten Bedingungen eine Reihe weiterer ambulanter ärztlicher Leistungen anbieten (▶ Tab. 1.2). Tab. 1.2 Krankenhausbehandlung und ambulante ärztliche Leistungen im Krankenhaus und die entsprechenden Rechtsgrundlagen. Behandlung und ambulante ärztliche Leistungen

Rechtsgrundlagen

Vollstationär

§ 39 SGB V

Teilstationär

§ 39 SGB V

Vor- und nachstationär

§ 115a SGB V

Ambulantes Operieren im Krankenhaus

§ 115b SGB V

Ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte (persönliche Ermächtigung)

§ 116 SGB V

Ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte bei Unterversorgung (Institutsermächtigung)

§ 116a SGB V

Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV)

§ 116b SGB V

Hochschulambulanzen (ehemals Polikliniken)

§ 117 SGB V

Psychiatrische Institutsambulanzen

§ 118 SGB V

Sozialpädiatrische Zentren

§ 119 SGB V

Ambulante Notfallbehandlung (Notfallambulanzen)

§ 75 SGB V

Disease-Management-Programme (DMP)

§ 137f und g SGB V

Medizinische Versorgungszentren

§ 95 SGB V

1.2 Behandlung Nachfolgend werden einzelne ambulante Versorgungsformen oder Leistungen näher beschrieben. ▶ Persönliche Ermächtigung. Will ein Krankenhausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, benötigt er die sogenannte „Ermächtigung“. Die persönliche Leistungserbringung erfolgt dann durch ihn. Rechtsgrundlage für die „Ermächtigung“ von Krankenhausärzten ist § 116 SGB V i. V. m. § 31 Ärzte-Zulassungsverordnung (ÄrzteZV). Die Ermächtigung erteilt der Zulassungsausschuss der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (§ 96 SGB V). Krankenhausärzte werden zur ambulanten Behandlung nur für ein begrenztes Fachgebiet zugelassen. Sonst besteht die Gefahr einer Sicherstellungslücke. In der Regel wird die Ermächtigung für vertragsärztliche Einzelleistungen ausgesprochen, z. B. Gastroskopien etc., oder auch für einzelne EBM-Ziffern. Der Antrag auf Zulassung erfolgt auf Initiative des Krankenhauses oder eines Krankenhausarztes. Die Ermächtigung ist zeitlich befristet und ihre Verlängerung muss jeweils erneut beantragt werden. ▶ Institutsermächtigung. In bestimmten Fällen können ärztlich geleitete Einrichtungen, das heißt Kliniken beziehungsweise Fachabteilungen von Krankenhäusern, die ambulante ärztliche Behandlung übernehmen (Institutsermächtigung; § 116a SGB V). Bei der Institutsermächtigung muss der Zulassungsausschuss seine Zustimmung geben. Das Krankenhaus hat kein Anrecht auf die Erteilung der Ermächtigung. Eine Institutsermächtigung wird vergeben, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen im Planungsbereich eine Unterversorgung feststellt. Ohne diese Ermächtigung ist eine Behandlung bzw. Abrechnung der Fälle nicht möglich. Institutsermächtigungen werden nur erteilt, wenn die persönliche Ermächtigung nicht möglich ist. Sie erlischt bzw. wird nicht verlängert, sobald der Bedarf für diesen Bereich z. B. durch die Niederlassung eines Vertragsarztes gedeckt wird. Im Gegensatz zur persönlichen Ermächtigung ist die Leistungserbringung nicht an einen einzelnen Arzt gebunden, sondern das Krankenhaus selbst ist Leistungserbringer. Jeder qualifizierte Arzt kann vom Krankenhaus beauftragt werden, die Leistung zu erbringen. Die Vergütung über Institutsermächtigung ist der persönlichen Ermächtigung gleichgestellt. Die Abrechnung erfolgt nach Einzelleistungen (EBM) über die Kassenärztlichen Vereinigungen.

▶ Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV). Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung – kurz ASV – ist ein Versorgungsangebot für die Diagnostik und Behandlung von seltenen und schweren Erkrankungen. Welche dies sind, steht in Paragraph 116b SGB V. Zur ASV berechtigt sind u. a. niedergelassene Fachärzte, Medizinische Versorgungszentren und zugelassene Krankenhäuser, sofern sie die Anforderungen und Qualifikationsvoraussetzungen der ASV-Richtlinien erfüllen. Die Teilnahme an der ASV erfordert die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team. Jedes Team besteht aus einem Kernteam mit einer Teamleitung sowie weiteren Fachärzten oder Psychotherapeuten, die bei Bedarf hinzugezogen werden. Beispielsweise wird bei der Behandlung von Patienten mit pulmonaler Hypertonie (PAH) ein interdisziplinäres Kernteam von Kardiologen und Pneumologen gebildet. Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist ein Kinder-Kardiologe oder Kinder-Pneumologe im Kernteam vorgesehen. Dieser kann auch die Teamleitung übernehmen. Zur Behandlung innerhalb der ASV hinzugezogen werden können Humangenetiker, Gastroenterologen, Rheumatologen, Laborärzte, Nuklearmediziner, Psychiater oder Psychotherapeuten oder ein Facharzt für psychosomatische Medizin, Radiologen und bei Bedarf Kinder- und Jugendärzte mit Zusatzweiterbildung. Nach der Bildung des Teams folgt die Anzeige zur Teilnahme beim erweiterten Landesausschuss (eLA). Dieser prüft, ob die Teams die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllen und ob die organisatorischen und infrastrukturellen Anforderungen für eine Teilnahme an der ASV gegeben sind. Der Anzeige müssen Belege beigelegt werden, z. B. über die nötigen Qualifikationen. Übergangsweise erfolgt die Vergütung der ambulanten spezialfachärztlichen Leistungen auf Grundlage des EBM. Die Vergütung ist für ambulante Leistungserbringer und Krankenhäuser identisch. Es ist geplant, dass der Versorgungsbereich ASV eine eigene Vergütungssystematik bekommt (Stand 2016).

1

▶ Hochschulambulanzen. Hochschulambulanzen sind gesetzlich in § 117 SGB V geregelt und auf den Bereich der medizinischen Hochschule begrenzt. Im Unterschied zur persönlichen Ermächtigung oder Institutsermächtigung haben Hochschulambulanzen eine unbefristete Ermächtigung zur ambulanten ärztlichen Behandlung. Mit anderen

21

Sektoren des Gesundheitssystems Worten: Hochschulkliniken haben einen Rechtsanspruch, eine Ambulanz zu betreiben, soweit sie für Forschungsvorhaben und Lehre nötig ist. Voraussetzung ist ein Antrag der Hochschule oder Hochschulklinik („auf Verlangen“). Die Finanzierung der ambulanten Universitätsmedizin erfolgt vorwiegend pauschal pro Fall und Quartal (§ 120 Abs. 2,3 SGB V).

1

▶ Disease-Management-Programme. Abschließend steht Krankenhäusern die Möglichkeit offen, sich an der Durchführung von Disease-Management-Programmen zu beteiligen, z. B. als Träger eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Disease-Management-Programme, kurz „DMP", sind strukturierte Behandlungsprogramme für Patienten mit chronischen Krankheiten, die zu den sogenannten Zivilisationskrankheiten zählen. Zurzeit gibt es DMP für Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, Koronare Herzkrankheit (KHK), Brustkrebs, Asthma und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Die Teilnahme ist freiwillig und beginnt mit der Einschreibung des Patienten mit einer gesicherten Diagnose. Die Einwilligung des Patienten in die Weitergabe der Dokumentationsdaten ist obligatorisch. Die Patienten werden nach verbindlichen Standards sowie sektorenübergreifend im gesamten Krankheitsverlauf versorgt. Die aktive Mitwirkung des Patienten, z. B. durch die Teilnahme an Schulungen, ist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts. Ziel aller DMP ist, den Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung chronisch Kranker zu verbessern. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden diese Programme auch als „Chronikerprogramme“ bezeichnet. Rechtsgrundlage der strukturierten Behandlungsprogramme sind § 137f und g SGB V. Der Arzt hat die Pflicht, den Patienten über die medizinischen Inhalte des Disease-ManagementProgrammes zu informieren. Zusammen mit dem Patienten spricht er den Behandlungsverlauf ab und legt mit ihm individuelle Therapieziele fest. Dem Patienten wird geholfen, seine Krankheit besser zu verstehen und gesundheitsförderndes Verhalten zu trainieren. Bei der Entwicklung von Programmen zur strukturierten Behandlung chronisch Kranker kommt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine besondere Bedeutung zu. Er erlässt Richtlinien, wie die Behandlungsprogramme ausgestaltet werden sollen, und aktualisiert sie in regelmäßigen

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Abständen. Die praktische Umsetzung der Programme erfolgt auf der Basis regionaler Vereinbarungen (Einzelverträge, Kollektiverträge) zwischen der Kostenträgerseite und den Leistungserbringern, ggf. unter der Beteiligung einer Landeskrankenhausgesellschaft oder einer Kassenärztlichen Vereinigung.

1.3 Rehabilitation Definition

L

Rehabilitation umfasst alle Maßnahmen und Hilfen zur Eingliederung bzw. Wiedereingliederung von Kranken in Beruf, soziales Gefüge, Familie und Freizeit.

Rechtliche Grundlage für die Rehabilitation ist das am 1.7.2001 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch IX „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“. Rehabilitation umfasst folgende vier Bereiche (Kap. 19): ● medizinische Rehabilitation ● schulische Rehabilitation ● berufliche Rehabilitation ● soziale Rehabilitation

1.4 Pflege Definition

L

Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ausweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen (§ 14 SGB XI).

Durch das Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) wurde eine der umfassendsten Veränderung der Pflegeversicherung seit ihre Einführung im Jahr 1995 verabschiedet. Kernelement der Reform ist ein neuer Begriff der Pflegebedürftigkeit. Damit einher

1.5 Fragen und Aufgaben geht ein neues Verfahren der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit. Die bisherige Einstufung in drei Pflegestufen mit gesonderter Feststellung, ob eine erhebliche eingeschränkte Alltagskompetenz vorliegt, erfolgt nicht mehr, sondern sie wird in fünf Pflegegrade vorgenommen. Im § 15 Abs. 3 SGB XI sind die 5 Pflegegrade wie folgt definiert: ● Pflegegrad 1 geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ● Pflegegrad 2 erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ● Pflegegrad 3 schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ● Pflegegrad 4 schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ● Pflegegrad 5 schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

1.5 Fragen und Aufgaben

1

1. Erklären Sie den Begriff „Prävention“ und unterscheiden Sie die 3 Stufen je nach Zeitpunkt der Maßnahmen. 2. Welche Formen der Krankenhausbehandlung schreibt der Gesetzgeber gemäß § 39 SGB V vor? Führen Sie aus. 3. Erklären Sie den Begriff der vorstationären Behandlung und grenzen Sie ihn von der nachstationären Behandlung im Krankenhaus ab. 4. Welche stationären und ambulanten Leistungen werden in einem Krankenhaus erbracht? 5. Welche 4 Bereiche umfasst die Rehabilitation?

Maßgeblich für die Einstufung ist der Grad der Selbstständigkeit einer Person in allen pflegerelevanten Bereichen. Die Neuerungen greifen ab 01. Januar 2017, für mehr Details siehe Kap. 18.

23

Foto: Artur Lobe, Thieme

Kapitel 2

2.1

Gesundheitsschutz

25

Einrichtungen

2.2

Stationäre und teilstationäre Einrichtungen

25

2.3

Ambulante Einrichtungen

32

2.4

Versorgungsverträge

36

2.5

Fragen und Aufgaben

37

2.2 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen

2 Einrichtungen Das Gesundheitswesen gehört aufgrund seiner Betriebs- und Beschäftigtenzahl schon heute zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland. Die im Jahr 2014 rund 5,2 Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen teilen sich wie folgt auf die nachstehenden Einrichtungen auf (▶ Tab. 2.1). Im Folgenden werden einige Einrichtungen exemplarisch herausgegriffen und näher betrachtet.

2.1 Gesundheitsschutz Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist die Organisation von Dienststellen auf Bundes-, Länder-, Kreis- und Gemeindeebene, die dem Schutz der Gesundheit der Gemeinschaft und des Einzelnen dient. Der ÖGD wird auch als dritte Säule des Gesundheitswesens neben der ambulanten und stationären Versorgung bezeichnet. Die Aufgaben des ÖGD liegen in den Bereichen: ● Gesundheitsschutz und Hygieneüberwachung, ● Umwelthygiene und Toxikologie, ● Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge, ● Jugend- und Schulgesundheitspflege,

● ●



sozialmedizinischer Dienst, amtsärztlicher Dienst und gutachterliche Aufgaben, Gesundheitsberichterstattung und Epidemiologie.

2

Der ÖGD wird hauptsächlich von den Gesundheitsämtern, aber auch von anderen Ämtern wie den Umweltschutzämtern wahrgenommen. Neben den staatlichen und kommunalen Einrichtungen des ÖGD gibt es noch mittelbare Träger der Staatsverwaltung (Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen). Hinzu treten weitere Einrichtungen, die von den Trägern der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung errichtet und getragen werden (z. B. Verbände, Vereine).

2.2 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen Entsprechend der Einteilung des Statistischen Bundesamtes (▶ Tab. 2.1) werden im Bereich der stationären und teilstationären Versorgung u. a. folgende Einrichtungen unterschieden:

Tab. 2.1 Gesundheitspersonal 2014 nach Einrichtungen in 1000 (Statistisches Bundesamt, 2016). Einrichtung Gesundheitsschutz Ambulante Einrichtungen

insgesamt 35 2158

Einrichtung Rettungsdienste

insgesamt 55

Verwaltung

221



Arztpraxen

676

Sonstige Einrichtungen

358



Zahnarztpraxen

344

Vorleistungsindustrien

533



Praxen sonstiger medizinischer Berufe

477



pharmazeutische Industrie

147



Apotheken

222



medizintechnische/augenoptische Industrie

153



Einzelhandel

114



Großhandel/Handelsvermittlung

136



ambulante Pflege

326



medizinische/zahnmedizinische Laboratorien

Einrichtungen insgesamt Stationäre/teilstationäre Einrichtungen

97 5222

1862



Krankenhäuser



Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen

1099 117



stationäre/teilstationäre Pflege

646

25

Einrichtungen

2.2.1 Krankenhäuser Definition

2

L

Für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird der Begriff „Krankenhaus“ im § 107 Abs. 1 SGB V definiert: Ein Krankenhaus ist eine Einrichtung, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtenhilfe dient, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung steht, über ausreichend diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügt und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeitet. Ziel dieser Einrichtung ist es, mit Hilfe überwiegend ärztlicher und pflegerischer Leistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festzustellen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten. Zu diesen Leistungen tritt die Verpflichtung hinzu, für Unterbringung und Verpflegung zu sorgen. In ähnlicher Form definiert auch das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) den Begriff „Krankenhaus“.

Zuordnung des Krankenhauses Die Einteilung erfolgt grundsätzlich in allen Bundesländern nach den gleichen Kriterien. Gelegentlich sind die Bezeichnung und Abgrenzung der Gruppen etwas unterschiedlich. Im Allgemeinen können Krankenhäuser u. a. nach dem Träger, der Versorgungsstufe oder der Art der Zulassung eingruppiert werden (▶ Abb. 2.1):

Art der Zulassung Man unterscheidet: ● Hochschulkliniken, ● Plankrankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind, ● Krankenhäuser mit einem Versorgungsvertrag, die aufgrund eines Versorgungsauftrags mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen zur Krankenhausbehandlung Versicherter zugelassen sind, ● sonstige Krankenhäuser, die nicht unter die oben genannten Kategorien fallen und somit nicht zu den zugelassenen Krankenhäusern gemäß § 108 SGB V zählen.

26

Art der Versorgungsstufen (Anforderungsstufe) Je nach landesrechtlicher Ausgestaltung werden Krankenhäuser nach Grundversorgung, Regelversorgung, Schwerpunktversorgung und Zentralbzw. Maximalversorgung sowie nach Fachkrankenhäusern gegliedert. Die Differenzierung wird auch unter dem Begriff „Versorgungsstufe“ (Anforderungsstufe) zusammengefasst. ● Krankenhäuser der Grundversorgung sichern in jeder Region wohnortnah die Versorgung für die am häufigsten auftretenden Krankheitsfälle. Diese Häuser führen i. d. R. die Fachabteilungen Innere Medizin, Chirurgie sowie Gynäkologie und Geburtshilfe. ● Regelversorgungskrankenhäuser verfügen über ein größeres Leistungsspektrum als Krankenhäuser der Grundversorgung. Sie dienen der spezialisierten Versorgung für eine Teilregion innerhalb eines Versorgungsgebiets. ● Krankenhäuser der Schwerpunktversorgung sind in mittleren und größeren Städten lokalisiert. Sie nehmen eine überregionale Versorgungsfunktion wahr. Ihr medizinisches Leistungsangebot umfasst gegenüber den Krankenhäusern der Regelversorgung weitere Fachrichtungen, zum Teil mit Subspezialisierungen. ● Zentralkrankenhäuser und Krankenhäuser der Maximalversorgung sind meist Universitätskliniken. In diesen Krankenhäusern sind alle für die Versorgung von Patienten wichtigen Fachgebiete vertreten. Sie weisen ein breites Spektrum an Spezialisierungen auf. Hieraus resultiert eine großräumige Bedeutung, die oft über die Landesgrenzen hinausreicht. Alle Fachgebiete werden hauptamtlich geleitet. ● Fachkrankenhäuser schließlich sind auf ein bis drei Fachgebiete spezialisiert. Sie behandeln nur Kranke bestimmter Krankheitsarten, die eine Behandlung durch Spezialisten erforderlich machen, z. B. Herzzentren. In der Regel haben sie einen die Versorgungsregionen übergreifenden, teilweise landesweiten Versorgungsauftrag. Fachkrankenhäuser sind keiner bestimmten Versorgungsstufe zugeordnet. ▶ Tab. 2.2 zeigt die Einteilung der Versorgung anhand der Merkmale Fachabteilungen, Bettenzahl und Einzugsgebiet.

2.2 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen

Abb. 2.1 Gliederungskriterien für Krankenhäuser.

Gliederungskriterien für Krankenhäuser

2

Art der Versorgungsstufe (Anforderungsstufe)

Art der Zulassung

Hochschulklinik

Krankenhäuser der Grundversorgung

Plankrankenhaus

Regelversorgungskrankenhäuser

Krankenhäuser mit einem Versorgungsvertrag

Krankenhäuser der Schwerpunktversorgung

Sonstige Krankenhäuser

Krankenhäuser der Maximalversorgung

Fachkrankenhäuser Art der Trägerschaft

Öffentlicher Träger

Freigemeinnütziger Träger

Privater Träger

Tab. 2.2 Art der Versorgungsstufen (Schmola G., Rabb B., 2014). Kriterien

Grundversorgung

Fachabteilung

● ● ●

Innere Chirurgie Gynäkologie

Regelversorgung zusätzlich ● Anästhesie ● Augenheilkunde ● Geriatrie

Schwerpunktversorgung

Maximalversorgung

zusätzlich Dermatologie ● Neurologie ● Pädiatrie ● Psychiatrie ● Orthopädie ● Urologie ● spezielle Disziplinen

zusätzlich ● Labormedizin ● Nuklearmedizin ● Strahlentherapie ● Pathologie ● spezielle Disziplinen



Bettenzahl

100 bis 200

201 bis 450

451 bis 850

über 850

Einzugsgebiet

Ort bzw. Stadt

Kreis

Bezirk

landesweit

27

Einrichtungen

Art der Trägerschaft Träger eines Krankenhauses ist derjenige, der die Verantwortung für die Leitung, Organisation und Finanzierung des Krankenhauses trägt. Nach der Trägerschaft werden unterschieden: ● öffentliche Einrichtungen, die von Gebietskörperschaften (Bund, Land, Kreis, Gemeinden), von Zusammenschlüssen solcher Körperschaften wie Arbeitsgemeinschaften oder Zweckverbänden oder von Sozialversicherungsträgern wie Berufsgenossenschaften betrieben oder unterhalten werden, ● freigemeinnützige Einrichtungen, die von freien gemeinnützigen Organisationen wie Trägern der kirchlichen oder freien Wohlfahrtspflege, Kirchengemeinden, Stiftungen oder Vereinen unterhalten werden, ● private Einrichtungen, die als gewerbliches Unternehmen eine Konzession nach § 30 der Gewerbeordnung benötigen. Beispiele für private Träger sind Klinikketten wie Helios, Asklepios oder Sana.

2

Bei Krankenhäusern mit unterschiedlicher Trägerschaft wird der Träger angegeben, der überwiegend beteiligt ist oder die Hauptgeldlast trägt.

Exkurs: Das triale Organisationsmodell eines Krankenhauses Die meisten Krankenhäuser gliedern sich in die Bereiche ärztlicher Dienst, Pflegepersonal sowie Wirtschafts- und Versorgungsdienst. Bei dieser berufsgruppenorientierten Aufteilung spricht man auch von einem trialen Organisationsmodell. Dieser organisatorische Aufbau wird in vielen deutschen Krankenhäusern umgesetzt (▶ Abb. 2.2). In den meisten Krankenhäusern spiegelt sich die Dreiteilung der Organisation im Krankenhausdirektorium (in der Krankenhausbetriebsleitung) wider. Das Direktorium besteht in der Regel aus dem ärztlichen Direktor, dem Verwaltungsdirektor und der leitenden Krankenpflegekraft. Sie führen gemeinsam die laufenden Geschäfte. Dabei hängt die Handlungsfähigkeit und Eigenverantwortung des Direktoriums stark von der Rechtsform des Krankenhauses ab. Nach innen übernimmt jeder die Verantwortung für seinen Wirkungsbereich. So steht der Verwaltungsdirektor unmittelbar den Bereichen Verwaltung und Versorgung vor. Die ärztliche Leitung übernimmt die Verantwortung für

28

die medizinischen Aspekte des Krankenhauses, während die Pflegedienstleitung Entscheidungen hinsichtlich des Pflegedienstes trifft. Zunehmend werden Krankenhäuser von einem Geschäftsführer geleitet, der dem Krankenhausdirektorium vorsteht. ▶ Ärztlicher Dienst. Der Ärztliche Dienst ist in den meisten Krankenhäusern hierarchisch geordnet, an der Spitze steht der Ärztliche Direktor. Die Krankenhausabteilungen werden von einem Arzt geleitet, der als Chefarzt oder leitender Arzt bezeichnet wird. Der Chefarzt leitet die Fachabteilung in eigener Verantwortung. Als Vorgesetzter ist er gegenüber den nachgeordneten Ärzten und allen in der Abteilung tätigen Mitarbeitern, also auch gegenüber dem medizinischen/technischen und dem Pflegepersonal, fachlich weisungsberechtigt. Im Hierarchiegefüge lässt sich der Ärztliche Dienst in folgende Ebenen gliedern: ● Chefarzt, ● Oberarzt, ● Stationsarzt bzw. Assistenzarzt. ▶ Pflegedienst. Der Pflegedienst ist die Schnittstelle zwischen den Patienten und den Abteilungen des Krankenhauses. Die Aufgaben des Pflegedienstes sind vielfältig und reichen von der Koordination der Patiententermine über die Sicherstellung der Stationsversorgung (Speiseversorgung, Reinigung) bis zur Verbindung zur Verwaltung (Patientenaufnahme, Einkauf). An der Spitze steht die Pflegedienstleitung. Sie ist Mitglied des Krankenhausdirektoriums und vertritt dort die Interessen des Pflegedienstes. Dem Pflegepersonal gegenüber übt sie Arbeitgeberfunktion aus. Untergeordnet ist in der Regel die Stationsleitung, der die Krankenpflegekräfte, Krankenpflegehelferinnen und sonstiges Hilfspersonal unterstellt sind. Zusätzlich zur hierarchischen Unterstellung innerhalb des Pflegedienstes sind die Pflegekräfte auch an die fachlichen Anordnungen der Ärzte gebunden. ▶ Wirtschafts- und Verwaltungsdienst. Die dritte Säule des Krankenhausbetriebes ist der Wirtschafts- und Verwaltungsdienst. Zu seinen Aufgabengebieten gehören

2.2 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen

Krankenhausträger

Krankenhausdirektorium Verwaltungsleiter

Verwaltungsdienst (Verwaltungsleiter)

Patientenverwaltung (Aufnahme, Abrechnung, Entlassung, Sozialdienst, Seelsorge, Bibliothek)

Kasse Betriebsverwaltung (Betriebstechn. Dienst, Personalwesen, Finanzwesen, Allg. Verwaltung, Versorgung, Nebenbetriebe) Sondereinrichtungen (Fahrdienst u. a.)

Ärztlicher Leiter

Ärztlicher Dienst (Chefärzte)

2

Pflegeleiter

Pflegedienst (Oberin)

Medizinische Fachabteilungen/Funktionelle Pflege bzw. Gruppenpflege Bereiche: Chirurgie, Orthopädie, Urologie, Innere Medizin, Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Kinderheilkunde, Geriatrie, Radiologie, Anästhesie, Pathologie, Laboratoriumsmedizin usw. Institute, Labors, Diagnose/Therapie

Hauswirtschaft

In größeren Häusern selbstständig

Küchenbetrieb Wäscherei Apotheke

Näherei Krankenpflegeschule

In größeren Häusern der Betriebswirtschaft (Versorgung eingegliedert) Weisungsbefugnis Koordination

Abb. 2.2 Organisationsstruktur eines Krankenhauses.



● ● ● ● ●

● ● ● ● ●

die Patientenverwaltung wie u. a. der Empfang, die Aufnahme sowie Leistungserfassung und -abrechnung, das Finanz- und Rechnungswesen, das Controlling und die Interne Revision, die Personalabteilung, das Archiv und der Schreibdienst, der technische Dienst (Betriebs- und Medizintechnik), das Beschaffungswesen/Materialwirtschaft, die Speiseversorgung, Wäscheversorgung und der Reinigungsdienst, Transportdienst, Seelsorge und die Sozialbetreuung usw.

Die enge Verzahnung der Bereiche Patientenverwaltung oder Speiseversorgung mit den ärztlichen und pflegerischen Aufgaben stellt hohe Anforderungen an die Koordination. An der Spitze des

Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes steht der Verwaltungsleiter. Je nach Größe des Hauses finden sich unterhalb des Verwaltungsdirektors die Hierarchiestufen Abteilungsleiter, Referatsleiter, Gruppenleiter und Sachbearbeiter.

2.2.2 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Abhängig von der Krankheit, der Behandlungsart und dem Leistungsträger kann eine Rehabilitation ambulant oder stationär durchgeführt werden. Ambulante Rehabilitationsleistungen finden beispielsweise in Praxen von Krankengymnasten und Masseuren statt; stationäre Rehabilitation in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen.

29

Einrichtungen

Definition

L

Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 SGB V dienen Vorsorgeeinrichtungen der stationären Behandlung der Patienten, um eine Schwächung der Gesundheit, die zu einer Krankheit führen könnte, zu beseitigen. Rehabilitationseinrichtungen haben primär die Funktion, im Anschluss an die Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern und zu festigen. Daneben sollen sie Krankheiten heilen, eine Verschlimmerung der Krankheit verhüten oder Krankheitsbeschwerden lindern. Ein weiteres Ziel ist, einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.

2

Zu den Rehabilitationseinrichtungen zählen auch Einrichtungen zur beruflichen Rehabilitation wie Berufsförderungswerke, Berufsbildungswerke und Werkstätten für behinderte Menschen sowie Einrichtungen zur Ausführung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (heilpädagogische Einrichtungen).

2.2.3 Stationäre und teilstationäre Pflege Es lassen sich folgende Einrichtungen der Altenhilfe gemäß § 71 SGB XI unterscheiden (▶ Abb. 2.3): ● ambulante Pflegeeinrichtungen ● teilstationäre Pflegeeinrichtungen ● vollstationäre Pflegeeinrichtungen

Die Behandlungen finden unter ständiger ärztlicher Verantwortung statt und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal, um den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan zu verbessern. Vorwiegend werden Heilmittel einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie angewendet, aber auch die geistige und seelische Heilung wird unterstützt. Weitere Merkmale einer Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung sind, dass Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte geholfen wird und dass sie in den Einrichtungen untergebracht und verpflegt werden können.

▶ Ambulante Pflegeeinrichtungen. Ambulante Pflegeeinrichtungen dienen der ambulanten (vorübergehenden) pflegerischen Versorgung von zu Hause lebenden kranken und hilfsbedürftigen Menschen. Die ambulante Pflege hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Hauptmerkmal ambulanter Pflegeeinrichtungen ist, dass sie unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft stehen. Ambulante Dienste werden von unterschiedlichen Anbietern erbracht. Neben den Sozialstationen, die meist von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen oder Kommunen getragen werden, existieren Gemeindekrankenpflegestationen, mobile Hilfs- und Pflegedienste sowie private ambulante Pflegedienste.

Altenhilfe

ambulante (sog. offene) Altenhilfe

teilstationäre Altenhilfe

stationäre Altenhilfe

z. B. durch Altentagesstätten, Altenerholung, Sozialstationen bzw. soziale Dienste

z. B. durch Kurzzeitpflegeeinrichtungen (Tagespflegeheim), Tagesklinik

z. B. durch Altenheim, Altenpflegeheim, geriatrisches Krankenhaus, Hospiz

Abb. 2.3 Altenhilfe. (nach Schell, 1995)

30

2.2 Stationäre und teilstationäre Einrichtungen ▶ Teilstationäre Pflegeeinrichtungen. Zur teilstationären Altenhilfe gehören Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige nur tagsüber oder nur nachts untergebracht sind und verpflegt werden. Tages- und Nachtpflege bildet das Zwischenglied zwischen häuslicher Pflege und der Unterbringung in einem Heim. Dabei wird vorausgesetzt, dass einerseits die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann, andererseits die Betreuung und Versorgung zu Hause während der Nacht bzw. des Tages sichergestellt ist. Der Vorteil sowohl für den Pflegebedürftigen als auch für die Pflegenden liegt darin, dass die gewohnte familiäre Umgebung und die gewachsenen sozialen Beziehungen aufrechterhalten werden. Tagespflegeeinrichtungen machen es beispielsweise möglich, dass pflegende Angehörige tagsüber ihrem Beruf nachgehen können. Nachts und am Wochenende sorgt die Familie zu Hause für die Pflege. Ziel der Tagespflege und auch der Nachtpflege ist es, die stationäre Unterbringung eines Hilfsbedürftigen hinauszuzögern, abzukürzen oder im besten Fall zu verhindern. ▶ Vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Stationäre oder geschlossene Altenhilfe umfasst alle Formen der Betreuung, die mit einem Wechsel des sozialen Lebensraums verbunden sind. Früher wurde eine strikte Funktionszuweisung nach Bedürftigkeitsgrad der Bewohner in Heimtypen vorgenommen und in folgende Wohnformen unterschieden (▶ Tab. 2.3): ● Altenwohnheim, ● Altenheim, ● Altenpflegeheim. Heute gilt der Leitsatz: „Es wird gepflegt, wo gewohnt wird.“ Demzufolge findet man in den meisten Einrichtungen der stationären Altenhilfe eine Kombination der traditionellen Heimtypen „Altenwohnheim“, „Altenheim“, „Altenpflegeheim“ unter einem Dach. Dabei ist das Altenpflegeheim sowohl nach der Anzahl als auch nach der Platzzahl die bedeutendste Wohnform für Senioren außerhalb der normalen Wohnungen. Die Nachfrage der Senioren nach dem klassischen Altenheim geht stark zurück. Viele Altenheime wurden in Altenpflegeheime oder in Wohnheime/Betreutes Wohnen umgewandelt. Eine Übersicht über die Träger der Altenhilfe gibt ▶ Tab. 2.4.

Tab. 2.3 Wohnformen. Wohnform

Kurzbeschreibung

Altenwohnheim







Altenheim





Altenpflegeheim





Es besteht aus einem Zusammenschluss in sich abgeschlossener Wohnungen, die in ihrer Anlage und in ihrer Ausstattung den Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung tragen. Bei Bedarf werden Verpflegung, Versorgung und Betreuung gewährleistet. Es ermöglicht eine selbstständige Haushaltsführung.

2

Bewohner erhalten vom Heim neben einem Zimmer oder Kleinappartement Verpflegung und Betreuung. Bei Erkrankungen werden auch pflegerische Versorgung und Therapie angeboten. Häufig hat ein Altenheim eine Pflegeabteilung. Es dient der umfassenden Pflege, Betreuung und Versorgung chronisch Kranker und Pflegebedürftiger. Einzelne private Einrichtungsgegenstände.

Tab. 2.4 Träger der Altenhilfe (nach Haubrock, 2009). Trägerart

Träger

öffentliche Träger

● ● ●

Bund Länder Städte und Gemeinden

freie Träger

kirchliche Träger wie: ● Diakonisches Werk der evangelischen Kirche ● Deutscher Caritasverband Träger, die anderen Wohlfahrtsverbänden angeschlossen sind, wie: ● Arbeiterwohlfahrt ● Deutsches Rotes Kreuz ● paritätischer Wohlfahrtsverband

sonstige Träger

● ●

Selbsthilfegruppen private Leistungsanbieter

31

Einrichtungen

2.3 Ambulante Einrichtungen 2.3.1 Haus-, Fach- und Zahnärzte Die ambulante ärztliche Versorgung wird überwiegend von Haus- und Fachärzten sowie von Zahnärzten erbracht. Die ärztliche Versorgung durch den niedergelassenen Arzt umfasst Leistungen, die von der Feststellung und Bestätigung der

2

Gesundheit bis hin zur Veranlassung von Hilfeleistungen durch andere Gesundheitsberufe reichen. Die Ausübung einer ambulanten ärztlichen Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern ist an die Niederlassung in einer Praxis (Praxissitz) gebunden (§ 17 MBO). Neben der herkömmlichen Einzelpraxis sind ärztliche Kooperationen auf vielfältige Weise möglich (▶ Tab. 2.5).

Tab. 2.5 Kooperationsformen.

32

Form

Ausgestaltung

Einzelpraxis

Das ärztliche Leistungsangebot und die Praxisführung richten sich bei der Einzelpraxis an der Person des Praxisinhabers aus. Sie ist die „klassische Form“ der Praxisführung. Die Einzelpraxis bietet den Vorteil der hohen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Insbesondere bei der Bestimmung von: ● Praxisort ● Art und Umfang der Praxiseinrichtung ● Zahl und Qualifikation des Personals ● Praxisorganisation ● Arbeitszeit und Freizeit ● Kostenaufwand für die Praxisführung ● Honorargestaltung bei Privatpatienten Somit ist der gesamte Betrieb von einer Person abhängig. Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub oder Fortbildungen lassen die Betriebskosten weiterlaufen. Die Vertretung des Praxisinhabers durch andere Praxen birgt u. U. die Gefahr, dass Patienten abwandern bzw. deren diagnostische Unterlagen der Vertretung nicht zur Verfügung stehen.

Praxisgemeinschaft

Mehrere Ärzte gleicher oder verschiedener Fachgebiete nutzen gemeinsam Räume, Einrichtungen wie Sekretariat, Röntgen, EDV und nichtärztliche Mitarbeiter. Ansonsten hat jeder der beteiligten Ärzte eine eigene Patientenklientel, eine eigene Dokumentation, ein eigenes Praxisschild und rechnet seine Leistung mit der KV/KZV in eigenem Namen getrennt ab. Die Praxisgemeinschaft ist somit eine Kooperation zur gemeinsamen Nutzung der Einrichtung und des Personals primär aus wirtschaftlichen Gründen (Kostenreduktion). In Bezug auf ihre ärztliche Tätigkeit bleiben die Partner in einer Praxisgemeinschaft völlig selbstständig. Folglich handelt es sich um eine Organisationsgemeinschaft ohne gemeinsame Berufsausübung. Die Gründung muss der KV/KZV angezeigt werden. Den Behandlungsvertrag schließt der Patient nur mit „seinem“ Arzt ab, nicht mit den anderen Partnern. Die gesamtschuldnerische Haftung beschränkt sich somit nur auf den gemeinsam genutzten Bereich. Nutzt eine Praxisgemeinschaft Geräte gemeinschaftlich und kauft ein Röntgengerät dazu, so haftet jeder der Ärzte dem Verkäufer für den Kaufpreis. Der Verkäufer kann somit jeden der Ärzte auf Zahlung des Kaufpreises verklagen. Hingegen haftet jeder Arzt nur für seinen Behandlungsfehler, nicht für die der anderen an der Praxisgemeinschaft beteiligten Kollegen.

Berufsausübungsgemeinschaft

Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, kurz VÄndG, vom 01.01.2007 wurde der Begriff der Gemeinschaftspraxis durch den Begriff „Berufsausübungsgemeinschaft“ (abgekürzt: BAG) ersetzt. Partner in einer Berufsausübungsgemeinschaft können alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer sein. Möglich sind Berufsausübungsgemeinschaften unter Ärzten, Ärzten und Psychotherapeuten und unter bestimmten Bedingungen selbst von mehreren MVZen. Die Errichtung einer Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Alle Partner nutzen die Praxisräume, die Einrichtung, das Personal gemeinsam und haben eine gemeinsame Patientenkartei, auf die jedes Mitglied der Gemeinschaft zugreifen kann. Die BAG treten abrechnungstechnisch als eine Einheit gegenüber der KV auf, mit Ausnahme der KV-übergreifende BAG. Sie rechnen alle erbrachten Leistungen über eine KVAbrechnungsnummer ab und erhalten einen gemeinsamen Gesamthonorarbescheid. Der Behandlungsvertrag wird nicht mit einem einzelnen Arzt der Praxis geschlossen, sondern mit der Gemeinschaft. Entsprechend haften die Partner als Gesamtschuldner (jeder in voller Höhe) für berechtigte Ansprüche aus dem Behandlungsvertrag. Nicht der einzelne Arzt, sondern jeder Partner ist verantwortlich und haftbar dafür, dass die vom Patienten in Anspruch genommenen Leistungen ordnungsgemäß erbracht werden.

2.3 Ambulante Einrichtungen Tab. 2.5 Fortsetzung Form

Ausgestaltung Neben örtlichen Berufsausübungsgemeinschaften mit einem gemeinsamen Praxissitz sind auch überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Beteiligten möglich. Selbst über die Grenzen der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen hinweg kann der Zusammenschluss erfolgen (KV-übergreifende Berufsausübungsgemeinschaft) (▶ Abb. 2.4). Grundsätzlich muss an jedem der Praxissitze mindestens ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft hauptberuflich tätig sein. Die Partner bestimmen durch Anzeige gegenüber der KV einen ihrer Vertragsarztsitze als (Haupt-) Betriebsstätte. Alle anderen Vertragsarztsitze werden zu sogenannten Nebenbetriebsstätten. Diese Wahlentscheidung ist für zwei Jahre bindend. Ohne weitere Genehmigung können Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft wechselseitig an den Sitzen ihrer Partner tätig werden, sofern sie die Versorgungspflicht an ihrem Vertragsarztsitz in erforderlichem Umfang weiterhin gewährleisten. Der Tätigkeitsumfang am eigenen Vertragsarztsitz muss alle Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes zeitlich insgesamt überwiegen. Jeder Arzt muss wöchentlich mindestens 20 Stunden Sprechstunde am eigenen Vertragsarztsitz anbieten. Eine Berufsausübungsgemeinschaft ist auch beschränkt auf einzelne Leistungen zulässig (Teilberufsausübungsgemeinschaft). Teilberufsausübungsgemeinschaften kommen dann in Betracht, wenn ein besonderes Versorgungsangebot für spezielle Patientengruppen gebildet werden soll. Solche Teilleistungsgemeinschaften können neben der fortbestehenden Einzelpraxis oder einer schon bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft gebildet werden. Zum Beispiel können ein Kinderarzt und ein Neurologe zur Behandlung kinderneurologischer Erkrankungen eine Teilberufsausübungsgemeinschaft bilden, bei Fortführung der jeweiligen Einzelpraxis. Auch eine Beteiligung an mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften ist möglich. Bislang wurden solche Zusammenschlüsse im Bereich der Schlaflabore und des Mammascreenings genehmigt.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

2

Seit dem Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) 1.1.2004 nehmen auch Medizinische Versorgungszentren (MVZ) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Medizinische Versorgungszentren zählen zu den Berufsausübungsgemeinschaften. Ziel der Einführung von MVZ war die Verbesserung der ambulanten Versorgung, indem eine enge Kooperation unterschiedlicher ärztlicher Fachgebiete ermöglicht wurde. Charakteristika: Die unmittelbare Rechtsgrundlage aller MVZ bildet § 95 Sozialgesetzbuch V (SGB V). Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind „ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister (…) eingetragen sind, als Angestellte oder als Vertragsärzte tätig sind“. Die Wahrnehmung der vertragsärztlichen Pflichten muss ein ärztlicher Leiter gewährleisten. Er muss selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein und darf in medizinischen Fragen keinen Weisungen unterliegen. Bieten in einem MVZ unterschiedliche Berufsgruppen (Psychotherapeuten, Zahnärzte) Leistungen an, kann dieses MVZ auch in kooperativer ärztlicher Leitung geführt werden. Dies ist sinnvoll, da dem ärztlichen Leiter in fremden Fachgebieten kein Weisungsrecht zusteht. Zusätzlich zu der ärztlichen Leitung kann eine kaufmännische Geschäftsführung integriert werden. Gründungsberechtigung: Nur zugelassene Ärzte und Psychotherapeuten, zugelassene Krankenhäuser sowie Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen und gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, dürfen ein MVZ gründen. Dies gilt seit dem Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG) sowie des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG). Auch Kommunen können ein MVZ gründen und es in Form eines Regie- oder Eigenbetriebs betreiben. Bestehende Einrichtungen, die in abweichender Trägerschaft stehen, genießen Bestandsschutz. Für sie gilt die Zulassung unabhängig von der Trägerschaft fort. Organisationsformen: Zulässige Rechtsformen sind die Personengesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Partnerschaftsgesellschaft), die eingetragene Genossenschaft, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder eine öffentlich-rechtliche Rechtsform. Auch hier gilt die Bestandsschutzregelung für andere Organisationsformen. Mehrheitlich sind MVZ als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder als GmbH organisiert.

33

Einrichtungen Tab. 2.5 Fortsetzung Form

Ausgestaltung Zulassung und Bedarfsplanung: Die Zulassung eines MVZ wie auch die Genehmigung zur Anstellung von Ärzten erfolgt auf Antrag durch den jeweiligen Zulassungsausschuss für den Ort der Betriebsstätte („Niederlassung“). Vor der Zulassung werden die Zulassungsvoraussetzungen überprüft. Sind die Voraussetzungen erfüllt, so muss der Zulassungsausschuss die Gründung eines MVZ genehmigen. Jedoch unterliegt das MVZ ebenso wie alle Vertragsärzte der Bedarfsplanung nach § 103 SGB V. Die Zulassung des Zentrums sowie die spätere Anstellung weiterer Ärzte sind nur möglich, wenn keine Zulassungsbeschränkungen vorliegen. Liegt eine Sperrung vor, dann: ● können bis dahin zugelassene Vertragsärzte auf ihre Einzelzulassung zugunsten eines MVZ verzichten, um sich in diesem MVZ anstellen zu lassen. Der Vertragsarztsitz wird somit vom Zentrum übernommen (§ 103 Abs. 4a SGB V). Diese Variante wird gewählt, wenn andere Leistungserbringer als Vertragsärzte, z. B. ein Krankenhaus, ein MVZ gründen wollen. In diesem Fall ist die Anstellung des Arztes durch den Zulassungsausschuss zu genehmigen. Das Anrecht besteht allerdings nur, wenn „Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen“. Diese Regelung erlaubt den Zulassungsausschüssen, den Wechsel eines Vertragsarztes in ein MVZ zu verbieten, um einen Versorgungsdefizit am bisherigen Sitz zu verhindern; ● kann sich ein MVZ im Fall einer Praxisnachfolge um die Fortführung der Praxis – unter Einhaltung der Bedingungen der Ausschreibung und Auswahl des Zulassungsausschusses – bewerben (Teilnahme des MVZ an einem Nachbesetzungsverfahren; § 103 Abs. 4 und 4c SGB V). ▶ Abb. 2.5 zeigt verschiedenen Variationen der Etablierung eines MVZ unter Berücksichtigung der Bedarfsplanung. Ende der Zulassung: Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit: ● dem Wirksamwerden eines Verzichts, ● der Entziehung der Zulassung, ● der Auflösung, ● dem Ablauf des Befristungszeitraumes, ● dem Wegzug eines zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

2

34

Apparategemeinschaft (partielle Praxisgemeinschaft)

Seltener sind Apparategemeinschaften. Hier schließen sich Ärzte zusammen, um kostspielige medizinisch-technische Einrichtungen und Geräte gemeinsam zu nutzen, z. B. einen Computertomografen. Eine Sonderform der Apparategemeinschaft ist die Laborgemeinschaft.

Medizinische Kooperationsgemeinschaft

Vertragsärzte können sich auch mit Angehörigen anderer Fachberufe zur kooperativen Berufsausübung in sog. medizinische Kooperationsgemeinschaften zusammenschließen. Kooperationsgemeinschaften können gegründet werden mit Zahnärzten, Psychologen, Biologen, Sozialpädagogen, Logopäden, Ergotherapeuten, Diätassistenten etc. Die medizinische Kooperationsgemeinschaft ist in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft, in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer juristischen Person des Privatrechts (GmbH, Aktiengesellschaft) erlaubt. Ein Beispiel aus der Praxis ist die Kooperation von Gynäkologen und Biologen im Rahmen der künstlichen Befruchtung.

Praxisverbund/ Praxisnetz

Ärzte schließen sich zu Praxisverbünden zusammen, um gemeinsame Versorgungs- und Wirtschaftsziele zu verwirklichen, z. B. die Verbesserung der regionalen Patientenversorgung, gemeinschaftlichen Einkauf oder die Realisierung eines gemeinsamen Qualitätsmanagements. Hierbei kann auch mit Angehörigen anderer Heilberufe kooperiert werden. Die einzelnen Praxen bleiben nach wie vor selbständig, arbeiten jedoch nach selbstdefinierten Regeln mit den anderen „Netzmitgliedern“ zusammen.

2.3 Ambulante Einrichtungen

Berufsausübungsgemeinschaft

2

Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft

Örtliche Berufsausübungsgemeinschaft

Im Zuständigkeitsbereich einer KV

KV-übergreifend organisiert

Abb. 2.4 Berufsausübungsgemeinschaft.

Ortsgebundene Zulassung

nicht gesperrter Planungsbereich

MVZ-Gründer können Zulassungen beantragen

gesperrter Planungsbereich

Teilnahme des MVZ an einem Nachbesetzungsverfahren

Einbringung von Zulassungen

Verzicht der Zulassung des Vertragsarztes zugunsten des MVZ

Vertragsarzt sowohl Gründer als auch Leistungserbringer im MVZ

Abb. 2.5 Zulassungsmöglichkeiten eines MVZ (Pelleter, J. Medizinische Versorgungszentren).

2.3.2 Apotheken Definition

L

Nach dem Gesetz über das Apothekenwesen haben Apotheken den Auftrag, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 ApoG).

Die Voraussetzungen zum Betreiben öffentlicher Apotheken einschließlich des Arzneimittel-Versandhandels sowie zum Betreiben von Kranken-

haus- und Bundeswehrapotheken sind im ApoG geregelt. Mit dem GMG wurde der Mehrbesitz von Apotheken zugelassen, d. h., ein approbierter Apotheker kann neben einer Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken betreiben. Dafür muss er eine Erlaubnis einholen, die an restriktive Bedingungen gebunden ist (§§ 1 und 2 ApoG). Apotheken unterliegen mit Ausnahme des Saarlands, Niedersachsen und Sachsen-Anhalts der behördlichen Aufsicht der Bundesländer. Die zuständigen Behörden sind u. a. befugt, das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu untersagen und deren Rückruf anzuordnen.

35

Einrichtungen

Definition

L

Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen von Stoffen, die als Mittel zur Heilung, Linderung oder zur Verhütung von Krankheiten, für medizinische Diagnosen sowie zur Wiederherstellung, zum Korrigieren oder zur Beeinflussung von Körperfunktionen eingesetzt werden (§ 2 AMG).

2

Ihre Abgabe an den Endverbraucher erfolgt prinzipiell durch Apotheken und seit der Erlaubnis des Arzneimittel-Versandhandels im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) auch über Internet-Apotheken. An die Aufnahme des Versandhandels sind restriktive Voraussetzungen geknüpft (§ 11a ApoG). Lieferant der Arzneimittel ist der pharmazeutische Großhandel. Abhängig von den Risiken können vier Arten von Arzneimitteln unterschieden werden: ● freiverkäufliche Arzneimittel: dazu gehören z. B. Heilwasser, Heilerde, Pflaster, Multivitaminpräparate, Tees oder Pflanzenpresssäfte. Diese Arzneimittel sind auch für den Verkauf außerhalb von Apotheken freigegeben und in Reformhäusern und Lebensmittelgeschäften erhältlich (§ 44 AMG); ● apothekenpflichtige Arzneimittel: Apothekenpflicht besteht für alle Arzneimittel, die dazu bestimmt sind, Krankheiten, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Sie sind nur in der Apotheke erhältlich, allerdings auch ohne ärztliche Verordnung (§ 43 AMG); ● verschreibungspflichtige Arzneimittel: Sie sind stets apothekenpflichtig und dürfen nur gegen Vorlage eines ärztlichen Rezepts ausgegeben werden (§ 48 AMG); ● Betäubungsmittel: Sie werden nur in Apotheken gegen Vorlage eines Betäubungsmittelrezeptes ausgegeben.

36

2.4 Versorgungsverträge 2.4.1 KrankenhausVersorgungsvertrag Definition

L

Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr.3 SGB V ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen einerseits sowie den Krankenhausträgern andererseits (§ 109 SGB V). Durch ihn wird das Krankenhaus zur Behandlung sozialversicherter Patienten zugelassen.

Bei Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan und die Feststellung der Aufnahme als Abschluss eines Versorgungsvertrages und damit als Zulassung. Der Versorgungsvertrag muss durch die zuständige Landesbehörde (z. B. die Kreisverwaltungsbehörde) genehmigt werden, damit er wirksam wird. Er verpflichtet die Krankenkassen, die vertraglich vereinbarten Leistungen zu vergüten. Versorgungsverträge mit Krankenhäusern dürfen nur abgeschlossen werden, wenn die Krankenhäuser leistungsfähig sind, wirtschaftlich arbeiten, eine qualitativ hochwertige und patientengerechte Behandlung bieten und wenn ein entsprechender Bedarf besteht. Werden diese Voraussetzungen fortwährend nicht erfüllt, können die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen nur gemeinsam den Versorgungsvertrag kündigen und die Zulassung endet. Bei Plankrankenhäusern muss die Kündigung mit einem Antrag an die zuständige Landesbehörde auf Herausnahme des Krankenhauses aus dem Krankenhausplan verbunden werden. Die Kündigung muss durch die zuständige Landesbehörde genehmigt werden. Diese muss ihre Entscheidung in jedem Fall erläutern (§ 110 SGB V).

2.5 Fragen und Aufgaben

2.4.2 Versorgungsverträge mit Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen Gesetzliche Regelungen, die den Abschluss und die Kündigung von Versorgungsverträgen mit Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen regeln, stehen in § 111 SGB V.

2.4.3 Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag Versorgungsverträge in der Pflege werden geschlossen, um den Sicherstellungsauftrag zu erfüllen (§ 72 ff. SGB XI). Der Versorgungsvertrag legt Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen fest, die von einer Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten erbracht werden müssen. Leistungen der Pflegeversicherung dürfen nur bei Leistungserbringern in Anspruch genommen werden, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Sozialhilfeträgern abgeschlossen. Bedingung ist, dass die Pflegeanbieter die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Pflegeeinrichtungen erhalten nur dann einen Versorgungsvertrag, wenn sie selbstständig wirtschaften, unter der Leitung einer ausgebildeten Pflegefachkraft stehen und die festgelegten Anforderungen an die Qualität erfüllen. Als weitere Voraussetzung gilt die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung sowie eine ortsübliche Arbeitsvergütung an die Beschäftigten. Kommt ein Versorgungsvertrag zustande, ist dieser für alle Pflegekassen im Inland verbindlich. Mit einer Frist von einem Jahr kann der Träger der Pflegeeinrichtung den Versorgungsvertrag schriftlich kündigen. Auch die Landesverbände der Pflegekassen können schriftlich mit Jahresfrist kündigen. Zusätzlich ist allerdings erforderlich, dass die festgelegten Voraussetzungen nach § 72 Abs. 3 SGB XI dauerhaft nicht mehr erfüllt werden und der zuständige Sozialhilfeträger der Kündigung zustimmt. Bei grober Vertragsverletzung muss die Kündigungsfrist nicht eingehalten werden. Das gilt dann, wenn die Einrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten gegenüber den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträger

gröblich verletzt. Beispielsweise, wenn nicht erbrachte Leistungen abgerechnet oder die Betriebserlaubnis nach dem Heimgesetz entzogen wurden (§ 74 SGB XI).

2

2.5 Fragen und Aufgaben 1. Leiten Sie die Aufgaben eines Krankenhauses aus den gesetzlichen Vorschriften (§ 107 SBG V) ab. 2. Wo liegen die Unterschiede zwischen einem Krankenhaus und einer Vorsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtung? 3. Was versteht man unter einem zugelassenen Krankenhaus? 4. Unterscheiden Sie Krankenhäuser nach der Trägerschaft. 5. Wie lassen sich Krankenhäuser in verschiedene Anforderungs- bzw. Versorgungsstufen einordnen? 6. Stellen Sie das triale Organisationsmodell eines Krankenhauses vereinfacht in einer Abbildung dar. 7. Welche Vorteile bringt die Führung durch einen Geschäftsführer im Gegensatz zu einer dreiteiligen Führung mit sich? 8. Welche Nachteile ergeben sich durch die Dreiteilung in ärztlichen, Pflege- sowie Wirtschafts- und Versorgungsdienst? 9. Welche Einrichtungen der Altenhilfe lassen sich unterscheiden? 10. Nennen Sie drei verschiedene, für einen Vertragsarzt mögliche Praxisformen und erläutern Sie diese. 11. Ordnen Sie Ihren eigenen Ausbildungsbetrieb in das System der sozialen Sicherung ein. 12. Was ist eine Berufsausübungsgemeinschaft? 13. Welche Ziele hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Versorgungsform des MVZ verfolgt? 14. Nennen Sie Gründe für einen niedergelassenen Arzt, die Kooperationsform eines MVZ zu wählen. 15. Unter welchen Bedingungen darf kein Versorgungsvertrag mit einem Krankenhaus abgeschlossen werden? 16. Welche Formvorschrift ist beim Abschluss von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern einzuhalten? 17. Unter welchen Voraussetzungen kann der Versorgungsvertrag mit einer Pflegeeinrichtung gekündigt werden?

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Teil II Die Berufsausbildung selbstverantwortlich mitgestalten

II

3 Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen

41

Foto: Alexander Fischer, Thieme

Kapitel 3 Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen

3.1

Überblick über Berufe im Gesundheitswesen

41

3.2

Der Beruf des Arztes

42

3.3

Weitere Berufe im Gesundheitswesen (Auszug)

44

Fragen und Aufgaben

46

3.4

3.1 Überblick über Berufe im Gesundheitswesen

3 Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen 3.1 Überblick über Berufe im Gesundheitswesen Ende des Jahres 2014 zählte das Statistische Bundesamt rund 5,2 Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen. Damit war ca. jeder 8. Beschäftigte in der Gesundheitsbranche tätig.

Zu den bekanntesten und ältesten Berufen im Gesundheitswesen zählen der Beruf des Arztes, Apothekers, der Gesundheits- und Krankenpfleger(in) (ehemalige Berufsbezeichnung Krankenschwester bzw. Krankenpfleger) und der Hebamme. Heute gibt es eine Vielzahl von Gesundheitsberufen. ▶ Tab. 3.1 gibt einen Einblick in die Beschäftigtenzahlen nach Berufsgruppen und Berufen.

3

Tab. 3.1 Gesundheitspersonal (2014) nach Berufen in 1000 (Statistisches Bundesamt, Stand: 2016). Berufsgruppen/Berufe

Beschäftigte

Berufsgruppen/Berufe

Beschäftigte

Verkauf von drogerie- und apothekenüblichen Waren, Sanitäts- und Medizinbedarf

52

Nichtärztliche Therapie und Heilkunde

381

Verwaltung

78

Berufe in der Physiotherapie

228

Medien-, Dokumentations- und Informationsdienste

5

Berufe in der Ergotherapie

58 27

Arzt- und Praxishilfe

638

Berufe in der Sprachtherapie

Medizinische Fachangestellte (ohne Spezialisierung)

417

Berufe in der Musik- und Kunsttherapie

Zahnmedizinische Fachangestellte

191

Berufe in der Heilkunde und Homöopathie

Podologen/Podologinnen Orthoptisten/Orthoptistinnen

17 2

… Medizinisches Laboratorium Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe Berufe in der Gesundheits- und Krankenpflege (ohne Spezialisierung) Berufe in der Fachkrankenpflege Berufe in der Fachkinderkrankenpflege Berufe operations-/med.-techn. Assistenz

101 1027

Berufe in der Diät- und Ernährungstherapie

8

Pharmazie

160

Altenpflege

543

Ernährungs- und Gesundheitsberatung, Wellness

820

Medizin-, Orthopädie- und Rehatechnik

78

Berufe in der Medizintechnik (ohne Spezialisierung)

15 152 8

6

Berufe in der Orthopädie- und Rehatechnik

12

7

Berufe in der Augenoptik

40

57

Berufe in der Hörgeräteakustik

Berufe in der Geburtshilfe und Entbindungspflege

23

Berufe in der Zahnmedizin



Psychologie und nichtärztliche Psychotherapie

43



Berufe im Rettungsdienst

Human- und Zahnmedizin

5

9 55

… 436 40

Erziehung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege

48

andere Berufe (z. B. Reinigungs- und Küchenpersonal in Krankenhäusern, Kurierdienste der Apotheken …)

1545

Berufe insgesamt

5222

41

Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen In den folgenden Abschnitten werden einige Berufe in Grundzügen beschrieben. Lediglich der Beruf des Arztes wird exemplarisch herausgegriffen und näher dargestellt.

3.2 Der Beruf des Arztes 3

3.2.1 Gesetzliche Grundlagen Der Beruf des Arztes ist einer der ältesten der Menschheit. Nach § 1 MBO-Ä dient der Arzt „der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.“ Der gesetzliche Rahmen zur Ausübung des ärztlichen Berufes ist geregelt durch die: ● (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä), ● Bundesärzteordnung, ● Approbationsordnung für Ärzte, ● Berufsordnungen (BO) der Landesärztekammern, ● (Muster-)Weiterbildungsordnung ([M]WBO), ● Weiterbildungsordnungen (WBO) der Landesärztekammern.

3.2.2 Ausbildungsaufbau Voraussetzung für die Aufnahme eines Medizinstudiums ist i. d. R. die allgemeine Hochschulreife oder eine entsprechende Qualifikation. Die Zulassung zum Medizinstudium unterliegt dem „Numerus clausus“, d. h., es ist pro Semester nur eine begrenzte Zahl von Studenten zugelassen. Das Studium gliedert sich in einen vorklinischen und einen klinischen Abschnitt. Im vorklinischen Studium werden naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagen vermittelt. Im klinischen Studienabschnitt erlernt der Studierende u. a. Anamneseund Untersuchungstechniken der klinischen Fächer und wird mit Grundzügen der Diagnose und Therapie vertraut gemacht. Die Mehrheit der Ärzte strebt nach der Vollapprobation eine Weiterbildung an. Die Landesärztekammern legen Durchführung und Inhalte der Weiterbildung in der Weiterbildungsordnung fest. Die Weiterbildung dauert je nach Gebiet zwischen 4 und 6 Jahre und führt zu der Bezeichnung Facharzt. Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen sind Zusatzqualifikationen, die nach bereits erworbener Gebietsbezeichnung angestrebt werden können. ▶ Tab. 3.2 zeigt Gebiete, Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen und Zusatzbezeichnungen der ärztlichen Weiterbildung.

Tab. 3.2 Möglichkeiten der ärztlichen Weiterbildung ([Muster-]Weiterbildungsordnung [(M)WBO], Stand: 2015).

42

Gebiet

Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen (FA, SP)

Allgemeinmedizin

FA Allgemeinmedizin

Zusatzbezeichnung Allergologie

Anästhesiologie

FA Anästhesiologie

Betriebsmedizin

Anatomie

FA Anatomie

Flugmedizin

Arbeitsmedizin

FA Arbeitsmedizin

Handchirurgie

Augenheilkunde

FA Augenheilkunde

Homöopathie

Biochemie

FA Biochemie

Medizinische Informatik

Chirurgie

FA Allgemeinchirurgie FA Gefäßchirurgie FA Herzchirurgie …

Naturheilverfahren

Frauenheilkunde und Geburtshilfe

FA Frauenheilkunde und Geburtshilfe SP Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin SP Gynäkologische Onkologie SP Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin

Notfallmedizin

Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde

FA Hals-Nasen-Ohrenheilkunde FA Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen

Plastische Operationen

Haut- und Geschlechtskrankheiten

FA Haut- und Geschlechtskrankheiten

Psychoanalyse

Humangenetik

FA Humangenetik

Schlafmedizin

Hygiene und Umweltmedizin

FA Hygiene und Umweltmedizin

Sozialmedizin

3.2 Der Beruf des Arztes Tab. 3.2 Fortsetzung Gebiet

Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen (FA, SP)

Zusatzbezeichnung

Innere Medizin

FA Innere Medizin FA Innere Medizin und Angiologie …

Spezielle Unfallchirurgie

Kinder- und Jugendmedizin

FA SP SP SP SP

Sportmedizin



Kinder- und Jugendmedizin Kinder-Hämatologie und -Onkologie Kinder-Kardiologie Neonatologie Neuropädiatrie



3 …

3.2.3 Unterschiedliche Tätigkeitsfelder eines Arztes

sonelle, apparative und räumliche Ausstattung vorhalten.

▶ Vertragsarzt. Ein Vertragsarzt ist ein Arzt, der an der ambulanten ärztlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten teilnimmt. Er hat dafür eine Zulassung erhalten. Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich mit einigen Einschränkungen jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in das Arztregister einer Kassenärztlichen Vereinigung und seine Eignung nachweist. Sie befugt ihn, die erbrachten Sachleistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzurechnen. Zugleich wird er Mitglied der für seinen Arztsitz zuständigen KV (§ 95 SGB V). Die Zulassung erfolgt über gemeinsame Zulassungsausschüsse (§ 96 SGB V).

▶ Heilbehandlungsarzt (H-Arzt). H-Ärzte wirkten an der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung mit. Mit der Neustrukturierung des Durchgangsarztverfahrens ist die Notwendigkeit eines zweiten Beteiligungsverfahrens und somit die Notwendigkeit eines H-Arztes im niedergelassenen Bereich entfallen. Im Unterschied zum Durchgangsarztverfahren gab es für H-Ärzte keinen Zuweisungsmechanismus der Unternehmen und Hausärzte. Die Beteiligung an der Durchführung der Heilbehandlung für die Berufsgenossenschaften erfolgte durch formlosen Antrag. Für bereits beteiligte H-Ärzte bestand bis Ende 2015 unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit des Wechsels in die D-Arzt-Beteiligung.

▶ Durchgangsarzt (D-Arzt). Wird wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eine ärztliche Behandlung nötig, muss ein von der zuständigen Berufsgenossenschaft bezeichneter Facharzt (Durchgangsarzt, kurz: D-Arzt) konsultiert werden. Der D-Arzt entscheidet, ob als Folge des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit eine berufsgenossenschaftlich getragene Heilbehandlung eingeleitet wird. D-Ärzte sind Fachärzte für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie sowie Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie. Arbeitet der Durchgangsarzt an einem Krankenhaus oder einer Klinik, muss er darüber hinaus die Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“ nachweisen. Gleiches gilt für niedergelassene Durchgangsärzte, die am ambulanten Operieren beteiligt sind. Nach der Facharztprüfung muss der Arzt mindestens ein Jahr unfallchirurgische Praxiserfahrung in der Behandlung Schwerunfallverletzter in einem zum Verletzungsartenverfahren zugelassenen Krankenhaus nachweisen. Neben der fachlichen Befähigung muss er eine spezielle per-

▶ Amtsarzt. Gesetzlich ist der Begriff des Amtsarztes nicht eindeutig definiert. Früher bezeichnete man üblicherweise die ärztliche Leitung der kommunalen Gesundheitsämter oder Gesundheitsbehörden als Amtsärztin oder Amtsarzt. Heute erfolgt die Ausbildung klassisch über ein Medizinstudium und eine anschließende Facharztausbildung zum „Facharzt Öffentliches Gesundheitswesen“. Die Weiterbildung im Gebiet Öffentliches Gesundheitswesen dauert 5 Jahre. Weiterbildungsinhalte und Vorschriften werden durch die jeweiligen Ärztekammern der Bundesländer in deren Weiterbildungsordnungen geregelt. Ein Amtsarzt ist sowohl in den Bereichen der Gesundheitsprävention, des Infektionsschutzes und in der Umwelthygiene tätig. Eine wesentliche Aufgabe besteht darin, ärztliche Untersuchungen und Begutachtungen vorzunehmen und hierüber Gutachten, Zeugnisse und Bescheinigungen zu erstellen. In vielen gesetzlichen Bestimmungen ist eine amtsärztliche Untersuchung ausdrücklich vorgeschrie-

43

Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen ben. Häufig werden sie auch beauftragt, wenn dies nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist. Amtsärzte werden sowohl im Auftrag anderer Behörden als auch von Privatpersonen tätig, z. B. zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung bestimmter Berufe.

3

▶ Belegarzt. Der Belegarzt ist ein niedergelassener Vertragsarzt, der aufgrund eines Vertrages (sogenannter Belegarztvertrag) mit dem Krankenhausträger berechtigt ist, „eigene“ Patienten (Belegpatienten) in Räumen und Einrichtungen der Anstalt stationär und teilstationär zu behandeln (Belegkrankenhaus). Der Belegarzt steht aber nicht in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zu seinem Krankenhausträger (§ 121 Abs. 2 SGB V). Die Abrechnung der belegärztlichen Leistungen ist von der Vertragsgestaltung zwischen Belegarzt und Krankenhaus abhängig. In der Regel greift der Belegarzt für die Behandlung auf Personal, Räume und Geräte des Krankenhauses zurück und entrichtet für die Nutzung der Ressourcen ein Nutzungsentgelt an das Krankenhaus. Seine erbrachten Leistungen rechnet er auf Basis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung ab (§ 121 Abs. 3 SGB V). Das Krankenhaus wiederum kann eine reduzierte Fallpauschale geltend machen. Mit dieser

werden die Aufwendungen für den Pflegedienst, die Versorgung der Patienten und die Inanspruchnahme der Krankenhauseinrichtung vergütet. Abweichend davon können Krankenhäuser mit Belegärzten auch Honorarverträge schließen (§ 121 Abs. 5 SGB V). Der Belegarzt erhält dann die Vergütung seiner Leistungen vom Krankenhaus. Am häufigsten finden sich Belegärzte in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie in den Fachgebieten Hals-Nasen-Ohren, Augenheilkunde und Urologie. Aber auch andere Organfächer haben Belegärzte. ▶ Betriebsarzt. Der Betriebsarzt ist ein auf der Grundlage des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) vom Arbeitgeber bestellter Arzt. Seine Aufgaben liegen in der Beratung des Arbeitgebers in Arbeitsschutz und die Unfallverhütung. Er untersucht die Arbeitnehmer, beurteilt und berät diese, überwacht die Einhaltung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütungsvorschriften (§ 3 ASiG).

3.3 Weitere Berufe im Gesundheitswesen (Auszug) In ▶ Tab. 3.3 werden einige weitere Berufe in Grundzügen dargestellt.

Tab. 3.3 Weitere Berufe im Gesundheitswesen (Auszug).

44

Beruf

Rechtsgrundlagen u. a.

Ausbildung

Einsatzfelder u. a.

Medizinische(r)/ Fachangestellte(r) (vormals: Arzthelfer(in))

Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten ergänzt durch einen Rahmenlehrplan

die Ausbildung dauert 3 Jahre i. d. R. im dualen System, d. h. praktische Ausbildung u. a. in Praxen mit theoretischen Lernphasen in der Berufsschule



Diätassistent(in)

Gesetz über den Beruf der Diätassistentin und des Diätassistenten

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

tätig in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, Gesundheitszentren, Verbraucherberatungsstellen, der Lebensmittelindustrie und in wissenschaftlichen Instituten

Apotheker(in)

Approbationsordnung für Apotheker und BundesApothekerordnung

die Regelstudienzeit für ein Studium der Pharmazie beträgt 8 Semester

nach der Approbation überwiegend in öffentlichen Apotheken tätig. Sie können aber auch im Krankenhaus, in der pharmazeutischen Industrie, in Prüfinstitutionen, bei der Bundeswehr, in der Verwaltung, in Forschung und Lehre und im Umweltschutz arbeiten

● ● ● ● ●

Arztpraxen Krankenhäuser Gesundheitsbehörden Krankenkassen Rehabilitationseinrichtungen ambulante Pflegedienste

3.3 Weitere Berufe im Gesundheitswesen (Auszug) Tab. 3.3 Fortsetzung Beruf

Rechtsgrundlagen u. a.

Ausbildung

Einsatzfelder u. a.

Gesundheits- und Krankenpfleger(in) (vormals: Krankenpfleger bzw. Krankenschwester)*

Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

Einsatzbereiche sind Krankenhäuser, Einrichtungen der stationären Altenhilfe, ambulante Pflegedienste, Arztpraxen und Beratungsstellen

Kaufmann/-frau im Gesundheitswesen

Verordnung über die Berufsausbildung für Kaufleute in den Dienstleistungsbereichen Gesundheitswesen sowie Veranstaltungswirtschaft ergänzt durch einen Rahmenlehrplan

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

Das Tätigkeitsgebiet erstreckt sich u. a. auf Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Krankenversicherungen, den Vorsorge- und Rehabilitationsbereich, auf Rettungsdienste und Einrichtungen der medizinischen Selbstverwaltung.

Hebamme/ Entbindungspfleger

Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers

Ausbildungsdauer: 3 Jahre





● ●

Masseur(in) und medizinische(r) Bademeister(in)

Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie

Ausbildungsdauer: 2½ Jahre

● ● ● ● ●

Medizinisch-technische Assistenten, z. B. Med.-tech. Laboratoriumsassistent(in)

Gesetz über technische Assistenten in der Medizin

Ausbildungsdauer: 3 Jahre



● ●



● ●

Physiotherapeut(in)

Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

● ●



● ●

Altenpfleger(in)*

Gesetz über die Berufe in der Altenpflege

Ausbildungsdauer: 3 Jahre







3

Krankenhäuser, insbesondere geburtshilflich-gynäkologische Fachabteilungen, Neugeborenenoder Kinderstationen Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstellen, zum Beispiel Mütterberatung ambulante soziale Dienste Heime für werdende Mütter sowie Mütter oder Väter mit Kind Krankenhäuser Rehabilitationseinrichtungen Arztpraxen Sportzentren eigene Praxis Krankenhäuser, einschließlich Universitätskliniken Arztpraxen Forschung und Entwicklung im Bereich Medizin öffentliche Verwaltung, z. B. Gesundheitsämter Versandhandel Unternehmensberatung Rehabilitationseinrichtungen Arztpraxen und physiotherapeutische Praxen in Einrichtungen für behinderte Menschen und der Altenhilfe und -pflege bei Sportvereinen eigene Praxis Altenwohn- und -pflegeheime gerontopsychiatrische Einrichtungen ambulante Pflegediensten

45

Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen Tab. 3.3 Fortsetzung Beruf

Rechtsgrundlagen u. a.

Ausbildung

Einsatzfelder u. a.

Pharmazeutischkaufmännische(r) Angestellte(r)

Verordnung über die Berufsausbildung zum Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten/zur Pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten ergänzt durch einen Rahmenlehrplan

Ausbildungsdauer: 3 Jahre



Logopäde/ Logopädin

Gesetz über den Beruf des Logopäden

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

3

● ●

● ● ● ● ● ● ●

OrthopädietechnikMechaniker(in)

Verordnung über die Berufsausbildung zum/zur Orthopädietechnik-Mechaniker(in) ergänzt durch einen Rahmenlehrplan

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

öffentliche Apotheken Krankenhausapotheken pharmazeutischer Großhandel/ Industrie

Krankenhäuser Rehabilitationseinrichtungen schulvorbereitende Einrichtungen Förderschulen Arztpraxen eigene Praxis Kinderheime und Behindertentagesstätten

Orthopädiewerkstätten in: ● privaten Betrieben und Sanitätshäusern ● Krankenhäusern

* Es ist geplant, die drei Ausbildungsgänge Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zukünftig zu einem gemeinsamen Ausbildungsgang zusammenzuschließen.

3.4 Fragen und Aufgaben 1. In einem Zeitungsartikel heißt es: „Nicht jeder Arzt ist ein Doktor – und nicht jeder Doktor ist ein Arzt!“ Stimmt diese Aussage? Begründen Sie. 2. Wer hat das Recht, die Würde eines Doktors der Medizin (Dr. med.) zu verleihen? 3. Nennen Sie mindestens 5 Einsatzgebiete eines Arztes. 4. Durch welche Vorschrift wird die Anerkennung der Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen geregelt?

5. Wer darf als Arzt eine Facharzt-, Schwerpunktoder Zusatzbezeichnung führen? 6. Erklären Sie an Beispielen die Grundbegriffe aus der ▶ Tab. 3.4. 7. Welche Aufgaben haben Amtsärzte? 8. Welche Fortbildungsmöglichkeiten bestehen in Ihrem Ausbildungsberuf? 9. Gruppenarbeit: Informieren Sie sich mithilfe des Internets über einen Beruf im Gesundheitswesen genauer und stellen Sie diesen vor.

Tab. 3.4 Grundbegriffe. Begriffe Vertragsarzt Gebietsbezeichnung Belegarzt Schwerpunktbezeichnung Approbation

46

Erklärung

Beispiele

Teil III Dienstleistungen und Güter beschaffen und verwalten

4 Hygienevorschriften

49

5 Entsorgungsvorschriften

58

III

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 4

4.1

Pioniere der Hygiene

49

Hygienevorschriften

4.2

Grundbereiche der Hygiene

51

4.3

Hygienerelevante Vorschriften

52

4.4

Personelle und organisatorische Voraussetzungen der Hygiene

52

4.5

Aufsicht

56

4.6

Fragen und Aufgaben

56

4.1 Pioniere der Hygiene

4 Hygienevorschriften 4.1 Pioniere der Hygiene Merke

H

„Hygiene ist teuer, keine Hygiene ist aber noch wesentlich teurer.“ (Schell, 1999)

Sauberkeit und Desinfektion in der Medizin wurde bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts als wenig notwendig erachtet. Zunehmend erkannte man jedoch die Rolle von Bakterien bei der Entstehung bekannter Infektionen und dadurch auch, wie man sich vor ihnen schützen konnte. Die Entwicklung der modernen Hygiene soll am Beispiel herausragender Persönlichkeiten im Folgenden aufgezeigt werden. ▶ Antoni van Leeuwenhoek (1632–1723). Der niederländische Kaufmann und Naturforscher schuf das erste Mikroskop mit einer 270-fachen Vergrößerung. Dieses Mikroskop übertraf die Leistung der ersten mehrlinsigen Mikroskope bei Weitem. Mit dieser technischen Neuerung entdeckte van Leeuwenhoek als Erster die roten Blutkörperchen und stützte so die Forschung des Italieners Marcello Malpighi (1628–1694) zum Kapillarsystem. Van Leeuwenhoek untersuchte zudem winzige Einzeller (Protozoen) und Bakterien. Seine bedeutendste Entdeckung war die Beschreibung der Spermatozoen (Samenzellen) von Insekten und Menschen. Dadurch konnte die vorherrschende Theorie der Urzeugung, nach der Leben spontan aus toter Materie an ihrem Fundort entsteht, widerlegt werden. ▶ Rudolf Virchow (1821–1902). Berühmt wurde Rudolf Virchow durch seine medizinische Forschung zur „Zellularpathologie“. Alle Krankheiten des Organismus führte er auf Veränderungen der Körperzellen zurück. Diese Lehre löste die jahrhundertealte „Humoralpathologie“ ab, die Krankheit als eine Störung des Säftesystems (Blut, Schleim, Galle) versteht. Seine Theorie brachte ihm internationale Anerkennung ein. Virchow engagierte sich auch politisch. Im Auftrag der preußischen Regierung untersuchte er eine Fleckfieber-Epidemie in Oberschlesien. Er machte die katastrophalen hygienischen Lebensumstände als

Ursache aus und wies in seinem abschließenden Untersuchungsbericht dem Staat und auch der Kirche zumindest eine Mitschuld an der Epidemie zu. Ohne „volle und uneingeschränkte Demokratie“ könne es keinen Wohlstand und keine Gesundheit geben. Während der Märzrevolution 1848 kämpfte Rudolf Virchow auf Seiten der Demokraten. Er gehörte zu den Mitbegründern der liberalen Deutschen Fortschrittspartei. Von 1861 bis zu seinem Tod war Virchow Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Dort erreichte er seinen größten Erfolg mit dem Bau einer modernen Kanalisation für die ganze Stadt. Weiterhin war er Mitglied im preußischen Abgeordnetenhaus und saß im Deutschen Reichstag. Dort setzte er sich erneut für den Aufbau einer staatlichen Gesundheitsfürsorge ein.

4

▶ Robert Koch (1843–1910). Der Naturforscher Robert Koch (▶ Abb. 4.1) züchtete den Milzbranderreger außerhalb des Organismus und untersuchte dessen Lebenszyklus. Dadurch gelang es ihm zu dokumentieren, wie ein Erreger eine Krankheit auslöst. Weltruhm erlangte Robert Koch mit der Entdeckung des Tuberkelbazillus im Jahr 1882. Die

Abb. 4.1 Robert Koch. (Robert Koch-Institut)

49

Hygienevorschriften Entdeckung galt als der endgültige Beweis der Existenz bakterieller Krankheitserreger und eröffnete neuartige Therapiemöglichkeiten. Im Jahr 1885 wurde Robert Koch zum Direktor des Universitäts-Instituts für Hygiene in Berlin ernannt und widmete sich fortan ganz seiner wissenschaftlichen Arbeit. Rasch wurde sein Institut – die „Koch'sche Schule“ – das Ziel aller an der Bakteriologie interessierten Ärzte. 1891 übernahm Koch auch die Direktion des neu eröffneten Instituts für Infektionskrankheiten, des späteren Robert KochInstituts. 1905 erhielt er für seine Untersuchungen und die Entdeckung des Tuberkulins den Nobelpreis für Medizin. Robert Koch wird (wie Louis Pasteur) als Begründer der modernen Bakteriologie und Mikrobiologie bezeichnet.

4

▶ Louis Pasteur (1822–1895). Obwohl Louis Pasteur als einer der Begründer der modernen Medizin gilt, war er kein Arzt, sondern Chemiker, Biologe und Bakteriologe. Er zeigte zum ersten Mal, dass Mikroorganismen an Fäulnis und Gärung mitwirken. Aus dieser Beobachtung ergab sich die Idee, Lebensmittel kurzzeitig auf 60 – 70ºC zu erhitzen, um so die nicht hitzebeständigen Bakterien abzutöten und die Nahrung damit keimfrei zu machen. Damit hatte er das Prinzip der „Pasteurisierung“ erfunden. In der Überzeugung, dass gewisse Krankheiten durch Bakterien hervorgerufen werden, entwickelte Pasteur die Immunisierung mit abgeschwächten Krankheitskeimen weiter. Gegen Geflügelcholera, Milzbrand und Tollwut erzeugte Pasteur auf diese Weise Schutzimpfungen. Der Wissenschaftler schuf die Lehre der Mikrobiologie und die Grundlage für Asepsis und Antisepsis in der Chirurgie. Er starb 1895 an den Folgen eines zweiten Schlaganfalls. Pasteur gilt als einer der wichtigsten Wissenschaftler der Geschichte. ▶ Ignaz Philipp Semmelweis (1818–1865). Der ungarische Gynäkologe Ignaz Philipp Semmelweis gilt als „Retter der Mütter“ und Vorkämpfer für die Antisepsis. Er entdeckte die Ursache des Kindbettfiebers. Diese mit hohem Fieber einhergehende Infektion (Puerperalsepsis) kostete in einem geradezu epidemieartigen Ausmaß Wöchnerinnen das Leben. Semmelweis fand heraus, dass das Kindbettfieber durch Verunreinigungen an Händen und ärztlichen Instrumenten ausgelöst wird. Als hygienische Maßnahme führte er die Händedesinfektion mit Chlorkalklösung ein und senkte dadurch die hohe Sterblichkeit der Frauen in seiner Abteilung

50

um die Hälfte. Doch statt Anerkennung erntete er die Feindschaft seiner Fachkollegen. Semmelweis hat die allgemeine Bestätigung seiner Erkenntnis nicht erlebt. Er erkrankte an einer endogenen Psychose und starb im Alter von 47 Jahren an einer Wundinfektion. Erst als man das von dem Chirurgen Joseph Lister (1827–1912) im Jahr 1867 vorgeführte Besprühen des Operationsfelds mit desinfizierendem Karbol in die Chirurgie eingeführt und damit einen steilen Abfall der Mortalität im Operationssaal erreicht hatte, erhielt Semmelweis posthume Anerkennung. Heute tritt das Kindbettfieber bei aseptischer Entbindung bis auf wenige Fälle von Autoinfektionen nur noch selten auf. ▶ Theodor Escherich (1857–1911). Der deutschösterreichische Kinderarzt und Bakteriologe Theodor Escherich lehrte als Professor an den Universitäten in München, Wien und Graz. Er entdeckte das Bakterium Escherichia coli (Kolibakterium), das für schwere Durchfallerkrankungen bei Säuglingen verantwortlich ist und 1919 nach ihm benannt wurde. Bereits 1903 hatte er den Verein „Säuglingsschutz“ gegründet und warb für das Stillen. ▶ Joseph Lister (1827–1912). Joseph Lister war ein britischer Mediziner und gilt als Entdecker der Antisepsis, d. h. der Beseitigung, Abtötung oder aber Wachstumshemmung von infektiösen Keimen und damit der Verhinderung einer Infektion. Nicht vergessen werden sollten neben der Entdeckung der Antiseptik andere wichtige Erfindungen Listers. So konstruierte er einen Zerstäuber zur Luftdesinfektion in Operationssälen, führte den Catgutfaden als Nahtmaterial ein und bewies den Nutzen von medizinischer Gaze (Mull, feinbis grobmaschiges Baumwollgewebe, das in steriler oder unsteriler Form erhältlich ist). Auch geht die Einführung von Drainagen bei frischen Wunden auf die Forschung und Untersuchungen Listers zurück.

4.2 Grundbereiche der Hygiene

4.2 Grundbereiche der Hygiene

L

Definition Hygiene ist die Lehre von der Verhütung der Krankheiten und der Erhaltung und Festigung der Gesundheit.

Dabei versucht die Hygiene einerseits die Risikofaktoren zu erkennen. Andererseits entwickelt sie Grundsätze für den Gesundheitsschutz und erarbeitet vorbeugende Maßnahmen. (▶ Abb. 4.2) zeigt einige Risikofaktoren, die in schädigender Weise auf die Gesundheit des Einzelnen einwirken. Es lassen sich vier Grundbereiche der Hygiene unterteilen: ● Umwelthygiene, ● Sozialhygiene oder Arbeitshygiene, ● Individualhygiene, ● Psychohygiene. ▶ Umwelthygiene. Sie untersucht Einflüsse auf die Gesundheit des Einzelnen durch chemische Schadstoffe in Boden, Wasser, Luft und Nahrung sowie Strahlung, Luftverunreinigung oder Müll. ▶ Sozialhygiene. Die Sozialhygiene oder Arbeitshygiene befasst sich mit dem Problem der Gesundheit des Einzelnen in der Wechselbeziehung mit der sozialen Umwelt (Mitmenschen). Zur Sozialhygiene gehören: ● Gesundheitserziehung bzw. Gesundheitsbildung ● Gesundheitsvorsorge ● Regelungen des menschlichen Miteinanders, durch die Gesetzgebung (z. B. das Jugendarbeitsschutzgesetz) Umwelt unbelebt

belebt

Individuum





Schutz vor Krankheit, Arbeitslosigkeit oder -unfähigkeit oder Unfällen durch die Sozialversicherungen betriebliche Gesundheitsförderung

▶ Individualhygiene. Die Individualhygiene umfasst Fragen der Hygiene bei Einzelpersonen und beinhaltet Aspekte wie Körperpflege, Fingernägel, Kleidung und Schuhe, Schutzkleidung, Händedesinfektion, aseptische Arbeitstechniken, Schmuck, Schminke/Parfüm, Piercings, Tätowierungen, ausreichenden Impfschutz usw. Die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen steht im Vordergrund

4

▶ Psychohygiene. Innere Unausgeglichenheit, Lebensangst und Leistungsdruck, Kontaktschwierigkeiten, Reizüberflutung oder psychische Überbelastungen zählen zu den häufigsten Krankheitsverursachern in der heutigen Gesellschaft. Die Psychohygiene beschäftigt sich mit diesen Risikofaktoren. Ziel ist, die Psyche vor schädigenden Einflüssen zu schützen und die psychische Gesundheit zu bewahren. Dies kann durch Methoden wie Atemübungen, Qi-Gong, Meditation, Autogenes Training, Sport wie auch durch Kreativität, ausgewogene Freizeitgestaltung, Beziehungspflege unterstützt werden.

4.2.1 Krankenhaushygiene Ein Teilgebiet der Hygiene ist die Krankenhaushygiene.

Definition

L

Die Krankenhaushygiene befasst sich mit der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten, die sonst zu einer Schädigung der Gesundheit von Patienten und Personal führen könnten.

sozial Gifte Strahlen

Lärm Krankheitserreger Hektik

Abb. 4.2 Risikofaktoren. (aus: Bergen. Basiswissen Krankenhaushygiene. Hannover: Schlütersche GmbH 1998)

Abhängig vom jeweiligen Fachgebiet, von der Ausstattung und vom Hygienestandards treten Krankenhausinfektionen (nosokomiale Infektionen = jede durch Mikroorganismen hervorgerufene Infektion, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Krankenhausaufenthalt steht) bei rund 3,8 % der Patienten während des aktuellen Krankenhausaufenthalts auf. Größere Krankenhäuser, z. B. Universitätskliniken haben höhere Infektionsraten. Die höchsten Infektionsraten sind auf Intensivsta-

51

Hygienevorschriften tionen zu beobachten. Dort sind die Patienten aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung sowie der intensiven und häufig auch invasiven Behandlung einem hohen Risiko ausgesetzt. Nach unterschiedlichen Hochrechnungen infizieren sich in der Bundesrepublik Deutschland pro Jahr zwischen 400 000 und 800 000 Menschen im Krankenhaus. Durchschnittlich wird der Krankenhausaufenthalt durch Krankenhausinfektionen um 10 Tage verlängert. Die häufigsten Infektionen im Krankenhaus sind: ● postoperative Wundinfektionen ● Harnwegsinfektionen ● Infektionen der unteren Atemwege ● Clostridium-difficile-Infektion (CDI) ● primäre Sepsis

4

Nosokomiale Infektionen werden meist durch Bakterien verursacht. Die häufigsten Erreger von nosokomialen Infektionen sind: ● Escherichia coli (E. coli) ● Staphylococcus aureus (S. aureus) ● Clostridium difficile ● Enterokokken (E. faecalis und E. faecium)

4.3 Hygienerelevante Vorschriften Obwohl es kein geschlossenes (bundes)einheitliches Hygienerecht gibt, befasst sich eine Reihe von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen mit hygienerelevanten Anforderungen. Die Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Hygienevorschriften erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll einen Überblick über die Thematik geben (▶ Abb. 4.3).

4.4 Personelle und organisatorische Voraussetzungen der Hygiene Im Rahmen der Krankenhaushygiene haben Mitarbeiter des Krankenhauses unterschiedliche Aufgaben. Die Anzahl der Personen, die sich hauptberuflich mit Krankenhaushygiene beschäftigen, hängt von der Größe des Hauses ab. Vor allem in kleineren und mittleren Krankenhäusern befasst sich die Hygienefachkraft meist als einzige Person mit Hygiene und ist somit die wichtigste Ansprechpartnerin in allen Fragen.

52

Mit der im September 2009 neu erschienenen Empfehlung der KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut) mit dem Titel „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ wurde den zunehmenden infektiologischen Problemen und den daraus resultierenden erweiterten Anforderungen an die Tätigkeit des Fachpersonals in der Hygiene Rechnung getragen. Sie ersetzt die bisherigen Empfehlungen zum Krankenhaushygieniker, zum hygienebeauftragten Arzt und zur Hygienefachkraft der alten Hygiene-Richtlinie des Robert Koch-Instituts. Ziel ist, die aus fachlicher Sicht notwendigen Rahmenbedingungen für organisatorische und personelle Voraussetzungen einer effektiven Infektionsprävention darzustellen und zu erläutern. Dies gilt sowohl für den stationären als auch für den ambulanten medizinischen Versorgungsbereich. Die Empfehlungen der KRINKO sind rechtlich nicht bindend, sondern stellen den Stand des Wissens („State of the Art“) dar. Schwerpunkt der Empfehlung ist die Beschreibung der Aufgaben aller Berufsbilder, die unmittelbar einem Team von Hygienefachberufen in einer Einrichtung angehören oder mit diesem eng zusammenarbeiten. In der folgenden Ausführung werden zum einen die Organisationsstruktur, zum anderen Aufgaben und Anforderungen an die berufliche Qualifikation des Fachpersonals in der Hygiene dargestellt.

4.4.1 Hygienekommission In vielen Krankenhäusern hat sich zur Vorbereitung einrichtungsspezifischer Regelungen eine Hygienekommission bewährt, in die Vertreter aller betroffenen Bereiche und Berufsgruppen entsandt werden. Sie ist die beschlussfassende Institution (Legislative). Abweichungen in der Zusammensetzung der Hygienekommission ergeben sich je nach Art und Größe der Einrichtung (▶ Abb. 4.4). Die Kommission berät und unterstützt den leitenden Arzt des Krankenhauses in allen krankenhaushygienischen Angelegenheiten. Sie analysiert die hygienischen Verhältnisse und leitet davon erforderliche Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen ab. Im Übrigen berät die Kommission bei Bauplanungen und der Beschaffung technischer Einrichtungen, regelt die Kontrolle im Ver- und Entsorgungsbereich und organisiert Aus- und Fort-

4.4 Personelle und organisatorische Voraussetzungen der Hygiene

Hygienerelevante Vorschriften

Gesetze und Verordnungen Infektionsschutzgesetz Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) trat zum 1. Januar 2001 in Kraft. Es ersetzte das Bundesseuchengesetz. Unter anderem regelt das Infektionsschutzgesetz die Meldepflicht bei übertragbaren Krankheiten wie Tuberkulose, Hirnhautentzündung, Tollwut oder Diphtherie. In diesen Fällen ist eine namentliche Meldung des Erkrankten innerhalb von 24 Stunden an das Gesundheitsamt erforderlich. Hierzu stehen spezielle Formulare zur Verfügung. In gleicher Weise sind bestimmte Infektionserreger zu melden, wie z.B. Syphilis (Treponema pallidum), Salmonellen oder Noround Rotaviren. Überdies bestimmt das Gesetz, welche Angaben von den Meldepflichtigen gemacht und vom Gesundheitsamt weitergeleitet werden müssen. Neben den Meldepflichten schließt das Gesetz weitere Regelungen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, Durchführung von Schutzimpfungen sowie Maßnahmen bzw. Verpflichtungen beim Auftreten von nosokomialen Infektionen und Resistenzen ein. Medizinproduktegesetz Das Medizinproduktegesetz (MPG) ist die Umsetzung der europäischen Medizinprodukte-Richtlinie in deutsches Recht. Das Gesetz bezweckt, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und für die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender, u.a. Pflegepersonal, und Dritter zu sorgen. Medizinprodukte sind Apparate, Instrumente, Vorrichtungen oder Stoffe usw., die ein Hersteller für die Diagnose, Therapie, Verhütung oder Linderung von Krankheiten oder Behinderungen des Menschen vorgesehen hat. Medizinprodukte wirken auf physikalischem Weg (z.B. thermisch, elektrisch oder mechanisch). Zu den Medizinprodukten zählen Hüftprothesen, Herzschrittmacher, Blutzuckermessgeräte, EKG-Schreiber, UltraschallDiagnosegeräte, Kernspintomographen. Sie dürfen nicht angewendet werden, wenn sie Mängel haben, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können. Einrichtungen, die Medizinprodukte betreiben, unterliegen der Überwachung (§ 26 MPG). Wesentlich für den Pflegealltag ist § 4 MPG „Verbote zum Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten“.

Richtlinien und Normen Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektions- prävention des RKI bzw. der KRINKO Weitere Vorgaben werden durch die „Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ des Robert Koch-Instituts geliefert. Sie beschreibt umfassend die wesentlichen Anforderungen an die Krankenhaushygiene. Die in den einzelnen Abschnitten genannten Hygieneanforderungen sind durch eine Reihe von Anlagen für besondere Sachgebiete ergänzt, z.B. bez. Anforderungen an das Händewaschen und die Händedesinfektion, die Hygiene an Schleusen im Krankenhaus, die Schutzkleidung, Injektionen und Punktionen und an die operative Medizin. Heute finden KRINKOEmpfehlungen außer in Krankenhäusern auch in allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens Anwendung. Auf die KRINIKOEmpfehlungen wird in Gesetzen oder Verordnungen Bezug genommen. Sie haben keinen Gesetzescharakter, müssen jedoch als „vorgezogenes Sachverständigengutachten" angesehen werden.

4

DIN-Vorschriften Eine Fülle von DIN-Vorschriften regeln diverse hygienisch relevante Bereiche in Gesundheitseinrichtungen. Sie klären v.a. technische Einzelheiten, z. B. in Bezug auf Klimatisierung, Abwasser, Sterilisation und Sterilgutversorgung sowie Dampfdesinfektion.

(Krankenhaus-) Hygieneverordnungen der Bundesländer In den Hygieneverordnungen haben die Länder neben Präventionsmaßnahmen und Konzepten zur Infektionsvermeidung Regelungen über die personelle Ausstattung mit Hygienefachkräften, Krankenhaushygienikern und hygienebeauftragten Ärzten zu treffen. Zudem müssen auch hygienische Mindestanforderungen an Bau, Ausstattung und Betrieb der Einrichtungen regelt sein (§ 23 Abs. 8 IfSG). Unfallverhütungsvorschriften Sie werden von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung erlassen (§ 15 SGB VII) und dienen der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. In ihnen sind Bestimmungen über Einrichtungen und Verhalten am Arbeitsplatz enthalten. Sie wenden sich an Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Versicherte gleichermaßen. Die Unfallverhütungsvorschriften zeigen typische Gefährdungsmöglichkeiten innerhalb eines Betriebes auf und verlangen vom Unternehmen und vom Arbeitnehmer, diese Gefahren durch die geforderten Sicherheitsmaßnahmen auszuschalten. So werden bspw. von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Vorschriften erlassen sowie Regeln, Informationen und Grundsätze für die im Krankenhaus und Praxis tätigen Personen herausgegeben. Die Regelwerke beschäftigen sich bspw. mit Schutzkleidung und Desinfektionsarbeiten im Gesundheitsdienst, aber auch mit arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen und rückengerechtem Patiententransfer in der Kranken- und Altenpflege. Besondere Empfehlungen bestehen für den Einsatz in der Hepatitispflege.

Abb. 4.3 Hygienerelevante Vorschriften.

53

Hygienevorschriften ●

Ständige Mitglieder* bzw. deren Vertreter • ärztliche Leitung • Verwaltungsleitung • Pflegedienstleitung • Krankenhaushygieniker/-in • Hygienebeauftragte/-r • Hygienefachkraft • Krankenhausapotheker/-in • technische Leitung • Leitung von hauswirtschaftlichen Bereichen

4

* Je nach Tagesordnungspunkt können noch weitere Personen hinzugezogen werden, z. B. der betriebsärztliche Dienst. Abb. 4.4 Beispiel für die Zusammensetzung einer Hygienekommission (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [KRINKO], 2009).

bildungen auf dem Gebiet der Hygiene. Ebenso beschließt die Hygienekommission Hygienepläne. Diese Pläne legen Arbeitsablauf und Hygienemaßnahmen in den einzelnen Arbeitsbereichen fest, z. B. den Umgang mit Krankenhauswäsche. Der Hygieneplan soll auf allen Pflegestationen und in Funktionsbereichen ausliegen und hat die Bedeutung einer Dienstanweisung.

4.4.2 Krankenhaushygieniker/-in Jede stationäre wie ambulante Einrichtung sollte sollte organisatorisch eine Beratung durch einen Krankenhaushygieniker sicherstellen. Krankenhaushygieniker beraten die Krankenhausleitung und das in der Einrichtung tätige Personal. Sie schlagen Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionen vor bzw. führen diese durch und übernehmen u. a. die Aufgaben, ● Hygiene- und Desinfektionspläne zu erarbeiten und die in den Plänen aufgeführten Maßnahmen zu überwachen, ● das Personal in Fragen der Hygiene, z. B. im Verbandswechsel oder dem Richten von Infusionslösungen fortzubilden, ● bei Infektionszwischenfällen aufzuklären,

54





hygienisch-mikrobiologische Überwachungsuntersuchungen von Geräten und technischen Prozessen (z. B. Wasser, Endoskope, Spülmaschinen, Sterilisatoren, Werkbänke) durchzuführen, bei der Anschaffung von medizinischen sowie medizintechnischen Materialien und Geräten wie Wunddrainagen, Infusionssystemen oder Narkosegeräten zu beraten, in Baufragen zu beraten.

4.4.3 Hygienebeauftragte Ärztin/ hygienebeauftragter Arzt Eine Bedingung für die Teilnahme an der Fortbildung zum/zur Hygienebeauftragten ist eine mindestens zweijährige ärztliche/klinische Tätigkeit. Somit handelt es sich um erfahrene Ärzte, deren Hauptaufgabe in der Erfassung und Klärung von Infektionsausbrüchen liegt sowie in der Beratung und Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Krankenhaushygiene und Infektionsprävention.

4.4.4 Fachgesundheits- und Krankenpfleger/-pflegerin für Hygiene und Infektionsprävention (Hygienefachkraft) Sie sind weitergebildete Gesundheits- und Krankenpfleger/-pflegerinnen mit mindestens 3-jähriger Berufserfahrung. Ihre Aufgabenschwerpunkte sind u. a.: ● Infektionsausbrüche durch regelmäßige Begehungen von Stationen und Funktionsbereichen aufzudecken, ● Daten bzgl. der nosokomialen Infektionen aufzuzeichnen; dabei sollten sie Einsicht in alle klinischen Unterlagen nehmen, ● Ärzte und Pflegepersonen über Verdachtsfälle zu unterrichten, ● das Personal mit praktischer Anleitung zu schulen, auch mit Hinweis auf Gesetze, Verordnungen und Richtlinien, ● die Pflegetechniken und Arbeitsabläufe zu überwachen, z. B. bei Desinfektions- und Sterilisationsmaßnahmen.

4.4 Personelle und organisatorische Voraussetzungen der Hygiene

4.4.5 Hygienebeauftragte/-r in der Pflege Neu eingeführt wurde die Funktion eines Hygienebeauftragten in der Pflege. Dieser soll als Verbindung zwischen der Hygienefachkraft und dem Stations-/Bereichspersonal dienen. Empfohlen wird, auf jeder Station und in jedem Funktionsbereich einem Mitarbeiter die Möglichkeit zu geben, sich

zum Hygienebeauftragten in der Pflege zu qualifizieren. Die notwendigen Qualifikationen und die zugehörigen Aufgaben werden in ▶ Tab. 4.1 im Detail dargestellt. Die Aufgaben weiterer Mitglieder der Hygienekommission sind in ▶ Tab. 4.2 dargestellt.

4

Tab. 4.1 Qualifikationen und Aufgaben von Hygienebeauftragten in der Pflege (nach Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention [KRINKO]). Anforderung

Ausgestaltung

Voraussetzung

Staatliche Anerkennung zum/zur Gesundheits- und Krankenpfleger/-pflegerin, mit mehrjähriger Berufserfahrung

Aufgaben

Betrieblich-organisatorisch ● Kommunikationspartner/-in beziehungsweise Schnittstelle zu Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen des Hygieneteams ● Regelmäßige Teilnahme an Hygienefortbildungen/-schulungen ● „Multiplikator/-in“ hygienerelevanter Themen auf der Station bzw. im Funktionsbereich ● Teilnahme an Arbeitsgruppen/Qualitätszirkeln Abteilungs-/bereichsbezogen Mitwirkung beim Umgang mit bereichsspezifischen Infektionsrisiken ● Mitwirkung beim Erstellen des bereichsspezifischen Hygieneplans und von Standards ● Kleingruppenunterricht stations-/bereichsbezogen über korrekte Hygienepraktiken bei kritischen Pflegemaßnahmen ● Tätigkeitsbezogene Umsetzung korrekter Hygienepraktiken im eigenen Verantwortungsbereich ●

Ausbruchsmanagement Frühzeitige Wahrnehmung von Clustern/Ausbrüchen und Informationsweitergabe an die Hygienefachkraft ● Mitwirkung bei der organisatorischen Bewältigung von epidemisch auftretenden Krankenhausinfektionen ●

Tab. 4.2 Weitere Mitglieder der Hygienekommission und ihre Aufgaben (nach Mensche, 2007). Position

Aufgabe

Ärztlicher Leiter

● ●



Vorsitzender der Hygienekommission verantwortlich für die Krankenhaushygiene und Infektionsprävention im Gesamtbereich der Einrichtung veranlasst die Aus- und Fortbildung der Ärzte und des sonstigen Personals auf den Gebieten der Krankenhaushygiene

Verwaltungsleiter



Pflegedienstleiter

unterstützt und kontrolliert krankenhaushygienische Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen der Krankenpflege einschließlich der Kinderkrankenpflege



verantwortlich für das notwendige Personal sowie die sachlichen Voraussetzungen zur Erfüllung der Hygieneaufgaben verantwortlich für die finanzielle Grundlage zur Durchführung von Hygienemaßnahmen

55

Hygienevorschriften

4.5 Aufsicht Die Aufsicht übernehmen folgende Institutionen: ▶ Gesundheitsamt. Die Aufgaben des Gesundheitsamtes sind im Infektionsschutzgesetz (IfSG) festgelegt. Die Details regelt das Landesrecht. Die Ämter haben u. a. die Aufgabe, Gesundheitseinrichtungen in Belangen der Hygiene zu beraten und zu kontrollieren, z. B. bei der Planung von Bauund Umbaumaßnahmen. Diese Aufgabe wird durch regelmäßige Begehungen mit Mängellisten wahrgenommen. Treten akute Missstände auf, kann das Gesundheitsamt „notwendige Maßnahmen zur Abwendung [...]“ veranlassen (§ 16 i. V. m. § 6 IfSG).

4

▶ Landesgesundheitsamt. Als oberste Kontrollbehörde mit vorwiegend beratender Funktion fungiert das Landesgesundheitsamt (in manchen Bundesländern das Medizinische Landesuntersuchungsamt). ▶ Gewerbeaufsichtsamt. Gemäß Gewerbeordnung ist jedes Bundesland verpflichtet, eine staatliche Gewerbeaufsicht einzurichten (§ 139b GewO). Die Bezeichnung für die Gewerbeaufsicht kann von Bundesland zu Bundesland variieren. Das Gewerbeaufsichtsamt bzw. das Amt für Arbeitsschutz ist für die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften verantwortlich. Wie beim Gesundheitsamt führen die Mitarbeiter der Gewerbeaufsicht dazu mehrmalige Begehungen durch. Im Rahmen des Arbeitsschutzes kontrollieren sie Betriebsanlagen, Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstungen. Sie untersuchen Arbeitsverfahren und Ar-

56

beitsabläufe, führen Messungen durch und decken arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren auf. Sie ermitteln die Ursachen des Arbeitsunfalls, der arbeitsbedingten Krankheit oder des Schadensfalls. Das Gewerbeaufsichtsamt überwacht nicht nur die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsschutzes, sondern übernimmt auch eine Beratungsfunktion gegenüber Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Überdies kümmert sich die Gewerbeaufsicht auch häufig um die Aus- und Weiterbildung von Betriebsräten und Sicherheitsfachkräften. In fast allen Bundesländern sind die Gewerbeaufsichtsämter auch für den Umwelt- und Verbraucherschutz zuständig.

4.6 Fragen und Aufgaben 1. Welche Vorschriften befassen sich u. a. mit der allgemeinen Hygiene? 2. Was bedeutet Hygiene? 3. Durch welche Risikofaktoren wird der Mensch im Allgemeinen gefährdet? 4. Welche Zweige der Hygiene sind Ihnen bekannt? Erläutern Sie 2 genauer. 5. Welche Krankheiten müssen namentlich gemeldet werden? (§ 6 IfSG) 6. Gibt es verbindliche Vorschriften hinsichtlich der an die Hygiene im Krankenhaus zu stellenden Anforderungen? 7. Welche Aufgaben übernimmt der/die Krankenhaushygieniker/-in? 8. Welche Aufgaben obliegen der Hygienefachkraft? 9. Nennen Sie Aufgaben des Robert Koch-Instituts.

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 5

5.1

Grundsätze der Kreislaufwirtschaft

58

Entsorgungsvorschriften

5.2

Rechtsgrundlagen der Abfallentsorgung

59

5.3

Abfallschlüssel

60

5.4

Fragen und Aufgaben

63

Entsorgungsvorschriften

5 Entsorgungsvorschriften Die Entsorgung von Abfällen aus öffentlichen und privaten Einrichtungen des Gesundheitswesens ist problematisch. Viele unterschiedliche medizinspezifische Abfälle müssen auf jeweils vorgeschriebenen Wegen gesammelt, gelagert und transportiert werde, ohne dass es zu einer Gefahr kommen kann.

L

Definition

5

Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss (§ 3 KrWG).

Abfallvermeidung

a) Abfälle vermeiden (§ 3 Abs. 20 KrWG) Bsp.: • Im Produktionsverfahren: durch Kreislaufführung der eingesetzten Stoffe • Durch abfallarme Produktgestaltung (materialsparende Konstruktion, langlebige Produkte, sparsamere Verpackung usw.) • Durch Wiederverwendung von Erzeugnissen • Durch verändertes Verhalten der Konsumenten

5.1 Grundsätze der Kreislaufwirtschaft Ein wichtiger Bestandteil des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) ist die fünfstufige Abfallhierarchie. Die Hierarchie legt die Rangfolge von Abfallvermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling und sonstiger Verwertung von Abfällen fest. Auf der fünften und letzten Stufe steht die Beseitigung von Abfällen (▶ Abb. 5.1). Vorrang hat die Maßnahme, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten sicherstellt (§ 6 Abs. 2 KrWG).

Abfallverwertung

Abfallbeseitigung

b) nicht vermeidbare Abfälle verwerten (§ 3 Abs. 20 KrWG)

c) nicht verwertbare Abfälle beseitigen (§ 3 Abs. 20 KrWG)

1. Vorbereitung zur Wiederverwendung (§ 3 Abs. 24 KrWG): Prüfung, Reinigung, Reparatur von Abfällen mit dem Ziel, sie ohne weitere Vorbereitung wieder für den ursprünglichen Zweck einzusetzen. Bsp.: Mehrwegsysteme, Reinigung von z. B. Altkleidern, Reparatur von Elektrogeräten und Möbeln, Instandsetzung von Fahrzeugen

• Behandlung der Abfälle, um deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern (z.B. durch Müllverbrennung ohne ausreichende Energienutzung) • zeitlich unbegrenzte Ablagerung von Abfällen auf Deponien • Die Abfallbeseitigung muss im Inland erfolgen; sie darf das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigen.

2. Recycling (stoffliche Verwertung; § 3 Abs. 25 KrWG): Abfallaufbereitung für ursprüngliche oder andere Zwecke. Der aufbereitete Gegenstand kann auch in einen anderen Verwendungszweck überführt werden. Schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein. Bsp.: Umweltschutzpapier 3. sonstige Verwertung (insb. energetische Verwertung und Verfüllung): Bsp.: Nutzung des Abfalls als Ersatzbrennstoff zur Energiegewinnung

Abb. 5.1 Abfallhierarchien. nach § 6 KrWG.

58

5.2 Rechtsgrundlagen der Abfallentsorgung

5.1.1 Abfallvermeidung

Fallbeispiel

Die Abfallvermeidung setzt im Vorfeld der Abfallentstehung an. Abfälle sind in erster Linie zu vermeiden, v. a. durch die Verminderung ihrer Menge und Schädlichkeit. Dies gilt für viele Stoffe und Medikalartikel, z. B. Umverpackungen, Einwegwäsche und Plastiküberschuhe.

Fallbeispiel

I

Abfallvermeidung ● In einem Krankenhaus mit 1800 Betten und einem Jahresverbrauch von 131 400 Überschuhen konnten durch den Verzicht darauf ca. 3 000 € und fast eine Tonne Abfall im Jahr eingespart werden. ● Ein weiteres Beispiel für die Müllreduktion liefert die Bayer AG, die ohne Nachteil für das Arzneimittel Tablettenblister verkleinerte. Damit konnte Folie eingespart und das Verpackungsvolumen reduziert werden.

5.1.2 Abfallverwertung Im Gegensatz zur Abfallvermeidung setzt die Verwertung bei bereits entstandenen Abfällen an. Es gibt drei hierarchisch angeordnete Formen der Abfallverwertung: ● die Vorbereitung zur Wiederverwendung ● das Recycling ● sonstige, insbesondere energetische Verwertung Diese Verwertungsformen stehen jedoch nicht auf derselben Rangstufe. Vorrangiges Ziel ist die „Verwertung zur Wiederverwendung“. Im Anschluss daran steht das „Recycling“ als zweitbeste Verwertungsoption. Andere Verwertungsarten, insbesondere die energetische Verwertung, sind innerhalb der Verwertungshierarchie nachrangig.

I

Abfallverwertung ● Ein Beispiel für die stoffliche Verwertung ist der Einsatz von Mehrweg-Medizinprodukten bzw. das Aufbereiten von so genannten „Einwegprodukten“. So konnte ein Krankenhaus der Maximalversorgung durch die Wiederaufbereitung von Magensondenspritzen auf seiner Intensivstation 14 317 € pro Jahr einsparen. ● Ein weiteres Beispiel, wie Material eingespart wird, ist der Einsatz von Mehrweginfusionsaufhängern anstelle von Einmal-Aufhängesystemen.

5

5.1.3 Abfallbeseitigung Ist auch eine Verwertung nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar, muss der Abfall von der Kreislaufwirtschaft dauerhaft ausgeschlossen und beseitigt werden. Beseitigungsverfahren sind: ● Verbrennung, ● Deponierung, ● Lagerung und ● biologische oder chemisch-physikalische Behandlungsverfahren.

5.2 Rechtsgrundlagen der Abfallentsorgung Bei der Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes muss eine Fülle rechtlicher Bestimmungen beachtet werden. Das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (KrWG) gehört zu den wichtigsten Rechtsvorschriften des Bundes zur Abfallbeseitigung. Das KrWG ersetzte Mitte 2012 das ehemalige KrW-/AbfG. Es enthält neben der Definition von Abfällen die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft. Basierend auf den Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes haben die Bundesländer eigene Abfallgesetze erlassen, z. B. das Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen und die Behandlung von Altlasten in Baden-Württemberg (Landesabfallgesetz – LAbfG). Die Landesabfallgesetze dienen dazu, eventuell im Bundesrecht vorhandene Lücken auf Landesebene auszufüllen.

59

Entsorgungsvorschriften Dadurch gibt es landesspezifische Unterschiede in der Abfallentsorgung. Nachrangig gibt es noch die kommunalen Abfallsatzungen. Auch sie nehmen Einfluss auf die Entsorgungsmaßnahmen der Einrichtungen im Gesundheitswesen. Darin werden neben den speziellen Anforderungen durch die Kommunen die Kosten der Entsorgung geregelt. ▶ Abb. 5.2 verdeutlicht den Stellenwert des europäischen Abfallrechts und die Unterteilung des deutschen Rechts in Bundes-, Landes- und kommunales Satzungsrecht. Für Einrichtungen des Gesundheitsdienstes ist neben dem KrWG vor allem die Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (AVV) und die Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen von Bedeutung. Das Strafgesetzbuch (StGB) bezieht sich ebenfalls in einigen Paragrafen auf rechtliche Folgen unsachgemäßer Entsorgung von Abfällen (§ 326 StGB Unerlaubter Umgang mit Abfällen; § 327 StGB Unerlaubtes Betreiben von Anlagen). Ebenso beschäftigt sich das Infektionsschutzgesetz mit notwendigen Maßnahmen, die eine Verbreitung übertragbarer Krankheiten verhindern sollen. Dazu zählen z. B. auch Regelungen, dass Abfälle aus der Behandlung von Patienten mit

5

meldepflichtigen, übertragbaren Krankheiten in verbrennbaren Einwegbehältern zu verpacken sind. Daneben gibt es eine große Zahl weiterer rechtlicher Bestimmungen, u. a. die Verpackungsverordnung (VerpackV).

5.3 Abfallschlüssel Abfälle aus medizinischen Einrichtungen werden entsprechend der „Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) in sechsstellige Abfallschlüssel (AS) eingeteilt (vormals: „Richtlinie über die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“). Dabei hält sich die Vollzugshilfe konsequent an die Abfallbezeichnung entsprechend der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (AVV). Nach der LAGA-Vollzugshilfe können Abfälle nach infektionspräventiven, umwelthygienischen und ethischen Gesichtspunkten unterteilt werden. Die Vollzugshilfe findet u. a. Anwendung auf Einrichtungen wie Krankenhäuser, (Zahn-)Arztpraxen, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime, Gesundheitsämter und Sozialstationen. Die bis dato geltende Zuordnung zu

Abfallrechtliche Hierarchie (Normenpyramide)

EU -

Re ch t

Bu nd esr ech t Lan de sre ch t

Ko m de mun rö f ale En fentl s Sat tso ich zu rgu -re ng ng cht srec str lich ht äg er en

60

n ie en lin ung t ch n Ri ord r Ve n e n te tz nge hrif e s u c Ge rdn vors o gs r Ve ltun wa r Ve

Abb. 5.2 Abfallrechtliche Hierarchie (nach Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege – BGW, 2012.)

5.3 Abfallschlüssel den Abfallgruppen A bis E entfiel. Aus Praktikabilitätsgründen kann die Einteilung innerhalb der Einrichtung jedoch für den internen Gebrauch weiter beibehalten werden. Die ▶ Tab. 5.1 fasst die rele-

vantesten Abfallarten aus gesundheitsdienstlichen Einrichtungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammen.

Tab. 5.1 Wichtige Abfallschlüssel (AS), Abfälle aus der Geburtshilfe, Diagnose, Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten beim Menschen, (nach LAGA, 2015). Abfallschlüssel

Bezeichnung

Beispiele

AS 18 01 01

Spitze oder scharfe Gegenstände (außer 18 01 03*) (ehemals Gruppe B)



Körperteile und Organe, einschließlich Blutbeutel und Blutkonserven (außer 18 01 03*) (ehemals Gruppe E)



Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden (ehemals Gruppe C)



AS 18 01 02

AS 18 01 03*





● ● ●



Sammlung und Entsorgung

Skalpelle Kanülen von Spritzen und Infusionssystemen Gegenstände mit ähnlichem Risiko für Schnitt- und Stichverletzungen (sog. „sharps“)

Abfälle dieses Abfallschlüssels müssen direkt am Ort des Gebrauchs in durchstich- und bruchfesten Einwegbehältnissen gesammelt, gelagert, abtransportiert und entsorgt werden. Einhaltung der Anforderungen des Arbeitsschutzes (insbes. Schutz vor Verletzungen). Ausreichende Kennzeichnung der Abfallbehältnisse. Gemeinsame Entsorgung mit Abfällen des AS 18 01 04 möglich, abhängig von den örtlichen Abfallsatzungen.

Körperteile Organabfälle Blutbeutel mit Blut oder flüssigen Blutprodukten gefüllte Behältnisse

Diese Abfälle müssen aus ethischer Sicht verbrannt werden, z. B. Sonderabfallverbrennung. Eine separate Erfassung am Anfallort in sicher verschlossenen und zur Verbrennung geeigneten Einwegbehältnissen ist nötig. Die Abfälle sind zur zentralen innerbetrieblichen Lager- und Übergabestelle zu befördern und zur Abholung bereitzustellen. Lagerung unter 15 °C, nicht länger als eine Woche.

Abfälle, die mit erregerhaltigem Blut, Sekret oder Exkret kontaminiert sind, z. B. mit Blut oder Sekret gefüllte Gefäße, blut- oder sekretgetränkter Abfall aus Operationen entsprechender Patienten, gebrauchte Dialysesysteme aus Behandlung bekannter Virusträger Mikrobiologische Kulturen, z. B. aus Instituten für Hygiene, Mikrobiologie und Virologie, Labormedizin, Arztpraxen mit entsprechender Tätigkeit

Sammlung am Anfallort in reißfesten, feuchtigkeitsdichten Behältnissen (z. B. bauartgeprüfte Gefahrgutverpackung) und sofortige Abgabe zur zentralen Sammelstelle. Kein Umfüllen und Sortieren. Anforderungen an Abfallbehälter für spitze und scharfe medizinische Instrumente beachten. Eine Kennzeichnung der Behältnisse mit „Biohazard“-Symbol ist zwingend. Eine Kontamination der Außenseite der Behälter ist zu vermeiden. Die Abfälle sind ohne vorherige Verdichtung oder Zerkleinerung zur Verbrennung an zugelassene Sondermüllverbrennungsanlagen abzugeben.

5

61

Entsorgungsvorschriften Tab. 5.1 Fortsetzung Abfallschlüssel

Bezeichnung

Beispiele

AS 18 01 04

Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (ehemals Gruppe B)



AS 18 01 06*

Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten (ehemals Gruppe D)

Hierunter sind u. a. zu verstehen: ● Säuren, Laugen, halogenierte Lösemittel ● organische und anorganische Laborchemikalien, einschließlich Diagnostikarestmengen ● Fixierbäder und Entwicklerbäder ● Desinfektions- und Reinigungsmittelkonzentrate ● Formaldehydlösungen

Entsorgung mit Sammel-/Entsorgungsnachweis. Die Verwendung des Sammelschlüssels 18 01 06* setzt voraus, dass nur Kleinmengen der genannten Abfälle anfallen. Bei größeren Einzelmengen sind spezifischere Abfallschlüsselnummern anzuwenden. Herstellerinformationen (Sicherheitsdatenblatt etc.) sind zu beachten.

AS 18 01 07

Chemikalien mit Ausnahme derjenigen, die unter 18 01 06* fallen (ehemals Gruppe D)



Reinigungs- und Händedesinfektionsmittel Abfälle aus diagnostischen Apparaten, die aufgrund der geringen Chemikalienkonzentration nicht AS 18 01 06* zugeordnet werden müssen

Entsorgung entsprechend der Abfallzusammensetzung. Vorhandene Herstellerinformationen (Sicherheitsdatenblatt etc.) beachten. In größeren Mengen sind speziellere Abfallschlüsselnummern anzuwenden.

Zytotoxische und zytostatische Arzneimittel (ehemals Gruppe D)

Bei der Zubereitung und Anwendung krebserzeugender, erbgutverändernder oder reproduktionstoxischer Arzneimittel (CMR-Arzneimittel) können Abfälle dieses Abfallschlüssels entstehen. In diesen Abfallschlüssel sind alle Abfälle einzuordnen, die aus Resten oder Fehlchargen dieser Arzneimittel bestehen oder deutlich erkennbar verunreinigt sind. Dies gilt z. B. für: ● nicht vollständig entleerte Originalbehältnisse (z. B. bei Therapieabbruch angefallene oder nicht bestimmungsgemäß angewandte Zytostatika), ● verfallene CMR-Arzneimittel ● Spritzenkörper und Infusionsflaschen

Entsorgung als gefährlicher Abfall mit Sammel-/Entsorgungsnachweis in zugelassenen Abfallverbrennungsanlagen. Diese Abfallart muss in gekennzeichneten, ausreichend widerstandsfähigen, dichtschließenden Behältnissen gesammelt und entsorgt werden (Gefahrgut). Kein Umfüllen, Sortieren. Gering mit Zytostatika kontaminierte Gegenstände wie Tupfer oder Wischtücher aus der Anwendung können dem AS 18 01 04 zugeordnet werden.

5

AS 18 01 08*

● ● ●



Wund- und Gipsverbände Stuhlwindeln Einwegwäsche Einwegartikel (z. B. Spritzenkörper) etc.

* Abfälle mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind gefährliche Abfälle.

62

Sammlung und Entsorgung Aus Gründen des Arbeitsschutzes sind diese Abfälle am Ort ihres Anfallens in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältern ohne Umfüllen, Sortieren oder Vorbehandeln direkt der Verbrennung (z. B. in dafür zugelassenen Hausmüllverbrennungsanlagen) zu übergeben.

5.4 Fragen und Aufgaben Zusätzlich können in medizinischen Einrichtungen weitere Abfälle anfallen, die jedoch aus Sicht des Arbeitsschutzes weniger problematisch sind (▶ Tab. 5.2). Tab. 5.2 Weitere Abfallarten. AS (ehemals Gruppe A)

Bezeichnung

15 01 01

Verpackungen aus Papier und Pappe

15 01 02

Verpackungen aus Kunststoff

15 01 03

Verpackungen aus Holz

15 01 04

Verpackungen aus Metall

15 01 05

Verbundverpackungen

20 01 01

Papier und Pappe (Datenmüll)

20 01 02

Glas

20 01 08

Küchen- und Kantinenabfälle

5.4 Fragen und Aufgaben 1. Was besagt das KrWG? 2. Was sind Abfälle nach dem KrWG? 3. Bei Abfällen aus dem Gesundheitssektor gilt wie bei allen anfallenden Abfällen eine fünfstufige Abfallhierarchie. Unterscheiden Sie die folgenden Begriffe und geben Sie Beispiele aus ihrem Berufsalltag an: a) Abfallvermeidung b) Vorbereitung zur Wiederverwendung c) Recycling d) sonstige Verwertung e) Abfallbeseitigung 4. Wie würden Sie Kanülen und andere spitze Gegenstände entsorgen?

5

63

Teil IV Dienstleistungen anbieten

6 Vorhandenes Leistungsangebot

67

7 Sicherstellungsauftrag für Gesundheitsleistungen

78

8 Konflikt- und Beschwerdemanagement

81

9 Kundenbindungsmanagement

87

10 Haftung

93

11 Dienstleistungsvertrag

IV

116

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 6 Vorhandenes Leistungsangebot

6.1

6.2

6.3

Grundleistungen, Wahlund Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses

67

IGeL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen) im niedergelassenen Bereich

75

Fragen und Aufgaben

76

6.1 Grundleistungen, Wahl- und Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses

6 Vorhandenes Leistungsangebot 6.1 Grundleistungen, Wahlund Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses Zur Verdeutlichung der Begrifflichkeiten soll das Beispiel eines Krankenhauses gewählt werden.

6.1.1 Allgemeine Krankenhausleistungen Bei der Krankenhausaufnahme wird zwischen Patient und Krankenhausträger ein Vertrag, ein sogenannter „Totaler Krankenhaus(aufnahme)vertrag“ über die Inanspruchnahme allgemeiner Krankenhausleistungen geschlossen. Behandelnder i. S.v. § 630a BGB ist der Krankenhausträger. Der totale Krankenhausvertrag ist gewissermaßen der Regeltyp. Er kommt stets zustande, wenn die Parteien keine Zusatzvereinbarungen bei der Aufnahme treffen. Bei dieser Vertragsform verpflichtet sich der Krankenhausträger, sämtliche für die stationäre Behandlung erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen, einschließlich der ärztlichen Versorgung, zu erbringen. Somit schuldet der Krankenhausträger dem Patienten – zumindest bei vollstationärer Aufnahme – die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die ärztliche Behandlung, pflegerische Betreuung sowie die Unterbringung und Verpflegung, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Demnach kann ein Zweibettzimmer in dem einen Krankenhaus eine Wahlleistung sein, während es in einem anderen als Regelleistung gilt. Abhängig von seinem Zustand muss der Patient auch im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistung durch den leitenden Arzt der Fachabteilung versorgt werden. Und zwar, ohne dass er zuvor eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen hat. Etwa bei einer schwierigen Operation, die die besondere Erfahrung und Fähigkeit des Chefarztes erfordert. Ebenso muss das Krankenhaus die aus medizinischen Gründen notwendige Unterbringung im Einbettzimmer im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen anbieten. Auch gehören die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter und die notwendige Mitaufnahme einer

Begleitperson aus medizinischen Gründen zu den allgemeinen Krankenhausleistungen. Ob die Mitaufnahme medizinisch notwendig ist, entscheidet der Krankenhausarzt. Ist die Begleitperson während einer stationären Behandlung aus medizinischen und therapeutischen Gründen notwendig (§ 11 Abs. 3 SGB V), wird die Mitaufnahme von der Krankenkasse übernommen. Sofern ein Patient gesetzlich krankenversichert ist, entstehen ihm für die Inanspruchnahme der allgemeinen Krankenhausleistungen außer den gesetzlichen Zuzahlungen keine gesonderten Kosten.

6

6.1.2 Wahlleistungen Daneben bieten Krankenhäuser in der Regel Wahlleistungen an (§ 17 KHEntgG). Verlangt der Patient Leistungen, die über den Rahmen des totalen Krankenhausaufnahmevertrages hinausgehen, muss er mit dem Krankenhausträger ausdrückliche Vereinbarungen über Wahlleistungen treffen (▶ Abb. 6.1).

Definition

L

Wahlleistungen sind Leistungen des Krankenhauses, die im Rahmen einer Heilbehandlung oder der Geburtshilfe erbracht werden und über das zulässige Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen (Sonderleistungen).

Den Katalog der angebotenen Wahlleistungen muss das Krankenhaus der zuständigen Landesbehörde vorlegen. Wahlleistungen dürfen nur abgerechnet werden, wenn die allgemeinen Krankenhausleistungen durch die Wahlleistungen nicht beeinträchtigt werden. Sowohl der Kassenpatient (der dann insoweit zum Selbstzahler wird) als auch der Privatpatient können Wahlleistungen in Anspruch nehmen. Hierfür gelten folgende Grundsätze: ● Schriftform der Wahlleistungsvereinbarung: Die Wahlleistungsvereinbarung zwischen dem Patienten (oder seinem Vertreter) und dem Krankenhausträger muss schriftlich erfolgen. Dies besagt, dass sowohl ein Bevollmächtigter des Krankenhauses als auch der Patient die

67

Vorhandenes Leistungsangebot

Wahlleistungsvereinbarung zwischen

Name, Vorname des Patienten

Postleitzahl

Geburtsdatum

Wohnort des Patienten

Straße und Haus - Nr.

und

als Träger des Krankenhauses

6

über die Gewährung der nachstehenden angekreuzten

gesondert berechenbaren Wahlleistungen

( ) die ärztlichen Leistungen aller an der Behandlung beteiligten angestellten und beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten oder ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Dies gilt auch, soweit die wahlärztlichen Leistungen vom Krankenhaus berechnet werden; die Liquidation erfolgt nach der GOÄ/GOZ in der jeweils gültigen Fassung.

()… …

Hinweis: Für die Inanspruchnahme der oben genannten Wahlleistungen besteht kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz. Bei der Inanspruchnahme von Wahlleistungen ist der Patient als Selbstzahler zur Entrichtung des Entgelts verpflichtet. Prüfen Sie bitte, ob Ihre private Krankenversicherung/Beihilfe oder Ihre gesetzliche Krankenversicherung über einen besonderen Wahltarif nach § 53 SGB V etc. diese Kosten deckt.

Ort, Datum

Unterschrift des Patienten

Unterschrift des Krankenhausmitarbeiters

Ich handele als Vertreter mit Vertretungsmacht/gesetzlicher Vertreter/Betreuer

Name, Vorname des Vertreters

Anschrift des Vertreters

Unterschrift des Vertreters

Abb. 6.1 Auszug aus einer Wahlleistungsvereinbarung. (nach Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2016)

68

6.1 Grundleistungen, Wahl- und Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses

Patienteninformation bei wahlärztlichen Leistungen Wichtige Patienteninformation vor der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen ( ) ... Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, Sie sind im Begriff, eine sog. Wahlleistungsvereinbarung über die gesonderte Berechnung ärztlicher Leistungen zu unterzeichnen. Hierfür ist gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Patient vor Abschluss der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten ist. Dieser Verpflichtung möchten wir hiermit nachkommen: 1. Die Bundespflegesatzverordnung bzw. das Krankenhausentgeltgesetz unterscheiden zwischen allgemeinen Krankenhausleistungen und Wahlleistungen. Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Sofern Sie gesetzlich krankenversichert sind, entstehen Ihnen für die Inanspruchnahme der allgemeinen Krankenhausleistungen außer den gesetzlichen Zuzahlungen keine gesonderten Kosten.

6

Wahlleistungen hingegen sind über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehende Sonderleistungen. Diese sind gesondert zu vereinbaren und vom Patienten zu bezahlen. 2. ...

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, sollten Sie zu Einzelheiten noch ergänzende Fragen haben, stehen Ihnen folgende Mitarbeiter unseres Krankenhauses hierfür gerne zur Verfügung: Gleichzeitig können Sie dort auch jederzeit Einsicht in die GOÄ/GOZ nehmen.

Unterschrift des Krankenhausmitarbeiters

Ort, Datum

Unterschrift des Patienten

Abb. 6.2 Auszug aus „Patienteninformation bei wahlärztlichen Leistungen“. schaft, 2016)





Wahlleistungsvereinbarung unterschreiben müssen (Schriftformerfordernis nach § 126 BGB). Zeitpunkt der Wahlleistungsvereinbarung: Die Wahlleistungsvereinbarung muss der Leistungserbringung vorausgehen. Unterrichtung des Patienten über die Entgelte: Jeder Patient ist vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung schriftlich über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten. Diese Information wird mit dem Formular „Patienteninformation bei wahlärztlichen Leistungen“ gegeben (▶ Abb. 6.2). Das



(nach Deutsche Krankenhausgesell-

Formular dient dem Schutz des Patienten vor einer übereilten, kostenträchtigen Entscheidung. Widerrufsrecht: Personenbezogene Daten dürfen an eine externe Abrechnungsstelle nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Betroffenen übermittelt werden, die schriftlich, unter konkreter Angabe der eingeschalteten Abrechnungsstelle erfolgen muss. Der Patient kann eine bereits gegebene Einwilligung zur Übermittlung seiner Daten an eine externe Abrechnungsstelle jederzeit widerrufen.

69

Vorhandenes Leistungsangebot Wahlleistungen im weiteren Sinne können unterschieden werden in: ● nichtärztliche Wahlleistungen, ● ärztliche Wahlleistungen, ● medizinische Wahlleistungen.

Nichtärztliche Wahlleistungen Bei nichtärztlichen Wahlleistungen handelt es sich beispielsweise um die Bereitstellung eines Telefons, Ein- oder Zweibettzimmer, Auswahlmenü etc. Ein- und Zweibettzimmer können vom Krankenhaus nur dann als Wahlleistung angeboten werden, wenn sie nicht Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen sind. Ist also ein Krankenhaus ausschließlich oder überwiegend mit Zweibettzimmern ausgestattet, dann kann das Zweibettzimmer nicht als Wahlleistung abgerechnet werden. Ebenso gehört eine medizinisch notwendige Unterbringung im Einbettzimmer zur allgemeinen Krankenhausleistung und ist somit keine Wahlleistung. Generell darf eine Vereinbarung über gesondert berechenbare Unterbringungsleistungen nicht von einer Vereinbarung über sonstige Wahlleistungen, z. B. Chefarztbehandlung, abhängig gemacht werden. Der abrechenbare Gesamtpreis pro Berechnungstag für die Wahlleistung Unterkunft setzt sich aus der Addition von Basispreis und Komfortzuschlägen zusammen. Der Basispreis ergibt sich aus der hausindividuellen Bezugsgröße Unterkunft. Die Zuschläge für Ein- und Zweibettzimmer müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den dort gebotenen Leistungen stehen. Die Höhe der Zuschlagsbeträge kann je nach unterschiedlicher Ausstattung der jeweiligen Wahlleistungszimmer variieren. Je höher der Zuschlag, desto mehr Komfortleistungen müssen erbracht werden. Generell kann ein Komfortelement nur dann in die Bewertung miteinfließen, wenn es sich bei diesem Komfortelement um ein anderes als die allgemeinen Krankenhausleistungen handelt. Zu den Komfortelementen gehören z. B. eine separate Dusche, zusätzliche Sanitärartikel wie Bademantel, Frotteetücher oder Fön, besondere Zimmergröße, Balkon/ Terrasse, bessere Verpflegung, wohnliche Möblierung oder besondere Serviceleistungen wie täglicher Hand- und Badetuchwechsel unabhängig von der medizinischen Notwendigkeit. Dem Patienten müssen die einzelnen Komfortmerkmale

6

70

des Wahlleistungszimmers und dessen Preis in der Wahlleistungsvereinbarung mittels einer Leistungsbeschreibung deutlich gemacht werden (▶ Abb. 6.3). Zur Bemessung der Entgelte für die Wahlleistung Unterkunft erarbeiteten die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Verband der privaten Krankenversicherung eine gemeinsame Empfehlung. Die Preisempfehlungen für Komfortelemente werden dabei jährlich der Preisentwicklung angepasst.

Ärztliche Wahlleistungen Persönliche Leistungserbringung Das Krankenhaus ist laut Vertrag im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistung grundsätzlich zur ärztlichen Behandlung verpflichtet. Der Patient wird vom jeweils diensthabenden Arzt behandelt, der Chefarzt muss nur hinzugezogen werden, wenn dies medizinisch erforderlich ist. Der Abschluss einer wahlärztlichen Leistung bedeutet, dass der Patient sich die persönliche Zuwendung und besondere fachliche Qualifikation und Erfahrung der leitenden Ärzte des Krankenhauses (i. d. R. Chefärzte oder besonders erfahrene bzw. spezialisierte Oberärzte) „hinzukauft“. Die vertragliche Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung aus den §§ 630a, 630b, 613 BGB wird im Gebührenrecht näher bestimmt, und zwar im § 4 Abs. 2 GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte). Demzufolge kann der Arzt den vollen Gebührenrahmen für wahlärztliche Leistungen nur berechnen, wenn er diese persönlich erbringt oder sie unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht werden (eigene Leistungen). Grundsätzlich ist also auch die delegierte Leistung abrechnungsfähig. Allerdings kann eine Rechnung im Fall einer Delegation wahlärztlicher Leistungen an den nachgeordneten ärztlichen Dienst bzw. an das Pflegeund Assistenzpersonal nur bis zur jeweiligen Begründungsschwelle (2,3; 1,8) (§ 5 Abs. 5 GOÄ) gestellt werden. Soll die jeweilige Begründungsschwelle überschritten werden, ist dies nur bei persönlicher Leistungserbringung durch den leitenden Krankenhausarzt bzw. seinen ständigen persönlichen Vertreter möglich. Eine Reihe von Leistungen (z. B. Blutentnahme mittels Spritze, Kanüle oder Katheter aus der Vene nach Nr. 250 GOÄ) dürfen hingegen nur liquidiert werden, wenn sie vom Wahlarzt selbst oder von seinem ständigen Vertreter erbracht werden.

6.1 Grundleistungen, Wahl- und Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses

( ) Unterbringung in einem Ein-Bett-Zimmer nach Maßgabe der folgenden Leistungsbeschreibung: Fachabteilung

Komfortmerkmale

Preis pro Berechnungstag

Chirurgie

Separates WC und Dusche, Sanitär-Zusatzartikel (Frotteetücher, Fön, Dusch- und Waschset), Komfortbetten, Besucherecke, kostenfreies TV, Programmzeitschrift, Telefax- und Internetdienste, Balkon mit Sitzgelegenheit, bevorzugte Zimmerlage und -größe, Wahlverpflegung ...

... €

...

( ) Unterbringung in einem Zwei-Bett-Zimmer nach Maßgabe der folgenden Leistungsbeschreibung: Fachabteilung

Komfortmerkmale

Preis pro Berechnungstag

Chirurgie

Separates WC und Dusche, Sanitär-Zusatzartikel (Frotteetücher, Fön, Dusch- und Waschset), Komfortbetten, Besucherecke, kostenfreies TV, Programmzeitschrift, Telefax- und Internetdienste, Balkon mit Sitzgelegenheit, bevorzugte Zimmerlage und -größe, Wahlverpflegung ...

... €

6

...

Abb. 6.3 Unterrichtung des Patienten über Komfortleistungen.

Der „ständige ärztliche Vertreter“ des Wahlarztes muss Facharzt desselben Gebietes sein und dem Patienten vor Abschluss des Wahlarztvertrages benannt werden (§ 4 Abs. 2 S. 3 GOÄ). Die Leistungen des Vertreters gelten gebührenrechtlich so, als wenn der Chefarzt tätig geworden wäre.

Verhinderung des Wahlarztes Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung durch den Wahlarzt folgt, wie beschrieben, in rechtlicher Hinsicht den §§ 630a, 630b, 613 BGB (gebührenrechtliche Entsprechung in § 4 Abs. 2 GOÄ). Der Patient schließt die Wahlleistungsvereinbarung ab, da er auf die besondere medizinische Kompetenz und Erfahrung des von ihm ausgewählten Arztes vertraut. Dafür ist der Patient bereit, ein zusätzliches Honorar aufzuwenden. Dieser Grundsatz wird dadurch durchbrochen, dass Krankenhäuser formularmäßige Vertreterklauseln verwenden, die eine Vertretung des Chefarztes ermöglichen. Diese Klauseln waren mehrfach Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.

Zwischenzeitlich wurden die Voraussetzungen genauer bestimmt, unter denen ein Krankenhausarzt, der einem Patienten gegenüber aus einer Wahlleistungsvereinbarung verpflichtet ist, die Ausführung seiner Behandlung auf einen Stellvertreter übertragen darf und dennoch seinen Anspruch auf Privatliquidation behält. Dabei wird unterschieden zwischen einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unvorhergesehenen Verhinderung des Wahlarztes und einer vorhersehbaren Verhinderung. Prinzipiell steht einer Vertretung aus unvorhersehbarem Grund nichts entgegen. Somit sind formularmäßige Vertreterregelungen in Wahlleistungsvereinbarungen erlaubt, wenn die Verhinderung des Wahlarztes zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung (z. B. Krankheit) selbst noch nicht absehbar ist. Des Weiteren muss als Vertreter der namentlich benannte ständige ärztliche Vertreter im Sinne der GOÄ bestimmt sein (▶ Abb. 6.4).

71

Vorhandenes Leistungsangebot

Für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung des Wahlarztes der jeweiligen Fachabteilung bin ich mit der Übernahme seiner Aufgaben durch seinen nachfolgend benannten ständigen ärztlichen Vertreter einverstanden: Fachabteilung

Wahlarzt

Ständiger ärztlicher Vertreter

Chirurgie

Dr. med. ...

Dr. med. ...

Innere Medizin

Dr. med. ...

Dr. med. ...

Gynäkologie

Dr. med. ...

Dr. med. ...

...

...

...

Abb. 6.4 Auszug aus einer Wahlleistungsvereinbarung. (nach Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2016)

6 Auch bei vorhersehbarer Abwesenheit kann sich der Chefarzt aus wichtigem Grund vertreten lassen. Der Wahlarzt kann sich im Wege einer Einzelvereinbarung (Individualabrede) mit dem Patienten von seiner Pflicht zur persönlichen Leistung entbinden und deren Ausführung einem Stellvertreter übertragen. In diesem Fall bestehen besondere Aufklärungspflichten vor Abschluss der Vereinbarung. So ist der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten und ihm müssen folgende Möglichkeiten vorgeschlagen werden: ● Erbringung der wahlärztlichen Leistung durch einen bestimmten Vertreter zu den Bedingungen des Wahlarztvertrages unter Beibehaltung des Vergütungsanspruchs des Wahlarztes, ● Verzicht auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen und Behandlung wie ein „normaler“ Kassenpatient ohne Zuzahlung durch den jeweils diensthabenden Arzt, ● Verschiebung der Maßnahme (z. B. Operation) bis zur Rückkehr oder bis zum Wegfall der Verhinderung des Wahlarztes. Die Vertretervereinbarung muss schriftlich geschlossen werden. Ein Muster für eine derartige Individualabrede zeigt ▶ Abb. 6.5. Sowohl der Patient als auch ein Vertreter des Krankenhauses müssen die Vereinbarung unterzeichnen. Eine Vertretervereinbarung muss für jeden einzelnen Wahlarzt abgeschlossen werden, der Kernleistungen erbringt und verhindert ist.

72

Gebühren bei stationärer Behandlung Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus erhält der Patient eine Rechnung über wahlärztliche Leistungen. Die Honorare für wahlärztliche Leistungen folgen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Jedoch müssen bei stationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen die Gebühren einschließlich der Zuschläge um 25 % gemindert werden, weil in den Pflegesätzen und Fallpauschalen des Krankenhauses bereits ein Anteil für die Vergütung der ärztlichen Behandlung enthalten ist. Werden Leistungen von Belegärzten oder niedergelassenen Ärzten erbracht, besteht eine Pflicht zur Minderung um 15 % (§ 6a GOÄ).

Liquidationskette Vertragspartner sind alle liquidationsberechtigten Ärzte. Auch die beauftragten Ärzte (einschließlich der Konsiliarärzte des Krankenhauses) oder ärztlich geleitete Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses dürfen für ihre Leistungen liquidieren. Dies gilt auch, wenn das Krankenhaus selbst wahlärztliche Leistungen berechnet. Darauf ist in der Vereinbarung explizit hinzuweisen (interne und externe Wahlarztkette nach § 17 Abs. 3 KHEntG). Wer chirurgische Privatbehandlung durch den Chefarzt der Chirurgie wählt, nimmt damit zusätzlich alle ergänzenden Leistungen anderer liquidationsberechtigter Ärzte in Anspruch. Diese, z. B. Anästhesist und Laborarzt, die an dieser speziellen Behandlung teilnehmen, werden dann ebenfalls Vertragspartner des Patienten.

6.1 Grundleistungen, Wahl- und Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses

Vereinbarung für den Fall vorhersehbarer Verhinderung des Wahlarztes zwischen

Name, Vorname des Patienten

Geburtsdatum des Patienten

Anschrift und

als Träger des Krankenhauses

6

Ich wünsche die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen. Heute, am bin ich um Uhr in einem Gespräch durch den Krankenhausmitarbeiter Frau/Herrn darüber informiert worden, dass der Wahlarzt der Fachabteilung, Frau/Herr zu dem geplanten Behandlungstermin verhindert ist und deshalb die bei mir vorgesehene Behandlung nicht persönlich durchführen kann. Ich bin darüber aufgeklärt worden, dass ich angesichts dieser Situation die Wahl habe, die vorgesehene stationäre ärztliche Behandlung – bis zur Rückkehr oder bis zu dem Wegfall der Verhinderung des Wahlarztes zu verschieben, – künftig insgesamt als allgemeine Krankenhausleistung, d.h. ohne Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, grundsätzlich durch den jeweiligen diensthabenden Arzt durchführen zu lassen, – durch den ständigen ärztlichen Vertreter von Frau/Herrn [Name des Wahlarztes], Frau/Herrn [Name des ständigen ärztlichen Vertreters], durchführen zu lassen. In Kenntnis dieser Möglichkeiten habe ich mich dazu entschlossen, die stationäre ärztliche Behandlung durch den ständigen ärztlichen Vertreter des Wahlarztes durchführen zu lassen mit der Folge, dass von mir ein wahlärztliches Honorar in gleicher Weise wie im Falle der persönlichen Leistungserbringung durch diese/ diesen selbst zu entrichten ist. Diese Vereinbarung ergänzt die Wahlleistungsvereinbarung vom

Ort, Datum

Unterschrift des Patienten

Unterschrift des Krankenhausmitarbeiters

Ich handele als Vertreter mit Vertretungsmacht/gesetzlicher Vertreter/Betreuer

Name, Vorname des Vertreters

Anschrift des Vertreters

Unterschrift des Vertreters

Abb. 6.5 Vereinbarung für den Fall vorhersehbarer Verhinderung des Wahlarztes. (aus Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2016)

73

Vorhandenes Leistungsangebot Eine Beschränkung der Wahlleistungsvereinbarung auf bestimmte Ärzte ist somit nicht möglich.

Kostenerstattung der Ärzte Der Arzt seinerseits erhält das Recht, für die Behandlung im eigenen Namen abzurechnen, sofern nicht eine externe Abrechnungsstelle oder die Verwaltung des Klinikums für den liquidationsberechtigen Arzt tätig wird. Allerdings muss der Patient zustimmen, dass eine externe Abrechnungsstelle eingeschaltet wird. Wenn der Arzt des Krankenhauses wahlärztliche Leistungen gesondert in Rechnung stellt, ist er verpflichtet, Abgaben an das Krankenhaus zu zahlen (§ 19 Abs. 2 KHEntgG). Wird die Abrechnung durch den Arzt oder eine von ihm beauftragte Abrechnungsstelle durchgeführt, müssen die erforderlichen Unterlagen dem Krankenhaus umgehend zur Verfügung gestellt werden, damit die zu erstattenden Kosten ermittelt werden können. Zudem muss der Arzt dem Krankenhaus die Möglichkeit einräumen, die

6

Rechnungslegung zu überprüfen. Wird die Abrechnung vom Krankenhaus durchgeführt, leitet dieses die Vergütung nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten und der zu erstattenden Kosten an den berechtigten Arzt weiter (§ 17 Abs. 3 KHEntgG).

Medizinische Wahlleistungen Neben den herkömmlichen Arten von Wahlleistungen im Bereich der Unterkunft und der wahlärztlichen Leistungen kommen auch „medizinische Wahlleistungen“ in Betracht. Zu den medizinischen Wahlleistungen können kosmetische Operationen (Nasenkorrekturen, Brustvergrößerungen etc.), hochwertige Medizinprodukte und Arzneimittel sowie neuere Behandlungsmethoden zählen. Einen grafischen Überblick über die „medizinischen Wahlleistungen“ gibt ▶ Abb. 6.6. Medizinische Wunsch- bzw. Zusatz- oder Alternativleistungen im Krankenhausbereich zeigt ▶ Abb. 6.7.

Medizinische Leistungen des Krankenhauses

medizinisch nicht notwendig

Wahlleistung

medizinisch notwendig

qualitative Alternativen möglich (Alternativleistung)

keine qualitativen Alternativen; haftungsrechtlicher Standard

Leistung ist zur Behandlung der Erkrankung nicht notwendig

grundsätzlich wahlleistungsfähig, aber keine einheitliche Standardisierung möglich Einzelfallentscheidung

allgemeine Krankenhausleistung

Wahlleistung

allgemeine Krankenhausleistung

Wahlleistung

Abb. 6.6 Medizinische Wahlleistungen. (nach Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2003b)

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6.2 IGeL-Leistungen im niedergelassenen Bereich

Medizinische Wunsch- bzw. Zusatz- oder Alternativleistungen im Krankenhausbereich Im Bereich „medizinische Wahlleistungen“ sind u. a. folgende Fallgruppen zu unterscheiden: • Fehlende medizinische Indikation Fehlt es an einer medizinischen Indikation, d. h. an einer Erkrankung, die eine Behandlung notwendig macht, handelt es sich eindeutig um eine medizinische Wahlleistung. Dies betrifft bspw. Leistungen, die dem Bereich der Kosmetik zuzuordnen sind (Nasenkorrekturen, Brustvergrößerungen etc.). Bei Wahlleistungen dieser Gruppe ergeben sich Besonderheiten bei der Vergütung. Sie unterliegen nicht den Vorschriften des KHEntgG/der BPflV und können frei vereinbart werden. • Leistungen anlässlich einer medizinisch indizierten Krankenhausbehandlung Wünscht der Patient anlässlich der stationären Behandlung einer Krankheit eine Leistung, die zur Behandlung der Erkrankung nicht notwendig ist, handelt es sich auch um „medizinische Wahlleistungen“. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Patient eine erweiterte Labordiagnostik (z. B. Cholesterin), Massagen oder alternative Behandlungsmethoden oder naturheilkundliche Verfahren wünscht. Auch hier gilt die Möglichkeit einer freien Preisvereinbarung. Diese Entgelte müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen und schriftlich vereinbart werden.

6

• Alternativleistungen In dieser Fallgruppe ist die Leistung medizinisch notwendig. Im Rahmen der Leistungserbringung stehen aber Alternativen zur Verfügung. Dies betrifft z. B. unterschiedliche Qualitäten bzw. Eigenschaften von Arzneimitteln oder Implantaten (z. B. Paukenröhrchen aus Kunststoff bzw. Edelmetall). Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, derart bessere Produkte oder Alternativen als medizinische Wahlleistungen gesondert in Rechnung zu stellen, sofern dies zuvor schriftlich vereinbart wurde. Dies ist allerdings nur insoweit möglich, soweit die Alternativleistung nicht den allgemeinen Krankenhausleistungen zugeordnet werden kann. Die Abgrenzung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine alternativ angesetzte Behandlungsmethode bzw. ein alternativ verwendetes Medizinprodukt als ein Wahlleistungsangebot gesondert berechenbar ist, kann allerdings Schwierigkeiten bereiten.

Abb. 6.7 Medizinische Wunsch- bzw. Zusatz- oder Alternativleistungen im Krankenhausbereich. (nach BWKGMitteilung Nr. 59, 2005)

6.2 IGeL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen) im niedergelassenen Bereich 6.2.1 Gesetzliche Grundlagen Angesichts der Budgetierung und der wirtschaftlichen Gesamtsituation im GKV-Bereich steigt die Bedeutung der individuellen medizinischen Wunsch- bzw. Zusatz- oder Alternativleistungen. Mittlerweile gibt es kaum ein medizinisches Fachgebiet im niedergelassenen Bereich, das keinen Katalog von sogenannten IGeL-Angeboten vorhält. IGeL steht als Abkürzung für „Individuelle Gesundheitsleistung“. Der Begriff wurde 1998 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eingeführt und umfasst diejenigen ärztlichen Leistungen, die: ● nicht Bestandteile des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind, ● dennoch von Patienten gewünscht werden, ● ärztlich empfehlenswert oder – je nach Intensität des Patientenwunsches – zumindest vertretbar sind.

IGeL-Leistungen gehen also über das hinaus, was vom Gemeinsamen Bundesausschuss als medizinisch notwendige Behandlungsmaßnahme und als regelmäßige Vorsorge klassifiziert wird. Die anfallenden Kosten für die Behandlung dürfen privat liquidiert werden, d. h., sie sind vom Patienten privat zu vergüten. Der IGeL-Katalog lässt sich grob in die folgenden Bereiche gliedern (Aufzählung ist beispielhaft): ● Vorsorgeuntersuchungen bei fehlenden Beschwerden und fehlender Symptomatik (zusätzliche jährliche Gesundheitsuntersuchungen [„Intervall-Check“], umfassende ambulante Vorsorgeuntersuchung [„General-Check“] etc.) ● Freizeit, Urlaub, Sport, Beruf (reisemedizinische Beratungen, einschl. Impfberatung, sportmedizinische Beratungen, Eignungsuntersuchungen, z. B. für Reisen, Flugtauglichkeit, Tauchsport etc.) ● medizinisch-kosmetische Leistungen (ästhetische Operationen, z. B. Fettabsaugungen, Nasenoder Brustkorrekturen etc.) ● alternative Heilverfahren (z. B. BachblütenTherapie)

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Vorhandenes Leistungsangebot ●





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ärztliche Serviceleistungen, wie Atteste (z. B. Bescheinigung bei Reiserücktritt) oder besondere Impfungen, die nicht direkt in Verbindung mit der Untersuchung und Behandlung einer Erkrankung stehen labordiagnostische Wunschleistungen (Blutgruppenbestimmung auf Wunsch, Zusatzdiagnostik in der Schwangerschaft auf Wunsch der Schwangeren [z. B. Triple-Test], anlassgezogener Labor-Teiltest auf Patientenwunsch [z. B. Leberwerte, Blutfette] etc.) psychotherapeutische Angebote (Stressbewältigungstraining, Selbstbehauptungstraining, Entspannungsverfahren als Präventionsleistung etc.)

6.2.2 Voraussetzungen für die Inanspruchnahme individueller Gesundheitsleistungen Werden individuelle Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen, muss der Patient mit dem niedergelassenen Arzt vor Beginn der Behandlung einen schriftlichen Behandlungsvertrag abschließen. Der Arzt darf die Vergütung nur fordern, wenn der Patient diesen Leistungen vorher schriftlich zugestimmt hat und er auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde. Gebührenrechtlich können individuelle Gesundheitsleistungen nur dann vergütet werden, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht wurden. Das heißt, die individuelle Gesundheitsleistung ist eine „Leistung auf Verlangen“ (§ 1 Abs. 2 S. 2 GOÄ), die der Versicherte nachfragen muss. Ein Vertragsarzt ist verpflichtet, den Patienten mit dem zu versorgen, was nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Er darf diese Versorgung nicht zugunsten einer alternativ angebotenen, privatärztlichen Behandlung vernachlässigen. Er darf grundsätzlich über das Spektrum seiner IGeL-Angebote informieren. Er darf jedoch keinesfalls den Patienten derart beeinflussen, dass ihm nicht mehr die freie Wahlmöglichkeit bleibt zwischen einer vertragsärztlichen und einer privatärztlichen Behandlung.

6.2.3 Rechnungsstellung für individuelle Gesundheitsleistungen Die Vergütung der IGeL-Leistung darf nicht willkürlich festgesetzt werden, sondern regelt sich nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte

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(GOÄ). Viele individuelle Gesundheitsleistungen sind Methoden der Komplementärmedizin oder neuere Untersuchungs- und Behandlungsverfahren, die in der GOÄ nicht enthalten sind. In diesen Fällen kann der Arzt eine (ggf. mehrere in Kombination!) nach Art, Kosten- und Zeitaufwand vergleichbare Leistung der GOÄ ansetzen (sogenannte „analoge Bewertung“). Zudem sind an die Rechnungslegung besondere Anforderungen zu stellen (§ 12 GOÄ), d. h., sie muss insbesondere enthalten: ● Datum der Leistungserbringung, ● die Nummer und die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung – im Falle einer Analogbewertung die abgegriffene Position – einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer sowie den jeweiligen Euro-Betrag und den Steigerungssatz, ● bei Überschreiten des Gebührensatzes eine verständliche und nachvollziehbare Begründung hierfür, ● Bezeichnung als individuelle Gesundheitsleistung („Leistung auf Verlangen“).

6.3 Fragen und Aufgaben 1. Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen können auch Wahlleistungen in Anspruch genommen werden. Grenzen Sie Wahlleistungen von allgemeinen Krankenhausleistungen ab. 2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit Wahlleistungen angeboten werden dürfen? 3. Welche Grundsätze gelten für die Berechnung von Wahlleistungen? 4. Welche Rechte ergeben sich für den liquidationsberechtigten Arzt aus der Wahlleistungsvereinbarung mit dem Patienten? 5. Inwieweit sind selbst abrechnende Ärzte dem Krankenhausträger zur Kostenerstattung verpflichtet? 6. Welche Fallgruppen sind im Bereich „medizinische Wahlleistungen“ zu nennen? Nehmen Sie die Unterscheidung mithilfe einer Grafik vor. 7. Was sind individuelle Gesundheitsleistungen? 8. Was versteht man unter „Leistungen auf Verlangen“? 9. Welche Voraussetzungen müssen vor der Inanspruchnahme individueller Gesundheitsleistungen beachtet werden?

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 7 Sicherstellungsauftrag für Gesundheitsleistungen

7.1 7.2 7.3

Sicherstellungsauftrag in der vertragsärztlichen Versorgung

78

Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen

79

Fragen und Aufgaben

79

Sicherstellungsauftrag für Gesundheitsleistungen

7 Sicherstellungsauftrag für Gesundheitsleistungen 7.1 Sicherstellungsauftrag in der vertragsärztlichen Versorgung Die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ist in der gesetzlichen Krankenversicherung die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Rechtsgrundlage für die Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung ist der § 72 SGB V. Der Sicherstellungsauftrag bietet eine Gewähr dafür, dass die Ärzteschaft bundesweit und flächendeckend die vertragsärztliche Versorgung so regelt, dass die Versicherten ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich versorgt sind. Dabei muss der allgemein anerkannte Stand der Medizin berücksichtigt werden. Der Sicherstellungsauftrag umfasst auch die ärztliche Versorgung von Personen mit dienstrechtlichen Ansprüchen auf freie Heilfürsorge (Bundeswehr, Bundespolizei) und die ärztliche Behandlung von Strafgefangenen in Notfällen (§ 75 Abs. 3 und 4 SGB V). Auch die ärztliche Versorgung von Mitgliedern der Privaten Krankenversicherung, die nach einem Basistarif bzw. Standardtarif versichert sind (§ 75 Abs. 3a SGB V), und die spezialisierte ambulante Palliativversorgung sind Teil des Sicherstellungsauftrages. Die Kassenärztlichen Vereinigungen kommen ihrem Sicherstellungsauftrag dadurch nach, dass sie für genügend zugelassene Ärzte (Vertragsärzte) verschiedener Fachgruppen sorgen. Besteht ein Bedarf, können sie auch Krankenhausärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen zu der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen und heranziehen. Regelungen für die Zulassung als Vertragsarzt finden sich u. a. im SGB V, in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) sowie im Bundesmantelvertrag-Ärzte. Die Zulassung erfolgt für einen Vertragsarztsitz, an dem der Vertragsarzt tätig wird. Auch eine Zweigpraxis kann der Vertragsarzt einrichten. Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in das Arztregister nachweist. Diese Arztregister werden von den KVen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in das Arztregister setzt die Approbation als Arzt und den erfolgreichen Abschluss einer allgemeinmedizi-

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nischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet voraus (§ 3 Ärzte-ZV). Liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung vor, können sich dennoch Grenzen aus Planungsgesichtspunkten ergeben. Denn der Sicherstellungsauftrag umfasst auch die gemeinsam mit den Krankenkassen durchzuführende Bedarfsplanung (§ 99 SGB V). Bestandteil des Sicherstellungsauftrages ist ebenso die Organisation des Notdienstes zu den sprechstundenfreien Zeiten, abends und nachts, am Wochenende oder an Feiertagen (§ 75 Abs. 1b SGB V). Jeder niedergelassene Arzt, Zahnarzt oder ein MVZ ist verpflichtet, am Notdienst teilzunehmen. Den Notdienst sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen. Hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Dadurch sollen Doppelstrukturen abgebaut werden. Für die Einrichtung und Durchführung eines solchen Dienstes sind die Ärzte- und Zahnärztekammern sowie die KV/KZV zuständig. Zuletzt wurde der Sicherstellungsauftrag ergänzt um die Verpflichtung, zeitgerecht die erforderliche fachärztliche Versorgung sicherzustellen. Zu diesem Zweck müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen sog. Terminservicestellen schaffen. Sie sollen dafür sorgen, dass Patienten mit Facharztüberweisung binnen einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Facharzt bekommen. Beträgt die Wartezeit mehr als vier Wochen, muss dem Patienten ein Termin bei einem zugelassenen Krankenhaus angeboten werden, es sei denn, die Behandlung ist aus medizinischen Gründen innerhalb von vier Wochen nicht notwendig. Ergänzend muss die Entfernung zwischen dem Wohnort des Versicherten und der Facharztpraxis annehmbar sein (§ 75 Abs. 1a SGB V). Seit dem Gesundheitsreformgesetz 2000 ist das Sicherstellungsmonopol der KVen deutlich geschwächt worden. Krankenkassen und deren Verbänden wird der direkte Vertragsabschluss mit einzelnen Arztgruppen gestattet, auch ohne zwingende Einbeziehung der KVen (Stichwort: Integrierte Versorgung; § 140a SGB V).

7.3 Fragen und Aufgaben

7.2 Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen Die Pflegekassen haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung zu gewährleisten, dass die Versicherten bedarfsgerecht und dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse entsprechend versorgt werden (Sicherstellungsauftrag, § 69 SGB XI). Der Sicherstellungsauftrag betrifft die Leistungen, die die Pflegekassen ihren Versicherten in Form der Sachleistung zu gewähren haben. Die Pflegekassen müssen die Leistung nicht selbst erbringen, sondern haben eine Verschaffungspflicht. Sie schließen hierzu mit den Trägern von Pflegeeinrichtungen und sonstigen Leistungserbringern Versorgungsverträge (Kap. 2.4.3), Leistungsund Qualitätsvereinbarungen sowie Vergütungsvereinbarungen ab.

7.3 Fragen und Aufgaben 1. In welchen Paragrafen des SGB ist der Sicherstellungsauftrag geregelt? 2. Nennen Sie zwei Aufgaben, die die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrages zu erfüllen hat. 3. „Der Sicherstellungsauftrag soll von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) auf die Krankenkassen übergehen, weil diese schließlich auch die Kosten tragen.“ Nehmen Sie Stellung zu dieser These. 4. Was versteht man unter vertragsärztlicher Versorgung? 5. Wer nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung teil? 6. Unter welcher Voraussetzung geht der Sicherstellungsauftrag auf die Krankenkassen über (§ 72a Abs. 1 SGB V)? 7. Was versteht man unter einer „Ermächtigung“? 8. Was ist das Arztregister? 9. Welchen Zweck hat die Bedarfsplanung?

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Foto: Alexander Fischer, Thieme

Kapitel 8 Konflikt- und Beschwerdemanagement

8.1 8.2 8.3

Beschwerdebegriff und Beschwerdeführer

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Elemente des Beschwerdemanagements

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Fragen und Aufgaben

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8.2 Elemente des Beschwerdemanagements

8 Konflikt- und Beschwerdemanagement Merke

H

„Wer mir schmeichelt, ist mein Feind; wer mich tadelt, mein Lehrer.“ (Chinesisches Sprichwort)

Eine wichtige Aufgabe für jedes Unternehmen ist, eine Beschwerde zu erkennen, sie qualifiziert zu bearbeiten und aus ihr zu lernen. Ein gutes Beschwerdemanagement, also die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die ein Unternehmen im Zusammenhang mit Kundenbeschwerden ergreift, heißt nicht, in Zukunft keine Reklamationen mehr zu haben. Vielmehr legt es fest, wie man unzufriedenen Kunden begegnet und wie Unternehmen und Mitarbeiter letztendlich den Kunden zufrieden stellen können.

8.1 Beschwerdebegriff und Beschwerdeführer Was sind Beschwerden? Diese Frage klingt banal. Aber in der Praxis ist es häufig nicht einfach, zu einer einheitlichen Beschwerdedefinition zu kommen. Der eine Mitarbeiter nimmt eine Äußerung als Beschwerde wahr, der andere erkennt in derselben Äußerung keine Beschwerde.

Definition

L

Allgemein versteht man unter einer Beschwerde den Ausdruck von Unzufriedenheit, die gegenüber dem Unternehmen oder Drittinstitutionen (z. B. Krankenkasse, Ärztekammer, Schlichtungsstelle oder Medien) vorgetragen wird. Sie wird geäußert, um auf ein als schädigend empfundenes Verhalten eines Leistungserbringers aufmerksam zu machen, eine Wiedergutmachung für erlittene Beeinträchtigungen zu erreichen und/ oder eine Änderung des kritisierten Verhaltens zu bewirken (nach Stauss, 2014).

Beschwerden werden nicht nur von Kunden bzw. Patienten vorgetragen, sondern auch von nicht unmittelbar Betroffenen. Auch Angehörige, Freunde, Betreuer, Personal und externe Dienstleister wie Ärzte, Therapeuten und Seelsorger, Lieferanten so-

wie Kostenträger müssen in den Personenkreis des Beschwerdemanagements einbezogen werden.

8.2 Elemente des Beschwerdemanagements Zentrale Aufgaben des Beschwerdemanagements sind der Umgang mit sich beschwerenden Kunden, leicht zugängliche Beschwerdekanäle, sach- und problemgerechte Beschwerdereaktion und -bearbeitung sowie eine systematische Beschwerdeanalyse. Zusätzlich sollte im Rahmen eines Beschwerdemanagement-Controllings der Zielerreichungsgrad der Aufgabenerfüllung überprüft werden. Mit den beiden letzten Elementen dem Beschwerdereporting und der Beschwerdeinformationsnutzung – schließt sich der Regelkreis des „Beschwerdemanagements“. Einen Überblick über die Einordnung der einzelnen Teilaufgaben in den Beschwerdemanagementprozess liefert ▶ Abb. 8.1. Einige Aufgaben werden unmittelbar gegenüber sich beschwerenden Kunden erfüllt, andere sind interner Natur. Dementsprechend ist zwischen einem direkten und einem indirekten Beschwerdemanagementprozess zu unterscheiden.

8

8.2.1 Beschwerdestimulierung Patienten neigen im Allgemeinen nicht dazu, sich zu beschweren. Zum einen sind Beschwerden risikoreich, weil sie immer mit dem Vorwurf des „Selbstverschuldens“ zurückgewiesen werden können. Sie unterbleiben auch, weil sich eine Beschwerde nicht lohnt oder ein kompetenter Ansprechpartner fehlt. Zum anderen ist die Tendenz zu angepasstem Verhalten im Gesundheits- und Sozialwesen wegen der subjektiv empfundenen Abhängigkeit sehr hoch. Um das Klima nicht zu belasten, bringen Patienten oder Heimbewohner ihre Reklamationen kaum vor. Insofern ist eine geringe Zahl eingehender Beschwerden kein aussagefähiger Indikator für Zufriedenheit. Sie kann auch ein Indiz sein für hohe Beschwerdebarrieren oder resignierte Kunden. In der Regel beschwert sich nur ein kleiner Teil der unzufriedenen Kunden direkt bei der Einrichtung.

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Konflikt- und Beschwerdemanagement

Direkter Beschwerdemanagementprozess

Beschwerdestimulation

Beschwerdeannahme

Beschwerdebearbeitung und -reaktion

Beschwerdeauswertung

Controlling des Beschwerdemanagements

Beschwerdereporting und -informationsnutzung

Indirekter Beschwerdemanagementprozess Abb. 8.1 Der Beschwerdemanagementprozess im Überblick. (nach Stauss, 2014)

Patienten, Angehörige oder Zuweiser müssen dazu bewegt werden, ihre Unzufriedenheit mit der Leistung oder Betreuung zu äußern. Sonst wählen sie andere Reaktionsformen. Möglicherweise bringen sie ihre negativen Erfahrungen im Bekanntenkreis, bei Verwandten, Kostenträgern oder Patientenvertretungen zum Ausdruck („Voice“). Der Schaden (Image, finanzielle Auswirkungen), der dem Krankenhaus oder Heim durch negative Mundpropaganda entsteht, kann erheblich sein. Eine zweite Reaktionsmöglichkeit besteht darin, eine Dienstleistung nicht mehr anzunehmen („Exit“). Für den Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens könnte dies beispielsweise bedeuten, dass Zuweiser ihr Zuweisungsverhalten ändern oder Patienten, soweit Ausweichmöglichkeiten bestehen, zu anderen Einrichtungen wechseln („Exit-Voice-Theorie“ nach Hirschmann). Der erste Schritt in das Beschwerdemanagement ist, Kunden anzuregen, ihre Beschwerden loszuwerden. Es müssen geeignete Beschwerdewege eingerichtet und diese dem Kunden bekannt gemacht werden, z. B. durch: ● Hinweise in Informations- und Serviceblättern und im Schriftverkehr nach der Leistungsinanspruchnahme, ● Aufstellen von Hinweisschildern an zentralen Punkten im Gebäude, Aushänge an Infotafeln, die zeigen, dass Kritik und Anregungen jederzeit willkommen sind, z. B. „Ihre Meinung ist uns wichtig“, ● Auslegen von „Meinungskarten“, auf denen um Kritik und Anregung gebeten wird (die Meinungskarten können in einen „Kummerkasten“ gesteckt werden, der an einer auffälligen Stelle

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82









in der Einrichtung aufgestellt werden muss; gut sichtbares Schreibgerät sollte selbstverständlich sein), einen Button auf der Homepage zur Meinungsäußerung, Namensnennung eines Ansprechpartners in der Einrichtung, um die Anonymität aufzuheben; einen einladenden Zusatz auf Handzetteln, Faltblättern, Plakaten, z. B. „Wenden Sie sich an uns, wenn Sie Fragen oder Probleme haben“, Formulare zum Festhalten von Beschwerden. Werden diese eingesetzt, sollten sie grafisch ansprechend gestaltet sein, möglichst an den Klinikdirektor, Ärztlichen Direktor oder Heimleiter adressiert und wenig kategoriale Fragen enthalten. Jeder Patient oder Heimbewohner sollte ein derartiges Formular beispielsweise bei der Aufnahme als Teil seiner Informationsmaterialien erhalten.

Häufiger wird es aber so sein, dass Beschwerden gegenüber Mitarbeitern der Einrichtung in einem persönlichen Gespräch geäußert werden.

8.2.2 Beschwerdeannahme Auf die Stimulierung der Beschwerdebereitschaft folgt die Beschwerdeannahme. Hier geht es um die Organisation des Beschwerdeeingangs sowie die Beschwerdeerfassung. Bei der Organisation des Beschwerdeeingangs sind klare Verantwortungsstrukturen wichtig. Zudem müssen Mitarbeiter, die Beschwerden entgegennehmen, auf derartige Situationen vorbereiten sein. Nicht selten sind Beschwerdeäußerungen

8.2 Elemente des Beschwerdemanagements

Bei einem Beschwerdegespräch sollten folgende Regeln beachtet werden: • Gestehen Sie dem Kunden ein gewisses Maß an Emotionen/Aggressionen zu. • Beschwerdeführer haben häufig die Erfahrung gemacht, dass ihre Beschwerde mit Nachdruck vorgebracht werden muss, bevor sie jemand ernst nimmt. Lassen Sie den Kunden ruhig „HB-Männchen“ spielen und betrachten Sie das als Theaterdonner. • In dem Augenblick, in dem der Kunde sich beschwert, sind Sie der Repräsentant der Einrichtung, mit dem der Patient „ein Hühnchen zu rupfen“ hat. Ganz gleich, wie wütend er ist, er meint i. d. R. nicht Sie persönlich, sondern die Einrichtung. • Der emotionale Beschwerdeführer muss erst einmal „Dampf ablassen“. Danach wird er ruhiger, vielleicht ist ihm anschließend sein Auftritt sogar peinlich. • Je eher der Kunde auf die sachliche Ebene zurückkehrt, umso schneller können Sie sich um das eigentliche Problem kümmern. Lassen Sie ihn also ausreden, unterbrechen Sie ihn nicht, widersprechen Sie ihm nicht. • Lassen Sie sich auf keinen Fall provozieren. Übergehen Sie Unverschämtheiten und geben Sie dem Kunden die Chance, sich zu beruhigen. • Demonstrieren Sie in der Phase des Abreagierens Ihr Interesse, indem Sie kurze Rückmeldungen geben: „Ja, ich verstehe“, „Das ist richtig“, „Das begreife ich“.

Abb. 8.2 Sieben goldene Regeln für den Umgang mit Kunden. (Trill, 2000)

sehr emotional und aggressiv. Es ist Aufgabe des Mitarbeiters, Emotionen abzubauen und dem Kunden das Gefühl zu vermitteln, ernst genommen zu werden. Persönliche Empfindlichkeiten sind zurückzustellen und die Grundregeln effektiver Kommunikation zu beachten (zuhören, ausreden lassen und nicht unterbrechen, wenn nötig, weitere Informationen erfragen). Verbale Abwehrreaktionen, z. B. „Wir haben auch noch andere Patienten“, sollten vermieden werden. In ▶ Abb. 8.2 sind einige Hinweise zum Umgang mit Kunden im Beschwerdegespräch zusammengestellt. Beschwerden und Kritik müssen schriftlich festgehalten werden, damit sie für den weiteren Bearbeitungsprozess zur Verfügung stehen und sinnvoll ausgewertet werden können. Da es außerdem in der Praxis häufig vorkommt, dass die Beschwerde nicht von dem Mitarbeiter aufgenommen wird, der den Fall auch später bearbeitet, muss sicher-

gestellt sein, dass alle wichtigen und relevanten Informationen standardisiert erfasst werden. Zu den wichtigsten Informationskategorien gehören im Wesentlichen (Bäuerle, 2003): ● Informationen zum konkreten Problem (Woher) ○ Art des Problems ○ genaue Umstände des Vorfalls ○ Erst- oder Folgebeschwerde ○ vom Beschwerdeführer erwartete Reaktion (z. B. gewünschte Beschwerdelösung, Reaktionsdringlichkeit) ● Informationen über den Beschwerdeführer ○ Stammdaten ○ Bezug des Beschwerdeführers zum Problem (Beschwerde über eigenes Problem oder Beschwerdeäußerung für andere) ○ Ausmaß der Verärgerung ○ Handlungsabsicht (v. a. bei juristisch relevanten Sachverhalten) ● Informationen über die Beschwerdeannahme ○ Zeitpunkt der Beschwerdeannahme ○ genutzter Beschwerdekanal ○ Adressat der Beschwerde ○ entgegennehmender Mitarbeiter ● Informationen über die Beschwerdebearbeitung ○ Beschwerdeverantwortlichkeit ○ Beschwerdebearbeitungsprozess (z. B. Standard- oder Sonderfall) ● Informationen über die Beschwerdelösung ○ Zusagen gegenüber dem Beschwerdeführer während der Annahme ○ tatsächlich realisierte Beschwerdelösung

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Die wesentlichen Kriterien für die Erfassung der Beschwerden sind Vollständigkeit, Schnelligkeit und Strukturiertheit. Für die Erfassung von Beschwerden ist es wichtig, geeignete Hilfsmittel bereitzustellen, die den Mitarbeitern eine schnelle und einfache Datendokumentation ermöglichen. In der Praxis werden daher meist standardisierte Formulare genutzt. Der Umfang und Aufbau des Beschwerdebogens richtet sich nach den Lesegewohnheiten und organisatorischen Abläufen der jeweiligen Einrichtung. Möglich ist auch eine EDV-gestützte Beschwerdeerfassung.

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Konflikt- und Beschwerdemanagement

8.2.3 Beschwerdebearbeitung und -reaktion Die Beschwerdezufriedenheit wird wesentlich dadurch beeinflusst, wie schnell die Beschwerde bearbeitet wird. Niemand wird die Geduld aufbringen, „ewig“ auf eine Beschwerdeantwort zu warten, ihr ständig hinterherzulaufen und dann ein Standardschreiben zu erhalten. Die Reaktionsschnelligkeit bei der Bearbeitung seiner Beschwerde signalisiert dem Kunden bzw. Patienten, wie wichtig er und seine Beschwerde genommen werden. Wer verantwortlich für eine Beschwerde und für deren Bearbeitung ist, muss festgelegt sein. Ebenso ist eine Entscheidung über Umfang und zeitliche Gestaltung der Kommunikation nach Beschwerdeeingang zu treffen. Hier ist festzusetzen, ● welche Rückmeldungen auf eine Beschwerde folgen sollen (z. B. Bestätigung des Eingangs einer Beschwerde, Zwischenbescheid, Endbescheid, nachträgliche Ermittlung der Beschwerdezufriedenheit) und ● in welcher Form auf die Beschwerde reagiert wird (mündlich, schriftlich, telefonisch).

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Zum anderen müssen Terminvorgaben für die Erledigung von Beschwerden festgelegt werden. Viele Unternehmen entwickeln dazu konkrete Zeitstandards. Weiterhin müssen grundsätzlich Entschädigungsformen bestimmt werden. Diese können in folgende Kategorien eingeteilt werden: ● finanziell (z. B. Honorarermäßigung, v. a. bei Privatpatienten), ● materiell (z. B. Gutschein für Kantine, Reparatur, Ersatzprodukt, Geschenke, therapeutische Angebote wie Massage oder Gymnastik) und ● immateriell (Entschuldigung, Besuche durch Mitarbeiter, Information und Erklärung, Einladung zu Events) Die Wahl der passenden Entschädigung hängt u. a. davon ab, wie die Zufriedenheit am effektivsten wiederhergestellt werden kann. Auch die ökonomische Bedeutung für die Einrichtung (Kunde droht, abzuwandern) hat Einfluss auf die Art der Beschwerdelösung. Welche Lösung gewählt wird, hängt von der Art der Beschwerde und den finanziellen Möglichkeiten der Einrichtung ab. Es wird sich immer lohnen, für den Augenblick finanzielle Einbußen zu ertragen und dafür einen treuen Kunden zu gewinnen.

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8.2.4 Beschwerdeauswertung Ein gut funktionierendes Beschwerdemanagement ist mit der abschließenden Klärung der Beschwerde zwar für den Kunden beendet, nicht aber für die Einrichtung. Die dokumentierten Beschwerden gehen in die Beschwerdeauswertung ein. Bei der Beschwerdeauswertung geht es um die quantitative und qualitative Auswertung der erhaltenen Beschwerdeinformationen. Mit einer quantitativen Beschwerdeanalyse kann das gesamte Beschwerdeaufkommen nach Anzahl und Mengen untersucht werden. Zum Beispiel können häufige Probleme erkannt werden. Mögliche Fragestellungen sind: ● Wie viele Beschwerden fielen im Auswertungszeitraum insgesamt an? ● Welche Beschwerdegründe (Baumängel, hygienische Zustände usw.) wurden von Kunden wie oft geäußert? ● Auf welchen Wegen (persönliche Gespräche, Telefon, Brief usw.) kamen jeweils wie viele Beschwerden? ● In welchen Bereichen werden Beschwerden am häufigsten geäußert? ● Welche Problemlösungen wurden angeboten? ● Welche Kunden bzw. Patienten haben sich beschwert? ● Wie viele Beschwerden konnten im Erstkontakt gelöst werden? ● Wie viele Folgebeschwerden traten auf? ● Wie viele Kunden bzw. Patienten sind nach der Beschwerde nicht wiedergekommen? Während mit quantitativen Verfahren erkannt wird, wo dringender Handlungsbedarf besteht, sollen mit qualitativen Verfahren Problemursachen und Ansatzpunkte für Verbesserungen identifiziert werden. Eine Methode der qualitativen Beschwerdeanalyse ist beispielsweise die Häufigkeitsanalyse. Zentrale Fragestellungen der qualitativen Beschwerdeanalyse sind z. B.: ● Wo liegen die Stärken und Schwächen der Institution? ● Welche Ursachen haben die erkannten Schwächen? ● Welche konkreten Ansatzpunkte gibt es, um Schwachstellen zu beseitigen und auf diese Weise zukünftige Beschwerden zu vermeiden?

8.3 Fragen und Aufgaben

8.2.5 BeschwerdemanagementControlling Das Beschwerdemanagement-Controlling beschäftigt sich mit der Frage: Wie gut läuft das Beschwerdemanagement, z. B. die Beschwerdestimulierung oder die Beschwerdebearbeitung? Außerdem gibt es Aufschluss über die Rentabilität der einzelnen Tätigkeiten; Kosten und Nutzen des Beschwerdemanagementsystems werden einander gegenübergestellt.

8.2.6 Beschwerdereporting und -informationsnutzung Ohne eine aktive und regelmäßige Berichterstattung ist ein Beschwerdemanagement wenig wirksam. Mit Hilfe verständlicher und aussagekräftig aufbereiteter Berichte müssen die gewonnenen Informationen aus Beschwerdeauswertung und -controlling zielgruppenbezogen übermittelt werden. Festzulegen ist, welche Personen bzw. Unternehmensbereiche welche Auswertungen (quantitativ und qualitativ) in welcher Form erhalten, wie auch in welchen Zeitintervallen die Reports zugehen sollen. Möglich sind Tages-, Wochen-, Monats-, Quartals- oder Jahresreports. Adressaten sind beispielsweise die Unternehmensleitung sowie zentrale Unternehmensbereiche wie Qualitätsmanagement, Medizin-Controlling, Controlling, Patientenverwaltung sowie Personalmanagement. Ergänzend können Ergebnisse auch allen Mitarbeitern im Unternehmen zugänglich gemacht werden, z. B. durch Beiträge in Mitarbeiterzeitschriften. Das Beschwerdemanagement kann nicht nur aktiv in dieser Berichterstattung („Informations-Push“), sondern auch passiv eingesetzt werden. Man spricht von einem „Informations-Pull“. Hierbei werden die beschwerderelevanten Sachverhalte auf Anforderung interner Anspruchsgruppen aufbereitet. Alternativ wird die Gelegenheit zum direkten Zugriff auf die Daten für eigene Auswertungen angeboten. Letztlich soll das Beschwerdemanagement das Qualitätsmanagement unterstützen, indem aus den erfassten Beschwerdeinformationen gezielt Maßnahmen abgeleitet werden, um die Produktqualität und die Verfahrensabläufe zu verbessern. In vielen Betrieben nutzen z. B. Qualitätsverbesserungsteams oder Qualitätszirkel die Beschwerdeinformationen, um Probleme zu lösen. Neben den eigenen Mitarbeitenden können auch Kunden

durch Kundenforen (real oder virtuell als Chat) in den Prozess der Qualitätsverbesserung einbezogen werden.

8.3 Fragen und Aufgaben 1. Stellen Sie eine Liste möglicher Beschwerdethemen am Beispiel einer Klinik auf. 2. Welcher Personenkreis muss in das Beschwerdemanagement einbezogen werden? 3. Unterscheiden Sie zwischen „direktem“ und „indirektem“ Beschwerdemanagement. 4. Welche Reaktionsweisen stehen einem „Kunden“ offen? 5. Nennen Sie Gründe für das Unterbleiben einer Beschwerde bei Patienten. 6. Erläutern Sie die „Exit-Voice-Theorie“ nach Hirschmann. 7. Welche Beschwerdekanäle kommen infrage? 8. Ein wütender Kunde/Patient beschwert sich bei Ihrem Kollegen „über kaltes Essen“. Seine Reaktion: „Da kann ich auch nichts machen.“ Wie hätten Sie sich verhalten? 9. Für die spätere Beschwerdeauswertung ist es erforderlich, wichtige Daten zu erfassen. Welche Daten würden Sie erfassen? 10. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie durch den Einsatz von standardisierten Formblättern bei der Beschwerdeerfassung? 11. Aussagen eines Heimleiters/Klinikleiters: „Generell wird bei uns relativ offen mit Beschwerden umgegangen. Als Möglichkeit zur Äußerung von Kritik, Beschwerden, Reklamationen oder Anregungen gibt es in unserer Einrichtung einen ‚Kummerkasten‘. Eine systematische Behandlung und Auswertung gibt es nicht. Allerdings beweist die geringe Zahl eingehender Beschwerden die Zufriedenheit mit unserer Einrichtung“. a) Nehmen Sie Stellung zu der Aussage „Die geringe Zahl eingehender Beschwerden beweist die Zufriedenheit mit unserer Einrichtung.“ b) Sie haben nun die Chance, ein Beschwerdemanagementsystem in dieser Einrichtung zu initiieren. Wie gehen Sie vor? 12. Wie unterscheiden sich Qualitätsverbesserungsteams von Qualitätszirkeln im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit ihrer Existenz und ihrer Mitgliederstruktur?

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Foto: Werner Krüper, Thieme

Kapitel 9

9.1

Gründe für das Kundenbindungsmanagement

87

Kundenbindungsmanagement

9.2

Kundenbindung und Kundenbindungsmanagement

87

Wirkungskette der Kundenbindung

88

9.4

Kundenbindungsstrategien

88

9.5

Instrumente des Kundenbindungsmanagements

91

Fragen und Aufgaben

91

9.3

9.6

9.2 Kundenbindung und Kundenbindungsmanagement

9 Kundenbindungsmanagement 9.1 Gründe für das Kundenbindungsmanagement

und Pflege und informiert sich umfassend und selbstständig.

Warum erscheint es für ein Unternehmen überhaupt attraktiv, Anstrengungen zu unternehmen, um einen Kunden zu binden? Wesentliche Vorteile einer dauerhaften und intensiven Beziehung liegen in: ● einem höheren Maß an Planungssicherheit ● Neukundengewinnungen durch Mund-zuMund-Kommunikation: ein zufriedener Stammkunde wird seine positiven Erfahrungen mit der Einrichtung an potenzielle Kunden weitergeben sowie Leistungen der Einrichtung empfehlen ● Rentabilitätseffekten: die Pflege bereits bestehender Beziehungen ist weit weniger kostspielig für den Dienstleistungsanbieter als das Gewinnen einer neuen Klientel ● Cross-Buying-Effekten: Kunden greifen auch zu anderen Angeboten aus der Leistungs- bzw. Dienstleistungspalette ● sinkenden Kundenbetreuungskosten: der Anbieter lernt mit den Jahren die Bedürfnisse und Anforderungen des Kunden kennen ● größerer Toleranz auch gegenüber Fehlern

9.2.1 Wer sind Kunden im Gesundheitssektor?

9.2 Kundenbindung und Kundenbindungsmanagement Beziehungen zwischen den einzelnen Marktteilnehmern standen schon immer im Mittelpunkt der Marktforschung. Das Ziel, Kunden an das Unternehmen zu binden, um Folgekäufe zu erzielen, ist nicht neu. Aufgrund von Reformen, Strukturveränderungen, Deckelungen und Budgetierung wird das Thema „Kundenbindung“ auch in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens immer wichtiger. Allein die konträr geführte Debatte über den „Kundenstatus“ von Patienten verdeutlicht den Unterschied der Kundenorientierung bei vielen Einrichtungen. Mit dem Kundenbegriff wird ein bestimmtes Rollenverhalten beschrieben. Der Kunde ist autonom und will wissen, was er für sein Geld bekommt. Er kann seinen Partner aus der Vielfalt der Leistungsanbieter frei wählen, hat nur eine mäßig ausgeprägte Bindung, ist reklamationsfreudiger, wünscht eine individuelle Behandlung

Definition

L

„Kunden sind potenzielle und aktuelle Abnehmer einer Leistung. Sie umfassen alle Personen, die eine Leistung direkt in Anspruch nehmen, sowie alle anderen an Auswahl, Nutzung und Finanzierung der Leistung Beteiligen.“ (Bäuerle, 2003)

Nach dieser Definition sind nicht nur die eigentlichen Dienstleistungsempfänger (z. B. Patient) Kunden, sondern auch Angehörige, Besucher und Gäste, Krankenkassen und andere Kostenträger, Unternehmen, Lieferanten, Behörden und Medien. Eine weitere Kundengruppe stellen zuweisende bzw. weiterbehandelnde Stellen dar, also niedergelassene Ärzte oder sonstige Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens.

Definition

9

L

Der Begriff „Kundenbindung“ umfasst somit: „sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzielen, sowohl die Verhaltensabsichten als auch das tatsächliche Verhalten eines Kunden gegenüber dem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden in Zukunft zu stabilisieren bzw. auszuweiten.“ (Homburg, 2013)

Definition

L

Kundenbindungsmanagement ist folglich „die systematische Analyse, Planung, Durchführung sowie Kontrolle sämtlicher auf den aktuellen Kundenstamm gerichteten Maßnahmen mit dem Ziel, dass diese Kunden auch in Zukunft die Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten oder intensiver pflegen.“ (Homburg, 2013).

87

Kundenbindungsmanagement

9.3 Wirkungskette der Kundenbindung Bis Kundenbindung eintritt, müssen unabhängig von der Branche 5 Phasen durchlaufen werden (▶ Abb. 9.1).

9.4 Kundenbindungsstrategien Unter Kundenbindungsstrategie ist ein langfristiger und globaler Verhaltensplan zu verstehen. Grundsätzlich lassen sich auch für Einrichtungen des Gesundheitssektors fünf Kundenbindungsdimensionen unterscheiden (▶ Abb. 9.2).

Ausgangspunkt der Strategieplanung ist die Festlegung des Objekts (Produkt, Dienstleistung, Hersteller), an das der Kunde gebunden werden soll (Worauf bezieht sich die Kundenbindungsstrategie?). Darauf aufbauend erfolgt die Definition der Zielgruppe, z. B. Patienten, Zuweiser, eigene Mitarbeiter, Krankenkassen und andere Kostenträger. Die Zielgruppenbestimmung ist entscheidend, um den Erwartungen der Gruppe gerecht zu werden und eine gezielte individuelle Ansprache zu erreichen. Der nächste Schritt der Strategiefestlegung konkretisiert die Art der Kundenbindung. Es wird die Frage „Wie soll der Kunde gebunden werden?“ gestellt. Unterschiedliche Ursachen und Gründe für

Wirkungskette der Kundenbindung Phase 1 Erstkontakt

• Kauf • Inanspruchnahme einer Leistung

Die erste Phase der Wirkungskette, der Erstkontakt des Kunden mit dem Anbieter, umfasst lediglich den Kauf eines Produkts oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung.

9 Phase 2 Kundenzufriedenheit • Bewertung durch Soll-Ist-Vergleich

Kundenloyalität • Akzeptanz • Vertrauen • Positive Einstellung

Kundenbindung • Wiederinanspruchnahme • Cross-Buying • Weiterempfehlung

In Phase 2 bewertet der Kunde die Situation bzw. Interaktion und bildet sein Zufriedenheitsurteil. Zufriedenheit oder Unzufriedenheit entsteht durch den Vergleich erlebter Leistung (Ist-Leistung) und erwarteter Leistung (Soll-Leistung). Bestätigung oder positive Abweichung führen in der Regel zu Kundenzufriedenheit, während negative Erfahrungen den Kunden unzufrieden machen. Phase 3 Fällt das Urteil positiv aus, baut der Kunde eine allgemein positive Einstellung auf. Kundenloyalität entsteht. In dieser Situation zeigt der Kunde bereits eine geringere Wechselbereitschaft. Er wird bei der nächsten Leistungsinanspruchnahme wieder das entsprechende Produkt bzw. das Dienstleistungsangebot auswählen. Kundenloyalität ist von einem grundsätzlichen Vertrauensverhältnis geprägt. Phase 4 Sobald sich diese Faktoren in Wiederinanspruchnahme, Cross-Buying-Verhalten bzw. in Weiterempfehlung an potenzielle Kunden niederschlagen, kann von Kundenbindung gesprochen werden.

Phase 5 ökonomischer Erfolg

Mit Steigerung des ökonomischen Erfolgs schließt sich die Wirkungskette.

Abb. 9.1 Wirkungskette der Kundenbindung. (nach Homburg, 2013)

88

9.4 Kundenbindungsstrategien

Abb. 9.2 Dimensionen einer Kundenbindungsstrategie. (nach Homburg, 2013) s? Wa

We r?

Bezugsobjekt der Kundenbindung

Kundenbindungszielgruppe z. B. Patient/Zuweiser

Art der Kundenbindung Kundenbindungsstrategien

z. B. Kooperation zwischen ambulantem Pflegedienst, Arzt, Krankenhaus und Krankenkasse

Intensität und Timing der Kundenbindung Wi

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nd

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z. B. vertragliche Bindung: Trägerverbände ambulanter Pflegeeinrichtungen unterhalten Kooperationsverträge mit Kranken- und Pflegekassen

Wie?

Mit wem?

Kooperationsstrategien der Kundenbindung

Kundenbindungsinstrumente z. B. zielgruppenorientiertes Beschwerdemanagement

t? mi Wo

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9

Arten der Kundenbindung

Gebundenheitsstrategie „Nicht-Wechseln-Können“ vertraglich-rechtliche Gebundenheit

technisch-funktionale Gebundenheit

Verbundenheitsstrategie „Nicht-Wechseln-Wollen“ ökonomische Gebundenheit

psychologische Verbundenheit

situative Bindungsursache

Abb. 9.3 Arten der Kundenbindung. (nach Meffert, 2008)

die Bindung an eine Institution bzw. Einrichtung sind denkbar. Die Bindung kann durch Verbundenheit oder durch Gebundenheit zustande kommen (▶ Abb. 9.3). Die psychologische Verbundenheit spielt für die Gesundheitsbranche die wesentlichste Rolle. Bei der Verbundenheitsstrategie bleibt der Kunde nicht aufgrund rein finanzieller Überlegung, sondern er ist durch eine emotionale positive Grundeinstellung gebunden. Der Kunde bleibt in der Be-

ziehung, weil „er das will“ („freiwillige Kundenbindung“). Gründe der Verbundenheit sind Vertrauen, z. B. zu seinem Hausarzt, das Image und der Bekanntheitsgrad einer Einrichtung im Vergleich zum Mitbewerber, aber auch Gewohnheiten des Kunden. Auch äußere Faktoren, beispielsweise der günstigere Standort, können die Bindung an einen Anbieter beeinflussen (situative Bindungsursache). Diese Faktoren bewirken, dass ein Kunde den An-

89

Kundenbindungsmanagement

Instrumente des Kundenbindungsmanagements

Leistungsprogrammbezogene Maßnahmen zur Kundenbindung Im Rahmen der Produktpolitik liegt der Fokus zum einen auf der Verbesserung des Leistungsprogramms, zum anderen auf der Servicekomponente. Diese sollte direkt aus den Kundenerwartungen abgeleitet werden.

Bsp.: • individualisierte Dienstleistungsangebote, z. B. persönliche Beratungen (Individualberatungen, Ernährung, Pflege) • individuelle Maßnahmen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus • ergänzende Zusatzleistungen für den eigentlichen Dienstleistungsempfänger, wie Wahlleistungen, ergänzende therapeutische Angebote, Wochenendseminare und Workshops, Rehabilitationssportangebote • ergänzende Angebote für „Zuweiser“, wie Informations- und Schulungsmaßnahmen oder Nutzung der Einrichtung für diagnostische oder therapeutische Zwecke • verbesserte Dienstleistungen durch QM • räumliche Gestaltung der Zimmer

9

Preispolitische Maßnahmen zur Kundenbindung Als preispolitische Instrumente können im Rahmen von Kundenbindungsstrategien Rabatt- und Bonussysteme, finanzielle Anreize (Prämien) sowie segmentspezifische Preisdifferenzierungsstrategien eingesetzt werden. Allerdings steht das Instrument der Preispolitik für Einrichtungen des Gesundheitsund Sozialwesens durch die gesetzliche Preisnormierung in nur sehr einschränkten Ausmaß zur Verfügung. Für Kliniken spielt die Preisgestaltung bei nicht-ärztlichen Leistungen (Unterkunft und Verpflegung) und bezogen auf ergänzende Servicebzw. Zusatzleistungen eine mögliche Rolle. So kann je nach Ausstattung des Wahlleistungszimmers das Entgelt preislich differieren. Auch die Ausgestaltung der Zahlungsbedingungen (u.a. Zahlungsweise, Zahlungsabwicklung sowie Zahlungsfristen) sollten, in erster Linie für Selbstzahler, individuell und kundenorientiert angepasst sein. Vorstellbar ist ein zurückhaltender Umgang mit Mahnungen säumiger Kunden oder Teilzahlungen bei besonders kostenintensiven medizinischen Leistungen. Auch Einrichtungen der stationären Altenhilfe bieten Zusatzleistungen an, die dann gesondert bezahlt werden müssen. Zusatzleistungen sind besondere Komfortleistungen bei Unterkunft und Verpflegung sowie zusätzliche pflegerische/betreuende Leistungen (§ 88 SGB XI). Ihr Angebot eröffnen dem Leistungsanbieter realistische Möglichkeiten zur Preisgestaltung und Preisdifferenzierung, umso wahrscheinlicher, je individueller sie auf den Pflegebedürftigen bezogen entwickelt und angeboten werden. Bonus-Programme haben sich im Krankenkassenbereich etabliert und sind unter den Aspekten Mitgliederakquise und Kundenbindung attraktiv. Sie sind an die regelmäßige Teilnahme von Früherkennungsmaßnahmen bzw. qualitätsgesicherten Leistungen der Primärprävention geknüpft. Alle Bonusprogramme haben die Zielsetzung, die Eigeninitiative der Versicherten zu gesundheitsbewusstem Verhalten und zur Vorsorge zu fördern. Dafür gibt es Bar- und Sachprämien oder Gesundheitsleistungen. Bei der Gestaltung der Bonuslösungen ist jede Krankenkasse frei. Neben den Bonusprogrammen gewinnen auch Wahltarife immer mehr an Bedeutung.

Kommunikationspolitische Maßnahmen zur Kundenbindung Um in einen kontinuierlichen Dialog mit den Kunden zu treten, werden Maßnahmen der Kommunikationspolitik eingesetzt.

Bsp.: • zielgruppengerechte Broschüren (z. B. für Patienten, Presse, Kostenträger, Bevölkerung, Zuweiser) • attraktiver Internet-Auftritt, z. B. mit detailliertem Leistungsangebot des Hauses, Checklisten für Patienten zur Vorbereitung des Aufenthalts, Informationen für Angehörige (Besuchszeiten etc.), Adressen von Selbsthilfegruppen, Anfahrtsbeschreibung inkl. öffentlicher Verkehrsmittel und Parkplatzsituation u.v.m. • regelmäßige Newsletter • regelmäßige Marktforschung (Patientenbefragungen) • aktive Pressearbeit • regelmäßige Foren zum Informationsaustausch (z. B. Patientendialog, Selbsthilfegruppen, Zuweiserforen, Foren in Schulen, Behörden und Vereinen) • persönliche Einladung zu besonderen Ereignissen (Tag der offenen Tür) • kundenorientiertes Beschwerdemanagement • Direct-Mail-Aktionen zu bestimmten Anlässen, z. B. Geburtstagsmailing • Einrichtung eines Freundeskreises • kostenfreie Informationsund Vortragsveranstaltungen • persönliches Gespräch (Arzt, Pflege) • Mobile Apps • Social-Media-Auftritt (Facebook, Google + und Twitter sowie Xing und Linkedln)

Abb. 9.4 Überblick über die Instrumente des Kundenbindungsmanagements.

90

Distributionspolitische Maßnahmen zur Kundenbindung Aufgrund der besonderen Eigenschaften von Dienstleistungen muss nicht das Produkt (Behandlungsleistung) zum Nutzer (Patient), sondern vielmehr der Nutzer (Patient) zum Ort der Leistungserstellung (Krankenhaus, Arztpraxis) gebracht werden. Damit erhält die Standortwahl im Rahmen distributionspolitischer Maßnahmen zur Kundenbindung für die meisten Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens eine besondere Bedeutung. Allerdings ist die Frage des Standorts bei den meisten Einrichtungen bereits beantwortet und stellt sich nur im Rahmen von Neubauabsichten. Aus Kundensicht sollte eine Einrichtung möglichst einfach erreichbar sein (z. B. gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel; Erleichterung der An- und Abtransporte von Patienten für Krankenwagen), Parkmöglichkeiten sollten vorhanden sein und die Ausschilderung entlang möglicher Zufahrtswege und die Gestaltung eines internen Leitsystems sollten kundengerecht geplant und gestaltet werden.

9.6 Fragen und Aufgaben bieter primär aus Gründen der besseren Erreichbarkeit (bessere Verkehrsanbindung), Bequemlichkeit (wohnortnaher Standort eines Krankenhauses) oder des Fehlens vergleichbarer Alternativen nutzt. Aus der Kenntnis der Zielgruppe und der Art der Kundenbindung ergibt sich der Handlungsrahmen für das Kundenbindungsinstrumentarium. Es folgt die Festlegung der Intensität und der Einsatzzeitpunkte der Kundenbindungsinstrumente (z. B. regelmäßige Informationsveranstaltung oder zu bestimmten Anlässen). Zu guter Letzt müssen die eigenen Kundenbindungsmaßnahmen mit den Kooperationspartnern abgestimmt und koordiniert werden.

9.6 Fragen und Aufgaben 1. Welche Chancen und Gefahren birgt Kundenbindung im Allgemeinen für ein Unternehmen? 2. Skizzieren Sie die Wirkungskette der Kundenbindung. 3. Nennen Sie die 5 Ursachen der Kundenbindung. 4. Die Stärke der Kundenbindung ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Erläutern Sie die Konstrukte „Verbundenheit“ und „Gebundenheit“ als wesentliche Bindungsursachen. 5. Geben Sie Beispiele für Instrumente des Kundenbindungsmanagements.

9.5 Instrumente des Kundenbindungsmanagements Um attraktive Kunden bzw. Kundengruppen zu binden, bieten sich analog zu den klassischen Marketinginstrumenten Maßnahmen der Dienstleistungs-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik an. Die einzelnen Instrumente sollten dabei nicht isoliert angewendet werden, sondern i. d. R. aufeinander abgestimmt und auf die jeweiligen Kundensegmente zugeschnitten. Einen Überblick über mögliche Instrumente des Kundenbindungsmanagements zeigt ▶ Abb. 9.4.

9

91

Foto: Werner Krüper, Thieme

Kapitel 10 Haftung

10.1

Haftungsrecht (Allgemeine Einführung)

93

10.2

Strafrechtliche Haftung

94

10.3

Fragen und Aufgaben

100

10.4

Zivilrechtliche Haftung

101

10.5

Träger- und Mitarbeiterhaftung

103

10.6

Fragen und Aufgaben

108

10.7

Beweislast

108

10.8

Aufklärungsversäumnis

111

10.1 Haftungsrecht (Allgemeine Einführung)

10 Haftung Info

Z

Fahrlässige Tötung: Die falsche Spritze: Ein Student im praktischen Jahr (PJ) hatte einem Säugling fälschlicherweise ein für die orale Gabe bestimmtes Antibiotikum intravenös gespritzt. Das neuneinhalb Monate alte Kind, das an akuter myeloischer Leukämie erkrankt war, starb an einem anaphylaktischen Schock. Das Amtsgericht Bielefeld verurteilte den Studenten daraufhin wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 1800 €. Zwei Jahre später bestätigte das Landgericht das Urteil wegen fahrlässiger Tötung im Berufungsverfahren. Der PJler habe seine Sorgfaltspflichten verletzt. Die Spritze sei nicht beschriftet gewesen, so dass der Angeklagte zumindest hätte nachfragen müssen, so der Richter. Im Vergleich zur ersten Instanz änderte das Landgericht allerdings das Strafmaß. Die Gesamthöhe der Geldstrafe blieb zwar gleich, doch die Höhe des Tagessatzes wurde von 120 auf 90 € reduziert. Das ist insbesondere von Bedeutung, als nun der Eintrag im Bundeszentralregister bleibt, aber die Vorstrafe nicht im polizeilichen Führungszeugnis auftaucht. Mittlerweile ist das Urteil rechtskräftig. Weder Verteidigung noch Staatanwaltschaft legten Rechtsmittel ein. Das Urteil ist ungewöhnlich, weil ein Student wegen eines Fehlers im Rahmen des PJ in einem Strafprozess verurteilt wurde. (Az.: 11 Ns-18 Js. 279/11–11/13, in: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 35–36, 2013)

StGB; StPO

10.1 Haftungsrecht (Allgemeine Einführung) Haftung bedeutet, für die Konsequenzen seines Handelns einzustehen. Ein Fehlverhalten kann zivilrechtliche als auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen (▶ Abb. 10.1). Die zivilrechtliche Haftung behandelt die Frage, ob jemand für einen von ihm oder einem Dritten verursachten Schaden ersatzpflichtig ist. Im Strafprozess wird gefragt: Hat der Arzt eine Straftat begangen? Durchführung und Ausgang von Strafverfahren und Zivilverfahren sind voneinander unabhängig. Ein Arzt kann vom Strafgericht frei gesprochen, jedoch vom Zivilgericht zu Schadenersatz und Schmerzensgeld verurteilt werden. ▶ Zivilrecht. Das Zivilrecht gehört zum bürgerlichen Recht und regelt die Frage nach der Haftung. Maßgeblich ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Ein Zivilprozess wird eingeleitet, wenn der Patient Klage bei Gericht einreicht. Rechtsfolge einer Haftung sind die Schadenersatzpflicht (z. B. Verdienstausfall usw.) und das Schmerzensgeld. Im Zivilprozess werden die Beweise nicht von Amts wegen ermittelt, d. h., der Patient muss beweisen, dass er durch einen Behandlungs- bzw. Pflegefehler geschädigt wurde. Er muss das Verschulden und den Umfang des Schadens nachweisen. Ein solcher Beweis ist häufig sehr schwierig. Abweichend von dieser Grundregel billigt die Rechtsprechung dem Patienten in Ausnahmefällen bestimmte Beweiserleichterungen zu, die bis zur Beweislastumkehr führen können (Kap. 10.7).

Haftung

strafrechtliche Haftung

10

BGB; ZPO

zivilrechtliche Haftung

vertragliche Haftung

Haftung wegen unerlaubter Handlung (Delikthaftung)

Abb. 10.1 Strafrechtliche Haftung vs. zivilrechtliche Haftung.

93

Haftung ▶ Strafrecht. Das Strafrecht hingegen gehört dem öffentlichen Recht an. Zuständig für das Strafrecht ist das Strafgesetzbuch (StGB). Ein Strafverfahren beginnt in der Regel damit, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleitet und Anklage vor dem Strafgericht erhebt. In Verlauf des Ermittlungsverfahrens wird der betroffene Arzt als Angeklagter und der Patient als Zeuge gehört (Kap. 10.2.3). Nicht der Patient ist Ankläger des Arztes, sondern der Staat. Im Strafprozess gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, d. h., die Staatsanwaltschaft muss Straftaten nachgehen. Sie ermittelt den Sachverhalt, wobei belastende wie auch entlastende Aspekte geprüft werden. Ein Schuldspruch erfolgt, wenn das Gericht nach Aufnahme der Beweise zur Überzeugung gelangt, dass die Tat begangen wurde. Andernfalls gilt der Grundsatz: in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten). Ein Schuldspruch hat entweder eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe zur Folge. Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Haftung geht es im Strafrecht damit nicht um den Ausgleich des entstandenen Schadens. Bei geringem Verschulden haben Staatsanwaltschaft und Gericht die Option, das Strafverfahren gegebenenfalls nach Erfüllen von Auflagen einzustellen (§ 153 StPO). Die zivilrechtliche Haftung ist im Unterschied zur strafrechtlichen Haftung mit einer Haftpflichtversicherung regulierbar. Eine strafrechtliche Verurteilung lässt sich nicht versichern und trifft den Arzt persönlich. Allerdings können durch eine Rechtsschutzversicherung die Kosten eines Strafverfahrens abgedeckt werden.

10

10.2 Strafrechtliche Haftung 10.2.1 Merkmale einer Straftat ▶ Abb. 10.2 gibt einen Überblick, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit der Straftatbestand erfüllt ist. Damit eine Straftat nach dem Strafrecht bestraft werden kann, müssen folgende Punkte gegeben sein: Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld (Schuldfähigkeit, Unrechtsbewusstsein, das Nichtbestehen von Schuldausschließungsgründen).

Frage nach der sogenannten „Tatbestandsmäßigkeit“ Der Täter muss einen Tatbestand erfüllt haben, d. h., sein Handeln muss die im Strafgesetz genannten objektiven Merkmale erfüllen. Die Handlung kann sowohl in einem aktiven Tun als auch in einem Unterlassen bestehen. Beispielsweise muss für die Körperverletzung eine körperliche Misshandlung eines anderen oder eine Gesundheitsbeschädigung bei einem anderen vorliegen. Die Handlung ist aber nur dann strafrechtlich von Bedeutung, wenn sie für die Schädigung ursächlich (kausal) verantwortlich ist. Besteht kein Ursachenzusammenhang, muss der Täter freigesprochen werden.

Frage nach der sogenannten „Rechtswidrigkeit“ Jede Handlung, die einen Straftatbestand erfüllt, ist rechtswidrig, d. h., der Täter hat zu seinem Handeln kein Recht. Das Handeln ist nur dann nicht strafbar, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt (▶ Abb. 10.3). Beispiele dafür sind die Notwehr (§ 32 StGB), der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) oder die rechtfertigende Einwilligung (z. B. § 228 StGB). Abb. 10.2 Merkmale einer Straftat.

Es gilt, 3 Voraussetzungen zu prüfen:

Frage nach der „Tatbestandsmäßigkeit“



2.

+

Frage nach der „Rechtswidrigkeit“

– Keine Haftung

94

3.

+

Frage der „Schuld“



Haftung

1.

10.2 Strafrechtliche Haftung

Rechtfertigungsgründe, z. B.

Einwilligung

Notwehr (§ 32 StGB)

Exkurs: Schuldfähigkeit Notstand (§ 34 StGB)

Abb. 10.3 Rechtfertigungsgründe.

Frage nach der „Schuld“ Beim Schuldbegriff sind 4 Elemente zu unterscheiden: ● die Schuldfähigkeit (Zurechnungsfähigkeit) ● die Schuldformen (Vorsatz und Fahrlässigkeit) ● Schuldausschließungsgründe ● das Unrechtsbewusstsein ▶ 1. Schuldfähigkeit (Zurechnungsfähigkeit). Die strafrechtliche Schuld setzt die Schuldfähigkeit des Täters voraus. Im Strafrecht handelt der Täter nur dann voll verantwortlich, wenn er auch schuldfähig ist. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit kann aufgrund des Alters des Täters (§ 19 StGB) oder einer geistig-seelischen Störung ausgeschlossen sein (§ 20 StGB) (▶ Abb. 10.4). ▶ 2. Schuldformen (Vorsatz und Fahrlässigkeit). Ein Täter macht sich nur strafbar, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (Schuldform). Vorsätzlich handelt, wer mit Wissen und Wollen die Tat (absichtlich) ausführt. Fahrlässig im Sinne des Strafrechts handelt, wer die nötige Sorgfalt bei der Behandlung außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet und imstande ist. Fahrlässigkeit bedeutet, dass der Täter an die möglichen Folgen seines Handelns nicht gedacht oder nicht geglaubt hat, dass sie eintreten würden (unabsichtlich). Fahrlässigkeit kann bewusst sein (z. B. zu schnelles Fahren bei schlechter Sicht) oder unbewusst (z. B. Unachtsamkeit im Straßenverkehr). Eine Bestrafung wegen vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns setzt voraus, dass das Gesetz dies anordnet (§ 15 StGB). So ist die unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) nur in der vorsätzlichen Begehungsweise strafbar.

• Schuldunfähigkeit aufgrund des Alters, § 19 StGB Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr sind schuldunfähig im Sinne des Strafrechts. Bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren gilt eine Besonderheit. Sie sind nur bedingt schuldfähig. Für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren gelten einige Sonderregeln des Jugendstrafrechts. • Schuldunfähigkeit aufgrund seelischer Störung, § 20 StGB Ein erwachsener Täter ist grundsätzlich schuldfähig. Ohne Schuld handelt dagegen derjenige, der bei Begehung der Tat unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, z. B. wegen einer krankhaft seelischen Störung, wegen einer tief greifenden Bewusstseinsstörung, bei Schwachsinn oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit wie Neurosen oder Triebstörungen. • Verminderte Schuldfähigkeit, § 21 StGB Vermindert schuldfähig ist ein Täter, der aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe nur eingeschränkt fähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen. Bei „verminderter Schuldfähigkeit" kann die Strafe gemildert werden.

Abb. 10.4 Exkurs zu Schuldfähigkeit.

▶ 4. Unrechtsbewusstsein. Der Täter muss erkennen können, dass die Tat verboten ist.

10

10.2.2 Täterschaft Unser Rechtssystem kennt unterschiedliche Formen der Täterschaft und Tatteilnahme (§ 25 ff. StGB, ▶ Abb. 10.5). Das Strafrecht bestraft als Täter, ● wer eine Tat selbst begeht (unmittelbare Täterschaft), ● wenn mehrere eine Straftat gemeinsam begehen (Mittäterschaft) oder ● wenn jemand eine Tat durch einen anderen ausführen lässt, wobei er diesen als Werkzeug zur Ausführung seiner Tat benutzt (mittelbare Täterschaft). Der mittelbare Täter wird – auch wenn er die Tat nicht selbst verwirklicht – als Täter bestraft. Auch die Anstiftung eines anderen zu einer Tat oder die Unterstützung (Beihilfe) ist strafbar.

▶ 3. Schuldausschließungsgründe. Des Weiteren dürfen keine Schuldausschließungsgründe (z. B. entschuldigender Notstand, § 35 StGB) zugunsten des Täters greifen.

95

Haftung

Beteiligungsformen

Täterschaft Unmittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 1. Alt. StGB)

Mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 2. Alt. StGB)

Teilnahme Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB)

Anstifter (§ 26 StGB)

Beihilfe (§ 27 StGB)

Abb. 10.5 Beteiligungsformen im Überblick.

10.2.3 Ablauf eines Strafverfahrens Das Strafverfahren kann in folgende 3 Teile gegliedert werden (▶ Abb. 10.6): ● Ermittlungsverfahren ● Hauptverfahren ● Vollstreckungsverfahren Ein Strafverfahren wird durch eine Strafanzeige oder einen Strafantrag gegen den behandelnden Arzt oder seltener gegen das nichtärztliche Personal eingeleitet. Ausreichend ist auch, wenn die Staatsanwaltschaft auf andere Weise Kenntnis vom Vorliegen einer möglichen Straftat erlangt (z. B. der Staatsanwalt liest über einen Behandlungsfehler in der Zeitung). Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, allen verfolgbaren Straftaten nachzugehen, soweit sie der Meinung ist, es liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Straftat vor (Legalitätsgrundsatz; § 152 Abs. 2 StPO). Das Ermittlungsverfahren wird eingeleitet, sobald die Staatsanwaltschaft Maßnahmen zur Aufklärung eines Sachverhalts trifft. In der Regel beauftragt die Staatsanwaltschaft die Polizei, die Ermittlungen aufzunehmen. Die Staatsanwaltschaft ist dabei verpflichtet, nicht nur belastende, sondern auch entlastende Aspekte zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei sind die Ermittlungsbehörden. Reichen die vorläufigen Ergebnisse der Ermittlungen nicht aus, wird das Verfahren eingestellt. Andernfalls wird öffentlich Klage („Anklage“) erhoben. Dazu wird beim zuständigen Gericht eine Anklageschrift eingereicht. Nach Eingang der Klageschrift beginnt das Zwischenverfahren. Die Anklageschrift wird dem Angeschuldigten (bis dahin: „Beschuldigter“) mitgeteilt. Er kann selbst oder durch seinen Verteidiger zur Anklage Stellung neh-

10

96

men. Außerdem werden Beweisanträge geprüft und Beweiserhebungen vorgenommen. Das Gericht entscheidet am Ende, ob das gerichtliche Hauptverfahren zu eröffnen oder die Klage abzulehnen und das Verfahren einzustellen ist. Mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt das sogenannte gerichtliche Hauptverfahren gegen den nun Angeklagten. In ihm soll festgestellt werden, ob der Angeklagte die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegte Straftat begangen hat und wie er zu bestrafen ist. Mit dem Aufruf der Sache beginnt das Hauptverfahren. Die Anwesenheit der notwendigen Personen wird festgestellt und die Zeugen nehmen außerhalb des Gerichtssaales Platz. Nach der Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse wird der Anklagesatz durch den Staatsanwalt verlesen. Der Angeklagte hat Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern, sofern er dies möchte. Anschließend erfolgt die Beweisaufnahme. Der Richter vernimmt Zeugen, hört Sachverständige an oder lässt sich Beweismittel vorlegen. Nach Schließung des Beweisverfahrens erhalten die Parteien noch einmal Gelegenheit, sich in den Schlussvorträgen (Plädoyers) zur Sache und zum Beweisverfahren zu äußern. Bevor das Gericht über das Urteil berät, bleibt dem Angeklagten das Schlusswort (im Jugendstrafverfahren auch dem Erziehungsberechtigten oder gesetzlichen Vertreter). Danach zieht sich das Gericht zur Beratung zurück. Nach erneutem Aufruf verkündet das Gericht das Urteil und begründet es mündlich. Hieran schließt sich die Rechtsmittelbelehrung an. Wenn der Angeklagte das Urteil annimmt, wird es rechtskräftig. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte haben eine Woche Zeit, Rechtsmittel einzulegen, andernfalls wird das Urteil rechtskräftig. Als zulässige Rechtsmittel gegen Urteile sieht die StPO die Berufung und Revision (selten Beschwerde) vor.

10.2 Strafrechtliche Haftung

Anzeige erstatten bei Verdacht auf Straftat

Von Amts wegen bei sog. Anfangsverdacht

Bürger Geschädigter oder Außenstehender

Staatsanwaltschaft

Ermittlungsverfahren der StA gegen den Beschuldigten: Arzt Pharmafirma Klinik

Ermittlungsverfahren eingestellt mangels Tatverdacht oder Opportunitätserwägungen

StA erhebt beim Amts- oder Landgericht Öffentliche Klage gegen den Angeschuldigten: Arzt Pharmafirma Klinik

Zwischenverfahren eingestellt

Gericht entscheidet über die Eröffnung des Hauptverfahrens

Eröffnung abgelehnt: Verfahren beendet

10 Richter eröffnet Hauptverfahren gegen den Angeklagten Arzt Pharmafirma Klinik

Hauptverhandlung

Urteil: Freispruch Geldstrafe (an Staat) Freiheitsstrafe

Abb. 10.6 Ablauf eines Strafverfahrens. (nach Stengl, 2003)

97

Haftung Sofern es sich nicht um einen Freispruch handelt, beginnt das Vollstreckungsverfahren.

10.2.4 Ausgewählte Strafrechtsvorschriften Das Strafgesetzbuch kennt folgende Straftatbestände, die im Zusammenhang mit der Arzthaftung von Bedeutung sind: ● Körperverletzung (§ 223 StGB) und fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) ● fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) ● Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) ● unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) ● Abrechnungsbetrug (§ 263 StGB)

Körperverletzung (§ 223 StGB) und fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB). Definition

L

Körperverletzung begeht, wer einen anderen körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt.

10 Prinzipiell erfüllt jede ärztliche oder sonstige Behandlungsmaßnahme den Tatbestand einer Körperverletzung, auch wenn sie zu Heilzwecken erfolgte und kunstfehlerfrei durchgeführt wurde. Verabreicht eine Pflegekraft z. B. eine Injektion, dann ist dies tatbestandsmäßig eine Körperverletzung. Das Erfüllen des Tatbestandes der Körperverletzung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig die Verurteilung und Bestrafung, da in der Regel eine wirksame Einwilligung des Patienten vorliegt. Seit das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten ist, kann eine medizinische Maßnahme zulässig nur stattfinden, wenn eine Einwilligung vorliegt (§ 630d BGB). Strafbar ist sowohl die vorsätzliche als auch die fahrlässige Körperverletzung. In der Regel setzt die Verfolgung und Verurteilung wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Körperverletzung einen Strafantrag der verletzten Person voraus (§ 230 StGB). Die Körperverletzung kann auch durch Unterlassen begangen werden (§ 13 StGB). Bedingung hierfür ist, dass die Person verpflichtet war, tätig zu werden (Garantenstellung). Wird beispielsweise der diensthabende Arzt bei erheblichen Schmer-

98

zen des Patienten nicht herbeigerufen oder werden Hygienestandards nicht berücksichtigt, kann Körperverletzung durch Unterlassen vorliegen. Im Unterschied dazu ist die unterlassene Hilfeleistung immer strafbar, selbst wenn keine Garantenstellung vorliegt.

Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) Merke

H

Der Tatbestand des § 222 StGB lautet: „Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Dem Beschuldigten ist kein Vorsatz anzulasten, sondern nur Fahrlässigkeit. Die fahrlässige Tötung beinhaltet 2 Komponenten. Zum einen muss die Handlung des Täters zum Tod des Menschen geführt haben. Zum anderen wurde der Tod durch Fahrlässigkeit verursacht. Ein Arzt handelt fahrlässig und verletzt seine Sorgfaltspflicht, wenn er anerkannte Regeln der ärztlichen Heilkunde missachtet. Fahrlässig handelt auch, wer einen Eingriff ohne eigene Diagnose vornimmt oder hinzugezogene Hilfskräfte ungenügend überwacht.

Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) Wer als Arzt ein fremdes Geheimnis, das ihm ein Patient anvertraut hat, unbefugt offenbart, macht sich nach § 203 StGB strafbar. In Kap. 14.8 zur ärztlichen Schweigepflicht wird darauf hingewiesen, dass bei Verletzung der Schweigepflicht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe droht.

Unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) Definition

L

Wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB wird bestraft, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not keine Hilfe leistet, obwohl es möglich und zumutbar wäre.

10.2 Strafrechtliche Haftung ●

Unterlassene Hilfeleistung

Notlage • Unglücksfall (z. B. ein Verkehrsunfall) • gemeine Gefahr (Naturkatastrophen wie Erdbeben und Überschwemmungen, Brände etc.)

Hilfe leisten • Erforderlichkeit • Zumutbarkeit (ohne erhebliche eigene Gefahr, ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten)

Abb. 10.7 Tatbestandsmerkmale der unterlassenen Hilfeleistung. (nach Hell, 2013)

Nicht nur aktives Handeln kann eine Straftat sein, sondern auch Unterlassung. Typisches Beispiel dafür ist die unterlassene Hilfeleistung (▶ Abb. 10.7). Eine Hilfeleistung ist nicht zumutbar, wenn sich der Helfer selbst in erhebliche Gefahr begibt oder wichtige andere Pflichten verletzt. Strafbar ist nur der „Vorsatz“. Jeder kann wegen unterlassener Hilfeleistung zur Rechenschaft gezogen werden („Jedermannsdelikt“), es handelt sich nicht um eine Sonderoder erweiterte Berufspflicht für Ärzte und Angehörige anderer Gesundheitsberufe. Je nach der zu erwartenden Sachkunde werden aber verschieden hohe Anforderungen an die Helfer gestellt. Für Angehörige von Gesundheitsberufen gelten strengere Maßstäbe als für medizinische Laien.

Abrechnungsbetrug (§ 263 StGB) Ein „Abrechnungsbetrug“ ist eine ärztliche Abrechnungsmanipulation, die den gesetzlichen Straftatbestand des Betrugs erfüllt. Ein Arzt, der nicht oder nicht vollständig erbrachte Leistungen abrechnet (fingierte Leistungen) oder bewusst falsche gebührenrechtliche Bewertungen vornimmt, um sich auf diese Weise zu bereichern, macht sich des Abrechnungsbetrugs strafbar. Im Wesentlichen können 5 Arten unterschieden werden: ● Abrechnung nicht erbrachter Leistungen ● bewusst falsche Bewertung erbrachter Leistungen nach dem Gebührenverzeichnis ● „Splitting“ nicht gesondert anrechenbarer Behandlungsleistungen



Manipulation der Prüfstatistik durch Abrechnung anderer Leistungen mit dem gleichen Gebührensatz wie dem der erbrachten Leistung Abrechnung unwirtschaftlicher Leistungen zur Erhöhung des Honorars

10.2.5 Rechtsfolgen Das Gericht setzt das konkrete Strafmaß abhängig vom Einzelfall fest. Der Strafrahmen ist sowohl im Strafgesetzbuch als auch in anderen Strafvorschriften wie dem Jugendstrafrecht bestimmt (▶ Abb. 10.8). Außerhalb des Strafrechts kann ärztliches Fehlverhalten auch dazu führen, dass sich der Arzt gegenüber der Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Zulassungsbehörde verantworten muss. Es drohen: ● berufsgerichtliche Verfahren ● Entziehung bzw. Ruhen der Zulassung ● Widerruf bzw. Ruhen der Approbation

10.2.6 Verjährung von Straftaten Auch Straftaten verjähren. Das Strafrecht unterscheidet 2 Arten der Verjährung, ● die Strafverfolgungsverjährung (§ 78 StGB) und ● die Strafvollstreckungsverjährung (§ 79 StGB).

10

▶ Strafverfolgungsverjährung. Sobald eine Tat beendet ist, beginnt eine je nach Tat zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Frist, während deren der Staat die Tat ahnden kann. Die Dauer der Verjährungsfrist ist abhängig von der Höhe der angedrohten Strafe. Bei fahrlässiger Tötung oder fahrlässiger Körperverletzung beginnt die Verjährung erst mit dem Eintritt des Todes oder der Gesundheitsschädigung. Mord und Völkermord verjähren nicht. ▶ Strafvollstreckungsverjährung. Nach Ablauf einer bestimmten Zeit darf ein Urteil nicht mehr vollstreckt werden. Die Dauer der Verjährungsfrist ist abhängig von der verhängten Strafe. Die Strafvollstreckungsverjährung beginnt an dem Tag, an dem das Urteil rechtskräftig geworden ist.

99

Haftung

Rechtsfolgen einer Straftat

Sanktionen

Erwachsene

Maßregeln der Besserung und Sicherung

Jugendliche

Geldstrafe • 5–360 Tagessätze, 1 Tagessatz von 1–30 000 €

Erziehungsmaßregeln • Erteilung von Weisungen • Erziehungsbeistandschaft

Freiheitsstrafe • 1 Monat–15 Jahre • lebenslänglich

Zuchtmittel • Verwarnung • Erteilung von Auflagen • Jugendarrest

Nebenstrafe • Fahrverbot

Unterbringung in: • einem psychiatrischen Krankenhaus • einer Entziehungsanstalt • der Sicherungsverwahrung Führungsaufsicht Entziehung der Fahrerlaubnis Berufsverbot

Jugendstrafe

Abb. 10.8 Rechtsfolgen einer Straftat. (nach Hell, 2013)

10.3 Fragen und Aufgaben 1. Welche Unterschiede zwischen zivilrechtlicher und strafrechtlicher Haftung können Sie nennen? 2. Nennen Sie 3 der wichtigsten Rechtfertigungsgründe. 3. Stellt die vom Patienten gebilligte Heilbehandlung eines Arztes eine Körperverletzung gem. § 223 StGB dar? 4. Welche Voraussetzungen müssen für die Bestrafung einer Straftat vorliegen? 5. Die Beurteilung, ob eine strafrechtliche Haftung gegeben ist, hängt vom Vorliegen dreier Merkmale ab. a) Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit man von der „strafrechtlichen Haftung“ sprechen kann? b) Gehen Sie in diesem Zusammenhang auf die Elemente des Schuldbegriffs ein. 6. Wer ist strafrechtlich schuldunfähig? 7. Welche Strafarten können unterschieden werden? 8. Ein psychotischer Patient greift einen Arzt von hinten mit einem Messer an. Ein Pfleger schlägt den Patienten nieder, um den Arzt vor dem Angriff zu schützen. Macht sich der Pfleger strafbar? Begründen Sie Ihre Meinung.

10

100

9. Wer kann im Strafrecht als Täter bestraft werden? 10. Was ist ein „mittelbarer Täter“? Erläutern Sie den Begriff und geben Sie ein Beispiel. 11. Skizzieren Sie kurz den Ablauf eines Strafverfahrens von der Straftat bis zur Verbüßung der Strafe. 12. Geben Sie Beispiele, unter welchen Bedingungen man sich darauf berufen kann, dass die Hilfeleistung „nach den Umständen nicht zumutbar“ war. 13. Welcher Straftatbestand ist verwirklicht? a) Der angerufene niedergelassene Arzt lehnt bei einer durch Herzinfarkt vorgeschädigten Patientin trotz eindeutiger Symptomatik einen Hausbesuch ab und veranlasst auch nicht ihre sofortige Einlieferung ins Krankenhaus. b) Frau G. ruft bei der Herzchirurgie der Klinik Musterhausen an und fragt nach dem Befinden von Frau K. Pfleger W. erklärt, dass die Patientin nicht mehr lange zu leben hat. c) Eine Schwester verabreicht eigenmächtig ein Medikament, von dem sie glaubt, dass es geeignet ist. Der Patient kommt zu Schaden. d) Der Patient will nicht, dass die Pflegekraft ihm eine Injektion setzt. Die Pflegekraft gibt ihm trotzdem die Injektion.

10.4 Zivilrechtliche Haftung e) Eine Therapeutin führt eine Übung mit dem Patienten durch. Dieser klagt über Schmerzen und will die Übung nicht fortführen. Die Therapeutin besteht auf der Fortführung. Der Patient kommt dadurch zu Schaden. f) Auf Anordnung der Pflegedienstleitung werden in einem Altenheim einer Bewohnerin die Haare kurz geschnitten, obwohl sie damit nicht einverstanden ist. g) Ein Arzt entfernt nach der Aufklärung und Absprache mit dem Patienten dessen entzündlichen Blinddarm. h) Ein Arzt überträgt gespeicherte Daten einiger Patienten, die vor Jahren das letzte Mal seine Praxis aufgesucht hatten, und stellt eine Leistung in Rechnung.

10.4 Zivilrechtliche Haftung Das Zivilrecht regelt die Frage, ob für den Eintritt eines Schadens eine Wiedergutmachung geleistet werden muss und, wenn ja, wer (Anspruchsgegner) diese zu leisten hat und in welchem Umfang. Unterschieden werden die vertragliche Haftung und die deliktische Haftung. Wenn ein Schaden innerhalb einer vertraglichen Beziehung entsteht (vertragliche Haftung), ist der Anspruchsgegner meist der Vertragspartner. Bei der deliktischen Haftung ist der Anspruchsgegner derjenige, der den Schaden verursacht hat. Beide Anspruchsgrundlagen bestehen grundsätzlich nebeneinander (▶ Abb. 10.9).

10.4.1 Haftung aus Vertrag Die vertragliche Haftungsverantwortung hat derjenige, der die Behandlungsaufgabe vertraglich übernommen hat. Verletzt der Anspruchsgegner (z. B. Arzt) eine Pflicht aus diesem Vertrag schuldhaft, so stehen dem Patienten vertragliche Ansprüche zu (§ 280 BGB). Schuldhaft bedeutet, dass der Vertragspartner gegen eine Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig verstoßen hat. Um den Vertrag zu erfüllen, bedienen sich die Vertragspartner oft der Hilfe anderer Personen, sogenannter Erfüllungsgehilfen. Für diese Personen haftet der Vertragspartner wie für eigenes Verschulden. Der Vertragspartner kann sich für die Pflichtverletzung dieser Personen nicht entlasten, er kann aber unter bestimmten Voraussetzungen im Innenverhältnis Regress nehmen.

10.4.2 Haftung aus Delikt Zusätzlich und unabhängig von der vertraglichen Haftung besteht die persönliche, deliktrechtliche Haftung („deliktische Haftung“). Wenn ein Mensch vorsätzlich oder fahrlässig an Leben, Körper oder Gesundheit widerrechtlich verletzt wurde, muss ihm der entstandene Schaden ersetzt werden (§ 823 Abs. 1 BGB). Die deliktische Haftung gilt für jeden an der Heilbehandlung Beteiligten, dem ein Verschuldensvorwurf zu machen ist (zivilrechtliche Schadenhaftung aus sogenannter unerlaubter Handlung; §§ 823 ff. BGB). Grundsätzlich haftet allerdings nur, wer schuldhaft handelt, d. h. vorsätzlich oder fahrlässig (§ 276 BGB). Die deliktische

10

Arten der Haftung

Vertragliche Haftung (Vertragspflicht-Verletzung)

Deliktische Haftung (unerlaubte Handlung)

• Schaden

• Schaden

• Vertrag zwischen dem Geschädigten und dem Anspruchsgegner

• schuldhafte (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) Verletzung von z.B. • Leben, • Körper, • Freiheit, • Eigentum durch • den Anspruchsgegner oder • seinen Verrichtungsgehilfen

• schuldhafte (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) Verletzung einer Pflicht aus diesem Vertrag durch • den Anspruchsgegner oder • seinen Erfüllungsgehilfen

Abb. 10.9 Arten der Haftung. (nach Hell, 2013)

01

Haftung Haftung gilt auch, wenn gegen ein Gesetz verstoßen wird, das den Schutz eines anderen bezweckt (§ 823 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ein solches „Schutzgesetz“ ist beispielsweise die Körperverletzung gemäß § 223 StGB. Die Delikthaftung kann sowohl mit als auch ohne wirksamen Behandlungsvertrag, d. h. mit oder ohne gleichzeitig bestehender vertraglicher Haftung, greifen. Im Unterschied zur vertraglichen Haftung richtet sich bei der deliktischen Haftung der Anspruch unmittelbar gegen den Schädiger. Dies muss nicht notwendigerweise der Vertragspartner sein. Auch die deliktische Haftung beschäftigt sich mit der Frage, ob das Verschulden eines Gehilfen („Verrichtungsgehilfe“) einem anderen zugerechnet werden kann. Im Unterschied zur vertraglichen Haftung besteht hier allerdings eine Entlastungsmöglichkeit.

10.4.3 Haftungsinhalt Wenn ein Schaden vorliegt, kann in aller Regel Schadenersatz geltend gemacht und Schmerzensgeld gefordert werden, um den Schaden zu ersetzen.

Definition

10

L

Schadenersatz ist der Ersatz der sogenannten materiellen Schäden und soll in der Regel den Zustand wiederherstellen, der vor dem Schadenereignis bestand (§ 249 BGB). Bei Körperverletzungen wird eine Entschädigung in den meisten Fällen in Geld gemäß § 249 Abs. 2 BGB geregelt.

Die Regelung des Umfangs der Schadenersatzpflicht findet sich in den §§ 249 ff. BGB sowie in den §§ 842 ff. BGB. Der Schaden kann insbesondere bestehen in: ● Behandlungskosten, die erforderlich sind, um die Folgen des Schadens zu beheben, ● zusätzlichen Kosten für die Fahrt zum Arzt, ● Arzneimittelkosten, ● Verdienstentgang (§ 252 BGB), ● Gutachterkosten, ● Ersatz des durch eine Behinderung bedingten Mehraufwands.

102

Definition

L

Schmerzensgeld ist der Ersatz der immateriellen Schäden, d. h. der Schäden, die keine Vermögensschäden sind. Er wird geleistet in Geld bei Verletzungen des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit u. a. (§ 253 Abs. 2 BGB). Beispiele hierfür sind Schmerzen, Ängste, Unwohlbefinden, Depressionen u. Ä. Das Schmerzensgeld soll einen Ausgleich für die erlittene Einbuße an Lebensqualität und Lebensfreude gewährleisten. Die Höhe des Schmerzensgeldes wird in gerichtlichen Verfahren allein nach dem Ermessen des Gerichtes festgesetzt.

10.4.4 Verjährung Unter Verjährung versteht man allgemein das Recht des Schuldners, nach Ablauf einer gesetzlich festgelegten Frist keine Leistung mehr an den Gläubiger zahlen zu müssen. Man sagt dann, es wird von der „Einrede der Verjährung“ Gebrauch gemacht. Im Zivilrecht beträgt die Verjährungsfrist in der Regel 3 Jahre (§ 195 BGB). Der Schaden kann dabei durch eine Vertragspflichtverletzung oder deliktisch verursacht worden sein. Im Normalfall beginnt die Dreijahresfrist mit Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger sowohl Kenntnis über die Anspruch begründenden Tatsachen sowie über die Person des Schädigers erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Zur Vermeidung „ewiger Verjährungsfristen“ gibt es Verjährungshöchstgrenzen. Diese laufen, je nach Art des entstandenen Schadens (z. B. Verletzung der Schweigepflicht), zwischen 10 und 30 Jahren (§ 199 Abs. 3 BGB). Von der regelmäßigen Verjährungsfrist sind Schadenersatzansprüche ausgenommen, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit (…) beruhen. Sie verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 199 Abs. 2 BGB). Verjährungsfristen können durch bestimmte Ereignisse gehemmt werden oder neu beginnen (§ 203 ff. BGB). Hemmung bedeutet Anhalten der Verjährungsfrist, bis ein bestimmtes Hindernis be-

10.5 Träger- und Mitarbeiterhaftung seitigt ist. Beispielsweise, wenn zwischen dem geschädigten Patienten und der Haftpflichtversicherung des Schädigers Schadenersatzverhandlungen (im Sinne von Vergleichsverhandlungen) geführt werden. Auch das Anrufen einer Schlichtungsstelle oder Gutachterkommission hemmt die Verjährungsfrist. Von der Hemmung der Verjährungsfrist ist der Neubeginn zu unterscheiden. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes neu zu laufen.

10.5 Träger- und Mitarbeiterhaftung 10.5.1 Haftung für Gehilfen Die Haftung für Gehilfen zeigt ▶ Tab. 10.1.

Verrichtungsgehilfe Im Zivilrecht besteht ein Unterschied zwischen einem Verrichtungsgehilfen und einem Erfüllungsgehilfen in der Verantwortlichkeit für Dritte. Nach § 831 Abs. 1 BGB besteht eine deliktische Haftung des Geschäftsherrn für das Verhalten seiner Verrichtungsgehilfen. Danach ist der Geschäftsherr (z. B. Krankenhausträger), der einen anderen (z. B. Pflegekraft, Hebamme, MTA etc.) zu einer Verrichtung bestellt, zum Ersatz des Scha-

dens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten (z. B. Patient) widerrechtlich zufügt. Zwischen dem Verrichtungsgehilfen und dem Geschäftsherrn muss ein enges Abhängigkeitsverhältnis bestehen. Nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB haftet der Geschäftsherr zwar grundsätzlich, wenn sein Verrichtungsgehilfe einem Dritten widerrechtlich einen Schaden zufügt. Allerdings kann der Geschäftsherr nach dem Gesetz unter bestimmten Umständen von der Haftung befreit werden (sogenannte Exkulpationsmöglichkeit nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Bedingung hierfür ist, dass der Geschäftsherr seinen Verrichtungsgehilfen gewissenhaft auswählt, sorgfältig anleitet und laufend überwacht. Ein Arzt kann sich demnach nicht entlasten, wenn ihn ein Verschulden bei der Auswahl seiner Gehilfen trifft oder er seine Kontroll- und Überwachungspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Der Umfang der Überwachungspflicht hängt vom jeweiligen Können und der Erfahrung des Gehilfen ab. Je anspruchsvoller die Tätigkeit ist, desto größer fällt die Überwachungspflicht aus, z. B. intramuskuläre Injektionen bei Kindern durch eine Pflegefachkraft. Zu betonen ist allerdings, dass die Beweislast dem Geschäftsherrn obliegt. Kann nicht geklärt werden, ob die Anforderungen des § 831 Abs. 1 S. 2 BGB erfüllt wurden, bleibt es bei der Haftung aus § 831 Abs. 1 S. 1 BGB.

10

Tab. 10.1 Haftung für Gehilfen (nach Schwind, 2011). Erfüllungsgehilfe (§ 278) BGB

Verrichtungsgehilfe (§ 831) BGB

Gehilfe

jeder, der mit Wissen und Wollen für den Schuldner als Hilfsperson tätig wird

jeder, der vom Geschäftsherrn in dessen Interesse zu einer Tätigkeit/Verrichtung bestellt worden ist und in dessen Geschäftsbereich weisungsabhängig tätig wird

Anwendungsgebiet

nur im Rahmen von vertraglichen oder vertragsähnlichen Schuldverhältnissen anwendbar

ohne Vorliegen eines Vertrages anwendbar, d. h., es muss vor der schädigenden Handlung kein Schuldverhältnis bestehen zwischen Geschäftsherrn und geschädigtem Dritten (Schädigung durch Delikt)

Wesen

Haftung für fremdes Verschulden, daher § 278 BGB nicht selbstständige Anspruchsgrundlage

Haftung für eigenes Verschulden bei der Auswahl, Überwachung und Ausstattung des Gehilfen usw., daher § 831 BGB selbstständiger Anspruch

Exkulpation

Entlastungsbeweis nicht möglich

Entlastungsbeweis möglich Beweislast: Geschäftsherr muss Nachweis führen

03

Haftung Kann sich der Geschäftsherr entlasten, so bleibt dem Patienten in aller Regel der Schadenersatzanspruch gegenüber dem Verrichtungsgehilfen. Bei § 831 BGB wird also jedes Mal geprüft: ● Unerlaubte Handlung gemäß §§ 823 ff. BGB („widerrechtlich“)? ● Verrichtungsgehilfe („zu einer Verrichtung bestellt“)? ● „In Ausführung der Verrichtung“? ● Entlastungsbeweis (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB)?

Die Stellung als Erfüllungsgehilfe und als Verrichtungsgehilfe schließen einander nicht aus. Dieselbe Person kann gleichzeitig im Rahmen von § 831 BGB Verrichtungsgehilfe und Erfüllungsgehilfe im Rahmen von § 278 BGB sein.

Mittlerweile ist im Bereich Arzthaftung die Anforderungen an den Entlastungsbeweis durch die Rechtsprechung so hoch gesteckt, dass § 831 Abs. 1 S. 2 BGB nur in Ausnahmen eine Entlastung bewirkt.

Haftung des niedergelassenen Arztes

Erfüllungsgehilfe

Ein Patient kann Ersatzansprüche geltend machen, wenn ein niedergelassener Einzelarzt seine vertraglichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht hat. Bedingung hierfür ist, dass zwischen dem Arzt und dem Patienten ein Vertrag (Arztvertrag bzw. Behandlungsvertrag gemäß § 630a BGB) besteht. Die Ansprüche aus dem Vertrag richten sich an den Vertragspartner. Mit anderen Worten: Begeht der Arzt einen Diagnose- oder Aufklärungsfehler oder führt er einen Heileingriff nicht nach den allgemein anerkannten fachlichen Standards durch, haftet der Arzt als Vertragspartner selbst. Nach § 278 BGB haftet er zudem für alle Personen, die er im Rahmen des Vertrages zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit heranzieht. Seine vertragliche Haftung erstreckt sich somit auch auf Fehler seines Praxispersonals. Er haftet für fremdes Verschulden. Zusätzlich und unabhängig von dieser vertraglichen Haftung kommt auch eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht.

Definition

L

Als Erfüllungsgehilfen werden Personen bezeichnet, die dem Arzt oder Krankenhausträger bei der Erfüllung seiner Aufgaben gegenüber dem Patienten aus dem Vertrag behilflich sind.

10

Die Haftung für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 Abs. 1 BGB darf nicht mit der des Erfüllungsgehilfen i. S. v. § 278 BGB verwechselt werden. Der Krankenhausträger bedient sich zur Erfüllung seiner Leistungspflicht und des Vertrages u. a. der angestellten Ärzte oder Pflegepersonen. Bei einem Schaden haftet der Schuldner im gleichen Umfang für das Verschulden der von ihm zur Vertragserfüllung eingesetzten Person wie für eigenes Verschulden (§ 278 BGB). Der Erfüllungsgehilfe muss kein Angestellter des Schuldners sein oder dessen Weisungen unterliegen. Entscheidend ist nur, dass er dem anderen bei der Erfüllung des Vertrages hilft. Ein Arzt haftet damit für Fehlleistungen des Hilfspersonals dem Patienten gegenüber wie für ein eigenes Verschulden. Für ein Verschulden von Erfüllungsgehilfen kann sich der Vertragspartner nicht entlasten, selbst nicht mit dem Argument, man habe die Person sorgfältig ausgewählt und überwacht bzw. der Schaden wäre selbst bei sorgfältiger Auswahl und Überwachung des Erfüllungsgehilfen entstanden. Die Vertragshaftung geht bezüglich der Haftung für Gehilfen weiter als die deliktische Haftung.

104

10.5.2 Adressaten der Haftung Die Adressaten der Haftung sind in ▶ Abb. 10.10 dargestellt.

Haftung des niedergelassenen Einzelarztes

Haftung der Praxisgemeinschaft In der Praxisgemeinschaft beschränkt sich die gesamtschuldnerische Haftung auf den gemeinsam genutzten Bereich. Die Vertragsärzte nutzen gemeinsam die Praxisräume, die Praxiseinrichtungen und die nichtärztlichen Mitarbeiter. Ansonsten bleibt jeder Arzt völlig selbstständig. Jeder hat einen eigenen Patientenstamm, eine eigene Karteiführung, ein eigenes Praxisschild und rechnet getrennt ab. Jeder handelt in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Auch den Behandlungsvertrag schließt der Patient nur mit „seinem“ Arzt ab,

10.5 Träger- und Mitarbeiterhaftung

Rechtsbeziehungen

Behandlungsvertrag bzw. Arztvertrag

Behandlungsvertrag Patient

Arzt

Totaler Krankenhaus(aufnahme)vertrag

Krankenhaus(aufnahme)vertrag Patient

Gehilfe

Haftung des niedergelassenen Arztes • Einzelarzt • Praxisgemeinschaft • Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)

Krankenhausträger Gehilfe

Es besteht nur ein umfassender Vertrag zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten.

Totaler Krankenhaus(aufnahme)vertrag mit Arztzusatzvertrag Krankenhaus(aufnahme)vertrag Krankenhausträger

Patient

Ar zt

zu sa t zv er

Gehilfe

tra g

Chefarzt

Es besteht ein umfassender Vertrag zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus und ein weiterer zwischen dem Patienten und dem Arzt.

Gespaltener Krankenhaus(aufnahme)vertrag

Behandlungsvertrag BelegPatient arzt Ge (au Kra spa fn nke lten ah nh er m e) aus ve rtr ag

Krankenhausträger

Es besteht ein Vertrag zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus und ein weiterer zwischen dem Patienten und dem Arzt (Belegarztsystem).

Abb. 10.10 Adressaten der Haftung. (nach Hell, 2013; Kern, 2013)

nicht mit den anderen Partnern. Die Praxisgemeinschaft ist also eine reine Organisationsgemeinschaft. Die Haftung des einzelnen Arztes in der Praxisgemeinschaft entspricht der Haftung des niedergelassenen Einzelarztes.

Haftung der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) Eine Berufsausübungsgemeinschaft ist eine einheitliche Praxis, in der alle Ärzte die Praxisräume, die Praxiseinrichtung sowie das Personal gemeinsam nutzen und nur eine gemeinsame Dokumentation haben. Im Abrechnungsverhältnis zur KV/ KZV werden die Ärzte als Einheit behandelt, mit Ausnahme der KV-übergreifenden BAG. Betreiben Ärzte eine Berufsausübungsgemeinschaft, trifft der Anspruch aus unerlaubter Handlung nur den Arzt, der den Schaden verursacht hat (deliktisch), während alle Ärzte der BAG dem Patienten vertraglich als Gesamtschuldner haften können. Der Arztvertrag wird zwischen dem Patienten und sämtlichen Partnern der Berufsausübungsgemeinschaft geschlossen. Entsprechend haften die Partner für die ärztliche Tätigkeit aller

in der Gemeinschaft tätigen Kollegen. Mit anderen Worten haften auch diejenigen Gesellschafter, die den Patienten nicht selbst behandeln, vertraglich mit. Dadurch trifft der vertragliche Anspruch wegen eines Versäumnisses alle Ärzte. Die Berufsausübungsgemeinschaft ist folglich eine rechtliche und eine wirtschaftliche Einheit sowie eine Handlungs- und Haftungsgemeinschaft.

10

Haftung im Krankenhaus Totaler Krankenhaus(aufnahme)vertrag Bei der stationären Aufnahme in ein Krankenhaus wird der bereits geschilderte Behandlungsvertrag über die bloße Behandlung hinaus etwa um pflegerische Leistungen erweitert. Man spricht vom Krankenhaus(aufnahme)vertrag (auch „totaler Krankenhaus[aufnahme]vertrag“). Behandelnder i. S.v. § 630a BGB ist der Krankenhausträger. Laut diesem Vertrag schuldet der Krankenhausträger dem Patienten eine sachgemäße Heilbehandlung, Unterbringung, Verköstigung und pflegerische Betreuung. Damit wird der Krankenhausträger alleiniger Vertragspartner des Patienten. Die

05

Haftung einzelnen behandelnden Krankenhausärzte, Pflegekräfte usw. treten in keine persönliche Vertragsbeziehung mit dem Patienten. Sie zählen zu den Erfüllungsgehilfen des Anstaltsträgers. Da sie selbst nicht Vertragspartner des Patienten sind, richten sich vertragliche Ersatzansprüche wegen Vertragsverletzung auch nicht gegen sie. Daneben besteht wiederum die Haftung aus unerlaubter Handlung für den behandelnden Arzt sowie die Haftung des Krankenhauses wegen Auswahl- oder Überwachungsverschuldens für die nachgeordneten weisungsabhängigen Ärzte und Mitarbeiter.

Totaler Krankenhaus(aufnahme)vertrag mit Arztzusatzvertrag Im Regelfall kann der Patient zusätzliche ärztliche Leistungen durch einen liquidationsberechtigten Arzt wählen. Der Patient schließt in diesem Fall zusätzlich zum gewöhnlichen Krankenhaus(aufnahme)vertrag noch einen Arztzusatzvertrag ab. Mit dem Abschluss eines solchen Zusatzvertrages will sich ein Patient die Behandlung durch einen bestimmten Spezialisten, etwa durch einen besonders guten Internisten oder Chirurgen, sichern. Grundsätzlich gelten hier die gleichen Haftungsgrundsätze wie beim totalen Krankenhaus(aufnahme)vertrag. Das Krankenhaus verpflichtet sich ebenfalls zur umfassenden Leistungserbringung einschließlich des ärztlichen Bereichs. Jedoch bringt der Arztzusatzvertrag eine doppelte Verpflichtung hinsichtlich der ärztlichen Leistung. In diesen Fällen haftet der liquidationsberechtigte Arzt zusammen mit dem Krankenhausträger gesamtschuldnerisch aus Vertrag und unerlaubter Handlung für Fehlleistungen bei der medizinischen Behandlung. Ebenso müssen sowohl Arzt als auch Krankenhausträger in diesen Fällen für Fehlleistungen des Hilfspersonals einstehen, die in die Behandlung der Wahlleistungspatienten einbezogen wurden. Bei einem gespaltenen Wahlbehandlungsvertrag ist der liquidationsberechtigte Krankenhausarzt alleiniger Schuldner der ärztlichen Behandlung, die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgeht. Bei fehlerhaften Behandlungsleistungen des nachgeordneten, insbesondere des ärztlichen Personals des Krankenhauses muss man differenzieren, ob das Fehlverhalten gemäß § 278 BGB

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106

dem Wahlarzt oder dem Krankenhausträger zugerechnet werden kann.

Gespaltener Krankenhaus(aufnahme)vertrag Bei einem gespaltenen Krankenhaus(aufnahme)vertrag schließt der Patient zwei Verträge ab, einen mit dem behandelnden Arzt und einen mit dem Krankenhausträger. Diese Form des Krankenhausaufnahmevertrages kommt vor, wenn der behandelnde Arzt ein Belegarzt ist, d. h. ein freiberuflich tätiger Arzt mit Belegbetten in einer Klinik für stationäre Behandlungen. Behandelnde i. S.v. § 630a BGB sind sowohl Krankenhausträger als auch Belegarzt. Aufgrund der vorliegenden 2 Verträge gilt auch eine getrennte Haftung. Jeder haftet für die von ihm übernommenen Pflichten. Der Krankenhausträger haftet für Pflichtverletzungen im Bereich der Krankenhausleistung (Unterkunft, Verpflegung, pflegerische Betreuung) außerhalb der ärztlichen Leistung des Belegarztes. Der Krankenhausträger ist zudem verantwortlich für nachgeordnete Ärzte, die bei der Behandlung des Patienten außerhalb des belegärztlichen Fachgebiets teilnehmen, etwa der Anästhesist bei der Operation des Belegchirurgen. Der Belegarzt haftet für Fehler bei der Durchführung seiner ärztlichen Leistung. Soweit der Belegarzt sich zur Erfüllung seines Vertrages einer Hilfsperson bedient, wird dem Arzt deren Verhalten zugerechnet.

10.5.3 Organisationspflichten des Krankenhausträgers An den organisatorischen Bereich eines Krankenhauses werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Bisher nimmt die Rechtsprechung auf sachliche oder personelle Engpässe keine Rücksicht. So dürfen z. B. fehlende Ausbildung oder Erfahrung sowie Eil- und Notfälle nicht zu Fehlern führen. Defizite in der Organisation dürfen keine Schädigung eines Patienten begründen. Andernfalls muss der Krankenhausträger für den Mangel einstehen. Allerdings erkennt die Rechtsprechung unterschiedliche Standards sowohl für den Allgemeinmediziner und den Facharzt, als auch für die personellen, räumlichen und apparativen Behandlungsbedingungen der einzelnen Krankenhäuser an, ob Landes- oder Stadtkrankenhaus, Spezialklinik oder Universitätsklinik. Ein Mindeststandard

10.5 Träger- und Mitarbeiterhaftung darf jedoch nicht unterschritten werden. So liegt ein Organisationsverschulden vor, wenn das Krankenhaus personell unterbesetzt ist und die übernommenen Aufgaben nicht erfüllt werden können. Weiterhin darf kein Arzt zur Operation nach einem anstrengenden Nachtdienst eingeteilt oder eine nicht hinreichend qualifizierte Pflegekraft allein zur Überwachung einer Aufwachphase eingesetzt werden. Grundsätzlich hat der Krankenhausträger Sorge zu tragen, dass sowohl das ärztliche als auch das nichtärztliche Personal in der Lage ist, mit der erforderlichen Konzentration und Sorgfalt zu arbeiten. Andernfalls muss das Krankenhaus auf die Erbringung bestimmter Leistungen verzichten und die Patienten an andere Krankenhäuser verweisen. Der Krankenhausträger haftet auch für seine leitenden Organe, etwa die Chefärzte. Der Träger ist für diese verantwortlich und muss z. B. überprüfen, ob sie die ihnen übertragene Organisation fachgerecht wahrnehmen. Den Chefärzten wiederum obliegt die Fachaufsicht über die Oberärzte und Assistenzärzte. Ähnlich hohe Ansprüche stellt die Rechtsprechung an die Wartung der Krankenhausgeräte. Der Krankenhausträger muss dafür sorgen, dass die für Diagnose, Therapie und Operation benötigten medizinischen Geräte bereitstehen und funktionstüchtig bleiben. Zudem ist die ordnungsgemäße Handhabung der Geräte durch regelmäßige Schulungen des Personals sicherzustellen.

Zu den Organisationspflichten zählt auch die Sicherung des Eigentums der Patienten. So haftet ein Krankenhaus für abhandengekommene Wertsachen von bewusstlosen Patienten.

Fallbeispiel

I

Schadenersatz wegen abhandengekommener Wertgegenstände Ein Mann, der einen wertvollen Ring trug, war bewusstlos in ein Krankenhaus eingeliefert und nach der Behandlung in ein Patientenzimmer gebracht worden. Als er später in ein anderes Krankenhaus verlegt wurde, war der Ring verschwunden. Das Landgericht Hannover sprach dem Mann Schadenersatz zu, da beim Verlegen in das Zimmer nicht mehr die medizinische Behandlung im Vordergrund stand, sondern vielmehr die Obhutspflicht des Krankenhauses (LG Hannover, 15. 2. 1999; 20 O 2/98).

10.5.4 Gegenüberstellung der vertraglichen Haftung und der Haftung aus Delikt

10

▶ Tab. 10.2 zeigt eine Gegenüberstellung der vertraglichen Haftung und der Haftung aus Delikt.

Tab. 10.2 Gegenüberstellung der vertraglichen Haftung und der Haftung aus Delikt. Vertragliche Haftung

Haftung aus Delikt (Deliktshaftung)

Anspruchsgrundlage

Vertrag (vertragliche Haftung) § 280 Abs. 1 S. 1 BGB

unerlaubte Handlung (deliktische Haftung) §§ 823 ff. BGB

Haftungsinhalte

die Verletzung vertraglicher Pflichten kann zu einem Schmerzensgeldanspruch und Schadenersatzanspruch führen

im Rahmen der deliktischen Haftung werden Schadenersatz und Schmerzensgeld gewährt

Adressat der Haftung

richtet sich gegen den Vertragspartner (z. B. Arzt/Krankenhaus); Haftung für eigenes Verschulden (§ 276 BGB) Haftung für fremdes Verschulden (§ 278 BGB)

Anspruch unmittelbar gegen den Schädiger (§§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. 223, 229 StGB) Haftung für eigenes Verschulden bei der Auswahl, Überwachung und Ausstattung der Hilfsperson (§ 831 BGB)

Entlastungsmöglichkeit

keine Entlastungsmöglichkeit für Erfüllungsgehilfen

Entlastungsmöglichkeit des Geschäftsherrn für Verrichtungsgehilfen

Verjährung

die Verjährungsfrist aus vertraglichen Haftungsansprüchen beträgt 3 Jahre

grundsätzlich verjähren deliktische Ansprüche nach 3 Jahren

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Haftung

10.6 Fragen und Aufgaben 1. Welche grundsätzlichen Merkmale unterscheiden den Erfüllungsgehilfen vom Verrichtungsgehilfen? 2. Stellen Sie die wesentlichen Unterschiede der vertraglichen Haftung der Delikthaftung einander gegenüber. 3. Haftet der Vertragspartner des Patienten (z. B. Krankenhaus) auch für das Verschulden seiner Gehilfen (z. B. Arzt; Krankenschwester)? 4. Kann auch dann, wenn ein Behandlungsvertrag nicht besteht, eine Haftung für Hilfspersonen in Betracht kommen? 5. Wem gegenüber kann u. U. ein Krankenhauspatient einen Schadenersatzanspruch haben? 6. Was versteht man unter einer „unerlaubten Handlung“? 7. Was sind die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung? 8. Binnen welcher Fristen verjähren Arzthaftungsansprüche? 9. Wann liegt ein Organisationsverschulden des Krankenhausträgers vor? – Nennen Sie Beispiele!

10.7 Beweislast

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Die Beweislast beschäftigt sich mit der Frage, welche Partei die Beweisführung zu tragen hat. Damit ist die Frage verbunden, wer das Risiko trägt, im Prozess zu unterliegen.

10.7.1 Beweislastregeln im Zivilprozess Die Regeln der Beweislast und der Beweislastumkehr im Zivilprozess zeigt ▶ Abb. 10.11.

Beweislast bei voll beherrschbaren Risiken Eine der Behandlungsseite vorwerfbare Pflichtverletzung wird vermutet, „wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat“ (§ 630h BGB). Zum Beispiel wäre der Einsatz medizinischtechnischer Geräte ein für die Behandlungsseite voll beherrschbarer Bereich. Es fällt allein in den Herrschafts- und Organisationsbereich des Behan-

108

delnden, die geeigneten technischen Voraussetzungen zu schaffen für deren sicheren, gefahrlosen und sachgemäßen Einsatz. Zum voll beherrschbaren Risikobereich zählt auch die ordnungsgemäße Lagerung des Patienten während der Operation. Ebenso verlangt eine längere Bettlägerigkeit nach Maßnahmen zur Vorbeugung von Druckgeschwüren (Dekubitus). Wenn der Patient nachweisen kann, dass seine Schädigung durch ein vom Behandelnden voll beherrschbares Behandlungsrisiko erfolgt ist, verschiebt sich die Beweislast zu Lasten des Behandelnden. Es wird zu Gunsten des Patienten vermutet, dass der Behandelnde seine medizinischen Behandlungspflichten verletzt hat. Der Behandelnde kann die Vermutung nur durch den Beweis des Gegenteils wiederlegen.

Fallbeispiel

I

Mullkompresse im Operationsgebiet vergessen Bei einer ambulant durchgeführten Kniegelenksoperation wurde bei einem Patienten durch einen niedergelassenen Orthopäden eine Mullkompresse im Operationsgebiet vergessen. Anfangs wurde das ärztliche Versehen nicht entdeckt. Der Heilungsverlauf war schleppend und führte zu einer externen Ultraschalluntersuchung, die den Fehler am Ende zu Tage brachte. Drei Monate nach der ersten Operation wurde der Fremdkörper wieder entfernt. Auch hier lag die Pflichtverletzung im voll beherrschbaren Risikobereich. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs sind textile Hilfsmittel, wie Tupfer und Mullkompressen, vom Arzt zu kennzeichnen, zu markieren bzw. zu zählen, damit ausgeschlossen wird, dass im Operationsgebiet Fremdkörper verblieben sind. (BGH, NJW 1991, 983) (aus: http://www.schmerzensgeld.info/ schmerzensgeld-voll-beherrschbare-risiken-imkrankenhaus-90/fachartikeldetail.aspx)

Beweislast im Zusammenhang mit Aufklärung und Einwilligung Die Beweislast dafür, dass ordnungsgemäß aufgeklärt und eine wirksame Einwilligung eingeholt wurde, liegt bei der Behandlungsseite (§ 630 h Abs. 2 BGB). Demnach muss der Behandelnde den Nachweis erbringen, dass er den Patienten oder

10.7 Beweislast

Beweislast und Beweislastumkehr

Beweislast liegt grundsätzlich beim Patienten

Gebot der Waffengleichheit

Beweislasterleichterung bis hin zur Beweislastumkehr

Grundsätzlich muss im Zivilprozess der Anspruchsteller (meist Patient) die Tatsache beweisen, die seinen Anspruch begründet. Dazu gehört sowohl der Verstoß als solcher als auch die Ursächlichkeit zwischen Behandlungsfehler und dem beim Patienten eingetretenen Gesundheitsschaden. Gelingt dem Anspruchsteller die Beweisführung nicht, verliert er in der Regel den Prozess. Seine Klage wird abgewiesen.

Üblicherweise sieht sich der Patient erheblichen Schwierigkeiten in seiner Beweisführung gegenüber. Zum einen ist er in der Regel medizinischer Laie, zum anderen ist er häufig beim Behandlungsgeschehen nicht bei vollem Bewusstsein. Der Patient befindet sich im Vergleich zum Arzt in einer deutlich unterlegenen Stellung. Dieses Ungleichgewicht hat die Rechtsprechung erkannt und die „Waffengleichheit“1 der Prozessparteien als gefährdet angesehen. Vor diesem Hintergrund wurden im Laufe der Jahre Regeln der Beweiserleichterung bzw. Beweislastumkehr für den Patienten geschaffen.

Im Einzelfall kann der Grundsatz der Waffengleichheit bis zu einer Beweislastumkehr führen. Das heißt, dass die Beweislast dem Patienten genommen wird und auf den Arzt übergeht. In diesen Fällen muss der Patient nicht mehr Verursachung und Verschulden durch den Arzt nachweisen, sondern den Arzt trifft die Beweislast. Der Arzt muss die fehlende Schadensursächlichkeit beweisen. Er muss das Gericht überzeugen, dass die Schädigung auch ohne das vorgeworfene Verhalten eingetreten wäre.

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1 Das Gebot der Waffengleichheit ist die verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Richter.

Abb. 10.11 Beweislast und Beweislastumkehr.

den zur Einwilligung Berechtigten ordnungsgemäß über sämtliche wesentlichen Umstände der Behandlung aufgeklärt und eine wirksame Einwilligung eingeholt hat (§ 630e BGB). Kann im Prozess nicht mehr geklärt werden, ob die Aufklärung unterblieben ist bzw. unzureichend war, geht das zu Lasten des Behandelnden. Entspricht die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e BGB, kann sich der Behandelnde dessen ungeachtet darauf berufen, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Behandlungsmaßnahmen eingewilligt hätte (sog. hypothetische Einwilligung). Der Patient kann sich gegen den Einwand einer hypothetischen Einwilligung wehren, indem er auf einen ernsthaften Entscheidungskonflikt (hätte er sich bei richtiger Aufklärung wirklich so entschieden) hinweist.

Beweislast bei Dokumentationsmängeln Die Dokumentation des Arztes dient neben medizinischen Zwecken auch der Beweissicherung (Kap. 12). Verletzt ein Arzt seine Dokumentationspflicht gemäß § 630f BGB, so kann dies zu Beweiserleichterungen für den Patienten bis hin zu einer Umkehr der Beweislast führen. Dies ist der Fall, wenn er z. B. nicht alle Befunde sowie die Behandlung und ihren Verlauf ordnungsgemäß aufschreibt. Unterlassene oder lückenhafte Dokumentation kann vermuten lassen, dass eine Maßnahme unterblieben ist (§ 630 h Abs. 3 BGB). Dies gilt für nicht dokumentierte Befunderhebungen, ärztliche Anordnungen und Medikationen ebenso wie für alle Besonderheiten des Behandlungsgeschehens. Um die Vermutung zu widerlegen, muss der Arzt

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Haftung beweisen, dass die nicht aufgezeichneten Maßnahmen dennoch durchgeführt wurden. Wenn der Arzt z. B. einen bedeutsamen Operationsschritt nicht im OP-Bericht aufzeichnet, muss von einem Dokumentationsmangel ausgegangen werden. Behauptet der Arzt, dass er den Operationsschritt doch durchgeführt hat, muss er dies durch andere Beweismittel, z. B. Zeugenaussagen eines Assistenten, belegen (BGH NJW 1989, 2330). Kann der Mediziner den Beweis erbringen, wird der Dokumentationsmangel für den Arzt ohne negative Folgen bleiben.

Beweislast bei mangelnder Eignung und Erfahrung Wenn die erforderliche Befähigung des Behandelnden nicht ausreichend war und der Patient durch die Behandlung einen Schaden erlitten hat, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Schaden des Patienten ursächlich war (§ 630h Abs. 4 BGB). Beispiele sind Behandelnde, die sich noch in der medizinischen Ausbildung befinden oder die als Berufsanfänger noch nicht über die notwendige Erfahrung verfügen. Eine mangelnde Eignung kann auch in den Fällen der körperlichen und/oder geistigen Überforderung vorliegen, z. B. wenn ein Behandelnder einen operativen Eingriff übermüdet übernimmt. Als Folge muss der Behandelnde oder ggf. auch der zuständige Krankenhausträger darlegen und beweisen, dass die eingetretene Komplikation nicht an der mangelnden Qualifikation, Übung oder Erfahrung liegt.

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Beweislast bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers § 630 h Abs. 5 BGB befasst sich mit der Umkehr der Beweislast im Fall eines sogenannten „groben“ Behandlungsfehlers. Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen hat. Der Behandlungsfehler ist ursächlich für den späteren Schaden und der Fehler hätte dem Behandelnden nicht unterlaufen dürfen. Als grob fehlerhaft gilt z. B., wenn während einer Operation versehentlich ein anderes als das kranke Organ entfernt wird. Gleiches gilt auch für sogenannte fundamentale Diagnosefehler. So wurde es als grober Behandlungsfehler angesehen, trotz Symptomen für eine Meningitis an der Arbeitsdiagnose Mandelentzün-

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dung festzuhalten (OL Stuttgart, Urteil vom 21.1.1993 – 14 U34/91 – VersR 1994, 313). Dem gleichwertig ist das Unterlassen einer medizinisch gebotenen Befunderhebung. Dieser Fall ist in § 630h Abs. 5 S. 2 BGB geregelt. Den groben Behandlungsfehler muss der Patient nachweisen. Nicht nachweisen muss er, dass der Fehler für den Schaden ursächlich war. Ob ein Behandlungsfehler tatsächlich grob ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist eine rein juristische Beurteilung. Die Feststellung eines groben Behandlungsfehlers durch das Gericht ergibt sich i. d. R. auf der Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens und einer fachmedizinischen Bewertung des Behandlungsablaufs. Ist zulasten eines Arztes ein „grober“ Fehler festgestellt worden, steht der Arzt in der Beweispflicht.

10.7.2 Beweislastregeln im Strafverfahren Ein Angeklagter darf wegen einer ihm vorgeworfenen Straftat nur verurteilt werden, wenn ihm die Tat nachgewiesen werden kann. Die Beweisaufnahme erstreckt sich auf alle Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Die „Beweislast“ tragen im Strafverfahren die staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Eine Beweislastumkehr zulasten eines Arztes wie im Zivilprozess kennt das Strafverfahren nicht. So rechtfertigt ein „grober“ Behandlungsfehler im Strafverfahren noch keine Verurteilung. Hier muss die Staatsanwaltschaft beweisen, dass der Behandlungsfehler den Schaden des Patienten verursacht hat. Kann diese Ursächlichkeit dem Arzt nicht nachgewiesen werden, ist er freizusprechen.

10.7.3 Fragen und Aufgaben 1. Was versteht man unter „Beweislast“? 2. Was versteht man unter „Beweislastumkehr“? 3. Unter welchen Fallkonstellationen kann es zur „Beweislastumkehr“ im Zivilprozess kommen?

10.8 Aufklärungsversäumnis

10.8 Aufklärungsversäumnis Info



Z

Ärzte müssen Patienten frühzeitig aufklären Karlsruhe (AFP). Patienten müssen über die Risiken einer Operation so frühzeitig aufgeklärt werden, dass sie in Ruhe die für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe abwägen können. Eine Aufklärung erst am Tag der Operation kommt zu spät und kann Ärzte zu Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichten. Das entschied der Bundesgerichtshof. Danach muss selbst bei größeren ambulanten Eingriffen am Tag vor der Operation aufgeklärt werden, wenn mit dem Eingriff erhebliche Risiken verbunden sind (Az. VI ZR 131/02). Im aktuellen Fall war ein Patient erst am Operationstag über die Risiken einer Bandscheibenoperation informiert worden. Er leidet unter einer Blasenlähmung. (Badische Zeitung, 15.05.2003)

Die rechtlichen Grundlagen der Aufklärung (bezogen auf den konkreten Eingriff) und der Einwilligung stehen seit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (Patientenrechtegesetzes, PatRG) im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die Neuregelungen finden sich in §§ 630d und 630e BGB. Richtschnur war das bisherige Recht und die dazu ergangene Rechtsprechung.

10.8.1 Grundlagen der Aufklärung Nach geltendem Recht stellt jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung dar, die nur durch eine rechtswirksame Einwilligung des Patienten gerechtfertigt ist. Eine wirksame Einwilligung setzt keine Schriftform voraus und kann auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen, wenn der Patient zur angesetzten Behandlung erscheint. Man spricht von einer konkludenten Zustimmung. Damit eine wirksame Einwilligung vorliegt, sind folgende Grundsätze zu beachten (§ 630d BGB): ● Die Einwilligung muss grundsätzlich vor der Durchführung einer medizinischen Maßnahme eingeholt werden. Medizinische Maßnahmen sind zum einen Eingriffe in den Körper oder die Gesundheit des Patienten und zum anderen alle sonstigen therapeutischen oder diagnostischen Behandlungsmaßnahmen.







Bei Einwilligungsunfähigkeit muss der Behandelnde die Einwilligung eines „hierzu Berechtigten“, etwa eines Betreuers, einholen, soweit nicht eine existierende Patientenverfügung die Maßnahme gestattet oder untersagt. Kann eine Einwilligung nicht rechtzeitig eingeholt werden, z. B. bei bewusstlosen Unfallopfern, ist der mutmaßliche Wille des Patienten entscheidend. Dieser muss vorrangig ermittelt werden aus den persönlichen Umständen sowie den individuellen Interessen, Wünschen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen des Betroffenen. Eine wirksame Einwilligung in die ärztliche Behandlung ist nur dann gegeben, wenn ihr eine ordnungsgemäße Aufklärung vorangegangen ist. Der Patient muss über alle für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufgeklärt sein. Ein Mangel in der Aufklärung ist von straf- und zivilrechtlicher Bedeutung. Eine wirksame Einwilligung kann jederzeit grund- und formlos zurückgenommen werden.

10.8.2 Die 6 großen W-Fragen der Aufklärung Die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Aufklärungsgespräch lassen sich in den 6 großen WFragen der Aufklärung zusammenfassen.

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Wer muss aufklären? ▶ Aufklärungspflichtiger. Grundsätzlich ist das Aufklärungsgespräch Sache des Arztes, der die Behandlung durchführt. Nichtärztliches Personal darf keine ärztlichen Aufklärungsaufgaben übernehmen. Die Delegation der Aufklärung an einen anderen sachkundigen Arzt ist hingegen möglich (§ 630e Abs. 2 BGB). Der behandelnde Arzt muss allerdings sicherstellen, dass eine vollständige Aufklärung durch seinen Kollegen stattgefunden hat. Gegebenenfalls muss er nachweisen, dass er sich über die Eignung und Zuverlässigkeit des Aufklärenden vergewissert hat.

Wen muss der Arzt aufklären? ▶ Aufklärungsadressat. Adressat der Aufklärung ist der Patient selbst, der nach der Aufklärung die Einwilligung geben muss. Ausnahmen sind: minderjährige Patienten: Wenn der Patient minderjährig ist, müssen beide Elternteile bei der Aufklärung anwesend sein. Lediglich bei kleineren

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Haftung Routineeingriffen ist die Aufklärung eines Elternteils ausreichend. In solchen Fällen kann der Arzt davon ausgehen, dass der erschienene Elternteil die Aufklärung entgegennehmen und die Einwilligung geben kann. Bei schwierigen und weitreichenden Entscheidungen, die mit erheblichen Risiken für die zukünftige Lebensführung verbunden sind, muss prinzipiell die Aufklärung und Zustimmung beider Elternteile eingeholt werden. Bei geschiedenen Eltern ist das Sorgerecht entscheidend. einwilligungsunfähige Patienten: Der Aufklärungsadressat bei einwilligungsunfähigen Patienten ist der zur Einwilligung Berechtigte (z. B. Betreuer) (§ 630e Abs. 4 BGB). Die wesentlichen Umstände des beabsichtigten Eingriffs müssen mit dem Patienten entsprechend seiner geistigen Entwicklung und Verständnismöglichkeit dennoch besprochen werden (§ 630e Abs. 5 BGB). Auch Einwilligungsunfähige dürfen über das Ob und Wie einer sie betreffenden Behandlung nicht im Unklaren bleiben. fremdsprachige Patienten: Bei Aufklärung fremdsprachiger Patienten muss dafür gesorgt werden, dass der betreffende Patient die Erläuterungen des Arztes versteht. Der Patient muss trotz Verständigungsschwierigkeiten ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des konkreten Risikospektrums erhalten. Im Zweifel muss der Arzt, mit Billigung des Patienten, eine sprachkundige Person oder einen Dolmetscher hinzuziehen. Dies können Angehörige des Patienten oder sprachkundige Angestellte sein.

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Wann ist aufzuklären? ▶ Zeitpunkt der Aufklärung. Die Aufklärung muss rechtzeitig erfolgen, damit der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann (§ 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB). Ihm soll Gelegenheit gegeben werden, in Ruhe und ohne Zeitdruck das Für und Wider einer medizinischen Maßnahme abzuwägen. Der Patient darf nicht den Eindruck haben, sich nicht mehr aus dem Behandlungsprozess lösen zu können. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich der Eingriff unmittelbar an die Aufklärung anschließt. Die Zeit zum Abwägen muss der Bedeutung des Eingriffs angemessen sein. Prinzipiell gilt, dass bei stationären Eingriffen die Aufklärung spätestens am Vortag erfolgen muss. Eine Aufklärung am Vorabend ist nicht ausreichend. Bei ambulanten Eingriffen kann dagegen auch am Tag des Eingriffs

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noch aufgeklärt werden, wenn es sich um kleinere und risikoarme Eingriffe handelt. Allerdings muss die Aufklärung vom Eingriff selbst deutlich abgesetzt sein. Bei geplanten Operationen sollte die Aufklärung zum Zeitpunkt der Terminvereinbarung erfolgen. Nicht nur der Zeitpunkt der Aufklärung, sondern auch die rechtzeitige Einwilligung ist rechtserheblich. So ist eine Einwilligungserklärung von vornherein unwirksam, wenn sie der Patient auf dem Weg zum Operationssaal unterschreibt oder wenn er bereits medikamentös auf die Operation vorbereitet wurde.

Wie ist aufzuklären? ▶ Form der Aufklärung. Die Aufklärung muss mündlich in einem Arzt-Patienten-Gespräch erfolgen (§ 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB). Im Regelfall findet das Aufklärungsgespräch unter vier Augen statt bzw. im Beisein von Angehörigen oder anderen Ärzten. Aus Gründen der Beweissicherung werden heute üblicherweise Aufklärungsformulare verwendet. Sie helfen, das Arzt-Patienten-Gespräch mit dem Patienten systematisch zu führen. Formblätter können das Aufklärungsgespräch ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Bei Verwendung eines Formulars darf auf den individuellen Einsatz nicht verzichtet werden. Aus Beweisgründen sollten die wesentlichen Gesprächsinhalte festgehalten werden. Gegebenenfalls sind zusätzliche Zeichnungen anzufertigen und Zusätze vorzunehmen. Der Aufklärungsbogen sollte von Arzt und Patient, möglichst unter Angabe von Datum und Uhrzeit, unterschrieben werden. Darüber hinaus muss dem Patienten die Möglichkeit offenstehen, individuelle Fragen zu stellen. Wenn der Patient im Zusammenhang mit der Aufklärung oder seiner Einwilligung Unterlagen unterzeichnet, muss er Abschriften erhalten (i. d. R. Kopien) (§ 630e Abs. 2 S. 2 BGB). ▶ Verständlichkeit. Die Aufklärung muss verständlich sein (§ 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB). Verständlich heißt, dass sich der Behandelnde sprachlich auf den Patienten einstellen muss. Unklare medizinische Fachausdrücke sind fehl am Platz.

10.8 Aufklärungsversäumnis

Worüber ist aufzuklären?

10.8.3 Ausnahmen

▶ Umfang des Aufklärungsgespräches. Die Aufklärung muss sich im Wesentlichen am jeweiligen Einzelfall orientieren. Die Intensität der Aufklärung ist zum einen abhängig von der Dringlichkeit und Schwere einer ärztlichen Maßnahme und deren Folgen. Zum anderen spielen der Bildungsund Wissensstand des Patienten eine Rolle. Je weniger dringlich und geboten der Eingriff erscheint, desto umfangreicher muss aufgeklärt werden. So sind beispielsweise bei einer Schönheitsoperation strengste Aufklärungsmaßstäbe anzulegen. Verlangt wird keine exakte medizinische Beschreibung. Der Patient soll über Art, Umfang, Durchführung, die zu erwartenden Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie unterrichtet werden. Im Allgemeinen genügt die Aufklärung „im Großen und Ganzen“. Der Behandelnde muss außerdem über die Behandlungsalternativen informieren, wenn mehrere mögliche Methoden zu unterschiedlichen Belastungen, Risiken und Heilungschancen führen (§ 630e Abs. 1 BGB).

Eine Reduzierung oder Unterlassung der Aufklärungspflicht ist nur dann rechtmäßig, wenn: ● der Patient ausdrücklich auf die Aufklärung verzichtet (§ 630e Abs. 3 BGB), ● sich das Risiko des Eingriffs durch die Aufklärung erhöhen würde, beispielsweise durch zusätzliche Aufregung des Patienten, ● dadurch eine Gefährdung Dritter abgewendet werden kann, insbesondere bei psychiatrischen Fällen (der Patient würde erfahren, dass der Arzt sich bei seiner Diagnose auf Informationen Dritter, etwa Familienangehöriger, stützt), ● die Gefahr besteht, dass eine labile Person ihre Zustimmung zu einer dringlich indizierten medizinischen Behandlung verweigert und dadurch eine höhere Lebensgefahr besteht, als wenn der risikoreiche Eingriff vorgenommen wird, ● der Patient bereits durch einen anderen Arzt aufgeklärt wurde.

Wie weit ist aufzuklären? ▶ Aufklärungsverzicht. Aufgrund besonderer Umstände kann in Ausnahmen auf eine Aufklärung verzichtet werden (§ 630e Abs. 3 BGB). So kann ein medizinischer Eingriff derart dringlich sein, dass eine Aufklärung abgekürzt oder gar ausfallen kann, etwa, wenn es sich um einen Notfall handelt. Verletzt sich jemand bei einem Autounfall schwer und ist bewusstlos, sind unverzüglich Erste-HilfeMaßnahmen erforderlich. Ein vorheriges Aufklärungsgespräch ist nicht möglich. Der mutmaßliche Wille des Patienten ist entscheidend. Ebenso haben Patienten das Recht, auf die Aufklärung ganz oder teilweise zu verzichten. Der Arzt muss davon überzeugt sein, dass sich der Patient der Bedeutung seiner Verzichtserklärung bewusst ist. Da der Arzt den Verzicht beweisen muss, sollte sorgfältig dokumentiert werden. Aus Gründen der Beweisführung empfiehlt es sich, eine vom Patienten unterschriebene Verzichtserklärung den Krankenakten beizulegen.

10.8.4 Fragen und Aufgaben 1. Auf dem Weg zum Operationssaal unterzeichnet eine bereits mit Medikamenten beruhigte Patientin die ihr schon mehrere Tage zuvor überlassene Einwilligungserklärung. Der Arzt hat sie darin deutlich darauf hingewiesen, dass man die Operation auch unterlassen könne. Beurteilen Sie die Rechtslage. 2. Unter welchen Voraussetzungen kommt eine Reduktion der Aufklärung in Betracht? Beschreiben Sie und begründen Sie Ihre Meinung. 3. Der Arzt händigt einer Patientin ein Aufklärungsformular zu der diagnostizierten Krankheit aus. In diesem Vordruck werden die Krankheit, die vorgeschlagene Therapie sowie Gefahren und mögliche Folgen, insbesondere Komplikationen, beschrieben. Hat der Arzt damit seine Aufklärungspflicht erfüllt? Begründen Sie Ihre Entscheidung. 4. Wovon hängt der Umfang der Aufklärungspflicht ab? 5. Kreuzen Sie die richtigen Aussagen an: a) In manchen Fällen kann die Aufklärung unterbleiben. b) Nach geltender Rechtsprechung erfüllt jeder medizinische Eingriff (diagnostischer oder therapeutischer Art) den Tatbestand der Körperverletzung.

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Haftung c) Ein Aufklärungsformular reicht zur korrekten Aufklärung des Patienten aus. d) Die Einwilligung kann erst von volljährigen, geschäftsfähigen Patienten gegeben werden. Bei Patienten unter 18 Jahren müssen beide gesetzlichen Vertreter einwilligen. e) Der Patient kann sein Einverständnis jederzeit vor dem Eingriff widerrufen. 6. Ein minderjähriges Kind leidet an einem Down-Syndrom und einem angeborenen Herzfehler. Der Arzt hält eine Korrekturoperation „totaler AV-Kanal“ medizinisch für notwendig und bestellt die Familie ein. Es kommt die Mutter des Kindes. Der Arzt bespricht die angesetzte Operation. Die Mutter unterzeichnet die Einwilligungserklärung. Die dann vorgenommene Operation am Herzen des Kindes verläuft erfolgreich. Dennoch wird Klage erhoben und Schmerzensgeld sowie Ersatzpflicht für etwaige Zukunftsschäden aus der Operation gefordert. Der Anspruch wird mit der fehlenden Einwilligung des Vaters begründet, wodurch die Einwilligung in die Operation insgesamt unwirksam ist. Beurteilen Sie den vorliegenden Fall. 7. Einer Patientin sollen zwei Knoten an der Schilddrüse entfernt werden. Bei der ambulanten Vorstellung wird ein fester Termin zur sta-

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tionären Aufnahme vereinbart. Bei der stationären Aufnahme wird der Patientin ein Merkblatt ausgehändigt. Am Vortag der Operation wird sie auf die gesundheitlichen Risiken des Eingriffs aufmerksam gemacht. Sie wird auf das Risiko der verbleibenden Heiserkeit durch eine mögliche Schädigung des Stimmbandnervs hingewiesen. Bei der OP wird der Stimmbandnerv verletzt. Beurteilen Sie den Fall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Aufklärung. 8. Ein Patient muss sich einer Blinddarmoperation unterziehen. Nach sachgerechter Aufklärung willigt der Patient in die OP ein. Als er am nächsten Tag in den Operationssaal geschoben wird, bekommt er Bedenken und will nicht mehr operiert werden. Das Ärzteteam steht schon bereit und der OP-Plan kann nicht mehr umgeworfen werden. Die Operation wird durchgeführt. Beurteilen Sie die Sachlage. 9. Welche Konsequenzen ergeben sich für den Fall, dass die Erziehungsberechtigten zum Nachteil ihres Kindes die Einwilligung in eine ärztliche Behandlung ablehnen? 10. Ohne die Aufklärung und das Einverständnis des Patienten würde sich der Arzt einer Körperverletzung schuldig machen. Welche grundsätzlichen Anforderungen sind an eine formale Aufklärung zu stellen?

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 11 Dienstleistungsvertrag

11.1 11.2 11.3 11.4

Dienstleistungsvertrag und andere Vertragsarten

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Behandlungsvertrag bzw. Arztvertrag

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Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag

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Fragen und Aufgaben

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Dienstleistungsvertrag

11 Dienstleistungsvertrag 11.1 Dienstleistungsvertrag und andere Vertragsarten Verträge sind Rechtsgeschäfte, bei denen mindestens 2 Personen ihren Willen inhaltlich übereinstimmend erklären. Diese beiden Willenserklärungen werden als Antrag und Annahme bezeichnet. Je nach Vertragsart verändern sich die Rechtfolgen und Voraussetzungen (z. B. Formvorschriften). Die wichtigsten Vertragsarten sollen kurz im Überblick dargestellt werden (▶ Tab. 11.1).

11.1.1 Kaufvertrag In einem Kaufvertrag verpflichtet sich eine Vertragspartei (Verkäufer) zur Übereignung und Übergabe der Kaufsache einschl. etwaigen Zubehörs oder zur Übertragung eines Rechts an die andere Vertragspartei (Käufer). Durch die Übergabe allein

wird der Käufer nur Besitzer und hat lediglich die tatsächliche Herrschaft über die Sache. Erst mit der Eigentumsübertragung wird der Käufer zum Eigentümer und erlangt damit die rechtliche Herrschaft. Der Käufer verpflichtet sich im Gegenzug zur Bezahlung des Kaufpreises und Abnahme der gekauften Sache. Diese Pflichten ergeben sich aus § 433 BGB. Kaufgegenstand können bewegliche und unbewegliche Sachen sowie Rechte sein. Der Kaufvertrag ist in der Regel formfrei, er kann also auch mündlich, schriftlich oder durch Handeln (das gewollte Tun wird mit dem Verhalten zum Ausdruck gebracht und nicht mündlich oder schriftlich) abgeschlossen werden. In einigen Fällen schreibt das Gesetz jedoch eine bestimmte Form vor, z. B. für den Grundstückskauf, der rechtswirksam nur in notariell beurkundeter Form geschlossen werden kann.

Tab. 11.1 Vertragsarten im Überblick.

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Vertragsart

Vertragspartner

Erläuterung

Gesetzliche Regelung

Kennzeichen

Kaufvertrag

Käufer/ Verkäufer



entgeltliche Veräußerung von Sachen und Rechten

§ 433 BGB



dauerhafte Rechtsänderung durch Eigentumsübertragung

Mietvertrag

Mieter/ Vermieter



entgeltliche Überlassung der vermieteten Sache zum Gebrauch

§ 535 BGB



befristetes Vertragsverhältnis Rückgabe derselben Sache Empfänger wird vorübergehend Besitzer

● ●

Leihvertrag

Werkvertrag

Verleiher/ Entleiher

Unternehmer/ Besteller







Werklieferungsvertrag (wie Kaufvertrag)

Unternehmer/ Besteller





Dienstvertrag

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Arbeitnehmer/ Arbeitgeber Arzt/Patient



unentgeltliche Überlassung von Sachen zum Gebrauch und Rückgabe derselben Sache

§ 598 BGB

Herstellung eines versprochenen Werks gegen Entgelt mit Zusage des Erfolgs das Material wird vom Besteller beschafft

§ 631 BGB

Herstellung eines Werks gegen Entgelt mit Zusage des Erfolgs das Werk wird vom Hersteller beschafft

§ 651 BGB

Leistung von Diensten gegen Entgelt

§ 611 BGB



● ●









● ●

befristetes Vertragsverhältnis Rückgabe derselben Sache Empfänger wird vorübergehend Besitzer befristetes Vertragsverhältnis bestimmtes Arbeitsergebnis wird mit Erfolgsgarantie geschuldet befristetes Vertragsverhältnis bestimmtes Arbeitsergebnis wird mit Erfolgsgarantie geschuldet befristet oder unbefristet Arbeitsleistung wird ohne Erfolgsgarantie geschuldet

11.1 Dienstleistungsvertrag und andere Vertragsarten Der Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer, die Kaufsache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Ist die Kaufsache mangelhaft, muss der Käufer dem Verkäufer ermöglichen, den Mangel zu beheben. Mangelhaft ist eine Kaufsache, wenn sie nicht die von den Vertragsparteien vereinbarten Eigenschaften hat oder wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert. Der Mangel kann z. B. durch Reparatur (Nachbesserung) oder eine Ersatzlieferung behoben werden. Die Entscheidung zwischen beiden Rechten (Reparatur oder Ersatzlieferung) trifft der Käufer. Ist der Versuch der Nacherfüllung fehlgeschlagen, so kann der Käufer entweder vom Vertrag zurücktreten oder Minderung des Kaufpreises verlangen. Hat der Verkäufer eine vertragliche Pflicht schuldhaft verletzt und der Käufer erleidet einen Schaden, dann kann der Käufer Schadenersatz verlangen.

11.1.2 Mietvertrag Miete ist die Gegenleistung in Form von Mietzins, wenn Sachen, Grundstücke, Wohnungen usw. zum Gebrauch (Benutzung) überlassen werden. Miete wird durch einen Mietvertrag begründet. Beim Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter die vermietete Sache während der Mietdauer zum Gebrauch zu überlassen. Als Gegenleistung hat der Mieter dafür den vereinbarten Mietpreis zu entrichten. Im Alltagsleben spielt am ehesten die Vermietung einer Wohnung eine Rolle. Vermietet werden z. B. auch Rufanlagen, eher selten Rollatoren oder Rollstühle.

11.1.3 Leihvertrag Bei einem Leihvertrag verpflichtet sich eine Partei (Verleiher), der anderen (Entleiher) den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten (§ 598 BGB). Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache pfleglich zu behandeln und nach Ablauf der vereinbarten Zeit wieder zurückzugeben. Einige Sozialstationen verleihen Rollstühle, Toilettenstühle, Krankenbetten mit Aufrichter und Seitengittern, Gehhilfen, Gehwagen, Kopfwaschwannen fürs Bett usw. ohne Nutzungsgebühr.

11.1.4 Werkvertrag Mit dem Abschluss eines Werkvertrages verspricht der Auftragnehmer (Unternehmer) nicht nur, eine bestimmte Arbeit zu verrichten oder ein Werk herzustellen, sondern auch die erfolgreiche Ausführung. Der Auftraggeber (Besteller) beschafft dazu das benötigte Material und ist zur Zahlung der Vergütung verpflichtet (§ 631 BGB). Gegenstand typischer Werkverträge sind Reparaturarbeiten, z. B. die Reparatur von Körper- und Zahnprothesen, handwerkliche Tätigkeiten, Transportleistungen (z. B. Taxifahrt) oder die Erstellung von Gutachten.

11.1.5 Werklieferungsvertrag (Anwendung des Kaufrechts) Im Unterschied zum Werkvertrag verpflichtet sich beim Werklieferungsvertrag der Unternehmer, zusätzlich das Material zur Herstellung einer Sache zu beschaffen (§ 651 BGB). Die hergestellte Sache wird dem Besteller gegen Entgelt übergeben und das Eigentum an der Sache verschafft. Auch hier wird der Erfolg der Leistung geschuldet. Beispiele sind der Kauf einer neuen Brille, die Herstellung von Prothesen, Korsetts oder Schuheinlagen durch den Orthopäden.

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11.1.6 Dienstvertrag Im Gegensatz zu den oben genannten Werk- und Werklieferungsverträgen stehen beim Dienstvertrag nicht der Erfolg im Mittelpunkt, sondern nur die Dienste (menschliche Arbeitskraft). Hier steht das Bemühen zur sorgfältigen Ausführung des Auftrages im Vordergrund. Die Parteien des Vertrages heißen Anbieter der Dienstleistung und Nachfrager der Dienstleistung, z. B.: Arbeitnehmer – Arbeitgeber, Rechtsanwalt – Klient. Durch den Abschluss eines Dienstvertrages verpflichtet sich der eine Partner, die vereinbarten Tätigkeiten (Dienste) zu leisten, der andere zur Zahlung einer Vergütung (§ 611 BGB). Eine eigenständig anerkannte Sonderform des Dienstvertrages ist der Behandlungsvertrag (§§ 630a–h BGB). Beim Behandlungsvertrag schuldet der Mediziner nur seine Dienste als solche, ohne den Erfolg seiner Arbeit versprechen zu können. Es gibt keine „Gesundheitsgarantie“. Tritt der Erfolg nicht ein, bleibt der Anspruch auf ein Honorar erhalten.

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Dienstleistungsvertrag Eine ausführliche Darstellung des Behandlungsvertrages folgt im nachstehenden Kapitel.

11.2 Behandlungsvertrag bzw. Arztvertrag Der Behandlungsvertrag ist ein im Dienstvertragsrecht angesiedelter Spezialvertragstyp. Für den Behandlungsvertrag gilt vorrangig und verbindlich der Normenkatalog der §§ 630a-h BGB als Spezialrecht. Nachrangig gilt das allgemeine Dienstvertragsrecht, soweit sich in den neuen Regeln keine anderen Bestimmungen finden (§ 630b BGB). Die §§ 630a-h sind durch das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (Patientenrechtegesetz) als Untertitel zum BGB hinzugefügt worden. Die gesetzliche Neuregelung des Behandlungsvertrages im Bürgerlichen Gesetzbuch hat zu keinen wesentlichen Änderungen der bisherigen Rechtslage geführt.

11.2.1 Parteien des Behandlungsvertrages Partei des Behandlungsvertrages ist zum einen derjenige, der die medizinische Behandlung des Patienten zusagt (Behandelnder), und zum anderen derjenige, der sich in Behandlung begibt (Patient). Entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch ist der die Behandlung Zusagende (Behandelnder) nicht zwangsweise auch derjenige, der die medizinischen Maßnahmen ausführt. So kann zum Beispiel ein Krankenhaus, eine Berufsausübungs-

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gemeinschaft oder ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) die Behandlungen zusagen und ihrerseits Behandelnde bereitstellen, die die Behandlungsleistung als Erfüllungsgehilfen für sie erbringen. ▶ Abb. 11.1 zeigt mögliche Vertragspartner eines Behandlungsvertrages.

11.2.2 Zustandekommen des Behandlungsvertrages Grundsätzlich kommt ein Vertrag zustande, indem eine Vertragspartei einen Antrag macht, der von der anderen Seite angenommen wird. Auch der Behandlungsvertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen von Patient und Arzt zustande. Die vertragliche Erklärung braucht allerdings nicht ausdrücklich abgegeben zu werden. Es genügt ein schlüssiges Verhalten der Beteiligten (konkludentes Handeln). Ein Behandlungsvertrag kommt zustande durch (▶ Abb. 11.2): ● konkludentes Handeln, ● Vergabe eines Bestelltermins, ● Zusage eines Hausbesuchs, ● telefonische Beratung, ● Geschäftsführung ohne Auftrag. Oftmals ist der Patient nicht in der Lage, mit dem Arzt einen Behandlungsvertrag abzuschließen (z. B. bei Bewusstlosigkeit). Erfolgt die Behandlung allerdings in seinem Interesse und entspricht sie seinem mutmaßlichen Willen, besteht ein Rechtsverhältnis nach den Vorschriften über die Ge-

Medizinische Behandlung Behandelnder

Patient Vergütung

• Krankenhausträger • Träger MVZ • Chefarzt (sonstige angestellte Krankenhausärzte mit eigenem Liquidationsrecht) • Niedergelassener Arzt • Konsiliararzt

Abb. 11.1 Vertragspartner des Behandlungsvertrages. (Wenzel, 2014)

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• Der geschäftsfähige Patient als der sich selbst in Behandlung Begebende • Gesetzliche Vertreter des Minderjährigen (i.d.R. Eltern) • Bevollmächtigter/Betreuer des geschäftsunfähigen volljährigen Patienten

11.2 Behandlungsvertrag bzw. Arztvertrag

Zustandekommen des Behandlungsvertrages durch

konkludentes Handeln Ein Patient sucht die Praxisräume eines niedergelassenen Arztes auf und der Arzt übernimmt die Behandlung.

Vergabe eines Bestelltermines Der Patient erhält einen Termin für eine Behandlung.

Zusage eines Hausbesuchs Der Arzt sagt zu, einen Hausbesuch abzustatten.

telefonische Beratung Der Arzt erteilt dem Patienten oder seinen Angehörigen am Telefon Ratschläge.

Geschäftsführung ohne Auftrag z. B. bei Bewusstlosigkeit

Abb. 11.2 Zustandekommen des Behandlungsvertrages.

schäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB). Hierbei muss der Arzt den mutmaßlichen Willen seines Patienten zum Maßstab für sein Tun nehmen.

11.2.3 Hauptpflichten Der Behandelnde schuldet dem Patienten die medizinische Behandlung (§ 630a BGB). Dazu zählen die Erhebung der Anamnese (Vorgeschichte einer aktuellen Erkrankung), die ärztliche Untersuchung, die Diagnose- und Indikationsstellung sowie die Behandlung. Die ärztliche Behandlung muss der Arzt persönlich leisten (§§ 630b, 613 S. 1 BGB). Bestimmte Hilfstätigkeiten sind delegierbar. Der Arzt kann dem Patienten keinen Heilerfolg garantieren, aber er verspricht das fachgerechte Bemühen um Heilung, sprich: eine Behandlungsleistung. Dabei muss er die bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards beachten (§ 630a Abs. 2 BGB). Eine zutreffende Diagnose kann ebenfalls nicht garantiert werden. So schuldet ein Chirurg dem Patienten bei der Entfernung des Blinddarms (Appendektomie) oder bei der Amputation eines Körperteils nicht den Erfolg, sondern er verpflichtet sich vertraglich nur zu dem geschuldeten Eingriff nach dem medizinischen Standard. Handelt ein Arzt gegen diesen Standard, so liegt ein Behandlungsfehler vor, der gegebenenfalls Haftungsansprüche des Patienten auslösen kann. Im Gegenzug schuldet der Patient die Zahlung der ärztlichen Vergütung, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung bestimmt ist. Privat versicherte Patienten schulden im Regelfall unmittelbar die vertraglich vereinbarte Vergütung. Die Zahlungspflicht ist ihre vertragliche Hauptpflicht. Sie haben

gegen ihre private Krankenversicherung oder als Beamte auch gegen die Beihilfestelle einen Erstattungsanspruch. Beim Privatpatienten ist für den Arzt die GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) Ausgangspunkt der Rechnungsstellung. Bei gesetzlich krankenversicherten Patienten trifft die Zahlungspflicht einen „Dritten“ nämlich die Kassenärztliche Vereinigung (KV), d. h., die Honorierung der erbrachten Leistungen richtet sich nicht direkt gegen den Patienten. Jeder Arzt, der eine kassenärztliche Zulassung (und damit zu seiner KV in einem öffentlich-rechtlichen Mitgliedsverhältnis steht), erklärt sich automatisch einverstanden, dass seine Behandlungsleistung über die Kassenärztliche Vereinigung mit den Krankenkassen abgerechnet wird (Kap. 20). Abrechnungsgrundlage in der vertragsärztlichen Versorgung ist der sogenannte Einheitliche Bewertungsmaßstab, kurz: EBM. Der Patient ist verpflichtet, daran mitzuwirken, dass die Honorarzahlung im Rahmen des GKV-Abrechnungssystems abgewickelt werden kann. Er muss z. B. zu Beginn des Quartals bzw. der Behandlung seine elektronische Gesundheitskarte vorlegen. Wenn der Behandelnde weiß, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung in Textform auf die finanzielle Konsequenz hinweisen (§ 630c Abs. 3 BGB). Dies gilt v. a. bei den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL-Angeboten), die nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen enthalten sind. Näheres über die Vergütungsabrechnung lesen Sie im Kap. 17.

11

19

Dienstleistungsvertrag Tab. 11.2 Pflichten der Vertragspartner. Pflichten des Arztes

Pflichten des Patienten

Die Hauptpflicht des Arztes besteht in der Behandlung des Patienten. Er ist verpflichtet, den Patienten eingehend zu untersuchen, die Diagnose zu stellen und ihn zu therapieren. Ziel ist die Heilung bzw. Linderung unter Berücksichtigung des bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards (§ 630a BGB).

Der Patient schuldet dem Behandelnden die Zahlung, es sei denn, ein Dritter ist zur Zahlung verpflichtet (§ 630a Absatz 1 BGB). Sofern der Dritte die Kosten nicht vollständig übernimmt, muss der Behandelnde den Patienten vor Behandlungsbeginn über diesen Umstand und die Kosten der Behandlung in Textform informieren (§ 630c Abs. 3 BGB).

Der Arzt hat seine Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen (§§ 630b, 613 BGB), allerdings ist das Zuziehen von ärztlichen und nichtärztlichen Hilfskräften im üblichen Umfang zulässig.

Der Patient ist zur Mitwirkung verpflichtet (sog. Compliance) und hat die ärztlichen Anordnungen zu befolgen (§ 630c Abs. 1 BGB).

Außer der Behandlungspflicht ergeben sich aus dem Behandlungsvertrag für den Arzt eine Reihe weiterer Pflichten: ● behandlungsbezogene Informationspflicht (Sicherungsaufklärung; auch: therapeutische Aufklärung; § 630c Abs. 2 BGB) ● wirtschaftliche Informationspflicht (Information über Behandlungskosten; § 630c Abs. 3 BGB) ● behandlungsbezogene Aufklärungspflicht (Eingriffs- bzw. Selbstbestimmungsaufklärung; oft auch nur Risikoaufklärung genannt; § 630e BGB), die als Basis für eine wirksame Einwilligung dient ● Dokumentationspflicht (vgl. z. B. § 630f BGB) ● Aufbewahrungspflicht (vgl. z. B. § 630f Abs. 3 BGB) ● ärztliche Schweige- und Meldepflicht

11.2.4 Pflichten der Vertragspartner 11

Der Behandlungsvertrag bildet die rechtliche Basis für die Ansprüche, Pflichten und Obliegenheiten des Arztes ebenso wie die des Patienten. Die Pflichten der Vertragspartner sind in ▶ Tab. 11.2 zusammengefasst.

11.2.5 Beendigung und Kündigung des Vertragsverhältnisses Die dienstvertraglichen Kündigungsregelungen finden sich in §§ 626 ff. BGB und § 630b BGB, wobei Letzterer auf §§ 626 ff. BGB verweist. Gewöhnlich ist das Vertragsverhältnis beendet mit Abschluss der Behandlung (Vertragserfüllung). Allerdings können die Vertragsparteien den Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen, auch ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt (§ 627 BGB). Man unterscheidet zwischen der Kündigung durch den Arzt und der durch den Patienten. Der Patient kann den Behandlungsvertrag jederzeit kündigen, da das Kündigungsrecht dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten entspricht.

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Dies gilt sowohl für den Privatpatienten als auch für den Kassenpatienten. Der Arzt darf von seiner Kündigungsmöglichkeit nur Gebrauch machen, wenn der Patient dadurch nicht in eine Notsituation gerät und rechtzeitig einen anderen Arzt aufsuchen kann (§ 627 Abs. 2 BGB). Selbst wenn die notwendige Fortsetzung der Behandlung nicht gewährleistet ist (sogenannte „Unzeit“), hat der Arzt die Möglichkeit, den Behandlungsvertrag zu kündigen, wenn auch nur unter engen Voraussetzungen. Nach § 627 Abs. 2 BGB ist dies möglich, wenn ein wichtiger Grund i. S.v. § 626 Abs. 1 BGB besteht und die Weiterbehandlung durch den Arzt unzumutbar ist. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient beeinträchtigt ist, z. B. bei Verleumdung durch den Patienten. Der Arzt kann den Behandlungsvertrag auch fristlos kündigen, wenn der Patient die ärztlichen Anweisungen nicht befolgt, verschriebene Medikamente nicht einnimmt, trotz strikten Rauchverbots weiterraucht oder wenn der Patient ihn beschimpft oder gar bedroht. Kündigt der Arzt ohne solchen Grund zur Unzeit, besteht Schadensersatzpflicht. Zusammenfassend formuliert kann ein Behandlungsvertrag beendet werden

11.3 Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag ● ●

● ● ●

durch Zeitablauf, mit dem Ende der Behandlung (Vertragserfüllung), durch Tod einer Vertragspartei, durch Aufhebung, durch Kündigung.

11.3 Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag Für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung (einschließlich Pflege) in einem Heim ist eine vertragliche Vereinbarung (Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag) unverzichtbar. Der Vertrag regelt die individuellen Rechte und Pflichten der beiden Vertragsparteien: Heim/Einrichtungsträger (Unternehmer) und Heimbewohner (Verbraucher) (▶ Abb. 11.3). Er ist die Grundlage für die Rechtsbeziehung zwischen dem Heim und den Bewohnern. Der Heimvertrag ähnelt dem Mietvertrag für eine Mietwohnung. Er enthält jedoch neben Regelungen über das Wohnen noch weitere Bestandteile. Dazu gehören beispielsweise Regelungen über

die Pflege und Betreuung, die ein Bewohner erhält, sowie über die Verpflegung im Heim. Den Heimvertrag regelt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG), das am 1.10.2009 in Kraft getreten ist. Die Zuständigkeit für das Vertragsrecht liegt beim Bund. Der ordnungsrechtliche Teil wird durch die Bundesländer gesetzlich geregelt. Dieser Teil befasst sich zum einen mit Fragen der Genehmigung des Betriebs von Heimen oder anderen Wohnformen, mit der personellen oder baulichen Ausstattung der Einrichtung und zum anderen damit, wie Einrichtungen durch die zuständigen Behörden überwacht werden.

11.3.1 Ziele des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist ein Gesetz zum Schutz der Bewohner. Es soll ihre Rechtsstellung sowie die Qualität der Betreuung und Pflege verbessern und einen sachgerechten Ausgleich der Interessen der Beteiligten herbeiführen. Die Selbstbestimmung der Bewohner soll durch Information und Transparenz gestärkt werden.

Leistung

Unternehmer (Heim/Einrichtungsträger)

Heimvertrag (Wohn- und Betreuungsvertrag) Leistungsbeschreibung Entgeltvereinbarung

11 Verbraucher (Heimbewohner)

Entgelt soweit nicht vom Sozialleistungsträger gezahlt

Entgelt

Anspruch

Versorgungsvertrag Leistungsvereinbarungen Vergütungsvereinbarungen Prüfvereinbarungen Qualitätsvereinbarungen

Sozialleistungsträger Pflegekasse Sozialhilfeträger

Abb. 11.3 Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag. (nach Mowisch, A., Hons, C., 2010)

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Dienstleistungsvertrag Für einen generellen Überblick über das geltende Recht sind folgende Bestimmungen wichtig und ausreichend: ● Anwendungsbereich des Gesetzes ● Informationspflichten vor Vertragsschluss ● Vertragsschluss und Vertragsdauer ● Schriftform und Vertragsinhalt ● Leistungspflichten und Abwesenheitsregelungen ● Kündigung des Heimvertrags

11.3.2 Anwendungsbereich des Gesetzes Das WBVG gilt für einen Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem volljährigen Verbraucher. Der Unternehmer verpflichtet sich, Wohnraum zu überlassen und Pflege- und Betreuungsleistungen zu erbringen. Mit den Leistungen soll der Hilfsbedarf durch Alter, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung bewältigt werden (§ 1 Abs. 1 WBVG). Ob die Pflege- oder Betreuungsleistungen vom Unternehmer gleich zur Verfügung gestellt oder für den späteren Abruf vorgehalten werden, macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied. Das WBVG ist anwendbar in folgenden Einrichtungen: ● ohne Einschränkungen ○ Altenheime ○ Altenwohnheime ○ Behindertenheime ○ Einrichtungen des Betreuten Wohnens mit über allgemeine Unterstützungsleistungen hinausgehenden Angeboten von Pflegeund/oder Betreuungsleistungen ● mit Einschränkungen ○ Hospize ○ Kurzzeitpflegeheime ○ Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen

11

Das WBVG wird nicht angewendet, wenn im Vertrag neben der Überlassung von Wohnraum ausschließlich allgemeine Unterstützungsleistungen stehen (§ 1 Abs. 1 WBVG) wie ● die bloße Vermittlung von Pflege- oder Betreuungsleistungen, ● Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung oder ● Notrufdienste. Das Gesetz gilt zudem weder für Leistungen, die im Rahmen von Kur- und Erholungsaufenthalten erbracht werden (§ 2 WBVG) noch für Leistungen im Sinne des § 41 SGB VIII noch für Leistungen der

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Krankenhäuser, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen und Internate der Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke.

11.3.3 Informationspflichten vor Vertragsschluss Eine zentrale Regelung im WBVG ist die umfangreiche Informationspflicht nach § 3 WBVG. Dem Heimbewohner sollen schon vor Abschluss des Vertrages die allgemein angebotenen Leistungen des Unternehmens genannt werden (§ 3 Abs. 2 WBVG). Der Einrichtungsträger muss erstens Angaben machen zur Ausstattung des Hauses, in dem sich der zu überlassene Wohnraum befindet (Größe, Anzahl der Etagen, der Zimmer und der Betten, Aufzug) und Lage (Ortsrand im Grünen oder zentral mitten in der City). Zweitens muss er informieren über gemeinschaftlich genutzte Anlagen und Einrichtungen, zu denen der Heimbewohner Zugang hat (Therapieräume, Waschküche mit Waschmaschine/Trockner zur Mitbenutzung, Gartenbenutzung, Hol- und Bringdienste [Hausbus]) sowie zur Essenseinnahme (im Speisesaal, auf dem Zimmer). Drittens muss er Informationen liefern zu Art, Inhalt und Umfang der vom Unternehmer allgemein angebotenen Leistungen (ärztliche Versorgung, Beschäftigungsangebote, externe Leistungen, z. B. Wäschepflege, Essensversorgung). Zu den Informationen über das allgemeine Leistungsangebot gehören auch die Ergebnisse der Qualitätsprüfung, sofern sie nach gesetzlichen Vorschriften veröffentlicht werden müssen. Da es um eine allgemeine Darstellung des Betriebs und dessen Leistungspalette geht, können diese Informationen in Form eines Flyers oder Prospekts mitgeteilt werden. Allerdings muss das „Werbematerial“ die sehr umfangreichen und detaillierten Bedingungen des § 3 Abs. 2 WBVG erfüllen. Neben dieser eher allgemeinen Beschreibung der Einrichtung muss der Unternehmer den Verbraucher über speziell ihn betreffenden Leistungen informieren (§ 3 Abs. 3 WBVG). Diese sind u. a.: ● Beschreibung des zu mietenden Wohnraums (Zimmernr., Größe, Etage, Lage, Ausstattung der Räume, z. B. Notruf, Kochmöglichkeiten, Kabel/ Antennenanschluss) ● Angebot der Pflege- oder Betreuungsleistungen (Pflegegrad, Ausstattung mit Pflegehilfsmitteln, Zimmerreinigung, Wäscheversorgung, Einkaufshilfe)

11.3 Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag ●











Verpflegungsleistungen (Art und Anzahl der Haupt- und Zwischenmahlzeiten, Umfang der Mahlzeiten, Getränkeversorgung) weitere Leistungen (Zusatzleistungen, z. B. Sonderausstattung des Wohnraums, Begleitung zu Arztbesuchen) Darstellung des Pflege- und Betreuungskonzeptes zu zahlende Einzel- und Gesamtentgelte sowie Investitionskosten Voraussetzung für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen Ausschluss der Pflicht zur Leistungsanpassung bei verändertem Pflege- oder Betreuungsbedarf (muss hervorgehoben sein)

Die vorvertraglichen Informationen sollen den Verbraucher rechtzeitig mit den vertraglich vorgesehenen Regelungen vertraut machen und ihn so vor übereilten Entscheidungen schützen. Der Heimbewohner soll in der Lage sein, die Angebote anderer Anbieter und unterschiedliche Wohn- und Betreuungsformen gegeneinander abzuwägen. Die Information durch den Einrichtungsträger muss in einfacher und leicht verständlicher Sprache schriftlich erfolgen. Wenn diese vorvertraglichen Informationspflichten verletzt werden, kann der beteiligte Verbraucher den geschlossenen Vertrag sehr viel leichter kündigen (§ 3 Abs. 4 WBVG). Der Heimträger muss daher eine umfangreiche Informationsbroschüre entwerfen, um den gesetzlichen Pflichten nachzukommen.

11.3.4 Vertragsschluss und Vertragsdauer Neben dem Vertragsschluss und der Geltungsdauer des Wohn- und Betreuungsvertrages regelt § 4 WBVG auch die Rechtsfolgen der Geschäftsunfähigkeit des Verbrauchers (Heimbewohners) sowie die Fortgeltung des Vertrages bei Tod des Heimbewohners. Grundsätzlich wird der Wohn- und Betreuungsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ausnahmsweise kann ein Vertrag auch zeitlich befristet werden. Die Befristung darf jedoch dem Interesse des Heimbewohners nicht widersprechen. Dadurch sind z. B. Verträge über Kurzzeitpflege möglich, da diese Art der Pflege den Interessen des Bewohners nicht schadet. Für diese kurzzeitige

Pflege stehen in der Regel besondere Vertragsmuster zur Verfügung. Manche Heime bieten ein Probewohnen an, damit sich der Bewerber davon überzeugen kann, ob die Einrichtung den eigenen Erwartungen und Bedürfnissen entspricht. Ist das nicht der Fall, kann der Vertrag innerhalb von 2 Wochen nach Beginn des Vertragsverhältnisses bzw. nach Aushändigung einer Vertragsausfertigung gekündigt werden (§ 11 Abs. 2 WBVG). Ist die Befristung unzulässig, gilt der Vertrag auf unbestimmte Zeit, falls der Verbraucher nicht seinen entgegenstehenden Willen deutlich macht. Wenn der Verbraucher geschäftsunfähig ist, ist der Vertrag schwebend unwirksam und kann durch Genehmigung eines Bevollmächtigten oder Betreuers wirksam werden. Es wird § 108 Abs. 2 BGB angewendet. Neben dem Ablauf des Vertragsverhältnisses bei Befristung endet das Vertragsverhältnis mit der Kündigung durch eine der Vertragsparteien oder dem Tod des Heimbewohners (§ 4 Abs. 3 WBVG). Angehörige oder Erben müssen im Todesfall nicht besonders kündigen. Das Heimentgelt muss nur bis zum Todestag gezahlt werden. Bei Bewohnern, die keine Leistungen der Pflegeversicherung erhalten („Selbstzahler“; § 4 Abs. 3 WBVG i. V. m. § 87a SGB XI), kann der Vertrag über die Überlassung von Wohnraum bis zu einem Zeitraum von 2 Wochen nach dem Sterbetag fortgeführt werden (z. B., um Formalitäten abzuwickeln, Angehörige zu benachrichtigen etc.). In diesem Fall muss nicht mehr das gesamte Entgelt gezahlt werden, sondern nur noch der Preis für den Wohnraum und die Investitionskosten. Ersparte Aufwendungen wie die Kosten für Strom, Heizung und Reinigung der Wohnung müssen nicht gezahlt werden, der Träger muss sich diese anrechnen lassen. Diese Regelung ermöglicht den Angehörigen, die Wohnung oder das Zimmer in Ruhe aufzulösen. Eine solche Vertragsklausel kann jedoch nicht mit Leistungsempfängern der Pflegeversicherung und Sozialhilfe vereinbart werden. Die Leistungspflicht der Pflegeversicherung endet mit dem Todestag des Versicherten (§ 15 WBVG i. V. m. § 87a SGB XI, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juni 2010, Az.: 8 C 24/09). Dessen ungeachtet bleiben die im Wohn- und Betreuungsvertrag getroffenen Bestimmungen über die Behandlung und Verwahrung des Nachlasses auch über den Tod hinaus wirksam (§ 4 Abs. 3 WBVG).

11

23

Dienstleistungsvertrag

11.3.5 Schriftform und Vertragsinhalt

11.3.6 Leistungspflichten und Abwesenheitsregelungen

Der Vertrag ist schriftlich zwischen dem Einrichtungsträger und dem Bewohner zu schließen. Hiermit ist Schriftform im Sinne des § 126 BGB gemeint. Der Abschluss des Vertrages in elektronischer Form ist hingegen ausgeschlossen (§ 6 Abs. 1 WBVG). Im Vertrag selbst muss der Einrichtungsträger erneut seine einzelnen Leistungen nach Art, Inhalt und Umfang ausführlich beschreiben. Ebenso müssen Angaben über die für jeweils diese Leistungen zu zahlenden Entgelte gemacht werden, getrennt nach den Bestandteilen: ● Überlassung des Wohnraums, ● Pflege- oder Betreuungsleistungen, ● Verpflegung, wenn diese Teil der Betreuungsleistungen ist, ● einzelne, weitere Leistungen (Zusatzleistungen), ● Kosten, die nach den Regeln der Pflegeversicherung gesondert als Investitionskosten berechnet werden können.

Die Vertragspflichten von Unternehmer und Verbraucher regelt § 7 WBVG. Der Einrichtungsträger ist verpflichtet, dem Heimbewohner ● den Wohnraum in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der vereinbarten Vertragsdauer in diesem Zustand zu erhalten sowie ● die Pflege- oder Betreuungsleistungen nach dem allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen (§ 7 Abs. 1 WBVG).

Abgesehen von den einzelnen Entgelten ist zusätzlich das Gesamtentgelt anzugeben. Damit wird transparent, wie sich die Gesamtkosten auf die Bereiche Unterkunft, Verpflegung und Betreuung aufteilen. In Bundesländern wie Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, in denen die Ausbildungskosten für die Altenpflege nicht im Pflegesatz berücksichtigt sind, ist die Umlage zur Refinanzierung der Ausbildungskosten für Altenpflege ein weiterer eigener Entgeltbestandteil. Überdies muss der Vertrag die Informationen nach § 3 WBVG als Vertragsgrundlage benennen und mögliche Abweichungen von den vorvertraglichen Informationen gesondert kenntlich machen (§ 6 Abs. 3 WBVG). Auf diese Weise werden alle Angaben, die vor Vertragsabschluss vom Heimträger angeführt sind, letztlich auch bindende Vertragsbestandteile. Der Träger muss dem Bewohner ein Vertragsexemplar nach Abschluss als Nachweis aushändigen (§ 6 Abs. 1 WBVG). In der Praxis sind Heimverträge vorformulierte Vertragsmuster. Sie werden nur noch um die wesentlichen persönlichen Angaben und besonderen Vereinbarungen ergänzt. Heimverträge können wie in ▶ Abb. 11.4 aufgebaut sein.

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Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Pflege- oder Betreuungsleistungen sach- und fachkundig erbracht werden. Dies setzt qualifiziertes Personal voraus. Der Heimbewohner seinerseits muss das vereinbarte Entgelt zahlen, allerdings nur, wenn der zu zahlende Gesamtbetrag wie auch die einzelnen Entgeltbestandteile im Verhältnis zu den Leistungen des Trägers angemessen sind. Das Entgelt darf in keinem Missverhältnis zu den Leistungen des Unternehmens stehen. Ist ein Bewohner (Verbraucher) Leistungsempfänger der Pflegeversicherung, so gilt das Entgelt, das zwischen Kostenträgern (Pflegekassen) und Leistungserbringer (Unternehmer) in den Pflegesatzverhandlungen vereinbart wurde, als angemessen. Entsprechendes gilt für die Personen, die Leistungen aus der Sozialhilfe erhalten (§ 7 Abs. 2 WBVG). Nach dem WBVG sind die Entgelte und deren Bestandteile nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen. So sind die Entgelte unabhängig von Kostenträgern in gleicher Höhe festzusetzen, also ohne Unterschied, ob die Bewohner Selbstzahler sind oder Leistungen der Pflegeversicherung oder der Sozialhilfe empfangen. Eine Ausnahme ist nur im Bereich der Investitionskosten zulässig (§ 7 Abs. 3 WBVG). Die Erstattung ersparter Aufwendungen regelt § 7 Abs. 5 WBVG. Ist der Heimbewohner länger als 3 Tage abwesend, muss sich der Unternehmer die ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, zum Beispiel die gesparten Kosten für die in dieser Zeit nicht erbrachte Verpflegung. Der Betrag kann pauschaliert werden. Für Empfänger von Sozialleistungen sind das SGB XI und das SGB XII anwendbar.

11.3 Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag

Im Vorspann: Angaben zu den Vertragspartnern Allgemeine Vertragsgrundlagen § 1 Vertragsbeginn, Vertragsdauer § 2 Rechtliche Vertragsgrundlagen Leistungen § 3 Leistungen der Einrichtung § 4 Allgemeine Pflegeleistungen § 5 Soziale Betreuung § 6 Zusätzliche Betreuung und Aktivierung § 7 Medizinische Behandlungspflege, Vermittlung von Therapieleistungen § 8 Wohnen § 9 Weitere Leistungen zu Wohnen, Unterkunft und Gebäude § 10 Verpflegung § 11 Hilfsmittel § 12 Zusatzleistungen Entgelte § 13 Entgelte für Regelleistungen und Investitionskosten § 14 Bemessung und Entwicklung des Entgeltes § 15 Betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen § 16 Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs, Ausschluss der Anpassung § 17 Fälligkeit und Zahlung der Entgelte § 18 Vorübergehende Abwesenheit der Bewohnerin/des Bewohners Eigentum und Haftung § 19 Eingebrachte Sachen § 20 Haftung, Versicherung § 21 Übernahme, Betreten und Rückgabe des Zimmers Vertragsdauer und Vertragsbeendigung § 22 Vertragsdauer § 23 Vertragsende § 24 Kündigung durch die Bewohnerin/den Bewohner § 25 Kündigung durch die Einrichtung § 26 Regelungen zum Vertragsende § 27 Nachweis von Leistungsersatz und Übernahme der Umzugskosten Informationsrechte und –pflichten, Beschwerderecht und Datenschutz § 28 Informations- und Beschwerderecht der Bewohnerin/des Bewohners § 29 Infektionsschutzgesetz § 30 Datenschutz und Schweigepflicht Ergänzende Vertragsbestimmungen § 31 Sonstiges § 32 Besondere oder zusätzliche Vertragsbestimmungen § 33 Schlussbestimmungen

11.3.7 Kündigung des Heimvertrags Die Bedingungen für die ordentliche und außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Bewohner legt § 11 WBVG fest. Der Heimbewohner kann den Wohn- und Betreuungsvertrag jederzeit ordentlich kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und spätestens bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats dem Einrichtungsträger zugegangen sein, wenn das Vertragsverhältnis zum Ablauf desselben Monats beendet werden soll. Nicht der Zeitpunkt der Absendung, sondern der Zeitpunkt des Eingangs

Abb. 11.4 Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag. Das abgebildete Beispiel gibt einen Überblick über die wesentlichen Punkte eines Wohn- und Betreuungsvertrages und stellt eine Art „Checkliste“ dar. Der Aufbau ist nicht zwingend.

11

beim Vertragspartner ist entscheidend. Dem Einrichtungsträger bleiben dann fast 4 Wochen Zeit, um einen Nachfolger für den Heimbewohner zu finden. Gründe für die ordentliche Kündigung müssen nicht genannt werden. Eine Kündigung aus wichtigem Grund, d. h. eine fristlose Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, ist möglich, wenn dem Heimbewohner die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zuzumuten ist. Bei der fristlosen Kündigung ist die Vertragsauflösung von einem auf den anderen Tag möglich. Sie wird oft auch „außerordentliche Kündigung“ genannt. Auch sie sollte – schon aus Beweisgrün-

25

Dienstleistungsvertrag den – schriftlich erfolgen. Allerdings müssen in diesen Fällen die Gründe der Kündigung benannt werden. Denkbare Gründe können sein: ● unüberbrückbare und unerträgliche Streitigkeiten mit Mitbewohnern ● Straftaten des Personals gegenüber dem Bewohner, z. B. Beleidigungen, Tätlichkeiten ● schwerer Pflegefehler durch das Personal Ob ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes vorliegt, ist stets eine Einzelfallentscheidung. Sind die Gründe für die fristlose Kündigung vom Träger zu vertreten, muss er eine angemessene Ersatzunterkunft besorgen und die Umzugskosten in angemessenem Umfang übernehmen (§ 13 Abs. 1 WBVG). Bei einer Entgelterhöhung steht dem Bewohner ein Sonderkündigungsrecht zu. Eine Kündigung ist immer zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem der Heimträger die Erhöhung des Entgelts verlangt, § 11 Abs. 1 S. 2 WBVG. Gerade pflegebedürftige und behinderte Menschen sind auf eine gewisse Sicherheit ihrer Unterkunfts- und Lebensbedingungen angewiesen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber an die Kündigungsmöglichkeiten des Trägers strenge Anforderungen gestellt. Die Kündigungsmöglichkeiten des Heimträgers sind in § 12 WBVG geregelt. Für ihn ist eine Kündigung des Wohn- und Betreuungsvertrags nur aus wichtigem Grund möglich. Dem Unternehmer steht damit im Gegensatz zum Verbraucher kein ordentliches Kündigungsrecht zu. Wichtige Gründe sind in § 12 Abs. 1 WBVG angeführt, jedoch nicht abschließend („insbesondere“) benannt. Die Kündigung bedarf der Schriftform und ist zu begründen. Wichtige Gründe für eine Kündigung seitens des Heimträgers können objektiver oder subjektiver Natur sein. Objektiver Natur sind z. B. Betriebseinstellung, eine wesentliche Einschränkung des Betriebs oder eine Veränderung der Betriebsart. Ein Grund subjektiver Natur ist z. B. eine schuldhafte grobe Verletzung des Vertrags durch den Bewohner. Grobe Pflichtverletzungen sind beispielsweise strafbare Handlung gegenüber Dritten oder eine massive Beleidigung sowie ein tätlicher Angriff auf Mitbewohner und Personal. Eine grobe Pflichtverletzung ist auch, wenn der überlassene Wohnraum vertragswidrig gebraucht wird. Der Heimträger kann z. B. aus wichtigem Grund kündigen, wenn er eine fachgerechte Betreuung

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des Bewohners nicht mehr erbringen kann. Beispielsweise, wenn ein Bewohner beatmet werden muss und das Heim weder über die entsprechenden Fachkräfte noch über die notwendigen Gerätschaften verfügt. Eine Kündigung zum Zwecke der Erhöhung des Entgeltes ist unzulässig. Je nach Kündigungsgrund bestehen unterschiedliche Kündigungsfristen (§ 12 Abs. 4 WBVG): ● 2 Monate bei Gründen, die vom Träger ausgehen, wie Betriebseinstellung oder -veränderung, ● fristlos, wenn die Kündigung dem Bewohner zuzurechnen ist, wie starke gesundheitliche Veränderungen oder schuldhaftes Fehlverhalten. Je nach Kündigungsgrund muss der Träger dem Bewohner eine anderweitige Unterbringung zu zumutbaren Bedingungen nennen bzw. die Umzugskosten in angemessenem Umfang tragen (§ 13 Abs. 2 WBVG).

11.4 Fragen und Aufgaben 1. Worin unterscheiden sich Dienst-, Werk- und Werklieferungsvertrag? 2. Welcher Unterschied besteht zwischen Leihund Mietvertrag? 3. Ein Behandlungsvertrag kommt häufig durch „konkludentes Handeln“ zustande. a) Was versteht man unter „konkludentem Handeln“? b) Geben Sie zwei Beispiele einer solchen Handlungsweise. 4. Was versteht man unter einer „Geschäftsführung ohne Auftrag“? 5. Durch das Zustandekommen eines Behandlungsvertrages ergeben sich für beide Vertragsparteien Pflichten und Rechte. a) Wie kommt ein Behandlungsvertrag zustande? b) Welche Pflichten ergeben sich daraus? 6. Darf ein Arzt die Behandlung eines Patienten einstellen? Begründen Sie Ihre Antwort. 7. Wodurch unterscheidet sich der Behandlungsvertrag von einem Werkvertrag? 8. Nennen Sie 5 Pflichten des Arztes, die sich als Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag ergeben. 9. Unter welchen Voraussetzungen kann der Heimträger den Wohn- und Betreuungsvertrag kündigen? Geben Sie Gründe an, die dem Unternehmer eine Kündigung ermöglichen.

11.4 Fragen und Aufgaben 10. Welche Einrichtungen unterliegen keinesfalls dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG)? 11. Ein Unternehmer bietet „Wohnen mit Service“ an. Mit seiner Heimbewohnerin schließt er einen Vertrag über die Vermietung eines kleinen Appartements sowie einen gesonderten (Service-)Vertrag, in dem er sich verpflichtet, dass Hausmeisterdienste wie Schneefegen, Hausflurreinigung oder Kleinstreparaturen übernommen werden. In dem (Service-)Ver-

trag ist geregelt, dass das Appartement an ein Notrufsystem angeschlossen ist und im Falle von Pflegebedürftigkeit auf Wunsch ein ambulanter Pflegedienst für die erforderlichen Pflegeleistungen vermittelt wird. Findet das WBVG Anwendung? Begründen Sie. 12. Herr Baumann hat sich entschlossen, in das Seniorenzentrum „Sonnenschein“ zu ziehen. Er erhält vor Einzug einen schriftlichen Vertrag. Welche Inhalte muss der Vertrag mindestens enthalten?

11

27

Teil V Dienstleistungen dokumentieren

V

12 Dokumentation

131

13 Klassifizierungssysteme

139

14 Datenschutz und Datensicherheit

164

15 Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung

176

Foto: Alexander Fischer, Thieme

Kapitel 12

12.1

Datenarten

131

Dokumentation

12.2

Dokumentation

131

12.3

Fragen und Aufgaben

137

12.2 Dokumentation

12 Dokumentation Merke

H

„Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“ (Johann Wolfgang von Goethe, Faust)

Man unterscheidet zwischen (▶ Abb. 12.1): objektiven Daten und ● subjektiven Daten. ●

12.2 Dokumentation Info

12.1 Datenarten 12.1.1 Was sind eigentlich Daten? Fallbeispiel

I

Datenerhebung Herr Carl W. hat Schmerzen im rechten Oberbauch, die bis in den Rücken und die rechte Schulter ausstrahlen. Selbst die geringste Berührung der Haut im rechten Oberbauch bereitet ihm Schmerzen. Er ist müde und hat keinen Appetit. Als die Ehefrau von Carl W. vom Einkauf zurückkommt und sieht, wie schlecht es ihrem Mann geht, ruft sie sofort den Hausarzt an und vereinbart einen Termin. Dieser überweist Herrn W. notfallmäßig zur weiteren Diagnostik in das zuständige Krankenhaus. Dort wird Herr W. stationär aufgenommen, da der Verdacht auf eine akute Gallenblasenentzündung besteht. Herr W. muss schriftlich und mündlich viele Fragen beantworten: ● in der Verwaltung des Krankenhauses muss er einen Aufnahmebogen ausfüllen, ● der zuständige Arzt erhebt eine Arztanamnese, ● die zuständige Stationsleitung führt mit Herrn W. ein Aufnahmegespräch. Durch die gestellten Fragen werden über Herrn W. Daten erhoben oder erfasst, und zwar direkt durch das Gespräch mit ihm. Indirekt erhält der Arzt Daten aus dem Brief des Hausarztes, den er gelesen hat.

Kostenaufklärung: Patient beweispflichtig 13.02.04 – Gelingt es einem Patienten nicht, die Versäumnisse des behandelnden Arztes glaubhaft zu begründen, hat er keinen Anspruch darauf, wegen Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht Kosten erstattet zu bekommen. So hat das Amtsgericht Braunschweig entschieden (AZ.: 116 C 4 337/03). Das Gericht wies damit die Klage einer Privatpatientin gegen einen Arzt ab, der bei ihr ein videomikroskopisches Tumorscreening vorgenommen hatte. Nach den Angaben der Klägerin hatte der Mediziner sie nicht darüber aufgeklärt, dass die Beihilfestelle nicht für die Kosten aufkommt, weil es eine preiswertere Art der Untersuchung gibt. Das Gericht verwies auf der einen Seite darauf, dass ein Arzt grundsätzlich dazu verpflichtet ist, Patienten über Risiken hinsichtlich der Rückerstattung der ärztlichen Vergütung aufzuklären. Im konkreten Fall habe die Klägerin zwar plausibel dargelegt, überrascht gewesen zu sein, als die Beihilfestelle ihr die bereits verauslagten Honorarkosten für die Untersuchung nicht erstattete. Mehr Gewicht gaben die Richter jedoch einem Eintrag in der Patientenakte, aus dem hervorging, dass die Patientin aufgeklärt worden war. Auch glaubten sie dem Arzt, an verschiedenen Stellen seiner Praxis Info-Hinweise ausgelegt zu haben. Dem hatte die Klägerin nichts mehr entgegenzusetzen. Das Urteil ist rechtskräftig. (Ärztliche Praxis, 13.2.04)

Definition Definition

L

Daten sind Fakten, die objektiv nachweisbar sein müssen, damit sie ausgewertet werden können, z. B. für diagnostische Zwecke und in der Forschung.

Z

12

L

Unter Dokumentation versteht man die Sammlung, Ordnung, Speicherung, Wiederzugänglichmachung und Auswertung von Dokumenten.

Die verschiedenen Formen der Dokumentation beschreibt ▶ Abb. 12.2.

31

Dokumentation

Daten

objektive Daten

subjektive Daten

Diese Daten haben einen eindeutigen Aussagewert, sind damit nicht interpretierbar, also Fakten.

Informationen, die nicht objektiv nachweisbar sind. Diese Informationen sind beliebig interpretierbar, da sie keinen eindeutigen Aussagewert besitzen. Aus diesem Grund sind sie für eine spätere Auswertung (Statistik) schwer zu verschlüsseln.

Beispiel: Geburtsdatum, Adresse des Patienten, d. h. seine Personaldaten. Herr Carl W. gibt in den Gesprächen objektive Antworten auf Fragen nach Personaldaten.

Beispiel: Vermutungen oder Ängste.

Abb. 12.1 Datenarten.

Dokumentation Sammlung, Ordnung, Speicherung, Wiederzugänglichmachung und Auswertung von Dokumenten

Unterscheidung zwischen administrativer und klinischer Dokumentation

klinische Dokumentation • zeichnet die ärztlichen und pflegerischen Tätigkeiten auf • erstreckt sich insbesondere auf Anamnese, Diagnose, Therapie, Krankheitsverlauf sowie die getroffenen Maßnahmen und deren Wirkung

12

Abb. 12.2 Dokumentation.

132

administrative Dokumentation • erfolgt primär zu Verwaltungszwecken • z. B. Anfragen von Kostenträgern/MDK, Ausfüllen von Anträgen, Bescheinigungen, Formularen etc.

In dieser Form hat die Dokumentation im Wesentlichen drei Funktionen: • Arbeitsmittel und Gedächtnisstütze: – zur Festlegung und Kontrolle für die vom Arzt getroffenen Maßnahmen – als Anhaltspunkt für eigene Berichte, Stellungnahmen, Gutachten usw. – zur wissenschaftlichen Dokumentation • Kommunikations- und Informationsmittel: – als Informationsquelle für den behandelnden Arzt, die mit- und nachbehandelnden Ärzte und die zuständigen Pflegekräfte sowie spezialisierte Stellen, etwa das Labor – als Grundlage für sachgemäße Auskünfte und Aufklärung • Beweissicherung: – als Beweismittel vor Gericht: So ist ein schriftlich abgeschlossener Vertrag sehr viel einfacher zu beweisen als ein nur mündlich abgeschlossener – als Leistungsnachweis für kassenärztliche und privatärztliche Leistungen

12.2 Dokumentation

12.2.1 Rechtsgrundlagen für die Dokumentation Merke

H

Grundlage der Dokumentationspflicht: Die Dokumentationspflicht ergibt sich gegenüber dem Patienten als vertragliche Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag (juristische Wurzel).

Die Dokumentationspflicht ist in § 630f BGB geregelt. Darüber hinaus bestehen folgende Rechtsgrundlagen: ● Die Dokumentationspflicht des Arztes ergibt sich aus der berufsrechtlichen Pflicht zur Führung von Behandlungsunterlagen. In der Musterberufsordnung für Ärzte heißt es, dass der Arzt über die gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen hat (§ 10 MBO-Ä). ● Im gleichen Sinne werden die Vertragsärzte im Bundesmantelvertrag (BMV-Ä) verpflichtet, Befunde, Behandlungsmaßnahmen, veranlasste Leistungen und den Behandlungstag zu dokumentieren. Ferner ergibt sich die Verpflichtung zur Dokumentation für den Vertragsarzt aus § 295 SGB V. ● Auch das Krankenpflegegesetz (KrPflG) bzw. das Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (AltPflG) schreiben eine Dokumentationspflicht für Pflegepersonal vor. ● Dokumentationspflichten finden sich u. a. in folgenden spezialgesetzlichen Regelungen: ○ der Röntgenverordnung (RöV) ○ der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) ○ dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ○ dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

12.2.2 Grundsätze zur Dokumentation Inhalt und Umfang Zu dokumentieren sind alle für die Behandlung der Krankheit wesentlichen medizinischen und tatsächlichen Feststellungen sowie die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die für die Behandlung des Patienten von Bedeutung sind. Die Dokumentation findet durch Anlegen einer Patientenakte statt, nach Wahl in Papierform oder elektronisch. Was im Einzelnen in die Patienten-

akte eingeht und dokumentiert gehört, ist in § 630f Abs. 2 BGB genannt. Die Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Dokumentiert werden u. a.: ● die Patientenidentifikation wie Name, Geburtsdatum usw. ● die Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte, meist durch Befragung des Patienten) ● die Diagnosen ● Untersuchungen und deren Ergebnisse ● ärztliche und pflegerische Befunde ● Therapien und ihre Wirkung ● Eingriffe und ihre Wirkung ● ärztliche Anordnungen ● für den Krankheitsverlauf wesentliche Beobachtungen ● die Einwilligung und Aufklärung des Patienten, ggf. ein Aufklärungsverzicht ● vom Patienten im Rahmen der Behandlung getroffene Entscheidungen Dabei ist zwischen der ärztlichen und der pflegerischen Dokumentation zu unterscheiden (▶ Abb. 12.3). Nachträgliche Änderungen, Berichtigungen oder Ergänzungen der Dokumentation müssen kenntlich gemacht werden. Es müssen sowohl der Zeitpunkt der Änderung als auch der frühere Inhalt der Patientenakte zu erkennen sein. Ziel ist eine fälschungssichere Organisation der Dokumentation. Dies ist auch bei elektronischer Datenerfassung zu gewährleisten. Daher muss im Falle einer elektronisch geführten Patientenakte die eingesetzte Software sicherstellen, dass Änderungen erkennbar bleiben (vgl. auch § 630f Abs. 1 BGB).

12

Beweislast Die Dokumentation muss vollständig sein, denn eine unvollständige oder sonst nachlässig geführte Dokumentation führt im Zivilrechtsstreit zu einer Umkehr der Beweislast, d. h., nicht der Patient muss beweisen, dass der Arzt fehlerhaft gehandelt hat oder im Krankenhaus fehlerhaft gehandelt wurde, sondern Arzt oder Krankenhaus müssen darlegen, dass sie keine Schuld trifft (Beweislastumkehr). Denn wenn eine medizinische Maßnahme (einschließlich der Aufklärung und Einwilligung) nicht in der Patientenakte vermerkt ist, so wird zulasten des Behandelnden vermutet, dass die betreffende Maßnahme nicht durchgeführt wurde (§ 630h Abs. 3 BGB).

33

Dokumentation

Ärztliche und pflegerische Dokumentation

Die pflegerische Dokumentation umfasst u. a.: • bestehende und auftretende Pflegebedürfnisse sowie Angaben zur subjektiven Befindlichkeit des Patienten • Bei Verlegung des Patienten innerhalb des Krankenhauses ist jeder Pflegeabschnitt mit einem kurzen Resümee abzuschließen und abzuzeichnen.

Die ärztliche Dokumentation besteht im Wesentlichen aus drei Bestandteilen: • Das Krankenblatt beinhaltet z. B. die Anamnese, ärztliche Diagnosen und wird durch den Arztbrief abgeschlossen. • Die chronologisch geordnete Sammlung umfasst Untersuchungsergebnisse wie Laborbefunde oder Berichte über Röntgen-, EKGUntersuchungen. • Verlaufskurven (Fieberkurve)

Abb. 12.3 Ärztliche und pflegerische Dokumentation.

Fallbeispiel

I

Hinweis auf Versagerquote Nach erfolgloser Sterilisation ging es in einem Fall darum, ob der Arzt die Patientin zuvor auf die Versagerquote hingewiesen hatte. Da keine schriftliche Bestätigung vorlag, ging man davon aus, dass dieser Hinweis nicht erfolgt war. Der Patientin wurde Beweislasterleichterung zugestanden.

Zeitpunkt

12

Die Dokumentation sollte unverzüglich erfolgen, d. h. in einem zeitlich nahen Bezug zur Behandlung oder dem Eingriff stehen (vgl. auch § 630f BGB). Wird die Dokumentation ärztlicher Behandlungen oder Eingriffe nicht rechtzeitig vorgenommen, kann dies in einem Rechtsstreit auch zu einer Beweislastumkehr führen. Beurteilt wird jedoch der Einzelfall.

12.2.3 Auswirkungen der Dokumentationspflicht Aufbewahrungsfristen in der Praxis Nach der (Muster-)Berufsordnung und dem Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) müssen ärztliche Aufzeichnungen (z. B. Patientenkartei) 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung aufbewahrt wer-

134

den (vgl. auch § 630f Abs. 3 BGB), soweit nicht andere gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht vorgeben. Bestehen kürzere Fristen, so ist zu prüfen, ob das jeweilige Dokument den Patientenunterlagen zuzurechnen ist. Gehört das Dokument zu den Patientenunterlagen, dann gilt die 10-Jahres-Frist, ansonsten kann die kürzere Frist gewählt werden. Im Zweifel sollte die 10-Jahres-Frist eingehalten werden. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist werden die archivierten Dokumente vernichtet. Dabei müssen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen beachtet werden. ▶ Tab. 12.1 gibt einen Überblick über die verschiedenen Aufbewahrungsfristen. Kam es während der Behandlung zu Komplikationen, sollten die Dokumentationsunterlagen für einen erheblich längeren Zeitraum aufbewahrt werden. In diesen Fällen ist eine Aufbewahrungszeit bis zum End der zivilrechtlichen Verjährungsfrist (30 Jahre) angeraten.

Aufbewahrungsfristen im Krankenhaus Schadensersatzansprüche eines Patienten verjähren wegen fehlerhafter Behandlung grundsätzlich nach 30 Jahren. Ein Krankenhaus sollte daher Patientenakten 30 Jahre aufbewahren. Dies empfiehlt u. a. auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft.

12.2 Dokumentation Tab. 12.1 Aufbewahrungsfristen. Aufbewahrungsfrist in Jahren

Art der Unterlagen (kein Anspruch auf Vollständigkeit)

1 Jahr

● ● ●

Durchschriften der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Überweisungsscheine Abrechnungsscheine (bei Diskettenabrechnung)

3 Jahre

Durchschriften der Betäubungsmittelrezepte

5 Jahre

● ●

10 Jahre

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

Berichtsvordrucke für Gesundheitsuntersuchung und Krebsfrüherkennung (Frauen/Männer) Jugendgesundheitsuntersuchungen (Berichtsvordrucke, Dokumentation) Bilanzen Buchungsunterlagen EEG-Streifen EKG-Streifen; auch Langzeit-EKG Arztakten Gutachten über Patienten (für Krankenkasse, Versicherungen …) Krankenhausberichte Karteikarten einschließlich ärztlicher Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde Laborbuch, Laborbefunde Röntgenbilder sonografische Untersuchungen Arztbriefe (eigene und fremde) Verordnung von häuslicher Krankenpflege Heilmittelverordnung

15 Jahre

Unterlagen aus einem D-Arzt-Verfahren einschließlich der Krankenblätter und Röntgenbilder

30 Jahre

Strahlenbehandlung, Röntgenbehandlung/-therapie (Aufzeichnungen, Berechnungen nach der letzten Behandlung)

12.2.4 Einsichtsrecht und Herausgabe der Krankenunterlagen Fallbeispiel

I

Herausgabe von Krankenunterlagen Oliver S. wird wegen eines chronischen Hustens schon lange behandelt. Leider konnte trotz der Verordnung immer neuer Medikamente, der Ermittlung zahlreicher Laborwerte und der Erstellung von Röntgenbildern kein Behandlungserfolg erzielt werden. Oliver S. hat kein Vertrauen mehr zu seinem Hausarzt und möchte nun einen anderen Arzt konsultieren. Da er Doppeluntersuchungen und zusätzliche Kosten für seine Krankenversicherung vermeiden möchte, bittet er seinen Hausarzt um eine Kopie der Aufschriebe und um Herausgabe der Laborergebnisse und der Röntgenaufnahmen. Der Arzt gibt ihm zwar eine Kopie der Laborwerte, will aber Röntgenbilder und seine persönlichen Aufzeichnungen über den Krankheitsverlauf nicht aushändigen. Was ist denn nun rechtens?

▶ Grundlagen des Einsichtsrechts. Das Recht des Patienten auf Einsicht in seine originale, vollständige Patientenakte und auf Auskunft über sie ist in Paragraf 630 g BGB festgehalten. Das Recht auf Einsicht in Unterlagen ist aber auch in anderen Gesetzen geregelt: ● im Behandlungsvertrag/Wohn- und Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag, dort als vertragliche Nebenpflicht ● in der Vorschrift des § 810 BGB, soweit keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Laut dieser darf eine Person, die ein rechtliches Interesse daran hat, eine Urkunde einsehen, die sich im fremden Besitz befindet. Die Voraussetzung ist, dass die Urkunde im Interesse der Person errichtet wurde, die Einsicht verlangt. ● aufgrund § 19, § 34 BDSG, wonach der Betroffene Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten verlangen kann ● auf Grundlage des Berufsrechts, § 10 Abs. 2 MBO-Ä. Entsprechende Regelungen stehen auch in den Berufsordnungen der Landesärztekammern

12

35

Dokumentation ▶ Umfang des Einsichtsrechts. § 630 g Abs. 1 BGB legt fest, dass der Patient auf Wunsch Einsicht in die vollständige ihn betreffende Patientenakte nehmen kann. Die Einsichtnahme muss „unverzüglich“ erfolgen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern des Behandelnden. Erfasst sind nicht nur die eigenen Aufzeichnungen des dokumentierenden Arztes, sondern auch Fremdbefunde, Arztbriefe und andere Unterlagen. Alles, was die Patientenakte beinhaltet, muss dem Patienten vorgelegt werden. In der Regel schließt das Einsichtsrecht auch subjektive Eindrücke und Bewertungen ein. Bisher unterlagen persönliche Eindrücke über den Patienten und dessen Angehörige, Bemerkungen zu querulatorischem Verhalten des Patienten, subjektive Wertungen des Arztes usw. nicht dem Einsichtsrecht. Solche Stellen konnte der Arzt bei der Einsichtnahme und beim Kopieren abdecken oder schwärzen. Das umfassende Einsichtsrecht des Patienten erfordert nun Formulierungen, die eine spätere Einsichtnahme im Blick haben und Irritationen umgehen. ▶ Einschränkung des Einsichtsrechts. In absoluten Ausnahmefällen ist zum Schutz des Patienten, des Arztes oder Dritter eine Verweigerung der Einsichtnahme möglich. Grundsätzlich ist zwischen dem Selbstbestimmungsrecht und dem therapeutischen Interesse abzuwägen. Wenn der Arzt aus therapeutischen Gründen eine Einsicht in die gesamte Behandlungsakte verweigert, muss er die Gründe nach Art und Richtung näher kennzeichnen. Er muss dabei aber nicht ins Detail gehen. Gründe können z. B. eine drohende Selbstgefährdung des Patienten oder eine substanzielle Gesundheitsschädigung (Patient regt sich so auf, dass ein Herzinfarkt befürchtet wird) sein.

12

▶ Ort der Einsichtnahme. Die Einsichtnahme muss dort erfolgen, wo sich die Dokumentation vertragsgemäß befindet (§ 811 BGB). Dies ist gewöhnlich die Arztpraxis, das MVZ oder das Krankenhaus. ▶ Herausgaberecht. Auf Verlangen des Patienten muss der Arzt oder das Krankenhaus eine Kopie der Patientenakte anfertigen. Neben papiergebundenen Kopien kann der Patient auch eine „elektronische Abschrift“ der Patientenakte verlangen (§ 630 g Abs. 2 BGB). In diesen Fällen muss der Patient die entstandenen Kosten erstatten. Die Kosten umfassen Kopier- und Verpackungskosten oder

136

ggf. auch Kosten für das Brennen einer CD. Einen Anspruch auf Zusendung der Behandlungsunterlagen hat der Patient jedoch nicht (Holschuld). Röntgenbilder gehören – obwohl sie von den Krankenkassen bezahlt werden – dem Arzt, der sie erstellt. Der Patient kann sich Röntgenbilder oder ähnliche Untersuchungsergebnisse ausleihen und sie einem anderen Arzt zur Einholung einer Zweitmeinung vorlegen. Damit werden Doppeluntersuchungen und Doppelbelastungen vermieden. ▶ Akteneinsicht im Todesfall. Die Auskunftspflicht besteht über den Tod des Patienten hinaus. Folglich können z. B. Erben im Falle einer Verfolgung von Schadenersatzansprüchen Einsicht in die Patientenakte nehmen. Auch die nächsten Angehörigen des Patienten haben ein Einsichtsrecht, sofern sie immaterielle Interessen geltend machen. Dazu zählen die Klärung der Todesursache, das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, Aufklärung einer Straftat, aber auch die Frage nach der Testierfähigkeit. Grenze des Einsichtsrechts ist die ärztliche Schweigepflicht. Danach kann die Einsichtnahme verweigert werden, wenn der erklärte oder mutmaßliche Wille des Verstorbenen dem wiederspricht (§ 630 g Abs. 3 BGB).

Fallbeispiel

I

Herausgabe von Krankenunterlagen Zum vorherigen Fallbeispiel: Oliver S. kann seinen Hausarzt also auffordern, ihm seine Akte in Kopie zu überlassen und ihm die Röntgenbilder auszuleihen. Kommt der Arzt dem auch nach Terminsetzung – schriftlich mit Einschreiben – nicht nach, kann er dieses Recht einklagen.

12.2.5 Sonstige Auswirkungen Die Dokumentationspflicht betrifft auch folgende Regelungen: ● die Schweigepflicht nach § 203 StGB ● das Datenschutzrecht Unter Beachtung der Schweigepflicht nach § 203 StGB sind Dokumentationsunterlagen vertraulich zu behandeln, d. h., nur solchen Personen darf Einsicht gewährt werden, die mit der Patientenbehandlung befasst sind. Auf das Datenschutzrecht sowie die Schweigepflicht wird in Kap. 14 näher eingegangen.

12.3 Fragen und Aufgaben

12.3 Fragen und Aufgaben 1. Warum unterliegt der Arzt einer strengen Dokumentationspflicht? 2. Was verstehen Sie unter Stammdaten? 3. Der Arzt unterliegt einer Aufbewahrungspflicht für seine ärztlichen Aufzeichnungen. Nennen Sie a) die Aufbewahrungspflicht für allgemeine ärztliche Aufzeichnungen, b) 4 besondere Fristen mit je einem Beispiel. 4. Welche Bedeutung hat die Dokumentationspflicht?

5. Welche 5 großen Gruppen von Daten sind in einer Krankenakte enthalten? 6. In einem Arzthaftungsprozess fordert der Richter den Arzt auf, die Unterlagen über eine 3 Jahre zurückliegende Operation vorzulegen. Beim letzten Aussortieren wurden gerade diese Unterlagen vernichtet. Erläutern Sie die möglichen Rechtsfolgen. 7. Medizinische Unterlagen, die bereits länger als 10 Jahre aufbewahrt wurden, werden in der Papiermülltonne entsorgt. Beurteilen Sie den Vorgang. 8. Hat ein Patient Anspruch auf Einsichtnahme und Herausgabe aller ihn betreffenden Aufzeichnungen? Begründen Sie Ihre Antwort.

12

37

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 13

13.1

ICD-10

139

Klassifizierungssysteme

13.2

Operationen- und Prozedurenschlüssel

145

13.3

Pflegediagnosen

151

13.4

Deutsche Kodierrichtlinien

153

13.5

DRG (Diagnosis Related Groups)

154

13.1 ICD-10

13 Klassifizierungssysteme 13.1 ICD-10 Die Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren und die dafür geltenden Klassifikationen haben mit der Einführung der Diagnosis Related Groups (DRGs, Kap. 13.5) als Entgeltsystem für stationäre Krankenhausleistungen eine neue Bedeutung erhalten.

13.1.1 Historie Die wichtigste, weltweit anerkannteste Diagnosenklassifikation ist die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (= International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, 10th Revision). International auch kurz als „ICD-10“ bezeichnet. Diese Klassifikation wurde von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) in der englischsprachigen Version herausgegeben und vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ins Deutsche übersetzt. Den Grundstein zur ICD legte 1855 William Farr. Darauf aufbauend stellte Jacques Bertillon 1893 auf der Tagung des Internationalen Statistischen Instituts in Chicago das „Verzeichnis der Todesursachen“ vor. Diese Klassifikation fand allgemeine Anerkennung und wurde zur internationalen Anwendung empfohlen. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Klassifikation alle 10 Jahre zu überprüfen. 1946 wurde die WHO mit der Revision des Internationalen Todesursachenverzeichnisses und der Schaffung eines internationalen Verzeichnisses der Krankheiten beauftragt. Neben Mortalitätsstatistiken sollte die ICD auch für die Erstellung von Morbiditätsstatistiken Anwendung finden. Gleichzeitig wurde sie in „Internationale Klassifikation der Krankheiten, Verletzungen und Todesursachen“ umbenannt. Bis zur ICD-9 (1976) wurde alle 10 Jahre eine Revision vorgenommen, um dem Fortschritt in der Medizin Rechnung zu tragen. Die Arbeit an der letzten, 10. Revision begann 1983. Seit dem 1.1.2016 ist die ICD-10-GM, Version 2016, in Deutschland gültig und sowohl für den ambulanten als auch für den stationären Bereich zur Verschlüsselung von Diagnosen verbindlich. Sie ist eine an die Bedingungen des deutschen Ge-

sundheitswesens angepasste Fassung. Die Zahl 10 kennzeichnet die 10. Überarbeitung der Klassifikation. „GM“ steht für German Modification. Für die Todesursachenverschlüsselung gilt die ICD-10WHO, Version 2016. Die ICD-10-GM besteht aus zwei Bänden: ● Band 1 enthält das systematische Verzeichnis, ● Band 2 das alphabetische Verzeichnis zur ICD10-GM. Es umfasst eine Sammlung verschlüsselter Diagnosen aus dem Sprachgebrauch der ambulanten und stationären Versorgung. Bis zur Version 2004 hieß das Verzeichnis ICD-10-Diagnosenthesaurus. Bei der Suche nach einem Kode sollte der erste Blick immer in das alphabetische Verzeichnis gehen. Im alphabetischen Verzeichnis werden die Krankheitsbezeichnungen alphabetisch gelistet und enthalten die Schlüssel der zuzuordnenden Klassen. Da im alphabetischen Verzeichnis nicht alle Angaben zu Einschluss, Ausschluss und Verweisen gemacht werden, muss die Verschlüsselung im systematischen Teil überprüft werden. Jährlich wird die ICD-10-GM aktualisiert und Mitte August für das Folgejahr als Vorabfassung veröffentlicht. Die aktualisierten Fassungen der ICD10-GM werden in verschiedenen Dateiformaten (zum Download) auf der Internetseite des DIMDI eingestellt (www.dimdi.de; Rubrik: Klassifikationen, ICD-10-GM). Zusätzliche Hilfen für den ICDAnwender sind die Überleitungstabelle, die Aktualisierungsliste mit allen Änderungen auf einen Blick sowie das alphabetische Verzeichnis zur ICD10-GM (Diagnosenthesaurus). Bei der Überarbeitung handelt es sich um Anregungen durch die WHO (Weltgesundheitsorganisation) sowie weitere Klarstellungen, Differenzierungen und Ergänzungen, die durch die Weiterentwicklung des neuen Vergütungssystems G-DRG und für das PEPPEntgeltsystem notwendig wurden. Auch von der Anwenderseite werden etliche Vorschläge zur Anpassung der Klassifikation berücksichtigt und integriert.

13

13.1.2 Aufbau der ICD Die ICD-10 ist in 22 Kapitel unterteilt. Den Kernbereich bilden die organspezifischen Krankheiten. Sie sind – geordnet nach der Lokalisation – in den Kapiteln 3 bis 14 aufgeführt. Manche Erkrankun-

39

Klassifizierungssysteme gen lassen sich keinem spezifischen Organ zuordnen. Sie sind in bestimmten Kapiteln zusammengefasst, z. B. alle infektiösen und parasitären Erkrankungen in Kapitel 1. Erkrankungen, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett entstehen, finden sich in Kapitel 15, angeborene Erkrankungen sind in Kapitel 17 zu suchen und Verletzungen in Kapitel 19. Das Kapitel 21 fasst besondere Konstellationen zusammen, die keinem der anderen Kapitel zugeordnet werden können. Nicht jeder Buchstabe ist äquivalent zu einem Kapitel. Manche Kapitel beinhalten mehrere Buchstabenbereiche und einige Buchstaben sind auf mehrere Kapitel verteilt (siehe ▶ Abb. 13.1). Die ICD-10 gliedert sich hierarchisch in (▶ Tab. 13.1): ● Krankheitskapitel, ● Krankheitsgruppen/-bereiche,

Kapitel

13

Gliederung



Krankheitskategorien (3-stellige Schlüsselnummern), Subkategorien (4- oder 5-stellige Schlüsselnummern).

Die Überschriften der Kapitel, Gruppen, Kategorien und Subkategorien werden als Klassentitel bezeichnet. Die hierarchische Struktur der ICD-10-GM verdeutlicht (▶ Abb. 13.2). Das Kapitel IX "Krankheiten des Kreislaufsystems" umfasst z. B. den Kodebereich I00-I99. Die Gruppe "Chronische rheumatische Herzkrankheiten" schließt den Kodebereich I05-I09 ein. Die erste Kategorie dieser Gruppe ist "I05.- Rheumatische Mitralklappenkrankheiten". Die Punkt-Bindestrich-Notation lässt in der GMFassung erkennen, dass die Kategorie I05.- Subkategorien (I05.0, I05.1, I05.2, I05.8 und I05.9) hat. Die vierten Stellen sind durch einen Punkt abgetrennt.

Titel/Beschreibung

I

A00-B99

Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten

II

C00-D48

Neubildungen

III

D50-D90

Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems

IV

E00-E90

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten

V VI

F00-F99

Psychische und Verhaltensstörungen

G00-G99

Krankheiten des Nervensystems

VII

H00-H59

Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde

VIII

H60-H95

Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes

IX

I00-I99

Krankheiten des Kreislaufsystems

X

J00-J99

Krankheiten des Atmungssystems

XI

K00-K93

Krankheiten des Verdauungssystems

XII

L00-L99

Krankheiten der Haut und der Unterhaut

XIII XIV

M00-M99

Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes

N00-N99

Krankheiten des Urogenitalsystems

XV

O00-O99

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

XVI

P00-P96

Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben

XVII

Q00-Q99

Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien

XVIII

R00-R99

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind

XIX

S00-T98

Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen

XX

V01-Y84

Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität

XXI

Z00-Z99

Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen

XXII

U00-U99

Schlüsselnummern für besondere Zwecke

Abb. 13.1 Kapiteleinteilung der ICD-10-GM (DIMDI, 2016).

140



13.1 ICD-10 Tab. 13.1 Hierarchische Gliederung der ICD-10. Struktur

Beispiel

Krankheitskapitel

Kapitel IX: Krankheiten des Kreislaufsystems (I00-I99) Kapitel VI: Krankheiten des Nervensystems (G00-G99)

Krankheitsgruppen/-bereiche

Gruppe I05-I09: Chronische rheumatische Herzkrankheiten

Krankheitskategorien (3-stellige Schlüsselnummern)

I05.-: Rheumatische Mitralklappenkrankheiten K36: sonstige Appendizitis S 22.-: Fraktur der Rippe(n), des Sternums und der Brustwirbelsäule

Subkategorien (4- oder 5-stellige Schlüsselnummern)

I05.2: Mitralklappenstenose mit Insuffizienz M15.9: Polyarthrose, nicht näher bezeichnet I25.11: Atherosklerotische Herzkrankheit, Ein-Gefäß-Erkrankung S 22.31: Rippenfraktur, Fraktur der ersten Rippe

13.1.3 Merkmale der ICD ▶ Notation. Die Notation ist alphanumerisch aufgebaut (▶ Tab. 13.2). Tab. 13.2 Notation. Stelle

Notation

1. Stelle

großgeschriebener Buchstabe

2. bis 5. Stelle

Ziffer

4. Stelle

ist durch einen Punkt abgetrennt

Kapitel IX: Krankheiten des Kreislaufsystems (I00–I99) Chronische rheumatische Herzkrankheiten (I05–I09) I05.-

I05.0 I05.1 I05.2 I05.8

I05.9

Rheumatische Mitralklappenkrankheiten Inkl.: Zustände, die unter I05.0 und I05.2-I05.9 klassifizierbar sind, unabhängig davon, ob als rheumatisch bezeichnet oder nicht Exkl.: Als nichtrheumatisch bezeichnet (I34.-) Mitralklappenstenose Mitralklappenobstruktion (rheumatisch) Rheumatische Mitralklappeninsuffizienz Mitralklappenstenose mit Insuffizienz Mitralstenose mit Insuffizienz oder Regurgitation Sonstige Mitralklappenkrankheiten Mitralklappenfehler Mitralvitium Mitralklappenkrankheit, nicht näher bezeichnet Mitralklappenkrankheit (chronisch) o.n.A.

Abb. 13.2 Krankheiten des Kreislaufsystems. (DIMDI, 2016a)

Der führende Buchstabe gibt das Kapitel an. Beispielsweise betrifft das Kapitel „N“ die Erkrankungen des Urogenitalsystems. Nach dem führenden Buchstaben für das Kapitel folgt eine 2-stellige Zahl, die die Diagnosekategorie repräsentiert (z. B. N17.- für akutes Nierenversagen). In der Regel wird der Kode durch eine oder zwei durch einen Punkt getrennte Ziffern spezifiziert (z. B. N17.11 für akutes Nierenversagen mit akuter Rindennekrose, Stadium 1). Alle 3-stelligen Schlüsselnummern, die durch 4stellige Nummern unterteilt sind, werden durch ein „-“ erweitert, vgl. A01.- (Typhus abdominalis und Paratyphus). Gleiches gilt bei 4-stelligen Nummern mit untergeordneten 5-stelligen Schlüsselnummern, vgl. A41.5- (Sepsis durch sonstige gramnegative Erreger). ▶ Restklassen. In den meisten Kategorien gibt es eine einheitliche Notation für „sonstige“ oder „sonstige näher bezeichnete“ (.8) und „nicht näher bezeichnete (n.n.bez.)“ (.9) Krankheitszustände (▶ Abb. 13.4). Leider wird die Notation nicht durchgängig eingehalten. In die Restklasse „sonstige“ werden diejenigen Krankheiten eingeordnet, die zwar in den betreffenden Kodeblock gehören, aber nicht genannt sind. Häufig sind in den Hinweisen zur Restklasse beispielhaft genau beschriebene Krankheiten aufgeführt. Diese Auflistungen erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Fehlen weiterführende Informationen, um den Krankheitszustand genauer beschreiben zu können, muss die Restklasse „nicht näher bezeichnet“ verwendet werden. Prinzipiell muss so spezifisch wie möglich kodiert werden. Kodes, die mit „.8“ oder „.9“ enden, sollten vermieden werden, wenn Detailinformatio-

13

41

Klassifizierungssysteme nen vorliegen und spezifische Kodes zur Verfügung stehen. ▶ Erläuterungen und Hinweise („Hinw.“). In der ICD-10 sind darüber hinaus Erläuterungen zu finden, beispielsweise unter F01.0 (Vaskuläre Demenz mit akutem Beginn); F01.1 (Multiinfarkt-Demenz). Daneben sind Hinweise enthalten. Hinweise machen den entsprechenden Kode verständlicher. Beim Kodieren müssen immer alle Hinweise der verschiedenen Hierarchieebenen beachtet werden. Ein Beispiel zeigt ▶ Abb. 13.3.

Ischämische Herzkrankheiten (I20–I25) Hinw.: Die in den Kategorien I21, I22, I24 und I25 angegebene Dauer bezieht sich bei der Morbidität auf das Intervall zwischen Beginn des ischämischen Anfalls und (stationärer) Aufnahme zur Behandlung. Bei der Mortalität bezieht sich die Dauer auf das Intervall zwischen Beginn des ischämischen Anfalls und Eintritt des Todes. Hinweise erklären die Anwendung des Kodes näher, sind in der ICD-10-GM allerdings selten.

Abb. 13.3 Ischämische Herzkrankheiten. (DIMDI, 2016b)

D50.- Eisenmangelanämie Inkl.: Anämie: • hypochrom • sideropenisch

13

▶ Weitere Vermerke und Querverweise. Zusätzlich sind an vielen Stellen der ICD-10 Einschlussvermerke und Ausschlussvermerke, die mit „Inkl.“ und „Exkl.“ abgekürzt werden (▶ Abb. 13.4), sowie Aufzählungen von synonymen Benennungen oder Querverweise auf andere Stellen der Klassifikation (z. B. bei den Kreuz-Stern-Schlüsselnummern) zu finden. ▶ Primär- und Sekundärkodes. Unter Umständen setzt eine Krankheit die Angabe von mehr als einem Kode aus der ICD-10-GM voraus. ● Kreuz-Stern-System: Das Kreuz-Stern-System erlaubt innerhalb der ICD-10-GM eine Doppelkodierung, bei der ein Kode für die Ursache, der zweite für die Manifestation einer Krankheit steht. Die ICD-10-GM klassifiziert Diagnosen primär nach der Ätiologie (Lehre von den Ursachen der Krankheiten). Der Ätiologieschlüssel einer Erkrankung wird in der ICD-10-GM mit einem Kreuz (†) gekennzeichnet und ist auf jeden Fall anzugeben. Der †-Kode ist der Primärkode. Beispielsweise wird die „Masernotitis“ primär mit „B05.3†“ (Masern, kompliziert durch Otitis media) verschlüsselt. Wenn man zusätzlich angeben will, wo (in welchem Organ) sich die Krankheit manifestiert, kann man eine zweite, zusätzliche Schlüsselnummer anhängen. Diese wird mit einem Stern (*) gekennzeichnet, z. B.: H67.1* „Otitis media bei

Inklusiva erklären, welche Erkrankungen bei dem Kode enthalten sind, oder geben andere gebräuchliche Krankheitsbezeichnungen (Synonyme) und ähnliche Erkrankungen an, die unter dem gleichen Kode zu kodieren sind. Inklusiva sind i.d.R. nur Beispiele, keine abschließenden Listen.

D50.0 Eisenmangelanämie nach Blutverlust (chronisch) Posthämorrhagische Anämie (chronisch) Exkl.: Akute Blutungsanämie (D62) Angeborene Anämie durch fetalen Blutverlust (P61.3) D50.1 Sideropenische Dysphagie Kelly-Paterson-Syndrom Plummer-Vinson-Syndrom D50.8 Sonstige Eisenmangelanämien

D50.9 Eisenmangelanämie, nicht näher bezeichnet

Abb. 13.4 Restklassen und Inklusiv-/Exklusiv-Hinweise.

142

Diese als Exklusiv aufgelisteten Krankheiten sind nicht in diesem Kode enthalten, selbst wenn der Titel der Rubrik dies vermuten lässt. Ihr Platz ist an einer anderen Stelle in der Klassifikation. Der jeweils für sie zutreffende ICD-Kode steht in Klammern.

Mit D50.8 kodiert man Formen der Eisenmangelanämie, die nicht D50.0 oder D50.1 zugeordnet werden können. Es gibt also Befunde, die eine Eingruppierung der Krankheit in die beiden spezifischen Kodes ausschließen. Mit D50.9 kodiert man Eisenmangelanämie, über die keine näheren Informationen vorliegen und deshalb nicht zugeordnet werden kann.

13.1 ICD-10



anderenorts klassifizierten Viruskrankheiten“. Der *-Kode ist der Sekundärkode. Nur beide Kodes zusammen ergeben die vollständige Information. Da eine Erkrankung durch zwei ICDKodes dargestellt wird, spricht man von einer Doppelklassifikation. Bei einer Erkrankung, die sich an verschiedenen Organen manifestiert, sollte man folglich die Grunderkrankung mit dem †-Kode kodieren und die einzelnen Manifestationen mit den speziell dafür vorgesehenen *-Kodes. Stern-Schlüsselnummern dürfen als sekundäre Schlüsselnummern nicht alleine angeben werden. Somit kann eine Stern-Schlüsselnummer nie Hauptdiagnose sein. Sie dürfen nur zusätzlich eine nicht derart markierte Schlüsselnummer begleiten. Als Kreuz-Kode kann jeder medizinisch plausible ICD-10-GM-Schlüssel ohne Stern (*) oder Ausrufezeichen (!) verwendet werden. Kreuzkodes können, müssen aber nicht mit einer Sternschlüsselnummer verknüpft werden. Ausrufezeichen-Kode (!): Eine Reihe von ICD-10-Kodes sind mit einem Ausrufezeichen (!) gekennzeichnet. Hierbei handelt es sich um Zusatzkodes, die eine Krankheit näher beschreiben oder deren Schweregrad abgrenzen. Diese !-Kodes dürfen nur als Sekundärkodes angegeben und nur in Verbindung mit einer Primärschlüsselnummer, also einem Kode ohne Stern und ohne Ausrufezeichen, benutzt werden. Bei der Kodierung eines Harnweginfektes (N39.0; Harnwegsinfektion, Lokalisation nicht näher bezeichnet) z. B. sollte der Infektionserreger durch einen Ausrufezeichen-Kode mit angegeben werden (z. B. B96.2! für Escherichia coli [E. coli]).

Das Kreuz- und Stern-System kommt international zur Anwendung, die Ausrufezeichen sind spezifisch für die GM-Version eingeführt.

13.1.4 Anwendung der Krankheitsdiagnosen Der Gesetzgeber verpflichtet Ärzte und Krankenhäuser (§§ 295 und 301 SGB V) zur Diagnoseverschlüsselung nach der ICD. In der stationären Versorgung muss grundsätzlich die endständige Schlüsselnummer angegeben werden, d. h., die Verschlüsselung geht bis zur maximalen Kodiertiefe (5. hierarchische Ebene). In der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung kann auf die 5-stellige

Verschlüsselung in der hausärztlichen Versorgung, im organisierten Notfalldienst und in der fachärztlichen Versorgung für Diagnosen außerhalb des Fachgebietes verzichtet werden. Eine Kodierung bis auf die 5. hierarchische Ebene (maximale Kodiertiefe) ist auf freiwilliger Basis möglich. ▶ Wo ist die ICD anzuwenden. Das Gesetz verlangt die Verschlüsselung von Diagnosen auf Abrechnungsunterlagen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 295 SGB V) sowie bei der Krankenhausbehandlung (§ 301 SGB V). Auch auf Heilmittelverordnungen sind Diagnosen verschlüsselt einzutragen. In der vertragsärztlichen Versorgung z. B. muss die Verschlüsselung der Diagnosen auf folgenden Formularen erfolgen: ● Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Muster 1), ● Abrechnungsschein (Muster 5), ● Notfall-/Vertretungsschein (Muster 19) ● Heilmittelverordnung (Muster 13,14 und 18). Verschlüsselt werden müssen nur die aktuell zutreffenden, behandlungsrelevanten Diagnosen. Dauerdiagnosen und chronische Zustände (ohne Leistungsbezug) dürfen nicht übermittelt werden. ▶ Wo ist die ICD nicht anzuwenden. Auf Überweisungen, Krankenhauseinweisungen, Arztbriefen oder in der eigenen Patientendokumentation soll Klartext geschrieben werden, aus Kollegialität kann zusätzlich die ICD-Schlüsselnummer verwendet werden. Auch Diagnosen im Zusammenhang mit individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) werden nicht verschlüsselt.

13

13.1.5 Zusatzkennzeichen Kann eine sichere Diagnose nicht gestellt werden oder ist bei bestehenden Erkrankungen eine Seitenlokalisation wichtig, kann die Schlüsselnummer durch Anfügen von Zusatzkennzeichen ergänzt werden. Es gibt Zusatzkennzeichen für die Seitigkeit (z. B. rechte oder linke Körperhälfte) und für die Diagnosesicherheit. ● Diagnosesicherheit: ○ A für eine ausgeschlossene Diagnose. Die primäre Verdachtsdiagnose kann ausgeschlossen werden. ○ V für eine Verdachtsdiagnose. Die Diagnose kann weder gesichert noch ausgeschlossen werden.

43

Klassifizierungssysteme ○



2. Auf welchen Unterlagen muss eine Verschlüsselung allein durch den ICD-10 unterbleiben? 3. Wofür stehen folgende Abkürzungen? a) I01.1 b) N17.22 c) E61.1 d) D 50.0 e) M17.0 f) S83.58 g) I51.4 h) I40.9 4. Sie sollen eine Diagnose, die Ihnen unbekannt ist, verschlüsseln. Wie gehen Sie vor? 5. Verschlüsseln Sie die folgenden Diagnosen (▶ Abb. 13.6). 6. Kodieren Sie die nachfolgenden Erkrankungen. Wo erforderlich, nehmen Sie eine Doppelklassifikation vor. a) Retinopathie bei Typ-1-Diabetes b) Nephropathie bei Typ-1-Diabetes c) Iridozyklitis bei idiopathischer Gicht d) Alzheimerdemenz e) Keratitis durch Herpes zoster f) Akute Tonsillitis durch Staphylococcus aureus g) Pneumonie drch Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) 7. Warum kann eine Ergänzung hinsichtlich der Seitenlokalisation für Krankenkassen benötigt werden? 8. Was muss bei der Schlüsselnummer S41.84! beachtet werden? 9. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften sind ärztliche Diagnosen zu verschlüsseln. a) Wie hat diese Verschlüsselung zu erfolgen? b) Welches Klassifikationssystem ist Ihnen darüber hinaus bekannt und warum wird dieses benötigt?

Z für einen symptomlosen Zustand nach der betreffenden Diagnose. Die Diagnose besteht nicht mehr und es erfolgt auch keine krankheitsspezifische Diagnostik und/oder Therapie. Der Zustand nach dieser Diagnose hat aber eine Leistung verursacht, die kodiert werden sollte. G für eine gesicherte Diagnose. Die Diagnose kann nach den gültigen medizinisch-wissenschaftlichen Grundsätzen gesichert werden.

Im ambulanten Bereich müssen die Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit verwendet werden, d. h., die Angabe ist obligatorisch. Im stationären Bereich sind die Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit verboten, d. h., sie dürfen nicht eingesetzt werden. Stattdessen sind in der stationären Versorgung die hierfür vorgesehenen Schlüsselnummern im Kap. XXI zu verwenden. Außerdem sei auf die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) verwiesen, in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen entsprechend auf die DKR-Psych. ● Seitenlokalisation: Zur Kennzeichnung der Seitenlokalisation dürfen sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Gesundheitsversorgung folgende Zusatzkennzeichen benutzt werden: ○ R für rechts, ○ L für links, ○ B für beidseitig. Beispiele für Diagnosesicherheit und Seitenlokalisation zeigt ▶ Abb. 13.5.

13

13.1.6 Fragen und Aufgaben 1. Nennen Sie Unterlagen, auf denen die Verschlüsselung von Diagnosen nach dem ICD-10 gesetzlich vorgeschrieben ist. Diagnosen Nichtallergisches Asthma bronchiale, gesichert Diagnosen Schnittwunde am linken Unterarm

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM J

4

5

.

1

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM S

5

1

Abb. 13.5 Beispiele Diagnosesicherheit und Seitenlokalisation.

144

Seitenlokalisation

G

Seitenlokalisation

.

9

Diagnosesicherheit

L

Diagnosesicherheit G

13.2 Operationen- und Prozedurenschlüssel

Diagnosen

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

Röteln ohne Komplikation (= aktuelle Erkrankung) Diagnosen

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

Diagnosesicherheit

Seitenlokalisation

Diagnosesicherheit

Seitenlokalisation

Diagnosesicherheit

Seitenlokalisation

Diagnosesicherheit

Seitenlokalisation

Diagnosesicherheit

.

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

Verdacht auf renovaskuläre Hypertonie ohne hypertensive Krise Diagnosen

Seitenlokalisation

.

Linksherzinsuffizienz (NYHA-Stadium III)

Diagnosen

Diagnosesicherheit

.

entzündliche Polyarthropathie Schulter li., gesichert

Diagnosen

Seitenlokalisation

.

Schrumpfniere beidseitig

Diagnosen

Diagnosesicherheit

.

Zustand nach Röteln ohne Komplikation (= in der Anamnese festgehalten, zurückliegende Rötelnerkrankung)

Diagnosen

Seitenlokalisation

.

Diagnosenschlüssel ICD-10-GM

.

Verdacht auf Herzinfarkt

13 Abb. 13.6 Verschlüsseln Sie die Diagnosen (ambulanter Sektor).

13.2 Operationen- und Prozedurenschlüssel 13.2.1 Historie Nicht nur Krankheiten werden in der Medizin dokumentiert (über den ICD-10) und ausgewertet, sondern auch ärztliche Tätigkeiten. Mithilfe einer systematischen Erfassung von Diagnosen und der dazugehörenden medizinischen Prozeduren erhält die ärztliche Berufsausübung eine Grundlage für Qualitätssicherung und Honorargestaltung.

Seit 1994 wird der Operationen- und Prozedurenschlüssel – Internationale Klassifikation der Prozeduren in der Medizin (OPS) – vom DIMDI herausgegeben. Als zusätzliche Anwendungshilfen stellt das DIMDI dem Nutzer das alphabetische Verzeichnis zum OPS, die Aktualisierungsliste sowie die Überleitungstabelle für den Umstieg zur Verfügung. Grundlage der Prozedurenklassifikation ist die 1978 von der WHO veröffentlichte „International Classification of Procedures in Medicine“ (ICPM). Die ICPM der WHO gab damit nur den Rahmen für

45

Klassifizierungssysteme

Kapitel: 5 OPERATIONEN (5–01...5–99)

Abb. 13.7 Operationen an Mundhöhle und Gesicht (DIMDI, 2016c).

Operationen an Mundhöhle und Gesicht (5–23...5–28) 5–23

Entfernung und Wiederherstellung von Zähnen

5–230

Zahnextraktion

5–230.0 5–230.1 5–230.2

Einwurzeliger Zahn Mehrwurzeliger Zahn Mehrere Zähne eines Quadranten Inkl.: Mit Glättung des Kieferknochens Mehrere Zähne verschiedener Quadranten Sämtliche Zähne einer Kieferhälfte Sämtliche Zähne Mit „Sonstige“ bezeichnet man Prozeduren, Sonstige die nicht in der dazugehörigen Kodegruppe N. n. bez. genannt wurden, aber unter dieser Überschrift einzuordnen sind.

5–230.3 5–230.4 5–230.5 5–230.x 5–230.y

Mit „Nicht näher bezeichnet (N.n.bez.)“ kodiert man Prozeduren, zu denen weiterführende Informationen fehlen.

nationale Erweiterungen und Aktualisierung vor. Der OPS ist eine an die Erfordernisse des deutschen Gesundheitswesens angepasste Fassung. Mit dem OPS werden die medizinischen Prozeduren im stationären Bereich (§ 301 SGB V), in der ambulanten Versorgung (§ 295 SGB V; nur Kodes gemäß Anhang 2 des EBM) und beim ambulanten Operieren (§ 115b SGB V) kodiert. Die Schlüssel sind Bestandteile einer umfassenden, fallbezogenen Dokumentation, die an die Krankenkasse weitergeleitet werden muss. Die OPS-Kodes bilden die Grundlage für die Zuordnung der Fallgruppen im G-DRG-System und im PEPP-Entgeltsystem. Mit Wirkung zum 1. Januar 2016 ist der OPS in der Version 2016 in Kraft getreten („Operationenund Prozedurenschlüssel [OPS], Amtliche Fassung, Version 2016“) und unter www.dimdi.de; Rubrik Klassifikationen, OPS abrufbar.

13

13.2.2 Aufbau des OPS ▶ Abb. 13.7 zeigt einen Auszug aus der 6-stelligen Systematik des OPS. Die Operationen stellen in der gedruckten deutschen Ausgabe des OPS knapp 70 % des Gesamtumfangs, nichtoperative therapeutische Maßnahmen ca. 15 %, diagnostische Maßnahmen ca. 8 %, bildgebende Diagnostik ca. 4 % und ca. 2 % ergänzende Maßnahmen (z. B. psychosomatische Therapie). Das Kapitel 6 „Medikamente“ wurde 2008 neu eingeführt. ▶ Hierarchieebenen. Die Hierarchieebenen des Operationen- und Prozedurenschlüssels zeigt ▶ Abb. 13.8 anhand eines Beispiels.

13.2.3 Merkmale des OPS ▶ Notation. Die Notation ist überwiegend nummerisch und maximal 6-stellig differenziert (▶ Tab. 13.3).

Tab. 13.3 Beispiel: OPS-Kode: 3-224.0 Computertomografie des Herzens mit Kontrastmittel, in Ruhe (OPS Version 2016).

146

Kapitel

Maßnahme

Spezifikation

3-

224.

0

13.2 Operationen- und Prozedurenschlüssel

Bereichsüberschriften (Gruppen) topografisch-anatomische Gliederung

Dreisteller (Kategorie)

5

5–42…5–54

5–47

Operation

Operationen am Verdauungstrakt

Prozedurenkapitel

Viersteller Fünfsteller (Subkategorie) (Subkategorie)

Sechssteller (Subkategorie)

z. B. 5–470

Operationen an Appendektomie der Appendix

5–470.1

5–470.11

laparoskopisch

Absetzung durch Klammern (Stapler)

5 – 470.11 = Appendektomie, laparoskopisch, Absetzung durch Klammern (Stapler)

Abb. 13.8 Hierarchieebenen des Operationen- und Prozedurenschlüssels am Beispiel des OPS-Kodes: „5–470.11: Appendektomie, laparoskopisch, Absetzung durch Klammern (Stapler)“.

Tab. 13.4 Merkmale des OPS (1). Kapitel

Gliederung

Titel

beispielsweise

1

1 – 10 … 1 – 99

diagnostische Maßnahmen

Biopsien, Katheteruntersuchungen, Funktionstests

3

3 – 03 … 3 – 99

bildgebende Diagnostik

CT- und MRT-Untersuchungen, endosonografische Verfahren, Szintigraphie

5

5 – 01 … 5 – 99

Operationen

Operationen an den Augen, Operationen an Lunge und Bronchus, Operationen am Verdauungstrakt

6

6 – 00 … 6 – 00

Medikamente

8

8 – 01 … 8 – 99

nichtoperative therapeutische Maßnahmen

Strahlentherapie, nuklearmedizinische Therapie und Chemotherapie, Fremdkörperentfernung ohne Inzision

9

9 – 20 … 9 – 99

ergänzende Maßnahmen

geburtsbegleitende Maßnahmen, psychosoziale, psychosomatische, neuropsychologische und psychotherapeutische Therapie

Hinzu kommen zur Gliederung ein Bindestrich (-) nach der ersten Stelle und ein Dezimalpunkt (.) nach der 4. Stelle. An einigen Stellen des Ordnungssystems ist die 5. oder 6. Stelle der Notation nicht besetzt (▶ Tab. 13.5). Die erste Stelle enthält eine 1, 3, 5, 6, 8 oder 9 und bezeichnet die Kapitelnummern wie in ▶ Tab. 13.4 dargestellt. Tab. 13.5 Merkmale des OPS (2). Gliederung

Beispiel

5 – 470.0

Operationen an der Appendix; Appendektomie, offen chirurgisch

1 – 242

Untersuchung im HNO-Bereich; Audiometrie

13

Generell dürfen nur endständige (terminale) Schlüsselnummern angewendet werden, das entspricht der niedrigsten zur Verfügung stehenden Ebene. Ist zum Beispiel ein 6-stelliger Kode verfügbar, wird dieser kodiert. Wenn ein 5-stelliger Kode keine 6-stellige Unterteilung hat, ist dies der endständige Kode. Vereinzelt stehen an der 4., 5. und 6. Stelle in einigen Kodebereichen Buchstaben, da die zur Verfügung stehende Untergliederung für die erforderlichen Inhalte nicht ausreichte (▶ Tab. 13.6).

47

Klassifizierungssysteme Tab. 13.6 Merkmale des OPS (3). Gliederung

Beispiel

3–05e

Endosonographie der Blutgefäße

5 – 513.c

endoskopische Operationen an den Gallengängen, Blutstillung

5 – 809.0f

andere offen chirurgische Gelenkoperationen, Durchtrennung eines Bandes, Symphyse

▶ Resteklassen. Auch die Restklassen werden alphanumerisch angegeben (▶ Abb. 13.7). Ein x bezeichnet „sonstige Operationen und Prozeduren“, z. B. ist 5 – 095.x: „Naht des Augenlides, Sonstige“. Ein y steht für „Nicht näher bezeichnete Operationen und Prozeduren (N.n.bez.)“, z. B. unter 5 – 095. y: „Naht des Augenlides, N. n.bez.“ ersichtlich. ▶ Einschluss-/Ausschlussvermerke und Hinweise. Wie in der ICD gibt es Ein- und Ausschlussregeln sowie weitere Hinweise. Diese Klassenattribute sind auf jeder Hierarchieebene angegeben und gelten für alle ihnen nachfolgenden Hierarchien.

5-78

Wenn z. B. ein Hinweis einem Dreisteller zugeordnet ist, dann bezieht er sich auf alle Vier-, Fünfund Sechsteller dieses Kodes. So gilt der Hinweis in ▶ Abb. 13.9 für alle Kodes, die mit 5–78 beginnen. ▶ Zusatzkennzeichen. Mit der Version 2005 wurden für Prozeduren an paarigen Organen oder Körperteilen (Augen, Ohren, Nieren, Extremitäten etc.) zur Kennzeichnung der Lokalisation die Zusatzkennzeichen für bestimmte OPS-Kodes verpflichtend eingeführt. Durch das Hinzufügen von R (rechts), L (links), oder B (beidseits) werden diese Kodes damit weiter differenziert. Die Zusatzkenn-

Operationen an anderen Knochen Exkl.: Operationen an Gesichtsschädelknochen (5-76, 5-77) Operationen an Rippe und Sternum (5-34) Operationen an der Wirbelsäule (5-83) Hinw.: Aufwendige Gipsverbände sind gesondert zu kodieren (8-310) Bei Verbundosteosynthesen ist die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren (5-785.0 ff., 5-785.1 ff.) Die Lokalisation ist für die Kodes 5-780 bis 5-782, 5-783, 5-784, 5-785, 5-787 und 5-789 nach folgender Liste zu kodieren:

13

Kode

Titel

0↔

Klavikula

1↔

Humerus proximal

2↔

Humerusschaft

3↔

Humerus distal

4↔

Radius proximal

5↔

Radiusschaft

6↔

Radius distal

Listen

[...] 5-780

Inzision am Knochen, septisch und aseptisch Inkl.: Saug-Spül-Drainage Exkl.: Implantation von Knochenersatz (5-785) Hinw.: Eine durchgeführte Knochentransplantation ist gesondert zu kodieren (5-784) Eine durchgeführte Osteosynthese ist gesondert zu kodieren (5-786) Die Lokalisation ist in der 6. Stelle nach vorstehender Liste zu kodieren

5-780.0** Exploration von Knochengewebe [Subklassifikation] 5-780.1** Knochenbohrung [Subklassifikation]

Abb. 13.9 Listen und Doppelstern (**), Auszug, (DIMDI, 2016).

148

13.2 Operationen- und Prozedurenschlüssel zeichen werden hinter den OPS-Kodes angegeben. Die betroffenen Schlüssel sind im OPS-Katalog durch einen Doppelpfeil (↔), bei manchen Ausgaben mit einer Raute (♦), gekennzeichnet. ▶ Listen. Aus Gründen der Übersicht wurden im OPS in einigen Bereichen Listen eingeführt (▶ Abb. 13.9), um für einen oder mehrere Kodes geltende einheitliche Untergliederungen in der 6. Stelle zusammenzufassen. Listen werden z. B. in folgenden Bereichen verwendet: ● Lokalisationsangaben für die Bezeichnung der Blutgefäße, ● Bezeichnung von Knochen und Gelenken, ● Angaben zu Zugängen und Verfahren. Auf die Gültigkeit einer Liste für einen Kode wird jeweils durch einen Hinweis aufmerksam gemacht, z. B. durch einen Doppelstern (**) nach dem Kode. Listen gelten generell nur für die spezifischen Kodepositionen, nicht für die Resteklasse „.y“ (Nicht näher bezeichnet). ▶ Psychiatrie. Um psychiatrische Leistungen adäquat abbilden zu können, wurde ab 2010 der OPS um eine ganze Reihe neuer Codes erweitert. Der erweiterte OPS sieht aktuell einen eigenen § 17 d-Bereich vor, der deutlich vom DRG-Bereich abgegrenzt ist. Für Erwachsene ist der Nummernbereich 9–60 bis 9–64, für Kinder und Jugendliche 9–65 bis 9–69 vorgesehen. Außerdem existiert ein Nummernbereich zur Übermittlung der Psych-PVEingruppierung (9–98 bis 9–99) (▶ Abb. 13.10).

▶ Pflegekomplexmaßnahmen-Score. Hochaufwendige Pflegemaßnahmen von Patienten auf Normalstation/IMC werden mittels eines eigenen Schlüssels kodiert, des Operationen- und Prozedurenschlüssels 9–20ff (OPS 9–20 ff.). Die Zuteilung erfolgt auf der Basis eines Pflegekomplexmaßnahmen-Scores (PKMS). Der PKMS ist ein Instrument zur Erfassung hochaufwendiger Pflege, bei dem Aufwandspunkte gesammelt werden. Sind die im PKMS vorgegebenen Aufwandspunkte erreicht, kann die entsprechende OPS-Stufe aus dem Bereich 9–20 ff. kodiert werden. Es wurden drei unterschiedliche PKMS entwickelt: ● für Erwachsene (PKMS-E): ab dem Beginn des 19. Lebensjahres ● für Kinder und Jugendliche (PKMS-J): ab dem Beginn des 7. Lebensjahres bis zum Ende des 18. Lebensjahres ● für Kleinkinder (PKMS-K): ab dem Beginn des 2. Lebensjahres bis zum Ende des 6. Lebensjahres Ins DRG-System wird die aufwendige Pflege in Form von Zusatzentgelten eingebunden. ▶ Abb. 13.11 zeigt eine Gegenüberstellung von ICD-10 und OPS.

13

Psychiatrieabbildung im OPS

Einrichtungen im Geltungsbereich des § 17b KHG

Psychosoziale, psychosomatische, neuropsychologische und psychotherapeutische Therapien: 9–40 … 9–41

Einrichtungen im Geltungsbereich des § 17d KHG

Behandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen • bei Erwachsenen: (9–60...9–64) • bei Kindern und Jugendlichen: (9–65...9–69)

Einrichtungen, die im Anwendungsbereich der Psych-PV liegen

Andere ergänzende Maßnahmen und Informationen (9–98...9–99)

Abb. 13.10 Psychiatrieabbildung im OPS 2016.

49

Klassifizierungssysteme

ICD-10

OPS

Kapitel I: BESTIMMTE INFEKTIÖSE UND PARASITÄRE KRANKHEITEN

Kapitel: 1 DIAGNOSTISCHE MASSNAHMEN

Kapitel II: NEUBILDUNGEN

Kapitel: 3 BILDGEBENDE DIAGNOSTIK

[...]

Kapitel: 5 OPERATIONEN (5-01...5-99)

Kapitel IX: KRANKHEITEN DES KREISLAUFSYSTEMS (I00-I99)

[...]

[...] I05-I09 Chronische rheumatische Herzkrankheiten I05.- Rheumatische Mitralklappenkrankheiten I05.0 Mitralklappenstenose I05.1 […] […] […] [...]

5-08 … 5-16 Operationen an den Augen 5-08 Operationen an Tränendrüse und Tränenwegen 5-09 Operationen an den Augenlidern […] 5-14 Operationen an der Linse 5-140 Entfernung eines Fremdkörpers aus der Augenlinse 5-140.0 ↔ Mit Magnet 5-140.1 ↔ Durch Inzision 5-140.x ↔ Sonstige 5-140.y N.n.bez. […] […] Kapitel: 6 MEDIKAMENTE Kapitel: 8 NICHTOPERATIVE THERAPEUTISCHE MASSNAHMEN Kapitel: 9 ERGÄNZENDE MASSNAHMEN

Abb. 13.11 Gegenüberstellung ICD-10 und OPS. (nach Ziegenbein, 2001)

13

150

13.2.4 Kritische Bewertung der ICD-10 und des ICPM/OPS

13.2.5 Sonstige gesundheitsrelevante Klassifikationen

Außerhalb der Literaturdokumentation dürfte es kein Ordnungssystem geben, das international so intensiv angewendet wird wie die ICD. Durch diesen weltweiten Gebrauch der ICD sind Krankheitsund Todesursachenstatistiken einigermaßen vergleichbar. Die ICD-10 bemüht sich sehr um die terminologische Kontrolle, d. h. die Definition und Abgrenzung der Begriffe. Sie kann auf eine über hundertjährige Geschichte zurückblicken. Die deutsche Fassung der ICPM, die erst im Jahr 1994 in der Version 1.0 erschien, hat im Vergleich dazu die Reife der ICD-10 noch nicht erreicht. Beide Systeme zeichnen sich durch eine hohe Indexierungsgenauigkeit aus. Das führt zwangsläufig zu vielen Klassen und macht die Ordnungssysteme unübersichtlich.

Darüber hinaus gibt es noch weitere gesundheitsrelevante Klassifikationen, u. a.: ● ICF: die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderungen und Gesundheit“ (ICF, vormals ICIDH-2), ● ICD-O-3: die „Internationale Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie, Dritte Revision“.

13.2.6 Fragen und Aufgaben 1. Zählen Sie die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ICD-10 und OPS auf. 2. Welche Zusatzkennzeichen gibt es in der ICD10-GM und OPS und wie werden sie angewendet? 3. Im OPS werden Einschluss- und Ausschlussvermerke verwendet. Was versteht man darunter? 4. Wofür stehen die Abkürzungen? a) 5 – 526.20: b) 5 – 808.3↔: c) 8 – 121:

13.3 Pflegediagnosen

13.3 Pflegediagnosen Pflegediagnosen dienen dazu, den Pflegeaufwand für einen Patienten darzustellen. Sie bilden die Basis für eine fachlich fundierte Auswahl der Pflegemaßnahmen. Pflegediagnosen beschreiben oder bewerten pflegerische Beurteilungen oder Erkenntnisse in einer standardisierten Form. Es existieren verschiedene (Pflege-)Klassifikationssysteme, die Pflegediagnosen einordnen, z. B. NANDA. In Deutschland wird die praktische Arbeit mit Pflegediagnosen seit längerer Zeit diskutiert. Während z. B. in den USA, der Schweiz oder in England, schon langjährige Erfahrungen mit standardisierten Pflegediagnosen vorliegen, ist dieses Instrument in Deutschland bisher nur in wenigen Kliniken erprobt. Im Altenpflegebereich dagegen ist die Nutzung standardisierter Pflegediagnosen häufiger.

13.3.1 Historische Entwicklung der Pflegediagnosen Die Geschichte der Pflegediagnosen begann 1953 in den USA, wo Virginia Frey den Begriff „Pflegediagnose“ erstmalig in einer amerikanischen Pflegefachzeitschrift verwandte und beschrieb. In den folgenden 20 Jahren verlor der Begriff vorübergehend seine Bedeutung, da der Begriff „Diagnose“ mehr mit einer medizinischen Diagnose verbunden wurde. Anfang der 70er Jahre tagte die erste Konferenz der USA zur Klassifikation von Pflegediagnosen. Von da an fand dieser Begriff vermehrt Eingang in die Fachliteratur.

13.3.2 Pflegeklassifikationssysteme Genauer vorgestellt werden nachfolgend die NANDA-Pflegediagnosen und das Pflegeklassifikationssystem der ICN. Neben diesen Systemen gibt es eine Reihe weiterer Pflegediagnosesysteme, wie z. B. ENP (European Nursing Care Pathways). Einige Listen mit Pflegediagnosen stehen auch als Software zur Verfügung und haben so Eingang in die EDV-gestützte Pflegeplanung gefunden.

▶ NANDA-Taxonomie. 1982 wurde die NANDA – „North American Nursing Diagnosis Association“ (Nordamerikanische Gesellschaft für Pflegediagnosen) – gegründet. Da das Interesse an Pflegediagnosen in den Folgejahren weltweit zunahm, entschloss sich die Organisation 2002 zu einer Umbenennung in „NANDA International (NANDA-I)“. Die NANDA-I überprüft und überarbeitet vorhandene Pflegediagnosen und verabschiedet neue Pflegediagnosen. Im Rahmen dieser Weiterentwicklung wurde 2003 die neue Taxonomie verabschiedet, die sogenannte NANDA- Taxonomie II. Ziel der Gesellschaft ist, eine verbindliche Terminologie und internationale Taxonomie (Klassifikation, Ordnung) für Pflegediagnosen zu erarbeiten.

Definition

L

Per Definition der NANDA ist eine Pflegediagnose eine klinische Beurteilung der Reaktion eines Individuums, einer Familie oder Gemeinschaft auf aktuelle oder potenzielle Gesundheitsprobleme/ Lebensprozesse. Pflegediagnosen bilden die Grundlage für die Auswahl von pflegerischen Interventionen, um die aufgestellten Ziele und erwünschten Pflegeergebnisse zu erreichen, wofür die Pflegeperson verantwortlich ist.

Eine NANDA-Pflegediagnose besteht aus einem Pflegediagnosetitel und einer dazugehörigen Definition (▶ Tab. 13.7). Pflegediagnosen haben eine eindeutige, unabänderliche Identifikationsnummer. Im vorangegangenen Beispiel lautet die Nummer etwa 00 108. Je nach Art der Pflegediagnose kann sie durch mögliche ursächliche oder beeinflussende Faktoren und Risikofaktoren, bestimmende Merkmale oder Kennzeichen aus Sicht des Patienten und Beobachtung der Pflege näher spezifiziert werden. Ausgehend von dieser strukturierten Beschreibung können jetzt, unter Achtung der individuellen Ressourcen des Patienten, die Zielfestlegung und die Auswahl pflegerischer Interventionen erfolgen. Einige Fachbücher haben die Pflegediagnosen dazu um patientenbezogene Pflegeziele und Maßnahmen ergänzt.

13

Tab. 13.7 Beispiel für eine NANDA-I-Pflegediagnose (00 108/Taxonomie II). Kennziffer

Pflegediagnosetitel

Definition

00 108

Selbstversorgungsdefizit: Körperpflege

Beeinträchtigte Fähigkeit, Aktivitäten des Waschens selbstständig auszuführen oder abzuschließen

51

Klassifizierungssysteme ▶ ICNP. In Europa bemüht sich seit 1989 das ICN (International Council for Nursing), der Weltbund der professionell Pflegenden, um eine internationale Klassifikation für Pflegediagnosen. Das ICN initiierte dazu eine eigene Klassifikation mit der Bezeichnung ICNP (International Classification for Nursing Practice, Internationale Klassifikation der Pflegepraxis). Ziel der ICNP ist, eine gemeinsame Fachsprache zur Beschreibung und Dokumentation der Pflegepraxis zu schaffen. 1995 legte die ICN eine erste Version der ICNP vor, die sogenannte Alpha-Version. Die ICNP beinhaltet folgende 3 Bereiche, die als Pyramide bezeichnet werden: ● Pflegediagnosen (Pflegephänomene), ● pflegerische Maßnahmen (Pflegeintervention), ● Pflegeergebnisse. 1999 erschien eine völlig überarbeitete „Beta-Version“ der ICNP, die 2005 durch die Version 1.0 und 2008 durch die Version 1.1 erweitert wurde. Auch diese wurde evaluiert und überarbeitet. Auf dem letzten ICN-Kongress im Mai 2011 wurde die Version 3.0 vorgestellt.

13.3.3 Vor- und Nachteile der Pflegediagnosen

13.3.4 Fragen und Aufgaben 1. Informieren Sie sich über Einrichtungen, die bereits Erfahrungen mit Pflegediagnosen gesammelt haben. 2. Was versteht man unter einer Diagnose? 3. Pflegediagnosen und medizinische Diagnosen gemeinsam beschreiben die gesundheitliche Situation eines Patienten aus verschiedenen Perspektiven. Unterscheiden Sie medizinische von pflegerischen Diagnosen. 4. Der Einsatz von Pflegediagnosen wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Nehmen Sie Stellung zu folgenden Aussagen. a) Pflegediagnosen machen eine einheitliche Pflegedokumentation möglich und führen damit zur Sicherung der Pflegekontinuität. b) Pflegediagnosen können den Patienten etikettieren, was dazu führt, dass dieses Etikett über die Entlassung hinaus haftet. c) Pflegediagnosen blenden Entscheidungen einer Pflegekraft aus, die aus Intuition, der Erfahrung und dem Wissen heraus kommen. 5. Warum können pflegebezogene Klassifikationssysteme Ihrer Meinung nach wichtig aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen werden?

Der Einsatz von Pflegediagnosen wird in der Literatur kontrovers diskutiert. ▶ Tab. 13.8 stellt einige Argumente einander gegenüber.

Tab. 13.8 Vor- und Nachteile der Pflegediagnosen (Auswahl).

13

152

Vorteile

Nachteile

Aus den Pflegediagnosen lassen sich die erforderlichen Pflegeleistungen und Pflegeinterventionen ableiten. Pflegepersonen können dadurch auf standardisierte, anerkannte und überprüfte Ziel- und Maßnahmenpläne zurückgreifen.

Das Verhalten der Pflegenden ist durch die Anwendung der Pflegediagnosen formalisiert. Pflegediagnosen schränken Entscheidungen der Pflegekraft ein, die aus Intuition, der Erfahrung und dem Wissen heraus kommen.

Pflegediagnosen ermöglichen durch eine allgemeine Fachsprache, dass Pflegeprobleme einheitlich benannt und beschrieben werden. Dadurch wird sichergestellt, dass in der Ausbildung, beim Kostenträger usw. vom „Gleichen“ gesprochen wird.

Pflegediagnosen führen zur „Instrumentalisierung“ pflegerischen Handelns.

Durch die Formalisierbarkeit eignen sich Pflegediagnosen zur computergestützten Pflegeleistungserfassung. Sie ermöglichen eine leistungsgerechte Abrechnung gegenüber den Kostenträgern.

Durch die gängige Taxonomie der Pflegediagnosen finden die individuellen Stärken und Ressourcen des Patienten wenig Berücksichtigung.

Pflegediagnosen ermöglichen eine empirische Überprüfung der Erfolge und das Führen von Statistiken.

Pflegediagnosen können den Patienten etikettieren, auch über die Entlassung hinaus.

13.4 Deutsche Kodierrichtlinien

13.4 Deutsche Kodierrichtlinien Definition

Deutsche Kodierrichtlinien

L

Die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) sind ein Gesamtregelwerk, das festlegt, wie Diagnosen und Prozeduren zu kodieren sind. Damit sollen vergleichbare Krankenhausfälle denselben diagnoseorientierten Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRGs (S. 154)) zugeordnet werden können (▶ Abb. 13.12).

Diagnosen

Prozeduren

ICD-10-GM

OPS

G-DRG

Zielgruppe der Kodierrichtlinien sind Ärzte, aber auch andere Berufsgruppen wie z. B. medizinische Dokumentare. Die eigentliche Verantwortung für die Dokumentation von Diagnosen und Prozeduren liegt weiterhin beim behandelnden Arzt (DKR D 001a). Die „Deutsche(n) Kodierrichtlinien, Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Version 2002)“ gelten seit dem 1. Januar 2002 für alle in § 17 b KHG genannten Einrichtungen oder Abteilungen, die ihre Entgelte über DRGs abrechnen. Als Vorbild dienten die australischen Kodierregeln (ICD-10-AM, „Australian Coding Standards“, 1st Edition). 2016 wurden die Deutschen Kodierrichtlinien von den Selbstverwaltungspartnern (Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband und Verband der privaten Krankenversicherung) und dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) überarbeitet und einvernehmlich in der „Version 2016“ verabschiedet. Zu finden sind die Richtlinien auf der Homepage des InEK (www.g-drg.de) sowie der DKG-Website (www.dkgev.de). Die Kodierrichtlinien werden kontinuierlich überarbeitet, um sie u. a. dem medizinischen Fortschritt, Änderungen der amtlichen Klassifikationen (ICD/OPS) und der Aktualisierung des deutschen DRG-Systems anzupassen. Seit 2010 gibt es auch für die Psychiatrie und die Psychosomatik und damit für den Geltungsbereich nach § 17d KHG eine erste Version Deutscher Kodierrichtlinien für die Psychiatrie und Psychosomatik, die DKR-Psych. Dieses Regelwerk ist in enger Anlehnung an die DKR entstanden. Auch die DKR-Psych wird jährlich überarbeitet und weiterentwickelt. Die Version 2016 trat am 1. Januar 2016 in Kraft. Zusammenfassend dienen die Deutschen Kodierrichtlinien dazu,

Abb. 13.12 Deutsche Kodierrichtlinien. (nach Zaiß, 2015)









Diagnose- und Prozedurenklassifikationen in einheitlicher Weise anzuwenden, auch in schwierigen Fällen eine eindeutige Verschlüsselung zu ermöglichen, eine faire und gleichmäßige Vergütung der Krankenhausleistungen zu sichern, eine Grundlage für internes Management und Qualitätssicherung zu schaffen.

13.4.1 Aufbau der Kodierrichtlinien Das Gesamtregelwerk besteht aus den „Allgemeinen Kodierrichtlinien“ und den „Speziellen Kodierrichtlinien“ (▶ Abb. 13.13). Der erste Teil, die „Allgemeinen Kodierrichtlinien“, enthält allgemein gültige Regeln zur Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren. Beispielsweise wird definiert, was eine Haupt- und was eine Nebendiagnose (DKR D 002f; DKR D 003l) ist oder wann Symptome als Hauptdiagnose in Erscheinung treten können (DKR D 002f). Der zweite Teil, die „Speziellen Kodierrichtlinien“, besteht aus insgesamt 19 Kapiteln, die sich inhaltlich an die Krankheitskapitel des ICD-10 anlehnen. Es werden besondere Fallkonstellationen beschrieben und viele Sonderfälle geregelt. ● Alle Kodierrichtlinien sind gekennzeichnet durch eine 4-stellige Grundnummer, gefolgt von einem kleinen Buchstaben, der die jeweilige Version angibt. Die erste Version 2002 der DKR wurde mit „a“ gekennzeichnet. Bei einer inhaltlichen Anpassung der Kodierrichtlinie wird an die Versionsgrundnummer durchlaufend ein Buchstabe

13

53

Klassifizierungssysteme

Deutsche Kodierrichtlinien

Spezielle Kodierrichtlinien Beispiel: 0911d Schrittmacher/ Defibrillatoren

Allgemeine Kodierrichtlinien

Allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren Allgemeine Kodierrichtlinien für Krankheiten Beispiel: D002f Hauptdiagnose

Beispiel: P005k Multiple Prozeduren/ Prozeduren, unterschieden auf der Basis von Größe, Zeit oder Anzahl/Bilaterale Prozeduren

Abb. 13.13 Deutsche Kodierrichtlinien – Gesamtregelwerk.







13

des Alphabets angehängt. Beispielsweise weist die Nummer 0909d „Revisionen oder Reoperationen an Herz und Perikard“ auf die Version 2005 hin. Für die derzeit gültige Überarbeitung der DKR (Version 2016) wird folglich der Buchstabe „o“ am Ende verwendet. Die Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten beginnen mit dem Buchstaben „D“, gefolgt von einer 3-stelligen Zahl, beispielsweise D 002f Hauptdiagnose. Die Allgemeinen Kodierrichtlinien für Prozeduren setzten sich aus dem Buchstaben „P“ und einer 3-stelligen Zahl zusammen, z. B. P001f Allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren. Die Speziellen Kodierrichtlinien sind durch eine 4-stellige Zahl gekennzeichnet, wobei die ersten beiden Ziffern für die Kapitelnummer stehen.

Einen inhaltlichen Überblick über die Deutschen Kodierrichtlinien gibt in Auszügen ▶ Abb. 13.14.

13.4.2 Fragen und Aufgaben 1. Informieren Sie sich im Internet über den Aufbau der Deutschen Kodierrichtlinien in der derzeit gültigen Fassung. 2. Ein Patient wird mit Aszites bei fortgeschrittener Leberzirrhose (langjähriger Alkoholmissbrauch) stationär in eine Klinik aufgenommen. Durch Punktion wird der Aszites behandelt. Verschlüsseln Sie den vorliegenden Fall unter Beachtung der DKR D 002f. 3. Ein Patient wurde mit einer instabilen Angina aufgenommen, die sich 3 Jahre nach einer

154

Bypassoperation entwickelt hat. Die Herzkatheteruntersuchung zeigte eine koronare Herzerkrankung im Bereich des Venenbypasses. Verschlüsseln Sie den vorliegenden Fall unter Beachtung der DKR 0901f. 4. Ein 45-jähriger Patient wird wegen eines akuten Rausches aufgenommen. Die Alkoholabhängigkeit des Patienten ist bekannt. Verschlüsseln Sie den vorliegenden Fall unter Beachtung der DKR 0501e.

13.5 DRG (Diagnosis Related Groups) 13.5.1 Was sind DRGs? Definition

L

„DRG“ steht für „Diagnosis Related Groups“, zu Deutsch: „diagnosebezogene Fallgruppen“. Kern des Systems ist die Zusammenfassung ähnlicher Diagnosen und damit Krankheiten mit vergleichbarem Aufwand zu „Fallgruppen“.

Ende der 70er Jahre ursprünglich in den USA entwickelt, begannen DRG-Systeme, sich zunehmend in Europa, in Australien und vereinzelt auch in Ländern anderer Kontinente zu verbreiten. Das bestehende deutsche Vergütungssystem wurde ab dem Jahr 2003 durch ein diagnoseorientiertes Fallpauschalensystem (DRG) ersetzt. Der gesetzliche Rahmen zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung über die DRG wurde mit dem

13.5 DRG (Diagnosis Related Groups)

Allgemeine Kodierrichtlinien

Spezielle Kodierrichtlinien

Allgemeine Kodierrichtlinien für Krankheiten D001a D002f D003l D004d

Allgemeine Kodierrichtlinien Hauptdiagnose Nebendiagnosen Syndrome

1 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten

Mehrfachkodierung Im Systematischen Verzeichnis verwendete formale Vereinbarungen Im Alphabetischen Verzeichnis verwendete formale Vereinbarungen Erkrankungen bzw. Störungen nach medizinischen Maßnahmen

4 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten

[...] D012i D013c D014d D015n

2 Neubildungen 3 Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems

5 Psychische und Verhaltensstörungen 6 Krankheiten des Nervensystems 7 Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde 8 Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes 9 Krankheiten des Kreislaufsystems

Allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren P001f P003d P004f

0901f 0902a 0903n 0904d 0905d 0906d […]

Allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren Hinweise und formale Vereinbarungen für die Benutzung des OPS Nicht vollendete oder unterbrochene Prozedur

[...]

Ischämische Herzkrankheit Akutes Lungenödem Herzstillstand Hypertensive Herzkrankheit Hypertensive Nierenkrankheit Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit

[…] P013k P014o P015m P016d

Wiedereröffnung eines Operationsgebietes/Reoperation Prozeduren, die normalerweise nicht verschlüsselt werden Organentnahme und Transplantation Verbringung

18 Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind 19 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen

Abb. 13.14 Deutsche Kodierrichtlinien.

§ 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) festgelegt, der im Rahmen des GKV-Gesundheitsreformgesetz aus dem Jahr 2000 neu eingefügt wurde. Als Grundlage für die Entwicklung des deutschen Fallpauschalensystems haben sich die Selbstverwaltungspartner für das australische AR-DRG-System (Australian Refined) entschieden. Lediglich die Psychiatrie, die Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin wurden aus dem Vergütungssystem ausgenommen.

13.5.3 DRG-Nomenklatur

13.5.2 Begriffe rund um die DRGs

Den Ablauf ▶ Abb. 13.16.

Fallgruppen, oder DRGs, haben eine 4-stellige alphanumerische Nomenklatur, bestehend aus einem Großbuchstaben, einer 2-stelligen Ziffernfolge und einem weiteren Großbuchstaben (▶ Abb. 13.15).

13

13.5.4 Ablauf der DRG-Gruppierung der

DRG-Gruppierung

zeigt

Das DRG-System verwendet eine eigene Fachsprache. ▶ Tab. 13.9 stellt die gängigsten Begriffe des DRG-Systems mit ihren Abkürzungen zusammen.

55

Klassifizierungssysteme Tab. 13.9 Begriffe rund um die DRGs (nach UKL Impuls, 2002). Abkürzung

Definition

AR-DRG

Australian Refined Diagnosis Related Groups; dienten als Basis für das deutsche G-DRG-System

Baserate

Basisfallpreis = Bewertung der Bezugsleistung des durchschnittlichen Behandlungsfalls

Basis-DRG

Wird anhand einer Hauptdiagnose und der notwendigen Prozeduren bestimmt

CC

Complication or Comorbidity (Komplikation oder Komorbidität)

CCL

Complication or Comorbidity Level (Schweregrad von Komplikationen und Begleiterkrankungen): Gewicht einer Nebendiagnose

CM

Case-Mix = Bewertungs- und Vergleichswert bezogen auf einzelne Fälle wie auch auf das in einem Krankenhaus behandelte Patientenspektrum, oftmals wird der Begriff „Case Mix“ auch synonym für Patientenklassifizierung angewendet

CMI

Case Mix Index = durchschnittlicher Fallschweregrad der Patientenklientel einer Abteilung/Klinik (Summe der Relativgewichte aller Behandlungsfälle dividiert durch die Anzahl der Behandlungsfälle)

CW

Cost Weight (Relativgewicht/Bewertungsrelation) = relativer „Wert“ einer Fallgruppe bezogen auf einen durchschnittlichen, üblicherweise mit 1,0 bewerteten Fall

DKR

Deutsche Kodierrichtlinien

DRG

Diagnosis Related Group = Zusammenfassung von Diagnosen und Prozeduren zu klinischen- und aufwandshomogenen Behandlungsfallgruppen (Diagnosebezogene Fallgruppen)

Fehler-DRGs

Rest- oder Fehler DRG; dient der Zuordnung von fehlerhaft kodierten, unzulässigen oder nicht zuzuordnenden Patientenfällen zu einer DRG, um dem Anspruch der vollständigen Zuweisung aller akutstationären Fälle zu DRGs zu entsprechen

G-DRG

German Diagnosis Related Groups

Grouper

Software zur Gruppierung aller Krankenhausfälle in MDCs und DRGs

Hauptdiagnose (HD)

„Die Diagnose, die nach … (Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes) … als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist.“ (DKR D 002f)

ICD-10

International Classification of Diseases (10. Revision) = amtlicher Katalog für die Verschlüsselung von Haupt- und Nebendiagnosen

InEK

Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH

MDC

Major Diagnostic Category = organbezogene Gliederung der DRG in Hauptdiagnosegruppen

Nebendiagnose (ND)

„Eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt“ (DKR D 003l). Eine Nebendiagnose muss Einfluss auf das Patientenmanagement haben, das bedeutet, es werden entweder diagnostische oder therapeutische Maßnahmen durchgeführt, es besteht ein erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/ oder Überwachungsaufwand und die Nebendiagnose verlängert üblicherweise die Dauer des stationären Aufenthaltes.

NUB

neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

OPS

Operationen- und Prozedurenschlüssel = amtlicher Katalog für die Verschlüsselung abrechenbarer Prozeduren

Partition

Unterteilung der Hauptdiagnosegruppe in Abhängigkeit von der Kodierung einer Prozedur. Es werden drei Partitionen unterschieden: operative, medizinische und andere Partition

PCCL

Patient Clinical Complexity Level (Patientenbezogener Gesamtschweregrad) = mathematisch ermittelter Fallschweregrad. Aus den Gewichten der Nebendiagnosen (siehe CCL) wird unter Einbeziehung weiterer Parameter ein Fallschweregrad errechnet, der Ausgangspunkt für die Zuordnung zu Fallschweregruppen ist.

13

156

Prä-MDC

sind besonders kostenaufwendige und seltene Fälle, z. B. Transplantationen.

DKR-Psych

Deutscher Kodierrichtlinien für die Psychiatrie und Psychosomatik

13.5 DRG (Diagnosis Related Groups)

G 07 1. Stelle: verweist auf die Hauptdiagnosegruppe (gewöhnlich einer MDC), der die DRG angehört

Hier: MDC 06: Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane

Ausnahme: A = Prä-MDC 9 = Fehler-DRGs und sonstige DRGs

A

2. + 3. Stelle: gibt die Basis-DRG innerhalb der MDC sowie die Partition an, zu der die BasisDRG gehört.

4. Stelle: Das 4. Zeichen bezieht sich auf den Ressourcenverbrauch.

Zur Unterscheidung der Partition kann zwischen den Bereichen:

Bspw. A: höchster Ressourcenverbrauch B: zweithöchster Ressourcenverbrauch ... Z: keine Schweregradunterteilung

• 01–39: operative Partition • 40–59: „andere“ Partition • 60–99: medizinische Partition unterschieden werden. Die strenge DRG-Logik ist 2005 teilweise aufgegeben worden.

Hier: höchster Ressourcenverbrauch

Hier: gehört zu einer operativen Partition

(25) Hauptgruppen + 1 Fehlergruppe + 1 Gruppe Ausnahmefälle

Abb. 13.15 Beispiel aus dem DRG-Katalog 2016. G07A = Appendektomie oder laparoskopische Adhäsiolyse bei Peritonitis mit äußerst schweren oder schweren CC.

23 Hauptgruppen

Fehler-DRG Sondertatbestände

Sondertatbestände (Prä-MDC)

Vorauslese

FehlerDRG

MDC

medizinische Basis-DRG

PCCL 0

PCCL 5 oder 6

andere Basis-DRG

PCCL 4

operative Basis-DRG

PCCL 3

medizinische Partition

PCCL 2

„andere“ Partition

PCCL 1

Partition

operative Partition

Basis-DRG

13

Schweregrade je Basis-DRG

Die Zuweisung zu einer DRG erfolgt über verschiedene Parameter. Wichtigstes Eingruppierungsmerkmal sind die Hauptdiagnose sowie gegebenenfalls durchgeführte Prozeduren (Operationen, aufwendige diagnostische oder therapeutische Leistungen). Alle Patientendiagnosen werden über die ICD-Kodes verschlüsselt, die Prozeduren nach dem OPS. Neben den bisher genannten können auch andere Faktoren, z. B. das Alter oder die Entlassungsart, Auswirkungen auf die Zuweisung einer DRG haben (▶ Abb. 13.17). Der Gruppierungsprozess folgt einer hierarchisch abgestuften Systematik (▶ Abb. 13.16). Zunächst wird geprüft, ob Unplausibilitäten oder Fehlkodierungen von Diagnosen oder Prozeduren vorliegen. Diese Fälle werden einer Fehler-DRG (Bezeichnung durch Ziffer „9“) zugewiesen. Zudem wird geprüft, ob besonders kostenaufwendige Fälle oder Sondertatbestände, wie z. B. eine Langzeitbeatmung oder Transplantation, vorliegen, die dann in eine sogenannte Prä-MDC (Bezeichnung durch den Buchstaben A) fallen.

Falldaten

DRG

1. Schritt: „Major Diagnostic Category (MDC)“

DRG

Abb. 13.16 Ablauf der DRG-Gruppierung. (nach Rochell, 2002a)

57

egrund Aufnahm r Alte sen no ag tdi up Ha

(g gf .m P it roz Se ed ite ur nl en ok ali Neb sa end tio iag n) n

Geschlecht Beat mun gsze Ge it bu r ts ge wi ch t

Klassifizierungssysteme

er au ld i e rt rw gsa un Ve s s la Ent ...

ose n

Grouper

DRG

Abb. 13.17 Ermittlung einer DRG.

Die meisten Behandlungsfälle sind davon jedoch nicht betroffen und werden zu einer Hauptdiagnosegruppe (MDC = gibt den ersten Buchstaben der DRG an) zugeordnet. Die MDC orientiert sich in der Mehrzahl am Organsystem (B-N), etwa MDC 6: Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane. Einige Gruppen enthalten Spezialfälle wie Verbrennungen (Y). Die Gruppe Z enthält Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und das Gesundheitswesen in anderer Form in Anspruch nehmen. ▶ Abb. 13.18 bildet in Auszügen die Liste der MDCs im G-DRG-System ab.

13

2. Schritt: „Basis-DRG“ Auf der Ebene der Hauptdiagnosegruppe werden die Fälle in eine operative, eine „andere“ oder eine medizinische Partition aufgeteilt. Die Zuordnung einer Basis-DRG zu den Partitionen hängt hauptsächlich davon ab, ob Prozeduren vorhanden sind oder fehlen. ● operative Partition: Fälle, bei denen mindestens ein zur Hauptdiagnose passender und an die Nutzung eines Operationssaales gebundener operativer Eingriff durchgeführt wurde; ● andere Partition: Fälle, bei denen bestimmte, nicht an die Nutzung von Operationssälen gebundene diagnostische oder therapeutische Eingriffe (z. B. Koloskopie, Arthroskopie) erbracht wurden; ● medizinische Partition: Fälle, die konservativ behandelt wurden bzw. bei denen keine gruppierungsrelevante Prozedur vorliegt. Seit dem Jahr 2005 ist die bisherige stringente DRG-Logik teilweise aufgegeben worden, so tragen operative DRGs die Partitionsnummer der „anderen“ DRGs, z. B. F50–F59.

3. Schritt: „PCCL-Schweregradgruppen“ Das Vorhandensein von Komplikationen und/oder Komorbiditäten (Begleitkrankheiten, Complication or Comorbidity, CC) kann die Behandlung erschweren und verteuern. Deshalb wurden Schweregrad-Stufen (Complication or Comorbidity Level,

Major Diagnostic Categories der G-DRG (MDC) Prä-MDC MDC 01

Krankheiten und Störungen des Nervensystems

MDC 02

Krankheiten und Störungen des Auges

MDC 03

Krankheiten und Störungen des Ohres, der Nase, des Mundes und des Halses

MDC 04

Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane

MDC 05

Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems

MDC 06

Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane

... MDC 22

Verbrennungen

MDC 23

Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und andere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens

Fehler-DRGs und sonstige DRGs

Abb. 13.18 Liste der MDCs im G-DRG-System.

158

13.5 DRG (Diagnosis Related Groups) CCL) für alle Diagnosen vergeben. Aus den vorhandenen CCL der Nebendiagnosen wird mittels einer Glättungsformel für jeden Behandlungsfall der PCCL (Patientenbezogener Gesamtschweregrad, Patient Clinical Complexity Level) berechnet. PCCL ist die Maßzahl für den kumulativen Effekt der CCs je Behandlungsfall. Er trifft eine Aussage darüber, wie viele Ressourcen, d. h. Personal- und Sachkosten, der Patient wahrscheinlich entsprechend dem Schweregrad seiner Erkrankung verbraucht hat. Aufgrund des PCCL wird für die jeweilige BasisDRG die Zuordnung zum Schwergrad A bis I vorgenommen, je nach Aufteilung der Basis-DRG. Dabei sind die Basis-DRGs entweder gar nicht weiter unterteilt (Buchstabe Z) oder in 2 DRGs (Buchstabe A und B), 3 DRGs (Buchstabe A, B, und C) oder bis zu 9 DRGs (Buchstabe A bis I) gesplittet. Für 2016 wurden 9 Schweregrade (A bis I) definiert. Die höchste Differenzierung mit 9 Schweregraden findet sich in den Basis-DRGs B70 „Apoplexie“. Aufwandsentsprechende Erlöse können nur dann realisiert werden, wenn die behandelten Diagnosen und erbrachten Leistungen auch vollständig dokumentiert werden.

13.5.5 Kostengewichte Jede DRG ist mit einem entsprechenden Relativgewicht (relative Kostengewichte) bewertet; einer Bewertungsrelation, die über eine Punktezahl die Abweichung vom gedachten Standardfall mit durchschnittlichem Aufwand abbildet. Damit wird sozusagen der Wert einer DRG ausgedrückt. Auf Basis dieses Relativgewichts ergibt sich, multipliziert mit dem Basisfallwert (der sogenannten „Baserate“), ein pauschaler Preis für die Behandlung des Patienten (siehe Fallbeispiel). Eventuell sind noch Zuschläge oder Abschläge zu berücksichtigen. Vergleichen Sie dazu Kap. 16.2.

13.5.6 Basisfallwerte Definition

L

Im DRG-System ist der Basisfallwert (Baserate) der „Preis“ für den Basisfall, das heißt für einen durchschnittlichen DRG-Fall, der mit einer Bewertungsrelation von 1,0 bewertet wird.

I

Fallbeispiel

Vergütung Angina pectoris nach DRG Ein Patient wird mit der Diagnose Angina pectoris zur stationären Behandlung aufgenommen. Es werden eine Koronarangiografie sowie eine Ballondilatation der Herzkranzgefäße durchgeführt. Weiter wird in das aufgedehnte Gefäß ein Stent eingesetzt. Diese Diagnose und die durchgeführte Therapie führen zur Eingruppierung in die DRG F56B (Perkutane Koronarangioplastie mit hochkomplexer Intervention). Der Fallpauschalenkatalog (2016) weist der DRG ein Relativgewicht von 1,224 zu. Die Vergütung in dem Beispiel beträgt also (▶ Tab. 13.10): Tab. 13.10 Beispiel Vergütung Angina pectoris nach DRG. DRG

DRGDefinition

Bewertungsrelation

Basisfallwert (hypothetisch)

Vergütung

F56B

Perkutane Koronarangioplastie mit hochkomplexer Intervention

1,224

3 000 €

3 672 €

▶ Landesbasisfallwert. Seit der DRG-Einführung wurde der Basisfallwert von jedem Krankenhaus individuell mit den Krankenkassen ausgehandelt (krankenhausindividueller Basisfallwert). Dabei hat man sich an dem bisherigen Budget orientiert. Die Basisfallwerte der verschiedenen Krankenhäuser lagen zwischen rund 1000 € und 6 200 €. In der Konvergenzphase des Krankenhausentgeltgesetzes erfolgte eine schrittweise Annäherung der krankenhausindividuellen Basisfallwerte an landesweite Basisfallwerte. Erstmals wurde 2005 offiziell ein landesweiter Basisfallwert für jedes Bundesland vereinbart. Beim landesweiten Basisfallwert handelt es sich um den bewerteten durchschnittlichen Fallerlös aller stationären Fälle in einem Bundesland. Die jährliche Anpassung der krankenhausindividuellen Basisfallwerte an einem einheitlichen Basisfallwert auf Landesebene erfolgte über gestaffelte Prozentsätze. Nach Abschluss der Konvergenzphase wurde dieselbe DRG in allen

13

59

Klassifizierungssysteme Krankenhäusern eines Bundeslandes in derselben Höhe vergütet. Die Höhe des Landesbasisfallwertes verhandeln die Landesverbände der Krankenkassen und die Landeskrankenhausgesellschaften jedes Jahr für das folgende Jahr. Die heutigen Landesbasisfallwerte (ohne Ausgleich, Stand: 2016) liegen in einer Bandbreite von 3 278,19 € (z. B. in Mecklenburg-Vorpommern) und 3 465,02 € (in Rheinland-Pfalz). Die Übersicht in ▶ Tab. 13.11 stellt die gültigen Landesbasisfallwerte in den einzelnen Bundesländern für 2016 zusammen. Tab. 13.11 Landesbasisfallwerte ohne Ausgleich (Stand: 15.7.2016).

13

Bundesland

Betrag (ohne Ausgleich)

Baden-Württemberg

3 287,21 €

Bayern

3 312,00 €

Berlin

3 278,19 €

Brandenburg

3 278,19 €

Bremen

3 296,26 €

Hamburg

3 278,19 €

Hessen

3 278,19 €

Mecklenburg-Vorpommern

3 278,19 €

Niedersachsen

3 278,19 €

Nordrhein-Westfalen

3 278,19 €

Rheinland-Pfalz

3 465,02 €

Saarland

3 348,43 €

Sachsen

3 278,19 €

Sachsen-Anhalt

3 278,19 €

Schleswig-Holstein

3 278,19 €

Thüringen

3 278,19 €

▶ Bundesbasisfallwertkorridor. Mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) wurde erstmals in § 10 Abs. 9 KHEntgG die Ermittlung eines Bundesbasisfallwertes sowie eines einheitlichen Bundesbasisfallwertkorridor vorgesehen. Die Einführung hatte zum Ziel, die Preisunterschiede in den einzelnen Bundesländern zu mindern bzw. zu beseitigen. Ziel war eine vollständige Konvergenz auf einen bundeseinheitlichen Basisfallwert. Mit dem GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) wurde die Aufhebung der durch § 10 Absatz 13 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) angelegten Etablierung einer Konvergenz zu einem bundeseinheitlichen Basisfallwert beschlossen. Geblieben ist, jährlich einen Bundesbasisfallwert sowie einen Basisfallwertkorridor zu vereinbaren, zur schrittweisen Angleichung der unterschiedli-

160

chen Landesbasisfallwerte. Die Grenzen des Basisfallwertkorridors liegen bei + 2,5 Prozent bis -1,02 Prozent um den ermittelten einheitlichen Bundesbasisfallwert. Mit der Berechnung des Bundesbasisfallwerts wie auch mit dem darauf aufbauenden Basisfallwertkorridor ist das DRG-Institut (InEK GmbH) beauftragt. Das Berechnungsergebnis durch das InEK bildet die Grundlage für die Vereinbarung des Basisfallwertes und der Korridorgrenzen durch die Vertragsparteien auf Bundesebene. Mit dem Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (KHSG) wird die Konvergenz der Landesbasisfallwerte an den bundeseinheitlichen Basisfallwert bis 2021 fortgeführt. Die Landesbasisfallwerte, die um mehr als 1,02 Prozent unter dem Bundesbasisfallwert liegen, werden im Jahr 2016 in einem Schritt auf diesen Wert „angehoben". Landesbasisfallwerte, die um mehr als 2,5 Prozent über dem Bundesbasisfallwertes liegen, werden in einer Konvergenzphase von 6 Jahren an die obere Korridorgrenze „herangeführt". Die jährliche Angleichung des Landesbasisfallwerts wird in § 10 Abs. 8 KHEntgG geregelt. Für den Vereinbarungszeitraum 2016 beträgt der einheitliche Basisfallwert 3 311,98 €. Daraus errechnet sich ein einheitlicher Basisfallwertkorridor mit einer oberen Korridorgrenze (+ 2,5 Prozent) von 3 394,77 € und einer unteren Korridorgrenze (-1,02 Prozent) von 3 278,19 €.

13.5.7 Case-Mix und Case-Mix-Index ▶ Case-Mix. Das Relativgewicht als Kenngröße für die ökonomische Fallschwere lässt sich zum CaseMix aufsummieren. Dieser Case-Mix ist die Summe der Relativgewichte aller Behandlungsfälle, die innerhalb eines gegebenen Zeitraumes in einem Krankenhaus, einer Region oder in einem Land behandelt wurden. Case-Mix ¼ Summe der Relativgewichte aller Behandlungsfälle ▶ Case-Mix-Index. Um einen Hinweis auf die durchschnittliche Aufwendigkeit der Fälle zu erhalten, dividiert man den Case-Mix durch die Anzahl der Fälle. Man erhält den sogenannten CaseMix-Index (CMI). Case-Mix-Index ¼

Summe aller Relativgewichte Anzahl der Behandlungsfälle

13.5 DRG (Diagnosis Related Groups) Der CMI gibt die durchschnittliche Fallschwere der erbrachten DRG-Fälle in einer bestimmten Zeiteinheit an. Diese Kennzahl ● ermöglicht den Vergleich zwischen Krankenhäusern sowie zwischen Abteilungen innerhalb eines Krankenhauses, ● liefert Hinweise auf unterschiedlichen Ressourcenbedarf zur Versorgung durchschnittlich mehr oder weniger aufwendiger Behandlungsfälle, ● liefert, in Zeitreihen betrachtet, Hinweise auf Veränderungen der Patientenstruktur, ● lässt Schlüsse auf das Leistungsspektrum eines Krankenhauses zu. Krankenhäuser mit aufwendigem Leistungsspektrum, z. B. Universitätskliniken, haben einen höheren Case-Mix-Index als Krankenhäuser mit einfachem Leistungsspektrum, z. B. Grund- und Regelversorger.







Mit diesen Kennziffern kann relativ einfach ein Basisfallwert errechnet werden. Zur Ermittlung des Basisfallwertes wird immer eine monetäre Komponente (z. B. das Krankenhausbudget) durch den Case-Mix dividiert. Basisfallwert ¼

Budget Budget ¼ CM CMI  Fallzahl

Durch Umstellung der Formel kann das Abteilungs-, resp. Krankenhausbudget rechnerisch ermittelt werden. Das Budget eines Krankenhauses oder einer Fachabteilung ergibt sich aus der Multiplikation der gewichteten Fallzahl (Case-Mix) mit dem Fallpreis.



Budget ¼ ðlandesweiterÞ Basisfallwert  CM Budget ¼ ðlandesweiterÞ Basisfallwert  CMI  Fallzahl





13.5.8 Kritik am DRG-System Im Folgenden werden ausgewählte Kritikpunkte des DRG-Systems aufgezählt: ● In Deutschland gilt das Kodieren von Diagnosen und Prozeduren noch in erster Linie als Aufgabe des Arztes. Dadurch wird die administrative Tätigkeit der Krankenhausärzte deutlich erhöht – zulasten der Patientenversorgung. Abhilfe schafft z. B. der Einsatz der mit dem DRG-System neu entstandenen Berufsgruppe der Medizischen Kodierfachkräfte. ● Auch im Verwaltungsbereich der Krankenhäuser und Kostenträger steigt der Aufwand. Medizinisches Wissen ist zur Überprüfung der Abrechnung erforderlich.



Die Abrechnung nach DRG-Fallpauschalen gibt Anreiz zu frühzeitiger Entlassung (Stichwort: „blutige Entlassung“). Allerdings hat sich die behauptete „blutige Entlassung“ bisher in keinem Land, das das DRG-System eingeführt hat, als Problem erwiesen. Der Wettbewerb zwingt vielmehr die Krankenhäuser, weit mehr als bisher die Patientenzufriedenheit als Erfolgskriterium in den Vordergrund der Überlegungen zu stellen. Der damit ausgelöste Wettbewerb wird zu erheblichen Verbesserungen in der Leistungsqualität führen. Es kann zu verfrühten Verlegungen kommen. Patienten, die zu früh entlassen werden, kommen schnell wieder zurück in das Krankenhaus (Stichwort: „Drehtüreneffekt“). Der Qualitätssicherungsbedarf steigt. Ein häufiger Kritikpunkt bei dem Einsatz eines DRG-Systems ist das Phänomen des UP-Coding („Kreative Diagnostik“). Up-Coding ist das unbewusste oder bewusste Kodieren von mehr oder höher gewerteten Diagnosen und Leistungen, als es den tatsächlich behandelten Erkrankungen, Komplikationen und ggf. Funktionsbeeinträchtigungen sowie erbrachten Leistungen nach den jeweils gültigen Kodierrichtlinien entspricht. Up-Coding beeinflusst den Preis einer Fallpauschale erheblich. Ein Fallpauschalensystem bietet Anreize, sich innerhalb von Fallgruppen auf möglichst „einfache“ oder standardisierte Fälle zu spezialisieren. Die Versorgung komplexerer Fälle wird dadurch eingeschränkt oder auf andere Anbieter verlagert. Nicht wirtschaftliche Krankenhäuser werden Betten abbauen oder sogar schließen müssen. Krankenhausfälle werden zunehmend Fallprüfungen durch den Medizinischen Dienst unterzogen, was mit einem immensen bürokratischen Aufwand verbunden ist. Um den Kliniken die daraus entstehenden Aufwendungen (z. B. für Kopien etc.) auszugleichen, die ihnen durch ein nicht gerechtfertigtes Prüfverlangen entstehen, wurde im Rahmen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eine Aufwandspauschale eingeführt und § 275 SGB V um den Absatz 1c erweitert. Laut Gesetz sind Krankenkassen zur Zahlung einer Aufwandspauschale verpflichtet, wenn die von der Krankenkasse veranlasste Prüfung durch den Medizinischen Dienst (MDK) „nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt“. Kürzere Liegezeiten und die Fallzahlsteigerungen führen zu einer höheren Arbeitsbelastung für

13

61

Klassifizierungssysteme





das Pflegepersonal und die Ärzte. Gleichzeitig wird schrittweise Personal abgebaut, um Kosten einzusparen. Die Arbeit wird auf immer weniger Schultern verteilt, was zu einer spürbaren Arbeitsverdichtung führt. Nur wenige Kliniken begegnen dem durch konsequent umgesetzte Prozessorientierung. Kosten-Erlös-Schere: Die zugestandenen Preissteigerungen für die Krankenhausleistungen fallen seit Jahren geringer aus als die Tarifsteigerungen der Beschäftigten. Genauso werden Kostenentwicklungen wie Anpassungen von Haftpflichtversicherungen, Energieumlagen und sonstige bedeutsame Entwicklungen nicht in das DRG-System einbezogen. Das DRG-System zieht einen „Kellertreppeneffekt" nach sich. Vereinfacht dargestellt: Die Preise werden auf der Basis von Durchschnittskosten von Kalkulationskrankenhäusern festgelegt. Dies zwingt alle Krankenhäuser, deren Kosten über dem Durchschnitt liegen, dazu, ihre Kosten zu senken. Erfolgreiche Rationalisierungsmaßnahmen und Kostensenkungen führen in der nächsten Kalkulationsrunde abermals zur Senkung der Preise einzelner DRGs. Diese Kalkulationslogik mündet in einer Abwärtsspirale der Preise. Der Kostendruck nimmt tendenziell zu und forciert die wirtschaftlich problematische Situation der Krankenhäuser zusätzlich.

13.5.9 Fragen und Aufgaben 1. Was versteht man unter Prä-MDCs? 2. Was sind Fehler-DRGs? 3. Wie ergibt sich aus der Zuteilung eines Behandlungsfalles zu einer DRG der Preis für den Behandlungsfall? 4. Welche Parameter spielen bei der Zuweisung zu einer DRG eine Rolle? 5. Welchen Aussagewert hat die DRG-Nomenklatur für Sie (aus Fallpauschalenkatalog 2016) (▶ Tab. 13.12)?

13

6. Eine 68-jährige Patientin mit Linksherzinsuffizienz ohne Beschwerden, mit den Nebendiagnosen chronisches Nierenversagen und Typ-2-Diabetes mellitus, wurde zur medikamentösen Einstellung stationär aufgenommen. Während des Aufenthalts fiel zusätzlich ein Harnwegsinfekt auf, welcher ebenfalls behandelt wurde. Durch die zahlreichen Nebendiagnosen wird für die Patientin der PCCL 4 ermittelt. Der Grouper (EDV-System) ermittelt dem Sachbearbeiter die DRG F62A: Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schwerer CC. Der Basisfallwert liegt bei 3 200 € (hypothetischer Wert). a) Beschreiben Sie die Zuordnung des Patienten zur DRG anhand des korrekten Falls. b) Der während des Aufenthalts aufgefallene Harnwegsinfekt wurde auf der Station nicht dokumentiert. Welche Auswirkungen könnte das haben? c) Erklären Sie die Abkürzungen: ICD-10 = ICPM = CCL = PCCL = d) Diskutieren Sie über die prognostizierten Tendenzen, die mit der Einführung der neuen Abrechnungsmethode erwartet wurden. 7. Eine allgemeinchirurgische Abteilung führt in einem definierten Zeitraum folgende Leistungen durch: a) 100 Appendektomien, Relativgewicht 0,8 b) 100 Dickdarmresektionen, Relativgewicht 1,6 Geben Sie den Wert des CMI an. 8. Krankenhausvergleich mit DRGs: a) Berechnen Sie den Case-Mix zweier HNO-Abteilungen anhand der innerhalb eines Jahres erbrachten Leistungen der DRG X und DRG Y (▶ Tab. 13.13). b) Berechnen Sie den Case-Mix-Index c) Berechnen Sie die Basisfallwerte der Abteilungen aufgrund des historischen Abt.-Fallbudgets von 750 T€ (Abteilung A) und 1100 T€ (Abteilung B).

Tab. 13.12 Erklären Sie die DRG Nomenklatur: Was bedeutet das D, was bedeutet die 12, was bedeutet das A. D

12

A

Tab. 13.13 Berechnung des Case-Mix.

162

Abteilung A

Abteilung B

5 Fälle DRG X; RW = 8,90

25 Fälle DRG X; RW = 8,90

200 DRG Y; RW = 0,58

100 DRG Y; RW = 0,58

Case-Mix =

Case-Mix =

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 14

14.1

Allgemeine und bereichsspezifische Datenschutzvorschriften

164

Datenschutz und Datensicherheit

14.2

Begriffsbestimmungen

165

14.3

Maßnahmen zur Datensicherheit

166

Informations- und Folgerecht des Einzelnen

166

14.5

Datenschutzbeauftragter

167

14.6

Datenschutz im Krankenhausbetrieb

168

14.7

Fragen und Aufgaben

169

14.8

Ärztliche Schweigepflicht

169

14.4

Datenschutz und Datensicherheit

14 Datenschutz und Datensicherheit In einem Behandlungsvertrag eines Krankenhauses, den ein Patient zu unterschreiben hat, heißt es:

Info

Z

Hinweis auf die Datenverarbeitung! Bitte beachten Sie, dass im Rahmen des von Ihnen bzw. des zu Ihren Gunsten mit dem Krankenhaus abgeschlossenen Vertrages Daten über Ihre Person, Ihren sozialen Status sowie die für die Behandlung notwendigen medizinischen Daten gespeichert, geändert bzw. gelöscht werden und im Rahmen der Zweckbestimmung unter Beachtung der jeweiligen datenschutzrechtlichen Regelung an Dritte (z. B. Kostenträger) übermittelt werden können. (Auszug aus einem Behandlungsvertrag)

14.1 Allgemeine und bereichsspezifische Datenschutzvorschriften Eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Datenschutz gibt es nicht. Das Datenschutzrecht ist in den allgemeinen Datenschutzgesetzen des Bundes

und der Länder, zunehmend aber auch in bereichsspezifischen Gesetzen und Vorschriften geregelt: 1. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Datenschutzes sind das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutzgesetze der Bundesländer (Landesdatenschutzgesetze; LDSG) (▶ Abb. 14.1). 2. Weitere ergänzende allgemeine Datenschutzvorschriften sind a) die EU-Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG), b) das Sozialgesetzbuch (SGB I, SGB X), c) das Strafgesetzbuch. 3. Neben den allgemeinen Datenschutzgesetzen gelten darüber hinaus bereichsspezifische datenschutzrechtliche Vorschriften wie: a) Landeskrankenhausgesetze (z. B. Art. 27 BayKrG) b) Spezialregelungen für Einrichtungen in konfessioneller Trägerschaft, z. B. die Anordnung über den kirchlichen Datenschutz – KDO i. V. m. der KDO-DVO – für den Bereich der römisch-katholischen Kirche in Deutschland sowie das Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland – DSG-EKD – und die Verordnung zum Schutz von Patientendaten in kirchlichen Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen – DSVO-KH

Datenschutz

Die Landesdatenschutzgesetze regeln im Grundsatz die Datenverarbeitung bei Behörden und öffentlichen Stellen der Länder oder Gemeinden. Danach finden die jeweiligen LDSG u. a. Anwendung bei: • Ärztekammern • kassenärztlichen Vereinigungen • Krankenhäusern der Städte/Gemeinden, der Landkreise oder Bezirke • den meisten Tumorzentren

14

Für die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes sowie für die Privatwirtschaft gilt das BDSG. Anwendungsbereiche für das BDSG sind: • private und freie gemeinnützige Krankenanstalten, -häuser und Kliniken • der betriebsärztliche Dienst in privaten Unternehmen • überbetriebliche arbeitsmedizinische Dienste mit privater Trägerschaft • alle Arztpraxen Grundsätzlich gilt das BDSG auch für öffentliche Stellen der Länder, jedoch nur solange die Länder den Datenschutz nicht durch Landesgesetze geregelt haben. Dies bedeutet, dass jede landesrechtliche Datenschutzregelung, unabhängig davon, ob sie für den Betroffenen günstiger oder weniger günstig ist, das BDSG verdrängt.

Abb. 14.1 Landesdatenschutzgesetze und BDSG.

164

14.2 Begriffsbestimmungen c) landesrechtliche Berufsordnungen der Ärzte d) Krebsfrüherkennungs- und Krebsregistergesetz (KFRG) e) Röntgen- oder Strahlenschutzverordnung Je nach Trägerschaft der Einrichtung gelten unterschiedliche Datenschutzgesetze. (▶ Tab. 14.1) zeigt dies am Beispiel des Krankenhauses.

L

Definition

Der Zweck des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist es, „den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird.“

L

14.2 Begriffsbestimmungen

Definition

Datenschutz garantiert jedem Bürger Schutz vor missbräuchlicher Datenverarbeitung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Schutz der Privatsphäre. Im Zeitalter der modernen Informationsverarbeitung geht es vor allem um den Schutz der Privatsphäre. Der einzelne Mensch soll mithilfe der Datenschutzgesetze vor den Gefahren beim Umgang mit personenbezogenen Daten geschützt werden. Ziel und Zweck des Datenschutzes ist in § 1 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) definiert.

Datensicherheit verfolgt das Ziel, im Prozess der Datenverarbeitung vor Verlust, Zerstörung, Verfälschung, unbefugter Kenntnisnahme und unberechtigter Verarbeitung der Daten zu schützen.

Einrichtungen, die personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen, müssen die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen treffen, die dafür notwendig sind, um den Anforderungen des Datenschutzes gerecht zu werden (§ 9 BDSG, Anlage zu § 9 Abs. 1 BDSG).

Tab. 14.1 Allgemeine und bereichsspezifische Datenschutzvorschriften im Zusammenhang mit der Krankenhausträgerschaft (Hauser/Haag, 2014). Gesetz

Öffentliche Trägerschaft

Nichtöffentliche Trägerschaft

Krankenhäuser des Bundes

Krankenhäuser des Landes

Krankenhäuser der Kommunen

private Krankenhäuser

freigemeinnützige nicht-konfessionelle Krankenhäuser

konfessionelle Krankenhäuser

StGB

immer anwenden

immer anwenden

immer anwenden

immer anwenden

immer anwenden

immer anwenden

LKHG

keine Anwendung

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

grundsätzlich keine Anwendung

LDSG

keine Anwendung

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

keine Anwendung

keine Anwendung

grundsätzlich keine Anwendung

BDSG

immer anwenden

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

Anwendung möglich, Konkurrenzregelungen beachten

grundsätzlich keine Anwendung

Kirchengesetze

keine Anwendung

keine Anwendung

keine Anwendung

keine Anwendung

keine Anwendung

immer anwenden

14

65

Datenschutz und Datensicherheit

14.3 Maßnahmen zur Datensicherheit Nicht nur das Bundesdatenschutzgesetz, sondern alle Datenschutzgesetze benennen eine Reihe von technischen und organisatorische Anforderungen an die Datensicherheit (§ 9 BDSG) und mittelbar den Datenschutz. Technische und organisatorische Maßnahmen sind: ● Die Zutrittskontrolle soll den Zutritt zu Datenverarbeitungsanlagen verhindern. Dies betrifft die Nutzung von PCs und gegebenenfalls dezentral installierten Servern. ● Die Zugangskontrolle soll verhindern, dass Datenverarbeitungssysteme von Unbefugten genutzt werden. ● Die Zugriffskontrolle soll gewährleisten, dass Berechtigte mittels Zugriffsberechtigung ausschließlich auf erforderliche Daten (Patienten-, Bewohner- und Mitarbeiterdaten) zugreifen können. Jede in der Einrichtung arbeitende Person soll lediglich auf die Daten Zugriff haben, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgabe tatsächlich benötigt wird. Die Zugriffsberechtigung wird z. B. mit einem Passwort und/oder einem maschinenlesbaren Ausweis ermöglicht. Das Passwort sollte dabei in bestimmten Zeitabständen geändert werden. ● Die Weitergabekontrolle soll verhindern, dass Daten bei der elektronischen Übertragung sowie beim Transport oder der Speicherung auf Datenträger unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder gelöscht werden. Zudem soll überprüft und festgestellt werden, an welchen Stellen eine Übermittlung vorgesehen ist. ● Die Eingabekontrolle gewährleistet, dass nachträglich überprüft werden kann, welche Daten zu welcher Zeit von wem in das Datenverarbeitungssystem eingegeben, verändert oder entfernt wurden, beispielsweise durch Identifikationsmechanismen. ● Die Auftragskontrolle soll gewährleisten, dass Daten, die im Auftrag bearbeitet werden, nur entsprechend den Weisungen des Auftragsgebers verarbeitet werden. ● Die Verfügbarkeitskontrolle soll sicherstellen, dass personenbezogene Daten vor zufälliger Zerstörung oder Verlust geschützt sind. ● Zuletzt soll eine getrennte Verarbeitung von zu unterschiedlichen Zwecken erhobenen Daten möglich sein.

14

166

Einzelmaßnahmen der Datensicherung sind z. B.: bauliche Maßnahmen (z. B. Diskretionszone im Empfangsbereich, durch Türen getrennte Behandlungsräume, adäquate Aufstellung der Bildschirme beim Empfang) ● Eingabeprotokollierung: Wer – Was – Wann? ● Verbot des Einsatzes privater Software ● Erarbeitung von Dienstanweisungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit ● Einrichtung von Bildschirmschonern, die eine Weiterarbeit erst nach erneuter Passworteingabe ermöglichen ● Einsatz aktueller Virenschutzprogramme ● regelmäßige Sicherheits-Updates (Aktualisierungen) ● Karteikarten oder sonstige Patientenunterlagen nicht in den Behandlungsräumen sammeln ● abschließbare Aktenschränke ● Ist ein Internetzugang unerlässlich, sollte ein PC gewählt werden, auf dem sich keine Patientendaten befinden ● tägliche Sicherungskopie auf Festplatte, CD-, DVD-ROM oder Band, dazu regelmäßige Datensicherung der hinzugefügten Daten (technisch: sog. inkrementelles Backup) (vgl. zu diesem Punkt § 630f BGB) ● ausschließliche Nutzung zugelassener Kartenterminals für das Einlesen der elektronischen Gesundheitskarte ● benutzerbezogene Sperrung von Schnittstellen (z. B. Diskettenlaufwerke), um zu verhindern, dass Patientendaten auf Datenträger gezogen werden können ● Patientendaten sollten nur verschlüsselt auf der Festplatte abgelegt und erst bei einem berechtigten Zugriff (automatisch) entschlüsselt werden ● Lagerung der Datensicherung an einem anderen Ort ●

14.4 Informations- und Folgerecht des Einzelnen Das Bundesdatenschutzgesetz räumt dem Betroffenen (z. B. dem Patienten oder Heimbewohner) gewisse Informations- und Folgerechte gegenüber der verantwortlichen Stelle (z. B. dem Krankenhaus) ein. Im Einzelnen hat jeder ein Recht auf: ● Benachrichtigung (§§ 19a, 33 BDSG): Der Betroffene muss informiert werden bei der erstmaligen Speicherung und der erstmaligen Übermittlung seiner Daten.

14.5 Datenschutzbeauftragter ●





● ●

Auskunft (§ 19 BDSG, § 34 BDSG): Der Betroffene hat einen Anspruch auf Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Durch die Auskunft erfährt er, woher die Daten stammen (Herkunft der Daten), zu welchem Zweck sie gespeichert wurden (die betreffende Verwaltungsaufgabe oder den speziellen Geschäftszweck) und an welche Personen oder Stellen die Daten regelmäßig übermittelt werden. Berichtigung (§§ 20, 35 BDSG): Er hat das Recht, personenbezogene Daten in Dateien berichtigen zu lassen, wenn sie unrichtig sind. Sperrung (§§ 20, 35 BDSG); Löschung (§§ 20, 35 BDSG): In bestimmten Fällen können Daten gesperrt oder gar gelöscht werden. Personenbezogene Daten in Dateien sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist (z. B. Erfassung unrichtiger Daten) oder es keinen Grund für die weitere Speicherung gibt. Einsicht: Vergleichen Sie hierzu Kap. 12.2.4. Informationspflicht bei Datenschutzverstößen (§ 42a BDSG): Nach § 42a BDSG gelten Informationspflichten nach US-amerikanischem Vorbild, wenn ein Datenmissbrauch droht. Sobald die verantwortliche Stelle Kenntnis erhält, dass bei Dritten personenbezogene Daten unrechtmäßig gelandet sind (z. B. Abhandenkommen von Gesundheitsdaten) und dadurch „schwerwiegende Beeinträchtigungen für die Rechte oder schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“, d. h. der Patienten drohen, hat sie dies nicht nur der Datenschutz-Aufsichtsbehörde, sondern auch den Betroffenen selbst mitzuteilen. Soweit eine Benachrichtigung der Betroffenen einen unverhältnismäßig großen Aufwand (an Kosten und Zeit) darstellt, z. B. wegen der Vielzahl der betroffenen Fälle, so muss ein mindestens halbseitiger Hinweis in mindestens zwei bundesweit erscheinenden Tageszeitungen erfolgen oder eine andere gleich geeignete Maßnahme. Die Pflicht zur Information über eigene Datenschutzverstöße dürfte dabei immense Folgen (Rufschädigung) für das betroffene Gesundheitsunternehmen nach sich ziehen.

Fallbeispiel

I

Verlust von Patientendaten In einem Kreiskrankenhaus ging ein Karton mit zur Archivierung vorgesehenen Sicherungsbändern mit den Patientendaten von rund 200 000 bis 300 000 Patienten gemeinsam mit den Schlüsseln des Sicherungstresors verloren. Der Karton war von einem Krankenhausmitarbeiter für einige Stunden in einem öffentlich zugänglichen Raum zurück gelassen worden. Die Krankenhausleitung meldete bei Bekanntwerden des Vorfalls dies bei der zuständigen Datenschutz-Aufsichtsbehörde. Zudem wurde eine Strafanzeige gegen unbekannt erstattet. Die Benachrichtigung der betroffenen Patienten erfolgte durch Anzeige in zwei überregionalen Tageszeitungen. Damit hatte das Krankenhaus der Melde- und Informationspflicht, die § 42a BDSG vorsieht, Genüge getan. Die Tresorschlösser wurden unverzüglich ausgewechselt (BWKG, 2014).

14.5 Datenschutzbeauftragter Laut Bundesdatenschutzgesetz muss ein Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gewählt werden (§ 22 ff. BDSG). Er berät und kontrolliert öffentliche Stellen des Bundes und wird vom Deutschen Bundestag für eine Amtszeit von 5 Jahren gewählt. Für öffentliche (z. B. Behörden, öffentliche Krankenhäuser) und nicht-öffentliche Stellen (z. B. Firmen, Arztpraxen) schreibt das BDSG (§ 4f BDSG) vor, einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Bei nicht-öffentlichen Stellen greift die Vorschrift erst, wenn mehr als 9 Arbeitnehmer ständig mit personenbezogenen Datenverarbeitungsaufgaben beschäftigt sind oder mindestens 20 Arbeitnehmer auf andere Art und Weise personenbezogene Daten verarbeiten. Dies sind typischerweise die Mitarbeiter, die mit der Datenverarbeitung am Empfang oder der Datenverarbeitung im Rahmen der Abrechnung betraut sind. Als betrieblicher Datenschutzbeauftragter kann auch ein Externer beauftragt werden. Die Aufgaben eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten hat der Gesetzgeber in § 4g BDSG beschrieben. Er soll u. a. das Unternehmen in Datenschutzfragen beraten und auf die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen achten. Der Daten-

14

67

Datenschutz und Datensicherheit schutzbeauftragte muss zuverlässig und fachkundig sein. Er muss sich beispielsweise sowohl mit technischen Gegebenheiten als auch mit rechtlichen Regelungen, insbesondere der ärztlichen Schweigepflicht, auskennen. Er ist direkt der Leitung des Unternehmens unterstellt und in seinen Aufgaben nicht an Weisungen gebunden. Mit der Novellierung des BDSG zum 1. September 2009 wurde der Kündigungsschutz der innerbetrieblichen Datenschutzbeauftragten gestärkt. Der § 4f Abs. 3 BDSG wurde um die Sätze 5 bis 7 erweitert. Auf diese Weise wurde der Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten dem vergleichbarer Funktionsträger angepasst. Ähnlich wie bei einem Betriebsrat darf das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber nur unter besonderen Umständen gekündigt werden. Selbst nach Abberufung als Datenschutzbeauftragter wirkt der Kündigungsschutz noch 1 Jahr fort. Der Gesetzgeber will durch diese Maßnahme erreichen, dass ein „unbequemer“ Datenschutzbeauftragter nicht benachteiligt wird. Ferner muss der Arbeitgeber dem Datenschutzbeauftragten die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen ermöglichen und die Kosten dafür tragen. Der Umfang und die thematische Ausrichtung der Fortbildung richten sich dabei nach der erforderlichen Fachkunde des Datenschutzbeauftragten, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Schulungen werden beispielsweise von den Landesärztekammern oder Kassenärztlichen Vereinigungen angeboten.

14.6 Datenschutz im Krankenhausbetrieb In kaum einem anderen Umfeld werden so viele vertrauliche Daten zu einem Menschen erhoben, gespeichert und übermittelt wie in der Institution Krankenhaus. Diese Daten beinhalten Informationen über den Patienten, seine sozialen Verhältnisse und vor allem über seine Beschwerden und Krankheiten. Der sensible Umgang mit Patientendaten nimmt daher einen hohen Stellenwert ein. Für einige Krankenhausbetriebe greifen – neben § 28 und § 4 BDSG – bereichsspezifische Vorschriften, die die Verarbeitung von Patientendaten rechtfertigen. Nach diesen Vorschriften dürfen Patientendaten nur erhoben, verarbeitet, gespeichert oder in sonstiger Weise genutzt werden, soweit dies erforderlich,

14

168

















zur Erfüllung der Aufgabe des Krankenhauses (z. B. Art 27 Abs. 2 BayKrG), zur Erfüllung des Behandlungsvertrages (z. B. § 2 DSVO-KH), zur Leistungsabrechnung (z. B. § 2 DSVO-KH; § 13 Abs. 2 SKHG), zur sozialen Betreuung und Beratung des Patienten (z. B. § 33 LKHG M-V), zur Erfüllung der mit der Behandlung in Zusammenhang stehenden Dokumentationspflicht, zur Aus- und Fortbildung (z. B. § 13 Abs. 3 SKHG), wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt bzw. vorschreibt, wenn der Patient im Einzelfall einwilligt (z. B. § 27 Abs. 2 BayKrG; § 13 Abs. 2 SKHG).

Dennoch dürfen Patientendaten innerhalb des Krankenhauses nicht uneingeschränkt ausgetauscht und verwendet werden. Das Krankenhaus mit seinen unterschiedlichen Bereichen wie der Verwaltung und den einzelnen Fachabteilungen stellt datenschutzrechtlich keine Einheit dar. Zugriff sollten die Beschäftigten nur auf Daten erhalten, die für die Erfüllung der jeweiligen Aufgaben tatsächlich notwendig sind. Beispielsweise darf die Krankenhausverwaltung nur auf Patientendaten zugreifen, die sie z. B. zur Abrechnung der erbrachten Leistung benötigt. Besonders hohe Anforderungen stellt der Gesetzgeber an die Verarbeitung von Patientendaten durch externe Dienstleister (z. B. Durchführung von Schreibarbeiten in externen Schreibbüros, externe Mikroverfilmung von Krankenunterlagen, externe Vernichtung von Datenträgern usw.). In Deutschland ist die Datenverarbeitung im Auftrag – auch Auftragsdatenverarbeitung genannt – u. a. in § 11 BDSG geregelt. Dabei bleibt die Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Datenverarbeitung beim Auftraggeber. Die Anforderungen an die zu schließenden Verträge zur Auftragsdatenverarbeitung außerhalb des Krankenhauses sind gesetzlich festgeschrieben (10-Punkte-Katalog; etwa Umfang, Art und Zweck, technische und organisatorische Maßnahmen, Kontroll- und Weisungsrechte des Auftraggebers etc.). Auch bestehende Verträge sind darauf zu überprüfen. Die Einzelheiten können dem § 11 Abs. 2 BDSG entnommen werden. Der Auftraggeber muss sich vor Auftragserteilung und dann regelmäßig von der Einhaltung der technischen und organisatorischen Maßnahmen überzeugen und das Ergebnis doku-

14.8 Ärztliche Schweigepflicht mentieren. Es drohen Bußgelder, wenn ein Auftrag nicht ordnungsgemäß erteilt wird oder die VorabKontrolle des Auftragnehmers ausbleibt. Nicht in den Anwendungsbereich dieses Paragrafen fällt die Weitergabe von Patientendaten gesetzlich Versicherter an externe Abrechnungsstellen zur Abrechnungsdurchführung. Die Verarbeitung von Abrechnungsdaten ist ausschließlich im Sozialgesetzbuch geregelt.

14.7 Fragen und Aufgaben 1. Welche Maßnahmen der Datensicherung kennen Sie aus Ihrem Betriebsalltag? 2. Die Aufgaben des betrieblichen Datenschutzbeauftragten sind im § 4 g BDSG regelt. Welche Aufgaben hat er zu übernehmen? Nennen Sie 2 Beispiele. 3. Wer kann Datenschutzbeauftragter werden? 4. Wann müssen Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten bestellen? 5. Was ist bei der Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu beachten? 6. Der § 9 BDSG regelt die organisatorischen und technischen Maßnahmen, um den Ansprüchen der Datensicherheit gerecht zu werden. a) Stellen Sie die Begriffe „Datenschutz“ und „Datensicherheit“ einander gegenüber. b) Nennen Sie technische und organisatorische Maßnahmen, die vor Missbrauch patientenbezogener Daten schützen sollen. 7. Durch welche Vorschriften ist der Datenschutz in Krankenhäusern geregelt? 8. Das Datenschutzgesetz räumt dem Betroffenen gewisse Informations- und Folgerechte ein. Führen Sie 3 Rechte näher aus.

Heute ist die ärztliche Schweigepflicht u. a. gesetzlich geregelt in den §§ 203 – 205 StGB. Sie wird als eine wesentliche Grundlage des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient angesehen.

Info

Z

Auszug aus dem § 203 StGB „(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als 1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, (…) anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (3) … Den in Absatz 1 und Satz 1 Genannten stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind.“

Zugleich finden sich Bestimmungen zur ärztlichen Schweigepflicht im § 9 Abs. 1 MBO-Ä sowie in den entsprechenden Regelungen der ärztlichen Berufsordnungen, z. B. § 9 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Zusätzlich ergibt sich die Verschwiegenheitspflicht als Nebenpflicht aus dem zwischen Arzt und Patient geschlossenen Behandlungsvertrag, der seit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes in den §§ 630a ff. BGB festgelegt ist.

14.8.2 Kernpunkte des § 203 StGB

14.8 Ärztliche Schweigepflicht 14.8.1 Grundlagen Info

Z

Hippokratischer Eid Die ärztliche Schweigepflicht hat ihren Ursprung im sogenannten „hippokratischen Eid“: „Was immer ich sehe und höre bei der Behandlung oder außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, so werde ich von dem, was niemals nach draußen ausgeplaudert werden soll, schweigen, indem ich alles derartige als solches betrachte, das nicht ausgesprochen werden darf.“

14

Wer ist an die Schweigepflicht gebunden? Der Schweigepflicht unterliegen neben den Ärzten auch Angehörige sonstiger Heilberufe mit staatlich geregelter Ausbildung, z. B.: ● nichtärztliche Psychotherapeuten nach dem Psychotherapeutengesetz ● Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen ● Hebammen/Entbindungspfleger ● Diätassistenten ● Physiotherapeut/-in ● medizinisch-technische Assistenten usw.

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Datenschutz und Datensicherheit Zudem sind an die Schweigepflicht auch die „berufsmäßig tätigen Gehilfen“ von Ärzten gebunden (§ 203 Abs. 3 S. 2 StGB), z. B.: ● medizinische Fachangestellte ● Arztsekretäre und -sekretärinnen ● Mitarbeiter der Krankenhausverwaltung, z. B. Angestellte, die mit der Erfassung von Patientendaten zu Abrechnungszwecken befasst sind. Schließlich gilt die Schweigepflicht auch für Personen, die zur „Vorbereitung auf den Beruf“ bei den Geheimnisträgern tätig sind, wie z. B.: ● auszubildende Medizinische Fachangestellte ● Gesundheits- und Krankenpflegeschüler ● famulierende Medizinstudenten ● Absolventen des praktischen Jahres (sog. PJ-ler) Nicht erforderlich ist, dass der Betreffende zum Arzt in einem Arbeitsverhältnis steht oder in anderer Weise ihm gegenüber weisungsgebunden ist. Beispielsweise gehören auch in der Praxis aushelfende Arztehepartner zum Kreis der Schweigepflichtigen.

Wem gegenüber ist der Arzt zur Verschwiegenheit verpflichtet? Die Schweigepflicht besteht grundsätzlich gegenüber: ● Familienangehörigen des Patienten: So darf der Arzt dem Ehepartner des Patienten keine telefonischen Auskünfte erteilen. Auch darf der Arzt seine Rechnung mit Diagnosen nur an seinen Patienten und nicht etwa an den hauptversicherten Ehepartner versenden. Ebenso dürfen Informationen über den Gesundheitszustand des Patienten an Verwandte und Bekannte nicht herausgegeben werden. Vielmehr sollte der Auskunftsersuchende direkt an den Patienten verwiesen werden. Allerdings ist der Einzelfall entscheidend. ● Familienangehörigen des Arztes ● anderen Ärzten: Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch unter Berufskollegen. Die Weitergabe von Daten ist vor allem dann unzulässig, wenn der Patient in die Einbeziehung des anderen Arztes nicht eingeweiht wurde oder einer solchen Einbeziehung widersprochen hat. Begibt sich der Patient allerdings in die Behandlung des anderen Arztes oder eines Krankenhauses, um sich untersuchen zu lassen, so ist dieses Verhalten als konkludentes Einverständnis zu werten.

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an der Behandlung nicht beteiligten Personen; auch dann, wenn es sich um Angehörige von Gesundheitsberufen handelt (z. B. befreundeter Arzt). Der wissenschaftliche Erfahrungsaustausch ist hingegen gestattet, sofern die Patientennamen ungenannt bleiben. den Arbeitgebern u. Ä.: Im Krankheitsfall darf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur die Mitteilung enthalten, dass der Arbeitnehmer von einem Anfangstermin bis zu einem Endtermin arbeitsunfähig ist. Dem Arbeitgeber darf weder der Befund noch die Diagnose mitgeteilt werden. Behörden und anderen Institutionen: Besondere Aussagepflichten gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft ergeben sich nicht. Eine Offenbarungsbefugnis ergibt sich lediglich bei erheblicher Rechtsverletzung und Wiederholungsgefahr. Alleine zum Zwecke der Strafverfolgung ist ein Bruch der Schweigepflicht nicht erlaubt. Versicherungen (Sonderregelungen in SGB V und X) minderjährigen Patienten: Der Umfang der ärztlichen Schweigepflicht hängt bei Minderjährigen zum einen von deren Einsichtsfähigkeit ab, zum anderen von der zu erwartenden Nachwirkung der ärztlichen Behandlung. Bei Minderjährigen unter 15 Jahren ist der Arzt i. d. R. berechtigt, die Eltern in vollem Umfang zu unterrichten, da normalerweise unter 15 Jahren noch keine Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen gegeben ist. Bei Minderjährigen über 15 Jahren ist das Patientengeheimnis jedoch den jeweiligen Umständen entsprechend zu beachten (Der Umfang der ärztlichen Schweigepflicht hängt von der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Minderjährigen ab.). Maßgebend sind aber immer die Umstände des Einzelfalles.

Was wird geschützt? ▶ Fremde Geheimnisse. Fremde Geheimnisse sind Tatsachen, die nur einem eingeschränkten Personenkreis bekannt sind und an deren Geheimhaltung der Geheimnisträger (Patient/Heimbewohner/Rehabilitand) ein Interesse hat. Folglich können Geheimnisse sein (beispielhafte Aufzählung): ● Aufzeichnungen über Patienten (Art der Krankheit und ihren Verlauf, Anamnese, Diagnose, Therapiemaßnahmen usw.) ● schriftliche Mitteilungen des Patienten ● Röntgenaufnahmen

14.8 Ärztliche Schweigepflicht ● ● ●

sonstige Untersuchungsbefunde Operationsprotokolle Informationen über familiäre, berufliche und wirtschaftliche Verhältnisse

Es liegt also kein strafbarer Geheimnisbruch vor, wenn das Geheimnis auf andere Weise bekannt wurde, z. B. durch eine öffentliche Gerichtsverhandlung oder Klatsch am Gartenzaun.

handelnde Arzt mit dem Patienten die Notwendigkeit einer krankengymnastischen Behandlung, so muss dem Patienten klar sein, dass die notwendigen Informationen an den Krankengymnasten weitergegeben werden. Die rechtswirksame Entbindung von der Schweigepflicht setzt die Urteils- und Einsichtsfähigkeit des Patienten voraus.

Rechtfertigungsgründe

Wann spricht man von der Offenbarung eines Geheimnisses? Offenbart ist ein Geheimnis, wenn es in irgendeiner Weise einer anderen Person zugänglich wird. Die Weitergabe kann entweder mündlich, schriftlich, durch Einsichtnahme oder auf andere Weise erfolgen. Es wird zwischen befugtem und unbefugtem Offenbaren unterschieden (▶ Abb. 14.2).

Rechtswirksame Entbindung von der Schweigepflicht Der Patient kann den Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden. Die Entbindung von der Schweigepflicht kann ausdrücklich erfolgen, z. B. durch Einverständnis mittels Unterschrift oder durch schlüssiges Handeln. Schlüssiges Handeln meint, der Patient gibt durch sein Verhalten zu verstehen, dass die Weitergabe von Informationen gewollt ist. Beispielsweise liegt ein schlüssiges Handeln vor, wenn der Patient im Krankenhaus durch ein Team behandelt wird. Bespricht der be-

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen befugtem und unbefugtem Offenbaren.

Die Offenbarung erfolgt unbefugt, wenn weder das Einverständnis noch ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Bspw. ist ein behandelnder Arzt nicht befugt, den Grund der Arbeitsunfähigkeit eines Patienten dessen Arbeitgeber mitzuteilen.

Die Offenbarung erfolgt befugt (zulässig), wenn: 1. eine rechtswirksame Entbindung von der Schweigepflicht oder 2. ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Abb. 14.2 Befugtes und unbefugtes Offenbaren.

▶ Bei mutmaßlicher Einwilligung. Von einer mutmaßlichen Einwilligung zur Offenbarung spricht man, wenn sie im (mutmaßlichen) Interesse des Patienten liegt. In der Regel darf der Arzt eine solche Einwilligung unterstellen, wenn er den Patienten nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten befragen kann oder wenn er davon ausgehen kann, dass der Patient im Falle seiner Befragung mit der Offenbarung einverstanden wäre. Beispielsweise informiert der Arzt die Ehefrau über den Gesundheitszustand ihres bewusstlosen, durch einen Unfall verletzten Ehemanns. Ein Fall der mutmaßlichen Einwilligung liegt aber auch dann vor, wenn der Arzt das Einverständnis nicht einholen muss, weil er davon ausgehen kann, dass der Patient auf eine Befragung keinen Wert legt. Zum Beispiel: Nach Abgabe eines Gesundheitsberichtes an eine Lebensversicherung ergibt sich eine Nachfrage, die der Arzt beantwortet, ohne erneut das Einverständnis des Patienten einzuholen. Die Pflicht zur Verschwiegenheit des Arztes besteht in vollem Umfang auch nach dem Tod des Patienten. Angehörige des Patienten können den Arzt von der Schweigepflicht nicht wirksam entbinden. Im Einzelfall muss der Arzt entscheiden, ob von einer mutmaßlichen Einwilligung des Verstorbenen ausgegangen werden kann. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn von der Offenlegung der Todesursache die Auszahlung einer Lebensversicherung abhängt.

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▶ Offenbarungspflicht aufgrund besonderer Gesetze. Besteht eine Pflicht zur Mitteilung, liegt kein Verstoß gegen die Schweigepflicht vor. Solche Pflichten finden sich in verschiedenen Gesetzen, z. B.: ● Nach § 138 StGB müssen Angehörige der Heilberufe geplante Verbrechen wie Mord oder Totschlag usw. anzeigen, wenn sie von der Straftat zu einer Zeit erfahren, zu der die Ausführung

71

Datenschutz und Datensicherheit





oder der Erfolg noch zu verhindern ist. Andernfalls machen sie sich strafbar. Die Anzeigepflicht durchbricht die Schweigepflicht. Andererseits fällt bei einigen der aufgezählten Straftaten für den Arzt die Anzeigepflicht weg, wenn er in seiner beruflichen Eigenschaft von der Planung des Verbrechens erfährt und sich ernsthaft bemüht, den Täter (Patienten) von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden. Ausgenommen bleiben geplante Straftaten wie Mord, Totschlag u. ä. Jene bleiben stets anzeigepflichtig. Ist die Tat bereits geschehen, besteht keine Anzeigepflicht mehr. Nach dem Infektionsschutzgesetz gibt es einige namentlich und einige anonym zu meldende übertragbare Krankheiten, beispielsweise Tollwut, Diphtherie, Salmonellen, Tuberkulose. Die namentliche Meldung muss neben der Krankheit mindestens Namen, Anschrift, Alter und Geschlecht des Patienten beinhalten. Formulare für die meldepflichtigen Krankheiten können bei den örtlichen Gesundheitsämtern bestellt oder von der Homepage des Robert Koch-Instituts heruntergeladen werden. Das Personenstandsgesetz regelt die Verpflichtung zur Meldung von Geburtsfällen an das zuständige Standesamt. Bei Geburten in Krankenhäusern ist der Träger der Einrichtung zur Meldung verpflichtet.

▶ Offenbarungsbefugnis im Rahmen des rechtfertigenden Notstandes gemäß § 34 StGB. Der Arzt darf die Schweigepflicht brechen, wenn er nach erfolgter Rechtsgutabwägung ein anderes Rechtsgut für höherwertig hält. Beispiel: Nimmt ein Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teil, obwohl er wegen einer bestehenden Erkrankung wie Epilepsie oder infolge der Einnahme von Medikamenten sich und andere gefährdet, darf sich der Arzt auch gegen den Willen seines Patienten an die Straßenverkehrsbehörde wenden. Die Nichtbeachtung der ärztlichen Schweigepflicht ist beispielsweise auch zulässig bei drohender Ansteckung mit schweren Erkrankungen oder Kindesmisshandlung. Der Bruch der ärztlichen Schweigepflicht sollte Ultima Ratio sein. Zunächst müssen in einem eingehenden Gespräch mit dem Patienten sein Gesundheitszustand und die Risiken, die sich durch seine Erkrankung für Dritte ergeben, besprochen

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werden. Hat der Arzt durch das Gespräch gravierende Zweifel an der Einsichtigkeit des Patienten, ist die Verletzung der Schweigepflicht ein angemessenes Mittel zur Gefahrenabwehr. ▶ Offenbarungsbefugnis aufgrund gesetzlicher Bestimmungen. Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch gegenüber Sozialleistungsträgern. Auskünfte dürfen nur erteilt werden, wenn sie der Leistungsträger für die Durchführung seiner Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch benötigt und es gesetzlich zugelassen ist oder wenn der Betroffene im Einzelfall eingewilligt hat (§ 100 SGB X). Somit ist u. a. die Übermittlung von Sozialdaten zulässig: ● gegenüber Kostenträgern (gesetzliche Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigung) zum Zweck der allgemeinen Aufgabenerfüllung aus § 294 SGB V, ● gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenkasse aus § 275 ff. SGB V zur Erfüllung seiner Pflicht in Bezug auf Begutachtungen und Beratung, ● bezüglich einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus § 284 i. V. m. § 295 SGB V, ● zum Zweck der Abrechnung aus § 295 SGB V auch i. V. m. 106a SGB V, ● im Rahmen eines Prüfverfahrens der ärztlichen Behandlungs- und Vorgehensweise gemäß § 298 SGB V, ● gegenüber der Berufsgenossenschaft aus §§ 201, 203 SGB VII bei Vorliegen einer Berufskrankheit. Zusammenfassend wird das Thema „ärztliche Schweigepflicht“ in ▶ Abb. 14.3 dargestellt.

Mit welchen Folgen ist bei der Verletzung der Schweigepflicht zu rechnen? ▶ Strafrechtliche Konsequenzen. Das Strafrecht sieht für den Geheimnisbruch eine Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder eine Geldstrafe vor. Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, dann kommen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren in Betracht.

14.8 Ärztliche Schweigepflicht

Schweigepflicht § 203 StGB: Wer?

Wem gegenüber?

Was wird geschützt?

Wann spricht man von der Offenbarung eines Geheimnisses?

• Arzt, Zahnarzt ... • Angehörige sonstiger Heilberufe mit staatl. geregelter Ausbildung • berufsmäßig tätige Gehilfen • Personen, die zur Vorbereitung auf den Beruf beim Geheimnisträger tätig sind

• Familienangehörigen des Patienten • Familienangehörigen des Arztes • anderen Ärzten • dem Arbeitgeber • Behörden (Polizei/ Staatsanwaltschaft) • Versicherungen (Sonderregelungen) • minderjährigen Patienten

„Fremde Geheimnisse“, Tatsachen, die nur einem eingeschränkten Personenkreis bekannt sind und an deren Geheimhaltung der Patient ein Interesse hat,

„Offenbart“ ist ein Geheimnis, wenn es in irgendeiner Weise einer anderen Person zugänglich gemacht wird: • mündlich, • schriftlich, • durch Einsichtnahme

z.B. Aufzeichnungen über Patienten (Art der Krankheit, Anamnese, Diagnose ...)

unbefugt

befugt

• kein Einverständnis • kein Rechtfertigungsgrund

Rechtswirksame Entbindung von der Schweigepflicht • ausdrücklich (durch Unterschrift oder mündlich) • schlüssiges Handeln

Rechtfertigungsgrund

Mutmaßliche Einwilligung

Offenbarungspflicht aufgrund besonderer Gesetze

Offenbarungsbefugnis:

kann angenommen werden, wenn diese im (mutmaßlichen) Interesse des Patienten liegt, dieser aber nicht befragt werden kann oder er auf die Befragung keinen Wert legt

• Infektionsschutzgesetz (IfSG) • Personenstandsgesetz (PStG) • nach § 138 StGB (Nichtanzeige geplanter Straftaten)

• rechtfertigender Notstand § 34 StGB • gesetzliche Bestimmungen – gegenüber dem Kostenträger – gegenüber dem MDK – zum Zwecke der Abrechnung – im Rahmen des Prüfverfahrens der ärztlichen Behandlungs- und Vorgehensweise – gegenüber der Berufsgenossenschaft

Abb. 14.3 Schweigepflicht § 203 StGB (Zusammenfassung).

▶ Zivilrechtliche Konsequenzen. Wird die Schweigepflicht verletzt, kann der Patient auch zivilrechtlich Schadenersatz fordern und gegebenenfalls Schmerzensgeld geltend machen. Allerdings muss der Patient im zivilrechtlichen Verfahren darlegen und beziffern, welcher Schaden ihm durch die Offenbarung entstanden ist.

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▶ Berufsrechtliche Konsequenzen. Ein Verstoß gegen die Schweigepflicht kann auch berufsrechtliche Folgen haben, wie z. B. einen Verweis oder ein Bußgeld bzw. bei schweren oder fortdauernden Verstößen sogar den Widerruf der Approbation. Eine unterlassene Belehrung von Mitarbeitern des Arztes oder von Personen, die in der Vorbereitung auf den Beruf stehen, kann ebenfalls einen Verstoß gegen die Berufsordnung auslösen. Auf die schriftliche Form der Belehrung von Mitarbeitern ist zu achten.

73

Datenschutz und Datensicherheit

14.8.3 Fragen und Aufgaben 1. Erläutern Sie die wesentlichen Bestandteile des § 203 StGB zur Schweigepflicht. 2. Im Rahmen seiner Tätigkeit hat ein Arzt verschiedene Pflichten zu erfüllen. Hierzu gehört unter anderem die ärztliche Schweigepflicht. a) In welchem Paragrafen und Gesetzbuch steht die Schweigepflicht? b) Was versteht man unter einem „fremden Geheimnis“? c) Wer unterliegt neben dem Arzt der beruflichen Schweigepflicht? d) Wem gegenüber ist der Arzt zur Verschwiegenheit verpflichtet? e) Wann endet die Schweigepflicht über die Daten eines Patienten? f) Zeigen Sie den Unterschied zwischen Offenbarungspflicht und Offenbarungsbefugnis auf. 3. Mit welchen Folgen muss ein Arzt rechnen, wenn er gegen die ärztliche Schweigepflicht verstößt? 4. Der Arbeitgeber von Hermann W. ruft in der Arztpraxis des Dr. Karl W. an und fragt, ob sein Arbeitnehmer in Behandlung ist, worunter er leidet und wie lange er noch arbeitsunfähig ist. Welche Auskünfte können gegeben werden? 5. Beurteilen Sie die folgenden Fälle: falsch oder richtig? a) Das Weitergeben von Patientendaten an Ärztekollegen ist immer zulässig. b) Die zur Abrechnung erforderlichen Patientenakten darf ein Arzt an privatärztliche Verrechnungsstellen außerhalb der Praxis in jedem Fall übermitteln.

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6.

7. 8. 9.

c) Ein Arzt lässt nachlässig Patientenunterlagen unverschlossen liegen, sodass Dritte zugreifen können, und verstößt damit gegen den § 203 StGB. d) Eltern von Minderjährigen darf man in jedem Fall informieren. e) Ein Arzt darf Angehörige oder Kontaktpersonen vor einer ansteckenden Krankheit des Patienten warnen, wenn nicht die Gewähr besteht, dass dieser selbst für die notwendige Aufklärung sorgt. Im Roten Kreuz Krankenhaus Frankfurt a. M. finden regelmäßig Vorträge zu unterschiedlichen Themen statt. Ihr Vorgesetzter wird am kommenden Dienstag über das brisante Thema „Die berufliche Schweigepflicht gemäß § 203 StGB“ referieren. Um dem Referat eine gewisse Struktur zu geben, soll a) auf die Frage eingegangen werden, wer der beruflichen Schweigepflicht unterliegt, b) weiter soll erörtert werden, was es zu schützen gilt, c) am Ende der Unterschied zwischen zwingender Offenbarung (Offenbarungspflicht) und Offenbarungsbefugnis herausarbeiten werden. Bereiten Sie den Vortrag vor. Welche 2 Rechtsgrundlagen hat die Schweigepflicht? Gilt die Schweigepflicht auch zwischen Ärzten? Gilt die Schweigepflicht auch für Angestellte der Krankenkassen?

Foto: Michael Zimmermann, Thieme

Kapitel 15 Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung

15.1 15.2 15.3 15.4 15.5

Datentransfer mit der Krankenkasse

176

Datentransfer mit der Unfallversicherung

180

Datentransfer mit der Rentenversicherung

181

Datentransfer mit der Pflegeversicherung

181

Fragen und Aufgaben

182

Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung

15 Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung Patientendaten werden an die verschiedensten Einrichtungen übermittelt, u. a. an privatärztliche Verrechnungsstellen, an weiterbehandelnde Ärzte oder den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Das Sozialgesetzbuch und andere gesetzliche Vorschriften regeln genau, welche Daten weitergegeben werden dürfen.

15.1 Datentransfer mit der Krankenkasse ▶ Abb. 15.1 zeigt Datenflüsse von Patientendaten im Rahmen der Leistungsabrechnung.

15.1.1 Datenübermittlung aus der ärztlichen Praxis Die Übermittlung von Patientendaten ist nur zulässig, wenn sie durch eine gesetzliche Vorschrift, durch die Einwilligung des Patienten oder durch einen besonderen Rechtfertigungsgrund (§ 34 StGB) legitimiert ist. Anderenfalls läuft der Arzt Gefahr, die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 StGB i. V. m. § 9 MBO-Ä) zu verletzten und gegen daten-

schutzrechtliche Vorschriften zu verstoßen. Vergleichen Sie hierzu Kap. 14. Das Sozialrecht (SGB V) sieht für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung zahlreiche gesetzliche Übermittlungsbefugnisse und -pflichten vor, beispielsweise an die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung im Rahmen der Abrechnung. Mit dieser rechnet der Vertragsarzt seine zur Behandlung des gesetzlich Krankenversicherten erbrachten Leistungen ab. Dazu leitet der Arzt gemäß § 294 ff. SGB V den Namen, die Anschrift und das Geburtsdatum des Patienten, Krankenkasse, Versichertennummer sowie eine Aufzählung seiner Leistungen, wie z. B. Hausbesuche, Blutentnahmen einschließlich der Diagnose (verschlüsselt nach ICD-10), an die für ihn zuständige Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung weiter. Von dort werden die Abrechnungsunterlagen unter Angabe der Versichertennummer und des -status, gemeinsam mit der abgerechneten Gebührenposition mit Diagnose an die zuständige gesetzliche Krankenkasse weitergeleitet. Rechtsgrundlage hierfür ist § 295 Abs. 1 und 2 SGB V. Die Spannweite der gesetzlichen Übermittlungsbefugnisse und -pflichten des Arztes listet ▶ Abb. 15.2 beispielhaft auf.

Ärzte/Zahnärzte

Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung

Apotheken

Apothekenrechenzentren gesetzliche Krankenkasse

Patient Heil- und Hilfsmittelerbringer; weitere Leistungserbringer

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Heil- und Hilfsmittelrechenzentren

Krankenhäuser, Vorsorge-, Rehabilitationseinrichtungen personenbezogen fallbezogen

Abb. 15.1 Datenübermittlung im Bereich der gesetzlichen Krankenkasse. (nach dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz, 2005)

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15.1 Datentransfer mit der Krankenkasse

Gesetzliche Übermittlungsbefugnisse und –pflichten finden sich insbesondere im Sozialgesetzbuch V für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung: • zur Übermittlung an die Kassenärztliche Vereinigung, z. B. – zum Zweck der allgemeinen Aufgabenerfüllung (§ 294 SGB V) – zum Zweck der Abrechnung (§ 295 SGB V auch i.V.m. § 106a SGB V [Abrechnungsprüfung]) – zum Zweck der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 298 SGB V) • zur Übermittlung an die Prüfungsstelle i.S.d. § 106 Abs. 4 SGB V zum Zweck der Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 296 Abs. 4 SGB V) • zur Übermittlung an die Krankenkasse, z.B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 284 i.V.m. § 295 SGB V) • zur Übermittlung an den MDK (§ 276 Abs. 2 SGB V) Weitere gesetzliche Übermittlungsbefugnisse und -pflichten finden sich in: • dem Infektionsschutzgesetz (§§ 6 ff. IfSG) • den Krebsregistergesetzen der Länder • der Röntgenverordnung (§ 17a RöV, § 28 Abs. 8 RöV) • der Strahlenschutzverordnung (§ 42 StrlSchV) • dem Betäubungsmittelgesetz i.V.m. der BTMVV (§ 5a BTMVV) • dem SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung) (§§ 201 ff. SGB VII) • dem Personenstandgesetz (§ 20 PStG)

Abb. 15.2 Gesetzliche Übermittlungsbefugnisse und -pflichten. (Deutsches Ärzteblatt, 2014)

Direkt der Krankenkasse teilt der Arzt die Arbeitsunfähigkeit eines Patienten einschließlich der Diagnose (§ 295 SGB V) mit. Indirekt – über das Rezept und die Apotheke – übermittelt er den Namen des Patienten und des verschriebenen Medikaments. Entsprechendes gilt für Heil- und Hilfsmittel wie Brillen, Massagen usw. So werden die eingelösten Rezepte mit der Rechnung des Apothekers, Optikers oder Masseurs entweder direkt oder bei Apotheken über Apothekenrechenzentren an die Krankenkassen geleitet. Liegt weder eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis noch ein besonderer Rechtfertigungsgrund vor, darf eine Datenweitergabe nur mit der Einwilligung des Patienten erfolgen. Die Einwilligungserklärung muss sich auf den konkreten Übermittlungsvorgang beziehen. Für die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen des Privatpatienten an eine privatärztliche Verrechnungsstelle benötigt der Arzt folglich dessen vorherige Einwilligung. Gleiches gilt für die Weitergabe von Patientendaten im Rahmen einer Praxisveräußerung. Der die Praxis veräußernde Arzt kann die Patientenakten dem künftigen Praxisbetreiber in Verwahrung geben, wenn von den früheren Patienten keine Einwilligung zur Übergabe der Patientenunterlagen vorliegt. Ein Grund dafür kann z. B. sein, dass die Adressen der Patienten nicht mehr aktuell sind und diese nicht angeschrieben werden können. Der Praxisnachfolger muss die Patienten-

akten unter Verschluss halten und darf nur mit Einwilligung des Patienten Einblick nehmen (§ 10 Abs. 4 MBO-Ä).

15.1.2 Datenübermittlung aus dem Krankenhaus Bereits im Jahr 1992 wurde im Krankenversicherungsrecht die Vorschrift des § 301 SGB V eingeführt. Zugelassene Krankenhäuser sind verpflichtet, zu jeder Krankenhausbehandlung den Krankenkassen eine Reihe von Angaben ihrer Versicherten in Form elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern mitzuteilen. Die Übermittlung der Daten ist zum einen erforderlich, um eine ordnungsgemäße Abrechnung mit den Krankenhäusern zu gewährleisten. Zum anderen, um die gesetzlichen Aufgaben der Krankenkassen zu erfüllen, z. B. für die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung. Folgende Angaben müssen gemacht werden: 1. Angaben nach § 291 Abs. 2 Nr. 1 bis 10 wie Bezeichnung der Krankenkasse, Name, Geburtsdatum und Anschrift des Versicherten, Krankenversichertennummer und Versichertenstatus des Versicherten 2. krankenhausinterne Kennzeichen des Versicherten

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Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung 3. Institutionskennzeichen des Krankenhauses und der Krankenkasse 4. Tag, Uhrzeit und den Grund der Aufnahme 5. Einweisungs-, Aufnahme- und ggf. nachfolgende Diagnosen 6. voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung, bei Kleinkindern bis zu 1 Jahr das Aufnahmegewicht 7. Arztnummer des einweisenden Arztes bzw. das Institutionskennzeichen des veranlassenden Krankenhauses, bei Notfallaufnahme die die Aufnahme veranlassende Stelle 8. Bezeichnung der aufnehmenden bzw. bei Verlegung die der weiterbehandelnden Fachabteilungen 9. Datum und Art der im jeweiligen Krankenhaus durchgeführten Operationen und sonstigen Prozeduren 10. Tag, Uhrzeit und Grund der Entlassung oder der Verlegung 11. bei externer Verlegung Institutionskennzeichen der aufnehmenden Institution 12. die maßgebliche Hauptdiagnose und die Nebendiagnosen 13. Angaben über die im jeweiligen Krankenhaus durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen 14. Aussagen zur Arbeitsfähigkeit 15. Vorschläge für die Art der weiteren Behandlung mit Angabe geeigneter Einrichtungen 16. berechnete Entgelte nach den §§ 115a und 115b sowie nach dem Krankenhausentgeltgesetz und der Bundespflegesatzverordnung Alle anzugebenden Diagnosen wie Einweisungs-, Aufnahme-, Änderungs-, Haupt- und Nebendiagnosen müssen nach der aktuell gültigen Fassung des ICD verschlüsselt werden, Operationen und sonstige Prozeduren nach der aktuell gültigen Fassung des OPS. Das Wie der Datenübermittlung wird in der Vereinbarung gemäß § 301 Abs. 3 SGB V (Datenübermittlungsvereinbarung) geregelt. Zentrale Punkte dieser Vereinbarung sind die technische Beschreibung der Inhalte und der Aufbau der Datenfelder und Datensätze (§ 3), die Fristen (§ 4), die technische und organisatorische Form der Datenübermittlung (§ 5). Kernstück der Datenübermittlungsvereinbarung sind umfangreiche „Anlagen“. Insgesamt enthält sie zum jetzigen Zeitpunkt 5 Anlagen:

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● ● ● ●

Anlage 1: Nachrichten (Datensätze für die Datenübermittlung), Anlage 2: Schlüsselverzeichnis, Anlage 3: Vordrucke, Anlage 4: technische Anlage, Anlage 5: Durchführungshinweise.

Nachrichtenarten Wird ein Krankenversicherter stationär in ein Krankenhaus aufgenommen, so tauschen das Krankenhaus und die zuständige Krankenkasse im Laufe der Behandlung eine Reihe von Datensätzen aus. In § 3 Datenübermittlungsvereinbarung werden die einzelnen Nachrichtenarten aufgezählt. Das Krankenhaus übermittelt u. a.: ● den Aufnahmesatz: Mit dem Aufnahmesatz teilt das Krankenhaus der Krankenkasse die Aufnahme des Versicherten mit. ● die Verlängerungsanzeige: Diese teilt der Krankenkasse eine Verlängerung der Krankenhausbehandlung eines Versicherten mit. In der Regel ist die Verlängerungsanzeige vor Ablauf der vorausgegangenen Kostenübernahme zu übersenden. In der Verlängerungsanzeige müssen u. a. die behandelnde Fachabteilung und die Aufnahmediagnose oder eine in der Zwischenzeit ggf. festgestellte Nachfolgediagnose angegeben werden. ● die medizinische Begründung: Diese muss das Krankenhaus im Fall einer Verlängerung der Verweildauer auf Verlangen der Krankenkasse übermittelt werden. Die medizinische Begründung kann wahlweise in maschinenlesbarer Form oder auch in Papierformat versendet werden. ● den Rechnungssatz: Damit stellt das Krankenhaus der Krankenkasse die Entgelte nach der Bundespflegesatzverordnung, dem Krankenhausentgeltgesetz und nach § 115 a SGB V in Rechnung. Dabei wird die Entgeltart in Schlüssel angegeben. ● die Entlassungsanzeige: Hiermit meldet das Krankenhaus der Krankenkasse die Entlassung oder externe Verlegung des Versicherten aus der voll- oder teilstationären Behandlung. Ebenso wird eine interne Verlegung zwischen den Entgeltbereichen angezeigt. Die Krankenkasse übermittelt hingegen: den Kostenübernahmesatz: Damit teilt die Krankenkasse dem Krankenhaus die Kostenübernahme, die Bestätigung des Versichertenverhältnisses oder ggf. ihre Ablehnung mit.



15.1 Datentransfer mit der Krankenkasse





Ebenso kann die Krankenkasse eine Befristung der Kostenübernahme vorsehen (soweit in dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vorgesehen). Zudem meldet die Krankenkasse die Zuzahlungstage (max. 28 Tage im Kalenderjahr) bzw. die restlichen Zuzahlungstage an das Krankenhaus. den Anforderungssatz medizinische Begründung: Ist die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung überschritten, kann die Krankenkasse vom Krankenhaus eine medizinische Begründung anfordern. den Zahlungssatz: Hiermit teilt die Krankenkasse dem Krankenhaus mit, ob der in Rechnung gestellte Entgeltbetrag gezahlt wird, ob noch eine Prüfung erfolgt oder aus welchem Grund die Rechnung abgelehnt wird.

Auf Ausführungen zum Rechnungssatz und dem Zahlungssatz Ambulantes Operieren wurde verzichtet.

Zeitabstände der Datenübermittlung Die Zeitpunkte, zu denen die einzelnen Nachrichten an den jeweiligen Kommunikationspartner versandt sein müssen, sind ebenfalls in der Datenübermittlungsvereinbarung in §4 geregelt (▶ Abb. 15.3). Satzart

Fristen nach § 4

Aufnahmesatz Verlängerungsanzeige

spätestens 3 Arbeitstage nach Aufnahme vor Ablauf der vorausgegangenen Kostenübernahme, wenn der Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V dies erfordert.

Medizinische Begründung

(unverzüglich)

Rechnungssatz

in der Regel einmal pro Kalenderwoche

Entlassungsanzeige

innerhalb von 3 Arbeitstagen nach Entlassung oder Verlegung, spätestens mit der Schlussrechnung

Kostenübernahmesatz

spätestens 3 Arbeitstage nach Eingang der Aufnahmeanzeige bzw. der Verlängerungsanzeige

Anforderungssatz (unverzüglich) med. Begründung Zahlungssatz

in der Regel pro Kalenderwoche

15.1.3 Datenübermittlung der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Auch Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen müssen laut des Sozialgesetzbuchs (SGB V) regelmäßig Daten übermitteln. Welche Angaben von den Leistungserbringern erhoben und an die Krankenkassen übermittelt werden müssen, finden sich im Einzelnen im § 301 Abs. 4 SGB V. Die Aufzählung der zu übermittelnden Angaben ist enumerativ. Um den Anforderungen des Gesetzgebers gemäß § 301 Abs. 4 SGB V zu entsprechen, verständigten sich die Leistungserbringer und Kostenträger der Rehabilitation im Bereich Renten- und Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund) auf ein einheitliches Verfahren der Datenübermittlung. Es ist für Leistungsträger und Leistungserbringer gleichermaßen verbindlich und in der sogenannten „Datenübermittlungs-Rahmenvereinbarung“ festgelegt. Bei den Leistungserbringern sind nur die stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zur Teilnahme am Datenaustauschverfahren verpflichtet. Für die ambulanten und mobilen Rehabilitationseinrichtungen ist der Beitritt zur Rahmenvereinbarung freiwillig. Die Rahmenvereinbarung und ihre 7 Anlagen definieren Dateninhalte und bestimmen Geschäftsvorfälle und Zeitpunkte, zu denen Daten zu übermitteln sind. Sie legen das Daten- und Schlüsselverzeichnis fest sowie die technische und organisatorische Form des Datenaustausches. Im Vergleich zur Datenübermittlungsvereinbarung für die Akutkrankenhäuser spricht diese Datenübermittlungs-Rahmenvereinbarung zwei unterschiedliche Kostenträgergruppen an – die Krankenkassen und die Rentenversicherungsträger. Damit kommen Regelungen aus zwei unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern zum Tragen (SGB V und SGB VI). Infolgedessen unterscheidet sich der Umfang der zu liefernden Daten, je nachdem wer Kostenträger ist. Eine Datenübermittlung zwischen Krankenkasse oder Rentenversicherungsträger als Kostenträger und den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ergibt sich bei folgenden Geschäftsvorfällen (▶ Abb. 15.4).

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Abb. 15.3 Fristen der Datenübermittlung. (nach: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V., Berlin 2015)

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Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung

Bewilligung

Vor der Maßnahme

Aufnahmesatz Antrag auf Verlängerung des Aufenthalts/der Kostenzusage (nur DRV) Anzeige einer Verlängerung (nur DRV) die Antwort zum Antrag auf Verlängerung des Aufenthalts/der Kostenzusage (nur DRV)

Kostenträger

Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung

Während der Maßnahme

Absage durch den Kostenträger (nur DRV)

Unterbrechungsanzeige (nur DRV) Entlassmeldung bei endgültiger Entlassung oder externen Verlegung Rechnungssatz zu einer durchgeführten Vorsorge/Rehabilitation

Nach der Maßnahme

med. Entlassungsbericht (nur DRV)

Abb. 15.4 Geschäftsvorfälle.

15.1.4 Datenübermittlung an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Aufgaben und Befugnisse des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) sind in den §§ 275 bis 277 SGB V geregelt. Der MDK wird gutachterlich und beratend nicht auf eigene Initiative tätig, sondern auf Veranlassung der Krankenkassen. In einigen Fällen ist die Einschaltung des MDK obligatorisch (§ 275 Abs. 1 und 2 SGB V), in anderen Fällen können bzw. sollen die Krankenkassen oder ihre Verbände ihn hinzuziehen (§ 275 Abs. 3 und 4 SGB V). Nachdem die Krankenkassen den MDK mit einer gutachterlichen Stellungnahme oder Prüfung beauftragt haben, sind die Leistungserbringer (damit auch Krankenhäuser oder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte) verpflichtet, dem MDK auf Anforderung unmittelbar Sozialdaten (personenbezogene Daten, Unterlagen einschließlich Befundunterlagen, auch von anderen Leistungserbringern) zu senden (§ 276 Abs. 2 SGB V). Die Krankenkassen haben demzufolge keinen Anspruch darauf, die Behandlungsunterlagen bzw. Pflegedokumentation der Versicherten durch eige-

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ne Mitarbeiter einzusehen und auszuwerten. Sie sind darauf angewiesen, dass der MDK tätig wird. Um dem Datenschutz zu genügen, können die angeforderten Behandlungsunterlagen in einem separaten, verschlossenen Umschlag an die Krankenkasse zur Weiterleitung an den MDK mit dem Vermerk „Ärztliche Unterlagen – nur vom MDK zu öffnen“ weitergegeben werden. Maßgeblich ist auch hier, dass nur solche Daten übermittelt werden, die für die Erstellung des Gutachtens nötig sind. Im Zweifel sollte der MDK gefragt werden, welche Daten erforderlich sind. Es sollten nicht ungesehen alle vorhandenen Unterlagen aus der Hand gegeben werden.

15.2 Datentransfer mit der Unfallversicherung Im Falle eines Unfalls sind die gesetzlichen Verpflichtungen zur Auskunftserteilung für Ärzte gegenüber den Berufsgenossenschaften (BGen) in §§ 201 bis 203 SGB VII enthalten. Danach müssen Ärzte Daten über die Behandlung und den Zustand des Versicherten sowie andere personenbezogene Daten, die in diesem Zusammenhang erforderlich sind, an den Unfallver-

15.4 Datentransfer mit der Pflegeversicherung sicherungsträger übermitteln. Und zwar, wenn sie eine Heilbehandlung aufgrund eines Unfalles gemäß § 34 SGB VII durchführen, für den die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen gewährt (§ 201 SGB VII). Nach dieser Vorschrift können Gesundheitsdaten, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, dem Unfallversicherungsträger für den gesetzlich bestimmten Zweck offenbart werden. Die Versicherten müssen über die gesetzliche Auskunftspflicht unterrichtet werden. Auch Ärzte, die nicht an der Heilbehandlung gemäß § 34 SGB VII teilnehmen, müssen den Unfallversicherungsträgern auf Anforderung im Einzelfall Auskunft über die Behandlung, den Zustand sowie über Erkrankungen und frühere Erkrankungen des Verletzten geben. Jedoch nur, wenn dies für die Heilbehandlung und die Erbringung sonstiger Leistungen erforderlich ist (§ 203 SGB VII). Mit diesen beiden Vorschriften wird sichergestellt, dass der zuständige Unfallversicherungsträger alle notwendigen Informationen erhält, um seinen Pflichten nach § 26 Abs. 1 SGB VII nachzukommen. Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf eine Berufskrankheit, muss der Arzt dies dem Unfallversicherungsträger oder der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stelle unverzüglich mitteilen. Auch hier ist der Versicherte über den Inhalt der Anzeige zu unterrichten (§ 202 SGB VII). Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Arzt oder Angehöriger anderer Heilberufe befugt, für ein bestimmtes Forschungsvorhaben personenbezogene Daten den Unfallversicherungsträgern und deren Verbänden zu übermitteln. Die Voraussetzungen sind in § 206 SGB VII geregelt.

15.3 Datentransfer mit der Rentenversicherung Im Recht der Rentenversicherung (SGB VI) gibt es keine gesetzlichen Verpflichtungen des Arztes gegenüber der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zur Auskunftserteilung. Es fehlt an speziellen Regelungen. Sollen Auskünfte auf der Grundlage von § 100 SGB X eingeholt werden, ist eine ausdrückliche Einwilligungserklärung durch den Patienten erforderlich. Allgemein sind der Datenschutz und die Übermittlung von Sozialdaten für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung in den §§ 147 ff. VI geregelt.

15.4 Datentransfer mit der Pflegeversicherung Für welche Zwecke die Pflegekassen personenbezogene Daten erheben dürfen, ist in § 94 Abs. 1 SGB XI abschließend geregelt. Die Vorschrift stimmt insoweit mit § 284 SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung überein. Sollen Daten zu anderen Zwecken verwendet werden, muss dies durch Rechtsvorschriften des SGB angeordnet oder erlaubt sein (§ 94 Abs. 2 SGB XI). Der § 104 SGB XI befasst sich mit der Übermittlung von Leistungsdaten. Danach sind die Leistungserbringer (z. B. ein Pflegedienst) u. a. berechtigt und verpflichtet, ● im Falle der Überprüfung der Notwendigkeit von Pflegehilfsmitteln, ● im Falle eines Prüfverfahrens, soweit die Wirtschaftlichkeit oder die Qualität der Leistungen zu beurteilen sind, ● im Falle des Abschlusses und der Durchführung von Versorgungsverträgen, Pflegesatzvereinbarungen, Vergütungsvereinbarungen sowie Verträgen zur integrierten Versorgung, ● im Falle der Abrechnung pflegerischer Leistungen, die erforderlichen Angaben aufzuzeichnen und den Pflegekassen zu übermitteln. So sind die an der Pflegeversorgung teilnehmenden Leistungserbringer verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen die von ihnen erbrachten Leistungen nach Art, Menge und Preis einschließlich des Tages und der Zeit der Leistungserbringung maschinenlesbar aufzuzeichnen. Zudem müssen sie ihr Kennzeichen sowie die Versichertennummer des Pflegebedürftigen angeben und bei der Abrechnung über die Abgabe von Hilfsmitteln die Bezeichnungen des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 78 SGB XI verwenden. Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen sowie Einzelheiten des Datenträgeraustausches werden vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen im Einvernehmen mit den Verbänden der Leistungserbringer festgelegt (§ 105 SGB XI). Eine solche Abrechnungsunterlage ist z. B. der sogenannte Leistungsnachweis eines Pflegedienstes. In ihm werden die durchgeführten Leistungen des Pflegedienstes täglich eingetragen, von der Pflegekraft abgezeichnet und durch den Pflegebedürftigen bzw. einer von ihm beauftragten Person zeitnah bestätigt. Zu einer Übermittlung von Daten, die für die Leistungsabrechnung nicht notwendig sind, z. B. von

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Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung medizinischen Daten des Pflegebedürftigen, ist der Pflegedienst weder verpflichtet noch befugt. Anders zu bewerten ist eine Übermittlung der Pflegedokumentation an den MDK. Der MDK darf personenbezogene Daten für Zwecke der Pflegeversicherung erheben, verarbeiten und nutzen, soweit diese für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen erforderlich sind (§ 97 Abs. 1 SGB XI). Beispiele hierfür sind die Feststellung der Pflegebedürftigkeit oder der Notwendigkeit der Versorgung mit Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen. Der MDK soll, soweit die Einwilligung des Versicherten vorliegt, die behandelnden Ärzte in die Begutachtung einbeziehen und ärztliche Auskünfte und Unterlagen einholen (§ 18 Abs. 4 SGB V). Zu diesem Zweck ist der Arzt gesetzlich verpflichtet, dem MDK die für die Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu geben (§ 18 Abs. 5 SGB XI). Die konkreten Aufgaben des MDK, für die eine Verarbeitung von Sozialdaten erforderlich ist, ergeben sich aus § 276 Abs. 6 SGB V sowie aus §§ 18, 40, 112, 113, 114, 114a, 115 und 117 SGB XI.

15.5 Fragen und Aufgaben 1. Nennen Sie Gründe für eine Datenübermittlung. 2. Stellen Sie den Informationsaustausch in der ambulanten Versorgung mithilfe eines Schaubildes dar. 3. Der weiter fortschreitende Wechsel von der papiergestützten Kommunikation zur Verwendung von Datenträgern und auch der Datenfernübertragung birgt Vor- und Nachteile. Diskutieren Sie über das Für und Wider mit Beispielen aus Ihrer betrieblichen Praxis.

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4. Welcher Paragraf verpflichtet Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zur Übermittlung von Daten an die Krankenkassen? 5. Welche Angaben sind bei der Übermittlung an die Krankenkassen verpflichtend für die zugelassenen Krankenhäuser? 6. Welche Nachrichtenarten sind ggf. vom Krankenhaus während eines stationären Aufenthalts an die Krankenkasse zu übermitteln? 7. Erläutern Sie den Patientendurchlauf in Kurzform aus Sicht der Verwaltung mit den dazugehörigen Nachrichtenarten/Datensätzen. 8. Welche zeitliche Reihenfolge der Datenübermittlung ist bei den Nachrichtenarten zu beachten? 9. Eine Unfallkasse fordert bei einem Krankenhaus Krankenblätter einer Patientin an. In dem Schreiben der Unfallkasse an das Krankenhaus heißt es unter anderem: „Sehr geehrter Herr Doktor, bitte übersenden Sie mir die Krankenblätter im Original in der o. g. Unfallsache zur Einsichtnahme.“ Ihr Kollege hat Zweifel, ob er die Daten auf dieser Grundlage an den gesetzlichen Unfallversicherungsträger übermitteln darf, und bittet Sie um Rat. Auf welche Bestimmungen des SGB können Sie ihren Kollegen für die von der Unfallkasse erbetene Datenübermittlung hinweisen? 10. Welche Diagnosen sind gemäß SGB V von den Krankenhäusern an die Kassen zu übermitteln? Welche Ordnungssysteme werden hierfür verwendet? 11. Ist der Pflegedienst im Rahmen der Leistungsabrechnung mit der Pflegekasse verpflichtet, medizinische Daten des Pflegebedürftigen zu übermitteln?

Teil VI Dienstleistungen abrechnen

16 Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung 185 17 Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

211

18 Pflegegrade

250

19 Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen 275

VI

20 Selbstverwaltungsorgane

294

21 Altersstruktur der Bevölkerung

314

22 Wachsende Eigenverantwortung/Eigenleistung der Versicherten

318

23 Sozialbudget und Sozialleistungsquote

321

Foto: Eisenhans, Fotolia.com

Kapitel 16 Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

16.1

Entgeltsystem nach der Bundespflegesatzverordnung 1995 185

16.2

Entgelte im G-DRG-System

186

16.3

Entgeltsystem Psychiatrie/ Psychosomatik

196

16.4

Integrierte Versorgung

202

16.5

Fragen und Aufgaben

204

16.1 Entgeltsystem nach der Bundespflegesatzverordnung 1995

16 Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung 16.1 Entgeltsystem nach der Bundespflegesatzverordnung 1995 Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) änderte sich das Gesundheitswesen grundlegend. Der Krankenhausbereich galt als Hauptverursacher der vorangegangenen Kostenexplosion und es wurden Wege gesucht, Kosten zu senken. Schwerpunkte der Verordnung lagen in der Aufhebung des Selbstkostendeckungsprinzips im Krankenhaus und der

Pauschalierte Entgelte

Einführung eines neuen Entgeltsystems durch die Bundespflegesatzverordnung (BPflV). Gesundheitsleistungen wurden nun vergütet (▶ Abb. 16.1) über pauschalisierte Entgelte und ein krankenhausindividuelles Restbudget, bestehend aus Pflegesätzen für einzelne Abteilungen (Abteilungspflegesätze) und Basispflegesätze. Zusätzlich hatte das Krankenhaus noch die Möglichkeit, weitere Entgelte einzunehmen, beispielsweise Vergütungen für vor- und nachstationäre Behandlungen und für ambulantes Operieren. Das Gesamtbild zeigt ▶ Abb. 16.2.

Krankenhausindividuelles Budget

Fallpauschalen

Sonderentgelte

Abteilungspflegesätze

Basispflegesatz

Vergütung aller Leistungen eines spezifischen Behandlungsfalls

Vergütung eines Teils der Leistungen eines bestimmten Behandlungsfalls

Vergütung der ärztlichen und pflegerischen Leistungen einer Abteilung

Vergütung der nichtärztlichen und nichtpflegerischen veranlassten Leistungen

Abb. 16.1 Vergütungsformen für allgemeine Krankenhausleistungen. (nach Straub, 1997)

Krankenhausvergütung

vor- und nachstationäre Leistung

teilstationäre Leistung

Fallpauschale (FP)

stationäre Leistung

ambulantes Operieren

Sonderentgelt (SE)

Abteilungspflegesatz 100 %

+

16

Abteilungspflegesatz 80 %

+ Basispflegesatz

Abb. 16.2 Entgeltsystem nach der BPflV’95.

85

186

… … … … 4,9 M F66B

Koronararteriosklerose ohne äußerst schweren CC

0,550





… … … 0,322 14,0 … M F66A

Koronararteriosklerose mit äußerst schweren CC

1,658

6,0 M F65B

Periphere Gefäßkrankheiten ohne komplexe Diagnose oder ohne äußerst schwere CC

0,712



4

… 0,081 14 0,403

26 0,401 3 13,3 … 1,642 Periphere Gefäßkrankheiten mit komplexer Diagnose und äußerst schweren CC M F65A

4 3 2 1

MDC 05 Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems

1

0,084



11 10 9 8 7 6

Bewertungsrelation/Tag 1. Tag zus. Entgelt 1. Tag mit Abschlag

Bewertungsrelation/Tag

Obere Grenzverweildauer Untere Grenzverweildauer Mittlere Verweildauer … Bewertungsrelation bei Hauptabteilung Bezeichnung Partition DRG

16

Tab. 16.1 Auszug aus dem Fallpauschalen-Katalog gem. § 1 Abs. 1 S. 1 FPV 2016, Anlage 1, Teil a) Bewertungsrelationen bei Versorgung durch Hauptabteilung.

Die Abrechnungsbestimmungen für das DRG-Vergütungssystem wurden erstmalig für das Jahr 2003 entwickelt und mit der „Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser“ verbindlich vorgegeben. Die Vereinbarung ist in 4 Abschnitte gegliedert und hat u. a. den DRG-Fallpauschalen-Katalog sowie den Katalog der nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergüteten Leistungen als Anlagen. Der DRG-Fallpauschalen-Katalog ist unterteilt in einen Teil a bei Versorgung durch Hauptabteilungen, einen Teil b bei Versorgung durch Belegabteilungen sowie in einen Teil c bei teilstationärer Versorgung. ▶ Tab. 16.1 zeigt einen Auszug aus dem DRGFallpauschalen-Katalog 2016. Jährlich werden die aktuellen Änderungen des DRG-Systems vom InEK GmbH (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) bekannt gegeben. Für das Jahr 2016 wurden folgende Dokumente beschlossen und sind auf der Homepage des InEK (www.g-drg.de) und der DKG (www.dkgev.de) frei verfügbar. ● Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2016 (Anrechnungsbestimmungen) ○ Fallpauschalen-Katalog (Anlage 1) – Teil a) Hauptabteilungen – Teil b) Belegabteilungen – Teil c) teilstationäre Versorgung ○ Zusatzentgelte-Katalog – Liste – (Anlage 2) ○ nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergütete vollstationäre Leistungen (Anlage 3a) ○ nicht mit dem Fallpauschalen-Katalog vergütete teilstationäre Leistungen (Anlage 3b) ○ Zusatzentgelte-Katalog – Liste – (Anlage 4) ○ Zusatzentgelte-Katalog – Definition und differenzierte Beträge – (Anlage 5) ○ Zusatzentgelte-Katalog-Definition (Anlage 6) ○ Zusatzentgelte-Katalog - Blutgerinnungsstörungen – (Anlage 7) ● Deutsche Kodierrichtlinien (DKR) 2016



16.2 Entgelte im G-DRG-System



Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

16.2 Entgelte im G-DRG-System

16.2.1 Zu- und Abschläge Obere Grenzverweildauer Wie in Kap. 13.5.5 beschrieben, ergibt sich aus der Multiplikation von Relativgewicht und Basisfallwert der Preis für den Behandlungsfall. Allerdings gibt es Fälle, die zwar aufgrund von Diagnosen und Prozeduren einer bestimmten DRG zugeordnet werden können, jedoch mehr Kosten verursachen und/oder länger hospitalisiert sind, als für die zugeordnete DRG erwartet wird. Um solche Fälle nicht mit ungerechtfertigt niedrigen Vergütungen abzugelten, wurde für die

meisten DRG-Fallpauschalen eine „Obere Grenzverweildauer“ (OGVD) definiert. Ist die Verweildauer des Patienten länger als die OGVD, erhält das Krankenhaus neben dem pauschalen Preis für den im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesenen Tag (Spalte 9) und jeden weiteren Belegungstag DRGbezogene Tagessätze hinzugerechnet. Die Höhe ist im Fallpauschalen-Katalog vorgegeben (Spalte 10). Zu den Belegungstagen zählen der Aufnahmetag zur voll- oder teilstationären Behandlung sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts. Verlegungs- oder Entlassungstag werden nicht mitgezählt (siehe Fall Obere Grenzverweildauer).

X

Fall Obere Grenzverweildauer Den folgenden Aufgaben liegt die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung 2016 – FPV 2016) zugrunde. Ein Patient wird am 09.01.2016 zu einer vollstationären Krankenhausbehandlung in eine Klinik aufgenommen. Der Entlasstag fällt auf den 20.01.2016. Es wird die DRG F56B (Perkutane Koronarangioplastie mit hochkomplexer Intervention) groupiert. Der vorliegende Fall hat eine OGVD von 9 Tagen. Der derzeit gültige Landesbasisfallwert beträgt 3 300 € (hypothetischer Wert). Geben Sie den Preis für den Behandlungsfall an (▶ Tab. 16.2, ▶ Tab. 16.3). 1. Berechnung der zusätzlich anrechenbaren Belegungstage: Belegungstage insgesamt + 1 11 Tage + 1 – erster Tag mit zusätzlichem Entgelt bei OGVD (Spalte 9) 9 Tage = zusätzlich abrechenbare Belegungstage 3 Tage Es liegt eine Überschreitung der OGVD von 3 Tagen vor. 2. Preis für den Behandlungsfall bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer (sonstige Zuschläge bleiben unberücksichtigt): ▶ Tab. 16.3.

Tab. 16.2 Berechnung der Verweildauer bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer (OGVD). Datum

Belegungstage

09.01. (Aufnahme)

1

10.01.

2

Abrechnung

… 16.01.

8

F56B

17.01.

9

Entgelt ab OGVD

18.01.

10

Entgelt ab OGVD

19.01.

11

Entgelt ab OGVD

20.01. (Entlassung) Tab. 16.3 Preis für den Behandlungsfall bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer (OGVD). DRG

Relativgewicht

Basisfallwert (hypothetisch)

Preis für den Behandlungsfall

F56B

1,224 (Spalte 4)

3 300 €

4 039,20 €

Zuschlag 3 Tage

0,085 (Spalte 10)

3 300 €

841,50 €

Preis für den Behandlungsfall

16

4 880,70 €

87

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

Untere Grenzverweildauer Ebenso wird für die meisten DRG-Fallpauschalen eine „Untere Grenzverweildauer“ (UGVD) angegeben. Ist die Verweildauer kürzer als die untere Grenzverweildauer, wird ein Abschlag von der Fallpauschale vorgenommen. Der Abschlag wird in folgenden 2 Rechenschritten ermittelt (siehe Fall Untere Grenzverweildauer):

1. Berechnung der Zahl der Abschlagtage bei Unterschreitung der UGVD: Erster Tag mit Abschlag bei UGVD (Spalte 7) + 1 – Belegungstage insgesamt = Zahl der Abschlagstage 2. Berechnung des Abschlags (gesamt): [Relativgewicht/Tag (Spalte 8) × Basisfallwert] × Zahl der Abschlagstage = Abschlag (gesamt)

X

Fall Untere Grenzverweildauer Ein Patient wird am 25.01.2016 in das Kreiskrankenhaus A aufgenommen. Bereits einen Tag später wird er wieder regulär entlassen (DRG F59D: Mäßig komplexe Gefäßeingriffe, ohne aufwendigen oder bestimmten komplexen Eingriff). Der derzeit gültige Landesbasisfallwert beträgt 3 300 € (hypothetischer Wert). Geben Sie den Preis für den Behandlungsfall an (▶ Tab. 16.4, ▶ Tab. 16.5).

Es liegt eine Unterschreitung der UGVD von 1 Tag vor. 2. Preis für den Behandlungsfall (sonstige Zuschläge bleiben unberücksichtigt): Tab. 16.5 Preis für den Behandlungsfall bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer (UGVD). DRG

Relativgewicht

Basisfallwert (hypothetisch)

Preis für den Behandlungsfall

F59D

0,949 (Spalte 4)

3 300 €

3 131,70 €

Abschlag 1 Tag

0,339 (Spalte 8)

3 300 €

1118,70 €

Tab. 16.4 Berechnung der Verweildauer bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer (UGVD). Datum

Belegungstage

25.01. (Aufnahme)

1

26.01. (Entlassung)

Abrechnung

DRG F59D

1. Berechnung der Zahl der Abschlagtage bei Unterschreitung der UGVD: Erster Tag mit Abschlag bei UGVD (Spalte 7) + 1 1 Tag + 1 – Belegungstage insgesamt 1 Tag = Zahl der Abschlagstage 1 Tag

16.2.2 Verlegung Auch im Fall der Verlegung in ein anderes Krankenhaus wird bei Unterschreitung der im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesenen mittleren Verweildauer (VD) (Spalte 6) die Fallpauschale für jeden

16

188

Preis für den Behandlungsfall

2013,00 €

fehlenden Tag um einen bestimmten Betrag gekürzt (siehe auch Fall: Verlegung). Dies betrifft sowohl die DRG-Fallpauschale des verlegenden als auch des aufnehmenden Krankenhauses. Der Kürzungsbetrag ist für jede DRG vorgegeben (Spalte 11).

16.2 Entgelte im G-DRG-System

X

Fall Verlegung Ein Patient wird nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Krankenhaus A vom 20.01.2016 bis 23.01.2016 in das Krankenhaus B verlegt. Die Auswertung dieses Falls mit einem aktuellen G-DRG-Grouper führt zu der DRG F24B (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention). Der derzeit gültige Landesbasisfallwert beträgt 3 300 € (hypothetischer Wert). Prüfen Sie, ob das abgebende Krankenhaus mit Abschlägen rechnen muss, und begründen Sie Ihre Meinung. Geben Sie den Preis für den Behandlungsfall an (▶ Tab. 16.6, ▶ Tab. 16.7). Tab. 16.6 Berechnung der Verweildauer bei Verlegung in ein anderes Krankenhaus. Datum

Belegungstage

20.01. (Aufnahme)

1

21.01.

2

22.01

3

23.01. (Verlegung)

1. Berechnung der Zahl der Abschlagtage bei Verlegung: Mittlere Verweildauer (Spalte 6) 6 Tage – Belegungstage insgesamt 3 Tage = Zahl der Abschlagstage 3 Tage Es muss ein Verlegungsabschlag vom verlegenden Krankenhaus vorgenommen werden, weil die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer unterschritten wurde. 2. Preis für den Behandlungsfall (sonstige Zuschläge bleiben unberücksichtigt): Tab. 16.7 Preis für den Behandlungsfall bei Verlegung in ein anderes Krankenhaus. DRG

Relativgewicht

Basisfallwert (hypothetisch)

Preis für den Behandlungsfall

F24B

1,711 (Spalte 4)

3 300 €

5 646,30 €

Abschlag 3 Tage

0,124 (Spalte 11)

3 300 €

1227,60 €

Abrechnung

DRG F24B

Als Verlegungspauschale gekennzeichnete Fallpauschalen allerdings werden bei Unterschreitung der mittleren VD nicht gekürzt (Spalte 12). Wird jedoch in einem verlegenden Krankenhaus die UGVD nicht erreicht, so ist an der Verlegungsfallpauschale ein Abschlag wegen Nichterreichen der UGVD vorzunehmen. Die Verlegung innerhalb von 24 Stunden nach Aufnahme ist eine Ausnahme. Wird ein Patient innerhalb von 24 Stunden in ein anderes Krankenhaus verlegt, so wird der Fall im aufnehmenden Krankenhaus als Erstaufnahme behandelt, d. h., das aufnehmende Krankenhaus muss keinen Verlegungsabschlag vornehmen. Teil b) der Anlage 1 des Fallpauschalen-Katalogs enthält gesonderte DRG-Fallpauschalen für Patienten der Belegabteilung. Wird ein Patient sowohl in der Haupt- als auch in der Belegabteilung behandelt, ist die DRG-Fallpauschale für die Abteilung mit der höheren Zahl von Belegungstagen anzu-

Preis für den Behandlungsfall

4 418,70 €

rechnen. Bei gleicher Zahl von Belegungstagen in Haupt- und Belegabteilung wird die DRG-Fallpauschale für die Hauptabteilung in Rechnung gestellt.

16.2.3 Entgelte für vor- und nachstationäre Behandlungen Gemäß § 115a SGB V berechnet ein Krankenhaus Entgelte für vor- und nachstationäre Behandlungen. Allerdings ist eine vorstationäre Behandlung neben einer Fallpauschale nicht gesondert abrechnungsfähig. Hingegen kann eine nachstationäre Behandlung zusätzlich zur Fallpauschale berechnet werden, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die OGVD der Fallpauschale übersteigt (siehe Fall: Vor- und nachstationäre Behandlung).

16

89

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

X

Fall Vor- und nachstationäre Behandlung

Tab. 16.8 Fortsetzung

Ein Patient wird am 02.01. und 04.01.2016 zu einer vorstationären Behandlung einbestellt. Am 06.01.2016 wird er zu einer vollstationären Krankenhausbehandlung in die HNO aufgenommen. Der Entlasstag fällt auf den 20.01.2016. Es wird die DRG D 05A (Komplexe Parotidektomie) groupiert. Zur Sicherung der Behandlung erfolgen am 22.01. und 24.01.2016 nachstationäre Leistungen. Der derzeit gültige Landesbasisfallwert beträgt 3 300 € (hypothetischer Wert). Kann die nachstationäre Behandlung neben der DRG abgerechnet werden (▶ Tab. 16.8)?

Behandlungstage

Belegungstage

02.01. (vorstationäre Behandlung)

1

04.01. (vorstationäre Behandlung)

2

06.01. (Aufnahme)

3

1

07.01.

4

2

Abrechnung

17.01.

14

12

Entgelt ab OGVD

18.01.

15

13

Entgelt ab OGVD

19.01

16

14

Entgelt ab OGVD

22.01. (nachstationäre Behandlung)

17

nachstationäre Pauschale

18

nachstationäre Pauschale

23.01. 24.01. (nachstationäre Behandlung)

Die Summe aus vor- und nachstationären Behandlungstagen und den Belegungstagen überschreitet die OGVD der DRG. Es sind nachstationäre Pauschalen abzurechnen.

14.01.

11

9

15.01.

12

10

Entgelt ab OGVD

D 05A

16.01.

13

11

Entgelt ab OGVD

16.2.4 Wiederaufnahme Im Fall einer Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus können mehrere Krankenhausaufenthalte zusammengefasst und als Gesamtfall mit einer DRG abgerechnet werden. Dies ist möglich, wenn die Aufenthalte innerhalb der oberen Grenzverweildauer oder der 30-Kalendertage-Frist liegen. Zur Zusammenfassung werden die Verweildauern, Diagnosen und Prozeduren der einzelnen stationären Aufenthalte herangezogen und es findet eine Neueinstufung in eine DRG-Fallpauschale statt. Zu unterscheiden sind folgende Wiederaufnahmeregelungen:

190

Belegungstage

21.01.

Abrechnung



16

Behandlungstage

20.01. (Entlassung)

Tab. 16.8 Berechnung der Verweildauer bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer (OGVD) mit vor- und nachstationärer Behandlung. Datum

Datum

1. Berechnung der zusätzlich anrechenbaren Belegungstage: Belegungstage insgesamt + 1 14 Tage + 1 – erster Tag mit zusätzlichem Entgelt bei OGVD (Spalte 9) 10 Tage = zusätzlich abrechenbare Belegungstage 5 Tage Es liegt eine Überschreitung der OGVD von 5 Tagen vor.







Wiederaufnahme innerhalb der oberen Grenzverweildauer bei Einstufung in dieselbe BasisDRG, Wiederaufnahme innerhalb von 30 Kalendertagen und Eingruppierung der anschließenden Fallpauschale in dieselbe Hauptdiagnosegruppe (MDC), Wiederaufnahme wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer.

16.2 Entgelte im G-DRG-System ▶ Abb. 16.3 zeigt die Abfrage, mit der geprüft wird, ob eine Fallzusammenführung vorliegt. Soweit einer der zusammenzufassenden Krankenhausaufenthalte bereits abgerechnet wurde, ist

dieser Fall zu stornieren (siehe Fall: Wiederaufnahme).

Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus

nein

nein

Wiederaufnahme innerhalb der OGVD wegen einer Komplikation im Verantwortungsbereich des KH

innerhalb von 30 Kalendertagen

ja

ja

ja

ne in

ja

nein

dieselbe Basis-DRG

gleiche MDC

nein

ja

unmittelbare Abfolge

ja

erste DRG aus Partition M oder A ja

zweite DRG aus Partition O ja

nein

Kennzeichnung im DRG-Katalog (für einen der Aufenthalte) (Spalte 13) nein

nein

nein

ja

unvermeidbare Nebenwirkung von Chemo- und Strahlentherapie nein

innerhalb der OGVD

neuer Fall

ja

Zusammenfassung und DRG-Neueinstufung

Abb. 16.3 Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme. (Tuschen, 2010)

16

91

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

X

Fall Wiederaufnahme Eine Patientin wurde stationär am 07.02.2016 in ein Krankenhaus aufgenommen und am 08.02.2016 regulär entlassen. Die Gruppierung führt zu DRG G72B (andere leichte bis moderate Erkrankungen der Verdauungsorgane). Der derzeit gültige Landesbasisfallwert beträgt 3 300 € (hypothetischer Wert). Am 13.02.2016 wird die Patientin wieder in dasselbe Krankenhaus stationär aufgenommen und verlässt das Krankenhaus am 17.02.2016. Die DRG-Gruppierung des 2. Aufenthalts führt zur G23B (Appendektomie oder laparoskopische Adhäsiolyse außer bei Peritonitis, ohne äußerst schwere oder schwere CC). Prüfen Sie, ob eine Fallzusammenführung vorgenommen werden kann. Geben Sie den Preis für den Behandlungsfall an (▶ Tab. 16.9, ▶ Tab. 16.10). Tab. 16.9 Berechnung der Verweildauer bei Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus. Datum

Belegungstage

07.02 (Aufnahme)

1

Kalendertage

G72B

… 13.02. (Wiederaufnahme)

2

7

… 16.02. 17.02. (Entlassung)

16

192

5

10 11

2. Preis für den Behandlungsfall (sonstige Zuschläge bleiben unberücksichtigt) Tab. 16.10 Preis für den Behandlungsfall bei Fallzusammenführung wegen der Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus. DRG

Relativgewicht

Basisfallwert (hypothetisch)

Preis für den Behandlungsfall

G23B

0,886 (Spalte 4)

3 300 €

2923,80 €

Abrechnung

1

08.02. (Entlassung)

1. Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme Eine Fallzusammenführung muss vorgenommen werden, da der Patient innerhalb der 30-Tage-Frist ab Aufnahmedatum des 1. Falls in dieselbe Hauptdiagnosegruppe (MDC) aufgenommen wurde. Weitere Voraussetzung ist der Partitionswechsel innerhalb der MDC („medizinische Partition“ und danach in die „operative Partition“). Falls der erste Fall bereits abgerechnet wurde, ist diese Abrechnung zu stornieren. Es findet eine Neueinstufung in die DRG G23B statt.

G23B und Fallstorno 1. Aufenthalt

Preis für den Behandlungsfall

2923,80 €

16.2 Entgelte im G-DRG-System

16.2.5 Rückverlegungen Auch bei Rückverlegungen werden die Klinikaufenthalte zusammengefasst und neu eingestuft. Eine Rückverlegung liegt vor, wenn ein Patient aus einem Krankenhaus in ein anderes Krankenhaus verlegt wird und innerhalb der Prüffrist von 30 Kalendertagen ab dem Entlassdatum des ersten Aufenthalts in dasselbe Krankenhaus zurückverlegt wird (▶ Abb. 16.4). Es wird lediglich eine Rechnung erstellt. Wurde einer der zusammenzufassenden Krankenhausaufenthalte bereits abgerechnet, ist dieser Fall zu stornieren. Es liegt selbst dann eine Rückverlegung vor, wenn ein Patient aus einem Krankenhaus A in weitere Krankenhäuser (hier Krankenhaus B und C) und innerhalb der Prüffrist von 30 Kalendertagen ab dem Entlassdatum des 1. Aufenthalts wieder in das Krankenhaus A zurückverlegt wird (▶ Abb. 16.5). Ergänzt wird die Rückverlegungsregel seit dem Jahr 2005 um die Einführung einer sogenannten „kombinierten Fallzusammenführung“. Danach sind Krankenhausaufenthalte zusammenzuführen und neu einzustufen, wenn bei Erfüllung der jeweiligen Kriterien sowohl eine Rückverlegung als

30 Kalendertage ab Entlassungsdatum KH A

KH B

KH A

1. Aufenthalt

2. Aufenthalt Rückverlegung

Abb. 16.4 Beispiel 1 zur Rückverlegung. (Steiner, 2004)

30 Kalendertage ab Entlassungsdatum KH A 1. Aufenthalt

KH B

KH C

Abb. 16.5 Beispiel 2 zur Rückverlegung. (Steiner, 2004)

auch eine Wiederaufnahme vorliegt (siehe Fall: Kombinierte Fallzusammenführung). Es ist eine chronologische Prüfung vorzunehmen und die Prüffrist des 1. Falls, der die Fallzusammenführung auslöst, ist zu beachten.

X

Fall Kombinierte Fallzusammenführung Alle drei Aufenthalte werden zusammengefasst, da sowohl eine Wiederaufnahme (1. und 2. Aufenthalt) als auch eine Rückverlegung (3. Aufenthalt) innerhalb der Prüffrist der Wiederaufnahme vorliegt. Prüffrist ist immer die des 1. Falls, der die Fallzusammenführung auslöst (▶ Abb. 16.6).

KH A

2. Aufenthalt Rückverlegung

Prüffrist: obere Grenzverweildauer (§ 2 Abs. 1 oder 3) KH A

KH A

1. Aufenthalt

2. Aufenthalt Wiederaufnahme

KH B

KH A 3. Aufenthalt Rückverlegung

Abb. 16.6 Kombinierte Fallzusammenführung (Hinweise zur Erläuterung der Regelung nach § 3 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 FPV 2016 „Kombinierte Fallzusammenführungen“).

16.2.6 Zusatzentgelte Zusatzentgelte können für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbart werden, soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng begrenzten Ausnahmefällen erforderlich ist. Dies gilt auch für die Höhe der Entgelte (§ 17b Abs. 1 KHG). 2016 sind insgesamt 179 Zusatzentgelte aufgeführt – 9 mehr als im Jahr 2015. Teilweise erheblich, etwa nach Dosis, differenziert. In ver-

schiedenen Anlagen des Fallpauschalenkatalogs werden die Zusatzentgelte ausgewiesen. Die Anlagen 2 und 5 des Fallpauschalenkatalogs 2016 enthalten die Liste der bundeseinheitlich bepreisten Zusatzentgelte (ZE01 bis ZE159) sowie Mengen-/ Dosisstaffelungen bestimmter Zusatzentgelte. Mit Anlage 4 und 6 des Fallpauschalenkatalogs werden Leistungen benannt, für die krankenhausindividuelle Zusatzentgelte zu vereinbaren sind sowie die OPS-Kodes je Zusatzentgelt (Anlage 6). Es handelt

16

93

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung sich um Leistungen, die mangels aussagekräftiger Kalkulationsdaten nicht bundeseinheitlich bewertet werden können (ZE2016–01 bis ZE2016–119, Anlage 4). Grundsätzlich dürfen ein oder mehrere Zusatzentgelte neben einer DRG-Fallpauschale abgerechnet werden. Eine gesonderte Berechnung ist auch bei den krankenhausindividuell vereinbarten Entgelten möglich.

16.2.7 Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) Viele neue diagnostische Maßnahmen, Therapien und Arzneimittel sind noch nicht mit den DRGFallpauschalen oder bundeseinheitlich festgelegten Zusatzentgelten abgebildet. Um die „Innovationslücke“ zu schließen, gibt § 6 Abs. 2 KHEntgG die Möglichkeit, zeitlich befristete krankenhausindividuelle Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) zu vereinbaren; so genannte NUB-Entgelte. Bedingung ist, dass die Innovationen nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen sind. Beispiele für NUB sind spezielle Stents mit einer bioaktiven Oberfläche für die peripheren Gefäße oder teure Krebsmedikamente. Krankenhäuser müssen die NUB jedes Jahr fristgerecht bis zum 31. Oktober beim Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beantragen. Das Institut prüft, ob die in den Anträgen ausgewiesenen Methoden/Leistungen im bestehenden DRG-System ausreichend abgebildet sind. Ist dies nicht der Fall, verleiht das InEK einer Innovation den NUB-Status 1. Eine sachgerechte Integration in das G-DRG-System ist frühestens ab dem Folgejahr möglich. Folglich können die Vertragspartner vor Ort ein Entgelt für die neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden krankenhausspezifisch aushandeln. Die Entgelte haben eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr und gelten nur für das beantragende Krankenhaus. Oft gelangt eine NUB-Leistung nach wenigen Jahren in die flächendeckende Vergütung, indem sie entweder in das DRG-System eingefügt oder für sie ein Zusatzentgelt definiert wird.

16

194

16.2.8 Sonstige Zuschläge (Auswahl) Neben den Fallpauschalen berechnet das Krankenhaus verschiedene Zuschläge, wie z. B.: ▶ DRG-Systemzuschlag. Zur Finanzierung der Entwicklung und Pflege des in Deutschland eingeführten pauschalierten Entgeltsystems wird ein DRG-Systemzuschlag je voll- und teilstationärem Krankenhausfall berechnet (§ 17b Abs. 5 KHG). Hierbei handelt es sich um einen reinen Durchlaufposten. Mit dem Betrag werden die laufenden Ausgaben der InEK GmbH (Zuschlagsanteil „InEK“) finanziert sowie die anfallenden Kosten der Krankenhäuser für die Beteiligung an der Kalkulation (Zuschlagsanteil „Kalkulation“). ▶ Zuschlag zur Qualitätssicherung. Bei der Abrechnung von DRG-Fallpauschalen wird ein Qualitätssicherungszuschlag dem Kostenträger in Rechnung gestellt. ▶ Zuschlag G-BA. Seit dem 1.4.2004 wird ein Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen zusätzlich für jeden abgerechneten voll- und teilstationären Krankenhausfall in Rechnung gestellt. Gleichfalls über diesen Zuschlag wird seit 2015 das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen finanziert. Dieser Zuschlag wird vom Krankenhaus gesondert in der Rechnung ausgewiesen (§ 91 Abs. 3 bzw. § 137a Abs. 8 SGB V i. V. m. § 139c SGB V). ▶ Ausbildungskostenzuschlag. Zur Finanzierung von Ausbildungsstätten und Ausbildungsvergütungen berechnet das Krankenhaus den jeweiligen Kostenträgern einen Zuschlag je voll- und teilstationärem Fall (§ 17a Abs. 1 KHG). Die Höhe dieser Zuschläge wird auf Ebene des Bundeslandes vereinbart. ▶ Zuschlag Mitaufnahme Begleitperson/Pflegekraft. Den allgemeinen Krankenhausleistungen wird auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Patienten zugeordnet. Über die medizinische Notwendigkeit entscheidet der Krankenhausarzt. Er zeichnet diese Notwendigkeit in den Krankenunterlagen auf. Medizinische Gründe können für

16.2 Entgelte im G-DRG-System die Mitaufnahme einer Begleitperson anerkannt werden, wenn der Erfolg des Behandlungsziels von der Anwesenheit der Begleitperson abhängt. Folgende Kriterien können die Aufnahme einer Begleitperson notwendig machen: ● Bindungsverlust und psychische Beeinträchtigung von Kindern ● Kommunikationseinschränkungen des Patienten ● Anleitung und Einübung der Begleitperson in diagnostische und/oder therapeutische bzw. pflegerische Maßnahmen zur Sicherung des Behandlungserfolges Der Zuschlag für die medizinisch notwendige Aufnahme einer Begleitperson wird in Höhe von 45,00 € je Belegungstag abgerechnet. Er schließt Kosten für Unterkunft und Verpflegung ein. Entlassungsund Verlegungstag werden nicht berechnet, falls diese nicht zugleich Aufnahmetage sind. Auch die Mitaufnahme einer Pflegekraft, soweit Versicherte ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besonde-

re Pflegekräfte sicherstellen, fällt unter oben genannten Zuschlag (§ 66 Abs. 4 Satz 2 SGB XII, i. V. m. § 11 Abs. 3 SGB V). Sind die Unterbringung und Verpflegung einer Begleitperson nicht medizinisch begründet, spricht man von Wahlleistungen.

16.2.9 Zuzahlungen Der Patient zahlt für jeden Kalendertag vom Beginn des vollstationären Krankenhausaufenthalts an eine Zuzahlung als Eigenbeteiligung. Dieser Betrag wird an die entsprechende Mitgliedskasse des Patienten abgeführt. Bei Verlegung muss die Zuzahlung für den Verlegungstag von der aufnehmenden Einrichtung erhoben werden. Vor Vollendung des 18. Lebensjahrs muss keine Zuzahlung geleistet werden. ▶ Abb. 16.7 zeigt das Beispiel einer Krankenhausabrechnung.

Musterklinik Musterhausen, Musterstr., Musterhausen

Patientenverwaltung - Leistungsabrechnung Ihr Ansprechpartner: Telefon: Telefax: Musterhausen, 05.01.2016

Name der Krankenkasse

Schlussrechnung stationärer Aufenthalt Unser Patient: Name des Patienten: Krankenvers.-Nr.: Versichertenstatus:

Aufnahme-Nr: Abrechnungszeitraum: 03.01.2016 – 04.01.2016 Fachabteilung Kardiologie und Angiologie Hauptdiagnose: I20.8 Sonstige Formen der Angina pectoris

Abrechnungszeit Anz. von bis 03.01.2016 03.01.2016 1 03.01.2016 03.01.2016 1 03.01.2016 03.01.2016 1 03.01.2016 03.01.2016 1 03.01.2016 03.01.2016 1 03.01.2016 03.01.2016 1 03.01.2016 03.01.2016 1

Entgeltart

03.01.2016 03.01.2016

7310F72B

1

48000001 46008000 47100001 75108002 47100018 47100020 7010F72B

Bezeichnung

Einzelpreis Gesamt EUR EUR DRG-Systemzuschlag 1,15 1,15 Qualitätssicherungszuschlag 1,20 1,20 GemBA-Zuschlag 1,63 1,63 Zuschlag für Ausbildungsstätten 98,38 98,38 5,44 5,44 Versorgungszuschlag (§ 8 Abs. 10 KHEntgG) 0,07 0,07 Zuschlag Hygieneförderprogramm DRG F72B 1.587,30 1.587,30 Angina pectoris ohne äußerst schwere CC Abschlag U-GVD F72B –907,50 –907,50

16

Zuzahlung: keine Zuzahlungspflicht

Rechnungsbetrag

787,67

Die Leistungen, für die in o. g. Auflistung keine MwSt. ausgewiesen ist, sind umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14b UStG.

Abb. 16.7 Musterrechnung (Basisfallwert 3 300 €; hypothetischer Wert).

95

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

16.3 Entgeltsystem Psychiatrie/ Psychosomatik 16.3.1 Zeitplan der PEPP-Einführung

SKFalldaten Zulassung

Zum 24. März 2009 ist das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten. Neu geregelt wurden darin die Entgeltregelung für stationäre und tagesklinische Behandlungen für die Fachgebiete Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (psychiatrische Einrichtungen) sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (psychosomatische Einrichtungen). Der neue § 17d KHG sieht die Einführung eines leistungsorientierten und pauschalisierten Vergütungssystems auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten vor. Der Name des neuen Systems lautet PEPP. Dieses Kürzel steht für „Pauschalierendes Entgeltsystem Psychiatrie/Psychosomatik“ und bezeichnet sowohl das Vergütungssystem selbst als auch die einzelne Fallgruppe. 2009 traf die DKG mit dem GKV-Spitzenverband und dem PKV-Verband die „Vereinbarung über die Einführung eines pauschalierenden Entgeltsys-

Der Aufbau des neuen Vergütungssystems lehnt sich in seiner Gruppierungslogik sehr eng an die Struktur des G-DRG-Systems an (▶ Abb. 16.8).

Strukturkategorie (SK)

Aufnahmegrund, Fachabteilung (Alter, OPS)

Basis-PEEP (BPEPP)

ICD (Prä: OPS)

PA

Schweregradstufe 4

Schweregradstufe 3

Schweregradstufe 2

Schweregradstufe 1

03

PEPP

Abb. 16.8 Gruppierungslogik (schematisch).

196

16.3.2 Gruppierungslogik und PEPP-Notation

Falldaten

Basis-PEEP Schweregradstufe je Basis-PEEP PEPP

16

tems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen gemäß § 17d KHG (Psych-Entgeltsystem)“. 2013 folgten die Rechtsgrundlagen. Ursprünglich sollte ab 2015 die Teilnahme am PEPPSystem bindend werden. Der Gesetzgeber schob die Optionsphase jedoch um zwei Jahre nach hinten. Dies bedeutet, dass die Einrichtungen auch in den Jahren 2015 und 2016 noch frei wählen konnten, ob sie das neue oder das alte Vergütungssystem einsetzen. Den Kliniken sollte mehr Zeit für die Gestaltung eines planvollen und strukturierten Übergangs verbleiben. Ergänzend erhielten die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene auf diese Weise die Gelegenheit zur Weiterentwicklung des Vergütungssystems. Nach aktueller Gesetzeslage wird das Vergütungssystem zum 1. Januar 2017 verpflichtend von allen Psych-Einrichtungen unter budgetneutralen Bedingungen eingeführt.

(nach Jagdfeld, 2015)

Alter, ICD, OPS

A

16.3 Entgeltsystem Psychiatrie/Psychosomatik

2 Stellen: Strukturkategorie (SK)

P

A

03

A

1. Stelle: Behandlungsbereich P = vollstationär T = teilstationär

5. Stelle: Ressourcenverbrauch.

2. Stelle: Strukturgruppe 0 = Prä-PEPP A = (Allgemein-)Psychiatrie K = Kinder- und Jugendpsychiatrie P = Psychosomatik

Bspw. A:höchster Ressourcenverbrauch B: zweithöchster Ressourcenverbrauch C:dritthöchster Ressourcenverbrauch D:vierthöchster Ressourcenverbrauch Z:keine Unterteilung der Basis-PEPP

F = Fehler- und sonstige PEPP

3. und 4. Stelle: i.d.R. Diagnosegruppe (01-99) (nicht bei Prä- und Fehler- Strukturkategorie)

Basis-PEPP

Abb. 16.9 PEPP-Notation. (nach Jagdfeld, 2015)

Jede PEPP besteht aus fünf alphanumerischen Zeichen (▶ Abb. 16.9). Aus der Notation der PEPP ergibt sich, welcher Strukturkategorie die PEPP angehört. Außerdem werden folgende Parameter ersichtlich: ● die Basis-PEPP ● die gruppierungsrelevante Diagnosegruppe ● das Vorhandensein bzw. die Art von Splits bezogen auf den Ressourcenverbrauch. Die ersten beiden Stellen legen die sogenannte Strukturkategorie (SK) fest, (▶ Abb. 16.10). Die Strukturkategorien sollen den Kostenstrukturen der unterschiedlichen Behandlungsformen gerecht werden. Die Eingruppierung erfolgt über strukturelle Kriterien wie z. B. den Aufnahmegrund und den Fachabteilungsschlüssel. Die erste Stelle kennzeichnet den Behandlungsbereich, die zweite Stelle die Strukturgruppe. Behandlungsbereiche können „P“ für vollstationär oder „T“ für teilstationär sein. Die Strukturgruppe kann ein Buchstabe oder eine Ziffer sein. Die Ziffer „0“ gibt die Prä-PEPP wieder. Prä-PEPPs werden bei besonders kostenintensiven Leistungen für den Patienten vergeben, z. B. bei einer 1:1-Betreuung und/oder einer Krisenintervention. Dies gilt sowohl für Erwachsene wie auch für Kinder und Jugendliche. Der Buchstabe „K“ steht für Kinder- und Jugendpsychiatrie, das „P“ für Psychosomatik und das „A“ für (Allgemein-)

Psychiatrie. „F“ steht für eine Fehler-PEPP und wird zur Identifikation fehlerhafter oder nicht gruppierbarer Konstellationen vergeben. Die Kombination PA steht beispielsweise für die PEPP gruppierungsrelevant und gibt ihr ihren NamenPsychiatrie, vollstationär". TP steht im Gegensatz dazu für „Psychosomatik, teilstationär". Das dritte und vierte Zeichen der PEPP-Notation sind zwei Ziffern, die i. d. R. die Diagnosegruppe angeben. In der Prä-Strukturkategorie und bei den Fehler-PEPP folgt die Vergabe der Ziffern einer einfachen Durchnummerierung und beginnt mit 01. Die Diagnosegruppen sind für die PEPP gruppierungsrelevant und geben ihr ihren Namen. Zudem orientieren sich die Diagnosegruppen an der Struktur der ICD-10-Klassifikation. Die Diagnosegruppe 02 deckt sich z. B. mit der Systematik der ICD-10 im Abschnitt F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen. Die Diagnosegruppe 03 knüpft an die Systematik des Abschnittes F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen im ICD. Einzelne Fallgruppen sind „diagnosegruppenübergreifend", d. h., sie verbinden eine Vielzahl von Diagnosen in sich und unterscheiden sich nur im Ressourcenverbrauch. Diese Fallgruppen haben an dieser Stelle die „19" oder die „20". Die ersten vier Stellen bilden die sogenannte Basis-PEPP (BPEPP).

16

97

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

Behandlungsbereich

P = vollstationär

T = teilstationär

0 = Prä-PEPP

P0

A = (Allgemein-)Psychiatrie

PA

K = Kinder- und Jugendpsychiatrie

PK

P = Psychosomatik

PP

F = Fehler- und sonstige PEPP

PF

A = (Allgemein-)Psychiatrie

TA

K = Kinder- und Jugendpsychiatrie

TK

P = Psychosomatik

TP

Mit der 5. Stelle wird der Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-PEPP angezeigt. Für Fallgruppen mit unterschiedlichem Ressourcenverbrauch sind maximal 4 Schwergradstufen (AD) möglich. Mit dem Buchstaben A wird der höchste Schweregrad und mit jedem im Alphabet folgendem Buchstaben der nächst niedrigere abgebildet. Welche Aufwandsgruppe ein Behandlungsfall erhält, bestimmten Faktoren wie komplizierende Diagnosen, weitere Prozeduren oder Patientenalter. Man spricht von kostentrennenden Merkmalen oder schlicht Kostentrennern. Hat die Basis-PEPP keine Unterteilung, steht dort, wie im DRG-System, ein „Z“. Ist auch diese Stelle ermittelt, liegt die endgültige abrechenbare PEPP fest. Welche PEPP abgerechnet wird, lässt sich nicht voraussagen. Es kommt auf die Diagnosen am Ende des stationären Aufenthalts an und welche diagnostischen bzw. therapeutischen Leistungen im Ablauf des Behandlungsgeschehens konkret erbracht wurden. Auch im Bereich der Psychiatrie/ Psychosomatik wird die einheitliche Anwendung von ICD-10 und OPS durch verbindliche Kodierrichtlinien der Selbstverwaltungspartner (DKRPsych) sichergestellt.

16

198

1. und 2. Stelle

Strukturgruppe

Abb. 16.10 Strukturkategorien im PEPP-System. (nach Mendritzki, 2015)

16.3.3 Aufbau des PEPP-Entgeltkatalogs Für die Berechnung des Entgeltes werden der aktuelle PEPP-Entgeltkatalog sowie der Basisentgeltwert benötigt. Der PEPP-Entgeltkatalog wird alljährlich zwischen den Selbstverwaltungspartnern auf Bundesebene beschlossen und im September/ Oktober veröffentlicht. Der bundesweit einheitliche PEPP-Entgeltkatalog gliedert sich in derzeit fünf Anlagen (▶ Abb. 16.11). Getrennt nach voll- und teilstationärer Versorgung findet man alle bewerteten PEPP in den Anlagen 1a und 2a. Zusätzlich gibt es unbewertete PEPP-Entgelte. Sie sind in den Anlagen 1b und 2b zu finden. Die dort gelisteten Fallgruppen werden in Budgetverhandlungen krankenhausindividuell vereinbart. Ergänzt werden die PEPP-Entgelte durch einen Katalog von Zusatzentgelten. Im PEPP-System werden diese mit ZP, abweichend vom DRG-System (dort: ZE), abgekürzt. Es wird zwischen bundeseinheitlich kalkulierten sowie krankenhausindividuellen Zusatzentgelten unterschieden. Anlage 3 zählt die bundeseinheitlichen Zusatzentgelte auf. Diese wurden aus dem DRG-System übernommen und beziehen größtenteils spezielle hochpreisige

16.3 Entgeltsystem Psychiatrie/Psychosomatik

Entgeltarten Bewertete Entgelte

Unbewertete Entgelte

PEPP

PEPP

vollstationär

teilstationär

Anlage 1a

Anlage 2a

Zusatzentgelte

ergänzende Tagesentgelte

Anlage 3

Anlage 5

vollstationär

teilstationär

Anlage 1b

Anlage 2b

Zusatzentgelte

Anlage 4

Abb. 16.11 Entgeltarten. (nach Mendritzki, 2015)

Medikamente ein. In Anlage 4 sind die unbewerteten Zusatzentgelte ausgewiesen. Alle unbewerteten Zusatzentgelte sind wie die unbewerteten PEPPs krankenhausindividuell mit den Krankenkassen auszuhandeln. Unverändert sind unter den unbewerteten Zusatzentgelten z. B. Prozeduren wie die Elektrokrampftherapie (EKT) oder die Strahlentherapie zu finden. Um bestimmte kostenintensive Leistungen darzustellen, wie die 1:1-Betreuung und die Intensivmedizinische Behandlung, wurden ergänzende Tagesentgelte (ET) als weiteres Vergütungselement in die Abrechnung eingeführt (Anlage 5).

16.3.4 Grundlagen der Abrechnung In der Vereinbarung über die pauschalierenden Entgelte für die Psychiatrie und Psychosomatik (PEPPV) steht, welche Modalitäten bei der Rechnungsstellung berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören u. a. die allgemeinen Abrechnungsgrundsätze und Regelungen zur Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus, zur Verlegung von Patienten, zum Jahreswechsel sowie zu den ergänzenden Tagesentgelten, Zusatz- und sonstigen Entgelten. Nachfolgend werden ausgewählte Abrechnungsregeln aufgegriffen und mit Hilfe von Fallbeispielen konkretisiert. Als erster Schritt muss die Anzahl der insgesamt abzurechnenden Berechnungstage für den stationären Aufenthalt festgelegt werden. Berechnungstage sind der Aufnahmetag sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts. Auch der Verlegungs- oder Entlassungstag wird in der Berechnung berücksichtigt. Wird ein Patient am selben Tag aufgenommen und verlegt oder entlassen, gilt

dieser Tag als Aufnahmetag. Er zählt als ein Berechnungstag mit (§ 1 Abs. 3 PEPPV). Im PEPP-Katalog werden für jede Fallgruppe die relativen Bewertungsgewichte pro Tag angegeben. Sie variieren Jahr für Jahr. Für jede Fallgruppe existiert eine endliche Anzahl sogenannter „Vergütungsklassen". Für die Errechnung der Entgelthöhe je Tag wird die im Entgeltkatalog hinterlegte Bewertungsrelation je Tag (Spalte 4 nach Anlage 1a oder Anlage 2a) jeweils mit dem Basisentgeltwert multipliziert. Das Ergebnis ist auf zwei Nachkommastellen kaufmännisch zu runden. Die maßgebliche Bewertungsrelation je Tag ist abhängig von der Anzahl der Berechnungstage. Ist diese Zahl im Katalog (Spalte 3 nach Anlage 1a oder Anlage 2a) belegt, wird die dazugehörige Bewertungsrelation herangezogen. Überschreitet die Verweildauer die letzte im Katalog ausgewiesene Vergütungsklasse, ist für die Abrechnung die Bewertungsrelation der letzten Vergütungsklasse anzuwenden (§ 1 Abs. 2 S.6 PEPPV). In der entsprechenden Anlage sucht man zunächst in Spalte 3 fallbezogen die Anzahl der Berechnungstage und liest danach in Spalte 4 die Bewertungsrelation ab. Die Entgelthöhe je Tag ermittelt sich wie folgt: Entgelthöhe je Tag ðkaufmännisch gerundetÞ ¼ Bewertungsrelation je Tag ðBWRÞ  Basisentgeltwert ðBEWÞ Für die Rechnungsstellung wird die Anzahl der Berechnungstage mit der Entgelthöhe je Tag multipliziert. Das Entgelt bemisst sich folgendermaßen:

16

Entgelt ¼ Anzahl der Berechnungstage ðBTÞ  Entgelthöhe je Tag Zur Veranschaulichung dienen zwei Abrechnungsbeispiele.

99

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

X

Fall

In Summe ergibt sich ein Entgelt in Höhe von 2557,28 € bei einer Verweildauer von 8 Berechnungstagen.

Berechnung Entgelthöhe Am 01.05.20** wird eine Patientin in die Psychiatrie vollstationär aufgenommen. Angenommen, es erfolgt eine Eingruppierung in die Fallgruppe PA04A („Affektive, neurotische, Belastungs-, somatoforme und Schlafstörungen“). Der Basisentgeltwert (hypothetisch) ist 279,89 € (nach Mendritzki, 2015). Alternative 1: Am 08.05.20** wird die Patientin nach Hause entlassen. Alternative 2: Am 26.05.20** wird die Patientin nach Hause entlassen. Berechnen Sie das Entgelt (▶ Tab. 16.11).

Alternative 2: 1. Anzahl Berechnungstage: 26 (01.05.20** – 26.05.20**) 2. Berechnung der Entgelthöhe je Tag (kaufmännisch gerundet) = 1,0592 (Bewertungsrelation je Tag) × 279,89 € (Basisentgeltwert) = 296,46 € 3. Berechnung des Entgelts = 26 (Berechnungstage) × 296,46 € = 7 707,96 €

Das Entgelt für die PEPP PA04A berechnet sich wie folgt:

In Summe ergibt sich ein Entgelt in Höhe von 7 707,96 € bei einer Verweildauer von 26 Berechnungstagen.

Alternative 1: 1. Anzahl Berechnungstage: 8 (01.05.20** – 08.05.20**) 2. Berechnung der Entgelthöhe je Tag (kaufmännisch gerundet) = 1,1421 (Bewertungsrelation je Tag) × 279,89 € (Basisentgeltwert) = 319,66 € 3. Berechnung des Entgelts = 8 (Berechnungstage) × 319,66 € = 2557,28 €

Tab. 16.11 Anlage 1a, PEPP-Entgeltkatalog, Bewertungsrelationen bei vollstationärer Versorgung PEPP

Bezeichnung

Anzahl Berechnungstage/ Vergütungsklasse

1

2

3

4

PA04A

Affektive, neurotische, Belastungs-, somatoforme und Schlafstörungen, Alter > 84, Jahre oder mit komplizierender Diagnose und Alter > 64 Jahre oder mit komplizierender Konstellation oder mit hoher Therapieintensität

1

1,3 185



16

200

Bewertungsrelation je Tag



7

1,1525

8 [Alternative 1]

1,1421

9

1,1318

10

1,1214

11

1,1110

12

1,1007

13

1,0903

14

1,0800

15

1,0696

16 [Alternative 2]

1,0592

16.3 Entgeltsystem Psychiatrie/Psychosomatik Um den wechselnden Behandlungsaufwand im Verlauf einer Behandlung zu berücksichtigen, können zusätzlich bundeseinheitlich ergänzende Tagesentgelte (ET) abgerechnet werden (§ 6 PEPPV). Die ergänzenden Tagesentgelte sind, wie die PEPP, mit Bewertungsrelationen hinterlegt. Abrechenbar ist jeder Tag mit Gültigkeit eines OPS-Kodes, an dem der Patient stationär behandelt wird. Die Entgelthöhe je Tag wird berechnet, indem die im Ent-

geltkatalog ausgewiesene Bewertungsrelation (Anlage 5) jeweils mit dem Basisentgeltwert multipliziert und das Ergebnis kaufmännisch auf zwei Nachkommastellen gerundet wird. Für die Rechnungsstellung wird die Anzahl der Berechnungstage je Entgelt addiert und mit dem ermittelten Entgeltbetrag multipliziert (siehe Fall Ergänzende Tagespflege).

X

Fall Ergänzende Tagespflege Für die 1:1-Betreuung wird während eines vollstationären Aufenthalts der OPS: 9–640.06 dokumentiert. Rechnen Sie das ergänzende Tagesentgelt ab. Als Basisentgeltwert (hypothetisch) wird 250,00 € zu Grunde gelegt (nach InEK GmbH, 2016) (▶ Tab. 16.2).

Das Tagesentgelt berechnet sich wie folgt: OPS 9–640.06: Anzahl Tage: 1 Relativgewicht ET 01.04: 1,2163 Berechnung der Entgelthöhe je Tag (kaufmännisch gerundet) = 1,2163 (Bewertungsrelation je Tag) × 250,00 € (Basisentgeltwert) = 304,08 € Berechnung des Entgelts = 1 (Berechnungstage) × 304,08 € = 304,08 € Die mehrfache Abrechnung eines ergänzenden Tagesentgeltes (mehrere ETD eines ET nach Anlage 5) für einen Kalendertag ist dabei ausgeschlossen.

Tab. 16.12 Anlage 5, PEPP-Entgeltkatalog, Katalog ergänzender Tagesentgelte. ET

Bezeichnung

ETD

OPS-Version 2016 OPS-Kode

OPS-Text

1

2

3

4

5

ET 01

Erhöhter Betreuungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen

9–640.0

Erhöhter Betreuungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen: 1:1-Betreuung

9–640.06

6 bis unter 12 Stunden pro Tag

ET 01.04

Bewertungsrelation je Tag

6

1,2163

16 Weitere Informationen zum PEPP-Entgeltsystem finden Sie auf der gemeinsamen Homepage der Selbstverwaltung zu den G-DRGs unter http:// www.g-drg.de.

01

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

16.3.5 Vergütung mit Pflegesätzen Soweit Krankenhäuser das pauschalierende Vergütungssystem nach § 17d KHG bisher nicht eingeführt haben, sind die Regelungen der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der am 31.12.2012 geltenden Fassung (alte Fassung – a.F.) weiterhin maßgeblich. Nach der BPflV a.F. werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen mit tagesgleichen Pflegesätzen vergütet. Es gibt zwei Pflegesätze, den Abteilungspflegesatz (§ 18 BPflV i. V. m. 13 Abs. 2, 4 BPflV a.F.) und den Basispflegesatz (§ 18 BPflV i. V. m. § 13 Abs. 3, 4 BPflV a.F.). ▶ Abteilungspflegesatz. Abteilungspflegesätze werden zwischen Krankenhaus und Krankenkassen krankenhausindividuell vereinbart. Das Krankenhaus berechnet einen Abteilungspflegesatz als Entgelt für ärztliche und pflegerische Tätigkeiten pro Fachrichtung bzw. Abteilung. Dazu zählen auch entstandene Kosten für medizinischen Bedarf und innerbetrieblich bezogene Funktionsleistungen. ▶ Basispflegesatz. Für die nichtmedizinischen Leistungen, d. h. für die nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlassten Leistungen, gibt es für das gesamte Krankenhaus einen einheitlichen Basispflegesatz (§ 13 Abs. 3 und 4 BPflV a.F.). Der Basispflegesatz enthält u. a. Kosten der Unterkunft und Verpflegung, der Verwaltung und Instandhaltung. Die Vertragsparteien verhandeln über den Basispflegesatz krankenhausindividuell auf der Grundlage von Daten aus Betriebsvergleichen. Abteilungspflegesätze und Basispflegesatz sowie die entsprechenden teilstationären Pflegesätze werden für den Aufnahmetag und jeden weiteren Tag des Krankenhausaufenthalts berechnet (Berechnungstag). Der Entlassungs- oder Verlegungstag – von Ausnahmen abgesehen – wird in die Berechnung nicht mit einbezogen (§ 18 BPflV i. V. m. § 14 Abs. 2 BPflV a.F.). Erbringt ein Krankenhaus Leistungen nach dem Entgeltbereich der DRG-Fallpauschalen und nach der BPflV, gelten unterschiedliche Vergütungsvorschriften. Wird ein Patient beispielsweise aus dem DRG-Bereich (z. B. Chirurgie) in die psychiatrische Abteilung des gleichen Krankenhauses verlegt, so gilt die allgemeine Abschlagsregelung bei Ver-

16

202

legung für die abzurechnende DRG-Fallpauschale (Kap. 16.2.2). Die Vergütung der vom DRG-System ausgenommenen Krankenhausabteilung erfolgt nach der BPflV. Die 2 Teilbereiche werden wie 2 eigenständige Krankenhäuser angesehen (Falltrennung), vgl. § 3 Abs. 4 FPV 2016. Die Art der Vergütung und die Vergütungsregeln wechseln auch bei Verlegung von einem DRGKrankenhaus in ein Krankenhaus, das nach der Bundespflegesatzverordnung abrechnet. Die Vorschriften zur Rückverlegung gelten analog.

16.4 Integrierte Versorgung 16.4.1 Was ist integrierte Versorgung nach dem Gesetzestext? ▶ Begriffsbestimmung (§ 140a Abs. 1 SGB V). Sinn der integrierten Versorgung ist die stärkere Verzahnung zwischen den Versorgungssektoren (z. B. Hausärzte, Fachärzte, Medizinische Versorgungszentren, Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen oder Pflegeeinrichtungen). Dies ist insbesondere wünschenswert, wenn im Krankheitsverlauf Leistungen aus verschiedenen Sektoren medizinisch notwendig werden. Das Prinzip einer integrierten Versorgung wird anhand eines stark vereinfachten Schemas verdeutlicht (▶ Abb. 16.12). Integrierte Versorgungsmodelle sind auf eine Vielzahl von Krankheitsbildern anwendbar. Die meisten IV-Verträge sind in den Bereichen Endoprothetik, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychiatrischen Erkrankungen sowie bei Typ-IIDiabetes mellitus abgeschlossen worden. Im Gesetzestext heißt es: „… Krankenkassen können Verträge … über eine besondere Versorgung … abschließen. Sie ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende (vertikale Vernetzung) oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) (horizontale Vernetzung) ...“ (§ 140a Abs. 1 SGB V). Ein Beispiel einer horizontalen Vernetzung ist die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen (z. B. Onkologie und Strahlentherapie) zweier Krankenhäuser. ▶ Historie. Bereits im Jahr 2000 hat der Gesetzgeber die Integrierte Versorgung eingeführt. Die damaligen gesetzlichen Regelungen erschienen aber weder den Krankenkassen noch den Leistungserbringern interessant. 2004 führte der Ge-

16.4 Integrierte Versorgung

Eintritt in das IGV-System

Abb. 16.12 Integrierte Versorgung. (Riedel, 2004)

Austritt aus der Integrierten Versorgung

Patient

Reha-Einrichtung ambulant/stationär

Konsultation anderer Disziplinen

kte na nte tie Pa

Pa tie nte na kte

Arzt des Vertrauens

Krankenhaus ambulant/stationär Patientenakte

setzgeber im GKV-Modernisierungsgesetz eine sogenannte Anschubfinanzierung ein. So standen bis Ende 2006 pro Jahr bis zu 1 % der jeweiligen vertragsärztlichen Gesamtvergütung sowie der Krankenhausvergütungen als Anschubfinanzierung für integrierte Versorgung bereit. Die einbehaltenen Mittel mussten zur Umsetzung von geschlossenen Integrationsverträgen nach § 140 b SGB V a.F. genutzt werden. Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) verlängerte die Anschubfinanzierung bis Ende 2008. Seit 2009 ist die Anschubfinanzierung endgültig beendet. Auf eine Anschlussreglung wurde verzichtet. Mit dem GKVWettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) haben die gesetzlichen Regelungen zur integrierten Versorgung weitere Änderungen und Ergänzungen erfahren. Zuletzt wurden mit Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes die Regelungen der integrierten Versorgung mit Regelungen zu den Vertragstypen nach §§ 73a und 73c SGB V (Strukturverträge und Besondere ambulante Versorgung) zur „Besonderen Versorgung“ zusammengefasst. Die neue Gestaltung des § 140a SGB V sollte den Vertragspartnern die Möglichkeit einräumen, neben der Integrierten Versorgung den gesamten Schnittstellenbereich von Ambulant und Stationär selektivvertraglich zu erfassen. Die bereits geschlossenen IV-Verträge gelten fort (§ 140a Abs. 1 SGB V).

Konsultation Konsiliarärzte

▶ Vertragspartner der Krankenkassen (§ 140a Abs. 3 SGB V). Verträge der Integrierten Versorgung sind sogenannte Selektivverträge. Bei einem Selektivvertrag wird ein Vertrag direkt zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern geschlossen. Diese Vertragsform ergänzt in Abhängigkeit von regionalen und indikationsbezogenen Versorgungssituationen die Verträge der Kollektivversorgung nach §§ 83 ff. SGB V. Das Gesetz benennt folgende Leistungsanbieter als Vertragspartner der Krankenkassen: ● zur Versorgung der Versicherten berechtigte Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften, (z. B. Ärzte, Krankenhäuser, stationäre Vorsorgeund Rehabilitationseinrichtungen, medizinische Versorgungszentren -MVZ) ● Träger von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung durch zur Versorgung der Versicherten berechtigte Leistungserbringer anbieten ● Pflegekassen und zugelassene Pflegeeinrichtungen ● Praxiskliniken ● pharmazeutische Unternehmen ● Hersteller von Medizinprodukten ● Kassenärztliche Vereinigungen

16

Leistungen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurden, dürfen auch in Selektivverträgen nicht vereinbart werden (§ 140a Abs. 2 SGB V).

03

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung ▶ Berechtigung zur Leistungserbringung (§ 140a Abs. 3 S. 2 SGB V). In der Integrationsversorgung kann die Anbindung der beteiligten Leistungserbringer an ihren Zulassungs-, Ermächtigungsoder Berechtigungsstatus vertraglich aufgehoben werden. Das heißt, dass beteiligte Leistungserbringer auch solche Leistungen anbieten können, die von ihrem Zulassungs- oder Ermächtigungsstatus nicht gedeckt sind. Beispielsweise können Krankenhäuser im Rahmen der Integrationsversorgung ambulante Leistungen erbringen, auch wenn sie dazu nicht zugelassen oder ermächtigt sind. Allerdings können keine Leistungen erbracht werden, die nicht von einem der beteiligten Vertragspartner durch seinen jeweiligen Zulassungsstatus gedeckt sind. Das heißt, dass beispielsweise ambulante Leistungen durch Krankenhäuser nur in den durch den stationären Versorgungsauftrag abgedeckten Fachgebieten erbracht werden dürfen. Wenn in einem beteiligten Krankenhaus eine bestimmte Fachabteilung (z. B. Gynäkologie) nicht vorhanden ist, können in diesem Bereich auch in der Integrationsversorgung keine ambulanten (gynäkologischen) Leistungen angeboten werden. Das Gleiche gilt für andere berufsrechtliche Zulassungsvoraussetzungen. ▶ Teilnahme an der integrierten Versorgung (§ 140a Abs. 4 SGB V). Für den Versicherten ist die Teilnahme an einem Vertrag zur integrierten Versorgung freiwillig. Seine Teilnahme erklärt er schriftlich gegenüber seiner Krankenkasse. In der Teilnahmeerklärung sind die Details zur Durchführung der Teilnahme (z. B. zeitliche Bindung, Bindung an teilnehmende Leistungserbringer, Folgen von Pflichtverstößen) geregelt. Die Teilnahme kann im Laufe von zwei Wochen durch den Versicherten ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Zur Fristwahrung reicht die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse aus. Von der Teilnahme an einem Vertrag zur integrierten Versorgung können Versicherte finanziell profitieren. So können die gesetzlichen Krankenkassen mit der Vertragsteilnahme, etwa im Rahmen von Wahltarifen, spezielle Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen anbieten.

16

▶ Vergütungsvereinbarung. Im Vertrag zur integrierten Versorgung ist neben dem Versorgungsangebot auch die Vergütung zu regeln. Preise können frei zwischen den Leistungserbringern und

204

der entsprechenden Krankenkasse vereinbart werden. Die Vergütung der Leistung muss sich nicht an vertragsärztlichen oder anderweitig gesetzlich vergüteten Versorgungsleistungen orientieren. Die Vertragspartner sind nicht an ein bestimmtes Finanzierungssystem gebunden. Die Vergütung kann einzelleistungsbezogen oder pauschaliert sein.

16.4.2 Vorteile der integrierten Versorgung Aus Sicht der Hauptbeteiligten lassen sich folgende Vorteile der integrierten Versorgung zusammenfassen (▶ Abb. 16.13).

16.5 Fragen und Aufgaben 1. Zum 1. Januar 2003 hatten schon einige hundert Krankenhäuser freiwillig darauf umgestellt, ab 2004 war sie – von wenigen Ausnahmen abgesehen – für alle deutschen Kliniken verbindlich: die Vergütung und Abrechnung von Krankenhausleistungen nach dem neuen pauschalisierten Entgeltsystem. Auch die Frankfurter Rotkreuz-Kliniken e. V. stiegen zum 1. Oktober 2003 um. a) Um welches Abrechnungssystem handelt es sich? b) Welches Entgeltsystem wurde dadurch abgelöst? Erläutern Sie kurz die Grundstruktur des Entgeltsystems nach der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) von 1995. 2. ▶ Tab. 16.16 zeigt Beispielaufgaben. Sie beziehen sich auf die Fallpauschalenvereinbarung 2016 (FPV 2016). Die Zuschläge (DRG-Systemzuschlag usw.) werden nicht aufgeführt. Der derzeitige gültige Basisfallwert beträgt 3300 € (hypothetischer Wert). Geben Sie den Preis je Behandlungsfall an. 3. Was ist eine Verlegung? 4. Ein Patient der Klinik A wird um 17 Uhr nach einem Aufenthalt von weniger als 24 Stunden entlassen. Am Folgetag um 9 Uhr wird er in der Klinik B aufgenommen. Die Klinik B hat Abschläge wegen Unterschreiten der UGVD abgerechnet. Die Krankenkasse ist der Meinung, dass die Klinik B Verlegungsabschläge berechnen müsste. Wer hat Recht? Begründen Sie ihre Meinung.

16.5 Fragen und Aufgaben

Abb. 16.13 Win-Win-Situation durch die integrierte Versorgung. (nach social invest consult, 2005)

Patient: • mehr Versorgungssicherheit für Versicherte (Qualität und Koordination) • Behandlung erfolgt nach standardisierten Verfahren • Vermeidung von Doppeluntersuchungen, Wartezeiten und unnötigen Krankenhausaufenthalten • Teilnahme erfolgt auf freiwilliger Basis • ggf. Ermäßigung der Zuzahlung

Win-WinSituation

Leistungserbringer: • Möglichkeit, von den üblichen Vergütungsformen abzuweichen • mögliche finanzielle Vorteile • sichere Planungsgrundlage • Imageförderung • zeitnaher Informationsaustausch

Kostenträger: • Erhöhung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung • Abheben von Mitkonkurrenten • Kosten werden kalkulierbar(er) • Kosteneinsparung durch Optimierung des Prozessablaufs

5. Welche Fälle sind unter der Annahme einer Wiederaufnahme innerhalb der oberen Grenzverweildauer zusammenzufassen? a) Fall 1 F75B b) Fall 2 F74Z c) Fall 3 F75A 6. Unter welchen Voraussetzungen können die Aufenthalte 1, 2 und 3 im Krankenhaus A zusammengefasst werden? Beziehen Sie bei der Beantwortung der Fragestellung die Fallpauschalenvereinbarung 2016 – (FPV 2016) mit ein (▶ Tab. 16.13).

7. Am 01.05.20** wird eine Patientin in die Psychiatrie vollstationär aufgenommen. Der Grouper ermittelt die Fallgruppe PA02B („Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“) (▶ Tab. 16.14). Der Basisentgeltwert (hypothetisch) ist 279,89 €. Vom 01.05.20** bis 07.05.20** findet eine Intensivbehandlung mit 3 Merkmalen (OPS 9–619) statt.

16 Tab. 16.13 KH A

KH A

KH B

KH C

KH A

05

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung Tab. 16.14 PEPP

Bezeichnung

Anzahl Berechnungstage/ Vergütungsklasse

1

2

PA02B

Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen, mit komplizierender Konstellation oder mit multiplem Substanzmissbrauch bei Opiat- oder Kokainkonsum oder mit hoher Therapieintensität oder mit Mutter/ Vater-Kind-Setting

Außerdem ist an den folgenden Tagen ein OPSKode für die 1:1-Betreuung dokumentiert (▶ Tab. 16.15):

Bewertungsrelation je Tag

3

4

1

1,4 073





9

1,1603

10

1,1488

11

1,1374

12

1,1259

13

1,1144

14

1,1029









05.05.20**: 1:1-Betreuung 6–12 Std./Tag (OPS 9–640.06) 05.05.20**: 1:1-Betreuung 2–4 Std./Tag (OPS 9–640.04)

Ermitteln Sie die Entgelthöhe. Tab. 16.15 ET

Bezeichnung

ETD

OPS-Version 2016 OPS-Kode

OPS-Text

Bewertungsrelation je Tag

1

2

3

4

5

6

ET 01

Erhöhter Betreuungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen

9–640.0

Erhöhter Betreuungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen: 1:1-Betreuung

ET 01.04

9–640.06

6 bis unter 12 Stunden pro Tag

1,2163

ET 02.01

9–619

Intensivbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei erwachsenen Patienten mit mind. 3 Merkmalen

0,1871

ET 02

16

Intensivbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei erwachsenen Patienten mit mind. 3 Merkmalen

8. Beschreiben Sie das Prinzip der integrierten Versorgung in seinen Grundzügen. 9. Beurteilen Sie die Vor- und Nachteile der integrierten Versorgung aus Sicht der Patienten, Leistungserbringer und Krankenkassen.

206

10. Welche grundsätzlichen Vor- und Nachteile der integrierten Versorgung sehen Sie? 11. Welchen Anreiz kann ein Krankenhaus haben, Leistungen im Rahmen der Integrationsversorgung anzubieten?

e)

Langlieger

d)

c)

Kurzlieger

b)

a)

Normallieger

Fallbeschreibung

Tab. 16.16 Beispielaufgaben. Bezeichnung

komplexe oder mehrfache Gefäßeingriffe außer großen rekonstruktiven Eingriffen mit äußerst schweren CC andere Krankheiten des Kreislaufsystems ohne äußerst schweren CC Erkrankungen von Gallenblase und Gallenwegen Hypertonie ohne komplizierende Diagnose, ohne äußerst schwere oder schwere CC, Alter > 15 Jahre Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC oder ohne Dialyse, mehr als ein Belegungstag

DRG Schlüssel

F14A

F75B

H64Z

F67D

F62B 8,5

4,4

5,2

5,5

18,6

Mittl. VD

2

1

1

1

5

1. Tag Abschlag

17

9

12

14

36

1. Tag Zuschlag

18.01.2016

30.01.2016

09.02.2016

17.01.2016

02.03.2016

Aufnahme A-Datum

06.02.2016

31.01.2016

10.02.2016

19.01.2016

08.03.2016

Entlassung/ Verlegung E-Datum

1 3 –20

1 –1 –2

1 –1 –2

1 –3

1 –7

DRG F62B LL-Zuschlag Tg-Eigenanteil

DRG F67D KL-Abschlag Tg-Eigenanteil

DRG H64Z KL-Abschlag Tg-Eigenanteil

DRG F75B Tg-Eigenanteil

DRG F14A Tg-Eigenanteil

Zu berech- Art nende Entgelte Anzahl

16.5 Fragen und Aufgaben

16

07

208

F56B

F58B

g) Ohne Berechnung Verlegungsabschlag bei Herverlegung: tatsächl. VD > mittl. VD; Aufnahme aus ext. Akut-krankenhaus; Verlegung innerhalb von 24 Std.; Aufenthalt dort länger als 24 Std.

h) Berechnung Verlegungsabschlag bei Wegverlegung in Akutkrankenhaus: tatsächliche VD < mittlere VD; Verlegung innerhalb von 24 Std.

DRG Schlüssel

F50C

16

f) Berechnung Verlegungsabschlag bei Herverlegung: tatsächliche VD < mittl. VD; Aufnahme aus ext. Akutkrankenhaus, Verlegung innerhalb von 24 Std.; Aufenthalt dortlänger als 24Std.

Verlegung

Fallbeschreibung

Tab. 16.16 Fortsetzung

perkutane Koronarangioplastie ohne äußerst schwere CC

perkutane Koronarangioplastie mit hochkomplexer Intervention

ablative Maßnahmen bei Tachyarrhythmie ohne komplexe Ablation, Alter > 15 Jahre

Bezeichnung

3,7

3,9

3,5

Mittl. VD

1

1

1

1. Tag Abschlag

8

9

8

1. Tag Zuschlag

24.01.2016

13.01.2016

07.02.2016

Aufnahme A-Datum

26.01.2016

19.01.2016

09.02.2016

Entlassung/ Verlegung E-Datum

1 –2 –2

1 –7

1 –2 –3

DRG F58B Tg-VL-Abschl. Tg-Eigenanteil

DRG F56B Tg-Eigenanteil

DRG F50C Tg-VL-Abschl. Tg-Eigenanteil

Zu berech- Art nende Entgelte Anzahl

Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

j.) Fallzusammenführung; Wiederaufnahme innerhalb von 30 Kalendertagen, gleiche MDC

i) Fallzusammenführung: Wiederaufnahme innerhalb der OGVD erster Fall und in dieselbe Basis-DRG

Fallbeschreibung

Tab. 16.16 Fortsetzung Bezeichnung

periphere Gefäßkrankheiten ohne komplexe Diagnose

periphere Gefäßkrankheiten mit komplexer Diagnose entzündliche Darmerkrankung

komplexe Eingriffe an Dünn- und Dickdarm ohne Eingriffe an den Verdauungsorganen bei angeborener Fehlbildung, Alter > 1 Jahr

DRG Schlüssel

F65B (erster Fall)

F65A zweiter Fall)

G64B (erster Fall)

G02B (zweiter Fall) 16,6

5,3

13,3

6,0

Mittl. VD

5

1

3

1

1. Tag Abschlag

31

12

26

14

1. Tag Zuschlag

28.03.2016

06.03.2016

24.01.2016

12.01.2016

Aufnahme A-Datum

11.04.2016

23.03.2016

29.01.2016

20.01.2016

Entlassung/ Verlegung E-Datum

1 2 –28

1 –15

DRG G02B LL-Zuschlag Tg-Anteil

zunächst Storno der ersten Rechnung, Neuberechnung beider Aufenthalte in einem Fall; DRG G02B

DRG F65A Tg-Eigenanteil

zunächst Storno der ersten Rechnung, Neuberechnung beider Aufenthalte in einem Fall; DRG F65A

Zu berech- Art nende Entgelte Anzahl

16.5 Fragen und Aufgaben

16

09

Foto: Werner Krüper, Thieme

Kapitel 17

17.1

Die beiden Gebührenordnungen 211

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

17.2

Abrechnung nach EBM

211

17.3

Fragen und Aufgaben

234

17.4

Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

236

17.2 Abrechnung nach EBM

17 Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung 17.1 Die beiden Gebührenordnungen Man unterscheidet in der Abrechnung zwischen der vertragsärztlichen- und der privatärztlichen Abrechnung. Privatärztliche Leistungen sind in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und in der GOZ für die Zahnärzte aufgeführt. Leistungen für gesetzlich Versicherte finden sich im EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) (▶ Abb. 17.1).

17.2 Abrechnung nach EBM Das Honorarsystem der Vertragsärzte in Deutschland ist sehr vielschichtig und zudem kontinuierlichen Änderungen ausgesetzt.

17.2.1 Rechtsgrundlage Der EBM ist ein Verzeichnis, in dem alle zur vertragsärztlichen Versorgung gehörenden Leistungen erfasst sind. Der Katalog der abrechnungsfähigen Leistungen im EBM ist abschließend. Die Möglichkeit einer analogen Bewertung gibt der EBM nicht. Der EBM ist Bestandteil des Bundesmantel-

vertrages und über die Satzungsbestimmungen der KBV und KV unmittelbar für die Vertragsärzte verbindlich. Die maßgeblichen Regelungen zum EBM finden sich im § 87 SGB V. Der einheitliche Bewertungsmaßstab wird durch einen jeweils mit 3 Vertretern der KBV und Vertretern des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen besetzten besonderen Bewertungsausschuss festgelegt. Von Sitzung zu Sitzung wechselt der Vorsitz des Bewertungsausschusses. Kommt keine Einigung über wichtige Punkte zustande, wird auf Verlangen von mindestens 2 Mitgliedern der Ausschuss vergrößert. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit Mehrheitsbeschluss den Bewertungsmaßstab fest. Weiterhin muss der Bewertungsausschuss neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beurteilen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss verabschiedet wurden. Lässt der Gemeinsame Bundesausschuss diese neuen Methoden zur Anpassung der Bewertungsmaßstäbe zu, muss eine neue Abrechnungsposition gefunden werden. Überdies passt der Bewertungsausschuss den bundesweit geltenden Orientierungswert an, der Grundlage für die Vereinbarung regionaler Gebührenordnungen mit Euro-Preisen ist.

Gesetzgeber (Bundesregierung + Bundestag + Bundesrat)

Rechtsgrundlage

Gebührenordnung

Sozialgesetzbuch (SGB V) hier: fünftes Buch (SGB V)

Bundesärzteordnung (BÄO) hier: § 11 BÄO

einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)

Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

17 Geltungsbereich

Kassenpatient

Privatpatient

Abb. 17.1 Gegenüberstellung der Gebührenordnungssysteme. (nach Nebel, 2014)

11

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

17.2.2 EBM 2000plus und Pauschalen-EBM 2008 Zum 1. April 2005 wurde eine neue Gebührenordnung für die vertragsärztliche Versorgung eingeführt, die während ihrer Entwicklungs- und Einführungsphase auch als EBM 2000plus bezeichnet wurde. Mit dem EBM 2000plus wurden einzelne Leistungen neu bewertet auf Basis einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Zusätzlich wurden einigen Gebührenpositionen feste Geldbeträge zugeordnet und eine stärkere Pauschalisierung als in der Vergangenheit vorgenommen, um Anreizen zur Mengenausweitung entgegenzuwirken. Somit hatte sich die Struktur des bisher geltenden EBM entscheidend geändert. Diagnose und Behandlungen wurden aufgewertet, der Einsatz von Technik abgewertet. Bisherige Einzelleistungen wurden zu Komplexen und Pauschalen zusammengeführt. Anhänge mit Informationen, z. B. zu nicht gesondert abrechnungsfähigen und in Komplexen enthalten Leistungen, vervollständigen den EBM. Die Honorarreform zum Pauschalen-EBM 2008 sah weitere Pauschalisierungen der ärztlichen Leistungen vor und sollte ein weiterer Zwischenschritt auf dem Weg zum Euro-EBM sein. Dieser „Pauschalen-EBM“ trat zum 1. Januar 2008 in Kraft.

17.2.3 Euro-EBM und dessen Weiterentwicklung Seit dem 1. Januar 2009 gilt die Euro-Gebührenordnung (Euro-EBM). Seitdem erfolgt die Bewertung in Euro-Beträgen statt in Punkten. Bisher galt die Regelung: Überstieg die abgerechnete Leistungsmenge die für die Gesamtvergütung zugrunde gelegten Größen, dann kam es zu einer Reduzierung der Punktwerte (floatende Punktwerte). Diese Budgetierung wurde mit dem Gesundheitsstrukturgesetz des Jahres 1993 eingeführt. Damit lag das Mengenrisiko bei der Ärzteschaft. In der Vergangenheit führte diese Regelung zu einem Punkteverfall, da jeder Arzt sein Umsatzvolumen nur durch eine steigende Menge an abgerechneten Leistungen erhalten konnte. Aufgrund der zahlreichen Ärzteproteste wurde durch das GKV-WSG bestimmt, dass Ärzte und Psychotherapeuten künftig im Vorhinein die Höhe der Vergütung ihrer Leistungen kennen sollen, um eine Kalkulationssicherheit zu erhalten. Zu diesem Zweck beauftragte der Gesetzgeber den Bewer-

17

212

tungsausschuss, die Grundlage für eine regionale Euro-Gebührenordnung festzulegen. Ausgangspunkt ist die Festlegung eines bundesweiten Orientierungswertes in Euro. Laut Gesetz muss der Orientierungswert alljährlich bis zum 31. August angeglichen werden. Nach langen Verhandlungen erfolgte die erstmalige Festlegung des Orientierungswertes zum 31. August 2008 durch Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses. Die Vertragspartner auf Länderebene, z. B. Bayern oder Sachsen, müssen sich an diesem bundesweit einheitlichen Orientierungswert ausrichten und regional geltende Punktwerte in Euro für die Vertragsärzte der KV-Region aushandeln. Grundsätzlich können die Verhandler einen Zu- oder Abschlag von den Orientierungswerten vereinbaren, um regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Diese können z. B. durch unterschiedliche Lohn- und Preisniveaus von Bundesland zu Bundesland gegeben sein. Der Punktwert einer KV-Region ist für alle Krankenkassen und Arztgruppen einheitlich. Damit entfällt die unterschiedliche Vergütung der Arztleistung nach Kassenart. Wenn sich die regionalen Vertragspartner auf Punktwerte verständigt haben, wird eine sogenannte regionale Gebührenordnung mit Europreisen (regionale Euro-Gebührenordnung) erstellt (§ 87a SGB V). 2010, 2011 und 2012 betrug der Orientierungswert 3,5048 Cent, 2013 stieg er auf 3,5363 Cent. Zum 1. Oktober 2013 wurden der Orientierungswert und der kalkulatorische Punktwert auf 10 Cent heraufgesetzt. Im Gegenzug wurden die Punktzahlen je Leistung proportional abgewertet, sodass die Erhöhung des Punktwerts kostenneutral blieb. Zum 1. Januar 2016 lag der Orientierungswert bei 10,4 361 Cent. Der Eurobetrag der erbrachten Leistung ergibt sich aus der Multiplikation der Punktzahl der einzelnen Leistung mit dem Punktwert. Eine erneute, schrittweise EBM-Reform wurde zum 1. Oktober 2013 angestoßen. Im Januar 2015 traten weitere Anpassungen in Kraft. Die Weiterentwicklung des EBM soll bis Ende März 2017 abgeschlossen sein. Ziel ist, die ärztliche Grundversorgung im Gegensatz zu den technikgebundenen Leistungen aufzuwerten. Seitdem gelten neue Regeln bei der Abrechnung von Leistungen, die in diesem Buch näher unter Abschnitt „Einzelne EBM-Nummern (Auswahl)“ dargestellt werden.

17.2 Abrechnung nach EBM

Systematik des EBM Der EBM gliedert sich in 7 Bereiche (▶ Abb. 17.2): ● allgemeine Bestimmungen, ● arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen, ● arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen, ● arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen, ● Kostenpauschalen, ● Anhänge, ● ausschließlich im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) berechnungsfähige Gebührenordnungspositionen.

Die Bereiche sind mit römischen Ziffern nummeriert, Kapitel und Abschnitte mit arabischen Ziffern. Der Euro-EBM ist in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Abrechnungsbereich getrennt und darüber hinaus innerhalb des fachärztlichen Bereichs differenziert nach Arztgruppen. Kein Arzt benötigt die gesamte Gebührenordnung; es genügt die Kenntnis der allgemeinen Bestimmungen und des jeweiligen Facharztkapitels. Die Leistungslegenden enthalten einen obligaten und einen fakultativen Bestandteil. Die in den Leistungen obligat aufgeführten Bestandteile müssen vollständig erbracht werden. Die Gebührennummer kann nur angesetzt werden, wenn jede obligate Leistung hinter einem Spiegelstrich durchgeführt wurde. Fehlt auch nur ein Bestand-

Struktur

allgemeine Bestimmungen

arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen

arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen

arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen

allgemeine Gebührenordnungspositionen

01100 – 01952

allgemeine diagnostische und therapeutische Gebührenordnungspositionen

02100 – 02520

hausärztlicher Versorgungsbereich

03000 – 03352

fachärztlicher Versorgungsbereich

05210 – 27333

spezieller Versorgungsbereich

30110 – 30956

... Laboratoriumsmedizin ...

32001 – 32863

Kostenpauschalen

Anhänge

17

ausschließlich im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) berechnungsfähige Gebührenordnungspositionen

Abb. 17.2 Systematik des EBM.

13

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung teil des Leistungsinhalts, ist die GOP nicht berechnungsfähig. Eine Ausnahme besteht, wenn Alternativen durch „Und/oder“-Verknüpfung aufgelistet sind. Hier muss mindestens eine der aufgeführten Leistungen erbracht werden. Werden jedoch beide Teile geleistet, kann die Nummer in diesem Fall auch nur einmal angesetzt werden. Im Gegensatz dazu müssen die in den Pauschalen fakultativ aufgeführten Leistungsbestandteile nicht erbracht werden, um eine Gebührenordnungsposition abrechnen zu können. Wurden diese erforderlich, darf keine zusätzliche Berechnung erfolgen. Der fakultative Leistungsbestandteil stellt immer eine „Kann“-Leistung dar, deren Erbringung vom Einzelfall abhängig ist. Die apparativen, räumlichen und persönlichen Voraussetzungen zur Leistungserbringung müssen allerdings gegeben sein, um die Leistung insgesamt abrechnungsfähig zu erhalten. Kann der Arzt oder die Praxis das nicht, weil z. B. ein Gerät fehlt, ist die ganze GOP nicht berechnungsfähig, auch wenn alle obligaten Leistungsinhalte erbracht wurden. ▶ Abb. 17.3 zeigt einen Auszug aus dem EBM, Kapitel 9: Hals-Nasen-Ohrenärztliche Gebührenordnungspositionen (Stand: 3/2016).

Allgemeine Bestimmungen Die allgemeinen Bestimmungen des EBM beinhalten grundlegende, auf die gesamte Gebührenordnung bezogene Abrechnungshinweise und umfassen insgesamt 7 Unterpunkte. Sie erläutern u. a., wann der Leistungsinhalt einer Gebührenordnungsposition vollständig erbracht ist. Ebenso werden Begriffe wie Behandlungs-, Krankheits-, Betriebsstätten- und Arztfall erklärt. Ein Behandlungsfall ist die gesamte von einer Praxis oder einem MVZ innerhalb eines Quartals an einem Patienten vorgenommene ambulante Behandlung, die zu Lasten derselben Krankenkasse geht. Das gilt auch, wenn aus einer behandelten Krankheit eine andere entsteht oder sich eine neue Erkrankung an diese anschließt. Beim Wechsel der Krankenkasse innerhalb des Kalendervierteljahres beginnt für diesen Patienten ein neuer Behandlungsfall. Hingegen zählt als Krankheitsfall eine Erkrankung innerhalb eines Zeitraumes von 4 Quartalen. Das besagt, dass eine Leistung, die einmal im Quartal 2/2016 erbracht wurde, erst wieder im Quartal 2/2017 in Ansatz gebracht werden darf. Beispiele hierfür sind:

17

214

● ●

GOP 30 110 Allergologiediagnostik I, GOP 01 821 Beratung im Rahmen der Empfängnisregelung.

Eine Reihe von Leistungen sind altersabhängig. Aus diesem Grund finden sich eindeutige Begriffsbestimmungen „Neugeborenes“, „Säugling“, „Kleinkind“, „Kind“, „Jugendlicher“ und „Erwachsener“ in den allgemeinen Bestimmungen des EBM. Unter den allgemeinen Bestimmungen sind auch der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt und weitere Kontakte erklärt.

Arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen Die arztgruppenübergreifenden allgemeinen Gebührenordnungspositionen (Bereich II des EBM) untergliedern sich in die Kapitel: ● 01: „Allgemeine Gebührenordnungspositionen“ und ● 02: „Allgemeine diagnostische und therapeutische Gebührenordnungspositionen“. Die „Allgemeinen Gebührenordnungspositionen“ beinhalten u. a. die Aufwandserstattung für die besondere Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten, Leistungen im organisierten Not(fall)dienst, Besuche, Visiten, schriftliche Mitteilungen oder Gutachten sowie Gesundheitsund Früherkennungsuntersuchungen. Bestandteil des Abschnitts „Allgemeine diagnostische und therapeutische Gebührenordnungspositionen“ sind Infusionen, die sogenannte „kleine Chirurgie“, Atemtests sowie die physikalisch-therapeutischen Gebührenordnungspositionen. Diese Gebührenordnungspositionen können von jedem Vertragsarzt unter Berücksichtigung der Berufsordnung, des Weiterbildungsrechts sowie ergänzender vertraglicher Bestimmungen abgerechnet werden.

Arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen Das Herzstück des EBM ist das anschließende arztgruppenspezifische Kapitel. Dieser Abschnitt ist getrennt für den hausärztlichen (IIIa) und den fachärztlichen Versorgungsbereich (IIIb) (▶ Abb. 17.4). Die Facharztkapitel sind mehrheitlich in Präambel, Grundpauschalen und diagnostische und therapeutische Gebührenordnungspositionen unter-

17.2 Abrechnung nach EBM

Bereich

III. Arztgruppenspezifische Leistung

Kapitel

9 Hals-Nasen-Ohrenärztliche Leistungen

Abschnitt

9.1 Präambel 1. Die in diesem Kapitel aufgeführten Gebührenordnungspositionen können ausschließlich von Fachärzten für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde berechnet werden.

3. Außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen sind bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen von den in der Präambel genannten Vertragsärzten – unbeschadet der Regelungen gemäß 5 und 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen – zusätzlich nachfolgende Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig: 30400 bis 30402, 30410, 30411, 30420, 30421, 30800, 36884, 37100, 37102, 37113 und 37120 Gebührenordnungspositionen der Abschnitte 30.1, 30.2, 30.3, 30.7.1, 30.7.2, 30.9, 30.12, 30.13, 31.2, 31.3, 31.4.3, 31.5, 31.6, 36.2, 36.3, 36.5 und 36.6.2 sowie Gebührenordnungspositionen der Kapitel 32, 33, 34, 35 und 38.

Zusätzlich abrechenbare Leistungen

2. Außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen sind von den in der Präambel genannten Vertragsärzten – unbeschadet der Regelungen gemäß 5 und 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen – zusätzlich nachfolgende Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig: 01100 bis 01102, 01210, 01212, 01214, 01216, 01218, 01220 bis 01222, 01320, 01321, 01410 bis 01416, 01418, 01420, 01425, 01426, 01430, 01435, 01436, 01440, 01510 bis 01512, 01600 bis 01602, 01610 bis 01612, 01620 bis 01623, 01701, 01705, 01706, 01783, 01800, 01802 bis 01811, 01950 bis 01952, 01955, 01956, 02100, 02101, 02110 bis 02112, 02120, 02200, 02300 bis 02302, 02310, 02320, 02323, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 02360, 02500 und 02510 bis 02512.

4. Bei der Berechnung der zusätzlichen Gebührenordnungspositionen in den Nummern 2 und 3 sind die Maßnahmen zur Qualitätssicherung gemäß §135 Abs. 2 SGB V, die berufsrechtliche Verpflichtung zur grundsätzlichen Beschränkung auf das jeweilige Gebiet sowie die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu beachten. 5. Werden die in den Grundpauschalen enthaltenen Leistungen entsprechend den Gebührenordnungspositionen 01600 und 01601 erbracht, sind für die Versendung bzw. den Transport die Kostenpauschalen nach den Nrn. 40120, 40122, 40124 und 40126 berechnungsfähig.

9.2 Hals-Nasen-Ohrenärztliche Grundpauschalen Grundpauschale

Leistungslegende, -inhalt

Obligater Leistungsinhalt – Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt, Fakultativer Leistungsinhalt – Weitere persönliche oder andere Arzt-Patienten-Kontakte gemäß 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen – Ärztlicher Bericht entsprechend der Gebührenordnungsposition 01600, – Individueller Arztbrief entsprechend der Gebührenordnungsposition 01601, – Endoskopische organbezogene Untersuchung(en), – Ohrmikroskopie, – in Anhang 1 aufgeführte Leistungen Abrechnungsbestimmung

einmal im Behandlungsfall Gebührenordnungsposition

09210

Grundpauschale bis 5. Lebensjahr

240 Punkte

09211

Grundpauschale 6.–59. Lebensjahr

198 Punkte

09212

Grundpauschale ab 60. Lebensjahr

205 Punkte

Punkte

Abb. 17.3 Auszug aus dem EBM, Hals-Nasen-Ohrenärztliche Gebührenordnungspositionen (Stand: 8/2016).

teilt. Die Gebührenordnungsposition für die Bronchoskopie ist z. B. in Kapitel 9.3 zu finden. „09“ steht für das fachgruppenspezifische EBM-Kapitel der HNO-Ärzte. Die Leistung selbst ist dem Abschnitt 3 den diagnostischen und therapeutischen Gebührenordnungspositionen zugeordnet. Arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen können nur von den Arztgruppen berechnet werden, die in den Präambeln des entspre-

chenden Kapitels genannt werden (z. B. dürfen Fachärzten für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde die Nummern aus dem Kapitel 09 abrechnen). In der Präambel finden sich auch noch weitere Gebührenordnungspositionen. Diese Gebührenordnungspositionen gehören zu den Kapiteln „arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen“ und „arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen“. Sie sind zusätzlich

17

15

Kapiteleinteilung 03

Hausarzt

16

Neurologe/Neurochirurg

04

Kinder-/Jugendmedizin

17

Nuklearmediziner

05

Anästhesist

18

Orthopäde

06

Augenarzt

19

Pathologe

07

Chirurg

20

Arzt für Phoniatrie und Pädaudiologie

08

Frauenarzt

21

Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie

09

HNO-Arzt

22

Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

10

Hautarzt

23

Psychotherapeut/Psychologe

11

Humangenetiker

24

Radiologe

12

Laborarzt

25

Strahlentherapeut

13

Arzt für Innere Medizin

26

Urologe

14

Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie

27

Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin

15

Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

fachärztlicher Versorgungsbereich

fachärztlicher Versorgungsbereich

hausärztlicher Versorgungsbereich

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

Abb. 17.4 Arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen, Kapiteleinteilung.

für die Fachgruppe berechnungsfähig, d. h., neben den Nummern aus dem Facharztkapitel darf der Arzt auch Nummern aus den „arztgruppenübergreifenden allgemeinen Gebührenordnungspositionen“ und „arztgruppenübergreifenden speziellen Gebührenordnungspositionen“ ansetzen. Mitunter sind besondere Qualifikationsvoraussetzungen an die Abrechnung gebunden.

Arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen Die Abrechnungsfähigkeit der arztgruppenübergreifenden speziellen Gebührenordnungspositionen ist an besondere Bedingungen geknüpft. Neben der Fachkunde und apparativen Ausstattung setzen sie ggf. auch die Teilnahme an Qualitätssicherungsmaßnahmen voraus (I.1.6. der Allgemeinen Bestimmungen). Die entsprechenden Abrechnungsvoraussetzungen sind in den jeweiligen Präambeln aufgelistet. Weiterhin müssen die entsprechenden Leistungen in der Präambel des Facharztkapitels als berechnungsfähige Leistungen benannt sein.

17

216

Das Kapitel 30 (spezielle Versorgungsbereiche) beinhaltet Gebührenordnungspositionen von der Allergologie über die Chirotherapie bis hin zur Schmerztherapie. Kapitel 31 befasst sich mit ambulanten Operationen, Anästhesien, prä- und postoperativen Leistungen sowie mit orthopädischchirurgisch konservativen Leistungen. Der Bereich IV wird mit dem Kapitel 32 „Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie“ fortgesetzt. Hieran schließen sich die Kapitel 33 „Ultraschalldiagnostik“, Kapitel 34 „Diagnostische und interventionelle Radiologie, Computertomografie und Magnetfeld-Resonanz-Tomografie“ und Kapitel 35 „Leistungen der Psychotherapie“ an. Kapitel 36 integriert belegärztliche Operationen, Anästhesien und die belegärztliche postoperative Überwachung und beendet den Bereich IV.

Kostenpauschalen Im Kapitel „Kostenpauschalen“ werden die Erstattungen für Kosten oder Auslagen, die der Vertragsarzt im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für

17.2 Abrechnung nach EBM den Patienten hat, behandelt. Kostenpauschalen gibt es z. B. für: ● Versandmaterial, -gefäße und die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial, Röntgenaufnahmen ● die Versendung bzw. den Transport von Briefen Die Kostenpauschalen weisen keinen Punktwert aus, sondern einen festen Eurobetrag.

Anhänge In den Anhängen sind zu finden: ● ein Verzeichnis der nicht gesondert abrechnungsfähigen Leistungen (Anhang 1), ● eine Zuordnung der operativen Prozeduren (OPS-Schlüssel) zu den Leistungen der Kapitel 31 und 36 (Anhang 2) sowie ● Plausibilitätszeiten (Anhang 3), ● Verzeichnis der nicht oder nicht mehr berechnungsfähigen Leistungen (Anhang 4), ● Anhang zum Abschnitt 30.12 EBM (Anhang 5). Auf keinen Fall dürfen die in Anhang 1 aufgeführten Leistungen den Versicherten als sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) privat nach GOÄ in Rechnung gestellt werden. Hingegen zählt der Anhang 4 Leistungen auf, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind. Diese können unter klar definierten Voraussetzungen (Aufklärung und schriftliche Zustimmung des Versicherten) als IGeL-Leistung abgerechnet werden.

Das Kapitel VII beinhaltet ausschließlich im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) berechnungsfähige Gebührenordnungspositionen.

Bedeutung der Gebührenordnungsposition Jede abrechenbare Leistung hat eine Ziffer – die Gebührenordnungsposition (GOP). Die Gebührenordnungspositionen im EBM sind 5-stellig. 1-stellige Kapitelnummern werden durch eine vorangestellte „0“ zweistellig. Die ersten 2 Ziffern stehen für die verschiedenen Fachrichtungen, z. B. 03… hausärztlicher Versorgungsbereich. Die letzten 3 Ziffern beschreiben die Leistungsart. ▶ Abb. 17.5 zeigt ein Beispiel. Mit den GOP 01 und 02 werden die arztgruppenübergreifenden Leistungen bezeichnet. Die Anfangsziffern 03 bis 27 kennzeichnen die arztgruppenspezifischen Leistungen. Die Kapitel mit den Anfangsziffern 03 und 04 beschäftigen sich mit dem hausärztlichen Versorgungsbereich. Die Ziffern 05 bis 27 schließen die Facharztkapitel ein. Die arztübergreifenden speziellen Leistungen beginnen mit den Ziffern 30 bis 36. Der Bewertungsmaßstab bestimmt (▶ Tab. 17.1): ● den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen – durch die entsprechende Leistungsdefinition, ● den Wert jeder Leistung in Punkten, ● die Bewertung der Leistungen im Verhältnis zueinander.

Tab. 17.1 Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen. Der Bewertungsmaßstab bestimmt: ●





den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen – durch die entsprechende Leistungsdefinition

den Wert jeder Leistung in Punkten die Bewertung der Leistungen im Verhältnis zueinander

Nr.:

Text:

01 410

Besuch eines Kranken, wegen der Erkrankung ausgeführt

01 411

dringender Besuch wegen der Erkrankung, unverzüglich nach Bestellung ausgeführt

01 410

212 Punkte

01 411

469 Punkte der „dringende Besuch I“ (Nr. 01 411) mit 469 Punkten wird mehr als doppelt so hoch vergütet wie der „Besuch eines Kranken“ (Nr. 01 410) mit 212 Punkten

17

17

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

Leistungsart: Grundpauschale bis 5. Lebensjahr GOP

09

2

10 Nummer: fortlaufende Nummerierung

Abschnitt 2: Hals-Nasen-Ohrenärztliche Grundpauschalen Kapitel 09 Hals-Nasen-Ohrenärztliche Gebührenordnungspositionen

240 Punkte

Abb. 17.5 Bedeutung der Gebührennummer.

Einzelne EBM-Nummern (Auswahl) Allgemeine Gebührenordnungspositionen Die allgemeinen Gebührenordnungspositionen beinhalten z. B. sogenannten „Unzeiten“, Hausbesuche und Visiten, Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall sowie für schriftliche Mitteilungen und Gutachten.

Besondere Inanspruchnahme Erbringt ein Arzt Leistungen außerhalb der „Geschäftszeiten“ – zu einer „Unzeit“ – so sieht der EBM 3 GOP vor (GOP: 01 100, 01 101 und 01 102) für die besondere Inanspruchnahme des Vertragsarztes (▶ Abb. 17.6). Da der EBM nur von der Inanspruchnahme des Arztes und nicht von der persönlichen Inanspruchnahme spricht, sind die GOP auch bei telefonischen Beratungen möglich.

Bei den GOP 01 100 und 01 101 handelt es sich um unvorhergesehene Inanspruchnahmen. Sie können nur zu den in den Leistungslegenden vorgegebenen Zeiten berechnet werden. Sofern Sprechstunden zu diesen Zeiten durchgeführt oder Patienten einbestellt wurden, besteht keine Abrechnungsmöglichkeit. In gleicher Weise sind die 2 GOP nicht abrechnungsfähig, wenn der Arzt am organisierten Notfalldienst mitwirkt. Im Gegensatz dazu können sowohl die GOP 01 100 als auch die GOP 01 101 neben Visiten auf Belegstationen (GOP 01 414) abgerechnet werden. Neben diesen unvorhergesehenen Inanspruchnahmen existiert die GOP 01 102. Im Vergleich zu den GOP 01 100 und 01 101 ist diese Leistung auch bei Sprechstundenbehandlung an Samstagen und bei Einbestellung des Patienten abrechenbar. Mit dieser GOP wird die geplante Inanspruchnahme eines Vertragsarztes oder seines persönlichen Vertreters an Samstagen zwischen 7 und 14 Uhr erstattet. Die arztgruppenspezifische Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschale ist im Falle eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontaktes ebenso extra berechnungsfähig.

Organisierter Notfalldienst Bislang erhielten niedergelassene Ärzte bei Berechnung der Notfallpauschalen jeweils automatisch einen Zuschlag für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft. Krankenhäuser, die auch in den Notfalldienst eingebunden wurden, konnten diese Zuschläge nicht berechnen. Die Klage gegen die daraus resultierende Ungleichbehandlung hatte Erfolg. Rückwirkend zum 1. Januar 2008 hat der Bewertungsausschuss die Vergütung der ambulanten Notfallversorgung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) neu geregelt. Die ambulanten Notfallleistungen der Krankenhäuser wurden

Besondere Inanspruchnahme des Vertragsarztes

19:00 bis 22:00 Uhr 01100

17

01101

22:00 bis 07:00 Uhr

01100

Wochenende/ Feiertag 07:00 bis 19:00 Uhr

Sa.-Sprechstunde 07:00 bis 14:00 Uhr

01100 01101

01102

Abb. 17.6 Besondere Inanspruchnahme des Vertragsarztes (Übersicht).

218

Wochenende/ Feiertag 19:00 bis 07:00 Uhr

01101 01102

17.2 Abrechnung nach EBM mit denen des ambulanten Versorgungsbereichs gleichgestellt. Die Zusatzpauschalen für das Vorhalten der Besuchsbereitschaft, die bis dahin Gültigkeit hatten, wurden ersatzlos gestrichen (GOP 01 211, 01 215, 01 217 und 01 219). Stattdessen wurde die bisherige Notfallpauschale in eine Tages- und eine Nacht-/Wochenendund Feiertagspauschale unterteilt. Nun unterscheiden sich die Notfallpauschalen, je nachdem, ob die Leistung vor 19 Uhr oder danach erbracht wurde. Die Pauschale vor 19 Uhr beim ersten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt ist mit der GOP 01 210 abrechnungsfähig. Ab 19 Uhr sowie ganztägig an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen setzt der Arzt beim ersten persönlichen Arzt-PatientenKontakt die GOP 01 212 an. In den Notfallpauschalen sind die Leistungen des EBM, die im Anhang 1 in der Spalte GP verzeichnet sind, integriert und können damit nicht mehr gesondert abgerechnet werden. Die Nebeneinanderberechnung dieser Notfallpauschalen ist im Behandlungsfall ausgeschlossen. Kommt es zu einem weiteren Kontakt oder ruft ein Patient den Arzt im Notfalldienst an, muss der Arzt Tageszeit und Wochentag nach dem EBM beachten. Es stehen nun 3 Notfallkonsultationspauschalen zur Verfügung. Der Arzt rechnet eine der 3 folgenden GOP-Nummern ab:







Notfallkonsultationspauschale II (GOP 01 216): an Wochentagen zwischen 19 und 22 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen zwischen 7 und 19 Uhr, Notfallkonsultationspauschale III (GOP 01 218): an Wochentagen zwischen 22 und 7 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen zwischen 19 und 7 Uhr, Notfallkonsultationspauschale I (GOP 01 214): in allen anderen Zeiten des Notfalldienstes, zum Beispiel am Mittwochnachmittag.

Uhrzeitangaben sind bei der Berechnung von Leistungen im Notfalldienst anzugeben. ▶ Abb. 17.7 fasst die Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Notfalldienst zusammen.

Besuche Besuche des Arztes werden nach den GOP 01 410, 01 411, 01 412 und 01 413 berechnet. Bei einem dringenden Besuch in beschützenden Wohnheimen beziehungsweise Alten- und Pflegeheimen wird nach der GOP 01 415 abgerechnet. Diese Abrechnungsmöglichkeit soll Klinikeinweisungen reduzieren. Bei Routinebesuchen im Altenheim kann die GOP 01 415 nicht berechnet werden, da es sich

Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-fall)dienst GOP 01210

Notfallpauschale im organisierten Not(fall)dienst und für … Krankenhäuser • zwischen 7 und 19 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24. und 31. Dezember)

GOP 01212

Notfallpauschale im organisierten Not(fall)dienst und für … Krankenhäuser einmal im • zwischen 19 und 7 Uhr des Folgetages Behandlungs• ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am fall 24. und 31. Dezember

GOP 01214

Notfallkonsultationspauschale I in allen anderen Zeiten des Notfalldienstes, außerhalb der Zeiten GOP 01216 und 01218

GOP 01216

Notfallkonsultationspauschale II • an Wochentagen zwischen 19 und 22 Uhr • an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember zwischen 7 und 19 Uhr

GOP 01218

Notfallkonsultationspauschale III • an Wochentagen zwischen 22 und 7 Uhr • an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24. und 31. Dezember zwischen 19 und 7 Uhr

für pers. Erstkontakt

Folgekontakt oder tel. Kontakte

je ArztPatientenKontakt

17

Abb. 17.7 Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(fall)dienst.

19

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung um keinen dringenden Besuch handelt. In diesem Fall wird die GOP 01 410 angesetzt. Ein Besuch liegt vor, wenn der Arzt seine Praxis, seine Wohnung oder einen anderen Ort verlassen muss, um einen Erkrankten zu behandeln. Selbst wenn der Arzt einen Unfallverletzten auf der Straße behandelt, liegt ein Besuch vor. Die beim Besuch auszuführenden ärztlichen Leistungen können zusätzlich berechnet werden. Ebenso ist das Ansetzen der Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschale neben einem Hausbesuch zulässig. Zusätzlich zu jeder Art von Besuchsgebühr kann eine Wegepauschale, d. h. die Entschädigung für die Wegstrecke, berechnet werden. Ausgenommen hiervon ist der Besuch eines weiteren Kranken in derselben sozialen Gemeinschaft (GOP 01 413). Der „Mitbesuch“ wird ohne Wegegeld berechnet.

X

Fall Besuch eines Kranken

Ein 80-jähriger Mann, bettlägerig, wird zum ersten Mal in diesem Quartal von seinem Hausarzt zu Hause aufgesucht. Welche GOP ist für die Behandlung ansetzbar? (▶ Tab. 17.2)

X

Fall

Notfallpauschale und Besuche im Notfalldienst (nach: Kassenärztliche Vereinigung WestfalenLippe, 2015) Ein Patient wird im organisierten Notfalldienst am Samstag behandelt. Da sich der Zustand verschlechtert, wird der Patient am Sonntag um 12:45 Uhr im Rahmen des organisierten Notfalldienstes zu Hause aufgesucht. Ein weiterer Besuch wird sonntagnachts um 23:00 Uhr erforderlich. Welche GOP ist für die Behandlung ansetzbar (▶ Tab. 17.3)? Tab. 17.3 Notfallpauschale und Besuche im Notfalldienst. Tag

Nummer

Leistung

Samstag

1 A-P-K:

01 212 (09:00)

Notfallpauschale im org. Notfalldienst am Samstag

Sonntag

1 A-P-K:

01 216 (12:45)

Notfallpauschale im org. Notfalldienst am Samstag, weiterer A-P-K

01 418 (12:45)

Besuch im organisierten Notfalldienst

01 218 (23:00)

Notfallpauschale im org. Notfalldienst am Samstag, weiterer A-P-K

01 418 (23:00)

Besuch im organisierten Notfalldienst

Tab. 17.2 Besuch eines Kranken. GOP

Leistungsbeschreibung

03 000

Versichertenpauschale (KV ändert in 03 005)

03 040

Vorhaltepauschale (von der zuständigen KV „automatisch“ zugefügt)

01 410

Besuch eines Kranken

Wegepauschale

Besuche im organisierten ärztlichen Notfalldienst sind unabhängig vom Zeitpunkt der Inanspruchnahme nach GOP 01 418 abzurechnen. Die GOP 01 418 müssen Ärzte mit der Uhrzeitangabe versehen. Beim Erstbesuch im Quartal ist zusätzlich, abhängig von der Tageszeit, die GOP 01 210 oder GOP 01 212 abzurechnen. Wird derselbe Patient in demselben Quartal durch denselben Arzt erneut im Notfalldienst aufgesucht, ist neben der Besuchsposition GOP 01 418 in Abhängigkeit von der Tageszeit eine der Pauschalen nach den GOP 01 214, 01 216 oder GOP 01 218 zu berechnen.

17

220

2 A-P-K:

Besuche mit Unterbrechung der Sprechstundentätigkeit und Verlassen der Praxisräume sind immer nach der GOP 01 412 anzusetzen. Die Abrechnung eines Mitbesuchs nach GOP 01 413 ist möglich für den 2. und jeden weiteren Patienten derselben sozialen Gemeinschaft. Das wäre z. B. in einer Familie, einem Pflege- oder Altenheim oder einer Wohngemeinschaft der Fall. Leistungen für die besondere Inanspruchnahme nach den GOP 01 100 bis 01 102 sind nicht neben den Besuchsleistungen berechnungsfähig.

17.2 Abrechnung nach EBM

01436 = Patient kommt mit einer Überweisung zur Durchführung …

von Leistungen nach…

einer Auftragsleistung, die nicht in Anhang 1 aufgeführt ist. 31.1

31.2 und oder 31.5

31.4

präoperative Leistungen (z.B. zur OP-Vorbereitung)

ambulanteOperationen; Anästhesien

postoperative Behandlungskomplexe

Überweisung derselben Arztgruppe

Abb. 17.8 Konsultationspauschale.

Konsultationspauschale Der EBM enthält eine weitere Pauschale, die sogenannte Konsultationspauschale (GOP 01 436, ▶ Abb. 17.8). Obligater Leistungsinhalt ist der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt. Die lediglich mit 18 Punkten bewertete Konsultationspauschale kommt generell bei Überweisungen zur Durchführung von Auftragsleistungen (Indikations- oder Definitionsauftrag) und bei Überweisungen zur präoperativen Diagnostik (Abschnitt 31.1) zum Tragen.

X

Fall Konsultationspauschale

Ein Internist überweist zur Durchführung einer sonografischen Untersuchung der Genitalorgane an einen Gynäkologen. Welche GOP sind ansetzbar? (▶ Tab. 17.4) Tab. 17.4 Konsultationspauschale. GOP

Leistungsbeschreibung

33 044

Sonografie der weiblichen Genitalorgane, ggf. einschließlich der Harnblase

01 436

Konsultationspauschale

01 600 ggf. Porto

ärztlicher Bericht nach Untersuchung

Des Weiteren ist die Nummer 01 436 im Rahmen ambulanter Operationen (Abschnitt 31.2), der postoperativen Nachsorge (Abschnitt 31.4) oder zur Erbringung von Narkosen/Anästhesien (Abschnitt 31.5) abrechnungsfähig, sofern eine Überweisung innerhalb derselben Fachgruppe – also Hausarzt an Hausarzt - vorliegt. Soll neben der GOP 01 436 eine arztgruppenspezifische Versicherten-, Grund- und/oder Konsiliarpauschale berechnet werden, ist in demselben Behandlungsfall mindestens ein weiterer persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt notwendig.

Verwaltungskomplex Der Verwaltungskomplex (GOP 01 430) ist eine Leistung ohne Arztkontakt. Unter der GOP 01 430 können abgerechnet werden: ● die alleinige Ausstellung eines Wiederholungsrezeptes, ● die alleinige Ausstellung eines Überweisungsscheines, ● die Übermittlung von Befunden und/oder ärztlichen Anordnungen an den Patienten durch das Praxispersonal im Auftrag des Arztes. Der Verwaltungskomplex ist nur als alleinige Leistung im Arztfall und nicht mehrfach an demselben Tag berechnungsfähig. Eine Berechnung neben einer Versicherten-, Grund- und/oder Konsiliarpauschale ist damit ausgeschlossen. Kosten können allerdings daneben abgerechnet werden, z. B. Porto nach GOP 40 120 ff.

17

21

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

X

Fall Verwaltungskomplex

Eine Patientin war im letzten Quartal zur Blutuntersuchung. Die Patientin erkundigt sich telefonisch und bittet um die Befundmitteilung. Die Medizinische Fachangestellte ist befugt, die Befunde weiterzugeben, und teilt diese mit (▶ Tab. 17.5). Tab. 17.5 Verwaltungskomplex. GOP

Leistungsbeschreibung

01 430

Verwaltungskomplex

Pauschale berechnet werden, wenn eine Bezugsperson des Patienten vom Arzt beraten wird, ohne dass der Patient anwesend ist (mittelbarer A-P-K). Nie darf die GOP 01 435 im organisierten Notfalldienst berechnet werden.

Hausärztlicher Versorgungsbereich Im hausärztlichen Versorgungsbereich (Kapitel 3 und 4 des EBM) wurde weitestgehend auf Pauschalen umgestellt. Lediglich besondere Leistungen und Leistungskomplexe können einzeln berechnet werden.

Hausärztliche Versichertenpauschalen Die gleichen Bedingungen bestehen auch beim Ansatz der GOP 01 435 (haus-/fachärztliche Bereitschaftspauschale). Im Unterschied zur GOP 01 430 ist die GOP 01 435 nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig. Die telefonische Beratungsziffer ist berechnungsfähig, wenn der Patient den Arzt anruft und nicht umgekehrt. Ferner kann diese

▶ Versichertenpauschale. Ein Großteil dessen, was der Hausarzt leistet, wird mit der Versichertenpauschale abgedeckt. Sie ist in Altersgruppen differenziert, um die altersspezifische Morbidität besser abzubilden (▶ Abb. 17.9). Ausschlaggebend für die Zuordnung zu einer Altersklasse ist das Alter des Patienten bei der ersten Inanspruchnahme bzw. am Tag der ersten Leis-

Versichertenpauschale: GOP 03000

Pseudo-Nr.

17

GOP 03001

bis zum vollendeten 4. Lebensjahr

GOP 03002

ab Beginn des 5. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

GOP 03003

ab Beginn des 19. bis zum vollendeten 54. Lebensjahr

GOP 03004

ab Beginn des 55. bis zum vollendeten 75. Lebensjahr

GOP 03005

ab Beginn des 76. Lebensjahres

Die Zuordnung zu den Altersklassen erfolgt durch die Praxissoftware bzw. durch die KV.

222

Abb. 17.9 Versichertenpauschale differenziert nach dem Alter.

17.2 Abrechnung nach EBM tungserbringung im Quartal (I 4.3.5 der Allgemeinen Bestimmungen). Die Praxis trägt aber immer nur die GOP 03 000 in das Praxisverwaltungssystem ein. Die Altersdifferenzierung bei der Versichertenpauschale (GOP 03 001–03 005) wird automatisch durch die Praxissoftware bzw. Kassenärztliche Vereinigung vorgenommen. Für die Behandlung eines Kindes bis zum vollendeten 4. Lebensjahr ergibt sich folglich über die Software die GOP 03 001. Behandelt ein Hausarzt einen Patienten ab dem 76. Lebensjahr, wird die GOP 03 005 abgerechnet. Voraussetzung für die Berechnung der Versichertenpauschalen ist ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt, dies ist der obligate also verpflichtende Leistungsinhalt. Bei ausschließlich präventiver Inanspruchnahme sind die Versicherten-

pauschalen nicht berechnungsfähig. Fakultative Leistungsinhalte umfassen die Patientenbehandlung und -betreuung in Kenntnis seines Umfelds, die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Dokumentation und Zusammenführung der Behandlungsdaten. Die Versichertenpauschale ist nur einmal im Quartal (Behandlungsfall) berechnungsfähig, gleichgültig, wie oft der Patient Kontakt mit dem Arzt bzw. der Praxis hatte oder wie lange ein solcher Kontakt gedauert hat. In der Versichertenpauschale sind alle in Anhang 1 in der Spalte VP aufgeführten Leistungen enthalten. Welche Leistungen das sind, ergibt sich aus dem Kreuz in der entsprechenden Spalte der Tabelle.

X

Fall Versichertenpauschale Eine 43-jährige Frau kommt das 1. Mal in diesem Quartal in die Sprechstunde ihres Hausarztes. Sie klagt über starke Halsschmerzen, Schnupfen und Husten. Der Arzt untersucht den Nasen-RachenRaum, horcht die Lunge ab, verordnet ihr ein Medikament und stellt für die nächsten 3 Tage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Welche GOP ist für die Behandlung ansetzbar? (▶ Tab. 17.6) ▶ Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme. Wird ein Hausarzt von einem Patienten unvorhergesehen in Anspruch genommen oder zu einem dringenden Besuch aufgefordert, kann die Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme (GOP: 03 030) abgerechnet werden. Die GOP 03 030 ist maximal 2mal pro Patient in einem Quartal berechnungsfähig. Zusätzlich ist entweder ein Hausbesuch nach den GOP 01 411, 01 412, 01 415 oder die GOP 01 100 bzw. 01 101 ansatzfähig. Gibt es in demselben Quartal allerdings noch andere ArztPatienten-Kontakte im Rahmen von Sprechzeiten, ist die Versichertenpauschale nach der GOP 03 000 berechnungsfähig. Die Berechnungsmöglichkeit der GOP 03 030 entfällt. ▶ Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags. Ein Hausarzt soll in Kenntnis des häuslichen und familiären Umfeldes seinen Patienten in Diagnostik und The-

Tab. 17.6 Versichertenpauschale. GOP

Leistungsbeschreibung

03 000

hausärztliche Versichertenpauschale (KV ändert in 03 003)

03 040

Vorhaltepauschale (von der zuständigen KV „automatisch“ zugefügt)

rapie betreuen sowie die diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen koordinieren (§ 73 SGB V). Um diesen umfassenden hausärztlichen Versorgungsauftrags wahrzunehmen und zur Deckung der Fixkosten einer Hausarztpraxis wurde die Zusatzpauschale GOP 03 040 als neue GOP in den EBM aufgenommen. Bislang wurde die Finanzierung dieser Aufwendungen mit der Versichertenpauschale abgegolten. Die Pauschale bekommt der Arzt automatisch von seiner Kassenärztlichen Vereinigung für jeden Behandlungsfall, bei dem die Versichertenpauschalen (GOP 03 000) bzw. die unvorhergesehene Inanspruchnahme (GOP 03 030) abgerechnet wurde. Wird die Unzeiten-Versichertenpauschale (GOP 03 030) abgerechnet, reduziert sich das Honorar der GOP 03 040 um die Hälfte. Der Abschlag entfällt bei zweimaliger Berechnung der GOP 03 030 im Behandlungsfall.

17

23

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung Erbringt der Hausarzt im Behandlungsfall zusätzlich oder ausschließlich Leistungen, die nicht zum hausärztlichen Versorgungsbereich zählen,

z. B. Akupunktur, Phlebologie oder Psychotherapie, wird dieser Zuschlag nicht gezahlt. Weitere Abrechnungsausschlüsse sind zu beachten.

X

Fall Beispiel zu den Abrechnungsausschlüssen (nach: Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz, 2013) Ein 30-jähriger Patient wird wegen einer Erkältung behandelt. Im weiteren Verlauf des Quartals erfolgt eine Akupunktur. Geben Sie an, welche GOPs abgerechnet werden (▶ Tab. 17.7).

Für Praxen mit weniger als 400 Behandlungsfällen je Arzt wird die Pauschale mit einem Abschlag versehen. Bei Praxen mit mehr als 1200 Behandlungsfällen je Arzt kommt ein Aufschlag in Höhe von 14 Punkten dazu.

Chronikerpauschalen, Gesprächsleistung ▶ Chronikerpauschalen. Zur Betreuung chronisch Kranker erhält der Hausarzt weitere Zuschläge. Bei lediglich einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt rechnet der Arzt die GOP 03 220 ab. Bei einem weiteren persönlichen Kontakt im Quartal wird die GOP 03 221 als Zuschlag zur GOP 03 220 angefügt. Beide Positionen sind nebeneinander abrechenbar. Die Berechnung der GOP 03 220 und GOP 03 221 setzt die Angabe der gesicherten Diagnosen gemäß ICD-10-GM voraus. Chronikerpauschalen sind berechnungsfähig, wenn 2 Kriterien erfüllt sind: Zum einen muss der Patient unter mindestens einer lang andauernden, lebensverändernden chronischen Erkrankung leiden, z. B. Diabetes mellitus, Asthma bronchiale, Morbus Crohn. Zum anderen muss eine kontinuierliche ärztliche Behandlung und Betreuung nötig sein. Der EBM legt exakt fest, was darunter zu verstehen ist. Eine kontinuierliche ärztliche Behandlung besteht, wenn im Zeitraum der letzten vier Quartale in mindestens drei Quartalen jeweils mindestens ein Arzt-Patienten-Kontakt (davon zwei persönliche) wegen dieser Erkrankung in derselben Praxis stattgefunden hat. Das aktuelle Quartal ist mitzuzählen. Zu den vier Quartalen gehören das laufende und die drei vorherigen. Wurde ein Patient erstmalig wegen derselben Erkrankung im II. Quartal 2015 behandelt, zählt er im I.

17

224

Tab. 17.7 Abrechnungsausschlüsse. GOP

Leistungsbeschreibung

03 000

hausärztliche Versichertenpauschale (KV ändert in 03 003) keine Zusetzung der GOP 03 040

30 791

Durchführung einer Körperakupunktur

Quartal 2016 als Chroniker. Bei Neugeborenen und Säuglingen kann die Chronikerpauschale auch dann angesetzt werden, wenn noch keine kontinuierliche ärztliche Behandlung besteht. Die geforderten drei Arzt-Patienten-Kontakte müssen nicht unbedingt in derselben Hausarztpraxis stattgefunden haben. Auch beim Wechsel des betreuenden Hausarztes (z. B. ehemaliger Hausarzt geht in den Ruhestand) kann der aufnehmende Hausarzt die Chronikerpauschale berechnen. Der übernehmende Hausarzt muss die Chronikerpauschale im ersten Abrechnungsquartal mittels einer kodierten Zusatznummer kenntlich machen (z. B. mit dem Buchstaben „H“; 03 220H). KV-interne Regelungen sind zu beachten. Analog gelten bei der Abrechnung der Chronikerpauschalen die gleichen Ausschlussbestimmungen wie bei der Vorhaltepauschale. Chronikerpauschalen sind nicht berechnungsfähig in Behandlungsfällen, in denen Leistungen abgerechnet werden, die nicht dem hausärztlichen Versorgungsauftrag zugeordnet sind. Faustregel: Keine Vorhaltepauschale – keine Chronikerpauschale. ▶ Problemorientiertes ärztliches Gespräch. Das problemorientierte ärztliche Gespräch trägt die Abrechnungsziffer GOP 03 230. Hausärzte können sie abrechnen, wenn das ärztliche Gespräch aufgrund der Art und Schwere der Erkrankung geführt wird. Was unter „Art und Schwere der Erkrankung“ zu verstehen ist, sagt der EBM nicht. Die Leistung darf je vollendete zehn Minuten Gesprächsdauer berechnet werden. Dauert das Ge-

17.2 Abrechnung nach EBM spräch 25 Minuten, ist die GOP 03 230 zweimal anzusetzen. Auch bei einem Gespräch mit einer Bezugsperson sowie bei einem telefonischen ärztlichen Gespräch ist die GOP abrechnungsfähig. Im Notfall und im organisierten Notfalldienst ist die GOP 03 230 nicht berechnungsfähig. Wird die GOP neben einer diagnostischen bzw. therapeutischen Leistung abgerechnet, muss die Dauer des gesam-

ten A-P-K zehn Minuten für die GOP 03 230 plus die Zeit für die Leistung ausmachen. Um eine Ausweitung der Gesprächsleistungen zu verhindern, wird je Praxis ein quartalsbezogenes Kontingent für Gesprächsleistungen gebildet (Obergrenze). Die über das Punktzahlvolumen des Gesprächskontingentes hinausgehenden Gespräche werden nicht vergütet.

X

Fall Chronikerpauschale und problemorientiertes ärztliches Gespräch

Tab. 17.8 Chronikerpauschale und problemorientiertes ärztliches Gespräch.

(nach Kassenärztlicher Bundesvereinigung, 2013) Die 69-jährige Patientin leidet an Typ-II-Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und Koronarer Herzkrankheit (KHK). Die chronisch kranke Frau wird regelmäßig behandelt. Erstmalig sucht sie in diesem Quartal ihren Hausarzt auf, der eine Langzeit-Blutdruckmessung macht und ein problemorientiertes Gespräch führt. Geben Sie an, welche GOP abgerechnet werden (▶ Tab. 17.8).

GOP

Leistungsbeschreibung

03 000

hausärztliche Versichertenpauschale (KV ändert in 03 004)

03 040

Vorhaltepauschale (von der zuständigen KV „automatisch“ zugefügt)

03 324

Langzeit-Blutdruckmessung

03 220

Chronikerpauschale

03 230

Problemorientiertes ärztliches Gespräch

Besondere Leistungen Im hausärztlichen Bereich gibt es nur noch wenige Positionen, die als besondere Einzelleistungen abgerechnet werden dürfen. Diese GOP kann der Hausarzt neben der Versichertenpauschale bei Erbringung der genannten Leistung abrechnen. Sie sind somit für ihn nicht Bestandteil der in Anlage 1 genannten Leistungen und damit nicht mit der Versichertenpauschale abgegolten. Dazu zählen beispielsweise das Testverfahren bei Demenzverdacht (03 242), das Belastungs-EKG (03 321) sowie die spirografische Untersuchung (03 330). Daneben kann der Hausarzt auch noch die in seiner Präambel ausdrücklich genannten GOP abrechnen.

Fachärztlicher Versorgungsbereich Der fachärztliche Versorgungsbereich beginnt mit Kapitel 5 der Anästhesiologischen Gebührenordnungspositionen und endet mit Kapitel 27 zu Gebührenordnungspositionen der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin. In der Regel ist dem fachärztlichen Gebührenordnungskapitel die Präambel vorangestellt, gefolgt von den Grundpauschalen sowie den diagnostischen und thera-

peutischen Gebührenordnungspositionen. Ähnlich wie bei den Hausärzten hat auch im fachärztlichen Versorgungsbereich die Pauschalierung der Leistungen an Priorität gewonnen. Für die fachärztliche Versorgung bilden die Grund- bzw. die Konsiliarpauschalen die Basis.

Grundpauschalen Die Grundpauschalen werden in 3 Alterskategorien unterteilt. Sie sind – mit Abweichungen – in ihrer Grundstruktur identisch mit den einzelnen Facharztkapiteln. Diese Grundpauschalen sind einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig und setzen mindestens 1 persönlichen Arzt-PatientenKontakt im Rahmen der Regelversorgung voraus. Bedingung für einen persönlichen Arzt-PatientenKontakt sind eine räumliche und zeitgleiche Anwesenheit des Arztes und des Patienten und eine direkte Interaktion (z. B. Gespräch). Bei einem ausschließlich telefonischen Kontakt ist die Grundpauschale nicht abrechenbar (I 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen). Mit den Grundpauschalen werden alle in den jeweiligen Leistungslegenden sowie die im Anhang 1 des EBM aufgeführten Leistungen (beispielsweise Blutentnahme durch Ve-

17

25

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung nenpunktion, EKG, Injektionen etc.) pauschal vergütet. Die Grundpauschale entspricht der Versichertenpauschale im hausärztlichen Versorgungsbereich. ▶ Tab. 17.9 zeigt einen Auszug aus der Gebührenordnung aus dem Bereich III.b. EBM: Fachärztlicher Versorgungsbereich, Kapitel. 18.2.: Orthopädische Grundpauschalen. Der EBM fördert die fachübergreifende Kooperation. So können mehrere Fachärzte verschiedener Arztgruppen jeweils die volle Grundpauschale abrechnen, wenn sie denselben Patienten in einer Berufsausübungsgemeinschaft oder einem medizinischen Versorgungszentrum betreuen. Dagegen kann eine Praxis mit Mitgliedern derselben Fachgruppe nur einmal die volle Grundpauschale abrechnen, – unabhängig davon, ob bei der Behandlung des Patienten mehrere Ärzte mitgewirkt haben. Das entspricht auch den Intentionen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes.

Pauschale zur Förderung der fachärztlichen Grundversorgung (PFG) Zur Förderung der fachärztlichen und wohnortnahen Grundversorgung wurde ein neuer Zuschlag eingeführt – die Pauschale zur Förderung der fachärztlichen Grundversorgung (PFG, I 4.3.8. der Allgemeinen Bestimmung). Die Pauschale ist je nach Arztgruppe unterschiedlich hoch. Die PFG wird von der KV zugesetzt und steht Fachärzten der Grundversorgung zu. Dazu gehören zum Beispiel Augenärzte, Orthopäden, HNO-Ärzte, Chirur-

gen und Hautärzte. Sie wird einmal im Quartal gezahlt, und zwar für jeden Behandlungsfall, bei dem der Arzt ausschließlich konservativ tätig ist. In Behandlungsfällen, in denen spezialisierte Leistungen wie ambulantes Operieren, Akupunktur oder Schmerztherapie stattfinden, ist die Abrechnung des Zuschlags nicht möglich. Leistungen, die zum Ausschluss der Pauschale führen, werden im Anhang 3 zum EBM gekennzeichnet. Sie sind mit einem Stern markiert.

Info

Z

Pauschale zur Förderung der fachärztlichen Grundversorgung (PFG) (nach: Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, 2013) Untersucht ein Augenarzt die Sehfähigkeit eines Patienten oder behandelt er eine Bindehautentzündung, rechnet er die Pauschale ab. Führt er hingegen eine Katarakt-Operation durch, erhält er keine Pauschale.

Finanziert wird die Pauschale aus Einsparungen und Honorarzuwächsen im fachärztlichen Versorgungsbereich. Daneben erhalten grundversorgende Fachärzte je PFG einen weiteren, festen Zuschlag. Die Höhe des Zuschlags liegt einheitlich bei 26,7 % der jeweiligen PFG. Die Vergütung erfolgt extrabudgetär und damit stets in voller Höhe. Den Zuschlag fügt die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung automatisch bei der Abrechnung für jeden PFG-Fall zu.

Tab. 17.9 Auszug aus der Gebührenordnung, Kap. 18.2.: Orthopädische Grundpauschalen. Beschreibung

Orthopädische Grundpauschalen

GOP 18 210

für Versicherte bis zum vollendeten 5. Lebensjahr

GOP 18 211

für Versicherte ab Beginn des 6. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr

GOP 18 212

für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahres

obligater Leistungsinhalt

persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt

fakultativer Leistungsinhalt





17

● ●

Abrechnungsbestimmung

226

weitere persönliche oder andere Arzt-Patienten-Kontakte gemäß I 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen ärztlicher Bericht entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 600 individueller Arztbrief entsprechend der Gebührenordnungsposition 01 601 in Anhang 1 aufgeführte Leistungen

einmal im Behandlungsfall

17.2 Abrechnung nach EBM

Konsiliarpauschale Die Konsiliarpauschale gilt dagegen für die Facharztgruppen, von denen der behandelnde Arzt hauptsächlich diagnostische Leistungen anfordert. Hierzu gehören z. B. Ärzte für Laboratoriumsmedizin (Kapitel 12 des EBM), Nuklearmedizin (Kapitel 17 des EBM), Pathologie (Kapitel 19 des EBM), Radiologie (Kapitel 24 des EBM) oder Strahlentherapie (Kapitel 25 des EBM). Diese Arztgruppen werden ausschließlich auf Überweisung eines anderen Arztes tätig. Die Konsiliarpauschalen können nur einmal im Quartal berechnet werden. Um die Konsiliarpauschale abrechnen zu können, muss es mindestens einmal einen unmittelbaren persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patienten gegeben haben. Ein alleiniger telefonischer Kontakt oder ein Kontakt alleine mit einer Bezugsperson genügen nicht. Die in Anhang 1 des EBM aufgeführten Leistungen sind in den Konsiliarpauschalen enthalten und können nicht gesondert abgerechnet werden.

17.2.4 Vergütung der Ärzte (Honorarverteilung) ▶ Gesamtvergütung. Die Gesamtvergütung wird von den gesetzlichen Krankenkassen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung an die Kassenärztliche Vereinigung entrichtet. Sie besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) und der Vergütung für weitere Leistungen außerhalb der MGV. Die Höhe der Gesamtvergütung wird jährlich neu im Gesamtvertrag vereinbart (§ 85 Abs. 2 SGB V). ▶ Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV). Ein Großteil der Leistungen, die Vertragsärzte erbringen, werden aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) bezahlt. Die Gesamtvergütung wird auf Ebene einer Kassenärztlichen Vereinigung aus dem morbiditätsbedingten Behandlungsbedarf abgeleitet, also der zu erwartenden Menge der abgerechneten Leistungen je Versichertem. Die Gesamtvergütung wird mit den regionalen Punktwerten bewertet. Ändert sich das Krankheitsrisiko in der Bevölkerung und damit der erwartete Behandlungsbedarf, müssen die Krankenkassen ihre Gesamtvergütung entsprechend anpassen (§ 87a Abs. 3 SGB V). Eine Einigung über die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) müssen die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung jeweils im Vorjahr treffen.

Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung ist dauerhaft in ein hausärztliches und in ein fachärztliches Verteilungsvolumen aufgeteilt. Die MGV bildet die finanzielle Basis für die Ermittlung und Festsetzung der Regelleistungsvolumina und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina. ▶ Abb. 17.10 veranschaulicht, wie die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung verteilt wird. Die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung wurde erstmals zum 31. Oktober 2008 festgesetzt, danach jährlich zum 31. Oktober. Auf diese Weise ging das sogenannte Morbiditätsrisiko von den Ärzten auf die Krankenkassen über. ▶ Regelleistungsvolumen (RLV). Mit dem 1. Januar 2009 wurde die Systematik der vertragsärztlichen Vergütung grundsätzlich neu gestaltet und auf Regelleistungsvolumen – kurz RLV – umgestellt. Das Regelleistungsvolumen ist die von einem Arzt oder einer Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge an vertragsärztlichen Leistungen, die mit einem festen Punktwert zu vergüten sind. Wie das Regelleistungsvolumen des Arztes errechnet wird, hat der Erweiterte Bewertungsausschuss festgesetzt. Um das Regelleistungsvolumen eines Arztes zu errechnen, wird die Zahl der Fälle des Arztes mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert multipliziert. Dazu kommt ein sogenannter Gewichtungsfaktor, der das unterschiedliche Alter der Patienten einbezieht. (▶ Tab. 17.10).

Fallbeispiel

I

Regelleistungsvolumen der Praxis Dr. Mustermann Im ersten Quartal 20** betrug die Fallzahl von Dr. Mustermann 1000. Die durchschnittliche Fallzahl seiner Arztgruppe lag bei 800. Der RLV-Fallwert der Arztgruppe betrug 35 Euro. Das RLV würde sich nun wie folgt berechnen: 35 €  1000 ¼ 35 000 € Da die Praxis von Dr. Mustermann mehr Patienten über 60 Jahre als der Durchschnitt versorgt, wird noch ein sogenannter Gewichtungsfaktor angesetzt, beispielsweise hier in Höhe von 1,1. Das RLV beträgt also:

17

35 000 €  1; 1 ¼ 38 500€ (Quelle: Kassenärztliche Vereinigung Berlin)

27

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

Gesamtvergütung

Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) Substitutionsbehandlung

morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) Vorwegabzüge für • Psychotherapie • Laborleistungen • Organisierten Notfalldienst

ambulantes Operieren hausärztlicher Versorgungsbereich

Prävention ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) gem. § 116b SGB V

fachärztlicher Versorgungsbereich

Orthopäden

HNO-Ärzte

Augenärzte



Praxis B

Praxis C

… Praxis A

Abb. 17.10 Vereinfachte Darstellung des Honorarsystems. (nach Kassenärztliche Vereinigung Bayern, 2012, Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, 2016)

Tab. 17.10 Berechnung des Regelleistungsvolumens. Regelleistungsvolumen des Arztes = Fallzahl des Arztes

× Fallwert der Arztgruppe

× Gewichtungsfaktor (Altersfaktor)

Für das Regelleistungsvolumen ist die Anzahl der kurativ-ambulanten RLVFälle eines Arztes relevant. Ausnahme sind Fälle im organisierten Notdienst und Überweisungen, bei denen ausschließlich Probenuntersuchungen durchgeführt werden. Die Fallzahl wird je Arzt auf Basis des jeweiligen Vorjahresquartals ermittelt. Einige KVen sind jedoch dazu übergangen, der RLV-Berechnung die Fallzahl des aktuellen Abrechnungsquartals zugrunde zu legen.

Zur Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes wird das Verteilungsvolumen, das für die Regelleistungsvolumina der entsprechenden Arztgruppe innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zur Verfügung steht, durch die Fallzahl der Arztgruppe geteilt.

Der Altersfaktor bezieht den je nach Alter unterschiedlichen Aufwand der Behandlung in die Ermittlung des RLV ein. Es erfolgt eine Unterteilung in 3 Altersklassen.

Überschreitet der Arzt sein RLV, so werden die darüber hinausgehenden RLV-Leistungen auch vergütet, allerdings zu einem abgestaffelten Preis (Abstaffelungsregel). Das RLV stellt nur einen Teilbereich des Honorars für die erbrachte ärztliche Leistung dar. Daneben gibt es eine Reihe von Leistungen, die zusätzlich

17

228

zum RLV erstattet werden. Die Finanzierung dieser Leistungen erfolgt entweder aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung oder aus Geldern, die die Krankenkassen zusätzlich bereitstellen. Das ärztliche Honorar setzt sich folglich aus mehreren Komponenten zusammen (▶ Tab. 17.11).

17.2 Abrechnung nach EBM Tab. 17.11 Das ärztliche Honorar. Honorarteile

Vergütung

Innerhalb der MGV Honorar für Leistungen aus dem Regelleistungsvolumen (RLV) und ggf. den qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV)

zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung

Honorar für RLV- und QZV-Leistungen, die die Mengengrenze überschreiten

zu abgesenkten Preisen (quotiert)

ggf. Honorar aus Vorwegabzügen für spezielle Aufgaben, z. B. organisierten Notfalldienst, Labor oder „freie Leistungen“

zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung, ggf. quotiert

Außerhalb der MGV (extrabudgetäre Leistungen) Honorar für Leistungen, die außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung ohne Mengenbegrenzung bezahlt werden (z. B. Früherkennungsuntersuchungen)

zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung

nach Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010

Mit Inkrafttreten des Versorgungsstrukturgesetzes (VStG) zum 1. Januar 2012 schien das Ende der bei vielen Ärzten und Kassenärztlichen Vereinigungen ungeliebten Regelleistungsvolumina (RLV) und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina (QZV) gekommen. Den KVen wurde wieder die Verantwortung für die Honorarverteilung übertragen. Bei der Verteilung wird der Verteilungsmaßstab angewendet, den die Kassenärztlichen Vereinigungen im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen selbst erstellt haben (§ 87b SGB V). „Im Benehmen“ bedeutet, dass den Krankenkassen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Die Letztentscheidung liegt bei der KV. Damit wurde den Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit eröffnet, die RLV und QZV durch eigene Maßnahmen zur Mengenbegrenzung abzulösen. Bislang hat allerdings ein Großteil der KVen diese Option nicht ausgeübt. Die Systematik aus Regelleistungsvolumen (RLV) und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV) wird – zum Teil geringfügig modifiziert – bis auf weiteres weitergeführt. Allein Rheinland-Pfalz und Thüringen lösten die RLV und QZV ab durch Individualbudgets.

17.2.5 Anwendung des Euro-EBM zur Abrechnung ambulanter Operationen und stationsersetzender Eingriffe im Krankenhaus Beispiele für ambulante Operationen bzw. stationsersetzende Eingriffe sind Biopsien, diagnostische Arthroskopien, Operationen von Knochenbrüchen und Sehnenverletzungen, Vorfußoperationen

(Hallux valgus, Hammerzehe), Operationen bei Erkrankungen der Hand sowie Entfernung von Krampfadern. Die Durchführung ambulanter Operationen war nach früherem Recht auf den vertragsärztlichen Bereich begrenzt. Ambulante Operationen wurden in Einzel- und Gruppenpraxen, auch in hierfür speziell eingerichteten Zentren sowie Tages- und Praxiskliniken durchgeführt. Erst mit Inkrafttreten des „Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (GSG) im Jahre 1993 wurde die gesetzliche Grundlage für das ambulante Operieren durch Krankenhäuser gelegt. Dieses Gesetz ist der rechtliche Rahmen, in dem Krankenhäuser bis heute agieren. Im Vergleich zu Vertragsärzten, die ambulante Operationen über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen, stellen Krankenhäuser ihre Leistungen (AOP-Fall) direkt dem jeweiligen Kostenträger des Patienten in Rechnung. Für Krankenhäuser sind ambulante Operationen eine zusätzliche Erlösquelle, da die AOP-Leistungen extrabudgetär vergütet werden. Sie sind jedoch weniger ertragreich als stationäre Aufenthalte. ▶ Zulassungsbedingungen für das Krankenhaus (§ 1 AOP-Vertrag). Krankenhäuser sind zum ambulanten Operieren in den Leistungsbereichen zugelassen, in denen sie vollstationär tätig sind. Zudem müssen diese Leistungsbereiche Bestandteil des jeweils gültigen AOP-Katalogs sein. Die Krankenhäuser entscheiden weitgehend autonom, ob und, wenn ja, welche Operationen ambulant durchgeführt werden. Die Teilnahme des Krankenhauses am ambulanten Operieren erfolgt auf Antrag. Formal muss vor

17

29

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung der Leistungserbringung und der Abrechnung eine Mitteilung an die zuständigen Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen, die Kassenärztliche Vereinigung und den Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V) gemacht werden. Diese Meldung erfolgt in maschinenlesbarer Form. Sie muss neben den Pflichtangaben wie Name und IK des Krankenhauses eine Benennung der einzelnen vom Krankenhaus zu erbringenden Leistungen anhand der EBM-Abrechnungsziffern sowie die zugehörigen abteilungsbezogenen Leistungsbereiche (z. B. Orthopädie, Chirurgie etc.) enthalten. Die Mitteilung ist deklaratorischer Natur (rechtsbekundend). Eine Bedarfsprüfung oder ein Zulassungsverfahren findet nicht statt. Die Zulassung ist einrichtungsbezogen. Bedingung dafür, dass ein Krankenhaus ambulante Operationen durchführen darf, ist, dass vereinbarte Qualitätsanforderungen und -sicherungsmaßnahmen eingehalten werden. Zusammen mit der Zulassungsmitteilung muss das Krankenhaus eine Erklärung abgeben, dass es die räumlichen, apparativ-technischen, hygienischen und personellen Voraussetzungen besitzt. ▶ Zugang des Patienten (§ 2 AOP-Vertrag). Für eine ambulante Operation oder einen sonstigen stationsersetzenden Eingriff benötigt man in der Regel eine vertragsärztliche Überweisung. Unabhängig davon entscheidet der für den Eingriff verantwortliche Arzt über Art und Umfang des ambulanten Eingriffs. In jedem Einzelfall muss geprüft werden, ob der Gesundheitszustand des Patienten und die Art und Schwere des beabsichtigten Eingriffs eine ambulante Durchführung erlauben. Weiter muss der Arzt klären, ob postoperativ die ärztliche und pflegerische Betreuung des Patienten gesichert ist. Die Entscheidung muss dokumentiert werden. ▶ AOP-Vertrag. Die rechtliche Grundlage für das ambulante Operieren im Krankenhaus bildet der

sogenannte AOP-Vertrag (Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus). Der AOPVertrag dient dazu, einheitliche Rahmenbedingungen für die Durchführung ambulanter Operationen und stationsersetzender Eingriffe zwischen dem niedergelassenen Bereich und den Krankenhäusern zu schaffen. Außerdem soll die Kooperation gefördert werden. Kernpunkt des AOP-Vertrages ist ein Katalog ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzender Eingriffe (§ 3 AOP-Vertrag) sowie ihrer Vergütung (§§ 7,9 AOP-Vertrag). Der Vertrag beinhaltet Vorgaben, die Ärzte bei präoperativen, interoperativen und postoperativen Leistungen zu berücksichtigen haben (§§ 4–6 AOP-Vertrag). Außerdem regelt der AOP-Vertrag, dass alle ärztlichen Leistungen nach Facharztstandard zu erbringen sind. Weitere Inhalte des AOP-Vertrages sind: Transport des Patienten (§ 11), Datenschutz und ärztliche Schweigepflicht (§ 12), Vordrucke (§ 13), Facharztstandard (§ 14), Qualitätssicherung (§ 15), Maßnahmen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit (§ 16), Beteiligung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (§ 17), Abrechnungsverfahren (§ 18), Datenübermittlung (§ 19), Einführung eines pauschalisierten Entgeltsystem (§ 20) und Anpassung der Operationenschlüssel (§ 21). ▶ AOP-Katalog (§ 3 AOP-Vertrag). Als Anlage zum AOP-Vertrag haben sich die Vertragspartner auf den sogenannten „Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe (AOP-Katalog)“ verständigt. Der Katalog wird jährlich anlässlich der Änderung der OPSKodes aktualisiert (§ 21 AOP-Vertrag). In dieser Anlage sind alle Operationen abschließend aufgelistet, die Krankenhäuser ambulant erbringen und abrechnen dürfen. Der AOP-Katalog ist in drei Abschnitte unterteilt. Der Abschnitt 1 des AOP-Kataloges enthält ausschließlich OPS-Ziffern (▶ Tab. 17.12).

Tab. 17.12 Auszug aus AOP-Katalog 2016, Abschnitt 1: Ambulant durchführbare Operationen und sonstige stationsersetzende Eingriffe gemäß § 115 b SGB V aus Anhang 2 zu Kapitel 31 des EBM.

17

230

OPS-Kode 2016

Zusatzkennzeichen 2016

OPS-Text 2016

Kategorie

5–530.1



Verschluss einer Hernia inguinalis: offen chirurgisch, mit plastischem Bruchpfortenverschluss

1

5–530.31



Verschluss einer Hernia inguinalis: mit alloplastischem, allogenem oder xenogenem Material: laparoskopisch transperitoneal [TAPP]

2

17.2 Abrechnung nach EBM

Abb. 17.11 Aufbau des Kapitels 31 im EBM.

Aufbau des Kapitels 31 im EBM Abschnitt 31.1 Abschnitt 31.2 Abschnitt 31.3 Abschnitt 31.4 Abschnitt 31.5 Abschnitt 31.6

präoperative Gebührenordnungspositionen ambulante Operationen postoperative Überwachungskomplexe postoperative Behandlungskomplexe Anästhesien im Zusammenhang mit Eingriffen des Abschnitts 31.2 Orthopädisch-chirurgisch konservative Gebührenordnungspositionen

Anhand dieser festgelegten OPS-Ziffern ergibt sich die Zuordnung zu den Leistungsziffern aus Kapitel 31 (▶ Abb. 17.11) und 36 des EBM. Das wird im Anhang (Teil VI) des EBM unter Punkt 2, Zuordnung der operativen Prozeduren zu den Leistungen der Kapitel 31 und 36, klar geregelt. Erst daraus ist erkennbar, welche EBM-Ziffern abrechenbar sind (▶ Tab. 17.13). Die EBM-Ziffern stehen beliebig zur Auswahl, sondern werden über die Zuordnung zum OPS-Kode verbindlich vorgegeben. Eine individuelle Abweichung ist nicht erlaubt. Dementsprechend bestimmt die Prozedur eine Abrechnungskette von EBM-Ziffern, die den operativen Eingriff, die Narkose, die Überwachung und die postoperative Nachbehandlung umfasst. Die postoperative Behandlung wird unterschieden in die Behandlung ● durch den Operateur ● beim Facharzt auf Überweisung durch den Operateur



beim Hausarzt auf Überweisung durch den Operateur.

Sie wird häufig dem nachbehandelnden Hausoder Facharzt zugewiesen und von diesem dann auch abgerechnet. So ist z. B. die postoperative Nachbehandlung durch den Hausarzt mit der GOP 31 600 berechnungsfähig. ▶ Abb. 17.12 stellt die Abrechnungskette graphisch dar. Diese Abrechnungskette stellt einen Teilbereich der Abrechnung nach § 115b SGB V dar. Hinzu treten Grundpauschalen des Chirurgen und des Anästhesisten und ggf. präoperative durchgeführte Leistungen. Im Folgenden ist eine Beispielrechnung eines Krankenhauses aufgeführt. Der Patient wurde zur postoperativen Nachbehandlung an den niedergelassenen Vertragsarzt überwiesen (▶ Tab. 17.14).

Tab. 17.13 Auszug aus EBM Anhänge IV, Punkt 2, Zuordnung der operativen Prozeduren nach § 295 SGB V (OPS) zu den Leistungen der Kapitel 31 und 36 (Beispiel: Operationen am Verdauungstrakt). OPS 2016

Seite

Bezeichnung OPS 2016

Kategorie

OP-Leistung

Überwachung

Nachbeh. Überw.

Nachbeh. Operat.

Narkose

5–530.1



Verschluss einer Hernia inguinalis: offen chirurgisch, mit plastischem Bruchpfortenverschluss

F4

31 154/ 36 154

31 505/ 36 505

31 610

31 611

31 824/ 36 824

5–t530.31 ↔

Verschluss einer Hernia inguinalis: mit alloplastischem, allogenem oder xenogenem Material: laparoskopisch transperitoneal [TAPP]

G3

31 163/ 36 163

31 505/ 36 505

31 608

31 609

31 823/ 36 823

17

31

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

ICD-10

+

OPS

OP- Leistung

Abschnitt 31.2

ambulante Operationen

Überwachung

Abschnitt 31.3

postoperative Überwachungskomplexe

Nachbehandlung durch Überweisung

Abschnitt 31.4

Nr. 31601 + alle geraden Nr.

oder Nachbehandlung durch Operateur

postoperative Behandlungskomplexe

Nr. 31602 + alle ungeraden Nr.

Abschnitt 31.5

Anästhesien im Zusammenhang mit Eingriffen des Abschnitts 31.5

Operateur: Anästhesist:

Abschnitt 31.5.2 Abschnitt 31.5.3

Narkose

Abb. 17.12 Abrechnungskette des Kap. 31 im Überblick. (nach Müller, T.)

Behandlung Privatpatient

Rechnung (Liquidation)

Arzt

Honorar

Beiträge

Kostenerstattung

Kostenbeihilfe z. B. bei Beamten

Private Krankenversicherung (PKV)

Abb. 17.13 Abrechnung bei Privatpatienten. (Gönner, 2014)

17

232

Beihilfestellen

17.2 Abrechnung nach EBM Tab. 17.14 ICD-Kode: K40.90 Hernia inguinalis, OPS-Code: 5–530.31 Verschluss einer Hernia inguinalis: mit alloplastischem Material: laparoskopisch transperitoneal* Leistungen Erstkontakt

OP-Tag

GOP

EBM-Punkte

Erlös

Grundpauschale Chirurgie für Versicherte ab Beginn des 6. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr

07 211

221

23,06

Anästhesiologische Grundpauschalen für Versicherte ab Beginn des 6. bis zum vollendeten 59. Lebensjahr

05 211

95

9,91

Präanästhesiologische Untersuchung bei einer ambulanten oder belegärztlichen Operation der Abschnitte 31.2 bzw. 36.2

05 310

179

18,68

Endoskopischer viszeralchirurgischer Eingriff der Kategorie G3

31 163

2447

255,37

Anästhesie und/oder Narkose, im Rahmen der Durchführung von Leistungen entsprechend einer der Gebührenordnungspositionen 31 163

31 823

1542

160,92

Postoperative Überwachung im Anschluss an die Erbringung einer Leistung entsprechend den Gebührenordnungspositionen 31 163

31 505

1031

107,60

5 515

575,55

Gesamt-Punkte und Gesamterlös bei Multiplikation mit Orientierungspunktwert 10,4 361 Cent (Stand: 01/2016) Pauschale Sachkostenvergütung in Höhe von 7 % auf die Honorarsummer (§ 9 Abs. 3 AOP-Vertrag)

40,29

Das Implantat (Herniennetz) kann über gesonderte Sachkosten mit den Kostenträgern direkt abgerechnet werden. Es sind die tatsächlich entstandenen Kosten abzüglich 12,50 € den Kostenträgern in Rechnung zu stellen. Summe (ohne Sachkosten nach Einzelaufwand):

615,84

* Falldaten (nach Klinger-Schindler, 2015, Bundesverband Medizintechnologie e. V., 2014)

Im Abschnitt 2 sind OPS-definierte Eingriffe außerhalb des Kapitels 31 erfasst. Hier finden sich neben der OPS-Kodierung und den Kategorien bereits Angaben über die dazugehörigen EBM-Ziffern und den damit fachgruppenspezifischen Abschnitt des EBM. So sind beispielsweise Koloskopien nach GOP 13 421 dem Kapitel 13 „Innere Medizin“ zugeordnet. Einige Eingriffe unterliegen in der Abrechnung dem fachgruppenübergreifenden speziellen Teil IV des EBM wie z. B. die Herzkatheteruntersuchung nach GOP 34 291. Abschnitt 3 beinhaltet ambulant durchführbare Operationen und sonstige stationsersetzende Leistungen ohne OPS-Zuordnung. An dieser Stelle sind ausschließlich EBM-Ziffern aufgeführt. Für die Leistungen dieses Abschnitts gilt die Leistungsbeschreibung des EBM. Für die im AOP-Katalog aufgeführten Leistungen gilt der regional vereinbarte Punktwert (§ 7 AOPVertrag). Die Grundlage für die Sachkostenabrechnung bildet § 9 AOP-Vertrag. G-AEP-Kriterien: Die einzelnen Leistungen in den drei Abschnitten des Katalogs sind in zwei Kategorien unterteilt: Kategorie 1 und Kategorie 2

(▶ Tab. 17.12). Mit Kategorie 1 sind diejenigen Leistungen gekennzeichnet, die im Regelfall ambulant zu erbringen sind. Es gibt jedoch Situationen bei einzelnen Patienten, die eine stationäre Erbringung der Eingriffe nach Kategorie 1 dennoch rechtfertigen (nach § 3 Abs. 2 AOP-Vertrag). Dazu liegt eine Liste von Ausnahmetatbestände vor (gemäß § 3 Abs. 3 AOP-Vertrag), auf die die Klinik Bezug nehmen kann (G-AEP-Kriterien). Die G-AEP-Kriterien sind die Grundlage für die Beurteilung der Notwendigkeit einer stationären Behandlung. Es handelt sich hierbei um eine nicht abschließende Positivliste. Wegen der Individualität medizinischer Sachverhalte und aufgrund der Gesamtbewertung des Krankheitsbildes kann die Notwendigkeit einer Krankenhausaufnahme auch dann gegeben sein, wenn keines der Kriterien erfüllt ist. Umgekehrt kann die Notwendigkeit verneint werden, obwohl ein Kriterium eintritt. Dabei ist die Ex-ante-Sichtweise des behandelnden Arztes zugrunde zu legen. Die Prüfkriterien gliedern sich in folgende Bereiche (▶ Tab. 17.15):

17

33

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung Tab. 17.15 Bereiche der G-AEP-Kriterien. Nummer

Kriterium

A

Schwere der Erkrankung, beispielsweise plötzliche Bewusstseinsstörungen, akuter Verwirrtheitszustand, akute Lähmung, Seh-/Hörverlust oder akute Blutung, bedrohliche Infektion oder Fieber

B

Intensität der Behandlung, beispielsweise intravenöse Medikation, kontinuierlicher Überwachungsnotwendigkeit, assistierte oder kontrollierende Beatmung,

C

Operation/Invasive Maßnahme (außer Notfallmaßnahmen),

D

Komorbiditäten in Verbindung mit Operationen oder krankenhausspezifischen Maßnahmen, wie Gerinnungsstörungen, Herzinsuffizienz (Grad III und IV), endokrine Erkrankungen (z. B. Diabetes)

E

Notwendigkeit intensiver postoperativer Betreuung in Verbindung mit Operationen oder krankenhausspezifischen Maßnahmen

F

Soziale Faktoren, wie fehlende Kommunikationsmöglichkeit, z. B. da der Patient alleine lebt und kein Telefon erreichen kann, oder fehlende sachgerechte Versorgung im Haushalt des Patienten.

In der Konsequenz ergibt dies eine Beweislastumkehr zu Lasten der Krankenhäuser. Ohne nachvollziehbare Begründung gilt für Leistungen der Kategorie 1 die „Regelannahme“, dass dieser Fall ambulant erbracht werden kann. Krankenhäuser, welche die Notwendigkeit der stattgefundenen stationären Erbringung einer in der Regal als in der Regel ambulant durchführbar gekennzeichneten AOPLeistung nicht anhand der G-AEP-Kriterien als erfüllt begründen können, müssen bei allen betroffenen Fällen mit Rückfragen von Seiten der Kostenträger rechnen. Hält ein solcher Fall der Überprüfung nicht stand, geht das Krankenhaus nicht leer aus, muss allerdings mit Rechnungskürzung rechnen. Eingriffe, bei denen sowohl eine ambulante als auch eine stationäre Durchführung möglich ist, sind mit der Kategorie 2 gekennzeichnet. Bei diesen Leistungen ist ein Krankenhaus verpflichtet, den Grund der stationären Aufnahme gegenüber den Krankenkassen anzugeben (Urteil des BSG vom 21.03.2013, Az.: B 3 KR 28/12 R).

17.3 Fragen und Aufgaben 1. In den allgemeinen Bestimmungen des EBM sind bestimmte Grundsätze für die Abrechnung von Leistungen festgelegt. Unter welchen Bedingungen ist eine Leistung nur berechnungsfähig? 2. Wann wird die Versichertenpauschale berechnet? 3. Der EBM gliedert sich in 6 Bereiche. Nennen Sie diese Bereiche. 4. Was versteht man unter obligaten Leistungsbestandteilen?

17

234

5. Was versteht man unter fakultativen Leistungsbestandteilen? 6. Bei einer Patientin wird zwischen dem 1. April und dem 30. Juni eine chronische Darmerkrankung diagnostiziert. Zu welchem Zeitpunkt kann für dieselbe Erkrankung frühestens ein neuer Krankheitsfall beginnen? 7. Für welche Leistungen ist der Verwaltungskomplex nach GOP 01 430 berechnungsfähig? 8. Ein Patient kommt vormittags in die Sprechstunde. Eine Stunde später ruft er in der Hausarztpraxis an und klärt mit dem Arzt am Telefon eine Frage zur Medikamenteneinnahme. Kann für die Beratung am Telefon eine Leistungsziffer abgerechnet werden? Begründen Sie ihre Entscheidung. 9. Vor Beginn der regulären Sprechstunde um 6:30 Uhr kommt ein DAK-Patient unangemeldet in die Praxis. Er klagt über Bauchschmerzen, die er vor seinem Arbeitsbeginn abklären möchte (1 A-P-K, klinische Untersuchung). Welche GOP sind für die Behandlung ansetzbar? 10. Am Samstag kommt eine 30-jährige Patientin ohne Termin in die Sprechstunde (1 A-P-K, klinische Untersuchung von 2 Organsystemen, AU). Was ist dafür berechnungsfähig? 11. Was ist abzurechnen, wenn der Vertragsarzt z. B. seine Helferin bittet, Mitteilungen an den Patienten weiterzuleiten? 12. Eine 63-jährige Patientin leidet unter chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule. Ihr Hausarzt führt im Quartal ein ausführliches Gespräch (ein persönlicher Arzt-PatientenKontakt, A-P-K) und eine Körperakupunktur durch. Geben Sie an, welche GOP abgerechnet werden müssen.

17.3 Fragen und Aufgaben 13. Geben Sie für folgende Fälle (▶ Tab. 17.16) an, ob die Mindestkontakte erfüllt und die GOP 03 220 im Quartal 4/2015 abrechnungsfähig ist. 14. Die Konsultation des Hausarztes durch den Patienten erfolgt im organisierten Notfalldienst. Welche GOP sind im nachfolgenden Fall anzusetzen (▶ Tab. 17.17)? 15. Ein Krankenhaus stellt nach stationärer Erbringung einer Zirkumzision bei Phimose (OPS 5–640.2 „Operation am Präputium: Zirkumzision“) über 2 Belegungstage die DRG-Fallpauschale M05Z „Zirkumzision“ in Rechnung (▶ Tab. 17.18). a) Berechnen Sie den DRG-Fallerlös im vorliegenden Fall. Der derzeit gültige Basisfallwert beträgt 2800 € (hypothetischer Wert).

b) Weil die erbrachte Leistung im AOP-Katalog mit der Kategorie 1 als in der Regel ambulant erbringbar gekennzeichnet ist, verlangt der Kostenträger vom Krankenhaus den Nachweis anhand der G-AEP-Kriterien, dass die stationäre Behandlung im vorliegenden Einzelfall begründet war. Das Krankenhaus kann den Nachweis nicht erbringen. a) Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? b) Mit welchen Argumenten kann ein Krankenhaus im Allgemeinen die Notwendigkeit einer stationären Behandlung rechtfertigen?

Tab. 17.16 Arzt-Patient-Kontakt (A-P-K) in der Hausarztpraxis. Fall

Quartal 4/2015

Quartal 3/2015

Quartal 2/2015

Quartal 1/2015

Fall 1

persönlicher A-P-K

persönlicher A-P-K

kein A-P-K

persönlicher A-P-K

Fall 2

persönlicher A-P-K

nicht persönlicher A-P-K

persönlicher A-P-K

kein A-P-K

Fall 3

persönlicher A-P-K

persönlicher A-P-K

kein A-P-K

nicht persönlicher A-P-K

Fall 4

persönlicher A-P-K

nicht persönlicher A-P-K

kein A-P-K

nicht persönlicher A-P-K

Fall 5

persönlicher A-P-K

persönlicher A-P-K

kein A-P-K

kein A-P-K

(nach Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz, 2013)

Tab. 17.17 Gebührenordnungspositionen (GOP) nach Behandlungstag und Leistung. Behandlungstag

Leistungen

GOP

1

Telefonat des Patienten am Samstag um 7:30 Uhr wegen Bauchschmerzen, Beratung des Arztes

2

1. persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt in Praxis mit körperlicher Untersuchung um 10 Uhr

3

erneutes Telefonat des Patienten mit dem Arzt am Samstag um 21 Uhr

4

erneutes Telefonat des Patienten mit dem Arzt am Sonntagmorgen um 8 Uhr

Tab. 17.18 Auszug aus dem Fallpauschalen-Katalog Version 2016, M05Z, Zirkumzision. DRG

Partition

Bezeichnung

Bewertungsrelation bei Hauptabteilung

Untere Grenzverweildauer

Obere Grenzverweildauer

Erster Tag mit Abschlag

Bewertungsrelation/Tag

Erster Tag zus. Entgelt

Bewertungsrelation/Tag

1

2

3

4

7

8

9

10

M05Z

O

Zirkumzision, andere Eingriffe am Penis und großflächige Ablationen der Haut

0,670

1

0,235

7

0,088

17

35

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 17.4.1 Rechtsgrundlagen Die Vergütung für ärztliche Leistungen bestimmt sich – soweit eine Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt wird oder andere bundesgesetzliche Regelungen vorgehen – nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Die GOÄ ist eine Verordnung des Bundes, die mit Zustimmung des Bundesrates durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erlassen wird. Ermächtigungsgrundlage ist die Bundesärzteordnung (§ 11 BÄO).

Definition

L

„Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für ärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die ärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.“

Man spricht auch von einer „amtlichen Gebührenordnung“. Sie wurde 1965 eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt galt die Preußische Gebührenordnung für approbierte Ärzte und Zahnärzte (PREUGO) aus dem Jahre 1924.

Ebenso kann ein Kassenpatient im Einzelfall eine privatärztliche Behandlung wünschen. Auch hier kommt die GOÄ zur Anwendung. Die Behandlung als „Privatpatient“ muss allerdings ausdrücklich vereinbart sein. Darüber hinaus gilt die GOÄ u. a. für Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz und die Postbeamtenkrankenkasse Gruppe B.

17.4.3 Aufbau der GOÄ Die GOÄ setzt sich aus zwei Teilen zusammen: ● den gesetzlichen Grundlagen (Paragraphenteil) und ● dem in mehrere Abschnitte gegliederten Gebührenverzeichnis. Die gesetzlichen Grundlagen bestehen aus 12 Paragraphen. Sie legen die rechtliche Seite der GOÄ fest. Die Titel der 12 Paragraphen der GOÄ sind in ▶ Tab. 17.19 wiedergegeben.

Tab. 17.19 Die Paragraphen der GOÄ. Paragraph

Überschrift

§1

Anwendungsbereich

§2

Abweichende Vereinbarung

§3

Vergütungen

§4

Gebühren

§5

Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses

§ 5a

Bemessung der Gebühren in besonderen Fällen

§ 5b

Bemessung der Gebühren bei Versicherten des Standardtarifes der privaten Krankenversicherung

§6

Gebühren für andere Leistungen

§ 6a

Gebühren bei stationärer Behandlung

§7

Entschädigungen

§8

Wegegeld

§9

Reiseentschädigung

§ 10

Ersatz von Auslagen

§ 11

Zahlung durch öffentliche Leistungsträger

§ 12

Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung, Rechnung

17.4.2 Geltungsbereich Nach der GOÄ sind ärztliche Leistungen abzurechnen, die für eine bestimmte Patientengruppe erbracht werden. Ein ärztlicher Honoraranspruch besteht vor allem gegenüber Privatpatienten. Anders als bei den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen, bei denen die Krankheitskosten von den Krankenkassen getragen werden, ist der Patient der Zahlungspflichtige (▶ Abb. 17.13). Unerheblich ist, ob der Patient aufgrund von privaten Krankenversicherungen, Beihilfeansprüchen u. ä. Rückerstattungsmöglichkeiten für seine Behandlungskosten besitzt oder die Kosten selbst tragen muss.

17

236

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Teil 2, das Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen, enthält alle abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen. Es ist in 16 Abschnitte unterteilt (A bis P). Diese orientieren sich an den Facharztgruppen (▶ Tab. 17.20).

17.4.4 Vergütungsformen Vergütet werden nur ärztliche Leistungen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. In der GOÄ werden 3 Vergütungsformen beschrieben (§ 3 GOÄ): 1. Gebühren: aufgeführt im Gebührenverzeichnis (Anlage) einschließlich Analogbewertungen nach § 6 Abs. 2 GOÄ, 2. Entschädigungen: werden gezahlt für Besuche bei Patienten, in Form von Wegegeld und Reiseentschädigung (§ 7 GOÄ), 3. Ersatz von Auslagen: werden neben den für die ärztlichen Leistungen vorgesehen Gebühren erstattet, z. B. für ein Impfserum (§ 10 GOÄ).

Für medizinisch nicht notwendige ärztliche Leistungen besteht nach § 1 Abs. 2 GOÄ kein Honoraranspruch, z. B. für Leistungen, die ausschließlich kosmetischen Zwecken dienen. Gegebenenfalls kann der Arzt dennoch eine Honorarvereinbarung treffen, wenn der Zahlungspflichtige die Leistung ausdrücklich verlangt („Leistungen auf Verlangen“).

1. Gebühren Gebühren sind Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten ärztlichen Leistungen (§ 4 Abs. 1 GOÄ). In besonderen Fällen können Gebühren auch für nicht im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistungen berechnet werden (§ 6 Abs. 2 GOÄ). Das Gebührenverzeichnis ist als Anlage zur GOÄ rechtlicher Bestandteil der Verordnung. Es ist in verschiedene Abschnitte unterteilt (▶ Tab. 17.20).

Tab. 17.20 Übersicht über die Abschnitte des Gebührenverzeichnisses. Abschnitte

Leistungsbereiche

GOÄ-Nr.

A

Gebühren in besonderen Fällen

Gebühren in besonderen Fällen

B

Grundleistungen und allgemeine Leistungen

1–107

C

Nichtgebietsbezogene Sonderleistungen

200–449

D

Anästhesieleistungen

450–498

E

Physikalisch-medizinische Leistungen

500–569

F

Innere Medizin, Kinderheilkunde, Dermatologie

600–793

G

Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie

800–887

H

Geburtshilfe und Gynäkologie

1001–1168

I

Augenheilkunde

1200–1386

J

Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde

1400–1639

K

Urologie

1700–1860

L

Chirurgie, Orthopädie

2000–3 321 3 500–4 787

M

Laboratoriumsuntersuchungen

N

Histologie, Zytologie, Zytogenetik

4 800–4 873

O

Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomografie und Strahlentherapie

5 000–5 855

P

Sektionsleistungen

6 000–6 018

17

37

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

Gebührenrahmen ▶ Abb. 17.14 zeigt einen Auszug aus der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), § 5 „Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses“. Gebühren können nur für selbstständige Leistungen berechnet werden, die der Arzt selbst leistet oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen), z. B. vom medizinischen Fachpersonal. Die Bewertung jeder einzelnen Leistung erfolgt in Punkten (Punktzahl). Die Punktzahl ist das in der GOÄ wertmäßige Verhältnis der abrechnungsfähigen Leistungen zueinander. Aufwendigere Leistungen werden mit höheren, weniger aufwendige mit niedrigeren Punktzahlen bewertet.

X

Fall Berechnung Einfachsatz Tab. 17.21 Berechnung Einfachsatz. Nummer

1400

Genaue Hörprüfung mit Einschluss des Tongehörs (Umgangs- und Flüstersprache, Luftund Knochenleitung)

Punktzahl

Einfache Gebühr = Punktzahl × Punktwert

76

4,43

§5 Bemessungen der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses (1) Die Höhe der einzelnen Gebühr bemisst sich, soweit in den Absätzen 3 bis 5 nichts anderes bestimmt ist, nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Gebührensatz ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen Leistung des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfacht wird. Der Punktwert beträgt 5,82873 Cent. Bei der Bemessung der Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurunden. (2) Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalls begründet sein; dies gilt nicht für die in Absatz 3 genannten Leistungen. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben. In der Regel darf eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3-Fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3-Fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. (3) Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen bemessen sich nach dem Einfachen bis Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes. Absatz 2 Satz 4 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 2,3-Fachen des Gebührensatzes das 1,8- Fache des Gebührensatzes tritt. (4) Gebühren für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses sowie für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen bemessen sich nach dem Einfachen bis 1,3- Fachen des Gebührensatzes. Absatz 2 Satz 4 gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 2,3-Fachen des Gebührensatzes das 1,15- Fache des Gebührensatzes tritt. (5) Bei wahlärztlichen Leistungen, die weder von dem Wahlarzt noch von dessen vor Abschluss des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden, tritt an die Stelle des Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes nach § 5 Abs. 1 Satz 1 das 2,3-Fache des Gebührensatzes und an die Stelle des Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes nach § 5 Abs. 3 Satz 1 das 1,8-Fache des Gebührensatzes.

17

Abb. 17.14 Auszug aus der Gebührenordnung für Ärzte, § 5 Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses. (GOÄ, 2016)

238

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Nach § 5 Abs. 1 S. 3 GOÄ wird der einzelne Punkt mit 5,82873 Cent bzw. 0,0582873 € bewertet (Punktwert). Der Punktwert bestimmt damit, neben der in Punktzahlen ausgedrückten Wertigkeit der Leistungen, die Vergütung jeder einzelnen Leistung. Basis der Gebührenberechnung ist der Gebührensatz) (Einfachsatz). Er ergibt sich aus der Multiplikation der einzelnen Gebührenposition zugeordneten Punktzahl der Leistung mit dem festgelegten Punktwert (5,82873 Cent bzw. 0,0582873 €). Bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurunden. Die Gebührenordnung gibt unterschiedliche Gebührenrahmen mit Mindest- und Höchstsätzen vor (▶ Abb. 17.15). Im Regelfall bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem einfachen bis 3,5-Fachen des Gebührensatzes (§ 5 Abs. 1 GOÄ). Dieser Gebührenrahmen vom 1- bis 3,5-Fachen gilt für „persönlich-ärztliche“ Leistungen. Wird eine Leistung aus dem Abschnitt A (Gebühren in besonderen Fällen), E (physikalisch-medizinische Leistungen) und O (Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomografie und Strahlentherapie) des Gebührenverzeichnisses abgerechnet, gelten andere Steigerungssätze. Leistungen aus diesen Abschnitten können maximal bis zum 2,5-Fachen des Gebührensatzes gesteigert werden (§ 5 Abs. 3 GOÄ). Die Minderung des Gebührenrahmens trägt dem Umstand Rechnung, dass diese (medizinisch-technischen) Leistungen einen überdurchschnittlich hohen Sachkostenanteil haben, der z. B. bei Röntgenleistungen bei

ca. 70 % des Gebührensatzes liegt und der persönlich-ärztliche Anteil damit deutlich reduziert ist. Laborleistungen sowie die Leistung nach Nr. 437 sind einem gesonderten Gebührenrahmen zugeordnet, der sich auf das einfache bis 1,3-Fache des Gebührensatzes beläuft (§ 5 Abs. 4 GOÄ). Mit den Gebühren sind alle allgemeinen Praxiskosten (z. B. Miete, Gehälter, Energie) sowie alle Kosten für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten. Hiervon ausgenommen sind Auslagen, die § 10 GOÄ (Ersatz von Auslagen) nennt. ▶ Begründungsschwelle. Zusätzlich beinhaltet die Gebührenordnung eine sogenannte Begründungsschwelle (Schwellenwert). Dieser Wert liegt innerhalb des Gebührenrahmens. Wählt der Arzt einen Multiplikator, der über den Schwellenwert hinausgeht, so ist dies nur möglich, wenn besondere Schwierigkeiten und erhöhter Zeitaufwand der Leistungserbringung im Einzelnen vorliegen oder die Umstände der Ausführung dies rechtfertigen (sogenannte Bemessungskriterien; § 5 Abs. 2 GOÄ). Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung Berücksichtigung finden, dürfen sich in der Gebührenbestimmung nicht niederschlagen (z. B. Nr. 2381 „einfache Hautlappenplastik“; Nr. 2382 „schwierige Hautlappenplastik“). Ein Überschreiten des Schwellenwerts muss der Arzt schriftlich in der Rechnung begründen. Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern (§ 12 Abs. 3 GOÄ). Beispiele, die ein Abweichen vom Schwellenwert wegen Schwierigkeit, Zeitaufwand oder Umständen der Leistungserbringung rechtfertigen, sind:

Einfachsatz

Höchstsatz

Begründungsschwelle (normaler GOÄ-Satz)

alle übrigen Leistungen (persönlich-ärztliche Leistungen)

1,0 - fach

3,5 - fach

2,3 - fach

1,8 -fach

1,2-fach

A, E, O (technisch-ärztliche Leistungen)

1,0 -fach

2,5-fach

1,8 -fach

1,38 -fach

1,0-fach

M + (Nr. 437) (Laboratoriumsuntersuchungen)

1,0 -fach

1,3 - fach

1,15 - fach

1,16 -fach

0,9-fach

Leistungen aus den GOÄ-Abschnitten

Gebührenrahmen § 5 GOÄ

Begrenzung bei Standardtarif (Alt-Versicherte)

Begrenzung bei Basistarif

17

Abb. 17.15 Gebührenrahmen mit Mindest- und Höchstsätzen. (GOÄ, 2016)

39

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung ●





die Kombination mehrerer Erkrankungen mit der Folge erschwerter Leistungserbringung, komplizierte Begleiterkrankungen oder unvorhergesehene Komplikationen bei einer Operation, unvorhersehbare Störungen der Vitalfunktion, die Versorgung außerhalb der Praxis, z. B. Behandlung eines Unfallopfers am Unfallort, Verständigungsprobleme bei Ausländern, Tauben oder Stummen usw.

Bei persönlich-ärztlichen Leistungen liegt die Begründungsschwelle beim 2,3-Fachen Gebührensatz, d. h., der Arzt hat die Möglichkeit, vom Einfachen bis zum 2,3-Fachen (sog. Regelspanne) ohne Begründung zu steigern.

I

Fallbeispiel

Schwellenwert Ein Patient erhält eine i. m. Injektion. Diese Leistung soll mit dem Schwellenwert abgerechnet werden. Im Gebührenverzeichnis findet man unter dem Stichwort „i. m. Injektion“ die Nummer 252 im Abschnitt C. Der Schwellenwert für Leistungen des Abschnitts C ist 2,3.

Will er den 2,3-fachen Satz überschreiten, ist dies nur möglich, wenn Besonderheiten vorliegen. Das Gleiche gilt bei den in § 5 Abs. 3 GOÄ genannten Leistungen, wenn das 1,8-Fache des Gebührensatzes überschritten wird. Ebenso bei den in § 5 Abs. 4 GOÄ genannten Leistungen, beim Überschreiten des 1,15-Fachen des Gebührensatzes. Betrachten wir nun den Leistungsteil der GOÄ im Abschnitt I. Augenheilkunde (▶ Tab. 17.22).

Der Arzt erhält in diesem Beispiel 45 Punkte für die Messung der Hornhautkrümmungsradien. Multipliziert man die Punktzahl 45 mit dem Punktwert 5,82 873 Cent, erhält man die einfache Gebühr in Höhe von 2,62 €. Wird nun die einfache Gebühr mit dem Schwellenwert multipliziert (die Nummer 1204 steht im Abschnitt I, somit ist der Schwellenwert 2,3), erhält man 6,03 €. Soll die Nummer 1204 maximal gesteigert werden, ist der Steigerungssatz 3,5 zu wählen. Dieser Betrag ist in der 4. Spalte aufgeführt, er beträgt 9,18 €. Eine zusammenfassende Darstellung gibt ▶ Abb. 17.16. Die vorletzte und letzte Spalte der Gebührenordnung sind für Arbeits- und Schulunfälle (UVGOÄ). ▶ Standardtarif. Mit dem GKV-WSG sollte in Deutschland ein umfassender Versicherungsschutz zur Absicherung im Krankheitsfall für die gesamte Bevölkerung eingeführt werden. Für einen gesetzlich definierten Personenkreis bestand daher das Recht, eine private Krankenversicherung abzuschließen. Im Wesentlichen betraf dies Personen, die früher in der PKV versichert waren und ihren Versicherungsschutz verloren haben, sowie Personen, die bislang keinen Krankenversicherungsschutz in Deutschland hatten und wegen ihres beruflichen Werdegangs der PKV zuzuordnen sind, beispielsweise Selbstständige (▶ Abb. 17.17). Damit korrespondierte die Verpflichtung der privaten Versicherungsunternehmen, ab dem 1. Juli 2007 einen modifizierten Standardtarif als „Übergangslösung“ anzubieten, der dem Leistungsumfang und der Beitragshöhe der gesetzlichen Krankenversicherung gleichkommt. Der Zugang zum modifizierten Standardtarif ergibt sich aus § 315 SGB V. Dieser Tarif wurde zum 1. Januar 2009 vom Basistarif automatisch abgelöst.

Tab. 17.22 Leistungsteil der GOÄ im Abschnitt I. Augenheilkunde.

17

240

Nummer

Punktzahl

Einfache Gebühr = Punktzahl × Punktwert

Schwellenwert

Max. Steigerung

Nummer

Messung der Hornhautkrümmungsradien

45

2,62

6,03

9,18

Messung der Hornhautkrümmungsradien

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

Höchstsatz = max. Steigerung der Gebühr mit Begründung

Begründungsschwelle (Schwellenwert) = max. Steigerung der Gebühr ohne Begründung einfacher Satz = niedrigstes Honorar

Merke: Eine Berechnung über den Höchstsatz ist nur nach vorheriger schriftlicher Abdingung mit dem Patienten möglich.

Regelspanne=Spanne zwischen dem einfachen Satz und dem Schwellenwert, hier liegt in der Regel das Honorar

Gebührenrahmen =Spanne zwischen dem einfachen Satz und Höchstsatz, d.h. der Rahmen, in dem sich die Honorarhöhe bewegen kann.

Abb. 17.16 Bemessung der Gebühren.

Nichtversicherte

war bereits in Deutschland krankenversichert

zuletzt GKV versichert

ab 1.4.2007 versicherungspflichtig in GKV (bei letzter Krankenkasse)

war noch nie in Deutschland krankenversichert

zuletzt PKV versichert

• höherverdienende Arbeitnehmer • Selbstständige • Beamte

alle anderen

ab 1.7.2007 grundsätzlich Zugangsrecht in Standardtarif ab 1.1.2009 Versicherungspflicht in Basistarif

Abb. 17.17 Standardtarif für Nichtversicherte. (nach Versicherungs-Service24)

17

41

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung Schon in der Vergangenheit wurde die PKV verpflichtet, für einen begrenzten Personenkreis einen Standardtarif anzubieten. Die Zugangsbeschränkungen für den bisherigen Standardtarif waren vom Gesetzgeber geregelt. In den Standardtarif konnten nur Personen ab 65 Jahren wechseln, die mindestens 10 Jahre in der PKV versichert waren. Oder Personen, die das 55. Lebensjahr vollendet hatten und mit ihrem Einkommen unter der Versicherungspflichtgrenze lagen und eine über 10-jährige Vorversicherungszeit aufwiesen. Da die Honoraransprüche von Ärzten bei der Behandlung von Versicherten des Standardtarifs auf bestimmte GOÄ-Höchstsätze reduziert sind, lehnten Ärzte die Behandlung von entsprechenden Versicherten nicht selten ab. Um die eingeführte Versicherungspflicht auch durch ein entsprechendes flächendeckendes Behandlungsangebot abzusichern, hat der Gesetzgeber den vertragsärztlichen Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung auf die Behandlungen von Standard- und Basistarifversicherten (für Letztere ab 1. Januar 2009) und den Notlagentarif (zum 1. August 2013) erweitert (§ 75 Abs. 3 a S. 1 SGB V). Dies gilt auch für Zahnärzte und Psychotherapeuten. Folglich besteht damit für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte die Pflicht, diesen privatversicherten Personenkreis zu bestimmten festgelegten Gebührensätzen zu versorgen. ▶ Basistarif. Seit Beginn des Jahres 2009 ist nun jedes private Krankenversicherungsunternehmen verpflichtet, einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten. Dieser Basistarif bietet einen Versicherungsschutz, der in Art, Umfang und Höhe den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Individuelle Risikozuschläge dürfen im Basistarif nicht erhoben werden. Lediglich das Eintrittsalter sowie das Geschlecht, nicht der Gesundheitsstatus, spielen bei der Prämienkalkulation für den Basistarif eine Rolle. Der monatliche Beitrag für den Basistarif ist für Einzelpersonen auf den GKV-Höchstbeitrag begrenzt. Eine beitragsfreie Mitversicherung für Ehepartner und Kinder – wie in der gesetzlichen Krankenversicherung – ist im Basistarif nicht vorhanden. Bei Basistarifversicherten sind bei der Gebührenberechnung besondere Beschränkungen der Steigerungssätze zu berücksichtigen. Die hier berechneten Steigerungssätze liegen für alle Leistungsarten unter den sonst geltenden Schwellenwerten.

17

242

Anfänglich galten die Vergütungsregeln nach § 75 Abs. 3a SGB V. Durch vertragliche Vereinbarungen kann allerdings von diesen Vorgaben auf Selbstverwaltungsebene ganz oder teilweise abgewichen werden (§ 75 Abs. 3b SGB V). Soweit hierüber kein Einvernehmen erreicht wird, kann die Festsetzung der Vereinbarung im Schlichtungsverfahren durch die Schiedsstelle nach § 75 Abs. 3c SGB V herbeigeführt werden. Im Dezember 2008 scheiterte der Versuch einer einvernehmlichen Einigung zwischen dem PKVVerband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Um einer Schlichtung zuvorzukommen, verständigten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der PKV-Verband im Einvernehmen mit den Beihilfeträgern jedoch auf einen Kompromiss. So erhalten Ärzte zukünftig für Basistarifversicherte für Leistungen des Abschnitts M das 0,9-Fache des Satzes der GOÄ, bei persönlich ärztlichen Leistungen einen Steigerungsfaktor von 1,2; für technische Leistungen das 1,0-Fache. Die Vereinbarung galt zunächst bis zum 31. Dezember 2012, verlängert sich jedoch automatisch um ein weiteres Jahr, wenn nicht eine der Parteien vor dem jeweiligen Ablauf eine Aufnahme von Verhandlungen verlangt. Die Vereinbarung zur Honorierung betrifft nicht Versicherte des Standardtarifs. Für die Abrechnung von Leistungen für diese Bestandsmitglieder gelten die Vergütungsregelungen nach § 75 Abs. 3 a S. 2 SGB V unverändert fort. Die abgesenkten Gebührensätze der Standardtarif- bzw. Basistarif-Versicherten sind in ▶ Abb. 17.15 zusammengestellt. Die so Versicherten sind verpflichtet, den Arzt vor Beginn der Behandlung darauf hinzuweisen, dass sie einem dieser privaten Versicherungstarife angehören. ▶ Notlagentarif. Der Notlagentarif wurde eingeführt für Versicherte in vorübergehend finanzieller Notlage. Auf ihn können Versicherte umgestellt werden, die ihre Beiträge trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung nicht gezahlt haben. Es kommt zum Ruhen des ursprünglichen Vertrages. Die monatliche Prämie im Notlagentarif beträgt rund 100 bis 125 Euro. Ziel des niedrigen Beitrags ist es, den Versicherten den Abbau der Beitragsrückstände zu ermöglichen. Nach Zahlung aller ausstehenden Beiträge ist dem Versicherten die Rückkehr in seinen ursprünglichen Tarif möglich. Der Notlagentarif erstattet Aufwendungen für medizinische Leistungen, die zur Behandlung von

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft notwendig sind. Kinder und Jugendliche haben einen Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Schutzimpfungen (§ 193 VVG, § 12 h VAG).

Abweichende Vereinbarung Die sog. „Abdingung“ (§ 2 GOÄ), d. h. die vertraglich vereinbarte Abweichung von den Bestimmungen der GOÄ, wurde gegenüber früheren Regelungen stark reglementiert. Es besteht keine Möglichkeit mehr, die GOÄ insgesamt abzudingen. So sind pauschale Honorarvereinbarungen über eine bestimmte Summe oder die Abrechnung auf der Basis anderer Gebührenordnungen verboten. Der Arzt ist an das Leistungsverzeichnis der GOÄ gebunden. Er kann nur noch einen höheren Steigerungsfaktor für die von ihm erbrachten Leistungen mit seinem Patienten vereinbaren, nicht aber die Punktzahl für die Leistung oder einen abweichenden Punktwert. Den gültigen Abschluss einer solchen abweichenden Vereinbarung knüpft der Verordnungsgeber an strenge formale und inhaltliche Bedingungen. Die abweichende Honorarvereinbarung setzt eine persönliche Absprache im Einzelfall voraus. Das heißt, der Arzt muss vor Erbringung der ärztlichen Leistung in einem persönlichen Gespräch den Patienten über die Modalitäten der Behandlung und Vergütung unterrichten. Weiterhin ist die Vereinbarung in Schriftform zwischen dem Arzt und dem Patienten zu treffen und sie darf keine anderen Erklärungen enthalten. In ihr sind neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung auch der Steigerungssatz und der sich daraus ergebende Betrag anzugeben. Der Patient muss darüber informiert werden, dass eine Erstattung des vereinbarten Honorars durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Der Arzt muss dem Patienten eine Kopie aushändigen. Damit erhält der Patient die Möglichkeit, die nach Abschluss der Behandlung erstellte Rechnung mit dem Inhalt der Honorarvereinbarung zu vergleichen. Für medizinisch-technische Leistungen gilt ein Abdingungsverbot. Ebenso für wahlärztliche Leistungen, die nicht durch den Wahlarzt höchstpersönlich erbracht werden.

Gebühren bei stationärer Behandlung Nehmen Patienten bei einer stationären Behandlung neben den allgemeinen Krankenhausleistungen auch wahlärztliche oder belegärztliche Leistungen in Anspruch, sind die Krankenhausleistungen und die privatärztlichen Leistungen jeweils getrennt zu zahlen. Das Krankenhaus ergänzt die ärztlichen Leistungen, die der Wahl- oder Belegarzt nicht erbringt oder veranlasst. Die privatärztlich behandelten Patienten erhalten im Vergleich zu den nicht privatärztlich behandelten Patienten für das gleiche Krankenhausentgelt eine geminderte ärztliche Leistung durch das Krankenhaus. Dennoch stellt das Krankenhaus dem privatärztlich behandelten Patienten für seine Leistungen eine gesonderte Rechnung ohne Abschlag aus. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung der Privatpatienten schreibt der § 6a GOÄ eine Minderung der Gebühren einschließlich der Zuschläge in der privatärztlichen Rechnung vor. Danach sind bei vollstationärer, teilstationärer sowie vor- und nachstationärer privatärztlicher Leistung die Gebühren um 25 % zu reduzieren. Die Minderungspflicht für Belegärzte oder andere niedergelassene Ärzte, die Leistungen in der aufnehmenden Einrichtung selbst erbringen, beträgt 15 %. Der jeweilige Minderungsbetrag ist in der Rechnung anzugeben.

Analoge Bewertungen in der GOÄ Da die GOÄ nur in größeren zeitlichen Abständen aktualisiert wird, sind bestimmte ärztliche Leistungen nicht im Gebührenverzeichnis enthalten. In einem solchen Fall wird die nicht in der GOÄ aufgeführte Leistung analog einer anderen, die in der GOÄ enthalten ist, abgerechnet (sogenannte „analoge Bewertung“ gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ). Prinzipiell liegt die Bildung einer Analogbewertung in der Verantwortung des einzelnen Arztes. Dazu muss er eine GOÄ-Position im Gebührenverzeichnis wählen (ggf. Summation mehrerer GOÄ-Positionen), die in der technischen Durchführung, im Schwierigkeitsgrad und im Kosten- und Zeitaufwand mit der tatsächlich erbrachten Leistung vergleichbar ist. Dabei ist die GOÄ-Position primär in dem Teil des Leistungsverzeichnisses zu suchen, dem die analog zu bewertende Leistung zuzurechnen ist. Legitim ist aber auch der Abgriff aus einem anderen Kapitel der GOÄ. Auch die „Rahmenbedingungen“ der abgegriffenen Leistung bei Analogabrechnung bleiben bestehen. Beispielsweise ist eine abgegriffene Gebührenziffer mit kleinem Ge-

17

43

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung bührenrahmen auch bei analoger Abrechnung ohne Begründung nur 1,8-fach steigerungsfähig. In der Rechnung muss die tatsächlich erbrachte Leistung für den Patienten verständlich beschrieben und mit dem Vermerk „analog Nr. …“ oder „entsprechend Nr. …“ versehen werden. Die Nummer und die Bezeichnung der analog abgerechneten Leistung müssen angegeben sein (▶ Tab. 17.23). Von Zeit zu Zeit veröffentlicht die Bundesärztekammer ein „Verzeichnis der Analogen Bewertungen der Bundesärztekammer“. Ärzten, Patienten und Kostenträgern wird dadurch eine Hilfestellung bei der Analogabrechnung gegeben. Allerdings ist das Verzeichnis nur eine Empfehlung, da auch Leistungen, die nicht gelistet sind, analogiefähig sein können.

nach Nr. 52 GOÄ. Da das Wegegeld als Pauschale abgerechnet wird, spielt es keine Rolle, ob der Arzt ein Verkehrsmittel nutzt, zu Fuß geht oder sich abholen lässt. Die Höhe des Wegegelds richtet sich nach der Entfernung sowie der zeitlichen Zuordnung. Wird der Patient bei Nacht besucht, erhöht sich das Wegegeld. So beträgt das Wegegeld tagsüber (zwischen 8 und 20 Uhr) bei einer Entfernung bis zu 2 km zwischen der Praxis und der Besuchsstelle 3,58 €, bei Nacht (zwischen 20 und 8 Uhr) erhält der Arzt hingegen 7,16 € (▶ Abb. 17.19). Werden mehrere Patienten an gleicher Stelle besucht (häusliche Gemeinschaft oder in einem Heim), darf der Arzt das Wegegeld insgesamt nur einmal berechnen und anteilig in Rechnung stellen (z. B. bei 2 Patienten je 50 %, bei 4 je 25 % etc., siehe ▶ Tab. 17.14, ▶ Tab. 17.15).

2. Entschädigungen

▶ Reiseentschädigung. Bei Besuchen über eine Entfernung von mehr als 25 km tritt an die Stelle des Wegegeldes die Reiseentschädigung. Der Arzt bekommt als Reiseentschädigung 0,26 € für jeden zurückgelegten Kilometer, wenn er seinen eigenen PKW fährt. Bei Nutzung anderer Verkehrsmittel werden die tatsächlichen Aufwendungen erstattet. Bei Abwesenheit bis zu 8 Stunden erhält er eine Pauschale von 51,13 €, bei Abwesenheit von mehr als 8 Stunden erhöht sich die Pauschale auf 102,26 € je Tag. Ergibt sich die Notwendigkeit für eine oder mehrere Übernachtungen, werden ihm die entstandenen Kosten ebenfalls ersetzt.

Wegegeld (§ 8 GOÄ) und Reiseentschädigung (§ 9 GOÄ) werden nur in Verbindung mit Besuchen des Arztes gezahlt. Die Differenzierung zwischen Wegegeld und Reiseentschädigung hängt von der Entfernung zwischen der Besuchsstelle und dem Ausgangsort des Arztes ab (Praxissitz, Wohnung). Die Grenze liegt bei 25 km (▶ Abb. 17.18). ▶ Wegegeld. Wegegeld kann berechnet werden für eine Wegstrecke bis zu 25 km. Kein Wegegeld gibt es bei Besuchen durch das Praxispersonal

Tab. 17.23 Auszug aus dem Verzeichnis der Analogen Bewertungen (GOÄ) der Bundesärztekammer; Analoge Bewertungen.

A 36 Strukturierte Schulung einer Einzelperson mit einer Mindestdauer von 20 Min. bei Asthma bronchiale, Hypertonie – einschließlich Evaluation zur Qualitätssicherung zum Erlernen und Umsetzen des Behandlungsmanagements, einschließlich Auswertung standardisierter Fragebögen, je Sitzung analog: Nr. 33

Punkte

EUR

300

17,49

Auszug aus dem Verzeichnis der Analogen Bewertungen (GOÄ) der Bundesärztekammer; Analoge Bewertungen

17

244

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

I

Fallbeispiel Wegegeld 1. Ein Patient ruft um 21 Uhr seinen Hausarzt zu Hause an und bittet ihn um einen Hausbesuch (Besuchsstelle mehr als 2 km bis zu 5 km). Der Arzt fährt sofort los (▶ Tab. 17.24).

Der 1. der besuchten Patienten wird beraten und erhält eine Schutzimpfung (oral), dem 2. Patienten wird eine i. v. Injektion verabreicht (▶ Tab. 17.25). Tab. 17.25

Tab. 17.24 Abrechnungs-Nr.

Zuschlag/Wegegeld

50 (Besuch)

Zuschlag F Wegegeld in Höhe von 10,23 €.

2. Ein Arzt besucht während der Besuchstour 2 Pri1. vatpatienten in einem Pflegeheim. Das Pflegeheim liegt 3 km von der Praxis entfernt.

AbrechnungsNr. Patient 1

50 (Besuch)

Nr. 376 (Schutzimpfung, oral) Wegegeld anteilig 3,32 €

Patient 2

51 (Besuch eines weiteren Kranken)

Nr. 253 (i. v. Injektion) Wegegeld anteilig 3,32 €

Rei see nts chä dig ung

Ausgangsort des Arztes mehr als 10 km bis zu 25 km mehr als 5 km bis zu 10 km

bis zu 2 km mehr als 2 km bis zu 5 km

17

Abb. 17.18 Berechnung des Wegegelds.

45

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

Wegegeld bis zu 2 km, bei Tag bis zu 2 km, bei Nacht (zwischen 20 und 8 Uhr)

Euro-Betrag

3,58 € 7,16 €

mehr als 2 km bis zu 5 km, bei Tag mehr als 2 km bis zu 5 km, bei Nacht

6,65 € 10,23 €

mehr als 5 km bis zu 10 km, bei Tag mehr als 5 km bis zu 10 km, bei Nacht

10,23 € 15,34 €

mehr als 10 km bis zu 25 km, bei Tag mehr als 10 km bis zu 25 km, bei Nacht

15,34 € 25,56 €

Abb. 17.19 Wegegeld. (nach GOÄ, 2016)

3.

4.

5.

6. 7.

3. Ersatz von Auslagen In der Regel sind die Auslagen bereits mit der Gebühr für die betreffende ärztliche Leistung abgegolten. Kosten, die nicht regelmäßig anfallen, sondern im Einzelfall aus der Behandlung eines Patienten entstehen, sind gesondert neben der Gebühr für die ärztliche Leistung dem Patienten zu berechnen (Ersatz von Auslagen). Welche Artikel und Materialien als Auslagen berechnungsfähig sind, regelt § 10 GOÄ. Gesondert berechnet werden dürfen u. a. Kosten für Arzneimittel, Verbandmittel und sonstige Materialien, z. B. Wundversorgungsmittel wie Wundklammern, Drainageschläuche u. Ä., die der Kranke zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind, z. B. Einmal-Infusionsbesteck. Hingegen sind Kleinmaterialien wie Zellstoff, Mulltupfer und Mullkompressen von der Berechnung ebenso ausgenommen wie bestimmte Einmalartikel. Die Aufzählung der Materialien ist allerdings nicht vollständig.

17.4.5 Rechnungsstellung Welche inhaltlichen Anforderungen an die Rechnung zu stellen sind, wird in § 12 GOÄ beschrieben. Die Rechnung – auch Liquidation genannt – muss enthalten: 1. das Datum der Leistungserstellung; 2. bei Gebühren die Gebührennummer, die Bezeichnung der einzelnen Leistungen, eine in der Leistungsbeschreibung ggf. genannte Mindestdauer, den jeweiligen Euro-Betrag und Steigerungssatz sowie eine Begründung beim Über-

17

246

schreiten der Begründungsschwelle in verständlicher, nachvollziehbarer Form; bei der Erbringung stationärer oder teilstationärer privatärztlicher Leistungen ist der Mindestbetrag anzugeben; bei Entschädigungen den Euro-Betrag, die Art (Wegegeld oder Reiseentschädigung) und die Berechnung der Entschädigung; bei Ersatz von Auslagen den Euro-Betrag und die Art der Auslagen (Arzneimittel, Verbandmittel usw.). Ein Beleg oder ein sonstiger Nachweis über die Höhe der entstanden Kosten ist der Rechnung beizufügen, wenn der Betrag der einzelnen Auslage 25,56 € übersteigt; „Leistungen auf Verlangen“ sind als solche zu bezeichnen; Analogbewertungen sind verständlich inhaltlich zu beschreiben und mit dem Hinweis „entsprechend“ oder „analog“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung in die Rechnung aufzunehmen.

Auf der Rechnung gibt der Arzt in der Regel ein Zahlungsziel von 30 Tagen an. Wird eine Rechnung innerhalb dieser Frist nicht bezahlt, können vom Patienten Verzugszinsen verlangt/gefordert werden. ▶ Abb. 17.20 zeigt ein Beispiel für eine GOÄ-Liquidation.

17.4.6 Fragen und Aufgaben 1. Welche unterschiedlichen Vergütungsarten stehen dem Arzt nach der GOÄ zu? 2. Erklären Sie die folgenden Begriffe: a) Punktzahl b) Punktwert c) Einfacher Gebührensatz d) Schwellenwert e) Regelspanne 3. Wie lautet der Schwellenwert für die Berechnung von technisch-ärztlichen Leistungen? 4. Grundsätzlich sind im Gebührenverzeichnis der GOÄ die berechnungsfähigen ärztlichen Leistungen abschließend zusammengefasst. Dennoch können ärztliche Leistungen nach GOÄ abgerechnet werden, die nicht im Gebührenverzeichnis enthalten sind. Wie können solche Leistungen bewertet werden? 5. Welche Richtlinien müssen bei der Liquidation eines Belegarztes beachtet werden? 6. Wie können folgende Abrechnungsnummern gesteigert werden (▶ Tab. 17.26)?

17.4 Privatärztliche Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

Musterhausen Musterstr. Tel.: Fax: Rechnung Nr. bei Zahlung bitte angeben!

Prof. Dr. med. A. Hanselmann Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik Universitätsklinikum

Herr Hermann Baumann Hauptstraße 24 b Musterhausen

Musterhausen, 25.11.20**

Für ärztliche Bemühungen an den nachfolgend aufgeführten Tagen während eines stationären Aufenthalts in der Universitätsklinik Musterhausen erlaube ich mir zu berechnen:

Datum 19.11.20**

Diagnose:

GOÄ 1 800 801 839 410 420 645 649 75

Leistung Beratung (auch telefonisch) Neurologische Untersuchung Neuropsychiatrische Untersuchung Elektroneurogramm mit Nadelableitung Ultraschalluntersuchung (hirnversorg. Arter. ) Ultraschall (A. Carotis, vertebralis, subclavia) Dopplersonogramm Transkranielle dopplersonograf. Untersuchung Ärztlicher Bericht

Faktor

Betrag

2.30 2.30 2.30 2.30 2.30 2.30 1.80 2.30 2.30

10,72 26,14 33,52 93,84 26,81 32,17 68,20 87,14 17,43

Zwischensumme

EUR 395,97

–25,00 % Gebührenminderung lt. § 6a GOÄ

EUR

Rechnungsbetrag

EUR 296,98

98,99

Schwindel, Polyneuropathie

Abb. 17.20 GOÄ-Liquidation.

7. Ein Patient erhält eine Eigenblutbehandlung. Diese Leistung soll mit dem Schwellenwert angesetzt werden. Nennen Sie die Begründungsschwelle. 8. Bei einem Patienten wird ein EKG mit 9 Ableitungen angefertigt. Diese Leistung soll mit dem Schwellenwert gesteigert werden. Geben Sie die Begründungsschwelle an.

9. Welche beiden Entschädigungsarten nennt die GOÄ bei Besuchen? In welchen Fällen ist die jeweilige Art anzuwenden? 10. Berechnen Sie das Wegegeld für jeden einzelnen Patienten in den folgenden Fällen: a) Der Arzt besucht gegen Mittag eine Patientin, die 12 km entfernt von seiner Praxis wohnt.

17

47

Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung b) Ein weiterer Privatpatient wird während der Besuchstour besucht. Er wohnt 5,2 km von der Praxis entfernt. c) Ein Arzt besucht um 20.30 Uhr 3 Patienten im Altenheim. Das Heim liegt 20 km von seiner Praxis entfernt und 4 km von seiner Privatwohnung, von wo aus er seinen Besuch antritt. 11. Als Auslagenersatz kann der Arzt auch Arzneimittel, Verbandmittel und sonstige Materialien

in Rechnung stellen, die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht werden. Nennen Sie Beispiele. 12. Eine Arztrechnung muss bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Nennen Sie diese Mindestangaben für das Berechnen von Gebühren. 13. Was ist eine Abdingung?

Tab. 17.26 Abrechnungsnummern. Nummer 4 2001 500 204 8 250 3 500 301 1480 651 1278 801

17

248

Kapitel

Regelspanne

Max. Steigerung

Foto: Paavo Blåfield, Thieme

Kapitel 18

18.1

Hintergründe zu den Neuregelungen in der Pflegeversicherung

250

Verfahren zur Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit

251

Umstrukturierung von Pflegestufen auf Pflegegrade

254

Leistungen der sozialen Pflegeversicherung

255

18.5

Pflegestärkungsgesetz III

271

18.6

Leistungen der privaten Pflegeversicherung

272

Fragen und Aufgaben

272

Pflegegrade 18.2 18.3 18.4

18.7

Pflegegrade

18 Pflegegrade Die Zahl der in Deutschland lebenden Pflegebedürftigen wurde 2013 auf rund 2,63 Millionen beziffert. Dabei wurden 71 % in Privathaushalten betreut, 29 % lebten in Heimen. In der häuslichen Pflege erbringen meist Familienmitglieder und freiwillige Helfer die Betreuungsleistungen.

18.1 Hintergründe zu den Neuregelungen in der Pflegeversicherung Seit der Einführung der Pflegeversicherung 1995 war der Begriff der Pflegebedürftigkeit umstritten. Kritisiert wurde vor allem, dass die stark verrichtungsbezogene Beurteilung, die zu der Einordnung in eine der drei Pflegestufen führte, der Lebenssituation vieler Pflegebedürftiger nicht ausreichend gerecht witd. ▶ Tab. 18.1 zeigt die Zuordnung zu den drei bisher gültigen Pflegestufen entsprechend dem Umfang des Hilfebedarfs.

Erfasst wurde der Hilfsbedarf bei körperlichen und organischen Funktionseinschränkungen, jedoch nur minimal bei kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Obwohl die Familie mitunter rund um die Uhr auf diese Personen achten musste, konnte es dennoch sein, dass die Betroffenen keinen Anspruch die Zuordnung zu einer Pflegestufe hatten, weil der rein körperbezogene pflegerische Mindestaufwand nicht erreicht wurde. In der Folge wurden Personen mit einer eingeschränkten Alltagskompetenz nicht als pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung angesehen, trotz eines bestehenden Bedarfs an Betreuung und Beaufsichtigung. Mit Einfügen des § 45a in das SGB XI wurden Personen anspruchsberechtigt, die neben dem Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung einen erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung haben. Diesen Bedarf haben z. B. Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen.

Tab. 18.1 Pflegestufen.

18

250

Pflegestufe

Häufigkeit der Hilfestellung

Zeitaufwand der Hilfestellung

Pflegestufe I „Erhebliche Pflegebedürftigkeit“

Dies sind Personen, ● die mindestens einmal täglich bei wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen der Körperpflege, der Mobilität oder der Ernährung Hilfebedarf haben, ● die zusätzlich mehrfach in der Woche Bedarf an hauswirtschaftlicher Unterstützung haben.

Der tägliche zeitliche Aufwand muss durchschnittlich mindestens 90 Minuten betragen, davon 45 Minuten für die Grundpflege.

Dies sind Personen, die mindestens 3-mal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen (z. B. beim Aufstehen, der Ernährung, dem Zu-Bett-Gehen), ● die zur Haushaltsführung zusätzlich wöchentlich mehrmals Hilfe benötigen.

Der zeitliche Bedarf muss mindestens 3 Stunden pro Tag betragen, davon mindestens 2 Stunden für die Grundpflege.

Dies sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder Mobilität täglich rund um die Uhr – auch nachts – einen möglichen Bedarf an Hilfeleistung haben. Eine Pflegeperson muss also in ständiger Bereitschaft sein. Dabei muss es auch zu wirklichen Einsätzen kommen. Diese müssen tagsüber und in der Nacht (von 22 bis 6 Uhr) liegen, allerdings nicht in jeder Nacht, ● die daneben auch mehrfach wöchentlich Unterstützung bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Der Hilfebedarf muss sich auf mindestens 5 Stunden pro Tag belaufen, dabei müssen auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen.

Pflegestufe II „Schwerpflegebedürftigkeit“



Pflegestufe III „Schwerstpflegebedürftigkeit“



18.2 Verfahren zur Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit Die Erkrankungen oder Einschränkungen müssen zudem Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens haben und dauerhaft zu einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenzen führen. Diese Einschränkungen wurden routinemäßig im Rahmen der Begutachtung nach § 18 SGB XI durch den MDK oder den beauftragten Gutachter festgestellt. Auch hier waren trotz der Einführung und der zwischen 2002 und 2015 schrittweise erfolgten Erweiterung von zusätzlichen Leistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz die Leistungsansprüche meist geringer als bei Pflegebedürftigen mit einer vorrangig körperlichen Beeinträchtigung. Nach jahrelangen intensiven Diskussionen werden seit dem 1. Januar 2017 der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und das damit verbundene neue Begutachtungsassessment (NBA) angewendet. Statt drei Pflegestufen gibt es fünf Pflegegrade. Bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit wird nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden. Ausschlaggebend dafür, ob jemand pflegebedürftig ist, ist die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einer Person in allen pflegerelevanten Bereichen des täglichen Lebens. Der zeitliche Unterstützungsbedarf ist für die Feststellung nicht mehr relevant. In Verbindung mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs werden die Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent des Bruttolohns (2,8 Prozent für Kinderlose) steigen. Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf dem „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II), 2015“.

18.2 Verfahren zur Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten Personen, bei denen eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde.

Definition

L

Pflegebedürftig im Sinne des Gesetzes (§ 14 SGB XI) sind Personen, die „gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen“.

Zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (§ 18 SGB XI) muss ein Antrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Diese beauftragt dann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere unabhängige Gutachter damit, die Situation des Pflegebedürftigen zu beurteilen. Als Einstufungsgutachter arbeiten Ärzte oder Pflegekräfte, die dafür speziell ausgebildet sind. Geprüft wird, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad besteht. Die Begutachtung findet meistens in der Wohnung des Pflegebedürftigen (bei ambulanter Pflege) oder im Pflegeheim, ausnahmsweise im Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung statt. Neben einer körperlichen Untersuchung und Sichtung ärztlicher und pflegerischer Befunde wird sehr genau gefragt, wie selbstständig der Pflegebedürftige ist. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit wird danach bestimmt, in welchen Lebensbereichen der Pflegebedürftige selbstständig handeln kann oder wie sehr er hierin beeinträchtigt ist. Der Pflegebedarf wird mit einem neuen Instrument für die Begutachtung ermittelt, dem „neuen Begutachtungsassessment“ (NBA). In Ausnahmefällen kann bei eindeutigen Diagnosen auch nach Aktenlage begutachtet werden, z. B. beim apallischen Syndrom (Wachkoma). Bei der Begutachtung wird die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten einer Person in insgesamt 8 Modulen bzw. Lebensbereichen beurteilt, um den Grad der Pflegebedürftigkeit festzustellen. Jedes Modul umfasst mehrere Kriterien, z. B. das Modul 1 hat fünf Kriterien der Mobilität. Nur die ersten 6 Module werden zur Festlegung der Pflegebedürf-

18

51

Pflegegrade tigkeit verwendet. Die Module 7 und 8 werden nicht für die Ermittlung der Pflegebedürftigkeit herangezogen. Sie ermöglichen den Pflegeberatern, für die Pflegebedürftigen eine individuelle Pflegeplanung zu erstellen, sie umfassend zu beraten und die häusliche Versorgungssituation zu optimieren. Das neue Begutachtungsverfahren berücksichtigt dabei folgende Module bzw. Lebensbereiche: ● Mobilität, z. B. ob die Person die Position im Bett ändern, eine stabile Sitzposition halten, sich innerhalb des Wohnbereichs fortbewegen und Treppen steigen kann; ● Kognitive und kommunikative Fähigkeiten, z. B. ob Personen aus dem näheren Umfeld erkannt werden oder ob sich die Person, örtlich und zeitlich orientieren, Entscheidungen im Alltagsleben treffen, Risiken und Gefahren erkennen, Aufforderungen verstehen und sich an einem Gespräch beteiligen kann; ● Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, z. B. ob motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten vorliegen oder nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslagen; ● Selbstversorgung, z. B. inwieweit sich die Person waschen, duschen und baden kann, an- und auskleiden, Nahrung mundgerecht zubereiten und Getränken eingießen kann, essen, trinken, die Toilette oder einen Toilettenstuhl benutzen kann, mit den Folgen einer Harninkontinenz und mit Dauerkatheter und Urostoma umgehen kann; ● Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, z. B. ob die Person die Fähigkeit hat, Medikamente selbstständig einzunehmen, oder ob sie Körperzustände, wie Blutzucker, selbst messen und beurteilen kann, mit einem Rollator zurechtkommt und ihren Arzt oder andere medizinische oder therapeutische Einrichtungen aufsuchen kann; ● Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte, z. B. die Fähigkeit, den Tagesablauf zu gestalten und an Veränderungen anzupassen, mit anderen Personen in direkten Kontakt zu treten, Kontakt zu Personen außerhalb des direkten

18

252





Umfelds zu pflegen, Ruhen und Schlafen, sich selbst beschäftigen. Außerhäusliche Aktivitäten: In diesem Bereich wird ermittelt, ob sich die Person selbständig außerhalb der Wohnung oder der Einrichtung bewegen, an kulturellen, religiösen oder sportlichen Veranstaltungen teilnehmen und welche Transportmittel sie selbstständig nutzen kann; Haushaltsführung: In diesem Modul wird die Selbstständigkeit bei Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen, Aufräumen einschließlich Wäschepflege sowie der Umgang mit finanziellen und Behördenangelegenheiten ermittelt.

In den einzelnen Modulen bzw. Lebensbereichen werden für jedes erhobene Kriterium je nach Ausprägung der Beeinträchtigung Einzelpunkte vergeben (Anlage 1 zu § 15 SGB XI). Je Modul wird eine Punktsumme gebildet und einem von vier Graden der Beeinträchtigung zugeordnet (Anlage 2 zu § 15 SGB XI). Aus den Graden der Beeinträchtigung werden gewichtete Punkte (Scorewerte) pro Modul berechnet, in dem die Grade der Beeinträchtigung mit dem Gewicht des Moduls multipliziert und dieser Wert durch 4 geteilt wird. Die Module fließen daher unterschiedlich gewichtet in die Gesamtwertung ein. Im darauf folgenden Schritt werden die gewichteten Punkte (Scorewert) aller Module addiert. Eine Besonderheit betrifft die beiden Module „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ und „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“. Hier geht der jeweils höhere Scorewert in die Addition ein. Das Ergebnis ist eine Gesamtpunktzahl im Bereich von 0 bis 100. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunktzahl wird zuletzt der Pflegegrad anhand der gesetzlichen Bestimmung abgeleitet (§ 15 Abs. 3 SGB XI), ▶ Tab. 18.2. ▶ Abb. 18.1 stellt das Begutachtungsinstrument zur Ermittlung der Pflegegrade in einem Schaubild dar. Über das Ergebnis der Untersuchung erstellt der MDK oder erstellen die von der Pflegekasse Beauftragten ein Gutachten. Beantragt der Pflegebedürftige Pflegegeld, hat sich die Stellungnahme auch darauf zu beziehen, ob die Versorgung unter den vorgefundenen Umständen zu Hause möglich und sichergestellt ist. Unter Berücksichtigung des Gutachtens entscheidet die Pflegekasse und schickt dem Pflegebedürftigen den Bescheid wie auch das Gutachten zu.

18.2 Verfahren zur Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit

1. Erfassung der Selbstständigkeit und der Fähigkeit in sechs Lebensbereichen und zwei zusätzlichen Bereichen Modul 5 Modul 1 Mobilität

Modul 3 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Modul 2 kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Modul 4 Selbstversorgung

Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

Modul 6 Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Modul 7 außerhäusliche Aktivitäten

Modul 8 Haushaltführung

2. Berechnung und Gewichtung der Punkte Punkte im Modul 1

+

Punkte im Modul 2

+

Punkte im Modul 4

+

Punkte im Modul 5

+

Punkte im Modul 6

oder Punkte im Modul 3 höherer Wert fließt ein Gewichtung 10 %

Gewichtung 15 %

Gewichtung 40 %

Gewichtung 20 %

Gewichtung 15 %

3. Einstufung Gesamtpunkte 12,5 bis unter 27 ab 27 bis unter 47,5 ab 47,5 bis unter 70 ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkte Gesamtpunkte Gesamtpunkte Gesamtpunkte

1

2

3

4

ab 90 –100 Gesamtpunkte

Pflegeplanung, Pflegeberatung, Versorgungsplanung

5

Pflegegrade

Abb. 18.1 Begutachtungsinstrument zur Ermittlung der Pflegegrade. (nach: Bundesministerium für Gesundheit, 2015)

Tab. 18.2 Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit. Gesamtpunkte

Pflegegrad

Erläuterung

ab 12,5 bis unter 27 Punkte

1

geringer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten

ab 27 bis unter 47,5 Punkte

2

erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten

ab 47,5 bis unter 70 Punkte

3

schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten

ab 70 bis unter 90 Punkte

4

schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten

ab 90 bis 100 Punkte

5

schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

18

53

Pflegegrade Die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungszeit für Anträge auf Pflegeleistungen beträgt 25 Arbeitstage. Die Frist verkürzt sich auf 2 Wochen, wenn der Antragssteller zu Hause lebt und ein Angehöriger Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen will. Befindet sich der Antragsteller im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung und soll entlassen werden, dann verkürzt sich die Begutachtungsfrist auf 1 Woche. Falls diese Zeiträume nicht eingehalten werden, ist die Pflegekasse zu Strafzahlungen verpflichtet. Es gibt jedoch 2 Ausnahmen, bei denen dies nicht gilt: zum einen, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Zum anderen, wenn sich der Antragsteller in vollstationärer Pflege befindet und bei ihm bereits mindestens eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder eine erhebliche Beeinträchtigung der Fähigkeiten (mindestens Pflegegrad 2) festgestellt wurden. Für 2017 sind die Strafzahlungen ausgesetzt. ▶ Abb. 18.2 stellt den Verfahrensweg zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit in einem Schaubild dar.

18.3 Umstrukturierung von Pflegestufen auf Pflegegrade Nach Inkrafttreten der entsprechenden Regelungen des PSG II werden Neuanträge auf Pflegeversicherungsleistungen mit dem neuen Begutachtungsassessment (NBA) begutachtet. Wer zum Zeitpunkt der Umsetzung schon Leistungen der Pflegeversicherung erhält, geht ohne erneute Antragsstellung und ohne neuerliche Begutachtung automatisch in das neue System über (§ 140 Abs. 1 SGB XI). Ausschlaggebend sind die bereits in einer Begutachtung festgestellten Pflegestufen und etwaige eingeschränkte Alltagskompetenzen. Pflegebedürftige mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen bekommen den nächsthöheren Pflegegrad. Dies bedeutet, dass aus der Pflegestufe I der Pflegegrad 2 hervorgeht, aus Pflegestufe II der Pflegegrad 3 usw. Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz gelangen automatisch in den übernächsten Pflegegrad. Aus Pflegestufe 0 mit eingeschränkter Alltagskompetenz (EA) wird der

1

Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit

Pflegekasse

Pflegebedürftige widerspruchsfähiger Bescheid inklusive eines verständlichen Gutachtens: Entscheidung der Pflegekasse

2 8 Antragsprüfung

5

(spätestens 25 Arbeitstage nach Eingang des Antrags) 9

7 evtl. Widerspruch Prüfung Gutachten

3

Auftrag: Erstellung eines Gutachten

Gutachten:

MDK oder andere unabhängige Gutachter

4

Untersuchung zur Ermittlung gesundheitlich bedingter Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten

Besuch des Versicherten in seinem Wohnbereich (Ausnahme: Entscheidung nach Aktenlage)

6

u.a. Vorschlag Pflegegrad

18

Abb. 18.2 Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. (nach: Bundesministerium für Gesundheit, 2015)

254

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung

Pflegegrad Härtefall

5

3 mit e.A.

4

3

Pflegestufen

2 mit e.A.

3

2 1 mit e.A.

2

1 0 mit e.A.*

* e.A. = eingeschränkte Alltagskompetenz Pflegestufe wird zu Pflegegrade

Abb. 18.3 Überleitungen in die Pflegegrade.

Pflegegrad 2, Pflegestufe II mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 4 (▶ Abb. 18.3). Die im Rahmen der Überleitung zugewiesenen Pflegegrade werden frühestens im Jahr 2019 durch reguläre Wiederholungsgutachten nachgeprüft (§ 142 Abs. 1 SGB XI). Bei sog. besonderen Bedarfskonstellationen können aus pflegefachlichen Gründen Pflegebedürftige dem Pflegegrad 5 zugewiesen werden, auch wenn ihre Gesamtpunktzahl unter 90 Punkten liegt. Voraussetzung ist, dass ein außergewöhnlich hoher Hilfsbedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung vorliegt, z. B. bei einer schweren Ausprägung der Demenz oder bei Patienten im Endstadium einer Krebserkrankung, AIDS oder Mukoviszidose (§ 15 Abs. 4 SGB XI).

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung richten sich nach dem Ausmaß der Pflegebedürftigkeit und danach, ob häusliche oder stationäre Pflege erforderlich ist (▶ Abb. 18.4). Die Höhe der Leistungsbeträge ist für jeden Pflegegrad verbindlich. ▶ Tab. 18.3 zeigt die Leistungsansprüche der Versicherten an die soziale Pflegeversicherung im Überblick.

18.4.1 Leistungen bei häuslicher Pflege Die Förderung der häuslichen Pflege ist eines der wichtigsten Ziele der Pflegeversicherung. Der Pflegebedürftige soll so lange wie möglich in seiner vertrauten Umgebung bleiben. Vorrangig sind Leistungen der häuslichen Pflege. Dem Pflegebedürftigen stehen zu: ● Pflegesachleistung (häusliche Pflegehilfe) sowie der gemeinsame Sachleistungsbezug durch mehrere Pflegebedürftige („Poolen“), ● Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen, ● Kombination von Geld- und Sachleistung (Kombinationsleistung), ● zusätzliche Leistungen in ambulant betreuten Wohngruppen, ● häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson, ● Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen.

Pflegesachleistung (häusliche Pflegehilfe) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltführung durch geeignete Pflegekräfte (Pflege als Sachleistung, § 36 SGB XI).

18

55

Pflegegrade

Leistungen aus der Pflegeversicherung (eine Übersicht) Leistungen bei häuslicher Pflege § 36 Pflegesachleistung a. häusliche Pflegehilfe • körperbezogene Pflegemaßnahmen • pflegerische Betreuungsmaßnahmen • Hilfen bei der Haushaltsführung

§ 37 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfe Voraussetzung: • häusliche Pflegehilfe wird sichergestellt

§ 38 Kombination von Geld- und Sachleistung • teilweise Sachleistung • teilweise Pflegegeld

§ 38a zusätzliche Leistungen in ambulant betreuten Wohngruppen

§ 39 häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson

§ 40 Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

• Vertretung der Pflegeperson • maximal 6 Wochen

• zur Erleichterung der Pflege • zur Linderung von Beschwerden • zur Verbesserung des Wohnumfeldes

b. Zusammenlegen von Leistungen („Poolen“)

Leistungen bei vollstationärer Pflege

Leistungen bei teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege

§ 42 Kurzzeitpflege

§ 43 Vollstationäre Pflege

• in Übergangssituationen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht ausreicht • in Krisensituationen • für max. 8 Wochen

• wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder nicht in Betracht kommt

§ 41 Tages- und Nachtpflege • teilstationäre Pflege, wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden kann

§ 43b zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen

Angebote zur Unterstützung im Alltag § 45a Angebote zur Unterstützung im Alltag

§ 45b Entlastungsbetrag in häuslicher Pflege

Leistungen für Pflegepersonen

§ 44 Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen

§ 44a zusätzliche Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung

Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz

Abb. 18.4 Leistungen aus der Pflegeversicherung (Übersicht).

18

256

§ 45 Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Tab. 18.3 Leistungsangebot der sozialen Pflegeversicherung (2016). Leistung

Bezahlungsrahmen

Pflegegrad 1

Pflegegrad 2

Pflegegrad 3

Pflegegrad 4

Pflegegrad 5

Pflegegeld (§ 37 SGB XI)

monatlich



 316 €

 545 €

 728 €

 901 €

Pflegesachleistung (§ 36 SGB XI)

monatlich



 689 €

1298 €

1612 €

1995 €

Pflegehilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (§ 40 Abs. 2 SGB XI)

monatlich

 40 €

Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs. 4 SGB XI)

je Maßnahme

4 000 € je Maßnahme (bis zum vierfachen Betrag – also bis zu insgesamt 16 000 € –, wenn mehrere Anspruchsberechtige zusammenwohnen)

Entlastungsbetrag (§ 45b SGB XI)

monatlich

125 €

 125 €

 125 €

 125 €

 125 €

Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr

jährlich bis zu



1612 €

1612 €

1612 €

1612 €

Tages- und Nachtpflege (§ 41 SGB XI)

monatlich



 689 €

1298 €

1612 €

1995 €

Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) bis zu 8 Wochen im Kalenderjahr

jährlich bis zu



1612 €

1612 €

1612 €

1612 €

Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (§ 38a SGB XI)

jährlich

214 €

 214 €

 214 €

 214 €

 214 €

Vollstationäre Pflege (§ 43 SGB XI)

monatlich

125 €

 770 €

1262 €

1775 €

2005 €

Der Begriff der körperbezogenen Pflegemaßnahmen bezieht sich vor allem auf Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in den Modulen 1 (Mobilität) und 4 (Selbstversorgung). Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Die Pflegekräfte sind bei einer Einrichtung (z. B. Sozialstation, Pflegedienst) tätig, die mit der Pflegekasse einen Versorgungsvertrag nach den §§ 71 ff. SGB XI abgeschlossen hat. Der Pflegedienst wird von der zu pflegenden Person bzw. ihren Angehörigen oder ihrem Betreuer ausgewählt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Pflegesachleistung auch durch befähigte Einzelpersonen, zum Beispiel einen Altenpfleger, erbracht werden, sofern die Pflegekasse einen entsprechenden Vertrag mit ihm vereinbart hat (§ 77 SGB XI). Mit der Pflegereform 2008 wurden diese Voraus-

setzungen ausgebaut, um solche Einzelverträge zu fördern. Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach SGB XI wird zwischen dem Träger des Pflegedienstes, den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger festgelegt. Sie muss leistungsgerecht sein und einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung möglich machen, seinen Versorgungsvertrag zu erfüllen. Die Vergütungen können nach dem „erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden“ (§ 89 Abs. 3 SGB XI). Über die mögliche Vergütungssystematik wird auf Landesebene entschieden. In der Praxis werden die Pflegeleistungen ambulanter Pflegedienste größtenteils nach Leistungskomplexen (Modulsystem) honoriert. Das sind Pakete, die sich aus einer bestimmten Reihe von Leistungen zusammensetzen. Unterschiede bestehen zwischen den Ländern jedoch bei der

18

57

Pflegegrade Anzahl der Leistungspakete und deren inhaltlicher Zusammensetzung. Grundsätzlich legt der Pflegebedürftige selbst fest, in welchem Umfang er die häusliche Pflege durch professionelle Hilfe oder Angehörige in Anspruch nehmen möchte. Entscheidet er sich für Sachleistungen, erstellt der Pflegedienst einen Leistungsnachweis über die täglich durchgeführten Pflege- und Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung, der von der Pflegekraft abgezeichnet und vom Pflegebedürftigen bzw. Angehörigen oder dem Betreuer gegengezeichnet wird. Die Abrechnung der erbrachten Pflegemaßnahmen erfolgt direkt zwischen Pflegedienst und Pflegekasse. Eine Auszahlung an die gepflegte Person oder deren Angehörige erfolgt nicht. Die Pflegekasse zahlt die Kosten der Pflege- und Betreuungseinsätze bis zur Höhe des vom Pflegegrad abhängigen Festbetrages (▶ Tab. 18.3). Darüber hinausgehende Kosten, z. B. durch weitere Pflege- und Betreuungseinsätze, trägt der Versicherte selbst. Je nach Antragsstellung werden sie auch vom Sozialhilfeträger übernommen. Es ist möglich, einen Teil des Leistungsbetrags für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag zu verwenden (§ 45a Abs. 4 SGB XI). Bis zu 40 % des Pflegesachleistungsbetrags können so umgewandelt werden. Dieser Umwandlungsanspruch steht ausschließlich Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 zu. Die Erstattung der Aufwendungen für Angebote zur Unterstützung im Alltag erfolgt gegen Nachweis (Kostenerstattung). Vorrang hat die Abrechnung der Sachleistungen des Pflegedienstes.

Fallbeispiel

I

Umwidmung eines Teils des ambulanten Sachleistungsbetrags zugunsten eines Angebots zur Unterstützung im Alltag Ein Pflegebedürftiger des Pflegegrades 2 nimmt monatlich Sachleistungen in Höhe von 908,60 € in Anspruch. Das sind 70 % von 1298 €. Ein Mehr an ambulanten Sachleistungen benötigt er nicht. Er nimmt jedoch gern ein Angebot zur Unterstützung im Alltag einer Gruppe von Helferinnen und Helfer in Anspruch, das eine Anerkennung nach Landesrecht erhalten hat. Hierfür will er den nicht eingesetzten Teil des Sachleistungsbetrags umwidmen. Das entspricht einer zusätzlichen Kostenerstattung in Höhe von 389,40 € pro Monat. Da er damit den Pflegesachleistungsbetrag vollständig ausnutzt, hat er keinen Anspruch auf ein anteiliges Pflegegeld.

18

258

Gemeinsamer Sachleistungsbezug durch mehrere Pflegebedürftige („Poolen“) Mit der Pflegereform 2008 wurde eine echte Neuheit – das „Poolen“ von Leistungen – eingeführt. Mehrere Pflegebedürftige können, wenn sie z. B. in einer Wohngemeinschaft zusammenleben, ihre Pflegesachleistungen für häusliche Pflege bündeln und daraus gemeinsam Leistungen beziehen („Poolen“). Beispielsweise kümmert sich in einer Wohngemeinschaft ein zugelassener Pflegdienst um mehrere Pflegebedürftige. In vielen Fällen wird dadurch Zeit und somit Geld eingespart. Die Kosten- und Zeiteinsparungen entstehen zum Beispiel durch das gemeinsame Zubereiten von Mahlzeiten und das Einkaufen für mehrere Pflegebedürftige. Obendrein hat der Pflegedienst nur einen Anfahrtsweg. Um das „Poolen“ zu nutzen, müssen alle teilnehmenden Pflegebedürftigen zustimmen und einen gemeinsamen Vertrag mit einem Pflegedienst oder der Pflegekraft abschließen. Das „Poolen“ von Leistungsansprüchen soll die Situation der häuslichen Pflege verbessern und vor allem neue Versorgungsformen wie betreutes Wohnen und Senioren-WGs fördern (§ 36 SGB XI).

Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen Der Anspruch auf Pflegegeld (§ 37 SGB XI) setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt, z. B. durch Angehörige oder ehrenamtliche Helfer. Sie dürfen die Leistungen nicht erwerbsmäßig erbringen. Wie bei fast allen Leistungen der Pflegeversicherung ist der Bezieher des Pflegegeldes der Pflegebedürftige selbst, nicht die Pflegeperson. Die Höhe des Pflegegeldes hängt vom Grad der Pflegebedürftigkeit ab. Es gelten die in ▶ Tab. 18.3 ausgewiesenen Beträge. Pflegegeld wird immer pro Tag ausgezahlt und nicht als Monatsbetrag wie die Pflegesachleistung. Der Kalendermonat ist mit 30 Tagen anzusetzen. Geht ein Pflegegeldbezieher in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung, wird in dieser Zeit das Pflegegeld gekürzt, allerdings nur zur Hälfte. Mit anderen Worten: Das Pflegegeld wird während einer Kurzzeitpflege für bis zu 8 Wochen je Kalenderjahr in

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Höhe der Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes weiterhin ausbezahlt. Das Gleiche gilt für bis zu 6 Wochen, wenn eine Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden muss. Wird die Verhinderungspflege nur stundenweise (unter 8 Stunden am Tag) abgerufen, bleibt das Pflegegeld hingegen ungekürzt bestehen.

Fallbeispiel

I

Anteiliges Pflegegeld bei Kurzzeitpflege Vor der Kurzzeitpflege wurde Pflegegeld des Pflegegrades 2 in Höhe von 316 Euro monatlich bezogen. Nimmt der Pflegebedürftige nun für 10 Tage Kurzzeitpflege in Anspruch, wird der halbe Pflegegeldbetrag in dieser Zeit weiter ausgezahlt. Nicht betroffen von der Kürzung sind jeweils der erste und der letzte Tag der Kurzzeitpflege. An den weiteren 8 Tagen wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt in Höhe von 42,13 Euro (50 v.H. von 316 Euro = 158,00 Euro x 8/30 = 42,13 Euro). Danach läuft das Pflegegeld wieder in voller Höhe weiter.

Bei einer vollstationären Krankenhausbehandlung, einer häuslichen Krankenpflege oder einer stationären Rehabilitationsmaßnahme wird das Pflegegeld während der ersten 4 Wochen nicht gekürzt. Diese 4-Wochen-Frist beginnt mit dem Aufnahmetag. Bei einer Kürzung setzt mit dem Entlassungstag die Leistung wieder ein (§ 34 Abs. 2 SGB XI). Verstirbt der Pflegebedürftige, wird das Pflegegeld für diesen Monat nicht gekürzt, sondern bis zum Ende des Kalendermonats weitergeführt. Pflegebedürftige, die ausschließlich Pflegegeld beziehen, sind verpflichtet, mindestens einmal halbjährlich (Pflegegrad 2 und 3) bzw. einmal pro Vierteljahr (Pflegegrad 4 und 5) eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch zu nehmen. Der Beratungsbesuch soll die Qualität in der häuslichen Pflege sichern und bietet Hilfestellung und pflegefachliche Unterstützung für die Pflegeperson. Der Beratungsbesuch kann nicht nur von einer zugelassenen Pflegeeinrichtung und von anerkannten Beratungsstellen durchgeführt werden, sondern auch von den Pflegeberatern der Pflegekassen. Die Kosten des Beratungsbesuchs trägt die Pflegekasse bis zu einem Betrag von 23 Euro (in den Pflegegraden 2 und 3) bzw. 33 Euro (in den Pflegegraden 4 und 5). Personen des Pfle-

gegrades 1 können zweimal pro Jahr einen Beratungsbesuch in Anspruch nehmen. Die Vergütung entspricht der für die Pflegegrade 2 und 3. Ruft der Pflegebedürftige den Beratungsbesuch nicht ab oder wird das Einverständnis nicht gegeben, hat die Pflegekasse das Pflegegeld in angemessener Weise zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.

Kombination von Geld- und Sachleistung (Kombinationsleistung) Wird die Pflegesachleistung nur teilweise in Anspruch genommen, erhält der Pflegebedürftige daneben ein anteiliges Pflegegeld. Das Pflegegeld wird um den Prozentsatz vermindert, in dem Sachleistungen in Anspruch genommen wurden. An die Entscheidung, in welchem Verhältnis er Geld- und Sachleistung in Anspruch nehmen will, ist der Pflegebedürftige für die Dauer von sechs Monaten gebunden.

Fallbeispiel

I

Sachleistung Eine Pflegebedürftige (Pflegegrad 2) benötigt einmal in der Woche einen ambulanten Pflegedienst, um ein Vollbad zu nehmen. Alle anderen für sie notwendigen Leistungen übernimmt ihre Tochter. Der Pflegedienst stellt dafür pro Monat 206,70 € in Rechnung. Der ihr zustehende Höchstbetrag beläuft sich auf 689 € im Pflegegrad 2; sie hat somit die Sachleistungen zu 30 % ausgeschöpft. Folglich bleiben 70 % vom entsprechenden Pflegegeld (316 € des Pflegegrades 2) übrig, was einem Betrag von 221,20 € entspricht.

Wird der Pflegebedürftige vollstationär im Krankenhaus behandelt oder nimmt er an einer stationären Rehabilitationskur teil, wird das anteilige Pflegegeld einer Kombinationsleistung in den ersten 4 Wochen weitergezahlt. Das Gleiche gilt bei einer häuslichen Krankenpflege anstelle einer Krankenhausbehandlung (§ 34 SGB XI). In gleicher Weise besteht bei Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege ein Anspruch auf die Hälfte des bisher bezogenen anteiligen Pflegegeldes während einer Kurzzeitpflege bis zu 8 Wochen und während einer Verhinderungspflege bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr fort (§ 38 S. 4 SGB XI).

18

59

Pflegegrade

Zusätzliche Leistungen in ambulanten Wohngemeinschaften Ambulant betreute Wohngruppen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, werden besonders gefördert. In der Regel leben in dieser Wohnform mindestens 3 und höchstens 12 Personen in einem Haus oder einer Wohnung zusammen. Mindestens 3 der Bewohner müssen pflegebedürftig sein. Zudem müssen Pflegegeld, ambulante Pflegesachleistungen oder ein Entlastungsbetrag bezogen werden. Jeder Bewohner hat einen eigenen Schlaf- und Wohnbereich. (Wohn-)Küche, Bad und ggf. weitere Räume werden gemeinschaftlich genutzt. Werden die Bewohner bei der Alltagsgestaltung durch eine gemeinschaftlich beauftragten Person (sogenannte Präsenzkräfte) unterstützt, bekommen Pflegebedürftige zusätzlich eine Pauschale in Höhe von 214 € im Monat, den sogenannten Wohngruppenzuschlag. Präsenzkräfte leisten allgemeine hauswirtschaftliche Alltagshilfen und kümmern sich um organisatorische Abläufe. Sie übernehmen zum Beispiel die Reinigung der Gemeinschaftsräume oder helfen beim gemeinschaftlichen Kochen. Die Auszahlung des Wohngruppenzuschlags erfolgt Anfang des Monats an den Anspruchsberechtigten selbst. Der Zuschlag muss bei der Pflegekasse beantragt werden. Maßgebliches Abgrenzungskriterium für den Wohngruppenzuschlag ist, dass die Leistungserbringung nicht dem Umfang einer stationären Versorgung entspricht (§ 38a SGB XI). Gründen pflegebedürftige Menschen eine neue Wohngruppe, steht einmalig ein Förderbetrag von 2500 € pro Bewohner, pro Wohngemeinschaft maximal 10 000 €, zur Verfügung (Anschubfinanzierung). Die Gründung ist abhängig davon, dass mindestens drei Bewohner, die in einer Wohneinheit zusammenziehen, Anspruch auf Leistungen nach § 38a SGB XI haben. Der Förderbetrag muss zweckgebunden für die altersgerechte oder barrierefreie Umgestaltung der Wohnung genutzt werden. Dieser Zuschlag wird neben den Zuschüssen für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen gewährt (§ 45e SGB XI).

Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson Die Pflegekasse übernimmt die nachgewiesenen Kosten für eine Ersatzpflege bei Verhinderung der Pflegeperson wegen Erholungsurlaub, Krankheit

18

260

oder aus anderen persönlichen Gründen (§ 39 SGB XI; ▶ Abb. 18.5). Übernommen werden die Kosten einer Ersatzpflege für längstens 6 Wochen (42 Kalendertage) und höchstens bis zu 1612 € je Kalenderjahr. Allerdings muss der Pflegebedürftige mindestens in den Pflegegrad 2 eingestuft sein und die Pflegeperson muss den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung betreut haben. Wird die Ersatzpflege durch Pflegepersonen ausgeübt, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, wird ehrenamtliche Ersatzpflege vermutet. In diesen Fällen dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse den Betrag des Pflegegeldes nicht überschreiten. Aufgrund der Erweiterung der Anspruchsgrundlage auf bis zu 6 Wochen ist der 1,5fache Betrag des Pflegegeldes zugrunde zu legen. Zusätzlich werden weitere nachgewiesene Aufwendungen, etwa Fahrtkosten oder Verdienstausfall, bis zum Höchstbetrag von 1612 € ersetzt. Die Leistungen können nicht in das Folgejahr übertragen werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgeschöpft wurden. Empfänger von Pflegegeld haben nicht nur Anspruch auf Ersatzpflege, sondern auch auf Fortzahlung des Pflegegeldes in Höhe der Hälfte des bislang bezogenen Pflegegeldes für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr (§ 37 Abs. 2 SGB XI). Für den ersten und letzten Tag der Ersatzpflege wird das Pflegegeld in voller Höhe bezahlt. Die Ersatzpflege ist nicht auf den Haushalt des Pflegebedürftigen begrenzt. Vielmehr gilt ein erweiterter Häuslichkeitsbegriff, d. h., die Ersatzpflege kann auch in einer stationären Einrichtung (z. B. Wohnheim für Behinderte, Pflegeeinrichtung, Krankenhaus oder Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung) organisiert werden. Hier erstatten die Pflegekassen die Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen. Alle weiteren Kosten, z. B. für Unterkunft und Verpflegung, muss der Pflegebedürftige selbst tragen. Beispielsweise kann der Pflegebedürftige zunächst Kurzzeitpflege erhalten und nach Ausschöpfung des Leistungsanspruchs durch Zeitablauf oder durch Erreichen der finanziellen Leistungsgrenze in der Kurzzeitpflegeeinrichtung verbleiben. Die Ansprüche auf Verhinderungspflege können zu 100 Prozent in Ansprüche auf Kurzzeitpflege umgewandelt werden (§ 42 Abs. 2 SGB XI).

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung

Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) Pflegeperson

fällt aus

für längstens Ersatzpflege

wegen: • Erholungsurlaub • Krankheit oder • aus anderen Gründen

6 Wochen (42 Kalendertage) im Kalenderjahr

Voraussetzung: Pflegebedürftiger ist mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft und Pflegeperson hat Pflegebedürftigen mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt

Höchstbetrag für Ersatzpflege: 1612,- Euro im Kalenderjahr

Ausnahme: Ersatzpflege durch nahe Angehörige

Abb. 18.5 Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI). (nach Marburger, 2014)

Wenn der Anspruch auf Verhinderungspflege ausgeschöpft ist, können bis zu 50 % des Budgets der Kurzzeitpflege zum Aufstocken für Verhinderungspflege genutzt werden. Das sind bis zu 806 €. Verhinderungspflege kann dadurch auf max. 150 % aufgestockt werden. Das sind zusammen 2418,00 €. Dies gilt nur, wenn die Ersatzpflege durch Pflegepersonen sichergestellt wird, die nicht mit dem Anspruchsberechtigten bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben.

Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen Jeder Pflegebedürftige hat Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Sie tragen zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden bei oder ermöglichen dem Pflegebedürftigen eine selbstständigere Lebensführung. Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel sind z. B. Betteinlagen, Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe. Sie werden bis zu einem Betrag von monatlich 40 € bezuschusst. Aufwendungen, die über 40 € hinausgehen, muss der Pflegebedürftige selbst tragen. Ggf. hat er Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe. Zusätzlich werden technische Hilfsmittel gewährt. Hierzu zählen Pflegebetten, Lage-

rungshilfen, Hausnotrufanlagen oder Haltegriffe. Zu den Kosten für technische Pflegehilfen muss der Pflegebedürftige einen Eigenanteil von 10 %, maximal jedoch 25 €, zuzahlen. Von der Zuzahlungspflicht kann die Pflegekasse die Versicherten ganz oder teilweise befreien. Größere technische Pflegehilfsmittel werden oft leihweise überlassen, sodass eine Zuzahlung entfällt. Für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes gewährt die Pflegekasse – unabhängig vom Pflegegrad – finanzielle Zuschüsse bis zu 4 000 € je Maßnahme. Dazu zählen u. a. vergrößerte Türrahmen, rollstuhlgerechte Eingänge, Treppenlifter oder Umbauten im Bad. Überschreiten die Kosten der Maßnahme 4 000 €, muss der Pflegebedürftige den über dem Zuschuss liegenden Betrag selber tragen. Wohnen mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen einen Betrag in Höhe von 4 000 € je Pflegebedürftigen nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme ist auf 16 000 € begrenzt. Er wird bei mehr als 4 Anspruchsberechtigten anteilig aufgeteilt (§ 40 SGB XI).

18

61

Pflegegrade

Häusliche Krankenpflege Definition

L

Häusliche Krankenpflege (auch Behandlungspflege) ist die vom behandelnden Arzt verordnete Pflege, üblicherweise übertragen an Pflegefachkräfte. Die gesetzlichen Regelungen zur häuslichen Krankenpflege sind im § 37 SGB V zu finden.

Zur häuslichen Krankenpflege gehört u. a., Verbände zu wechseln, Medikamente zu richten und zu verabreichen, Blasenkatheter anzulegen, Drainagen zu überprüfen und zu versorgen, Puls und Blutdruck zu messen, Infusionen zu überwachen und Kompressionsstrümpfe an- und auszuziehen. Für die Verordnung nutzt der Arzt einen speziellen Vordruck, der zur Genehmigung bei der Krankenkasse eingereicht wird. Die Verordnung beinhaltet die Diagnose als medizinische Begründung und legt fest, was genau getan werden soll, und auch, wie oft und für wie lange. Die Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden als Sachleistung gewährt, das heißt, diese Maßnahmen werden zu Lasten der Krankenkasse durch einen Pflegedienst durchgeführt. Nur Pflegedienste, die einen Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen geschlossen haben, dürfen häusliche Krankenpflege erbringen. Das SGB V unterscheidet zwei Formen der häuslichen Krankenpflege. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht zunächst dann, wenn eine Krankenhausbehandlung ● geboten, aber nicht ausführbar ist (etwa, weil kein Rehabilitationsplatz vorhanden ist) oder ● dadurch vermieden oder ● dadurch verkürzt wird (§ 37 Abs. 1 SGB V). Man spricht in diesen Fällen von „Krankenhausvermeidungspflege“. Der Anspruch auf „Vermeidungspflege“ besteht bis zu 4 Wochen je Krankheitsfall, kann allerdings in begründeten Ausnahmefällen verlängert werden, etwa bei schwerer MS-Erkrankung. In dem Fall muss rechtzeitig der Medizinische Dienst der Krankenversicherung eingeschaltet werden. Häusliche Krankenpflege kann hier sowohl Grundpflege als auch Behandlungspflege einschließen sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Ohnehin werden Therapien immer häufiger aus der Klinik in den häuslichen Bereich ver-

18

262

legt. So gehören zwischenzeitlich Schmerztherapien durch Infusionen über spezielle Pumpen ebenso zur häuslichen Behandlungspflege wie die sogenannte Vakuum-Versorgung von Wunden. Des Weiteren besteht Anspruch auf häusliche Krankenpflege, wenn sie „zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung“ (Sicherungspflege) notwendig ist, § 37 Abs. 2 SGB V. Zum Beispiel braucht ein an Diabetes erkrankter Mensch täglich vor dem Frühstück eine Dosis Insulin. Die Gabe muss in die Bauchhaut oder in das Unterhautfettgewebe des Armes oder Beines gespritzt werden. Viele Menschen und vor allem ältere Diabetiker fürchten sich, sich selbst zu spritzen, auch, weil sie zuckerbedingt schlecht sehen oder nicht mehr so geschickt sind im Umgang mit Kanülen, Spritzen und Ampullen. In diesen Fällen überträgt der Arzt die tägliche Insulininjektion den Pflegefachkräften. Die Behandlungspflege dient dem Ziel, die ärztliche Behandlung sicherzustellen. Über die Ausgestaltung der Vergütung der erbrachten Leistungen aus häuslicher Krankenpflege schließen die Krankenkassen Rahmenverträge mit den Leistungserbringern (z. B. Wohlfahrtsverbände, Berufsverbände der Pflegenden). Sie gelten nicht bundeseinheitlich, sondern sind auf das jeweilige Bundesland beschränkt. An den Kosten der häuslichen Krankenpflege muss sich der Pflegebedürftige mit einer Zuzahlung beteiligen. 10 € werden einmalig pro ärztlicher Verordnung fällig. Ferner sind für die ersten 28 Tage pro Kalenderjahr 10 % der Kosten pro Tag als Eigenanteil zu bezahlen. Bei einer kurzfristigen schweren Erkrankung oder einer akuten Verschlimmerung der Krankheit, die die Dauer von 6 Monaten nicht übersteigt, hatten Versicherte bisher keinen Anspruch auf Pflegeleistungen. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz haben auch nicht pflegebedürftige Menschen, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Operation, Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung. Ein gleichzeitiger Bedarf an Behandlungspflege ist nicht erforderlich. Der Anspruch besteht wie die Krankenhausvermeidungspflege bis zu vier Wochen je Krankheitsfall und kann von der Krankenkasse in begründeten Ausnahmefällen nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes verlängert werden (§ 37 Abs. 1a SGB V).

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung

18.4.2 Leistungen bei teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege

wenn zeitgleich ambulante Leistungen abgerufen werden.

Tagespflege und Nachtpflege

Kurzzeitpflege

Teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tagesund Nachtpflege kann in Anspruch genommen werden, wenn die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder zur Ergänzung und Stärkung der häuslichen Pflege (§ 41 SGB XI). Gewährt wird teilstationäre Pflege bei: ● einer kurzfristigen Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit, ● der Ermöglichung einer (Teil-) Erwerbstätigkeit für die Pflegeperson, ● einer beabsichtigen teilweise Entlastung der Pflegeperson, ● einer für einige Stunden am Tag oder in der Nacht notwendigen ständigen Beaufsichtigung des Pflegebedürftigen.

Kann die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht während einer Übergangszeit von 8 Wochen pro Kalenderjahr ein Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung (Kurzzeitpflege, § 42 SGB XI, ▶ Abb. 18.6). Im Allgemeinen sind dies Einrichtungen der Altenhilfe. In Ausnahmen können Leistungen der Kurzzeitpflege auch in Einrichtungen der medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitation gewährt werden, wenn sich die Pflegeperson dort selbst in Behandlung befindet und eine gleichzeitige Unterbringung und Pflege des Pflegebedürftigen in dieser Einrichtung erforderlich ist. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege besteht von Beginn der Pflegebedürftigkeit an. Im Gegensatz zur Verhinderungspflege gibt es keine Wartezeit. Die Pflegekasse zahlt je Kalenderjahr maximal 1612 €. Dieser Betrag kann vollständig oder in mehreren Abschnitten genommen werden. Er steht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 in gleicher Höhe zur Verfügung. Übernommen werden die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung sowie die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Die Unterkunfts- und Verpflegungskosten („Hotelkosten“) wie auch die Investitionskosten sind nicht eingeschlossen. Es muss immer ein Eigenanteil gezahlt werden. Da das Pflegegeld während einer Kurzzeitpflege zur Hälfte für bis zu 8 Wochen je Kalenderjahr fortgewährt wird, kann ein Teil der Selbstkosten darüber finanziert werden. Ist der Anspruch auf Kurzzeitpflege ausgeschöpft, kann – bei Vorliegen der Voraussetzungen – anschließend die Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. In diesem Fall verdoppelt sich der Leistungsanspruch. Überdies kann der Entlastungsbetrag (§ 45b SGB XI) zur Finanzierung der Hotel- und Investitionskosten, den pflegebedingten Aufwendungen über den Höchstbetrag auf Antrag eingesetzt werden.

Die Pflegekasse übernimmt die Pflegekosten einschließlich der Aufwendungen für Betreuung sowie die Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die für den Transport anfallenden Kosten des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung und zurück. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten muss der Pflegebedürftige privat tragen. Die dem Pflegebedürftigen zustehenden Leistungsbeträge werden von der Pflegekasse direkt an das Pflegeheim bezahlt. Die Leistungshöhe ist nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit gestaffelt und beträgt in Pflegegrad 2 bis zu 689 €, in Pflegegrad 3 bis zu 1298 €, in Pflegegrad 4 bis zu 1612 € und in Pflegerad 5 bis zu 1995 €. Für Versicherte des Pflegegrades 1 steht ein Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € zur Verfügung, um die Kosten, die sich im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen der Tages- und Nachtpflege ergeben, zu finanzieren (▶ Tab. 18.3). Die Leistungsansprüche auf Tages- und Nachtpflege und die Ansprüche auf Pflegesachleistung, Pflegegeld oder die Kombinationsleistung werden gleichrangig nebeneinandergestellt. Eine Anrechnung erfolgt nicht. Die Tages- und Nachtpflegeleistungen stehen damit zu 100 % zur Verfügung, auch

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63

Pflegegrade

Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) kann zeitweise nicht

häusliche Pflege

noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden und teilstationäre Pflege reicht nicht aus dann Anspruch auf Pflege in vollstationärer Einrichtung für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5

Höchstbezugsdauer: beschränkt auf 8 Wochen pro Kalenderjahr Höchstbetrag: 1612 € im Kalenderjahr

übernommen werden

pflegebedingte Aufwendungen

Aufwendungen für Betreuung

Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege

Abb. 18.6 Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI). (nach Marburger, 2014)

18.4.3 Leistungen bei vollstationärer Pflege Vollstationäre Pflege Ist die häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder kommt sie wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht, so haben die Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen (§ 43 SGB XI). Die vollstationäre Pflege muss in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung erfolgen (§ 72 SGB XI). Hierbei handelt es sich um Einrichtungen, mit denen die Pflegeversicherungen Versorgungsverträge abgeschlossen haben. Beim Einzug in die Einrichtung wird ein Heimvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag beschreibt alle für das Vertragsverhältnis relevanten Rechte und Pflichten beider Vertragspartner.

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Die Kosten für einen Heimplatz setzen sich aus folgenden Kostenarten zusammen: ● Pflegekosten („Pflegesatz“), ● Kosten für Unterkunft und Verpflegung (sogenannte „Hotelkosten“), ● gesondert berechenbare Investitionskosten, ● Ausbildungsumlage/Ausbildungszuschlag, ● Zusatzleistungen, besondere Komfortleistungen. ▶ Pflegekosten, § 82 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Die Kosten des pflegebedingten Aufwands sind in § 82 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI geregelt. Die Pflegekosten enthalten die Sach- und die Personalkosten für die Pflege. Die Pflegekosten werden von der Pflegekasse mit einer Pauschale bezuschusst. Diese übernimmt für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 die Kosten für die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizi-

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nischen Behandlungspflege im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenzen (▶ Tab. 18.3). Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 erhalten einen Zuschuss in Höhe von 125 € monatlich, dies jedoch nicht als Sachleistung, sondern in Form der Kostenerstattung. Gewöhnlich decken diese Beträge nicht die gesamten Pflegekosten eines Monats ab. Pflegekosten, die den für den entsprechenden Pflegegrad vorgesehenen Maximalbetrag übersteigen, muss der Pflegebedürftige selbst bestreiten oder ergänzend auf Sozialhilfe zurückgreifen. Bisher führte bei Pflegebedürftigen in stationären Pflegeeinrichtungen die Einstufung in eine höhere Pflegestufe dazu, dass die Pflegeversicherung zwar höhere Leistungsbeträge zahlte, gleichzeitig aber auch der pflegebedingte Eigenanteil anstieg, den die Bedürftigen selbst zu tragen hatten. Daher lehnten Pflegebedürftige aus Furcht vor einem höheren Eigenanteil eine Neubegutachtung ab, obwohl sie mehr Pflege benötigen. Hierauf hat der Gesetzgeber bei der Ausarbeitung des PSG II reagiert und Änderungen im § 84 Abs. 2 SGB XI vorgenommen. Bei den Pflegegraden 2 bis 5 ist der Eigenanteil in jedem der Pflegegrade innerhalb derselben Pflegeeinrichtung gleich hoch. Dieser wird ausgehend von dem jeweiligen prospektiven Versorgungsaufwand ohne die Summe des Leistungsbetrages der Pflegeversicherung für die Pflegegrade 2 bis 5 ermittelt. Damit wird der Eigenanteil nicht mehr steigen, wenn ein Pflegebedürftiger in einen höheren Pflegegrad eingestuft werden muss. Die Anreize für Bewohner und Angehörige, eine angezeigte Höherstufung von pflegebedürftigen Bewohnern zu verhindern oder zu verzögern, um die privaten Zuzahlungen gering zu halten, sind somit aufgehoben. Zwischen den Pflegeeinrichtungen bleiben Unterschiede des Eigenanteils indessen bestehen. Die finanzielle Belastung einer Heimpflege ist damit berechenbar und schafft für Heimbewohner mehr Planungssicherheit. Um der Maxime zu genügen, keinen Pflegebedürftigen durch die Reform zu benachteiligen, wurde in § 141 Abs. 3 SGB XI ein Besitzstandschutz für Bewohner vollstationärer Pflegeeinrichtungen formuliert. ▶ Unterkunft und Verpflegung („Hotelkosten“), § 82 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI. Die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, die sogenannten „Hotelkosten“, regelt § 82 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI. Die Entgelte müssen in einem angemessen Verhältnis

zu den Leistungen stehen (§ 87 SGB XI). Sie umfassen die vom Heim erbrachten Leistungen, zum Beispiel Mahlzeiten, Zimmerreinigung und sonstigen Service, also insbesondere auch das, was zu Hause als Nebenkosten zu tragen wäre (z. B. Müllgebühren). Generell werden die Pflegekosten sowie die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung zwischen den Parteien im Rahmen der Pflegesatzvereinbarung ausgehandelt. Für die Pflegeheime geschieht dies zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung, den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger (§ 85 und § 87 SGB XI). Die Pflegesätze sollen dabei leistungsgerecht sein. Scheitert eine Pflegesatzvereinbarung, ersetzt die Schiedsstelle die fehlende Einigung durch Schiedsspruch (§ 85 Abs. 5 SGB XI). ▶ Investitionskosten, § 82 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3–4 SGB XI. Daneben gestattet § 82 Abs. 3 SGB XI den Pflegeheimen, die sogenannten Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen umzulegen und diesen in Rechnung zu stellen, soweit sie nicht durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI vollständig gedeckt sind. Hierunter fallen z. B. Kosten für Umbau- oder Ausbaumaßnahmen des Heimes, Modernisierungsarbeiten oder Instandhaltung. Die Investitionskosten sind abhängig vom Alter und Zustand des Gebäudes, daher sehr unterschiedlich. Ohne Investitionsförderung können sämtliche betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen von den Heimbewohnern getragen werden. Die sogenannten Hotel- und Investitionskosten sind, neben den einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen, vom Bewohner der stationären Einrichtung selbst zu tagen. Sie werden durch seine Einkünfte – in der Regel Rentenzahlungen – erbracht. Reichen das eigene Einkommen und Vermögen des Heimbewohners nicht aus, tritt ergänzend der Sozialhilfeträger ein. ▶ Ausbildungsumlage/Ausbildungszuschlag, § 82a SGB XI. Je nach Heim und Bundesland kann den Heimbewohnern auch ein Beitrag zur Ausbildungsvergütung in Rechnung gestellt werden (§ 82a SGB XI). Der Heimträger berechnet einen Zuschlag zum Entgelt („Ausbildungszuschlag/-umlage“), der vom Bewohner zu tragen ist. Die Ausbildungsumlage wird zur Refinanzierung der Ausbildungskosten in der Altenpflege und Altenpflegehilfe verwendet. Ein Ausbildungszuschlag kann

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Pflegegrade auch von einem ambulanten Pflegedienst erhoben werden.

Zusätzliche Betreuung in stationären Pflegeeinrichtungen

▶ Zusatzleistungen, § 88 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB XI. Schließlich sind Zuschläge für Zusatzleistungen i. S. d. § 88 SGB XI möglich. Es handelt sich um Leistungen, die über die im Versorgungsvertrag zwischen den Pflegekassen und den Heimträgern vereinbarten notwendigen Leistungen hinausgehen. Zusatzleistungen sind besondere Komfortleistungen bei Unterkunft und Verpflegung (z. B. Änderung von Kleidung, Nutzung der Gemeinschaftsräume für private Feiern, Pay-TV etc.) sowie zusätzliche pflegerische-betreuende Leistungen (z. B. eine aufwendige Frisur, individueller Vorleseservice, Begleitung zu öffentlichen Veranstaltungen, soweit eine Begleitung nicht notwendig ist). Sie sind durch den Pflegebedürftigen individuell wählbar und müssen zwischen Pflegeheim und Pflegebedürftigem gesondert und schriftlich vereinbart werden. Zu Zusatzleistungen gehören nur solche Leistungen, für die weder bei den allgemeinen Pflegeleistungen noch bei Unterkunft und Verpflegung bereits eine Vergütung enthalten ist. Die Pflegeeinrichtung muss gewährleisten, dass die Zusatzleistungen die nach dem Versorgungsvertrag zu erbringenden Leistungen in der vollstationären Pflege nicht beeinträchtigen. Zusatzleistungen sind generell vom Pflegebedürftigen zu tragen und werden nicht von den Sozialhilfeträgern übernommen. Grundsätzlich sind alle Entgeltbestandteile im Heimvertrag auszuweisen. Die Pflegesätze, die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie die gesondert berechenbaren Investitionskosten werden für den Tag der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim sowie für jeden weiteren Tag des Heimaufenthalts berechnet (Berechnungstag). Bei Verlegung in eine andere Pflegeeinrichtung wird der Verlegungstag von der verlegenden Einrichtung nicht berücksichtigt. Bei einer vorübergehenden Abwesenheit muss die Einrichtung die Vergütung kürzen. In den Heimvertrag ist eine entsprechende Regelung aufzunehmen. Die Zahlungspflicht der Heimbewohner und der Pflegekasse endet mit dem Tag, an dem der Pflegebedürftige aus dem Heim entlassen wird oder verstirbt (§ 87a SGB XI).

Stationäre Pflegeeinrichtungen können zusätzliches Betreuungspersonal zur Betreuung und Aktivierung von Menschen mit Demenz, psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen einsetzen und die Kosten durch Vergütungszuschläge refinanzieren (Grundlagen dazu ehemals in § 87b SGB XI a.F.). Die ergänzenden Betreuungs- und Aktivierungsangebote wurden mit dem PSG I auf alle Pflegebedürftigen ausgedehnt. Bisher bestand erst mit der Zahlung des Vergütungszuschlags von der Pflegekasse an die Pflegeeinrichtung ein Anspruch der Bewohner auf Erbringung der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung. Nun gesteht der § 43b SGB XI allen pflegebedürftigen Bewohnern einen Leistungsanspruch auf Maßnahmen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung zu. Auch Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben einen Anspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen (§ 28a SGB XI). Zur Finanzierung des Betreuungspersonals ist von allen Pflegeeinrichtungen ein Vergütungszuschlag verpflichtend zu vereinbaren (§§ 84 Abs. 8, 85 SGB XI). Für 20 Heimbewohner ist eine zusätzliche Betreuungskraft vorgesehen. Der vereinbarte Vergütungszuschlag wird von der Pflegekasse getragen. Auf den Pflegesatz hat es keine Auswirkung, so dass die Heimbewohner und die Sozialhilfeträger nicht mit weiteren Kosten belastet werden. Aufgabe der Betreuungskräfte ist es, die Betroffenen bei alltäglichen Aktivitäten zu begleiten und zu betreuen, wie zum Beispiel beim Spazierengehen, bei Gesellschaftsspielen, Kochen und Backen, Lesen, Malen und Basteln usw. Die Betreuungskräfte sollen ihre Tätigkeiten in enger Absprache mit Pflegekräften abstimmen. Pflegerische Aufgaben gehören nicht zum Aufgabengebiet der Betreuungskraft. Für die zusätzlich einzusetzenden Betreuungskräfte hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen Richtlinien verfasst, die das Aufgaben- und Qualifikationsprofil dieser Betreuungskräfte beschreiben (Betreuungskräfte-Rl), § 53c SGB XI.

Mehr Kontrolle in Heimen In der Vergangenheit wurden Pflegeeinrichtungen, wie zum Beispiel Heime, im Schnitt alle 5 Jahre geprüft. Außerdem waren die Ergebnisse Verschlusssache. Infolge des Pflege-Weiterentwick-

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18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung lungsgesetzes sind Heime und ambulante Einrichtungen regelmäßig und grundsätzlich unangekündigt im Abstand von höchstens 1 Jahr zu überprüfen (Regelprüfung). Geprüft wird vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), dem Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. oder von einem beauftragten Sachverständigen. Die Prüfer befragen und beobachten Angestellte und Bewohner 1-2 Tage, je nach Größe der Einrichtung. 3 Wochen nachdem geprüft wurde, soll der Prüfbericht vorliegen. Er beinhaltet Stärken und Schwächen der Pflegeeinrichtung und ggf. Verbesserungsmaßnahmen. Auch die Pflegeeinrichtung erhält den Bericht und hat 4 Wochen Zeit, eine Stellungnahme abzugeben. Sollte eine Einrichtung festgestellte Mängel nicht beseitigen, wird eine Vertragskündigung durch die Pflegekasse vereinfacht. Selbstverständlich bleibt neben den jährlichen Prüfungen die Möglichkeit erhalten, dass die Landesverbände der Pflegekassen Auffälligkeitsprüfungen mit den schon bisher bekannten Konsequenzen vornehmen können. Damit Pflegebedürftige und ihre Angehörigen die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität vergleichen können, werden die relevanten Prüfergebnisse für Laien verständlich und übersichtlich „sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht“ (Transparenzbericht). Auch die Pflegeanbieter sind verpflichtet, die Prüfergebnisse an gut sichtbarer Stelle auszuhängen (§§ 114–115 SGB XI). Zur einheitlichen Bewertung der Prüfergebnisse haben sich der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vertreter der Leistungserbringer für eine Bewertungssystematik ähnlich den Schulnoten entschieden (Pflege-Transparenzvereinbarung) eine weitere Neuerung infolge des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes. Die Pflegenoten setzen sich aus insgesamt 77 Einzelbewertungen zusammen. Die Gesamtnote in der stationären Pflege bildet sich aus 59 Einzelkriterien. Dabei wird beispielsweise gefragt: Wird das individuelle Dekubitusrisiko erfasst? Werden Bewohnern mit Demenz geeignete Freizeit-/Beschäftigungsangebote gemacht? Werden im Rahmen der sozialen Betreuung Gruppenangebote gemacht? Kann der Zeitpunkt des Essens innerhalb bestimmter Zeitkorridore frei gewählt werden? Den Schwerpunkt bildet dabei der Bereich „Pflege und medizinische Versorgung“. Aus diesem Bereich werden 32 Qualitätskriterien erfasst. Außerdem beziehen sich 9 Fragen auf die Bewertung des

„Umgangs mit demenzkranken Bewohnern“, 9 Fragen auf „soziale Betreuung und Alltagsgestaltung“, 9 weitere betreffen die Bereiche „Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene“. Insgesamt beziehen sich über 70 % der Kriterien auf Pflege und Betreuung. Jedes Kriterium wird mit Punkten auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet. Pro Bereich wird aus diesen Punkten ein Mittelwert gebildet. Dieser ergibt eine bestimmte Bereichsnote. Die Gesamtnote wird ermittelt, indem der Mittelwert der Punkte für die Kriterien 1 bis 59 errechnet und diesem eine Note zugeordnet wird. Zusätzlich wird die Zufriedenheit der Bewohner in der Einrichtung separat als Bereichsergebnis ausgewiesen. Dieser Qualitätsbereich mit 18 Kriterien fließt nicht in die Gesamtnote ein. Um die Gesamtnote richtig einordnen zu können, wird als Vergleichsmaßstab auch ein Landesdurchschnitt aller Anbieter in dem Bundesland ermittelt. Ein analoges Verfahren gibt es auch für die ambulanten Pflegedienste. Die bisher bestehende Pflege-Transparenzvereinbarung soll für den stationären Bereich bis Ende 2017 und für den ambulanten Bereich bis Ende 2018 durch einen neuen Ansatz ersetzt werden.

18.4.4 Angebote zur Unterstützung im Alltag und Entlastungsbetrag Angebote zur Unterstützung im Alltag Infolge der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind die Regelungen für Versicherte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nicht mehr erforderlich. Der Regelungsgehalt des bisherigen § 45a SGB XI a.F. ist entbehrlich. Im Gegensatz dazu sollten die für diesen Personenkreis entwickelten niedrigschwelligen Betreuungs- und Entlastungsangebote erhalten bleiben und auch in Zukunft gefördert werden. Da die Bezeichnung „niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote“ schwer verständlich und erklärungsbedürftig war, ist ein neuer Überbegriff „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ eingeführt worden. Mit Angeboten zur Unterstützung im Alltag sollen Pflegepersonen entlastet werden. Pflegebedürftigen sollen die Angebote ermöglichen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben und gleichzeitig soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Die Angebote sollen dem Pflegebedürf-

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Pflegegrade tigen helfen, die Alltagsgestaltung möglichst selbstständig zu bewältigen. Je nach Ausrichtung der Angebote handelt es sich um Betreuungsangebote (z. B. Tagesbetreuung, Einzelbetreuung), Angebote zur Entlastung von Pflegenden (z. B. durch Pflegebegleiter) oder Angebote zur Entlastung im Alltag (z. B. in Form praktischer Hilfen). § 45a SGB XI enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Beispielen an Angeboten zur Unterstützung im Alltag.

Entlastungsbetrag Pflegebedürftige in häuslicher Pflege können einen einheitlichen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 € monatlich in Anspruch nehmen. Der Betrag kann für folgende Leistungen eingesetzt werden: ● Tages- oder Nachtpflege sowie Kurzzeitpflege ● Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36, sofern es sich in den Pflegegraden 2 bis 5 nicht um Leistungen im Bereich der körperbezogenen Selbstversorgung handelt. Hingegen können Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 den Entlastungsbetrag auch auf die Aufwendungen einsetzen, die ihnen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung entstehen. ● Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI. Der Entlastungsbetrag soll Pflegepersonen die Möglichkeit einer Entlastung eröffnen. Außerdem sollen die Leistungen, für die der Entlastungsbetrag verwendet wird, dem Pflegebedürftigen Hilfestellung geben, seine Fähigkeit zur selbständigen und selbstbestimmten Gestaltung des Alltags zu fördern. Dieser Leistungsanspruch steht allen Anspruchsberechtigten, unabhängig vom Pflegegrad, zur Verfügung. Auch Personen im Pflegegrad 1 erhalten diesen Entlastungsbetrag von der Pflegekasse. Der Entlastungsbetrag kann innerhalb des Kalenderjahres verwendet werden. Wird der Leistungsanspruch in einem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft, lässt sich dieser Überschuss in das folgende Kalenderhalbjahr mitnehmen. Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden. Er wird auf Basis der Kostenerstattung finanziert. Der Betroffene erhält eine Rechnung vom Anbieter, die er bei seiner Pflegekasse einreichen kann. Der An-

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trag auf Kostenerstattung muss bei der Pflegekasse nicht schon vor Beginn des Bezugs gestellt werden.

18.4.5 Leistungen für Pflegepersonen Pflegezeit für Berufstätige und kurzzeitige Arbeitsverhinderung Zum 1. Juli 2008 wurde für Angehörige von Pflegebedürftigen ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit eingeführt. Ziel des sogenannten Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) ist es, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, pflegebedürftige Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern (§ 1 PflegeZG). Die neuen Bestimmungen basieren auf 2 Säulen (▶ Abb. 18.7). ▶ Pflegezeit. Wer einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegt, kann sich für die Dauer von bis zu 6 Monaten (Höchstdauer) von seiner Arbeitspflicht vollständig (ohne Lohnfortzahlung) freistellen lassen (Pflegezeit, § 3 PflegeZG). Es ist auch möglich, die Pflegezeit in Teilzeitbeschäftigung zu erbringen. Der Anspruch besteht nur gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 15 Arbeitnehmern. Zu den „nahen Angehörigen“ zählt das Gesetz (§ 7 Abs. 3 PflegeZG): ● Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, ● den Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister und ● eigene Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder sowie diejenigen des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwieger- und Enkelkinder. Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist dem Arbeitgeber durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu belegen. Gegenüber dem Arbeitgeber muss die Inanspruchnahme der Pflegezeit spätestens zehn Arbeitstage vor deren Beginn schriftlich angekündigt werden. Gleichzeitig hat der Beschäftigte mitzuteilen, für welchen Zeitraum (zwei Monate? vier Monate? sechs Monate?) er Pflegezeit in Anspruch nehmen will und ob er vollständige oder teilweise Freistellung wählt. Wird nur teilweise Freistellung in Anspruch genommen, ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit zu klären. In der Pflegezeit bleibt der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz in der Regel erhalten, da während dieser

18.4 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung

Freistellung nach dem Familienpflegezeitgesetz

Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz

kurzfristige Arbeitsverhinderung

Pflegezeit

Familienpflegezeit

• kurzfristige, vollständige Freistellung bis zu 10 Tagen • Kündigungsschutz im Zeitraum der kurzfristigen Arbeitsverhinderung • Pflegeunterstützungsgeld • gilt unabhängig von der Betriebsgröße bzw. von der Beschäftigtenzahl

• vollständige oder teilweise Freistellung bis zu 6 Monaten • Ankündigungsfristen bei Freistellung von bis zu 6 Monaten: 10 Arbeitstage • Kündigungsschutz im Zeitraum der Pflegezeit • Anspruch auf zinsloses Darlehen • gilt nicht bei einer Unternehmensgröße von 15 und weniger Beschäftigten

• teilweise Freistellung (Mindestarbeitszeit 15 Std/Woche bis zu 24 Monate) • Ankündigungsfristen bei Freistellung von bis zu 24 Monaten: 8 Wochen • Anspruch auf Rückkehr zum Arbeitszeitumfang • Anspruch auf zinsloses Darlehen • gilt nicht gegenüber Arbeitgebern mit 25 oder weniger Beschäftigten

Abb. 18.7 Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz. (nach: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2015)

Zeit eine Familienversicherung besteht. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein, gewährt die Pflegeversicherung auf Antrag Beitragszuschüsse zu einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung. Wie bei allen Pflegepersonen besteht während der Pflegezeit beitragsfreier Unfallversicherungsschutz. Darüber hinaus ist die Pflegeperson in der Pflegezeit rentenversichert, wenn sie den Pflegebedürftigen mindestens 14 Stunden in der Woche pflegt. Auch die Arbeitslosenversicherung besteht weiter fort. Die Beiträge werden von der Pflegekasse übernommen. Damit Beschäftigte ihren Lebensunterhalt während der Pflegezeit besser bestreiten können, wurde ein Anspruch der Beschäftigten auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen eingeführt (§ 3 FPfZG). Dieses Darlehen kann direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Es wird monatlich ausbezahlt und am Ende der Pflegezeit in Raten zurückgezahlt.

organisieren. Dies ist mit einem Anspruch auf Zahlung von Pflegeunterstützungsgeld verbunden. Beim Pflegeunterstützungsgeld handelt es sich um eine Entgeltersatzleistung, vergleichbar mit dem Kinderkrankengeld. Es wird auf Antrag ausgezahlt und von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen finanziert. Anspruch auf kurzfristige Arbeitsbefreiung haben alle Arbeitnehmer unabhängig von der Betriebsgröße bzw. von der Beschäftigtenzahl des Arbeitgebers. Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung sowie deren voraussichtliche Dauer muss dem Arbeitgeber umgehend angezeigt werden. Auf Verlangen ist dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen und die Erforderlichkeit vorzulegen. Grundsätzlich ist der Beschäftigte von der Ankündigung bis zum Ablauf der Pflegezeit bzw. der kurzfristigen Freistellung vor Kündigung geschützt. In besonderen Fällen muss die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde der Kündigung zustimmen (§ 5 PflegeZG).

▶ Kurzzeitige Arbeitsverhinderung. Neben dem Anspruch auf Pflegezeit steht dem Beschäftigten darüber hinaus das Recht zu, bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben (sogenannte kurzzeitige Arbeitsverhinderung; § 2 PflegeZG), um bei akut aufgetretener Pflegesituation eines nahen Angehörigen, z. B. nach dem Sturz eines älteren Menschen, einem Hirnschlag usw., eine gute Versorgung zu

Freistellung nach dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) Das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) trat zum 1. Januar 2012 in Kraft und wurde mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf nochmals erweitert.

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Pflegegrade Das Familienpflegezeitgesetz hat zum Ziel, die Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbstätigkeit zu erleichtern (§ 1 FPfZG). Es räumt dem Arbeitnehmer ein, seine Stundenzahl zu reduzieren und trotz Pflege erwerbstätig zu bleiben. Auf die „Familienpflegezeit“ besteht ein Rechtsanspruch. Während dieser Zeit soll ein pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung gepflegt werden. Das Familienpflegezeitgesetz beschränkt die Dauer auf maximal zwei Jahre (24 Monate). In diesem Zeitraum kann der Beschäftigte seine wöchentliche Arbeitszeit bis zu einem Mindestumfang von 15 Stunden verringern (streng genommen eine Teilzeitbeschäftigung vereinbaren). Bei unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten oder einer unterschiedlichen Verteilung der Arbeitszeit darf die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu einem Jahr 15 Stunden nicht unterschreiten (Mindestarbeitszeit). Der Rechtsanspruch besteht nicht in Kleinstbetrieben. Das sind Arbeitgeber mit 25 oder weniger Beschäftigten (§ 2 FPfZG). Die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen ist nachzuweisen (§ 2a Abs. 4 FPfZG). Die Familienpflegezeit ist schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen, spätestens 8 Wochen vor dem Beginn. Im Antrag sind Zeitraum und Umfang mitzuteilen, ebenso die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit. Über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Der Arbeitgeber hat den Wünschen des Arbeitnehmers zu entsprechen, es sei denn, dringende betriebliche Gründe stehen dem entgegen (§ 2a FPfZG). Während der Familienpflegezeit besteht ein Anspruch des Beschäftigten auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen. Das Darlehen kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) direkt beantragt werden. Es wird in monatlichen Raten ausgezahlt. Das Darlehen ist innerhalb von 48 Monaten nach Beginn der Freistellung zurückzuzahlen. Die Rückzahlung erfolgt in gleichbleibenden Raten (§ 6 FPfZG). Auf Antrag kann die Rückzahlung des Darlehens gestundet werden. Daneben gibt es die Möglichkeit eines teilweisen Darlehenserlasses oder eines Erlöschens der Darlehensschuld (§ 7 FPfZG). Während der Familienpflegezeit genießen die Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz. Er dauert von der Ankündigung - höchstens jedoch 12 Wochen vor dem angekündigten

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Termin bis zur Beendigung der Familienpflegezeit an. Nur in Ausnahmen kann eine Kündigung für zulässig erklärt werden. Pflegende Angehörige können Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz und nach dem Familienpflegezeitgesetz auch kombinieren. Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate (§ 4 PflegeZG). Dauert die Pflegezeit länger, können mehrere Angehörige auch parallel oder nacheinander die Freistellung beanspruchen und sich so die Pflege teilen.

Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen Um „soziales Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken“, wurde in § 45 SGB XI bestimmt, dass die Pflegekassen Schulungskurse anzubieten haben für Angehörige und sonstige ehrenamtliche Pflegepersonen. In diesen Kursen sollen Kenntnisse vermittelt oder vertieft werden, die zur Pflegetätigkeit in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen notwendig oder hilfreich sind. Daneben sollen die Kurse mithelfen, die seelischen und körperlichen Belastungen der Pflegepersonen zu verringern und ihrer Entstehung vorzubeugen, Versagensängste abzubauen, den Erfahrungsaustausch der Pflegepersonen untereinander zu ermöglichen sowie über Pflegehilfsmittel und Rehabilitationsleistungen zu beraten. Auch das Anwerben neuer ehrenamtlicher Pflegepersonen kann Aufgabe der Kurse sein. Auf Wunsch der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person finden individuelle Pflegeschulungen auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen statt, sofern dies z. B. für eine Unterweisung im Gebrauch von Pflegehilfsmitteln erforderlich ist. Die Pflegekasse kann die Kurse entweder selbst oder in Zusammenarbeit mit anderen Pflegekassen organisieren oder andere Einrichtungen (z. B. Verbände der freien Wohlfahrtspflege, Volkshochschulen, Nachbarschaftshilfe oder Bildungsvereine) mit der Durchführung beauftragen. Die Landesverbände der Pflegekassen können Rahmenvereinbarungen über die einheitliche Durchführung sowie über die inhaltliche Ausgestaltung der Kurse mit den die Pflegekurse durchführenden Einrichtungen abschließen. Der Abschluss dieser Rahmenvereinbarungen sollte angestrebt werden, um die Angebote sowohl inhaltlich als auch organisatorisch zu koordinieren und ein möglichst breit gefächertes und flächendeckendes Angebot an Kursen zu erreichen. Die Teilnahme

18.5 Pflegestärkungsgesetz III an den Pflegekursen ist für die Teilnehmer kostenlos. Dies gilt unabhängig davon, ob ● die Pflegekurse von der Pflegekasse selbst oder von einem beauftragten Dritten durchgeführt werden, ● eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Pflegeversicherung besteht.

18.4.6 Pflegestützpunkte und -berater Pflegestützpunkte werden von Kranken- und Pflegekassen gemeinsam initiiert zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten. Sie werden nicht bundesweit, sondern den Anträgen der Bundesländer entsprechend eingerichtet. Pflegestützpunkte sind die zentrale Anlaufstelle für Pflegebedürftige und deren Angehörige für alle Fragen der Pflege. Ihre Aufgaben werden in § 7c Abs. 2 SGB XI beschrieben. Als weitere Leistung der Pflegekassen sind Pflegeberater eingesetzt. Nach § 7a SGB XI haben Personen, die Leistungen nach dem SGB XI beziehen oder diese beantragt haben, einen Rechtsanspruch auf „individuelle Beratung und Hilfestellung … bei der Auswahl und Inanspruchnahme von … Sozialleistungen sowie sonstigen Hilfsangeboten“. Diese Beratung wird als individuelles Fallmanagement

durchgeführt, wobei die Erstellung eines „individuellen Versorgungsplanes mit den im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen und gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, rehabilitativen oder sonstigen medizinischen sowie pflegerischen und sozialen Hilfen“ im Vordergrund steht. Die Berater sollen den Pflegebedürftigen und seinen Angehörigen während der Pflege begleiten und ggf. den Versorgungsplan an eine veränderte Pflegesituation anpassen. Als Pflegeberater kommen neben Sozialversicherungsangestellten vor allem Pflegekräfte oder Sozialarbeiter mit Berufserfahrung infrage. Die Aufgaben der Pflegestützpunkte sowie der Pflegeberater sind in ▶ Abb. 18.8 dargestellt.

18.5 Pflegestärkungsgesetz III Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des neuen Begutachtungsassessments (NBA) ist eine der umfassendsten Reformen der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung vor 20 Jahren beendet. Um Schnittstellen zu anderen Sozialleistungssystemen anzupassen, wurde ein weiteres Gesetz erforderlich. Ende April 2016 wurde der Referentenentwurf zu einem Dritten Pflegestärkungsgesetz (PSG III) durch das Bundesministerium für Gesundheit (BGM) vorgelegt.

Pflegestützpunkte und Pflegeberater

Aufgaben der Pflegestützpunkte sind: (nach § 7c SGB XI)

Aufgaben der Pflegeberatung sind: (nach § 7a SGB XI)

• umfassende und unabhängige Auskunft und Beratung. • Koordinierung aller für die wohnortnahe Versorgung in Betracht kommenden Hilfs- und Unterstützungsangebote.

• Erfassung des Hilfebedarfs unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) sowie der Ergebnisse der Beratung in der eigenen Häuslichkeit.

• Vernetzung aufeinander abgestimmter pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote.

• Erstellung eines individuellen Versorgungsplans mit den im Einzelfall erforderlichen Hilfen. • Hinwirken auf die Durchführung der laut Versorgunsplan erforderlichen Maßnahmen. • Überwachung und Anpassung des Versorgungsplanes. • Auswertung und Dokumentation des Hilfebedarfs bei besonders komplexen Fallgestaltungen. • Informieren über Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen.

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Abb. 18.8 Pflegestützpunkte und Pflegeberater.

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Pflegegrade Schwerpunkt des PSG III besteht darin, den Pflegebedürftigkeitsbegriff auch in den sozialhilferechtlichen Vorschriften (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB XII) sowie im sozialen Entschädigungsrecht (Bundesversorgungsgesetz, BVG) einzuführen und den dortigen Leistungen zugrunde zu legen. Inhaltsgleich mit der entsprechenden Vorschrift für die gesetzliche Pflegeversicherung in § 14 Abs. 1 SGB XI– mit Ausnahme der zeitlichen Untergrenze von sechs Monaten – ist der Pflegebedürftigkeitsbegriff im § 61a Abs. 1 SGB XII zu finden. Die bisherigen drei Pflegestufen werden durch fünf Pflegegrade ersetzt (§ 61b SBG XII). Es gelten hier die Regeln wie in der sozialen Pflegeversicherung. Die Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit ist im § 62 SGB XII festgelegt. Dies ist neu, da bislang im SGB XII keine Regelung zu finden war, nach welchem Verfahren die Pflegebedürftigkeit zu beurteilen ist. Festgelegt wird, dass das neue Begutachtungsinstrument nach § 15 SGB XI (Neues Begutachtungsassessment, NBA) angewandt werden muss. Dies gilt auch dann, wenn keine Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung gezahlt werden, sondern nur Leistungen der Sozialhilfe (z. B. wegen Unterschreitung der zeitlichen Untergrenze von sechs Monaten). Neu ist auch, dass Entscheidungen der Pflegekasse über den Pflegegrad für den Sozialhilfeträger bindend sind (§ 62a SGB XII). Eine unterschiedliche Beurteilung desselben Sachverhaltes durch Pflegekasse und Sozialhilfeträger ist damit künftig ausgeschlossen. Eine Doppelbegutachtung erfolgt nicht mehr. Ein weiterer Themenbereich des Gesetzes liegt auf der stärkeren Mitwirkung der Kommunen und Gemeinden bei der Weiterentwicklung pflegerischer Versorgungsstrukturen. Konkret hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Kommunen besser am Auf- und Ausbau niedrigschwelliger Betreuungsangebote beteiligt werden. Außerdem erhalten sie ein Initiativrecht zur Errichtung von Pflegestützpunkten. Die Länder sollen ermächtigt werden, regionale Pflegeausschüsse zu bilden und sollen die Möglichkeit haben sektorübergreifende Landespflegeausschüsse einzurichten. Diese können dann Pflegestrukturplanungsempfehlungen vorlegen, die dann wiederum von den Pflegekassen bei Vertragsverhandlungen mit einbezogen. Das PSG III wird dazu genutzt, neben Änderungen im Bereich des SGB XI, SGB XII und dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) auch Anpassungen an weiteren Gesetzen und Verordnungen (z. B. Medi-

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zinproduktegesetz, Pflege-Buchführungsverordnung) durchzuführen.

18.6 Leistungen der privaten Pflegeversicherung In der privaten Pflegeversicherung gibt es keine Sachleistung. An deren Stelle tritt eine gleichwertige Geldleistung. Für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie für die Zuordnung zu einem Pflegegrad werden dieselben Kriterien wie in der sozialen Pflegeversicherung angewandt. Privat Versicherte stellen einen Antrag bei ihrem privaten Versicherungsunternehmen. Die Begutachtung erfolgt durch Gutachter der MEDICPROOF. Die MEDICPROOF GmbH ist das Pendant der Privaten Pflegeversicherung zum Medizinischen Dienst der (gesetzlichen) Krankenversicherung (MDK).

18.7 Fragen und Aufgaben 1. Eine der Aufgaben im Gesundheitswesen wird von der Pflegeversicherung übernommen. Sie soll Pflegebedürftigen, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind, Hilfe leisten. a) Wie wird die Pflegebedürftigkeit festgestellt? Erläutern Sie in diesem Zusammenhang die grundlegenden Merkmale, die zur Einstufung in die Pflegegrade 1 bis 5 führen. b) Welche Leistungen werden von der Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege übernommen? Nennen Sie diese und gehen Sie in diesem Zusammenhang genauer auf die Begriffe Sachleistung und Geldleistung ein. 2. Herbert V. leidet unter Multipler Sklerose (MS) im fortgeschrittenen Stadium und ist auf häusliche Pflege angewiesen. Er ist in den Pflegegrad 3 eingestuft. a) Wer übernimmt die Feststellung des Pflegegrades? Wovon ist diese Feststellung abhängig, (Pflegebedürftigkeit)? b) Welche Leistungen erhält Herbert V. in diesem Fall aus der Pflegeversicherung? 3. Welche 6 Bereiche werden bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit im Ablauf des täglichen Lebens unterschieden?

18.7 Fragen und Aufgaben 4. Die Ehefrau von Herbert V. will für 4 Wochen zur Erholung an die See fahren. Während dieser Zeit wird die Tochter die Pflege übernehmen. Auf welchen Betrag werden sich die Aufwendungen der Pflegekasse belaufen? Begründen Sie Ihre Meinung. 5. Nennen Sie 5 Leistungen der ambulanten (häuslichen) Pflege. 6. Warum ist die Pflegesachleistung höher als die Geldleistung desselben Pflegegrades? 7. Wem steht der Anspruch auf das Pflegegeld zu? Dem Pflegebedürftigen oder dem pflegenden Angehörigen? 8. Ein Pflegebedürftiger (Pflegegrad 3) ist vom 4.6. bis 28.06. zur Kurzzeitpflege. Die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung sowie die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege betragen für diesen Zeitraum 1230,84 €. Die Pflege zu Hause übernehmen die Angehörigen. Berechnen Sie den Anspruch auf Pflegegeld für den Monat Juni. 9. Wie wird die Kombinationsleistung berechnet? 10. Herr Gerd J. (Pflegegrad 3) wird von einem Pflegedienst ambulant betreut. Da seine Frau einen Teil der Pflege übernimmt, ruft er nur 751,91 € Pflegesachleistungen ab. Wie viel Pflegegeld steht Herrn J. auf der Grundlage des § 38 SGB XI höchstens noch zu?

11. Was ist Pflegezeit? 12. Was bedeutet „kurzzeitige Arbeitsverhinderung“? 13. Frau Waldmann sucht eine Beratungsstelle auf, um sich über die Regelungen der neuen Familienpflegezeit aufklären zu lassen. Frau Waldmann beabsichtigt, ihre Berufstätigkeit einzuschränken, um ihre an Demenz erkrankte Mutter zu pflegen. Stellen Sie Frau Waldmann die wichtigsten Eckpunkte des Familienpflegezeitgesetzes vor. 14. Qualität wird in die 3 Dimensionen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität unterteilt. Dies gilt auch für die Pflegequalität. Wird auf eine der 3 Dimensionen besonderes Gewicht gelegt? 15. Welche Aussagen treffen auf die Pflegeversicherung zu? a) Die Ausgaben der Pflegeversicherung werden durch Beiträge der Mitglieder und der Arbeitgeber finanziert. b) Die Pflegeversicherung ist unter dem Dach der Krankenversicherung eingerichtet worden. c) Die Zuordnung der Antragstellung zu den Pflegegraden nimmt im Einzelfall der Hausarzt vor.

18

73

Foto: Robert Kneschke, shutterstock

Kapitel 19

19.1

Einführung

275

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

19.2

Monistik

280

19.3

Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen

281

19.4

Phasenmodell in der Neurologie

290

19.5

Reha-Nachsorgeprogramme

291

19.6

Fragen und Aufgaben

292

19.1 Einführung

19 Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

19.1 Einführung 19.1.1 Was bedeutet Rehabilitation? Das SGB IX führt den Titel: „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“.

Definition

19

L

Der Begriff „Rehabilitation“ stammt vom lateinischen Wort „rehabilitare“. Es bedeutet „wiederherstellen“ bzw. „wiedereinsetzen“.

Rehabilitation kommt für all diejenigen Menschen in Betracht, denen aufgrund ihrer Erkrankungen eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung droht oder die bereits behindert sind. Ihr Ziel ist die möglichst umfassende Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit, um den Geschädigten in das berufliche und gesellschaftliche Leben einzugliedern. Dies soll mit den Leistungen zur Teilhabe erreicht werden.

Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation grenzen sich von der medizinischen Akutbehandlung ab. Ziel der medizinischen Rehabilitation ist, eine drohende Behinderung einschließlich chronischer Erkrankung abzuwenden, eine vorhandene Behinderung zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten (§ 26 Abs. 1 SGB IX). Wer als behindert gilt, definiert das Gesetz in § 2 SGB IX und bezieht sich dabei auf die körperliche Funktion, die geistige Fähigkeit oder die seelische Gesundheit des Menschen. Behandelt werden im Prinzip alle Krankheiten und Behinderungen von Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen (z. B. Arthrosen oder Bandscheibenschäden), Krebserkrankungen, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z. B. Herzinfarkt, Zustand nach Bypass-Operationen oder Schlaganfall) bis hin zu psychischen Erkrankungen (z. B. Neurosen, depressive Störungen und Suchterkrankungen). Die rechtlichen Grundlagen dieser Leistungen finden sich in §§ 26 – 32 SGB IX. In § 26 Abs. 2 SGB IX werden einzelne Leistungen der medizinischen Rehabilitation aufgezählt. Dazu gehören insbeson-

19.1.2 Rehabilitationsleistungen und Träger

Die folgenden Abschnitte widmen sich einer detaillierteren Darstellung der einzelnen Leistungsgruppen (▶ Abb. 19.1).

Leistungen zur Teilhabe

medizinische Rehabilitation (§§ 26–32 SGB IX)

Leistungsgruppen

Ziel aller Leistungen zur Teilhabe ist die Stärkung der Selbstbestimmung und eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern und Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (§ 1 SGB IX). Die Sozialleistungen zur Teilhabe sind insgesamt in 4 Leistungsgruppen (§ 5 SGB IX) aufgeteilt (▶ Tab. 19.1): 1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, 2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, 3. unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, 4. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 33–43 SGB IX)

unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (§§ 44–54 SGB IX) Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§§ 55–59 SGB IX)

Abb. 19.1 Leistungen zur Teilhabe.

75

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen dere die Behandlung durch Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe, Arznei- und Verbandmittel, Heil- und Hilfsmittel, z. B. ein Rollstuhl, einschließlich physikalischer Sprach- und Beschäftigungstherapie, Psychotherapie sowie Belastungserprobung und Arbeitstherapie. Zur medizinischen Rehabilitation gehört auch die sogenannte Anschlussheilbehandlung (Anschlussrehabilitation). Diese Leistungen werden von verschiedenen Rehabilitationsträgern erbracht. Handelt es sich beispielsweise um die Folgen eines Arbeitsunfalls, eines Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit, übernimmt die Unfallversicherung im Rahmen ihrer Leistungspflicht die Kosten der gesamten medizinischen Rehabilitation.

19

2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Nicht immer sind Leistungen der medizinischen Rehabilitation ausreichend, um die Wiedereingliederung in das Arbeitsleben mit einer Erkrankung oder Behinderung zu ermöglichen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dienen dazu, die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und die Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern (§ 33 SGB IX). Diese Art von Leistungen wird im 5. Kapitel des SGB IX behandelt. Das Leistungsspektrum reicht von der Finanzierung technischer Arbeitshilfen, z. B. Sitzhilfen (orthopädische Arbeitsstühle u. a.), die es dem Versicherten erst ermöglichen, beruflich tätig zu sein, bis hin zu Umschulungen, die für eine langfristige berufliche Neuorientierung notwendig sind. Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt.

3. Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben werden unter bestimmten Voraussetzungen vom Rehabilita-

276

tionsträger ergänzt durch unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen. Hierzu gehören u. a. Übergangsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld und andere ergänzende Leistungen wie die Übernahme der Beiträge bzw. Beitragszuschüsse zu Sozialversicherungen, von ärztlich verordnetem Rehabilitationssport oder Funktionstraining, Reisekosten, Haushaltshilfe, Kinderbetreuungskosten oder Ausbildungsgeld.

4. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Zur Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gemeinschaft gehört mehr als eine gute medizinische Betreuung und eine angemessene Arbeit. Dazu gehören auch: ● die Versorgung mit besonderen Hilfsmitteln (z. B. Einbau einer Lenkhilfe), ● heilpädagogische Leistungen für Kinder, ● Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, ● Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (z. B. Gebärdensprache), ● Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den Bedürfnissen behinderter Menschen entspricht (z. B. Beseitigung von Schwellen), ● betreutes Wohnen, ● Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (z. B. Beförderungshilfen, Theaterbesuche, Behindertensport etc.). Diese Leistungen sind im 7. Kapitel des SGB IX unter dem Titel „Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“ aufgelistet und in den §§ 55 – 59 SGB IX behandelt. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sollen die Auswirkungen der Behinderung im sozialen Umfeld ausgleichen und behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen oder erleichtern und sie – soweit möglich – unabhängig von Pflege und Betreuung machen. ▶ Tab. 19.1 gibt einen Überblick über die möglichen Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen.

19.1 Einführung Tab. 19.1 Leistungen zur Teilhabe im Überblick. Name

Umfang

1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§§ 26–32 SGB IX)

● ●

● ● ●

2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 33–43 SGB IX)



● ●





3. Unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (§§ 44–54 SGB IX)



● ● ● ●

4. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§§ 55–59 SGB IX)

● ● ● ●

● ●

19

ärztliche und zahnärztliche Behandlung Heilmittel, einschließlich Krankengymnastik, Bewegungs-, Sprach- und Beschäftigungstherapie Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln Belastungserprobung und Arbeitstherapie Behandlung in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes, z. B. technische Arbeitshilfen, Mobilitätshilfen, Wohnungshilfen Maßnahmen wie Berufsfindung und Arbeitserprobung Berufsvorbereitungsmaßnahmen, einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung Leistungen der beruflichen Anpassung, Ausbildung und Weiterbildung, einschließlich eines schulischen Abschlusses, der dafür notwendig ist Leistungen an Arbeitgeber, z. B. Zuschüsse zur beruflichen Eingliederung, Zuschüsse für Arbeitshilfen im Betrieb (z. B. Umbauten wie Auffahrrampen, Treppenlifte und behindertengerechte sanitäre Anlagen) Leistungen zum Lebensunterhalt, und zwar Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Ausbildungsgeld und Unterhaltsbeihilfe Beiträge oder Beitragszuschüsse zur Sozialversicherung Rehabilitationssport und Funktionstraining Reisekosten Haushaltshilfe, Betriebshilfe und Kinderbetreuungskosten Versorgung mit anderen als den in § 31 SGB IX genannten Hilfsmitteln heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (z. B. Gebärdensprache) Hilfen bei der Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen des behinderten Menschen entsprechen Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben

Rehabilitationsträger Bis heute gibt es in Deutschland keinen eigenständigen Rehabilitationsträger mit einheitlicher Zuständigkeit. Stattdessen besteht ein Nebeneinander verschiedener Trägergruppen, wobei jeder Träger – neben seinen sonstigen Aufgaben – seinen spezifischen Bereich der Rehabilitation und Teilhabe hat. Insgesamt sind unter dem Dach des SGB IX 7 Rehabilitationsträger beschrieben. § 6 SGB IX zählt abschließend alle Träger auf, die Leistungen zur Teilhabe erbringen können: ● Träger der gesetzlichen Krankenkasse, ● Bundesagentur für Arbeit, ● Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, ● Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und der Träger der Alterssicherung der Landwirte, ● Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge im Rahmen des Rechts der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden,

● ●

Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Träger der Sozialhilfe.

▶ Abb. 19.2 gibt einen Überblick über die Träger der Rehabilitation. Nicht alle Rehabilitationsträger sind für das gesamte Spektrum der Leistungen zur Teilhabe zuständig. So sind die gesetzlichen Krankenkassen lediglich Träger der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und der unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen. Die folgende Übersicht zeigt, welche Träger für welche Leistungen zuständig sind (▶ Abb. 19.3). Dieses gegliederte System führt immer wieder zu Abgrenzungs- und Zuständigkeitsproblemen. So kann beispielsweise strittig sein, ob ein Wegeunfall in Verbindung mit der Berufstätigkeit stand, und damit ob der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung leistungspflichtig ist oder andernfalls der Träger der gesetzlichen Krankenver-

77

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

19

Rehabilitationsträger

Träger der gesetzlichen Krankenversicherung

• Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) • Betriebskrankenkasse (BKK) • Innungskrankenkasse (IKK) • Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau • Knappschaft • Ersatzkassen

Bundesagentur für Arbeit

• Regionaldirektion • Agenturen für Arbeit

Träger der gesetzlichen Unfallversicherung

• Gewerbliche Berufsgenossenschaft • Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau • Unfallkassen • Feuerwehr-Unfallkassen

Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und die Träger der Alterssicherung der Landwirte

• Deutsche Rentenversicherung - Bund • Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See • Deutsche Rentenversicherung - Land XY, z.B. Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg • Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau

Träger der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden

• Landesversorgungsämter • Versorgungsämter • Hauptfürsorgestellen/Integrationsämter* • Fürsorgestellen

Träger der öffentlichen Jugendhilfe

• Überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe (z.B. Landesjugendämter) • Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe (z.B. Jugendämter bei den Stadt- und Landkreisen)

Träger der Sozialhilfe

• Überörtliche Träger der Sozialhilfe • Örtliche Träger der Sozialhilfe (z.B. kreisfreie Städte und die Landkreise)

Abb. 19.2 Rehabilitationsträger. * Leistungen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 2 des SGB IX werden von den Integrationsämtern erbracht.

sicherung. § 14 SGB IX dient der Klärung von Zuständigkeiten (▶ Abb. 19.4). Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, muss der Rehabilitationsträger, bei dem der Antrag eingegangen ist, innerhalb von 2 Wochen seine Zuständigkeit prüfen. Bei Unzuständigkeit leitet er den Antrag unverzüglich an den nach seiner Auffassung zuständigen Träger weiter. Dieser Rehabilitationsträger muss dann die Leistung erbringen. Hält sich der Rehabilitationsträger für zuständig und leitet den Antrag nicht weiter, muss innerhalb von 3 Wochen der Rehabilitationsbedarf, d. h. die zu erbringende Leistung, festgestellt werden. Wird der Antrag weitergeleitet, gilt für den zweitbefassten Rehabilitationsträger erneut die Frist von 3 Wochen zur Entscheidung seit Eingang des weitergeleiteten Antrages.

278

Ist für die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten notwendig, so werden dem Leistungsberechtigten 3 geeignete Sachverständige zur Auswahl benannt. Das Gutachten muss innerhalb von 2 Wochen nach Auftragserteilung vorliegen und die Entscheidung über den Rehabilitationsbedarf bereits 2 Wochen später getroffen sein.

19.1.3 Formen der Rehabilitation Zur besseren Übersicht kann die Rehabilitation auf unterschiedliche Weise differenziert werden. Noch immer dominiert die Einteilung in ● medizinische Rehabilitation, ● schulische Rehabilitation, ● berufliche Rehabilitation, ● soziale Rehabilitation.

19.1 Einführung

Träger

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Gesetzliche Krankenversicherung

X

Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

unterhaltssichernde und ergänzende Leistungen

19

X

Bundesagentur für Arbeit

X

X

Gesetzliche Unfallversicherung

X

X

Gesetzliche Rentenversicherung

X

X

Soziale Entschädigung

X

X

X

Jugendhilfe

X

X

X

Sozialhilfe

X

X

X

X

X X X

Abb. 19.3 Rechtliche Grundlagen für Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe. (nach Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, 2013)

Eingang Leistungsantrag 2 Wochen Feststellung der Zuständigkeit

Falls Rehaträger nicht zuständig: Weiterleitung des Antrags unverzüglich an:

den seiner Meinung nach zuständigen Rehaträger. Dort unverzügliche Feststellung des Rehabedarfs.

Falls Rehaträger zuständig: unverzügliche Feststellung des Rehabedarfs

Falls hierfür kein Gutachten notwendig: Leistungsbescheid innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang.

Falls Gutachten notwendig: unverzügliche Beauftragung eines Gutachters (Dreiervorschlag) 2 Wochen Erstellen des Gutachtens 2 Wochen Leistungsbescheid

Abb. 19.4 Zuständigkeitsklärung nach § 14 SGB IX in einer vereinfachten Darstellung. (nach Kunkel, 2003)

79

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

19

Medizinische Rehabilitation

Soziale Rehabilitation

Ziel der medizinischen Rehabilitation ist es, einer drohenden Behinderung vorzubeugen, sie zu beseitigen, zu verbessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Die medizinische Rehabilitation unterscheidet sich von der Behandlung von Krankheiten überwiegend dadurch, dass mit ihren Leistungen nicht akute Gesundheitsstörungen, sondern deren bleibende Folgen ausgeglichen werden sollen. Die medizinische Rehabilitation setzt im Allgemeinen erst dann ein, wenn die Krankheitsbehandlung nicht mehr im Vordergrund steht.

Durch die soziale Rehabilitation soll jede Benachteiligung im sozialen Leben (Familie, Arbeitsplatz, Wohnen, Verkehr, Freizeit, Kultur, Sport, Religion, Politik) durch die Behinderung bestmöglich kompensiert werden. Mit den Leistungen und Hilfen zur sozialen Rehabilitation soll die umfassende gesellschaftliche Teilhabe weitgehend erreicht werden. Die soziale Rehabilitation soll dem behinderten Menschen ermöglichen, sich aktiv und gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft zu beteiligen.

Schulische Rehabilitation

19.2 Monistik

Die schulische Rehabilitation greift bei Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter, deren Lernfähigkeit vermindert ist. Ursachen können sowohl angeborene oder im Kindesalter erworbene Beeinträchtigungen sein als auch krankheitsbedingte Lernschwierigkeiten, die den Besuch eines regulären Schulunterrichts nicht ermöglichen. Mit der schulischen Rehabilitation sollen behinderte Kinder und Jugendliche gefördert und unterstützt werden, damit sie den bestmöglichen Bildungsabschluss erreichen.

Berufliche Rehabilitation Die berufliche Rehabilitation folgt dem Grundprinzip „Rehabilitation vor Rente“ und versucht, die Betroffenen wieder in das Berufsleben zu integrieren. Durch die Eingliederung in Arbeit und Beruf sollen eine finanzielle Unabhängigkeit und ein angemessener Lebensstandard erreicht werden. Bei der Auswahl der geeigneten Leistungen sind sowohl die individuelle Neigung, die Eignung und die vor dem Unfall oder der Erkrankung ausgeübte berufliche Tätigkeit als auch die jeweilige Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Die beruflichen Eingliederungsmaßnahmen werden, wenn dies nach Art und Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Rehabilitationserfolges erforderlich ist, in darauf spezialisierten Einrichtungen (Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und Werkstätten für Behinderte) durchgeführt.

280

In der Rehabilitationslandschaft herrscht als zentrales Merkmal das Prinzip der monistischen Finanzierung.

Definition

L

Monistik bedeutet, dass sowohl die Kosten des laufenden Betriebs als auch die Investitionskosten aus der Vergütung der erbrachten Leistungen gedeckt werden müssen.

Betreiber von Rehabilitationseinrichtungen bekommen keine Fördermittel, wie dies z. B. im Krankenhaussektor der Fall ist. Sie sind im Rahmen ihrer Investitionen gewöhnlich von Finanzierungsmitteln abhängig wie z. B. Bankdarlehen. Konzentrationstrends am deutschen Rehabilitationsmarkt sowie das Streben der Kliniken nach weiteren Einnahmequellen, typischerweise im kurativen und Wellness-Bereich für privat zahlende Kunden, sind das Ergebnis. ▶ Abb. 19.5 stellt das Prinzip der monistischen Finanzierung dar.

19.3 Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen

Betriebskosten

Kapitaldienst

Investitionskosten

Rehabilitationseinrichtung

Verhandlungen zwischen Leistungsträgern und Einrichtungen über …

Abb. 19.5 Prinzip der monistischen Finanzierung. (BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, CBRE GmbH: 2015, Reha-Kliniken in Deutschland, Immobilien- und Investmentmarktbericht, Köln, Frankfurt, 2015)

19

Vergütungssätze Tagesgleiche Pflegesätze, Fallpauschalen, Komplexpauschalen

Kostenträger GRV, GKV, GUV, BA, Träger der öffentlichen Jugend- und Sozialhilfe

Beitragszahler

19.3 Medizinische Vorsorgeund Rehabilitationsleistungen Mit der Gesundheitsreform 2000 wurde der Begriff „Kur“ durch die Begriffe „Vorsorge“ und „Rehabilitation“ ersetzt. Für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen und der Rentenversicherung sind die nachstehenden Formen bedeutend (▶ Abb. 19.6): 1. ambulante Vorsorgeleistung, 2. stationäre Vorsorgeleistung, 3. ambulante Rehabilitationsleistung, 4. stationäre Rehabilitationsleistung. Im Folgenden wird die Vergütung von ambulanten Vorsorgeleistungen und stationären Rehabilitationsleistungen in ihren Grundzügen beispielhaft erläutert.

19.3.1 Vergütung von ambulanten Vorsorgeleistungen Reichen bei Versicherten medizinische Leistungen im Rahmen einer ambulanten Behandlung am Wohnort nicht aus, kann die Krankenkasse die aus medizinischen Gründen erforderlichen ambulanten Vorsorgeleistungen (früher: „Offene Badekur“) gewähren (§ 23 Abs. 2 SGB V). Ambulante Vorsor-

Selbstzahler

geleistungen dienen vorrangig der Förderung der Gesundheit und Verhütung von Krankheiten. Aber auch bei bestehender Krankheit können sie den Heilungsprozess fördern und den Gesundheitszustand verbessern oder stabilisieren. Entsprechend der Zielvorstellung werden bei ambulanten Vorsorgeleistungen 4 Leistungsstufen unterschieden: 1. zur Krankheitsverhütung, 2. bei bestehenden Krankheiten, 3. in Kompaktform, 4. für Kinder. Ambulante Vorsorgeleistungen werden ausschließlich in anerkannten Kurorten erbracht und können nicht vor Ablauf von 3 Jahren erneut durchgeführt werden, es sei denn, sie sind aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Wer an einer ambulanten Vorsorgeleistung teilnimmt, wählt den Kurort und die Unterbringung im Einvernehmen mit dem Arzt. Auch den Zeitpunkt der Durchführung wählt er weitgehend selbst, nicht aber die Dauer. Sie sollte grundsätzlich 21 Tage betragen. Eine Verlängerung kommt allein aus medizinischen Gründen in Betracht. Bewilligt die Krankenkasse die Maßnahme, stellt sie einen Kurarztschein aus. Der Kurarztschein ist Grundlage der ambulanten Behandlung durch den Kurarzt. Zu Beginn der Behandlung hat der Kurarzt

81

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

19

ambulante Vorsorgeleistungen

stationäre Vorsorgeleistungen GKV: § 23,4 SGB V

GKV: § 23,2 SGB V

ambulante Rehabilitationsleistungen

stationäre Rehabilitation GKV: § 40,2 SGB GRV: § 9 SGB VI

GKV: § 40,1 SGB V GRV: § 9 SGB VI

stationäre Anschluss-Rehabilitation GKV: § 40,2 SGB V GRV: §§ 9ff. SGV VI wird vom Krankenhaus organisiert

zuerst zum Arzt (Hausarzt, Facharzt, Betriebsarzt ...) Krankenkasse Rentenversicherer Erwerbstätige

nicht Erwerbstätige (z. B. Rentner, Hausfrauen, Kinder)

Antrag

Antrag

Rentenversicherung als Kostenträger

Klärung der Zuständigkeit

Besuch beim Vertrauensarzt

Krankenkasse als Kostenträger Prüfung durch den med. Dienst

stationäre Rehabilitation

ambulante Vorsorgeleistungen

stationäre Vorsorgeleistungen

ambulante Rehabilitationsleistungen

Härtefallprüfung

Härtefallprüfung

Härtefallprüfung

Härtefallprüfung

Patient wählt mit Arzt geeigneten Kurort

Krankenkasse empfiehlt Vertragseinrichtung

Krankenkasse empfiehlt Vertragseinrichtung

Durchführung der Reha

Durchführung der Kur

Durchführung der Kur

Durchführung der Reha

• volle Kostenübernahme

Bezahlt werden: • 100 % der Kurarzt-Kosten • 90 % der Kurmittelkosten • je nach Krankenkasse ein Zuschuss für Unterkunft/ Verpflegung/Kurtaxe bis 13 €/Tag, für Kleinkinder bis 21 €/Tag Eigenbeteiligung: • 10 € pro Verordnung • 10 % der Kurmittel

• volle Kostenübernahme

• volle Kostenübernahme

• Eigenbeteiligung 10 €/Tag

• Eigenbeteiligung 10 €/Tag

• Eigenbeteiligung 10 €/Tag

Abb. 19.6 Der Kurantrag. (nach Deutscher Heilbäderverband e. V., 2011)

282

19.3 Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen einen individuellen Vorsorgeplan zu erarbeiten. Für die Verordnung von Heilmitteln verwendet er den Vordruck „Verordnung des Kurarztes – Ambulante Vorsorgeleistung in anerkannten Kurorten nach § 23 Abs. 2 SGB V“ (▶ Abb. 19.7). Bei ambulanten Vorsorgeleistungen übernimmt die Krankenkasse (als Sachleistung) für ihre Versicherten die vollen Kosten der kurärztlichen Behandlung, einschließlich der verordneten Arzneimittel. Vergütet wird die kurärztliche Behandlung mit einer Pauschale. Mit ihr sind die kurärztlichen Leistungen und die Überwachung der ambulanten Vorsorgeleistung beglichen. Ebenso sind das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowie die Kosten für die Anfertigung und Übermittlung der Berichte des Kurarztes für die Krankenkasse und den weiterbehandelnden Arzt inbegriffen. Bei längerer oder kürzerer Aufenthaltszeit, z. B. wegen vorzeitigen Abbruchs, erhöht bzw. vermindert sich die Pauschale für jede Woche um 15 %. Unterbleibt eine Kontrolluntersuchung, wird die Pauschale gleichermaßen um 15 % gekürzt. Der Kurarzt erhält seine kurärztliche Tätigkeit allerdings nicht unmittelbar von der Krankenkasse vergütet, sondern rechnet über die KÄV (Kurärztliche Verwaltungsstelle) mit den Krankenkassen ab. Die kurortsspezifischen Heilmittelkosten abzüglich der gesetzlichen Eigenbeteiligung übernimmt

die Krankenkasse ebenfalls. Der Patient zahlt lediglich einen Eigenanteil von 10 % sowie einmalig 10 € je Verordnung (siehe Fall Ambulante Vorsorgeleistung (S. 283)). Zu den übrigen Kosten der Unterkunft, Verpflegung, Kurtaxe und Fahrtkosten kann in der Regel ein täglicher Zuschuss in Höhe von höchstens 13 € beantragt werden, für Kleinkinder 21 € pro Kurtag. Einige Krankenkassen zahlen nur noch eine Pauschale von 100 €. Neben der medizinischen Betreuung kann die ambulante Vorsorgeleistung zusätzliche ärztlich empfohlene gesundheitsfördernde Maßnahmen beinhalten, wie z. B. Ernährungsberatungen, Nichtraucher-Trainings oder Entspannungs-Trainings. Nach Abschluss der ambulanten Vorsorgeleistung informiert der Kurarzt unverzüglich den weiterbehandelnden Arzt über die durchgeführten diagnostischen, therapeutischen und verhaltenspräventiven Maßnahmen einschließlich der Befunde. Im Bericht stehen Empfehlungen für weitere Maßnahmen am Wohnort zur Festigung der Kureffekte. Gleichzeitig erhält die Krankenkasse den Bericht des Kurarztes mit den Angaben zum Verlauf der Maßnahme, zum Erfolg und zur Nachsorge. Mit dem Abschlussgespräch wird der Patient über den Inhalt des Berichtes umfassend informiert.

19

X

Fall Ambulante Vorsorgeleistung Ein Kurarzt verordnet einem Patienten 10 Massagen (à 8,24 €) und 20-mal Einzelkrankengymnastik (à 13,37 €) zur Erhaltung der Alltagskompetenz. Der Patient nimmt nur 11-mal an der Krankengymnas-

tik teil. Die Therapie wird in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht. Der Patient ist gebührenpflichtig. Berechnen Sie die Gesamtzuzahlung (▶ Tab. 19.2).

Tab. 19.2 Berechnung der Gesamtzuzahlung. Bezeichnung der Leistung Klassische Massagetherapie Krankengymnastische Behandlung

Einzelpreis € (hypothetische Preise)

Eigenanteil

Anzahl

Gesamtpreis

8,24

0,82

10

8,20

13,37

1,34

11

14,74

insgesamt

22,94

Verordnungsblattgebühr von 10 EUR

10,00

Zuzahlung Patient

32,94

83

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

19

Krankenkasse bzw. Kostenträger

Freigabe 05.11.2014

Gebühr pfl.

Gebühr frei

Verordnung des Kurarztes Ambulante Vorsorgeleistung in anerkannten Kurorten nach § 23 Abs. 2 SGB V

Name, Vorname des Versicherten geb. am

IK des Leistungserbringers

Unfall/ Unfallfolgen

Gesamt-Zuzahlung BVG

Kostenträgerkennung

Versicherten-Nr.

Betriebsstätten-Nr.

Arzt-Nr.

Gesamt-Brutto

Status Rechnungs-Nummer Datum Beleg-Nummer

Pos.-Nr.

Anzahl

Pos.-Nr.

Anzahl

Pos.-Nr.

Anzahl

Pos.-Nr.

Anzahl

Pos.-Nr.

Anzahl

Pos.-Nr.

Anzahl

Diagnose/Vorsorgeziel

Ggf. Hinweise zur Therapie

VerordnungsHeilmittel menge

Anzahl pro Wo.

Maßnahmen der Gesundheitsförderung Patienten-Gesprächsseminar Verhaltenstherapeutisches Ernährungsseminar

ter

us es M

Seminar Raucherentwöhnung Seminar Entspannungstechniken Seminar Bewegungstraining

h

dlic

bin Ver

Kurarztstempel / Unterschrift des Kurarztes (1.2015)

Abb. 19.7 Verordnung des Kurarztes, Vorderseite. (Paul Albrechts Verlag, Lütjensee; Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, K. d. ö. R., Berlin, GKV-Spitzenverband: Vertrag über die kurärztliche Behandlung [Kurarztvertrag] vom 1. Juli 2013, in der Fassung vom 1. Januar 2015)

284

19.3 Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen

19.3.2 Vergütung von stationären Rehabilitationsleistungen Stationäre Rehabilitationseinrichtungen Viele Einrichtungen sind an der Durchführung der Rehabilitation beteiligt. Im Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung stehen noch immer Einrichtungen zur medizinischen Rehabilitation, hier vor allem die Rehabilitationskliniken (Reha-Kliniken). Rehabilitationskliniken erbringen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation immer noch weitgehend stationär und sind fast immer auf bestimmte Behinderungen oder Krankheitsbilder spezialisiert, z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates, neurologische Krankheitsbilder, psychische und psychosomatische Erkrankungen, Erkrankungen der Atmungs- oder Verdauungsorgane. Gegenüber Akutkrankenhäusern können Rehabilitationskliniken in aller Regel auf bestimmte Einrichtungen der Intensivmedizin verzichten. Dafür müssen sie außermedizinische Aufgaben mit berücksichtigen, z. B. im Bereich der Krankengymnastik, Psychologie und physikalischen Therapie (Massagen, Elektrotherapie, Wärmebehandlung u. v. m.). In Reha-Kliniken arbeiten Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen eng zusammen (Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten, Masseure und medizinische Bademeister, Diätassistenten, Ergotherapeuten, Logopäden usw.). Die meisten Reha-Kliniken verfügen infolgedessen über Bewegungsbäder, Gymnastikhallen, Gruppenräume für Gruppenangebote, Räume für die Ergotherapie usw. Ferner kommen Arbeitsräume der Ärzte, Psychologen sowie Räume für die speziellen diagnostischen und therapeutischen Verfahren (Belastungs-EKG, Sonografie, Krankengymnastik, Bäder) hinzu. Im Jahr 2014 gab es insgesamt 1158 Vorsorgeund Rehabilitationseinrichtungen. In diesen Ein-

richtungen standen insgesamt 165 700 Betten zur Verfügung. Der größte Teil der Vorsorge- und Rehabilitationskliniken war mit 54,0 % in privater, rund 19,8 % in öffentlicher Trägerschaft, der Anteil der freigemeinnützigen Einrichtungen lag bei 26,0 %. Die Zahl der Pflegetage betrug rund 49,8 Millionen. Die Verweildauer eines Patienten, d. h. der durchschnittliche Aufenthalt in Tagen, lag bei insgesamt 25,3. Die rehabilitativ tätigen Fachkliniken sind vor allem im Bereich der Inneren Medizin (33 865 Betten) und Orthopädie (45 182 Betten) tätig. Einen Überblick über die Entwicklung in den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen von 2011 bis 2014 gibt ▶ Tab. 19.3.

19

Stationäre Rehabilitationsleistung Stationäre Rehabilitationsleistungen kommen dann in Betracht, wenn ambulante Leistungen nicht genügen bzw. alle anderen infrage stehenden Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft sind. Im Wesentlichen ist die stationäre Rehabilitation gekennzeichnet durch: ● Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung der Patienten in einer Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag abgeschlossen ist; ● interdisziplinär erbrachtes Rehabilitationsangebot, hierunter fallen Maßnahmen der physikalischen Therapie, psychologische und gesundheitsbildende Maßnahmen (Bewegungs- und Entspannungsübungen); ● häufig wohnortsfernes Angebot ohne die alltäglichen Belastungen und Pflichten sowie eventuellen psychosozialen Konflikte; ● Maßnahmen, die in der Regel einen vorher festgelegten Zeitraum einnehmen. In der stationären Rehabilitation hat sich bei den meisten Indikationen eine regelmäßige Behandlungsdauer von 3 Wochen herausgebildet.

Tab. 19.3 Entwicklung in den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen von 2011 bis 2014. Parameter

Einheit

2011

2012

2013

2014

Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen

Anzahl

1233

1212

1187

1158

aufgestellte Betten

Anzahl

170 544

168 968

166 889

165 657

Pflegetage

in 1000

48 981

50 094

49 455

49 837

durchschnittliche Verweildauer

in Tagen

25,4

25,5

25,3

25,3

durchschnittliche Bettenauslastung

in %

78,7

81,0

81,2

82,4

85

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen Grundsätzlich können stationäre Rehabilitationsleistungen vor Ablauf von 4 Jahren nur wiederholt werden, wenn sie aus medizinischer Sicht dringend erforderlich sind.

19

▶ Anschlussrehabilitation. In bestimmten Fällen wird im Anschluss an eine Behandlung im Krankenhaus eine Anschlussrehabilitation – frühere Bezeichnung: Anschlussheilbehandlung (AHB) – durchgeführt. Sie stellt gewissermaßen das Bindeglied zwischen Kuration und Rehabilitation dar. Anschlussheilbehandlungen sind stationäre (oder ganztägig ambulante) medizinische Rehabilitationsleistungen, die bei bestimmten Erkrankungen in Betracht kommen, z. B. nach einer Bandscheibenoperation oder einem Schlaganfall. Sie knüpfen unmittelbar an eine akute Behandlungsphase im Krankenhaus an. Als unmittelbar gilt der Anschluss noch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt. Die AHB findet in ausgewählten Rehabilitationseinrichtungen statt. Anlass für die Entwicklung des AHB-Verfahrens war die medizinische Erkenntnis, dass sich bei bestimmten Indikationen die Aussichten für eine erfolgreiche Rehabilitation wesentlich verbessern bzw. diese erst ermöglicht wird durch den frühzeitigen Beginn rehabilitativer Maßnahmen. Diese werden bereits im Akutkrankenhaus in Kooperation zwischen den behandelnden Ärzten und ggf. im Zusammenwirken mit dem Sozialdienst veranlasst. Die Dauer ist an die Indikation und den Rehabilitationsverlauf gebunden. Mithilfe der AHB werden vor allem verloren gegangene Funktionen und Fähigkeiten wiedererlangt oder ausgeglichen sowie verbliebene gestärkt. Für die Einleitung einer AHB muss die Rehabilitationsfähigkeit des Patienten vorliegen, d. h., die Akutphase der Erkrankung ist abgeklungen, der Krankheitszustand oder Organschaden ist stabilisiert und der Patient kann sich im Wesentlichen alleine versorgen.

Vergütungssysteme Vollpauschalierter Pflegesatz Die Vergütung der Leistungserbringer durch die Kostenträger, hier v. a. Krankenkassen, Rentenund Unfallversicherungsträger, erfolgt weitgehend retrospektiv über tagesgleiche Pflegesätze. Der Pflegesatz ist das Benutzerentgelt, das an die Rehabilitationseinrichtung für die stationäre Behandlung eines Patienten zu entrichten ist. Die tagesgleichen Pflegesätze werden für den Aufnahmetag und jeden weiteren Tag des Aufenthalts berechnet;

286

der Entlassungs- oder Verlegungstag wird nicht angerechnet. Der Tagespflegesatz pro Person schließt alle Kosten für Unterkunft und Verpflegung, alle ärztlichen Leistungen, einschließlich diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, die Kosten für Medikamente und die Kurtaxe ein. Vom Versicherten sind lediglich Zuzahlungen zu leisten. Eine pflegesatzbasierte Vergütung ist unabhängig von Quantität und Qualität der erbrachten Leistung sowie der Erkrankungsschwere. Einziges Kriterium für die Vergütung ist der geleistete Pflegetag. ▶ Abb. 19.8 zeigt ein Beispiel für eine Abschlussrechnung. Der Pflegesatz wird in Budgetverhandlungen einrichtungsbezogen und weitgehend indikationsspezifisch zwischen den Sozialleistungsträgern und den einzelnen Rehabilitationskliniken ausgehandelt (§ 111 Abs. 5 SGB V). Dadurch können die Vergütungssätze auch hinsichtlich der Kostenträger variieren. Diese Art der Vergütung orientiert sich größtenteils an der Sach- und Personalausstattung der Einrichtung. ▶ Abb. 19.9 gibt in einer vereinfachten Darstellung die Entgeltströme im stationären Sektor wieder. Insgesamt ist zu erkennen, dass die Vergütungssatzsteigerungen der letzten Jahre unterhalb der Kostensteigerungsrate der Rehabilitationseinrichtungen geblieben sind und somit der Kostenanpassungsdruck weiter hoch ist. Repräsentative Informationen über die genaue Höhe der Vergütung einzelner Reha-Maßnahmen liegen kaum vor.

Fallpauschalen Neben dem pauschalierten Pflegesatz wird – in erster Linie im Bereich der Krankenversicherung – verstärkt auf die Verhandlung von Fallpauschalen hingewirkt. Fallpauschalen erfassen die erbrachten Leistungen und Kosten je Rehabilitand und ermitteln daraus einen Pauschalbetrag je Fall. Das Verweildauerrisiko wird von den Krankenkassen auf die Einrichtungen verlagert. Innerhalb eines Verweildauerkorridors, z. B. von Verweildauern von 18 bis 24 Abrechnungstagen, sind alle für die Versorgung des Patienten notwendigen Leistungen damit vergütet. Dauert eine Behandlung länger an, werden für die zusätzlichen Tage Pflegesätze in Rechnung gestellt. In diesen Fällen wird auch der Entlassungstag berechnet. Bleibt die Verweildauer unterhalb des Verweildauerkorridors, z. B. bei einer Verweildauer bis 17 Abrechnungstagen,

19.3 Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen

AOK Musterkasse Musterstr. Musterhausen

IK-Nr.: 555 555 555 Rechnungs-Nr.: 2011345678 Debitoren - Nr.: 31003123 Datum: 12.08.2016 Ansprechpartner: Telefon: Telefax:

Patient: Hermann Baumann Hauptstraße 24 b Musterhausen

Versorgungsart: Stat. Patienten- Nr.: 314321 Geburtsdatum: 12.12.1962 Vers.-Nr./Aktenzeichen:

Rehabilitationsklinik für Kardiologie, ...

Schlussrechnung

19

Nr. 2011345678

Sehr geehrte Damen und Herren, die Kosten für den Aufenthalt vom 20.07.2016 bis 10.08.2016 stellen wir wie folgt in Rechnung:

Anzahl

Leistung

von

bis

Preis

Abz. %

Summe

21

Pflegesatz

20.07.2016

10.08.2016

105,90 €

0,00

2.223,90 €

22

Eigenanteil

20.07.2016

10.08.2016

-10,00 €

0,00

-220,00 €

Schlussrechnungsbetrag: 2.003,90 €

Wir bitten Sie, den Schlussrechnungsbetrag innerhalb der nächsten 14 Tage auf unten genanntes Konto unter Angabe der Rechnungsnummer zu überweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

Abb. 19.8 Beispiel für eine Abschlussrechnung.

kommen vereinbarte, vollpauschalierte Tagespflegesätze zur Abrechnung.

Einzelleistungsabrechnung Die Einzelleistungsabrechnung findet grundsätzlich Anwendung für Selbstzahler, einschließlich Beihilfeberechtigter. Hier gelten spezielle Tagessätze, die u. a. Leistungen wie Unterkunft und Verpflegung sowie Pflege enthalten.

Gesondert honoriert werden die ärztlichen und medizinischen Leistungen nach den Regelsätzen der GOÄ und die physikalischen Leistungen wie Massage, Gymnastik u.v.m. Außerdem sind die Kosten für die Inanspruchnahme von Konsiliarärzten, für Untersuchungen und Behandlungen in fremden Instituten sowie die dadurch entstehenden Fahrtkosten unmittelbar vom Patienten zu tragen. ▶ Abb. 19.10 zeigt ein Beispiel für eine Selbstzahlerrechnung.

87

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

stationäre (und ambulante) Behandlung

19

(stationäre) Rehabilitation Patient

Zuzahlungen

Zuzahlungen

Akut-Kliniken

Rehabilitationskliniken Verlegung (zur AHB)

Vergütung nach DRG

Abrechnung, Budgetverhandlungen

Abrechnung, Budgetverhandlungen

Vergütung nach Pflegesätzen

gesetzliche Krankenversicherung

Abrechnung, Budgetverhandlungen

Rentenversicherung Vergütung nach Pflegesätzen

Abb. 19.9 Entgeltströme im stationären Sektor – Grundzüge. (nach Richter, 2005)

Zuzahlungen zu stationären Rehabilitationsleistungen Wie viele Zuzahlungen zu leisten sind, hängt von dem jeweiligen Kostenträger ab (▶ Tab. 19.4).

Krankenversicherung

Bei der Berechnung der Zuzahlung werden Aufnahme- und Entlassungstag als je ein Kalendertag gewertet. Als Besonderheit gilt bei der Anschlussheilbehandlung (-rehabilitation) eine Begrenzung der Zuzahlungen für die Dauer von insgesamt 28 Tagen. Bereits geleistete Krankenhauszuzahlungen sind anzurechnen.

Die Kosten für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme werden von den gesetzlichen Krankenkassen generell voll übernommen. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen vorgesehen. Derzeit sind das 10 € je Kalendertag (§ 40 Abs. 5, 6 SGB V). Es gelten allerdings mehrere Befreiungsmöglichkeiten.

Tab. 19.4 Zuzahlungen zu stationären Rehabilitationsleistungen.

288

Leistung

Krankenversicherung

Rentenversicherung

stationäre Rehabilitationsleistung

10 €/Tag der Maßnahme, ohne zeitliche Begrenzung

10 €/Tag der Maßnahme, längstens für 42 Tage

Anschlussrehabilitation

10 €/Tag der Maßnahme, längstens für 28 Tage

10 €/Tag der Maßnahme, längstens für 14 Tage

19.3 Medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen

Muster-Klinik GmbH • Musterstraße 4 • Musterhausen

19

Klinik für Orthopädie und Rheumatologie, stationäre/ambulante Rehabilitation

Adresse Patient Rech.Nr./Deb.Nr.: Rechnungsdatum.: Fallnummer: Patienten-Nr.:

Rechnung Selbstzahler Name, Vorname: Mustermann, Beate Anschrift: Hauptstraße 4, Musterhausen Versicherten-Nr.: Berechnungszeitraum: 21.04.2016 bis 12.05.2016

geb. am:

2200666/300000405 14.05.2016 2016000140 300000405

01.05.1963

Kostenträger:

Für die erbrachten Leistungen erlauben wir uns zu berechnen: Leistung Pflegesatz Selbstzahler 21.04.2016 bis 12.05.2016

Tage/Anzahl

Pflegesatz/Preis

Betrag

21

128,00 €

2688,00 €

Teilmassage

3

16,00 €

48,00 €

Heißluft

6

6,65 €

39,90 €

Nordic Walking (einzel)

2

15,00 €

30,00 €

Krankengymnastik Einzeltherapie

8

22,50 €

180,00 €

Rechnungsbetrag

2985,90 €

Anzahlung

–500,00 €

Zahlbetrag

2485,90 €

Bitte überweisen Sie den Rechnungsbetrag binnen 30 Tagen nach Rechnungsdatum unter Angabe der Rechnungsnummer und des Patientennamens auf unser angegebenes Konto.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

Abb. 19.10 Beispiel für eine Selbstzahlerrechnung (ohne Arzthonorar).

89

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen

Fallbeispiel

19

I

Krankenversicherung Eine Patientin wurde 12 Tage in einem Akutkrankenhaus behandelt. Die stationäre Weiterbehandlung findet unmittelbar in einer Rehabilitationseinrichtung statt. Sie soll 3 Wochen dauern. Auf welchen Betrag belaufen sich die Zuzahlungen zu den stationären Aufenthalten? → Für die Krankenhausbehandlung sind 120 € zu entrichten. Für die anschließende stationäre Rehabilitationsbehandlung ist ein Eigenanteil von 160 € zu leisten, da bei einem Krankenhausaufenthalt mit folgender Anschlussheilbehandlung die Zuzahlungen auf insgesamt 28 Tage im Kalenderjahr beschränkt sind.

Zeitlich begrenzte Zuzahlungen gelten auch für bestimmte von der Krankenkasse festgelegte Indikationen (§ 40 Abs. 7 SGB V).

Rentenversicherung Versicherte, die von ihrem Rentenversicherungsträger stationäre medizinische Leistungen zur Rehabilitation erhalten, müssen gleichfalls für jeden Tag 10 € zuzahlen. Auch hier gelten Befreiungsmöglichkeiten. Rechtsgrundlage ist der § 32 SGB VI. Die Zuzahlung muss für die Dauer der stationären Rehabilitationsleistungen, höchstens jedoch für 42 Tage im Kalenderjahr, geleistet werden. Aufnahme- und Entlasstag zählen dabei als ein Tag. Sind an die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung Zuzahlungen geleistet worden, sind diese anzurechnen. Bei einer Anschlussrehabilitation verkürzt sich dieser Zeitraum auf maximal 14 Tage im Kalenderjahr. Auch hier müssen etwaige bereits an das Krankenhaus geleistete Zuzahlungen angerechnet werden. Die Zuzahlung entfällt für Rehabilitanden, die bei Antragsstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

19.4 Phasenmodell in der Neurologie Seit 1994 gibt es das sogenannte Phasenmodell in der Neurologie. Das Modell wurde durch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) e. V. inhaltlich beschrieben und ist die Basis einheitlichen Handelns. In das Phasenmodell der neurologischen Rehabilitation sind Anbieter von Rehabilitationsmaßnahmen eingebunden, die Patienten mit schweren Erkrankungen des Nervensystems, z. B. nach Schlaganfall oder Schädelhirnverletzung, behandeln. Es können sechs Phasen der Neurologischen Rehabilitation (A bis F) unterschieden werden. Die einzelnen Phasen werden mit Hilfe verschiedener Beschreibungskategorien/-merkmale dargestellt. Gemessen am Barthel-Index wird über die Schwere der neurologischen Schädigungen und deren Symptome die Phase festgelegt. ▶ Phase A und B. Auf die akute Versorgung im Krankenhaus (Phase A) folgt die neurologische Frührehabilitation, die so genannte Phase B. In dieser Phase müssen intensivmedizinische Überwachungs- und Behandlungsmaßnahmen vorgehalten werden. Viele verschiedene Berufsgruppen (Ärzte verschiedener Fachgebiete, Therapeuten, Intensivpfleger, Sozialdienste …) arbeiten mit den Patienten und deren Angehörigen zusammen. Die Phase B arbeitet auf eine Stabilisierung der Bewusstseinslage und Herstellung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit sowie auf eine beginnende Mobilisierung hin. Sekundäre Komplikationen sollten verhindert oder verringert werden. Darüber hinaus soll das Rehabilitationspotential geklärt und wenn möglich die weitere Versorgung geplant und eingeleitet werden. In Deutschland gibt es eine historisch gewachsene Zuordnung der neurologischen Rehabilitation der Phase B entweder zum Akutbereich (§ 39 SGB V) oder zum Reha-Bereich (§ 40 SGB V). In den meisten Bundesländern ist die Phase B der Krankenhausbehandlung zugeordnet. Die Abrechnung erfolgt über Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG), sofern die Kliniken nicht als „besondere Einrichtung“ anerkannt sind. ▶ Phase C. Je nach Verlauf schließt sich die Phase C an. Hier reicht die Handlungsfähigkeit der Betroffenen aus, um an mehreren Therapiesitzung täglich aktiv teilzunehmen. Für die alltäglichen

290

19.5 Reha-Nachsorgeprogramme Verrichtungen ist der Patient noch auf pflegerische Hilfe angewiesen. Die Behandlung in der Phase C soll die Alltagskompetenz wiederherstellen. Ein weiteres Ziel besteht in der Wiederherstellung von Antrieb, Affekt, Motivation, Orientierung, einfachen Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen, Kommunikation und sensomotorischen und koordinativen Funktionen bis hin zur vollen Handlungsfähigkeit. Ferner sollen das Rehabilitationspotential und die Langzeitperspektive geklärt, ein Langzeit-Therapieplan festgelegt und die Planung und Einleitung der weiteren Versorgung sichergestellt werden. Leistungsrechtlich handelt es sich um eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Sinne von § 40 Abs. 2 und 4 SGB V, so das eine Abrechnung nach tagesgleichen Pflegesätzen erfolgt. Eine Genehmigung durch die Kostenträger vor Aufnahme ist notwendig. Die Behandlung wird gewöhnlich von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen, in seltenen Fällen (wenn berufliche Reintegration zu erwarten ist) vom Rentenversicherungsträger. ▶ Phase D. Besteht beim Patienten eine durchgängige Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft und ist er bei den Aktivitäten des täglichen Lebens, insbesondere im Bereich der Selbstversorgung wie Waschen, Anziehen, Essen und Mobilität selbstständig, beginnt die Phase D. Rehabilitanden der Phase D trainieren für eine selbstständige Lebensführung und bereiten sich auf die Rückkehr in das Erwerbsleben vor. ▶ Phase E. In der Phase E wird eine teilstationäre (Tagesklinik) oder ambulante Weiterversorgung vorgehalten. Eingeschlossen ist auch die berufliche Rehabilitation. ▶ Phase F. Sind trotz intensiver Bemühungen in Phase B und C keine ausreichenden Rehabilitationsfortschritte zu verzeichnen, ist eine längerfristige Pflege notwendig. Die Phase F wird mit ambulanten Pflegediensten zu Hause organisiert oder in Pflegeheimen durchgeführt. Patienten müssen nicht alle Phasen nacheinander durchlaufen. Vielmehr richtet es sich nach der individuellen Symptomatik. Entsprechend dem Krankheitsverlauf können einzelne Phasen übersprungen werden, ebenso ist ein mehrmaliges Durchlaufen möglich. Nicht jede Rehabilitationsklinik bietet das volle Therapiespektrum der Phasen B bis E. Insbesonde-

re die Phase B, in der noch eine intensivmedizinische Betreuung nötig ist, wird nicht von jeder Einrichtung angeboten.

19

19.5 Reha-Nachsorgeprogramme Nachsorgeleistungen erhöhen den Erfolg medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen. Es gibt eine Anzahl von Programmen, die die Wirkung aus der Rehabilitation auch nach der Zeit in der Klinik stabilisieren und festigen sollen. Im Fall der Deutschen Rentenversicherung Bund heißt das ambulante Nachsorgekonzept IRENA. Das IRENA-Programm steht für „intensivierte Rehabilitationsnachsorge“. Ausschlaggebend für die Nachsorgeleistung ist die Hauptdiagnose. Die Angebote bestehen bei orthopädischen, neurologischen, kardiologischen, psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen. Auf Empfehlung des im Laufe der Rehabilitation behandelnden Arztes kann das Programm im Anschluss an eine stationäre oder ganztägig ambulante Rehabilitation absolviert werden. Es soll berufsbegleitend stattfinden (z. B. in den Abendstunden). Die therapeutischen Leistungen sind individuell und variabel auf die Lebensumstände und Bedürfnisse des Rehabilitanden abzustimmen. Aus welchen Maßnahmen das Leistungspaket genau besteht, richtet sich nach der Empfehlung der Rehabilitationseinrichtung. Das Leistungspaket kann u. a. Gerätetraining, Gymnastik und Wassergymnastik sowie Ernährungsberatung beinhalten. Normalerweise werden alle Leistungen als Gruppenleistungen von zugelassenen, wohnortnahen Rehabilitationseinrichtungen angeboten. Das IRENA-Programm soll wenn möglich zeitnah im Anschluss an die abgeschlossene Leistung zur medizinischen Rehabilitation eingeleitet werden, im Idealfall innerhalb der ersten drei Monate. Das Programm umfasst 24 Termine, üblicherweise 2-mal die Woche 90 bis 120 Minuten. Die Kosten werden in vollem Umfang von der Deutschen Rentenversicherung Bund zu den vereinbarten Vergütungssätzen übernommen. So wird z. B. für Krankheitsbilder des Bewegungsapparates, Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems und Stoffwechselkrankheiten eine Vergütung von 26 € pro Behandlungstag erstattet. Jeder Teilnehmer erhält pro Behandlungstag einen pauschalen Fahrkostenzuschusses, unabhängig von der Art der Beförderung und der Entfernung. Aktuell be-

91

Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen trägt dieser Zuschuss 5 €. Die Auszahlung erfolgt direkt in der Rehabilitationseinrichtung (Verwaltungsbereich). Zusammen mit der Forderung der Vergütung werden die von der Einrichtung ausgelegten Fahrtkosten von der Deutschen Rentenversicherung Bund erstattet. Formulare zur Einleitung, Dokumentation und Abrechnung von IRENALeistungen stehen zum Download bereit.

19

19.6 Fragen und Aufgaben 1. Wer sind Rehabilitationsträger? 2. Welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind Ihnen bekannt? 3. Beschreiben Sie die Ziele der sozialen Rehabilitation. 4. Was versteht man unter einer AHB? 5. Was ist Ergotherapie? 6. Wer verordnet bei einer anerkannten Vorsorgeleistung ortsspezifische Heilmittel? 7. Was versteht man unter einem „Heilmittel“ nach dem SGB V? 8. Wie lange dauert eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme? 9. Wie oft kann eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme beantragt werden? 10. Ein Patient wurde im Frühjahr in einem Akutkrankenhaus 20 Tage behandelt. Im Herbst tritt er eine Behandlung in einer stationären medizinischen Rehabilitationseinrichtung an. Diese dauert ebenfalls 20 Tage. Auf welchen Betrag belaufen sich die Zuzahlungen zu den stationären Aufenthalten zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse?

292

11. Ein Patient erhält 6 Bindegewebsmassagen verordnet. Wie viel muss der Patient zuzahlen? 12. Ein Arzt verordnet 6-mal Massage und Fango (Behandlungskosten 103,93 €). Wie viel muss zugezahlt werden? 13. Ein Kurarzt verordnet seinem Patienten 10 Massagen (à 8,24 €) mit lokaler Wärme (à 3,05 €), 10 Lymphdrainagen beider Beine à 45 Min. (à 19,10 €) und 20-mal Einzelkrankengymnastik (à 13,39 €). Die Therapie wird in einer Rehabilitationseinrichtung erbracht. Wie viel muss zugezahlt werden? 14. Welche Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse bei einer ambulanten Vorsorgeleistung? 15. Eine Patientin wird zur stationären Behandlung am 13.01.2016 in eine Rehabilitationsklinik für Orthopädie aufgenommen. Am 02.02.2016 verlässt sie die Einrichtung. Der derzeitige Pflegesatz für Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte der gesetzlichen Kranken- bzw. Rentenversicherung beträgt 106,50 € pro Tag. Geben Sie den Schlussrechnungsbetrag an, der vom Kostenträger (hier Krankenkasse) zu überweisen ist.

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Kapitel 20

20.1

Selbstverwaltung der Krankenkassen

294

Selbstverwaltungsorgane

20.2

Kassenärztliche Vereinigungen und KBV

299

Ärztekammer und Bundesärztekammer

306

20.4

Gemeinsame Selbstverwaltung

308

20.5

Fragen und Aufgaben

311

20.3

Selbstverwaltungsorgane

20 Selbstverwaltungsorgane Definition

20

L

Selbstverwaltung ist die Wahrnehmung öffentlicher Angelegenheiten durch selbstständige Organisationen.

sicherten und der Arbeitgeber. Die Ersatzkassen bilden eine Ausnahme. Bei ihnen sind nur Vertreter der Versicherten beteiligt. Bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau gilt die Drittelparität (Vertreter der Versicherten, der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und der Arbeitgeber).

Selbstverwaltung heißt mitgestalten.

Wahl der Organmitglieder

20.1 Selbstverwaltung der Krankenkassen 20.1.1 Selbstverwaltung in der Sozialversicherung Selbstverwaltung gibt es auch in der Sozialversicherung. Die Träger der Sozialversicherung sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 SGB IV). Der Staat wird entlastet, indem er den Trägern der Sozialversicherung Aufgaben und Verantwortungsbereiche übergibt. Das heißt, die Träger erfüllen ihre Aufgaben in Eigenverantwortung, werden allerdings durch den Staat auf ihre Rechtmäßigkeit kontrolliert. Rechtliche Grundlage ist das Vierte Sozialgesetzbuch (SGB IV).

Organe Organe der Selbstverwaltung der Versicherungsträger sind im Allgemeinen die Vertreterversammlung (Parlament) und der Vorstand (Regierung). Jeder Versicherungsträger hat einen Geschäftsführer, der dem Vorstand mit beratender Stimme angehört (§ 31 SGB IV). Beide werden von der Vertreterversammlung gewählt. Ausnahmen bestehen bei den Orts-, Betriebsund Innungskrankenkassen sowie bei den Ersatzkassen (Kap. 20.1.2). Die Zahl der Organmitglieder wird durch die Satzung festgelegt. Für die Vertreterversammlung sind höchstens 60 vorgesehen (§ 43 SGB IV).

Zusammensetzung Die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane wird im § 44 SGB IV geregelt. In der Krankenversicherung, Renten- und Unfallversicherung bestehen sie je zur Hälfte aus Vertretern der Ver-

294

Alle 6 Jahre werden die Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber durch die Sozialwahl bestimmt. Die Wahlbeteiligung ist allerdings relativ gering. Die Wahlen sind frei und geheim (§ 45 SGB IV). Nach dem Wahlmodus der Verhältniswahl wählen Versicherte und Arbeitgeber ihre Vertreter getrennt auf der Basis von Vorschlagslisten (§ 46 SGB IV). Nominieren können Gewerkschaften, selbstständige Arbeitnehmervereinigungen, Arbeitgebervereinigungen sowie die jeweiligen Verbände. Daneben sind unter bestimmten Bedingungen auch Versicherte und Arbeitgeber vorschlagsberechtigt. Sie können „freie Listen“ einreichen (§ 48 SGB IV). Bisweilen enthalten die Vorschlagslisten allerdings nur so viele Namen, wie Vertreter zu bestimmen sind. Diese gelten dann als gewählt (Wahl ohne Wahlhandlung; Friedenswahl). Erleichtert werden die Sozialwahlen dadurch, dass sie in aller Regel in Form der Briefwahl durchgeführt werden (§ 54 SGB IV). Die nächsten Sozialwahlen stehen 2017 an.

Aufgaben der Organe Die Vertreterversammlung hat gemäß § 33 SGB IV u. a. folgende Funktionen: ● Beschluss der Satzung, ● Wahl der Mitglieder des Vorstandes, ● Wahl der Geschäftsführung, ● Vertretung des Versicherungsträgers gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern, ● Abnahme der Jahresrechnung für das vergangene Jahr, ● Feststellung des Haushaltbudgets. Der Vorstand übernimmt gemäß § 35 SGB IV u. a. folgende Aufgaben: ● Vertretung des Versicherungsträgers – gerichtlich und außergerichtlich,

20.1 Selbstverwaltung der Krankenkassen ●

● ●



Prüfung der Jahresrechnung und Übergabe an die Vertreterversammlung zur Abnahme, Vermögensanlage des Versicherungsträgers, Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, Erlass von Richtlinien für die Führung der Verwaltungsgeschäfte.

Der Geschäftsführer übt seine Tätigkeit hauptberuflich aus (§ 36 SGBV). Er ist für die laufenden Verwaltungsgeschäfte zuständig und leitet den täglichen Dienstbetrieb. Er wird von der Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstandes in sein Amt gewählt. Dem Vorstand gehört er mit beratender Stimme an. In dieser Funktion hat er das Recht und die Pflicht, an den Sitzungen des Vorstands teilzunehmen, seine Meinung zu äußern und sachdienliche Anträge zu stellen. Bei Versicherungsträgern mit hoher Versichertenzahl kann die Satzung eine aus drei Personen bestehende Geschäftsführung vorsehen.

20.1.2 Träger der gesetzlichen Krankenversicherung Die gesetzliche Krankenversicherung hat organisatorisch keinen einheitlichen Träger. Sie ist historisch bedingt in regionale, betriebliche und berufsbezogene Krankenkassenarten strukturiert (▶ Abb. 20.1). Diese sind selbstverwaltet. Für ihr rechtmäßiges Handeln ist der Staat verantwortlich. In der Vergangenheit war die Zuständigkeit der verschiedenen Krankenkassenarten für bestimmte Personenkreise gesetzlich geregelt. Beispielsweise war die allgemeine Ortskrankenkasse für Arbeiter zuständig. In Innungskrankenkassen waren alle Beschäftigten von Handwerksbetrieben, deren Inhaber Innungsmitglied waren, versichert. Betriebskrankenkassen waren für Beschäftigte des jeweiligen Betriebes zuständig. Seit dem 01.01.1996 besteht Kassenwahlrecht. Seitdem können alle Mitglieder in der GKV selbst entscheiden, über welche Krankenkasse sie versichert werden möchten. Die ausgewählte Krankenkasse darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen (Kontrahierungszwang). Bei Ausübung des Wahlrechts ist der Versicherte mindestens 18 Monate an die gewählte Kasse gebunden. Bei Abschluss eines Wahltarifs verlängert sich die Bindungsfrist auf drei Jahre. Danach ist eine Kündigung der Mitgliedschaft zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt

(z. B. Kündigung im Mai; Mitgliedschaft in einer neuen Kasse ab August). Erhebt die Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag, erhöht diesen oder verringert ihre Prämienzahlung, gilt die Bindungsfrist von 18 Monaten nicht, das Mitglied hat ein Sonderkündigungsrecht. Die Wahl- und Kündigungsrechte sowie die Zuständigkeiten der Krankenkassen sind in den §§ 173–175 SGB V festgelegt. Ebenfalls in viele Einzelkrankenkassen gegliedert sind private Krankenversicherungen, in denen rund 9 Millionen Personen eine Mitgliedschaft haben.

20

Arten der gesetzlichen Krankenkassen Rechtliche Grundlage der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V). Nach § 4 Abs. 2 SGB V ist die gesetzliche Krankenversicherung in folgende Kassenarten gegliedert (▶ Tab. 20.1): ● Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK), ● Betriebskrankenkassen (BKK), ● Innungskrankenkassen (IKK), ● Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Träger der Krankenversicherung der Landwirte, ● Deutsche Rentenversicherung KnappschaftBahn-See als Träger der Krankenversicherung, ● Ersatzkassen.

Organisation der gesetzlichen Krankenkassen Die Krankenkassen der GKV sind wie alle Träger der Sozialversicherung Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts. Sie unterliegen der Rechtsaufsicht des Landes, in dem sie ihren Sitz haben (i. d. R. des Arbeits- oder Sozialministeriums). Zu den Selbstverwaltungsgremien gehören bei den Orts-, Betriebs-, und Innungskrankenkassen sowie den Ersatzkassen der Verwaltungsrat und ein hauptamtlicher Vorstand (§ 31 Abs. 3a SGB IV). Die Mitglieder in den Selbstverwaltungsorganen der GKV werden über Sozialwahlen bestimmt. Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Ersatzkassen) wird der Verwaltungsrat paritätisch – das heißt je zur Hälfte – von der Versicherten- und der Arbeitgeberseite gebildet. Je nach Größe der Kasse besteht der Verwaltungsrat aus höchstens 30 Mitgliedern (§ 43 SGB IV).

95

Selbstverwaltungsorgane Tab. 20.1 Kassenarten.

20

296

Kasse

Zuständigkeiten

Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK)

Ortskrankenkassen sind für ein Bundesland oder für abgegrenzte Regionen eines Bundeslands zuständig. Ihre Existenz ist für das gesamte Bundesgebiet zwingend vorgeschrieben. In den AOKen waren ehemals u. a. alle versicherungspflichtigen Arbeiter und Angestellten versichert, die in diesem Bezirk arbeiteten, soweit sie keine der anderen Krankenkassen gewählt hatten (§§ 143 ff. SGB V). Mittlerweile sind die AOKen für alle Versicherten geöffnet.

Betriebskrankenkasse (BKK)

Jeder Arbeitgeber kann eine Betriebskrankenkasse mit Zustimmung der Mehrheit der Arbeitnehmer einrichten, wenn er in seinen Betrieben regelmäßig mindestens 1000 Versicherungspflichtige beschäftigt und die Leistungsfähigkeit der Krankenkasse auf Dauer gesichert ist. Die Genehmigung obliegt der zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Auflösung einer Betriebskrankenkasse ist auf Antrag des Arbeitgebers möglich, wenn der Verwaltungsrat dem mit einer Mehrheit von 75 % zustimmt (§§ 147 ff. SGB V). Da durch die Kassenwahlfreiheit inzwischen viele Versicherte der Betriebskrankenkassen nicht mehr den BKK-Gründungsbetrieben entstammen, spricht man häufig auch von virtuellen BKKen. Beispiele: BKK Allianz, Daimler BKK, BKK Deutsche Bank.

Innungskrankenkasse (IKK)

Innungskrankenkassen können von Handwerksinnungen für ihre Mitglieder errichtet werden. Vorausgesetzt, es arbeiten regelmäßig mindestens 1000 Versicherungspflichtige in diesen Betrieben und die Leistungsfähigkeit der Krankenkasse ist auf Dauer gesichert. Die Einrichtung einer Innungskrankenkasse bedarf der Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Außerdem müssen die Innungsversammlung und die Mehrheit der in den betroffenen Betrieben Beschäftigen zustimmen (§§ 157 ff. SGB V). Im Zuge des Konzentrationsprozesses haben sich die IKKen regional zusammengeschlossen (z. B. IKK Berlin und Brandenburg, IKK Baden-Württemberg).

Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)

Für die Krankenversicherung der Landwirte ist die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) zuständig. Sie führt in Angelegenheiten der Krankenversicherung die Bezeichnung Landwirtschaftliche Krankenkasse (§ 166 SGB V). Mitglieder sind u. a. Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft, des Wein- und Gartenbaus, der Teichwirtschaft und Fischzucht und deren mitarbeitende Familienangehörige.

Deutsche Rentenversicherung KnappschaftBahn-See (Knappschaft)

Bis zum 1. Oktober 2005 bestand die knappschaftliche Krankenversicherung der im Bergbau beschäftigten Arbeitnehmer über die Bundesknappschaft. Mit der Organisationsreform der Rentenversicherung sind Bundesknappschaft, Bahnversicherungsanstalt und Seekasse zur Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) fusioniert. Die knappschaftliche Krankenversicherung wird im Verbundsystem unter dem Namen Knappschaft fortgeführt. Auch für sie gelten die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 167 SGB V). Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) hat die knappschaftliche Krankenversicherung für alle Versicherten geöffnet.

Ersatzkassen

Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind auch die Ersatzkassen. Ersatzkassen sind die zweitgrößte Kassenart. Zu den Ersatzkassen gehören: ● Barmer GEK ● DAK-Gesundheit ● HEK-Hanseatische Krankenkasse ● hkk Krankenkasse (Handelskrankenkasse) ● Kaufmännische Krankenkasse – KKH ● Techniker Krankenkasse (TK) Ursprünglich konnte man deren Mitgliedschaft unter bestimmten Bedingungen „ersatzweise“ anstelle der Pflichtversicherung in einer der übrigen gesetzlichen Krankenkassen wählen (§§ 168 ff. SGB V). Historisch unterschied man zwischen Angestellten-Ersatzkassen und Arbeiter-Ersatzkassen. Danach konnte z. B. eine Angestellten-Ersatzkasse prinzipiell nur Angestellte aufnehmen. Mit dem GSG wurden die Ersatzkassen den übrigen Kassenarten gleichgestellt.

20.1 Selbstverwaltung der Krankenkassen

Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

20 Primärkassen

Ersatzkassen

Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK)

Ersatzkassen

Betriebskrankenkassen (BKK) Stand 2013

Anzahl der Kassen

Innungskrankenkassen (IKK)

AOK

11

BKK

109

SVFLG, Landwirtschaftliche Krankenkasse

IKK

6

LKK

1

Dt. RV Knappschaft-Bahn-See (KBS)

KBS

1

vdek

6

Summe

Abb. 20.1 Träger der GKV.

134

(nach Quasdorf, 2014; nach Bundesministerium für Gesundheit, 2014)

Zu den Aufgaben des Verwaltungsrats gehören u. a. (§ 197 SGB V): ● der Beschluss einer Satzung sowie deren Änderungen, ● die Mitwirkung bei Verträgen mit den Leistungserbringern, ● Feststellung des Haushaltsplans. Außerdem wählt der Verwaltungsrat für 6 Jahre einen hauptamtlichen Vorstand. Eine Wiederwahl ist möglich. Der Vorstand verwaltet die Krankenkasse und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich. ▶ Abb. 20.2 zeigt die Organe der Krankenversicherungsträger der Orts-, Betriebs-, Innungsund Ersatzkassen. Bei den übrigen Krankenkassen wird anstelle des Verwaltungsrats eine Vertreterversammlung gebildet. Die Vertreterversammlung hat höchstens 60 Mitglieder und wählt aus ihrer Mitte den Vorstand.

Vorstand Wahl Verwaltungsrat* (höchstens 30 Mitglieder)

½ (mind.) Vertreter der Versicherten

Wahl

Sozialwahl (alle 6 Jahre)

½ Vertreter der Arbeitgeber

Wahl

Vorschlagsliste

Vorschlagsliste

Versicherte

Arbeitgeber

*Sonderfall: Bei den Ersatzkassen werden die Vertreter nur von den Versicherten gewählt.

Abb. 20.2 Organe der Krankenversicherungsträger der Orts-, Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen.

97

Selbstverwaltungsorgane

20.1.3 Verbände der gesetzlichen Krankenkassen ▶ Landesverband. Durch das GKV-WSG wurde die Verbandsstruktur der gesetzlichen Krankenkassen neu geordnet. Aktuell bilden die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen in jedem Bundesland jeweils einen Landesverband. Soweit in einem Bundesland nur eine Krankenkasse der gleichen Art besteht, bekleidet diese gleichzeitig die Funktion des Landesverbandes. Landesverbände können sich auch länderübergreifend zusammenschließen (§ 207 SGB V). Die Landesverbände bestehen als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie haben als Selbstverwaltungsorgane einen hauptamtlichen Vorstand und einen Verwaltungsrat, in dem alle Mitgliedskassen vertreten sein müssen (§§ 209, 209a SGB V). Ihre gesetzlich zugewiesenen Aufgaben sind in § 211 SGB V definiert. Bei den Ersatzkassen sowie den übrigen Kassenarten existieren keine Landesverbände. Die Aufgaben der Ersatzkassen auf Landesebene werden vom Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) und seine Landesvertretungen wahrgenommen. Für die knappschaftliche Krankenversicherung übernimmt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See die Aufgaben eines Landesverbandes (§ 212 SGB V).

20

▶ Bundesverband. Die bisherigen Bundesverbände wurden kraft Gesetz zum 01.01.2009 in Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) umgewandelt. In einer Übergangszeit bis zu 31.12.2012 mussten sie ihre Angestellten in ein neues Beschäftigungsverhältnis vermitteln. Danach konnten die Gesellschafter über den Fortbestand der Bundesverbände und die Gestaltung der Gesellschaftsverhältnisse frei entscheiden (§ 212 SGB V). ▶ Dachverband. Als zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Krankenkassen wurde auch die Errichtung eines einheitlichen Dachverbands – des „Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen“ – vorgeschrieben. Der GKV-Spitzenverband ist gleichzeitig der „Spitzenverband Bund der Pflegekassen“ (§ 53 SGB XI). Er untersteht als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 217a SGB V) der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Auf Bundesebene vertritt er die Belange der GKV. Er unterstützt die Krankenkassen und ihre Landesverbände bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und bei der Wahrnehmung ihrer In-

298

teressen (§ 217f SGB V). Mitglieder sind die Krankenkassen. Organe des Spitzenverbandes Bund sind ein Verwaltungsrat, der u. a. die Satzung beschließt, und ein Vorstand, dem höchstens 3 Mitglieder angehören. Der Vorstand, darunter der Vorsitzende und ein Stellvertreter, werden durch den Verwaltungsrat gewählt. Außerdem wird als 3. Organ eine Mitgliederversammlung gebildet, in die jede Mitgliedskasse je einen Versicherten- und einen Arbeitgebervertreter aus ihrem Verwaltungsrat oder ihrer Vertreterversammlung entsendet. Eine Ausnahme bilden die Ersatzkassen, die je 2 Versichertenvertreter stellen. Die Mitgliederversammlung wählt den Verwaltungsrat (§ 217b SGB V).

20.1.4 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ist der sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Krankenund Pflegeversicherung. Er ist auf Landesebene als eigenständige, von den Kranken- und Pflegekassen gemeinsam getragene Arbeitsgemeinschaft organisiert (§ 278 SGB V). Organe des MDK die Entscheidungsgremien sind der Verwaltungsrat und der Geschäftsführer (§ 279 SGB V). Der Verwaltungsrat bestimmt die Satzung, entscheidet über die Richtlinien für die Arbeit des MDK, stellt den Haushaltsplan fest und ernennt den Geschäftsführer (§ 280 SGB V). Abhängig von den Vorgaben des Verwaltungsrates leitet der Geschäftsführer die laufenden Geschäfte des MDK. Er erstellt den Haushaltsplan und vertritt den MDK gerichtlich als auch außergerichtlich. Der jeweilige MDK wird von seinen Trägern, also den Kranken- und Pflegekassen auf Landesebene, per Umlage finanziert. Diese Umlage richtet sich nach der Anzahl der Mitglieder der einzelnen Krankenkassenarten im jeweiligen Bundesland. Dabei teilen sich die Kranken- und Pflegekassen die Aufwendungen jeweils zu 50 % (§ 281 SGB V). Die fachliche Arbeit der Medizinischen Dienste wird auf Bundesebene durch den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) unterstützt (§ 282 SGB V). Das Aufgabenspektrum des MDK ist weit gefächert. Arbeitsschwerpunkte sind: Begutachtungsaufgaben im Einzelfall und Beratungsaufgaben in Grundsatzfragen (▶ Abb. 20.3). Im Einzelnen ist die Grundlage für die Arbeit des MDK für die Krankenkasse in § 275 SGB V be-

20.2 Kassenärztliche Vereinigungen und KBV

Gesetzlicher Auftrag des MDK

20

Krankenversicherung (§ 275 SGB V)

Einzelfallbegutachtungen

Berater in allgemeinen Grundsatzfragen

Pflegeversicherung

Einzelfallbegutachtung (Vorliegen für Pflegebedürftigkeit, § 18 SGB XI)

Beratung in grundsätzlichen Fragen

Abb. 20.3 Gesetzlicher Auftrag des MDK. (nach Felser, 2013)

schrieben. Dazu gehören z. B. gutachterliche Stellungnahmen für die Krankenkasse bei Fragen zur Arbeitsunfähigkeit oder Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. Ebenso prüft der MDK die DRG-Kodierung von Krankenhäusern oder bespricht mit den Kassen, welche Leistung für einen Versicherten in Frage kommt (z. B. eine Rehabilitationsleistung). Zum zweiten Aufgabenfeld des MDKs gehört die Beratung der Krankenkassen und ihrer Verbände in Grundsatzfragen. Hierzu zählen allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Fragen der Qualitätssicherung. Schließlich wird der MDK bei Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern – etwa mit den Krankenhausgesellschaften einbezogen. Auch in den Unterausschüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wirken Experten des MDK mit. Die Aufgaben des MDK für die Pflegeversicherung sind im SGB XI festgelegt. Im Auftrag der Pflegekassen prüft der MDK, ob die Bedingungen einer Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad besteht (Einzelfallbegutachtung; § 18 SGB XI). Der MDK kontrolliert auch, ob Pflegeeinrichtungen die vertraglichen vereinbarten Qualitätsstandards erfüllen. Der MDK berät dabei die Pflegeeinrichtungen mit dem Ziel, Qualitätsmängel zu verhindern und Pflegequalität auszubauen. Es werden Noten vergeben. Die Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht. Sie dienen allen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen als Informationsquelle. Außerdem berät der MDK die Pflegekassen in grundsätzlichen Fragen. Die Gutachter des MDK sind in ihrer medizinischen und pflegerischen Bewertung unabhängig. Sie sind an den derzeitigen Stand der Wissenschaft und sozialrechtliche Vorgaben gebunden. Die Gut-

achten haben empfehlenden, fachlichen Charakter. Eine Verpflichtung der Kranken- und Pflegekasse zur Beachtung der Gutachten bestehen nicht. Die Leistungsentscheidung liegt bei den Kranken- bzw. den Pflegekassen.

20.2 Kassenärztliche Vereinigungen und KBV 20.2.1 Die Kassenärztliche Vereinigung Entstehungsgeschichte Die Entstehung der Kassenärztlichen Vereinigungen geht zurück auf eine Notverordnung des Reichspräsidenten im Jahre 1931. Sie trug zur Schlichtung der finanziellen Spannung zwischen Ärzten und Krankenkassen bei. Damit wurden die Individualverträge des einzelnen Arztes mit einer Krankenkasse durch Kollektivverträge abgelöst. Die Notverordnung besagte auch, dass die Ausgaben für ärztliche Behandlungen an die Einnahmen der Krankenkassen zu koppeln waren. So wurde das System von regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen erschaffen, gemeinsam vertreten durch die Kassenärztliche Vereinigung Deutschland (KVD). Die Ärzte hatten damit neben der Pflicht zur flächendeckenden Versorgung auch den Sicherstellungsauftrag in die Hand bekommen. Allerdings standen die Kassenärztlichen Vereinigungen unter der Kontrolle des Staates. Der Aufbau der KVen nach dem Krieg knüpfte in den westlichen Bundesländern an die Notverordnung an und ist bis heute grundsätzlich erhalten geblieben.

99

Selbstverwaltungsorgane Durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) wurde die Struktur der KVen erheblich verändert. Eine dieser Änderungen besteht in der Zusammenlegung kleinerer KVen, sofern sie weniger als 10 000 bzw. 5 000 Mitglieder haben. Heute sind die Aufgaben und Rechte der KVen im Sozialgesetzbuch V (SGB V) geregelt. Hinzu tritt eine umfassende Rechtsprechung.

20

Rechtsstatus Definition

L

Die Kassenärztliche Vereinigung ist der Zusammenschluss der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte. KVen sind als Einrichtungen der ärztlichen Selbstverwaltung als Körperschaften des öffentlichen Rechts definiert (§ 77 SGB V).

Durch diese Rechtsform ergeben sich wesentliche Konsequenzen: ● Pflichtmitgliedschaft. Alle zugelassenen oder ermächtigen Ärzte und Psychotherapeuten sind Mitglieder ihrer KVen. Aufgrund der Pflichtmitgliedschaft ist ein Austritt ohne gleichzeitige Aufgabe des Status (zugelassener/ermächtigter Arzt/Psychotherapeut) nicht möglich. ● Verbindlichkeit des Satzungsrechts. Das Satzungsrecht der KVen erstreckt sich auf alle zugelassenen/ermächtigten Ärzte und Psychotherapeuten. Nach § 81 SGB V beinhaltet die Satzung Bestimmungen über Name, Bezirk und Sitz der Vereinigung, die Zusammensetzung, Wahl und Zahl der Mitglieder der Organe sowie deren Rechte und Pflichten. Ferner regelt die Satzung die Pflicht zur fachlichen Fortbildung und Maßnahmen gegen Mitglieder, die ihre vertragsärztlichen Pflichten verletzen. Dazu haben die meisten KVen eigene Disziplinarordnungen erlassen. ● Disziplinarmaßnahmen. Bei einer Pflichtverletzung können Disziplinarmaßnahmen ausgesprochen werden. Je nach Schwere des Verstoßes kommen als Sanktionen eine Verwarnung, ein Verweis oder eine Geldbuße bis zu 10 000 € in Betracht. Selbst das Ruhen der Zulassung bis zu 2 Jahren, der Entzug der Zulassung oder der Widerruf der Ermächtigung können ausgesprochen werden. Ein Verstoß ist z. B. eine unkorrekte Honorarabrechnung, der unberechtigten Weigerung der Teilnahme am Notfalldienst, die Rück-

300

datierung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder die Überlassung eines blanko unterzeichneten Rezeptformulars an Patienten.

Mitgliedschaft Mitglieder in der KV sind gemäß § 77 Abs. 3 SGB V Vertragsärzte (zugelassene Ärzte), ermächtigte Krankenhausärzte sowie die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in den zugelassenen medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten angestellten Ärzte. Voraussetzung für die Mitgliedschaft angestellter Ärzte ist, dass sie mindestens halbtags beschäftigt sind. Der Vertragsarzt übernimmt gegenüber der KV mit der Zulassung oder Ermächtigung die Verpflichtung, sich zur Versorgung der Kassenmitglieder bereitzuhalten und ihre Behandlung im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen durchzuführen (vgl. Sicherstellungsauftrag, Kap. 7). Voraussetzung für die Zulassung ist die Eintragung in das bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geführte Arztregister. Die Eintragung in das Arztregister ist abhängig vom Nachweis der Approbation als Arzt und vom erfolgreichen Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung. Ferner ist ein schriftlicher Antrag auf Zulassung beim Zulassungsausschuss erforderlich, der die Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit prüft. Die Zulassung bewirkt die Mitgliedschaft in der KV (§ 95 SGB V).

Organe Gemäß § 79 SGB V gibt es folgende Selbstverwaltungsorgane der KVen: ● die Vertreterversammlung, ● den hauptamtlichen Vorstand. ▶ Vertreterversammlung. Die Teilnehmer der Vertreterversammlung werden aus der Mitte der Mitglieder der KV gewählt. Sie ist das oberste Organ der vertragsärztlichen Selbstverwaltung. Die Mitglieder der Vertreterversammlung üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. In der Regel ist die Anzahl der Mitglieder auf 30 beschränkt, in Abhängigkeit von der Größe einer Kassenärztlichen Ver-

20.2 Kassenärztliche Vereinigungen und KBV einigung kann sie auf 50 erweitert werden. Zu ihren Aufgaben zählen: ● Beschluss der Satzung, ● Wahl des Vorstandes und dessen Überwachung, ● Wahl der Mitglieder von Ausschüssen (z. B. beratende Fachausschüsse, Haushalts- und Finanzausschuss, Disziplinarausschuss) und der Mitglieder in Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen (Zulassungsausschuss, Beschwerdeausschuss, Schiedsämter), ● Festlegung des Haushaltsplans, ● Abnahme des Rechnungsabschlusses.

Arzt in den hauptamtlichen Vorstand gewählt, kann er eine ärztliche Tätigkeit als Nebentätigkeit in begrenztem Umfang weiterführen oder seine Zulassung ruhen lassen. Zu seinen Aufgaben gehören: ● die Vertretung der KV – sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich, ● die Überwachung der laufenden Geschäftsführung.

▶ Hauptamtlicher Vorstand. Die Vertreterversammlung wählt den hauptamtlichen Vorstand. Er besteht aus bis zu 3 Mitgliedern. Seine Zusammensetzung ist in der Satzung bestimmt. Der Vorstand steht in einem Dienstverhältnis zur KV. Wird ein

Aufgaben

20

Beide Organe werden jeweils für eine Amtsperiode von 6 Jahren gewählt, die Wiederwahl ist möglich.

Die Aufgabenstellungen der KVen ergeben sich aus dem SGB V. Sie sind in ▶ Tab. 20.2 dargestellt.

Tab. 20.2 Aufgabenstellungen der KVen. Aufgaben

Details

1. Sicherstellungsauftrag Sicherstellung der ärztlichen Versorgung einschließlich des Notfalldienstes





der Sicherstellungsauftrag gemäß § 72 SGB V bezieht sich darauf, den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der Medizin zu gewährleisten Bestandteil dieser Sicherstellung ist auch die Organisation des Notfalldienstes zu den sprechstundenfreien Zeiten (§ 75 SGB V). Die KVen können den Notdienst auch durch Kooperationen und eine organisatorische Verknüpfung mit Krankenhäusern sicherstellen.

Versorgung von Personen mit dienstrechtlichen Ansprüchen auf freie Heilfürsorge

dazu gehören: Bundeswehr, Bundespolizei

Versorgung von Mitgliedern der Privaten Krankenversicherung

die nach einem Standard- bzw. Basistarif versichert sind

Erstellung eines Bedarfsplanes (§ 99 SGB V)

Erstellung und Veröffentlichung eines Bedarfsplans zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (Zulassungsbeschränkungen aufgrund von Überversorgung)

Einrichten von Terminservicestellen (§ 75 Abs. 1a SGB V)

Die Servicestelle soll Versicherten mit Facharztüberweisung innerhalb einer Woche einen Termin vermitteln. Kann kein Behandlungstermin bei einem niedergelassenen Facharzt vermitteln werden, muss ein ambulanter Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus angeboten werden, es sei denn, die Behandlung ist aus medizinischen Gründen innerhalb von vier Wochen nicht erforderlich.

2. Interessenvertretung Vertretung gegenüber Kostenträgern





Beratung und Aufklärung der Ärzte





Honorierung der ärztlichen Leistung

Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen, anderen Kostenträgern, gesetzlichen Organen in Bund und Ländern Mitwirkung in den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung schließt die Niederlassungsberatung bis zur Aufklärungsberatung in Abrechnungsund Wirtschaftlichkeitsfragen ein Veränderungen werden im Deutschen Ärzteblatt sowie in Rundschreiben veröffentlicht.

KVen sorgen dafür, dass die vertragsärztlichen Leistungen angemessen honoriert werden (§ 72 Abs. 2 SGB V).

01

Selbstverwaltungsorgane Tab. 20.2 Fortsetzung Aufgaben

Details

Berufspolitische Vertretung

● ●

20



Weiterentwicklung der vertragsärztlichen Versorgung

● ● ●

Wahrung des Grundsatzes der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit Wahrung der Niederlassungsfreiheit sowie freie Arztwahl des Patienten Abbau von Bürokratie Durchführung von Forschungsaufgaben Verbesserung der Gebührenordnungsstruktur Erprobung von Versorgungsmodellen

3. Gewährleistungsauftrag Überwachung der ordnungsgemäßen Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen

KVen haben eine Gewähr gegenüber den Krankenkassen für die ordnungsgemäße Erbringung der vertragsärztlichen Leistungen zu übernehmen.

Prüfungsfunktion

Überprüfung der Abrechnungen vor Weitergabe an die Krankenkasse auf Plausibilität und sachlich-rechnerische Richtigkeit; Grundlage bilden die geltenden Gebührenordnungen.

Disziplinarische Ahndung von Verstößen



Qualitätsprüfung







Kontrolle der Einhaltung der Pflichten in der vertragsärztlichen Versorgung Anwendung von Disziplinierungsmaßnahmen bei Verstoß (Verwarnung, Verweis, Geldbußen bis zu 10 000 € oder Anordnung des Ruhens der Zulassung bis zu 2 Jahren) Die KV ist nach § 135b Abs. 2 SGB V verpflichtet, die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen im Einzelfall durch Stichproben zu prüfen. Die Kriterien der Qualitätsprüfung, die Auswahl, der Umfang und das Verfahren der Stichproben werden in Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegt.

4. Vertragshoheit Abschluss der Gesamtverträge gemäß § 83 SGB V

abgeschlossen auf Landesebene: Sind öffentlich-rechtliche Verträge der KV mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen über die vertragsärztliche Versorgung. Im Gesamtvertrag wird beispielsweise die Höhe der Gesamtvergütung vereinbart, die von der bzw. den Krankenkassen gezahlt wird (§ 85 SGB V).

Abschluss von dreiseitigen Verträgen

mit den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen und den Landeskrankenhausgesellschaften oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land zur Gewährleistung eines nahtlosen Übergangs aus der ambulanten Behandlung in die stationäre Versorgung (§ 115 SGB V)

Abschluss von Vergütungsvereinbarungen

zum ambulanten Operieren am Krankenhaus und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen (§ 115b SGB V)

5. Ausschussbesetzung

302

Organisation des Zulassungswesens durch die Errichtung des Zulassungsausschusses für Ärzte (§ 96 SGB V)

Als Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung entscheidet er über die Zulassung von Vertragsärzten oder die Ermächtigung von (Krankenhaus-)Ärzten bzw. Institutionen. Der Ausschuss entscheidet über die Entziehung der Zulassung oder über den Widerruf der Ermächtigung. In Zulassungssachen der Ärzte ist er paritätisch besetzt. Der Vorsitz wechselt. Die Mitglieder führen ihr Amt als Ehrenamt.

Errichtung einer Prüfungsstelle und eines Beschwerdeausschusses (§ 106 Abs. 4 SGB V)

Die Prüfungsstelle als Verwaltungsbehörde prüft u. a., ob der Vertragsarzt bei seiner Behandlungs- und Verordnungsweise gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen vorangehen. Die rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit der Prüfungsstelle ergeben sich aus dem § 106 SGB V und der Prüfvereinbarung auf Landesebene. Soweit ein Widerspruch gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle eingelegt wird, entscheidet der Beschwerdeausschuss, welcher paritätisch besetzt ist sowie mit einem unparteiischen Vorsitzenden. Beide Stellen sind organisatorisch selbständige Einheiten. Sie nehmen ihre Aufgaben jeweils eigenverantwortlich wahr. Der Beschwerdeausschuss wird bei der Erfüllung seiner laufenden Geschäfte von der Prüfungsstelle organisatorisch unterstützt.

20.2 Kassenärztliche Vereinigungen und KBV Tab. 20.2 Fortsetzung Aufgaben

Details

Mitwirkung bei der Errichtung der Landesschiedsämter gemäß § 89 Abs. 2 SGB V

Bei Nichteinigung der Vertragspartner übernehmen sie die Aufgabe, über den Inhalt von Verträgen zwischen KV und Krankenkassen zu entscheiden.

Bildung des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen

● ●

Gemäß § 90 SGB V wird in jedem Bundesland ein solcher Landesausschuss gebildet. Aufgaben: ○ Beratung des Bedarfsplanes ○ Entscheidung über das Bestehen einer Überversorgung oder einer Unterversorgung ○ Beschluss von Zulassungsbeschränkungen

20.2.2 Die Kassenärztliche Bundesvereinigung

Kassenärztliche Vereinigung

Auf Bundesebene bilden die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder nach § 77 Abs. 4 SGB V die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Auch die KBV hat den Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr Sitz ist in Berlin. Sie untersteht der staatlichen Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit.

Kassenärztliche Bundesvereinigung

20

Organe Der organisatorische Zusammenhang zwischen KVen und KBV wird in ▶ Abb. 20.4 dargestellt. Die KBV verfügt über einen hauptamtlichen Vorstand und eine Vertreterversammlung. Die Vertreterversammlung ist das oberste beschließende Organ der KBV und besteht aus 60 Mitgliedern. 34 Mitglieder rekrutieren sich aus den Vorsitzenden der KVen sowie jeweils einem Stellvertreter des Vorsitzenden. Die restlichen 26 Mitglieder werden gewählt. Der Vorstand setzt sich aus 2 Mitgliedern, einem Vorstandsmitglied für das Grundsatz-Res-

Vertragsärzte und andere Wahl Vertreterversammlung der KV kraft Gesetz

Wahl

Wahl

hauptamtlicher Vorstand der KV beratender Fachausschuss für: – hausärztliche Versorgung – fachärztliche Versorgung – Psychotherapie

Delegierte für KBVVertreterversammlung

34 Vorsitzende und Stellvertreter, 20 Ärzte, 6 Psychotherapeuten Vertreterversammlung der KBV

Wahl

hauptamtlicher Vorstand der KBV

beratender Fachausschuss für: – hausärztliche Versorgung – fachärztliche Versorgung – Psychotherapie

Abb. 20.4 Organisatorischer Zusammenhang zwischen KVen und KBV. (nach Quasdorf, 2014)

03

Selbstverwaltungsorgane sort „Hausärztliche Versorgung“ und einem Vorstandsmitglied für das Grundsatz-Ressort „Fachärztliche Versorgung“, zusammen.

20

Aufgaben





Gesetzliche Aufgabenstellungen der KBV sind u. a.: ● Sie vertritt die politischen Interessen der Vertragsärzte auf Bundesebene, z. B. bei Gesetzgebungsverfahren. ● Sie wirkt bei der Ausschussbesetzung mit, z. B. beim Bundesschiedsamt und beim Gemeinsamen Bundesausschuss. ● Sie hat Vertragshoheit, d. h., sie schließt als Vertragspartner des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen sowie anderer Sozialleistungsträger Verträge ab, z. B. ○ den Bundesmantelvertrag; ○ Verträge mit besonderen Kostenträgern (z. B. Unfallversicherungsträger); ○ Vereinbarungen über den Datenaustausch zwischen KVen und Krankenkasse; ○ Vereinbarungen über einheitliche Qualitätserfordernisse für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden; ○ Vereinbarungen über ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus.



Sie führt den Fremdkassenzahlungsausgleich durch (dieser wird z. B. angewendet, wenn ein Versicherter der AOK Südlicher Oberrhein einen Arzt in München, der der KV Bayern angehört, konsultiert). Sie führt das Bundesarztregister (BAR). Im Bundesarztregister werden alle Einträge der Ärzteregister auf Landesebene dokumentiert. Dadurch kann kein Arzt in mehreren Arztregistern gleichzeitig geführt sein. Sie gibt bundeseinheitliche Richtlinien zur Qualitätssicherung heraus.

20.2.3 Rechtsbeziehung im Vertragsarztrecht Die rechtliche Beziehung zwischen Arzt, Vertragspatient sowie KV und Krankenkassen ist äußerst komplex. Sie lässt sich schematisch in einem Beziehungsfünfeck darstellen (▶ Abb. 20.5). Grundlage der Beziehung zwischen Arzt und Patient bilden die §§ 630a ff. BGB. Zwischen dem Vertragsarzt und dem Patienten kommt ein Arzt- bzw. Behandlungsvertrag zustande (Kap. 11). Aus diesem ist der Vertragsarzt zur ärztlichen Behandlung verpflichtet, der Patient schuldet die Vergütung (§ 630a BGB).

Landesverband der Krankenkassen und Ersatzkassen Verbindlichkeit des Gesamtvertrags

Abschluss des Gesamtvertrags Abrechnung Kassenärztliche Vereinigung (KV)

Krankenkasse Zahlung der Gesamtvergütung elektronische Gesundheitskarte

Sozialversicherungsbeiträge

Erstattung des Honoraranspruchs

Honoraranforderung

Behandlungspflicht Patient

Vertragsärzte elektronische Gesundheitskarte

Abb. 20.5 Beziehungsfünfeck. (nach Quasdorf, 2014)

304

20.2 Kassenärztliche Vereinigungen und KBV

Bundesebene

kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)

Bundesmantelvertrag (BMV-Ä; §§ 82, 87 SGB V)

Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKVSpitzenverband)

(EBM)

20 Landesebene

Gesamtvertrag (§§ 82, 83 SGB V) kassenärztliche Vereinigung (Gesamtvergütung, § 85 SGB V)

Landesverband der Krankenkassen und Ersatzkassen

Verbindlichkeit des Gesamtvertrags Krankenkassen

Abb. 20.6 Vertragsbeziehungen in der vertragsärztlichen Versorgung.

Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung belegen ihr Anrecht auf eine vertragsärztliche Behandlung durch Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte (§ 291 SGB V) oder eines Überweisungsscheins (Sachleistungsprinzip). Der Arzt erbringt für seinen Patienten eine oder mehrere Leistungen und notiert auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) die von ihm für seinen Patienten erbrachten Arztleistungen nach Gebührenordnungspositionen in seiner EDV oder auf papiergebundenen Abrechnungsbelegen. Quartalsmäßig reichen die Vertragsärzte die Abrechnung für die in der Praxis ärztlich behandelten Patienten bei der Kassenärztlichen Vereinigung ein. Das geschieht heute überwiegend auf Basis EDV-gestützter Abrechnungsträger. Die Prüfung der Abrechnungsunterlagen obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung (Gewährleistungsauftrag). Die KVen erhalten mit befreiender Wirkung von der zuständigen Krankenkasse eine morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV). Grundsätzlich wird mit der Gesamtvergütung die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung abgedeckt. Die weitere Verteilung der Gesamtvergütung an die Vertragsärzte im jeweiligen KV-Bezirk übernimmt nun die Kassenärztliche Vereinigung. Sie zahlt jedem Vertragsarzt sein Honorar nach Maßgabe der regionalen €-Gebührenordnung und des Regelleistungsvolumens sowie nach Maßgabe des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens. Eine vertiefende Darstellung der Honorarverteilung ist in Kap. 17.2.4 zu finden.

Der Kassenpatient schließlich ist Mitglied der Krankenkasse. Sie erhält die nötigen Geldmittel durch Beiträge von ihren Mitgliedern bzw. deren Arbeitgebern und stellt für die Inanspruchnahme von Leistungen einen Berechtigungsschein, die elektronische Gesundheitskarte, aus. Im Folgenden wird exemplarisch die Rechtsbeziehung zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und den Krankenkassen näher erläutert: ▶ Bundesmantelverträge. Rechtsgrundlage für die Arbeit des Vertragsarztes sind Verträge (▶ Abb. 20.6). Für die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen KV und Krankenkassen hat der Gesetzgeber ein 2-stufiges Vertragssystem vorgeschrieben. So vereinbart die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Bundesebene einen Bundesmantelvertrag (BMV-Ä), geregelt in §§ 82, 87 SGB V. Die ehemals geschlossenen Bundesmantelverträge mit den Primärkassen (Bundesmantelvertrag-Ärzte, BMV-Ä) und den Ersatzkassen (Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, EKV) verloren ihre Gültigkeit. Im vertragszahnärztlichen Bereich ist die Zusammenführung der beiden Vertragswerke noch nicht abgeschlossen. Aufgabe des Bundesmantelvertrages ist es, bundesweit einheitliche Standards für die vertragsärztliche Versorgung zu gewährleisten. Er enthält Vorschriften über Inhalt und Umfang der vertragsärztlichen Versorgung, die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte, Vorgaben für die zu verwendenden Formulare (Verordnung von Arzneimittel oder Heil- und Hilfsmitteln) sowie die Abrechnung ver-

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Selbstverwaltungsorgane tragsärztlicher Leistungen mittels EDV. Bestandteile des Bundesmantelvertrages sind der Einheitliche Bewertungsmaßstab und die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie besondere Vereinbarungen, die als Anlagen zu den bundesmantelvertraglichen Regelungen getroffen wurden, z. B. Anlage 2: Vordruckvereinbarung.

20

▶ Gesamtverträge. Der „Mantelvertrag“ wird auf der Landesebene durch sogenannte Gesamtverträge näher ausgestaltet (§§ 82, 83 SGB V). Dabei werden die Gesamtverträge wesentlich durch den Bundesmantelvertrag geprägt. Alles, was in einem Bundesmantelvertrag geregelt ist, kann in den Gesamtverträgen nicht ergänzt oder geändert werden. Es gilt auch hier der Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Andererseits können in den Bundesmantelvertrag keine Regelungen aufgenommen werden, die das Gesetz ausdrücklich den Partnern der Gesamtverträge (d. h. der Kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Krankenkassen) zuweist. Dadurch sichert der Abschluss von Gesamtverträgen auf Landesebene eine stärkere Berücksichtigung regionaler Besonderheiten als bei einer bundesweiten Vertragsgestaltung. Mit jedem Landesverband der Krankenkassen und mit jeder Ersatzkasse vereinbaren die Kassenärztlichen Vereinigungen individuelle Gesamtverträge. Die Ersatzkassen können sich jedoch auch auf eine gemeinsame Vertretung auf Landesebene einigen und einen gemeinsamen Gesamtvertrag schließen (§ 212 Abs. 5 S. 5 SGB V). Wesentlicher Inhalt der Gesamtverträge ist die Gesamtvergütungsvereinbarung, die als Anlage zum Gesamtvertrag vereinbart wird. Zusätzlich regeln die Gesamtverträge die Rechnungslegung der KVen gegenüber den Krankenkassen einschließlich Datenaufbereitung und Datenaustausch, die formellen Anforderungen an die Quartalsabrechnung der Vertragsärzte, den ambulanten Notfalldienst und vieles mehr.

20.3 Ärztekammer und Bundesärztekammer 20.3.1 Ärztekammer Rechtsstatus und Organisation Die Kammergesetze bilden die Rechtsgrundlage ärztlicher Selbstverwaltung. Ebenso wie die KVen sind die Landesärztekammern Körperschaften des öffentlichen Rechts, nehmen allerdings die Berufsvertretung für alle approbierten Ärzte war. Eine Landesärztekammer besteht in jedem Bundesland. Weil in Nordrhein-Westfalen entsprechend den beiden Landesteilen 2 Ärztekammern gebildet wurden, gibt es heute insgesamt 17 Ärztekammern als Körperschaften öffentlichen Rechts. Die Landesärztekammern sind nach Bezirken und z. T. nach Kreisen in unselbstständige Verwaltungsorgane untergliedert. Diese Strukturen haben sich historisch entwickelt.

Mitgliedschaft Alle approbierten Ärzte gehören kraft Gesetz der Ärztekammer des Bundeslandes an, in dem sie ihren Beruf ausüben oder ihren Wohnsitz haben (sofern sie ihren Beruf nicht ausüben). Das gilt unabhängig davon, ob der Arzt angestellt, beamtet, in einer Praxis niedergelassen oder im Ruhestand ist. Das führt dazu, dass kein Arzt aus seiner Landesärztekammer austreten kann. Es besteht eine Pflichtmitgliedschaft. Da die Landesärztekammern nicht über Steuermittel finanziert werden, ist jeder Arzt zur Zahlung eines Mitgliedsbeitrags (Umlage) verpflichtet. Die Höhe des Beitrags wird von den Landesärztekammern jeweils in einer Beitragssatzung festgelegt. Da jede Landesärztekammer autonom die Beitragshöhe vereinbart, können Unterschiede in der Beitragspflicht von Kammer zu Kammer bestehen.

Aufgaben Die Ärztekammern übernehmen eine Vielzahl von Aufgaben. Neben dem Erlass einer Weiterbildungsordnung, die die ärztliche Weiterbildung regelt, und einer Berufsordnung, die standesrechtliche Vorschriften enthält und Verstöße sanktioniert, fördern die Landesärztekammern die ärztliche Fortbildung durch Unterhaltung von Akademien. Sie wirken bei der Durchführung der Berufsausbil-

306

20.3 Ärztekammer und Bundesärztekammer dung und beruflichen Fortbildung in den Heilhilfsberufen mit und übernehmen Aufgaben der ärztlichen Qualitätssicherung. Zudem überwachen sie die Erfüllung der Berufspflichten. Die Verletzung der Berufspflicht von Ärzten wird über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe verfolgt. Seit Mitte der 70er-Jahre haben die Landesärztekammern Gutachter- und Schlichtungskommissionen eingerichtet. Im Einzelnen klären diese, ob gesundheitliche Komplikationen auf einen ärztlichen Behandlungsfehler zurückzuführen sind. Patienten, die sich durch eine ärztliche Behandlung geschädigt fühlen, erhalten damit die Möglichkeit einer Begutachtung und Bewertung ihres Falls. Dadurch kann häufig eine außergerichtliche Einigung zwischen Arzt und Patient erreicht werden. Die Entscheidungen der Gutachter- und Schlichtungskommission sind lediglich Feststellungen oder Empfehlungen. Wenn der Patient oder der Arzt mit der Entscheidung nicht einverstanden ist, kann er den ordentlichen Rechtsweg beschreiten. Bei einzelnen Ärztekammern wurden darüber hinaus Ethikkommissionen gebildet, die ärztliche Behandlungen aus ethischer Sicht beurteilen, insbesondere Forschungsvorhaben.

Organe Die Angehörigen der Ärztekammer wählen in unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl die Delegierten der Kammerversammlung (▶ Abb. 20.7). Sie ist das oberste Organ der Landesärztekammer.

Kammervorstand Präsident, Vizepräsident, Beisitzer Mehrheitswahl Kammerversammlung tagt min. 2 x jährlich unmittelbare, freie, geheime Wahl, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl Angehörige der Ärztekammer

Abb. 20.7 Organe der Ärztekammer. (nach Ärztekammer Nordrhein, 2011)

Jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme. Die Wahl zur Delegierten- oder Kammerversammlung ist eine Listenwahl. Zudem erfolgt die Wahl nach dem Grundsatz der Verhältniswahl. Der Vorstand wird von der Kammerversammlung aus ihrer Mitte gewählt und besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und einer unterschiedlichen Zahl von Beisitzern. Er erledigt die laufenden Geschäfte der Landesärztekammer. Als Legislativorgan obliegt der Kammerversammlung u. a. die Beschlussfassung der Satzung und Geschäftsordnung, der Berufs- und Weiterbildungsordnung sowie die Beitragsordnung der Ärztekammern. Weiterhin wird von ihr der Haushaltsplan verabschiedet und die Besetzung der bei der Ärztekammer arbeitenden Ausschüsse festgelegt.

20

20.3.2 Bundesärztekammer Die Bundesärztekammer (BÄK) ist die Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung in Deutschland. Sie ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern ein freiwilliger Zusammenschluss der 17 Ärztekammern in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins. Der einzelne Arzt gehört damit der Bundesärztekammer lediglich mittelbar als Mitglied seiner Ärztekammer an.

Aufgaben Unter anderem dient die BÄK dem Erfahrungsaustausch unter den Ärztekammern und fördert die ärztliche Fortbildung, z. B. durch Fortbildungskongresse. Neben dem Beschluss einer Muster-Weiterbildungsordnung, die u. a. Inhalt, Dauer und zeitlichen Ablauf der Weiterbildung bestimmt, nimmt die Bundesärztekammer die Wahrung der beruflichen Belange der Ärzteschaft auf Bundesebene war, z. B. in der Bundesgesetzgebung. Ebenso beschließt sie eine Muster-Berufsordnung, die Rechte und Pflichten der approbierten Ärzte enthält. Darunter fällt z. B. die Schweigepflicht des Arztes oder die Dokumentationspflicht. Die Muster-Berufsordnung ist nicht verbindlich, da das Grundgesetz die Kompetenz für berufsrechtliche Regelungen den Ländern zugewiesen hat. In der Regel wird in den Ländern die Berufsordnung aber weitgehend deckungsgleich von den Landesärztekammern übernommen.

07

Selbstverwaltungsorgane

Organe Alljährlich wird der Deutsche Ärztetag (Hauptversammlung) einberufen, das „Parlament der Ärzteschaft“. Er besteht aus insgesamt 250 Delegierten, die im Verhältnis der Mitgliederzahlen der Ärztekammer entsendet werden. Zu den Aufgaben des Deutschen Ärztetages gehört die Wahl eines Vorstandes. Der Vorstand besteht aus dem Präsidenten, 2 Vizepräsidenten, den Präsidenten der Landesärztekammern und 2 weiteren Ärzten oder Ärztinnen. Den organisatorischen Zusammenhang zeigt ▶ Abb. 20.8.

20

20.4 Gemeinsame Selbstverwaltung 20.4.1 Gemeinsamer Bundesausschuss Den Rahmen für die Ausgestaltung der medizinischen Versorgung gibt der Gesetzgeber vor. Die Einzelheiten legt die gemeinsame Selbstverwaltung fest. Zentrales Gremium der gemeinsamen

Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, auch als „kleiner Gesetzgeber“ bezeichnet, ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Gegründet wurde der Gemeinsame Bundesausschuss am 01.01.2004 durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG). Die gesetzlichen Grundlagen, Aufgaben und Strukturen des G-BA finden sich in den §§ 91 und 92 SGB V. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Aufgabe des Gremiums ist es, die Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmen sind, durch Richtlinien zu konkretisieren. So hat der Gemeinsame Bundesausschuss beispielsweise Richtlinien zu beschließen, u. a. über die ● Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, ● Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege und Soziotherapie, ● Verordnung von Krankentransporten, ● Qualitätssicherung. Die vom Ausschuss erstellten Richtlinien sind als sogenannte „untergesetzliche Normen“ verbindlich (▶ Abb. 20.9).

Präsident, 2 Vizepräsidenten, 2 Vertreter der angestellten Ärzte, Präsidenten der Landesärztekammer bilden den Vorstand der Bundesärztekammer

Fachausschüsse

ständige Konferenzen

. .

Präsidium des Deutschen Ärztetages

Geschäftsführung

. . .

berät

Deutscher Ärztetag entsendet Delegierte

Ausschüsse • Weiterbildungsausschuss • Prüfungsausschuss • Schlichtungsausschuss

. . .

Präsident, Vizepräsident, 2 Beisitzer bilden den Vorstand der Landesärztekammer

entsendet Mitglieder

wählt alle 4 Jahre wählt

Kammerversammlung der Landesärztekammern wählen alle 4 Jahre Delegierte Mitglieder der Landesärztekammern

Abb. 20.8 Organisatorischer Zusammenhang zwischen LÄK und BÄK. (Beske, 1999)

308

. . . . . .

sonstige Institutionen Deutscher Senat für ärztliche Fortbildung Wissenschaftlicher Beirat

. .

20.4 Gemeinsame Selbstverwaltung

Gesetzgeber

Gesetz

20 Zuständiges Bundesministerium

G-BA

Rechtsverordnung

Richtlinien

Selbstverwaltungspartner (z.B. KBV, GKV-Spitzenverband)

Verträge (Bund)

Selbstverwaltungspartner (z.B. KV, Landesverbände der Krankenkassen)

Verträge (Land)

Kassenärztliche Vereinigung/ Krankenkassen

Satzung

Abb. 20.9 Rechtsstellung des Gemeinsamen Bundesausschusses. (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2011)

Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses Der Gemeinsame Bundesausschuss wird von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet. Er steht unter der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V). Alle Entscheidungen werden in einem sektorenübergreifend besetzten Beschlussgremium (Plenum) für ambulante, ärztliche und zahnärztliche sowie stationäre Belange getroffen. Es hat insgesamt 13 stimmberechtigte Mitglieder, davon je: ● 5 Vertretern der Krankenkassen (benannt vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen), ● 5 Vertretern der Leistungserbringer (die KBV und die DKG benennen jeweils 2, die KZBV 1 Vertreter), ● sowie 3 unparteiischen Mitgliedern (davon 1 Vorsitzender). An allen Sitzungen des Gremiums nehmen zudem jeweils 5 Patientenvertreter teil, die ein Antragsund Mitberatungsrecht haben, jedoch kein Stimmrecht bei Beschlussfassungen (▶ Abb. 20.10). Zur Vorbereitung der Beschlüsse hat der G-BA insgesamt 9 Unterausschüsse eingerichtet, die sich

nach verschiedenen Aufgabenbereichen gliedern, z. B. Unterausschuss Arzneimittel, Unterausschuss Qualitätssicherung, Unterausschuss Psychotherapie usw. In diesen ist immer die Parität zwischen Kassenvertretern auf der einen und den Leistungserbringern (KBV, KZBV, DKG) auf der anderen Seite gegeben. Den Vorsitz hat jeweils eines der unparteiischen Mitglieder. Außerdem nehmen an den Sitzungen Patientenvertreter teil. Die ausschließlich sektorübergreifend angelegten Unterausschüsse des G-BA betreuen die verschiedenen, für unterschiedliche Sektoren geltenden Richtlinien. Das Beratungsergebnis des jeweiligen Unterausschusses führt zu einer Vorlage für das Plenum, über die dort abschließend beraten und beschlossen wird. Beschlüsse des Plenums erfolgen in Form von Richtlinien. Der G-BA legt seine Beschlüsse dem BMG vor. Dieses hat eine 8-wöchige Einspruchsfrist. Bei Nichtbeanstandung eines Beschlusses durch das BMG wird dieser unmittelbar im Bundesanzeiger veröffentlicht und damit rechtsgültig (§ 94 SGB V).

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) Unterstützt wird der Gemeinsame Bundesausschuss vom unabhängigen, wissenschaftlichen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Das Institut erarbeitet

09

Selbstverwaltungsorgane

Abb. 20.10 Zusammenschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2014).

Gesetzgeber

Bundesministerium für Gesundheit

20

Einsetzung und Beauftragung über das SGB V

Rechtsaufsicht

Richtlinien (zur Prüfung)

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) nach § 91 SGB V

3 unparteiische Mitglieder (davon 1 Vorsitzender)

5 Vertreter der GKV: GKV-Spitzenverband

Plenum

5 Vertreter der Leistungserbringer: DKG, KBV, KZBV

Max. bis zu 5 Patientenvertreter (Mitberatungs-/Antragsrecht, kein Stimmrecht)

Entscheidungsvorbereitung 9 Unterausschüsse

Gutachten in Form von Berichten über den Nutzen medizinischer Maßnahmen, z. B. die Wirkung eines Medikaments zur Linderung der Symptome bei Multipler Sklerose im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie. Auf Grundlage dieser Gutachten entscheidet der G-BA über die Auswirkungen für die gesetzlich Krankenversicherten. Neben dem GBA kann das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Gutachten in Auftrag geben. Darüber hinaus kann das IQWiG auch eigenständig Themen auswählen und wissenschaftlich bearbeiten. Die gesetzliche Basis für das Institut findet sich im § 139a SGB V. Dem IQWiG obliegen im Einzelnen:

310

● ●

● ●

die Bewertung von Behandlungsleitlinien, die Abgabe von Empfehlungen zu strukturierten Behandlungsprogrammen (DMP), die Nutzenbewertung von Arzneimitteln sowie die Herausgabe von Patienteninformationen.

Finanzierung des Gemeinsamen Bundesausschusses Der Gemeinsame Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit werden durch Systemzuschläge im ambulanten und stationären Sektor getragen (§ 91 Abs. 3 SGB V bzw.

20.5 Fragen und Aufgaben § 137a Abs. 8 SGB V i. V. m. § 139c SGB V). Für den Bereich des stationären Sektors wird beispielsweise für jeden abgerechneten voll- und teilstationären Krankenhausfall vom Krankenhaus ein Systemzuschlag zusätzlich in Rechnung gestellt. Dieser Zuschlag (Zuschlag GemBA) muss vom Krankenhaus gesondert in der Rechnung ausgewiesen werden.

20.4.2 InEK GmbH (DRG-Institut) Am 10.05.2001 wurde das InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) durch die Spitzenverbände der Krankenkassen, den Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH gegründet. Seit Juni 2007 firmierte das Institut unter InEK GmbH. Das Institut unterstützt die Selbstverwaltungspartner und die von ihnen gebildeten Gremien bei der gesetzlichen vorgeschriebenen Einführung, kontinuierlichen Weiterentwicklung und Pflege des DRG-Systems auf der Grundlage des § 17b KHG. Im Arbeitsfeld Medizin erstreckt sich der Aufgabenbereich des InEK beispielsweise auf die Definition der DRG-Fallgruppen, die Pflege des Schweregrad-Systems und der Kodierrichtlinien sowie auf Vorschläge für die ICD-/OPS-Anpassungen, im Bereich Ökonomie auf die Kalkulation der Relativgewichte bzw. Zu- und Abschläge.

20.5 Fragen und Aufgaben 1. Mehr als 15 000 ehrenamtliche Vertreter von Arbeitgebern und Versicherten kümmern sich in der Sozialversicherung um Anliegen von Patienten, Rentnern, Arbeitslosen und Beitragszahlern. Diese Mitwirkung nennt man Selbstverwaltung. a) Was versteht man unter „Selbstverwaltung“? b) Welche Organe gibt es in der Selbstverwaltung der Versicherungsträger? c) Wie werden die Organmitglieder gewählt? d) Welche Funktionen übernehmen die Organe für die Versicherten und Versicherungsträger? Nennen Sie jeweils 3 Aufgaben. e) Erörtern Sie die unterschiedliche Zusammensetzung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung. f) Erklären Sie die Unterschiede zwischen Sozialwahl und politischer Wahl.

2. Nennen Sie mindestens 3 Kassenarten in der gesetzlichen Krankenversicherung. 3. Wie ist die Organisation der Selbstverwaltung der Krankenkassen geregelt? 4. In einem Artikel der „Ärzte Zeitung“ heißt es: „Bekommt die Selbstverwaltung der Ärzte eine zweite Chance? Reformpläne sollen modifiziert werden – Vertragsmonopol bleibt bei KVen“ a) Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist eine Einrichtung der ärztlichen Selbstverwaltung. Welche Aufgaben übernimmt die KV gegenüber ihren Mitgliedern? Führen Sie aus. b) Kraft Gesetz (§ 77 SGB V) sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) als „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ errichtet. Welche Rechtsfolgen zieht das nach sich? Geben Sie 2 Beispiele. 5. Nach § 77 Abs. 4 SGB V bilden die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) der Länder auf Bundesebene die KBV. a) Was bedeutet die Abkürzung KBV? b) Welcher organisatorische Zusammenhang besteht zwischen den KVen und der KBV? c) Nennen Sie mindestens 4 gesetzliche Verpflichtungen der KBV. 6. Stellen Sie in einem Schaubild die Rechtsbeziehung zwischen den an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten dar und erläutern Sie diese. 7. Was ist wesentlicher Bestandteil der Gesamtverträge? 8. Im Gegensatz zu den Kassenärztlichen Vereinigungen, die nur die Vertragsärzte in vertragsärztlichen Fragen vertreten, ist die Ärztekammer die Interessenvertretung aller Ärzte. a) Welche Ärzte sind Mitglied einer Ärztekammer? b) Nennen Sie 4 Aufgaben, die die Ärztekammern nach dem Heilberufsgesetz und dem Berufsbildungsgesetz zu erfüllen haben. c) Welche Rechtsform haben die Landesärztekammer und die Bundesärztekammer? 9. Was ist der Gemeinsame Bundesausschuss und welche Funktion hat er im deutschen Gesundheitswesen? 10. Wie setzt sich der Gemeinsame Bundesausschuss zusammen (Sitzverteilung)? 11. Wie werden der Gemeinsame Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit finanziert?

20

11

Selbstverwaltungsorgane 12. Kreuzen Sie die richtigen Aussagen an. Bei Einführung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode werden die Kosten von den Krankenkassen in der Regel erst dann übernommen, wenn a) eine entsprechende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses verabschiedet wurde. b) der Medizinische Dienst der Krankenkasse eine diesbezügliche Empfehlung ausgesprochen hat.

20

312

c) der Stand der Wissenschaft in Form einer Leitlinie gesichert ist. d) der Versicherte einen begründeten Antrag gestellt hat. e) ein einschlägiges Urteil des Bundessozialgerichts vorliegt.

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Kapitel 21

21.1

Bevölkerungspyramide

314

Altersstruktur der Bevölkerung

21.2

Multimorbidität

314

21.3

Fragen und Aufgaben

315

Altersstruktur der Bevölkerung

21 Altersstruktur der Bevölkerung 21.1 Bevölkerungspyramide Immer mehr Menschen erreichen ein höheres Lebensalter, sind aber im Alter häufiger krank und oft auch dauerhaft behandlungs- oder pflegebedürftig. Heute liegt die Lebenserwartung der Frauen bei rund 82,8 Jahren; bei Männern etwa bei 77,7. Bis zum Jahr 2060 wird sie sich voraussichtlich auf knapp 89 Jahre (Frauen) beziehungsweise 85 Jahre (Männer) erhöhen. Maßgeblich zur Verbesserung der Lebenserwartung tragen die Fortschritte in der medizinischen Versorgung, der Hygiene, der Ernährung, der Wohnsituation sowie die verbesserten Arbeitsbedingungen und der gestiegene materielle Wohlstand bei. Die steigende Lebenserwartung wirkt sich auf die Altersstruktur der Bevölkerung aus. Immer mehr ältere stehen immer weniger jüngeren Menschen gegenüber. Bis zum Jahr 2060 wird der An-

21

teil der unter 20-Jährigen an der Gesamtbevölkerung schrumpfen, hingegen steigt der Anteil der über 65-jährigen Menschen weiter. Während gegenwärtig jeder Fünfte zu dieser Altersgruppe zählt, wird es 2060 jeder Dritte sein. Der Anteil der Generation 80 + wird 2060 mehr als doppelt so hoch sein wie heute und könnte bei ca. 12 % liegen. Die Bevölkerungspyramide, die vor dem Ersten Weltkrieg noch die klassische Form eines Dreiecks mit der Spitze nach oben hatte, wird nahezu auf dem Kopf gestellt (▶ Abb. 21.1).

21.2 Multimorbidität Hinzu kommt, dass mit zunehmender Lebenserwartung gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit ansteigt, an mehreren Erkrankungen und Behinderungen zu leiden (Multimorbidität). Meist sind

Variante 1: Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung Variante 2: Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung

am 31.12.2013 Alter (Jahre) 100 Männer

am 31.12.2013 und am 31.12.2060 Alter (Jahre) 100 Männer Frauen

Frauen 90

90

80

80

70

70

60

60

50

50

40

31.12.2013

30

30

20

20

10

10

0 1000 750 500 250 Tausend Personen

0

0 0

250 500 750 1000 Tausend Personen

1000 750 500 250 Tausend Personen

Abb. 21.1 Bevölkerungspyramide. (Statistisches Bundesamt, 2015)

314

31.12.2013

40

0

0

250 500 750 1000 Tausend Personen

21.3 Fragen und Aufgaben diese Krankheiten chronisch und beeinflussen sich wechselseitig. Dies betrifft insbesondere: ● Krankheiten des Herz- und Kreislaufsystems, ● Krankheiten des Stütz- und Bewegungssystems, ● Krankheiten des zentralen Nervensystems, ● Zahnfleisch- und Zahnbetterkrankungen. Ein zusätzlicher Versorgungsbedarf zeichnet sich ebenfalls bei den Volkskrankheiten Diabetes, Asthma, Rheuma sowie Krebs ab. Aber auch solche Erkrankungen, die sich in der Regel erst im fortgeschrittenen Alter zeigen, wie Parkinson oder Demenz, nehmen zu. Diese Tendenz wird sich auf die Frequentierung von Gesundheitsleistungen auswirken sowie auf das System der sozialen Sicherung Einfluss nehmen, v. a. auf seine Finanzierung.

21.3 Fragen und Aufgaben 1. Das Schaubild (▶ Abb. 21.2) stellt die Bevölkerung nach Altersgruppen im Jahr 2060 dem Ausgangsjahr 2013 gegenüber. Interpretieren Sie die Zahlen und diskutieren Sie die Auswirkungen auf die Frequentierung von Gesundheitsleistungen sowie auf das System der sozialen Sicherung. 2. Aus Quellen des Statistischen Bundesamtes liegt Ihnen folgende Auswertung zur Entwicklung der Bevölkerungsstruktur vor (▶ Abb. 21.3). Interpretieren Sie die Grafik.

Bevölkerung nach Altersgruppen 20 bis 64

0 bis 19

65 bis 79

2013 5% 5%

80 und älter 20601

13%

18%

21

Abb. 21.2 Bevölkerung nach Altersgruppen. 113. koordinierte Bevölkerungsberechnung. (Egeler, 2015)

16%

15%

80,8 Mill.

20%

67,6 Mill.

51% 61% 1Variante 1: Kontinuität bei schwächerer

Zuwanderung

15

Altersstruktur der Bevölkerung

Altersaufbau: 2016 Deutschland

Altersaufbau: 2060 Deutschland

100

100

90

90

80

80

70

70

60

60

1925 1935 1945

21

1955 1965 50

50

Männer

Frauen

Männer 1975

Frauen

40

40

30

30

20

20

10

10

1985 1995 2005 2015 600

300 Tausend

0

300 600 Tausend

600

300 Tausend

0

Abb. 21.3 Altersaufbau in Deutschland 2016 und 2060. (Statistisches Bundesamt, 2015)

316

300 Tausend

600

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Kapitel 22 Wachsende Eigenverantwortung/ Eigenleistung der Versicherten

22.1 22.2 22.3

Eigenverantwortlichkeit im Sozialrecht

318

Eigenverantwortlichkeit in der Gesellschaft

318

Fragen und Aufgaben

319

Wachsende Eigenverantwortung/Eigenleistung der Versicherten

22 Wachsende Eigenverantwortung/Eigenleistung der Versicherten 22.1 Eigenverantwortlichkeit im Sozialrecht Durch den demografischen Wandel wird dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit im Sozialrecht eine besondere Rolle zuteil. Er wurde bereits u. a. in § 1 SGB V „Solidarität und Eigenverantwortung“ verankert:

22

Definition

L

§ 1 SGB V „Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch: ● eine gesundheitsbewusste Lebensführung, ● durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie ● aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.“

22.2 Eigenverantwortlichkeit in der Gesellschaft Vor 20 Jahren nahmen Gesundheitsförderung und Prävention noch keinen so hohen Stellenwert ein wie heute. Zwischenzeitlich befürworten mehr als 80 Prozent der deutschen Versicherten tief greifende Gesundheitsreformen und sind bereit, mehr Eigenverantwortung zu tragen und eine höhere Selbstbeteiligung in Kauf zu nehmen. Die Forderung nach mehr Eigenverantwortung geht aber weit über finanzielle Aspekte (Eigenbe-

318

teiligungen, Selbstbehalte) hinaus. Wichtiger ist, dass immer mehr Menschen bereit sind, das individuelle Verhalten und die Lebensbedingungen so zu gestalten, dass die Gesundheit erhalten und Krankheit sowie Behinderung weitgehend vermieden werden. Vor allem, da sich eine große Zahl von Krankheiten auf gesundheitsschädliches Verhalten (Rauchen, Bewegungsmangel, falsche Ernährung) zurückführen lässt. Bereits im Kindesund Jugendalter muss der Grundstein für eine gesundheitsbewusste Einstellung gelegt werden. Dies nicht zuletzt, weil bereits hier die hauptsächlichen Ursachen für eine Reihe von Erkrankungen liegen, die das Krankheitsspektrum im Erwachsenenalter prägen. Deshalb ist die Gesundheitsförderung und Prävention vor allem für Kinder und Jugendliche ein Anliegen des neuen Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG). In der Gesetzesbegründung heißt es, je früher im Leben mit der Gesundheitsförderung und Prävention begonnen werde, desto eher könnten auf Risikofaktoren wie mangelnde Bewegung, unausgewogene Ernährung, Übergewicht, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und chronische Stressbelastungen eingewirkt werden. Damit werde die Wahrscheinlichkeit des Auftretens vieler chronischer und psychischer Krankheiten gesenkt. Besonders wichtig sei es, Familien in ihrer Gesundheitskompetenz zu stärken und ein gesundes Aufwachsen der Kinder zu fördern. ▶ Präventionsgesetz. Das Präventionsgesetz trat in seinen wesentlichen Teilen 2015 in Kraft. Nachfolgend sind ausgewählte Details des Präventionsgesetzes zusammengefasst. Ein Kernpunkt des Artikelgesetzes ist die Förderung des Impfwesens durch eine Reihe gesetzlicher Maßnahmen. Zukünftig soll bei allen Routine-Gesundheitsuntersuchungen der Impfschutz überprüft werden: bei Kindern, Jugendlichen und bei Erwachsenen (§§ 25, 26 SGB V). Bei Erstaufnahme eines Kindes in eine Kindertageseinrichtung muss der Nachweis einer vorherigen ärztlichen Impfberatung vorgelegt werden (§ 34 Abs. 10a IfSG), um einen höheren Anteil von Schutzimpfungen bei Kindergartenkinder und Kinder unter drei Jahren zu erzielen.

22.3 Fragen und Aufgaben Des Weiteren sieht das Gesetz vor, die Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten weiterzuentwickeln zu einer primär präventionsorientierten Gesundheitsuntersuchung. Zusätzlich zur Krankheitsfrüherkennung sollen Ärzte auch individuelle gesundheitliche Belastungen und Risikofaktoren abfragen und ihren Patienten „Präventionsempfehlungen“ etwa für konkrete Vorsorgekurse geben (§§ 25, 26 SGB V). Eine neu einzurichtende „Nationale Präventionskonferenz“ soll Strategien und bundeseinheitliche Rahmenempfehlungen zur Gesundheitsförderung und Prävention vereinbaren, an denen sich die Akteure orientieren können. Im Grundsatz handelt es sich um eine Arbeitsgemeinschaft der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, der Unfallkassen und der Rentenversicherung sowie der Länder und Kommunen. Beteiligt ist zudem die Arbeitsgemeinschaft der gesetzlichen Spitzenorganisationen der Leistungsträger. Freiwillig teilnehmen kann auch der Verband der privaten Kranken- und Pflegeversicherungen. Die Geschäftsstelle wird bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) angesiedelt. Die nationale Präventionskonferenz wird durch ein Präventionsforum beraten, das in der Regel einmal jährlich stattfindet. Die Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) wird beauftragt, dieses Forum auszurichten. Teilnehmen sollen Vertreter der für die Gesundheitsförderung und Prävention maßgeblichen Organisationen (§ 20e SGB V). Bonusleistungen, die Krankenkassen ihren Mitgliedern bisher freiwillig für gesundheitsbewusstes Verhalten gewährten, sind künftig als „Soll-Regelung“ in die Satzung aufzunehmen. Das gilt auch für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Präventionsangebote, für die es einen Bonus gibt, müssen bestimmten Qualitätskriterien entsprechen. Die Kriterien für die Leistungsabgabe sind vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen. Das Bonus-Spektrum wird ebenfalls erweitert. Zum Beispiel können Kassen auch Schutzimpfungen und deren Auffrischung belohnen (§ 65a SGB V i. V. m. § 20 – 20c SGB V). Betriebe eignen sich besonders zur Bewusstseinsbildung und Wissensvermittlung in Gesundheitsfragen. Themen wie „Gesundheit am Arbeitsplatz“ gewinnen im gesamten Wirtschaftsleben an Bedeutung. Das Präventionsgesetz baut daher die betriebliche Gesundheitsförderung aus, vorwiegend in kleinen und mittelständischen Unterneh-

men. Ihnen sollen Organisation und Durchführung von Präventionsmaßnahmen erleichtert werden, indem die Krankenkassen in regionalen Koordinierungsstellen Beratung und Unterstützung anbieten und mit IHKs, Innungen sowie Handwerkskammern zusammenarbeiten. Betriebliche Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz werden enger miteinander verknüpft. Mehr als bisher sollen Betriebsärzte und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit bei der Erhebung der gesundheitlichen Situation im Betrieb sowie den Vorschlägen zu ihrer Verbesserung beteiligt werden (§ 20b SGB V). Betriebsärzte sollen allgemeine Schutzimpfungen vornehmen können. Für die Gesundheitsförderung und Prävention sollen die Krankenkassen jedes Jahr 7 € je Versicherten aufwenden. Von diesem Betrag müssen mindestens 2 € je Versicherten in die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) investiert werden (§ 20 Abs. 6 SGB V). Erstmals erhält die Soziale Pflegeversicherung einen spezifischen Präventionsauftrag in der stationären Pflege. Dafür stehen 0,30 Euro je Versicherten zur Verfügung (§ 5 SGB XI). Alle Maßnahmen des Präventionsgesetzes (PrävG) bemühen sich, die Eigenverantwortung zu stärken sowie die individuelle Gesundheitskompetenz der Versicherten zu steigern. Prävention und Gesundheitsförderung sollen in allen Lebenswelten greifen, um so zu mehr Gesundheit beizutragen.

22

22.3 Fragen und Aufgaben 1. Welche Bedeutung kommt der Eigenverantwortung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung zu? 2. Wie können Sie selbst mehr „Eigenverantwortung“ für Ihre Gesundheit übernehmen? 3. Nehmen Sie zur folgenden Aussage Stellung: „Die Forderung nach mehr Eigenverantwortung ist doch nur eine schöne Umschreibung für Sozialabbau und Entsolidarisierung.“ 4. Welche Ansätze verfolgt das Präventionsgesetz (PrävG)?

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Kapitel 23

23.1

Was ist das Sozialbudget?

321

Sozialbudget und Sozialleistungsquote

23.2

Was versteht man unter Sozialleistungsquote

322

Fragen und Aufgaben

322

23.3

23.1 Was ist das Sozialbudget?

23 Sozialbudget und Sozialleistungsquote 23.1 Was ist das Sozialbudget? Ein wichtiger Anhaltspunkt für den finanziellen Umfang des Sozialstaats ist das Sozialbudget. Es handelt sich um einen von der Bundesregierung vorgelegten Bericht, der in einem bestimmten Zeitraum die in der Bundesrepublik Deutschland gewährten Sozialleistungen sowie ihre Finanzierung aufzeigt. Dabei ist gleichgültig, ob dies in den Aufgabenbereich von Bund, Ländern oder Gemeinden fällt und woher das Geld kommt (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Steuern, Beiträge usw.). In der Regel fließen Daten des Statistischen Bundesamts, der Statistischen Landesämter sowie verschiedener anderer Statistikproduzenten ein. Der gegenwärtig aktuelle Bericht stammt vom Juni 2016. Im Sozialbudget werden die sozialen Leistungen und die zugehörigen Finanzierungsströme nach verschiedenen Merkmalen klassifiziert. Vorgenommen wird eine Gliederung nach Funktionen sowie nach Institutionen. Die Gliederung nach In-

stitutionen knüpft unmittelbar an die bestehende Ordnung der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland an. Dazu gehören die Leistungen der 5 Sozialversicherungsträger (also Renten-, Kranken-, Unfall-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung), Kindergeld, Lohnfortzahlung der Arbeitgeber im Krankheitsfall, u. a.m. Für das Jahr 2015 betrug das Sozialbudget 888 243 Millionen Euro. Das sind 38,5 Mrd. Euro bzw. 4,5 Prozent mehr als 2014. Auffallend ist die Dominanz der Sozialversicherungssysteme. Auf die fünf Zweige der Sozialversicherung entfallen 2015 fast zwei Drittel (61,0 %) des gesamten Leistungsvolumens. Größter Posten war die Rentenversicherung, die insgesamt 282,5 Mrd. Euro auszahlte. Die nächstgrößeren Summen finden sich bei der Krankenversicherung (211,9 Mrd. Euro), der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (45 Mrd.) sowie beim Kindergeld mit ca. 43 Mrd. Euro und dem Arbeitslosengeld II mit knapp 42 Mrd. Euro. ▶ Tab. 23.1 gibt einen Überblick über die Verteilung der sozialen Leistungen auf die wichtigsten Bereiche.

23

Tab. 23.1 Sozialbudget, Leistungen nach Institutionen und Funktionen (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Stand: Juni 2016). Einheit

2014p1

2015s1

Sozialleistungen insgesamt2

Mill. EUR

849 792

888 243

Sozialleistungsquote3

v. H.

29,1

29,4

Rentenversicherung

Mill. EUR

270 828

282 481

Krankenversicherung

Mill. EUR

204 119

211 862

Pflegeversicherung

Mill. EUR

25 397

28 927

Unfallversicherung

Mill. EUR

12 608

12 525

Arbeitslosenversicherung

Mill. EUR

28 179

27 378

Sondersysteme

Mill. EUR

31 181

31 674

Systeme des öffentlichen Dienstes

Mill. EUR

68 245

71 011

Arbeitgebersysteme (davon Entgeltfortzahlung)

Mill. EUR

80 764 (41 272)

84 893 (44 955)

Entschädigungssysteme

Mill. EUR

2560

2617

Kindergeld und Familienleistungsausgleich

Mill. EUR

42 097

43 096

Erziehungsgeld/Elterngeld

Mill. EUR

6 209

6 807

Grundsicherung für Arbeitsuchende

Mill. EUR

41 701

42 162

Arbeitslosenhilfe/sonst. Arbeitsförderung

Mill. EUR

689

758

Ausbildungs- und Aufstiegsförderung

Mill. EUR

2456

2369

Sozialhilfe

Mill. EUR

32 283

37 820

Gegenstand der Nachweisung Sozialbudget

Leistungen nach Institutionen

21

Sozialbudget und Sozialleistungsquote Tab. 23.1 Fortsetzung Gegenstand der Nachweisung

Einheit

2014p1

2015s1

Kinder- und Jugendhilfe

Mill. EUR

33 655

36 239

Wohngeld

Mill. EUR

915

737

Krankheit und Invalidität

Mill. EUR

348 062

365 091

Alter und Hinterbliebene

Mill. EUR

318 589

331 154

Kinder, Ehegatten und Mutterschaft

Mill. EUR

91 652

96 058

Arbeitslosigkeit

Mill. EUR

31 758

31 041

Wohnen, allgem. Lebenshilfen

Mill. EUR Mill. EUR

16 789 5 832

16 931 9 767

Leistungen nach Funktionen

23

1

p: vorläufig, s: geschätzt Institutionen ohne Verrechnungen. Sozialbudget insg. und Sozialversicherungssysteme konsolidiert um Beiträge des Staates. 3 Sozialleistungen insgesamt im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. 2

Alternativ werden die im Sozialbudget erfassten Leistungen auch danach unterschieden, welchem Sicherungszweck sie dienen. Diese Gliederung nach Funktionen veranschaulicht somit, welches Finanzvolumen für bestimmte Lebensrisiken bzw. -situationen bereitgestellt wird. Der Anteil der Funktionen Krankheit und Invalidität an den Sozialleistungen hat 2015 das größte Gewicht. Für Krankheit und Invalidität wurden 2015 rund 365 091 Millionen Euro der sozialen Leistungen aufgewendet; 2014 waren es lediglich 348 062 Millionen Euro. Der Anteil der Ausgaben für Alter und Hinterbliebene am Sozialbudget stieg 2015 von 318 589 Millionen Euro (2014) auf 331 154 Millionen Euro.

23.2 Was versteht man unter Sozialleistungsquote Summen in dieser Höhe kann man in ihrer Bedeutung allerdings erst interpretieren, wenn man sie ins Verhältnis zu einer Vergleichsgröße setzt. Gut geeignet ist z. B. das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Setzt man das Sozialbudget ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) desselben Jahres, so ergibt sich daraus die Sozialleistungsquote (in Prozent): Sozialleistungsquote ¼

Sozialbudget BIP

Die so ermittelte Sozialleistungsquote betrug 2015 bundesdurchschnittlich knapp 29,4 % (▶ Abb. 23.1). Anhand der Sozialleistungsquote lässt sich feststellen, welche Bedeutung soziale

322

Leistungen im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Leistung eines Staates haben. Vergleicht man die Sozialleistungsquote im zeitlichen Verlauf, lässt sich seit Anfang der 90er Jahre (1991: 25,0 %) ein stetiger Anstieg auf bis zu 29,8 % im Jahr 2003 erkennen. Die sozialen Folgekosten der deutschen Wiedervereinigung und auch die zunehmende Arbeitslosigkeit kommen darin zum Ausdruck. Über 5 Jahre ging die Sozialleistungsquote dann kontinuierlich zurück und stieg in dem wirtschaftlich schwierigen Jahr 2009 sprunghaft auf 30,5 % an. Das besagt, dass mehr als jeder 3. erwirtschaftete Euro für soziale Leistungen aufgewendet wurde. Der Anstieg ist überwiegend Folge des rückläufigen Wirtschaftswachstums durch die Finanzmarktkrise in Kombination mit konjunkturbedingten Mehrausgaben für Arbeitslose und merklich steigenden Leistungsausgaben in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Dazu kommt die erstmalige Erfassung der Grundleistungen der privaten Krankenversicherung ab 2009. Angesichts dieser methodischen Änderung sind Vergleiche mit den Vorjahren nur begrenzt möglich. Nach einer Prognose wird im Jahr 2017 die Sozialleistungsquote in Deutschland ungefähr 29,6 % betragen.

23.3 Fragen und Aufgaben 1. Welche Angaben und welche Untergliederungen enthält das Sozialbudget? 2. Wie ist die „Sozialleistungsquote“ definiert und was sagt sie aus?

23.3 Fragen und Aufgaben

Sozialbudget insgesamt in Deutschland 2015 900.000

Sozialbudget insgesamt (Millionen Euro)

800.000 700.000 600.000 500.000 400.000

23

300.000 200.000 100.000 0 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 4p 5s 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 201 201

Abb. 23.1 Sozialleistungsquote in Deutschland 1991 – 2015. (Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS], 2016. p: vorläufig, s: geschätzt)

23

Teil VII Geschäftsprozesse erfolgsorientiert steuern

24 Grundzüge des Qualitätsmanagements

327

25 Benchmarking

345

26 Sozialgesetzbuch

350

VII

Foto: Robert Kneschke, Fotolia.com

Kapitel 24

24.1

Begriff und Dimensionen der Qualität

327

Grundzüge des Qualitätsmanagements

24.2

Gesetzliche Regelungen zur Qualitätssicherung

328

Total Quality Management (TQM)

330

24.4

Zertifizierung

331

24.5

Fragen und Aufgaben

343

24.3

24.1 Begriff und Dimensionen der Qualität

24 Grundzüge des Qualitätsmanagements 24.1 Begriff und Dimensionen der Qualität „Qualität“, „Qualitätssicherung“ und „Qualitätsmanagement“ sind Begriffe, die in den vergangenen Jahren im Gesundheitswesen enorm an Bedeutung gewonnen haben.

Definition

L

Der Begriff „Qualität“ stammt aus dem lateinischen („qualis“ = wie beschaffen) und sagt etwas über die „Güte“, die „Beschaffenheit“ oder den „Wert“ eines Objektes aus.

Schon 1966 hat Avedis Donabedian den Begriff der Qualität in 3 Dimensionen unterteilt: ● Strukturqualität, ● Prozessqualität, ● Ergebnisqualität. Diese Begriffe finden sich an unterschiedlicher Stelle des SGB V wieder. ▶ Strukturqualität. Die Strukturqualität bezieht sich auf die Rahmenbedingungen, die für die Erbringung einer hohen Leistungsqualität erforderlich sind. Hierunter ist insbesondere die organisatorische, personelle und sachliche Ausstattung der Einrichtung zu subsumieren. Strukturqualität wird unter anderem geprägt durch: ● die Personalausstattung, z. B. welche Ausbildung, welche Erfahrungen notwendig sind, damit ein Arzt bestimmte Therapie- oder Diagnosemaßnahmen durchführen darf, ● die Personalqualifikation, d. h. die Kompetenz, die berufliche Fort- und Weiterbildung und die Motivation aller Mitarbeiter (z. B. Teilnahme an Qualitätszirkeln/Weiterbildungsveranstaltungen), ● die Infrastruktur, z. B. die Räumlichkeiten und die technische Ausstattung sowie deren Inspektion und Wartung, ● die Organisationsstrukturen (Ablauforganisation), ● die finanziellen Mittel.

Die Strukturqualität kann durch Zeugnisse und Bescheinigungen nachgewiesen werden. Dabei wird unterstellt, dass die vorhandenen Strukturen Einfluss auf die Behandlungs- und Betreuungsprozesse und -ergebnisse haben. Mängel in der Strukturqualität können in einer personellen Minderbesetzung bestehen oder auf organisatorischen Defiziten beruhen, beispielsweise wenn ein Patient zu einer Röntgenuntersuchung einbestellt wird für eine Zeit, in der noch keine Behandlung stattfindet. ▶ Prozessqualität. Die Prozessqualität bezieht sich auf die Leistungserbringung und untersucht die dabei eingesetzten Verfahren, Methoden und Techniken. Bei der Prozessqualität stellt sich die Frage nach dem Wie der Behandlung. Das Augenmerk liegt auf den Abläufen: Wie ist die Terminvergabe organisiert? Werden die Untersuchungsgeräte den Vorgaben entsprechend gereinigt und sterilisiert? Werden diagnostische und therapeutische Maßnahmen sinnvoll eingesetzt? Die Prozessqualität ist vergleichbar durch Prüfgrößen und Standards oder durch den Vergleich mit (Durchschnitts-)Normen. Prozessmängel zeigen sich immer dann, wenn es zu Unterbrechungen im Ablauf kommt, z. B. durch Wartezeiten für Patienten vor der Operation. Heute werden zur Sicherung der Prozessqualität oft sogenannte Clinical Pathways eingesetzt.

24

▶ Ergebnisqualität. Die Ergebnisqualität kann sowohl anhand objektiver Veränderungen (z. B. Veränderung des Gesundheitsstatus und der Lebensqualität der Patienten) als auch anhand subjektiver Kriterien (z. B. Patientenzufriedenheit) gemessen werden. Allerdings ist die Ergebnisqualität die am schwierigsten zu messende Qualitätsdimension. Zu unterschiedlich sind die Krankheitsverläufe, die persönlichen Situationen, Erwartungen und Hoffnungen der Patienten. Sehr häufig sind die angestrebten Ziele Heilung, Linderung etc. nicht oder nur teilweise erreichbar. Dennoch gibt es geeignete Parameter, um die Ergebnisqualität messbar zu machen, z. B.: ● postoperative Komplikationen, ● Wundinfektionen, ● Wiederaufnahme des Patienten wegen derselben Erkrankung.

27

Grundzüge des Qualitätsmanagements

Abb. 24.1 Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.

Strukturqualität

Prozessqualität

Ergebnisqualität

Tab. 24.1 Qualitätsdimensionen aus Patienten- und Krankenhausperspektive (Breinlinger-O’Reilly, 1997). Patientenperspektive (Beispiele) ● ● ● ● ●

24

● ●

Qualitätsdimension

Krankenhausperspektive (Beispiele)

Image des Krankenhauses Parkmöglichkeiten Ausstattung der Patientenzimmer technisches Angebot (TV usw.) Besuchszeiten

Strukturqualität



aufmerksame Betreuung keine unangenehmen Wartezeiten

ist Grundlage für Prozessqualität

● ● ●







Wiederherstellung des subjektiven Gesundheitsempfindens

ist Grundlage für Ergebnisqualität

● ● ● ● ●

Zusammenfassend verdeutlicht das Denkmodell von Donabedian, dass die vorhandenen Strukturen und Ressourcen die Prozesse beeinflussen, die wiederum die gemessene Ergebnisqualität mitbestimmen (▶ Abb. 24.1). Qualitätsmanagement hat daher die Aufgabe, die einzelnen Einflussfaktoren so zu kombinieren, dass der Patient optimal profitiert. Im Krankenhaus lassen sich die Qualitätsdimensionen wie in ▶ Tab. 24.1 darstellen.

24.2 Gesetzliche Regelungen zur Qualitätssicherung Definition

L

Unter Qualitätssicherung versteht man die Gesamtheit der Maßnahmen (organisatorische, technische und motivierende), um die Qualität der Versorgung der Patienten zu sichern, zu verbessern und das medizinische/pflegerische/organisatorische Wissen weiterzuentwickeln. Dies muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten und Risiken stehen.

328

stimmiges Organisationskonzept patientenorientiertes Angebot qualifiziertes Personal hoher technischer Standard Einhaltung der vorgesehenen Verweildauer geringe Reibungsverluste in der Arbeit zwischen den Abteilungen und Berufsgruppen hohe Patientenzufriedenheit Gewinn bzw. kein Verlust Wirtschaftlichkeit geringe Infektionsraten hoher Hygienestandard

Aus ärztlich-ethischer Verantwortung heraus ist Qualitätssicherung ein grundlegender Bestandteil der ärztlichen Berufsausbildung und Berufsausübung. Gesetzliche Grundlage für die Qualitätssicherung bildet das Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – mit seinen einschlägigen Paragrafen (§ 135 bis § 139d SGB V). Ergänzend dazu sind weitere Gesetze bzw. Verordnungen zu beachten wie die Röntgenverordnung (RöV) oder das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Einen Einblick in die gesetzlichen Regelungen zur Qualitätssicherung gibt ▶ Abb. 24.2. Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, zugelassene Krankenhäuser sowie Erbringer von Vorsorgeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen sind verpflichtet, an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung (externe Qualitätssicherung) teilzunehmen, und müssen einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einführen und weiterentwickeln. In Krankenhäusern gehört auch die Verpflichtung zur Durchführung eines patientenorientierten Beschwerdemanagements dazu (§ 135a SGB V; Verpflichtung der Leistungserbringer zur Qualitätssicherung).

24.2 Gesetzliche Regelungen zur Qualitätssicherung

Gesetzliche Regelungen zur Qualitätssicherung

Qualitätssicherung im Sozialrecht • Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 SGB V) • Pflicht zur fachlichen Fortbildung (§ 95d SGB V) • zweiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen über Krankenhausbehandlung (§ 112 SGB V) • Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung der Krankenhausbehandlung (§ 113 SGB V) • ambulantes Operieren im Krankenhaus (§ 115b SGB V) • Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 135 SGB V) • Verpflichtung der Leistungserbringer zur Qualitätssicherung (§ 135a SGB V) • Förderung der Qualität durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (§ 135b SGB V) • Förderung der Qualität durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (§ 135c SGB V)

Qualitätssicherung im Berufsrecht

Qualitätssicherung in anderen gesetzlichen Regelungen

• Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung (§136 SGB V)

• Heilberufe-Kammergesetz

• Röntgenverordnung (RöV)

• Berufsordnung der Landesärztekammern

• Infektionsschutzgesetz (IfSG)

• Durchsetzung und Kontrolle der Qualitätsanforderungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (§137 SGB V)

• Weiterbildungsordnung der Landesärztekammern

• Medizinproduktegesetz (MPG)

24

• Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (§ 137a SGB V) • Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (§137c SGB V) • Qualitätssicherung bei der ambulanten und stationären Versorgung oder Rehabilitation (§137d SGB V) • Strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten (§137f SGB V) • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (§139a SGB V)

Abb. 24.2 Gesetzliche Regelungen zur Qualitätssicherung (ein Auszug).

Mit dem Krankenhausstrukturgesetz wurde die Qualitätssicherung in der stationären Versorgung durch eine Reihe von Einzelmaßnahmen gestärkt. Beispielsweise sieht § 136b SGB V einen Vergütungsausschluss bei Unterschreitung festgelegter Mindestmengen, die Vereinbarung von Qualitätsverträgen sowie die qualitätsabhängige Vergütung vor. Nach wie vor besteht die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines sogenannten strukturierten Qualitätsberichts, und zwar jedes Jahr. Inhalt, Umfang und Datenformat des struktu-

rierten Qualitätsberichtes werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgeschrieben. Der Bericht gibt Auskunft über die Leistungs- und Strukturdaten des Krankenhauses und seiner Fachabteilungen bzw. Organisationseinheiten und enthält Ergebnisse der externen stationären Qualitätssicherung. Dargestellt wird die personelle Ausstattung und die Qualifikation der Mitarbeiter, besondere apparative Ausstattung und therapeutische Möglichkeiten des Hauses, die Anzahl der Betten und Fallzahlen ebenso wie Ausstattung der Patien-

29

Grundzüge des Qualitätsmanagements tenzimmer, Erreichbarkeit oder Parkmöglichkeiten. Künftig soll der Bericht auch die Ergebnisse von Patientenbefragungen enthalten und patientenrelevante Informationen in einem speziellen Berichtsteil übersichtlich und in verständlicher Sprache zusammenfassen. Besonders patientenrelevant sind z. B. Maßnahmen zur Arzneimittelsicherheit und zur Erfüllung wesentlicher Hygienestandards sowie die Umsetzung des Risiko- und Fehlermanagements. Jedes Krankenhaus wird verpflichtet, seinen Qualitätsbericht leicht auffindbar auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Qualität soll auch in die Krankenhausplanung einfließen. Hierzu soll der G-BA Qualitätsindikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität entwickeln, die als sogenannte planungsrelevante Indikatoren Bestandteil der Krankenhauspläne der Bundesländer werden (§ 136c SGB V). Krankenhäuser, die diese Qualitätsanforderungen nicht erfüllen, dürfen in den Krankenhausplan nicht aufgenommen oder müssen aus ihm herausgenommen werden (§ 8 KHG). Dadurch droht ihnen nicht nur ein Nachteil bei der Investitionsförderung, sondern auch eine Kündigung des Versorgungsvertrages zwischen Krankenkassen und Krankenhausträger (§§ 109, 110 SGB V). Schließlich soll die Einhaltung der Qualitätsvorgaben des G-BA konsequenter durchgesetzt werden. Der G-BA wird durch klare gesetzliche Regelungen unterstützt und angewiesen, die jeweili-

24

gen Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen in Richtlinien zu konkretisieren (§ 137 SGB V).

24.3 Total Quality Management (TQM) Den umfassendsten Qualitätsmanagementansatz stellt das sogenannte Total Quality Management (TQM) dar. Die Entstehung des Total-Quality-Management (TQM)-Ansatzes lässt sich nach Japan in die 50er und 60er Jahre zurückverfolgen. Allerdings stammen die wesentlichen Grundlagen dafür von zwei Amerikanern: W. Edwards Deming und J. Juran. Bereits 1930 entwickelten beide die Theorie der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung. In Deutschland hat sich der TQM-Ansatz erst Anfang der 80er Jahre durch Masing etabliert. Die Grundpfeiler des Konzeptes lassen sich an den 3 Wortbestandteilen (konzeptionelle Merkmale) verdeutlichen (▶ Abb. 24.3): ● T für Total: d. h., alle Personen, die an der Dienstleistungserstellung teilnehmen (von den Mitarbeitern über die Lieferanten bis hin zu allen Kundengruppen), sollen in den Qualitätsmanagementprozess einbezogen werden; ● Q für Quality: Qualität ist das oberste Unternehmensziel („quality first“) und ordnet alle Aktivitäten des Dienstleistungsunternehmens den

• Einbeziehung der Kunden

• Arbeitsqualität

• Einbeziehung aller Mitarbeiter

• Unternehmensqualität

• Einbeziehung der Lieferanten

T

Q ständiger Verbesserungsprozess

• Prozessqualität ergibt

M Qualität der Produkte und Dienstleistungen • Führungsaufgabe Qualität • Führungsqualität (Vorbildfunktion) – Team- und Lernfähigkeit fördern – Beharrlichkeit zeigen

Abb. 24.3 Das TQM-Konzept. (nach Zollondz, 2014)

330

24.4 Zertifizierung



Kundenbedürfnissen unter. Nicht die Maximierung der Qualität steht im Vordergrund, sondern vielmehr ihre Optimierung aus Kundensicht. Der Qualitätsbegriff ist dabei umfassend gemeint. Qualität beschränkt sich nicht nur auf das Produkt oder die Dienstleistung, sondern beinhaltet auch die Optimierung von Prozessen, die technische Ausstattung, die Arbeitsbedingungen, die personellen Ressourcen und die Außenbeziehungen; M für Management: das M hebt die Führungsaufgabe und die Führungsqualität hervor. Das Management (auf allen Ebenen) hat einerseits die Qualität als Unternehmensziel in den Vordergrund zu stellen, übernimmt andererseits selbst eine Leit- und Vorbildfunktion. Die Mitarbeiter werden durch das Management in die qualitätsbeeinflussenden Entscheidungen und Maßnahmen integriert. Das heißt, der ständige Verbesserungsprozess wird von der Unternehmensführung eingeführt (top-down), ist aber von den Mitarbeitern umzusetzen (bottom-up).

24.4 Zertifizierung Seit Jahren wird im Gesundheitswesen daran gearbeitet, Qualität vergleichbar zu machen. Hierzu sollen Zertifikate beitragen. Zertifikate bestätigen einem Unternehmen oder einer Einrichtung die Einhaltung bestimmter vorgegebener Standards. Durch die Teilnahme an Zertifizierungsverfahren erhoffen sich Unternehmen vor allem positive

Effekte; allerdings können sich auch nachteilige Wirkungen ergeben. In der folgenden ▶ Tab. 24.2 sind die Vor- und Nachteile gegenübergestellt.

24.4.1 KTQ – Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen Entstehung Auf eine Initiative der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen entstand das Verfahren für „Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen“ (KTQ, vormals: „im Krankenhaus“). Die Abkürzung KTQ wird sowohl für die KTQ-GmbH selbst als auch für das von ihr vertretene KTQ-Verfahren verwandt. Bei der Entwicklung des Zertifizierungsverfahrens dienten international bewährte Verfahren als Vorbilder, vor allem das amerikanische Modell der „Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations“) (JCAHO). Im Jahr 2002 begann die KTQ-Zertifizierung als ein krankenhausspezifisches Zertifizierungsverfahren. In den Folgejahren haben sich die Gesellschafter der KTQ dazu entschlossen, den KTQ-Ansatz mit jeweils angepasstem Anforderungskatalog auch in anderen Versorgungsbereichen anzubieten. Mit der Ausweitung auf weitere Bereiche des Gesundheitswesens erfolgte 2004 die Umbenennung von „KTQ im Krankenhaus“ in „KTQ im Gesundheitswesen“.

24

Tab. 24.2 Vor- und Nachteile einer Zertifizierung (Auswahl). Vorteile

Nachteile

Nachweis der Einhaltung der Qualitätsanforderungen

Zertifizierungen sagen nur über die Dokumentationen und den Prozess etwas aus, nicht über das Ergebnis.

Offenlegung und Transparenz der internen Strukturen

hohe Bindung von Personalkapazität

Förderung des Qualitätsbewusstseins

hohe Kosten der Bewerbung, zumal die Gültigkeit der Zertifikate nur 2 bis 3 Jahre beträgt

Reduzierung der Kosten durch Abbau von Schwachstellen und Optimierung der Unternehmensabläufe

Es besteht die Gefahr, dass Verbesserungen nach der Zertifizierung nicht unmittelbar umgesetzt werden.

Motivation der Mitarbeiter und Aufbau von Teamgeist

Motivationsverlust bei erfolgloser Bewerbung

Fokussierung auf die Kundenpräferenzen

Bürokratieaufwand

erleichtert den Nachweis der Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Produkthaftung

lediglich kurzfristiger Wettbewerbsvorteil, wenn sich viele Institutionen zertifizieren lassen; kein Marketingvorteil mehr

Außenwirkung/Verbesserung des Image (allerdings ist der Aussagegehalt eines Zertifikats für den „Kunden“ relativ unbedeutend, da er den Inhalt eines Zertifikats nicht durchschaut)

Eine zu große Regeldichte und enge Regelauslegung können zu einer Überreglementierung und damit zu Bürokratisierung führen.

31

Grundzüge des Qualitätsmanagements Seit Oktober 2004 bietet die KTQ ein Zertifizierungsverfahren für den „niedergelassenen Bereich“ (Arzt-, Zahnarzt-, Psychotherapeutenpraxen und MVZ) an; ein Jahr später wurde speziell für Praxen und Institute der Pathologie und Zytologie ein angepasster Katalog entwickelt. Im Oktober 2005 fiel nach Abschluss der Pilotphase der Startschuss für das KTQ-Zertifizierungsverfahren für den Bereich Rehabilitation. Während in den meisten Einrichtungen die Zertifizierung noch freiwillig ist, sind stationäre Rehabilitationseinrichtungen zur Zertifizierung verpflichtet (§ 20 Abs. 2a SGB IX). Im Rahmen des 6. KTQ-Forums im November 2006 wurde das Verfahren für stationäre, teilstationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, Hospize und alternative Wohnformen nach erfolgreicher Pilotphase vorgestellt. Seit September 2011 ist der Katalog zur Zertifizierung von Rettungsdiensten auf dem Markt. Dieser liegt in der Version 1.0 vor. Mittlerweile gibt es neben der Möglichkeit, eine gesamte Einrichtung zertifizieren zu lassen, drei weitere Zertifizierungsvarianten: die Verbundzertifizierung, die vernetzte Zertifizierung bzw. vernetzte Verbundzertifizierung sowie die Zertifizie-

24

rung von Organisationseinheiten (z. B. der Organkrebs- bzw. Tumorzentren). Allen Zertifizierungsvarianten ist gemeinsam, dass alle Anforderungen des KTQ-Kataloges erfüllt werden müssen, damit eine Zertifizierung angestrebt werden kann. Auch international ist das KTQ-Verfahren erfolgreich. Das Zertifizierungsverfahren der KTQ wird kontinuierlich überarbeitet und aktualisiert. Dies gilt für das Verfahren, für die Inhalte der Kataloge und für die Erweiterung der Bereiche im Gesundheitswesen. Mittlerweile liegt mit dem KTQ-Manual/ KTQ-Katalog Version 2015 die dritte Version des KTQ-Manuals für den Bereich Krankenhaus vor. Die Kataloge für die Bereiche Rehabilitation, Praxen/MVZ und Pflege sowie für Betreutes Wohnen und Hospiz werden gegenwärtig überarbeitet.

Zertifizierungsvorgang Die Zertifizierung nach KTQ orientiert sich am KTQ-Modell (▶ Abb. 24.4). Kernelement der Zertifizierung ist die Selbstund Fremdbewertung anhand eines Kriterienkatalogs. Der Kriterienkatalog ist hierarchisch in 3 Ebenen gegliedert (▶ Abb. 24.5): in die Kategorien, die

Abb. 24.4 Das KTQ-Modell. (KTQ, 2016, http://www.ktq.de)

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Patientenorientierung

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332

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Patient

Kriterien:

Subkategorien:

Kategorien:

24.4 Zertifizierung

1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Patientenorientierung Mitarbeiterorientierung Sicherheit- und Risikomanagement Informations- und Kommunikationswesen Unternehmensführung Qualitätsmanagement

Abb. 24.5 Hierarchischer Aufbau des KTQ-Katalogs für den Bereich Krankenhaus. (KTQ-Manual/Katalog Krankenhaus, Version 2015)

Rahmenbedingungen der Patientenversorgung Akut-/ Notfallversorgung Elektive, ambulante Versorgung Stationäre Versorgung Weiterbetreuung/Übergang in andere Bereiche Sterben und Tod

24

Erreichbarkeit und Aufnahmeplanung Leitlinien und Standards Information und Beteiligung des Patienten Ernährung und Service

Subkategorien und die eigentlichen zu beschreibenden und zu bewertenden Sachverhalte, die Kriterien. Folgende sechs Kategorien bilden den KTQ-Katalog: ● Patientenorientierung, ● Mitarbeiterorientierung, ● Sicherheit und Risikomanagement, ● Informations- und Kommunikationswesen, ● Unternehmensführung und ● Qualitätsmanagement. Jede Kategorie ist in Subkategorien unterteilt. So hat beispielsweise die Kategorie: „1. Patientenorientierung“ im KTQ-Katalog Krankenhaus, Version 2015, die folgende Subkategorie: „1.1 Rahmenbedingungen der Patientenversorgung“ (▶ Abb. 24.5). Jede Subkategorie wiederum enthält eine Reihe von Kriterien. Für den auslaufenden KH-Katalog 2009/2 und den Reha-Katalog existieren Kernkriterien, deren Inhalte als unverzichtbar für das Erreichen guter Qualität in den Einrichtungen angesehen werden. Jedem Kriterium sind schließlich Themen zugeordnet. Die Kriterien sind auf der Ebene der Themen jeweils nach dem PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act-Zyklus) von Deming zu bearbeiten und bilden die Basis für die Punktbewertung. Werden in der Planungsphase Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung entwickelt, sind sie im

zweiten Schritt („Do“) nachweisbar umzusetzen. Anschließend wird die Wirksamkeit der Maßnahmen kontrolliert und bewertet („Check“). Auf Basis dieser Bewertungen können im Anschluss notwendige Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden („Act“). Alle KTQ-Kriterien erfordern die Beschreibung des vollständigen PDCA-Zyklus. Der PCDA-Zyklus ist im äußeren Ring des KTQ-Modells wiedergegeben (▶ Abb. 24.4). Jedem Kriterium ist eine Bewertungsmatrix nachgeordnet, die die jeweils maximal erreichbare Punktzahl des Kriteriums abbildet. Die Summe aller Kriterienpunkte ergibt die Gesamtpunktzahl. Das Krankenhaus muss immer, also unabhängig vom Zertifizierungszyklus, 55 Prozent der Punkte auf Kategorien-Ebene erreichen, um das KTQ-Zertifikat zu erhalten. Ab dem Katalog 2015 für Einrichtungen muss das Krankenhaus ab der 2. ReZertifizierung sogar je Kriterium 55 Prozent erreichen. Die Möglichkeit der Nachbesserung besteht.

Schritte des Zertifizierungsverfahrens Das KTQ-Bewertungsverfahren wird in folgenden Schritten durchgeführt: 1. Selbstbewertung der Einrichtung 2. Anmeldung zur Fremdbewertung bei einer KTQ-Zertifizierungsstelle

33

Grundzüge des Qualitätsmanagements

24

3. Fremdbewertung durch ein KTQ-Visitorenteam 4. Zertifizierung und Veröffentlichung des KTQQualitätsberichts

Selbstbewertungsberichts (sogenannte Ersteinschätzung) eine Fremdbewertung mit Besuch der zu prüfenden Einrichtung vornehmen.

▶ 1. Selbstbewertung der Einrichtung. Anhand des KTQ-Kriterienkataloges schätzt sich die Einrichtung zunächst selbst ein und erstellt einen KTQ-Selbstbewertungsbericht. Wie die Einrichtung dabei vorgeht, steht ihr frei. Wünschenswert ist, dass ein möglichst interdisziplinäres Team zusammengestellt wird, in dem sich alle Berufsgruppen, Hierarchieebenen und alle Fachabteilungen wiederfinden. Dieser KTQ-Selbstbewertungsbericht soll einen Einblick in die Qualität der Prozesse in allen sechs KTQ-Kategorien geben und dient einer ersten Einschätzung der Zertifizierungsreife. Eine Selbstbewertung ist nicht an eine nachfolgende Zertifizierung gebunden und kann unabhängig von einer Zertifizierung von einer Einrichtung durchlaufen werden.

▶ 3. Fremdbewertung durch ein KTQ-Visitorenteam. Die Visitation (Vor-Ort-Prüfung) wird von Visitoren durchgeführt. Das Visitorenteam setzt sich je nach zu zertifizierendem Bereich zusammen (▶ Abb. 24.6). Beispielsweise nimmt an einer KTQ-Zertifizierung im Bereich Krankenhaus ein Visitorenteam teil, zu dem ein ökonomischer, ein ärztlicher und ein pflegerischer Visitor gehören. Unterstützung erhalten die Visitoren, mit Ausnahme in den Verfahren für Praxen/MVZ und Rettungsdienst, dabei von einem Visitationsbegleiter der Zertifizierungsstelle. Dem KTQ-Visitationsbegleiter kommt eine wichtige Funktion an der Schnittstelle zwischen der KTQ-GmbH, den KTQVisitoren und der zu zertifizierenden Einrichtung zu. Er ist der direkte Ansprechpartner für die Einrichtung und die KTQ-Visitoren und für die gesamte Organisation und Durchführung der Visitation zuständig. Selbst nimmt er keinen Einfluss auf die Bewertung der KTQ-Visitoren. Im Rahmen der Visitation werden die im Selbstbewertungsbericht dargestellten Inhalte von den Visitoren gezielt hinterfragt („kollegiale Dialoge“) und durch Begehung einzelner Bereiche der Einrichtung überprüft. Die Visitation kann mehrere Tage dauern, je nach Größe der Einrichtung. Am

▶ 2. Anmeldung zur Fremdbewertung bei einer KTQ-Zertifizierungsstelle. Wenn sich die Einrichtung entschließt, eine Zertifizierung durchzuführen, kann sie sich an eine KTQ-akkreditierte Zertifizierungsstelle (oft Beratungsfirmen im Gesundheitswesen) wenden und eine Zertifizierung beantragen. Die Zertifizierungsstelle prüft die Antragsunterlagen. Diese Stelle schlägt dann auch Visitoren vor, die nach einer intensiven Analyse des

Krankenhaus

Niedergelassener Bereich (Praxis und MVZ)

Rehabilitation

Pflege, Hospize, alternative Wohnformen

Rettungsdienst

3 Visitoren

1–2 Visitoren (entsprechend der Anzahl der Ärzte)

2 Visitoren

2 Visitoren

2 Visitoren

ärztlicher Visitor und ein Visitor aus den Bereichen: • Pflege • Psychologie/ Psychotherapie • Physiotherapie • Ergotherapie

pflegerischer und ökonomischer Visitor

ärztlicher Visitor und RettungsdienstVisitor

ärztlicher und ökonomischer und pflegerischer Visitor

ein eingesetzter Visitor: ärztlicher Visitor oder medizinische Fachangestellte oder MTA zwei eingesetzte Visitoren: ärztlicher Visitor und medizinische Fachangestellte oder MTA

Abb. 24.6 Visitorenteam (nach KTQ).

334

24.4 Zertifizierung Ende des Besuchs legen die Visitoren einen Visitationsbericht vor, der einen Überblick vermittelt über mögliche Stärken und Verbesserungspotenziale. Er wird der Einrichtungsleitung übermittelt und ermöglicht ihr, im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses konkrete Maßnahmen abzuleiten. Dieser Bericht ist gleichzeitig Grundlage für die Erteilung (und Begründung) des Zertifikates. Er ist ausschließlich zur Verwendung im Innenverhältnis gedacht. ▶ 4. Zertifizierung und Veröffentlichung des KTQ-Qualitätsberichts. Im letzten Schritt leitet die Zertifizierungsstelle die von den Visitoren ausgesprochene Empfehlung zur Zertifikatsvergabe an die KTQ-GmbH weiter. Die KTQ-GmbH stimmt der Empfehlung nach formaler Prüfung der Unterlagen in der Regel zu und erteilt formal das Zertifikat. Das Zertifikat wird für 3 Jahre vergeben. Während der dreijährigen Gültigkeitsdauer darf die zertifizierte Einrichtung mit dem Zertifikat und dem KTQ-Zertifizierungszeichen werben. Zeitgleich mit der Erteilung des Zertifikats findet eine

Veröffentlichung des KTQ-Qualitätsberichts statt. Dies ist Voraussetzung für die Zertifikatsvergabe. Der zur Veröffentlichung im Internet bestimmte Qualitätsbericht wird von der Zertifizierungsstelle im Einvernehmen mit der Einrichtung erstellt. Jeder KTQ- Qualitätsbericht enthält eine Beschreibung der zertifizierten Einrichtung sowie eine Leistungsdarstellung der Kriterien des KTQKataloges. Vor Ablauf der Zertifikatsgültigkeit muss die Einrichtung ein erneutes Zertifizierungsverfahren – die so genannte Rezertifizierung – komplett abgeschlossen haben oder das KTQ-Zertifikat und der KTQ-Bericht erlöschen. ▶ Abb. 24.7 zeigt die einzelnen Verfahrensschritte beispielhaft für ein Krankenhaus.

24

Stärken und Schwächen der Zertifizierung ▶ Tab. 24.3 stellt die Stärken einer Zertifizierung nach KTQ den Schwächen gegenüber.

Antrag Krankenhaus (KH) Strukturbogen, Selbstbewertung

Beauftragung Zertifizierungsstelle (ZS)

kollegialer Dialog Datenschutz!

Abstimmung mit Visitoren

KTQ: Schiedsstelle

Veröffentlichung des Qualitätsberichts durch KH

Termine KTQ-Visitoren Visitationsbegleiter

Visitation KTQ-Visitoren und Visitationsbegleiter

Visitationsbericht durch ZS

Qualitätsbericht durch ZS

Empfehlung Zertifikatvergabe durch ZS an KTQ

Zertifikatvergabe durch ZS

Abstimmung mit Visitoren und KH

KTQ: Bestätigung

Veröffentlichung des Qualitätsberichts durch KTQ

Abb. 24.7 Zertifizierungsvorgang (Clausen, 2002).

35

Grundzüge des Qualitätsmanagements Tab. 24.3 Stärken und Schwächen der Zertifizierung nach KTQ (Auswahl). Stärken

Schwächen

speziell für Gesundheitsinstitutionen

Verbindlichkeit des Zertifikats ist unklar, da kein Auftrag, z. B. vom Gesetzgeber, vorliegt

KTQ ist von allen politischen Entscheidungsträgern anerkannt

Visitoren erfüllen nicht den Status der unabhängigen Dritten, da sie ggf. beim Konkurrenten beschäftigt sind

Visitoren haben langjährige Erfahrung im Qualitätsmanagement und als Führungskräfte

KTQ-Katalog ist lückenhaft, da nicht alle Fachrichtungen abgebildet sind

KTQ hat sich dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess verschrieben und arbeitet weiter, um die Lücken zu schließen

bei neuen Katalog-Versionen ändern sich die Inhalte und Vorgaben; dadurch wird die QM-Arbeit der Einrichtung stark durch die Vorgaben des KTQ-Katalogs bestimmt Kosten-Nutzen-Relation noch nicht evaluiert keine Überwachungsaudits

Grundkonzepte der Excellence

24.4.2 EFQM

24

Definition

L

EFQM steht für „European Foundation for Quality Management“ und bezeichnet eine gemeinnützige Organisation, die 1988 von 14 führenden europäischen Unternehmen gegründet wurde zur Förderung des umfassenden Qualitätsmanagements (TQM).

Die European Foundation hat in Zusammenarbeit und mit finanzieller Unterstützung der EG-Kommission und der European Organization for Quality (EOQ) ein Referenzmodell, das EFQM-Modell für Excellence, entwickelt. Nachdem das EFQM-Modell über viele Jahre praktisch unverändert geblieben war, wurde das Modell einer umfassenden Revision unterzogen und am 28. September 2009 in Brüssel unter dem Titel „EFQM-Excellence-Modell 2010“ veröffentlicht. Die grundsätzlichen Elemente des Modells wurden bei der Überarbeitung beibehalten, also die 9 Hauptkriterien, die 32 Teilkriterien und die RADAR-Logik. Zuletzt hat die EFQM ihr Modell 2012 überarbeitet. Angestrebt wird, zukünftig das Modell regelmäßig auf seine Eignung hin zu überprüfen, anzupassen und weiterzuentwickeln. Die aktuell gültige Version ist das EFQM-Excellence-Modell 2013. Gegenüber den Änderungen der Grundkonzepte der Excellence sind die Änderungen des EFQMModells der Revision 2013 marginal.

336

Der EFQM-Excellence-Ansatz besteht aus drei wesentlichen Bausteinen: 1. dem EFQM-Modell zugrunde liegenden Grundkonzepte der Excellence 2. dem EFQM-Excellence-Modell selbst mit seinen Kriterien und Teilkriterien 3. und der RADAR-Logik. ▶ Grundkonzepte der Excellence. Der erste Baustein sind die dem Modell zugrunde liegenden 8 Grundkonzepte. Sie gelten seit der Veröffentlichung des Modells im Jahr 1991, sind allerdings bei mehreren Modellrevisionen neu formuliert worden (▶ Abb. 24.8). ▶ EFQM-Excellence-Modell. Das Grundprinzip des EFQM-Excellence-Modells basiert auf dem Konzept des Total Quality Management (TQM), in dem Menschen, Prozesse und Ergebnisse gleichzeitig betrachtet werden. Dieser Gedanke findet sich wieder im Gesamtaufbau des Modells mit seinen 9 Kriterien. Das Kriterienmodell ist der zweite Baustein des EFQM-Ansatzes. Wie in ▶ Abb. 24.9 wiedergegeben, besteht das Modell aus 3 Hauptsäulen, die das Grundschema spiegeln und 6 verbindenden Kriterien. Sie sind als Querbalken dargestellt. Diese 6 geben an, mit welchen Mitteln die Umsetzung des Modells erreicht werden soll, und welche Zwischenergebnisse dafür erforderlich sind. Jeder der dargestellten 9 Dimensionen sind Teilkriterien zugeordnet, die Aussagen darüber treffen, was bei der Umsetzung zu beachten ist. Unter jedem Teilkriterium geben wiederum Orientierungs- oder Ansatzpunkte Beispiele für eine detaillierte Betrachtung des jeweiligen Teilkriteriums. Grundsätzlich sagt das Modell aus,

24.4 Zertifizierung

Dauerhaft herausragende Ergebnisse erzielen

Nutzen für Kunden schaffen

Abb. 24.8 Grundkonzepte der Excellence. (EFQM, 2012)

Die Zukunft nachhaltig gestalten

Durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgreich sein

Die Fähigkeiten der Organisation entwickeln

Veränderungen aktiv managen Mit Vision, Inspiration und Integrität führen

Innovation und Kreativität fördern

Mitarbeiterbezogene Ergebnisse (10 %)

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (10 %)

Führung (10 %)

Strategie (10 %)

24

Ergebnisse (50 %)

Befähiger (50 %)

Prozesse, Produkte und Dienstleistungen (10 %)

Kundenbezogene Ergebnisse (15 %)

SchlüsselErgebnisse (15 %)

Gesellschaftsbezogene Ergebnisse (10 %)

Partnerschaften & Ressourcen (10 %)

Lernen, Kreativität und Innovation

Abb. 24.9 Das EFQM-Excellence-Modell 2013. (EFQM, 2012)

dass Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit und der Einfluss auf die Gesellschaft erzielt werden durch Führung und mithilfe von Strategien, Mitarbeiterorientierung und Management von Ressourcen. Dies führt unter weiterer Zuhilfenahme von geeigneten Geschäftsprozessen zu Exzellenz (Excellence) in Unternehmensergebnissen. Die 9 Kriterien des EFQM-Modells sind 2 Bereichen zugeordnet. Es gibt fünf Befähiger- und vier Ergebnis-Kriterien, die gleichgewichtet mit je 500 Punkten in die Gesamtbewertung (1000 Punkte)

einfließen. Die Befähiger-Kriterien sind in insgesamt 24, die Ergebnis-Kriterien in 8 Teilkriterien unterteilt. In dem Schaubild ist auch die prozentuale Gewichtung der einzelnen Kriterien wiedergegeben. Beispielsweise erhält das Kriterium „Kundenbezogene Ergebnisse“ 15 % (Kriterium 6). Aufaddiert ergeben die Prozentzahlen genau 100 %, d. h., jede Prozentzahl gibt den relativen Anteil des Einzelkriteriums am Gesamtmodell an. Außerdem hat auch jedes Teilkriterium eine eigene Gewichtung. Die

37

Grundzüge des Qualitätsmanagements

24

Prozentsätze sind auch Grundlage bei der Bewertung von Bewerbungen um den Europäischen Qualitätspreis.

Organisationen können sich auf der Stufe bewerben, die ihrem Ermessen nach ihrem gegenwärtigen Reifegrad entspricht.

▶ RADAR-Logik. Im Mittelpunkt des EFQM-Modells steht die RADAR-Logik (▶ Abb. 24.10). Sie ist gleichzeitig der dritte Baustein des EFQM-Modells. Das Wort „RADAR“ steht für Results (Ergebnisse), Approach (Vorgehen), Deployment (Umsetzung), Assessment (Bewertung) und Refinement (Verbesserung). Die Logik beinhaltet, dass eine Organisation die Ergebnisse als Erstes festlegen soll. Daraufhin müssen Vorgehensweisen geplant und entwickelt, aber auch umgesetzt werden, um die Ergebnisse zu erreichen. Am Ende des Zyklus steht die Bewertung und Verbesserung der Vorgehensweise und darauf aufbauend der Lernprozess.

Committed to Excellence – Verpflichtung zu Excellence

Levels of Excellence In Europa besteht seit 2001 ein abgestimmtes Anerkennungsprogramm der EFQM, die Levels of Excellence. Das Programm EFQM Levels of Excellence hat 3 Stufen. Diese Stufen werden von der untersten Stufe zur höchsten Stufe folgendermaßen eingeteilt: ● Committed to Excellence – Verpflichtung zu Excellence ● Recognized for Excellence – Anerkennung für Excellence ● EFQM Excellence Award (EEA) – Europäischer Qualitätspreis

Für das Unternehmen bestehen im Rahmen der Bewerbung um die „EFQM-Verpflichtung zu Excellence“ zwei Optionen. Es wird unterschieden zwischen ● dem klassischen Verfahren mit Selbstbewertung und Validation und ● dem Kurzassessment mit qualitativem Feedback. ▶ Klassisches Verfahren. Für das klassische Verfahren bewirbt sich eine Organisation direkt bei der EFQM oder bei der DGQ (Deutsche Gesellschaft für Qualität e. V.). Das Verfahren beginnt mit einer ersten Selbstbewertung nach den 9 Kriterien des EFQM-Modells für Excellence. Daraus werden Stärken und Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet und priorisiert und es werden für mindestens 3 relevante Verbesserungsmaßnahmen Aktionspläne entwickelt und umgesetzt. Als Nächstes muss die Organisation nachweisen, dass sie die Verbesserungsmaßnahmen auch tatsächlich umgesetzt hat. Die Überprüfung der 3 Verbesserungsprojekte erfolgt aufgrund der eingereichten Unterlagen und eines Vor-Ort-Besuchs durch einen Gutachter der EFQM („Validator“). Der Validator hat die Aufgabe, anhand festgelegter Kriterien festzustellen, wie die

Results (Ergebnisse)

Assessment & Refinement (Bewertung & Verbesserung)

Approach (Vorgehen)

Deployment (Umsetzung)

338

Abb. 24.10 Die RADAR-Logik. (EFQM, 2012)

24.4 Zertifizierung Organisation die aus der Selbstbewertung resultierenden Verbesserungsprojekte umgesetzt hat. Die Vorgehensweise basiert auf der RADAR-Bewertungsmethodik. Die Validatoren sind eigens für diese Aufgaben nach EFQM-Vorgaben ausgebildet worden. Abschließend erhält die Organisation einen schriftlichen Validierungsbericht (Feedbackbericht). Organisationen, die bei der Validierung erfolgreich abschließen, erhalten eine Urkunde (1 Stern). Die Urkunde ist auf den Monat des Vor-OrtBesuchs datiert und hat eine Gültigkeit von 2 Jahren. Sie darf zu Werbezwecken verwendet werden und wird in die auf der EFQM-Website veröffentlichte Datenbank aufgenommen. Der Organisation ist freigestellt, ob sie – mit angemessenem zeitlichem Abstand – Committed to Excellence ein weiteres Mal durchläuft oder sich für die nächste Stufe Recognized for Excellence bewerben möchte. Organisationen, deren Bewerbung nicht erfolgreich war, erhalten eine Anleitung zur Verbesserung, damit eine erneute Bewertung erfolgreich verläuft. ▶ Kurzassessment. Wählt das Unternehmen die Assessment-Variante, ist ein 8–10-seitiges Bewerbungsdokument einzureichen. Das Dokument gibt einen Überblick des Unternehmens und beschreibt das Vorgehen zu Strategie und Schlüsselergebnissen, Kunden- und Personalmanagement sowie Prozess-, Partner-, Lieferanten- und Umweltmanagement. Im Rahmen eines eintägigen Vor-OrtBesuchs werden den Assessoren die sechs Themenbereiche präsentiert. Das Unternehmen wird auf der Grundlage der 9 Kriterien des EFQM Excellence Modells beurteilt. Das Ergebnis ist ein Feedbackbericht des Assessoren-Teams. Der Feedbackbericht dokumentiert die von den Assessoren beobachteten Stärken und Verbesserungspotenziale. Je nach erzieltem Resultat erhält das Unternehmen den erreichten Level „Committed to Excellence“ durch das EFQM-Zertifikat bestätigt.

Recognized for Excellence – Anerkennung für Excellence Die 2. Stufe Recognized for Excellence richtet sich an Organisationen, die bereits Erfahrungen mit Selbstbewertungen nach dem EFQM-Modell haben. Grundlage ist das vollständige EFQM-Modell, d. h. alle 9 Kriterien mit den insgesamt 32 Teilkriterien. Bewerber können zwischen 3 unterschiedlichen Vorgehensweisen wählen:

1. Klassisches Verfahren mit Bewerbungsdokument: Bewertung und Rückmeldung auf Basis eines vorstrukturierten schriftlichen Bewerbungsdokuments. 2. Flexibles Verfahren, Rechercheverfahren: Datenerhebung und Bewertung vor Ort durch die Assessoren. 3. Flexibles Verfahren, Workshopverfahren: Datenerhebung vor Ort in einem gemeinsamen Assessoren-Bewerber-Workshop. Bei allen 3 Möglichkeiten statten 3 bis 5 EFQM-Assessoren einen Besuch vor Ort ab, führen ein Assessment (entweder in klassischer Form, in Form einer Datenrecherche oder eines Workshops) durch und erarbeiten einen schriftlichen Feedback-Bericht. Bewerber, die nach dem Vor-Ort-Besuch der Assessoren eine Punktzahl von 300 oder mehr Punkten erreichen, erhalten die Anerkennungsurkunde „Recognized for Excellence“. Abhängig von der vergebenen Gesamtpunktzahl ist die Anerkennung auf 3 Stufen möglich: ● ≥ 300 = 3 Sterne (3*); ● ≥ 400 = 4 Sterne (4*); ● ≥ 500 = 5 Sterne (5*).

24

Die Urkunde hat eine Gültigkeit von 2 Jahren und berechtigt, das spezielle Logo auf Werbematerialien, Briefbögen, Geschäftskarten usw. zu verwenden.

EFQM Excellence Award (EEA) Seit 1992 wird von der EFQM jährlich der European Quality Award (EQA) verliehen. 2006 erfolgte die Umbenennung in EFQM Excellence Award (EEA). Er ist das europäische Gegenstück der EFQM zum Malcolm Baldrige National Quality Award (MBNQA) in den USA und dem Deming Application Prize in Japan. Zu Beginn wurde der Award lediglich für Großfirmen ausgeschrieben. Zwischenzeitlich gibt es jedoch 4 verschiedene Kategorien: ● Large Organizations & Business Units, ● Operational Units, ● Public Sector, ● Small and Medium-sized Organizations. Jedes Jahr werden für jede der 4 Kategorien die Gewinner bestimmt. Eine Auszeichnung (Prize Winner) können durchaus mehrere Organisationen erhalten. Beim Gewinner (Award Winner) des EFQM Excellence Awards (EEA) handelt es sich um

39

Grundzüge des Qualitätsmanagements den Besten unter denjenigen, die eine Auszeichnung erhalten. Allerdings werden diese höchsten Auszeichnungen für praktizierte Excellence nicht in allen Jahren vergeben. Mit dem EFQM Excellence Award hat das betreffende Unternehmen die höchste Stufe der EFQM Levels of Excellence erreicht. Seit 1997 wird in enger Anlehnung an das EFQM-Modell auch in Deutschland jährlich ein Qualitätspreis ausgelobt, der sogenannte LudwigErhard-Preis. Er richtet sich an Bewerber aus allen Bereichen von Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen, Verwaltung und sonstigen Einrichtungen. Voraussetzung für die Bewerber ist, dass sie in den letzten 5 Jahren mindestens 50 % ihrer Aktivitäten in Deutschland abgewickelt haben.

24

24.4.3 Gemeinsamkeiten und Unterschiede von EFQM und KTQ ▶ Tab. 24.4 zeigt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von EFQM und KTQ.

24.4.4 Weitere Zertifikate und Auszeichnungen Neben den Zertifikaten der KTQ und EFQM gibt es weitere Zertifikate und Auszeichnungen der Qualitätssicherung. Die bekanntesten sind in Deutschland:



● ●

JCAHO (Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations), DIN ISO (Zertifikat), ProCum Cert – Zertifizierungsgesellschaft für Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen in konfessioneller Trägerschaft.

JCAHO (Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations) Das Verfahren der JCAHO ist ein in den USA bereits 1951 entwickeltes Zertifizierungsverfahren für Gesundheitseinrichtungen mit knapp 570 Standards. Seit 1999 wird dieses Verfahren international eingesetzt und zählt zu den am weitesten verbreiteten und angewandten Zertifizierungsverfahren (Akkreditierungsverfahren) für Gesundheitseinrichtungen. Der Ursprung dieses Zertifizierungsverfahrens geht auf den amerikanischen Chirurgen Codman zurück. Damals wie heute ging man davon aus, dass sich die Behandlungsergebnisse durch das Einhalten relevanter Normen und Standards verbessern lassen. Noch heute bilden diese Normen und Standards die Basis für das Verfahren der JCAHO. Das Verfahren gibt in Form von Katalogen konkreter Standards vor, was gute Qualität ist. An diesen Standards müssen sich die beteiligten Einrichtungen messen. Gleichzeitig geben diese Standards Empfehlungen für die teilnehmenden Einrichtungen zur Verbesserung ihrer Qualität. Mittlerweile sind nach diesem Verfahren die ersten Krankenhäuser in Deutschland akkreditiert.

Tab. 24.4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede von EFQM und KTQ (Möller, 2001). EFQM

Merkmale

KTQ

+

Struktur-, Prozess-, Ergebnisqualität

keine Betrachtung der Ergebnisqualität

branchenübergreifend, nicht explizit für das Gesundheitswesen

Entwicklung aus der Klinik heraus

+

+

umfassendes Management-Instrument

kein Management-Ansatz Bedürfnisse, Erwartung der Partner, Anteilseigner, Konkurrenten ohne Relevanz

EFQM-Punktwerte beziehen sich auf einen Zeitpunkt die Gültigkeit ist unbefristet

zeitlich limitiertes Gütesiegel

+

+

kontinuierliche Verbesserung

Zertifikat besagt: Standards werden erfüllt, es sagt nichts über Verbesserungen

+ : Merkmal trifft zu

340

24.4 Zertifizierung

DIN ISO (Zertifikat) ▶ Entstehung. 1987 erschien die Erstausgabe der ISO-9 000-Normenreihe. Schon 1994 wurde die Fassung auf 4 Kernnormen erweitert (ISO 9 000 – 9 004). Die meisten ISO-Mitgliedsländer übernahmen diese Normen in ihr nationales Normenwerk, für die Bundesrepublik Deutschland geschah dies 1990. Mittlerweile ist die 9 000er Normenreihe durch EU-Richtlinien in die Gesetzgebung aller EU-Mitgliedsländer eingebunden. Seit 2000 liegt die DIN EN ISO in einer vollständig überarbeiteten Fassung vor, der „DIN EN ISO 9 000 ff.:2000“. Sie löste die 9 000er Normenreihe von 1994 ab. Grund für die Überarbeitung war die für Dienstleistungsunternehmen (z. B. Pflegeeinrichtungen) zu technisch-mechanische Denk- und Ausdrucksweise der DIN, die eine Übertragung auf den Dienstleistungssektor erschwerte. Zuletzt wurde die 4. Ausgabe der DIN EN ISO 9 001:2008 durch die 5. Ausgabe der Norm ersetzt (DIN EN ISO 9 001:2015). Erneut wurde der wachsenden Bedeutung des Dienstleistungssektors Rechnung getragen. Statt von „Produkt“ wird nun von „Produkten und Dienstleistungen" gesprochen. Zukünftig wird die DIN EN ISO 9 001:2015 eine gewichtige Rolle spielen, auch vor dem Hintergrund des seit dem 01.01.2016 geltende Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG). Gerade in Zeiten von Budgetierung, Limitierung und Verschärfung sind geregelte Routineprozesse, ein wertschätzender Patientenumgang sowie eine hohe Qualität di-

agnostischer und therapeutischer Dienstleistungen mit geringsten Fehlerquoten von hoher Wichtigkeit. Erste Kliniken in Deutschland sind nach der neuen Qualitätsnorm DIN EN ISO 9 001:2015 zertifiziert. ▶ DIN EN ISO 9 000 ff-Familie. Die DIN EN ISO 9 000 ff., umgangssprachlich ISO 9 000 genannt, ist ein umfangreiches Werk bestehend aus Leitfäden, Normen, Begriffen und QM-Modellen. Obwohl es auch eine Norm namens ISO 9 000 gibt, wird dieser Begriff doch meist als Kurzform für die gesamte Reihe ISO 9 000–ISO 9 004 inklusive der nationalen Normen DIN ISO 9 000 ff. und der Europa-Normen DIN EN ISO 9 000 ff. genutzt. Die Abkürzungen DIN, EN, ISO stehen für folgende Bezeichnungen (▶ Tab. 24.5):

24

Tab. 24.5 Bedeutung der Begriffe DIN, EN und ISO. Abkürzung

Bedeutung

DIN

Deutsches Institut für Normung

EN

Europäische Norm

ISO

International Organization for Standardization (Internationale Organisation für Standardisierung)

Die 9 000er Normenfamilie weist folgende Struktur auf (▶ Tab. 24.6).

Tab. 24.6 Norm

Beschreibung

DIN EN ISO 9 000

Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe: Diese Norm liefert eine Beschreibung der grundlegenden Konzepte des Qualitätsmanagements und erklärt die in der Normenreihe dazugehörenden Begriffe. Außerdem definiert die Norm den Anwendungsbereich der ISO-9 000-Familie und listet die Grundsätze des Qualitätsmanagements auf. Auch der prozessorientierte Ansatz des Qualitätsmanagements wird dargelegt. Im Jahr 2015 wurde die ISO 9 000:2005 durch die ISO 9 000:2015 ersetzt.

DIN EN ISO 9 001

Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen: Diese Norm legt die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem fest. Die Anforderungen sind allgemein formuliert und auf alle Organisationen, unabhängig von Branche und Sektor, anwendbar. Die Norm gibt keine einheitliche Struktur vor und macht keine konkreten Vorgaben in Bezug auf die Dokumentation des QM-Systems. Im Gegenteil: Sie fordert den prozessorientierten Ansatz. Als einzige Norm bildet sie die Grundlage für den Aufbau und die Zertifizierung eines QM-Systems. Die aktuelle Ausgabe der Norm, DIN EN ISO 9 001:2015, ist seit September 2015 gültig und ersetzt die bisherige Version von 2008.

DIN EN ISO 9 004

Qualitätsmanagementsysteme – Leiten und Lenken für den nachhaltigen Erfolg einer Organisation – Ein Qualitätsmanagementansatz: Diese Norm ist ein Leitfaden zum Aufbau eines betrieblichen Qualitätsmanagementsystems. Sie zeigt Vorgehensweisen auf für einen nachhaltigen Erfolg der Organisation. Eine Neufassung der DIN EN ISO 9 004 ist im Dezember 2009 erschienen.

41

Grundzüge des Qualitätsmanagements

Schritte des Zertifizierungsverfahrens Möchte ein Unternehmen ein Zertifikat nach DIN EN ISO erhalten, muss das Unternehmen oder die Einrichtung das Qualitätsmanagement-System und die Strukturen und Abläufe vollständig erfassen und beschreiben. Zudem schreibt die Norm die Durchführung eines internen Audits durch eigene Mitarbeiter vor. Es soll Aufschluss über die erfolgreiche Umsetzung des Qualitätsmanagementsystems geben. Zeigt das interne Audit zufriedenstellende Ergebnisse, wird das eigentliche Zertifizierungsverfahren in Gang gesetzt. Der erste Schwerpunkt im Zertifizierungsablauf ist die formale Prüfung der Dokumentation auf ihre Normenkonformität durch den Zertifizierer. Sofern keine wesentlichen Defizite vorliegen, wird ein Termin für ein externes Audit vereinbart. Das Zertifizierungsaudit führen gewöhnlich 2 Auditoren einer Zertifizierungsgesellschaft durch und es erstreckt sich im Allgemeinen auf 1 bis 2 Tage. Dabei wird ermittelt, ob die Normen des Qualitätsmanagementsystems auch in der Praxis von den Mitarbeitern eingehalten werden. Am Ende des Audits wird das Unternehmen in einem Abschlussgespräch über das Auditergebnis unterrichtet. Festgestellte Abweichungen von der gewählten Bezugsnorm werden durch den Auditor aufgezeigt und es wird ein Auditbericht verfasst. Erfüllt das Unternehmen die Anforderungen der DIN EN ISO, erhält es ein Zertifikat mit 3 Jahren Gültigkeit. Unabhängig davon werden in Jahresabständen Überwachungsaudits vorgenommen.

24

ProCum Cert – Zertifizierungsgesellschaft für Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen in konfessioneller Trägerschaft ▶ Entstehung. ProCum Cert (pCC) war zunächst eine Gesellschaft zur Zertifizierung konfessioneller Einrichtungen. Zwischenzeitlich können auch Krankenhäuser und Einrichtungen in anderer Trägerschaft die Dienstleistungen der ProCum Cert in Anspruch nehmen. ProCum Cert (pCC) wurde im Frühjahr 1998 auf Initiative des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands (KKVD) gemeinsam mit dem Deutschen Evangelischen Krankenhausverband (DEKV) und ihren Wohlfahrtsverbänden Caritas (DCV) und Diakonie sowie deren Versicherungsdienst Ecclesia gegründet. Gegenstand der Gesellschaft ist die Sicherung und Wei-

342

terentwicklung der Qualität in Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen unter Beachtung der besonderen Struktur aufgrund der konfessionellen Trägerschaft. ▶ Zertifizierung nach pCC inkl. KTQ. ProCum Cert bietet unterschiedliche Zertifizierungsverfahren an, auch die Zertifizierung nach dem Verfahren pCC inkl. KTQ. Der Kriterienkatalog des Verfahrens ProCum Cert inkl. KTQ ist um besondere Aspekte für konfessionelle Einrichtungen ergänzt. Dabei geht es u. a. darum, ob die Einrichtung Gelegenheiten bietet zur Spiritualität in der Lebensbegleitung mit einem auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmten Seelsorgekonzept und ob geeignete Räumlichkeiten dafür bereitgestellt werden. Zusätzlich soll dargelegt werden, inwieweit sich spirituelle Inhalte im Betriebsablauf wiederfinden (u. a. Ordensschwestern, Kruzifixe, Feiern in der Kapelle, christliche Werte im Leitbild). Das Zertifizierungsverfahren der pCC entspricht dem nach KTQ. Um das Qualitätszertifikat nach ProCum Cert inkl. KTQ zu erhalten, muss die Einrichtung sowohl die Erfüllung aller Voraussetzungen für das KTQZertifikat als auch die Erfüllung der zusätzlichen ProCum Cert-Anforderungen nachweisen. ▶ Schritte des Zertifizierungsablaufs zum ProCum Cert inkl. KTQ. Im Folgenden wird das Zertifizierungsverfahren nach pCC inkl. KTQ eines konfessionell getragenen Krankenhauses kurz dargestellt: 1. Selbstbewertung: Am Beginn steht die sogenannte Selbstbewertung. Anhand des Kriterienkatalogs beurteilen berufs- und hierarchieübergreifende Arbeitsgruppen die Leistungen und Abläufe der eigenen Einrichtung. Folgende Kategorien bilden den Kriterienkatalog: ● Patientenorientierung (KTQ/pCC), ● Mitarbeiterorientierung (KTQ/pCC), ● Sicherheit und Risikomanagement (KTQ), ● Informations- und Kommunikationswesen (KTQ), ● Unternehmensführung (KTQ/pCC), ● Qualitätsmanagement (KTQ), ● Seelsorge im kirchlichen Krankenhaus (pCC), ● Verantwortung gegenüber der Gesellschaft (pCC), ● Trägerverantwortung (pCC).

24.5 Fragen und Aufgaben 2. Die Ergebnisse dieser Selbstbewertung, ergänzt um einen Qualitätsbericht, erhält die Zertifizierungsgesellschaft ProCum Cert. 3. Fremdbewertung und Visitation: Im Anschluss an die Selbstbewertung kann das Krankenhaus eine Fremdbewertung beantragen. Bei Erfüllung formaler und inhaltlicher Forderungen beurteilen Visitoren die Ergebnisse der Selbstbewertung des jeweiligen Krankenhauses und entscheiden gemeinsam mit ProCum Cert, ob eine Visitation (Vor-Ort-Prüfung) empfohlen wird. Ist eine erfolgreiche Zertifizierung zu erwarten, überprüft ein Visitorenteam den Selbstbewertungsbericht durch eine Vor-Ort-Begehung. Die Visitoren sind externe Fachleute aus dem ärztlichen, pflegerischen und kaufmännischen Bereich. Sie müssen Führungserfahrung nachweisen und zusätzlich im Qualitätsmanagement und in der Visitation nach ProCum Cert und KTQ unterwiesen sein. Die Visitoren werden dabei durch pCC-Visitationsbegleiter unterstützt. 4. Zertifizierung und Veröffentlichung des Qualitätsberichts: Nach einer erfolgreichen Visitation erfolgt die Übergabe des Zertifikats inkl. KTQ durch pCC. Zusätzlich findet eine obligatorische Veröffentlichung des Qualitätsberichts auf der Internetseite von ProCum Cert und KTQ für die Dauer der Zertifizierungsgültigkeit statt. Das Zertifikat ist für 3 Jahre gültig, dann muss eine Rezertifizierung erfolgen.

3. Nennen Sie die rechtlichen Grundlagen der qualitätssichernden Maßnahmen. 4. Was sind im Rahmen der Qualitätssicherung die für den Vertragsarzt wichtigen Paragrafen im SGB V und was regeln sie? 5. Aus welchen anderen Bereichen muss der Vertragsarzt Qualitätssicherungsmaßnahmen beachten? 6. Nach einer Definition des Total Quality Managements ist TQM „eine umfassende Unternehmensphilosophie, die im Kopf beginnt. Sie muss vom gesamten Führungsteam gefordert, gefördert und vorgelebt werden.“ Beschreiben Sie die Grundpfeiler des TQM-Konzepts. 7. Warum lassen sich immer mehr Einrichtungen im Gesundheitswesen zertifizieren? Begründen Sie Ihre Meinung. 8. Welche Zertifikate sind Ihnen bekannt? (3 Nennungen) 9. Das Grundschema des EFQM-Modells basiert auf den 3 Säulen des Total Quality Managements (TQM). Skizzieren Sie das EFQM-Modell und heben Sie dabei die Anwendung des TQMAnsatzes bei der Beschreibung des EFQM-Modells heraus. 10. Qualitätssicherung geschieht vielfach über Normenvergabe. Erläutern Sie in diesem Zusammenhang das EFQM-Modell. 11. Das EFQM-Programm „Levels of Excellence“ besteht aus 3 aufeinander aufbauenden Stufen. Stellen Sie diese 3 Stufen vor. 12. Beschreiben Sie allgemein den Ablauf des Zertifizierungsverfahrens.

24

24.5 Fragen und Aufgaben 1. Geben Sie 3 Gründe für das steigende Interesse am Thema „Qualität“ im Gesundheitswesen an. 2. Qualität hängt von der Kompetenz, der Qualifikation und Weiterbildung der Mitarbeiter ab, aber auch vom Ablauf des Behandlungsprozesses und der Verbesserung des Krankheitszustandes. a) Welche Dimensionen von Qualität kennen Sie? b) Geben Sie Beispiele für die Qualitätsdimensionen. c) Welche Dimension wird in den § 135 SGB V und § 135b SGB V angesprochen? d) Nennen Sie jeweils 2 Vor- bzw. Nachteile dieser Qualitätsdimensionen.

43

Foto: Stefan Mugrauer, Thieme

Kapitel 25 Benchmarking

25.1 25.2 25.3 25.4

Historische Entwicklung des Benchmarkings

345

Formen des Benchmarkings

345

Das Phasenmodell des Benchmarking-Prozesses

347

Fragen und Aufgaben

348

25.2 Formen des Benchmarkings

25 Benchmarking

L

Definition

Benchmarking ist ein Instrument, bei dem Produkte, Dienstleistungen und Prozesse mit dem stärksten Mitbewerber oder einem anerkannten Marktführer verglichen werden. Aus dem Vergleich sollen die Unterschiede, deren Ursachen und die Möglichkeiten zur Verbesserung ermittelt werden. Der Vergleich kann inner- und/oder außerbetrieblich durchgeführt werden. Ziel ist es, die besten Praktiken („Best Practices“) zu erkennen und in eine unternehmensspezifische Lösung umzusetzen.







25.1 Historische Entwicklung des Benchmarkings Unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen wird es für Einrichtungen des Gesundheitswesens immer wichtiger, Parameter wie Qualität, Kosten und Zeit zu optimieren, um im wirtschaftlichen Wettbewerb bestehen zu können. Dabei kann die Managementmethode des Benchmarkings einen erheblichen Beitrag zu Qualitäts- und Effizienzverbesserungen leisten. Ganz neu ist der Ansatz des Benchmarks nicht: ● Die Einführung der ersten Fließbänder in der Automobilindustrie ist ein frühes Beispiel für die

Anwendung von branchenfremdem Benchmarking. Nach einem Besuch einer Chicagoer Großschlachterei führte Henry Ford das Prinzip des Fließbandes für seine Automobilproduktion ein. Ebenso lässt sich der Aufstieg der japanischen Industrie in den 60er Jahren auf Benchmarking zurückführen. Neben dem Vergleich mit den Besten und dem Übertragen westlicher Unternehmenspraktiken und Technologien erkannten die Japaner, dass nicht die Nachahmung zum Erfolg führt, sondern die Weiterentwicklung von Methoden, Praktiken und Prozessen. Das Kanban-System ist ebenfalls durch die Übernahme eines Prinzips aus einer anderen Branche (Supermarktketten) entstanden. Seit den 70er Jahren wird Benchmarking für freiwillige Qualitätsvergleiche mit anderen Unternehmen eingesetzt.

25

25.2 Formen des Benchmarkings In der Praxis haben sich prinzipiell 3 Formen des Benchmarkings herausgebildet (▶ Abb. 25.1): ● internes Benchmarking, ● betriebsübergreifendes, wettbewerbsorientiertes Benchmarking, ● branchenfremdes, funktionales Benchmarking.

Formen des Benchmarkings

branchenfremdes Benchmarking

branchenbezogenes Benchmarking

internes Benchmarking innerhalb des Unternehmens

betriebsübergreifendes, wettbewerbsorientiertes Benchmarking

branchenfremdes, funktionales Benchmarking

gleiche Branche, gleiche Leistung

nicht Wettbewerber, gleiche Funktion

Abb. 25.1 Formen des Benchmarkings.

45

Benchmarking

25.2.1 Internes Benchmarking Internes Benchmarking stellt wegen der problemlosen Informationsbeschaffung die einfachste Form des Benchmarkings dar. Das Management richtet seinen Blick nach innen. Organisationen versuchen, von ihren eignen Strukturen zu lernen. Beispielsweise werden innerhalb eines Krankenhauses verschiedene Abteilungen miteinander verglichen. Hat eine Abteilung innovative Lösungen, z. B. bei der Patientensteuerung, Personal- und Geräteeinsatzplanung, entwickelt, übernimmt sie die „Vorbildfunktion“. Andere Abteilungen können von diesen Lösungskonzepten profitieren. Häufig wird ein internes Benchmarking genutzt, um mit der Methode vertraut zu werden. Zugleich wird die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit angeregt. Hingegen ist das Innovationspotenzial innerhalb des Unternehmens i. d. R. eher begrenzt.

25

25.2.2 Betriebsübergreifendes, wettbewerbsorientiertes Benchmarking Wettbewerbsorientiertes Benchmarking ist ein externer Vergleich mit direkten Konkurrenten, die in derselben Branche die gleiche Leistung anbieten. Damit kann die eigene Stellung festgestellt und Anhaltspunkte über Verbesserungsmöglichkeiten gewonnen werden. Bei dieser Art des Benchmarkings werden Methoden oder Prozesse, die von einem Unternehmen hervorragend ausgeführt werden („Best Practice“), analysiert, auf die eigenen Gegebenheiten übertragen und im Unternehmen weiterentwickelt. Beispielsweise kann ein Krankenhaus bestimmte Operationstechniken oder Rehabilitationsmaßnahmen übernehmen. Der hohe Grad an Vergleichbarkeit macht diese Benchmarking-Form sehr beliebt. Allerdings ist die Datensammlung oft sehr problematisch, da häufig die Kooperationsbereitschaft fehlt und Vorbehalte bei der Weitergabe von Firmendaten bestehen. Zudem besteht das Risiko, branchenorientierte Verfahren bzw. Prozesse zu kopieren und somit nur mit dem Wettbewerber gleichzuziehen anstatt ihn zu überholen.

25.2.3 Branchenfremdes, funktionales Benchmarking Natürlich ist es für Gesundheitsunternehmen wichtig, sich mit anderen Unternehmen zu messen. Allerdings können Benchmarking-Partner auch aus nichtmedizinischen Bereichen stammen. Funktionales Benchmarking bedeutet den Vergleich der eigenen Produkte, Prozesse und Praktiken mit branchenfremden Unternehmen. Über Branchen hinweg wird nach Spitzenleistungen gesucht. Es geht darum, die besten Praktiken zu finden und zu nutzen, um die vorhandenen Praktiken innerhalb der eigenen Organisation zu verbessern. Im Krankenhaus beispielsweise lassen sich die Prozesse der Patientenaufnahme mit den Abläufen bei der Aufnahme eines Gastes in einem Hotel vergleichen. Ebenso können Logistikkonzepte aus der Industrie analysiert und eingesetzt werden (▶ Tab. 25.1). Eine Ausnahme bildet der medizinische Kernbereich, der einen Vergleich nur innerhalb der Gesundheitsbranche sinnvoll erscheinen lässt. Tab. 25.1 Mögliche Benchmarking-Partner eines Krankenhauses in verschiedenen Bereichen (Haeske-Seeberg, 2008). Bereich

Branchen für BenchmarkingPartner

Einkauf/ Beschaffung

● ● ● ● ●

Beschwerdemanagement

● ● ●

Pflegeprozesse

● ●



Unterbringung

● ● ●

Verpflegung

● ● ● ●

Wäscherei

● ● ●

346

Großhändler aller Art Apotheken-Großhandel Kinderheime Kantinen Hotels Kaufhäuser Versandhäuser Dienstleistungsunternehmen aller Art Altenheime Einrichtungen für betreutes Wohnen Hotels Hotels Heime Tagungs-Zentren Gaststätten Kantinen Hotels Catering-Firmen Hotels Großwäschereien Heime

25.3 Das Phasenmodell des Benchmarking-Prozesses Tab. 25.2 Vor- und Nachteile der Benchmarking-Formen (nach Informationszentrum Benchmarking am IPK-Berlin, 2002). Art

Vorteile

Internes Benchmarking

● ●



betriebsübergreifendes, wettbewerbsorientiertes Benchmarking

branchenfremdes, funktionales Benchmarking

● ● ●





Nachteile

Datenerfassung relativ einfach abteilungsübergreifende Zusammenarbeit wird gefördert problemlose Informationsbeschaffung



Marktposition lässt sich feststellen liefert Verbesserungsmöglichkeiten durch die Adaption und Weiterentwicklung sog. „Best Practices“ zu einer nachhaltigen Verbesserung der eigenen Position im Vergleich zum Konkurrenten zu gelangen bzw. Schwachstellen zu beseitigen



relativ hohes Potenzial zum Finden innovativer Lösungen keine Wettbewerbssituation



Ein wesentlicher Vorteil sind die großen Innovationspotenziale durch die Vielfalt an Benchmarking-Partnern. Außerdem besteht kein unmittelbarer Wettbewerb, da auf anderen Märkten agiert wird. Dadurch kann der Informationsaustausch offener sein. Hingegen gestaltet sich das Finden von Unternehmen, die mit dem Benchmarking-Objekt vergleichbar sind, schwieriger. Es verlangt die Fähigkeit, Methoden und ihre mögliche Anwendung aus anderen Bereichen zu erkennen und an die eigene Situation anzupassen. In ▶ Tab. 25.2 sind die Vor- und Nachteile der Benchmarking-Formen zusammengefasst.

25.3 Das Phasenmodell des Benchmarking-Prozesses Um den Benchmarking-Prozess folgerichtig durchführen zu können, sind folgende 3 Phasen zu durchlaufen: ● Vorbereitung, ● Analyse, ● Umsetzung.

25.3.1 Erste Phase: Vorbereitung Die Vorbereitungsphase beginnt mit der Identifikation des Benchmarking-Objekts. Für ein Krankenhaus kann dies z. B. die Wartezeit an der Patientenaufnahme sein. Dazu werden unternehmensintern Daten gesammelt und Fakten zusammengestellt.







begrenzter Blickwinkel abteilungsspezifische Rivalität

Datensammlung schwierig (Kooperationsbereitschaft und gegenseitiges Vertrauen muss vorhanden sein) ohne Weiterentwicklung der Konzepte lediglich Gleichziehen in der Wettbewerbsposition, aber kein Überholen

hohe Hemmschwelle und Bedenken gegen branchenfremde Lösungen relativ schwierige Transformation von Methoden aus anderen Bereichen

25

Als nächster Schritt werden Bereiche oder Einrichtungen gesucht, die als Vergleichsobjekt zum eigenen Haus dienen können. Die Suche nach einem Vertragspartner, der bereit ist, sich offen auszutauschen und in einen gegenseitigen Lernprozess einzutreten, kann problematisch sein. Der Partner muss einen vergleichbaren Prozess in seinem Unternehmen etabliert haben, bei diesem Prozess zumindest in Teilaspekten besser („BestPractice“-Stellung) und zur Teilnahme bereit sein.

Fallbeispiel

I

Apotheke als Benchmarking-Objekt Ein Krankenhaus identifiziert die hauseigene Apotheke als Benchmarking-Objekt. Einerseits sind die Bestände und damit die Lagerkosten sehr hoch, andererseits kommt es bei bestimmten Medikamenten immer wieder zu Engpässen, die eine Nachbestellung erforderlich machen. Als internes Vergleichsobjekt könnten die Bereiche Labor oder Radiologie dienen, die ebenfalls eigenständige Beschaffungsvorgänge durchführen. Allerdings bestehen in einem Haus meist abteilungsübergreifend ähnliche Probleme, sodass ein internes Benchmarking häufig sinnlos ist. Interessanter wäre die Wahl eines Nachbarkrankenhauses, das seinen Beschaffungsablauf bereits optimiert hat (nach Gorschlüter, 2001).

47

Benchmarking

25.3.2 Zweite Phase: Analyse Die Analysephase beginnt mit der Darstellung der eigenen Wettbewerbsposition. Dazu ist eine eingehende Untersuchung der zu betrachtenden Prozesse im eigenen Unternehmen wie auch beim Vergleichspartner vorzunehmen. Hilfreich sind dabei Kennzahlensysteme, die eine Gegenüberstellung vereinfachen. Diese müssen allerdings bereinigt werden, da bei der Gegenüberstellung von Zahlen stets die interne Situation und die Umwelt der Benchmarking-Partner berücksichtigt werden müssen. Hieraus ergeben sich positive oder negative Leistungslücken. Bei negativen Leistungslücken stellt sich die Frage, warum das Vergleichsunternehmen in dem betrachteten Bereich effizienter arbeitet und welche Handlungsmöglichkeiten sich daraus ableiten lassen. Als Ergebnis der Analysephase ist ein Zielsystem zu definieren.

25

Fallbeispiel

I

Analysephase Bezogen auf unser Fallbeispiel der Krankenhausapotheke kann die Analysephase ergeben haben, dass das Vergleichskrankenhaus eine wesentlich geringere Zahl von Nachbestellungen hat und somit auch niedrigere Kosten. Gründe sprechen für eine umfassende Standardisierung der Abläufe und Bereinigung des Sortiments.

25.3.3 Dritte Phase: Umsetzung Der abschließende Schritt des Benchmarking-Prozess ist die Umsetzung der „Best Practice“. Die Erkenntnisse sollen nicht nur aufgegriffen, sondern auf das eigene Unternehmen übertragen werden. Ziel ist, die Geschäftsprozesse, Methoden oder Dienstleistungen weiterzuentwickeln. Die neuen Arbeitsweisen werden in der Regel vonseiten der Mitarbeiter skeptisch betrachtet. Entsprechend ist viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um Bedenken zu entkräften. Idealerweise sollten die Mitarbeiter an dem Benchmarking-Prozess von Beginn an beteiligt sein, damit Zustimmungsprobleme vermieden werden.

348

Nach der Implementierung der Verbesserungsmaßnahmen muss überprüft werden, in welchem Maße die anfänglich festgelegten Ziele erreicht wurden. Grundsätzlich darf Benchmarking nicht als einmaliges Problemlösungsverfahren verstanden werden, vielmehr als ein systematischer und kontinuierlicher Prozess des Vergleichens. Durch die Veränderung des eigenen Unternehmens sowie der ständigen Entwicklung neuer Methoden ist das Suchen nach neuen „Best Practices“ erforderlich, um selbst einmal zu den „Besten der Besten“ zu zählen. Nicht umsonst gehört Benchmarking zu einem Instrument des strategischen Controllings.

25.4 Fragen und Aufgaben 1. Was versteht man unter „internem Benchmarking“? Nennen Sie die Vor- und Nachteile dieses Ansatzes. 2. Was ist mit „wettbewerbsorientiertem Benchmarking“ gemeint? Wo liegen die Stärken und Schwächen des Konzeptes? 3. Was versteht man unter „funktionalem Benchmarking“? Welche Vor- und Nachteile dieses Konzeptes sehen Sie? 4. Eine Möglichkeit zur Durchführung von Krankenhausbetriebsvergleichen ist das Benchmarking-Verfahren. a) Was versteht man grundsätzlich unter dem Begriff „Benchmarking“? b) Welche Formen des Benchmarkings sind Ihnen bekannt? Erläutern Sie. c) Geben Sie stichpunktartig einen Benchmarking-Prozess wieder mithilfe eines selbst gewählten Beispiels.

Foto: Thomas Pirtschke, Fotolia.com

Kapitel 26 Sozialgesetzbuch

26.1

SGB I – Allgemeiner Teil

350

26.2

SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende

350

26.3

SGB III – Arbeitsförderung

351

26.4

SGB IV – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung 351

26.5

SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung

352

SGB VI – Gesetzliche Rentenversicherung

352

SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung

353

SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe

354

SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

354

26.6 26.7 26.8 26.9

26.10 SGB X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz

355

26.11 SGB XI – Soziale Pflegeversicherung

355

26.12 SGB XII – Sozialhilfe

355

26.13 Fragen und Aufgaben

356

Sozialgesetzbuch

26 Sozialgesetzbuch Das früher in einer Vielzahl von Gesetzen geregelte Sozialrecht wird heute weitgehend in einem einheitlichen Gesetzesbuch zusammengefasst, dem Sozialgesetzbuch (SGB). Im § 1 SGB I werden die Aufgaben des Sozialgesetzbuches beschrieben.

Definition

L

§ 1 SGB I (1) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten. Es soll dazu beitragen, ● ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, ● gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen, ● die Familie zu schützen und zu fördern, ● den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und ● besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen.

26

(2) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll auch dazu beitragen, dass die zur Erfüllung der in Absatz 1 genannten Aufgaben erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen.

Nach Fertigstellung soll das SGB nach gegenwärtigem Stand 14 Bücher umfassen, allerdings ist die weitere Gestaltung noch offen. Bisher sind in Kraft getreten:

26.1 SGB I – Allgemeiner Teil Definition

L

Der allgemeine Teil des 1. Buchs (SGB I) enthält Regelungen, die auf das gesamte Sozialrecht Anwendung finden (§ 37 SGB I). Das SGB I zählt die wichtigsten Sozialleistungen und die zuständigen Leistungsträger auf, begründet allerdings selbst keine finanziellen Leistungsansprüche (§§ 18 bis 29 SGB I).

350

Detailliertere Regelungen der verschiedenen Bereiche des Sozialrechts finden sich in den anderen Büchern, z. B. die gesetzliche Unfallversicherung im SGB VII.

26.2 SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende Am 1. Januar 2005 ist das SGB II in Kraft getreten.

Definition

L

Das Gesetz definiert den rechtlichen Rahmen der „Grundsicherung für Arbeitssuchende“.

Leistungsberechtigt sind zum einen alle arbeitssuchenden Menschen zwischen 15 und 67 Jahren, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, zum anderen hilfebedürftige Angehörige (z. B. Ehegatte, Eltern, Kinder usw.), die im selben Haushalt leben (§ 7 SGB II). Nach § 8 SGB II ist erwerbsfähig, wer mindestens 3 Stunden täglich arbeiten kann. Hilfebedürftig ist, wer nicht genug Geld für sich und seine Familie hat, verdient oder verdienen kann (§ 9 SGB II). Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende sind die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur) sowie die kreisfreien Städte und Kreise (§ 6 SGB II). Beide müssen eine gemeinsame Einrichtung gründen („Jobcenter“, §§ 6d, 44b SGB II). Grundlage für die sogenannten „Ein-Euro-Jobs“ ist der § 16d SGB II. Im Gesetz taucht dieser Begriff nicht auf; offiziell ist von „Arbeitsgelegenheiten“ mit Mehraufwandsentschädigung die Rede. „Ein Euro“ steht für eine kleine Aufwandsentschädigung je gearbeitete Stunde, die zum Arbeitslosengeld II gewährt wird. Die zu erledigenden Tätigkeiten müssen zusätzlich sowie wettbewerbsneutral sein und im öffentlichen Interesse liegen. Vorrangiges Ziel von Arbeitsgelegenheiten ist es, Arbeitslose wieder an das Arbeitsleben und den Arbeitsmarkt heranzuführen. Die Kernleistung des SGB II ist das sogenannte „Arbeitslosengeld II“ (§ 19 ff. SGB II). Regelungen dazu finden sich in Kapitel 3. Es dient der „Sicherung des Lebensunterhalts“ (§ 20 SGB II). Des Weiteren werden die Kosten für die Miete einer angemessenen Wohnung und die Heizkosten übernommen (§ 22 SGB II). Eigenes Vermögen und Einkom-

26.4 SGB IV – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung men werden beim Arbeitslosengeld II angerechnet (§ 11 und § 12 SGB II). Hier gelten allerdings Freibeträge. Wer Vermögen besitzt, dessen Wert über dem Freibetrag liegt, muss es zunächst aufbrauchen, bevor er staatliche Leistungen in Anspruch nehmen kann. Nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten sogenanntes Sozialgeld (§ 19 SGB II). Unter bestimmten Bedingungen sind Mehrbedarfe (z. B. bei werdenden Müttern oder aus medizinischen Gründen) vorgesehen (§ 21 SGB II). Grundsätzlich sollten mit der Leistung aus der Grundsicherung erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Sicherung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit unterstützt werden. Zumutbar ist jede Arbeit, zu der die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person geistig, seelisch und körperlich in der Lage ist. Auch unter Tarif oder unter dem ortsüblichen Entgelt bezahlte Arbeit gilt als zumutbar, solange die Entlohnung nicht als sittenwidrig gilt (Zumutbarkeit, § 10 SGB II). Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld II gekürzt. Dies gilt auch bei fehlender Eigeninitiative.

26.3 SGB III – Arbeitsförderung Definition

L

Das 3. Buch (SGB III) regelt seit 1998 das Arbeitsförderungsrecht.

§ 1 SGB III beschreibt die Aufgaben der Arbeitsförderung, die dazu beitragen soll, „dass ein hoher Beschäftigungsstand erreicht und die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert wird“. Ziel der Arbeitsförderung ist es, dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu unterstützen. Zuständig ist die örtliche Agentur für Arbeit (§ 9 SGB III). In den §§ 12 ff. SGB III wird der berechtigte Personenkreis aufgezählt, der Leistungen der Arbeitsförderung in Anspruch nehmen kann, z. B. Auszubildende, Ausbildungs- und Arbeitsuchende, Arbeitslose, Behinderte etc. Vor allem beinhaltet das SGB III zahlreiche Maßnahmen, die Arbeitslosigkeit verhindern sollen,

wie Leistungen der Beratung (Berufsberatung, Arbeitsmarktberatung, § 29 ff. SGB III) sowie die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (§§ 35 ff. SGB III), aber auch Maßnahmen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit, wie Entgeltersatzleistungen (§ 3 Abs. 4 SGB III), insbesondere Arbeitslosengeld (§ 136 ff. SGB III), Kurzarbeitergeld bei Arbeitsausfall (§ 95 ff. SGB III), Insolvenzgeld bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (§ 165 ff. SGB III) oder Übergangsgeld bei Teilnahme an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 119 ff. SGB III). Allerdings können auch Arbeitgeber Leistungen beanspruchen. Beispielsweise können Arbeitgeber zeitlich begrenzt Eingliederungszuschüsse zum Arbeitsentgelt erhalten, wenn sie eine Person einstellen, deren Vermittlung erschwert ist und bei der die Förderung zur beruflichen Eingliederung erforderlich ist. Die Zuschüsse dienen dem Ausgleich von Minderleistungen, die bspw. auf Grund längerer Arbeitslosigkeit, einer Behinderung, einer geringen Qualifikation oder des Alters wegen bestehen können. Es handelt sich um sogenannte „Kann-Leistungen", auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Höhe und Dauer der Förderung richtet sich nach dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung und nach den Anforderungen des Arbeitsplatzes. Der Eingliederungszuschuss kann sich auf bis zu 50 % des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts belaufen und für eine Dauer von maximal 12 Monaten erbracht werden. Bei Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, kann die Förderdauer bis zu 36 Monate betragen (§ 88 ff. SGB III).

26

26.4 SGB IV – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung Definition

L

Das SGB IV enthält Bestimmungen, die primär für die gesetzliche Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie für die soziale Pflegeversicherung) gelten (§ 1 SGB IV).

Beispielsweise beschäftigt sich der 4. Abschnitt mit der Selbstverwaltung der Träger. Daneben gelten die Vorschriften des Buches IV mit wenigen Ausnahmen auch für die Arbeitsförderung.

51

Sozialgesetzbuch

26.5 SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung Definition

● ●

L

Das Sozialgesetzbuch V ist die Rechtsgrundlage für die gesetzliche Krankenversicherung.

Die Reichsversicherungsordnung (RVO) war Vorläufer des heutigen SGB V. Heute ist die RVO in weiten Teilen außer Kraft gesetzt und regelt nur noch wenige Rechtsfragen, etwa die Rechtsverhältnisse der Beamten (§§ 349 bis 360 RVO). Zuletzt wurden die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, die noch bis 2012 von der RVO geregelt wurden, mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz in das SGB V überführt (§§ 24c bis 24i SGB V). Die Aufgabe der Krankenversicherung, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern, wird in § 1 SGB V festgeschrieben. Gleichzeitig wird an die Eigenverantwortung der Versicherten appelliert, die durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen, aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen sollen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. In den folgenden Kapiteln regelt das 5. Buch des Sozialgesetzbuches folgende Punkte: ● den versicherten Personenkreis (2. Kapitel), ● die Leistungen der Krankenversicherung, wobei das Wirtschaftlichkeitsgebot besonders betont wird, § 12 SGB V (3. Kapitel), ● die Beziehungen der Kassen zu den Leistungserbringern (4. Kapitel), ● die Organisation eines Sachverständigenrats, der alle 2 Jahre für die Bundesregierung ein Gutachten zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens erstellt (5. Kapitel), ● die Organisation der Krankenkassen (6. Kapitel und 7. Kapitel), ● die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere das Beitragsrecht (8. Kapitel), ● Aufgaben und Organisation des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (9. Kapitel), ● die Erhebung von Versicherten- und Leistungsdaten und den damit verbundenen Schutz der personenbezogenen Daten (10. Kapitel),

26

352

Bußgeldvorschriften (11. Kapitel) und „Überleitungsregelungen aus Anlass der Herstellung der Einheit Deutschlands“ (12. Kapitel).

Bis heute bemüht sich die Politik, die gesetzliche Krankenversicherung finanzierbar zu halten, was zu einer Vielzahl von Gesetzesänderungen führte. Einige Änderungsgesetzen mit Relevanz für die gesetzliche Krankenversicherung sind nachfolgend aufgeführt: ● Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) ● Präventionsgesetz (PrävG) ● GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) ● GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) ● GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) ● GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) ● GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) ● Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) ● Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) ● Gesundheitsreformgesetz (GRG)

26.6 SGB VI – Gesetzliche Rentenversicherung Definition

L

Im SGB VI sind Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung enthalten.

Die wesentlichen Aufgaben der Rentenversicherung werden im 2. Kapitel beschrieben. Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen: ● die Leistungen zur Teilhabe, §§ 9 ff. SGB VI, ● die Zahlung von Renten, §§ 33 ff. SGB VI, ○ Regelaltersrente, § 35 SGB VI, ○ Rente wegen Erwerbsminderung, § 43 SGB VI, ○ Waisenrente, § 48 SGB VI, ● Wartezeiterfüllung (§ 50 SGB VI) sowie anrechenbare rentenrechtliche Zeiten wie etwa Kindererziehungszeiten, § 56 SGB VI, ● die Höhe der Rente und Rentenanpassung, §§ 63 ff. SGB VI, ● Zahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner, §§ 106 ff. SGB VI, ● die Aufklärung und Beratung der Versicherten und Rentner, §§ 109 ff. SGB VI. Das 3. Kapitel ist der Organisation, dem Datenschutz sowie der Datensicherheit gewidmet.

26.7 SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung Das 4. Kapitel regelt die Finanzierung (§§ 153 bis 227 SGB VI). In der gesetzlichen Rentenversicherung gilt das Umlageverfahren. Das bedeutet, dass die Ausgaben eines Kalenderjahres durch die laufenden Einnahmen dieses Jahres geleistet werden, ggf. durch Entnahme aus der Nachhaltigkeitsrücklage (§ 153 SGB VI). Die Ausgaben werden durch Beiträge und Bundeszuschüsse gedeckt (§ 213 SGB VI). Die Beiträge tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte (§ 168 SGB VI). Nicht nur die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen in die Rentenversicherung ein, sonder auch die Krankenkassen zahlen Beiträge über das Krankengeld und die Agentur für Arbeit für die Arbeitssuchenden. Dazu kommen noch Beiträge aus dem Pflegegeld, der Kindererziehung und von freiwillig Rentenversicherten. Neben der gesetzlichen Rente gibt es mehrere Möglichkeiten, für das Alter Vorsorge zu treffen. Dazu zählen u. a. betriebliche Altersvorsorge, Riester- und Rürup-Rente und private Rentenversicherungen. Eigenständige Alterssicherungssysteme bestehen bis heute für Beamte, Richter und Soldaten und für Angehörige freier Berufe (§§ 5,6 SGB VI). Die Diskussion über die Auswirkungen der demografischen Entwicklung (Rückgang der Geburtenzahlen und eine stete Verlängerung der Lebenserwartung) auf die gesetzliche Rentenversicherung wie auch die Alterssicherung insgesamt hat eine lange Tradition. Die steigende Lebenserwartung verursacht eine durchschnittlich längere Rentenbezugsdauer. Das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung („RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz“) nahm Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vor und sieht eine auf den Geburtsjahrgang abstellende Anhebung der Regelaltersgrenze auf das 67. Lebensjahr vor. Ab 2012 erhöhte sich das Rentenalter um 1 Monat pro Kalenderjahr, ab 2024 erfolgt die Anhebung in 2-Monats-Schritten. Im Jahr 2029 wird der Renteneintritt erst ab dem 67. Lebensjahr möglich sein. Die Anhebung der Altersgrenze soll mithelfen, die finanzielle Grundlage und die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Generationen nachhaltig zu sichern. Ferner wurde durch die Maßnahme bezweckt, den Beitragssatz und das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 weitgehend stabil zu halten. Zugleich wurde mit

diesem Gesetz zum 1. Januar 2012 eine neue Rentenart eingeführt: die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

26.7 SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung Definition

L

Mit dem 7. Buch des SGB von 1997 wurde die gesetzliche Unfallversicherung eingegliedert.

Sie weist von allen Zweigen der Sozialversicherung die größte Beständigkeit und Stabilität auf. Die gesetzliche Unfallversicherung befasst sich mit der Verhütung von Arbeitsunfällen (§§ 14 ff. SGB VII) und den Leistungen nach Eintritt eines Arbeitsunfalls (einschließlich eines Wegeunfalls) oder einer Berufskrankheit (§ 9 SGB VII), die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht wurde (Versicherungsfälle, § 7 SGB VII). Gewährt werden u. a. Maßnahmen der Heilbehandlung, § 27 SGB VII, Verletzungsgeld, §§ 45 ff. SGB VII, sowie Rentenleistungen bei geminderter Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles, §§ 56 ff. SGB VII. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften (BGen). Im SGB VII aufgelistet sind (§ 114 SGB VII): ● gewerbliche Berufsgenossenschaften ● die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ● die Unfallversicherung Bund und Bahn ● die Unfallkassen der Länder ● Gemeindeunfallversicherungsverbände ● Unfallkassen der Gemeinden ● die Feuerwehr-Unfallkassen

26

In den letzten Jahren wurden die Organisation sowie die Verwaltung der Unfallversicherung neu strukturiert. Durch Zusammenschluss sollte die Zahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften und die der Unfallkassen reduziert werden (§ 222 f. SGB VII). Mittlerweile ist die Zahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf 9 gesunken (Anlage 1 zum SGB VII). Die landwirtschaftliche Unfallversicherung wird von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) geregelt. Die Zuständigkeit für Versicherte bestimmt sich nach der Zuständigkeit für das Un-

53

Sozialgesetzbuch ternehmen, in dem der Versicherte beschäftigt ist (§ 133 SGB VII). Zu den Aufgaben der Berufsgenossenschaften zählen: ● mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu verhüten, deren Ursachen nachzugehen und für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen (§ 14 SGB VII), ● Unternehmen und Versicherte zu beraten (§ 17 SGB VII), ● Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sowie ● der Erlass von Unfallverhütungsvorschriften (§ 15 SGB VII). Die gesetzliche Unfallversicherung wird durch Beiträge der Mitgliedsunternehmen finanziert (Umlageverfahren). Sie ist die einzige Sozialversicherung, deren Beiträge allein von den Unternehmern (Arbeitgebern) erbracht werden (§ 150 SGB VII).

26

26.8 SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe Definition

L

Das alte Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) aus dem Jahr 1961 wurde durch das SGB VIII abgelöst. Im Vordergrund der Kinder- und Jugendhilfe steht die Förderung der Entwicklung junger Menschen.

Ziel ist (§ 1 SGB VIII): junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, ● Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung zu beraten und zu unterstützen, ● Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen und ● beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. ●

Die einzelnen Leistungen und Aufgaben der Jugendhilfe werden in § 2 SGB VIII aufgezählt. Dazu gehören Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, des erzieherischen Kinder- und Ju-

354

gendschutzes (§ 11 bis 14 SGB VIII) sowie Förderung der Erziehung in der Familie (§ 16 bis 21 SGB VIII) und Hilfe zur Erziehung und Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 27 bis 40 SGB VIII). Zu den Aufgaben der Jugendhilfe zählen des Weiteren Ansprüche auf Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, z. B. deren Inobhutnahme (die außerfamiliäre Unterbringung bei einer geeigneten Person oder Einrichtung, § 42 SGB VIII) sowie Regelungen über Pflegschaft und Vormundschaft für Kinder und Jugendliche (§ 53 bis § 58 SGB VIII). Leistungen werden nicht nur durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe wie Jugendämter gewährt, sondern auch von freien Trägern (§ 3 SGB VIII), wie Initiativen, Vereinen oder Stiftungen. Das SGB VIII ist nicht das einzige Gesetzbuch, das Fragen der Kinder- und Jugendhilfe regelt. Berührungspunkte finden sich auch im Familienrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches, im Bundeselterngeldgesetz, im Unterhaltsvorschussgesetz, im Jugendarbeitsschutzgesetz, in den sonstigen Büchern des Sozialgesetzbuchs und in anderen Gesetzen.

26.9 SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Definition

L

Das am 01.07.2001 in Kraft getretene SGB IX besteht aus 2 Teilen. Teil 1 des SGB IX enthält „Regelungen für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen“ (§ 1 bis 67 SGB IX). In Teil 2 wurde das Schwerbehindertenrecht in das SGB IX einbezogen und löst das frühere Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ab. Es umfasst die „Besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen“ (§ 68 bis 159 SGB IX).

26.12 SGB XII – Sozialhilfe

26.10 SGB X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz Definition

L

Gegenstand des SGB X sind hauptsächlich für alle Sozialleistungsträger geltende Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Ebenso wichtig für den Empfänger von Sozialleistungen ist der strenge Schutz der Sozialdaten (2. Kapitel SGB X).

§§ 67 ff. SGB X beschäftigt sich eingehend mit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung. § 78a SGB X regelt Maßnahmen der Datensicherung. Das 3. Kapitel beschäftigt sich mit der Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihrer Beziehung zu Dritten; regelt Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander und gegenüber Dritten.

mit der Qualitätssicherung. Das Kapitel 15 enthält Regelungen zur Überleitung in die Pflegegrade, zum Besitzstandsschutz für Leistungen der Pflegeversicherung und Übergangsregelungen im Begutachtungsverfahren im Rahmen der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ist einer der vordringlichsten Punkte der Gesundheitspolitik in den letzten Jahren. Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) markiert den Abschluss der aus Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) und Erstem Pflegestärkungsgesetz (PSG I) dreischrittigen Pflegeversicherungsreform. Während schon mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz und dem Ersten Pflegestärkungsgesetz höhere Leistungen für mehr Pflegebedürftige übergangsweise eingeführt wurden, beinhaltet das PSG II die zentrale Neuerung: den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff (§ 14 SGB XI). Alle drei Reformen gemeinsam ergeben die umfangreichste Novellierung des SGB XI der letzten Jahre.

26

26.11 SGB XI – Soziale Pflegeversicherung Definition

26.12 SGB XII – Sozialhilfe

L

Das SGB XI enthält die Regelungen für die soziale Pflegeversicherung.

Die Leistungen der Pflegeversicherung sollen dazu beitragen, dass Pflegebedürftige trotz Hilfebedarfs ein möglichst selbstständiges Leben führen können (§ 2 SGB XI). Betont wird im 1. Kapitel der Vorrang der häuslichen Pflege vor der Pflege in stationären Einrichtungen (§ 3 SGB XI) sowie der Vorrang von Prävention und medizinischer Rehabilitation (§ 5 SGB XI). Im 2. Kapitel wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit konkretisiert (§ 14 SGB XI). Das 3. Kapitel befasst sich mit dem versicherungspflichtigen Personenkreis. Im Anschluss daran werden zu Beginn des 4. Kapitels die Leistungen der Pflegeversicherung genannt (§ 28 SGB XI). Das 5. Kapitel widmet sich der Organisation der Pflegekasse. Die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung wird im 6. Kapitel geregelt. Das Kapitel 7 stellt die Beziehung der Pflegekasse zu den Leistungserbringern dar. Nach Regelungen über den Datenschutz und Regelungen für die private Pflegeversicherung beschäftigt sich das 11. Kapitel

Definition

L

Am 1. Januar 2005 wurde das Sozialhilferecht als 12. Buch in das Sozialgesetzbuch (SGB XII) eingegliedert.

Diese Änderung ergibt sich aus dem „Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, 3 022)“. Gleichzeitig traten das „Bundessozialhilfegesetz“ (BSHG) und das „Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“ (GSiG) außer Kraft. Die Sozialhilfe hat die Aufgabe, „den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht“ (§ 1 SGB XII). Leistungen nach dem SGB XII erhalten nur noch Personen, die nicht erwerbsfähig sind, Kinder und Jugendliche, die nicht in Haushaltsgemeinschaften mit ihren Angehörigen leben, sowie ältere Menschen. Die Sozialhilfe ist subsidiär, d. h., Sozialhilfe erhält nicht, wer sich selbst durch Erwerbsfähigkeit oder sein Vermögen helfen kann oder die erforderliche Hilfe von anderen erhält, z. B. von Angehörigen oder von anderen Sozialleistungsträgern (§ 2 SGB XII). Sie tritt nur als „Notbehelf“ ein (Ultima Ratio). Träger der Sozial-

55

Sozialgesetzbuch hilfe sind die kreisfreien Städte und Landkreise sowie die sogenannten überörtlichen Träger (§ 3 SGB XII). In der neuen Form umfasst die Sozialhilfe die Bereiche (§ 8 SGB XII): 1. Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40 SGB XII), 2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b SGB XII), 3. Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52 SGB XII), 4. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 bis 60 SGB XII), 5. Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66 SGB XII), 6. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69 SGB XII), 7. Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74 SGB XII) sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.

26

356

26.13 Fragen und Aufgaben 1. Welches Gesetzesbuch enthält Regelungen, die auf das gesamte Sozialrecht Anwendung finden? 2. Was bedeutet „hilfebedürftig“ nach § 9 SGB II? 3. Worin besteht die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 1 SGB V? 4. Was besagt das für sämtliche Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V)? 5. Welche Rentenarten unterscheidet die Rentenversicherung? 6. Nennen Sie die Rechtsgrundlage für die gesetzliche Unfallversicherung. 7. Welche Ereignisse lösen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung aus (§ 7 SGB VII)?

Teil VIII

27 Krankenhausfinanzierung

Investitionen finanzieren

VIII

359

Foto: Kirsten Oborny, Thieme

Kapitel 27

27.1

Historische Entwicklung

359

Krankenhausfinanzierung

27.2

Gesetzliche Grundlagen

359

27.3

Grundlage der dualen Finanzierung

359

Abgrenzung der Wirtschaftsgüter

360

27.5

Krankenhausplan

361

27.6

Wie erfolgt die Förderung?

362

27.7

Finanzierung der Betriebskosten 364

27.8

Fragen und Aufgaben

27.4

364

27.3 Grundlage der dualen Finanzierung

27 Krankenhausfinanzierung 27.1 Historische Entwicklung In der Bundesrepublik lässt sich die Entwicklung der Krankenhausfinanzierung in die Phase vor und nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) von 1972 unterteilen. In der Zeit zwischen 1936 und 1972 wurden die Krankenhäuser in Deutschland monistisch finanziert, d. h., die Finanzierung der Investitions- und Benutzerkosten kamen aus einer Hand (Krankenkassen). Da bei der Festlegung der Pflegesätze die Leistungsfähigkeit der beteiligten Sozialversicherungsträger zu berücksichtigen war, gelang es den Krankenhäusern immer weniger, ihre Selbstkosten zu decken. Die notwendigen Investitionen in die stationäre Versorgung unterblieben und führten zunehmend zum Substanzverlust der Krankenhäuser. Die finanzielle Lage der Krankenhäuser gab Anlass zu Reformüberlegungen. Dabei setzte sich die Auffassung durch, dass die Bereitstellung von Krankenhäusern eine öffentliche Aufgabe sei und sich Bund und Länder beteiligen sollten. Mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) wurde die Debatte um die Art der Krankenhausfinanzierung zunächst beendet.

27.2 Gesetzliche Grundlagen Gesetzliche Grundlagen der Krankenhausfinanzierung sind: ● SGB V – Sozialgesetzbuch 5. Buch, ● KHG – Krankenhausfinanzierungsgesetz mit Folgerecht, ○ BPflV – Bundespflegesatzverordnung, ○ AbgrV – Abgrenzungsverordnung, ○ KHBV – Krankenhaus-Buchführungsverordnung, ○ KHStatV – Krankenhausstatistik-Verordnung, ○ Psych-PV – Psychiatrie-Personalverordnung, ● KHEntgG – Krankenhausentgeltgesetz, ● FPV – Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser, ● Landeskrankenhausgesetze mit Folgerechten.

27.3 Grundlage der dualen Finanzierung Das unmittelbare Ziel des KHG ist die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen (§ 1 KHG). Seit der Verabschiedung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) werden in der Bundesrepublik Deutschland die Krankenhäuser dualistisch finanziert. Rechtlich verankert ist die duale Finanzierung in § 4 KHG; dort heißt es: „Die Krankenhäuser werden dadurch wirtschaftlich gesichert, dass 1. ihre Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung übernommen werden und sie 2. leistungsgerechte Erlöse aus Pflegesätzen, die nach Maßgabe dieses Gesetzes auch Investitionskosten enthalten können, sowie Vergütungen für vor- und nachstationäre Behandlung und für ambulantes Operieren erhalten.“

27

Seit damals basiert die Finanzierung der Krankenhäuser somit auf 2 Säulen: ● dem Investitionskostenanteil (§ 2 Nr. 2 KHG) zur Neu- und Wiederbeschaffung langfristiger Wirtschaftsgüter sowie für Krankenhausneubauten und deren Erstausstattung und ● dem Betriebskostenanteil.

Definition

L

Betriebskosten sind alle Kosten, die dem Krankenhaus durch die stationäre und teilstationäre Patientenversorgung direkt, aber auch indirekt durch die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft entstehen.

Die Trennung in 2 Kostenarten findet ihren Niederschlag in 2 unterschiedlichen Finanzierungsträgern: den Bundesländern und den gesetzlichen Krankenkassen.

59

Krankenhausfinanzierung Die Investitionskosten werden durch öffentliche Fördermittel finanziert, teilweise als Einzelförderung für bestimmte Investitionsmaßnahmen oder als regelmäßige Pauschalförderung. Der Staat finanziert die Investitionen durch Steuermittel. Die Fördermittel sind so zu bemessen, dass sie die notwendigen Investitionskosten decken (§ 9 Abs. 5 KHG). Die laufenden Betriebskosten werden von den Krankenkassen getragen, die ihre Ausgaben durch Krankenkassenbeiträge ihrer Mitglieder decken (sowie von den Privatversicherungen und den Patienten ohne Versicherung, den sogenannten Selbstzahlern).

ze“ wird im KHG und v. a. in der der Abgrenzungsverordnung (AbgrV) geregelt. Danach lassen sich Wirtschaftsgüter in Anlage-, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter ordnen (▶ Abb. 27.2).

Den Zusammenhang der Krankenhausfinanzierung verdeutlicht ▶ Abb. 27.1.

▶ Gebrauchsgüter. Gebrauchsgüter sind Anlagegüter mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer bis zu 3 Jahren. Somit sind auch Gebrauchsgüter in den Begriff der Anlagegüter einbezogen. Die Erstausstattung der Gebrauchsgüter wird vom Land getragen. Beispiele für Gebrauchsgüter sind Dienst- und Schutzkleider, Wäsche und Textilien, aber auch sonstige Gebrauchsgüter des medizinischen Bedarfs wie Narkosemasken, Spezialkatheter und -kanülen oder Venendruckmesser.





27.4 Abgrenzung der Wirtschaftsgüter Durch die Trennung der Verantwortung für die Investitions- und Betriebskosten wurde eine Abgrenzung erforderlich, welche Kosten über die Fördermittel der Länder und welche Kosten über die Pflegesätze/DRG zu finanzieren sind. Die Zuordnung von Kosten zu den genannten Finanzierungsquellen „Fördermittel oder Pflegesät-

27

▶ Anlagegüter. Anlagegüter sind die Wirtschaftsgüter des zum Krankenhaus gehörenden Anlagevermögens. Das Anlagevermögen umfasst die Gegenstände, die dem Geschäftsbetrieb dauernd dienen. Zu den Anlagegütern eines Krankenhauses zählen u. a. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Betriebsbauten, technische Anlagen sowie Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände wie Mobiliar oder Gehgestelle.

▶ Verbrauchsgüter. Verbrauchsgüter sind Wirtschaftsgüter, die durch ihre bestimmungsmäßige Anwendung aufgezehrt werden (z. B. Arzneimittel,

Krankenhaus • Betriebskosten

Vergütung der Betriebskosten für die Patientenbehandlung

• Investitionskosten

Staat (Bundesländer) Antrag KH-Plan

Investitionsprogramm

Mittelzuweisung nach Plan

Steuerzahler

Beitragszahler

Abb. 27.1 Systematik der Krankenhausfinanzierung. (nach Neubauer, 2004)

360

Krankenkassen vor Ort

27.5 Krankenhausplan

Wirtschaftsgut

Anlagegüter

Errichtung und Erstausstattung

Verbrauchsgüter

Wiederbeschaffung

ND > 3 Jahre

ND < 3 Jahre (Gebrauchsgüter)

Finanzierung über Fördermittel

Finanzierung über Pflegesätze

Abb. 27.2 Wirtschaftsgüter. (Tuschen, 2010)

Wasch-, Reinigungs- und Desinfektionsmittel) oder nicht wieder verwendbar sind (z. B. Verbandsmaterial, Einwegspritzen) oder die ausschließlich von einem Patienten genutzt werden und üblicherweise bei ihm verbleiben (z. B. Endoprothesen, Herzschrittmacher). Verbrauchsgüter werden grundsätzlich aus den laufenden Einnahmen finanziert. ▶ Resümee. Gebrauchsgüter sind ebenso wie Verbrauchsgüter pflegesatzfähig. Pflegesatzfähige Kosten werden über die Entgelte den Kostenträgern in Rechnung gestellt. Hingegen werden Anlagegüter zur Errichtung und Erstausstattung des Krankenhauses und wiederbeschaffte Anlagegüter mit einer Nutzungsdauer von mehr als 3 Jahren über das Land per Pauschalförderung oder Einzelförderung finanziert oder müssen aus Eigenmitteln des Krankenhauses gedeckt werden.

27.5 Krankenhausplan Zur Verwirklichung der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser stellen die Bundesländer Krankenhauspläne und Investitionsprogramme auf (§ 6 Abs. 1 KHG). Die Aufnahme in den Krankenhausplan erfolgt durch Feststellungsbescheid des Landes. Alle Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Bundeslandes aufgenommen sind, haben grundsätzlich Anrecht auf Förderung nach

Maßgabe des KHG (▶ Abb. 27.3). Zudem müssen Krankenkassen die vom Krankenhaus erbrachte Krankenhausbehandlung erstatten. Ein Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan und in das Investitionsprogramm besteht allerdings nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern entscheidet die zuständige Landesbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am bes-

27

Mittel der Bundesländer

Einzelförderung (§ 9 Abs. 1 und 2 KHG)

Pauschalförderung (§ 9 Abs. 3 KHG)

Voraussetzungen: Krankenhäuser müssen • im Krankenhausplan enthalten sein, • einen Antrag auf Förderung stellen, • in das Investitionsprogramm der Länder aufgenommen werden.

bemisst sich i. d. R. nach • der Bettenzahl • der Versorgungsstufe • und ggf. der Abteilungsstruktur

Abb. 27.3 Voraussetzungen der Einzelförderung und Bemessungsgrundlage. (Goedereis, 1999)

61

Krankenhausfinanzierung ten gerecht wird. Die Vielfalt der Krankenhausträger ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Qualität der erbrachten Leistungen der Einrichtungen gleichwertig ist (§ 8 Abs. 2 KHG). Während der Krankenhausplan für jedes Haus ● den Standort und Trägerschaft des Krankenhauses, ● die Bettenzahl je Krankenhaus, ● die Art und Anzahl der Fachrichtungen, ● die mit den Krankenhäusern verbundenen Ausbildungsstätten festlegt, dienen die Investitionsprogramme der Förderung des Krankenhausbaus. In der Mehrzahl der Krankenhauspläne werden die Krankenhäuser nach Versorgungsstufen ausgewiesen. Zudem enthält der Krankenhausplan Bemerkungen, die die Leistungen des Krankenhauses präzisieren („Perinatalzentrum“, „Geriatrischer Schwerpunkt“). Zukünftig sollen Aspekte der Qualitätssicherung eng mit der Krankenhausplanung verknüpft werden (§ 8 Abs. 1a, 1b KHG, vgl. Kapitel 24).

27

27.6 Wie erfolgt die Förderung? 27.6.1 Einzelförderung Das KHG unterscheidet förderrechtlich zwischen der Einzel- und Pauschalförderung (▶ Abb. 27.4). Auf Antrag des Krankenhausträgers werden folgende Investitionskosten finanziert (§ 9 Abs. 1 und 2 KHG): ● Einzelmaßnahmen der Errichtung (Neubau, Umbau, Erweiterungsbau), einschließlich der Erstausstattung mit den jeweils notwendigen Anlagegütern, ● Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer Nutzungsdauer über 3 Jahre, ● Anlauf- und Umstellungskosten bei innerbetrieblichen Änderungen, ● Erwerb, Erschließung, Miete und Pacht von Grundstücken, unter der Bedingung, dass ohne die Förderung die Aufnahme oder Fortführung des Krankenhausbetriebs gefährdet wäre, ● Ausgleich für die Abnutzung von Anlagegütern, soweit diese durch Eigenmittel der Krankenhäuser beschafft wurden, ● Umstellung von Krankenhäusern oder Krankenhausabteilungen auf andere Aufgaben außerhalb der akutstationären Versorgung (z. B. Umwidmung in Altenpflegeeinrichtungen oder geriatrische Rehabilitation).

Mittel der Bundesländer

Einzelförderung (zweckgebunden) (§ 9 Abs. 1 und 2 KHG)

§ 9 Abs. 1 KHG • Einzelmaßnahmen der Errichtung einschl. Erstausstattung mit Anlagegütern • Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer Nutzungsdauer > 3 Jahre § 9 Abs. 2 KHG • Anlauf- und Umstellungskosten bei innerbetrieblichen Änderungen • Erwerb, Erschließung, Miete und Pacht von Grundstücken, soweit ohne die Förderung die Aufnahme oder Fortführung des Krankenhausbetriebs gefährdet wäre • Umstellung von Krankenhäusern oder Krankenhausabteilungen auf andere Aufgaben (z. B. Umwidmung in Pflegeeinrichtungen)

Pauschalförderung (feste jährliche Förderbeträge, mit denen das Krankenhaus im Rahmen der Zweckbindung frei wirtschaften kann) (§ 9 Abs. 3 KHG)

§ 9 Abs. 3 KHG • Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter (3 Jahre < ND < 15 Jahre) • kleine bauliche Maßnahmen

Abb. 27.4 Mittel der Bundesländer nach § 9 KHG. (nach Goedereis, 1999)

362

27.6 Wie erfolgt die Förderung? Über die Bewilligung der Fördermittel wird im Rahmen eines Einzelantragsverfahrens durch die zuständigen Landesförderbehörden entschieden. Die Fördermittel müssen dem Antrag entsprechend zweckgebunden genutzt werden.

27.6.2 Pauschalförderung Neben der Einzelförderung erhalten Krankenhäuser Fördermittel als pauschale Abgeltung (Pauschalbeträge). Die Höhe der Pauschalförderung erfolgt bundeslandspezifisch unterschiedlich, beispielsweise nach Anzahl der Betten, aber auch nach Bewertungsrelation oder Leistungsgruppe. Die Pauschalbeträge stehen auch ohne notwendigen Investitionsbedarf jährlich neu zur Verfügung und können im Rahmen der Zweckbindung frei verwendet werden (§ 9 Abs. 3 KHG). Bei der Pauschalförderung handelt es sich um: ● Mittel zur Wiederbeschaffung, Ergänzung, Nutzung und Mitbenutzung kurzfristiger Anlagegüter mit einer Nutzungsdauer von mehr als 3 und bis zu 15 Jahren. Sie dienen vorwiegend zur Erneuerung medizinischer Geräte, aber auch zur Beschaffung infrastruktureller Einrichtungen, wie z. B. einer Krankenhausküche, ● für kleine bauliche Maßnahmen unterhalb einer festgelegten Wertgrenze. Da sowohl die Einzelförderung als auch die pauschale Förderung in der Finanzierungsverantwortung der Bundesländer liegt, sind die Details den jeweiligen Landeskrankenhausgesetzen zu entnehmen.

27.6.3 Leistungsorientierte Investitionspauschalen Seit vielen Jahren ist eine rückläufige Förderquote der Bundesländer festzustellen. Mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) wurde eine Reformierung der Investitionskostenfinanzierung der Krankenhäuser durch den Gesetzgeber in Auftrag gegeben und gesetzlich im § 10 KHG verankert. Statt der bisherigen antragsbasierten Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser wird den einzelnen Bundesländern die Umstellung auf eine Investitionsförderung auf der Grundlage leistungsorientierter Investitionspauschalen ermöglicht. Zukünftig könnten sich Erlöse aus leistungsorientierten Investitionspauschalen als Produkt aus dem Investitionsfallwert und den Investitions-

bewertungsrelationen ergeben. Der Investitionsfallwert wird auf Landesebene festgelegt, die Investitionsbewertungsrelationen sind bundeseinheitlich. Anders als bei der Einführung des DRG-Systems war bei den Investitionskosten kein internationales Vorbild vorhanden. Die Selbstverwaltungspartner mussten ein komplett neues System ausarbeiten. Auf die Grundstrukturen für Investitionsbewertungsrelationen und das Verfahren zu ihrer Ermittlung einigten sich die Vertragsparteien auf Bundesebene Anfang 2010 mit der „Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 KHG“. Auf dieser Grundlage wurde das DRG-Institut (InEK) mit der Kalkulation der bundeseinheitlichen Investitionsbewertungsrelationen beauftragt. Hierzu muss der DRG-Systemzuschlag entsprechend aufgestockt werden. Die Kalkulation folgt dabei in der Grundkonzeption der Vorgehensweise der DRG-Kalkulation. Unter anderem sind die Bewertungsrelationen auf der Basis einer sachgerechten und repräsentativen Kalkulationsstichprobe von Krankenhäusern zu ermitteln. Nach der Entwicklung eines Kalkulationshandbuches, das durch einen Prätest und einer Probekalkulation ausgewertet wurde, konnte das InEK den ersten Katalog mit Investitionsbewertungsrelationen für Einrichtungen nach § 17b KHG für das Systemjahr 2014 herausgeben. Im Zentrum der Kalkulation steht die Ermittlung des jährlichen Investitionsbedarfs der Krankenhäuser. Unabhängig von der Herkunft der Investitionsmittel (Zuwendungen und Zuschüsse der öffentlichen Hand, Eigenmittel, Fördermittel nach KHG) ist dieser Basis für die Kalkulation der Investitionsbewertungsrelationen. Neben dem Katalog wird zusätzlich die Bezugsgröße durch das InEK veröffentlicht. Auch in den kommenden Jahren wird eine Weiterentwicklung des Katalogs angestrebt. Derzeit ist das Bild der Länder zur Umsetzung der Investitionsbewertungsrelationen noch sehr uneinheitlich. Denn die Länder haben nach wie vor zum einen das Recht, den Zeitpunkt der Einführung zu bestimmen. Zum anderen dürfen sie entscheiden, ob künftig die bisherigen Fördermittelarten der Einzelförderung und der Pauschalförderung oder leistungsorientierte Investitionspauschalen zur Anwendung kommen. § 10 Abs. 1 S. 5 KHG besagt hierzu: „Das Recht der Länder, eigenständig zwischen der Förderung durch leistungsorientierte Investitionspauschalen und der Einzel-

27

63

Krankenhausfinanzierung förderung von Investitionen einschließlich der Pauschalförderung kurzfristiger Anlagegüter zu entscheiden, bleibt unberührt.“ Des Weiteren bleibt es den Ländern, die das neue System einführen wollen, freigestellt, zu welchem Anteil sie ihre Investitionsmittel über Investitionsbewertungsrelation verteilen und wie viel über die bisherige Einzelförderung bzw. Pauschalförderung fließen soll.

27.7 Finanzierung der Betriebskosten Bereits seit 2004 erfolgt die Finanzierung der Betriebskosten – mit Ausnahmen – anhand eines diagnosebezogenen Fallpauschalsystems, des sogenannten DRG-Systems. DRG steht für German Diagnosis Related Groups, also Fallpauschalen, deren Zuordnung sich im Wesentlichen nach den Diagnosen (ICD-Kodes) und Prozeduren (OPS-Kodes) richtet. Eventuell vorhandene Nebendiagnosen können zudem die Schweregradeinstufung beeinflussen. Dabei sind die Deutschen Kodierrichtlinien zu beachten. Die Leistungen der Krankenhäuser werden damit weitestgehend unabhängig davon, wie lange der Patient im Krankenhaus liegt, pauschal vergütet. Erst bei der Überschreitung einer festgelegten oberen Grenzverweildauer (OGVD) bekommt das Krankenhaus für alle weiteren erbrachten Behandlungstage einen Zuschlag von der Krankenkasse. Grundsätzlich wird mit der DRG der gesamte Krankenhausfall vergütet. Zusatzentgelte (ZE) können zusätzlich zur DRG abgerechnet werden, z. B. Dialysen, besondere Implantate, teure Präparate. Die Höhe der Fallpauschale bestimmt sich über 2 Komponenten: 1. die Bewertungsrelation und 2. den Basisfallwert.

27

364

Die Bewertungsrelationen der einzelnen DRGs sind für jedes Krankenhaus in der Bundesrepublik dieselben. Sie werden vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) kalkuliert. Als 2. Komponente wurde nach Ende der Konvergenzphase ein landesweit gültiger Basisfallwert für alle Krankenhäuser umgesetzt. Damit werden stationäre Krankenhausleistungen im jeweiligen Bundesland zu gleichen Preisen vergütet. Der Landesbasisfallwert wird mit der Bewertungsrelation für die jeweilige medizinische Leistung multipliziert und ergibt den Erlös für den Behandlungsfall, den die Krankenkassen den Krankenhäusern im Lande erstatten. Eine ausführliche Darstellung des DRG-Systems findet sich in Kap. 16.2.

27.8 Fragen und Aufgaben 1. Welches Gesetz enthält die rechtlichen Grundlagen für die Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland? 2. Welchen Zweck verfolgt das KHG? 3. Beschreiben Sie die beiden Säulen der dualen Finanzierung. 4. Worin unterscheidet sich die monistische von der dualen Finanzierung? 5. Was sind Investitionskosten? 6. Auf welchen Planungen basiert die öffentliche Förderung nach dem KHG? 7. Welche allgemeinen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Anspruch auf Förderung nach Maßgabe des KHG zu haben? 8. Was ist unter Pauschalförderung zu verstehen? 9. Nehmen Sie Stellung zu folgender Aussage: „Die Art der Kosten bestimmt die Finanzierung der stationären Krankenhausversorgung.“

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ACENDIO Association for Common European Nursing Diagnoses, Interventions and Outcomes

DFÜ

Datenfernübertragung

DGQ

Deutsche Gesellschaft für Qualität e. V.

AEV Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e. V. AG Aktiengesellschaft

DIMDI Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information

AHB

Anschlussheilbehandlung

DIN

Deutsches Institut für Normung

AHV

Hinterbliebenenversicherung

DKG

Deutsche Krankenhausgesellschaft

AIDS Acquired Immunodeficiency Syndrome (englisch) (Erworbenes Immundefektsyndrom)

DKR-Psych Deutsche Kodierrichtlinien für die Psychiatrie und Psychosomatik

AKR

Ambulanten Kodierrichtlinien

DMP

AOK

Allgemeine Ortskrankenkasse

DQS Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen

AOP-Katalog Katalog ambulant durchführbarer Operationen und stationsersetzender Eingriffe APK

Arzt-Patienten-Kontakt

DRG Diagnosis Related Groups DTA

Datenträgeraustausch

AR-DRG Austalian Refined-Diagnosis Relates Groups

DWdEKD Diakonie

AS Abfallschlüsse

EBM

AU arbeitsunfähig

EDV Elektronische Datenverarbeitung

AVB Allgemeine Vertragsbedingungen AV-Kanal Atrio-ventrikulärer Septumdefekt

EEA EFQM Excellence Award; Europäischer Qualitätspreis

BAG

Berufsausübungsgemeinschaft

EEG

BÄK

Bundesärztekammer

EFQM

BAR

Bundesarztregister

EG

Bfa Bundesversicherungsanstalt für Angestellte BG

Berufsgenossenschaft

BGH BIP

Bundesgerichtshof Bruttoinlandsprodukt

BKK

Einheitlicher Bewertungsmaßstab

Elektroenzephalogramm (Gehirnstrommessung) European Foundation for Quality Management

Europäische Gemeinschaft

EKG Elektrokardiogramm (Herzstrommessung und -aufzeichnung) EN

Europäische Norm

EOQ European Organization for Quality

Betriebskrankenkasse

EQA

Bundesministerium für Gesundheit

EU

BMG

European Quality Award Europäische Union

BQS Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (Institut für Qualität und Patientensicherheit)

G-BA Gemeinsamer Bundesausschuss

BWKG Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft

G-DRG German - Diagnosis Related Groups

CC Complication or Comorbidity CCL Complication or Comorbidity Level

GemBA Gemeinsamer Bundesausschuss; Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss

CM

Case-Mix

Ges.

CMI

Case-Mix Index

gGmbH Haftung

COPD Chronic obstructive pulmonary disease (chronisch obstruktive Lungenerkrankung)

GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GEK Gmünder Ersatzkasse

Gesellschaft

GmbH

DAK

GOP

Deutsche Angestellten Krankenkasse Durchgangsarzt

Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

CW Cost Weight D-Arzt

Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gebührenordnungsposition(en)

H-Arzt

Heilbehandlungsarzt

DBfK

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe

HEK

Hanseatische Krankenkasse

DCV

Deutscher Caritasverband

HNO

Hals-Nasen-Ohren

DEKV

Deutscher Evangelischer Krankenhausverband

i. m. intramuskulär i. v.

366

Disease-Management-Programme

intravenös

Abkürzungsverzeichnis ICD-O Internationale Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie

MS Multiple Sklerose MTA

Medizinisch-technische(r) Assistent(in)

IDC-10 Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision

MVZ

Medizinisches Versorgungszentrum

ICF Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderungen und Gesundheit ICN

International Council of Nurses

ICNP

International Classification for Nursing Practice

ICPM International Classification of Procedures in Medicine IGeL

Individuelle Gesundheitsleistungen

IGV

Integrierte Versorgung

IKK

Innungskrankenkasse

IND

Internationale Nomenklatur der Krankheiten

InEK

Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus

IQWiG Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen ISO IV

International Organization for Standardization Integrierte Versorgung

JCAHO Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations KÄV

Kurärztliche Verwaltungsstelle

KBV Kassenärztliche Bundesvereinigung KG

Kommanditgesellschaft

KH Krankenhaus KK Krankenkasse(n) KKVD KMU

Katholischer Krankenhausverband Deutschland Kleine und mittlere Unternehmen

KRINKO Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut KTQ Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen KV Kassenärztliche Vereinigung KVD

Kassenärztliche Vereinigung Deutschland

KZV

Kassenzahnärztliche Vereinigung

LAGA

Länderarbeitsgemeinschaft Abfall

LÄK Landesärztekammer Lfg.

Lieferung

LG

Landgericht

LKA Leistungs- und Kalkulationsaufstellung LKK

Landwirtschaftliche Krankenkasse

MBNQA

Malcolm Baldrige National Quality Award

MDC

Major Diagnostic Category

MDK

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

MGV

morbiditätsbedingte Gesamtvergütung

MwSt Mehrwertsteuer NANDA North American Nursing Diagnosis Association ND

Nutzungsdauer

NUB

Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

ÖGD

Öffentlicher Gesundheitsdienst

OGVD

obere Grenzverweildauer

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OP Operation OPS-301 pAPK PC

Operationenschlüssel gem. § 301 SGB V

persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt

Personal Computer

pCC ProCum Cert PCCL Patient Clinical Complexity Level PDCA-Zyklen PG

Plan-Do-Check-Act-Zyklus

Preisgruppe

PKA Pharmazeutisch-kaufmännische(r) Angestellte(r) PKV Private Krankenversicherung PREUGO Preußische Gebührenordnung für approbierte Ärzte und Zahnärzte QM

Qualitätsmanagement

QZV

Qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen

RADAR-Logik Results (Ergebnisse), Approach (Vorgehen), Deployment (Umsetzung) und Assessment and Refinement (Bewertung und Verbesserung) Logik RLV

Regelleistungsvolumen

See-KK

Seekrankenkasse

TEA Thrombendarteriektomie TK

Techniker Krankenkasse

TQM TV

Total Quality Management Television

UGVD

untere Grenzverweildauer

UStG Umsatzsteuergesetz VÄndG VD

mittlere Verweildauer

VdAK Verl.

Vertragsarztänderungsgesetz Verbände der Angestellten-Krankenkassen e. V. Verlag

WHO World Health Organization WKD Wirtschaftskontrolldienst ZE

Zusatzentgelte

ZS

Zertifizierungsstelle

67

Genannte und verwendete Gesetze, Richtlinien und Verordnungen

Genannte und verwendete Gesetze, Richtlinien und Verordnungen (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO) (Muster-)Weiterbildungsordnung [(M)WBO] Bayerisches Krankenhausgesetz (BayKrG) Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg Bundesärzteordnung (BÄO) Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) Bundesmantelvertrag – Ärzte/Ersatzkassen (EKV) Bundespflegesatzverordnung (BPflV) Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG-EKD) Deutsche Kodierrichtlinien – Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren, Version 2011 DIN-Vorschriften Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) Einkommenssteuergesetz (EStG) Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ); (UV-GOÄ): Gebührenordnung für Ärzte, Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger, Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen, Stand: 01.04.2010, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2010 Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) Gesetz über das Apothekenwesen (ApoG) Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz-KHEntgG)

368

Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG) Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung („RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz“) Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (kurz: GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz oder GKV-WSG) Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) Heimgesetz (HeimG) Infektionsschutzgesetz (IfSG) Kammergesetze Kinderförderungsgesetz (KiföG) Krankenhausbuchführungsverordnung (KHBV) Krankenhaus-Pauschalförderverordnung Krankenhausstatistik-Verordnung (KHStatV) Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) Landesabfallgesetz (LabfG) Landesdatenschutzgesetz (LDSG) Landeskrankenhausgesetz (LKHG)

Gesetz über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz PflegeZG)

Medizinproduktegesetz (MPG)

Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG)

Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV)

Personenstandsgesetz (PStG)

Genannte und verwendete Gesetze, Richtlinien und Verordnungen Rahmenvereinbarung über das Verfahren zur Abrechnung und Übermittlung von Daten zwischen Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen und der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 301 Abs. 4 SGB V) sowie der gesetzlichen Rentenversicherung (Datenübermittlungs-Rahmenvereinbarung) Rentenversicherungsordnung (RVO) Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention Röntgenverordnung (RöV) Saarländisches Krankenhausgesetz (SKHG) Schiedsstellenverordnung Sozialgesetzbuch (SGB) Strafgesetzbuch (StGB) Strafprozessordnung (StPO) Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) Unfallverhütungsvorschriften (UVV) Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) Vereinbarung gemäß § 301 Abs. 3 SGB V über das Verfahren zur Abrechnung und Übermittlung der Daten nach § 301 Abs. 1 SGB V (Datenübermittlungs-Vereinbarung)

Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 – FPV 2011). Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (AVV) Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung BtMVV) Verordnung über die Abgrenzung der im Pflegesatz nicht zu berücksichtigenden Investitionskosten von den pflegesatzfähigen Kosten der Krankenhäuser (Abgrenzungsverordnung – AbgrV) Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung Psych-PV) Verordnung zum Schutz von Patientendaten in kirchlichen Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (DSVO-KH) Verordnungen zum Schutz von Patientendaten in kirchlichen Krankenhäusern (DSVO-KH) Verpackungsverordnung (VerpackV) Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)

69

Literatur und Internetadressen

Literatur und Internetadressen I Den Betrieb erkunden und darstellen 1 Sektoren des Gesundheitssystems Haufe-Lexware GmbH & Co. KG. Sommer, SGB V § 115b Ambulantes Operieren im Krankenhaus / 2.1 Definition Ambulantes Operieren im Krankenhaus. Kommentar aus Personal Office Premium. Im Internet: http://bit.ly/29P2tM8; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Bundesvereinigung. ASV. Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung. Interdisziplinär in Praxen und Kliniken. PraxisWissen; 2014 Klinger-Schindler U. Die Krankenhaus-GOÄ. Kommentar für die Privatliquidation ambulanter und wahlärztlicher Leistungen. 2. Aufl. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2014 Lauterbach KW. Gesundheitsökonomie, Management und Evidence-based medicine. Handbuch für Praxis, Politik und Studium. 3. Aufl. Stuttgart: Schattauer; 2010 Lüngen M. Ambulante Behandlung im Krankenhaus. Zugang, Finanzierung, Umsetzung. Reihe: Gesundheitsökonomie: Politik und Management. Münster: LIT; 2007 Münzel H. Zeiler N. Ambulante Leistungen in und an Krankenhäusern. Grundlagen und praktische Umsetzung. Stuttgart: Kohlhammer; 2007 Schewior-Popp S. Fischer R. Examen Pflege Schriftliche Prüfung Tag 3. Stuttgart: Thieme; 2008 Schmola G. Rapp B. Grundlagen des Krankenhausmanagements. Betriebswirtschaftliches und rechtliches Basiswissen. Stuttgart: Kohlhammer; 2014

2

Einrichtungen

Bundesärztekammer, Hrsg. Niederlassung und berufliche Kooperation. Neue Möglichkeiten, Hinweise und Erläuterungen zu §§ 7–19 und 23 a–d (Muster-)Berufsordnung (MBO). In: Dtsch Arztebl 2008; 105 (19): A 1019–1025 Deutscher Bundestag. Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG). Drucksache 18/4 095 vom 25.02.2015. Im Internet: www.bmg.bund.de; Stand: 19.04.2016 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG). Im Internet: http://www.bmg.bund.de; Stand: 05.11.2015 Hartz B. Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, Bad Segeberg, 2014. Im Internet: www.kbv.de; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Bundesvereinigung. Stellungnahme vom 19. März 2015 zum Regierungsentwurf für ein GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG). Im Internet: www.bundestag.de; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein: Informationen zu Organisationsgemeinschaften und ähnlichen Kooperationen. Düsseldorf 2009. Im Internet: www.kvno.de; Stand: 19.04.2016

370

RBS Roever Broenner Susat GmbH & Co. KG, Hrsg. Wesentliche Auswirkungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes für Krankenhausträger. RBS Health-Care-Newsletter 2012; 1: 4–9. Im Internet: www.rbs-partner.de; Stand: 19.04.2016 Schmola G, Rapp B. Grundlagen des Krankenhausmanagements. Betriebswirtschaftliches und rechtliches Basiswissen. Stuttgart: Kohlhammer; 2014 Statistisches Bundesamt: Gesundheit 2014, Personal, Fachserie 12 Reihe 7.3.1, Wiesbaden 2016. Im Internet: http://bit.ly/29R0qEt; Stand: 27.01.2016 Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 19. März 2015 zum Regierungsentwurf für ein GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG). Im Internet: http://bit.ly/29Pd07h; Stand: 05.11.2015 Treptow O. Aktuelles zu Medizinischen Versorgungszentren Beteiligungsschranken nach Inkrafttreten des GKV-VStG. Arbeitsgruppen Berufsrecht und Vertragsgestaltung der AG Medizinrecht im DAV. Düsseldorf 2012. Im Internet: http://arge-medizinrecht.de; Stand: 19.04.2016

II

Die Berufsausbildung selbstverantwortlich mitgestalten

3

Medizinische und nichtmedizinische Berufe im Gesundheitswesen

Statistisches Bundesamt. Gesundheit Personal. Fachserie 12 Reihe 7.3.1. 2014, Wiesbaden 2016. Im Internet: http://bit.ly/29Bhhs4; Stand: 19.04.2016

III

Dienstleistungen und Güter beschaffen und verwalten

4

Hygienevorschriften

Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Hrsg. Medizinprodukte. Was müssen Betreiber und Anwender tun? Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein, Hamburg, 2014. Im Internet: www.hamburg.de; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Vereinigung Bayerns: Hygiene – aber sicher. Eine Qualitätsinitiative der KVB. Themenblock 1 – Normen, Gesetze und Richtlinien. München; 2012. Im Internet: http://bit.ly/ 2a8L 3q4; Stand: 19.04.2016

Weiterführende Internetadressen www.arbeitssicherheit.de/de/html/lexikon/193/Gewerbeaufsicht (Definition Gewerbeaufsicht); Stand: 19.04.2016 www.bbraun.de/de/produkte-und-therapien/hygiene.html (hygienerechtliche Rahmenbedingungen); Stand: 19.04.2016 www.rki.de (Robert Koch-Institut) www.wirtschaftslexikon.co/d/gewerbeaufsichtsamt/gewerbeaufsichtsamt.htm (Definition Gewerbeaufsichtsamt); Stand: 19.04.2016

Literatur und Internetadressen

5

Entsorgungsvorschriften

Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 18, Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes. Stuttgart 2015. Im Internet: http://bit.ly/29WULPY; Stand: 19.04.2015 Buch T. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz. Wesentliche Inhalte im Überblick. Informationsveranstaltung der kommunalen Spitzenverbände zum Kreislaufwirtschaftsgesetz am 12.09.2012 in Hannover. Im Internet: http://slideplayer.org/slide/2 857 252/; Stand: 19.04.2016

IV

Dienstleistungen anbieten

6

Vorhandenes Leistungsangebot

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Hrsg. Selbst zahlen? Ein Ratgeber zu Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) für Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte. 2. Aufl. Berlin: ÄZQ; 2012 (zuletzt geändert: Januar 2014) Deutsche Krankenhausgesellschaft. Persönliche Leistungserbringung im Krankenhaus. Hinweise der DKG vom 06.03.2013. das Krankenhaus 2013; 05: 507ff Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz KHEntgG). Im Internet: www.buzer.de; Stand: 19.04.2016 Kersting T, Pillokat A. Medizinische Zusatzleistungen im stationären Bereich – IGeL im Krankenhaus. Rechtliche Rahmenbedingungen, 10 Grundregeln, praktische Beispiele. Z ärztl Fortbild Qual Gesundh wes 2006; 100: 707–712. Im Internet: www.tzkp. de; Stand: 19.04.2016 Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS). IGeL Monitor. Individuelle Gesundheitsleistungen auf dem Prüfstand. Im Internet: www.igel-monitor.de/index.html; Stand: 19.04.2016

7

Sicherstellungsauftrag von Gesundheitsleistungen

Berner B. Einführung in das Vertragsarztrecht. Zentrale Mitarbeiterfortbildung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Berlin 2014. Im Internet: http://www.kbv.de; Stand: 19.04.2016 Gemeinsamer Bundesausschuss. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie). Berlin; in der Neufassung vom 20. Dezember 2012, zuletzt geändert am 15. Oktober 2015, veröffentlicht im Bundesanzeiger BAnz AT 05.01.2016 B2 vom 5. Januar 2016, in Kraft getreten am 6. Januar 2016 Hartz B. Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Zentrale Mitarbeiterfortbildung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Berlin; 2014. Im Internet: www.kbv.de; Stand: 19.04.2016 Illian M. Versorgungsstärkungsgesetz. Der Gesetzgeber schärft den Sicherstellungauftrag. ÄrzteZeitung 20.10.2014. Im Internet: http://bit.ly/29R0YKb; Stand: 19.04.2016

Gesetze in Deutschland. Im Internet unter: www.buzer.de; Stand: 02.06.2016

8

Konflikt- und Beschwerdemanagement

Lauterbach KW, Lüngen M, Schrappe M. Gesundheitsökonomie, Management und Evidence-based Medicine. 3. Aufl. Stuttgart: Schattauer; 2010 Roner TA. Kundenzufriedenheit. Beschwerdemanagement als Instrument zur Kundenbindung. Hamburg: Diplomica; 2008 Sigma Alpha Global Exchange Ltd. Im Internet: www.daswirtschaftslexikon.com; Stand: 11.11.2015

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Kundenbindungsmanagement

Bundesministerium für Gesundheit. Glossar: Wahltarife. Berlin; 2015. Im Internet: www.bmg.bund.de; Stand: 19.04.2016 Grethler A, Schmitt W. Betriebswirtschaftslehre für Kaufleute im Gesundheitswesen. Stuttgart: Thieme; 2014 Hüsli JP. Online-Wirtschaftslexikon: Bonuslösung. Im Internet: www.wirtschaftslexikon.co; Stand: 19.04.2016 Krankenkassennetz.de GmbH. Bonusprogramme der Krankenkassen. Im Internet: www.krankenkasseninfo.de/leistungen/bonusprogramme/; Stand: 19.04.2016 Tauber J. Was Krankenkassen für Sport und Vorsorge zahlen. Bonusprogramme bei Barmer, Techniker und Co. Vetter J. Stationäre Pflege: „Haben Sie noch einen Wunsch aus der Mini-Bar?“. Sozialwirtschaft. Zeitschrift für Sozialmanagement 2007 4: 15–16. Im Internet: www.sozialwirtschaft.nomos.de; Stand: 19.04.2016

10

Haftung

Bahls I. Voll beherrschbare Risiken im Krankenhaus. Im Internet: http://bit.ly/29wxPD0; Stand: 19.04.2016 Bundesministerium für Gesundheit, Hrsg. Informiert und selbstbestimmt: Ratgeber für Patientenrechte. Berlin 2016. Im Internet: http://bit.ly/29CL 1uM; Stand: 19.04.2016 Deutsche Zentrale für Patientenrechte. Verjährung von Ansprüchen im Arzthaftungsrecht. 9. Juni 2014. Im Internet: www.dzpr.de/ verjaehrung-von-anspruechen-im-arzthaftungsrecht/; Stand: 19.04.2016 Großkopf V, Klein H. Recht in Medizin und Pflege. 4. Aufl. Balingen: Spitta; 2012 Kern BR, Hauptmann PH, Hrsg, Weirich M. Arztrecht leicht gemacht. 2. Aufl. Berlin: Kleist; 2013 Klie T. Rechtskunde. Das Recht der Pflege alter Menschen. 10. Aufl. Hannover: Vincentz Network; 2013 Schliephorst I. Das Patientenrechtegesetz. das Krankenhaus 2013; 5: 496–506 Ulsenheimer K. Anmerkungen zum neuen Patientenrechtegesetz. Sondernewsletter zum Patientenrechtegesetz. Thieme Compliance, E-ConsentPro. Im Internet: http://bit.ly/29P2qQw; Stand: 19.04.2016 Wenzel F. Patientenrechtegesetz – Das bleibt! Das ist neu! Das ist zu tun! Leitfaden für Ärzte und Krankenhäuser. Heidelberg: medhochzwei; 2014

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Literatur und Internetadressen

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Dienstleistungsvertrag

Ärztkammer Berlin. Patientenrechte im Gesetz – Das Wichtigste zum Patientenrechtegesetz. Im Internet: http://bit.ly/29Bj4xw; Stand: 19.04.2016 Bürgerliches Gesetzbuch BGB. 76. Aufl. München: dtv; 2015 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 630a Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag ff. Im Internet: www.gesetze-im-internet. de/bgb; Stand: 19.04.2016 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Infoblatt: Patientenrechte im Klartext. Berlin; 2013. Im Internet: http:// bit.ly/29wyPab; Stand: 19.04.2016 Dorsel D. Kuhlmann C. Einsichtsrecht in die Patientenakte. Entwicklung nach dem Patientenrechtegesetz. Kammer aktiv. Westfälisches Ärzteblatt; 2015 Kern BR, Hauptmann PH, Hrsg, Weirich M. Arztrecht leicht gemacht. 2. Aufl. Berlin: Kleist; 2013 Leitfaden zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG). Hrsg. von der Freien Hansestadt Hamburg, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz. Hamburg; 2013. Im Internet: www.hamburg.de; Stand: 19.04.2016 Oetker H. Maultzsch F. Vertragliche Schuldverhältnisse. 4. Aufl. Heidelberg: Springer; 2013 Tessmer S. Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Stuttgart: Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg; 2013. Im Internet: http://bit.ly/29Pf27I; Stand: 19.04.2016 Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e. V. Vertrag im Blick. Ihre Rechte nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz. Mainz; 2010. Im Internet: www.verbraucherzentrale-rlp.de/mediabig/ 143 811A.pdf; Stand: 19.04.2016 Wenzel F. Patientenrechtegesetz – Das bleibt! Das ist neu! Das ist zu tun! Leitfaden für Ärzte und Krankenhäuser. Heidelberg: medhochzwei; 2014

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Dienstleistungen dokumentieren

12 Dokumentation Ärztekammer Berlin. Die ärztliche Dokumentationspflicht. Stand: Februar 2015. Im Internet: http://bit.ly/29wzet7; Stand: 19.04.2016 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 9, ausgegeben zu Bonn am 25. Februar 2013. Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013. Im Internet: http://bit.ly/29NpQEo; Stand: 19.04.2016 Deutscher Bundestag. Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten. Drucksache 17/10 488; 15.05.2012. Im Internet: dipbt.bundestag.de; Stand: 19.04.2016 Dorsel D. Kuhlmann C. Einsichtsrecht in die Patientenakte. Entwicklungen nach dem Patientengesetz. In: Mitteilungsblatt der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Ausgabe 03.15. Im Internet: www.aekwl.de; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Aufbewahrungsfristen für ärztliche Unterlagen; Februar 2016. Im Internet: http://bit.ly/29wzrfZ; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS). Einsichtsrecht in die Patientenakte; 2015. Im Internet: www.kvs-sachsen.de; Stand: 19.04.2016

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Klassifizierungssysteme

Deutsches Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI). Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. 10. Revision. German Modification, Version 2016 (ICD-10-GM Version 2016). Im Internet: www.dimdi.de; Stand: 19.04.2016 Deutsches Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI). Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. 10. Revision. German Modification, Version 2016 (ICD-10-GM Version 2016). Kapitel IX Krankheiten des Kreislaufsystems (100–199). Chronische rheumatische Herzkrankheiten (105–109). Im Internet: http://bit.ly/ 29CNaGM; Stand: 19.04.2016 Deutsches Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI). Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. 10. Revision. German Modification, Version 2016 (ICD-10-GM Version 2016) Kapitel IX Krankheiten des Kreislaufsystems (100–199). Ischämische Herzkrankheiten (120–125). Im Internet: http://bit.ly/29vjl9R; Stand: 19.04.2016 Deutsches Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI). Operationen- und Prozedurenschlüssel, Version 2016 (OPS Version 2016). Im Internet: http://bit.ly/29Pgdnk; Stand: 19.04.2016 Deutsches Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI). Aufbau der vierstelligen ausführlichen Systematik der ICD-10-GM. Im Internet: www.dimdi.de; Stand: 19.04.2016 Deutsches Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI). Kategorie und Kode in der ICD-10-GM, in: www.dimdi.de; Stand: 19.04.2016 Doenges ME, Moorhouse MF, Geissler-Murr AC. Pflegediagnosen und Maßnahmen. 3. Aufl. Bern: Hans-Huber; 2002 Fischer W. G-DRG, German Diagnosis Related Groups (Deutschland). 2015. Im Internet: fischer-zim.ch/text-pcssa-pdf/t-ga-H4System-GDRG-0003.pdf; Stand: 19.04.2016 GKV-Spitzenverband. Bundesbasisfallwert (BBFW). Berlin: GKVSpitzenverband; 2015. Im Internet: http://bit.ly/29DrNkE; Stand: 19.04.2016 GKV-Spitzenverband, Verband der Privaten Krankenversicherung, Deutsche Krankenhausgesellschaft. Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG für den Vereinbarungszeitraum 2016 vom 12.10.2015. Im Internet: http://bit.ly/29CNeX9; Stand: 19.04.2016 Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK). GDRG-German Diagnosis Related Groups. Version 2016, Definitionshandbuch, Siegburg; 2015 Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH). Deutsche Kodierrichtlinien, Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren. Version 2016. Siegburg; 2015 Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH). Fallpauschalen-Katalog. G-DRG-Version 2016. Siegburg; 2015 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Kodieren. KBV; 2016. Im Internet: www.kbv.de/html/kodieren.php; Stand: 19.04.2016 Pflegediagnosen. In: I care Pflege. Stuttgart: Thieme; 2015 Pflegen-online.de.14.000 zusätzliche Pflegestellen in Krankenhäusern finanziert. Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Umsetzung des Pflegesonderprogramms. 04.07.2012. Im Internet: http://bit.ly/29WWSmK; Stand: 19.04.2016 Quark & Co. Fehler im System Krankenhaus? Die negativen Auswirkungen der Fallpauschalen. Köln: Westdeutscher Rundfunk; 2014. Im Internet: www1.wdr.de/fernsehen/wissen/quarks; Stand: 19.04.2016

Literatur und Internetadressen Schmola G, Rapp B. Grundlagen des Krankenhausmanagements. Betriebswirtschaftliches und rechtliches Basiswissen. Stuttgart: Kohlhammer; 2014 Schröder L, Wieteck P. Pflege im G-DRG-System: Paradigmenwechsel in der Krankenhausfinanzierung. Bochum o. J. Im Internet: http://bit.ly/29BeYFr; Stand: 19.04.2016 Simon M. Das deutsche DRG-System: Grundsätzliche Konstruktionsfehler. Dtsch Arztebl 2013; 110(39): A-1782 / B-1572 / C1548. Im Internet: http://bit.ly/19cfwlG; Stand: 19.04.2016 Stefan H, Allmer F, Schalek K et al. POP – PraxisOrientierte Pflegediagnostik: Pflegediagnosen – Ziele – Maßnahmen. 2. Aufl. Wien: Springer; 2013 Stemmer R. Pflegetheorien und Pflegeklassifikationen. Pflege & Gesellschaft 2003; 8 (2); 51–58 Was ist die ICD-10-GM? Im Internet: www.kvbb.de/praxis/abrechnung/haeufige-fragen/; Stand: 19.04.2016 Zetsche S. NANDA-Pflegediagnosen in der Pflegedokumentation. NANDA-Pflegediagnosen Teil 1. Heilberufe 2004; 4: 46–49 Zetsche S. Arbeiten mit Pflegediagnosen in der Praxis mit Hilfe des C&S PflegeManagers, NANDA Pflegediagnosen in der EDV. C&S Computer und Software GmbH 1995–2005; 2004

Weiterführende Internetadresse www.degir.de/site/fachinformationen/nub-ops-drg-antraege; Stand: 19.04.2016

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Datenschutz und Datensicherheit

Bundesärztekammer. Kassenärztliche Bundesvereinigung. Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis. Dtsch Arztebl 2014; 111 (21): A 963–972. Im Internet: www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/Schweigepflicht_2014.pdf; Stand: 19.04.2016 Hauser A, Haag I. Datenschutz im Krankenhaus. 4. Aufl. Düsseldorf: Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft mbH; 2012 Landesärztekammer Baden-Württemberg. Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg. Schweigepflicht und Datenschutz. Informationen für Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen, Psychotherapeuten; 28.01.2014. Im Internet: http://bit.ly/ 29H41qo; Stand: 19.04.2016 Landesärztekammer Baden-Württemberg mit den Bezirksärztekammern. Merkblatt zur ärztlichen Schweigepflicht; Oktober 2009. Im Internet: http://bit.ly/29R5FE9; Stand: 19.04.2016 Landesbeauftragter für den Datenschutz Baden-Württemberg. Tätigkeitsberichte. Im Internet: www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/tatigkeitsbericht/; Stand: 19.04.2016 Rüdlin M. Datenschutz im Krankenhaus sowie in medizinischen und karitativen Einrichtungen. Leitfaden mit 33 Fragen und Antworten. Kulmbach: Baumann; 2009

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Datentransfer mit Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung

Bundesärztekammer. Kassenärztliche Bundesvereinigung. Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis. Dtsch Arztebl 2014; 111 (21): A 963–972. Im Internet: http://bit.ly/1JTFdBH; Stand: 19.04.2016 Cappius HJ. Qualitätsmanagement im Krankenhaus. Ermittlung der Qualitätskriterien an der Nahtstelle zwischen Krankenhaus und Krankenkasse. Berlin; Verlag im Internet (www.dissertation.de); 1997 Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Datenübermittlung zu Abrechnungszwecken. Im Internet: http://bit.ly/29R5FUx; Stand: 19.04.2016 Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (Dezernat III – IT, Datenaustausch und Health). Datenübermittlung nach § 301 Abs. 3 SGB V. Berlin; 2015. Im Internet: http://bit.ly/29xWExs; Stand: 19.04.2016 Deutsche Rentenversicherung Bund. Geschäftsvorfälle, welche sind übertragbar? Berlin. Im Internet: http://bit.ly/29Ph47B; Stand: 19.04.2016 GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund, u. a. Rahmenvereinbarung über das Verfahren zur Abrechnung und Übermittlung von Daten zwischen Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen und der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 301 Abs. 4 SGB V) sowie der gesetzlichen Rentenversicherung (Datenübermittlungs-Rahmenvereinbarung). Berlin; 2012. Im Internet; http://bit.ly/29DpQDJ; Stand: 19.04.2016 Landesärztekammer Baden-Württemberg mit den Bezirksärztekammern. Merkblatt Auskunftspflicht des Arztes gegenüber Leistungsträgern des Sozialgesetzbuches. Stuttgart; 2008. Im Internet: www.aerztekammer-bw.de; Stand: 19.04.2016 Landesärztekammer Baden-Württemberg, Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg. Schweigepflicht und Datenschutz. Informationen für Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen, Psychotherapeuten. Stand: 28.01.2014. Im Internet: http:// bit.ly/29H41qo; Stand: 19.04.2016

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Dienstleistungen abrechnen

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Abrechnungssysteme in der stationären ärztlichen Versorgung

Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V. (BWKG). FPV, Mitteilung für Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen. 430/2015. Stuttgart; 2015 Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V. (BWKG). FPV, Wahlleistungen, Medizinisch notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson. Handlungsempfehlungen der MDK-Gemeinschaft für Krankenkassen und MDK. 292/2005, Stuttgart; 2005 Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V. (BWKG). InEK veröffentlicht Unterlagen zum DRG-System 2016. Mitteilung für Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen. 331/ 2015. Stuttgart; 2015

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Literatur und Internetadressen Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V. (BWKG). Krankenhausstrukturgesetz (KHSG), abschließende Lesung und Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag. Mitteilung für Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen. 372/2015. Stuttgart; 2015 Bundesministerium für Gesundheit. Verbesserungen in der Psychiatrie und Psychosomatik. Im Internet: www.bmg.bund.de; Stand: 19.04.2016 Busse R. „Integrierte“ Versorgung, Management im Gesundheitswesen, Krankenversicherung und Leistungsanbieter. Berlin: Technische Universität Berlin; 2015. Im Internet: http://bit.ly/ 29R6cWB; Stand: 19.04.2016 Egger B, Rheinberger P, Schmedders M et al. Neue Untersuchungsund Behandlungsmethoden. Innovationsbewertung muss die Sektorengrenzen überschreiten. Dtsch Arztebl 2010; 207 (30): A-1444 / B-1278 / C-1258. Im Internet: www.aerzteblatt.de/archiv/77 731; Stand: 19.04.2016 Fallpauschalen-Katalog, G-DRG-Version 2016. Im Internet: http:// bit.ly/29Izesx; Stand: 19.04.2016 GKV-Spitzenverband. DRG-System 2016. Berlin; 2016. Im Internet: http://bit.ly/29BnFQ 5; Stand: 19.04.2016 GKV-Spitzenverband. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB). Berlin; 2016. Im Internet: http://bit.ly/ 29R6goZ; Stand: 19.04.2016 GKV-Spitzenverband. Psychiatrie. Berlin; 2016. Im Internet: http:// bit.ly/29IztE1; Stand: 19.04.2016 InEK GmbH. Abschlussgericht. Weiterentwicklung des pauschalierenden Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) für das Jahr 2016. Siegburg; 2015 InEK GmbH. Ergänzende Fallbeispiele der Selbstverwaltung zur PEPPV 2015, Anlage 1 zu den Klarstellungen der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG zur PEPPV 2016. Siegburg; 2016 InEK GmbH. PEPP. Pauschalierendes Entgeltsystem Psychiatrie/Psychosomatik. Version 2016, Definitionshandbuch. Siegburg; 2015 Jagdfeld F. Update PEPP-System 2016. Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V., Seminarbegleiter, das pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPPSystem). Sem.-Nr. 2015–64 265K. Karlsruhe; 14.12.2015 MDK Baden-Württemberg. Kompendium zum Pauschalierenden Entgeltsystem in der Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP). Version 2016. Basiswissen zur Systematik, sozialrechtlichen Grundlagen, Regelwerken und Schlüsselverzeichnissen und Grundsätzen der Begutachtung. Lahr/Schwarzwald; 2015 Mendritzki S. PEPP-System 2016. Abrechnungsbestimmungen. Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e. V., Seminarbegleiter, das pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP-System). Sem.-Nr. 2015–64 265K. Karlsruhe; 14.12.2015 PEPP-Entgeltkatalog. Version 2016. Im Internet: http://bit.ly/ 29R6wEJ; Stand: 19.04.2016 Vereinbarung gemäß § 6 Abs. 2 KHEntgG der Vertragsparteien vom 17.12.2004 (NUB-Vereinbarung). Im Internet: http://bit.ly/ 29IzTu8; Stand: 19.04.2016 Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung 2016–FPV 2016). Im Internet: http://bit.ly/29R6tso; Stand: 19.04.2016 Vereinbarung zum pauschalierenden Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen für das Jahr 2016 (PEPPV 2016) http://bit.ly/29DgjMQ; Stand: 19.04.2016 Werner S. Wie kommen Innovationen ins System? ÄrzteZeitung 03.11.2014. Im Internet: http://bit.ly/29Ntdep; Stand: 19.04.2016

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Bewertungsmaßstäbe und Gebührenordnungen für ambulante ärztliche Versorgung

Änderung der Pauschalpositionen im organisierten Notfalldienst. Abrechnungstipps EBM. der niedergelassene arzt 2015; 1: 44. Im Internet: http://bit.ly/29IA8VL; Stand: 19.04.2016 Berner B. Einführung in das Vertragsarztrecht. Berlin: Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Fortbildungsheft; 2014 Bundesverband Medizintechnologie e. V. Informationsbroschüre. Rahmenbedingungen ambulanter Operationen im GKV-System. Berlin; 2014. Im Internet: www.bvmed.de; Stand: 19.04.2016 Busse J, Standl T. Ambulantes Operieren. Rahmenbedingungen Organisation – Patientenversorgung. Heidelberg: Springer; 2007 Coloplast GmbH. Informationen zum EBM 2014. Richtig abrechnen in 2014. Coloplast-Informationsbroschüre 2014; 9 Coloplast GmbH. Informationen zum EBM 2015. Leistungen und Abrechnungshinweise. Stoma-, Kontinenz- und Wundversorgung, Urologie. Coloplast-Informationsbroschüre 2015; Jahrgang 10. Im Internet: http://bit.ly/29WYM6Q; Stand: 19.04.2016 Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. Anlage 2 – G-AEP-Kriterien. Präambel zu dem Katalog der G-AEP-Kriterien. Berlin; 2004. Im Internet: http://bit.ly/29H4lpg; Stand: 19.04.2016 Die Chronikerpauschalen. Kaum neu eingeführt und zum 1.7.2014 schon wieder geändert. Abrechnungstipps EBM. Der niedergelassene Arzt 2014; 8: 26. Im Internet: http://bit.ly/29Dt6Ac; Stand: 19.04.2016 Dittrich S. Fehler bei der Abrechnung ambulanter Operationen am Krankenhaus nach § 115 b SGB V. AOP Vertrag. Plauen: epos. Plauen; o. J. Im Internet: http://bit.ly/29PhKde; Stand: 19.04.2016 Göhring S. EBM-Reform. Beschlüsse des Bewertungsausschusses zur Weiterentwicklung der haus- und kinderärztlichen Kapitel. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2013. Kassenärztliche Vereinigung Thüringen; o. J. Gönner HR, Groger U, Mergelsberg A. Medizinische Fachangestellte 1.3. Ausbildungsjahr. Berlin: Cornelsen; 2013 Grass U. Medizinische Fachangestellte. Abrechnungswesen und Lehrerhandbuch. EBM, GOÄ und UV-GOÄ. Band 2. Köln: Bildungsverlag EINS; 2014 Grass U. Medizinische Fachangestellte. Abrechnungswesen. Lehrerhandbuch. EBM, GOÄ und UV-GOÄ. Band 2. 5. Aufl. Köln: Bildungsverlag EINS; 2015 Haselbach R. Leistungsabrechnung in der Arztpraxis. Arbeitsbuch. Abrechnung mit EBM und GOÄ Schwerpunkt Hausarztpraxis. Berlin; Cornelsen; 2013 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG. Sommer, SGB V § 115b Ambulantes Operieren im Krankenhaus / 2.1 Definition Ambulantes Operieren im Krankenhaus. Kommentar aus Personal Office Premium. Freiburg: Haufe; o. J. Im Internet http://bit.ly/29H4GYO; Stand: 19.04.2016 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG. Sommer, SGB V § 115b Ambulantes Operieren im Krankenhaus. Kommentar aus Personal Office Premium. Freiburg: Haufe; o. J. Im Internet: http://bit.ly/29xXNVx; Stand: 19.04.2016 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG. Sommer, SGB V § 87b Vergütung der Ärzte (Honorarverteilung). Kommentar aus Personal Office Premium. Freiburg: Haufe; o. J. Im Internet: http://bit.ly/ 29H4Gs1; Stand: 19.04.2016

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Pflegegrade

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Selbstverwaltungsorgane

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Altersstruktur der Bevölkerung

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Wachsende Eigenverantwortung/Eigenleistung der Versicherten

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Sozialbudget und Sozialleistungsquote

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VII

Geschäftsprozesse erfolgsorientiert steuern

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Grundzüge des Qualitätsmanagements

Börchers K. Bundesweit mit Vorbildcharakter: Erste Kliniken in Deutschland DIN EN ISO 9 001:2015 zertifiziert. Herne; 2015. Im Internet: http://bit.ly/29ycbgy; Stand: 19.04.2016 Brodermann G. KTQ im Rettungsdienst. Gesamtschau und praktische Umsetzung in Wiesbaden. das Krankenhaus 2013; 105 (8): 794 Deutscher Bundestag. Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG). Drucksache 18/5 867. Berlin; 2015. Im Internet: http://dipbt.bundestag.de; Stand: 19.04.2016 Deutsche Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit mbH. Die wichtigsten Änderungen der neuen ISO 9 001–2015. Bad Homburg; 2015. Im Internet: http://www.dgwz.de; Stand: 12.07.2016 DIN EN ISO 9 001:2015–11. Im Internet: www.beuth.de; Stand: 19.04.2016 Ertl-Wagner B, Steinbrucker S, Wagner BC. Qualitätsmanagement und Zertifizierung. Praktische Umsetzung in Krankenhäusern, Reha-Kliniken, stationären Pflegeeinrichtungen. 2. Aufl. Heidelberg: Springer; 2013 GKV-Spitzenverband. Inhalte der Qualitätsberichte. Berlin; 2016. Im Internet: http://bit.ly/29NMVqC; Stand: 19.04.2016 Initiative Ludwig-Erhard-Preis e. V. Deutscher Excellence Preis, Ergebnisband 2015. Oberursel; 2015 Initiative Ludwig Erhard Preis e. V. EFQM Levels of Excellence, Verpflichtung zu Excellence. Leitfaden für Bewerber. Version 4. Oberursel; 2011 Initiative Ludwig-Erhard-Preis e. V. Leitfaden für Bewerber. EFQM Verpflichtung zu Excellence (C 2E) 2 Stern. Oberursel; 2011 Initiative Ludwig-Erhard-Preis e. V. R4E Leitfaden. Update 2011, Version 2. Bewerberleitfaden, Vorstellung der Bewerbungsverfahren. Oberursel; 2011 JOMEC GmbH. Vergleichstabelle KTQ – DIN ISO. Die Zertifizierungsverfahren mit ihren Vor- und Nachteilen. Berlin; 2015. Im Internet: http://bit.ly/29DFxus; Stand: 19.04.2016 KTQ-GmbH (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen GmbH). KTQ-Zertifizierungsvarianten. Version 1.2 vom 20. September 2012. Berlin; 2012. Im Internet: http://bit. ly/29Eh3Ul; Stand: 19.04.2016 KTQ-GmbH, Hrsg. Pilotphase neuer Zertifizierungsvarianten … KTQ-Newsletter 2009; 9 KTQ-GmbH, Hrsg. KTQ-Manual / KTQ-Katalog Krankenhaus. Version 2015. 3. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer; 2015 KTQ-GmbH, Hrsg. Ablauf des KTQ-Verfahrens. Im Internet: http:// bit.ly/29wM5LJ; Stand: 19.04.2016 Müller F. Qualitätssicherung/Zertifizierung. KTQ-Zertifizierungen setzen dynamische Prozesse im Unternehmen voraus. das Krankenhaus 2012; 3: 269–270 Prestin E. Perspektiven des Qualitätsmanagements. 15. KTQ-Forum. Bielefeld. das Krankenhaus 2015; 11: 1054–1057. Im Internet: www.ktq.de; Stand: 19.04.2016 ProCum Cert GmbH Zertifizierungsgesellschaft. Produktdatenblatt pCC inkl. KTQ. Frankfurt; 2012. Im Internet: http://bit.ly/ 29Ps2wE; Stand: 19.04.2016

Literatur und Internetadressen Sommerhoff B. Expertenwissen für DGQ-Mitglieder. Das EFQM Excellence Modell 2013. Frankfurt/Main: Deutsche Gesellschaft für Qualität e. V. (DGQ); 2013 Sommerhoff B. EFQM zur Organisationsentwicklung. München: Hanser Verlag; 2013 Sozialverband Deutschland e. V. Gesundheit. Stellungnahme des Sozialverbands Deutschland (SoVD) zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (KHSG). Berlin; 02.09.2015. Im Internet: http://sovd.de/2532.0.html; Stand: 19.04.2016 Springer Gabler Verlag, Hrsg. Gabler Wirtschaftslexikon. Stichwort: Qualität: EFQM, KTQ, QEP. Im Internet: http://bit.ly/29XjljI; Stand: 19.04.2016

Weiterführende Internetadresse Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen GmbH. Im Internet: www.ktq.de; Stand: 13.07.2016

26

Sozialgesetzbuch

[Anonym]. Die gesetzliche Rentenversicherung. Pflegefreund 2012; 2:, Im Internet: www.pflegefreund.de/die-gesetzliche-rentenversicherung/; Stand: 19.04.2016 AOK-Bundesverband. Geschichte der GKV-Reformen. Berlin; 2016. Im Internet: http://aok-bv.de/hintergrund/reformgeschichte/; Stand: 19.04.2016 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Kinder- und Jugendhilfe. Achtes Buch Sozialgesetzbuch. Berlin; 2014. Im Internet: http://bit.ly/29D 3vv0; Stand: Stand: 19.04.2016 Deutscher Bundestag. Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II). Drucksache 18/5 926. Berlin; 2015. Im Internet: http://bit.ly/29BHgQa; Stand: 19.04.2016 Kassenärztliche Vereinigung Bayerns. Gesundheitspolitik, Gesundheitsreformen seit 1976. Überblick über 30 Jahre Gesundheitspolitik. München; 2016. Im Internet: http://bit.ly/29PtkrM; Stand: 19.04.2016

VIII 27

Investitionen finanzieren Krankenhausfinanzierung

Deutsche Krankenhausgesellschaft. Bestandsaufnahme zur Krankenhausplanung und Investitionsfinanzierung in den Bundesländern. Dezernat II – Krankenhausfinanzierung und –planung. Stand: August 2015. Im Internet: www.dkgev.de/media/file/ 21 149.Anlage_Bestandsaufnahme_August_2015.pdf; Stand: 19.04.2016 GKV Spitzenverband. Investitionsbewertungsrelationen. Im Internet in: http://bit.ly/29Pt5gn; Stand: 19.04.2016 InEK GmbH. Kalkulation der Investitionskosten für Zwecke gem. § 10 KHG. Handbuch zur Anwendung in Krankenhäusern, Version 1.0. Siegburg; 2012 InEK GmbH. Abschlussbericht Entwicklung von Investitionsbewertungsrelationen (IBR) gem. § 10 KHG für das Jahr 2015. Siegburg; 2015 InEK GmbH. Katalog der Investitionsbewertungsrelationen (IBR) für Zwecke gem. § 10 KHG. Im Internet: http://bit.ly/29NOAfB; Stand: 19.04.2016 Vereinbarung bundeseinheitlicher Investitionsbewertungsrelationen gemäß § 10 Abs. 2 KHG. 2015. Im Internet: http://bit.ly/ 29XkpUv; Stand: 19.04.2016

Weiterführende Internetadressen Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin. Stationäre Versorgung. Rechtliche Grundlagen. Im Internet: http://bit.ly/ 29XkWG0; Stand: 13.07.2016 Deutsche Krankenhausgesellschaft. DKI-Gutachten zur qualitätsorientierten Krankenhausplanung. September 2015. Im Internet: http://bit.ly/29RwlVc; Stand: 13.07.2016

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Sachverzeichnis A Abdingung 243 Abfallart 61, 63 Abfallbeseitigung 59 Abfallentsorgung, Rechtsgrundlagen 59 Abfallhierarchie 58 Abfallschlüssel 60 Abfallvermeidung 59 Abfallverwertung 59 Abrechnung – EBM 211 – Operation, ambulante, im Krankenhaus 229 – privatärztliche 211 –– nach GOÄ 236 – vertragsärztliche 211 Abrechnungsbetrug 99 Abrechnungsgrundlage, PEPP-System 199 Abrechnungskette 231 Abrechnungssystem 185 Abteilungspflegesatz 202 Abwesenheitsregelung 124 Alltagskompetenz, eingeschränkte, Leistung, Pflegebedürftig 250 Alltagsunterstützung 267 Altenheim 31 Altenhilfe 30 – Träger 31 Altenpflegeheim 31 Altenpfleger 45 Altenwohnheim 31 Altersstruktur der Bevölkerung 315 Altersstruktur, Bevölkerung 314 Ambulante Einrichtungen 32 Amtsarzt 43 Analogbewertung 243 Angehöriger, Pflegekurs 270 Angestellter, pharmazeutischkaufmännischer 46 Anlagegut 360 Anschlussheilbehandlung (AHB) 286 Anschlussrehabilitation 276, 286 Anschubfinanzierung, Pflegeversicherung 260 Anzeigepflicht 172 AOP – Katalog 230 – Vertrag 230 Apotheker 44 Apparategemeinschaft 34 Arbeitsförderung 351 Arbeitshygiene 51 Arbeitslosengeld 350

380

Arbeitsverhinderung, kurzzeitige 268–269 Arzneimittel 36 – apothekenpflichtige 36 – freiverkäufliche 36 – verschreibungspflichtige 36 Arzt – Anzeigepflicht 172 – Ausbildungsaufbau 42 – Beruf 42 – Gesetzliche Grundlagen 42 – Haftung 104 – hygienebeauftragter 54 – Kostenerstattung 74 – Leistungsverzeichnis der GOÄ 243 – Schweigepflicht 169 – Tätigkeitsfeld 43 – Vergütung 227 – Weiterbildung 42 Arzt-Patienten-Kontakt – Abrechnung 223 – Grundpauschale 225 Arztbesuch, Abrechnung 219 Ärztekammer 306 – Aufgabe 306 – Mitgliedschaft 306 – Organ 307 Ärztlicher Dienst 28 Arztvertrag 118 Arztzusatzvertrag 106 Assistent, medizinischtechnischer 45 Aufbewahrungsfrist 135 – in der Praxis 134 Aufklärung – Ausnahme 113 – Form 112 – Grundlage 111 – Umfang 113 – Verständlichkeit 112 – Zeitpunkt 112 Aufklärungsadressat 111 Aufklärungspflichtiger 111 Aufklärungsversäumnis 111 Aufklärungsverzicht 113 Aufsicht 56 Augenheilkunde, Gebührenrahmen 240 Ausbildungskostenzuschlag 194 Ausbildungsumlage 265 Ausbildungszuschlag 265 Auskunftspflicht, Todesfall 136 Auslagenersatz 237, 246 Ausschussbesetzung, KV 302

B Bademeister, medizinischer 45 Basispflegesatz 202 Basistarif 242 Begründungsschwelle 239 Begutachtungsassessment, Neues (NBA) 251, 271 Behandlung 19 – ambulante 20 – Hauptpflicht 119 – nachstationäre 20 –– Entgelt 189 – stationäre, Gebühren 72 – teilstationäre 19 – vollstationäre 19 – vorstationäre 20 –– Entgelt 189 Behandlungsfall, EBM 214 Behandlungsfehler, grober 110 Behandlungspflege 262 Behandlungsvertrag 118 – Kündigung 120 – Vertragspartner 118 –– Pflichten 120 – Zustandekommen 118 Belegarzt 44, 106 Benchmarking 345 – betriebsübergreifendes, wettbewerbsorientiertes 346 – branchenfremdes, funktionales 346 – Form 345 – internes 346 – Partner 346 – Prozess, Phasenmodell 347 Berufe im Gesundheitswesen (Auszug) 44 Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) 32 – Haftung 105 Berufsgenossenschaft (BG) 353 Berufstätiger, Pflegezeit 268 Beschwerde 81 – Annahme 82 – Auswertung 84 – Bearbeitung 84 – Führer 81 – Gespräch, Kategorien 83 – Informationsnutzung 85 – Management 81 – Management-Controlling 85 – Managementprozess 82 – Reaktion 84 – Reporting 85 – Stimulierung 82 Betäubungsmittel 36

Betreuung, zusätzliche, Pflegeeinrichtung, stationäre 266 Betreuungsvertrag 121 Betriebsarzt 44 Betriebskosten 359 Betriebskostenfinanzierung, Krankenhaus 364 Bevölkerung, Altersstruktur 314 Bevölkerungspyramide 314 Beweislast 108, 133 – bei grobem Behandlungsfehler 110 – bei Aufklärung 108 – bei Behandlungsrisiko 108 – bei Dokumentationsmangel 109 – bei Einwilligung 108 – bei mangelnder Eignung 110 Beweislastumkehr 109 Bewertung, analoge 243 Bonusleistung 319 Bruttoinlandsprodukt (BIP) 322 Bundesärztekammer (BÄK) 307 – Aufgabe 307 – Organ 308 Bundesarztregister (BAR) 304 Bundesausschuss, gemeinsamer (G-BA), siehe Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) 165

C Chefarzt 28 Chronikerpauschale 224 Chronikerprogramm 22 Committed to Excellence 338 Cross-Buying-Effekt 87

D D-Arzt 43 Daten 131 Datenart 131 Datenschutz 164 – Beauftragter 167 – Maßnahme 166 – Recht 164 – Vorschrift 164 Datensicherheit 164–165 – Maßnahme 166 – Krankenhaus 177–178 – Krankenkasse 176, 178

Sachverzeichnis – Medizinischer Dienst der Krankenversicherung 180 – Pflegeversicherung 181 – Praxis, ärztliche 176 – Rentenversicherung 181 – Unfallversicherung 180 – Vorsorgeeinrichtung 179 – Zeitabstand 179 Datenübermittlung s. Datentransfer Datenübermittlungsbefugnis, gesetzliche 177 Datenübermittlungspflicht, gesetzliche 177 Datenverarbeitung 164 Deliktshaftung 107 Deutsche Kodierrichtlinien 153 – DRK-Psych 153 – Gliederung 153 – Notation 153 Deutsche Rentenversicherung 291 Deutscher Ärztetag 308 Diätassistent 44 Dienst, ärztlicher 28 Dienstleistungsvertrag 116 Dienstvertrag 117 DIN, ISO 341 DIN EN ISO 9 000 ff-Familie 341 – Zertifizierungsverfahren 342 DIN-Vorschrift 53 Direktor, ärztlicher 28 Disease-ManagementProgramm 22 Dokumentation 131 – Beweislast 109, 133 – Inhalt 133 – Rechtsgrundlage 133 – Umfang 133 – Zeitpunkt 134 Dokumentationsmangel, Beweislast 109 Dokumentationspflicht 133, 136 – Aufbewahrungsfrist 134 DRG (Diagnosis Related Groups) 154 DRG-Institut 311 DRG-Systemzuschlag 194 DRGs – Begriffe 155 – Ablauf 155 – Basis-DRG 158 – Basisfallwert 159 – Bundesbasisfallwertkorridor 160 – Case-Mix 160 – Case-Mix-Index 160 – Kostengewichte 159 – Kritik 161 – Landesbasisfallwert 159

– Major Diagnostic Category 157 – Notation 155 – PCCL-Schweregradgruppen 158 Durchgangsarzt 43

E EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) – 2000plus 212 – 2008 212 – Abrechnung 211 – Anhang 217 – Bestimmungen 214 – Euro- 212 – Systematik 213 EBM-Nummer 218 EFQM (European Foundation for Quality Management) 336 – Excellence Award (EEA) 339 – Levels of Excellence 338 – Vergleich mit KTQ 340 EFQM-Excellence-Modell 336 Eigenleistung 318 Eigenverantwortlichkeit – Gesellschaft 318 – Sozialrecht 318 Eigenverantwortung, wachsende 318 Ein-Euro-Job 350 Einfachsatz 239 Einführung 276 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) 211 Einrichtung 25 – freigemeinnützige 28 – öffentliche 28 – private 28 – stationäre 25 – teilstationäre 25 Einsichtsrecht 135 Einwilligung – mutmaßliche 171 – rechtswirksame 111 Einzelförderung, Krankenhaus 362 Einzelleistungsabrechnung 287 Einzelpraxis 32 Entbindungspfleger 45 Entgelt – Behandlung, vor- und nachstationäre 189 – G-DRG-System 186 – PEPP-System 196 – Psychiatrie/Psychosomatik 196 – Rückverlegung 193 – Sektor, stationärer 286 – Wiederaufnahme 190 – Zuzahlung 195

Entlastungsbetrag 257, 268 Entschädigung 237, 244 Entsorgungsvorschriften 58 Erfüllungsgehilfe 104 Ergebnisqualität 327 Ersatzpflegekraft 260 Escherich, Theodor 50 Euro-Gebührenordnung (Euro-EBM) 212 – Operation, ambulante 229 European Foundation for Quality Management (EFQM), siehe EFQM Exkulpationsmöglichkeit 103

F Fachangestellter, medizinischer 44 Fachgesundheitspfleger, für Hygiene 54 Fachkrankenhaus 26 Fahrlässigkeit 95 Fallpauschale, Rehabilitationsleistung, stationäre 286 Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 186 Fallzusammenführung, kombinierte 193 Familienpflegezeit 270 Familienpflegezeitgesetz, Freistellung 269 Finanzierung – Betriebskosten, Krankenhaus 364 – duale, Krankenhaus 359 – monistische 280 Folgerecht 166 Fremdkassenzahlungsausgleich 304

G G-AEP-Kriterium 233 G-DRG-System, Entgelt 186 Gebrauchsgut 360 Gebühren 237 – bei stationärer Behandlung 243 Gebührenordnung 211 Gebührenordnungsposition – arztgruppenspezifische 214 – arztgruppenübergreifende –– allgemeine 214 –– spezielle 216 – Bedeutung 217 Gebührenrahmen 238 Gebührensatz, Überschreitung 240 Gebührenverzeichnis 237 Geheimnis – fremdes 170 – Offenbarung 171

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) 308 – Finanzierung 310 – Mitglieder 309 – Zuschlag 194 Gesamtvergütung 227 – morbiditätsbedingte (MGV) 227 Gesamtvertrag, KV 306 Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze 353 Gespräch, ärztliches, problemorientiertes 224 Gesundheitsamt 56 Gesundheitsdienst, öffentlicher (ÖGD) 25 Gesundheitsförderung, betriebliche 319 Gesundheitsleistung – individuelle (IGel) 75 – Sicherstellungsauftrag 78 Gesundheitspersonal 25, 41 Gesundheitspfleger 45 Gesundheitsschutz 25 Gesundheitsstrukturgesetz 20 Gesundheitssystem 17 Gesundheitswesen, Berufe 41 Gewährleistungsauftrag, KV 302 Gewerbeaufsichtsamt 56 GOÄ – Auslagenersatz 246 – Bewertung, analoge 243 – Entschädigung 244 – Rechnungsstellung 246 – Vereinbarung, abweichende 243 Grenzverweildauer – obere (OGVD) 187 – untere (UGVD) 188 Grundbereiche, Hygiene 51 Grundleistungen, Wahl- und Zusatzleistungen am Beispiel eines Krankenhauses 67 Grundpauschale 225 Grundsicherung für Arbeitssuchende 350 Grundzüge der Abrechnung in der Rehabilitation und im Kurwesen 276

H H-Arzt 43 Haftung 93 – Adressat 104 – Art 101 – Arzt, niedergelassener 104 – aus Vertrag 101 – Berufsausübungsgemeinschaft 105 – aus Delikt 101 – deliktische 101, 107 – für Gehilfen 103

81

Sachverzeichnis – Krankenhaus 105 – Krankenhausaufnahmevertrag 105 – Praxisgemeinschaft 104 – strafrechtliche 93–94 – Verjährung 102 – vertragliche 101, 107 – zivilrechtliche 93, 101 Haftungsinhalt 102 Hebamme 45 Heilbehandlung 19 Heilbehandlungsarzt 43 Heimvertrag 121 – Kündigung 123, 125 – Pflege, vollstationäre 264 Herausgaberecht, Krankenunterlage 136 Hilfeleistung, unterlassene 98 Hilfsmittel, technische 261 Hippokratischer Eid 169 Hochschulambulanz 21 Honorarverteilung 227 Hotelkosten 265 Hygiene 51 Hygienebeauftragte 54 – in der Pflege 55 Hygienefachkraft 54 Hygienekommission 52 – Mitglied 55 Hygienerelevante Vorschriften 52 Hygienevorschriften 49

I ICD-10 139, 142–144 – Anwendung 143 – Gliederung, hierarchische 139 – Kodes 142 – Notation 141 – Resteklassen 141 – Zusatzkennzeichen 143 – Kritik 150 ICNP 152 IGel-Leistung 75 Impfschutz 318 Inanspruchnahme – besondere 218 – IGeL 76 – unvorhergesehene 218 Indikator, planungsrelevanter, Krankenhausplan 330 Individualhygiene 51 InEK GmbH 311 Infektion, nosokomiale 51 Infektionsprävention 53 Infektionsschutzgesetz (IfSG) 53 Informationspflicht, Heimvertrag 122 Informationsrecht 166 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) 309

382

Institutsermächtigung 21 Integrationsversorgung 204 Interessenvertretung, KV 301 Investitionskosten, Pflegeversicherung 265 Investitionspauschale, leistungsorientierte, Krankenhaus 363

J Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) 331, 340 Jugendhilfe 354

K Kann-Leistung 351 Kassenart 295 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) 303 – Aufgabenstellung 304 – Organ 303 Kassenärztliche Vereinigung 299 – Aufgabenstellung 301 – Mitgliedschaft 300 – Organ 300 – Rechtsstatus 300 – Vertrag 305 – Vertragsarztrecht 304 Kaufmann im Gesundheitswesen 45 Kaufvertrag 116 Kinderhilfe 354 Klassifizierungssystem 139 Koch, Robert 49 Kodierrichtlinien, Deutsche 153 Kombinationsleistung, Pflegeversicherung 259 Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert KochInstitut (KRINKO) 52 Konsiliarpauschale 227 Konsultationspauschale 221 Kooperationsgemeinschaft, medizinische 34 Körperverletzung 98 Kostenpauschale 216 Krankenhaus 26 – Abgrenzung der Wirtschaftsgüter 360 – Abrechnung 195 – Betriebskosten 359 – Beweislastumkehr 234 – Datenschutz 168 – Datentransfer 178 – Datenübermittlung 177 – der Grundversorgung 26 – der Maximalversorgung 26

– – – –

Einzelförderung 362 Entgeltsystem 185 Finanzierung, duale 359 Finanzierung, Grundlage, gesetzliche 359 – Gliederungskriterium 27 – Haftung 105 – Institutsermächtigung 21 – Investitionspauschale 363 – Operation, ambulante, Abrechnung 229 – Organisationsstruktur 28 – Pauschalförderung 363 – Schwerpunktversorgung 26 – Träger 28 – Versorgungsstufe 26 – Versorgungsvertrag 36 – Wunschleistung 75 – Zulassungsbedingung, ambulante Operation 229 – Zuordnung 26 – Zusatzleistung 75 Krankenhausaufnahmevertrag, totaler 105 – mit Arztzusatzvertrag 106 Krankenhausbehandlung 19–20 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) 359 Krankenhaushygiene 51 – Richtlinie 53 Krankenhaushygieniker 54 Krankenhausinfektion 51 Krankenhausleistung, allgemeine 67 Krankenhausplan 361 Krankenhausstrukturgesetz, Qualitätssicherung 329 Krankenhausträger – Datenschutz 165 – Organisationspflicht 106 Krankenhausunterlagen, Aufbewahrungsfrist 134 Krankenhausvermeidungspflege 262 Krankenkasse – Datentransfer 178 – gesetzliche –– Art 295–296 –– Organisation 295 –– Verbände 298 – Selbstverwaltung 294 Krankenpflege, häusliche 262 Krankenpflegekraft, leitende 28 Krankenpfleger 45 – für Hygiene 54 Krankenversicherung – gesetzliche 295 –– SGB V 352 – Rehabilitationsleistung, stationäre 285 – Rehabilitationsmaßnahmen, stationäre 288

Krankenversicherungsträger 295 Krankheitsfrüherkennung 18 Krankheitsverhütung 17 Krankheitsverschlechterung, Verhütung 18 Kreislaufwirtschaft 58 KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) 331 – Bewertungsverfahren 333 – Gemeinsamkeiten, Unterschiede zu EFQM 340 – Kriterienkatalog, Aufbau 332 – Qualitätsbericht 335 – Selbstbewertungsbericht 334 – Visitorenteam 334 – Zertifizierung 332 –– Stärken – Schwächen 335 – Zertifizierungsstelle 334 Kunde 87 Kundenbindung 87 – Arten 89 Kundenbindungsmanagement 87 – Instrument 91 Kundenbindungsstrategien 88 Kundenumgang, Regeln 83 Kündigung, Vertragsverhältnis 120 Kündigung, Heimvertrag 125 Kurantrag 282 Kurarzt, Verordnung 284 Kurwesen, Abrechnung 275 Kurzzeitpflege 257, 263 – Leistung 263

L Laboratoriumsassistent, medizinisch-technischer 45 Landesgesundheitsamt 56 Lebenserwartung 314 Leeuwenhoek, Antoni van 49 Leihvertrag 117 Leistung – abrechnungsfähige 211, 217 – ergänzende 276 – für Pflegeperson 268 – Kurzzeitpflege 263 – Nachtpflege 263 – Pflege, häusliche 255 – Pflege, teilstationäre 263 – Pflege, vollstationäre 264 – Pflegeversicherung, private 272 – Pflegeversicherung, soziale 255 – Tagespflege 263 – Teilhabe 276–277

Sachverzeichnis – unterhaltssichernde 276 – zur Rehabilitation 275 Leistungserbringung, Integrationsversorgung 204 Leistungserbringung, persönliche 21, 70 Leistungspflicht 124 Liquidationskette 72 Lister, Joseph 50 Logopäde 46

M Masseur 45 MEDICPROOF 272 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) 298 Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) 298 Medizinproduktegesetz 53 MGV (morbiditätsbedingte Gesamtvergütung) 227 Mietvertrag 117 Mitarbeiterhaftung 103 Monistik 280 Multimorbidität 314–315 MVZ (medizinisches Versorgungszentrum) 33

N Nachsorgeleistung, Rehabilitation 291 Nachtpflege 257, 263 NANDA, Pflegediagnose 151 NANDA-Taxonomie 151 Neurologie, Phasenmodell 290 Notdienst 78 Notfalldienst – Abrechnung 219 – organisierter 218 Notfallkonsultationspauschale 219 Notlagentarif 242 Notstand, rechtfertigender 172 NUB (neue Untersuchungsund Behandlungsmethode) 194 NUB-Entgelt 194

O Offenbarung, Einwilligung, mutmaßliche 171 Offenbarungsbefugnis 172 Offenbarungspflicht 171 Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) 25 Operation, ambulante 20 Operationen- und Prozedurenschlüssel 145

OPS 145 – Pflegekomplexmaßnahmen-Score 149 – Doppelstern 149 – Erweiterungen 149 – Gliederung 146 – Kritik 150 – Listen 149 – Notation 146 – Resteklassen 148 – Zusatzkennzeichen 148 Organisationspflicht, Krankenhausträger 106 OrthopädietechnikMechaniker 46

P Pasteur, Louis 50 Patient – einwilligungsunfähiger, Aufklärung 112 – fremdsprachiger, Aufklärung 112 – minderjähriger, Aufklärung 111 Patientendaten 164 – Datenschutz 168 Patienteninformation, Leistung 69 Pauschale zur Förderung der fachärztlichen Grundversorgung (PFG) 226 Pauschalen-EBM 2008 212 Pauschalförderung, Krankenhaus 363 PEPP (Pauschalierendes Entgeltsystem Psychiatrie/ Psychosomatik) 196 – Abrechnungsgrundlage 199 – Entgeltkatalog, Aufbau 198 – Notation 196 – Prä-PEPP 197 Pflege 22 – ambulante 30 – häusliche –– Leistung 255 –– Verhinderung der Pflegeperson 260 – Hygienebeauftragte 55 – stationäre, Betreuung, zusätzliche 266 – teilstationäre, Leistung 263 – vollstationäre 257, 264 – Zulassung 37 Pflege-Transparenzvereinbarung 267 Pflegebedürftige – Beratung, verpflichtend 259 – Zuzahlung 262 Pflegebedürftige, mehrere, Sachleistungsbezug 258 Pflegebedürftigkeit 22 – Definition 251

– Ermittlung 251 – Grad 251 Pflegebedürftigkeitsbegriff 271 Pflegeberater 271 Pflegediagnose, NANDA 151 Pflegediagnosen 151 – Vor- und Nachteile 152 Pflegedienst 28 Pflegeeinrichtung – ambulante 30 – teilstationäre 31 – Versorgungsvertrag 37 – vollstationäre 31 Pflegegeld 257 – Kürzung 259 – Pflegehilfe, selbst beschaffte 258 Pflegegrad 250, 272 – Ermittlung 253 – Umstrukturierung von Pflegestufe 254 Pflegegrade, Ermittlung, Pflegebedürftigkeit 272 Pflegeheim, Investitionskosten 265 Pflegeheimkontrolle 266 Pflegehilfe – häusliche 255 – selbst beschaffte, Pflegegeld 258 Pflegehilfsmittel 257, 261 Pflegekasse, Sicherstellungsauftrag 79 Pflegeklassifikationssysteme 151 – NANDA-Taxonomie 151 PflegekomplexmaßnahmenScore 149 Pflegekosten 264 Pflegekurs 270 Pflegenote 267 Pflegeperson 268 – ehrenamtliche 270 – Verhinderung 269 Pflegesachleistung 255, 257 Pflegesatz 286 – Abteilungspflegesatz 202 – Basispflegesatz 202 – Vergütung 202 Pflegestärkungsgesetz, zweites (PSG II) 355 Pflegestärkungsgesetz III, Pflegestärkungsgesetz, drittes 271 Pflegestufe 250 – Umstrukturierung auf Pflegegrad 254 Pflegestützpunkt 271 Pflegeversicherung – Datentransfer 181 – Neuregelung 250 – private, Leistung 272 – soziale –– Leistung 255

–– Leistungsangebot 257 –– SGB XI 355 Pflegezeit, Berufstätige 268 Pflichtmitgliedschaft, Ärztekammer 306 Phasenmodell, Neurologie 290 Physiotherapeut 45 Poolen 258 Prä-PEPP 197 Präsenzkraft 260 Prävention 17 Präventionsgesetz (PrävG) 318 Präventionskonferenz, nationale 319 Praxisgemeinschaft 32 – Haftung 104 – partielle 34 Praxisnetz 34 Praxisverbund 34 Primärprävention 17 Privatgeheimnis 98 ProCum Cert, inkl. KTQ 342 – Zertifizierungsablauf 342 Prozessqualität 327 Psychohygiene 51 Punktwert 239 Punktzahl 238

Q Qualität – Definition 327 – Dimension 327–328 Qualitätsmanagement – EFQM 336 – Grundzüge 327 – TQM-Konzept 330 Qualitätssicherung – Regelung, gesetzliche 328 – Zuschlag 194

R RADAR-Logik 338 Rechnungsstellung 246 – IGeL 76 Rechtswidrigkeit 94 Recognized for Excellence 339 Regelleistungsvolumen (RVL) 227 – Berechnung 227 Regelprüfung, Pflegeeinrichtung 267 Regelspanne 240 Reha-Nachsorgeprogramm 291 Rehabilitation 22 – Abrechnung, Grundzüge 275 – berufliche 280 – medizinische 280 –– Grundlagen, rechtliche 277 – schulische 280

83

Sachverzeichnis – SGB IX 354 – soziale 280 – vor Rente 280 – Zuständigkeitsklärung 279 Rehabilitationsbedarf 278 Rehabilitationseinrichtung 29 – Datenübermittlung 179 – Entwicklung 285 – stationäre 285 Rehabilitationsform 278 Rehabilitationsklinik (RehaKlinik) 285 Rehabilitationsleistung 275 – medizinische 275, 281 – stationäre 285 Rehabilitationsnachsorge, intensivierte 291 Rehabilitationsträger 277 Reiseentschädigung 244 Rentabilitätseffekt 87 Rentenversicherung – Datentransfer 181 – gesetzliche, SGB VI 352 – Rehabilitationsmaßnahmen, stationäre 290 Rückverlegung 193 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz 353

S Schadenersatz 102 Schmerzensgeld 102 Schuldausschließungsgrund 95 Schuldbegriff 95 Schuldfähigkeit 95 Schuldform 95 Schweigepflicht – ärztliche 169 – Entbindung 171 – Verletzung 172 Schwellenwert 239 Schwerbehindertenrecht 354 Sekundärprävention 18 Selbstverwaltung 294 – gemeinsame 308 – Krankenkasse 294 – Sozialversicherung 294 Selbstverwaltungsorgane 294 Selbstzahlerrechnung 289 Selektivverträge 203 Semmelweis, Philipp 50 Sicherstellungsauftrag – KV 301 – der Pflegekassen 79 – Versorgung, vertragsärztliche 78 Sicherungspflege 262 Sozialbudget 321 Sozialdatenschutz 355 Sozialgesetzbuch (SGB) 350 – I 350 – II 350

384

– III 351 – IV 351 – IX 354 – V 352 – VI 352 – VII 353 – VIII 354 – X 355 – XI 355 – XII 355 Sozialhilfe 355 Sozialhilferecht 355 Sozialhygiene 51 Sozialleistungsquote 322 Sozialrecht, Eigenverantwortlichkeit 318 Sozialversicherung – gesetzliche, SGB IV 351 – Selbstverwaltung 294 Sozialverwaltungsverfahren 355 Sozialwahl 294 Standardtarif 240 Strafrecht 94 Strafrechtsvorschriften 98 – Arzthaftung 98 Straftat – Merkmale 94 – Rechtfertigungsgrund 94 – Rechtsfolge 99 – Verjährung 99 Strafverfahren – Ablauf 96 – Beweislastregel 110 Strafverfolgungsverjährung 99 Strafvollstreckungsverjährung 99 Strukturqualität 327

T Tagespflege 257, 263 Tatbestandsmäßigkeit 94 Täterschaft 95 Tatteilnahme 95 Teilhabe – am Arbeitsleben 276 – am Leben in der Gemeinschaft 276 – Grundlagen, rechtliche 277 – SGB IX 354 – Zuständigkeitsklärung 279 Tertiärprävention 18 Total Quality Management (TQM) 330 Tötung, fahrlässige 98 Trägerhaftung 103 Transzparenzbericht 267

U Umwelthygiene 51 Unfallverhütungsvorschrift 53 Unfallversicherung

– Datentransfer 180 – SGB VII 353 – Träger 353 Unrechtsbewusstsein 95

V Verbrauchsgut 360 Vergütungsform, GOÄ 237 Vergütungssystem 286 Vergütungsvereinbarung – Versorgung, integrierte 204 Verhaltensprävention 19 Verhinderungspflege 257, 260 Verjährung 102 Verjährungsfrist, Hemmung 102 Verlegung 188 Verlegungspauschale 189 Verrichtungsgehilfe 103 Versichertenpauschale 222 – Altersdifferenzierung 222 – hausärztliche 222 – Inanspruchnahme, unvorhergesehene 223 Versorgung – ambulante ärztliche 211 – ambulante spezialfachärztlich 21 – Anschubfinanzierung 203 – integrierte 202 – Selektivverträge 203 – Vorteile 204 Versorgungsbereich – fachärztlicher 225 – hausärztlicher 222 Versorgungsstrukturgesetz (VStG) 229 Versorgungsvertrag 36 – mit Rehabilitationseinrichtung 37 – mit Vorsorgeeinrichtung 37 Versorgungszentrum, medizinisches (MVZ) 33 Vertragsart 116 Vertragsarzt 43 – Zulassung 78 Vertragsarztrecht, Rechtsbeziehung 304 Vertragsarztrechtsänderungsgesetz 32 Vertragsdauer, WBVG 123 Vertragshoheit, KV 302 Vertragsinhalt 124 Vertragsschluss, WBVG 123 Vertreterversammlung, KV 300 Verwaltungsdienst 28 Verwaltungsdirektor 28 Verwaltungskomplex 221 Virchow, Rudolf 49 Vorhandenes Leistungsangebot 67 Vorsatz 95

Vorsorgeeinrichtung 29 – Datenübermittlung 179 – Entwicklung 285 Vorsorgeleistung – ambulante 281 – medizinische 281 Vorstand, KV 301

W Wahlarzt, Verhinderung 71 Wahlarztkette 72 Wahlbehandlungsvertrag, gespaltener 106 Wahlleistung 67 – ärztliche 70 – medizinische 74 – nichtärztliche 70 WBVG (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz) 121 Wegegeld 244 Weiterbildung, ärztliche 42 Werklieferungsvertrag 117 Werkvertrag 117 Wiederaufnahme, Abrechnung 190 Wirkungskette der Kundenbindung 88 Wirtschaftsdienst 28 Wirtschaftsgut 361 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) 121 Wohnform 31 Wohngemeinschaft, ambulante, Leistung 260 Wohngruppenzuschlag 260 Wohnumfeld, Maßnahmen, verbessernde 257, 261 Wohnvertrag 121 – Kündigung 123

Z Zentralkrankenhaus 26 Zertifizierung 331 Zivilprozess, Beweislastregel 108 Zivilrecht 93, 101 Zulassung, Arztregister 300 Zurechnungsfähigkeit 95 Zusatzentgelt 193 – PEPP-System 198 Zusatzleistung, Pflege 266 Zuschlag 187 – Ausbildungskosten 194 – DRG-Systemzuschlag 194 – G-BA 194 – Mitaufnahme Begleitperson/Pflegekraft 194 – Qualitätssicherung 194 Zuständigkeitsklärung – Rehabilitation 279 – Teilhabe 279 Zuzahlung 195