Korruption im Gesundheitswesen [1 ed.] 9783428580095, 9783428180097

Geschütztes Rechtsgut der Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gem. §§ 299a, b StGB i

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German Pages 300 [301] Year 2020

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Korruption im Gesundheitswesen [1 ed.]
 9783428580095, 9783428180097

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 295

Korruption im Gesundheitswesen Von

Dorothee Pfohl

Duncker & Humblot · Berlin

DOROTHEE PFOHL

Korruption im Gesundheitswesen

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (†) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dres. h. c. Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 295

Korruption im Gesundheitswesen Von

Dorothee Pfohl

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT. Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Professor Dr. Jörg Eisele, Tübingen Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 21 Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: CPI buchbücher.de Gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-18009-7 (Print) ISBN 978-3-428-58009-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Jörg Eisele. Sie wurde im Sommersemester 2019 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen angenommen. Die Disputation fand statt am 11.10.2019. Mein besonderer Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Jörg Eisele, welcher mir während der gesamten Promotionszeit wissenschaftliche Freiheit gewährte, dabei aber stets für Diskussionen und Rückfragen zur Verfügung stand. Seine Betreuung war sowohl in persönlicher als auch fachlicher Hinsicht hervorragend. Weiter möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Heinrich für die außerordentlich schnelle Erstellung des Zweitgutachtens bedanken. Danken möchte ich zudem Frau Prof. Dr. Ulrike Schittenhelm für die zahlreichen konstruktiven Gespräche und Anregungen, mit denen sie zum steten Fortgang der Arbeit beitrug. Für die persönliche Unterstützung während dieser Zeit möchte ich mich außerdem bei Herrn Dr. Maximilian Lenk bedanken, welcher mir beim Erstellen der Arbeit immer verständnisvoll zur Seite stand. Schließlich gilt mein besonderer Dank meiner Familie, die mich während meiner gesamten Ausbildung und dieser Arbeit begleitet hat und mir mit ihrer stetigen Unterstützung das Schreiben der Arbeit erst ermöglichte. München, im Mai 2020

Dorothee Pfohl

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einleitung

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A. Problemskizzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Teil 2 Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

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A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I. Historische Entwicklung des Vertragsarztrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Das Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2. Entwicklung ab 1900 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Verordnung über Ärzte und Krankenkassen aus dem Jahre 1923 . . . . . . . . . . 31 4. Die Notverordnungen 1931/32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 5. Nationalsozialismus und Entwicklung ab 1950 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Grundlagen der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Das Viereck der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Das Wirtschaftlichkeitsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3. Die Schlüsselstellung des Arztes bei der Verordnung von Arznei-, Heilund Hilfsmitteln und Medizinprodukten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Das Prinzip der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen . . . . . . . 36 1. Grundgedanke der mittelbaren Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Die gemeinsame Selbstverwaltung im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . 38 IV. Rechtsgrundlagen des Vertragsarztrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Die einzelnen Steuerungsinstrumente der gemeinsamen Selbstverwaltung . . 39 a) Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 aa) Bundesmantelverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 bb) Gesamtverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

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Inhaltsverzeichnis 2. Bindungswirkung der einzelnen Steuerungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 V. Einbindung der Apotheker in die gesetzliche Krankenversicherung . . . . . . . . . . 45 VI. Wettbewerbselemente in der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . 47 VII. Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Allgemeines sozialrechtliches Zuweisungsverbot gegen Entgelt . . . . . . . . . . 50 2. Zuweisungsverbot im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln 51 3. Fortbildungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 VIII. Disziplinarmaßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . 54 1. Disziplinarverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2. Zulassungsentziehungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 IX. Ausgestaltung der privaten Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Versicherte in der privaten Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Versicherungsvertrag und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3. Beziehungen zwischen Privatarzt und Privatpatient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

B. Berufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 I. Der Begriff des freien Berufes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Merkmale der Freiberuflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 III. Das ärztliche Standesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. Die berufsständische Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Die Berufsordnung für Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Rechtsnatur der Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 b) Reichweite der Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 c) Inhalt der Berufsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten

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1. Unerlaubte Zuweisungen und Verordnungen nach § 31 I MBO-Ä . . . . . . . . . 72 2. Empfehlungen und Verweisungen ohne hinreichenden Grund nach § 31 II MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Unerlaubte Zuwendungen gemäß § 32 I MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4. Zuwendungen im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen gemäß § 32 II, III MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 5. Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 V. Ahndung berufsrechtlicher Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 C. Das Heilmittelwerberecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 I. Aufgabe des Heilmittelwerbegesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 II. Verbot von unentgeltlichen Zuwendungen gemäß § 7 HWG . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Inhaltsverzeichnis

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D. Verhaltenskodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 I. Aufgabe der Verhaltenskodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 II. Grundsätze der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 1. Trennungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Dokumentationsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3. Transparenzgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4. Äquivalenzgrundsatz – Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung . . 88 5. Sonstige Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 III. Ahndung von Verstößen gegen den FSA-Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Teil 3 Strafrechtliche Wertung

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A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Überholung des dualistischen Rechtsgutskonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Geäußerte Kritikpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Verfassungsrechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Notwendigkeit einer entsprechenden Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3. Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen als geschütztes Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4. Auswirkungen der Streichung der Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten auf das geschützte Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Erläuterung des Begriffs „Wettbewerb“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Wettbewerb im Gesundheitssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Vereinbarkeit des Wettbewerbs mit dem System der gesetzlichen Krankenversicherung als Solidargemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Wettbewerbsverhältnisse in der gesetzlichen Krankenversicherung . . . . . . . . 107 a) Freie Krankenkassenwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Durchbrechungen des Kollektivvertragssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Verschiedene Märkte im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Geschützter Wettbewerb im Rahmen der §§ 299a, b StGB . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Entscheidender Markt der Straftatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Vergleichbarkeit des Wettbewerbsbegriffes mit § 299 StGB . . . . . . . . . . . 114 c) Anwendbarkeit auf die private Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 IV. Einsatz des Strafrechts zur wirksamen Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . 118 1. Wettbewerbs- oder Korruptionsunrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Der Begriff der Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Ausnahme von der grundsätzlich straflosen Geschäftsherrenbestechung

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Inhaltsverzeichnis c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Schutz durch anderweitige Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Schutz durch das Sozialrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Aufgabe des Disziplinarrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Effektivität des Disziplinarrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Schutz durch das Berufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Aufgabe des berufsrechtlichen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 cc) Effektivität des berufsrechtlichen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Ausschluss durch § 69 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Schutz durch das Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Schutz durch das Heilmittelwerbegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Funktion des Ordnungswidrigkeitenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Verfolgter Unrechtsgehalt durch das HWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 e) Schutz durch das Approbationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 f) Schutz durch Verhaltenskodizes am Beispiel des FSA-Kodexes . . . . . . . . 134 g) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Signalwirkung des Kernstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4. Verortung im Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Einfügung in den 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches – Straftaten gegen den Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Einfügung in den 30. Abschnitt des Strafgesetzbuches – Straftaten im Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5. Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Bedeutung von gesetzlichen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Einhaltung gesetzlicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Ausschluss der Unrechtsvereinbarung durch Einhaltung gesetzlicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Hinzukommen weiterer Umstände als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Verstoß gegen gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 II. Bedeutung von untergesetzlichen Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Einhaltung von untergesetzlichen Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Vorschriften der Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Normsetzungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Verstoß gegen untergesetzliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Verstoß gegen Vorschriften der Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 b) Verstoß gegen Normsetzungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Inhaltsverzeichnis

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III. Bedeutung von Verhaltenskodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Einhaltung von Verhaltenskodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Verstoß gegen Verhaltenskodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 IV. Einfluss über das Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Vorschriften der Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Verhaltenskodizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 V. Genehmigung durch zuständige Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Täterkreis der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Einbeziehung von nichtakademischen Heilberuflern in den Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Akademische Heilberufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Faktischer Ausschluss der Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 bb) Sachgerechtigkeit des Ausschlusses des Apothekers . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Tierarzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 dd) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 3. Ausschluss bestimmter Berufsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Gesundheitshandwerksberufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Ausschluss von Heilpraktikern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 c) Klinikmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Im Zusammenhang mit der Berufsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 III. Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 1. Vorteilsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Immaterielle Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Drittvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Abschluss eines Vertrages als Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Handlungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 IV. Unrechtsvereinbarung als Kernelement der Straftatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Marktverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Nr. 1: Verordnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Nr. 2: Bezugsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Nr. 3: Zuführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

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Inhaltsverzeichnis 2. Als Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Ausschluss der gelockerten Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Nachträgliche Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Bonuszahlungen für wirtschaftliche Verordnungsweisen . . . . . . . . . . . . . . 192 c) Sozialadäquate Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 d) Rabatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 e) Genehmigung als Ausschluss der Unrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Unlautere Bevorzugung im Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Vorliegen einer Wettbewerbssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Medizinisch nicht indizierte Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 c) Einbeziehung des ausländischen Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 V. Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 VI. Konkurrenzverhältnis zu anderen strafrechtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . 202 VII. Rechtsfolgen einer Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204

Teil 4 Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

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A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Anwendungsbeobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Strafrechtliche Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Angemessenheit der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 b) Verstoß gegen formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 c) Erforderlichkeit der Anwendungsbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 d) Überschreiten der GOÄ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Grundsätzliches zur Überschreitung der GOÄ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 bb) Überschreitung der GOÄ bei Anwendungsbeobachtungen . . . . . . . . . 212 II. Fortbildungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Interne Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Passive Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 aa) Angemessene Unterstützung der Teilnahme an internen Fortbildungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 bb) Über das Maß der Angemessenheit hinausgehende Unterstützung der Teilnahme an internen Fortbildungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . 214 cc) Vereinbarung einer konkreten Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Aktive Teilnahme durch Referententätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Externe Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 a) Unterstützung der Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Inhaltsverzeichnis

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b) Sponsorenvertrag mit einem nichtärztlichen Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . 222 c) Sponsorenvertrag mit einem ärztlichen Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 III. Geschenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Patientengeschenke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Dankesgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 b) Sonstige Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Geschenke der Pharmaindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 IV. Übernahme von Bewirtungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 V. Spenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 VI. Weitere gegenseitige Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Beraterverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 2. Drittmittel (Forscherverträge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 B. Zusammenarbeit mit Krankenhäusern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 I. Nichteinhalten der Voraussetzungen des § 115a SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 II. Kooperationsbedingter sachlicher Grund der Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 III. Inaussichtstellen einer Beauftragung zur nachstationären Behandlung nach § 115a I S. 2 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 IV. Übernahme der Haftpflichtbeiträge im Belegwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 V. Entlassmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 C. Zuweisung an andere Heilberufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Vergünstigte Überlassung von Praxisräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 II. Kostenlose Überlassung von Blutentnahmeröhrchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 III. Auslage von Flyern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 IV. Werbe-TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 D. Geräteüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 I. Kostenlose Geräteüberlassung durch den Hersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 II. Überlassung im Rahmen einer Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Gerätegestellung durch Fachkliniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 E. Vorteilsannahmen im Interesse des Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 I. Blutzuckermessgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 II. Arzneimittelmusterabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 III. Patientensupport-Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 F. Unternehmensbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 I. Laborbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 II. Mittelbare Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 III. Kapitalbeteiligung in einer anderen Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 IV. Beteiligung des Ehegatten an einem Gesundheitsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . 259

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Inhaltsverzeichnis

G. Berufsausübungsgemeinschaften, § 18 MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 H. Rabattgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. Barrabatte bei Medikamenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Rabatte bei Bezug eines Ultraschallgerätes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 III. Rabatte bei Sprechstundenbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 IV. Weitergabe an Kostenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 V. Unterlassene Weitergabe bei bestehender Pflicht zur Weitergabe . . . . . . . . . . . . 266 VI. Treue- und Exklusivitätsrabatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 VII. Günstige Preisgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 VIII. Skonti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

Teil 5 Betrachtung de lege ferenda

272

A. Wesentliche Ergebnisse der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 B. Kritikpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 C. Reformvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

Abkürzungsverzeichnis A&R a. A. a. E. a. F. ApO AEUV AG Medizinrecht AltPflG AMG AMPreisV AnwBl. ApoG Art. ÄrzteVO Ärzte-ZVO AT Aufl. Az. BÄK BÄO BApO BayObLG BayVGH Bd. BeckRS BerGerOÄ BW BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BKA BlnHKG BMJV BMV-Ä BMV-Z BO BORA BRAO

Zeitschrift für Arzneimittelrecht und Arzneimittelpolitik andere Ansicht am Ende alte Fassung Approbationsordnung für Apotheker Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht Altenpflegegesetz Arzneimittelgesetz Arzneimittelpreisverordnung Anwaltsblatt Apothekengesetz Artikel Ärzteverordnung Ärzte-Zulassungsverordnung Allgemeiner Teil Auflage Aktenzeichen Bundesärztekammer Bundesärzteordnung Bundes-Apothekerordnung Bayerisches Oberlandesgericht Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Band Beck Rechtsprechung Berufsgerichtsordnung Baden-Württemberg Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen, Amtliche Sammlung Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, Amtliche Sammlung Bundeskriminalamt Berliner Heilberufekammergesetz Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesmantelvertrag Ärzte Bundesmantelvertrag Zahnärzte Berufsordnung Berufsordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltsordnung

16 BR-Drs BRKG BSG BSGE bspw. BT WD BTÄO BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG CB CCZ DÄBl. DAV ders. dies. DKG DRG DStR e. V. EBM EGBGB Einl. EL EStG f. ff. FG Fn. FS FSA FSA-VO GA GesR GewArch GewO GG GKV GOÄ GRUR GRUR-RR GS GuP GWB

Abkürzungsverzeichnis Bundesrats-Drucksache Bundesreisekostengesetz Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts, Amtliche Sammlung beispielsweise Bundestag Wissenschaftliche Dienste Bundestierärzteordnung Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Amtliche Sammlung Bundesverwaltungsgericht Compliance Berater Corporate Compliance Deutsches Ärzteblatt Deutscher Anwaltsverein derselbe dieselbe/dieselben Deutsche Krankenhausgesellschaft Diagnosis related groups Das deutsche Steuerrecht eingetragener Verein Einheitlicher Bewertungsmaßstab Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einleitung Ergänzungslieferung Einkommensteuergesetz folgende (Seite/Randnummer) fortfolgende (Seite/Randnummer) Festgabe Fußnote Festschrift Freiwillige Kontrolle für die Arzneimittelindustrie Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie – Verfahrensordnung Goltdammers Archiv für Strafrecht GesundheitsRecht – Zeitschrift für Arztrecht, Krankenhausrecht, Apotheken- und Arzneimittelrecht Gewerbearchiv Gewerbeordnung Grundgesetz Gesetzliche Krankenversicherung Gebührenordnung für Ärzte Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungsreport Gedächtnisschrift Gesundheit und Pflege – Rechtszeitschrift für das gesamte Gesundheitswesen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Abkürzungsverzeichnis HandwO HansOLG HBKG BW HBKG SH Hdb. HebG HeilBerG Brb. HeilBerG Bre HeilBerG HB HeilBerG HE HeilBerG HH HeilBerG MV HeilBerG NRW HeilBerG RP HeilBG Th HeilPraktG HeilPraktGDV HessVGH HKaG Bay HKaG SN HKG NI HKG SL HNO-Arzt HRG HRRS Hs. HWG IGeL JZ Kap. KÄV KBV KG KGHB SA KHEntG KHG HB KHGG NRW KPzKP Krit. KVBW KVG LandesberufsG LBG BW LG LHG

17

Handwerksordnung Hanseatisches Oberlandesgericht Heilberufe-Kammergesetz Baden-Württemberg Heilberufskammergesetz Schleswig-Holstein Handbuch Gesetz über das Studium und den Beruf von Hebammen Heilberufsgesetz Brandenburg Heilberufsgesetz Bremen Heilberufsgesetz Hansestadt Bremen Heilberufsgesetz Hessen Heilberufsgesetz Hansestadt Hamburg Heilberufsgesetz Mecklenburg-Vorpommern Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz Heilberufsgesetz Thüringen Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung Hessischer Verwaltungsgerichtshof Heilberufekammergesetz Bayern Heilberufekammergesetz Sachsen Heilberufekammergesetz Niedersachsen Heilberufekammergesetz Saarland Hals-Nasen-Ohren-Arzt Hochschulrahmengesetz Onlinezeitschrift für höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Halbsatz Heilmittelwerbegesetz individuelle Gesundheitsleistungen JuristenZeitung Kapitel Kassenärztliche Vereinigung Kassenärztliche Bundesvereinigung Kammergericht Gesetz über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen Krankenhausgesetz Bremen Krankenhausgestaltungsgesetz Nordrhein-Westfalen Kölner Papiere zur Kriminalpolitik Kritisch Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeitnehmer Landesberufsgericht Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg Landgericht Landeshochschulgesetz

18 LKHG BW LogopG LSG m. w. N. MB/KK MBO MBO-Ä MedR medstra MMR MPhG MPJ MPR

Abkürzungsverzeichnis

Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg Gesetz über den Beruf des Logopäden Landessozialgericht mit weiteren Nachweisen Musterbedingungen für die Krankheitskosten Musterberufsordnung Musterberufsordnung für Ärzte Medizinrecht Zeitschrift für Medizinstrafrecht Zeitschrift für IT-Recht und Digitalisierung Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie Medizinprodukte Journal MedizinProdukteRecht – Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht MRT Magnetresonanztomographie MTAG Gesetz über technische Assistenten in der Medizin MVZ Medizinische Versorgungszentren n. F. neue Fassung NJ Neue Justiz Zeitschrift für Anwalts- und Gerichtspraxis NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJWE-WettbR Neue Juristische Wochenschrift Entscheidungsdienst Wettbewerbsrecht NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ-RR Neue Zeitschrift für Strafrecht Rechtsprechungsreport NZS Neue Zeitschrift für Sozialrecht NZWiSt Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuerund Unternehmensstrafrecht OLG Oberlandesgericht OTC-Präparate Over the Counter-Präparate OVG Oberverwaltungsgericht PartGG Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften PBKG SH Pflegeberufekammergesetz Schleswig-Holstein PflegeKG Niedersachsen Kammergesetz für die Heilberufe in der Pflege Niedersachsen PharmR Pharmarecht Fachzeitschrift für das gesamte Arzneimittelrecht PharmTAG Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten PKV Verband der privaten Krankenversicherung RDG Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen RefE Referentenentwurf RettAssG Rettungsassistentengesetz RGBl. Reichsgesetzblatt Rn. Randnummer RVO Reichsversicherungsordnung S. Seite/siehe SGB V 5. Sozialgesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis St. StBerG StGB StPO StV ThürKG UWG VersR vgl. Vor. VSSR VuR VVG WiJ WiPrO wistra WRP WRV ZfWU ZHG ZIS ZMGR ZRP ZStW ZulassungsVO zust.

Ständige Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Strafverteidiger Thüringer Krankenhausgesetz Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Versicherungsrecht vergleiche Vorbemerkung Vierteljahresschrift für Sozialrecht Verbraucher und Recht – Zeitschrift für Wirtschaftsund Verbraucherrecht Versicherungsvertragsgesetz Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung e.V. Wirtschaftsprüferordnung Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Wettbewerb in Recht und Praxis Weimarer Reichsverordnung Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik Zeitschrift für das gesamte Medizin- und Gesundheitsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zulassungsverordnung zustimmend

19

Teil 1

Einleitung A. Problemskizzierung Dem Gesundheitswesen kommt eine hohe ökonomische Bedeutung zu. In den vergangenen Jahren ist das Ausgabevolumen sowohl in der gesetzlichen als auch in der privaten Krankenversicherung stetig angestiegen. Insgesamt wurden im Jahr 2019 Gesundheitsausgaben in Höhe von 407.446 Millionen Euro verzeichnet.1 Um einen weiteren Anstieg der Ausgaben zu vermeiden und die Beitragsstabilität zu wahren, wurde das System der gesetzlichen Krankenversicherung in den vergangenen Jahren für den Wettbewerb geöffnet. Hierzu wurden zahlreiche Kooperationsmöglichkeiten eingeführt, welche die Korruptionsanfälligkeit des ohnehin sehr intransparenten Systems zusätzlich erhöhten. Einen wesentlichen Faktor der Korruption stellt die Schlüsselstellung des Arztes dar, die diesem vom Gesetzgeber bei seinen beruflichen Tätigkeiten eingeräumt worden ist.2 Diese Missbrauchsanfälligkeit wirft die Frage auf, inwieweit korruptive Verhaltensweisen durch das Strafrecht erfasst werden können. Mit einem Paukenschlag beendete der BGH die Frage nach der Anwendbarkeit der bisherigen Korruptionsstraftatbestände auf niedergelassene Vertragsärzte. Der Große Senat entschied am 29. März 2012, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben, namentlich der Verordnung von Arzneimitteln, weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB handle.3 Eine Amtsträgerschaft scheide aus, da der einzelne Vertragsarzt aufgrund der sozialrechtlichen Vorschriften nicht dazu bestellt sei, im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.4 Ebenso führe der zwischen den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen als Vertreter der Ärzteschaft vereinbarte Sicherstellungsauftrag dazu, dass sich die an der ärztlichen Versorgung Beteiligten in 1 Zahlen und Fakten, Statistisches Bundesamts, abrufbar unter: Vgl. https://www.destatis. de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Gesundheitsausgaben/Tabellen/ausgabentrae ger.html. Letzter Abruf am 02.07.2020. 2 Näher zur Korruptionsanfälligkeit: Murmann, in: Duttge, Tatort, Gesundheitsmarkt, S. 109 (110 ff.). 3 BGHSt 57, 202. 4 BGHSt 57, 202 (206 ff.).

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Teil 1: Einleitung

kooperativem Zusammenwirken und damit auf der Ebene der Gleichordnung begegneten. Eine für § 299 StGB erforderliche Beauftragtenstellung käme damit nicht in Betracht.5 Mit dieser Entscheidung erteilte der BGH der bisherigen Rechtsprechung verschiedener unterinstanzlicher Gerichte eine Absage. Zuvor hatte das Landgericht Hamburg eine Pharmareferentin wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 II StGB verurteilt.6 Diese vertrieb ein „Verordnungsmanagement“ für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Unternehmen. Für die Verordnung eines Medikamentes des Unternehmens erhielt der Arzt 5 % des Herstellerabgabepreises als Prämie. Die Prämie wurde als Honorar für tatsächlich nicht stattgefundene wissenschaftliche Vorträge deklariert. Die annehmenden Ärzte wurden wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 I StGB verurteilt. Folge dieser höchstrichterlichen Entscheidung war, dass derartige Verhaltensweisen von den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Strafvorschriften nicht erfasst werden konnten. Nur bei Hinzutreten weiterer Umstände konnten die Straftatbestände des Betruges oder der Untreue zur Anwendung kommen. Das Strafbarkeitsrisiko der verschiedenen Ärzte war von ihrem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abhängig. Zwar konnte sich ein angestellter Arzt nach § 299 StGB strafbar machen, ebenso drohte für einen Arzt in einem Universitätsklinikum eine Strafbarkeit nach §§ 331, 332 StGB. Ein niedergelassener Vertragsarzt blieb hingegen straffrei. Der BGH verkannte in seiner Entscheidung aber nicht die grundsätzliche Berechtigung, entsprechende Verhaltensformen über das Strafrecht zu sanktionieren. Der Gesetzgeber kam daraufhin dem an ihn gerichteten Appell nach. Geschaffen werden sollte ein Straftatbestand, der sowohl den Wettbewerb als auch das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen schützt.7 Nach einem lebendigen Gesetzgebungsverfahren traten am 04. Juni 2016 die neuen Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen gemäß §§ 299a, b StGB in Kraft.

B. Zielsetzung Ziel der Arbeit soll die Untersuchung einer drohenden Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB bei Abschluss bestimmter Kooperationsvereinbarungen sein. Der Fokus wird hierbei auf die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als alleinig geschütztes Rechtsgut der Straftatbestände gelegt. Erforderlich ist dazu zunächst eine umfassende Begut5

BGHSt 57, 202 (211 ff.). LG Hamburg, BeckRS 20122, 23487. Ebenso OLG Braunschweig, NStZ 2010, 392; ablehnend für die Verordnung von Hilfsmitteln aber das LG Stade, MPR 2011, 97. 7 BT-Drs. 18/6446, S. 1, 11. 6

B. Zielsetzung

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achtung der Straftatbestände. Neben diesen existieren außerdem zahlreiche andere Regelungswerke, die bereits Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit und teilweise auch zum Schutz des Wettbewerbs enthalten. Damit stellt sich die Frage, ob diese Vorschriften für sich nicht bereits einen ausreichenden Schutz bieten und ob es den Schutz durch das Strafrecht tatsächlich bedarf. Sieht man den Einsatz des Strafrechts als erforderlich an, ist weitergehend die Frage zu beantworten, ob dem Gesetzgeber durch die Straftatbestände der §§ 299a, b StGB der gewünschte umfassende Schutz gelungen ist. Insbesondere ist von Bedeutung, ob die Straftatbestände gängige und teilweise auch gewünschte Kooperationen untersagen und damit möglicherweise die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens gefährden. Die Relevanz der Untersuchung ergibt sich bereits aus dem Erfordernis bestimmter Kooperationsformen im Gesundheitswesen, welche vom Gesetzgeber in den vergangenen Jahren verstärkt eingeführt worden sind. Sie dienen der Stärkung des Wettbewerbs im System der gesetzlichen Krankenversicherung und sollen damit zu einer stetigen Qualitätsverbesserung, aber auch zu einer Kostensenkung führen.8 Zu denken ist bei diesen Kooperationsformen an die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus gemäß § 115a SGB Voder auch die integrierte Versorgung gemäß § 140a SGB V. Allerdings bleibt dabei zu beachten, dass der Wettbewerb im Gesundheitswesen gewisse Besonderheiten aufweist und nicht ohne Weiteres mit dem Wettbewerb der freien Marktwirtschaft vergleichbar ist. Vielmehr handelt es sich um einen in großen Teilen staatlich regulierten Markt. Bereits die Teilnahme an diesem Markt ist durch gesetzlich vorgeschriebene Zulassungsvoraussetzungen eingeschränkt. Aber auch das eigentliche Agieren auf dem Markt wird durch zahlreiche Vorschriften begrenzt. Die an der gesetzlichen Krankenversicherung teilnehmenden Heilberufler unterliegen dem SGB V und sind damit an die dort enthaltenen Vorschriften gebunden. Von wesentlicher Bedeutung ist hier unter anderem das sozialrechtliche Zuweisungsverbot gegen Entgelt nach § 73 VII SGB V. Heilberufe, die einer Kammer angehören, haben außerdem ihr eigens gesetztes Kammerrecht zu beachten. Auch die Musterberufsordnung für Ärzte, auf welche in dieser Arbeit vorrangig Bezug genommen werden soll, enthält im 4. Abschnitt Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit. Neben diesen sozialrechtlich erwünschten Kooperationsformen existieren im Gesundheitswesen zahlreiche Formen der Zusammenarbeit, die auch in der Öffentlichkeit nicht selten Aufsehen erregen. Dazu gehören beispielsweise Einladungen der Pharmaindustrie an Ärzte zu Fortbildungsveranstaltungen. Für die Pharmaindustrie handelt es sich dabei freilich auch um entscheidende Werbemaßnahmen. Eine Teilnahme der Ärzte wäre in vielen Fällen aus Kostengründen ohne die Unterstützung der Industrie erst gar nicht möglich. Dies gilt insbesondere für kostspielige Fachkongresse im Ausland. Problematisch werden diese Einladungen aber

8

BSGE 82, 78 (81 f.).

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Teil 1: Einleitung

dann, wenn neben der Einladung des Arztes zusätzlich jene der Ehefrau erfolgt oder der Freizeitwert der Veranstaltung deutlich im Vordergrund steht. Es gibt aber auch Fälle, in denen Pharmaunternehmen auf die Mitarbeit von Heilberuflern gesetzlich angewiesen sind. So ist vor der Zulassung eines Medikamentes zwingend eine klinische Studie durchzuführen.9 Auch die Behörden können noch nach der Zulassung die Durchführung einer Anwendungsbeobachtung als Auflage verhängen.10 Die dargestellten Formen der Zusammenarbeit ermöglichen es den Pharmaunternehmen, ihre Produkte besser zu vermarkten. Aufgrund der Schlüsselstellung, die der Arzt im Gesundheitswesen einnimmt, sind sie auf eine Verordnung ihrer Produkte durch diesen angewiesen. Auch im Rahmen dieser Zusammenarbeit sind verschiedene Vorschriften von Bedeutung. Neben den bereits genannten Regelungswerken ist außerdem das Heilmittelwerbegesetz, insbesondere § 7 HWG, zu beachten. Weiterhin haben sich verschiedene Unternehmen der Branche dem Verein der freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie angeschlossen und sind damit an deren Verhaltenskodizes gebunden.

C. Gang der Untersuchung Im Folgenden soll eine umfassende Begutachtung der Thematik erfolgen. Daher werden im ersten Teil der Arbeit die außerstrafrechtlichen Regelungswerke vorgestellt. Da ein Großteil der Bevölkerung in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, wird zunächst ausführlich auf dieses System und die Besonderheit der dort bestehenden gemeinsamen Selbstverwaltung näher eingegangen. Zum besseren Verständnis des heutigen Systems und des in diesem Bereich nur sehr eingeschränkt gewünschten Wettbewerbs, erfolgt zu Beginn eine kurze Darstellung der Historie.11 Anschließend werden bereits an dieser Stelle die Wettbewerbselemente in diesem System beschrieben. Sodann wird auf die sozialrechtlichen Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit und die Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Vorschriften eingegangen.12 Da die Strafvorschriften, welche den Schwerpunkt der Arbeit ausmachen werden, auch den Bereich der privaten Krankenversicherung erfassen, wird diese in einem Exkurs näher erläutert.13 Die anschließende Darstellung des Berufsrechts erfolgt anhand des ärztlichen Standesrechts. Eingangs wird auf die Freiberuflichkeit der akademischen Heilberufe und die mittelbare Staatsverwaltung eingegangen.14 Auch die von den Ärztekam9

Vgl. § 22 II Nr. 3 AMG. Vgl. § 28 IIIa, b AMG. 11 Vgl. Teil 2 A. I. – III. 12 Vgl. Teil 2 A. VI. – VIII. 13 Vgl. Teil 2 A. IX. 14 Vgl. Teil 2 B. I. – III. 10

C. Gang der Untersuchung

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mern als Satzung erlassenen Berufsordnungen enthalten in §§ 30 ff. MBO-Ä Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit. Eine Durchsetzung erfolgt über die Berufsgerichtsbarkeit.15 Abschließen soll der außerstrafrechtliche Teil mit Erläuterungen zum Heilmittelwerbegesetz. Dieses enthält in § 7 HWG ein grundsätzliches Verbot von Werbegaben. Ein Verstoß gegen dieses kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.16 Sodann wird zuletzt noch auf die von der Pharmaindustrie eigens gesetzten Verhaltenskodizes eingegangen, mit welchen eine Selbstkontrolle der Branche erreicht werden sollte.17 Der Fokus der Arbeit liegt auf dem strafrechtlichen Teil. Nach einer umfassenden Darstellung der außerstrafrechtlichen Regelungswerke wird auf die vom Gesetzgeber als schützenswert angesehenen Rechtsgüter – den Wettbewerb und das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen – eingegangen.18 Nachdem sich dieses dualistische Rechtsgutskonzept in den in Kraft getretenen Straftatbeständen nicht wiederfindet, erfolgen Ausführungen zum Wettbewerb, welcher im Gesundheitswesen einige Besonderheiten aufweist.19 Anschließend wird auf die Frage eingegangen, ob die im vorherigen Teil dargestellten Regelungswerke nicht bereits eine ausreichende Bekämpfung der Korruption ermöglichen. In Betracht gezogen werden außerdem mögliche Alternativen zur Verortung der Straftatbestände.20 Auch wenn sich den in Kraft getretenen Straftatbeständen die unmittelbare Bezugnahme auf das Berufsrecht nicht mehr entnehmen lässt, ist dieses dennoch von wesentlicher Bedeutung für das Strafrecht. Einfluss erhält es über die Merkmale der Unrechtsvereinbarung und der unlauteren Bevorzugung. Daher stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob das Einhalten von außerstrafrechtlichen Regelungen einerseits den Straftatbestand immer entfallen lässt und ob andererseits ein Verstoß gegen diese Regelungen zwingend zu einer Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB führt.21 Im Anschluss erfolgt eine ausführliche Begutachtung der Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach §§ 299a, b StGB, bei der eine Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale erfolgt. An bestimmten Stellen wird zu problematisieren sein, ob dem Gesetzgeber tatsächlich ein umfassender Schutz gelungen ist oder ob Strafbarkeitslücken bestehen. Weitergehend wird zu erörtern sein, ob nicht möglicherweise ein zu weitreichender Schutz erfolgt ist.22 15 16 17 18 19 20 21 22

Vgl. Teil 2 B. IV. und V. Vgl. Teil 2 C. Vgl. Teil 2 D. Vgl. Teil 3. A. I. Vgl. Teil 3. A. II – III. Vgl. Teil 3. A. IV. Vgl. Teil 3 B. Vgl. Teil 3 C.

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Teil 1: Einleitung

Die strafrechtliche Wertung wird abgeschlossen mit einer Darstellung problematischer Konstellationen. An dieser Stelle wird sich zeigen, ob durch die Straftatbestände mögliche erwünschte Kooperationen verhindert werden. Dazu wird sowohl auf die gesetzlich vorgesehenen Kooperationsvereinbarungen zwischen den Leistungserbringern in der gesetzlichen Krankenversicherung als auch auf die Zusammenarbeit mit der Industrie eingegangen.23 Für die Beurteilung einer drohenden Strafbarkeit bei den verschiedenen Formen der Zusammenarbeit soll auf die vorherig aufgestellten Grundsätze zurückgegriffen werden. In einem abschließenden Kapitel werden dann die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein möglicher Reformvorschlag für die §§ 299a, b StGB erarbeitet.24

23 24

Vgl. Teil 4. Vgl. Teil 5.

Teil 2

Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens Nicht selten knüpfen Straftatbestände an berufsbezogene Merkmale an. Eine Verletzung von Privatgeheimnissen stellt § 203 StGB nur für einen Berufsangehörigen der dort aufgeführten Berufsgruppen unter Strafe. Auch der Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach § 299a StGB knüpft an ein personenbezogenes Tätermerkmal an und stellt damit ein Sonderdelikt dar.1 Tauglicher Täter kann nur sein, wer Angehöriger eines Heilberufes ist.2 Dabei ist diesem Sonderdelikt die Besonderheit immanent, dass sich bereits außerhalb des Strafrechts zahlreiche Vorschriften finden, an welche der Täterkreis gebunden ist. Aufgrund der besonderen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens, hat der Gesetzgeber durch diverse gesetzliche und untergesetzliche Regelungen ein System geschaffen, welches den Akteuren einen engen Handlungsrahmen vorgibt und dabei insbesondere auch eine Regulierung des Wettbewerbs vornimmt. Um an einer späteren Stelle der Arbeit darauf eingehen zu können, welche Kooperationsformen in diesem System vorgesehen oder gar erwünscht sind und welche Auswirkung ein Verstoß gegen diese außerstrafrechtlichen Vorschriften auf eine mögliche Strafbarkeit hat, soll im folgenden Teil der Arbeit zunächst der Rahmen vorgestellt werden, in dem sich der Täterkreis des Straftatbestandes bewegt.

A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung Die Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gem. §§ 299a, b StGB erfassen sowohl Behandlungen im Bereich der privaten als auch der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Februar 2020 waren etwa 73 Millionen Personen in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert.3 Dies entspricht ungefähr 85 Prozent der Krankenversicherten. Ein Großteil der ärztlichen Behandlungen werden somit von Vertragsärzten vorgenommen und erfolgen auf Kosten der

1

Zur Deliktsgruppe der Sonderdelikte näher Mitsch, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 6 Rn. 38 ff. 2 Zum Täterkreis der Vorschrift ausführlich im 3. Teil der Arbeit unter C. I. 3 https://www.gkv-spitzenverband.de/presse/zahlen_und_grafiken/zahlen_und_grafiken. jpg. Letzter Abruf am 02.07.2020.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

gesetzlichen Krankenkassen.4 Der Fokus soll daher zunächst auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung gelegt werden.

I. Historische Entwicklung des Vertragsarztrechts Vertragsarzt und Krankenkasse stehen heute grundsätzlich in keiner unmittelbaren Rechtsbeziehung. Vielmehr schließen die Kassenärztlichen Vereinigungen, denen jeder Arzt angehört, mit den Krankenkassen entsprechende Kollektivverträge ab, in denen die vertragsärztliche Versorgung sichergestellt wird.5 Der Patient wiederum erhält von den Krankenkassen seine Leistungen in Form von Sachleistungen, welche von dem Vertragsarzt erbracht werden.6 Hierfür schließt dieser mit dem Patienten einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag ab. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung blickt auf eine lange Geschichte zurück, deren Darstellung zum besseren Verständnis der heute geltenden Grundsätze und deren Relevanz für den bestehenden Wettbewerb in diesem System beitragen soll. 1. Das Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 18837 Grundstein des heutigen Sozialversicherungssystems ist die ab 1881 unter dem Reichskanzler Otto von Bismarck entwickelte Arbeiterversicherung. Als erster der drei Teile wurde im Jahre 1884 die Krankenversicherung eingeführt.8 Bereits zuvor entstanden aufgrund des gesellschaftlichen Wandels teilweise Hilfskassen,9 welche nach dem Kostenerstattungsprinzip funktionierten, wie es heute noch in der privaten Krankenversicherung besteht. Zwischen dem Patienten und dem Arzt wurde ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen, womit auch der Patient das entsprechende Ärztehonorar zu entrichten hatte. Dieses konnte er sich – meist nicht in vollem Umfang – von den Hilfskassen erstatten lassen. Die Hilfskassen traten daher in keine direkte Beziehung zu den behandelnden Ärzten.10 4 Aufgrund der wesentlichen Bedeutung des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung, soll eine ausführliche Begutachtung dieser erfolgen. Wesentliche Unterschiede zur privaten Krankenversicherung werden am Ende des Kapitels knapp aufgezeigt. 5 § 72 II SGB V. Auf die Kollektivverträge soll an einer späteren Stelle in diesem Teil unter A. IV. 1. b) eingegangen werden. 6 § 2 II SGB V. 7 RGBl. I S. 73. 8 Weitere Zweige waren die 1885 eingeführte Unfallversicherung sowie die 1889 eingeführte Invaliditäts- und Altersversicherung. Siehe zur Geschichte des ganzen Sozialversicherungssystems Hänlein, in: Ruland/Becker/Axer, § 2 Rn. 1 ff. m. w. N. 9 Näher zur damaligen gesellschaftlichen Situation und der daraus resultierenden Notwendigkeit auch Rompf, VSSR 2007, 1 (2 ff.). 10 Näher zur Rechtslage vor 1883 auch G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 6 f.

A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung

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Erst mit Inkrafttreten des „Gesetzes betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter“ im Jahre 1884 wurden die Grundzüge des heutigen Vertragsarztrechts eingeführt. Die Krankenkassen wurden in mittelbarer Staatsverwaltung organisiert und es wurde ein Versicherungszwang für bestimmte Personengruppen eingeführt.11 Selbstverwaltungsorgane waren die Generalversammlung und der Vorstand, wobei die Mitglieder überwiegend aus der Gruppe der Versicherten stammten.12 Das Kostenerstattungsprinzip wurde vom Sachleistungsprinzip abgelöst.13 Dies hatte zur Folge, dass sich die Krankenkassen zur Erfüllung des Sachleistungsanspruches der Ärzte als Leistungserbringer bedienen mussten und somit in Rechtsbeziehungen zu diesen traten. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt kaum Vorgaben, wie diese Verträge zwischen Arzt und Krankenkasse auszusehen hatten. Vielmehr galt der Grundsatz der Privatautonomie. Die Krankenkassen schlossen mit den Ärzten privatrechtliche Einzelverträge ab, wobei sie größtenteils die Vertragsbedingungen vorgaben und die Vergütung festlegten.14 Mit Anstieg der Mitgliederzahl in der gesetzlichen Krankenversicherung gerieten die Ärzte immer mehr in ein berufliches und wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis gegenüber den Krankenkassen. Dies resultierte erst recht daraus, dass es einzig die Entscheidung der Krankenkassen war, ob ein Arzt überhaupt zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung befugt war.15 2. Entwicklung ab 1900 Diese Abhängigkeit der Ärzte von den Krankenkassen sorgte vermehrt für Missmut bei den Ärzten, weshalb sich bereits 1894 die ersten gewerkschaftsähnlichen Organisationen bildeten. Erst im Jahre 1900 wurde durch den „Hartmannbund“ eine Interessenvertretung gegründet, die flächendeckend agierte und damit erstmals die Interessen der Ärzte ernsthaft vertreten konnte. Neben der Ablösung der Einzelverträge war deren Anliegen unter anderem die Honorarverteilung nach Einzelleistungen und die freie Arztwahl der Patienten zwischen den approbierten Ärzten. Kontrolliert werden sollte das System durch eine ärztliche Vertrauenskommission, welcher außerdem Disziplinarbefugnisse eingeräumt werden soll-

11 Versicherungszwang bestand nach § 1 unter anderem für Bergwerks- und Fabrikarbeiter, sowie für Eisenbahn- und Werftmitarbeiter. Näher zur damaligen Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, vgl. Reiter, in: FS Zeidler, S. 597 (601 ff.). 12 §§ 34, 37 KVG. 13 Vgl. § 6 Nr. 1 KVG: „Als Krankenunterstützung ist zu gewähren: von Beginn der Krankheit an freie ärztliche Behandlung, Arznei sowie Brillen, Bruchbänder und ähnliche Heilmittel.“ Heute befindet sich das Sachleistungsprinzip in § 2 II SGB V. 14 Dazu näher Krauskopf, in: FS Lange, S. 523 (524); Rompf, VSSR 2007, 1 (5 ff.) m. w. N. 15 Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war bereits mehr als ein Drittel der Bevölkerung pflichtversichert. Siehe zur Entwicklung auch G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 9 f. sowie Rompf, VSSR 2007, 1 (5 ff.).

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

ten.16 Die Ärzte traten nun geschlossen als Ärztevereinigung dem ebenfalls gegründeten Spitzenverband der Krankenkassen gegenüber. Die Gründung des „Hartmannbundes“ führte zumindest zu einer Besserstellung der Ärzte gegenüber den Krankenkassen. Allerdings verfügte der Bund über keinerlei Abschlusskompetenzen, womit das Einzelvertragssystem weiter fortbestand.17 Änderungen brachten in diesem Bereich auch nicht die Reichsversicherungsordnung oder das „Berliner Abkommen“ 18, das 1913 zwischen Seiten der Ärzteschaft und der Krankenkassen abgeschlossen wurde.19 Das „Berliner Abkommen“ verfolgte das Ziel, Ärzten und Krankenkassen gemeinsame Regelungsbefugnisse zu übertragen und wird deshalb auch als „Geburtsstunde der gemeinsamen Selbstverwaltung“ bezeichnet.20 Auch wenn das Abkommen noch privatrechtlicher Natur war, wurde den Krankenkassen damit die Möglichkeit zur alleinigen Gestaltung des bisherigen Ärztesystems genommen. Materiell-rechtlich war lediglich eine Verhältniszahl festgelegt, wobei auf 1.350 Versicherte ein Vertrag mit einem Arzt abzuschließen war.21 In verschiedenen Ausschüssen wurden den Ärzten Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt, welche durch Vertreter wahrgenommen wurden. Die Ausschüsse waren besetzt aus Vertretern der Krankenkassen sowie der Ärzteschaft und waren unter anderem zuständig für die Zulassung22 sowie die Vorbereitung der noch immer bestehenden Individualverträge23. Über Uneinigkeiten bei Vertragsabschlüssen hatte ein Schiedsamt zu entscheiden.24 Zur Überwachung des Abkommens wurde ein Zentralausschuss eingeführt, welcher aus drei unparteiischen Vertretern und je fünf Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen bestand.25

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Dazu näher G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 12 f.; Rompf, VSSR 2007, 1 (8). Rompf, VSSR 2007, 1 (8). Vgl. auch G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 13 f., welcher von einem Gleichgewicht der Ärzte und Kassen spricht. 18 Vertragspartner waren auf Seiten der Ärzte der Deutsche Ärztevereinsbund und der Hartmannbund sowie auf Seiten der Krankenkassen der Verband zur Wahrung der Interessen der deutschen Betriebskrankenkassen, der Verband der deutschen Krankenkassen und der Hauptverband der Ortskrankenkassen. Vgl. Einleitung des Berliner Abkommens vom 23.12.1913. 19 Näher zum Berliner Abkommen G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 15 f.; Rompf, VSSR 2007, 1 (8 f.). 20 Axer, in: FS Bundessozialgericht, S. 339 (344 f.). 21 Nr. 2 des Berliner Abkommens. Vgl. auch G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 15 f. 22 Nr. 1 des Berliner Abkommens. 23 Nr. 3, 4 des Berliner Abkommens. 24 Nr. 5, Nr. 6 des Berliner Abkommen. Dieses bestand aus einem Vorsitzendem, zwei Unparteiischen und sechs Beisitzern, welche jeweils zur Hälfte Ärzte- und Krankenkassenvertreter waren. 25 Nr. 13 des Berliner Abkommens. 17

A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung

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3. Verordnung über Ärzte und Krankenkassen aus dem Jahre 1923 Eine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Ärzten und Krankenkassen erfolgte erst nach dem Ersten Weltkrieg. Aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Situation bestand auf beiden Seiten kein Interesse an der Verlängerung des Berliner Abkommens, welches schon zu seinem Beginn auf zehn Jahre befristet war.26 Die „Verordnung über Ärzte und Krankenkassen“ normierte in weitesten Teilen die Regelungen des „Berliner Abkommens“. Der Zentralausschuss wurde von dem Reichsausschuss abgelöst.27 Diesem kam neben der Überwachung der Vereinbarung auch die Aufgabe zu, Richtlinien zur Sicherung gleichmäßiger und angemessener Vereinbarungen zwischen den Kassen und Ärzten aufzustellen. Diese konnten sich unter anderem auf die Zulassung der Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung, der Vergütung der ärztlichen Tätigkeit oder auch den allgemeinen Inhalt der Arztverträge erstrecken.28 Auch wenn die Richtlinien keine unmittelbare Rechtswirkung zwischen den Beteiligten entfalteten, wirkten sie wesentlich an der Weiterbildung des Kassenarztrechts mit. Die aufgrund des § 5 erlassene Vertragsarztrichtlinie sah erstmals die Möglichkeit zum Abschluss von Gesamtverträgen zwischen den kassenärztlichen Organisationen und den Krankenkassen vor. Die abgeschlossenen Gesamtverträge bedurften aber einer Übernahme in die noch immer erforderlichen privatrechtlichen Einzelverträge zwischen dem jeweiligen Arzt und der Krankenkasse.29 Keine Änderungen brachte die Verordnung im Bereich der Honorarzahlung. Hier wurde das bisherige System der Einzelleistungen beibehalten.30 4. Die Notverordnungen 1931/32 Die Wende im Einzelvertragssystem brachte die Notverordnung aus dem Jahre 1931. Die erhebliche Inanspruchnahme des gesamten Sozialversicherungssystems in der Nachkriegszeit, erforderte zur Sicherung der gesetzlichen Krankenversicherung eine Umstrukturierung, welche nur durch weiteres staatliches Einschreiten erfolgsversprechend war.31 Die vom damaligen Reichspräsidenten von Hindenburg erlassene Notverordnung32 aus dem Jahr 1931, wurde in die §§ 368 ff. RVO übernommen. Jeder Arzt gehörte im Wege der Zwangsmitgliedschaft einer Kassenärztlichen Vereinigung 26

Axer, in: FS 50 Jahre Bundessozialgericht, S. 338 (347); G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 19 f. 27 Vgl. § 1 der Verordnung: Er setzte sich aus fünf Vertretern der Ärzteschaft sowie fünf Vertretern der Krankenkassen zusammen. Drei unparteiische Mitglieder wurden außerdem durch den Reichsarbeitsminister ernannt. 28 Vgl. § 5 der Verordnung. 29 G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 22 f. 30 § 7 II der Vertragsrichtlinie. 31 Vertiefend zur Entwicklung des Sozialversicherungssystems bis zu diesem Zeitpunkt Hänlein, in: Ruland/Becker/Axer, § 2 Rn. 19 ff. 32 Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 08. Dezember 1931, RGBl. I S. 699.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

an, welche zunächst noch privatrechtlich ausgestaltet war.33 Diesen kam die Aufgabe zu, mit den Krankenkassen entsprechende Gesamtverträge abzuschließen. Zweck der Gesamtverträge war die Ausführung der von den Spitzenverbänden erlassenen Mantelverträge, welche die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung gewährleisten sollten. Die Ärzte erhielten ihr Honorar von nun an nicht mehr von den Krankenkassen, sondern von den Kassenärztlichen Vereinigungen.34 5. Nationalsozialismus und Entwicklung ab 1950 Während des Nationalsozialismus wurden die bisher regional angesiedelten Kassenärztlichen Vereinigungen aufgelöst und die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands errichtet. Dieser kam die alleinige Vertretungsbefugnis der Ärzteschaft gegenüber den Krankenkassen zu. Diese Zentralisation wurde in der Nachkriegszeit wieder aufgehoben und es erfolgte die zuvor bestehende regionale Ansiedlung der Kassenärztlichen Vereinigungen.35 Änderungen brachte dann das Gesetz über Kassenarztrecht36 im Jahre 1955. Die auf Landes- und Bundesebene angesiedelten Krankenkassenverbände wurden endgültig als Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgestaltet. Spätestens jetzt erlangten die Kassenärztlichen Vereinigungen ebenfalls den Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts.37 Daher standen ab diesem Zeitpunkt auf beiden Seiten der Gesamtverträge und Bundesmantelverträge Körperschaften des öffentlichen Rechts.

II. Grundlagen der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung 1. Das Viereck der gesetzlichen Krankenversicherung Das über viele Jahre entwickelte Viereckverhältnis besteht auch im heutigen System der gesetzlichen Krankenversicherung fort. Als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind Krankenkassen gemäß § 2 I S. 1 SGB V verpflichtet, den Versicherten die gesetzlich vorgesehenen Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung zu stellen. Es gilt das Sachleistungsprinzip38, womit sich die Krankenkassen zur Erbringung ihrer Pflichten den Leistungser33 Keine Einigkeit besteht darüber, wann die Kassenärztlichen Vereinigungen den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erhielten, vgl. hierzu Rompf, VSSR 2007, 1 (14 f.) m. w. N. Vgl. auch Hänlein, in: Ruland/Becker/Axer, § 2 Rn. 26, welcher für den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ab diesem Zeitpunkt ist. 34 G. Schneider, Kassenarztrecht, S. 32 f. 35 Ausführlich zur Entwicklung des Kassenarztrechts während der NS-Zeit auch Hänlein, in: Ruland/Becker/Axer, § 2 Rn. 37 ff. sowie Rompf, VSSR 2007, 1 (20 ff.). 36 GKAR vom 17. August 1955, BGBl. I, S. 513. 37 § 368k III RVO. 38 Vgl. § 2 II SGB V.

A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung

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bringern bedienen müssen. Um die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen, schließen die Verbände der Krankenkassen schriftliche Verträge mit den Kassenärztlichen Vereinigungen ab.39 Letztere verpflichten sich darin zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und erhalten dafür von den Krankenkassen eine Gesamtvergütung.40 An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen ausschließlich zugelassene Ärzte teil.41 Die Zulassung wird auf Antrag des Arztes durch den Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung erteilt und bewirkt, dass der Vertragsarzt Mitglied der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist.42 Der Vertragsarzt rechnet seine Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ab und erhält von ihr dafür eine entsprechende Vergütung.43 Zwischen den Krankenkassen und den einzelnen Vertragsärzten bestehen damit grundsätzlich keine vertraglichen Beziehungen. Auch die in den letzten Jahren vom Gesetzgeber vermehrt eingeführten Möglichkeiten des Abschlusses von Selektivverträgen, haben zu keiner Abweichung von diesem Grundsatz geführt.44 Vertragliche Beziehungen des einzelnen Vertragsarztes bestehen vielmehr zu dem Patienten, mit denen der Vertragsarzt einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag gemäß § 630a BGB abschließt.45 Zwar wird der Patient selbst Vertragspartner des Behandlungsvertrages, ist aber durch den Abschluss dennoch zu keinerlei Zahlung verpflichtet. Soweit es sich um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt, ergibt sich aus

39 § 72 II SGB V lautet: „Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.“ Auf die Verträge im Einzelnen wird an einer späteren Stelle in diesem Teil unter A. IV. eingegangen. 40 Vgl. § 85 I SGB V. 41 § 95 I S. 1 SGB V. Die Zulassung stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt dar; vgl. BVerfG NJW 2005, 273. 42 § 95 III S. 1 SGB V. Die Zulassung bewirkt, dass der Vertragsarzt zur Behandlung aller gesetzlich Krankenversicherten sowie zur Honorierung nach den Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabs der KÄV und zur Teilnahme an der Selbstverwaltung berechtigt ist. Außerdem wird ihm ein Schutz gegen ungerechtfertigte Maßnahmen der Krankenkassen eingeräumt. Dem steht jedoch die Beschränkung auf einen Kassenarztsitz, die Einhaltung der Sprechstunden, die Verpflichtung zur Weiterbildung, die Teilnahme am Notfall- und Bereitschaftsdienst sowie die Verpflichtung zur Behandlung aller gesetzlich Krankenversicherten gegenüber, vgl. dazu Krauskopf, in: FS Lange, S. 523 (527 f.). 43 Vgl. § 87b I SGB V. 44 Auf diese wird an einer späteren Stelle in diesem Teil unter A. VI. sowie in Teil 3 A. III. 2. b) eingegangen. 45 Abhängig von der Vereinbarung der Parteien, kann auch ein Werkvertrag gem. § 631 BGB vorliegen. Siehe für Beispiele eines Werkvertrages Spickhoff, in: Spickhoff, § 630a BGB Rn. 8 ff.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

§ 630a I a. E. BGB, dass die entsprechenden Krankenkassen, welchen der Patient im Wege der Zwangsmitgliedschaft angehört, zur Zahlung verpflichtet sind.46 2. Das Wirtschaftlichkeitsgebot Bei einer alternden und damit freilich auch krankheitsanfälligeren Bevölkerung und den daraus folgenden höheren Ausgaben im Gesundheitssektor, spielt der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit eine immer bedeutsamere Rolle. Der Begriff der Wirtschaftlichkeit findet sich an zahlreichen Stellen im SGB V, wobei § 12 SGB V mit der Überschrift „Wirtschaftlichkeitsgebot“ die zentrale Norm darstellt.47 Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen dabei das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Auf der einen Seite sichert das Wirtschaftlichkeitsgebot ein Minimum an qualitativem Leistungsstandard und setzt auf der anderen Seite eine Obergrenze für die Leistungen der Krankenkassen fest.48 Es dient damit der Gesamtfunktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung, welches eine ausreichende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten hat, dabei aber stets die Kontrolle über die erforderlichen Kosten behalten muss.49 Systematisch befindet sich die Vorschrift im Leistungsrecht, wobei sich schon aus § 12 I S. 2 SGB V ergibt, dass sowohl Leistungserbringer als auch Versicherte an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gebunden sind. Versicherte können nicht notwendige oder unwirtschaftliche Leistungen nicht beanspruchen, die Leistungserbringer dürfen diese nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Indem alle Beteiligten der gesetzlichen Krankenversicherung an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden sind, wird auch der Krankenversicherung als Solidargemeinschaft50 Rechnung getragen, deren Funktionsfähigkeit die Solidarität des Einzelnen voraussetzt.51 Dem Interesse des jungen, gesunden Versicherten an niedrigen Beiträgen und dem des älteren, krankheitsanfälligeren Versicherten an einer aus46 Durch Einführung des § 630a I a. E. BGB wurde klargestellt, dass auch zwischen einem in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Patienten und dem behandelnden Arzt ein privatrechtlicher Vertrag zustande kommt. Dies entspricht auch der bisherigen zivilrechtlichen Rechtsprechung, vgl. BGHZ 100, 363 (367); 108, 230 (233); 165, 290 (292). Von einem öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Schuldverhältnis ging jedoch das bisher von der überwiegenden Meinung im Sozialrecht vertretene Versorgungskonzept aus, vgl. nur BSGE 73, 271 (282); Schnapp, in: FS Herzberg, S. 795 (801); siehe dazu auch Krauskopf, in: FS Lange, S. 523 (536). 47 Siehe beispielsweise noch § 2 I, § 70 I S. 2 SGB V sowie § 69 II SGB IV grundlegend zur Sozialversicherung. 48 Roters, in: Kasseler Kommentar, § 12 SGB V Rn. 2, 24; Propp, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 12 Rn. 21; Wille/Koch, Gesundheitsreform 2007, Rn. 121. 49 Dazu Scholz, in: Becker/Kingreen, § 12 SGB V Rn. 2. 50 Vgl. § 1 S. 1 SGB V: Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. 51 Siehe dazu auch Vossen, in: Krauskopf, § 1 SGB V Rn. 5 f.

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reichenden Versorgung, kann nur damit Genüge getan werden, wenn jeder Versicherte ausschließlich notwendige Leistungen in Anspruch nimmt. Als Unterbegriffe des Wirtschaftlichkeitsgebotes finden sich ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig. Diese stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, welche der Konkretisierung bedürfen.52 Eine solche wird durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und den auf Bundes- und Landesebene geschlossenen Kollektivverträgen vorgenommen.53 3. Die Schlüsselstellung des Arztes bei der Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln und Medizinprodukten Patienten haben nach § 27 I 1 SGB V einen Anspruch auf Krankenbehandlung. Welchen Inhalt der Anspruch auf Krankenbehandlung hat, wird von § 27 I S. 2 SGB V lediglich abstrakt beschrieben. Konkretisiert wird er in medizinischer Hinsicht erst durch den aufgesuchten Arzt, der darüber entscheidet, welche Behandlung zu erfolgen hat.54 Bei der Entscheidung über die erforderliche Behandlungen ist der Arzt freilich an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. Weitere Behandlungsmethoden im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung hängen in der Regel von einer ärztlichen Verschreibung, Überweisung oder einer Einweisung an weitere Leistungserbringer ab.55 Da auch die Abgabe eines Arzneimittels auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse eine Verordnung durch den Vertragsarzt bedarf, schreibt das Bundessozialgericht diesem in ständiger Rechtsprechung in der Arzneimittelversorgung eine Schlüsselrolle zu.56 Auch bei der Auswahl des konkreten Arzneimittels, kommt dem Arzt nach § 48 AMG eine alleinige Hoheit zu. Erst wenn durch den Vertragsarzt festgelegt wurde, welche Sach- und Dienstleistungen zu erfolgen haben, verdichtet sich das ausfüllungsbedürftige Rahmenrecht für den Versicherten zu einem durchsetzbaren Einzelanspruch.57

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Roters, in: Kasseler Kommentar, § 12 SGB V Rn. 17. Propp, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 12 Rn. 20. Auf die dem System der gesetzlichen Krankenversicherung immanenten Regelungstechniken wird in diesem Teil unter A. IV. noch näher eingegangen. 54 Knispel, in: BeckOK SozR, 55. Edition, § 27 SGB V Rn. 15 f. 55 Dazu näher Kuchinke, in: Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 14 f. 56 BSGE 73, 271 (283); 77, 194 (200). Dazu auch Schnapp, in: FS Herzberg, S. 795 (798), welcher darauf hinweist, dass sich daraus noch keine Vertreterrolle des Vertragsarztes ergibt. 57 BSGE 78, 70 (79); 81, 54 (61 f.); 81, 73 (78). Aus der Literatur auch Nolte, in: Kasseler Kommentar, § 27 SGB V Rn. 6 f. 53

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

III. Das Prinzip der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen Seit Einführung des Sozialversicherungssystems ist dieses geprägt vom Gedanken der mittelbaren Selbstverwaltung. Spezifisch im Bereich des Gesundheitswesens ist jedoch die Ausgestaltung in Form der gemeinsamen Selbstverwaltung, auf welche zugleich näher eingegangen werden soll. 1. Grundgedanke der mittelbaren Selbstverwaltung Überträgt der Staat die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben an juristische Personen als verselbstständigte Verwaltungsträger, spricht man von mittelbarer Selbstverwaltung.58 An erster Stelle dient diese freilich der Dezentralisation, somit der Entlastung der staatlichen Verwaltung.59 Oftmals handelt es sich dabei aber auch um Bereiche, deren Regelung eine gewisse Sachkunde voraussetzen oder die einem ständigen Wandel unterliegen. Die oftmals für Außenstehende schwer verständlichen Grundlagen machen dem Gesetzgeber eine erforderliche schnelle Reaktion kaum möglich.60 Indem der Gesetzgeber jedoch den Betroffenen die Befugnis zur Normsetzung verleiht, ermöglicht er diesen eine eigenverantwortliche und sachkundige Ausgestaltung ihres Bereiches.61 Diese eigenverantwortliche Ausgestaltung wird durch eine gewisse Distanz von staatlicher Einflussnahme gekennzeichnet. So führt Schnapp62 an, dass die Selbstverwaltungskörperschaften eine „dezentralisierte, eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung durch vom Staat geschiedene Träger öffentlicher Verwaltung unter Ausschluß staatlicher Einmischung“ vornehmen. Dies hat zur Folge, dass die mittelbare Staatsverwaltung zwar der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht unterliegt.63 Auch wenn die Betroffenen durch den Erlass von untergesetzlichen Normen ihre Angelegenheiten selber regeln, handelt es sich dabei freilich um die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, womit Hoheitsbefugnisse ausgeübt werden. Nach dem in Art. 20 II GG verankerten Demokratieprinzip geht alle Staatsgewalt vom Volke aus; demnach bedarf jedes amtliche Handeln einer demokratischen Legitimation. Freilich ist problematisch, dass im gesetzlichen Krankenversicherungssystem die Entscheidungsorgane aus dem Kreis der Betroffenen stammen und diese als juristische Personen des öffentlichen Rechts aufgabenbezogen und weisungsfrei Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung stellt 58

Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, § 60 Rn. 1. Sodan/Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, § 60 Rn. 2. 60 Explizit zum Gesundheitswesen BSGE 78, 70 (80); Wiegand/Clemens, in: Laufs/Kern/ Rehborn, Hdb. d. Arztrechts; § 36 Rn. 6. 61 Vgl. BVerfGE 33, 125 (156); BSGE 78, 70 (79 f.). 62 Schnapp, in: FG v. Unruh, S. 881 (885). 63 Dazu auch Dünn, in: Ruland/Becker/Axer, § 13 Rn. 54 ff. 59

A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung

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sich somit die Frage, ob eine solche gelockerte Legitimationskette noch mit dem Demokratieprinzip vereinbar ist.64 Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu den Emscher Wasserverbänden65 ausgeführt, dass das Demokratieprinzip nicht im Gegensatz zur funktionalen Selbstverwaltung stehe. Diese ergänze und verstärke das Demokratieprinzip vielmehr und könne als Ausprägung dessen verstanden werden, soweit sie der Verwirklichung des übergeordneten Ziels der freien Selbstbestimmung aller diene.66 Allerdings sei den Organen von Trägern der funktionalen Selbstverwaltung verbindliches Handeln mit Entscheidungscharakter nur gestattet, weil und soweit das Volk auch insoweit sein Selbstbestimmungsrecht wahre, indem es maßgeblichen Einfluss auf dieses Handeln behalte. Erforderlich sei, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse ausreichend vorherbestimmt seien und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter unterliege.67 Einer solchen Bestimmtheit der Aufgaben ist der Gesetzgeber im SGB V durch zahlreiche Vorschriften nachgekommen.68 Regelungen zur Aufsicht finden sich außerdem in §§ 87 ff. SGB IV. Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung der mittelbaren Staatsverwaltung ergeben sich außerdem aus der im Facharztbeschluss69 entwickelten Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts. Delegiert der Gesetzgeber seine Normsetzungsbefugnis an eine Selbstverwaltungseinrichtung, so entbindet ihn das nicht von der Pflicht, die wesentlichen Entscheidungen selber zu treffen. Dies gilt insbesondere, wenn in Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird.70 In Betracht kommt hier der Schutz der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit des Arztes71 sowie die durch Art. 2 I GG gewährleistete allgemeinen Handlungsfreiheit der Versicherten und deren Recht auf körperliche Unversehrtheit.72 Der parlamentarische Gesetzgeber kam diesem Erfordernis nach, indem er durch Vorschriften wie § 2 I, IV, § 12 I, § 27 I, § 28 I, § 70 I, § 72 II SGB V Normen geschaffen hat, welche den 64 Dazu näher Schnapp/Nolden, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 4 Rn. 33 m. w. N. 65 BVerfGE 107, 59. 66 BVerfGE 107, 59 (92). 67 BVerfGE 107, 59 (94). 68 Auf die gesetzlichen Vorgaben zu den Inhalten der Richtlinien und Kollektivverträge wird zugleich in diesem Teil unter A. IV. noch eingegangen. 69 BVerfGE 33, 125. 70 Vgl. zu dieser nur BVerfGE 33, 125 (158 f.); 49, 89 (126 f.); 76, 171 (184 ff.); 98, 218 (251); 123, 39 (78). Aus der Literatur: Dreier, in: Dreier, Art. 20 Rn. 113 ff.; zur Wesentlichkeitstheorie im Vertragsarztwesen Schnapp/Nolden, in: Schapp/Wigge, Hdb. des Vertragsarztrechts, § 4 Rn. 18 ff.; Welti, VSSR 2006, 133 (136). 71 Zum Schutz der Berufsfreiheit des Vertragsarztes s. schon BVerfGE 11, 30 f. sowie BVerfGE 106, 275 (304 f.); Schnapp/Nolden, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 4 Rn. 37 ff. 72 Art. 2 II GG. Vgl. BVerfGE 106, 275 (304 f.).

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

Umfang der ärztlichen Behandlung zwar abstrakt, aber mit hinreichender Bestimmtheit vorgeben.73 2. Die gemeinsame Selbstverwaltung im Gesundheitswesen Die Besonderheit der mittelbaren Staatsverwaltung im Gesundheitswesen ist die gemeinsame Selbstverwaltung. Indem der Gesetzgeber die Träger der Sozialversicherung als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung ausgestaltet hat74, wurde die Selbstverwaltung in die gesetzliche Krankenversicherung eingeführt. Die Notwendigkeit der gemeinsamen Selbstverwaltung ergibt sich aus dem der gesetzlichen Krankenversicherung zugrundeliegenden Sachleistungsprinzip, wonach die Versicherten die Leistungen der Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistungen erhalten.75 Durch die Behandlung konkretisieren die Ärzte den Anspruch der Versicherten gegenüber den Krankenkassen.76 Neben den Belangen der Krankenkassen und der Ärzte, sind demnach auch Belange der Gesellschaft zu berücksichtigen. Zweck der Einbeziehung gesellschaftlicher Interessen und des Sachverstands der Betroffenen ist es, ein sachgerechtes, effizientes und auch lebensnahes Gesundheitssystem zu schaffen.77 Dabei ist verschiedenen Interessen gerecht zu werden. Das Interesse des Patienten als Leistungsempfänger beschränkt sich zunächst auf eine geeignete und hochwertige Behandlung. In erster Linie streben die Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung78 eine kostengünstige Lösung an. Dies konfligiert wiederum mit dem Bemühen der Ärzte um eine angemessene Vergütung. Um diesen divergierenden Interessen gerecht zu werden, ist das Wesensmerkmal des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung die gemeinsame Selbstverwaltung.79 Axer80 bezeichnet diese als „einen Interessenkonflikt zwischen Sozialleistungsträger und Leistungserbringer, den der Gesetzgeber durch gemeinschaftliches Handeln aufzulösen beabsichtigt […].“ Die Betroffenen werden gemeinsam mit der Erfüllung einer

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Siehe hierzu BSGE 78, 70 (83). Vgl. § 29 I SGB IV. 75 § 2 II SGB V. Vgl. BSGE 78, 70 (79). 76 Zur daraus resultierenden Schlüsselstellung des Arztes bereits in diesem Teil unter A. II. 3. 77 Welti, VSSR 2006, 133 (140). 78 Vgl. § 2 I SGB V. 79 Die gemeinsame Selbstverwaltung ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Für Krankenkassen ergibt sich die Selbstverwaltung aus § 29 SGB IV sowie § 4 SGB V; das Selbstverwaltungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigung ist in § 79 SGB V vorgesehen. Zum fehlenden Gesetzesbegriff der gemeinsamen Selbstverwaltung s. auch Axer, in: FS 50 Jahre Bundessozialgericht, S. 339 f. 80 FS 50 Jahre Bundessozialgericht, S. 339 (341 f.). 74

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Verwaltungsaufgabe betraut. Durch den Abschluss von Normverträgen81 oder den Erlass von Richtlinien82 obliegt es den Beteiligten gemeinsam, die unbestimmten Rechtsbegriffe der ausreichenden, notwendigen, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung zu konkretisieren und dabei eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistung83 zu berücksichtigen.

IV. Rechtsgrundlagen des Vertragsarztrechtes Die gemeinsame Selbstverwaltung kommt in dem der gesetzlichen Krankenversicherung zugrundeliegenden Richtlinien- und Kollektivvertragssystem zum Ausdruck, welches den Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vorgibt. An einer späteren Stelle der Arbeit wird sich zeigen, dass die Verbindlichkeit der verschiedenen Steuerungsinstrumente auch zu einer Regulierung des Wettbewerbs führt.84 1. Die einzelnen Steuerungsinstrumente der gemeinsamen Selbstverwaltung a) Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses Das höchste Steuerungselement der gemeinsamen Selbstverwaltung stellen die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses dar.85 Dieser ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts86 und setzt sich nach § 91 I S. 1 SGB V aus der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband der Krankenkassen zusammen. Den Richtlinien, welche als Beschluss erlassen werden, wird überwiegend eine unmittelbare Normverbindlichkeit im Außenverhältnis zugesprochen, womit sie direkt unterhalb des Gesetzes und

81 Normverträge sind solche Verträge, die unmittelbare Rechtswirkung nicht zwischen Vertragspartnern, sondern auch gegenüber Dritten entfalten, die von der Regelung abstraktgenerell betroffen sind. Zum Begriff des Normvertrages s. Zuck, in: Quaas/Zuck/Clemens, § 8 Rn. 2 ff m. w. N. Zu den Normverträgen im Gesundheitsrecht s. näher in diesem Teil unter A. IV. 1. 82 Zu diesen sogleich in diesem Teil unter A. IV. 1. a). 83 Vgl. § 72 II SGB V. 84 Dazu sodann in Teil 3 A. III. der Arbeit. 85 Der Begriff der Richtlinie taucht im Sozialrecht noch an anderer Stelle auf. Zur Ausgestaltung ihrer Binnenorganisation erlassen die Sozialversicherungsträger nach § 35 II SGB IV Richtlinien, welche den Charakter einer Verwaltungsvorschrift ohne Außenwirkung haben. Da diese für die vorliegende Arbeit nicht von Bedeutung sind, wird lediglich auf die Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses eingegangen. 86 BSG, BeckRS 2010, 69196 Rn. 29; Hauck, NZS 2010, 600 (601); vgl. aber auch SchmidtDe Caluwe, in: Becker/Kingreen, § 91 SGB V Rn. 10.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

oberhalb vertraglicher Vereinbarungen einzuordnen sind.87 Die Rechtsgrundlage für den Erlass von Richtlinien ergibt sich aus § 92 I S. 1 Hs. 1 SGB V, wonach der Gemeinsame Bundesausschuss die Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und notwendige Versorgung der Versicherten beschließt. Sie bestimmen den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und nehmen eine Konkretisierung von unbestimmten Rechtsbegriffen wie des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebotes88, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse89 und der Krankenbehandlung gem. § 27 I S. 1 SGB V vor. Vorgaben, in welchen Bereichen Richtlinien beschlossen werden sollen, sind in § 92 I S. 2 SGB V enthalten. Demnach richtet sich unter anderem die Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, sowie die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft und die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses.90 b) Kollektivverträge Gemäß § 72 II SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen zu regeln. Hierfür sieht das Gesetz ein Kollektivvertragssystem vor, welches sich in Bundes- und Landesebene gliedert. aa) Bundesmantelverträge Zur Sicherstellung einer bundesweiten gleichmäßigen vertragsärztlichen Versorgung schließen die Kassenärztliche Bundesvereinigung91 und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen92 Bundesmantelverträge (BMV-Ä)93 ab. In diesen wird

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Hauck, NZS 2010, 600 (602); Roters, in: Kasseler Kommentar, § 91 SGB V Rn. 24. Vgl. aber auch Schmidt-De Caluwe, in: Becker/Kingreen, § 91 SGB V Rn. 60 f., welcher den Richtlinien keine umfängliche normative Wirkung zuspricht und Rechtsverordnungen somit über ihnen einordnet. Die Einordnung über vertraglichen Vereinbarungen ergibt sich aus § 92 VIII SGB V. 88 §§ 12 I, 70 I S. 2, 72 II SGB V. Zum allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot bereits oben in diesem Teil unter A. II. 2. 89 § 2 I SGB V. 90 Die Richtlinien sind vollständig abrufbar unter https://www.g-ba.de/informationen/richtli nien/. Letzter Abruf am 02.07.2020. 91 Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wird aus den Kassenärztlichen Vereinigungen gebildet, welche auf Landesebene durch die Vertragsärzte gebildet werden, § 77 I S. 1, IV SGB V. Sowohl die Kassenärztlichen Vereinigungen als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigungen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, § 77 V SGB V. 92 Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen wird aus den einzelnen Krankenkassen gebildet und stellt eine Körperschaft des öffentlichen Rechts dar, vgl. § 217a I, II SGB V.

A. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung

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nach § 82 I S. 1 SGB V der allgemeine Inhalt der Gesamtverträge94 vereinbart, wobei die Bundesmantelverträge insoweit nur einen allgemeinen Rahmen vorgeben dürfen.95 Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind gemäß § 92 VIII SGB V Bestandteil der Bundesmantelverträge.96 Nur teilweise finden sich gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der inhaltlichen Regelungen des Bundesmantelvertrages. So ist nach § 87 I S. 1 SGB V als Bestandteil der Bundesmantelverträge ein einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) für die ärztlichen Leistungen festzulegen, wobei dies nicht durch die Vertragsparteien, sondern durch die von ihnen bestellte Bewertungsausschüsse erfolgt.97 Der EBM bestimmt den Inhalt der berechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander.98 Neben dem einheitlichen Bewertungsmaßstab sind in den Bundesmantelverträgen auch die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendigen Regelungen zu treffen, wobei insbesondere Vordrucke und Nachweise zu vereinbaren sind.99 Hierzu zählen sowohl nähere Regelungen zur bundesweiten Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte100 als auch nähere Regelungen über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen, Vordrucke sowie Datenübermittlung.101 Teilweise geht der Inhalt der Bundesmantelverträge jedoch weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Beispielsweise finden sich neben den allgemeinen Regelungen zur vertragsärztlichen Gesamtvergütung im 13. Abschnitt auch Regelungen zum Belegarztwesen102 sowie Regelungen über die Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst.103

93 Der Bundesmantelvertrag – Ärzte und der Bundesmantelverträge – Ärzte – Ersatzkassen wurde am 01.10.2013 durch den einheitlichen Bundesmantelvertrag – Ärzte abgelöst. Abrufbar unter http://www.kbv.de/html/bundesmantelvertrag.php. Zuletzt abgerufen am 02.07.2020. Neben dem BMV-Ä gibt es noch den Bundesmantelvertrag Zahnärzte (BMV-Z). Im Folgenden soll ausschließlich auf den BMV-Ä eingegangen werden. 94 Auf die zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen geschlossenen Gesamtverträge wird sogleich unter A. IV. 1. b) bb) eingegangen. 95 Scholz, in: Becker/Kingreen, § 82 SGB V Rn. 7. 96 Vgl. § 92 VIII SGB V. 97 Vgl. im Einzelnen zum Beschluss des EBM § 87 III – V SGB V. 98 Vgl. I 1 EBM. Da lediglich die punktzahlenmäßige Bewertung von Leistungen erfolgt, handelt es sich bei dem EBM nicht um eine echte Gebührenordnung, welche eine Festlegung von Preisen beinhaltet. 99 § 87 I S. 2 SGB V. 100 Vgl. § 291 III SGB V sowie § 19 BMV-Ä. 101 Vgl. § 295 III SGB V sowie 11. Abschnitt BMV-Ä. 102 Vgl. 10. Abschnitt BMV-Ä. 103 Vgl. 15. Abschnitt BMV-Ä.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

bb) Gesamtverträge Auf Landesebene schließen die Kassenärztlichen Vereinigungen104 mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen105 Gesamtverträge über die vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort in ihrem Bezirk.106 Von Seiten der Krankenkassen werden die Gesamtverträge von den Verbänden der einzelnen Krankenkassenarten geschlossen. Den Kassenärztlichen Vereinigungen obliegt der Sicherstellungsauftrag gemäß § 75 I S. 1 SGB V. Demnach haben sie die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 II S. 1 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Im Gegenzug dafür entrichten die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen vereinbarte Gesamtvergütung107 an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung.108 Bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung haben die Vertragsparteien den in § 71 I S. 1 SGB V normierten Grundsatz der Beitragsstabilität zu berücksichtigen. Weitere detaillierte Vorgaben für die Vereinbarung der Vergütung finden sich in § 85 II SGB V. Größtenteils wird der Inhalt der Gesamtverträge durch die Bundesmantelverträge vorgegeben, da gemäß § 82 I S. 2 SGB V der Inhalt der Bundesmantelverträge Bestandteil der Gesamtverträge ist. 2. Bindungswirkung der einzelnen Steuerungselemente Entscheidend für den Handlungsspielraum der Beteiligten ist die Verbindlichkeit der jeweiligen Regelungsinstrumente. Da sich Vorschriften darüber ausschließlich im 4. Kapitel des SGB V finden, welches das Leistungserbringerrecht regelt, kann sich eine Bindungswirkung aus dem Gesetz nur gegenüber den Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärzten als Leistungserbringer ergeben. Nicht normiert ist hingegen eine Wirkung gegenüber den Versicherten.109 Da die ver104 Gemäß § 77 I SGB V bilden die Vertragsärzte für den Bereich jedes Bundeslandes eine Kassenärztliche Vereinigung. Nach § 77 V SGB V sind diese Körperschaften des öffentlichen Rechts. 105 Gemäß § 207 I SGB V schließen sich die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen jeweils zu einem Landesverband zusammen. Diese sind gem. § 207 I S. 2 SGB V Körperschaften des öffentlichen Rechts. 106 Vgl. § 83 S. 1 SGB V. 107 Vgl. §§ 82 II S. 1, 85 SGB V. Der Inhalt der Gesamtverträge ist aber keineswegs auf die Gesamtvergütung beschränkt, sondern beinhaltet nach § 83 S. 1 SGB Vauch weitere Punkte der vertragsärztlichen Versorgung. Zu den weiteren Inhalten Hess, in: Kasseler Kommentar, § 83 SGB V Rn. 3. 108 Vgl. § 85 I, II S. 1 SGB V. 109 Dies gilt zumindest im Hinblick auf die Kollektivverträge. Da für diese Arbeit nur von Bedeutung ist, welchen Rahmen die verschiedenen Regelungsinstrumente den Ärzten vorgeben und sich für diese die Verbindlichkeit bereits aus dem Gesetz ergibt, soll auf eine normative Wirkung nur am Rande eingegangen werden. Das Bundessozialgericht schreibt Kollektivverträgen im Hinblick auf den Wortlaut der Vorgängervorschrift des § 72 I S. 1 SGB V eine normative Wirkung zu, vgl. BSGE 29, 254 (255 f.); 78, 71 (75). Dem schließt sich auch die Literatur an, indem sie die Verträge als Norm- bzw. Normsetzungsverträge einordnet. Zur

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schiedenen gesetzlichen Regelungen aufeinander aufbauen, soll zum besseren Verständnis zunächst die Bindungswirkung der Kollektivverträge dargestellt werden. a) Kollektivverträge Als Kollektivverträge richten sich die auf Bundes- und Landesebene geschlossenen Verträge nicht ausschließlich an die Verbände, welche die Verträge abschließen; vielmehr verpflichten sie auch Vereinigungen, die den Verbänden angehören und deren Mitglieder.110 Am Beispiel des BMV-Ä zeigt sich, dass dieser sowohl obligatorische als auch normative Teile beinhaltet.111 Nur teilweise werden Rechte und Pflichten der Vertragsparteien begründet. Diese obligatorischen Teile finden sich überwiegend in den Anlagen des Vertrages, welche über § 1 III BMV-Ä Bestandteil des Vertrages sind.112 Zur Erstellung und Übermittlung von abrechnungsrelevanten Daten werden jedoch zunächst die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet113, welche nicht Vertragspartner sind, sondern als Landesverband lediglich der Kassenärztlichen Bundesvereinigung angehören.114 Eine gesetzliche Verbindlichkeit der Bundesmantelverträge ergibt sich für die Verbände der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen bereits aus § 82 I S. 1 SGB V, wonach der allgemeine Inhalt der Gesamtverträge in Bundesmantelverträgen vereinbart wird. Deren Inhalt haben die Landesverbände und die Kassenärztlichen Vereinigungen bei Abschluss der Gesamtverträge zu berücksichtigen. Nach § 82 I S. 2 SGB V wird dieser außerdem Bestandteil der Gesamtverträge, womit die Vertragsparteien an deren Inhalt gebunden sind. Satzungsrechtlich sind die Landesverbände und ihre Mitgliedskassen den Bundesmantelverträgen nach § 210 II Begründung werden meist zunächst die abstrakt-generellen Regelungen des Bundesmantelvertrages herangezogen (s. nur Hess, in: Kasseler Kommentar, § 82 SGB V Rn. 8). Uneinheitlich beantwortet wird die Frage, ob die Einführung des § 91 VI SGB V im Hinblick auf die Richtlinien Klarheit geschaffen hat. Auch wenn das Bundessozialgericht bereits vor der Einführung des § 91 VI SGB V in seinem „Methadon-Urteil“ (BSGE 78, 70) eine normative Wirkung auch gegenüber den Versicherten angenommen hat, bleibt dies in der Literatur auch nach der Einführung des § 91 VI SGB V umstritten. Bezweifelt wird hier insbesondere die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses, der aufgrund seiner jetzigen Zusammensetzung keine Vorschriften erlassen könne, die gegenüber den Versicherten unmittelbar verbindlich seien (s. Schmidt-De Caluwe, in: Becker/Kingreen, § 92 SGB V Rn. 16). 110 BSGE 78, 70 (75 f.); Berner, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 8 Rn. 3. 111 Welche Regelungen zum obligatorischen und welche zum normativen Teil gehören, ist im Einzelnen strittig. Dazu Sproll, in: Krauskopf, § 82 SGB V Rn. 11 m. w. N. 112 Beispielsweise obliegt nach § 2 II, III Anlage 4a des BMV-Ä vom 01. Oktober 2016 die Ausstattung der Versicherten mit der elektronischen Gesundheitskarte dem GKV-Spitzenverband und die dafür erforderliche technische Ausstattung der Ärzte, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. 113 Vgl. § 1 Anlage 6 des BMV-Ä vom 19. Februar 2019. 114 § 77 IV S. 1 SGB V.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

SGB V unterworfen. Die Landesverbände haben darüber Satzungen zu erlassen, dass die Bundesmantelverträge für sie und ihre Mitgliedskassen verbindlich sind. Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen haben nach § 81 III Nr. 1 SGB V Regelungen in ihren Satzungen aufzunehmen, dass die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung geschlossenen Verträge für sie verbindlich sind. Eine Bindung der einzelnen Krankenkassen an die Gesamtverträge ergibt sich aus §§ 83 I S. 1, 85 I SGB V, wonach die Gesamtverträge und die zu entrichtende Gesamtvergütung ausdrücklich mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart geschlossen werden. Für die Ärzte als Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen ergibt sich die Verbindlichkeit der Gesamtverträge aus § 95 III S. 1, 3 SGB V, wonach durch die Zulassung die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung verbindlich werden.115 b) Richtlinien Aus dem eben Dargestellten ergibt sich zugleich eine unmittelbare Wirkung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Gemäß § 92 VIII SGB V sind diese Bestandteile der Bundesmantelverträge und sind somit auch für die Krankenkassen und einzelnen Leistungserbringer verbindlich. Die Landesverbände der Krankenkassen haben nach § 210 II SGB V in ihren Satzungen ebenfalls Bestimmungen darüber aufzunehmen, dass die Richtlinien für die Landesverbände und die Mitgliedskassen verbindlich sind. Spiegelbildlich haben die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 81 III S. 2 SGB V eine entsprechende Vorschrift zu enthalten. Ausdrücklich ergibt sich eine unmittelbare Wirkung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses außerdem aus § 91 VI SGB V. Demnach sind die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses für dessen Träger, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und Leistungserbringer verbindlich.116 Aufgrund der andersartigen Struktur des Versicherungssystems gilt die Verbindlichkeit nach den oben genannten Normen freilich nicht im Rahmen der privaten Krankenversicherung.117 3. Fazit Das eben dargestellte System zeigt, dass der parlamentarische Gesetzgeber zunächst nur einen groben Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorgibt. Vielmehr überträgt er grundsätzlich den Trägern der gemeinsamen Selbstverwaltung die 115

Ebenso bewirkt dies die Ermächtigung des ermächtigten Arztes gem. § 95 IV S. 2 SGB V. Für eine Verbindlichkeit der Richtlinien zumindest BSGE 78, 70 (76 f.); 81, 54 (60 f., 77); Hauck, NZS 2010, 600 (602). Dazu auch Clemens/Wiegand, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts, § 34 Rn. 30 ff. 117 OVG MedR 2010, 422 (424); Barth, in: Spickhoff, § 91 SGB V Rn. 13. 116

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nähere Ausgestaltung des Bereiches. Durch die ihnen zur Verfügung gestellten Regelungsinstrumente bekommen diese die Möglichkeit mit der entsprechenden Flexibilität auf die Entwicklungen im medizinischen Bereich zu reagieren. Indem jedoch der Gesetzgeber den Rahmen vorgibt, erfolgt bereits hierdurch eine starke Regulierung des Wettbewerbs. Bereits die gesetzliche Verbindlichkeit der Richtlinien und Kollektivvereinbarungen führt dazu, dass die Leistungserbringer lediglich Leistungen erbringen können, welche im Leistungskatalog vorgesehen sind. Krankenkassen haben sie nur in diesem Rahmen zu erstatten und auch Versicherte können sie nur in diesem vorgegebenen Rahmen beanspruchen.118

V. Einbindung der Apotheker in die gesetzliche Krankenversicherung Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung sind nicht nur Ärzte. Vielmehr gehören zu den Leistungserbringern diejenigen, deren Leistungen im SGB V vorgesehen sind und die aufgrund des Sachleistungsprinzips nicht durch die Krankenkassen selbst erbracht werden können.119 Die vertragsärztliche Versorgung umfasst gemäß § 73 II Nr. 7 SGB V unter anderem die Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln. In einem Großteil der Fälle sind hierbei Leistungserbringer auch Apotheker.120 Am Beispiel der Apotheker soll gezeigt werden, wie neben den Ärzten noch weitere Leistungserbringer in das System der gesetzlichen Krankenversicherung eingebunden sind. Dabei wird an einer späteren Stelle der Arbeit freilich zu beachten sein, dass auch Apotheker zunächst grundsätzlich taugliche Täter der §§ 299a, b StGB sein können.121 Erforderlich zum Ausüben des Apothekerberufes ist auch hier zunächst die Approbation gemäß § 4 BApO i. V. m. §§ 20, 21 AappO. Ebenso wenig wie bei den Ärzten als primäre Leistungserbringer, führt diese zum Mitwirken am System der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Institution wie die kassenärztliche Vereinigung, welche den Ärzten die vertragsärztliche Zulassung erteilt, findet sich bei den Apothekern jedoch nicht. Nähere Regelungen zur Abgabe von Medikamenten enthält der Rahmenvertrag, welcher auf Bundesebene zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband geschlossen wird. Erst der Beitritt zu diesem öffentlich-rechtlichen Normenvertrag122 ermöglicht es den

118 Vgl. hierzu auch Schnapp, in: FS Herzberg, S. 795 (802), welcher darauf hinweist, dass auch die Verbindlichkeit der Regelungsinstrumente nichts daran ändert, dass der Vertragsarzt in keinerlei Rechtsbeziehung zu den Krankenkassen steht. 119 Der Begriff der Leistungserbringer richtet sich daher aus der Sicht der Leistungsarten. Ein Überblick hierfür bietet Becker/Kingreen, in: Becker/Kingreen, § 69 SGB V Rn. 25. 120 Vgl. § 69 I 1 SGB V. 121 Siehe zum faktischen Ausschluss des Apothekers aus den Strafvorschriften unter Teil 3 C. I. 2. a) der Arbeit. 122 Axer, in: Becker/Kingreen, § 129 Rn. 33; Barth, in: Spickhoff, § 129 SGB V Rn. 13.

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Apothekern, ein Medikament zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abzugeben.123 Den Apothekern obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.124 Als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen auch sie diese in Form von Sachleistungen.125 Eine Abgabe eines Arzneimittels auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen bedarf aber zunächst einer entsprechenden Verordnung durch den Vertragsarzt, welchem nach § 48 AMG auch die alleinige Hoheit bei der Auswahl des konkreten Arzneimittels zukommt.126 Der Apotheker händigt dem Versicherten das entsprechende Medikament aus und kommt damit seiner öffentlichrechtlichen Verpflichtung aus § 129 SGB V nach. Die in § 129 I S. 1 Nr. 1 SGB V normierte aut-idem Regelung verpflichtet den Apotheker, ein preisgünstigeres Medikament mit demselben Wirkstoff abzugeben, soweit der verordnende Arzt das Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verschrieben hat oder die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat. Besteht ein Rabattvertrag gemäß § 130a VIII SGB V zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Herstellern, hat der Apotheker dieses Produkt abzugeben. Durch diese Substitutionserlaubnis kommt dem Apotheker zwar keine Kontrollfunktion hinsichtlich medizinischer Belange zu, freilich dient sie aber der Prüfung wirtschaftlicher Belange.127 Im Gegenzug für die Abgabe erhält der Apotheker einen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse, welcher durch die Rahmenverträge näher ausgestaltet wird.128 Gesetzliche Vorgaben hinsichtlich des Vergütungsanspruches gibt es insoweit, als die Apotheken den Krankenkassen einen entsprechenden Abschlag zu bewilligen haben, welchen sie nicht erstattet bekommen.129 Zusätzlich zu diesem 123 Gemäß § 2 II des Rahmenvertrages über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V vom 30. September 2016 sind Apotheken, die weder einem Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbands noch diesem Rahmenvertrag beigetreten sind, von der Lieferung ausgeschlossen. 124 Vgl. § 1 I ApoG. 125 Vgl. §§ 2 I, II, 13 SGB V. 126 Zu der daraus resultierenden Schlüsselstellung des Arztes bereits in diesem Teil unter A. II. 3. Insoweit trägt der Arzt über die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch die volle Verantwortung für die Kosten des entsprechenden Arzneimittels, vgl. Barth, in: Spickhoff, § 129 SGB V Rn. 3. 127 Dazu auch Barth, in: Spickhoff, § 129 SGB V Rn. 4. 128 BSGE 106, 303 (305 f.); Wodarz, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 27 Rn. 34. 129 Gemäß § 130 I SGB V beträgt dieser zum jetzigen Zeitpunkt 1,77 E bei verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln sowie bei sonstigen Arzneimitteln 5 Prozent vom maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis. Das BSG sieht in dem Abschlag einen „Mengenrabatt“, welcher durch pünktliche Bezahlung zu Einsparungen führen soll. Vgl. hierzu BSG BeckRS 2005, 43512; Axer, in: Becker/Kingreen § 130 SGB V Rn. 2: krit. hierzu Reese/Stallberg, in: Dieners/Reese, § 17 Rn. 219.

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Abschlag haben die Apotheken den Krankenkassen derzeit einen Rabatt in Höhe von 7 Prozent vom Herstellerabgabepreis einzuräumen, welchen sie wiederum von den Pharmaunternehmen erstattet bekommen.130 Dem Vergütungsanspruch wird außerdem der Eigenanteil des Versicherten abgezogen, welchen er nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres an den Apotheker als abgebende Stelle zu entrichten hat.131 Gemäß § 61 I S. 1 SGB V beträgt dieser zehn Prozent vom Abgabepreis, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro. Dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen kommt nach § 31 III S. 4 SGB V die Befugnis zu, Arzneimittel von der Zuzahlung freizustellen, woraus sich zudem ergibt, dass die Krankenkasse Inhaberin des Anspruchs gegen den Versicherten ist.132 Deutlicher wird dies noch durch § 43c I S. 1 SGB V, nach dem Leistungserbringer die Zuzahlungen der Versicherten einzuziehen haben und mit ihrem Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse zu verrechnen haben. Ist für ein Medikament ein Festbetrag nach § 35 SGB V bestimmt, stellt dieser die Grenze des von der Krankenkasse zu erstattenden Betrages abzüglich der eben dargestellten Rabatte dar.133 Der Festbetrag knüpft an den gemäß § 78 II S. 2 AMG für verschreibungspflichte Medikamente vorgeschriebenen Apothekenabgabepreis an, welcher in allen Apotheken gleich ist. Da er sich dadurch auch mittelbar auf den Herstellerabgabepreis auswirkt, kommt ihm eine preisregulierende und wettbewerbsauslösende Wirkung unter den Herstellern zu.134 Abweichungen von dem Festbetrag können jedoch bei Abschluss von Rabattvereinbarungen nach § 130a VIII SGB V erfolgen. Die Möglichkeit der Krankenkassen, mit den Pharmaunternehmen entsprechende Vereinbarungen zu treffen, dient in erster Linie der Stärkung des Einzelvertragswettbewerbs.135

VI. Wettbewerbselemente in der gesetzlichen Krankenversicherung Wettbewerb ist in diesem wenig flexiblen Kollektivvertragssystem nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß möglich.136 Bereits die geschichtliche Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung zeigt, dass dieser grundsätzlich auch eine lange Zeit in diesem System nicht erwünscht war. Auf die Frage, ob sich der Gedanke 130

Vgl. § 130 I S. 1, 3 SGB V. § 31 III SGB V. 132 So auch Sodan, Freie Berufe, S. 204 f. 133 Zur Bestimmung der Festbeträge werden zunächst in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Gruppen von Arzneimitteln mit denselben Wirkstoffen bestimmt. Anschließend setzt gem. § 35 III SGB V der Spitzenverband Bund der Krankenkassen den jeweiligen Festbetrag fest. 134 BVerfGE 106, 275 (277 f.). Vgl. zu den Festbeträgen Wodarz, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 27 Rn. 27 ff. 135 Hess, in: Kasseler Kommentar, § 130a SGB V Rn. 22; Wodarz, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 27 Rn. 89. 136 Wettbewerb ist freilich aber im Bereich der freien Kassenarztwahl nach § 76 SGB V möglich. Dazu Kuchinke, in: Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 14. 131

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der Krankenversicherung als Solidargemeinschaft mit dem Wettbewerb überhaupt in Einklang bringen lässt, soll an dieser Stelle noch keine Antwort gefunden werden. Dargestellt werden soll lediglich die Öffnung des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung für den Wettbewerb in den vergangenen Jahren.137 Seit einem längeren Zeitraum sieht sich die gesetzliche Krankenversicherung immer mehr dem Problem der begrenzten finanziellen Mittel ausgesetzt. Verdeutlicht wird dies durch einen Anstieg der Ausgaben in den vergangenen Jahren, der mit der ständig älter werdenden Gesellschaft einhergeht.138 Im Gegenzug dafür wird aber die Anzahl der Beitragszahler in den kommenden Jahren stetig abnehmen.139 Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen sehen sich dem Problem ausgesetzt, dass sie insbesondere im hausärztlichen und fachärztlichen Bereich zunehmend Schwierigkeiten haben werden, den ihnen übertragenen Sicherstellungsauftrag gemäß § 72 II SGB V zu erfüllen. Durch das Gesundheitsstrukturgesetz im Jahre 1996 führte der Gesetzgeber mit der freien Krankenkassenwahl erstmals eine Wettbewerbskomponente in das System der gesetzlichen Krankenversicherung ein.140 In den darauffolgenden Jahren gewann insbesondere die Einführung der Selektivverträge, wie der besonderen Versorgung nach § 140a SGB V, immer mehr an Bedeutung. Die genannten Verträge können beispielsweise Vereinbarungen über die akute Behandlung eines Schlaganfallspatienten im Krankenhaus mit einer anschließenden Rehabilitation in einer stationären Einrichtung zum Gegenstand haben.141 Durch die Selektivverträge eröffnet sich den Ärzten die Möglichkeit, einzeln, als Gemeinschaft oder auch als Berufsverband, mit den Krankenkassen direkt Verträge abzuschließen. Beim Abschluss dieser Verträge können Vertragsärzte die Vertragsbedingungen mit den Krankenkassen selbst aushandeln.142 Neu eingeführt wurde in den vergangenen Jahren die Möglichkeit des Vertragsschlusses zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen, welche der Unterstützung der teilnehmenden Ärzte dient.143 Zu einem immer stärker werdenden Wettbewerb führte auch die Auflockerung der starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Behandlung. Die Einführung der sektorenübergreifenden Verträge, wie der vor- und nachstationären Behandlung 137 Ausführlich zum Wettbewerb im System der gesetzlichen Krankenversicherung in Teil 3 A. III. der Arbeit. 138 Vgl. dazu auch mit Zahlen, Lauterbach, in: Huber/Lauterbach: Gesundheit: Ware oder öffentliches Gut, in: Osnabrücker Friedensgespräche, S. 61 (62, 69). 139 Vgl. hierzu BT-Drs. 14/1245, S. 1; BT-Drs. 15/1525, S. 1, 71. Eine Darstellung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten Jahren findet sich unter https:// www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/zahlen_und_grafiken/gkv_kennzahlen/ gkv_kennzahlen.jsp. Letzter Abruf am 02.07.2020. 140 Auf die freie Krankenkassenwahl als Wettbewerbskomponente soll in Teil 3 A. III. 2. a) näher eingegangen werden. 141 BSG NZS 2009, 294 (296). 142 Vgl. § 73b IV SGB V. Vgl. auch www.bmg.bund.de, Begriffe A-Z, Selektivvertrag. 143 Vgl. § 140a III Nr. 7 SGB V. Kritisch hierzu Schütz, MedR 2015, 162 (166).

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im Krankenhaus nach § 115a SGB V oder dem ambulanten Operieren im Krankenhaus nach § 115b SGB V, sollte eine nahtlose ambulante und stationäre Behandlung der Versicherten gewähren.144 Insbesondere wurde aber auch hier eine leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung bezweckt.145 Die Öffnung dieses Bereichs ist aber für beide Seiten von großem Interesse. Einerseits wird dem Vertragsarzt durch die Einbindung in den Krankenhausbetrieb die lukrative Möglichkeit gegeben, außerhalb der gedeckelten Gesamtvergütung noch weitere Einkünfte zu erzielen.146 Die Auflockerung des Kollektivvertragssystems durch Einführung der verschiedenen Wettbewerbselemente in den letzten Jahren, bringt allerdings die Gefahr mit sich, dass sich die Leistungserbringer in ihren Entscheidungen von eigenen Interessen leiten lassen, welche nicht zwangsläufig mit den Interessen des Patienten im Einklang stehen müssen. Insbesondere kann eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs aber auch zur Verteuerung von Leistungen führen und damit die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens gefährden.147

VII. Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit Um eine Bevorzugung aufgrund eigener wirtschaftlicher Interessen zu vermeiden, finden sich auch im SGB V verschiedene Vorschriften, welche die ärztliche Unabhängigkeit im System der gesetzlichen Krankenversicherung wahren sollen. In großen Teilen orientieren sich diese Vorschriften an denjenigen der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä), deren Durchsetzbarkeit durch die Ärztekammern sich jedoch in der Praxis oftmals als nicht besonders effektiv erweisen.148 Indem eine Aufnahme verschiedener Vorschriften in das Sozialgesetzbuch erfolgte, haben dadurch auch die Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit erhalten, gegen unzulässige Verhaltensformen vorzugehen.149

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Vgl. § 115 I SGB V. Knittel, in: Krauskopf, § 115 SGB V Rn. 2; Szabados, in: Spickhoff, § 115 SGB V Rn. 1. 146 Dazu näher Kiefer/Meseke, VSSR 2011, 211 (213 f). Ausführlich zur Zusammenarbeit mit Krankenhäusern sodann in Teil 4 B. 147 BT-Drs. 18/6446, S. 1. 148 Kiefer/Meseke, VSSR 2011, 211 (213 f.). Zur Durchsetzbarkeit der Berufsordnungen näher in Teil 2 B. V. 149 Da auf die berufsrechtlichen Vorschriften erst an einer späteren Stelle in diesem Teil unter B. IV. eingegangen werden soll, werden die sozialrechtlichen Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit im Folgenden nur im Überblick dargestellt. Auf die strafrechtliche Relevanz der jeweiligen Verhaltensweisen soll erst im vierten Teil der Arbeit eingegangen werden. 145

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1. Allgemeines sozialrechtliches Zuweisungsverbot gegen Entgelt Die angesprochene sektorenübergreifende Zusammenarbeit führte in den vergangenen Jahren vermehrt dazu, dass Krankenhäuser zur Erlangung einer möglichst hohen Fallzahl, den Vertragsärzten „Kopfgeldprämien“ oder „Zuweiserpauschalen“ zahlten, um einen Anreiz für eine Verweisung an ihr Haus zu schaffen.150 Ein solches Vorgehen wird bereits durch das sozialrechtliche allgemeine Zuweisungsverbot gegen Entgelt in § 73 VII SGB V untersagt, wonach es Vertragsärzten nicht gestattet ist, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen.151 Dabei ist ein wirtschaftlicher Vorteil gemäß §§ 73 VII S. 2, 128 II S. 3 SGB V auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen. Erhebliche Bedeutung gewinnt die Vorschrift daher im Zusammenhang mit Teilberufsausübungsgemeinschaften, welche gemäß § 18 MBO-Ä, § 33 II S. 3 – 5 ÄrzteVO grundsätzlich formell zulässig sind. Je nach Ausgestaltung, kann eine Ausschüttung der Gewinnbeteiligung an die Ärzte als Gesellschafter der Teilberufsausübungsgemeinschaft ebenfalls einen Verstoß gegen das sozialrechtliche Zuweisungsverbot gegen Entgelt darstellen.152 Anders als das in § 31 MBO-Ä geregelte berufsrechtliche Zuweisungsverbot gegen Entgelt, soll § 73 VII SGB V nicht nur die ärztliche Unabhängigkeit sicherstellen und den Leistungswettbewerb der Ärzte untereinander schützen, sondern auch wirtschaftliche Absprachen verhindern, welche das vertragsärztliche Finanzierungssystem unterlaufen und somit nicht mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Einklang stehen.153 Freilich sollen von der Vorschrift aber nicht solche ausdrücklich gesetzlich vorgesehenen Vereinbarungen mit den Krankenkassen erfasst werden, welche finanzielle Anreize für die Mitwirkung an der Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven und die Verbesserung der Qualität der Versorgung bei der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen setzen.154 150

Fast ein Drittel der Krankenhäuser gab im Jahr 2008 an, Zuweisungsprämien an niedergelassene Vertragsärzte zu zahlen – DKG, Rundschreiben Nr. 163/2008 vom 20.06.2008, zitiert nach Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 46 Fn. 95. 151 Für die Krankenhäuser finden sich in den landesrechtlichen Vorschriften vereinzelt vergleichbare Vorschriften, vgl. nur exemplarisch § 32 KHG HB, § 31a KHGG NRW, § 25a ThürKHG; anders das LKHG BW, welches eine entsprechende Vorschrift nicht enthält. Zu § 31a KHGG NRW näher Dahm, MedR 2010, 597 (600). 152 Dazu näher Scholz, GesR 2013, 12 (14). Auf eine strafrechtliche Auswirkung wird in Teil 4 G. eingegangen. 153 Sproll, in: Krauskopf, § 73 SGB V Rn. 58; Wigge, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 2 Rn. 45; Scholz, GesR 2013, 12. 154 BT-Drs. 17/6906, S. 56; Nebendahl, in: Spickhoff, § 73 SGB V Rn. 24.

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Verstößt ein Vertragsarzt gegen das sozialrechtliche Zuweisungsverbot, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit, gegen ihn ein Disziplinarverfahren einzuleiten.155 2. Zuweisungsverbot im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln Das Zuweisungsverbot gegen Entgelt gemäß § 73 VII SGB V, dessen Adressat ausschließlich Vertragsärzte sind, steht in engem Zusammenhang mit dem in § 128 II SGB V normierten Zuwendungsverbot, welches sich an Hilfsmittelerbringer als Leistungserbringer richtet. Das Zuwendungsverbot untersagt es Hilfsmittelerbringern wie Hörgeräteakustikern oder Orthopädiemechanikern, Vertragsärzten sowie Ärzten in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen, sich gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln zu beteiligen. Voraussetzung der Zuwendungsverbote des § 128 SGB V ist das Vorliegen einer Versorgung, womit die Verbote nur zur Anwendung kommen, wenn es sich um Hilfsmittel handelt, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.156 Erfasst werden unter anderem Fälle des verkürzten Versorgungsweges, bei welchem üblicherweise aufgrund einer Kooperationsvereinbarung zwischen Vertragsarzt und Leistungserbringer, der Arzt nicht nur die Verordnung des Hilfsmittels vornimmt, sondern dieses auch zugleich anpasst und damit bei der Hilfsmittelversorgung wesentlich mitwirkt. Die Vergütung dafür erhält der Arzt unmittelbar vom Hilfsmittelhersteller.157 Ein verkürzter Versorgungsweg, welcher unter den Voraussetzungen des § 128 IV SGB V noch zulässig ist, liegt beispielsweise vor, wenn der HNO-Arzt nicht nur das Hörgerät verordnet, sondern auch die erforderlichen Messungen vornimmt und den Ohrabdruck abnimmt. Die Auswahl des Gerätes erfolgt dann durch den Hörgeräteakustiker, der dieses zudem programmiert und dem Arzt übersendet. Dieser setzt das Gerät dann dem Patienten ein.158 Im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln dürfen nach § 128 II SGB V außerdem keine Zuwendungen gewährt werden.159 Diesem Verbot liegt der Gedanke zugrunde, dass der Patient seinem Arzt regelmäßig großes Vertrauen entgegenbringt und somit dessen Empfehlungen einen entsprechenden Wert beimisst. Dem Arzt kommt dadurch eine entscheidende Rolle bei der Auftragslage der 155 Das Disziplinarverfahren der Kassenärztlichen Vereinigungen wird an einer späteren Stelle im Kapitel noch ausführlicher dargestellt, siehe in diesem Kapitel unter VIII. Ob auch eine Strafbarkeit nach § 299a StGB vorliegt, wird sodann in Teil 3 B. I. untersucht. 156 Nolte, in: Kasseler Kommentar, § 128 SGB V Rn. 9. 157 Nolte, in: Kasseler Kommentar, § 128 SGB V Rn. 9; Nusser, in: Krauskopf, § 128 SGB V Rn. 10. 158 Vgl. LG Flensburg, GRUR-RR 2014, 309. 159 Das Zuwendungsverbot entspricht in großen Teilen dem berufsrechtlichen Zuwendungsverbot gem. § 31 I MBO-Ä, auf das an einer späteren Stelle der Arbeit eingegangen wird.

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Hilfsmittelerbringer zu.160 Erfasst werden von dem Verbot beispielsweise Konstellationen zwischen Laborärzten und Vertragsärzten, bei denen der Vertragsarzt einem Laborarzt diejenigen Untersuchungen überweist, die nur von einem Laborarzt vorgenommen werden dürfen. Im Gegenzug dafür, ermöglicht es der Laborarzt dem Vertragsarzt, eigene Laborleistungen unter den EBM-Sätzen zu erbringen oder stellt Kapazitäten seines Labors unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung.161 Wünscht ein Patient Gesundheitsleistungen, die vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst sind, kann er diese in Form von individuellen Gesundheitsleistungen (sog. IGeL) in Anspruch nehmen. Dabei kann es sich auch um Leistungen handeln, die im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln stehen. Freilich hat der Hilfsmittelerbringer ein Interesse daran, dass eben sein Produkt von dem Arzt verordnet wird. Damit diese Verordnung erfolgt, wurden zeitweise die Kosten der zusätzlichen privatärztlichen Leistungen von den Hilfsmittelerbringern übernommen. Als Beispiel kann hier die erweiterte audiometrische Messung und die Abnahme eines Ohrabdruckes durch den HNO-Arzt genannt werden. Diese ermöglicht dem Hörgeräteakustiker eine genauere Anpassung des Gerätes als die üblichen Messungen, deren Kosten von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden.162 Übernimmt der Hilfsmittelhersteller diese zusätzlichen Kosten, entstehen für den Patienten keine Nachteile, da dieser die Kosten nicht zu tragen hat. Um ein solches Gewähren von wirtschaftlichen Vorteilen zu verhindern, nennt § 128 II S. 2 SGB V explizit ein Verbot, welches es den Hilfsmittelerbringern untersagt, die Vergütung für die zusätzlichen privatärztlichen Leistungen zu übernehmen. Damit dürfen auch Ärzte dem Versicherten solche Leistungen nicht mit dem Hinweis anbieten, dass die Kosten von dem Hilfsmittelerbringer übernommen werden.163 Die eben dargestellten Zuwendungsverbote richten sich ausschließlich an Hilfsmittelerbringer. Spiegelbildlich stellt § 128 Va SGB V aber klar, dass auch ein Vertragsarzt, der die unzulässigen Zuwendungen fordert, annimmt oder Versicherte im Hinblick auf die Inanspruchnahme von individuellen Gesundheitsleistungen beeinflusst, gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstößt. Da Hilfsmittelerbringer in keinerlei Beziehung zu den Kassenärztlichen Vereinigungen stehen, haben die Krankenkassen sicherzustellen, dass die Verstöße ausreichend geahndet werden.164 Eine Ahndung erfolgt in Form von Vertragsstrafen gemäß §§ 339 ff. BGB, welche in dem Versorgungsvertrag gemäß § 127 SGB V zwischen der Krankenkasse und dem Hilfsmittelerbringer vereinbart werden.165 160

Butzer/Lungstras, in: Becker/Kingreen, § 128 SGB V Rn. 16. Vgl. hierzu BGH MedR 2006, 168 – Laborgemeinschaften I; OLG Celle GesR 2010, 197 – Laborgemeinschaften II. 162 Butzer/Lungstras, in: Becker/Kingreen, § 128 SGB V Rn. 18. 163 BT-Drs. 16/10609, S. 58; Nusser, in: Krauskopf, § 128 SGB V Rn. 13. 164 Vgl. § 128 III S. 1 SGB V. 165 BT-Drs. 16/10609, S. 58; Butzer/Lungstras, in: Becker/Kingreen, § 128 SGB V Rn. 21. 161

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Werden Zuwendungen über einen längeren Zeitraum oder in erheblicher Höhe gewährt, können die Leistungserbringer bis zu zwei Jahren von der Versorgung ausgeschlossen werden. Freilich haben die Krankenkassen im Rahmen ihres vertraglichen Gestaltungsspielraumes den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und vor dem Ausschluss mildere Sanktionen wie Verwarnung, Verweis oder Geldbuße in Betracht zu ziehen. Gegenüber den Vertragsärzten verfügen die Krankenkassen über keinerlei Befugnisse, Sanktionen zu verhängen. Werden der Krankenkasse jedoch Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln bekannt, hat diese sowohl die Kassenärztliche Vereinigung als auch die zuständige Ärztekammer zu unterrichten.166 Verstößt ein Vertragsarzt gegen das spezielle Zuwendungsverbot im Bereich der Heil- und Hilfsmittel gemäß § 128 Va SGB V, verstößt er gegen seine vertragsärztlichen Pflichten. Demnach obliegt es auch hier der Kassenärztlichen Vereinigung ein entsprechendes Disziplinarverfahren gegen den Vertragsarzt einzuleiten. Die Ärztekammern prüfen weiterhin, ob auch ein Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen vorliegt. 3. Fortbildungsveranstaltungen Zur Erhaltung und Fortentwicklung seiner Kenntnisse in der vertragsärztlichen Versorgung, hat der Vertragsarzt gemäß § 95d SGB V die Pflicht, sich fortzubilden. Anders als die berufsrechtliche Fortbildungspflicht, begrenzt sich die Fortbildungspflicht auf das Fachgebiet der Zulassung und auf diejenigen Gebiete, die zur Erfüllung des Notdienstes erforderlich sind.167 Die Fortbildungsinhalte müssen dabei dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin, Zahnmedizin oder Psychotherapie entsprechen.168 Dadurch soll gewährleistet werden, dass bei der vertragsärztlichen Versorgung der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse gem. § 72 II SGB V berücksichtigt wird.169 Freilich bietet die Fortbildungspflicht der Ärzte auch Pharmaunternehmen die Möglichkeit, ihre Produkte vorzustellen. § 95d I S. 3 SGB V stellt in diesem Rahmen jedoch klar, dass Fortbildungen frei von wirtschaftlichen Interessen sein müssen. Eine Teilnahme an produktbezogenen Sponsoring-Veranstaltungen von Arzneimittel- oder Medizinprodukteherstellern oder vergleichbaren Unternehmen genügt der Fortbildungspflicht demnach nicht.170 Der Besuch solcher Veranstaltungen bringt in der Regel die 166

§ 128 V S. 1, 2 i. V. m. IV S. 3 SGB V. Der Umfang der Fortbildungspflicht wird gem. § 95d VI S. 1 SGB V durch die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen im Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene geregelt. Vgl. zum Umfang der Fortbildungspflicht auch näher Gerlach, in: Krauskopf, § 95d SGB V Rn. 8. 168 § 95d I S. 2 SGB V. 169 BT-Drs. 15/1525, S. 109; näher zur Notwendigkeit Quaas, in: Quaas/Zuck/Clemens, § 13 Rn. 58. 170 BT-Drs. 15/1525, S. 110; Gerlach, in: Krauskopf, § 95d SGB V Rn. 11. 167

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Gefahr mit sich, dass sich der Arzt durch den Veranstalter in seiner Berufsausübung beeinflussen lässt und dessen Produkte bevorzugt. Dennoch ist es bei gewissen Veranstaltungen sogar erforderlich, dass Pharmaunternehmen oder insbesondere auch Medizinproduktehersteller bei der Fortbildung mitwirken. Insbesondere der Besuch internationaler Fachkongresse ist ohne die Unterstützung von Pharmaunternehmen aus finanziellen Gründen oftmals nicht möglich.171 Ist Gegenstand der Fortbildung die Vorstellung einer neuen Behandlungsmethode, die erst durch ein neues Gerät oder Produkt ermöglicht wurde, kann der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in einer Vielzahl von Fällen am besten vom Hersteller dieses Gerätes selbst vermittelt werden.172 Hier werden aber keine Zweifel aufkommen, dass die Veranstaltung in erster Linie der Qualitätssicherung dient. Eine Mitfinanzierung durch Unternehmen soll durch § 95d I S. 3 SGB V freilich nicht untersagt werden, solange sie sich nicht auf den Inhalt der Fortbildungsveranstaltung auswirkt.173 Kommt der Vertragsarzt seiner Fortbildungspflicht nicht nach, ist die Kassenärztliche Vereinigung nach einer gewissen Zeitspanne verpflichtet, das Honorar des Arztes in Höhe von 10 bis zu 25 Prozent zu kürzen. Wird der Fortbildungsnachweis anschließend immer noch nicht erbracht, kommt die Entziehung der Zulassung in Betracht. Zum einen stellt die Honorarkürzung einen Abschlag aufgrund der schlechteren Qualität dar. Zum anderen kommt den Maßnahmen eine Disziplinarfunktion zu und die Ärzte sollen angehalten werden, ihre Fortbildungspflicht zu erbringen.174

VIII. Disziplinarmaßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung Die Darstellung der sozialrechtlichen Regelungen zeigt, dass der Vertragsarzt in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht völlig frei, sondern eingeschränkt ist. Verstößt er gegen seine vertragsärztlichen Pflichten, setzt er sich der Gefahr eines Disziplinarverfahrens durch die Kassenärztliche Vereinigung oder eines Zulassungsentziehungsverfahrens durch den Zulassungsausschuss aus.

171

Balzer, MedR 2004, 77 (78). Zur Notwendigkeit der Mitarbeit der Hersteller bei Fortbildungsveranstaltungen näher Balzer, MedR 2004, 77 (79). 173 Hess, in: Kasseler Kommentar, § 95d SGB V Rn. 8. Dies entspricht auch den berufsrechtlichen Regelungen, die eine Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe gestatten, soweit diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildungen verwendet werden, § 32 II MBO-Ä, dazu in diesem Teil B. IV. 4. 174 BT-Drs. 15/1525; Gerlach, in: Krauskopf, § 95d SGB V Rn. 23. 172

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1. Disziplinarverfahren Das Disziplinarverfahren dient der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und hat somit fast ausschließlich präventiven Charakter.175 Einerseits soll im Wege der Spezialprävention auf den betroffenen einzelnen Arzt eingewirkt werden, dass dieser seine vertragsärztlichen Pflichten erbringt. Andererseits dient das Disziplinarverfahren der Generalprävention, indem es andere Vertragsärzte davon abhalten soll, gegen vertragsärztliche Pflichten zu verstoßen.176 Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen. Dazu haben sie gemäß § 75 II S. 2 SGB V die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 V SGB V vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten. Als Pflichtverletzung kommen beispielsweise ein Verstoß gegen die Behandlungspflicht, die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und insbesondere auch ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in Betracht.177 Zudem gehört es zu den vertragsärztlichen Pflichten, bei Ausübung der vertragsärztlichen Pflichten nicht gegen andere Gesetze zu verstoßen, wozu auch berufsrechtliche oder strafrechtliche Normen gehören.178 Wie die Kassenärztlichen Vereinigungen die Verfahren ausgestalten, bleibt ihnen weitgehend selbst überlassen. Sie haben gemäß § 81 V SGB V die Pflicht, in ihren Satzungen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen bei Pflichtverstößen zu regeln.179 Vorgaben enthält das Gesetz lediglich hinsichtlich der möglichen Maßnahmen. Je nach Schwere der Verfehlung können Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren verhängt werden.180 Das Höchstmaß der Geldbuße kann 50.000 E betragen.181 Die Maßnahmen stehen in einem Stufenverhältnis zueinander, womit die jeweilige verhängte Einzelmaßnahme stets von der Intensität des jeweiligen Pflichtenverstoßes abhängt.182 Bei den verhängten Maßnahmen handelt es sich um einen Verwaltungsakt, gegen welchen der Betroffene Anfechtungsklage bis zum Bundessozialgericht er175 BSGE 61, 1 (2); Hesral, in: Ehlers, Disziplinarrecht, Rn. 13. Rosenau, in: Satzger/ Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 53. Eine Sühnefunktion entnimmt das BSG lediglich der Geldbuße, vgl. BSGE 61, 1 (2). 176 Ries, in: Ries/Schnieder/Papendorf/Großbölting/Berg, Arztrecht, Kap. 6.1. 177 Für weitere Beispiele siehe Hampe/Mohammadi, NZS 2013, 692 (696). 178 BSG BeckRS 1997, 31037239. 179 S. bspw. die Disziplinarordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württembergs, abrufbar unter: http://www.kvbawue.de/kvbw/suche/?id=15&L=0&q=disziplinarord nung. Letzter Abruf am 04.07.2020. 180 § 81 IV S. 2 SGB V. 181 § 81 IV S. 3 SGB V. 182 BSG NZS 2001, 50 (52); LSG NRW Az. L 11 KA 100/08 Rn. 19. Hierzu im Einzelnen auch Ries, in: Ries/Schnieder/Papendorf/Großbölting/Berg, Arztrecht, Kap. 6.1.3. Unzulässig ist es, verschiedene Disziplinarmaßnahmen miteinander zu kombinieren.

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heben kann.183 Der für die Durchführung des Disziplinarverfahrens zuständige Disziplinarausschuss ist gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen. Regelungen finden sich nur in den einzelnen Satzungen wie beispielsweise § 2 Disziplinarordnung der KVBW. Im Hinblick auf den Adressatenkreis erscheint eine fehlende gesetzliche Regelung als verfassungsrechtlich unbedenklich.184 2. Zulassungsentziehungsverfahren Vom Disziplinarverfahren, welches als schwerste Maßnahme das Ruhen der Zulassung vorsieht, ist das Zulassungsentziehungsverfahren zu unterscheiden. Die Entziehung der Zulassung erfolgt durch den Zulassungsausschuss, welcher ausdrücklich in § 96 SGB V geregelt ist. Der Zulassungsausschuss setzt sich aus Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung sowie Vertretern der Krankenkassen zusammen, womit den Kassenärztlichen Vereinigungen hinsichtlich der Entziehung der Zulassung nicht die alleinige Entscheidungsbefugnis zukommt.185 Als Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung haben diese Körperschaften über die Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung zu entscheiden.186 Die Zulassung ist gem. § 95 VI SGB V i. V. m. § 27 Ärzte-ZVO durch den Zulassungsausschuss zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist eine Pflichtverletzung gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist.187 Dies ist der Fall, wenn die vertragsärztliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, so dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann.188 Eine grobe Verletzung vertragsärztlicher Pflichten stellt unter anderem die wiederholt unkorrekte Abrechnung dar189 sowie die Förderung einer Betäubungsmittelsucht.190 Weiterhin rechtfertigt das Nichterbringen eines Fortbildungsnachweises gem. § 95d V S. 6 SGB V die Entziehung der Zulassung. Die Entziehung der Zulassung ist zu unterscheiden von der Rücknahme und dem Widerruf der Approbation in einem verwaltungsrechtlichen 183

Scholz, GuP 2013, 81. Siehe hierzu auch Hampe/Mohammadi, NZS 2013, 692 (693). 185 Vgl. § 96 I, II SGB V. 186 Siehe auch BSGE 61, 1 (3). 187 Vgl. nur BSG NJOZ 2013, 1909; BSGE 93, 269 (272); 103, 243 (250). 188 BSGE 93, 269 (272); 103, 243 (250); BSG NJOZ 2013, 1909; Schmuck/Huber, NJ 2013, 59 (61). 189 BSGE 73, 234 (242); BSG NJOZ 2013, 1909 (1910). 190 LSG Rheinland-Pfalz, v. 21.05.1973 Az.: L 1 Ka 8/73. Siehe auch Rademacker, in: Kasseler Kommentar, § 95 SGB V Rn. 246 mit weiteren Beispielen. 184

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Verfahren gemäß § 5 BÄO. Demnach kann ein Vertragsarzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, dennoch privatversicherte Patienten behandeln. Die Wirkung der Zulassungsentziehung ist trotzdem nicht zu unterschätzen, da insbesondere in ländlichen Gebieten eine ausschließliche Behandlung von Privatpatienten wirtschaftlich nicht ausreichend sein wird.191

IX. Ausgestaltung der privaten Krankenversicherung Die neu eingeführten Bestechungstatbestände kommen sowohl bei Vertragsärzten als auch bei Privatärzten zur Anwendung. Nach dem Bundesverfassungsgericht handelt es sich bei der Krankenversicherung um eine Volksversicherung mit zwei Säulen.192 Neben der soeben dargestellten gesetzlichen Krankenversicherung, stellt die private Krankenversicherung die zweite Versicherungssäule dar. In dieser waren im Jahre 2017 etwa 8,75 Millionen Personen vollversichert.193 Die oben dargestellten Strukturen sind lediglich im System der gesetzlichen Krankenversicherung von Bedeutung. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über das System der privaten Krankenversicherung gegeben werden. 1. Versicherte in der privaten Krankenversicherung Versichern lassen können sich in der privaten Krankenversicherung diejenigen Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind oder die Möglichkeit haben, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.194 Versicherungspflichtig sind gem. § 5 I SGB V insbesondere Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner und Studenten. Von dieser Pflicht können sich bestimmte Personengruppen befreien lassen, wobei Beamte sowie die in § 6 I Nr. 2 SGB V den Beamten gleichgestellten Berufe, Arbeitnehmer, welche die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten (§ 6 I Nr. 1 SGB V), Werkstudenten (§ 6 I Nr. 3 SGB V) oder Ruhestandsbeamten (§ 6 I Nr. 6 SGB V) zahlenmäßig den größten Anteil darstellen.195 2. Versicherungsvertrag und Finanzierung Entgegen der gesetzlichen Krankenversicherung ist die private Krankenversicherung zivilrechtlich ausgestaltet. Der Versicherungsnehmer schließt mit dem Versicherungsgeber einen zivilrechtlichen Vertrag, auf den die allgemeinen Regeln 191

Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 86. BVerfGE 123, 186 (236). 193 Vgl. die Zahlen des PKV – abrufbar unter https://www.pkv.de/service/zahlen-und-fakten/ . Letzter Abruf am 04.07.2020. 194 Boetius, in: MK-VVG, Vorbem. §§ 192 VVG Rn. 83. 195 Peters, in: Kasseler Kommentar, § 6 SGB V Rn. 5. 192

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 145 ff.) Anwendung finden.196 Aufgrund der im Zivilrecht geltenden Vertragsfreiheit sind die Vertragspartner in der Vertragsgestaltung in großen Teilen frei.197 Die privaten Krankenversicherungen konnten damit lange Zeit ihre Versicherten frei wählen und waren nicht gezwungen, einen entsprechenden Vertrag mit einem Interessenten abzuschließen.198 Änderungen brachte diesbezüglich die Einführung der gesetzlichen Versicherungspflicht, womit den privaten Krankenversicherungen die Pflicht auferlegt wurde, einen Basistarif anzubieten.199 Grundsätzlich muss es sich bei den abgeschlossenen Verträgen auch nicht immer um einen vollumfänglichen Versicherungsschutz handeln. Oftmals handelt es sich lediglich um eine Erweiterung des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Krankenversicherung. In Betracht kommen etwaige Ergänzungsversicherungen, wie die Auslandsreisekrankenversicherungen oder Versicherungspakete, welche individuelle Gesundheitsleistungen umfassen.200 Wird eine Krankheitskostenvollversicherung gemäß § 192 I VVG abgeschlossen, welche die gesetzliche Krankenversicherung ersetzt, haben Versicherungsgeber gewisse Mindeststandards in ihre Tarife aufzunehmen. Den gesetzlichen Mindeststandard gibt hierfür § 193 III VVG vor, wonach zumindest ambulante und stationäre Heilbehandlungen umfasst sein müssen. Hinsichtlich der Tarife besteht eine Parallele zur gesetzlichen Krankenversicherung, die inhaltliche Ausgestaltung muss jedoch nicht der der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen.201 Der vom Versicherten frei gewählte Tarif entscheidet über die zu gewährenden Leistungen des Versicherers, wobei keine Bindung an den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung besteht.202 Eine Konkretisierung der für den jeweiligen Tarif gesetzlich vorgegebenen Leistungen erfolgt durch Allgemeine Versicherungsbedingungen.203 Die privaten Krankenversicherungen sind seit 01.01.2009 durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung204 verpflichtet, einen Basistarif anzubieten, welcher im Leistungsumfang dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Dabei darf die Beitragshöhe den durchschnittlichen Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht

196

Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 207. Looschelders, in: MK-VVG, § 1 VVG Rn. 98. 198 Schüffner/Franck, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 43 Rn. 34. 199 Zu diesem sogleich unten. 200 Schüffner/Franck, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 43 Rn. 133 ff. 201 BGH NJW 2006, 1876 (1878); NJW-RR 2009, 813 (815); VersR 2015, 1119 (1121); Muschner, in: Langheid/Rixecker, § 193 VVG Rn. 29. 202 Kalis, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 42 Rn. 7. 203 Siehe auch die Musterbedingungen des PKV-Verbandes zur Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, welche oftmals von den Unternehmen verwendet werden. Abrufbar unter: https://www.pkv.de/service/broschueren/musterbedingungen/mb-kk-2009.pdb.pdf. Letzter Abruf am 04.07.2020. 204 BGBl. 2007 I, S. 378. 197

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übersteigen.205 Im Übrigen bemessen sich die Beiträge für die jeweiligen Tarife nach dem Äquivalenzprinzip, womit die Beitragszahlungen anhand dem Wert der Leistungsausgaben bemessen werden. Entscheidend für die Beitragshöhe ist demnach grundsätzlich das individuelle Krankheitsrisiko des Versicherten.206 Zeitlicher Maßstab für die Leistungsausgaben des Versicherers ist hier der gesamte Zeitraum des Versicherungsverhältnisses. Der persönliche Maßstab ergibt sich aus einer Gruppe von Versicherten, die hinsichtlich Alter, Geschlecht und Risikofaktor vergleichbar sind.207 3. Beziehungen zwischen Privatarzt und Privatpatient Ein weiterer wesentlicher Unterschied der beiden Versicherungssysteme liegt im Sachleistungs- und Kostenerstattungsprinzip. In beiden Systemen schließt der Versicherte mit dem behandelnden Arzt einen Behandlungsvertrag nach § 630a BGB ab.208 Dadurch verpflichtet sich der Arzt zur Leistung der versprochenen Behandlung, der Patient wiederum verpflichtet sich zur Gewährung der vereinbarten Vergütung. Dieser Vergütungsanspruch entsteht bei einem Vertragsarzt aufgrund § 630a I a. E. BGB nicht gegen den Patienten, da in der gesetzlichen Krankenversicherung die Kassenärztliche Vereinigung als Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.209 Treffen die Vertragspartner in der privaten Krankenversicherung keine ausdrückliche Vereinbarung über die Vergütung, ist nach §§ 630b, 612 II BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen und vom Privatpatienten zu entrichten. Diese berechnet sich in der privaten Krankenversicherung freilich nicht nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern bemisst sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), welche zwingendes Preisrecht für alle Ärzte darstellt.210 Hat der Versicherte die Vergütung entrichtet, erhält er diese gemäß § 192 VVG durch das Einreichen der Rechnung von seinem Versicherungsunternehmen erstattet.211 Sein Anspruch richtet sich nicht wie in der gesetzlichen Krankenversicherung

205

Näher Muschner, in: Langheid/Rixecker, § 193 VVG Rn. 60. Vossen, in: Krauskopf, § 1 SGB V Rn. 6. 207 Sodan, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 1 Rn. 25. 208 Mansel, in: Jauernig, vor 630 BGB Rn. 5. Durch Einführung des Behandlungsvertrages in §§ 630a ff. BGB im Jahre 2013 erledigte sich der Meinungsstreit zwischen Privatrechtlern und Sozialrechtlern, ob der Behandlungsvertrag zwischen Kassenpatienten und Vertragsarzt zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sei. Vgl. dazu Wagner, in: MK-BGB, § 630a BGB Rn. 16 m. w. N. sowie ausführlich Schmidt-De Caluve, Das Behandlungsverhältnis zwischen Vertragsarzt und sozialversichertem Patienten, VSSR 1998, 207. 209 § 85 IV S. 2 SGB V; Mansel, in: Jauernig, § 630a BGB Rn. 12. 210 BGH NJW 2006, 1879 (1880); Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 A Rn. 49; Mansel, in: Jauernig, § 630a BGB Rn. 11. 211 Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 A Rn. 53. 206

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auf Sachleistung, sondern auf Kostenerstattung.212 Ob die vollen Behandlungskosten erstattet werden, ist von dem jeweils abgeschlossenen Tarif abhängig.213 Die meisten Tarife sehen eine Erstattungspflicht nur im Rahmen der GOÄ vor, womit auch in der Privaten Krankenversicherung dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit eine gewisse Bedeutung zukommt.214 Freilich sind dadurch die Ärzte in ihren Behandlungsmethoden nicht so stark eingeschränkt wie in der gesetzlichen Krankenversicherung. Heilbehandlungen sind zwar auch in der Privaten Krankenversicherung nur im Rahmen des Notwendigen zu erbringen, allerdings bedeutet dies nicht zugleich eine Beschränkung der Leistungspflicht des Versicherers auf die kostengünstigste Alternative.215 Die GOÄ wird bei verschiedenen Kooperationsformen zur Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung herangezogen. Da ihr dadurch eine gewichtige Bedeutung im Rahmen der Unrechtsvereinbarung zukommt, sollen im Folgenden die Grundlagen knapp erläutert werden.216 Die GOÄ stellt eine Rechtsverordnung dar, die auf Grundlage des § 11 BÄO von der Bundesregierung erlassen wird. Es handelt sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht.217 Zur Anwendung kommt sie nach § 1 I GOÄ bei der Vergütung ärztlicher Leistungen, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist. Vorrangig ist damit der einheitliche Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen gemäß § 87 I SGB V.218 Folglich werden insbesondere privatärztliche Leistung, bei denen die Abrechnung direkt gegenüber dem Patienten erfolgt, anhand der GOÄ abgerechnet. Sinn und Zweck der GOÄ ist es, eine verbesserte Transparenz bei der privatärztlichen Liquidation herzustellen. Außerdem soll eine angemessene und leistungsgerechte Vergütung des Arztes sichergestellt werden.219 Wird die Vergütung anhand der Sätze der GOÄ bemessen, ist diese höher als bei einer Bemessung anhand des einheitlichen Bewertungsmaßstabes in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Rahmen der Vergütungshöhe wird durch § 5 I S. 1 GOÄ vorgegeben, wonach der Arzt die Vergütung innerhalb des Einfachen bis zum Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes festsetzen kann. Gemäß § 5 I S. 2 GOÄ ist der Gebührensatz der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen 212

Das Kostenerstattungsprinzip ist in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gänzlich ausgeschlossen, kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn es ausdrücklich vorgesehen ist und der Versicherte dieses auch wählt, vgl. § 13 SGB V. 213 Wehmeyer/Schubach, in: MAH Medizinrecht, § 5 Rn. 140 f. 214 Stirner, Der privatärztliche Abrechnungsbetrug, S. 42; Wehmeyer/Schubach, in: MAH Medizinrecht, § 5 Rn. 143. 215 BGH NJW 2003, 1596 (1569); näher Stirner, Der privatärztliche Abrechnungsbetrug, S. 42. 216 Auf die Bedeutung der Angemessenheit der Vergütung im Rahmen einer Unrechtsvereinbarung wird ausführlich im 4. Teil der Arbeit unter A. I. 2. a) eingegangen. 217 BGH NJW 2006, 1879 (1880). 218 Spickhoff, in: Spickhoff, § 1 GOÄ Rn. 8 mit weiteren vorrangigen Regelungswerken. 219 BGH NJW 2006, 1879 (1880).

B. Berufsrecht

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Leistungen des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfacht wird. Der Punktwert beträgt dabei 5,82873 Cent. Die entsprechende Punktzahl einer Leistung wird anhand des typischen Schwierigkeitsgrades einer solchen Behandlung festgelegt.220 Absatz 2 gibt vor, dass die Gebühren innerhalb des Rahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen sind. Die Schwierigkeit kann im Gebührensatz jedoch nur noch soweit Berücksichtigung finden, wie sie sich im konkreten Fall wiederzeigt.221 Dazu gehört beispielsweise das Vorliegen einer komplizierten Begleiterkrankung.222 Die Gebühr einer durchschnittlichen Leistung darf zwischen dem Einfachen und 2,3fachen Gebührensatz festgesetzt werden, wobei regelmäßig ein 2,3facher Satz berechnet wird.223 Erst bei Überschreiten dieses Wertes, bedarf es einer gesonderten Begründung gemäß § 12 III S. 1 GOÄ. Insbesondere die Unabhängigkeit vom Einheitlichen Bewertungsmaßstab bei der Behandlung von Privatpatienten, räumt dem Arzt einen größeren Spielraum als in der gesetzlichen Krankenversicherung ein. Auch die Möglichkeit außerhalb dem begrenzten Budget der gesetzlichen Krankenversicherung Einkünfte zu erzielen, macht die Behandlung von Privatpatienten für den Arzt besonders lukrativ. Nicht selten ist deshalb das In-Aussicht-Stellen der Möglichkeit der Abrechnung nach GOÄ Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.224

B. Berufsrecht Korruptivem Verhalten im Gesundheitswesen werden nicht nur durch das Strafrecht Grenzen gesetzt. Heilberufler unterliegen außerdem ihrem Standesrecht, welches von den entsprechenden Kammern durch Berufsordnungen erlassen wird. Auch wenn noch kurz vor Beschlussfassung der §§ 299a, b StGB, die ursprünglich im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgesehene Tatbestandsvariante der „Verletzung von berufsrechtlicher Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ gestrichen wurde, kommt den Berufsordnungen dennoch eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Straftatbestände zu. Gestatten die Berufsordnungen ein Verhalten, spricht Vieles dafür, dass das Verhalten auch strafrechtlich nicht relevant sein kann. Der Einfluss des Berufsrechts ist nicht nur von geringer Bedeutung, da ein Großteil des erfassten Täterkreises einem verkammerten Beruf

220

Clausen, in: MAH Medizinrecht, § 7 Rn. 231. Spickhoff, in: Spickhoff, § 5 GOÄ Rn. 5. 222 Clausen, in: MAH Medizinrecht, § 7 Rn. 231 f. 223 Kern/Rehborn, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts, § 74 Rn. 28; Spickhoff, in: Spickhoff, § 5 GOÄ Rn. 9. Dazu auch BGHZ 174, 101. 224 Vgl. dazu OLG Düsseldorf, MedR 2009, 664. 221

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

angehört.225 Anhand des ärztlichen Berufsrechts soll im folgenden Abschnitt zunächst dessen Struktur und Aufgabe dargestellt werden, um im strafrechtlichen Teil der Arbeit den Einfluss der Berufsordnungen auf die Strafvorschriften zu untersuchen.226

I. Der Begriff des freien Berufes Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.227 Die Einordnung als freier Beruf ist ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des Berufsrechts. Neben § 1 II BÄO findet sich der Begriff des freien Berufes noch in weiteren gesetzlichen Regelungen. Zu nennen sind hier zunächst weitere berufsgesetzliche Vorschriften wie § 2 I BRAO, § 1 II BTÄO und § 1 II WiPrO.228 Aber auch neben den berufsgesetzlichen Regelungen findet sich der Begriff in Vorschriften anderer Rechtsgebiete. So enthält § 18 I S. 1 EStG im Steuerrecht eine Aufzählung freiberuflicher Tätigkeiten.229 An diesem Katalog orientiert sich das Gesellschaftsrecht in § 1 II PartGG, der eine positivgesetzliche Umschreibung des freien Berufes beinhaltet.230 Eine allgemeingültige Definition des Begriffes des freien Berufes existiert dennoch nicht.231 In einer Entscheidung zur Pflichtmitgliedschaft der Ärzte in der bayerischen Ärzteversorgung hat das Bundesverfassungsgericht den Begriff des freien Berufes nicht als eindeutigen Rechtsbegriff, sondern als soziologischen Begriff eingeordnet und ihm damit eine präzise normative 225 Dies gilt zumindest für alle akademischen Heilberufe, welchen insgesamt eine größere wirtschaftliche Bedeutung für andere Leistungserbringer zukommt, vgl. BT-Drs. 18/6446 S. 17. Anders hingegen Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (92), der ausführt, dass die Mehrzahl der von §§ 299a, b StGB erfassten Angehörigen von Heilberufen eben keinem der verkammerten Berufe angehöre. 226 Auf die Auswirkungen des Berufsrechts auf das Strafrecht wird ausführlich in Teil 3 der Arbeit eingegangen. 227 § 1 II BÄO. § 1 ZHG hingegen nennt den Begriff des freien Berufes nicht, stellt jedoch in § 1 IV darauf ab, dass die Ausübung der Zahnheilkunde kein Gewerbe ist. 228 Hierbei handelt es sich um eine exemplarische Aufzählung, die freilich nicht abschließend sein soll. 229 Genannt werden zunächst die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit sowie die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnliche Berufe. 230 Vgl. § 1 II PartGG: Freie Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. 231 Ausführlich zu den verschiedenen Versuchen einer Definition des Begriffes des freien Berufes Sodan, Freie Berufe, S. 36 ff., Taupitz, Standesordnungen, S. 18 ff.

B. Berufsrecht

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Wirkung versagt.232 Die Einordnung als soziologischen Begriff bedeutet, dass dem Begriff des freien Berufes durch bestimmte gesellschaftliche Situationen entsprechende Funktionen zugeschrieben werden. Dabei liegt dem Begriff die staats- und wirtschaftspolitische Betrachtungsweise des frühen Liberalismus zugrunde.233 Die gesellschaftliche Lage unterliegt freilich einem ständigen Wandel, was eine Definition mit bestimmten Kriterien beinahe unmöglich macht. Infolgedessen wird der freie Beruf heute als Typus-Begriff eingeordnet, welcher durch viele verschiedene Kriterien beschrieben wird.234 Anders als bei einer verbindlichen Definition ist hier nicht erforderlich, dass alle Kriterien umfassend vorliegen. Durch die hierdurch entstehende Nachgiebigkeit des Typus-Begriffes kann die Einordnung als freier Beruf an den Wandel der Zeit angepasst werden.

II. Merkmale der Freiberuflichkeit Die Einordnung als freier Beruf erfolgt anhand verschiedener Merkmale, welche vor allem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt worden sind. Das bedeutendste Element für die Einordnung als freier Beruf ist der Einsatz von persönlicher Arbeitskraft und individuellen Fähigkeiten bei der Erbringung von Leistungen.235 Nicht weniger bedeutend ist das Erfordernis einer langen, qualifizierten Ausbildung, die bei Bestehen üblicherweise zu einem entsprechendem Ansehen in der Gesellschaft führt.236 Das Kriterium der persönlichen Arbeitskraft führt schließlich zum Ausschluss einer gewerblichen Tätigkeit. Diesem Gedanken trägt auch § 1 II BÄO Rechnung, wonach der ärztliche Beruf kein Gewerbe, sondern seiner Natur nach ein freier Beruf ist.237 Weiterhin üben Freiberufler ihre Tätigkeit

232 BVerfGE 10, 354 (364). Krit. zur Ablehnung des freien Berufes als Rechtsbegriff Boecken, in: FS Maurer S. 1091 (1093), welcher anführt, dass bereits die häufige Verwendung des Begriffes in zahlreichen gesetzlichen Vorschriften für eine andere Einordnung spricht. 233 BVerfGE 10, 354 (364); Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 12 Rn. 269. 234 Zur Einordnung des freien Berufes als Typus-Begriff näher Sodan, Freie Berufe, S. 63 ff. 235 BVerfGE 10, 354 (364 f.). Zu dem Merkmal der individuellen Fähigkeiten auch Taupitz, Standesordnungen, S. 42 ff. 236 BVerfGE 46, 224 (242). Dazu auch Sodan, Freie Berufe, S. 77 ff. 237 Deutlich wird dies auch durch weitere gesetzliche Vorschriften. Exemplarisch sei hier § 15 II S. 1 EStG zu nennen, wonach eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb ist, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Die Vorschrift stellt die einzig positivgesetzliche Regelung des Gewerbebegriffes im Gesetz dar. Auch wenn der steuerliche Gewerbebegriff mit den übrigen nicht identisch ist, stimmt er insoweit mit dem Begriff des Gewerberechts, dem BGB und dem Handelsrecht überein, als dass auch hier nach einhelliger Ansicht die freiberufliche Tätigkeit ausgenommen wird. Zu den einzelnen Gewerbebegriffen Schmidt, in: MKHGB, § 1 HGB Rn. 23 ff m. w. N.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

weisungsunabhängig und somit in eigener Verantwortung aus.238 Deutlich wird dieses Kriterium in verschiedenen berufsgesetzlichen Regelungen wie beispielsweise § 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist.239 Die Gewinnerzielungsabsicht des Berufsangehörigen ist stets als zweitrangig zu den besonders übertragenen Standespflichten anzusehen, die mit der Ausübung des Berufes einhergehen.240 Diese geforderte altruistische Einstellung zum Beruf steht im engen Zusammenhang mit dem Verbot der berufswidrigen Werbung. Dieses soll eine Verfälschung des Berufsbildes mit Werbemethoden, die in der gewerblichen Wirtschaft gebräuchlich sind, verhindern.241 Entsprechende Vorschriften für Heilberufler finden sich im Heilmittelwerbegesetz.242 Die Annahme einer altruistischen Einstellung zum Beruf führt außerdem zu einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen dem Berufsangehörigen und dem Auftraggeber. Die große Bedeutung des Vertrauensverhältnisses wird durch § 203 StGB deutlich, wonach ein Offenbaren der anvertrauten Geheimnisse im Zusammenhang mit der Ausübung des Berufes nicht nur berufsrechtswidrig, sondern auch strafbar ist.243 Das in diesem Rahmen zuletzt zu nennende Merkmal der wirtschaftlichen Selbständigkeit wirft die Frage auf, ob auch angestellte oder verbeamtete Ärzte einen freien Beruf ausüben.244 Wirtschaftliche Selbständigkeit bedeutet nach dem Bundesverfassungsgericht, dass der Freiberufler das ganze wirtschaftliche Risiko selbst trägt und ihm niemand die Sorge um seine Existenz abnimmt.245 Ein Klinikarzt hingegen ist Angestellter bei dem jeweiligen Krankenhausträger. Seine Existenz wird durch die von dem Krankenhausträger gezahlten Vergütung für seine Tätigkeit gesichert.246 Ebenso verhält es sich bei einem angestellten Arzt in einer Praxis. Freilich trägt in diesen Fällen nicht der angestellte Arzt, sondern der Krankenhausträger oder der Praxisinhaber das Risiko der Nachfrage der Leistungen am Markt. Stellt man nun aber auf die wirtschaftliche Selbständigkeit der einzelnen Berufsausübenden ab, sind diese nicht freiberuflich tätig. Dies entspricht auch den steuer- und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der § 18 I Nr. 1 EStG und § 1 II PartGG, welche die wirtschaftliche Selbständigkeit für eine freiberufliche Tätigkeit

238 239

WPO. 240

BVerfGE 9, 338 (351); 16, 286 (294). Vergleichbare Regelungen finden sich unter anderem noch in § 57 I StBerG sowie § 43

BVerfGE 17, 232 (239). BVerfGE 60, 215 (232). 242 Zu diesem näher in diesem Teil unter C. 243 Regelungen zur Schweigepflicht finden sich im Berufsrecht unter anderem in § 9 MBOÄ; § 7 MBO-Zahnärzte; § 2 BORA. Näher zum geschützten Vertrauensverhältnis Michalski, Begriff des freien Berufes, S. 80 ff. 244 Zur wirtschaftlichen Selbständigkeit BVerfGE 9, 338 (351); 16, 286 (294); Michalski, Begriff des freien Berufes, S. 111 ff. 245 BVerfGE 16, 286 (295). 246 BVerfGE 16, 286 (295). 241

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beziehungsweise einer Partnerschaft voraussetzen.247 Einer solchen Betrachtung steht jedoch nicht entgegen, den Berufsstand des Arztes als Ganzen als freien Beruf einzuordnen. Taupitz248 stellt für die Zuordnung zu einem freien Berufsstand darauf ab, ob die charakteristischen Merkmale „üblicherweise und überwiegend bei den einzelnen Berufstätigen vorliegen und damit das Berufsbild entscheidend prägen.“ Dies hat zur Folge, dass auch bei Fehlen eines der Merkmale bei einem Berufsausübenden, dieser zwar kein Freiberufler ist, aber dennoch einem freien Beruf angehört.249 Die Einordnung nach dem Berufsstand überzeugt im Hinblick darauf, dass sich die freien Berufe aus der gesellschaftlichen Situation des frühen Liberalismus entwickelt haben und auch hier nicht auf den einzelnen Berufsangehörigen, sondern auf den Berufsstand als solchen abgestellt wurde.250 Deutlich wird dieser Gedanke auch durch die Bundesärzteordnung, welche ebenfalls auf den Berufsstand als solchen abstellt. Die Bezeichnung des ärztlichen Berufes als „seiner Natur nach“ ein freier Beruf findet sich sowohl in § 1 II 2. Hs. BÄO als auch in § 1 I MBO-Ä. Ob ein angestellter Arzt als Freiberufler im steuerrechtlichen Sinne anzusehen ist, kann für diese Arbeit dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass er einen freien Beruf ausübt und somit der entsprechenden Berufsordnung unterliegt.251

III. Das ärztliche Standesrecht Ein elementares Merkmal der freien Berufe ist die Errichtung von Berufskammern durch die Berufsangehörigen. Die als Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgestalteten Kammern verfügen über Rechtssetzungsbefugnisse und erlassen das jeweilige Standesrecht. Diesem unterliegt jeder Berufsangehörige, der im Wege der Zwangsmitgliedschaft der Kammer angehört.252 Die Durchsetzung des Standesrechts erfolgt durch die selbstständig errichtete Berufsgerichtsbarkeit.253 247

Dazu näher Michalski, Begriff des freien Berufes, S. 112 f. Standesordnungen, S. 36 f.; vgl. auch Michalski, Begriff des freien Berufes, S. 113 f. 249 Taupitz, Standesordnungen, S. 37, 47. Vgl. auch Sodan, Freie Berufe, S. 83 ff. Dem steht auch nicht die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts entgegen, dass ein Chefarzt, welcher neben seiner Tätigkeit im Krankenhaus noch eine Privatpraxis betreibt, nicht freiberuflich tätig wird. Dadurch wird ihm noch nicht die Zugehörigkeit zu einem freien Beruf abgesprochen. 250 BVerfGE 10, 354 (364). 251 Aufgrund seiner festen Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung, kommt diese Frage auch hinsichtlich des niedergelassenen Vertragsarztes auf. Da der Vertragsarzt aufgrund der freien Arztwahl des Patienten tätig werde, ordnete der Große Senat in seinem Beschluss zur Amtsträgerschaft des Vertragsarztes diesen als Freiberufler i. S. d. § 18 I Nr. 1 EStG ein, vgl. BGHSt 57, 202 (208). Näher zu der Problematik: Boecken, in: FS Maurer, S. 1091. 252 Die Mitgliedschaft zur Kammer knüpft an die Berufszugehörigkeit an, womit es sich um eine Personalkörperschaft handelt. 253 Auf die ärztliche Berufsgerichtsbarkeit soll an einer späteren Stelle der Arbeit eingegangen werden. 248

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1. Die berufsständische Selbstverwaltung Ebenso wie die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, ist auch die berufsständische Selbstverwaltung Folge einer staatlichen Aufgabenverteilung.254 Den Betroffenen werden einerseits mehr Möglichkeiten zur Gestaltung ihrer Belange eingeräumt, andererseits sollen sie auf diesem Weg aber auch der Gesellschaft ihr Fachwissen zugutekommen lassen.255 Die berufsständische Selbstverwaltung der Ärzte wird durch die Landesärztekammern ausgeübt. Diese werden aufgrund der entsprechenden Heilberufe-Kammergesetze des jeweiligen Bundeslandes errichtet.256 Da die Zulassung zum Ärzteberuf gemäß Art. 74 I Nr. 19 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt und der Bund durch Erlass der Bundesärzteordnung von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, erstreckt sich die Tätigkeit der Landesärztekammern dadurch ausschließlich auf die Berufsausübung, für welche nach dem Grundsatz der ausschließlichen Gesetzgebung gemäß Art. 70 GG den Ländern die Kompetenz zusteht.257 Freilich ist aufgrund der Ausübung von Hoheitsbefugnissen durch die Kammern gegenüber ihren Mitgliedern auch hier eine demokratische Legitimation erforderlich.258 Die Zwangsmitgliedschaft der zugehörigen Ärzte bringt demnach nicht nur Pflichten, sondern auch Mitwirkungsrechte, insbesondere in Form eines aktiven und passiven Wahlrechts der vorgesehenen Organe der Landesärztekammern mit sich.259 Eine der Hauptaufgaben der Kammern stellt die Festlegung und Überwachung der Berufspflichten dar, womit die Kammern gegenüber ihren Mitgliedern Hoheitsbefugnisse ausüben. Aus den Heilberufsgesetzen ergibt sich eine Verpflichtung der Kammern, eine Berufsordnung in Form einer Satzung zu erlassen, welche Näheres über die Berufspflichten regelt.260 Die Einhaltung der festgelegten Verhaltensstandards wird in der eigenständigen Be-

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Siehe zu dieser bereits oben Teil 2 A. III. 1. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht Bd. II, § 85 Rn. 2, § 99 Rn. 82. 256 Vgl. nur § 1 HBKG BW, welcher neben der Errichtung der Landesärztekammer noch die Errichtung der Landeszahnärztekammer, der Landestierärztekammer, der Landesapothekerkammer sowie der Landespsychotherapeutenkammer vorsieht. Im Folgenden soll nur auf das Heilberufe-Kammergesetz Baden-Württemberg eingegangen werden. 257 Art. 87 III GG sieht die Errichtung von bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts nur für Angelegenheiten vor, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, womit es sich bei der Bundesärztekammer nicht um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern um einen freiwilligen organisatorischen Zusammenschluss der Landesärztekammern handelt, welcher in der Rechtsform eines nichteingetragenen Vereins geführt wird; vgl. zur Bundesärztekammer Kern/Rehborn, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts, § 14 Rn. 23 – 27. 258 Dazu bereits oben innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung unter A. III. 2. 259 Gemäß § 17 I HBKG BW sind als Organe der Kammern zwingend vorgesehen: die Vertreterversammlung, der Vorstand, der Haushaltsausschuss, die Bezirksberufsgerichte und das Landesberufsgericht. 260 Vgl. §§ 10 Nr. 15, 31 I HBKG BW. Diese Pflicht trifft nur Kammern, deren Angehörige einen freien Beruf ausüben; vgl. dazu Sodan, Freie Berufe, S. 88. 255

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rufsgerichtsbarkeit überprüft, deren Errichtung ebenfalls den Kammern obliegt.261 Anders als in den übrigen berufsständischen Kammern, kann dadurch von einer Selbstdisziplinierung des Berufsstandes gesprochen werden.262 Neben der Disziplinierungsfunktion ist weitere Kernaufgabe der Kammer die Interessenvertretung ihrer Mitglieder und die Förderung des Berufsstands als solchem, welche in Form von Fortbildungen und Weiterbildungen erfolgen kann.263 2. Die Berufsordnung für Ärzte Regelungen zu Berufspflichten finden sich nur rudimentär in den HeilberufKammergesetzen. Gemäß § 29 HBKG BW haben Kammermitglieder die allgemeine Berufspflicht, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen in Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Weiter finden sich noch Regelungen zur Fortbildungspflicht und zur Teilnahme am Notfalldienst.264 Das Nähere über die Berufspflichten wird durch die Berufsordnung geregelt. Auch wenn die Tatbestandsvariante der „Verletzung unter heilberuflichen Pflichten“ noch im Gesetzgebungsverfahren aus dem Gesetzesentwurf genommen wurde265, fordert der heutige Straftatbestand der §§ 299a, b StGB eine Vorteilsgewährung bzw. -entgegennahme, die auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet ist. Demnach wirken die Vorschriften des Berufsrechts, insbesondere die Berufsordnung, auch in die aktuelle Fassung des Straftatbestandes ein. Um in einem späteren Teil der Arbeit die Auswirkungen eines Verstoßes gegen die Berufsordnung auf das Strafrecht erörtern zu können, soll im folgenden Teil zunächst die Rechtsnatur und die Aufgabe der Berufsordnung vorgestellt werden. a) Rechtsnatur der Berufsordnungen Die Landesärztekammern sind verpflichtet, Berufsordnungen in Form von Satzungen zu erlassen, in denen die Berufspflichten näher geregelt werden.266 Als Satzungen gehören die Berufsordnungen zum untergesetzlichem Recht und bedürfen keines formellen Gesetzgebungsverfahren.267 Sie werden vielmehr durch die Vertretersammlungen der Kammern erlassen und bedürfen der Genehmigung der

261 Vgl. § 21 HBKG BW. Auf die Berufsgerichtsbarkeit wird zugleich in diesem Teil unter B. V. eingegangen. 262 Hierzu näher Taupitz, Standesordnungen, S. 82. 263 Weitere Kammeraufgaben ergeben sich aus dem Aufgabenkatalog des § 4 HBKG BW. Zu den Aufgaben näher, Tettinger, Kammerrecht, S. 132 ff. 264 § 30 HBKG BW. 265 Dazu ausführlich in Teil 3 A. I der Arbeit. 266 §§ 10 Nr. 15, 31 HBKG BW. 267 Zur Rechtsform der Satzungen allgemein Uhle, in: Maunz/Dürig, Art. 70 GG Rn. 64.

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Aufsichtsbehörde.268 Um den Parlamentsvorbehalt zu genügen, übertragen die Heilberufe-Kammergesetze den Landesärztekammern die hierfür erforderliche Satzungsautonomie, wodurch auch hier der Gedanke der mittelbaren Staatsverwaltung zum Tragen kommt. Zum Sinn und Zweck der Satzungsautonomie führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Facharztbeschluss aus:269 „Die Verleihung von Satzungsautonomie hat ihren guten Sinn darin, gesellschaftliche Kräfte zu aktivieren, den entsprechenden gesellschaftlichen Gruppen die Regelung solcher Angelegenheiten, die sie selbst betreffen und die sie in überschaubaren Bereichen am sachkundigsten beurteilen können, eigenverantwortlich zu überlassen und dadurch den Abstand zwischen Normgeber und Normadressat zu verringern.“ Im Rahmen ihrer Satzungsautonomie können die Kammern freilich nur Satzungen mit Wirkung gegenüber ihren Mitgliedern erlassen.270 Für diese sind die von den Landesärztekammern erlassenen Berufsordnungen folglich verbindlich. Anders verhält es sich bei der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä), welche von der Bundesärztekammer beschlossen wird.271 Aufgrund ihrer Rechtsform als nichteingetragener Verein, verfügt die Bundesärztekammer über keinerlei Satzungsautonomie. Die MBO-Ä stellt demnach lediglich eine Empfehlung an die Landesärztekammern dar, die weder für die Landesärztekammern selbst, noch für deren Mitglieder verbindlich ist. Verbindlichkeit erlangt sie erst durch die Übernahme der jeweiligen Vorschriften in die Satzungen der Landesärztekammern. Sinn und Zweck der MBO-Ä ist das Erreichen und die Fortbildung einheitlicher Berufspflichten und Standesregeln.272 Größtenteils sind die Landesärztekammern bei Erlass ihrer Berufsordnungen der Empfehlung der Bundesärztekammer gefolgt. Dies gilt jedoch nicht vollumfänglich, womit sich in einzelnen Fällen doch Unterschiede in den verschiedenen Bundesländern ergeben.273 In dieser Arbeit soll auf die Berufsordnung der Ärztekammer Baden-Württemberg Bezug genommen werden, wobei wesentliche Abweichungen anderer Berufsordnungen entsprechend aufgezeigt werden.

268 § 9 II, III HBKG BW. Dabei unterliegen die Kammern nur der Rechts-, nicht aber der Fachaufsicht, vgl. dazu auch Lipp, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, II Rn. 21. 269 BVerfGE 33, 125 (156). 270 BVerfGE 10, 20 (50); 33, 125 (156). 271 Dazu Laufs, NJW 1997, 3071. Aktuelle Fassung der MBO-Ä ist derzeit die auf dem 118. Ärztetag in Frankfurt 2015 beschlossene Fassung. 272 Laufs, NJW 1997, 3071 (3072); Lipp, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, II Rn. 22. 273 Vgl. § 32 BO Niedersachsen, in welcher Abs. 2 der MBO-Ä nicht übernommen wurde. Dieser gestattet die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildungen verwendet werden. Als unangemessen gilt ein für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährter Vorteil, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht.

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b) Reichweite der Berufsordnungen Auch wenn die Satzungsautonomie der Landesärztekammern nur soweit reicht, Satzungen mit Wirkung gegenüber ihren Mitgliedern zu erlassen, haben die Vorschriften dennoch eine gewisse Reflexwirkung. Eine solche entsteht zunächst durch die Einordnung als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Für eine solche Einordnung spricht § 2 EGBGB, wonach alle Rechtsnormen Gesetze im Sinne des BGB darstellen. Allerdings ist fraglich, ob Rechtsnormen auch ein Verbotsgesetz sein können, wenn sie wie berufsständische Satzungen keinen allgemeinen Geltungsanspruch haben. Die von Teilen der Literatur vertretene Auffassung, berufsständischen Kammern fehle die Kompetenz, die zivilrechtlichen Beziehungen der Kammermitglieder zu regeln, begründet dies damit, dass das Verbotsgesetz nicht nur das Verbot als solches, sondern auch dessen Folge regle und es hierzu einer entsprechenden Kompetenz bedürfe.274 Dem wird von der Rechtsprechung und Literatur zurecht entgegengehalten, dass dies dem Wortlaut des § 134 BGB entgegensteht, welcher die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts anordnet, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Nur wenn sich aus dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes etwas anderes ergibt, hat dies nicht die nach § 134 BGB angeordnete Nichtigkeit zur Folge. Dies ist aber bei Vorschriften der Berufsordnung der Ärzte eben nicht der Fall, womit es einer entsprechenden Kompetenz der Kammern nicht bedarf. Folglich sind die Vorschriften der Berufsordnung als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anzusehen.275 Vorschriften der Berufsordnung stellen außerdem Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG dar. Erst zuletzt hat der BGH entschieden, dass Vorschriften der Berufsordnung für Zahnärzte über die unabhängige Berufsausübung eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG a. F. bzw. § 3a UWG n. F. begründen.276 Auf die Wirkung berufsrechtlicher Regelungen auf das Wettbewerbsrecht soll jedoch an dieser Stelle noch nicht näher eingegangen werden.277 c) Inhalt der Berufsordnung Bereits aus der Präambel wird deutlich, dass es sich bei der MBO-Ä um die Gesinnung der Ärzte zu ihrem Beruf handelt.278 Aus dieser ergibt sich, dass die 274 Sack/Seibl, in: Staudinger, § 134 BGB Rn. 27, 80; Taupitz, Standesordnungen, S. 1081 f.; ders. JZ 1994, 221 (226). 275 BGH NJW 1986, 2360 (2361); BayObLG NJOZ 2001, 902 (906); Scholz, in: Spickhoff, Vorb. MBO-Ä Rn. 7; Wollersheim, in: FS Steinhilper, S. 157 (159). Dies gilt freilich nur, soweit den Kammern eine öffentlich-rechtliche Rechtsetzungskompetenz zukommt, vgl. Armbrüster, in: MK-BGB, § 134 BGB Rn. 30. 276 BGH GRUR 2015, 1237. 277 Näher dazu in Teil 3 B. IV. der Arbeit. 278 Die Präambel stellt lediglich eine Einleitung der MBO-Ä dar, welcher auch durch die Übernahme in die landesrechtlichen Berufsordnungen keine Rechtsverbindlichkeit zukommt; vgl. auch Rehborn, in: Prütting, Präambel MBO-Ä Rn. 1.

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beschlossene Berufsordnung „die Überzeugung der Ärzteschaft zum Verhalten von Ärztinnen und Ärzten gegenüber den Patientinnen und Patienten, den Kolleginnen und Kollegen, den anderen Partnerinnen und Partnern im Gesundheitswesen sowie zum Verhalten in der Öffentlichkeit“ darstellt. An erster Stelle beinhaltet die Berufsordnung die allgemeine Aufgabe der Ärzte, nach welcher die Ärzte der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung dienen. § 1 MBO-Ä ist insoweit identisch mit § 1 BÄO. Weiterhin werden die allgemeinen ärztlichen Berufspflichten detailliert festgelegt. Teile der Vorschrift des § 2 MBO-Ä finden sich in verschiedenen Heilberufe-Kammergesetzen der einzelnen Bundesländer wieder.279 Darüber hinaus werden Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln festgelegt, womit das in der Präambel genannte Ziel, das Vertrauen zwischen Ärzten und Patienten zu erhalten und zu fördern, unterstützt wird. Einige der Vorschriften haben eine starke ethische Bedeutung. Deutlich erkennbar wird diese insbesondere bei dem in § 16 MBO-Ä vorgeschriebenen Beistand für Sterbende, welcher ebenfalls das strafrechtliche Verbot der Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB enthält.280 Neben den konkreten Berufsausübungspflichten findet sich im vierten Abschnitt noch das Verbot der berufswidrigen Werbung sowie Regelungen zur beruflichen Zusammenarbeit. Da für diese Arbeit insbesondere die Vorschriften des letzten Abschnittes der MBO-Ä zur „Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten“ von Bedeutung sind, soll im folgenden Teil ausschließlich auf diesen Teil eingegangen werden.

IV. Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten Die Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange sind dem Gesundheitswesen nicht völlig fremd. Wie bereits in den Grundsätzen der gesetzlichen Krankenversicherung dargestellt wurde, ist insbesondere dort ein ökonomisches Verhalten ausdrücklich erwünscht.281 Dies ergibt sich unter anderem aus § 84 IV SGB V, welcher eine Bonuszahlung der Krankenkassen an die kassenärztliche Vereinigung für den Fall vorsieht, dass die nach § 84 I Nr. 2 vereinbarten Richtgrößen für die Arzneimittelverordnung nicht ausgeschöpft worden sind. § 130a VIII SGB V gestattet explizit Rabattvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen, an denen auch Leistungserbringer und Dritte beteiligt werden können. Die genannten Vorschriften verfolgen den Zweck, den Arzt zu einem wirtschaftlichen Verordnungsverhalten in der Weise zu bewegen, dass er dem Patienten zwar ein kostengünsti-

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Insbesondere § 2 II S. 1 MBO-Ä. Vgl. nur § 27 HBKG-BW; Art. 17 HKaG Bay; § 30 HeilBerG Brb, § 27 HeilBerG Bre; § 29 HeilBerG NRW. Zur Generalpflichtenklausel in § 2 MBO-Ä näher Montgomery/Hübner/Dörfer/Kreitz/Lehmann, MedR 2015, 555 (556). 280 Dazu näher Lipp/Simon, DÄBl. 2011, A-212 (A-214). 281 Zum Wirtschaftlichkeitsgebot bereits in diesem Teil A. II. 2.

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geres, aber gleichwirksames Medikament verschreibt.282 Solche und auch andere Kooperationsformen, wie beispielsweise die sektorenübergreifende Zusammenarbeit nach §§ 115a, b SGB V, bringen für den Arzt die Gefahr mit sich, dass er die Grenzen einer gesetzlich erlaubten – und auch erwünschten – Kooperation übertritt und damit in den Bereich der unzulässigen Korruption gelangt. Trotz der Ökonomisierung des Gesundheitswesens bleibt es aber primäre Aufgabe des Arztes, sich am Wohle des Patienten zu orientieren und seine Entscheidung unabhängig von wirtschaftlichen Interessen Dritter zu treffen. Ein solches Handeln wäre bereits mit dem Wesen des Arztes als Angehöriger eines freien Berufes nicht vereinbar. Nur wenn der Patient sicher sein kann, dass die empfohlene Behandlung tatsächlich erforderlich ist und sich der Arzt bei seiner Entscheidung nicht von finanziellen Interessen Dritter leiten lässt, wird das für die Behandlung des Patienten erforderliche Grundvertrauen zwischen Arzt und Patienten entstehen.283 Freilich bestehen dennoch eigene wirtschaftliche Interessen des Arztes. Diese sind jedoch im Rahmen seiner Tätigkeit und seiner Zusammenarbeit mit anderen Leistungsinteressen nur insoweit zulässig, als sie eben im Zusammenhang mit dem ärztlichen Aufwand selbst stehen.284 Um ein solches Grundvertrauen der Patienten in die Ärzteschaft zu gewährleisten, wird in §§ 30 ff. MBO-Ä die ärztliche Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten garantiert.285 Lediglich klarstellende Funktion kommt zunächst § 30 MBO-Ä zu, welcher Ärzte verpflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patienten zu wahren.286 Zum Schutze des Patienten ist es dem Arzt nur soweit gestattet, vertragliche oder tatsächliche Bindungen mit Dritten einzugehen, als der Patient, welcher auf die ärztliche Unabhängigkeit vertraut, nicht betroffen ist.287 Dies bezieht sich sowohl auf das Sponsoring im Krankenhaus288, auf Vereinbarungen im Bereich möglicher Kongressveranstaltungen, sowie auf übrige Kooperationsformen.289 Vergleicht man die folgenden Vorschriften der MBO-Ä mit den Straftatbeständen der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen, werden einige Gemeinsamkeiten deutlich. 282

BT-Drs. 18/6446, S. 20; Bekanntmachung der BÄK Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit – Umgang mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, DÄBl. 2007 A-1607. 283 Scholz, in: Spickhoff, § 1 MBO-Ä Rn. 1; Schütze, in: FS R. Jäger, S. 539 (547). Siehe hierzu auch Bekanntmachung der BÄK Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit – Umgang mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, DÄBl. 2007 A-1607. 284 Scholz, in: Spickhoff, § 1 MBO-Ä Rn. 1; Schütze, in: FS R. Jäger, S. 539 (547). 285 Für Zahnärzte findet sich eine mit § 31 MBO-Ä vergleichbare Regelungen in den allgemeinen Berufspflichten in § 2 VII, VIII MBO. Die Musterberufsordnung für Tierärzte sieht keine vergleichbaren Regelungen vor. 286 Vgl. DÄBl. 2008 A-1980. 287 Scholz, in: Spickhoff, § 30 MBO-Ä Rn. 1. 288 Dazu näher Krüger, GesR 2015, 527. 289 Rehborn, in: Prütting, § 30 MBO-Ä Rn. 2.

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1. Unerlaubte Zuweisungen und Verordnungen nach § 31 I MBO-Ä290 Ärzte dürfen für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile weder fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren lassen, noch diese selbst versprechen oder gewähren.291 Die Norm des § 31 I BO entspricht in weiten Teilen den neuen strafrechtlichen Korruptionsvorschriften. Anknüpfend an das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt, findet sich für Vertragsärzte ein solches außerdem in dem bereits dargestellten § 73 VIII SGB V.292 Eine sozialrechtliche Regelung zum Verbot der Verordnung oder des Bezugs von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten gegen Entgelt enthält außerdem § 128 SGB V. Die berufsrechtliche Norm des § 31 I MBO-Ä dient zunächst dem Schutz des Patienten davor, dass der Arzt sich bei seinen Entscheidungen von wirtschaftlichen Interessen leiten lässt und diese nicht ausschließlich aufgrund medizinischer Erwägungen trifft.293 Nur wenn der Patient sicher sein kann, dass die empfohlene Behandlung tatsächlich erforderlich ist und sich der Arzt bei seiner Entscheidung nicht von finanziellen Interessen hat leiten lassen, wird das für die Behandlung des Patienten erforderliche Grundvertrauen zwischen Arzt und Patienten entstehen.294 Weiterhin soll durch die Vorschrift ein Schaffen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Kollegen vermieden werden.295 Um den Patienten vor einer unsachlichen Entscheidung zu schützen, unterfällt bereits jegliche Form der Zuweisung gegen Entgelt oder anderer Vorteile, welche ihren Grund nicht in der Behandlung also solche hat, dem Verbot des § 31 I MBO-Ä.296 In großen Teilen findet sich das berufsrechtliche Zuweisungsverbot gegen Entgelt in dem neuen Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB wieder. Dort hat sich der Gesetzgeber für die Verwendung des Begriffes der „Zuführung“ ent290 Die Landesärztekammer Baden-Württemberg hat den Wortlaut der Vorschriften der MBO-Ä identisch in ihre Berufsordnung übernommen, womit sie gegenüber ihren Mitgliedern verbindlich geworden sind. 291 Vgl. für Zahnärzte nur § 2 VII, VIII MBO der Bundeszahnärztekammer. In wenigen Bundesländern finden sich gesetzliche Zuweisungsverbote gegen Entgelt auch für Krankenhäusern, vgl. nur § 31a KHGG NRW. Folge des Verstoßes gegen das gesetzliche Zuweisungsverbot kann die Herausnahme des Krankenhauses aus dem Krankenhausplan sein. Dazu Dahm, MedR 2010, 597 (600). 292 BT-Drs. 17/6906 S. 56. Zu diesem bereits in diesem Teil unter A. VII. 1. 293 Entsprechendes gilt für das sozialrechtliche Zuweisungsverbot gegen Entgelt gemäß § 73 VIII SGB V. Vgl. dazu Rademacker, in: Kasseler Kommentar, § 73 Rn. 49. 294 Scholz, in: Spickhoff, § 1 MBO-Ä Rn. 1; Schütze, FS R. Jäger, S. 539 (547). Siehe hierzu auch Bekanntmachung der BÄK Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit – Umgang mit der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, DÄBl. 2007 A-1607. 295 Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 3; Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 1; Wollersheim, in: FS Steinhilper, S. 157. 296 OLG Stuttgart MedR 2007, 543 (544); Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 3.

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schieden, welcher aber dem berufsrechtlichen Begriff der „Zuweisung“ entsprechen soll.297 Unter den Begriff der Zuweisung fällt jegliche Art der Einwirkung auf den Patienten, die darauf abzielt, dessen Wahl unter den Ärzten oder anderen Leistungserbringern zu beeinflussen. Erfasst wird damit jede erfolgreiche Patientenzuführung, die durch Zuweisung, Überweisung, Verweisung oder auch Empfehlung erfolgt.298 Bekannt sind Fälle wie das Überlassen einer Patientenkartei an einen Gynäkologen, der sich im Gegenzug dazu verpflichtet, alle bei ihm anfallenden zytologischen Abstriche in einem bestimmten zytologischen Institut bearbeiten zu lassen. Das Institut wird von dem ehemals behandelnden Arzt der betroffenen Patienten betrieben. Nach seiner Praxisaufgabe verschafft dieser durch die Weitergabe seiner Patientenkartei dem Gynäkologen einen größeren Patientenstamm.299 Gegenstand gerichtlicher Entscheidung war in der Vergangenheit aber auch des Öfteren das Gewähren von Kopfgeldprämien für die Zuweisung von Patienten im prä- und postoperativen Bereich.300 Außerdem erlangt die Zusammenarbeit mit Laborgemeinschaften schon seit längerer Zeit große Aufmerksamkeit. Hierzu gehören Fälle wie die Überweisung von Patienten an eine Laborpraxis, an welcher der Arzt selber als Gesellschafter beteiligt ist301 oder aber auch das kostenlose Zurverfügungstellen von Laboreinrichtungen in der Erwartung, dass dafür Patienten für diejenigen Untersuchungen zugewiesen werden, die nur von einem Laborarzt vorgenommen werden können.302 Die Fälle haben gemeinsam, dass für die jeweilige Zuweisung ein Entgelt oder ein anderer Vorteil zumindest gefordert oder versprochen worden ist. Vom Vorteilsbegriff umfasst ist jede Leistung des Zuwendenden, auf die der Empfänger keinen durch eine Gegenleistung gedeckten Anspruch hat und die ihn materiell oder auch immateriell in seiner wirtschaftlichen Lage objektiv besserstellt.303 Dem berufsrechtlichen Vorteilsbegriff liegt damit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu-

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BT-Drs. 18/6446, S. 20. BGH NJW 2011, 2211 (2213 f.) – „Hörgeräteversorgung II“; Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 3; Wollersheim, in: FS Steinhilper, S. 157 (159). Krit. zur Erfassung der Empfehlung aber Schneider, medstra 2016, 195 (202); ders., in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (76 f.). 299 BGH NJW 1986, 2360 zu § 18 MBO-Ä a. F., der mit dem heutigen § 31 I MBO-Ä weitestgehend übereinstimmt. 300 OLG Koblenz MedR 2003, 580; OLG Schleswig NJW 2004, 1745. Vgl. dazu aber auch OLG Düsseldorf, MedR 2005, 169. 301 OLG Stuttgart MedR 2007, 543. Auf die Beteiligung an einem Unternehmen soll im strafrechtlichen Teil 4 unter F. näher eingegangen werden. 302 BGH NJW 2005, 3718. 303 BT-Drs. 18/6446 S. 17; LandesberufsG NRW MedR 2012, 69 (72); Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 5. 298

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grunde, womit er enger als der strafrechtliche Vorteilsbegriff ist.304 Unter den Vorteilsbegriff fallen somit Gewinne oder sonstige Einnahmen aus einer gesellschaftlichen Beteiligung.305 Aber auch die bloße Möglichkeit einer Beauftragung zu präund poststationären Leistungen, bei denen der Arzt nach GOÄ und nicht nach EBM abrechnen kann, wurde von der Rechtsprechung als Vorteil angesehen.306 Wie sich auch bereits anhand der Beispiele zeigen lässt, handelt es sich in den meisten Fällen um die Gewährung materieller Vorteile. Das berufsrechtliche Zuweisungsverbot setzt voraus, dass das Entgelt oder der andere Vorteil für die Zuweisung, Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten gefordert, versprochen worden oder gewährt worden ist. Ebenso wie die strafrechtlichen Korruptionsvorschriften, setzt es damit als Kernelement eine Unrechtsvereinbarung voraus. Erforderlich ist damit ein kausaler Zusammenhang zwischen der Zuweisung und der Vorteilsgewährung.307 Die Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung orientieren sich damit an denen der §§ 299 ff. StGB. Die bloße Klimapflege ist auch hier308 nicht ausreichend.309 2. Empfehlungen und Verweisungen ohne hinreichenden Grund nach § 31 II MBO-Ä § 31 II MBO-Ä untersagt grundsätzlich die Empfehlung von oder Verweisung an bestimmte Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen.310 Zulässig werden sie dann, wenn ein hinreichender Grund vorliegt oder sie auf eine konkrete Bitte des Patienten erfolgen.311 Der Vorgängervorschrift § 34 V MBO-Ä a. F. ließ sich dem Wortlaut nach lediglich ein Verweisungsverbot entnehmen. Mit der Übernahme in § 31 II MBO-Ä wurden auch Empfehlungen aus Klarstellungsgründen explizit in die neue Vorschrift aufgenom-

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Vgl. aber auch Lippert, in: Ratzel/Lippert/Prütting, vor §§ 30 MBO-Ä Rn. 4, welcher auch im Berufsrecht den strafrechtlichen Vorteilsbegriff heranzieht. Zum strafrechtlichen Vorteilsbegriff ausführlich in Teil 3 C. III. 1. der Arbeit. 305 LandesberufsG NRW MedR 2012, 69 (72). 306 OLG Düsseldorf MedR 2009, 664 (667); im Ergebnis zustimmend Rehborn, in: Prütting § 31 MBO-Ä Rn. 8; Hohmann, in: MK-StGB, § 299a StGB Rn. 21. Zum Vertragsschluss als Vorteil näher unter Teil 3 C. III. 1. c). 307 BGH NJW 2011, 2211 (2213) – „Hörgeräteversorgung II“; Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 10; Scholz, in: Spickhoff § 31 MBO-Ä Rn. 8; Wollersheim, in: FS Steinhilper, S. 157 (159). 308 Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 14. 309 Zu den Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung bei §§ 299a f. StGB wird in Teil 3 C. IV. näher eingegangen. 310 Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 19. 311 BGH NJW 2011, 2211 (2213 f.) – „Hörgeräteversorgung II“; LG Dessau-Roßlau, BeckRS 2014, 10998; Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 16.

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men, welche aber nach der Rechtsprechung schon zuvor von § 34 V MBO-Ä erfasst wurden.312 Berufswidrig ist ein Verhalten, wenn Ärzte ihre Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte andere Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen. Aufgrund der zahlreichen Anbieter im Gesundheitswesen ist der Patient zumindest in einem gewissen Rahmen auf die Fachkenntnisse des Arztes angewiesen. Dieser ist aufgrund seiner ärztlichen Fürsorgepflicht, die ihm gegenüber dem Patienten zukommt, auch verpflichtet, entsprechende sachliche Auskünfte zu erteilen.313 Dabei darf der Arzt weder seine eigenen wirtschaftlichen Interessen über die Interessen der Patienten stellen, noch darf er in den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Leistungserbringern eingreifen.314 Das Verbot der Empfehlung oder Zuweisung ohne hinreichenden Grund sichert zunächst die Unabhängigkeit der Arztes, sowie auch die Wahlfreiheit des Patienten hinsichtlich der weiteren Leistungserbringer.315 Ein hinreichender Grund liegt insbesondere vor, wenn medizinische Gründe die Verweisung oder Empfehlung erforderlich machen.316 Dazu gehört beispielsweise die Zusammenarbeit eines Orthopäden mit einem Orthopädiemechaniker, welcher die entsprechenden orthopädischen Hilfsmittel handwerklich zu fertigen hat317 oder auch die Verschreibungszuweisung an einen bestimmten Apotheker, durch die der Therapieerfolg bei einem Drogenabhängigen gesichert werden soll.318 Neben medizinischen Gründen können aber auch sachliche Gründe, wie die Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Personen319, einen hinreichenden Grund darstellen. Da die Norm aber nicht ausschließlich Patienteninteressen dient, ist allein der Wunsch des Patienten, sämtliche Leistungen aus einer Hand zu erhalten, kein hinreichender Grund im Sinne der Vorschrift.320

312 BGH NJW 2011, 2211 (2213) – „Hörgeräteversorgung II“; dazu Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 171; Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 16. 313 Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 15. 314 OLG Stuttgart NJWE-WettbR 1997, 43; Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 19; Scholz, in: Spickhoff § 31 MBO-Ä Rn. 15. 315 Zu dem gleichlautenden § 34 V MBO-Ä a. F.: BGH NJW-RR 2011, 260 (262) – „Brillenversorgung II“; NJW 2011, 2211 (2213) – „Hörgeräteversorgung II“; Rehborn, in: Prütting § 31 MBO-Ä Rn. 19. Vgl. hierzu auch Stumpf/Voigts, MedR 2009, 205 (209), welcher dem § 34 V MBO-Ä a. F. außerdem noch das Geschäftsinteresse der Krankenversicherungen, die nicht durch hohe Erstattungsansprüche geschädigt werden sollen, als geschützt ansieht. 316 Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 23b. 317 BGH NJW 1981, 2007. 318 OLG Schleswig NJW 1995, 3064 (3065). 319 BGH NJW 2000, 2745 – „Hörgerätevertrieb“. 320 BGH NJW 2009, 3582; ferner zum hinreichenden Grund: Stumpf/Voigts, MedR 2009, 205 (209 f.).

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

3. Unerlaubte Zuwendungen gemäß § 32 I MBO-Ä Für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ist es Ärzten nicht gestattet, ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Das Verbot einseitiger Zuwendungen schützt die konkrete Unabhängigkeit des jeweiligen Arztes und soll darüber hinaus dem abstrakten Vertrauen in die Freiheit und Unabhängigkeit der Ärzteschaft insgesamt dienen.321 Insoweit unterscheidet es sich auch von dem sozialrechtlichen Zuweisungsverbot gemäß § 128 Va SGB V, welches den wirtschaftlichen Interessen der Krankenkassen dient.322 Ausreichend ist bereits der „böse Schein“, welcher Zweifel an der ärztlichen Integrität weckt.323 Es bleibt aber zu berücksichtigen, dass nach dem Wortlaut zumindest erforderlich ist, dass der Eindruck erweckt „wird“. Demnach müssen Tatsachen vorliegen, die bei einem objektiven Betrachter hinreichend konkrete Zweifel dahingehend erwecken, dass durch die Zuwendung die ärztliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.324 Diesen „bösen Schein“ erwecken wohl eher Geschenke der Pharmaindustrie an Ärzte, als Geschenke von Patienten an Ärzte, welche oftmals als nachträgliches Dankeschön für die Behandlung gemacht werden. Eine Tatsache, die hinreichend konkrete Zweifel an der ärztlichen Unabhängigkeit erwecken könnte, wurde in der Vergangenheit von der Rechtsprechung aber vereinzelt auch bei Geschenken eines Patienten angenommen. Hierbei handelte es sich aber um Geschenke in einer solchen Größenordnung, die vermuten ließ, dass der Beschenkte dadurch so stark zu Dank verpflichtet sei und damit in seinen zukünftigen Entscheidungen nicht mehr frei wäre.325 Vielmehr werde er bewusst oder zumindest unbewusst die Wünsche des Schenkenden besonders berücksichtigen. Ein außenstehender Dritter, dessen Sicht im Rahmen des § 32 I MBO-Ä entscheidend ist, werde dadurch den Eindruck bekommen, dass die Freiheit und Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen im Verhältnis zu dem Schenkenden nicht mehr gewährleistet sei.326 Die Zuwendungen müssen nicht zwingend in Geld gewährt werden. Von Seiten der Pharmaindustrie sind Zuwendungen in Form von Fachbüchern327 oder verbil321

Ärztegerichtshof Saarland MedR 2011, 752 (753 f.); Scholz, in: Spickhoff § 32 MBO-Ä Rn. 1; vgl. auch Lippert, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 1, welcher allein die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen gegen Beeinflussung durch Patienten durch die Zuwendung von Geschenken oder anderen Vorteilen als Schutzgut ansieht. 322 Zum sozialrechtlichen Zuwendungsverbot bereits oben in diesem Teil unter A. VII. 323 BVerfG NJW 2011, 2636 (2637); Scholz, in: Spickhoff § 32 MBO-Ä Rn. 1. 324 Ärztegerichtshof Saarland MedR 2011, 752 (754); OVG NRW GesR 2008, 316 (317). 325 Ärztegerichtshof Saarland MedR 2011, 752 (754) – Geldgeschenk eines Patienten an einen Arzt in Höhe von 476.000 E; Ärztl. Berufsgericht Niedersachsen MedR 2013, 334 – Gewährung eines Patientendarlehens. 326 Ärztegerichtshof Saarland MedR 2011, 752 (754). 327 Finn, PharmR 2009, 481 (489).

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ligten Zeitschriftenabonnements geläufig, wobei insbesondere Spenden für das Ausrichten von Weihnachtsfeiern oder Betriebsausflügen eine große Bedeutung zukommt.328 Auch wenn die Vorschrift dem Wortlaut nach keine Geringwertigkeitsgrenze enthält, werden gewisse Geschenke kaum den Eindruck der Beeinflussung erwecken können. Die Grenze wird hier bei 50 E gezogen, wobei auch innerhalb eines bestimmten Zeitraums häufiger gewährte kleine Geschenke die Wertgrenze überschreiten können.329 Mit § 32 I S. 2 MBO-Ä wird deutlich, dass bei dem Verbot der unerlaubten Zuwendungen nicht außer Acht gelassen worden ist, dass der Arzt im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen immer mehr zum Sachwalter der Krankenkassen wird und bei seiner Berufsausübung das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten hat.330 Eine Verordnung ist demnach dann nicht berufsrechtswidrig, wenn eine sozialrechtliche Grundlage besteht, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise fordert. In diesem Zusammenhang sind Bonuszahlungen nach § 84 IV SGB V zu nennen, die den Arzt dazu veranlassen sollen, bei der Wahl zwischen zwei im Einzelfall gleichgeeigneten Arzneimitteln stets das günstigere zu wählen.331 Berufsrechtlich zulässig sind solche Verordnungen aber auch erst dann, wenn dem Arzt die Möglichkeit verbleibt, eine andere als die sozialrechtlich vorgesehene Entscheidung zu treffen. 4. Zuwendungen im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen gemäß § 32 II, III MBO-Ä Eine Ausnahme von dem Zuwendungsverbot aus Absatz 1 stellt die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe dar, deren Verwendung ausschließlich in berufsbezogenen Fortbildungen liegen darf. § 32 II MBO-Ä bezieht sich damit auf passive Fortbildungen, zu denen jeder Arzt aufgrund der in § 4 MBO-Ä normierten Fortbildungspflicht verpflichtet ist.332 Die Erforderlichkeit der Vorschrift ergibt sich aus dem Umstand, dass insbesondere die Teilnahme an internationalen Fachkongressen ohne die finanzielle Unterstützung durch Pharmaunternehmen oftmals nicht

328

Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 64 mit weiteren Beispielen. Vgl. hierzu DÄBl. 2004, A-297 (298). Zur Sozialadäquanz im Rahmen der §§ 299a, b StGB näher in Teil 3 C. IV. 2. c) der Arbeit. 330 Zur Einordnung des Vertragsarztes als Sachwalter der gesetzlichen Krankenkassen näher Schnapp, in: FS Herzberg, S. 795. 331 BT-Drs. 18/6446, S. 20. Krit. zur Bezugnahme auf das Sozialrecht Wollersheim, in: FS Steinhilper, S. 157 (160). 332 Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 8. Eine Abweichung in den Berufsordnungen findet sich allerdings in § 32 BO Niedersachsen, in welcher lediglich die Annahme von Beiträgen zur Durchführung von Veranstaltungen gem. § 32 III MBO-Ä übernommen wurde. Eine Annahme von Beiträgen, durch welche die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung finanziert werden soll, wird ausdrücklich nicht geregelt. 329

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möglich wäre.333 Der passiven Teilnahme wird das kostenlose Überlassen von Fachbüchern oder der kostenlose Zugang zu Online-Fortbildungen gleichgestellt.334 In § 32 II S. 2 MBO-Ä wird sodann auf das Äquivalenzprinzip eingegangen, welchem im Bereich der Zusammenarbeit der Pharmaindustrie zu Beteiligten im Gesundheitswesen eine große Bedeutung zukommt.335 Unangemessen ist der gewährte Vorteil dann, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht. Zu den Reisekosten gehören gemäß § 1 II BRKG unter anderem Fahrtund Flugkostenerstattung sowie Hotelkosten. Nach der Bundesärztekammer sind notwendige Reisekosten ein Bahnticket oder ein Flugticket in der Economy-Class, sowie sonstige öffentliche Verkehrsmittel oder Taxifahrten.336 Übernachtungskosten sind allein auf die für die Teilnahme an der Veranstaltung notwendigen Übernachtungen begrenzt. Eine Übernachtung in einem Luxushotel kann in der Regel nicht notwendig sein.337 Explizit darauf hingewiesen wird, dass die Übernahme von Kosten für Begleitpersonen oder ein Rahmenprogramm unzulässig ist.338 Erforderlich ist außerdem, dass der Zweck der Fortbildung im Vordergrund steht und das wissenschaftliche Programm damit mehr Zeit als bloße Freizeitaktivitäten in Anspruch nehmen muss.339 Für die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen gestattet § 32 III MBO-Ä die Annahme eines geldwerten Vorteils. Auch hier spielt wieder die Angemessenheit eine gewichtige Rolle. Insbesondere ist aber entscheidend, dass es sich bei den Veranstaltungen nicht um bloße Werbeveranstaltungen zu einem bestimmten Produkt handelt.340 Die in § 32 III S. 2 MBO-Ä vorgeschriebene Offenlegung des Sponsorings dient der Transparenz und somit der besseren Überprüfbarkeit.341 5. Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit Erhält ein Arzt ein Honorar für einen Vortrag, den er im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung als Referent gehalten hat, richtet sich die berufsrechtliche Zulässigkeit nach § 33 MBO-Ä. Neben der Vergütung einer Referententätigkeit gibt es aber weitere Fälle, in denen die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pharmaindustrie zwingend erforderlich ist. In der Vorschrift wird explizit auf Anwendungs333

Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 2 Rn. 74. Erläuterungen zu den Änderungen der MBO-Ä durch die Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetags in Kiel, S. 38; Rehborn, in: Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 7. 335 Dazu ausführlich in diesem Teil unter D. II. 4. 336 Vgl. hier wie im Folgenden Hinweise und Erläuterungen zu § 33 (a. F.) MBO-Ä in DÄBl. 2004, A-297 (298); Balzer, MedR 2004, 76 (78). 337 Balzer, MedR 2004, 76 (78); Rehborn, in: Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 7. 338 Siehe auch Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 54. 339 Rehborn, in: Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 9a; Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 10. 340 Rehborn, in: Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 9. 341 Rehborn, in: Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 10. Zu dem Transparenzgrundsatz näher in diesem Teil unter D. II. 3. 334

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beobachtungen Bezug genommen, welche auch im Regierungsentwurf zu den Vorschriften §§ 299a, b StGB ausdrücklich Erwähnung gefunden haben.342 Unabhängig davon, ob die Zusammenarbeit gesetzlich vorgesehen oder von den Beteiligten erwünscht ist, gibt § 33 MBO-Ä einen Rahmen für Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit vor. Demnach hat die Vergütung für die Leistung, die Ärzte für die Hersteller von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder die Erbringer von Heilmittelversorgung erbringen, der Leistung zu entsprechen. Auch hier wird nochmals ausdrücklich der Äquivalenzgrundsatz genannt, welcher einen entscheidenden Grundsatz bei der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen darstellt.343 Durch die Pflicht zum schriftlichen Vertragsabschluss soll es der jeweiligen Ärztekammer erleichtert werden, die vertraglichen Beziehungen nachvollziehen und überprüfen zu können.344 Die Schriftform der Verträge entspricht dem Dokumentationsgrundsatz, der sich ebenfalls in den branchenüblichen Verhaltenskodizes findet, auf die an einer späteren Stelle der Arbeit näher eingegangen werden soll.345 Die Vorschrift sieht keine Vorlagepflicht an die jeweilige Kammer vor. Verträge sind demnach nicht genehmigungspflichtig. Vielmehr „sollen“ sie nur vorgelegt werden.346

V. Ahndung berufsrechtlicher Verstöße Die Durchsetzung der Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit erfolgen durch die Berufsgerichte, welche über berufsrechtswidriges Handeln zu entscheiden haben. Durch das berufsgerichtliche Verfahren soll das einzelne Kammermitglied zur Erfüllung seiner Berufspflichten angehalten werden, sowie das Ansehen der gesamten Ärzteschaft geschützt oder gegebenenfalls auch wiederhergestellt werden.347 In einem Großteil der Bundesländer sind die Berufsgerichte bei den Verwaltungsgerichten angesiedelt.348 Nur teilweise finden sich die Berufsgerichte auch bei den ordentlichen Gerichten wieder.349 Als eines der wenigen Bundesländer sieht Baden-Württemberg eine Errichtung in Trägerschaft der Kammer 342

BT-Drs. 18/6446, S. 19. Zu diesen näher in Teil 4 A. der Arbeit. Dazu ausführlich im Rahmen des FSA-Kodex in diesem Teil unter D. II. 4. 344 Scholz, in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 4. 345 Zu diesen in diesem Teil unter D. II. 2. 346 Einige Ärztekammern haben diese Regelung verändert in ihre Berufsordnung aufgenommen, womit Verträge „auf Verlangen der Kammer vorzulegen“ sind. Vgl. nur § 33 BO Bayern; § 33 BO Sachsen; § 33 Thüringen BO; s. aber auch § 33 BO Berlin, welche die Regelung gänzlich gestrichen hat. 347 Nolting, in: Der Arzt im Wirtschaftsstrafrecht, S. 42; Scholz, in: Spickhoff, Vorb. MBOÄ, Rn. 6. 348 Vgl. § 60 I HeilBerG BB; § 68 I BlnHKG; § 66 I HeilBerG HB; § 51 HeilBerG HE; § 5 III HBG HH; § 65 HeilBerG MV; § 61 HeilBerG NRW; § 59 HeilBerG RP; § 59 HBKG SH; § 49 KGHB SA, § 49 HeilBG Th. 349 Vgl. Art. 68 II HKaG BY; § 62 II HKaG SN. 343

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

vor.350 Soweit in personeller Hinsicht eine ausreichende Bindung an den Staat gegeben ist, gehören zu den staatlichen Gerichten auch solche, die in mittelbarer Trägerschaft des Staates stehen.351 Einer Errichtung in Trägerschaft der Kammern steht daher auch Art. 92 GG nicht entgegen, der eine rechtsprechende Gewalt durch staatliche Gerichte vorsieht. Der Ablauf des berufsgerichtlichen Verfahrens richtet sich nach der jeweiligen Berufsgerichtsordnung, welche von den hierfür zuständigen Ministerien erlassen wird.352 Dabei orientiert sich das Verfahren in großen Teilen am Strafverfahren. Vergleichbar mit dem dort bestehenden Ermittlungsverfahren, erforscht der Kammeranwalt zunächst den Sachverhalt und prüft, ob Klage zu erheben ist, wenn er von einer berufsunwürdigen Handlung Kenntnis erlangt.353 Bei dem Kammeranwalt handelt es sich nicht um ein Kammermitglied, sondern um einen Rechtskundigen, der die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst hat.354 Dieser ist bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.355 Kommt er nach den Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass die Ermittlungen genügend Anlass zur Erhebung der berufsgerichtlichen Klage bieten, erhebt er Anklage beim zuständigen Gericht. Andernfalls stellt der Kammeranwalt das Verfahren im Einvernehmen mit dem Kammervorsitzenden ein.356 Vergleichbar mit dem Zwischenverfahren im Strafverfahren, überprüft das Gericht im Falle einer Anklage, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht und verfügt die Verweisung zur Hauptverhandlung.357 Die Hauptverhandlung wird in erster Instanz vor den Bezirksberufsgerichten geführt, deren Spruchkörper mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern besetzt sind. Da beide Beisitzer Kammermitglieder sind, wirken auch Berufsangehörige bei der Entscheidung mit.358 Zum Vorsitzenden kann jedoch nur ein auf Lebenszeit ernannter Richter bestellt werden.359 Die Hauptverhandlung wird mit Urteil abgeschlossen. Als entscheidendes Element in der Instanz des berufsgerichtlichen Verfahrens, können die Berufsangehörigen den Berufsrichter bei 350

Vgl. § 21 HBKG BW; § 67 HKG NI; § 34 I HKG SL. BVerfGE 10, 200 (215) – unter Heranziehung von Art. 103 WRV; zur Errichtung von Gemeindegerichten: BVerfGE 14, 56 (66); zur Errichtung von ärztlichen Berufsgerichten insbesondere BVerfGE 18, 241 (253 f.); sowie BVerfGE 26, 186 (194 f.); 48, 300 (315 f.); Hillgruber, in: Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 85; Willems, Verfahren vor den Heilberufsgerichten, Rn. 21. 352 Gemäß § 55 IV HBKG BW sind das in Baden-Württemberg das Ministerium für Soziales und das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum im Benehmen mit dem Justizministerium. 353 § 20 BerGerOÄ BW. 354 § 8 BerGerOÄ BW. 355 Scholz, GuP 2013, 81 (82). 356 § 23 I, II BerGerOÄ BW. 357 § 33 BerGerOÄ BW. 358 Zum Wahlverfahren der ehrenamtlichen Richter: Willems, Verfahren vor den Heilberufsgerichten, Rn. 48 ff. 359 § 21 I, II HBKG BW. 351

C. Das Heilmittelwerberecht

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der Urteilsfindung überstimmen.360 Das Urteil kann auf eine berufsgerichtliche Strafe, einen Freispruch oder auf Einstellung des Verfahrens lauten.361 Die Strafe kann in Form von Warnungen, Verweisen, Geldbußen bis zu einer Höhe von 50.000 E, die Aberkennung der Mitgliedschaft in den Organen der Kammer sowie der Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts in dieser verhängt werden.362 Da das Ruhen oder die Entziehung der Approbation die Berufszulassung betreffen und somit in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen (Art. 74 Nr. 19 GG), können diese durch das Berufsgericht nicht angeordnet werden. Zuständig hierfür ist die Approbationsbehörde. Letztendlich sind berufsgerichtliche Verfahren jedoch selten erfolgsversprechend, da die Kammeranwälte nur über sehr eingeschränkte Ermittlungsbefugnisse verfügen. So fehlt es an einer Möglichkeit zur Durchsuchung oder zur Beschlagnahme, wie sie in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vorgesehen ist. Dadurch ist der Nachweis eines berufswidrigen Verhaltens in der Praxis deutlich erschwert.363

C. Das Heilmittelwerberecht Die eben dargestellten Vorschriften haben nur einen begrenzten Adressatenkreis. Werden entsprechende Verhaltensnormen durch das SGB V vorgegeben, binden diese nur die Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Berufsrecht wiederum erstreckt sich zumindest unmittelbar nur auf Ärzte als Kammerangehörige. Daneben gibt es jedoch noch zahlreiche andere Akteure, die auf dem Gesundheitsmarkt agieren. Einem Teil dieser Marktteilnehmer setzt das Heilmittelwerbegesetz gewisse Schranken.

I. Aufgabe des Heilmittelwerbegesetzes Zur Absatzsteigerung müssen Hersteller ihre Waren stets in irgendeiner Art und Weise auf dem Markt präsentieren. Nichts Anderes gilt für Arzneimittelhersteller, die ihre neuen Produkte ebenfalls dem Verbraucher anpreisen möchten. Freilich ist ihnen das im Rahmen ihrer Berufsausübung zunächst auch gestattet. Allerdings handelt es sich bei Arzneimitteln in vielen Fällen um Produkte, die ein potentielles Gesundheitsrisiko bei der Anwendung mit sich bringen. Stellt man auf einen durchschnittlichen Verbraucher ab, der über keinerlei medizinische Fachkenntnisse verfügt, ist das Anwendungsrisiko von diesem kaum zu überblicken. Insbesondere kranke Menschen, welche die eigentliche Zielgruppe der Heilmittelwerbung sind, 360 361 362 363

Willems, Verfahren vor den Heilberufsgerichten, Rn. 77 m. w. N. § 38 II BerGerOÄ BW. Vgl. § 58 HBKG BW. Braun, MedR 2013, 277 (282). Hierzu ausführlich in Teil 3 A. IV. 2. b).

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

werden die Werbung nicht mit dem nötigen Maße hinterfragen, sondern eine möglicherweise schädigende Eigentherapie vornehmen.364 In erster Linie schützt das Gesetz den Einzelnen und die Allgemeinheit vor dieser unsachgemäßen Selbstmedikation, die gewisse Gesundheitsgefahren mit sich bringt.365 Neben dem Schutz der Gesundheit dient das Gesetz aber auch der wirtschaftlichen Übervorteilung besonders schutzbedürftiger Personen. Der Werbung ist eine übertriebene, marktschreierische Art und Weise immanent, die insbesondere kranke und ältere Menschen zu Fehlentscheidungen beim Gebrauch von Arzneimitteln oder der Verwendung anderer Mittel zur Beseitigung oder Linderung von Krankheiten verleiten kann.366 Das Heilmittelwerbegesetz setzt demnach den Herstellern von Arzneimitteln, Medizinprodukten und den in § 1 I Nr. 2 HWG sonstigen genannten Mitteln bei der Werbung gewisse Schranken, die über die Schranken des UWG hinausgehen. Zur Anwendung kommt es nur bei produktbezogener Werbung, wobei ausreichend ist, wenn es sich um einen Produktbezug zu einem umfassenden Sortiment der Arznei-, Heil-, Hilfsmittel oder Medizinprodukte handelt. Die bloße Imagewerbung eines Herstellers ist hingegen nicht erfasst.367 Liegt ein Verstoß gegen die Normen des Heilmittelwerbegesetzes vor, ist gleichzeitig ein Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG gegeben.368 Die Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb bleiben gemäß § 17 HWG unberührt.

II. Verbot von unentgeltlichen Zuwendungen gemäß § 7 HWG Ein grundsätzliches Verbot von unentgeltlichen Zuwendungen enthält § 7 HWG, der es als unzulässig erklärt, Zuwendungen und sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen. Das Verbot des § 7 HWG richtet sich demnach nicht nur an die Hersteller, die ihre Produkte auf dem Markt bewerben wollen, sondern auch an Ärzte, Tierärzte, Apotheker oder weitere Angehörige der Fachkreise gemäß § 2 HWG, welche solche Zuwendungen annehmen. Das generelle Werbeverbot bezweckt die Wertreklame im Arzneimittelbereich weitestgehend einzudämmen, um die abstrakte Gefahr einer

364

Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Vor. HWG Rn. 36. BT-Drs. IV/1867 S.5; BVerfG GRUR 2007, 720 (721); BGH NJW-RR 2003, 478 (479); GRUR 1981 435 (436); Zimmermann, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 28 Rn. 7. 366 BVerfG 2007, 720 (721); BGH NJW-RR 2003, 478 (479); GRUR 1981, 435 (436). 367 BGH NJW-RR 2010, 397 (398); Finn, PharmR 2009, 481 (482 f.). Krit. zu diesem engen Verständnis Buchner, FS AG Medizinrecht, S. 841 (844 f.). Näher zur Imagewerbung auch Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 1 HWG Rn. 22. 368 BGH GRUR 2017, 635 (637); GRUR 2009, 1082 (1084); GRUR 2006, 949 (952); Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Vor. HWG Rn. 36. 365

C. Das Heilmittelwerberecht

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unsachlichen Beeinflussung zu vermeiden.369 Hierbei sollte aber berücksichtigt werden, dass Werbeadressaten sowohl Endverbraucher als auch Angehörige der Fachkreise sind. Wann eine unsachliche Beeinflussung vorliegt, ist demnach abhängig vom jeweiligen Adressaten zu beurteilen.370 Angehörige der Fachkreise sollen durch die Zuwendungen erst gar nicht in die Versuchung geführt werden, dass diese einen Einfluss auf ihr Verordnungsverhalten nehmen.371 Eine unsachliche Beeinflussung kann allerdings nur entstehen, wenn der Empfänger die unentgeltliche Zuwendung im Zusammenhang mit bestimmten Arzneimitteln setzt und deren Herstellern zurechnet.372 Weiterhin setzt eine relevante Beeinflussung voraus, dass die Zuwendung einen gewissen Wert hat, durch den sich der Empfänger überhaupt beeinflussen lässt. Demnach sind von dem Zuwendungsverbot gemäß § 7 I Nr. 1 HWG Gegenstände von geringem Wert ausgeschlossen, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produkts gekennzeichnet sind. Ist eine solche Kennzeichnung nicht vorhanden, sind zumindest geringwertige Kleinigkeiten von dem Zuwendungsverbot ausgeschlossen. Eine Grenze der Geringwertigkeit enthält das Gesetz nicht. Sie ist jedoch so niedrig anzusetzen, dass eine unsachliche Beeinflussung durch die Werbegabe als ausgeschlossen erscheint.373 Entscheidend für die Einordnung als geringwertig ist nicht der Herstellungswert, sondern der Gebrauchswert für den Empfänger.374 Daher wurden als Gegenstand von geringem Wert unter anderem Taschenkalender375 sowie Zündholzbriefe376 angesehen.377 Geringwertigen Kleinigkeiten, die über keine Werbeaufdrucke verfügen, ist immanent, dass es sich um Waren oder Dienstleistungen handelt, die auch ohne Werbebezeichnung von niemanden, auch nicht von den Käufern, die nur über geringe Mittel verfügen, wirtschaftlich sonderlich geachtet werden.378 Im „RezeptBonus“-Urteil hat der BGH eine eindeutige Wertgrenze von einem Euro festgesetzt. Hier hatte eine Internetversandapotheke bei jedem Einlösen eines Rezeptes einen Kundenbonus von 1,50 E auf 369

BGH GRUR 2012, 1279 (1280); GRUR 1990, 1041 (1042); anders hingegen das OLG Frankfurt, welches in § 7 HWG ein konkretes Gefährdungsdelikt sieht, GRUR-RR 2008, 306. 370 BGH GRUR 2012, 1279 (1282); Bülow, in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, § 7 HWG Rn. 86; Mand, GRUR 2016, 556 f. 371 BGH GRUR 2012, 1279 (1282); Mand, GRUR 2016, 556 f. 372 BGH GRUR 1990, 1041 (1042); OLG Hamburg GRUR 1979, 726 (727). 373 BGH GRUR 2010, 1136 (1138); OLG Oldenburg WRP 2006, 913 (915); Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 7 HWG Rn. 23. 374 BGH GRUR 2012, 1279; M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 7 HWG Rn. 11; Fritzsche in Spickhoff, § 7 HWG Rn. 17. 375 LG Hamburg WRP 1983, 583 (584). 376 OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 496. 377 Dazu auch Brixius, in: Bülow/Ring/Artz/Brixius, § 7 HWG Rn. 81 mit weiteren Beispielen. 378 BGHZ 11, 260 (268); OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 496 (497); Brixius, in: Bülow/ Ring/Artz/Brixius, § 7 HWG Rn. 87.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

jedes verschreibungspflichtige Medikament gewährt.379 Freilich ist demnach auch die Erstattung der früher bestehenden Praxisgebühr in Höhe von 10 Euro durch einen Augenoptiker oder Hörgeräteakustiker nicht mehr als geringwertige Kleinigkeit anzusehen.380 Nr. 2 gestattet Zuwendungen in Form von Natural- und Geldrabatten. Allerdings sind Geldrabatte dann unzulässig, wenn sie entgegen Preisvorschriften des AMGs gewährt werden. Naturalrabatte schließt das Gesetz außerdem für apothekenpflichtige Arzneimittel aus, womit weitestgehend ein Ausschluss für diese Form der Rabatte bei Arzneimitteln besteht.381 Ein Verstoß gegen das Verbot von Werbegaben des Heilmittelwerbegesetzes stellt gemäß § 15 I HWG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 E geahndet werden.382

D. Verhaltenskodizes An verschiedenen Stellen der eben vorgestellten Regelungswerke finden sich Vorschriften zur konkreten Ausgestaltung der Kooperationsformen. Trotzdem bleiben diese häufig dem Verdacht der Korruption ausgesetzt. Schon seit geraumer Zeit versuchen verschiedene Verbände der Beteiligten diesem Generalverdacht im Wege der freiwilligen Selbstkontrolle durch den Erlass von Kodizes und Leitlinien entgegenzuwirken.

I. Aufgabe der Verhaltenskodizes Der Vorwurf der Korruption kann für ein Unternehmen nicht nur strafrechtliche Folgen haben, sondern auch zu einem Ansehensverlust des Unternehmens auf dem Markt und damit auch zu Wettbewerbsnachteilen führen. Wird der Verdacht der Korruption gegen das Management des Unternehmens erhoben, erfordert insbesondere die Verteidigung erhebliche finanzielle und zeitliche Aufwendungen.383 Unternehmen haben daher ein nicht nur unerhebliches eigenes Interesse daran, korruptive Verhaltensweisen zu vermeiden. Allerdings bestehen enorme Unsicherheiten über die Zulässigkeit bestimmter Kooperationsformen, weshalb die Verhal-

379

BGH MMR, 2014, 254 (255). OLG Stuttgart NJW 2005, 227 (228); LG Coburg GRUR-RR 2005, 65 (66). 381 Fritzsche, in: Spickhoff, § 7 HWG Rn. 24. 382 Dazu näher in Teil 3 A. IV. 2. d). 383 Dieners, JZ 1998, 181 (182). Dazu auch Taschke/Schoop, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 21 Rn. 11. 380

D. Verhaltenskodizes

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tenskodizes an verschiedenen Stellen über die Anforderungen der Strafvorschriften hinausgehen.384 Der bekannteste Verhaltenskodex ist der FSA-Kodex zur Zusammenarbeit mit Fachkreisen, welcher von dem Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.“ erlassen wurde.385 Er geht insbesondere insoweit über die früher erlassenen Kodizes hinaus, als die Vorschriften nicht nur eine bloße Empfehlung an die ihm angehörigen Mitglieder darstellen, sondern für sie verbindliche Regelungen enthalten.386

II. Grundsätze der Zusammenarbeit Die zahlreich erlassenen Kodizes divergieren in verschiedenen Punkten, allerdings lassen sich aus allen vier Grundprinzipien der Zusammenarbeit entnehmen. Bei bestimmten Kooperationsformen sind diese Prinzipien teilweise schon in einem Gesetz geregelt.387 Die aufgestellten Grundsätze orientieren sich aber insbesondere an der Rechtsprechung, die eine Unrechtsvereinbarung stets im Wege einer Einzelfallbetrachtung prüft und hierzu entsprechende Indizien heranzieht.388 Diese von der Rechtsprechung lediglich als bloße Indizien angesehenen Merkmale, welche auch entkräftet werden können, werden im Rahmen des FSA-Kodexes zu einer Tatbestandsvoraussetzung, deren Nichteinhalten zu einem Verstoß führt. Die Vorschriften zur Zusammenarbeit mit Angehörigen des Fachkreises finden sich im vierten Abschnitt des FSA-Kodexes. Die Regelungen betreffen unter anderem die Durchführung von nicht interventionellen Studien389, Einladungen zur Fortbildungsveranstaltungen390 sowie das Gewähren von Geschenken391 und anderer Zuwendungen. Allen Bereichen ist immanent, dass ihnen der Grundsatz der Trennung, der Dokumentation, der Transparenz sowie der Äquivalenz zugrunde liegt.

384 Kuhlen, in: FS Hassemer, S. 875 (889). Als „überobligatorisch“ auch bezeichnet von Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 138. 385 Der FSA-Kodex ist im Jahre 2004 erstmalig in Kraft getreten. Zum jetzigen Zeitpunkt gehören dem Verein 55 Pharmaunternehmen an. Im Folgenden soll auf die Vorschriften dieses Kodexes Bezug genommen werden. Einen Überblick über weitere Kodizes bietet Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 68 ff. 386 Näher hierzu § 1 I FSA-Kodex. Siehe zu den vorherig erlassenen Empfehlungen Kuhlen, in: FS Hassemer, S. 875 (880 f.). 387 Exemplarisch ist hier für Anwendungsbeobachtungen § 67 VI S. 3 ff. AMG zu nennen. 388 Zur Drittmitteleinwerbung BGHSt 47, 295 (309 f.). 389 § 19 FSA-Kodex. 390 § 20 FSA-Kodex. Zur Regelung der Fortbildungsveranstaltungen durch § 20, näher Geiger, PharmR 2007, 316 (317 f.). 391 § 21 FSA-Kodex.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

1. Trennungsgrundsatz Zu Beginn des Abschnittes findet sich in § 17 des Kodexes der Trennungsgrundsatz. Unzulässig ist es, Angehörigen der Fachkreise oder Dritten für die Verordnung und die Anwendung eines Arzneimittels oder die Empfehlung eines Arzneimittels gegenüber dem Patienten ein Entgelt oder einen sonstigen geldwerten Vorteil anzubieten, zu gewähren oder zu versprechen. Gewährte Zuwendungen dürfen folglich in keinerlei Abhängigkeitsverhältnis zum Verordnungs- oder Therapieverhalten stehen.392 Die Vorschrift ähnelt im Aufbau den strafrechtlichen Bestechungstatbeständen sowie dem berufsrechtlichen Verbot der unerlaubten Zuweisung gemäß § 31 I MBO-Ä. Sie stellt das Gegenstück zur Unrechtsvereinbarung als Kernelement der strafrechtlichen Bestechungsdelikte dar393, wobei auch hier spiegelbildlich zu den Bestechungsdelikten im Amt gemäß §§ 331 ff. StGB bereits eine gelockerte Unrechtsvereinbarung vermieden werden soll.394 Zur Vermeidung des bloßen Anscheins wird empfohlen, keine Zuwendungen zu gewähren oder anzunehmen, die privaten Zwecken dienen.395 In Fällen, in denen der Vorteilsempfänger auch für Beschaffungsentscheidungen zuständig ist, wird es oftmals schwierig, dem Trennungsgrundsatz gerecht zu werden. Daher wird auch empfohlen, eine personelle Trennung zwischen dem für den Einkauf zuständigen Personal und den für die Verordnung zuständigen Personen vorzunehmen.396 Insbesondere im Bereich der Drittmitteleinwerbung, ist eine personelle Trennung jedoch praktisch kaum möglich.397 In den meisten Fällen ist der Arzt in der medizinischen Forschung sowohl für die Einwerbung von Drittmitteln als auch für die Auswahl und Beschaffung der medizinischen Geräte verantwortlich. Um diesem Defizit gerecht zu werden, wird von der Rechtsprechung die exakte Einhaltung der für die Einwerbung von Drittmitteln geltenden hochschulrechtlichen Verfahrensbestimmungen verlangt, welche als Gegenindiz für das Vorliegen einer strafrechtlichen Unrechtsvereinbarung angesehen wird. Für eine entsprechende Überprüfung bedarf es daher einer größtmöglichen Transparenz gegenüber der Klinikverwaltung.398

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Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 5 Rn. 2; Ulsenheimer, in: Laufs/Kern/ Rehborn, Hdb. d. Arztrechts, § 162 Rn. 174; Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 55. 393 Leipold, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 50 Rn. 25. 394 BGHSt 47, 295 (309); 49, 275 (281 f.) zu § 331 StGB; Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 55. 395 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 5 Rn. 2. 396 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 234. 397 Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 149; Verrel, MedR 2003, 319 (325). 398 BGHSt 47, 295 (310); vgl. auch Korte, in: MK-StGB § 331 StGB Rn. 149, welcher das Trennungsprinzip im Bereich der Drittmitteleinwerbung auf die Zuständigkeit für die Einwerbung, die Genehmigung der Einwerbung und die abschließende Beschaffung überträgt.

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2. Dokumentationsgrundsatz Der Dokumentationsgrundsatz findet sich bei den allgemeinen Regelungen zur vertraglichen Zusammenarbeit in § 18 FSA-Kodex. Er besagt, dass die zu erbringende Leistung und die dafür geschuldete Vergütung der Vertragspartner in einem Vertrag schriftlich festzuhalten sind. Weiterhin trifft das Unternehmen eine Dokumentationspflicht über das Vertragsverhältnis und die erbrachten Leistungen. Die wesentlichen Dokumente sind mindestens über einen Zeitraum von einem Jahr aufzubewahren.399 Eine Pflicht zur Dokumentation findet sich auch in anderen Regelungswerken, wie beispielsweise in § 33 S. 2 MBO-Ä, welcher einen schriftlichen Abschluss von Verträgen über die Zusammenarbeit von Ärzten und der Pharmaindustrie fordert. Durch die Einhaltung des Dokumentationsgrundsatzes soll es ermöglicht werden, entsprechende Vertragsbeziehungen nachvollziehen zu können sowie überprüfen zu können, ob entsprechende Vorschriften eingehalten worden sind.400 3. Transparenzgrundsatz Entsprechende Verträge und Zuwendungen sind nicht nur zu dokumentieren, sondern auch offenzulegen. Vorschriften zum Grundsatz der Transparenz finden sich im eigenständig erlassenen FSA-Kodex zur Transparenz. Dieser schreibt vor, dass alle geldwerten Leistungen auf einer öffentlich zugänglichen Website offenzulegen sind, die im Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung, Spenden, Fortbildungsveranstaltungen oder Dienstleistungs- und Beratungshonoraren stehen.401 Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung sind nach § 19 II Nr. 11 FSA-Kodex im Internet zur Verfügung zu stellen. Der Veröffentlichung kommt eine Informationsfunktion gegenüber der Öffentlichkeit zu, wobei sie aber auch zugleich eine wissenschaftliche Diskussion über das Ergebnis ermöglicht.402 Freilich dient der Transparenzgrundsatz in erster Linie aber der Korruptionsprävention. Korruptiven Absprachen ist stets ein gewisses Maß an Heimlichkeit immanent, womit bei fehlender Transparenz schnell der Verdacht der Korruption aufkommen kann.403 Weitergehend erleichtert der Transparenzgrundsatz aber auch die Einhaltung dienstrechtlicher Vorschriften.404 Diese fordern zumindest bei Klinikärzten, entsprechende 399

Vgl. § 18 I Nr. 1, 5 FSA-Kodex. Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 234; Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 5 Rn. 7; Leipold, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 50 Rn. 27. 401 Vgl. §§ 6, 11 FSA-Kodex-Transparenz. 402 Broch, PharmR 2016, 314 (317); Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (352). 403 Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 C Rn. 382. 404 Vgl. auch Taschke/Schoop, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 21 Rn. 8, welche keine Unterscheidung zwischen dem Transparenz- und Genehmigungsprinzip vornehmen und dieses nur auf Klinikärzte, nicht aber niedergelassene Vertragsärzte anwenden möchten. Zumindest im Rahmen der FSA-Kodizes ist dies jedoch nicht überzeugend, da der Transparenzkodex ins400

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

Berater- oder Referentenverträge als Nebentätigkeit gegenüber dem Dienstherrn nicht nur anzuzeigen, sondern gegebenenfalls auch genehmigen zu lassen.405 Indem die entsprechenden Verträge von dem Dienstherrn geprüft werden, kann zumindest der Verdacht minimiert werden, dass eine unzulässige Einflussnahme erfolgt.406 Einzelnen Ärzten ist es daher auch nicht mehr möglich, ohne Wissen der Dienstherrn oder der Klinikverwaltung Verträge mit der Industrie abzuschließen, welche einen solchen Eindruck erwecken könnten.407 Insbesondere schließt die Genehmigung des Dienstherrn zumindest im Rahmen der §§ 331, 333 StGB eine Strafbarkeit aus. Im Bereich der Drittmitteleinwerbung kompensieren der Grundsatz der Transparenz und die dadurch ermöglichte Überprüfung hochschul- und drittmittelrechtlicher Vorschriften, die Auflockerung des Trennungsgrundsatzes.408 Gesetzlich verankert ist der Gedanke der Transparenz in § 67 VI AMG für Anwendungsbeobachtungen. Deren Durchführung ist gegenüber der zuständen Bundesbehörde, der Kassenärztlichen Vereinigung, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie dem Verband der Privaten Krankenversicherung detailliert anzuzeigen. Werden Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht, sind zusätzlich die Art und die Höhe der tatsächlich geleisteten Entschädigungen anzugeben. Die übermittelten Informationen ermöglichen es den zuständigen Behörden, die Angemessenheit der Vergütung nachvollziehen zu können und so eine Beeinflussung auf das Verschreibungsverhalten des Arztes durch unangemessene Vergütungen zu verhindern.409 Weitergehend wird Ärzten gemäß § 33 II MBO-Ä standesrechtlich zumindest empfohlen, entsprechende Verträge über die Zusammenarbeit der jeweiligen Ärztekammer vorzulegen.410 Im Bereich des Fortbildungssponsorings sieht § 32 III MBO-Ä ausdrücklich vor, dass das Sponsoring, dessen Bedingungen und Umfang bei Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offen zu legen sind. 4. Äquivalenzgrundsatz – Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung In Hinblick auf die berufs- und strafrechtlichen Korruptionsvorschriften stellt der Äquivalenzgrundsatz den bedeutsamsten Grundsatz im Bereich der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Ärzteschaft dar. Der Grundsatz setzt voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen. besondere auch die Unternehmen verpflichtet, entsprechende Zuwendungen offenzulegen, vgl. § 6 FSA-Transparenzkodex. 405 §§ 62, 63 LBG BW. 406 Dieners/Klümper/Oeben, in: Dieners/Reese, § 12 Rn. 38; Leipold, in: Hauschka/ Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 50 Rn. 26. 407 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 5 Rn. 4. 408 BGHSt 47, 295 (309). 409 Broch, PharmR 2016, 314 (317). 410 Vgl. dazu Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 70 f., welcher aufgrund einer möglichen Straflosigkeit empfiehlt, die Verträge immer der Kammer vorzulegen.

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Das Vereinbaren einer angemessenen Vergütung soll gewährleisten, dass die Vergütung nur für die vertraglich erbrachte Leistung und nicht für ein Verordnungsverhalten des Arztes erbracht wird.411 Der Ausdruck der Angemessenheit findet sich in zahlreichen Vorschriften des FSA-Kodexes. Allgemein regelt § 18 I Nr. 6 FSAKodex, dass die Vergütung nur in Geld bestehen darf und zur erbrachten Leistung in einem angemessenen Verhältnis stehen muss.412 Einen Anhaltspunkt für die Beurteilung einer angemessenen Vergütung stellt nach dem FSA-Kodex die Gebührenordnung für Ärzte dar. Gesetzliche Regelungen zur Angemessenheit der Vergütung finden sich auch hier wieder bei der Anwendungsbeobachtung, wofür § 67 III S. 3 AMG vorschreibt, dass die Vergütung so zu bemessen ist, dass kein Anreiz zur Verordnung des Arzneimittels entsteht. Allgemeiner gibt die Berufsordnung in § 33 S. 1 für die vertragliche Zusammenarbeit vor, dass die bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen muss. 5. Sonstige Prinzipien Über diese dargestellten Grundsätze hinaus finden sich noch weitere Prinzipien zur Zusammenarbeit im Gesundheitswesen.413 Vollständigkeitshalber erwähnt sei an dieser Stelle noch das Prinzip der Erforderlichkeit, nach welchem eine Kooperation nur dann eingegangen werden soll, wenn sie tatsächlich erforderlich ist. Badle stellt hierzu das Beispiel auf, dass ein Operateur als Honorararzt in einer Klinik zu einem angemessenen Entgelt angestellt wird, es sich aber später herausstellt, dass die Klinik auch über ausreichend eigene Ressourcen verfügt hätte.414 Der FSA-Kodex regelt das Prinzip nur ansatzweise in § 18 I Nr. 4 FSA-Kodex, wonach die Anzahl der beauftragten Vertragspartner nicht größer sein darf als die für die Erfüllung der vorgesehenen Aufgaben vernünftiger Weise erforderliche Zahl. Das Prinzip der Erforderlichkeit findet aber immer mehr in der Gestalt Berücksichtigung, dass für eine Zusammenarbeit mit der Industrie oftmals eine sachlicher Grund gefordert wird.415

411 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 234. Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 5 Rn. 6. Auf die Angemessenheit der Vergütung soll im Rahmen der Fallkonstellationen in Teil 4 noch näher eingegangen werden. 412 Vgl. auch § 19 II Nr. 7 explizit für Anwendungsbeobachtungen. Wesentliche Bedeutung kommt der Angemessenheit auch bei einseitigen Zuwendungen wie den Fortbildungsveranstaltungen zu (§ 20 II, III, IV, V). 413 Zu weiteren Prinzipien noch Ulsenheimer, in: Laufs/Uhlenbruck/Rehborn, § 152 Rn. 130 – 132, welcher das Prinzip der Bargeldlosigkeit, der Kontendistanz sowie der Fremdnützigkeit anspricht. 414 Badle, medstra 2017, 1 f.; krit. dazu Jäger, MedR 2017, 694 (700 f.). An einer späteren Stelle der Arbeit wird sich zeigen, dass die Erforderlichkeit für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung von Bedeutung sein kann, s. dazu Teil 4. 415 Vgl. nur Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 247 für Beratungsleistungen; für Anwendungsbeobachtungen ausführlich in Teil 4 A. I. der Arbeit.

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Teil 2: Außerstrafrechtliche Vorschriften des Gesundheitswesens

III. Ahndung von Verstößen gegen den FSA-Kodex Verstöße gegen die Kodizes werden durch die eigens eingerichteten Vereinsgerichte verfolgt und sanktioniert. Zuständig sind dort angesiedelte Spruchkörper, welche erstinstanzlich von einer Person besetzt sind, die durch den Vorstand betraut worden ist und über die Befähigung zum Richteramt verfügt.416 Der Spruchkörper zweiter Instanz ist mit dem Vorsitzenden und mindestens acht, aber höchstens zwölf, weiteren Personen besetzt. In der zweiten Instanz erhalten die Vertreter der Ärzteschaft und der Patienten zusammen mit dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, die Mehrheit gegenüber den Unternehmensangehörigen.417 Erstinstanzlich können die Spruchkörper Geldstrafen von 5.000 bis zu 200.000 E gegen Unternehmen verhängen.418 In zweiter Instanz können Geldstrafen bis zu 400.000 E verhängt werden.419 Der FSA-Kodex ist als Wettbewerbsregelung im Sinne des § 24 III GWB anerkannt, womit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, den Wettbewerb für die Mitglieder ihres Vereines selbständig zu regeln.420 Die Bundeskartellbehörde wird demnach von ihren Sanktionsbefugnissen nach §§ 32 ff. GWB keinen Gebrauch machen.421

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§ 18 I FSA-VO. Vgl. § 23 I, II FSA-VO. 418 § 22 II FSA-VO. Zu den Sanktionsmöglichkeiten des Spruchkörpers erster Instanz näher Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 13 Rn. 231 ff. 419 § 23 III FSA-VO. Zu den Sanktionsmöglichkeiten des Spruchkörpers zweiter Instanz näher Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 13 Rn. 255 ff. 420 Vgl. § 29 FSA-Kodex. Zum Zweck der Wettbewerbsregeln näher Immenga, in: Immenga/ Mestmäcker, § 24 GWB Rn. 33. 421 § 26 I S. 2 GWB. 417

Teil 3

Strafrechtliche Wertung Mit Einführung der Straftatbestände §§ 299a, b StGB in den 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches, hat der Gesetzgeber im Jahr 2016 die grundsätzlich straffreie Geschäftsherrenbestechung für den Bereich des Gesundheitswesens unter Strafe gestellt.1 Im Aufbau orientieren sich die als abstrakte Gefährdungsdelikte ausgestalteten Vorschriften an dem voranstehenden § 299 StGB und setzen somit als wettbewerbsschützende Vorschrift weder den Eintritt einer Wettbewerbsverzerrung noch eine tatsächliche Vorteilsgewährung voraus.2 Adressatenkreis der Vorschrift der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB ist jeder Heilberufler, wobei sich der Gesetzgeber letztendlich dafür entschieden hat, die Strafbarkeit sowohl auf akademische als auch auf nichtakademische Heilberufler zu erstrecken.3 Spiegelbildlich regelt § 299b StGB die Bestechung dieser Berufsangehörigen, womit insbesondere auch Angehörige der Pharmaindustrie erfasst werden können. Kernelement4 der Vorschrift ist, wie bei den übrigen Korruptionsdelikten, auch hier die Unrechtsvereinbarung, welche auf eine unlautere Bevorzugung im inländischen oder ausländischen Wettbewerb gerichtet sein muss. Erforderlich ist, dass die Unrechtsvereinbarung auf eine der in § 299a Nr. 1 – 3 StGB genannten Berufshandlung abzielt. Erfasst wird jede Bevorzugung, die 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, 2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial erfolgt. 1 Vgl. nur Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1077 f.); sowie Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 16. 2 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 10; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 5. Vgl. aber auch Hohmann, in: MK-StGB, § 299a StGB Rn. 3, welcher aufgrund eines anderen Rechtsgutsverständnisses von einem Verletzungsdelikt in Form eines Erfolgsdelikts ausgeht. Erforderlich sei die Verletzung des immer wieder bestätigten Vertrauens des Einzelnen in die Funktionsfähigkeit des freien und fairen Wettbewerbs. 3 Zum Täterkreis der Vorschrift näher in diesem Teil unter C. I. 4 BGHSt 15, 88 (97); 53, 6 (14); Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 64; Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 116; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn 21.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Erst wenn der Heilberufler für die unlautere Bevorzugung bei einer der genannten berufstypischen Handlungen einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, versprechen lässt oder annimmt oder ihm spiegelbildlich angeboten, versprochen oder gewährt wird, liegt eine Unrechtsvereinbarung vor.

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut Schon aus der Einordnung der Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen unter den Straftaten gegen den Wettbewerb im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches ergibt sich, dass diese dem Schutz des Wettbewerbs dienen sollen. Der Gesetzgeber beabsichtigte aber bei Einführung der Straftatbestände ebenso den Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen.5 Allerdings stellt sich hier neben der Problematik des Wettbewerbs im Gesundheitswesen die Frage, ob dieses einst angestrebte dualistische Rechtsgutskonzept nicht durch verschiedene Änderungen des Gesetzesentwurfes überholt wurde.

I. Überholung des dualistischen Rechtsgutskonzeptes Konsens besteht darüber, dass die neuen Straftatbestände dem Schutz des Wettbewerbs dienen. Nur vereinzelt wird in der Literatur noch dem ursprünglich vom Gesetzgeber angestrebten dualistischen Rechtsgutskonzept gefolgt, nach dem neben dem Wettbewerb außerdem das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen geschützt werden sollte.6 Wie sich im Folgenden aber zeigen wird, lässt sich dieses dualistische Rechtsgutskonzept dem schlussendlich in Kraft getretenen Straftatbestand nicht mehr entnehmen.7 1. Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit Das Erfordernis des dualistischen Rechtsgutskonzepts wurde vom Gesetzgeber verschiedentlich begründet. So wurden in der Korruption im Gesundheitswesen nicht 5 BR-Drs. 16/15, S. 11 f. – Gesetzesantrag des Freistaates Bayern; BT-Drs. 18/6446, S. 12 f.; BT-Drs. 18/8106, S. 14, 17. 6 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 17 f.; Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 125; Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299a StGB Rn. 3; Bannenberg, in: HK-Nomos, § 299a StGB Rn. 6. 7 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 13; Rosenau/Lorenz/Wendrich, in: Korruption und Strafrecht, S. 53 (57 f.); Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 2; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 2; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (133).

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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nur nachteilige wirtschaftliche Folgen gesehen. Als ebenso schwerwiegend sah der Gesetzgeber außerdem den dadurch verursachten Verlust des Vertrauens in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen an. Bereits einzelne Korruptionsfälle könnten dazu führen, dass der ganze Berufsstand unter Generalverdacht gestellt werde und dass das Vertrauen in das Gesundheitssystem insgesamt Schaden nehme.8 Der Patient müsse sich darauf verlassen können, dass ärztliche Entscheidungen ausschließlich aufgrund medizinischer Erwägungen und zum Wohle des Patienten getroffen werden.9 Ohne Zweifel ließ sich dieses zumindest dem ursprünglichen Regierungsentwurf entnehmen. Angelehnt an den Gesetzesentwurf des Freistaates Bayern und den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, sah dieser ergänzend zum Wettbewerbsmodell in Nr. 1, das Berufsrechtsmodell in Nr. 2 des Entwurfes vor, welches eine angepasste Form des aus dem § 299 StGB bekannten, sogenannten Geschäftsherrenmodells darstellt.10 Dadurch war nicht nur eine Bevorzugung bei einer der tatbestandsmäßigen Handlungen strafbar, die zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs führte. Das genannte Verhalten führte vielmehr auch dann zu einer Strafbarkeit, wenn eine Pflicht gegenüber dem Geschäftsherrn, im vorliegenden Falle gegenüber dem Patienten, verletzt würde.11 Dieses Modell war aber von Beginn an erheblicher Kritik ausgesetzt. So verwundert es auch nicht, dass die verschiedenen Entwürfe zahlreiche Änderungen im Hinblick auf das Berufsrechtsmodell erfuhren. Dennoch wurde bis kurz vor dem Inkrafttreten des neuen Straftatbestandes an dem Modell grundsätzlich festgehalten. Bereits der Gesetzesentwurf des Freistaates Bayern, welcher dem Referentenentwurf des BMJVs vorausging, sah eine Verletzung der Berufsausübungspflichten „in sonstiger Weise“ vor.12 Die entscheidenden Berufsausübungspflichten sollten insbesondere den Berufsordnungen, dem Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde und dem Apothekengesetz sowie dem für die gesetzliche Krankenversicherung einschlägigem SGB V entnommen werden. Auch wenn dies dem Wortlaut des Gesetzesentwurfs nicht zu entnehmen war, ergab sich bereits hier aus der Begründung, dass es nur um die Verletzung derjenigen Berufsausübungspflichten gehen sollte, welche die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen regelten und somit die ärztliche Unabhängigkeit sicherstellen sollten.13 Keine Veränderung wurde zunächst im darauffolgenden Referentenentwurf des BMJVs vorgenommen, welcher ebenfalls die Verletzung der Berufsausübungs8 BT-Drs. 18/6446, S. 12; zust. auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 128 f. 9 BT-Drs. 18/6446, S. 17. 10 Näher hierzu Dannecker/Schröder, ZRP 2015, 48. 11 Dazu Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (144). 12 BR-Drs. 16/15, S. 2. Vgl. noch aus der 17. Legislaturperiode den Gesetzesentwurf des Bundesrates, der noch weiter gefasst lediglich eine Beeinflussung „in sonstiger unlauterer Weise“ forderte, BT-Drs. 17/14575, S. 7. 13 BR-Drs. 16/15, S. 21 f.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

pflichten „in sonstiger Weise“ voraussetzte.14 Wie bisher kam dieser Tatbestandsvariante lediglich eine Auffangfunktion15 zu, die im Falle des Fehlens einer Wettbewerbslage mögliche Strafbarkeitslücken schließen sollte.16 Genannt wurden hier Monopollagen sowie die Verschreibung medizinisch nicht indizierter Behandlungen, bei denen es regelmäßig an einer Entscheidung zwischen zwei Wettbewerbern fehlen werde, da ihre Verordnung in den entscheidenden Fällen nicht angezeigt sei.17 Eine größere Änderung hinsichtlich des Berufsrechtsmodell erfolgte erst durch den Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der eine Konkretisierung der Berufsausübungspflichten vornahm und eine Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit vorsah.18 Der Tatbestand war damit an die Begrifflichkeiten des § 31 MBO-Ä angelehnt, der sich in der Musterberufsordnung für Ärzte im Abschnitt der Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten befindet.19 Die entsprechenden berufsrechtlichen Pflichten sollten sich insbesondere aus den für die jeweiligen Mitglieder verbindlichen Berufsordnungen der Kammern ergeben.20 Freilich bedeutet dies nicht, dass die Berufspflichten ausschließlich diesen Vorschriften zu entnehmen waren. Bereits die Formulierung „insbesondere“ sprach dafür, dass auch hier Vorschriften wie das SGB V, das AMG, die BOÄ oder das ApoG Berücksichtigung finden sollten. Eine Einschränkung erfolgte insoweit, als die Vorschriften bereits dem Wortlaut des Gesetzesentwurfs nach der Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit zu dienen hatten und die Verletzung der berufsrechtlichen Pflicht eben bei einer der genannten Berufshandlungen zu erfolgen hatte.21 2. Geäußerte Kritikpunkte Die Konkretisierung auf die berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit vermochte die gegen die vorangegangene allgemeinere gefasste Variante vorgebrachten Argumente nur teilweise entkräften. Überholt war dadurch zumindest der Punkt, dass auch diejenigen Verstöße gegen Berufspflichten strafbar wären, die allein das Arzt-Patienten-Verhältnis betreffen. Angeführt wurde hierzu bisher, dass dies auch zur Strafbarkeit von Fällen führe, die zwar einen Verstoß gegen Berufspflichten darstellten, aber ohne jegliche Beeinflussung Dritter erfolg14

RefE, S. 4, 21 f. Eine bedeutsame Änderung war aber die Erweiterung des Täterkreises auf nichtakademische Heilberufe. 15 Jary, PharmR 2015, 99 (103). 16 BR-Drs. 16/15, S. 21; RefE, S. 21. 17 RefE, S. 21. 18 BT-Drs. 18/6446, S. 7. 19 Für Zahnärzte findet sich eine entsprechende Vorschrift in § 2 VII, VIII MBO Zahnärzte; in der MBO für Tierärzte findet sich eine entsprechende Regelung jedoch nicht. Hierzu bereits ausführlich in Teil 2 B. IV. der Arbeit. 20 BT-Drs. 18/6446, S. 21. 21 Schröder, NZWiSt 2015, 321 (328).

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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ten.22 Die Beeinflussung durch Dritte ist aber gerade Voraussetzung dafür, dass ein Verhalten überhaupt als korruptiv angesehen werden kann.23 Die Bezugnahme auf die Berufspflichten zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit hatte zur Folge, dass die entsprechenden Fälle von nun an zumindest eine Einflussnahme durch Dritte voraussetzte. a) Verfassungsrechtliche Bedenken Auch durch die vielen Änderungen der berufsrechtlichen Variante gelang es nicht, die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der geplanten Tatbestandsvariante des Berufsrechtsmodells auszuräumen. Bis zuletzt wurde ihr entgegengehalten, dass sie im Hinblick auf Art. 103 II GG zumindest bedenklich sei24 oder sogar gegen diesen verstoßen würde.25 Art. 103 II GG beinhaltet neben dem – hier nicht weiter entscheidenden – Rückwirkungsverbot, das Bestimmtheitsgebot. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht verpflichtet dieses den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so zu umschreiben, dass sich für den Normadressaten bereits aus dem Gesetz die Tragweite und der Anwendungsbereich des Straftatbestandes ergeben und sich diese auch durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen.26 Daraus resultiert eine Doppelfunktion des Bestimmtheitsgebots.27 Zunächst wird für jedermann erkennbar, welches Verhalten strafbar ist. Außerdem wird aber auch garantiert, dass der Gesetzgeber über die Voraussetzungen der Strafbarkeit selbst entscheidet. Sieht das Gesetz als Folge eine freiheitsentziehende Maßnahme vor, schreibt außerdem Art. 104 I GG vor, dass diese nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes erfolgen kann. Der Exekutiven und Judikativen verbleiben lediglich die Auslegung der vom Gesetzgeber verfassten Gesetze, wobei freilich der Wortlaut stets die Grenze der Auslegung ist.28 Die Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot wurden sowohl von jenen erhoben, die den Straftatbestand als eine Blankettnorm29 betrachteten, als auch von jenen, die in der Bezugnahme auf die Berufspflichten ein 22

Saliger, in: FS Kargl, S. 493 (503); Schröder, NZWiSt 2015, 321 (326). Auf den Unrechtsgehalt korruptiven Verhaltens soll erst an einer späteren Stelle des Kapitels näher eingegangen werden. 24 Dannecker/Schröder, in: Kubiciel/Hoven, S. 43 (56); Duttge, in: Kubiciel/Hoven, S. 15 (24); Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (341 f.); Schröder, NZWiSt 2015, 321 (330 ff.). 25 Stellungnahme der Bundesärztekammer zum Regierungsentwurf v. 20.11.15, abrufbar unter: http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Stel lungnahmen/20151120BAEKStellRegEKorruptionGw.pdf. Letzter Abruf am 04.07.2020; Steenbreker, MedR 2015, 660 (665.); Wigge, NZS 2015, 447 (450). 26 St. Rechtsprechung, vgl. nur BVerfGE 73, 206 (234); 75, 329 (340 f.); 78, 374 (381 f.); 92, 1 (12); 105, 135 (153). 27 Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 7 Rn. 7 m. w. N. 28 BVerfGE 73, 206 (235); Müller-Dietz, in: FS Lenckner, S. 181 (189). 29 Aldenhoff/Valluett, medstra 2015, 195 (197); Schröder, NZWiSt 2015, 321 (331). 23

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

normatives Tatbestandsmerkmal30 sahen. Diesbezüglich spricht viel dafür, mit dem Gesetzgeber von einer Blankettverweisung auszugehen, denn die Tatbestandsvariante erscheint erst sinnvoll, wenn zur Ergänzung des Tatbestands die berufsrechtlichen Regelungen herangezogen werden, auf die verwiesen wird. Ein normatives Tatbestandsmerkmal hingegen ist Teil einer vollständigen Bestimmungsnorm im formellen Strafgesetz.31 Das Bestimmtheitsgebot setzt voraus, dass sich der Anwendungsbereich und die Tragweite aus dem Gesetz selbst ergeben. Dem ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Blankettnormen zumindest dann Genüge getan, wenn die Blankettverweisung auf ein anderes förmliches Gesetz verweist. Wird allerdings nur auf eine Rechtsverordnung verwiesen, muss die Blankettnorm selbst oder eine andere Gesetzesvorschrift, auf die Bezug genommen wird, die Strafbarkeit hinreichend umschreiben.32 Da es sich bei den von den jeweiligen Kammern eigenständig als Satzungen erlassenen Berufsordnungen der akademischen Heilberufe um keine förmlichen Gesetze handelt, wäre eine hinreichende Umschreibung durch die Blankettvorschrift oder eine andere in Bezug genommene Gesetzesvorschrift erforderlich. Ob eine solche jedoch im entscheidenden Fall vorlag, wurde bezweifelt.33 Weitergehend wurde die Befürchtung geäußert, dass die Gerichte zur Auslegung auch „Berufsordnungen“ nichtakademischer Heilberufe heranziehen könnten, welche aber als bloße Verhaltenskodizes ausschließlich privatrechtlich vereinbart werden.34 Nicht ganz unberechtigte Bedenken wurden auch dahingehend geäußert, dass die zahlreichen Berufsausübungspflichten im Gesundheitswesen einen „Flickenteppich“35 darstellen würden. Vorschriften zur Berufsausübung finden sich in den verschiedensten Regelungswerken wie dem SGB V, dem Apothekergesetz, dem Heilmittelwerbegesetz und auch den verschiedenen Berufsordnungen. Insbesondere die zuletzt genannten können sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. Angeführt wurde hier immer wieder § 32 der ärztlichen Berufsordnung Niedersachsens, welcher in Bezug auf Fortbildungsveranstaltungen eine Annahme von geldwerten Vorteilen gerade nicht regelt und damit von der Musterberufsordnung abweicht.36 Nicht von der Hand zu weisen war das angeführte Argument, den verschiedenen Kammern werde durch den Erlass von verschiedenen Satzungen au30

Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (82); Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (91 ff.). Zur Abgrenzung Blankettstraftatbestand und normatives Tatbestandsmerkmal näher Schröder, NZWiSt 2015, 321 (331 f.). 32 BVerfGE 75, 329 (342). 33 Im Ergebnis zustimmend Schröder, NZWiSt 2015, 321 (333). Verneinend zur noch weiter gefassten Tatbestandsvariante des RefE: Aldenhoff/Valluett, medstra 2015, 195 (197). 34 Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195 (197). 35 Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195 (197). Vgl. dazu auch Kubiciel, in: WiJ 2016, 1 (5 f.), der darauf hinweist, dass dies im Kernstrafrecht nicht unüblich sei, da beispielsweise auch das Umweltstrafrecht die Einhaltung verwaltungsrechtlicher Pflichten sanktioniere, die regional verschieden sein könnten. 36 Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195 (198); Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (342). 31

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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ßerdem die Möglichkeit eingeräumt, die Reichweite der Strafbarkeit selbst zu bestimmen.37 Um aber auch das Risiko einer Strafbarkeit überblicken zu können, müssten Adressaten der Vorschrift Kenntnis von zahlreichen verschiedenster Regelungen haben.38 Diese regionalen Unterschiede der verschiedenen Regelungen wurden weitergehend noch als problematisch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 I GG angesehen. So könne in einem Bundesland ein Verhalten straffrei, im angrenzenden Bundesland aber aufgrund bestehender berufsrechtlicher Regelungen mit Strafe bedroht sein.39 b) Notwendigkeit einer entsprechenden Regelung Neben verfassungsrechtlichen Bedenken wurde zunehmend bezweifelt, ob eine solche Regelung überhaupt erforderlich sei. Der Gesetzgeber beabsichtigte durch die Tatbestandsvariante auch die Pflichtverletzungen zu sanktionieren, die außerhalb einer Wettbewerbslage stattfinden. Als „auffallend blass“40 wurden jedoch die Ausführungen des Gesetzgebers bezeichnet, der als Anwendungsbereich für die Tatbestandsvariante lediglich Monopollagen sowie medizinisch nicht indizierte Verordnungen nannte.41 Von Kritikern wurde zunächst angeführt, dass sich die fehlende Notwendigkeit bereits daraus ergebe, dass außerhalb Wettbewerbslagen oftmals andere Delikte wie der Straftatbestand des Betruges im Rahmen fehlerhafter Abrechnungen oder auch Körperverletzungsdelikte einschlägig seien.42 Weiterhin wurde bezweifelt, ob es ein Handeln außerhalb des Wettbewerbs überhaupt geben könne. Diese Bedenken waren insoweit nicht unberechtigt, da bei Heranziehung des konkreten Wettbewerbsbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden und damit auch bei §§ 299a, b StGB von einem weiten Wettbewerbsverständnis auszugehen sein wird.43 Damit wird es kaum ein Verhalten geben, das von dem Wettbewerbsmodell nicht erfasst wird.44 37

(31). 38

Aldenhoff/Valluett, medstra 2015, 195 (198); Schneider/Kaltenhäuser, medstra 2015, 24

Dieners, PharmR 2015, 529 (531); Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11 (14). Vgl. auch Schröder, NZWiSt 2015, 361 (362 f.), welcher eine Nachforschungspflicht sowohl für einzelne Heilberufsangehörige als auch für die Adressaten des § 299b StGB als zumutbar erachtet. 39 Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195 (198); Bittmann/Brockhaus/Rübenstahl/Schröder/ Tsambikakis, WiJ 2015, 176 (178); Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (342). Dass diese Einwände auch nach dem jetzigen Straftatbestand nicht ohne Bedeutung sind, zeigt sich sogleich in Teil 3 B. 40 Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (153). 41 BT-Drs. 18/6446, S. 21. 42 Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (153); Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (342); vgl. dazu auch Cosack, ZIS 2013, 226 (227). 43 Zu diesem Bähr, in: MK-UWG, § 2 UWG Rn. 236. 44 BT-Drs. 18/8106, S. 15. Darauf soll an dieser Stelle noch nicht näher eingegangen werden. Ausführlich wird die Thematik in Teil 3 C. IV. 3. a) behandelt.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Am Ende überzeugten die vorgebrachten Argumente auch den Gesetzgeber und führten letztendlich zur Streichung der Berufsrechtsmodells.45 Dennoch wurde daraufhin verschiedentlich vorgebracht, dass dies zu Strafbarkeitslücken führe46, die vom Gesetzgeber „sehenden Auges in Kauf genommen wurden“.47 3. Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen als geschütztes Rechtsgut Entnimmt man den Straftatbeständen das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen als geschütztes Rechtsgut, stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob dieses überhaupt als Rechtsgut im Strafrecht fungieren kann. Der Schutz von Rechtsgütern stellt die eigentliche Aufgabe des Strafrechts dar.48 Die Existenz von Rechtsgütern ermöglicht die systematische Einordnung der Straftatbestände im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches.49 Insbesondere kommt ihnen bei der Auslegung des jeweiligen Straftatbestandes eine zentrale Rolle zu.50 Über den Begriff des Rechtsgutes finden sich zahlreiche Ausführungen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll.51 Festzuhalten bleibt, dass Einigkeit darüber besteht, dass bloßes unmoralisches, unsittliches oder sonstiges verwerfliches Verhalten sowie Tabus keine Rechtsgutsverletzung sein können und damit auch nicht zum Gegenstand eines Straftatbestandes gemacht werden können.52 Gegenstand einer Strafnorm kann nur ein in besonderem Maße sozialschädliches Verhalten sein, 45 BT-Drs. 18/8106, S. 15. Kritisch zur Streichung der Tatbestandsvariante Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (94 ff.). 46 Empfehlungen der Ausschüsse, BR-Drs. 181/1/16, S. 2 f. 47 Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (81). Dazu auch Tsambikakis, medstra 2016, 131 (136 f.). 48 So die überwiegende Meinung, vgl. nur Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 7; ders., in: Schönke/Schröder, vor 13 ff. Rn. 9; Jäger, in: SK, vor § 1 StGB Rn. 3; Roxin, AT I, § 2 Rn. 1; anders noch Welzel, welcher die Auffassung vertrat, Aufgabe des Strafrechts sei primär der Schutz elementarer Handlungswerte. Nur mittelbar davon umfasst sei auch der Schutz einzelner Rechtsgüter, vgl. Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl. 1969, S. 4. 49 Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 11; ders., in: Schönke/Schröder, vor 13 ff. Rn. 9a. 50 Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 11; Dannecker, in: LK, § 1 StGB Rn. 319; Hecker, in: Schönke/Schröder, § 1 StGB Rn. 48. 51 Vgl. nur Roxin, AT I, § 2 Rn. 7, welcher Rechtsgüter als „alle Gegebenheiten oder Zwecksetzungen, die für die freie Entfaltung des Einzelnen, die Verwirklichung seiner Grundrechte und das Funktionieren eines auf dieser Zielvorstellung aufbauen staatlichen Systems notwendig sind“, beschreibt; oder auch Eisele, welcher unter einem Rechtsgut „sozial wertvoll erkannte Lebensgüter, die unter dem besonderen Schutz des Strafrechts stehen“, versteht, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 7; ders., in: Schönke/Schröder, vor 13 Rn. 9 mit zahlreichen weiteren Beispielen. 52 Kudlich, ZStW 127 (2015), 635 (643 f.); Roxin, AT I, § 2 Rn. 17 ff., 43 ff.; vgl. dazu auch BVerfGE 120, 224 (248), worin das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich offenlässt, ob Strafnormen, die allein Moralvorstellungen schützen, verfassungskonform sein können.

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wodurch nur grundlegende und auch belegbare Individual- und Kollektivinteressen durch das Strafrecht geschützt werden können.53 Mit der Einführung der Straftaten gegen den Wettbewerb im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches, hat der Gesetzgeber erneut klargestellt, dass auch überindividuelle Interessen den Schutz des Strafrechts genießen.54 Das Strafrecht ist damit nicht nur auf den Schutz der traditionellen Rechtsgüter wie Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen begrenzt. Bereits im Jahr 1997 wurde dem Wettbewerb für eine funktionierende soziale Marktwirtschaft eine solch große Bedeutung zugeschrieben, dass er den Schutz des Strafgesetzbuches bedürfe.55 Mit dem Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen wollte der Gesetzgeber ein bisher unbekanntes neues Rechtsgut schaffen. Dabei wird aber bereits grundsätzlich bezweifelt, ob dieses Rechtsgut in seinem Umfang überhaupt ausreichend greifbar sei.56 Letztendlich kommt es dem Patienten darauf an, dass sich der Arzt bei seinen Entscheidungen von den gesundheitlichen Belangen des Patienten leiten lässt. Die Gesundheit des Patienten wird vom Strafgesetzbuch aber bereits über die Körperverletzungsdelikte geschützt, welche einen zumindest fahrlässig herbeigeführten Erfolg voraussetzen.57 Eine bloße abstrakte Gefährdung der Gesundheit ist dem Strafgesetzbuch bislang jedoch fremd.58 Schlussendlich ist die Schaffung neuer Rechtsgüter aber allein die Aufgabe des Gesetzgebers, welcher darüber zu entscheiden hat, ob er ein Verhalten als strafwürdig und strafbedürftig ansieht und folglich einen neuen Straftatbestand einführt.59 In dieser Funktion ist ihm ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen, wobei entscheidende Kriterien freilich auch an dieser Stelle verfassungsrechtliche Grundsätze sind.60 Über die Verfassungskonformität hat schließlich allein das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden, welches seine Entscheidung unter Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, insbesondere des Übermaßverbotes, trifft.61 Inwieweit aber auch die Rechtsgutslehre auf die Schaffung neuer Straftatbestände Einfluss nehmen kann, bleibt fraglich. Schreibt man ihr gleichwohl vor Einführung eines neuen Straftatbestandes eine systemkritische Funktion zu, führt dies zu einer starken 53

Eisele, in: Schönke/Schröder, vor 13 ff. Rn 10. Zum Wettbewerb als geschütztes Rechtsgut näher Tiedemann, in: FS Müller-Dietz, S. 905. 55 BT-Drs. 13, 5584, S. 12 f. Dazu auch Vasilikou, in: FS I. Roxin, S. 359 (364). 56 Frank/Vogel, AnwBl. 2016, 94 (96); Tsambikakis, in: FS Fischer, S. 559 (561); dazu auch Rosenau/Lorenz/Wendrich, Korruption und Strafrecht, S. 53 (59 f.). 57 Frank/Vogel, AnwBl. 2016, 94 (96). 58 Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2016, 142 (145 f.); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 29. Krit. hierzu Schröder, NZWiSt 2015, 321 (324). 59 BVerfGE 50, 142 (162 f.); 120, 224 (240). Maas, NStZ 2015, 305 (306); krit. Frank/ Vogel, AnwBl. 2016, 94 (97). 60 BVerfGE 50, 142 (162); 120, 224 (239 f.). Zum Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers auch Hassemer/Neumann, in: NK, vor § 1 StGB Rn. 85 ff. 61 BVerfGE 50, 142 (162); 120, 224 (239 f.). 54

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Einschränkung des Gesetzgebers bei der Schaffung neuer Rechtsgüter. Gerade hierfür sind aber die gesellschaftliche Situation und die Wertvorstellungen zum jeweiligen Zeitpunkt hauptentscheidend. Diese spiegeln sich aber im Gesetzgeber wider, der demokratisch legitimiert ist und damit auf das Volk zurückgeht.62 4. Auswirkungen der Streichung der Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten auf das geschützte Rechtsgut Trotz Streichung der Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten, hielt der Gesetzgeber weiterhin an dem dualistischen Rechtsgutskonzept fest.63 Dieses Festhalten scheint allerdings lediglich pro forma zu sein.64 Bereits im Gesetzgebungsverfahren begründete der Gesetzgeber schon zu keinem Zeitpunkt das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen mit der Wettbewerbsvariante, vielmehr diente hierzu stets die gestrichene Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten.65 Auch nach der Streichung wird das hier benannte geschützte Rechtsgut in keinem direkten Bezug zu einem Tatbestandsmerkmal genannt. Der verbleibenden Wettbewerbsvariante kann das Rechtsgut des Vertrauens des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen nicht entnommen werden.66 Durch den in Kraft getretenen Straftatbestand ist zwar der Schutz des Wettbewerbs ohne den Schutz des Patienten denkbar, allerdings existiert kein Schutz des Vertrauen des Patienten ohne Wettbewerbsschutz.67 Strafbar sind die im Tatbestand genannten Handlungen nur, soweit sie zu einer unlauteren Bevorzugung im inländischen oder ausländischen Wettbewerb führen. An einem doppelten Rechtsgüterschutz kann durch die Streichung des Berufsrechtsmodells daher nicht mehr festgehalten werden. Das Patienteninteresse wird durch die neuen Vorschriften allenfalls mittelbar geschützt.68 Nach Ansicht des Gesetzgebers genießen diesen mittelbaren Schutz außerdem die Vermögensinteressen der Patienten,

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Dazu auch Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 13. BT-Drs. 18/8106, S. 13 (Union), 14. 64 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 276, Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 13; a. A. Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 20 ff. 65 BT-Drs. 18/6446, S. 21 f. Vgl. dazu aber auch Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (147), welche kritisieren, dass dem Gesetzesentwurf schon damals keine konsequente Unterscheidung des Rechtsgutsschutzes gelang. 66 Vgl. aber auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 33 ff; Schröder, ZIS 2019, 71 (78). 67 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 5; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (132 f.); ders., in: FS Fischer, S. 559 (562). 68 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 276; Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 106; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 2 (Reflex des Rechtsguts des Wettbewerbs); Tsambikakis, medstra 2016, 132 (133). 63

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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Mitbewerber und der gesetzlichen Krankenversicherung.69 Dies führt dazu, dass allein das Rechtsgut des freien Wettbewerbs für die Auslegung herangezogen werden kann.70 Im Grundsatz ist die Intention des Gesetzgebers, neben dem Wettbewerb auch das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen zu schützen, auf den ersten Blick zu begrüßen. Der Patient sollte sich bei einem Arztbesuch darauf verlassen können, dass der Arzt seine Behandlungsmethode am Wohle der Patienten ausrichtet und sich nicht von Anreizen leiten lässt, die ihm durch die Pharmaindustrie gesetzt werden.71 Lässt sich bereits ein einzelner Arzt von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen leiten, kann dies zu einem Vertrauensverlust des Patienten in die gesamte Ärzteschaft führen.72 Der Patient als medizinischer Laie wird sich immer dem Problem ausgesetzt sehen, dass er selbst die Qualität der Behandlung kaum beurteilen kann. Nach der jetzigen Gesetzesfassung ist ein nicht am Wohl des Patienten ausgerichtetes Verhalten allerdings nur strafbar, soweit es im Rahmen einer Wettbewerbssituation erfolgt. Die praktische Bedeutung einer weitergehenden Tatbestandsvariante wäre aber in der Tat eher als gering anzusehen, da es aufgrund des weiten Wettbewerbsverständnisses des Gesetzgebers nur vereinzelt Fälle geben wird, bei denen es an einer Wettbewerbslage fehlt.73 Der alleinige Schutz des Vertrauens des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen würde zu einem umfassenden Schutz der heilberuflichen Dienstausübung führen, wie er bisher aus den Bestechungstatbeständen im Amt gemäß §§ 331 ff. StGB bekannt ist. Dieser umfassende Schutz ließe sich einzig mit der Gesundheit des jeweiligen Patienten begründen, welcher der Arzt zu dienen verpflichtet ist.74 Fraglich bliebe dann, ob eine solche abstrakte Gefährdung der Gesundheit des einzelnen Patienten mit dem in den Amtsträgerdelikten gesehenen Unrecht vergleichbar ist.75 Weitergehend wäre in diesem Fall die systematische Stellung der Straftatbestände im Rahmen der Wettbewerbsdelikte zweifelhaft. 69

BT-Drs. 18/8106, S. 1, 14. So auch Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 5; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 2; Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 2. Für einen unmittelbaren Schutz der Vermögensinteressen der Mitbewerber unter Berufung auf die Doppelstruktur des Lauterkeitsrechts Dannecker/ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 45. 70 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 276; Dann/ Scholz, NJW 2016, 2077 (2080); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 13; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 2; Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 2. 71 Bausback, in: Kubiciel/Hoven, S. 33 (38 f.). 72 BT-Drs. 18/6446, S. 11. 73 Tsambikakis, medstra 2016, 131 (133). Zu Monopolsituationen näher in diesem Teil unter C. IV. 3. a). 74 Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2016, 142 (145 f.); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 29. Krit. hierzu Schröder, NZWiSt 2015, 321 (324). 75 Für einen Straftatbestand, der vorrangig das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen schützen soll, aber Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 137 ff.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

II. Erläuterung des Begriffs „Wettbewerb“ Aus der Annahme des Wettbewerbs als alleinig geschütztem Rechtsgut ergibt sich weiter die Frage, was unter dem Begriff des Wettbewerbs überhaupt zu verstehen ist. Die Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen fordern eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb, gleichgültig ob diese im inländischen oder ausländischen Wettbewerb erfolgt. Der Begriff des Wettbewerbs findet sich außerdem noch in anderen Gesetzen, wie dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und dem Kartellgesetz, welche in erster Linie dem Schutz des Wettbewerbs dienen.76 Die genannten Gesetze haben alle gemeinsam, dass sie den Begriff des Wettbewerbs nicht weiter erläutern, sondern ihn vielmehr bereits voraussetzen.77 Bereits in der Entstehungsgeschichte der Straftaten gegen den Wettbewerb im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches wurde gefordert, dass insbesondere das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bei der Auslegung der Straftatbestände Berücksichtigung findet.78 So wurde mit dem heutigen § 299 StGB der § 12 UWG a. F. in das Strafgesetzbuch übernommen.79 Auch wenn ein einheitlicher Begriff des Wettbewerbs nicht existiert80, soll im Folgenden dennoch in der gebotenen Kürze dargestellt werden, was Wettbewerb überhaupt ausmacht. Bezuggenommen wird an dieser Stelle allein auf den wirtschaftlichen Wettbewerb. Funktionsfähiger Wettbewerb ist der Grundgedanke einer freien Marktwirtschaft.81 Er gilt als Motor höchster ökonomischer Leistungsfähigkeit bei größtmöglicher Freiheitssicherung.82 Verschiedene Wettbewerber streben nach demselben Ziel, wobei diesem immanent ist, dass es nicht von allen erreicht werden kann.83 Den Anbietern geht es darum, ihre produzierten Waren oder angebotenen Dienstleistungen möglichst gewinnbringend auf dem entsprechenden Markt zu veräußern. Das dadurch entstehende Konkurrenzverhältnis führt dazu, dass sich 76 Auch wenn beide Gesetze den Wettbewerb schützen, haben sie dennoch unterschiedliche Funktionen. So dient das Kartellrecht dem Schutz der Wettbewerbsfreiheit als solcher gegen Beschränkungen. Anders hingegen dient das Lauterkeitsrecht dem Schutz des Wettbewerbs vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Zum Verhältnis auch Ohly, in: Ohly/Sosnitza, Einl. Rn. 22. 77 Vgl. OLG Jena, BeckRS 2006, 13794: „Der Wettbewerbsbegriff stellt zunächst kein normatives Element von § 1 GWB dar. Wettbewerb ist vielmehr nur vorauszusetzen, damit festgestellt werden kann, dass wettbewerbliche Handlungsfreiheiten beschränkt werden.“ 78 BT-Drs. 13/5584 S. 15; Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Teil 3 Kap. 2 Rn. 2. Tiedemann, in: LK, § 299 StGB Entstehungsgeschichte; ders., in: FS Rissing-van Saan, S. 685 (686, 690). 79 Zur Übernahme in das Strafgesetzbuch näher Tiedemann, in: FS Müller-Dietz, S. 905. 80 Näher zum fehlenden einheitlichen Begriff des Wettbewerbs auch Zimmer, in: Immenga/ Mestmäcker, Rn. 108. 81 Dannecker, in: FS Tiedemann, S. 789 (794); Schwintowski, in: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 113 (118); Vasilikou, in: FS I. Roxin, S. 359 (364). 82 Tiedemann, in: LK, vor § 298 StGB Rn. 1; Dannecker, in: NK, vor §§ 298 ff. StGB Rn. 15. 83 Ohly, in: Ohly/Sosnitza, Einleitung Rn. 17.

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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die ökonomischste Vorgehensweise auf dem Markt durchsetzt. Derjenige, der das beste Preis-Leistungs-Verhältnis auf dem Markt präsentiert, soll dadurch profitieren und auch in Zukunft auf dem Markt mit agieren können.84 Dazu müssen Unternehmen bei der Herstellung ihrer Waren oder dem Angebot ihrer Dienstleistungen stets mit den Angeboten ihrer Mitbewerber mithalten. Die ständige Konkurrenz zwischen den Mitbewerbern führt zu einem stetigen technischen Fortschritt auf dem Markt.85 Letztendlich ist es aber der Käufer, der über das Angebot der Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt entscheidet; denn das Angebot richtet sich nach der Nachfrage. Voraussetzung des freien Wettbewerbs ist freilich, dass derjenige, der die Kosten zu tragen hat, auch Wahlfreiheit zwischen den Angeboten hat.86 Verfügt der Nachfrager über diese Wahlfreiheit, ist es letztendlich seine Entscheidung, welches Unternehmen am Wettbewerb weiterhin teilnimmt und auf dem Markt auch in Zukunft Bestand haben wird. Hierbei wird er sich insbesondere von preislichen Aspekten leiten lassen. Wettbewerb führt somit dazu, dass für den Verbraucher günstigste Preise entstehen und ihm zahlreiche Auswahlmöglichkeiten eröffnet werden. Funktionierender Wettbewerb verhindert damit freiheitsbedrohende Machtpositionen auf dem Markt.87 Er führt dadurch zu einer Selbstregulierung der Marktwirtschaft, womit ihm eine Steuerungs- und Ordnungsfunktion zukommt.88 Einher geht damit auch die Antriebs- und Leistungsfunktion des Wettbewerbs bei der Herstellung. Indem die Unternehmen sich bei der Herstellung ihrer Produkte ständig dem aktuellen Markt anpassen und dadurch stets mit den Angeboten anderer Marktteilnehmer zumindest mithalten müssen, führt der Wettbewerb zu einer ständigen Qualitätsverbesserung bei Berücksichtigung der Kosten.89 Das Verhindern von Machtpositionen führt neben einer wirtschaftspolitischen Funktion auch zu einer gesellschaftspolitischen Funktion. Wirtschaftliche Machtpositionen unterbinden die freie Entfaltung anderer Marktteilnehmer, welche grundlegend für eine soziale Marktwirtschaft ist. Diese funktioniert nur, wenn Marktteilnehmer freien Zugang zum Markt haben und sich außerdem wirtschaftlich frei betätigen können.90 Dabei gewährt bereits das Grundgesetz an verschiedenen Stellen den Marktteilnehmern Schutz: essentiell sind insbesondere die Berufs- und Gewerbefreiheit, sowie der Schutz des Eigentums und der Vereinigungsfreiheit. Dem 84

Dannecker, in: FS Tiedemann, S. 789 (794); Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einl. Rn. 1.5; Vasilikou, in: FS I. Roxin, S. 359 (366). 85 Tiedemann, Kartellrechtsverstöße und Strafrecht, S. 9. 86 Schwintowski, in: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 113 (118). 87 Tiedemann, Kartellrechtsverstöße und Strafrecht, S. 9; ders., in: LK, vor § 298 StGB Rn. 1. 88 Zum Wettbewerb als Ordnungsprinzip näher Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einl. Rn. 1.25. 89 Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 6. 90 Ohly, in: Ohly/Sosnitza, Einl. Rn. 20; Vasilikou, in: FS I. Roxin, S. 359 (365). Zur Wettbewerbsfreiheit auch Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einl. Rn. 1.26 – 1.28.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Wettbewerb kommt die Aufgabe zu, die freie Entfaltung aller Marktteilnehmer zu ermöglichen, indem wirtschaftliche Machtpositionen auf dem Markt verhindert werden.91 Daher wird bei der gesellschaftlichen Funktion auch von einer Entmachtungs- und Freiheitssicherungsfunktion gesprochen.92 Dieser freie Marktzutritt ist freilich nicht nur auf der Anbieterseite zu sichern. Funktionierender Wettbewerb setzt vielmehr noch eine Ergänzung durch den Wettbewerb auf Seite der Nachfrager voraus. Diese streben alle den Erwerb einer Ware oder Dienstleistung an, wobei das Angebot durch die Leistungskraft des Anbieters begrenzt wird.93 Wettbewerb setzt voraus, dass eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Mitbewerbern, die durch das Anbieten von Waren und Dienstleistungen der gleichen Art auf demselben Markt agieren, getroffen werden kann.94 Dabei kann eine solche Auswahlentscheidung sowohl aus rechtlichen als auch tatsächlichen Gründen ausscheiden.95 Beispielsweise fehlt es bei einer Monopolstellung eines Unternehmens bereits an einem Konkurrenten auf demselben Markt, womit kein Wettbewerb bestehen kann.96 Die eben angesprochene Wettbewerbsfreiheit kann sowohl für den Anbieter als auch für den Nachfrager eingeschränkt werden. Oftmals ist es der Staat selber, der durch die Privatisierung oder Regulierung bestimmter Bereiche eine solche Einschränkung vornimmt. Nicht selten führt dies zu einer starken Einschränkung oder gar zum Ausschluss des Wettbewerbs in dem entsprechenden Bereich.97

III. Wettbewerb im Gesundheitssystem Der Gesetzgeber beruft sich in der Gesetzesbegründung auf die „besondere Schutzwürdigkeit des Wettbewerbs im Gesundheitswesen“98, ohne an benannter Stelle darauf einzugehen, was darunter zu verstehen ist. Insbesondere der Gesundheitssektor unterliegt einer starken staatlichen Regulierung, womit sich die bedeutende Frage stellt, ob in diesem Bereich überhaupt von einem freien Wettbewerb gesprochen werden kann. Auch wenn die Beteiligten im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich Richtlinien und Kollektivverträgen unterworfen sind, welche 91 Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 7; ders., in: FS Tiedemann, S. 789 (795); Heine/ Eisele, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 298 ff. StGB Rn. 4 m. w. N. 92 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einl. Rn. 1.14. 93 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einl. Rn. 1.5. 94 BGHSt 49, 214 (228); BGH NJW 2006, 3290 (3298); Becker/Kingreen, in: Becker/ Kingreen, § 69 SGB V Rn. 55; D. Müller, Der niedergelassene Vertragsarzt als (un-)tauglicher Täter der Bestechungsdelikte, S. 243. 95 Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5 (7). 96 Tiedemann, in: LK, § 299 StGB Rn. 37; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 29. Dazu auch Gercke/Wollschläger, wistra 2008, 5 (7). 97 Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, Einl. Rn. 1.31. 98 Vgl. nur BT-Drs. 18/6446 S. 16.

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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weitestgehend zum Ausschluss des Wettbewerbs führen, wurde das System in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen für den Wettbewerb geöffnet.99 1. Vereinbarkeit des Wettbewerbs mit dem System der gesetzlichen Krankenversicherung als Solidargemeinschaft Dabei kommt zunächst die Frage auf, ob das System der gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt mit dem Wettbewerbsgedanken zu vereinbaren ist. Gemäß § 1 SGB V ist es Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung als Solidargemeinschaft, die „Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern“. Die Gesundheit eines einzelnen Menschen darf nicht von seiner persönlichen Leistungsfähigkeit abhängig gemacht werden. Sein Beitrag an der gesetzlichen Krankenversicherung orientiert sich daher stets an seinem Einkommen und ist unabhängig von seinem persönlichen Risikofaktor. Als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen die Krankenkassen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag100, bei dem wirtschaftliche Interessen der Krankenkassen mit ethischen Erwägungen in Einklang gebracht werden müssen.101 Freilich ist der Gesundheitsmarkt schwerlich vergleichbar mit sonstigen Märkten in der freien Marktwirtschaft, auf denen es um die Verbesserung der eigenen Machtposition geht.102 Spricht man von „dem Gesundheitsmarkt“, geht es hier in der Regel um den Markt, auf dem Gesundheitsleistungen wie Arzneimittel und Heilmittel als Waren und Dienstleistungen gehandelt werden, die zu Therapiezwecken bestimmter Krankheiten benötigt und daher auch nachgefragt werden.103 Entscheidend ist hier aber die Gesundheit des einzelnen Menschen, die nicht von der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Systems abhängig gemacht werden darf.104 99

Dazu bereits in Teil 2 A. VI. Da die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten durch hoheitliche Befugnisse gekennzeichnet sind, agieren die Krankenkassen bei der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages nicht als Unternehmen. Ausführlich hierzu EuGH – „Festbetragsentscheidung“, Urteil v. 16.03.2004, Rs. C-264/01; LSG Hessen, NZS 2012, 177 (182). Grundlegend zum fiskalischen Handeln der Krankenkassen bereits BGH NJW 1962, 196 (199). 101 Dazu auch die Stellungnahme der Zentralen Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten bei der Bundesärztekammer, in: DÄBl 2013, A 1752, worin es heißt: „Gesundheit ist insofern ein besonders wichtiges Gut, als es die notwendige Voraussetzung für die Erreichung vieler Ziele des Menschen ist. Weiterhin stehen sich Patient und Arzt nicht einfach als im Prinzip gleich starke Partner im Sinne eines symmetrischen Verhältnisses von ,Nachfrager‘ und ,Anbieter‘ gegenüber. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Patienten erfordert vielmehr ein besonders verantwortliches Handeln, das nicht nur die individuelle Handlungsethik von einzelnen Ärzten und Trägern von Kliniken und Pflegeeinrichtungen bestimmen sollte, sondern auch strukturell verankert und abgesichert sein muss.“ 102 BSGE 82, 78 (81). 103 Spiecker gen. Döhmann, in: Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Bd. I S. 1 (11). 104 Spiecker gen. Döhmann, in: Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Bd. I S. 1 (2). 100

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Dennoch erfährt das Gesundheitswesen eine immer stärkere Ökonomisierung, die sich unter anderem in der Privatisierung von Kliniken sowie der Einordnung des Arztes als „Dienstleister“ und des Patienten als „Kunden“ zeigt.105 Damit gewinnen wirtschaftliche Aspekte bei medizinischen Entscheidungen ständig an Bedeutung. Diese Ökonomisierung des Gesundheitswesens hatte zur Folge, dass Gesundheitsleistungen immer mehr als Ware angesehen werden, mit der Folge, dass auch hier Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen.106 Das angestrebte Ziel des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung kann aber nicht die eigene wirtschaftliche Besserstellung durch den Handel von Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt sein, sondern es kann vielmehr nur um den Erhalt des Guts der Gesundheit des Menschen gehen.107 Auf den ersten Blick scheint daher der Gedanke der Solidargemeinschaft dem Wettbewerb entgegenzustehen.108 Die vom Gesetzgeber in den vergangenen Jahren eingeführten Wettbewerbselemente109 schufen jedoch eine Wettbewerbsordnung, die auch als „regulierter Markt, der auf die Etablierung einer gesteuerten Versorgung“ bezeichnet wird.110 Alle der eingeführten Elemente haben gemeinsam, dass sie lediglich der Instrumentalisierung dienen und eine Kostensenkung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung herbeiführen sollen.111 Bereits mit Einführung des Krankenkassenwahlrechts als erstes Wettbewerbselement in der gesetzlichen Krankenversicherung, beabsichtigte der Gesetzgeber eine Verbesserung der Qualität, Wirtschaftlichkeit und Effizienz der medizinischen Versorgung.112 Er setzte damit auf einen Qualitäts- und Preiswettbewerb.113 In seiner Entscheidung zum darauffolgenden Risikostrukturausgleich sprach das Bundesverfassungsgericht sodann von einem eigenständigen Wettbewerbsmodell in der gesetzlichen Krankenversicherung, welches sich von dem der gewerblichen Wirtschaft unterscheide. Basis der Wettbewerbsordnung sei das Solidarprinzip.114 105 Rogler, in: Gesundheit und Medizin, S. 69. Zum Arzt als „Dienstleister“ näher Eßer, in: Wienke/Dierks: Zwischen Hippokrates und Staatsmedizin, 2008, S. 95 ff. 106 Becker, ZfWU 2014, 33 (35); dazu ausführlich Rogler, in: Gesundheit und Medizin, S. 69 ff. Vgl. aber auch die Rede von Bundespräsident Johannes Rau beim 107. Deutschen Ärztetag 2004: „Gesundheit ist ein hohes Gut, aber sie ist keine Ware. Ärzte sind keine Anbieter, und Patienten sind keine Kunden“. Abrufbar unter: http://www.bundespraesident.de/Shared Docs/Reden/DE/Johannes-Rau/Reden/2004/05/20040518_Rede.html. Letzter Abruf am 04.07.2020. 107 Näher zur Gesundheit als Gut: Becker, ZfWU 2014, 33 (34 ff.). 108 Gaßner, VSSR 2012, 213; D. Müller, Der niedergelassene Vertragsarzt als (un-)tauglicher Täter der Bestechungsdelikte, S. 256. Dazu auch Ramsauer, NZS 2006, 505 (506). 109 Exemplarisch zu nennen sind hier das Gesundheitsstrukturgesetz (1993), sowie das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (2007), sowie das GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (2014). 110 Gerlinger, in: Manzei/Schmiede, Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 35 (52). 111 Vgl. Schneider, in: Langen/Bunte, Bd. 2, Syst. V Rn. 9. 112 BT-Drs. 12/3608, S. 66 ff., 74 f. 113 Dazu Becker/Schweitzer, NJW-Beilage 2012, 82 (84). 114 BVerfGE 113, 167 (233).

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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Auch das Bundessozialgericht weist auf den Unterschied zur freien Marktwirtschaft hin und führt aus, dass es im Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht um die Stärkung der eigenen Marktpositionen zu Lasten von Konkurrenten gehe. Vielmehr sei aufgrund des sozialrechtlichen Kooperationsgebotes das gemeinsame Interesse an einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung zu verfolgen.115 2. Wettbewerbsverhältnisse in der gesetzlichen Krankenversicherung Wettbewerb findet im System der gesetzlichen Krankenversicherung auf verschiedenen Ebenen statt.116 Im Folgenden sollen zunächst anhand verschiedener Beispiele die Grundzüge des Wettbewerbs im System der gesetzlichen Krankenversicherung dargestellt werden, um sodann näher auf die Wettbewerbsverhältnisse des § 299a StGB eingehen zu können.117 a) Freie Krankenkassenwahl Wenig entscheidend für die neuen Straftatbestände ist die freie Kassenwahl118, seit deren Einführung die Krankenkassen auf horizontaler Ebene119 im Wettbewerb zueinanderstehen. Da sie jedoch den Grundstein für den Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung setzt, ist sie für die eigentliche Zielrichtung der Wettbewerbselemente in der gesetzlichen Krankenversicherung von enormer Bedeutung. Bis zum Inkrafttreten des Gesundheitsstruktur-Gesetzes im Jahr 1994 war die freie Wahl der Krankenkasse für die Versicherten nur in vereinzelten Fällen möglich. Insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken120 hinsichtlich der bestehenden Beitragsunterschiede führten dazu, dass die freie Kassenwahl von der Ausnahme zur Regel wurde.121 Ziel des Gesetzgebers war es bereits damals, eine Verbesserung der Qualität, Wirtschaftlichkeit und Effizienz der medizinischen Versorgung zu erreichen, welche die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung sichern sollte.122 Durch die freie Kassenwahl entstand zwischen den Krankenkassen ein Wettbewerb um die Versicherten. Dabei sollten insbesondere junge Mitglieder gewonnen werden, 115

BSGE 82, 78 (81); dazu auch LSG Hessen, NZS 2012, 177 (181). Zur Entwicklung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen auch Gerlinger, in: Manzei/ Schmiede, Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 35. 117 Ausgenommen werden soll an dieser Stelle der Systemwettbewerb, der zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung stattfindet. 118 Vgl. §§ 173 ff. SGB V, eingeführt durch das Gesundheits-Strukturgesetz im Jahre 1994. 119 Zur grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Horizontal- und Vertikalverhältnis Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 1 UWG Rn. 14. 120 BVerfGE 89, 365. 121 Weitere Gründe waren außerdem das immer dünner werdende flächendeckende Netz der Ortskrankenkassen, vgl. dazu Peters, in: Kasseler Kommentar, § 173 SGB V Rn. 6. 122 BT-Drs. 12/3608 S. 66 ff., 74 f. Dazu auch Schütz, MedR 2015, 162 f. 116

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die aufgrund ihres geringen Erkrankungsrisikos und ihres Einkommens eine gute Risikostruktur bei den Kassen mit sich brachten.123 Die Krankenkassen traten dadurch gegenüber den Versicherten als Anbieter auf dem Markt auf. Nach wie vor waren sie bei dem Angebot ihrer Leistungen aber an den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gebunden, welcher auch damals durch die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegt wurde.124 Entscheidend für die Versicherten waren bei der Wahl ihrer Krankenkassen insbesondere die Höhe der Beitragssätze, was zu einem Preiswettbewerb zwischen den Krankenkassen führte.125 Bis Ende 2008 konnten die Kassen ihren Beitragssatz durch Satzungen selbst festlegen, was zu erheblichen Beitragsunterschieden führte.126 Ihr Leistungsspektrum konnten die Krankenkassen lediglich durch ein innovatives Versorgungsangebot erweitern, welches auch heute nur die Krankenkassen unterbreiten können, die eine besonders wirtschaftliche Verwaltung tätigen.127 Daran änderte auch der Risikostrukturausgleich nichts, welcher zur Gewährleistung des Solidarprinzips zeitgleich mit der freien Kassenwahl eingeführt wurde.128 Dieser kassenartenübergreifende Finanzausgleich sollte für alle Krankenkassen dieselben wettbewerblichen Rahmenbedingungen schaffen und dadurch einen Wettbewerb um eine effiziente und auch qualitativ hochwertige Versorgung ermöglichen.129 Auch nach grundlegender Änderung des Risikostrukturausgleichs durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz im Jahre 2009130, sind bis heute lediglich die in § 266 SGB V genannten Faktoren wie Geschlecht, Alter und risikoadjustierte Zu- und Abschläge ausgleichspflichtig. Führt jedoch eine besonders effiziente und wirtschaftliche Verwaltungstätigkeit zu niedrigen Kosten einer Krankenkasse, fällt dieser Vorteil nicht in den Risikostrukturausgleich. Für die Krankenkassen eröffnet sich dann die Möglichkeit, ihre Beitragssätze zu senken. Da sie dadurch eine bessere Stellung auf dem Markt erhalten, wird zugleich ein Anreiz für die Krankenkassen geschaffen, die Verwaltungskosten zu senken und möglichst effektiv zu wirtschaften.131 Im Übrigen sind sie an den mit § 241 SGB V gesetzlich geregelten allgemeinen Beitragssatz gebunden.

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Zur Risikostruktur näher BVerfGE 113, 167 (229). Dazu auch Ramsauer, NZS 2006, 505. 125 Vgl. dazu und zu den verschiedenen Beitragshöhen Wille/Lauterbach, Modell eines fairen Wettbewerbs durch den Risikostrukturausgleich, S. 29 f. 126 Zur Entwicklung Peters, in: Kasseler Kommentar, § 241 SGB V Rn. 3 m. w. N. 127 Schneider, in: Langen/Bunte, Bd. 2, Syst. V Rn. 7. 128 Vgl. § 266 SGB V. 129 Böttiger, in: Krauskopf, § 266 SGB V Rn. 8. 130 Wesentliche Änderung war die vollständige Abführung der erhobenen Beiträge an den Gesundheitsfonds, von welchem aus eine Verteilung an die einzelnen Krankenkassen erfolgte, dazu BT-Drs. 16/3100. 131 Zur Funktion des Risikostrukturausgleichs auch näher BVerfGE 113, 167 (230 f.). 124

A. Wettbewerb als unmittelbar geschütztes Rechtsgut

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b) Durchbrechungen des Kollektivvertragssystems Zu einer solchen effektiven Wirtschaftsweise führt in erster Linie der Abschluss möglichst gewinnbringender Verträge mit den Leistungserbringern. Krankenkassen erfüllen ihren öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag in Form von Sachleistungen, daher müssen sie sich hierzu der Leistungserbringer bedienen.132 Das geltende Kollektivvertragssystem erfordert aber zwingend einen Vertragsschluss mit den kassenärztlichen Vereinigungen, denen dadurch eine Monopolstellung auf dem Markt zukommt. Wettbewerb zu den Leistungserbringern ist dadurch zunächst ausgeschlossen.133 Seit Einführung der Selektivverträgen in verschiedenen Bereichen, besteht ein Vertragswettbewerb zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern.134 Selektivverträge räumen den Krankenkassen die Möglichkeit ein, mit einzelnen Ärzten oder auch Gruppen von Ärzten, Verträge abzuschließen.135 Gegenüber den Leistungserbringern werden insbesondere die hausärztliche Versorgung nach § 73b SGB V, die sektorenübergreifende Versorgung nach § 140a SGB V, sowie Modellvorhaben nach §§ 63 ff. SGB V erfasst. Selektivverträge dienen der Weiterentwicklung, Ersetzung und Ergänzung des Kollektivvertragssystems.136 Dabei erlangen sie insbesondere in den Bereichen Bedeutung, in denen die kassenärztlichen Vereinigungen Probleme haben, ihren Sicherstellungsauftrag zu erfüllen und eine flächendeckende und wohnortnahe fachärztliche und hausärztliche Versorgung zu gewährleisten.137 Dadurch soll auch hier sowohl die Qualität als auch die Wirtschaftlichkeit der Leistungen gefördert werden.138 So kommt dem Hausarzt im Rahmen der hausarztzentrierten Verträge eine Steuerungsverantwortung zu, die auf der einen Seite eine koordinierte und effiziente medizinische Therapie ermöglicht, aber auf der anderen Seite auch überflüssige Doppeluntersuchungen oder Krankenhauseinweisungen verhindert.139 Ziel der integrierten Versorgung in § 140a SGB V ist die Förderung der sektorenübergreifenden und interdisziplinären Versorgung, wobei eine interdisziplinäre Versorgung erreicht werden soll, welche die hausärztliche Versorgung miteinbezieht. Angestrebt wird eine Versorgungsdichte, die zwar über die der ambulanten Versorgung hinausgehen

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Hierzu bereits ausführlich in Teil 2 A. II. Gerlinger, in: Manzei/Schmiede, Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 35 (42). 134 Becker/Schweitzer, in: Gutachten 69. Juristentag, B 71; dies., NJW-Beilage 2012, 82. 135 Vgl. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/s/selektiv vertrag.html. Letzter Abruf am 04.07.2020. 136 Zum Begriff des Selektivvertrages näher Huster/Schütz, NZS 2016, 645 (655). Krit. hierzu Köhler, VSSR 2012, 227 (229), welcher darauf hinweist, dass Selektivverträge nur aufgrund des Kollektivvertragssystems möglich sind und damit lediglich der Ergänzung dieser dienen können. 137 Schütz, MedR 2015, 162; Schütz/Knieps, ZRP 2012, 164 (165). 138 Sichert, VSSR 2006, 271 (272); vgl. auch Köhler, VSSR 2012, 227 (228 f.). 139 BT-Drs. 16/3100 S. 112. Dazu auch Schütz/Knieps, ZRP 2012, 164 (166). 133

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

soll, dabei aber nicht zwangsläufig über diese hinausgehen muss.140 Insbesondere wird die Verbesserung der Behandlung von chronisch Kranken angestrebt.141 Freilich führt auch dies zu wirtschaftlichen Vorteilen, da auch mit der integrierten Versorgung unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden.142 Inwieweit die Vertragsparteien bei der Gestaltung der Vertragsbedingungen frei sind, hängt von dem jeweiligen Vertrag ab. Bei der hausarztzentrierten Versorgung werden sowohl der Inhalt der Verträge als auch die entsprechende Vergütung in großen Teilen durch das Gesetz vorgegeben.143 Dagegen können die Vertragsparteien bei Verträgen der integrierten Versorgung die Vertragsbedingungen weitgehend selbst festlegen. Allerdings darf der Abschluss eines Selektivvertrages weder zur Verkürzung der Leistungsansprüche des Versicherten führen, die diesem durch die Kollektivverträge zustehen, noch Einbußen bei den Qualitätsstandards verzeichnen.144 Hinsichtlich der Höhe der Vergütung sind die Krankenkassen und die Leistungserbringer bei ihren Vereinbarungen frei. Dadurch wird an dieser Stelle ein Preiswettbewerb zwischen den Leistungserbringern ermöglicht, welcher im Übrigen größtenteils durch das Kollektivvertragssystem unterbunden wird. Hiervon profitieren freilich die Krankenkassen als Nachfrager auf dem Markt.145 Ferner besteht für die Krankenkassen im Bereich der Arzneimittelversorgung die Möglichkeit, mit den Pharmaunternehmen Rabattverträge über Arzneimittel abzuschließen, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden. Die gewährten Rabatte sind dann von den Pharmaunternehmen an die Krankenkassen zu vergüten.146 Eine entsprechende Möglichkeit räumt § 127 SGB V für die Hilfsmittelversorgung ein. Aber auch hier ist Voraussetzung des Vertragsschlusses, dass die Verträge zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und qualitativ gesicherten Versorgung zweckmäßig sind. Entscheidend ist hier jedoch die überlegene Verhandlungsposition der Krankenkassen gegenüber den Leistungserbringern im Hilfsmittelbereich, da diese nach § 126 SGB V nur als Leistungserbringer fungieren können, wenn sie Vertragspartner eines entsprechenden Vertrages sind.147 Alle genannten Verträge haben gemeinsam, dass Vertragspartner der Leistungserbringer stets die gesetzlichen Krankenkassen sind, die sich aufgrund des Sachleistungsprinzips zur Erbringung ihres öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages sowohl 140

BT-Drs. 14/1245 S. 91; Fischinger/Werthmüller, in: Spickhoff, § 140a SGB V Rn. 5. Becker/Schweitzer, in: Gutachten 69. Juristentag, B 102. 142 Engels, in: Krauskopf, § 140a SGB V Rn. 4. Fischinger/Werthmüller, in: Spickhoff, § 140a SGB V Rn. 5. 143 Vgl. § 73b V SGB V; Schlegel, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrechts, § 11 Rn. 69. 144 Axer, VSSR 2010, 183 (188); Becker/Schweitzer, in: Gutachten 69. Juristentag, B 102; Roters, in: Kasseler Kommentar, § 136 SGB V Rn. 8. 145 Becker/Schweitzer, NJW-Beilage 2012, 82 (83); Ebsen/Wallrabenstein, in: Ruland/ Becker/Axer, § 15 Rn. 15. 146 Vgl. § 130a VIII SGB V. 147 Dazu Gaßner, VSSR 2012, 213 (221). 141

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der primären als auch sekundären Leistungserbringer bedienen müssen, letztendlich aber auch die Kosten zu tragen haben. 3. Verschiedene Märkte im Gesundheitswesen Die vom Gesetzgeber eingeführten Wettbewerbselemente rufen Wettbewerb auf verschiedenen Ebenen hervor. Dabei ist bereits dem bestehenden Beziehungsgeflecht in der gesetzlichen Krankenversicherung das Bestehen unterschiedlicher Märkte immanent, auf denen die jeweiligen Beteiligten agieren. Schon vor Einführung der dargestellten Wettbewerbselemente bestand ein Leistungsmarkt, auf dem die Patienten aufgrund der freien Arztwahl gemäß § 76 I SGB V ihren Anbieter in großen Teilen frei wählen können.148 Dieser Leistungsmarkt besteht erst recht für Versicherte in der privaten Krankenversicherung, denen die freie Arztwahl in der Regel bereits durch die jeweiligen Vertragsbedingungen eingeräumt wird.149 Bei der Ausübung ihres Wahlrechts lassen sich die Patienten überwiegend von Qualitätsaspekten leiten. Hierbei ist allerdings fraglich, inwieweit von Patienten tatsächlich eine qualitative Beurteilung über medizinische Leistungen erwartet werden kann.150 Ob eine Operation oder welche Medikation bei welcher Diagnose sinnvoll ist, vermag der Patient als medizinischer Laie kaum beurteilen zu können.151 Unabhängig von medizinischen Qualitätskriterien, können für den Patienten die Wartezeit auf einen Termin oder auch die Wartezeit in der Praxis sowie der Standort des Arztes entscheidende Kriterien sein.152 Damit wird der Wettbewerb auf einen reinen Qualitätswettbewerb reduziert, was wiederum aus dem geltenden Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung resultiert.153 Über die Therapiemöglichkeit und die Verordnung von Heil- oder Hilfsmitteln entscheidet allein 148 Krit. zum Bestehen der freien Arztwahl: Schwintowski, in: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 113 (126), der aufgrund der zahlreichen Einschränkungen, wie der Pflicht zur Inanspruchnahme des nächstgelegenen Arztes und dem eingeschränkten Wechsel des Arztes innerhalb des Quartals, davon ausgeht, dass es den Grundsatz der freien Arztwahl nicht gibt. 149 Vgl. § 4 II MB/KK. Seit einigen Jahren gehen auch die privaten Krankenversicherungen dazu über, verschiedene Vertragsmodelle einzuführen, die zur Reduzierung der Kosten führen. So wird die Höhe der Kostenerstattung in manchen Tarifen von der Auswahl des aufgesuchten Arztes abhängig gemacht, vgl. Kalis, in: Sodan, Hdb. d. Krankenversicherungsrecht, § 44 Rn. 38. 150 Becker/Schweitzer, in: Gutachten zum 69. Juristentag, B 13, 17 f.; dies., NJW-Beilage, 2012, 82; dazu auch Hofmann, in: Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens Bd. 2, S. 103 (109 f.). 151 Schwintoski, in: Wettbewerbsbeschränkungen auf staatlich gelenkten Märkten, S. 113 (123), weist aufgrund dieser Problematik auf die Erforderlichkeit eines „unabhängigen Patientenberaters“ hin, der dem Patienten bei diesen Entscheidungen zur Seite steht. 152 Kuchinke, in: Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 11 (14). 153 Zwar findet das Sachleistungsprinzip in der privaten Krankenversicherung keine Anwendung, allerdings werden die Behandlungskosten auch dort für den Patienten kaum eine Rolle spielen, da er diese in der Regel nach Bezahlung durch seine Krankenkasse ersetzt bekommt.

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der aufgesuchte Arzt. Von den dadurch entstehenden Kosten erlangt der Patient im Rahmen seiner Vollversicherung hingegen keinerlei Kenntnis. Auch der Arzt ist bei deren Festsetzung aber keineswegs frei, sondern an zahlreiche Vorschriften gebunden. Freilich führt dies nicht dazu, dass überhaupt kein Wettbewerb entsteht. Einem solchen steht nicht entgegen, dass nicht der Nachfrager selbst für die Leistung zahlt. Wettbewerb setzt lediglich voraus, dass eine Auswahlentscheidung unter verschiedenen Leistungserbringern getroffen werden kann.154 Beinahe ausgeschlossen wird hier einzig der Preiswettbewerb, der sich auf einen bloßen Qualitätswettbewerb reduziert.155 Der von einem Patienten aufgesuchte Arzt muss sich in vielen Fällen zur Erbringung seiner Heilbehandlung weiterer Leistungserbringer bedienen. Diese sind ebenfalls Teil des dargestellten Leistungsmarktes, können aber von dem Versicherten selbst typischerweise nicht direkt – oder nur auf eigene Kosten – in Anspruch genommen werden. Das Aufsuchen eines Facharztes oder auch eines Physio- oder Ergotherapeuten setzt in vielen Fällen die Überweisung des Hausarztes voraus. Erst wenn diese vorliegt, besteht für den Patienten die Möglichkeit, zwischen mehreren Leistungsanbietern zu wählen.156 Auch an dieser Stelle sind für den Versicherten finanzielle Erwägungen nicht von Bedeutung, ausschlaggebend werden auch hier Qualitätspunkte sein. Die Erstattung von Medikamenten durch die Krankenversicherungen setzt ebenfalls eine Verordnung durch den Arzt voraus. Auch wenn diese nicht verschreibungspflichtig sind, hängt ihre Erstattungsfähigkeit zumindest in der privaten Krankenversicherung von einer ärztlichen Verordnung ab.157 Mit Arznei-, Heil- und Hilfsmittelherstellern sowie Medizinprodukteherstellern, die ebenfalls als Leistungserbringer auf dem Markt agieren, kommt der Patient selber während des gesamten Behandlungsverhältnisses in keinen direkten Kontakt.158 Hier obliegt es dem aufgesuchten Arzt bei der Verordnung einen entsprechenden Hersteller für den Patienten auszuwählen.159 Diese durch den Arzt zu treffende Auswahlentscheidung führt zu einem Leistungswettbewerb zwischen den sekundären Leistungserbringern. Hier können die 154

BGHZ 175, 333 (341 f.). Schneider, in: Langen/Bunte, Bd. 2, Syst. V Rn. 4. Zum Qualitätswettbewerb BGHZ 175, 333 (343 f.); 156 Kuchinke, Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 11 (14 f.) 157 Die gesetzliche Krankenversicherung erstattet verschreibungspflichtige Arzneimittel, soweit sie nicht nach § 34 I 6 SGB V ausgenommen sind. In der privaten Krankenversicherung kommt es nach § 4 III MB/KK darauf an, dass die Arzneimittel von dem Arzt verordnet worden sind. Die Verschreibungspflicht hingegen ist nicht entscheidend. 158 Kuchinke, in: Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 11 (14 f.), bezeichnet diese als indirekte Leistungsanbieter. Die zuvor angeführten Leistungsanbieter werden als direkte Leistungsanbieter bezeichnet, wobei zwischen der ersten und der zweiten Stufe unterschieden wird. 159 Freilich ist hier bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, die (überwiegend) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, die aut-idem-Regelung für Apotheker zu beachten, der das Medikament durch ein günstigeres mit demselben Wirkstoff zu ersetzen hat, soweit der Arzt diesen Austausch nicht explizit ausgeschlossen hat, dazu bereits in Teil 2 A. V. 155

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Hersteller als Anbieter auf dem Markt insbesondere durch Qualität überzeugen. Hinsichtlich der Preisgestaltung bleibt ihnen lediglich ein geringer Spielraum, da sie zumindest bei verschreibungspflichtigen Medikamenten an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden sind.160 Zu einem solchen Leistungswettbewerb zwischen den Leistungserbringern führen freilich auch die oben dargestellten Selektivverträge. Auf dem dadurch entstehenden Verhandlungsmarkt zwischen den einzelnen Leistungserbringern und den Krankenkassen werden letztendlich diejenigen Leistungserbringer die größte Nachfrage haben, die den Krankenkassen die besten Vertragsbedingungen bieten. Einen weiteren Markt stellt der Versicherungsmarkt dar, auf dem die Versicherungen um die Versicherten konkurrieren. Entscheidend hierfür wird der angebotene Beitragssatz sein. Aufgrund der seit 2009 in § 241 SGB V gesetzlich festgesetzten Beitragssätze divergieren diese jedoch nur noch in besonderen Fällen.161 Die verschiedenen Märkte im Gesundheitswesen haben alle gemeinsam, dass sie einem staatlichen Ordnungsrahmen unterliegen, durch den das Angebot und die Nachfrage auf dem Markt nur rudimentär durch den Wettbewerb bestimmt wird.162 Welche Entscheidungen auf dem jeweiligen Markt getroffen werden, hängt letztendlich vom Staat ab, der neben der Festlegung eines engen Finanzrahmens auch durch die Änderung von Verfahrens- und Entscheidungsregeln und dem Setzen von finanziellen Anreizen auf die Entscheidungsfindung der Marktteilnehmer einwirkt.163 Entscheidend ist, dass dieser durch den Staat gesteuerte Wettbewerb als Ziel die Weiterentwicklung der Qualität der medizinischen Versorgung bei vertretbarer Entwicklung der Kosten anstrebt. Dabei war es die Intention des Gesetzgebers bei Einführung der verschiedenen Wettbewerbselemente, diese Qualitäts- und Effizienzsteigerung letztendlich mit einer Stärkung des Wettbewerbs zwischen den Leistungserbringern zu erreichen.164

160 Vgl. § 1 Nr. 1 AMPreisV, wonach die Arzneimittelpreisverordnung auf alle Arzneimittel, die im Voraus hergestellt werden und nach § 43 I AMG apothekenpflichtig sind, Anwendung findet. 161 Vgl. § 242 I SGB V, der es den Krankenkassen gestattet den Mitgliedern Zusatzbeiträge aufzuerlegen, wenn sie ihren Finanzbedarf nicht aus den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds decken können. Bereits angesprochen wurde unter A. III. 2. a) die Beitragssenkung aufgrund besonders effizienter und wirtschaftlicher Verwaltungstätigkeit. 162 Kuchinke, in: Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 11 (41). 163 Gerlinger, in: Manzei/Schmiede, in: Wettbewerb im Gesundheitswesen, S. 35 (54). 164 BT-Drs. 16/3100 S. 2, 85. Des Öfteren regt das Bundesgesundheitsministerium auch weitergehend eine Stärkung dieses Wettbewerbs an; vgl. nur https://www.bundesgesundheitsmi nisterium.de/themen/krankenversicherung/finanzierung/wettbewerb-gesundheitswesen/ #c2344. Letzter Abruf am 04.07.2020.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

4. Geschützter Wettbewerb im Rahmen der §§ 299a, b StGB a) Entscheidender Markt der Straftatbestände An diesem Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern setzen die neuen Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen an. Die unlautere Bevorzugung im Wettbewerb hat bei der Verordnung von Arznei-, Heiloder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial zu erfolgen. Erfasst werden demnach nur diejenigen Wettbewerbsverhältnisse, auf die der Arzt – oder zumindest auch teilweise andere Heilberufler165 – aufgrund ihrer Schlüsselstellung im Gesundheitswesen einen Einfluss haben.166 Entscheidender Markt ist die zweite Stufe des Leistungsmarktes, auf welchem dem Patienten nur eine begrenzte Entscheidungsbefugnis zukommt, es vielmehr in weitesten Teilen den aufgesuchten Ärzten obliegt, die weiteren Leistungserbringer zu wählen. Mit den genannten Handlungen sollen alle dem Beruf immanenten Handlungen miteinbezogen werden, bei denen dem Arzt eine solche Entscheidungsposition zukommt. Geschützt wird folglich der Leistungswettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern, das heißt, zwischen den Arznei-, Heil- oder Hilfsmittelherstellern oder Medizinprodukteherstellern untereinander oder auch den verschiedenen Fachärzten, deren Inanspruchnahme eine Überweisung durch einen Hausarzt bedarf.167 Funktioniert dieser Wettbewerb, setzt sich am Ende das beste Preis-Leistungs-Verhältnis auf dem Markt durch.168 b) Vergleichbarkeit des Wettbewerbsbegriffes mit § 299 StGB Ob bei diesem geschützten Wettbewerb von demselben Wettbewerb wie bei dem Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ausgegangen werden kann, ist fraglich. Im Regierungsentwurf bezieht sich der Gesetzgeber auf den „wettbewerbsrechtlich strukturierten Ordnungsmechanismus“, welcher von den Straftaten des 26. Abschnitts geschützt sein soll.169 Letztendlich wird dadurch aber noch offengelassen, ob allen Straftaten des Abschnitts dieselbe Wettbewerbsordnung zugrunde gelegt werden soll. Hierfür spricht zunächst die Einordnung in den entsprechenden Abschnitt, wobei sich freilich die Frage stellt, warum im Falle eines gleichen Wettbewerbsverständnisses nicht einfach eine Anpassung des bereits existierenden § 299 StGB erfolgte.170 § 299 I Nr. 1, II Nr. 1 StGB 165

Vgl. bspw. für Gesundheits- und Krankenpfleger sowie für Altenpfleger § 63 IIIb SGB V. Zur Schlüsselstellung des Arztes bereits Teil 2 A. II. 3. der Arbeit. 167 Dannecker/Schröder, in: NK § 299a StGB Rn. 9; 168 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 7; Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (45). 169 BT-Drs. 18/6446 S. 16. 170 So auch Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 6. 166

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schützt nach herrschender Meinung den fairen Wettbewerb.171 Verhindert werden sollen unlautere Einflussnahmen in den Wettbewerb, welche potenziell die Gefahr mit sich bringen, sachwidrige Marktentscheidungen herbeizuführen.172 Ausschlaggebendes Argument für die Zugrundelegung einer anderen Wettbewerbsordnung ist die enorme staatliche Regulierung im Bereich des Gesundheitswesens, die es beinahe unmöglich macht, noch von einem freien Wettbewerb zu sprechen, wie er von § 299 StGB geschützt wird. Freier Wettbewerb setzt grundsätzlich die jederzeitige Möglichkeit für die Anbieter voraus, auf dem Markt agieren zu können. Allerdings stellt die zum Mitwirken auf dem Markt erforderliche vertragsärztliche Zulassung bereits eine erhebliche Marktzutrittsbarriere dar.173 Die Zulassung des Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung bringt gleichzeitig die Bindung an die Kollektivverträge und die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses mit sich.174 Leistungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung dürfen nur insoweit erbracht werden, als sie in den entsprechenden Richtlinien vorgesehen sind. Die Abrechnung erfolgt stets auf Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes. In seiner Preisgestaltung ist der Arzt demnach ebenso wenig frei wie in der Wahl der Verschreibung oder der Behandlungsweise. Indem alle Anbieter auf dem Markt den Regelungen der Kollektivverträge und Richtlinien unterworfen sind, entsteht ein einheitliches Vorgehen auf dem Markt. Eine Stärkung der eigenen Machtposition ist im Rahmen des Kollektivvertragssystems nicht möglich und soll auch nicht durch die Einführung der verschiedenen Wettbewerbselemente erreicht werden. Bezeichnet wird dieser Zustand auch als eine „Marktregulierung durch Zwangskartelle“175. Diese Regulierung, die freilich auf die gemeinsame Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung zurückgeht, soll zu einem angemessenen, sachnahen und sachkundigen Interessenausgleich führen, bei dem insbesondere die sozialrechtliche Zielsetzung besondere Beachtung findet.176 Bestechungshandlungen bringen die Gefahr mit sich, dass die gesellschafts171 Heger, in: Lackner/Kühl, § 299 StGB Rn. 1; Tiedemann, in: LK, § 299 StGB Rn. 1; Krick, in: MK-StGB, § 299 StGB Rn. 2; Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 9; Vasilikou, in: FS I. Roxin, S. 359 (363 ff.); Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 2. Vgl. jedoch auch Pragal, welcher in dem Schutzgut des freien Wettbewerbs eine äußerst ungenaue Beschreibung sieht und deshalb die „Nichtkäuflichkeit übertragener oder sonst besonders freiverantwortlicher Entscheidungen sowie das diesbezügliche Vertrauen der Allgemeinheit“ als Rechtsgut des § 299 StGB ansieht, in: Korruption innerhalb des privaten Sektors, 2006, S. 146; ders. ZIS 2006, 63 (78). Krit. hierzu Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 10. 172 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 3; Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1077); Pfeiffer, in: FS Frhr. v. Gamm, S. 129 (138) zu § 12 UWG a. F. 173 Hofmann, in: Schmehl/Wallrabenstein, Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Bd. 2, S. 103 (108). 174 Hierzu bereits ausführlich in Teil 2 A. IV. 175 Vgl. Becker/Schweitzer, in: Gutachten zum 69. Juristentag, B 24. 176 Becker/Schweitzer, in: Gutachten zum 69. Juristentag B 24; dazu auch Hofmann, in: Schmehl/Wallrabenstein, Steuerungsinstrumente im Recht des Gesundheitswesens, Bd. 2, S. 103 (115 ff.).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

und wirtschaftspolitischen Funktionen des Wettbewerbs nicht mehr verwirklicht werden können und dadurch eine ausgewogene Machtverteilung in der Wirtschaft und in der Gesellschaft nicht mehr erreicht werden kann.177 Um eine solche ausgewogene Machtverteilung geht es aber auf dem Gesundheitsmarkt gerade nicht. Vielmehr bleibt es letztlich immer der Staat, der regulierend eingreift. Der Wettbewerb stellt lediglich das Mittel zum Zweck dar. Erreicht werden soll eine Versorgungsqualität bei Kosteneffizienz.178 Geschützt werden soll der Wettbewerb damit nur soweit, wie er in dem staatlich gesetzten Rahmen zulässig ist.179 Brettel/ Mand sehen daher überzeugend nicht den freien Wettbewerb vor Verzerrungen als geschützt an, sondern konkretisieren den Schutz auf die „geltenden Steuerungs-, Verteilungs- und Ordnungsmechanismen auf dem Gesundheitsmarkt“180. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, der im Regierungsentwurf ohne nähere Ausführungen vom Schutz des „wettbewerbsrechtlich strukturierten Ordnungsmechanismus“ spricht.181 Im Ergebnis streitet dies dafür, die dem § 299 StGB zugrunde gelegte Wettbewerbsordnung nicht vollumfänglich auf das Wettbewerbsverständnis der neuen Straftatbestände zu übertragen. Entscheidend für die Auslegung des Begriffs des Wettbewerbs ist daher dessen Bedeutung im einschlägigen Sozial- oder Berufsrecht oder auch den zahlreichen Preisbestimmungen, welche auf dem Gesundheitsmarkt gelten.182 c) Anwendbarkeit auf die private Krankenversicherung Die dargestellten wettbewerbsrechtlichen Steuerungsinstrumente betreffen freilich zunächst nur den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Lange Zeit wurde im Gesetzgebungsverfahren kontrovers diskutiert, ob eine neue Regelung sich nicht nur auf die gesetzliche Krankenversicherung erstrecken sollte. So sah der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Förderung der Prävention einst einen neuen im Sozialgesetzbuch verorteten Straftatbestand vor.183 Die daraus resultierende Beschränkung auf Vertragsärzte sei aufgrund der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung durch die gesetzlichen Pflichtbeiträge der Versicherten ge-

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Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 6. Kölbel, medstra 2016, 193 (194). 179 Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929 (933); Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1077, 1079). 180 Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (102); siehe auch Kubiciel, MedR 2016, 1 (2 f.); ders. in Kubiciel/Hoven, S. 69 (71 f.); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 31; Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 1. 181 BT-Drs. 18/6446, S. 16. Vgl. auch den Gesetzesantrag des Freistaates Bayern, BRDrs. 16/15, S. 11, welcher „die staatlich weitgehend reglementierte Struktur des Gesundheitswesens“ als geschützt ansieht. 182 Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (102); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 6. 183 Dazu näher Teil 3 A. IV. 4. 178

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rechtfertigt.184 Ein entsprechender Antrag der SPD auf Aufnahme eines Straftatbestandes in das Strafgesetzbuch, welcher eine Gleichbehandlung von Vertrags- und Privatarzt vorsah, wurde zunächst abgelehnt.185 Der dann in das Strafgesetzbuch neueingefügte Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen nimmt dennoch keine Unterscheidung zwischen Vertragsarzt und Privatarzt vor.186 Dies ist auch überzeugend, vermag es doch keinen Unterschied zu machen, ob sich der Vertragsarzt oder der Privatarzt bestechen lässt. Abgesehen davon, dass kaum danach zu differenzieren ist, ob ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt einen Kassenpatienten oder Privatpatienten behandelt, spricht insbesondere die gesteigerte Korruptionsanfälligkeit des Systems der privaten Krankenversicherung dafür, die Straftatbestände auch auf diesen Bereich zu erstrecken.187 Im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung, wird den Ärzten bei der Behandlung von Privatpatienten ein bedeutend größerer Entscheidungsspielraum eingeräumt. So fehlen in der privaten Krankenversicherung verschiedene Kontrollmechanismen wie die Wirtschaftlichkeitsprüfung oder die aut-idem-Substitution188, welche den Arzt zu einem wirtschaftlichen Verhalten anhalten sollen.189 Die zu verschreibenden Produkte bezieht der Arzt vom selben Leistungsmarkt, unabhängig davon, ob es sich um die Behandlung eines Privat- oder Kassenpatienten handelt. Eine Bevorzugung eines Pharmaherstellers bei der Verschreibung oder bei der Überweisung an einen Facharzt, führt in beiden Fällen zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und der dadurch resultierenden Überteuerung von Waren und Dienstleistungen auf dem Gesundheitsmarkt und letztendlich auch zur Störung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens.190 Schlüssig scheint es aufgrund der genannten Gründen im Rahmen der neuen Strafvorschriften von einem einheitlichen Wettbewerbsverständnis auszugehen. Dabei liegt es nahe, auf das Verständnis von Wettbewerb als ein Steuerungsinstrument zurückzugreifen, wie es in der gesetzlichen Krankenversicherung herrscht. Auch wenn in der privaten Krankenversicherung ein anderer gesetzlicher Rahmen besteht, ist auch hier das Ziel des Wettbewerbs, dass sich bei gleicher Qualität das kostengünstigste Produkt auf dem Markt durchsetzt.191 184

BT-Drs. 17/14184, S. 30. Dazu BT-Drs. 17/14184, S. 24. 186 BT-Drs. 18/6446, S. 13, 16. Zust. auch Wigge, NZS 2015, 447 (448 f.) 187 Gesetzesantrag des Freistaates Bayern, BR-Drs. 16/15, S. 13; Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 287; Cosack, ZIS 2013, 226 (227). 188 § 129 I S. 1 SGB V. 189 Cosack, ZIS 2013, 226 (227). 190 So schon BT-Drs. 17/14575, S. 10; zust. auch Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 287; Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 15; Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 109; Schneider/Kaltenhäuser, medstra 2015, 24 (31). 191 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 7; Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (45). 185

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

IV. Einsatz des Strafrechts zur wirksamen Korruptionsbekämpfung Bekannt ist, dass das Strafrecht grundsätzlich nur als letztes Mittel, somit als „ultima ratio“, vom Gesetzgeber eingesetzt werden darf.192 Eine Strafnorm darf demnach nur erlassen werden, wenn andere in Betracht kommende Schutzmaßnahmen nicht zum Ziel führten.193 Wie bereits dargestellt, existieren jedoch bereits zahlreiche andere Vorschriften, welche dem Schutz der ärztlichen Unabhängigkeit oder auch des Wettbewerbs dienen.194 1. Wettbewerbs- oder Korruptionsunrecht? Zunächst bleibt hier festzustellen, was durch die Norm überhaupt sanktioniert werden soll. Die Tatbestandsvoraussetzung der unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb führt zunächst zu der Annahme, dass die neuen Straftatbestände der Sanktionierung von Wettbewerbsunrecht dienen. Angelehnt an das Wettbewerbsrecht, sanktioniert das Wettbewerbsstrafrecht einerseits die Verstöße gegen die Lauterkeit des Wettbewerbs und andererseits die unzulässige Beschränkung des Wettbewerbs.195 Dabei finden sich in den Straftatbeständen auch weitere Merkmale, welche eine Sanktionierung von Korruptionsunrecht nahe legen. a) Der Begriff der Korruption Der Begriff der Korruption findet sich an keiner Stelle im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen. In zahlreichen Wissenschaftsbereichen wurde versucht, den Begriff der Korruption zu definieren. Hierbei wurden abhängig vom jeweiligen Bereich, unterschiedliche Merkmale berücksichtigt.196 Der Begriff der Korruption lässt sich von dem lateinischen Wort „corrumpere“ ableiten und bedeutet so viel wie Bestechlichkeit, Verderblichkeit und Sittenverfall.197 Das Wort der Bestechlichkeit findet sich im Strafgesetzbuch in drei verschiedenen Bereichen: § 108e StGB regelt zunächst die Bestechung von Mandatsträgern und bezieht sich damit auf den politischen Bereich. Weitergehend finden sich in § 299 StGB die Bestechung im geschäftlichen Verkehr und in §§ 331 ff. StGB die Bestechung von Amtsträgern. Alle genannten Straftatbestände haben gemeinsam, dass sie als Kernelement eine Un192

Dazu Weigend, in: LK, Einl. Rn. 1. Siehe nur Roxin, AT I, § 2 Rn. 97. Dazu auch BVerfGE 120, 224 (239 f.) – „InzestEntscheidung“, die dem Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum dafür gibt, welches Rechtsgut mit dem Strafrecht geschützt werden soll. 194 Siehe dazu bereits näher Teil 2 der Arbeit. 195 Achenbach, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Teil 3 Kap. 1 Rn. 1. 196 Einen Überblick über die verschiedenen Definitionen bietet Bannenberg, in: Wabnitz/ Janovsky, Hdb. d. Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 12. Kap. Rn. 4 f. 197 Vgl. nur Langenscheidt, Latein-Deutsch-Wörterbuch, Stichwort: „corrumpere“. 193

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rechtsvereinbarung zum Gegenstand haben.198 Auch wenn die verschiedenen Straftatbestände an diese unterschiedliche Anforderungen stellen199, bezieht sich die Unrechtsvereinbarung stets auf den regelwidrig versprochenen Vorteil und die – im Sinne eines Äquivalenzverhältnisses – dafür zu gewährende Gegenleistung.200 Scheinbar setzt Korruption demnach zunächst ein zweiseitiges Verhältnis in Form einer „Geber-“ und einer „Nehmerseite“ voraus. Gängig ist daher auch die Begriffsbestimmung der Korruption als „regelwidriger Tausch von Vorteilen“.201 Dieses allein kann aber noch nicht ausreichend für das Vorliegen von Korruption sein. Es existieren zahlreiche Fallkonstellationen, die zwar ein regelwidriges Austauschverhältnis zum Gegenstand haben, aber mit dem Verständnis von Korruption dennoch nicht in Einklang zu bringen sind.202 Um diese Fälle auszunehmen, ist den oben genannten Straftatbestände außerdem immanent, dass der Vorteilsnehmer mit der Wahrnehmung von Interessen Dritten betraut ist und Entscheidungen von einem nicht unbedeutendem Gewicht treffen kann. So hat der Angestellte bei § 299 StGB stets im Interesse seines Geschäftsherrn zu handeln. Der von § 331 StGB erfasste Amtsträger ist wiederum dem Staat verpflichtet und der Mandatsträger hat stets die Interessen des Volkes wahrzunehmen.203 Daraus ergibt sich bei den bereits bestehenden Bestechungstatbeständen das Erfordernis eines Drei-Personen-Verhältnisses. Der Vorteilsnehmer wird zum „Diener zweier Herren“: dem Vorteilsgeber und demjenigen, dessen Interessen er eigentlich wahrzunehmen verpflichtet ist.204 Alle genannten Aspekte bezieht Saliger205 in seine Begriffsbestimmung mit ein, indem er 198 Vgl. nur BGHSt 15, 88 (97); 53, 6 (14); aus der Literatur: Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 64; Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 116; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (479); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 7 m. w. N. Weitergehend finden sich noch andere Straftatbestände im Strafgesetzbuch, welche ebenfalls Korruptionselemente enthalten, wie beispielsweise der Betrug (§ 263 StGB) oder die Untreue (§ 266 StGB), vgl. zu den Korruptionsdelikten im weiteren Sinne, Saliger, in: FS Kargl, S. 493 (495). 199 § 331 StGB fordert lediglich, dass der Vorteil „für eine Dienstausübung“ gewährt werden muss, womit das Versprechen einer konkreten Gegenleistung nicht erforderlich ist. Ausreichend ist im Unterschied zu § 299 StGB und §§ 299a, b StGB, bereits das Vorliegen einer gelockerten Unrechtsvereinbarung, vgl. BGHSt 53, 6 (14 f.). Dazu auch Ambos, JZ 2003, 345 (349). 200 Ambos, JZ 2003, 345 (350); Kuhlen, in: NK, § 331 StGB Rn. 84. 201 Volk, in: GS Zipf, S. 419 (421); so auch Ambos, JZ 2003, 345 (349 f.); Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (481): „sachwidrig“. 202 Vgl. hierzu etwa das Beispiel von Kindhäuser, in: ZIS 2011, 461 (463): Der Killer tötet das Opfer O und erhält hierfür von seinem Auftraggeber die versprochene Belohnung; ferner Saliger, in: FS Kargl, S. 493 (496 f.) mit weiteren Beispielen. 203 Kindhäuser, ZIS 2011, 461 (463). 204 Saliger, in: FS Kargl, S. 493 (497); so auch Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 7. 205 FS Kargl, S. 493 (497); so auch Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1078); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 17. Kubiciel weist daraufhin, dass dieses Bild der Dienerschaft nur für die Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB überzeugend sei, da der Mandatsträger und der Amtsträger dem Staat, nicht aber einem „personifizierten Herrn“ dienten, WiJ 2016, 1 (4).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Korruption als „vorteilsbedingte und interessenwidrige Dienerschaft zweier Herren“ bezeichnet. b) Ausnahme von der grundsätzlich straflosen Geschäftsherrenbestechung Fraglich ist, ob sich dieses Verständnis der Korruption aber auch auf die Korruption von Heilberuflern übertragen lässt. Freilich sind angestellte Heilberufler zunächst „Diener“ ihres Geschäftsherrn. Ebenso haben Klinikärzte in Universitätskliniken als Amtsträger die Interessen des Staates wahrzunehmen. Für beide Fälle sind bereits die bestehenden Korruptionsdelikte der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB sowie der Amtsträgerbestechung nach § 331 StGB einschlägig. Anderes gilt aber für den niedergelassenen Vertragsarzt, bei dem zweifelhaft ist, ob er als „Diener zweier Herren“ angesehen werden kann. Er übt eine freiberufliche Tätigkeit aus und ist aufgrund seiner Stellung im Sozialrecht zunächst weder Beauftragter der Krankenkassen noch Amtsträger i. S. d. § 11 I Nr. 2 StGB.206 Gleichwohl stellt sich die Frage, ob der niedergelassene Vertragsarzt tatsächlich freier Geschäftsherr ist oder ob er nicht doch im Interesse eines Dritten handelt und sich damit auf einem anderen Wege eine Dienerschaft konstruieren lässt. Nimmt man ersteres an, wäre der Arzt in Anlehnung an § 299 StGB als Geschäftsinhaber in seinen unternehmerischen Entscheidungen grundsätzlich frei.207 Regelmäßig ergäbe sich ansonsten hier die Frage, wann von einem korruptiven Verhalten oder einem lauteren Verhalten auszugehen wäre. Denn dem Geschäftsinhaber steht es grundsätzlich frei, seinen eigenen Vorteil zu erwirtschaften, auch wenn dies auf Kosten eines anderen geschieht.208 Wahrzunehmende Interessen Dritter könnten aber insbesondere die der Krankenkassen, der kassenärztlichen Vereinigungen oder des Patienten sein.209 Der Gesetzgeber knüpft bei den neuen Straftatbeständen nicht an die Stellung des Arztes oder eines sonstigen Heilberuflers im Sozialrecht an, welche die Annahme der Beauftragteneigenschaft gerade nicht zulassen.210 Vielmehr begrenzt er die Strafbarkeit auf diejenigen Fälle, in denen der Heilberufler eine Schlüsselposition im Gesundheitssystem einnimmt211: Nur der Heilberufler entscheidet darüber, welche Therapie und welche Medikation erforderlich ist, womit ihm in dieser Situation eine gewisse Machtstellung zukommt.212 Freilich hat er bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben stets die finanziellen Interessen der Kranken206

Siehe hierzu BGHSt 57, 202 m. zust. Anmerkung Hecker, JuS 2012, 852. BGHSt 57, 202 (211 f.); BGH NStZ 2014, 42 (43); Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1077); Fischer, § 299 StGB Rn. 12; Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 44; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 11. 208 Erb, in: FS Geppert, S. 97 (107); Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 45; ders./ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 81. 209 Saliger, in: FS Kargl, S. 493 (503). 210 BGHSt 57, 202 (212 f.). 211 Dazu bereits oben in Teil 2 A. II. 3. 212 Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 109. 207

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kassen zu berücksichtigen.213 Überzeugend ist es daher, dass der Heilberufler bei Vornahme einer der im Tatbestand genannten Handlungen die Interessen der Krankenkassen wahrnimmt, womit er hier zum „Diener“ des Gesundheitssystems wird.214 Gemeint ist sowohl die private als auch die gesetzliche Krankenversicherung, weshalb es keinen Unterschied macht, ob der Arzt als Privatarzt oder Vertragsarzt tätig wird.215 Einer solchen Beauftragteneigenschaft steht auch nicht entgegen, dass ein angestellter Arzt bereits in einer geschäftlichen Beziehung zu seinem Geschäftsherrn steht. Insoweit verwirklicht dieser dann sowohl den Straftatbestand der Beauftragtenbestechung als auch den neuen Straftatbestand des § 299a StGB.216 Etwas anderes muss freilich gelten, soweit die Interessen der Krankenkassen bei den Handlungen nicht berührt werden und der Arzt somit nicht im Dienste des Gesundheitswesen steht, sondern als Geschäftsinhaber fungiert.217 Hierzu gehören beispielsweise Fälle wie die Beschaffung der Praxisausstattung218 oder auch die Tätigkeit eines Arztes als kaufmännischer Leiter eines Krankenhauses, der nicht seiner heilberuflichen, wohl aber seiner kaufmännischen Tätigkeit nachkommt.219 Nach der jetzigen Gesetzesfassung soll der Heilberufler außerdem bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten frei sein, soweit diese nicht zur unmittelbaren Anwendung am Patienten vorgesehen sind.220 An dieser Stelle zeigt sich, dass die oben angeführte zweite Tatbestandsvariante (Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten), wonach das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen geschützt werden sollte, nur schwer mit einem Korruptionsdelikt zu vereinbaren wäre. In Fallkonstellationen, in denen allein das Vertrauen des Patienten beeinträchtigt ist, fehlt es an dem für die Korruption typischen Dreipersonenverhältnis, da der Arzt hier verpflichtet ist, im Interesse des Patienten zu handeln.221 Damit unterscheidet er sich aber nicht von anderen Angehörigen eines freien Berufes, die ebenfalls im Interesse ihrer Auftraggeber agieren müssen.222 Die Bestandskraft eines solchen selbständigen Professionsdelikt bleibt aber auch hier mehr als fragwürdig.223

213

Zur Bindung an die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses siehe Teil 2 A. IV. 2. b). 214 Vgl. auch Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 17. 215 Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 109. 216 Zum Konkurrenzverhältnis der Vorschriften zueinander näher in diesem Teil unter C. VI. 217 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1078). 218 BT-Drs. 18/6446, S. 22; Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1078, 1085 f.). 219 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1084). Hierzu ausführlicher in Teil 3 C. IV. 1. b). 220 BT-Drs. 18/8106, S. 15; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 168; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 27. 221 Hierzu auch Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 110. 222 Zur möglichen Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen ausführlich in Teil 3 A. IV. 5. der Arbeit.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

c) Stellungnahme Die neuen Straftatbestände stellen mehr als reines Wettbewerbsstrafrecht dar.224 Zwar setzen sie stets eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb, somit eine Wettbewerbslage voraus. Sie verlangen aber auch, dass der Täter Interessen gegenüber einem Dritten verletzt, womit es sich bei Vorliegen einer Wettbewerbslage auch um Korruptionsunrecht handelt.225 Dagegen spricht auch nicht, dass der Arzt als Geschäftsinhaber auch Adressat der Vorschriften ist und damit ein Fall der ansonsten straflosen Geschäftsinhaberbestechung vorliegt. Aufgrund der Einschränkung auf bestimmte Handlungen, werden nur diejenigen Fälle erfasst, in denen der Arzt die Interessen des Gesundheitssystems wahrzunehmen hat und gerade nicht als Geschäftsinhaber fungiert. 2. Schutz durch anderweitige Vorschriften Aufgabe des Gesetzgebers war es, durch neue Vorschriften eine Gleichbehandlung zwischen angestellten und niedergelassenen Ärzten zu schaffen.226 Bestehenden strafrechtlichen und auch außerstrafrechtlichen Vorschriften vermochte dies bisweilen nicht gelingen. a) Schutz durch das Sozialrecht Für alle zugelassenen Vertragsärzte sieht das Disziplinarrecht der kassenärztlichen Vereinigungen verschiedene Maßnahmen vor.227 Allerdings stellt sich die Frage, ob das Disziplinarverfahren ohne Weiteres mit dem Strafrecht verglichen werden kann und ob es ein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Korruption darstellt. aa) Aufgabe des Disziplinarrechts Die fehlende Vergleichbarkeit der Disziplinarstrafe zur Kriminalstrafe ergibt sich bereits aus dem Rechtsgrund und der Zweckbestimmung, die dem Disziplinarrecht immanent sind. Strafrechtliche Vorschriften schützen allgemeine Rechtsgüter. Reagiert wird auf die Störung der öffentlichen Ordnung. Disziplinarrechtliche 223

Krit. auch Saliger, FS Kargl, S. 493 (504). Vgl. aber Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 128 ff., 137 ff., welche eine Strafnorm befürwortet, die allein die Interessen des Patienten als unmittelbar geschütztes Rechtsgut zum Gegenstand haben soll. 224 Für reines Wettbewerbsstrafrecht: Kölbel, medstra 2016, 193; Kubiciel, in: Kubiciel/ Hoven, S. 69 (85); Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 26 Rn. 65. 225 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 17; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 79. 226 Vgl. BT-Drs. 17/3685, S. 2 – Antrag der SPD. 227 Zum Disziplinarverfahren und Zulassungsentziehungsverfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung bereits Teil 2 A. VIII.

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Vorschriften schützen dagegen nicht die öffentliche Ordnung, sondern nur eine Ordnung, die einem bestimmten Adressatenkreis auferlegt wurde.228 Sie stellen eine Art Bestrafung gegen Berufspflichten dar, die allein bestimmten Berufsgruppen auferlegt sind.229 Das Disziplinarrecht ist damit nur auf das interne Verhältnis gegenüber dem Dienstherrn zugeschnitten. Das Strafrecht dagegen erstreckt sich auf die gesamte Allgemeinheit.230 Das Disziplinarrecht verfolgt auch eine andere Zielrichtung als das Strafrecht. Disziplinarmaßnahmen dienen dazu, den Berufsangehörigen zur Erfüllung seiner Berufspflichten anzuhalten.231 Sie stellen ein „Erziehungs- und Zuchtmittel“232 dar. Anders als die Kriminalstrafe233, beinhalten Disziplinarmaßnahmen keine Elemente der Vergeltung, weshalb auch das Verbot der Doppelbestrafung aus Art. 103 III GG im Verhältnis Disziplinarrecht – Strafrecht keine Anwendung findet.234 Ihre Aufgabe ist es, einen geordneten Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten.235 Im Fall der Disziplinarmaßnahmen der kassenärztlichen Vereinigungen bedeutet dies, die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen.236 Der einzelne Vertragsarzt wird dazu angehalten, seinen vertragsärztlichen Pflichten künftig nachzukommen. Zugleich soll die übrige Ärzteschaft davon abgehalten werden, gegen Berufspflichten zu verstoßen.237 Disziplinarmaßnahmen unterscheiden sich somit von strafrechtlichen Sanktionen und sind deshalb ein „aliud“.238 bb) Effektivität des Disziplinarrechts Das Disziplinarrecht gewährleistet keine effektive Bekämpfung der Korruption. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das präventiv ausgerichtete Disziplinarverfahren sich nur gegen Angehörige des Adressatenkreises, somit im Gesundheitswesen nur 228

BVerfGE 21, 378 (384). Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 3 Rn. 15. 230 Braun, MedR 2013, 277 (280); Maurach/Zipf, AT Bd. 1, § 1 Rn. 17. 231 Zum Wehrdisziplinarrecht: BVerfGE 21, 391 (404). 232 BVerfGE 21, 378 (384); 28, 180 (186). 233 Nach den heute herrschenden Vereinigungstheorien beinhaltet die Strafe sowohl präventive Elemente als auch noch Elemente der Vergeltung; vgl. dazu Eisele, in: Baumann/ Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 53 ff. Anders hingegen noch die absoluten Straftheorien, welche die Vergeltung als Strafgrund ansahen. Die relativen Straftheorien entnahmen der Strafe einen präventiven Charakter, vgl. zu den Strafzwecktheorien Weigend, in: LK, Einl. Rn. 58 ff. 234 BVerfGE 21, 378 (384); 66, 337 (357), Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 3 Rn. 16; Hesral, in: Ehlers, Disziplinarrecht, Rn. 13; Maurach/Zipf, AT Bd. 1, § 1 Rn. 18. 235 BVerfGE 21, 378 (384). 236 BSGE 61, 1 (2); Ries, in: Ries/Schnieder/Papendorf/Großbölting/Berg, Arztrecht, 6.1; Schmuck/Huber, NJ 2013, 59 (61). Dazu bereits Teil 2 A. VIII. 237 Hampe/Mohammadi, NZS 2013, 691 (697); Hartmannsgruber, in: Ratzel/Luxemburger, Hdb. Medizinrecht, § 7 Rn. 1073. 238 Braun, MedR 2013, 277 (280); Heidelmann, Das Disziplinarrecht der Vertragsärzte, S. 67; Maurach/Zipf, AT Bd. 1, § 1 Rn. 17. 229

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gegen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Ärzte, richten kann.239 Daraus ergibt sich, dass der Bestechende, soweit er nicht selbst über eine vertragsärztliche Zulassung verfügt, nicht über das Disziplinarverfahren der Kassenärztlichen Vereinigungen belangt werden kann. Entsprechendes gilt bei der Behandlung eines Privatpatienten. Korrupte Vorgehensweisen eines Vertragsarztes können nur dann durch die Kassenärztlichen Vereinigungen verfolgt werden, wenn auch gegen vertragsärztliche Pflichten verstoßen wird, welche jedoch bei einer privatärztlichen Tätigkeit keinerlei Bedeutung haben.240 Schließlich verfügen die Kassenärztlichen Vereinigungen lediglich über rudimentäre Ermittlungsbefugnisse gegenüber ihren Mitgliedern, womit eine effektive Durchsetzung der Disziplinarmaßnahmen kaum möglich ist.241 b) Schutz durch das Berufsrecht aa) Adressatenkreis Die gewünschte Gleichbehandlung des möglichen Adressatenkreises nimmt das ärztliche Standesrecht vor. Ihm unterliegen alle Ärzte, unabhängig davon, ob sie angestellt sind oder ihren Beruf als niedergelassener Vertragsarzt ausüben.242 Voraussetzung ist freilich, dass überhaupt eine Berufsordnung existiert, die von einer Kammer erlassen wurde. Damit beschränkt sich bereits der Kreis ausschließlich auf die akademischen Heilberufe.243 Für sonstige Heilberufe existieren lediglich Leitlinien oder Berufsordnungen, die von den jeweiligen Berufsverbänden erlassen worden sind, jedoch keinerlei Normenqualität haben.244 Besteht eine Berufsordnung in Form einer Satzung, erstreckt sich diese einzig auf Kammerangehörige, womit das Berufsrecht schon deshalb nicht als ausreichend zur umfassenden Bekämpfung der Korruption angesehen werden kann. Durch das Wettbewerbsrecht entfaltet das Berufsrecht aber auch Wirkung gegenüber Nichtkammerangehörigen. Vorschriften der Berufsordnungen stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne des UWG dar. Freilich können insbesondere Unternehmen nicht Adressaten der Berufsordnung 239

Vgl. § 1 Disziplinarordnung KVBW. Braun, Industrie und Ärzteschaft, S. 171; ders., MedR 2013, 277 (282); Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionsdelikte, S. 116; Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (222). 241 Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (222). Auf den Punkt der Einräumung von Ermittlungsbefugnissen durch Satzungen wird im Rahmen des berufsgerichtlichen Verfahrens zugleich näher eingegangen. 242 Dazu bereits oben in Teil 2 B. 243 Scholz führt hierzu aus, dass die Mehrzahl der von den Straftatbeständen erfassten Heilberufe gerade keinem verkammerten Beruf angehören und somit keiner Berufsordnung in Form einer Satzung unterliegen, vgl. Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (92). 244 Vgl. exemplarisch die Berufsordnung für Physiotherapeuten vom Deutschen Verband für Physiotherapie e. V., abrufbar unter https://www.physio-deutschland.de/fileadmin/data/ bund/Dateien_oeffentlich/Beruf_und_Bildung/Ausbildung/ZVK-Verband-Berufsordnung-Bro schA5-2012-RZ.pdf. Letzter Abruf am 04.07.2020. 240

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sein, womit ein Verstoß gegen die Berufsordnung als Marktverhaltensregelung ausscheidet. Jedoch handelt auch derjenige unlauter, der zwar nicht selbst Adressat der Norm ist, aber einen Normadressaten dabei unterstützt, gegen Marktverhaltensregelungen zu verstoßen.245 Folge einer wettbewerbsrechtlichen Ahndung kann ein zivilrechtlicher Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch sowie ein Schadensersatzanspruch sein. Dadurch divergieren die Rechtsfolgen bezüglich der direkten Adressaten der Berufsordnung gegenüber denen, die lediglich über das Wettbewerbsrecht erfasst werden. Eine solche Unterscheidung nehmen die neuen Strafvorschriften gerade nicht vor. Spiegelbildlich zu § 299a StGB erfasst § 299b StGB das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils an einen Heilberufler. bb) Aufgabe des berufsrechtlichen Verfahrens Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass auch das Berufsrecht eine andere Schutzrichtung als das Strafrecht verfolgt. Nach den heute überwiegend vertretenen Vereinigungstheorien beinhaltet die Strafe sowohl spezial- und generalpräventive Aspekte als auch Punkte der Vergeltung.246 Berufsrechtliche Maßnahmen stellen dagegen ein „Erziehungs- und Zuchtmittel“247 dar und haben dadurch ausschließlich präventiven Charakter. Durch sie soll die Einhaltung der Berufspflichten durch die Berufsangehörigen gewährleistet werden und dadurch das Ansehen des ganzen Berufsstandes erhalten oder wiederhergestellt werden.248 Sie sind damit mit den bereits oben dargestellten Disziplinarmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigungen vergleichbar. Freilich verfolgen auch berufsrechtliche Normen einen Schutzzweck. Ebenso wie die neuen Straftatbestände, beinhaltet die Vorschrift des § 31 MBO-Ä Korruptions- sowie Wettbewerbsunrecht.249 Die verhängten berufsrechtlichen Maßnahmen sollen aber nicht den Kriminalunwert sanktionieren, sondern bringen den Verstoß gegen die dem Beruf immanenten Pflichten zum Ausdruck.250 Das Berufsrecht ist damit nicht ohne Weiteres mit dem Strafrecht zu vergleichen. Verwirklicht das berufsrechtswidrige Verhalten aber gleichzeitig einen Straftatbestand, bleibt eine berufsrechtliche Ahndung bei Beendigung des Strafverfahrens durch Freispruch oder Einstellung nur dann möglich, wenn die Handlung dennoch als berufsrechtswidrig anzusehen ist.251 Einem darauffolgenden berufsgerichtlichen 245

LG München I, Az. 37 O 16059/09 zu § 4 Nr. 11 UWG. So bereits auch BGH GRUR 1999, 1009 (1010) zu § 1 UWG a. F. – „Notfalldienst für Privatpatienten“. 246 Vgl. dazu Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 2 Rn. 53 ff. 247 BVerfGE 28, 180 (186). 248 Braun, MedR 2013, 277 (281); Nolting, in: Der Arzt im Wirtschaftsstrafrecht, S. 42; Scholz, in: Spickhoff, Vorb. MBO-Ä, Rn. 6. 249 Zum Normzweck, vgl. Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 1. 250 Braun, MedR 2013, 277 (281). 251 § 56 III HBKG BW. Ein bereits laufendes berufsgerichtliches Verfahren ist auszusetzen, sobald die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleitet.

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Verfahren steht auch nicht das Verbot der Doppelbestrafung aus Art. 103 III GG entgegen, da dieses im Verhältnis Kriminal- und Disziplinarrecht keine Anwendung findet.252 Allerdings gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass trotz der strafrechtlichen Verurteilung noch die Notwendigkeit einer Disziplinarstrafe besteht.253 Demnach darf das Berufsgericht erst bei Vorliegen eines berufsrechtlichen Überhangs, welcher durch das Strafurteil noch nicht ausreichend gesühnt wurde, entscheiden.254 Erst dann gebietet es der Zweck des berufsgerichtlichen Verfahrens, welcher darin besteht, das einzelne Kammermitglied zur Erfüllung seiner Berufspflichten anzuhalten und dadurch das gesamten Ansehen der Ärzteschaft zu schützen oder auch wiederherzustellen, eine weitere Sanktionierung vorzunehmen.255 cc) Effektivität des berufsrechtlichen Verfahrens Die Ärztekammern sehen sich bei der Durchsetzung des Berufsrechts regelmäßig dem Problem gegenüber, dass sie im Vergleich zu strafrechtlichen Ermittlungsbehörden nicht über ausreichend Ermittlungsbefugnisse verfügen.256 Zwar kann der Kammeranwalt nach § 21 der Berufsgerichtsordnung für Ärzte, eine bestimmte richterliche Untersuchungshandlung beim Bezirksberufsgericht beantragen, wenn er diese für erforderlich hält. Allerdings ist hierbei stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderem Maße zu berücksichtigen, da es sich um Kammerrecht handelt, welches durch die Ärztekammern selbst gesetzt wurde.257 Grundsätzlich unverhältnismäßig sind die Maßnahmen der Beschlagnahme von Patientenakten und der Durchsuchung von Praxisräumen, die regelmäßig die Ermittlungen erheblich erleichtern würden.258 Ist dem berufsgerichtlichen Verfahren ein Strafverfahren vorausgegangen, das durch Freispruch oder Einstellung beendet wurde, ist das Berufsgericht hinsichtlich der strafrechtlichen Würdigung an die Entscheidung des Strafgerichts gebunden. Im Wege des Akteneinsichtsrechts gemäß § 474 II Nr. 2 StPO, besteht für das Berufsgericht allerdings die Möglichkeit, von den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft Kenntnis zu erlangen und diese bei seinen weiteren Ermittlungen zu verwenden. 252 BVerfGE 27, 180 (185); Nolting, in: Der Arzt im Wirtschaftsstrafrecht, S. 43; dazu auch Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 54. 253 BVerfGE 27, 180 (188). 254 Kern/Rehborn, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts, § 17 Rn. 24; Quaas, in: Quaas/Zuck/Clemens, § 13 Rn. 95 f; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 54. Vgl. auch § 56 III HBKG BW. 255 Zum Ziel des berufsgerichtlichen Verfahrens Nolting, in: Der Arzt im Wirtschaftsstrafrecht, S. 42. 256 Braun, Industrie und Ärzteschaft, S. 170; ders., MedR 2013, 277 (282); Cosack, ZIS 2013, 226 (231); Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 111. 257 Scholz, GuP 2013, 81 (86). 258 LandesberufsG NRW MedR 2010, 670 (673); Scholz, in: Spickhoff, Vorb. MBO-Ä, Rn. 4.

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Teilweise wird vorgebracht, dass bereits eine Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse zu einer erfolgsversprechenden Korruptionsbekämpfung führen könnte.259 Eine solche Ausweitung ist jedoch fragwürdig, da Ermittlungsbefugnisse auch Grundrechtseingriffe mit sich bringen. Zu denken ist an die Durchsuchung in einer Arztpraxis oder auch an die Beschlagnahme entsprechender Unterlagen. Die Ermächtigung der berufsständischen Gremien zu solchen Grundrechtseingriffen begegnet allerdings erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken.260 Diese Bedenken verstärken sich, wenn man an den eigentlichen Adressatenkreis der Berufsordnungen denkt. Die Befugnisse der Ärztekammern erstrecken sich nur auf ihre Mitglieder, nicht auf Dritte. Ermittlungsmaßnahmen gegenüber Pharmaunternehmen kommen folglich nicht in Betracht.261 In der Praxis führen in der Regel die Fälle, in denen dem berufsgerichtlichen Verfahren ein Strafverfahren vorausgegangen ist, zur Einleitung eines erfolgsversprechenden berufsgerichtlichen Verfahrens.262 Maßgeblich ist hier, dass die Strafverfolgungsbehörden die Ärztekammern gemäß §§ 13 II S. 1, 14 I Nr. 4 EGGVG i. V. m. Nr. 26 MiStra informieren, soweit ein Verfahren gegen einen Arzt geführt wird, dessen Gegenstand möglicherweise auch eine Berufsausübungspflicht betrifft. So wurden auch in den Fällen, die Gegenstand des Kassenarztbeschlusses des BGH263 im Jahre 2012 waren, nach der Entscheidung des Großen Senates berufsgerichtliche Verfahren eingeleitet.264 Wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren mangels eines Straftatverdachts nicht durchgeführt, sind die Berufsgerichte oftmals dem Problem ausgesetzt, dass ein Verstoß gegen das Berufsrecht im berufsgerichtlichen Verfahren nicht nachgewiesen werden kann.265 Die Einführung der neuen Strafnormen führt folglich auch dazu, dass die Ahndung berufsrechtlicher Verstöße effektiver erfolgen kann. Existiert jedoch keine Strafvorschrift, ist die Durchsetzung berufsrechtlicher Maßnahmen deutlich erschwert. Aufgrund der dadurch fehlenden Effektivität und der außerdem bestehenden anderen Schutzrichtung, ist somit auch das Berufsrecht zur Sanktionierung korrupter Verhaltensweisen im Gesundheitssektor nicht ausreichend. 259

Uwer, in: FS Schiller, S. 639 (658). Cosack, ZIS 2013, 226 (231). 261 Krit. hierzu auch Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 253; sowie Scholz, GuP 2013, 81 (86). 262 BT-Drs. 17/14184, S. 21; Gädigk, medstra 2015, 268 (271). 263 BGHSt 57, 202. 264 Vgl. hierzu nur https://www.welt.de/wirtschaft/article112731796/Fast-tausend-Verfah ren-gegen-Aerzte-eingeleitet.html. Letzter Abruf am 04.07.2020. 265 BT-Drs. 17/14184, S. 32; Gesetzesantrag des Freistaates Bayern BR-Drs. 16/15 S. 14; Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (90); Kritisch zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens im berufsgerichtlichen Verfahren Willems, Verfahren vor den Heilberufen, Rn. 301, der kritisiert, dass in vielen Fällen bereits im Ermittlungsverfahren medizinische Fachkenntnisse erforderlich seien; ähnlich Scholz, GuP 2013, 81 (82), der aber betont, dass die Ermittlungsbefugnisse entscheidend seien. 260

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c) Wettbewerbsrecht Der Schutz des Wettbewerbs erfolgt insbesondere durch das UWG. Dieses bietet einen umfassenderen Schutz als die bisherigen Instrumente. Es erfasst nicht nur die Angehörigen eines Heilberufs, sondern erstreckt sich auf alle Wettbewerbsteilnehmer, womit auch unlautere Handlungen von Pharmaunternehmen oder Medizinproduktehersteller geahndet werden können. aa) Ausschluss durch § 69 SGB V Allerdings stellt sich zunächst die Frage, inwieweit das Wettbewerbsrecht im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt zur Anwendung kommen kann. § 69 I SGB V enthält den Grundsatz, dass Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und ihren Leistungserbringern abschließend durch die Vorschriften des Sozialgesetzbuches geregelt werden. Sodann sieht Absatz 2 der Vorschrift Ausnahmen vor, wonach bestimmte Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die genannten Rechtsbeziehungen dennoch zur Anwendung kommen. Die Anwendbarkeit des GWBs ist nach § 69 II S. 2 SGB V jedoch nur in den Fällen vorgesehen, in denen die Krankenkassen nicht zum Abschluss der Verträge verpflichtet sind. Dazu gehören insbesondere Selektivverträge wie Rabattverträge nach § 130a SGB oder auch Verträge nach § 73b SGB V mit den Ärzten.266 Keine Anwendung findet das GWB nach wie vor auf Kollektivverträge, zu deren Abschluss die Verbände der Krankenkassen nach § 72 II SGB V gesetzlich verpflichtet sind.267 Durch die Anwendung der Vorschriften des GWBs wird ein freier Wettbewerb überhaupt erst gewährleistet.268 Korruption stellt jedoch eine unlautere Handlung im Wettbewerb dar, womit die Anwendbarkeit des Rechts des unlauteren Wettbewerbs entscheidend ist. Hierzu enthält § 69 II SGB V keinerlei Aussagen. Es verbleibt bei dem Grundsatz in § 69 I, welcher eine abschließende Regelung der genannten Rechtsbeziehungen durch das 4. Kapitel des SGB V vorsieht.269 Durch die Vorschrift wird klargestellt, dass die Krankenkassen die Rechtsbeziehungen zu den Leistungserbringern zur Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages eingehen. Dadurch handeln sie öffentlich-rechtlich, womit es an der für das Wettbewerbsrecht erforderlichen Unternehmenseigenschaft fehlt.270 Dies betrifft jedoch nur die vertikale Ebene von Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern.

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Vgl. zu den verschiedenen Selektivverträgen bereits in diesem Teil unter A. III. 2. b). Näher zur Anwendbarkeit des GWBs auf Rechtsbeziehungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung Gaßner, VSSR 2012, 213. 268 Zum Verhältnis GWB – UWG auch Ohly, in: Ohly/Sosnitza, Einführung C Rn. 22. 269 BGH NJW-RR 2006, 1046 (1047 f.); Becker/Kingreen, in: Becker/Kingreen, § 69 SGB V Rn. 44; Fritzsche, in: Spickhoff, Vor § 1 UWG Rn. 1; Wallrabenstein, NZS 2015, 48 (53 f.). 270 Nebendahl, in: Spickhoff, § 69 SGB V Rn. 22. 267

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Einen Schutz kann das UWG aber bei Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer untereinander bieten.271 So kann ein sektorenübergreifender Vertrag, der zwischen dem Krankenhaus und einem niedergelassenen Vertragsarzt geschlossen wird, anhand des UWGs überprüft werden.272 Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen sind außerdem vielfach Fälle des verkürzten Versorgungsweges273, welcher bei Nichteinhalten der Voraussetzungen des § 128 IV SGBV eine sowohl berufsrechtlich als auch sozialrechtlich unzulässige Zuweisung gegen Entgelt darstellt.274 Die Einordung von berufsrechtlichen Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit als Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 a. F. UWG bzw. § 3a UWG n. F., führt dazu, dass ein Verstoß gegen diese Vorschriften einen Wettbewerbsverstoß mit sich bringen.275 Das Wettbewerbsrecht kann folglich auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zum Schutze des Wettbewerbs dienen, soweit es um Rechtsbeziehungen auf horizontaler Ebene, somit zwischen den einzelnen Leistungserbringern geht. bb) Schutz durch das Wettbewerbsrecht Das Wettbewerbsrecht dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Teilnehmer sowie der Interessen der Allgemeinheit vor unlauteren geschäftlichen Handlungen.276 Insbesondere wenn man die Interessen der Allgemeinheit auf den Schutz des freien und fairen Wettbewerbs als Institution bezieht277, lässt sich eine vergleichbare Schutzrichtung zu den Strafvorschriften erkennen. Dabei bleibt aber zunächst zu beachten, dass es sich bei den äußerst praxisrelevanten278 Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen nach § 8 UWG sowie dem Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG, um zivilrechtliche Ansprüche handelt. Freilich können diese Ansprüche zu wirtschaftlich immensen Einbußen bei den Schadensersatzpflichtigen führen.279 Dennoch sind sie von einer Strafe streng zu unterscheiden. Zunächst verfolgen sie einen anderen Zweck als mögliche Strafen: Die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche sollen den Gläubiger vor bestimmten Beeinträchtigungen schützen, wobei ersterer künftige Verhaltensweisen unterbinden 271 D. Müller, Der niedergelassene Vertragsarzt als (un-)tauglicher Täter Bestechungsdelikte, S. 248, 250; Nebendahl, in: Spickhoff, § 69 SGB V Rn. 23; Wallrabenstein, NZS 2015, 48 (53 f.). 272 OLG Düsseldorf, MedR 2009, S. 664 (667). 273 Vgl. nur BGH GRUR 2000, 1080 – „Verkürzter Versorgungsweg“; BGH NJW 2009, 3582 – „Brillenversorgung“; BGH GRUR 2015, 283 – „Hörgeräteversorgung III“. 274 Hierzu bereits ausführlich in Teil 2 A. VII. 2. sowie B. IV. 1. 275 BGH GRUR 2015, 1237 (1238); NJW 2011, 2211 (2213); D. Müller, Der niedergelassene Vertragsarzt als (un-)tauglicher Täter der Bestechungsdelikte, S.249. 276 § 1 UWG. Näher dazu Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 1 UWG Rn. 2 ff. 277 Sosnitza, in: MK-UWG, § 1 Rn. 16 f. 278 Fritzsche, in: Spickhoff, § 8 UWG Rn. 1. 279 Müller-Gugenberger, in: MG, Hdb. d. Wirtschaftsstrafrechts, § 1 Rn. 131.

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soll und letzterer auf die Gegenwart gerichtet ist.280 Dem Schadensersatzanspruch kommt neben einer Ausgleichsfunktion außerdem eine präventive Wirkung zu.281 Weiterhin wird dieser stets nach der Höhe des angerichteten Schadens festgelegt und nicht wie die Strafe nach dem Maß der Schuld.282 Stets erforderlich ist, dass ein zivilrechtlicher Anspruch überhaupt vor Gericht geltend gemacht wird. Dadurch liegt es aber in der Hand der Marktteilnehmer, ob über ein unlauteres Verhalten durch ein Gericht überhaupt entschieden werden kann. Haben die Marktteilnehmer jedoch kein Interesse, die Abläufe publik zu machen, wird regelmäßig auch keine gerichtliche Entscheidung darüber ergehen.283 Weiterhin trifft den Kläger die Beweislast.284 Kann er den Beweis über ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten nicht erbringen, wird die Klage vom Gericht abgewiesen. Der Kläger trägt außerdem das Prozessrisiko und hat im Falle des Unterliegens die vorgestreckten Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Gesundheitswesen stellt allerdings einen Bereich dar, dem eine immense soziale und wirtschaftliche Bedeutung zukommt, womit es Aufgabe des Staates ist, dieses vor Verhaltensweisen zu schützen, die zu großen finanziellen Schäden führen können.285 Diesen Schutz vor Korruption kann das Wettbewerbsrecht allein nicht gewährleisten.286 d) Schutz durch das Heilmittelwerbegesetz Der Notwendigkeit einer strafrechtlichen Regelung gegen Korruption im Gesundheitswesen könnte außerdem das Heilmittelwerberecht entgegenstehen.287 aa) Funktion des Ordnungswidrigkeitenrechts Der Verstoß gegen das hier entscheidende Verbot von Werbegaben nach § 7 HWG kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.288 Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Maßnahmen, lässt sich das Ordnungswidrigkeitenrecht nicht nur mit dem Strafrecht vergleichen289, es ge280

Fritzsche, in: MK-UWG, § 8 UWG Rn. 14 f. m. w. N. Fritzsche, in: MK-UWG, § 9 UWG Rn. 5 m. w. N. 282 Müller-Gugenberger, in: MG, Hdb. d. Wirtschaftsstrafrechts, § 1 Rn. 131. 283 Vgl. auch Pfeiffer, in: FS v. Gamm, der dies hinsichtlich dem absoluten Antragserfordernis bei der Strafnorm § 12 UWG a. F. kritisiert und dadurch eine hohe Dunkelziffer befürchtet, S. 129 (145 f.). 284 Zur Beweislast bei Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach dem UWG siehe Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 8 UWG Rn. 3.66. 285 Vgl. so schon BT-Drs. 17/14575, S. 1; BT-Drs. 18/6446, S. 1; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 60. 286 So im Ergebnis auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionsdelikte, S. 120. 287 Zu diesem bereits oben in Teil 2 C. 288 § 15 I Nr. 4, III HWG. Hierzu bereits Teil 2 C. II. 289 Braun, MedR 2013, 277 (282); Weber, ZStW 92 (1980), 313 (315). 281

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hört sogar zum Strafrecht im weiteren Sinne.290 Ebenso wie das Strafrecht, kennzeichnet das Ordnungswidrigkeitenrecht ein Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger und erlegt dem Bürger gewisse Verhaltenspflichten auf.291 Eine Ordnungswidrigkeit setzt die rechtswidrige und vorwerfbare Verwirklichung eines Tatbestands voraus, der regelmäßig mit einer Geldbuße geahndet wird.292 Diese weist Gemeinsamkeiten mit der Kriminalstrafe auf: Ihr kommt ebenfalls eine präventive und auch eine repressive Funktion zu, womit sie – anders als die bisher dargestellten Maßnahmen – auch unrechts- und schuldausgleichend ist.293 Anders als die Kriminalstrafe, stellt die Geldbuße aber kein ehrenrühriges Unwerturteil über den Täter dar und dient lediglich der Pflichtenmahnung an den Täter, die aber zu keiner beträchtlichen Beeinträchtigung des Ansehens führt.294 Strafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht verfolgen demnach dieselbe Zielrichtung, wobei letzteres der Ahndung weniger schwerwiegender Verstöße dient. Vielfach finden sich Vorschriften im Ordnungswidrigkeitenrecht, welche dasselbe Rechtsgut schützen wie bestehende Straftatbestände, sich aber hinsichtlich des verwirklichten Unrechts quantitativ von den Strafvorschriften unterscheiden.295 Letztlich bleibt es aber die Entscheidung des Gesetzgebers, welches Verhalten er als bloße Ordnungswidrigkeit einstuft oder welchem er mit dem Strafrecht begegnen möchte. Diese Entscheidungsfreiheit wird aber verfassungsrechtlich insoweit eingeschränkt, als eine Verpflichtung zum Schutz besonders wichtiger Rechtsgüter besteht. Dabei handelt es sich insbesondere um Rechtsgüter, die einen Grundrechtsschutz genießen. In diesen Fällen muss der Gesetzgeber das verwirklichte Unrecht mit dem Strafrecht verfolgen.296 Im Übrigen hat der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung jedoch stets zu berücksichtigen, ob das Verhalten nicht eine so geringe Sozialschädlichkeit aufweist, dass die Ahndung mit einer bloßen Geldbuße ausreichend wäre.297 Im Hinblick auf das ultima-ratio-Prinzip hat der Gesetzgeber somit von der Möglichkeit zur Schaffung einer Ordnungswidrigkeit Gebrauch zu machen, bevor er auf das Strafrecht zurückgreift.298

290

Rn. 2. 291

Jakobs, AT, 3 Rn. 6; Jescheck/Weigend, AT, § 7 V 1; Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 1

Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 1 Rn. 1 m. w. N. Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 3 Rn. 4. 293 Braun, MedR 2013, 277 (282); Weber, ZStW 92 (1980), 313 (315 f., 318). 294 BVerfGE 27, 18 (32); Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 3 Rn. 9; Maurach/ Zipf, AT Bd. 1, § 1 III Rn. 39. 295 Eisele, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 3 Rn. 9; Weber, ZStW 92 (1980), 313 (316). Vgl. auch Maurach/Zipf, AT Bd. 1, § 1 Rn. 35, welcher von einer qualitativ-quantitativen Betrachtungsweise ausgeht. 296 BVerfGE 27, 18 (28 f.); Mitsch, Ordnungswidrigkeiten, § 3 Rn. 14; Roxin, AT I, § 2 Rn. 95. 297 Roxin, AT I, § 2 Rn. 130. 298 Braun, MedR 2013, 277 (283); Roxin, AT I, § 2 Rn. 99. 292

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

bb) Verfolgter Unrechtsgehalt durch das HWG Das Stufenverhältnis zwischen Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht zeigt sich auch im Verhältnis des Heilmittelwerbegesetzes zu §§ 299a, b StGB. Das Werbeverbot des § 7 HWG bezieht erst seit 01.01.2004 Angehörige des Fachkreises in seinen Adressatenkreis mit ein.299 Damit kann nicht nur ein Verhalten der Pharmaindustrie geahndet werden, vielmehr ist es auch Ärzten untersagt, Werbegaben anzunehmen. Mit der Ausweitung der Vorschrift auf die Annahme von Werbegaben durch Angehörige eines Fachkreises, bezweckte der Gesetzgeber eine Norm im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts zu schaffen, die den Strafvorschriften der §§ 331, 332 StGB entspricht.300 Freilich spricht dies zumindest auf den ersten Blick dafür, dass der Gesetzgeber zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass es ausreichend sei, korruptive Verhaltensweisen durch das Ordnungswidrigkeitenrecht zu sanktionieren. Die Vorschrift des Heilmittelwerbegesetzes bleibt jedoch nicht nur im Hinblick auf die Amtsträgereigenschaft hinter den genannten Strafvorschriften zurück. Vielmehr fehlt ihr das Kernelement der Korruptionsdelikte, indem auf das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung verzichtet wird.301 Ausreichend ist bereits das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren oder die Annahme von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben. Nicht erforderlich ist hingegen, dass dieses gegen die Vereinbarung einer Gegenleistung, somit für eine unlautere Bevorzugung geschieht. Auch wenn der Gesetzgeber in seiner Begründung auf Korruptionsvorschriften verwiesen hat, ist er bei Schaffung des Tatbestandes des § 7 HWG im Unrechtsgehalt wesentlich hinter den neugeschaffenen Straftatbeständen zurückgeblieben.302 Zu berücksichtigen bleibt weiterhin, dass das in § 7 HWG normierte Werbeverbot einen viel geringeren Anwendungsbereich als die Strafvorschriften hat. Da die Vorschrift aus dem Heilmittelwerberecht ausschließlich bei produktbezogener Werbung zur Anwendung kommt, werden zahlreiche Zuwendungen – wie die Finanzierung von Weihnachtsfeiern oder auch die Einladung zu einem Golfturnier – nicht erfasst.303 Die Ordnungswidrigkeit des Verbotes von Werbegaben nach § 7 HWG erfasst den spezifischen Unrechtsgehalt der Korruption gerade nicht und kann bereits deshalb

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Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung v. 14. November 2003, BGBl. I S. 2190. 300 BT-Drs. 15/1170, S. 138. 301 Braun, Industrie und Ärzteschaft, S. 174; ders., MedR 2013, 277 (283). 302 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 245; Braun, in: Industrie und Ärzteschaft, S. 175; ders., MedR 2013, 277 (284). 303 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 246. Krit. Buchner, in: FS AG Medizinrecht, S. 841 (844 f.). Ob diese Konstellationen aber von den Strafvorschriften erfasst werden, soll an dieser Stelle noch nicht näher erörtert werden, dazu in Teil 4 A. IV.

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keinen ausreichenden Schutz vor Korruption im Gesundheitswesen darstellen.304 Dafür spricht weiterhin der geringere Anwendungsbereich der Vorschrift.305 e) Schutz durch das Approbationsrecht Grundvoraussetzung der Tätigkeit als Arzt ist das Vorliegen einer Approbation.306 Diese staatliche Erlaubnis gewährleistet insbesondere das Vorliegen einer qualifizierten Ausbildung und garantiert, dass der Arzt die Würdigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, den ärztlichen Beruf auszuüben.307 Führt ein Verhalten des Arztes dazu, dass er das zur Berufsausübung erforderliche Ansehen und Vertrauen nicht besitzt und damit das Vertrauen des Patienten in die ärztliche Integrität gestört wird, liegt die Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes vor, welche zwingend zur Entziehung der Approbation nach § 5 II BÄO führt.308 Entsprechendes gilt für das Vorliegen der Unzuverlässigkeit, welche die Prognose erfordert, dass der Arzt in der Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten nicht beachten wird.309 Die Begehung einer Straftat kann sowohl die Unwürdigkeit als auch die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs begründen, wobei die Einordnung stets vom entsprechenden Straftatbestand abhängt. Grundsätzlich führt die Begehung von Verbrechenstatbeständen zum Widerruf der Approbation.310 Häufig führt aber auch die Begehung von Vermögensdelikten, die freilich im Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen müssen, zur Annahme der Unwürdigkeit.311 Regelmäßig sind es Fälle des Abrechnungsbetruges, die zu Lasten der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung erfolgen. Aber auch die hier entscheidenden Fälle der Annahme von finanziellen Zuwendungen durch Pharmaunternehmen begründen die Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes.312 Die Entziehung der Approbation steht aber der Schaffung eines Straftatbestandes ebenso wenig entgegen, wie die bisher aufgeführten Maßnahmen. Bereits der Sinn und Zweck der Approbation ergibt, dass das Approbationsrecht nicht mit dem 304 Braun, MedR 2013, 277 (283 f.); i.E. zust. Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 119. 305 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 246. 306 Vgl. § 2 I BÄO. 307 Vgl. § 3 I Nr. 2, 4 BÄO, wonach die Approbation zu erteilen ist, wenn der Arzt sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt. 308 BVerwG NJW 1991, 1557; BayVGH MedR 2011, 594 (595); Seebohm/Rompf, in: Prütting, § 5 BÄO Rn. 9. 309 BVerwG NJW 1991, 1577; NJW 1998, 2756 (2758). 310 BVerwGE 25, 201 (202); 31, 307 (313); OVG Münster BeckRS 2003, 20312; Spickhoff, in: Spickhoff, § 5 BÄO Rn. 21. 311 BVerwG BeckRS 2012, 58376; HessVGH NJW 1986, 2390 (2391); BayVGH BeckRS 2011, 32563; OVG Münster NVwZ 2014, 459 (460). 312 BayVGH MedR 2011, 594.

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Strafrecht vergleichbar ist. Die Approbation soll gewährleisten, dass jeder praktizierende Arzt über eine ausreichende Ausbildung verfügt und auch die Zuverlässigkeit und Würdigkeit besitzt, die dieser Beruf voraussetzt. Erfolgt die Rücknahme oder der Widerruf der Approbation, dient dies dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren, die infolge der Behandlung durch den betroffenen Arzt entstehen.313 Des Weiteren wird das Ansehen der Ärzteschaft in der Bevölkerung geschützt, welche auf eine ordnungsgemäße Versorgung vertraut.314 Einen Schutz des Wettbewerbs verfolgt die Approbation freilich nicht.315 Aus dem eben genannten Zweck ergibt sich ein ausschließlich präventiver Charakter der Rücknahme und des Widerrufs der Approbation. Repressive Zwecke werden hingegen durch das Approbationsrecht nicht verfolgt.316 f) Schutz durch Verhaltenskodizes am Beispiel des FSA-Kodexes Einen ausreichenden Schutz zur Korruptionsbekämpfung stellen auch die Verhaltenskodizes nicht dar. Sie dienen dem Zweck, einen häufig bestehenden Korruptionsverdacht bei Kooperationen mit Ärzten oder anderen Leistungserbringern zu vermeiden oder zumindest zu entkräften.317 Allerdings unterliegt den verschiedenen Kodizes auch nur ein begrenzter Adressatenkreis. Zieht man als Beispiel den FSAKodex heran, unterliegen diesem alle Mitglieder des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.“. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass es den Unternehmen überlassen ist, ob sie sich dem Verband anschließen oder nicht. Erst wenn sie sich diesem anschließen, erstrecken sich der Inhalt des Kodexes und die dazugehörige Sanktionengewalt auf das entsprechende Unternehmen.318 Sanktionen, die von den Schiedsstellen bei Verstößen verhängt werden, dienen der Ahndung von Fehlverhalten, ebenso aber auch der Prävention.319 Ihnen kommt damit sowohl ein repressiver als auch präventiver Charakter zu. Die Verhaltenskodizes stellen aber kein ausreichendes Instrument zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen dar. Sie wirken vielmehr unterstützend im Bereich der Compliance und sorgen in vielen Fällen für Rechtsklarheit.320 Diese soll zu einem Rückgang möglicher problematischer Verhaltensregelungen in dem Bereich führen.321 Die Einleitung

313 BVerwGE 25, 201 (202 f.); Seebohm/Rompf, in: Prütting, § 5 BÄO Rn. 10a; Spickhoff, in: Spickhoff, § 5 BÄO Rn. 10. 314 Braun, MedR 2013, S.277 (281). 315 Vgl. auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 114. 316 Braun, MedR 2013, 277 (281). 317 Vgl. zu den Leitlinien dieser Verhaltenskodizes bereits in Teil 2 D. 318 Kölbel, ZIS 2016, 452 (457). 319 Diener, PharmR 2012, 510 (513). 320 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 4 Rn. 7. 321 Dazu Kölbel, ZIS 2016, 452 (457).

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eines Beanstandungsverfahrens setzt zunächst eine Beanstandung durch ein Mitglied oder auch die Einleitung durch den Vorstand oder die Geschäftsführung voraus.322 Bedeutung kommt den Verhaltenskodizes auch im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verfahren zu. Dies ergibt sich aus der Anerkennung als Wettbewerbsregel durch das Bundeskartellamt oder aber auch in der Annahme einer Indizwirkung für einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des UWG.323 Freilich führt dies dazu, dass der Verhaltenskodex auch für Nichtmitglieder wesentlich an Bedeutung gewinnt.324 Wie bereits oben dargestellt, ist das Wettbewerbsrecht aber nicht ausreichend zur Korruptionsbekämpfung. Entsprechendes gilt für die verschiedenen Verhaltenskodizes im Gesundheitssystem, die zwar einen bedeutenden Orientierungsmaßstab für Kooperationen darstellen und dadurch insbesondere dazu dienen, Fehlverhalten zu vermeiden.325 Sie begründen aber lediglich eine freiwillige Maßnahme der jeweiligen Kreise, die eine staatliche Regelung nicht entbehrlich macht. g) Stellungnahme Es zeigt sich, dass die bestehenden Vorschriften keine wirksame Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen darstellen. Letztendlich bleibt es aber die Entscheidung des Gesetzgebers, ob er korruptives Verhalten in diesem Bereich als strafwürdig und strafbedürftig ansieht. Ihm kommt insoweit eine Einschätzungsprärogative zu, die das Bundesverfassungsgericht erst als überschritten ansieht, wenn der Einsatz des Strafrechts gegen das Übermaßverbot verstößt und demnach nicht mehr geeignet, erforderlich und angemessen ist.326 Nach dem eben Gesagten ist dem Gesetzgeber aber in seiner Entscheidung und auch in seiner Begründung zuzustimmen. Den spezifischen Vorschriften des Disziplinar- und Berufsrechts fehlt es an einer effektiven Durchsetzung: Weder die Kassenärztlichen Vereinigungen noch die Berufskammern verfügen über ausreichend Ermittlungsbefugnisse, um diese Durchsetzung gewähren zu können.327 Einer Ausweitung der Befugnisse stehen jedoch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegen.328 Eine Änderung dieser verschiedenen Systeme scheint daher wenig erfolgsversprechend.329 Des Weiteren richten sich die Vorschriften jeweils nur an einen begrenzten Adressatenkreis und können allein deshalb keine umfassende und einheitliche Bekämpfung 322

§ 2 I, III Verfahrensordnung des FSA e. V. OLG München, BeckRS 2011, 04771; OLG München PharmR 2010, 65 (71); HansOLG PharmR 2005, 466 (470). 324 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 11 Rn. 3. 325 Dieners, PharmR 2012, 510 (513). 326 BVerfGE 50, 205 (214 f.); 90, 145 (172 f.); 92, 277 (326 f.). Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 53. 327 Dazu bereits in diesem Teil unter A. IV. 2. b) cc). 328 Hierzu bereits in diesem Teil unter A. IV. 2. b) cc). 329 Vgl. aber Uwer, in: FS Schiller, S. 638 (658). 323

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darstellen.330 Das Gesundheitswesen stellt einen Bereich dar, der aufgrund seiner Struktur besonders anfällig für Korruption ist. Allerdings handelt es sich auch um einen Bereich, der von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Dem vorgebrachten Einwand des Einsatzes des Strafrechts zur „Wirtschaftslenkung“331 ist bereits deshalb nicht zuzustimmen, da hier auch die Interessen der Patienten von wesentlicher Bedeutung sind.332 Insbesondere handelt es sich bei einer funktionieren Gesundheitsversorgung auch um eines der wichtigsten Gemeinwesens der Bevölkerung, weshalb die Entscheidung des Gesetzgebers, den Bereich vor korruptiven Verhaltensweisen durch das Strafrecht zu schützen, gänzlich zu begrüßen ist.333 Der Einsatz des Strafrechts darf freilich nicht dazu führen, dass sozialrechtlich erwünschte Kooperationsformen aufgrund der Befürchtung eines strafrechtlich relevanten Verhaltens nicht mehr eingegangen werden. Dennoch wird der Einsatz des Strafrechts in Zukunft dazu führen, dass der Abschluss solcher Kooperationsformen nochmals eingehend geprüft und hinterfragt wird, um den Verdacht einer Straftat zu vermeiden.334 3. Signalwirkung des Kernstrafrechts Die Notwendigkeit einer strafrechtlichen Regelung lässt nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass diese auch im Kernstrafrecht zu erfolgen hat. In Betracht zu ziehen ist insbesondere eine Regelung im Sozialgesetzbuch. Dies entsprach auch zunächst der Intention des Gesetzgebers, der in der 17. Legislaturperiode beabsichtigte, mit der Einführung des § 307c SGB V eine neue Strafvorschrift im Nebenstrafrecht zu schaffen. Dass eine Verortung von Straftatbeständen im Sozialgesetzbuch nicht fremd ist, zeigen die bereits bestehenden Strafvorschriften der § 307a und § 307b SGB V, welche die Insolvenzverschleppung durch Krankenkassen sowie das unbefugte Zugreifen auf gespeicherte Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte unter Strafe stellen. Der Gesetzesentwurf stellte in §§ 307c i. V. m. 70 III S. 2 SGB VE die Annahme eines nicht nur geringen wirtschaftlichen Vorteils unter Strafe, wenn diese als Gegenleistung dafür erfolgen sollte, andere Leistungserbringer oder Dritte bei der Verordnung von Leistungen, der Zuweisung an Leistungserbringer, der Abgabe von Mitteln oder der sonstigen Veranlassung von Leistungen für die Untersuchung oder Behandlung von Versicherten in unangemessener unsachlicher 330

BT-Drs. 18/6446, S. 13 f.; Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (222). Uwer, in: FS Schiller, S. 638 (656) unter Berufung auf Schiller, in: Selbstregulierungskompetenz versus justizielle Auslegungskompetenz, in: E. Kempf/K. Lüderssen/K. Volk (Hrsg.), Die Handlungsfreiheit des Unternehmens – wirtschaftliche Perspektiven, strafrechtliche und ethische Schranken, 2009, S. 171. 332 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 226. 333 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 60 f. Krit. zum Einsatz des Strafrechts in diesem Bereich aber auch Ulsenheimer, Rn. 1051; ders., in: FS Steinhilper, S. 225 (236) sowie Uwer, in: FS Schiller, S. 638 (657). 334 Kölbel, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 57 (66). 331

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Weise zu begünstigen oder zu bevorzugen. Ebenfalls strafbar sollte spiegelbildlich nach §§ 307c i. V. m. 70 III S. 3 SGB V das Gewähren dieser Vorteile an die Leistungserbringer, ihrer Angestellten oder Beauftragten sein.335 Der Gesetzesentwurf scheiterte aber an der Diskontinuität des Bundestages. Die Besonderheiten des Gesundheitswesens sprechen zunächst dafür, einen Straftatbestand im Sozialgesetzbuch zu verorten. Insbesondere kann in dem Straftatbestand auf spezifische Handlungsmodalitäten des Gesundheitswesens zurückgegriffen werden, die bei einer Verortung im Strafgesetzbuch als Fremdkörper wirken könnten. Bis zur Einführung der Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen waren dem Strafgesetzbuch der Aufbau, die Struktur und die Begrifflichkeiten des Systems gänzlich fremd. Zuzugeben ist weiterhin, dass die Bezugnahme auf die Leistungserbringer im System der gesetzlichen Krankenversicherung dazu führt, dass auch Pharmaunternehmen als mögliche Täter in Betracht kommen; vorausgesetzt, sie sind zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen.336 Letztendlich ist die Implementierung im Strafgesetzbuch aber zu begrüßen. Eine Verortung im Sozialgesetzbuch hätte zur Folge, dass abermals eine Ungleichbehandlung zwischen Vertragsarzt und Privatarzt geschaffen würde, welche doch eigentlich gerade beseitigt werden sollte.337 Die Reichweite einer Strafvorschrift im SGB V kann sich freilich nur auf Leistungserbringer im System der gesetzlichen Krankenversicherung erstrecken. Eine Differenzierung zwischen der Behandlung eines Privatpatienten oder eines gesetzlich versicherten Patienten durch einen Vertragsarzt, kann jedoch kaum überzeugen.338 Überteuerte Behandlungen als Folge von korruptiven Verhaltensweisen betreffen sowohl das öffentliche Gesundheitssystem als auch die private Krankenversicherung.339 Nicht zu verachten ist außerdem die generalpräventive Wirkung, die eine Vorschrift im Kernstrafrecht entfaltet. Den Vorschriften im Kernstrafrecht kommt eine Signalwirkung zu, wie sie dem Nebenstrafrecht nicht zu entnehmen ist. Schnell kann eine Normierung im Nebenstrafrecht den Eindruck erwecken, dass es sich um ein nicht so schwerwiegendes Verhalten handelt, welches eine Regelung im Kernstrafrecht nicht erforderlich macht.340 Dies gilt erst recht im Kontext zu der Bestechung im geschäftlichen Verkehr, die der Gesetzgeber vor einigen Jahren gerade aus 335 Vgl. BT-Drs. 17/14184, S. 14, 16. Vgl. hierzu auch kritisch Schneider, HRRS 2013, 475 (477, 479), welcher Zweifel an einer strafrechtlichen Regelung äußert und diese weitergehend als verfassungsrechtlich bedenklich ansieht. 336 Vgl. zum Täterkreis auch Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 281. 337 Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11 (13). So auch schon der Antrag der Linken im Bundestag, BT-Drs. 17/12451, S. 3. 338 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 282; Cosack, ZIS 2013, 226 (227); Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 124 f. 339 BT-Drs. 17/14575, S. 8. 340 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 282; Kubiciel/ Tsambikakis, medstra 2015, 11 (13).

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diesem Grunde aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in das Strafgesetzbuch übernommen hatte.341 Um aber das Bewusstsein der Beteiligten im Gesundheitswesen und auch der Allgemeinheit hinsichtlich des Unrechts der Korruption und denen daraus resultierenden Folgen zu schärfen, ist die Entscheidung des Gesetzgebers, die Vorschrift im Kernstrafrecht zu verorten, gänzlich zu begrüßen.342 4. Verortung im Strafgesetzbuch a) Einfügung in den 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches – Straftaten gegen den Wettbewerb Überzeugend ist außerdem die Verortung im 26. Abschnitt des Strafgesetzbuches. Dieser beinhaltet die Straftaten gegen den Wettbewerb, womit sich die neuen Straftatbestände hinsichtlich des geschützten Rechtsguts zunächst gut einfügen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung noch einen doppelten Rechtsgüterschutz anstrebte.343 Die Vorschriften in dem Abschnitt dienen zwar alle dem Schutz des Wettbewerbs, jedoch ist nicht zwingend, dass dieser das alleinig geschützte Rechtsgut darstellt.344 Zuzugeben ist, dass der Wettbewerb im Gesundheitswesen nicht ohne Weiteres mit dem sonstigen Wettbewerb verglichen werden kann.345 Aber auch dies steht einer Einordnung an dieser Stelle nicht entgegen. Freilich könnte noch die Schaffung eines neuen Abschnitts „Straftaten im Gesundheitswesen“ in Betracht gezogen werden. Die Erforderlichkeit eines solchen neuen Abschnitts im Strafgesetzbuch kann aber im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut der Vorschriften bezweifelt werden. Ebenso wie der vorangestellte § 299 StGB, dienen diese dem Schutz des Wettbewerbs. Die Besonderheiten des Gesundheitswesens sind demnach vielmehr im Rahmen der Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale zu berücksichtigen.346

341 Entsprechendes gilt auch für eine Normierung im UWG, welches im 4. Kapitel ebenfalls Strafvorschriften enthält. Insbesondere durch die Übernahme des § 12 UWG a. F. in das Strafgesetzbuch, würde der Eindruck erweckt werden, dass Korruption im Gesundheitswesen weniger schwer wiegt als die im geschäftlichen Verkehr. 342 Für eine Verortung im Kernstrafrecht auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 124 f.; Schröder, NZWiSt 2015, 321 (323). 343 BT-Drs. 18/6446, S. 16; Bongartz, in: Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 282. 344 Exemplarisch zu nennen ist § 298 StGB, welcher vorrangig den freien Wettbewerb schützt, aber ebenso dem Schutz des Vermögens des Veranstalters dient, vgl. Lackner/Kühl, § 298 StGB Rn. 1. 345 Dazu bereits ausführlich in diesem Teil A. III. 346 Hierzu sogleich in Teil 3 C.

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b) Einfügung in den 30. Abschnitt des Strafgesetzbuches – Straftaten im Amt In Betracht zu ziehen wäre weiterhin eine Einordnung in den 30. Abschnitt des Strafgesetzbuches. Einer Anlehnung an §§ 331 ff. StGB steht aber bereits entgegen, dass der Vertragsarzt nicht dazu bestellt ist, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen wahrzunehmen. Dies wurde auch aufgrund der bestehenden sozialgesetzlichen Regelungen vom BGH zutreffend verneint.347 Im Hinblick auf das vom Gesetzgeber angestrebte dualistische Rechtsgutskonzept, ist weiterhin eine Anlehnung an den Parteiverrat in Betracht zu ziehen, welcher in § 356 StGB am Ende des 30. Abschnitts geregelt ist. Dieser dient zunächst dem Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Integrität der Anwalt- und Rechtsbeistandschaft. Vermehrt wird ihm zudem ein individualschützender Charakter zugesprochen.348 Überzeugend wäre die Einordnung an dieser Stelle, wenn ein Strafbestand geschaffen worden wäre, bei welchem der Schutz des Vertrauens des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen im Vordergrund stünde. Wie aber bereits dargestellt, ist bereits das vom Gesetzgeber angestrebte dualistische Rechtsgutskonzept überholt, womit das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen nicht neben dem Wettbewerb – und schon gar nicht vorrangig vor diesem – geschützt ist.349 Freilich stellt sich dann weitergehend die Frage, ob nicht die Schaffung eines Straftatbestandes wünschenswert gewesen wäre, der eben das Patienteninteresse in Vordergrund gestellt hätte. Letztendlich ist es aber auch hier wieder die Entscheidung des Gesetzgebers, welches Verhalten unter Strafe gestellt wird. Es bleibt jedoch nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich damit weniger um ein Korruptionsdelikt als um ein selbständiges Professionsdelikt handeln würde,350 dessen Erforderlichkeit ebenso wie § 356 StGB bezweifelt werden würde.351

5. Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen Kritik an den neuen Straftatbeständen wird auch hinsichtlich der Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen geäußert.352 Straffrei sind auch weiterhin korruptive Geschäftspraktiken von Architekten, Anwälten oder Steuerberatern. Exemplarisch kann dies an folgenden Fallkonstellationen gezeigt werden: 347 BGHSt 57, 202 (206 f.); vgl. zu dem Verhältnis Arzt – Krankenkasse bereits ausführlich in Teil 2 A. II. 348 Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, § 356 StGB Rn. 1. Ausführlich zum Streitstand des geschützten Rechtsguts s. Gillmeister, in: LK, § 356 StGB Rn. 9. 349 Dazu bereits ausführlich in Teil 3 A. I. 350 Bezeichnung als „Professionsdelikt“ von Saliger, FS Kargl, S. 493 (502 f.). 351 Vgl. zur Forderung der Streichung des Straftatbestandes des Parteiverrates näher Rogall, in: SK, § 356 StGB Rn 9 m. w. N. 352 Vgl. nur Bachmann, NJ 2014, 401 (408); Schneider, HRRS 2013, 473 (478 f.); ders./ Kaltenhäuser, medstra 2015, 24 (30).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Empfiehlt ein Architekt einer Privatperson einen Bauunternehmer und erhält dafür von diesem eine Kick-back-Zahlung, macht er sich jedenfalls nicht wegen Bestechung strafbar.353 Entsprechendes gilt für einen Steuerberater, der seinen Mandanten an einen bestimmten Rechtsanwalt verweist und von diesem dafür ein Entgelt erhält. Einzuräumen ist, dass auch hier ein Vertrauensverhältnis zu der jeweiligen Person besteht und der Auftraggeber oder Mandant gerade auf die Fachkenntnis des Beauftragten angewiesen ist.354 Dennoch kann eine Erweiterung der Korruptionstatbestände auf andere freie Berufe nicht überzeugen.355 Die Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen schützen allein den Wettbewerb im Gesundheitswesen, womit die Funktionsfähigkeit dieses Bereichs sichergestellt werden soll. Hierbei handelt es sich um einen Bereich von enormer finanzieller und sozialer Bedeutung, die den Tätigkeitsbereichen anderer freier Berufe ebenfalls nicht entnommen werden kann.356 Weiterhin ergibt sich bereits aus der Schlüsselposition des Arztes eine hohe Korruptionsanfälligkeit des Gesundheitssektors.357 Eine solche steuernde Funktion in einem gleich bedeutsamen Markt kommt den übrigen freien Berufen aber gerade nicht zu. Letztendlich bleibt auch hier zu bedenken, dass das Strafrecht ein ultima ratio darstellt und es die Entscheidung des Gesetzgebers ist, ob er korrupte Vorgehensweisen anderer Freiberufler als strafwürdig ansieht.358

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand Die Streichung der Berufsrechtsvariante hat den Straftatbeständen ihren Charakter als Blankettnorm genommen. Dennoch haben außerstrafrechtliche Vorschriften für den Inhalt der §§ 299a, b StGB nicht an Bedeutung verloren. Ein Einfallstor finden die außerstrafrechtlichen Regelungen über die Unrechtsvereinbarung, welche auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet sein muss. Der Nachweis dieses Tatbestandsmerkmals wird in der Praxis häufig erhebliche Probleme bereiten. Das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung bedarf regelmäßig einer Begutachtung der Umstände des Einzelfalls.359 Sowohl bei der Festsetzung des Rahmens als auch bei der Auslegung der Unrechtsvereinbarung bleibt aber stets zu 353

Freilich bleibt die Möglichkeit einer Untreue gem. § 266 StGB. Vgl. zu dem Beispiel Schneider, HRRS 2013, 572 (578). 354 Vgl. auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 127. 355 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 22. 356 Gaede/Lindemann/Tsambikais, medstra 2015, 142 (146); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 54; Vasilikou/Grinblat, MPR 2016, 189 (190). 357 Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (146); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 23. Krit. hierzu Schneider, HRRS 2013, 473 (478), welcher nur aufgrund der Pflicht zur Einrichtung von Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gem. § 197a SGB V von einem geringeren Dunkelfeld gegenüber übrigen Freiberufen ausgeht. 358 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 286. 359 Vgl. nur Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078).

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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berücksichtigen, dass die Funktionsfähigkeit des Gesundheitsmarktes nicht beeinträchtigt werden soll.360

I. Bedeutung von gesetzlichen Regelungen 1. Einhaltung gesetzlicher Regelungen a) Ausschluss der Unrechtsvereinbarung durch Einhaltung gesetzlicher Regelungen Die Zusammenarbeit der Akteure im Gesundheitswesen ist nicht nur erwünscht, sondern auch erforderlich und damit an verschiedenen Stellen vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen. Regelungen dazu finden sich auf bundesgesetzlicher Ebene insbesondere im SGB V, dem AMG und dem HWG. Ist das Gewähren oder die Annahme eines Vorteils sozialrechtlich zulässig, könnte die sozialrechtliche Vorschrift zunächst einen Rechtfertigungsgrund darstellen. Die Besonderheit der neuen Strafvorschriften besteht aber darin, dass bereits der Tatbestand durch das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung Unrecht voraussetzt. Somit kann ein Verhalten, das sozialrechtlich zulässig ist, bereits nicht den Tatbestand der Strafvorschriften erfüllen.361 Es besteht damit eine negative Akzessorietät des Strafrechts zum Primärrecht.362 Dass ein sozialrechtlich erlaubtes Verhalten strafrechtlich nicht relevant sein kann, gebieten sowohl der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung als auch das ultima ratio-Prinzip, welches dem Strafrecht immanent ist.363 Dies führt dazu, dass es dem Gesetzgeber überlassen bleibt, durch die Änderung der sozialrechtlichen Rahmenbedingungen entsprechende strafrechtliche Freiräume zu schaffen.364 Die erforderliche Einheit der Rechtsordnung hat der Gesetzgeber auch bei der Schaffung der neuen Straftatbestände berücksichtigt. Ausdrücklich wird im Gesetzesentwurf klargestellt, dass die Leistung von Bonuszahlungen nach § 84 IV SGB V zwar einen Vorteil darstellt, der im Rahmen einer Vereinbarung gewährt wird, die ein wirtschaftliches Verordnungsverhalten veranlassen soll. Dies soll jedoch nicht den Tatbestand der neuen Strafvorschriften erfüllen. Berufsrechtlich365 sind Bonuszah360

Badle, medstra 2017, 1. Jäger, MedR 2017, 694 (698); Schneider/Kaltenhäuser, medstra 2015, 24 (27); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 6. 362 Dann, in: MAH Sozialrecht, § 20 Rn. 36; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 154; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 17; Schneider/Kaltenhäuser, medstra 2015, 24 (27 f.). 363 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1080); Jäger, MedR 2017, 694 (698); Krüger, NZWiSt 2017, 129 (133); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 6. 364 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 80. 365 Wie sich das Einhalten einer satzungsrechtlichen Vorschrift aus der jeweiligen Berufsordnung auf die Strafbarkeit auswirkt, wird sogleich im folgenden Abschnitt erörtert, Teil 3 B. II. 361

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

lungen nach § 32 I S. 2 MBO-Ä zulässig, wenn dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen. Der gewährte Vorteil dient nicht der Verordnungsentscheidung, sondern soll zu einer wirtschaftlichen Verordnungsweise führen, die im Interesse der Krankenkassen liegt.366 Entsprechendes muss aber auch dann gelten, wenn dem Heilberufler für die sozialrechtlich vorgesehene Kooperation eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit eingeräumt wird.367 In diesem Kontext wird als Beispiel häufig die Teilnahme an einer Anwendungsbeobachtung nach § 67 VI AMG genannt.368 Zwar stellt der Abschluss des Vertrages einen Vorteil dar, allerdings erfolgt die gewährte Vergütung zunächst nicht für die von § 299a Nr. 1 StGB erfasste Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, sondern wird für die Teilnahme an der Studie gewährt.369 Das Erhalten eines Entgelts für die Teilnahme an der Anwendungsbeobachtung ist dem Arzt auch gestattet, da dies eine Vergütung seiner heilberuflichen Tätigkeit darstellt und das Entgelt damit gerade nicht als Gegenleistung für eine Bevorzugung bei der Verordnung gezahlt wird. Allein das Gewähren eines Entgeltes kann demnach noch keine Unrechtsvereinbarung begründen. Erst wenn weitere Umstände hinzukommen, kann dies den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung begründen, welcher ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach sich zieht.370 Entsprechendes muss auch für die nach § 20 II S. 2 ZulassungsVO für Vertragsärzte ausdrücklich vorgesehene Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Ärzten gelten. Vorgesehene Vereinbarungen über die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus nach § 115a SGB V oder auch die integrierte Versorgung nach §§ 140a SGB V ff.371, haben regelmäßig eine Zuweisung von Patienten zum Gegenstand. Für die Behandlung erhält der behandelnde Arzt eine entsprechende Vergütung, die über seine vertragsärztliche Vergütung hinausgeht. Dennoch handelt es sich dabei nicht um eine Zuführung von Patienten, die den Tatbestand des § 299a Nr. 3 StGB erfüllt. Ebenso wie bei der Teilnahme an einer Anwendungsbeobachtung erhält der Arzt auch hier die Vergütung für seine heilberufliche Tätigkeit und nicht für die Zuweisung des Patienten. Zu berücksichtigen ist auch hier, dass 366

BT-Drs. 18/6446, S. 19 f.; Jäger, MedR 2017, 694 (698). BT-Drs. 18/6446, S. 18. 368 Auch der Gesetzgeber weist darauf hin, dass sich Anwendungsbeobachtungen in der Vergangenheit „als Möglichkeit für eine korruptive Einflussnahme auf das Verschreibungsverhalten von Ärzten erwiesen“ haben, vgl. BT-Drs. 18/6446, S. 19. Ausführlich zur Fallgruppe der Anwendungsbeobachtungen in Teil 4 A. 369 Auf den Vertragsschluss als Vorteil wird im folgenden Abschnitt unter C. III. 1. c) näher eingegangen. 370 BT-Drs. 18/6446, S. 18 f.; Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1080); Dann, in: MAH Sozialrecht, § 20 Rn. 38. 371 Zu denken ist hier an Vereinbarungen über die akute Behandlung eines Schlaganfallpatienten und die anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen. Vgl. zu diesem Beispiel bereits in Teil 2 A. VI. 367

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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bereits der Vertragsschluss als solcher einen Vorteil darstellen kann.372 Allerdings begründet dies allein noch keine Unrechtsvereinbarung. Wird dem Arzt allerdings allein deshalb die Versorgung übertragen, weil er den Patienten an die jeweilige Klinik überwiesen hat, ist bereits in dieser „Kopfgeldprämie“373 die Unrechtsvereinbarung zu sehen.374 Freilich wird aber in diesen Fällen insbesondere der Nachweis der Unrechtsvereinbarung schwierig sein. b) Hinzukommen weiterer Umstände als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung Aus einem sozialrechtlich zulässigen Verhalten kann erst dann eine Unrechtsvereinbarung entstehen, wenn weitere Umstände hinzukommen. Das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung wird regelmäßig anhand einer Gesamtbetrachtung im Einzelfall erfolgen. In den häufigsten Fällen wird es sich dabei um das Gewähren einer unangemessenen Vergütung handeln.375 Entscheidend für die Beurteilung als angemessen sind die Umstände des Einzelfalles, wozu insbesondere der zu erbringende Zeitaufwand, der Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung sowie auch die fachliche Kompetenz des beauftragten Arztes gehören.376 Bereits hier ist aber festzustellen, dass die Angemessenheit nicht an einem konkreten Betrag festgemacht werden kann. Vielmehr ist sie in einem Bereich zu suchen, der durch eine Ober- und eine Untergrenze abgesteckt wird.377 Wird bei der Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus eine auffällig hohe Vergütung gezahlt, spricht dies dafür, dass dadurch nicht nur die heilberufliche Tätigkeit abgegolten werden soll, sondern sie vielmehr eine verdeckte „Zuweiserpauschale“ für die Zuführung von Patienten darstellt.378 Hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung bleibt allerdings zu berücksichtigen, dass für den Vertragsarzt Kooperationen mit den Krankenhäusern bereits dadurch lukrativ werden, dass die Vergütung außerhalb seiner vertragsärztlichen Vergütung erfolgt, welche durch das Gesamtbudget gedeckelt ist.379 In diesen Bereichen erfolgt die Abrechnung regelmäßig unter Zugrundelegen der GOÄ.380 Demnach kann auch nicht bereits aus der Möglichkeit einer Abrechnung nach GOÄ auf das Vorliegen 372 BGHSt 31, 264 (279 f.); BGH NStZ-RR 2003, 171; NStZ 2008, 216 (217); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 18 sowie § 331 StGB Rn. 16 m. w. N. 373 Dazu in Teil 4 B. der Arbeit. 374 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1081); Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 12. 375 BT-Drs. 18/6446, S. 18 f.; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 136. 376 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079). 377 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 121; Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219 (222); Schneider, medstra 2016, 195 (197). 378 Dazu Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219 (220). 379 Clemens, MedR 2011, 770 (773). 380 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T/, § 299a StGB Rn. 39, weisen kritisch darauf hin, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass Strafverfolgungsbehörden in Zukunft bei der Zusammenarbeit mit Krankenhäusern nur eine Vergütung anhand der Krankenhaus-Fallpauschalen (DRG) als angemessen ansehen könnten.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

einer Unrechtsvereinbarung geschlossen werden.381 Regelmäßig bietet die GOÄ vielmehr einen Anhaltspunkt zur Festsetzung der für die Angemessenheit erforderlichen Ober- und Untergrenze. Sie ermöglicht es aufgrund der verschiedenen Bemessungskriterien innerhalb des Gebührenrahmens auf die Komplexität des Falles einzugehen382, womit in besonders gelagerten Fällen auch die Überschreitung des Regelhöchstsatzes in Höhe des 2,3-fachen als angemessen anzusehen sein wird.383 Allerdings finden bei der Festlegung des Gebührensatzes nur einzelfall- und leistungsbezogene Bemessungskriterien – nicht hingegen örtliche Verhältnisse – Berücksichtigung.384 Verfügt der Arzt aber über bestimmte Fachkenntnisse oder ist in der entscheidenden Gegend sonst kein Spezialist verfügbar, ist dies auch im Rahmen der Angemessenheit zu berücksichtigen. Daher kann in diesen Fällen auch das Überschreiten des Gebührenrahmens der GOÄ noch angemessen sein.385 Allein das Überschreiten der GOÄ kann damit noch nicht als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung herangezogen werden. Dies gilt zumindest, wenn die Abweichung ausführlich begründet und nachvollziehbar dokumentiert wird.386 Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass das Sozialrecht und das Strafrecht kongruent sind. Liegt eine unangemessene Vergütung vor, ist die Vereinbarung auch sozialrechtlich betrachtet unzulässig. Kooperationen sind auch hier nur insoweit zulässig, als sie ausdrücklich sozialrechtlich vorgesehen sind und sich auch innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegen.387 Eine unangemessene Vergütung gestattet aber auch das Sozialrecht nicht.388 Die Unangemessenheit der Vergütung wird regelmäßig ein Kriterium für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung sein.389 So stellt auch die von Medizinrechtlern entworfene Würzburger Erklärung, welche als Empfehlung für die Form und Höhe der Vergütung bei ärztlichen Kooperationen entworfen worden ist, einzig auf das Kriterium der Angemessenheit ab.390 Teilweise wird daraus geschlussfolgert, dass das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung alleine anhand der Unangemessen381

Zustimmend Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1081); anders aber OLG Düsseldorf, MedR 2009, 664 (667) zu § 31 MBO-Ä. Krit. auch Kölbel, NStZ 2011, 195 (198). 382 § 5 II GOÄ. 383 Dazu ausführlich in Teil 4 unter A. I. 2. d) bb). 384 Miebach, in: Uleer/Miebach/Patt, § 5 GOÄ Rn. 10. 385 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079); Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1081); Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219 (224). 386 Dazu ausführlich im Rahmen der einzelnen Kooperationsformen in Teil 4 der Arbeit. 387 BSGE 114, 237 (244 f.); Clemens, MedR 2011, 770. 388 Vgl. nur § 67 VI 3 AMG, welcher ausdrücklich vorschreibt, dass die Entschädigung bei Anwendungsbeobachtungen ihrer Art und Höhe so zu bemessen sind, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht. 389 Vgl. dazu auch Geiger, CCZ 2016, 172 (178), welcher die rechtsdogmatische Bedeutung des Trennungsgrundsatzes hervorhebt. 390 Abrufbar unter: https://www.medstra-online.de/pdf/Wuerzburg.pdf. Letzter Abruf am 04.07.2020.

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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heit der Vergütung beurteilt wird.391 Tatsächlich sind aber noch weitere Anhaltspunkte wie die Transparenz der Vereinbarung sowie die Dokumentation heranzuziehen.392 Diese Aspekte ermöglichen es erst, die Angemessenheit einer Vergütung überhaupt nachvollziehen zu können.393 Das Abstellen auf diese Grundsätze ist auch der Rechtsprechung bei den bisherigen Bestechungsdelikten nicht ganz fremd. Im Wege der teleologischen Reduktion wird bei dem Einwerben von Drittmitteln auch der Tatbestand der Vorteilsgewährung nach § 331 StGB verneint, wenn die Vorschriften des Landeshochschulgesetzes eingehalten worden sind.394 Hierzu schreibt § 41a LHG BW insbesondere die Transparenz der Drittmittelforschung vor. Dies ist auch nachvollziehbar, da derjenige, der sein Vorgehen nachvollziehbar offenlegt, wohl kaum etwas zu verheimlichen hat. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass diesen Umständen grundsätzlich eine begrenzende Funktion zukommt und nicht bereits die fehlende Transparenz den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung begründen kann.395 Erforderlich sind vielmehr noch substanzielle Hinweise.396 2. Verstoß gegen gesetzliche Regelungen Das Einhalten einer gesetzlichen Regelung spricht gegen den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung. Umgekehrt stellt sich aber auch die Frage, ob allein ein Verstoß gegen außerstrafrechtliche Vorschriften stets zur Verwirklichung der Straftatbestände führt. Dies kann bei denjenigen Vorschriften zumindest nicht der Fall sein, die tatbestandlich schon keine Unrechtsvereinbarung voraussetzen. So erfordert § 7 HWG keine Gegenleistung, sondern lässt bereits das Anbieten, Gewähren oder die Annahme einer Werbegabe für die Verwirklichung der Ordnungswidrigkeit ausreichen. Damit fehlt es an der Unrechtsvereinbarung, die das Kernelement der Straftatbestände darstellt.397

391 Krit. hierzu Badle, medstra 2017, 1 f., welcher zurecht darauf hinweist, dass die Angemessenheit lediglich ein Indiz im Rahmen der Unrechtsvereinbarung darstellt. 392 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a Rn. 138. 393 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 77; ausführlich dazu Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (89 f.). 394 BGHSt 47, 295 (309 f.); dazu auch Schneider, in: FS Seebode, S. 331 (339 ff., 349), der bereits vor Inkrafttreten der §§ 299a, b StGB in Anlehnung an die Drittmittelrechtsprechung auch bei sonstigen Kooperationsformen eine strafbarkeitsausschließende Wirkung der Verhaltenskodizes bei § 331 StGB in Erwägung zog. 395 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 86; weitergehend Tsambikakis, medstra 2016, 131 (137 f.), welcher fordert, dass das Verhalten medizinrechtlich nicht mehr vertretbar sein darf. 396 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 86. 397 Siehe auch Dieners/Cahnbley, MPR 2016, 48 (52), welche bei einem Verstoß gegen § 7 II HWG auch erst dann zu einer Strafbarkeit kommen, wenn die Zuwendung als Gegenleistung für die Verordnung erfolgt. Zu § 7 HWG bereits in Teil 2 C.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Ein Verstoß gegen eine außerstrafrechtliche Norm kann aber auch nicht ohne Weiteres als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung herangezogen werden.398 Dem steht bereits der für Strafvorschriften geltende Bestimmtheitsgrundsatz entgegen, wonach es für den Bürger erkennbar sein muss, welches Verhalten unter Strafe gestellt ist. Sozialrechtliche Vorschriften beinhalten oftmals Generalklauseln, die mit diesem Grundsatz nicht vereinbar sind und die auch keine abschließende Interpretation ermöglichen.399 In vielen Fällen handelt es sich um bloße formelle Voraussetzungen, die einen anderen Zweck verfolgen. Insbesondere weisen sie keinen Wettbewerbsbezug auf. Exemplarisch soll an dieser Stelle auf § 67 VI S. 1 AMG zurückgegriffen werden, welcher die unverzügliche Mitteilung über die Durchführung von Anwendungsbeobachtungen an bestimmte Behörden vorschreibt. Durch diese Mitteilung soll es den Behörden ermöglicht werden, die Untersuchungsergebnisse bei der Verlängerung einer Zulassung heranzuziehen.400 Die vorgeschriebene Angabe über die Höhe der Vergütung dient der Transparenz.401 Begründet jeder Verstoß gegen eine der zahlreichen Vorschriften in diesem Bereich eine Strafbarkeit, birgt jede eingegangene Kooperation das Risiko einer Strafbarkeit in sich.402 Dies würde letztendlich dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit des Gesundheitsmarktes nicht mehr garantiert werden könnte, was freilich nicht die Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung der neuen Straftatbestände gewesen sein kann. Weitergehend stellt sich dann die Frage der Unlauterkeit. Liegt eine Unrechtsvereinbarung vor, kommt dem Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit eine einschränkende Funktion zu.403 Das Einhalten von berufs- und sozialrechtlichen Vorschriften lässt zumeist schon das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung entfallen. Spätestens führt deren Einhalten aber zum Ausschluss der Unlauterkeit und damit auch zum Ausschluss der Strafbarkeit.404 Liegt hingegen eine Unrechtsvereinbarung vor, erfordert es bereits der Grundsatz des Schutzzweckes der Norm, dass die sozialrechtliche Vorschrift, gegen die verstoßen worden ist, einen Wettbewerbsbezug aufweist. Erst dann kann der Wettbewerb als geschütztes Rechtsgut der Strafvorschriften beeinträchtigt sein.405 Das oben genannte Beispiel zeigt aber, dass 398 BT-Drs. 18/6446, S. 22; Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1082); Rübenstahl/Teubner in E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 47, fordern daher, dass erst bei einem eindeutigen und unzweifelhaften Verstoß gegen das Primärrecht eine Strafbarkeit nach § 299a StGB überhaupt erst in Betracht gezogen werden sollte. Vgl. aber auch Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078) sowie Krüger, NZWiSt 2017, 129 (133). 399 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299a StGB Rn. 23. 400 Rehmann, § 67 AMG Rn. 6. 401 Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (350). 402 Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299a StGB Rn. 23. 403 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 149, 153; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 39. 404 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 6, 39. 405 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1082); Jäger, MedR 2017, 694 (699); Dannecker/ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 149. Vgl. aber auch Rademacker, in: Kasseler Kommentar,

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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dieser wettbewerbsrechtliche Schutzzweck nicht immer gegeben ist. Fehlt es an einem solchen, kann gegebenenfalls eine Unrechtsvereinbarung vorliegen, allerdings ist dann das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit zu verneinen.406 Zu berücksichtigen ist außerdem die Gefahr von Wertungswidersprüchen aufgrund unterschiedlicher landesrechtlicher Regelungen in den einzelnen Bundesländern. Diese ist allerdings im Bereich der gesetzlichen Regelungen eher als gering anzusehen, da der hier entscheidende Bereich des Gesundheitswesens der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt und dem Bundesgesetzgeber dadurch die Möglichkeit eingeräumt wird, eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen. Überwiegend hat er hiervon auch Gebrauch gemacht.407 Dennoch handelt es sich hierbei lediglich um eine Möglichkeit und nicht um eine Pflicht. Damit jedoch die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren nicht von Bundesland zu Bundesland divergiert, sollte mit der Annahme eines Indizes für eine Unrechtsvereinbarung aufgrund eines Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften äußerst zurückhaltend umgegangen werden. Dies gilt insbesondere, soweit es sich um bloße Formvorschriften handelt.

II. Bedeutung von untergesetzlichen Rechtsnormen 1. Einhaltung von untergesetzlichen Rechtsnormen Etwas komplizierter könnte sich die Auswirkung von untergesetzlichen Regelungen gestalten. Von Bedeutung sind hier insbesondere die Berufsordnungen der Landesärztekammern in Form von Satzungen sowie auch die Kollektivverträge im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, welchen ebenfalls ein normativer Charakter zukommt.408 a) Vorschriften der Berufsordnungen Die Berücksichtigung berufsrechtlicher Vorschriften hat durch die Streichung der ursprünglich geplanten Tatbestandsvariante der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten nicht an Bedeutung verloren. Auch wenn die jetzige Strafvorschrift keine Blankettverweisung mehr enthält, findet auch das Berufsrecht über das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung, spätestens aber bei der Unlauterkeit, Berücksichtigung bei der Auslegung der Straftatbestände.

§ 73 SGB V Rn. 49, der regelmäßig in jedem Verstoß gegen das sozialrechtliche Zuweisungsverbot nach § 73 VII SGB V auch die Verwirklichung des § 299a Nr. 3 StGB annimmt. 406 Siehe auch Jäger, MedR 2017, 694 (700), der dem Merkmal der Unlauterkeit dann kein eigenständigen Bedeutungsgehalt mehr zuschreiben möchte. 407 Vgl. nur das AMG, HWG oder auch das SGB V. 408 Dazu bereits ausführlich in Teil 2 A. IV.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Die Einhaltung von berufsrechtlichen Regelungen muss nicht zwingend zur Straflosigkeit führen. Hiervon geht aber wohl der Gesetzgeber aus, wenn er sagt, dass das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit dann fehle, wenn die Bevorzugung berufsrechtlich zulässig sei.409 Nach den aktuellen Fassungen der Berufsordnungen kann tatsächlich davon ausgegangen werden, dass derjenige, der sich berufsrechtsgemäß verhält, sich auch nicht strafbar machen kann.410 Eine solche pauschale Annahme der Straflosigkeit bei berufsrechtlich zulässigem Verhalten könnte jedoch dazu führen, dass es den Landesärztekammern in Zukunft überlassen wäre, bestimmte Formen der Zusammenarbeit der Strafbarkeit zu entziehen, indem sie verschiedene Kooperationsformen in ihre Berufsordnungen aufnehmen.411 Zunächst ist es dem Strafrecht nicht gänzlich fremd, dass sich niederrangiges Recht auf die Strafbarkeit auswirkt. So setzt ein Großteil der Tatbestände im Umweltstrafrecht die Verletzung von verwaltungsrechtlichen Pflichten voraus.412 Die Bestimmung der verwaltungsrechtlichen Pflichten erfolgt gemäß § 330d I Nr. 4 StGB unter anderem durch Rechtsvorschriften, wozu auch Satzungen gehören.413 Diese Satzungen lassen sich nicht ohne Weiteres mit den Berufsordnungen der Landesärztekammern vergleichen. Die Berufsordnungen werden im Wege der Selbstverwaltung erlassen. Damit könnte der Adressatenkreis der Strafnorm durch den Inhalt der von ihm erlassenen Berufsordnung zugleich den Inhalt der Strafnorm vorgeben. Auch auf Rechtswidrigkeitsebene ist anerkannt, dass das Landesrecht einen Rechtfertigungsgrund darstellen kann. Dies setzt aber voraus, dass die Materie, welcher der Erlaubnissatz angehört, in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen muss.414 Hierbei kann es sich auch um ein Gesetz im materiellen Sinne handeln, womit Satzungen ebenfalls erfasst sind.415 In beiden Fällen stellt sich damit die Frage der Reichweite der Kompetenzen der Ärztekammern. Die Selbstverwaltung eröffnet den Betroffenen die Möglichkeit, ihre 409 BT-Drs. 18/6446, S. 21. Dazu auch Geiger, CCZ 2016, 172 (176), der darauf hinweist, dass ein berufsrechtlich zulässiges Verhalten keine Verletzung einer Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG darstellen kann; ebenso Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (86 f.). 410 Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (99). 411 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1082); ders., in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 6. Dazu aber auch Damas, wistra 2017, 127 (133 f.), welcher diese Möglichkeit nicht ohne Weiteres sieht, da die Unlauterkeit im Sinne der Strafvorschriften nicht völlig identisch mit dem Merkmal der Unlauterkeit bei §§ 3, 3a UWG ist. Zu der Problematik der unterschiedlichen Ausgestaltungen durch die Landesärztekammer bei der einst geplanten akzessorischen Tatbestandsausgestaltung außerdem Geiger, CCZ 2016, 172 (176); Schröder, NZWiSt 2015, 321 (329 f.). 412 Vgl. aus dem Kernstrafrecht nur §§ 324a, 325, 325a, 326 III, 328 III, 329 IV StGB. Dazu auch Kubiciel, WiJ 2016, 1 (5 f.). 413 Heine/Schittenhelm, in: Schönke/Schröder, § 330d StGB Rn. 12. 414 BGHSt 11, 241 (244); Rönnau, in: LK, vor 32 Rn. 59; Sternberg-Lieben, in: Schönke/ Schröder, vor 32 Rn. 27a. 415 Vgl. BGHSt 11, 241 (247) zu Verwaltungs- und Rechtsverordnungen.

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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Angelegenheiten selber zu regeln. Diese Befugnis geht aber nur soweit, als eigene Belange betroffen sind. Werden Belange Dritter berührt, erfährt die Rechtssetzungsbefugnis erhebliche Einschränkungen.416 Geregelt werden können damit nur Kooperationsformen zwischen den Heilberufen. Eine entsprechende Vorschrift findet sich beispielsweise in § 18 MBO-Ä zu den Berufsausübungsgemeinschaften. Da Pharmaunternehmen keine Adressaten der Berufsordnung sind, können Kooperationsformen mit diesen nur bedingt durch die Berufsordnungen geregelt werden.417 Die Überwachung dieser Grenzen obliegt der Rechtsaufsicht, welche zwar nicht die Zweckmäßigkeit, wohl aber die Rechtmäßigkeit zu überprüfen hat. Dazu gehört insbesondere das Einhalten der Kompetenzen und gesetzlichen Verfahrensvorschriften.418 Überschreitet eine Ärztekammer ihre Satzungsbefugnis, wird dies regelmäßig dazu führen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Satzung nicht genehmigt.419 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidungsbefugnis über Wesentliches letztendlich immer bei dem parlamentarischen Gesetzgeber verbleibt.420 Die eigenständige Ausgestaltung des Straftatbestandes durch die Landesärztekammern wird daher tatsächlich nur von sehr geringer Bedeutung sein.421 Die Annahme einer grundsätzlichen Straflosigkeit bei Einhaltung berufsrechtlicher Vorschriften bringt die Gefahr von Ungleichheiten in den jeweiligen Bundesländern mit sich. Der einst gegen die Berufsrechtsvariante vorgebrachte Einwand des „Flickenteppichs“ bleibt auch an dieser Stelle bestehen.422 Innerhalb der Berufsordnungen für Ärzte wird dies aber nur eine geringe praktische Bedeutung haben, da die Landesärztekammern überwiegend die MBO-Ä in ihre Berufsordnungen übernommen haben.423 Allerdings betreffen Berufsordnungen nur einen kleinen Teil des Adressatenkreises der Strafvorschriften. Zunächst existieren lediglich für die akademischen Heilberufe überhaupt Berufsordnungen. Aber auch unter den verschiedenen Heilberufen divergieren die Berufsordnungen in einigen Bereichen. So enthält weder die Musterberufsordnung für Zahnärzte noch die für Tierärzte nähere Vorschriften zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit.424 416

Dazu Lipp, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, II B. Rn. 7 f. Nicht näher darauf eingegangen werden soll auf die Frage, inwieweit die Tätigkeit des Arztes für juristische Personen überhaupt durch die Berufsordnung vorgegeben werden kann, dazu Taupitz, NJW 1992, 2317 (2322) m. w. N. 418 Zur Rechtsaufsicht im Kammerrecht näher Tettinger, Kammerrecht, S. 236 ff. 419 Krüger, NZWiSt 2017, 129 (136); ähnl. Gaede, medstra 2015, 263 (266). 420 Lipp, in: Laufs/Katzenmeier/Lipp, II. B. Rn. 9; Zur mittelbaren Selbstverwaltung bereits ausführlich in Teil 2 A. III. der Arbeit. 421 Als „fernliegend“ bezeichnet auch von Gaede, medstra 2015, 263 (266). 422 Zu dem Kritikpunkt bereits oben in Teil 3 A. I. 2. a). Vgl. dazu auch Kubiciel, WiJ 2016, 1 (5 f.). 423 Zur Ausnahme in Niedersachsen bereits in diesem Teil unter A. I. 2. a). 424 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1082); vgl. aber auch Dannecker/Schröder, in: NK § 299a StGB Rn. 68, welcher die aus diesem Problem resultierenden unterschiedlichen Subsumtionsergebnisse als hinnehmbar ansieht. 417

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Letztendlich ist es aber der einzelne Heilberufler, der darauf vertrauen können muss, dass er sich durch ein standesgemäßes Verhalten nicht strafbar machen kann. Gestattet die Kammer in ihrer Berufsordnung eine Form der Zusammenarbeit, die eigentlich durch das Strafrecht untersagt werden sollte, kann das Einhalten dieser berufsrechtlichen Regelung nicht zum Nachteil eines einzelnen Kammermitglieds sein. Denn diesem kommt eine Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Änderung von standesrechtlichen Regelungen nur in entferntester Weise mittelbar durch sein Wahlrecht in der Kammer zu. Auch wenn ein standesgemäßes Verhalten aufgrund der genannten Gründe nicht zwingend zur Straflosigkeit führen kann, kommt ihm eine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Auslegung zu. Ist ein Verhalten nach dem Berufsrecht rechtmäßig, stellt dies regelmäßig zumindest ein wesentliches Indiz für ein strafloses Verhalten dar. Zieht man die momentan geltenden berufsrechtlichen Regelungen heran, wird es bei einem berufsrechtmäßigen Verhalten an einer erforderlichen Unrechtsvereinbarung oder aber zumindest an der Unlauterkeit fehlen.425 Etwas anderes muss nur für den sehr unwahrscheinlichen Fall gelten, dass die Kammern ihre Satzungsautonomie als Hintertürchen nutzen und ihren Mitglieder auf diesem Wege zur Straflosigkeit verhelfen. Hier bleibt aber die eben bereits angesprochene Genehmigungspflicht einer jeden Satzung zu berücksichtigen. Wird eine solche Satzung dennoch erlassen und verwirklicht ein Heilberufler in diesem Falle den Tatbestand des § 299a StGB, stellt sich auf der Schuldebene die Frage nach einem Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB.426 In diesen Fällen gestattet das Berufsrecht ein solches Verhalten. Verhält sich der Heilberufler nach dem Berufsrecht rechtmäßig, wird es ihm regelmäßig an der Einsicht fehlen, Unrecht zu tun. b) Normsetzungsverträge Dies muss auch für Regelungen aus den Normsetzungsverträgen, wie dem Bundesmantelvertrag auf Bundesebene oder den Kollektivverträgen zwischen den Verbänden der kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen auf Landesebene, gelten.427 Freilich ist es hier nicht der Adressatenkreis der Strafvorschriften selbst, dem ansonsten die Ausgestaltung der Straftatbestände überlassen würde. Vielmehr sind es hier die Institutionen des Gesundheitswesens, die im Wege der gemeinsamen mittelbaren Selbstverwaltung dafür Sorge zu tragen haben, dass die gesetzliche Krankenversicherung ihre Funktionsfähigkeit beibehält.428 Das Gesetz macht den Parteien in § 72 II SGB V nur am Rande Vorgaben hinsichtlich des Vertragsabschlusses. Formell bedürfen sie der Schriftform. Inhalt der Verträge ist die 425

S. 66. 426 427

Rn. 6. 428

Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1083); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, Zur Möglichkeit eines Verbotsirrtums unter B. V. Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1082); ders., in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Dazu bereits ausführlich in Teil 2 A.

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

151

Regelung der vertragsärztlichen Versorgung. Die Vertragsparteien haben bei dem Vertragsabschluss eine Übereinkunft zweier gegenseitiger Interessen zu finden. Einer gesonderten Aufsicht unterliegen sie dabei nicht.429 Eine vom Gesetzgeber übertragene Befugnis kann aber auch hier nicht so weit reichen, dass sie zur Modifizierung eines Straftatbestandes führen würde. 2. Verstoß gegen untergesetzliche Vorschriften a) Verstoß gegen Vorschriften der Berufsordnungen Ein bloßer Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen führt auch nicht ohne Weiteres zu einer Strafbarkeit nach § 299a StGB. Dies ergibt sich bereits aus der Streichung der Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten, durch die der Gesetzgeber von einer akzessorischen Regelung vom Berufsrecht Abstand nehmen wollte.430 Der Einfluss des Berufsrechts zeigt sich insbesondere in der Tatbestandsvariante der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial in § 299a Nr. 3 StGB. Auch wenn der Gesetzgeber nicht den aus dem Berufs- und Sozialrecht bereits bekannten Begriff der Zuweisung verwendet hat, soll der Begriff der Zuführung inhaltlich dennoch mit diesem identisch sein.431 Verhindert werden soll damit jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines Arztes oder eines anderen Leistungsempfängers zu beeinflussen. Der Begriff erfasst sowohl Zuweisungen und Überweisungen als auch Verweisungen und Empfehlungen.432 Kernelement des Zuweisungsverbotes nach § 31 MBO-Ä ist auch hier eine Unrechtsvereinbarung, womit es sich ebenso wie bei den neuen Strafvorschriften um eine Korruptionsvorschrift handelt. Anders als die Strafvorschriften, setzt das berufsrechtliche Zuweisungsverbot aber nicht zwingend eine Wettbewerbslage voraus. Zwar dient die Vorschrift auch dem Schutz davor, dass sich Ärzte gegenüber ihren Berufskollegen ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile verschaffen. Weitergehend soll sie aber auch das Vertrauen des Patienten in die Sachlichkeit ärztlicher Entscheidungen schützen.433 Das letztere Schutzgut kann bei einer Bevorzugung außerhalb einer Wettbewerbslage beeinträchtigt sein. Das berufsrechtliche Zuweisungsverbot ist demnach weitergehend als die strafrechtliche Korruptionsvorschrift,

429

Zum Rechtsschutz gegen einen auf Grundlage eines Vertrages erlassenen Vollzugsaktes Axer, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 10 Rn. 68 ff. 430 BT-Drs. 18/6446, S. 22 f. 431 BT-Drs. 18/6446, S. 20; abl. aber Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 76. Dazu ausführlich in diesem Teil unter C. IV. 1. c). 432 BGH NJW 2011, (2213 f.); Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 3. 433 Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 1 m. w. N.

152

Teil 3: Strafrechtliche Wertung

die seit Streichung der Tatbestandsvariante der Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten zwingend eine Wettbewerbslage voraussetzt.434 Auch anhand des berufsrechtlichen Zuwendungsverbot gemäß § 32 I MBO-Ä lässt sich zeigen, dass ein Verstoß gegen das Berufsrecht nicht ohne Weiteres zu einer Strafbarkeit nach § 299a StGB führt.435 Berufsrechtlich ist es Ärzten bereits nicht gestattet, von Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Das Berufsrecht ist hier strenger als das Strafrecht.436 Die Zuwendung muss sich nicht auf eine konkrete Bevorzugung beziehen, vielmehr ist bereits der „böse Schein“ ausreichend, um Zweifel an der ärztlichen Integrität aufkommen zu lassen.437 Diese allgemeine Klimapflege wird im Strafrecht allerdings nur von den Tatbeständen der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung im Rahmen der Amtsträgerdelikte nach §§ 331, 333 StGB erfasst.438 Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB kommt hingegen erst in Betracht, wenn die Zuwendung im Zusammenhang mit einer konkreten Tathandlung nach § 299a Nr. 1 – 3 StGB steht.439 Dass ein Verstoß gegen die berufsrechtliche Vorschrift nicht ohne Weiteres zur Annahme einer Strafbarkeit führen kann, ergibt sich außerdem aus dem Schutzzweck der Vorschrift. § 32 MBOÄ dient allein dem Schutz des Patienten und erfordert damit keinen Wettbewerbsbezug.440 Es zeigt sich an mehreren Stellen, dass der Verstoß gegen eine Vorschrift aus der Berufsordnung nicht ohne Weiteres zur Strafbarkeit führt.441 Das Berufsrecht kann strafbarkeitslimitierend442, keinesfalls aber strafbarkeitsbegründend wirken.443 Zu prüfen bleibt demnach im jeweiligen Einzelfall, ob auch die weiteren Voraussetzungen der Straftatbestände vorliegen. Entscheidend wird hier insbesondere das Vorliegen einer Wettbewerbslage sowie, im Zusammenhang mit § 32 MBO-Ä, das 434 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (80). Zum Vorliegen einer Wettbewerbslage sogleich näher unter C. IV. 3. 435 Zu diesem und weiteren Beispielen auch Eisele, in: FS Neumann, S. 1072 (1083). 436 Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 14. 437 BVerfG NJW 2011, 2636 (2637); Ärztegerichtshof Saarland, MedR 2011, 752 (754); Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 1. 438 Vgl. nur BGHSt 47, 295 (306 f.); 49, 275 (296 f.); BGH NStZ-RR 2007, 309; OLG Karlsruhe NStZ 2011, 164; Kuhlen, in: NK § 331 StGB Rn. 80; krit. im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot, Schneider, in: FS Seebode, S. 331 (336). 439 BT-Drs. 18/6446, S. 18. 440 Ärztegerichtshof Saarland, MedR 2011, 752 (753 f.); Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 1. 441 Rosenau/Lorenz/Wendrich, in: Korruption und Strafrecht, S. 53 (59, 68); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 39; Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 49. 442 Dazu bereits oben unter B. II. 1. a). 443 Dann, in: MAH Sozialrecht, § 20 Rn. 36; Rosenau/Lorenz/Wendrich, in: Korruption und Strafrecht, S. 53 (59).

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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Vorliegen einer konkreten Unrechtsvereinbarung sein. Im Ergebnis zieht damit nicht jeder Verstoß gegen eine berufsrechtliche Vorschrift zwangsläufig eine Strafbarkeit nach sich. b) Verstoß gegen Normsetzungsverträge Noch weniger kann ein bloßer Verstoß gegen Normsetzungsverträge, wie dem Bundesmantelvertrag oder den Kollektivverträgen, zu einer Strafbarkeit führen. Gegen die Annahme einer Strafbarkeit spricht bereits, dass die Vorschriften regelmäßig andere Voraussetzungen als die Straftatbestände zum Gegenstand haben. Auch hier könnte allerdings ein Verstoß gegen diese Vorschriften aus den Verträgen als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung herangezogen werden. Grundsätzlich ist es dem Strafrecht nicht fremd, dass sich diese Verträge mit normativem Charakter auf einen Straftatbestand auswirken können. Einen Einfluss haben sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Bereich des Abrechnungsbetruges nach § 263 StGB. Gemäß der in diesem Bereich vertretenen streng-formalen (sozialrechtsakzessorischen) Betrachtungsweise führt bereits jede Handlung, die nach dem vertragsärztlichen Abrechnungssystem auch nur teilweise formal nicht abrechenbar ist, stets zum Vorliegen eines Vermögensschadens in Höhe des gesamten abrechenbaren Betrages.444 Welche Leistung abrechenbar ist, richtet sich nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), der auf Grundlage des § 87 I SGB V zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband der Krankenkassen geschlossen wird. Ergänzt werden können diese Regelungen auch in bestimmten Bereichen durch die Kollektivverträge auf Landesebene.445 Eine Übertragung der streng-formalen Betrachtungsweise auf die Korruptionstatbestände ist aber mehr als zweifelhaft. Diese Betrachtungsweise knüpft an formale Ausbildungs- und Weiterbildungsqualifikationen an und soll eine den praktischen Erfordernissen entsprechende Qualitätskontrolle der Leistungserbringer ermöglichen, welche ansonsten kaum möglich wäre.446 Eine solche Überprüfung ist aber im Bereich der Korruptionsdelikte nicht erforderlich. Hier geht es in der Regel um anders gelagerte Fälle, bei denen die Qualifikation des einzelnen Heilberuflers nicht zwingend im Vordergrund steht. Auch an dieser Stelle spricht insbesondere der Bestimmtheitsgrundsatz gegen die Einbeziehung von Normverträgen bei der Frage nach dem Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung. Die Kollektivverträge auf Landesebene können von Bundesland zu Bundesland divergieren, womit eine einheitliche Handhabung auf Bundesebene kaum möglich wäre. Weiterhin enthalten auch sie zahlreiche komplexe Regelungen, 444

BSGE 74, 154 (158); 80, 1 (5); BGH NStZ 1995, 85 (86); BGH NJW 2014, 3170 (3171); zust. auch Tiedemann, in: LK, § 263 StGB Rn. 267 m. w. N. Zur Kritik an der streng-formalen Betrachtungsweise Ulsenheimer, Rn. 1120 ff. 445 Berner, in: Schnapp/Wigge, § 8 Rn. 27. 446 BGH NJW 2014, 3170 (3171).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

welche für den jeweiligen Heilberufler nicht ohne Weiteres zu erkennen sind.447 Bei einem Verstoß gegen eine Vorschrift aus den jeweiligen Normsetzungsverträgen sollte demnach äußerst zurückhaltend mit der Annahme eines Indizes für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung umgegangen werden. In der Regel wird es bei diesen Vorschriften bereits am Wettbewerbsbezug fehlen.

III. Bedeutung von Verhaltenskodizes Von Bedeutung in diesem Bereich können außerdem noch die verschiedenen Verhaltenskodizes sein, welche in den vergangenen Jahren von verschiedenen Verbänden zur Selbstregulierung entworfen worden sind.448 1. Einhaltung von Verhaltenskodizes Teilweise wird den Verhaltenskodizes der verschiedenen Verbände eine normkonkretisierende Wirkung zugesprochen.449 Folge einer solchen Wirkung wäre das Fehlen der Unlauterkeit, soweit die branchenspezifischen Regelungen eingehalten wären. Dagegen spricht jedoch, dass diese gerade keine Normqualität haben.450 Die Regelungen werden von Institutionen des Privatrechts geschaffen, welchen keine Rechtssetzungsbefugnis zukommt. Verbindlichkeit entfalten sie lediglich gegenüber ihren Mitgliedern. Die Verbände verfügen weiterhin jederzeit über die Möglichkeit, ihre Regelungen zu ändern und könnten dadurch die Strafbarkeit modifizieren. Auch wenn ihnen keine normkonkretisierende Wirkung zugesprochen werden kann, haben branchenspezifische Regelungen in den letzten Jahren im Bereich der Kooperationen immer mehr an Bedeutung gewonnen.451 Allein aus dem Inhalt der Branchenkodizes, welcher sich an den Anforderungen der Rechtsprechung an eine vertragliche Zusammenarbeit im Gesundheitswesen orientiert, ergibt sich, dass das Einhalten der momentan geltenden Grundsätze zumindest eine starke indizielle Wirkung hat.452 Dadurch kann bereits das Risiko des Verdachtes einer Unrechtsvereinbarung erheblich reduziert werden.453 Bereits der Sinn und Zweck der Kodizes lässt auch nicht

447

Hierzu bereits oben unter B. I. Dazu bereits ausführlich in Teil 2 D. der Arbeit. 449 Vgl. Kubiciel, MedR 2016, 1 (4). 450 BGH GRUR 2011, 431 (432); Ohly, in: Ohly/Sosnitza, § 3a UWG Rn. 13. 451 Zu den positiven Aspekten der Freiwilligen Selbstkontrolle, Kuhlen, in: FS Hassemer, S. 875 (888). 452 BGH GRUR 2011, 431 (432) zu § 3 UWG; Kuhlen, in: FS Hassemer, S. 875 (889); Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (89). 453 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078); Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 43; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 138; Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 63; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 72. 448

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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befürchten, dass durch die Institutionen in Zukunft Kodizes erlassen werden, die ein anderes Ergebnis erforderlich machen würden. 2. Verstoß gegen Verhaltenskodizes Weiterführend darf daraus aber nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Verstoß gegen einen der Verhaltenskodizes auch zu einem Verdacht der Unrechtsvereinbarung führt.454 Dies ergibt sich bereits aus dem in Art. 103 II GG verankerten Bestimmtheitsgebot.455 In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Kodizes erlassen, welche auch weitestgehend übereinstimmen. Dennoch ist dies nicht zwingend der Fall. Es bleibt zu berücksichtigen, dass es sich dabei um präventive Maßnahmen handelt, denen sich die Unternehmen freiwillig unterworfen haben, um eine mögliche Belastung von Geschäftsbeziehungen456 oder einer Rufschädigung zu entgehen. Damit beziehen sich die Regelungen nicht allein auf das Strafrecht, sondern berücksichtigen auch andere Vorgaben, wie solche des Wettbewerbs- und Berufsrechts. Regelmäßig ist daher davon auszugehen, dass diese branchenübliche Verhaltensregelungen an verschiedensten Stellen konkreter und auch strenger als die Strafvorschriften sind.457 Deutlich wird dies beispielsweise an dem FSA-Transparenzkodex, der in §§ 6 – 11 je nach Kontext vorschreibt, dass eine an die Empfänger getätigte Leistung für die Dauer von mindestens drei Jahren individualisiert unter Angabe des vollständigen Namens, der genauen Praxis- und Geschäftsadresse und ihrer lebenslangen Arztnummer im Internet veröffentlicht wird.458 Dies wird auch deutlich durch die Einordnung der Angemessenheit als eigenständiges Tatbestandsmerkmal im Rahmen der FSA-Kodizes, bei dessen Nichteinhalten stets die Gefahr der Sanktionsverhängung durch die Spruchkörper droht. Anders hingegen stellt die fehlende Angemessenheit im Strafrecht lediglich ein Indiz im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung dar, aus dem alleine aber noch nicht auf das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung geschlossen werden kann.459 Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann daher nur vereinzelt zur Begründung des Verdachts einer Unrechtsvereinbarung herangezogen werden.460

454

Vgl. aber auch Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 89. Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 62. 456 Dieners, JZ 1998, 181 (182). 457 Kuhlen, in: FS Hassemer, S. 875 (889). Als „überobligatorisch“ auch bezeichnet von Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 138. 458 Dazu Fuderer/Tillmanns, PharmR 2017, 169 (170). 459 Geiger, A&R 2013, 99 (100). 460 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 138; Schuhr, in: Spickhoff, § 338 StGB Rn. 68. Vgl. aber auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 72 f., welche Verhaltenskodizes als Auslegungshilfe auch zur Begründung der Unlauterkeit heranziehen möchte; ebenso Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (89). 455

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

IV. Einfluss über das Wettbewerbsrecht 1. Vorschriften der Berufsordnungen Einfluss haben die Vorschriften der Berufsordnungen spätestens bei dem Tatbestandsmerkmal der unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb.461 Nach Ansicht des Gesetzgebers ist das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit anhand der zu § 299 StGB entwickelten Auslegungsgrundsätze zu bestimmen.462 Unlauter ist eine Bevorzugung dann, wenn sie nicht auf sachlichen Erwägungen beruht, sondern durch den gesetzlich verlangten Vorteil geleitet ist.463 Die Sachgerechtigkeit bemisst sich dabei an „freien“ Wettbewerbsbedingungen.464 Der Begriff der Unlauterkeit im Sinne der Strafvorschrift ist weder identisch mit § 138 BGB noch deckungsgleich mit dem aus dem Wettbewerbsrecht.465 Dennoch können an dieser Stelle die Vorschriften §§ 3, 3a UWG zunächst zur Orientierung herangezogen werden.466 Nach § 3a UWG setzt eine unlautere Handlung ein Zuwiderhandeln gegen eine gesetzliche Vorschrift voraus, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Anerkannt ist, dass unter den Begriff einer gesetzlichen Vorschrift nicht nur Gesetze im formellen Sinne, sondern auch Berufsordnungen in Form von Satzungen gefasst werden.467 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellen bestimmte Vorschriften der Berufsordnung eine Marktverhaltensregelung i. S. d. § 3a UWG dar, womit ein Verstoß gegen diese Vorschrift zur Unlauterkeit im Sinne des Wettbewerbsrechts führt.468 Liegt ein solcher Wettbewerbsbezug vor und ergibt sich daraus eine Unlauterkeit nach dem Wettbewerbsrecht, liegt regelmäßig zumindest auch ein erheblicher Verdacht für die Unlauterkeit im Sinne der Strafvorschrift vor.469 Es bleibt aber immer zu prüfen, ob überhaupt eine Unrechtsvereinbarung gegeben ist.

461

Dazu Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (96 f.). BT-Drs. 18/6446, S. 21. 463 BGHSt 2, 396 (401); Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 33; Lackner/ Kühl, § 299 StGB Rn. 5; v. Tippelskirch, GA 2012, 574. 464 Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 33 465 Damas, wistra 2017, 128 (133); Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 77; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 19; v. Tippelskirch, GA 2012, 574 (576). 466 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (104); Gaede, in: Leitner/ Rosenau, § 299 StGB Rn. 74: zur Konkretisierung. Vgl. auch Damas, wistra 2017, 127 (133), der betont, dass das Unlauterkeitskriterium im Sinne des §§ 299a, b StGB nicht an das Wettbewerbsrecht anknüpfe und damit einer eigenen Auslegung bedürfe. Dadurch würden auch Berufsordnungen anderer Bundesländer oder anderer Heilberufsangehöriger relevant, wenn diese weniger restriktive Vorschriften als andere enthielten. 467 BGH GRUR 2005, 520 (521); Ohly, in: Ohly/Sosnitza, § 3a UWG Rn. 12 m. w. N. 468 Vgl. nur BGH GRUR 2015, 1237 (§ 1 V Zahnärzte BO Nordrhein); BGH NJW 2011, 2211 (2213) – „Hörgeräteversorgung II“ zu § 31 MBO-Ä; BGH NJW 2009, 3582 (3583). 469 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 66. 462

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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2. Verhaltenskodizes Einen geringeren Einfluss über das Wettbewerbsrecht können Verhaltenskodizes, wie der FSA-Kodex, erlangen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 3a UWG, welcher ein Zuwiderhandeln gegen eine gesetzliche Vorschrift fordert. Verhaltenskodizes stellen aber gerade keine solche gesetzliche Vorschrift dar, womit ein Verstoß gegen sie nicht zu einer unlauteren Handlung im Wettbewerb führen kann.470

V. Genehmigung durch zuständige Behörden Die unübersichtlichen Regelungen im Bereich des Gesundheitswesens fordern von dem einzelnen Arzt eine nicht zu unterschätzende Kenntnis der für ihn geltenden Regelungen. Der Einsatz des Strafrechts in diesem Bereich bringt damit eine enorme Unsicherheit für Ärzte mit sich. Freilich können hier an den Arzt selber, der regelmäßig über keine weitergehenden juristischen Fachkenntnisse verfügen wird, keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Den Forderungen nach einer „Liste für die Kitteltasche“ wurde bisher noch nicht nachgekommen.471 In einigen Bundesländern wurden in den vergangenen Jahren sogenannte Clearingstellen errichtet, welche mit der inhaltlichen Überprüfung von Kooperationen und Leistungsbeziehungen im Gesundheitswesen betraut worden sind.472 Zusammengesetzt sind diese Stellen aus Mitgliedern der Landesärztekammern, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Landeskrankenhausgesellschaft. Ihre Aufgabe ist es, auf Anfrage zu den entsprechenden Vereinbarungen eine Beurteilung der Rechtskonformität vorzunehmen, wobei lediglich das Berufs-, Vertragsarzt- und Krankenhausrecht Berücksichtigung findet.473 Die Stellungnahmen der Clearingstellen sind rechtlich unverbindlich.474 Auch in den übrigen Bundesländern besteht für den einzelnen Arzt grundsätzlich die Möglichkeit, entsprechende Auskünfte über geplante Kooperationsvereinbarungen von den Ärztekammern oder Kassenärztlichen Vereinigungen einzuholen.475 470

BGH GRUR 2011, 431 (432); Ohly, in: Ohly/Sosnitza, § 3a UWG Rn. 13. Vgl. hierzu das Interview mit Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, in: DÄBl. 2015, A-1363. Krit. hierzu Graalmann-Scheerer, MedR 2017, 601 (606), die eine Überforderung der Ärztekammern befürchtet. 472 Clearingstellen bestehen in Hessen, Sachsen-Anhalt, NRW, Bayern und SchleswigHolstein. 473 Vgl. nur § 4 der Vereinbarung Clearingverfahren zwischen der Ärztekammer SchleswigHolstein, der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein und der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein. Näher zu den sog. Clearingstellen Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 302. 474 § 4 I Geschäftsordnung der Clearingstelle Hessen; 475 Krüger schreibt den jeweiligen Kammern aufgrund der geltenden Pflichtmitgliedschaft von Verfassung wegen eine Pflicht zum Tätigwerden vor, NZWiSt 2017,129 (134). Ausführlich dazu auch Fuderer/Tillmanns, PharmR 2017, 169. 471

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Da die Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen das Institut der Genehmigung aber nicht ausdrücklich vorsehen, können solche Gutachten nur auf Schuldebene im Zusammenhang mit einem Verbotsirrtum nach § 17 StGB relevant werden.476 Ein solcher führt aber erst dann zum Schuldausschluss, wenn er unvermeidbar war. Die Rechtsprechung stellt an die Unvermeidbarkeit hohe Anforderungen und sieht einen Verbotsirrtum als vermeidbar an, wenn der konkrete Täter nach Einsatz seiner individuellen Fähigkeiten bei Einsatz „aller seiner Erkenntniskräfte und sittlichen Wertvorstellungen“ zur Unrechtseinsicht hätte kommen können. Hierzu gehört auch das Einholen eines Rechtsrates.477 Von diesen hohen Anforderungen ist die Rechtsprechung auch im ärztlichen Bereich nicht abgewichen und ist regelmäßig dann von einem vermeidbaren Verbotsirrtum ausgegangen, wenn die Möglichkeit bestand, eine anwaltliche oder behördliche Auskunft einzuholen.478 Wird hingegen eine falsche Auskunft von den Berufskammern erteilt, ist regelmäßig von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum auszugehen, womit keine schuldhafte Berufspflichtverletzung vorliegt.479 Die Berufskammern und Kassenärztlichen Vereinigungen sind zu einer rechtlichen Bewertung im Rahmen ihrer präventiven Berufsaufsicht grundsätzlich befugt.480 Dies ergibt sich auch aus § 24 MBO-Ä, der eine Empfehlung zur Vorlage jeglicher Verträge über die ärztliche Tätigkeit an die Ärztekammer enthält.481 Zu berücksichtigen bleibt jedoch, dass diese Institutionen nur Aussagen über das Berufsrecht, bzw. über das Sozialrecht treffen werden. Eine strafrechtliche Bewertung nehmen sie hingegen in der Regel nicht vor.482 Ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 StGB wird allerdings dann in Betracht kommen, wenn es sich um eine maßgebliche Vorfrage für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung oder der Unlauterkeit handelt. Erforderlich ist aber, dass die erteilte Genehmigung den strafrechtlichen Anforderungen standhält.483 Da es sich regelmäßige um komplexe Fallgestaltungen handelt, ist ein detailliertes schriftliches Gutachten erforderlich.484 Dieses muss sich mit der konkreten Sachlage auseinandersetzen; bloße allgemeine Auskünfte zu Kooperationsformen sind nicht ausreichend.485 Handelt es sich um eine berufsrechtlich oder sozialrechtlich noch nicht 476 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 323; Gaede/ Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (151). Zur Genehmigung im Rahmen der Unrechtsvereinbarung näher in diesem Teil unter C. IV. 2. e). 477 BGHSt 2, 194 (201); 4, 1 (5); 21, 18 (20); BGH NJW 2000, 307 (309). 478 OLG Hamburg, MedR 2000, 371 (375 f.); s. auch Ulsenheimer, Rn. 1023. 479 LBerufsG Münster, MedR 2012, 69 (70). 480 Scholz, MedR 2015, 572 (574). 481 Eine Empfehlung sieht auch im Bereich der Kooperationen § 33 MBO-Ä vor. 482 DÄBl. 2016, A-1789. 483 Scholz, MedR 2015, 572 (574). 484 BeckRS 2008, 06865 Rn. 40; vgl. auch Scholz, MedR 2015, 572 (574 f.), welcher eine solche umfassende Begutachtung aufgrund der jetzigen persönlichen Kapazitäten der Ärztekammern wohl als schwer möglich ansieht. 485 S. zu dieser aber bestehenden Problematik in der Praxis auch Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 53.

B. Einfluss des Berufsrechts auf den Tatbestand

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entschiedene Fragestellung und liegt eine Genehmigung durch die jeweilige Institution zu dieser konkreten Fragestellung vor, ist dennoch von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum auszugehen.486 Hierfür spricht, dass die aktuell geltenden berufsrechtlichen Vorschriften deutlich weiter gefasst sind als der Straftatbestand. Wer demnach das Berufsrecht beachtet, kann sich auch nicht strafbar machen.487 Der einzelne Heilberufler kann bei einer Anfrage an seine Ärztekammer darauf vertrauen, dass er sich bei einer positiven Entscheidung seiner Kammer berufsrechtmäßig verhält und sich damit auch nicht strafbar macht.488 Geht die Kammer beispielsweise im Rahmen einer Anwendungsbeobachtung von einer angemessenen Vergütung im Sinne des § 33 MBO-Ä aus, kann der Arzt davon ausgehen, dass das Äquivalenzprinzip gewahrt ist, welches ein wesentliches Indiz gegen das Vorliegen einer strafrechtlichen Unrechtsvereinbarung darstellt.489 Entsprechendes muss auch für das Einhalten der sozialrechtlichen Vorschriften gelten. Auch hier muss der Heilberufler darauf vertrauen können, dass er sich bei einem rechtskonformen Verhalten nicht strafbar machen kann.490 Etwas anderes muss freilich dann gelten, wenn sich die Gutachten der verschiedenen Behörden – bezogen auf die konkreten Kooperationsformen – widersprechen. In diesem Fall ist aufgrund dieser Gutachten nicht von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum auszugehen.491

VI. Zusammenfassung Trotz der Streichung der Berufsrechtsvariante wurden außerstrafrechtliche Vorschriften nicht weniger bedeutsam für den Inhalt der Strafvorschriften. Im Hinblick auf gesetzliche Vorschriften ist bei deren Einhalten an die negative Akzessorietät des Strafrechts zu denken. Was gesetzlich erlaubt ist, kann nicht strafbar sein. Anders hingegen zieht ein Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift nur in bestimmten Fällen eine Strafbarkeit nach sich. Den Berufsordnungen kann allenfalls eine strafbarkeitslimitierende, nicht aber eine unmittelbar strafbarkeitsbegründende 486 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 203, vgl. auch Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 93, welcher bei Behördenauskünften eine Einzelfallprüfung fordert. 487 Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (99). Dies gilt zumindest für das aktuell geltende Berufsrecht. Erfolgt eine entsprechende Änderung der Berufsordnung, kann hier das berufsmäßige Verhalten möglicherweise nur noch als Indiz herangezogen werden, hierzu bereits oben in diesem Teil unter B. II. 1. a). 488 Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 53. Einen unvermeidbaren Verbotsirrtum nimmt Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 64 auch für den Fall an, dass eine Auskunftserteilung durch den FSA e. V. erfolgt ist. Dies ist insoweit überzeugend, als der FSAKodex sich mit allen relevanten Gesetzen im Bereich der Korruption auseinandersetzt. 489 Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 71. 490 Zum Ausschluss der Strafbarkeit bei sozialrechtlich zulässigem Verhalten bereits Teil 3 B. I. 1. a). 491 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 203.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Funktion zugesprochen werden. Das Einhalten der Berufsordnungen in ihren jetzigen Fassungen führt zum Ausschluss der Strafbarkeit. Zu berücksichtigen bleibt aber, dass die Berufsordnungen jederzeit von den Kammern geändert werden können und bei einer entsprechenden Änderung nur noch als Indiz herangezogen werden können. Ein Verstoß gegen eine berufsrechtliche Vorschrift kann außerdem über das Wettbewerbsrecht Einfluss auf die Strafvorschriften nehmen. Normsetzungsverträge haben in der Regel keinen Einfluss auf die Strafbarkeit, da sie keinen Wettbewerbsbezug aufweisen. Auch ihr Einhalten kann nicht zum Ausschluss der Strafbarkeit führen, da den erlassenden Behörden ebenfalls die Modifikation der Straftatbestände nicht zusteht. Erheblich an Bedeutung gewonnen haben die Verhaltenskodizes der verschiedenen Verbände, deren Einhalten den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung wesentlich reduzieren kann. Der Verstoß hingegen kann aber einen Verdacht nicht begründen. Ist der Tatbestand verwirklicht, kann bei vorherigem Einholen einer Zustimmung von der Ärztekammer oder der Kassenärztlichen Vereinigung ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 StGB vorliegen.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale I. Täterkreis der Vorschrift Die neue Strafvorschrift der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB stellt ein Sonderdelikt dar. Tauglicher Täter kann nur sein, wer Angehöriger eines Heilberufs ist. Hierzu ist nach der Intention des Gesetzgebers der Täterkreis des § 203 StGB heranzuziehen, wonach derjenige Angehöriger eines Heilberufs ist, für dessen Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist.492 Inwieweit die Bezugnahme auf diesen Täterkreis aber zu einem ausreichenden oder möglicherweise auch übermäßigen Schutz des Wettbewerbs im Gesundheitswesen als geschütztem Rechtsgut führt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Im Folgenden soll der Fokus auf die Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB gerichtet werden, da der Straftatbestand der Bestechung im Gesundheitswesen als Jedermanns-Delikt ausgestaltet ist und damit im Rahmen des Täterkreises deutlich weniger Fragen aufwirft. 1. Einbeziehung von nichtakademischen Heilberuflern in den Anwendungsbereich der Vorschrift Indem der Gesetzgeber sich allein für das Erfordernis einer staatlich geregelten Ausbildung entschieden hat, können sowohl akademische als auch nichtakademische

492 BT-Drs. 18/6446, S. 17; Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (218); Heger, in: Lackner/ Kühl, § 299a StGB Rn. 2.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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Heilberufler taugliche Täter des § 299a StGB sein.493 Neben den Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, werden auch Gesundheitsfachberufe wie Diät-Assistenten, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten oder auch Gesundheits- und Krankenpfleger erfasst.494 Der Gesetzgeber erkennt zwar, dass nichtakademischen Heilberufen im Gesundheitswesen deutlich geringere Befugnisse als akademischen Heilberufen zukommen, sieht aber dennoch unter anderem eine Ausweitung aufgrund der bereits mit § 63 IIIc SGB V in bestimmten Bereichen erfolgten Aufgabenübertragung auf nichtakademische Heilberufe als sachgerecht an.495 Im Hinblick auf die von dem Tatbestand in Bezug genommenen berufstypischen Handlungen erscheint eine Ausdehnung auf nichtakademische Heilberufe zutreffend.496 Freilich werden die genannten Tätigkeiten in erster Linie von Ärzten und Zahnärzten verwirklicht.497 In den meisten Fällen werden die Gesundheitsfachberufe von einer ärztlichen Entscheidung abhängig sein.498 Die Verordnung von Verbandsund Pflegemitteln kann im Rahmen eines Modellvorhabens nach § 63 IIIc SGB V aber nach dem aktuellen Gesetzesstand auch auf bestimmte Kranken- und Altenpfleger übertragen werden, welche hierbei eine selbständige und eigenverantwortliche Heilkunde ausüben. Das heißt, dass diese auch die fachliche, wirtschaftliche und rechtliche Verantwortung übernehmen, nachdem ihnen diese Aufgabe nach einer ärztlichen Diagnose übertragen worden ist.499 Damit kommt ihnen bei der Verordnung bestimmter Hilfs- und Heilmittel oder Medizinprodukte eine Lenkungs- und 493

Vgl. hierzu noch den Gesetzesantrag des Freistaates Bayern, welcher den Adressatenkreis allein auf die akademischen Heilberufe erstrecken wollte, BR-Drs. 16/15, S. 17. Für eine Einbeziehung aller Leistungserbringer auch schon der Antrag von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 17/12693, S. 2. 494 Zu den nichtakademischen Heilberufen gehören außerdem noch Hebammen und Entbindungspfleger (HebG), medizinisch-technische Assistenten (MTAG), pharmazeutische Assistenten (PharmTAG); Logopäden (LogopG), Masseure und medizinische Bademeister (MPhG), Rettungsassistenten (RettAssG) und Altenpfleger (AltPflG). Einen Überblick über erfasste Heilberufe findet sich bei Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (46 f.). 495 Zust. Aldenhoff/Valluett, medstra 2015, 195 (196); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 14; Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (339); Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 17. Ablehnend Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929 (934); Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (79 ff.); Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (148 ff.); Schröder, NZWiSt 2015, 321 (329). 496 Für eine Ausweitung auch Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 14; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 9; Wigge, NZS 2015, 447 (449); a. A. Bausback, in: Kubiciel/Hoven, S. 33 (38) sowie Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (218 Fn. 17), welche darauf hinweisen, dass für diese bereits ein ausreichender Schutz über § 299 StGB gewährleistet ist. 497 Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929 (934); Geiger, CCZ 2016, 172 (174 f.). 498 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 288; Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (79); Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11 (15). 499 Nebendahl, in: Spickhoff, § 63 SGB V Rn. 13.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Verteilungsfunktion zu, welche freilich momentan noch von eher geringer wirtschaftlicher Bedeutung sein dürfte.500 Eine größere Bedeutung als der Verordnung spricht der Gesetzgeber aber zu Recht der Tatbestandsvariante der Zuführung nach Nr. 3 zu.501 Da nichtakademische Heilberufe zu einer Zuführung von Untersuchungsmaterial, wie beispielsweise einer Blutprobe an Labore, nicht befugt sind, bleibt eine Beschränkung auf die Zuführung von Patienten.502 Zuführung meint nach Ansicht des Gesetzgebers jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines Arztes oder eines anderen Leistungserbringers zu beeinflussen.503 Zu denken ist an den Physiotherapeuten, der seinen Patienten einen bestimmten Orthopäden empfiehlt und hierfür eine Prämie erhält504, oder auch an einen solchen, der an das Sanitätshaus verweist, an dem er selbst beteiligt ist und bei dem seine Gewinnbeteiligung von der Anzahl der Zuweisungen abhängig ist.505 Diese Zuführungsentscheidungen können auch zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen, wenn sie von einem nichtakademischen Heilberufler vorgenommen werden. Bestimmte Tatbestandsvarianten können daher auch von nichtakademischen Heilberufen verwirklicht werden.506 Freilich wird aber die Verwirklichung durch akademische Heilberufe im Fokus stehen, da diesen grundsätzlich eine Schlüsselposition zukommt.507 Die Strafvorschriften der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen schützen den normativen Ordnungsmechanismus des Gesundheitsmarktes508, in den Gesundheitsfachberufe ebenso wie akademische Heilberufe eingebunden sind und damit auch zu dessen Funktionsfähigkeit beitragen.509 Es kann daher nicht darauf ankommen, dass nichtakademische Heilberufe aufgrund geringerer Entscheidungsbefugnisse weniger wirtschaftliche Schäden anrichten können.510 Eine Privilegierung gegenüber den akademischen Heilberufen wäre daher 500

Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (80). BT-Drs. 18/6446, S. 17. 502 Dazu auch Geiger, CCZ 2016, 172 (174). 503 BT-Drs. 18/6446 S. 20. Wie der Begriff der Zuführung auszulegen ist, ist im Einzelnen umstritten. Auf diese Problematik soll an dieser Stelle aber noch nicht näher eingegangen werden. Dazu näher zugleich unter C. IV. 1. c). 504 Krit. hierzu Geiger, CCZ 2016, 172 (174 f.). 505 Allgemein zur Gewinnbeteiligung an Unternehmen s. Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBOÄ Rn. 6. 506 Abl. Dieners, PharmR 2015, 529 (532). 507 Krit. auch Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 35, der von einer „übermäßigen Catch-All-Regelung“ spricht; ebenso Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (149). 508 Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (102); Kubiciel, MedR 2016, 1 (2 f.); ders. in Kubiciel/ Hoven, S. 69 (71 f.). Dazu bereits ausführlich in Teil 3 A. III. der Arbeit. 509 Abl. Bongartz, in: Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 289; krit. hierzu auch Duttge, in: Kubiciel/Hoven, S. 15 (28). 510 Vasilikou/Grinblat, MPR 2016,189 (190). 501

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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nicht überzeugend. Der Erfassung über den Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen steht weder die auch hier bisher bestehende Erfassung über das Heilmittelwerbegesetz noch eine mögliche Strafbarkeit auf Geberseite nach § 299b StGB entgegen.511 Es bleibt zu erwarten, dass aufgrund des insbesondere in ländlichen Gegenden herrschenden Ärztemangels512, vermehrt Verordnungsbefugnisse durch Erweiterung der Modellvorhaben auf Gesundheitsfachberufe übertragen werden.513 Weiterhin werden nach dem Erlass von Korruptionsbekämpfungsvorschriften regelmäßig Umgehungsmöglichkeiten der Vorschriften gesucht.514 Mit einer umfassenden Regelung für das Gesundheitswesen wird zumindest die Gefahr verringert, dass entsprechende Korruptionspraktiken in Zukunft auf die Gesundheitsfachberufe verlagert werden.515 Der Gesetzgeber hat mit § 299a StGB zurecht eine umfassende Regelung zur Bestechlichkeit im Gesundheitswesen geschaffen, die auch mit dem ultima ratio-Gedanken des Strafrechts vereinbar ist.516 Dem steht auch nicht entgegen, dass ein großer Teil der nichtakademischen Heilberufe aufgrund der fehlenden Selbstverwaltung bisher keiner rechtsverbindlichen Berufsordnung unterlag.517 Der Gefahr eines Disziplinarverfahrens durch die Kassenärztlichen Vereinigungen waren sie aufgrund eines Verstoßes gegen das Zuweisungsverbot gemäß § 73 VII SGB V auch bisher ausgesetzt. 2. Akademische Heilberufe Wie sich an verschiedenen Stellen zeigen wird, überzeugt der vom Gesetzgeber vorgenommene bloße Verweis auf den Täterkreis des § 203 StGB aber im Hinblick auf die erfassten akademischen Heilberufe nicht gänzlich. 511

Krit. hierzu aber Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (148 f.). Vgl. hierzu das Statement des KBV-Vorstandsvorsitzenden Gassen zu der Vorstellung der Arztzahlprognose auf der KBV-Herbsttagung am 05. Oktober 2016. Abrufbar unter http:// www.kbv.de/html/24753.php. Letzter Abruf am 04.07.2020. 513 Diese Möglichkeit sieht auch Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (80), welcher aber dennoch von einer geringen wirtschaftlichen Bedeutung ausgeht. Krit. auch Gaede/Lindemann/Tsambikais, medstra 2015, 142 (148), welche den Modellvorhaben nur eine geringe praktische Relevanz zusprechen. 514 Zu diesen „Nebenwirkungen“ der Strafvorschriften auch Kölbel, in: Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 57 (71 ff.) 515 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 101. Vgl. aber auch Brettel/Duttge/ Schuhr, JZ 2015, 929 (934), welche eine Erweiterung der Vorschriften bei Vorliegen empirisch fundierter Anhaltspunkte vorziehen. 516 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 102; krit., aber im Ergebnis zust., Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 35; a. A. Bongartz, in: Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 289 f. 517 Vgl. auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 100. Einige Bundesländer haben in den letzten Jahren aber Pflegekammern errichtet, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestaltet sind; vgl. § 1 II S. 1 PflegeKG Niedersachsen; § 1 PBKG SH; § 111 III S. 2 HeilBerG RP. 512

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

a) Apotheker aa) Faktischer Ausschluss der Apotheker Der Verweis auf § 203 StGB in der Gesetzesbegründung führt dazu, dass Apotheker zunächst von dem Täterkreis des § 299a StGB erfasst werden. Der Anwendungsbereich für sie ist allerdings unbedeutend gering. Bis zuletzt im Gesetzgebungsverfahren wurden Apotheker durch die in § 299a StGB-E ursprünglich vorgesehene Abgabeentscheidung sowie die Bezugsentscheidung, die sich auf diejenigen Produkte erstreckte, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, erfasst. Mit der Streichung des Berufsrechtsmodells hatte der Gesetzgeber aber auch die Abgabe von Arzneimittel gestrichen sowie den Bezug auf die Produkte beschränkt, die zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt sind.518 Faktisch werden Apotheker daher aus dem Straftatbestand ausgenommen. Diese geben Medikamente lediglich auf Vorlage eines Rezeptes an den Patienten ab, wenden diese aber nicht unmittelbar an diesem an.519 Da die Bezugsvariante die Beschaffung von Arzneimitteln abschließend regelt, kann eine Abgabe von Medikamenten aber auch nicht in der Gestalt unter § 299a Nr. 3 StGB subsumiert werden, dass darin eine Zuführung des Patienten an den Arzneimittelhersteller gesehen wird.520 Übrig bleibt im Rahmen des § 299a StGB sodann die eher sehr seltene Konstellation, dass der Apotheker anderen Leistungserbringern Patienten oder Untersuchungsmaterial zuführt.521 In der Regel werden es aber Ärzte sein, die dem Apotheker im Gegenzug für das ZurVerfügung-Stellen von günstigen Praxisräumen die Patienten zuweisen.522 Hier tritt der Apotheker aber als Vorteilsgeber und nicht als Vorteilsnehmer auf, womit eine Strafbarkeit nach § 299b StGB in Betracht zu ziehen ist. Bei Bezugsentscheidungen, welche den entscheidenden Teil seiner kaufmännischen Tätigkeiten ausmachen, bleibt der Apotheker letztendlich straffrei.523 Faktisch ist der Apotheker somit von einer Strafbarkeit nach § 299a StGB weitestgehend ausgeschlossen. Übrig bleibt eine Strafbarkeit nach § 299b StGB oder eine bloße Teilnahme an § 299a StGB.524

518

BT-Drs. 18/8106, S. 14 f. Vgl. nur Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (221); Kirsch, PharmR 2016, 265 (270); Rauer/ Pfuhl, PharmR 2016, 357 (360); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 18. 520 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (78). 521 Als „eigentümliche Sonderkonstellation“ bezeichnet von Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (103) Fn. 62, sowie Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 108. 522 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/ST, § 299a StGB Rn. 15. Zu diesen Konstellationen bereits Gaßner/Klars, PharmR 2002, 309 (316). 523 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 30; Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (100); Dannecker/Schröder, in: NK § 299a StGB Rn. 108. Krit. hierzu auch BRDrs. 181/16, S. 2. 524 Vgl. nur Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078); Dannecker/Schröder, in: NK § 299a StGB Rn. 113. 519

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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Angestellte Apotheker können sich freilich auch nach § 299 StGB strafbar machen.525 bb) Sachgerechtigkeit des Ausschlusses des Apothekers Die Straffreiheit des Geschäftsherrn entspricht den eigentlichen Grundsätzen des Wettbewerbsstrafrechts. Der Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen führt dazu, dass dem Geschäftsherrn bei bestimmten beruflichen Handlungen diese grundsätzliche Straffreiheit genommen wird.526 Wenig überzeugend ist es aber, dem Apotheker gegenüber sonstigen Heilberufen eine solche Straffreiheit zuzugestehen. Der Gesetzgeber zieht zur Begründung der Strafbarkeit die hohe Lenkungsund Verteilungsfunktion von bestimmten Akteuren im Gesundheitswesen heran. Diese kommt Apothekern zumindest mit Blick auf die verschreibungspflichtigen Medikamente ebenso zu wie Ärzten.527 Apothekern obliegt nach § 1 I ApoG die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Sie betreiben zwar einerseits ein Gewerbe, haben andererseits aber auch eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen.528 Sie haben eine Monopolstellung inne, die sich in der für Arzneimittel grundsätzlich bestehenden Apothekenpflicht gemäß § 43 AMG zeigt. Eine Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten unmittelbar durch den Arzt ist daher nicht möglich. Bereits aus dieser Apothekenpflicht resultiert die Lenkungs- und Verteilungsfunktion des Apothekers. Er entscheidet darüber, welches Medikament letztendlich abgegeben wird. Verstärkt wird dies durch die aut-idemRegelung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, aus welcher sich eine Kontrollfunktion des Apothekers ergibt. Verordnet der Arzt lediglich den Wirkstoff, hat der Apotheker das preisgünstigere Medikament mit demselben Wirkstoff an den Patienten abzugeben.529 Ihm kommt damit zwar keine Kontrollfunktion hinsichtlich medizinischer, wohl aber hinsichtlich wirtschaftlicher Belange zu.530 Hier zeigt sich, dass der Apotheker als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung ebenfalls dazu verpflichtet ist, die wirtschaftlichen Belange der Krankenkassen zu berücksichtigen.531 Soweit er daher ein verschreibungspflichtiges Medikament abgibt, welches auf Kosten der gesetzlichen oder auch privaten Krankenversicherung

525

Dazu Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (84). Geiger, medstra 2016, 9 (10). Dazu bereits oben in Teil 3 A. IV. 1. b). 527 BT-Drs. 18/6446, S. 11. 528 BVerfGE 17, 232 (238 f.); Senge/Hadamitzky, in: Erbs/Kohlhaas, § 1 ApoG Rn. 1. 529 § 129 I SGB V. 530 Vgl. hierzu bereits ausführlich Teil 2 A. V. mit Nachweisen. 531 Deutlich wird dies auch durch § 130a VIII SGB V, nach welchem Krankenkassen mit Pharmaunternehmen entsprechende Rabattverträge abschließen können, an welche der Apotheker gebunden ist. Eine vergleichbare Möglichkeit räumt § 78 III S. 2 AMG auch den privaten Krankenversicherungen ein, wonach diese mit einem Pharmaunternehmen Rabattverträge hinsichtlich des einheitlichen Abgabepreises des Pharmaunternehmens vereinbaren können. 526

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

geht, kann auch er in seinen wirtschaftlichen Entscheidungen als Geschäftsinhaber nicht frei sein.532 Erhält der Apotheker daher von einem Pharmaunternehmen einen Vorteil dafür, dass er das Medikament dieses Unternehmens an den Patienten abgibt, führt dies ebenso zu einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf dem Gesundheitsmarkt wie bei einer Verordnung durch den Arzt. Entsprechendes gilt auch in den Bereichen der nicht verschreibungspflichtigen OTC-Präparaten (Over the Counter), welche die Patienten zur Eigenmedikation auf eigene Kosten erwerben können.533 Da der Apotheker hier keiner Preisbindung534 unterliegt, verfügt er über deutlich größere Entscheidungsspielräume.535 Aufgrund der auch für diesen Bereich geltenden Apothekenpflicht nach §§ 43, 47 AMG, kommt dem Apotheker ebenfalls eine Schlüsselstellung zu.536 Eine Abgabe an den Verbraucher kann nur durch ihn erfolgen. An dieser Stelle bleibt zu berücksichtigen, dass die Straftatbestände sowohl Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen, als auch zu Lasten der privaten Krankenversicherung umfassen sollen.537 Die nicht verschreibungspflichtigen OTCPräparate werden zwar innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet, allerdings ist eine Erstattung durch die private Krankenversicherung nicht ausgeschlossen. Da auch hier letztendlich der Apotheker darüber entscheidet, welches Medikament an den Verbraucher abgegeben wird, sind Pharmaunternehmen auch in diesem Bereich auf die Abgabe durch den Apotheker angewiesen. Allerdings blieben diese in der genannten Konstellation straffrei, solange Abgabeentscheidungen des Apothekers nicht in den Straftatbestand mitaufgenommen sind.538 Diese Straffreiheit eröffnet den Pharmaunternehmen auch die Möglichkeit, sich letztlich straffreie Beeinflussungswege über Apotheker zu suchen.539 Die Gesetzesbegründung lässt jedoch nicht darauf schließen, dass diese Strafbarkeitslücke540 kriminalpolitisch tatsächlich gewollt war. Die ursprünglich in § 299a II StGB-E geregelte „Apotheker-Variante“, welche den Bezug von Medikamenten forderte, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, setzte an der Verletzung von berufsrechtlichen Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Un532 Vgl. aber auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 111, welche aufgrund der kaufmännischen Interessen eine Strafbarkeit nicht für zwingend erforderlich halten. 533 M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 43 AMG Rn. 2. 534 Vgl. § 78 II S. 3 AMG. Vgl. zur Preisgestaltung bei Arzneimitteln auch näher Kirsch, PharmR 2016, 265 (266). 535 Geiger, medstra 2016, 9 (14). 536 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 29; Dannecker/ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 112. 537 Hierzu bereits in diesem Teil unter A. III. 4. c). 538 Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (84); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (132). 539 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 15; Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (84); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (132). 540 Zutreffend von Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (83) als solche bezeichnet. Zust. auch Dannecker/Schröder, in: Kubiciel/Hoven, S. 65 Fn. 92; dies., in: NK, § 299a StGB Rn. 112.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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abhängigkeit an. Eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb war bewusst nicht erforderlich, da ein Verstoß gegen Preis- und Rabattvorschriften keine Strafbarkeit begründen sollte.541 Der Gesetzgeber führt hier zwar nicht weiter aus, welche Vorschriften gemeint sind, allerdings geht er davon aus, dass das korruptionsspezifische Unrecht fehle. Dies deutet darauf hin, dass nur solche Preisvorschriften gemeint sind, die sich auf den Abgabepreis der Pharmaunternehmen an Apotheken beziehen.542 Dieser wird einheitlich durch die Arzneimittelpreisverordnung (§ 78 I S. 3 AMG) festgelegt, wobei § 2 I AMPreisV den Großhändlern eine gewisse Preisspanne einräumt. Diese Preisvorschriften des Arzneimittelrechts verfolgen allein den Zweck, einen einheitlichen Apothekenabgabepreis gegenüber dem Verbraucher sicherzustellen. Für die vorgelagerte Stufe des Großhandels oder des Pharmaunternehmens an den Apotheker gilt dies hingegen nicht.543 Der einheitliche Apothekenabgabepreis soll zu einer flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln führen und dient weiterhin der Absicherung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung.544 Zutreffend führt Geiger545 dazu aus, dass den genannten Zwecken gerade kein korruptionsspezifisches Unrecht entnommen werden kann und damit auch ein bloß wettbewerbswidriges Verhalten vorliegt.546 Bei der Übernahme der Bezugsentscheidung in die Wettbewerbsvariante geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese durch die Beschränkung auf Arzneimittel, die zur unmittelbaren Anwendung bestimmt sind, alle Fälle erfasst. Dies ist in den meisten Fällen zwar richtig. Liegt bereits ein unlauteres Bezugsverhalten vor, wird sich dieses regelmäßig auch auf das Abgabeverhalten fortwirken.547 Hier wird allerdings der eigenständige Anwendungsbereich des Abgabeverhaltens übersehen, der diesem dann zukommt, wenn die Bevorzugung auf die unmittelbare Anwendung am Patienten beschränkt wird.548 Da der Gesetzgeber aber auch den Apothekern eine Schlüsselstellung im Gesundwesen zuschreibt549 und diese sodann auch an verschiedenen Stellen im Gesetzesentwurf erwähnt550, spricht einiges dafür, dass diese ebenfalls von dem Straftatbestand erfasst werden sollten. Es scheint, als wurde der eigenständige Anwendungsbereich von Abgabeentscheidungen vom Gesetzgeber 541

Wie auch im Folgenden: BT-Drs. 18/6446, S. 22. Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 167 f. 543 KG Berlin, PharmR 2013, 33 (35). 544 BGHZ 194, 354 (361); Geiger, medstra 2016, 9 (16); Mand, A&R 2014, 147 (148). 545 Ders., in: medstra 2016, 9 (16). 546 So auch der Gesetzgeber, BT-Drs. 18/6446, S. 22. Vgl. aber Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 167 f., welche für die Einbeziehung dieser Fälle in die Strafvorschriften plädiert, da auch hier der Wettbewerb beeinträchtigt sein könnte. 547 Tsambikakis, medstra 2016, 131 (132). 548 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 15; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (132); vgl. auch Geiger, medstra 2016, 9 (13). 549 BT-Drs. 18/6446, S. 11. 550 Vgl. nur BT-Drs. 18/6446, S. 11, 22. 542

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

auf der Zielgeraden schlichtweg übersehen.551 Der jetzige Tatbestand der Bestechlichkeit erfasst den Beruf der Apotheker faktisch nicht. Der Straftatbestand sollte um das Bezugsverhalten erweitert werden, das auf die Abgabe von Medikamenten an den Patienten gerichtet ist.552 b) Tierarzt Angehöriger eines Heilberufs ist außerdem der Tierarzt, welcher zumindest nach dem Wortlaut tauglicher Täter des § 299a StGB sein kann. Ein Anwendungsbereich liegt aber erst vor, wenn dieser auch eine der vom Gesetzgeber genannten Tatvarianten verwirklichen kann. aa) Wortlaut Auf den ersten Blick scheint es, als wären die beruflichen Handlungen auf die Behandlung von Menschen zugeschnitten.553 Allerdings trägt diese Ansicht eine Auslegung nach dem Wortlaut nicht.554 Sowohl bei der Verordnungs- nach Nr. 1 als auch bei der Bezugsvariante nach Nr. 2 ist erforderlich, dass es sich um Arznei-, Heiloder Hilfsmittel oder um Medizinprodukte handelt. Dass hierbei auch ein Bezug zum Tier bestehen kann, kann an dem Begriff des Arzneimittels deutlich gemacht werden, der nach § 2 I Nr. 1 AMG Stoffe umfasst, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder aber auch tierischen Körper bestimmt sind. Das Arzneimittelgesetz regelt damit die Zulassung für Arzneimittel in der Human- und Veterinärmedizin.555 Weniger deutlich gestaltet es sich aber bei den Begriffen der Heil- und Hilfsmittel, die der Gesetzgeber den §§ 32 und 33 SGB Ventnommen hat.556 Da sich das SGB V auf die Regelung der medizinischen Versorgung von Menschen beschränkt, spricht dies zunächst dafür, dass eine Übertragung auf die Veterinärmedizin ausscheidet.557 Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass die von §§ 32, 33 SGB V genannten Dienstleistungen oder Sachmittel zumindest teilweise auch zur Unterstützung einer Krankenbehandlung bei Tieren eingesetzt werden können – freilich aber lediglich außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung. Wie auch § 12 BO für die Tierärzte in Bayern zeigt, ist die Verwendung der Begriffe dem Veterinärwesen nicht fremd. Diese Vorschrift regelt explizit die Verordnung von Heilmitteln 551

Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (85); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 110; vgl. auch Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (78 f.) der das Ergebnis als vom Gesetzgeber kriminalpolitisch explizit beabsichtigt ansieht. 552 So schon BR-Drs. 181/16, S. 2. I. E. auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 169. 553 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 35. 554 Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 21. 555 Ibrahim, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 35 Rn. 1. 556 BT-Drs. 18/6446, S. 20. 557 Lorenz, medstra, 2017, 342 (343); Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 22.

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und unterscheidet dabei auch zwischen Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. Anders gestaltet es sich aber bei Medizinprodukten, die nach § 3 Nr. 1 MPG „zur Anwendung an Menschen […] zu dienen bestimmt“ sind. Weitergehend kann der Tierarzt zumindest auch Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel verordnen, da nach Ansicht des Gesetzgebers jede Art der Verschreibung erfasst sein soll, unabhängig davon, ob eine Verschreibungspflicht besteht oder nicht.558 Der Bezug der genannten Produkte wird nur insoweit erfasst, als sie zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind.559 Der Wortlaut der Tatbestandsvariante lässt allerdings nicht erkennen, dass diese allein die unmittelbare Anwendung an Menschen erfassen soll. Eine unmittelbare Anwendung liegt auch bei dem Verabreichen eines Medikamentes durch den Tierarzt an das Tier vor. In Betracht kommen beispielsweise Medikamente, die dem Tier intramuskulär oder intravenös verabreicht werden müssen. Auch der Wortlaut der Zuführung von Patienten schließt den Tierarzt nicht von der Strafbarkeit aus. Der Zuführungsbegriff soll in Anlehnung an den sozial- und berufsrechtlichen Zuweisungsbegriff jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines Arztes oder eines anderen Leistungserbringers zu beeinflussen, erfassen.560 Freilich kann eine solche Auswahl aber nicht von dem Tier, welches der eigentliche Patient eines jeden Tierarztes ist561, getroffen werden. Eine Beeinflussung der Auswahl kann also nur erfolgen, wenn man auch die Einwirkung auf den Patientenbesitzer als umfasst ansieht. Dass dieser Gedanke aber nicht ganz fremd ist, zeigt § 12 VIII Musterberufsordnung für Tierärzte, der ein entgeltliches Zuweisungsverbot von Patienten zum Gegenstand hat. Dieses kann aber nur dann Bedeutung erlangen, wenn zwar die Zuweisung und damit auch die darauffolgende Behandlung von Patienten gemeint ist, welche bei Tieren aber freilich nur durch eine Einwirkung auf den Patientenbesitzer erfolgen kann.562

558

BT-Drs. 18/6446, S. 20; Lorenz, medstra 2017, 342 (343). Wie bereits im letzten Abschnitt dargestellt, werden Abgabeentscheidungen von dem Straftatbestand nicht erfasst. Daher soll auch nicht näher auf das tierärztliche Dispensierrecht eingegangen werden, welches gem. § 43 IV AMG dem Tierarzt die Möglichkeit einräumt, Arzneimittel im Rahmen des Betriebes einer tierärztlichen Hausapotheke an die Halter der behandelnden Tiere abzugeben. Dazu Lorenz, medstra 2017, 342 (343). Allg. zum tierärztlichen Dispensierrecht Kluge, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 35 Rn. 2 560 BT-Drs. 18/6446, S. 20. Zum Begriff der Zuführung näher in diesem Teil unter C. IV. 1. c). 561 Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 6. Deutlich wird dies aus der Musterberufsordnung für Tierärzte, die an verschiedenen Stellen zwischen Patienten und Patientenbesitzer unterscheidet. Siehe nur § 12 XI, der eine Notfallversorgung an Wochenenden für „Patienten“ regelt, über welche „Patientenbesitzer“ in geeigneter Form informiert werden müssen. 562 Lorenz, medstra 2017, 342 (344); Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 31. 559

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

bb) Systematik Zur systematischen Auslegung der Vorschrift kann, wie vom Gesetzgeber auch angeführt, § 203 I Nr. 1 StGB herangezogen werden, der als akademischen Heilberuf bereits den Tierarzt als tauglichen Täter erfasst.563 Allerdings nimmt dieser auch im Rahmen des § 203 StGB eine gewisse Sonderrolle ein. Diese zeigt sich bereits darin, dass der Beruf des Tierarztes erst nachträglich in die Strafvorschrift aufgenommen wurde und ihm im Gegensatz zu den übrigen Berufsgeheimnisträgern prozessual kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO eingeräumt worden ist.564 Anders als die übrigen von § 203 StGB erfassten Heilberufe, erfolgt die vom Tierarzt vorgenommene Behandlung auch nicht an einem menschlichen Patienten.565 Eine Aufnahme in den Täterkreis des § 203 StGB ist aber dennoch zum umfassenden Geheimnisschutz erforderlich. Dieser kann nur dann gewährleistet werden, wenn sich die Schweigepflicht auch auf tierische Krankheiten bezieht, da diese in bestimmten Fällen, beispielsweise der Tollwut, auch auf den Menschen übertragen werden können.566 Eine solche Übertragung sieht das geschützte Rechtsgut des § 299a StGB aber gerade nicht vor, da nicht erkennbar ist, in welchem Zusammenhang eine tierärztliche Behandlung mit dem Wettbewerb im Gesundheitswesen stehen soll. Weiterführend ist auch nicht die Heranziehung des Heilmittelwerbegesetzes, das ebenfalls Angehörige der Heilberufe erfasst und die Werbung von Arzneimitteln – und damit auch den Veterinärbereich – regelt.567 Allerdings weist auch dieses Gesetz mit dem Schutz vor Gesundheitsgefahren eine ganz andere Schutzrichtung als § 299a StGB auf und kann daher nicht ohne Weiteres herangezogen werden. Damit spricht die systematische Auslegung gegen die Einbeziehung des Tierarztes in den Täterkreis des § 299a StGB. cc) Historie Keine weiteren Ergebnisse liefert die historische Auslegung. Die Gesetzesmaterialen erwähnen zwar, dass Tierärzte als akademische Heilberufe vom Täterkreis der Vorschrift erfasst sind.568 Jedoch ist dies nicht besonders aussagekräftig, da sich an keiner anderen Stelle Ausführungen zu einer möglichen Strafbarkeit des Tierarztes finden. 563 Vgl. auch Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 21, welcher zutreffend darauf hinweist, dass § 203 StGB den Tierarzt ausdrücklich erwähnt. 564 Siehe auch Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (81), der auf den in § 53 I S. 1 Nr. 3 StPO genannten Personenkreis zurückgreifen möchte. 565 Lorenz, medstra 2017, 342 (345). 566 BT-Dr. IV/650 S. 335 zu § 184 StGB a. F.; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 203 StGB Rn. 62. 567 § 1 I Nr. 1 HWG. 568 BT-Drs. 18/6446, S. 17.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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dd) Sinn und Zweck Die Frage nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift muss aber zu einem Ausschluss der Tierärzte aus dem Straftatbestand führen.569 Der Gesetzgeber hat mit den neuen Straftatbeständen eine Regelung geschaffen, die durch den Schutz des Wettbewerbs die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens sicherstellen soll. Bereits aus den vom Gesetzgeber angeführten Angaben zum Ausgabevolumen im Gesundheitswesen ergibt sich, dass der Gesetzgeber lediglich Ausgaben im humanmedizinischen Bereich im Blick hatte.570 Angaben zu Ausgaben in der Veterinärmedizin enthalten die empirischen Befunde gerade nicht.571 Für einen Ausschluss der Tierärzte aus dem Straftatbestand spricht aber insbesondere die vom Gesetzgeber angeführte Schlüsselstellung bestimmter Heilberufe, die eine große wirtschaftliche Bedeutung für andere Marktteilnehmer hat.572 Auch wenn der Tierarzt für die Abgabe von Medikamenten zuständig ist oder auch Verweisungen vornimmt, kommt ihm eine solche Schlüsselstellung nicht zu. In seinen Entscheidungen ist er grundsätzlich frei und nicht an sozialrechtliche Vorschriften gebunden. Die Vorschriften des SGB V finden auf den Tierarzt keine Anwendung. Dies wird deutlich in § 5 SGB V, welcher eine Versicherungspflicht für bestimmte Personengruppen, freilich aber nicht für Tiere, vorsieht. Erst recht nimmt der Tierarzt im Rahmen seiner Behandlung keine Entscheidungen vor, die zu Lasten der gesetzlichen oder auch privaten Krankenversicherung gehen. Er agiert daher auf einem anderen Markt und kann das geschützte Rechtsgut, den Wettbewerb als Ordnungsmechanismus auf dem Gesundheitsmarkt, nicht beeinträchtigen.573 Entsprechendes muss daher auch für eine Strafbarkeit nach § 299b StGB gelten, aus deren Anwendungsbereich der Tierarzt ebenfalls auszunehmen ist.574

569 Lorenz, medstra 2017, 342 (346); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 9. Im Ergebnis zustimmend auch Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 147. 570 Vgl. BT-Drs. 18/6446 S. 11; Rosenau/Lorenz/Wendrich, Korruption und Strafrecht, S. 53 (63); Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 6; Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 21. 571 Statistisches Bundesamt, Fachserie 12 Reihe 7.1.1. Abrufbar unter: https://www.destatis. de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit/Gesundheitsausgaben/AusgabenGe sundheitPDF_2120711.pdf?__blob=publicationFile. Letzter Abruf am 04.07.2020. 572 BT-Drs. 18/6446, S. 11. 573 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 9; krit. auch Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 33 sowie Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 6. 574 Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (81, 98); Lorenz, medstra 2017, 342 (346).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

3. Ausschluss bestimmter Berufsgruppen Die Begrenzung auf Heilberufe führt dazu, dass bestimmte Berufsgruppen sich nicht als Täter der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen strafbar machen können, obwohl sie in engem Zusammenhang mit diesem stehen. a) Gesundheitshandwerksberufe Gesundheitshandwerker wie Orthopädietechniker, Augenoptiker, Zahntechniker oder Hörgeräteakustiker agieren zwar als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, werden aber aufgrund ihrer fehlenden Eigenschaft als Heilberufler nicht von dem Straftatbestand des § 299a StGB erfasst.575 Gegen die Einordnung als Heilberufler spricht bereits, dass zwar ihre Berufsausübung nach § 25 I 1 HandwO eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, es sich hierbei aber um ein Handwerk handelt, das als Gewerbe ausgeübt wird.576 Dementsprechend findet auf diese Berufe auch die Gewerbeordnung Anwendung, da sie keine Heilberufe sind und folglich nicht nach § 6 I S. 2 GewO aus der Gewerbeordnung ausgenommen werden.577 Für eine Differenzierung der Heilberufe von den Gesundheitshandwerksberufen sprechen außerdem die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Kompetenztitel. Der Begriff des Handwerks ist Teil der Wirtschaft und unterfällt damit Art. 74 I Nr. 11 GG und nicht dem in Nr. 19 geregelten Gesundheitswesen.578 Die Herausnahme aus dem Täterkreis führt dazu, dass sich beispielsweise ein Orthopädiemechaniker bei dem Bezug bestimmter Prothesen nicht strafbar machen kann. Auf die unmittelbare Anwendung am Patienten kommt es erst gar nicht an.579 Dieser Ausschluss der Gesundheitshandwerksberufe aus dem Täterkreis ist sachgerecht.580 Zwar agieren sie als Leistungserbringer im System der gesetzlichen Krankenversicherung, allerdings nehmen sie anders als die übrigen erfassten Leistungserbringer gerade keine Schlüsselposition ein. Verordnungen betreffen ihre berufliche Tätigkeit nur insoweit, als sie auf die Verordnung des Arztes bestimmte Hilfsmittel herausgeben. Auch bei dem Bezug und der regelmäßig darauffolgenden Abgabe haben sie freilich die wirtschaftlichen Interessen der Krankenkassen zu berücksichtigen. Eine Kontrollfunktion und eine damit einhergehende Entschei575 Damas, wistra, 2017, 128 (129); Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078); Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1076); Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 21; krit. auch Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299a StGB Rn. 7; Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (218); a. A. Grinblat, MPJ 2016, 3 (5). 576 Vgl. Anlage A zur HandwO, die in Nr. 33 – 37 Augenoptiker, Hörakustiker, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher sowie Zahntechniker aufführt. 577 OVG Lüneburg, GewArch 2013, 315 (316); Ambs, in: Erbs/Kohlhaas, § 6 GewO Rn. 22. 578 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077; Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 16. 579 Zu der daraus resultierenden Strafbarkeitslücke beim Apotheker bereits oben unter C. I. 2. a). 580 Vgl. aber auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 37, die von einer Strafbarkeitslücke ausgeht, die nicht nachvollziehbar sei.

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dungsbefugnis haben sie aber gerade nicht.581 In den meisten Fällen tritt der Patient als Kunde auf, der sich insbesondere beim Kauf von Brillen oder auch Hörgeräten in erheblichem Maße von ästhetischen Punkten leiten lässt und die hierdurch entstehenden Mehrkosten auch selber zu tragen hat. Für den Gesundheitshandwerker treten hier kaufmännische Interessen in den Vordergrund. Er ist hier als Geschäftsherr anzusehen. Nichts Anderes gilt im Rahmen der Zuführung von Patienten, da Gesundheitshandwerker in der Regel das letzte Glied in der Kette sind und selbst keine Zuweisungen vornehmen. Häufiger wird der Fall sein, dass sie sich Patienten zuweisen lassen und daher als Vorteilsgeber auftreten, womit aber eine Strafbarkeit nach § 299b StGB verbleibt.582 In dieses Fällen kommt regelmäßig auch eine Strafbarkeit als Gehilfe an § 299a StGB in Betracht. b) Ausschluss von Heilpraktikern Ausgenommen von dem Täterkreis sind außerdem Heilpraktiker, wie beispielsweise Ostheopaten oder auch Chiropraktiker.583 Deren Berufsausübung bedarf zwar nach § 1 I HeilPraktG einer staatlichen Zulassung, nicht aber einer staatlichen Ausbildung.584 Die Zulassung erfolgt durch die untere Verwaltungsbehörde, welche lediglich überprüft, ob die Ausübung der Heilkunde durch den Bewerber aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt.585 Die erteilte Erlaubnis ist damit einzig eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, sagt aber nichts über die Befähigung des jeweiligen Heilpraktikers aus.586 Sie ermächtigt zu jeglicher Ausübung von Heilkunde, soweit sie nicht durch Gesetz ausdrücklich anderen Heilberufen zugeschrieben wird. Damit bleiben die Befugnisse der Heilpraktiker nur in wenigen Bereichen hinter denen der Ärzte zurück.587 Sie können beispielsweise eine Verordnung und auch Abgabe von Arzneimitteln vornehmen, allerdings ist diese Möglichkeit aufgrund §§ 43 I, 48 I AMG auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente begrenzt.588 Die Behandlung hat dabei freilich stets im Rahmen der individuellen Fähigkeiten zu erfolgen.589 Sie sind allerdings keine Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, womit ihre Leistungen 581 Für eine Einbeziehung nach Sinn und Zweck aber Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 40. 582 Vgl. nur BGH NJW 2002, 962 („Hörgeräteversorgung“); Dann, in: MAH Sozialrecht, § 299a StGB Rn. 17; Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (47). 583 Vgl. zu weiteren Beispielen Haage, in: Heilpraktikergesetz, § 1 Rn. 16. 584 Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 20; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 34; Stebner, PharmR 2017, 178 (181); Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 19. 585 § 2 I Nr. i HeilPraktGDV. 586 BVerfGE 78, 155 (163). 587 Haage, in: Heilpraktikergesetz, Einl. Rn. 11 f. 588 Zum Tätigkeitsbereich der Heilpraktiker und den gesetzlich vorgeschriebenen Einschränkungen näher Schelling, in: Spickhoff, § 1 HeilprG Rn. 24 f. 589 Haage, in: Heilpraktikergesetz, Einl. Rn. 16.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

von dieser auch nicht erstattet werden. Auch die private Krankenversicherung erstattet die Leistungen nur insoweit, als sie medizinisch notwendig sind.590 Trotz der Bedeutung der Heilpraktiker auf dem Gesundheitsmarkt ist deren Ausschluss aus dem Tatbestand sachgerecht. Ihnen fehlt eine mit anderen Heilberufen vergleichbare Schlüsselstellung, die es rechtfertigt, sie von der grundsätzlich straflosen Geschäftsherrenbestechung auszunehmen. Auf den Leistungswettbewerb zwischen den einzelnen Leistungserbringern haben sie keinen Einfluss. Vielmehr bleibt der Patient in der Wahl seiner weiteren Behandlung oder auch dem Kauf von bestimmten Medikamenten frei. Der Wettbewerb im Gesundheitswesen als geschütztes Rechtsgut erfordert es demnach nicht, den Heilpraktiker in den Täterkreis aufzunehmen.591 c) Klinikmanagement Vom Täterkreis nicht erfasst wird außerdem das Management-Personal in Kliniken. Soweit es sich nicht um apothekenpflichtige Arzneimittel oder Medizinprodukte handelt, können diese Personen aber auch bestimmte Bezugsentscheidungen treffen. Von besonderer praktischer Bedeutung sind außerdem Zuführungsentscheidungen, die beispielsweise im Zusammenhang mit einer Großgerätenutzung erfolgen können. Zu denken ist an den Fall, dass eine Spezialklinik in den Räumen des Krankenhauses ein MRT aufstellt und diesem sodann eine kostenlose oder besonders günstige Nutzung vertraglich einräumt.592 Weist das Krankenhaus im Gegenzug dafür der Spezialklinik alle entsprechenden Fälle zu, wäre der Straftatbestand des § 299a StGB erfüllt. Allerdings fehlt den Managern in der Regel die Eigenschaft als Heilberufler, womit sie nicht von dem Täterkreis erfasst werden. Aber auch wenn ein Arzt als kaufmännischer Leiter eines Krankenhauses tätig wird, ist dieser zwar zweifelsohne Arzt, allerdings trifft er die Entscheidungen nicht im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung. Er wird vielmehr als Kaufmann tätig und kann sich in dieser Eigenschaft nicht nach § 299a StGB strafbar machen.593

590

6 f.

§ 4 II i. V. m. § 1 II MB/KK. Siehe auch Zuck/Gokel, in: Quaas/Zuck/Clemens, § 34 Rn.

591 Etwas anderes könnte freilich gelten, wenn man das Vertrauen des Patienten in heilberufliche Entscheidungen als geschütztes Rechtsgut ansieht, vgl. hierzu Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 151, die unter diesem Gesichtspunkt eine Einbeziehung der Heilpraktiker fordert; sowie Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 37 ff. 592 Dazu Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (24). Ausführlich zu dem Beispiel im folgenden Teil unter D. III. 593 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 17; Eisele, in: FS Neumann, S. 1072 (1084); ders., in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 10. Entsprechendes muss auch für das Betreiben eines Arzneimittelgroßhandels durch einen Apotheker gelten. Diese können ebenfalls von einem Nicht-Heilberufler geführt werde, vgl. hierzu Geiger, medstra 2016, 9 (10).

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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Ob hierdurch eine Strafbarkeitslücke entsteht, richtet sich danach, inwieweit man in diesen Fällen eine Strafbarkeit nach §§ 299, 331 StGB annimmt.594 In der Regel handelt es sich bei den Personen um Angestellte einer Klinik oder im Falle einer öffentlich-rechtlichen Trägerschaft auch um Amtsträger. Im angeführten Beispielsfall erlangt die Klinik durch die Ersparnis der Mietkosten des MRTs einen gewissen Vorteil, welcher nach dem Wortlaut der §§ 299, 331 StGB als Drittvorteil von den Vorschriften erfasst ist. Regelmäßig stellt sich aber Frage, ob Drittvorteile im Rahmen des § 299 StGB auch solche Vorteile sind, die dem eigenen Unternehmen zugutekommen.595 Dagegen spricht die grundsätzliche Straffreiheit des Geschäftsherrn selber, wenn er diesen Vorteil fordern würde. Weitergehend ist es auch in vielen Fällen gerade die Aufgabe des Angestellten, Rabatte für seinen Geschäftsherrn auszuhandeln.596 Allerdings kann diese Pflicht nur soweit gehen, als sich der Angestellte selbst wettbewerbsgetreu verhält.597 Auf einen mittelbaren Eigenvorteil für den Beauftragten oder Angestellten kommt es nach dem Wortlaut nicht an.598 Ein solcher mittelbarer Vorteil wird indes oftmals gegeben sein, da der Angestellte regelmäßig entsprechende Kooperationen abschließen wird, um sein berufliches Fortkommen zu fördern.599 Auch im Zusammenhang mit § 331 StGB überzeugt eine Einschränkung auf privatnützige Zuwendungen nicht, da ansonsten die Anstellungskörperschaft als Dritte ausgeschlossen wäre. Vermieden werden soll bereits der Anschein der Käuflichkeit, weshalb es nicht darauf ankommen kann, ob der Vorteil dem Staat oder einem Privaten zugutekommt.600 In den meisten der genannten Fällen kommt eine Strafbarkeit nach § 299 StGB oder § 331 StGB in Betracht, womit die Entstehung großer Strafbarkeitslücken nicht zu befürchten ist.601 Weiterhin verwirklicht der zuweisende Arzt den Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach § 299a StGB, womit regelmäßig eine Teilnahmestrafbarkeit des Management-Personals vorliegen wird. 594 So Kubiciel/Tsambikakis, medstra 2015, 11 (15); vgl. aber auch Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (339). 595 Befürwortend Heinrich, in: Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, § 49 Rn. 58; Fischer, § 299 StGB Rn. 18; Tiedemann, in: LK, § 299 StGB Rn. 26; Ludwig, in: MG, Hdb. d. Wirtschaftsstrafrechts, § 53 Rn. 79; Krick, in: MK-StGB, § 299 StGB Rn. 60; Ulsenheimer, Rn. 1001. 596 Erb, in: FS Geppert, S. 97 (104); Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299 StGB Rn. 24; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 StGB Rn. 52; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 19. Krit. auch Rönnau, in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, Teil 3 2. Kap. Rn. 39 f. Vgl. auch Fischer, § 299 StGB Rn. 18, nach welchem es aber an der Unlauterkeit fehlen soll. 597 Ludwig, in: MG, Hdb. d. Wirtschaftsstrafrechts, § 53 Rn. 79. 598 Ludwig, in: MG, Hdb. d. Wirtschaftsstrafrechts, § 53 Rn. 79; Krick, in: MK-StGB, § 299 StGB Rn. 60. Anders aber Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 61. 599 BGHSt 14, 123 (125 f.); Krick, in: MK-StGB, § 299 StGB Rn. 57. 600 Dazu Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 21 m. w. N. 601 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 17; Als „erstaunliche Strafbarkeitslücke“ aber bezeichnet von Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (27).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

4. Stellungnahme Der weite Täterkreis des Sonderdelikts der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ist zum umfassenden Schutz des Wettbewerbs zu begrüßen. Kritik kann jedoch insoweit geäußert werden, dass die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung „Angehöriger eines Heilberufs“ zu Ungereimtheiten führen kann. Dies gilt insbesondere in der Veterinärmedizin, deren Einbeziehung in den Straftatbestand kaum zu überzeugen vermag. Fraglich bleibt daher, weshalb der Gesetzgeber lediglich in den Gesetzesmaterialen auf den Straftatbestand des § 203 StGB verwiesen hat. Überzeugender wäre es gewesen, auch hier im Gesetzestext den Täterkreis selbst zu bestimmen und als akademische Heilberufe den Arzt, Zahnarzt und Apotheker explizit zu nennen sowie im Anschluss die anderen Heilberufe, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung fordern, auf nichtakademische Heilberufe zu begrenzen.602

II. Im Zusammenhang mit der Berufsausübung Die Vorteilsannahme muss im Zusammenhang mit der Berufsausübung als Heilberufler erfolgen. Dieses Erfordernis ergibt sich nicht nur aus dem Merkmal „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs“, sondern bereits daraus, dass der Heilberufler „als“ Arzt etc. handeln muss.603 Weiterhin erfassen auch die in Nr. 1 – 3 genannten Handlungen ausschließlich berufsbezogene Tätigkeiten der Heilberufler.604 Reine Privathandlungen sowie Tätigkeiten in einer anderen dienstlichen Funktion werden damit nicht erfasst.605 Daher fällt ein Arzt, der als Vorstand eines Sportvereins Bestechungsgelder annimmt, nicht unter den Straftatbestand der §§ 299a, b StGB.606 Entsprechendes gilt, wenn ein Arzt als kaufmännischer Leiter eines Krankenhauses tätig wird und damit nicht im Rahmen seines ärztlichen Berufs agiert.607

602 Für eine Regelung im Straftatbestand selbst auch Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (81), welcher den Täterkreis aber – bis auf die Ausnahme der Hebammen – an den von § 53 StPO erfassten Personenkreis anlehnen möchte. 603 Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (99); Dannecker/ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 114. 604 Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 120 f. 605 Vgl. nur Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 17; Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (220); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 10; Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 14. 606 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 10. 607 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1084); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 17; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 10; Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 34. Näher dazu auch Momsen/Niang, medstra 2018, 12 (14 f.).

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III. Tathandlung Erforderlich ist, dass der Vorteilsnehmer einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Spiegelbildlich setzt § 299b StGB voraus, dass der Vorteilsgeber einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Die Formulierungen finden sich in den bereits bestehenden Korruptionsdelikten §§ 299 I, 331, 332 sowie §§ 299 II, 333, 334 des Strafgesetzbuches wieder. 1. Vorteilsbegriff Daher kann für den Vorteilsbegriff auf die Rechtsprechung zu den übrigen Korruptionsdelikten zurückgegriffen werden.608 Ein Vorteil ist demnach jede unentgeltliche Leistung materieller oder immaterieller Art, welche die wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage des Vorteilsempfänger objektiv verbessert und auf die er keinen Anspruch hat.609 Damit stellt etwa die unentgeltliche Überlassung eines medizinischen Gerätes an ein Krankenhaus610 ebenso einen Vorteil dar, wie die Finanzierung einer Weihnachtsfeier durch ein Unternehmen611 oder auch die Einräumung von Vermögens- oder Gewinnbeteiligungen an einem Unternehmen.612 a) Immaterielle Vorteile Die Einbeziehung immaterieller Vorteile bringt eine weite Ausdehnung des Vorteilsbegriffes mit sich. Teilweise wird aufgrund der gewissen Unbestimmtheit der immateriellen Zuwendungen gefordert, diese aus dem Straftatbestand auszuklammern.613 Dies würde aber dem Vorteilsgeber entsprechende Umgehungsmöglichkeiten eröffnen und damit zu Strafbarkeitslücken führen.614 Erforderlich ist aber eine gewisse Eingrenzung der unentgeltlichen Zuwendungen in der Form, dass der Zuwendung ein objektiv messbarer Inhalt zukommt und den Empfänger in irgendeiner Weise tatsächlich besserstellt.615 Erfasst werden daher auch Ehrungen und Ehren608

BT-Drs. 18/6446, S. 17. BGHSt 31, 264 (279); 33, 336 (339); 35, 128 (133); 47, 295 (304); Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 12. 610 OLG Karlsruhe NJW 2001, 907 (908); Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 33; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 14. 611 BGHSt 47, 22 (23); 48, 44; OLG Köln, NStZ 2002, 35 (36); Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 331 StGB Rn. 14. 612 BT-Drs. 18/6446, S. 18; Harneit, MedR 2017, 688 (692); Dann, in: MAH-Sozialrecht, § 21 Rn. 19; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (134). 613 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (53 f.); krit. auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 45; für eine zurückhaltende Einordnung auch Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 25. 614 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 121. 615 BGHSt 47, 295 (304); BGH NJW 2002, 2801 (2804); Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 36 m. w. N. 609

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

ämter.616 Für den Gesundheitsbereich kommen insbesondere Ehrendoktorwürden und Ehrenprofessuren in Betracht.617 Einen objektiv messbaren Inhalt spricht die Rechtsprechung aber zu Recht der bloßen Befriedigung des Ehrgeizes ab.618 Ebenso fehlt er auch bei der Ansehensmehrung und der Steigerung der wissenschaftlichen Reputation, da dies im Bereich der Forschung gerade zum Aufgabenbereich eines Klinikarztes gehört.619 An dieser Stelle ist das Strafrecht weitergehend als das Berufsrecht. Dem Berufsrecht liegt ein rein wirtschaftlicher Vorteilsbegriff zugrunde, womit immaterielle Vorteile nur insoweit erfasst werden, als sie einen wirtschaftlichen Wert haben.620 Nicht von dem berufsrechtlichen Vorteilsbegriff ist daher der Fall erfasst, dass der Betreiber einer Apotheke einem Arzt einen Abholservice für Rezepte von Heimbewohnern in dessen Praxis anbietet. Freilich verstößt der Apotheker hier zunächst gegen § 11 ApoG, welcher aber das Gewähren eines Vorteils nicht voraussetzt. Der Arzt erspart zwar selbst keine Aufwendungen, allerdings werden seinem Patienten Wege zwischen der Arztpraxis und der Apotheke abgenommen. Daraus ergibt sich auch für den Arzt ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Praxen.621 Da das Berufsrecht aber ein solches Verhalten gestattet, kann es keine strafrechtliche Relevanz haben. In diesem Fall dürfte es infolge der Kongruenz von Berufs- und Strafrecht an einer Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 299a StGB fehlen. b) Drittvorteile Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich eindeutig, dass nicht nur Vorteile an den Vorteilsnehmer selbst, sondern auch Vorteile an einen Dritten vom Tatbestand erfasst sind. Dritter kann dabei sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein.622 Damit kommen als Dritte insbesondere Patienten und Krankenkassen in Betracht.623 Im Klinikbereich wird es sich hierbei häufig um die Krankenhausbe-

616 BT-Drs. 18/6446, S. 17. Vgl. auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 121, welche außerdem noch den Abdruck eigener Beiträge in renommierten Publikationen oder die Mitgliedschaft in begehrten Vereinen und Clubs nennen. 617 Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 27. 618 Als „fernliegend“ bezeichnet von BGHSt 47, 295 (304); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 25; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 121; vgl. aber noch BGH NJW 1985, 2654 (2656). 619 BGH NJW 2002, 2801 (2804); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 25. 620 HeilBerG NRW 2012, 69 (72); Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 5; vgl. auch Lippert, in: Ratzel/Lippert/Prütting, Vor §§ 30 MBO-Ä Rn. 3, welcher den strafrechtlichen Vorteilsbegriff heranzieht. 621 Vgl. zu diesem Beispiel Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (52 f.). 622 Fischer, § 299a StGB Rn. 18; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 23. 623 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 13.

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treibergesellschaft handeln, für die der Heilberufler tätig ist.624 Sowohl für Klinikärzte als auch niedergelassene Ärzte sind insbesondere Einladungen des Ehegatten zu einem Fachkongress oder auch Geschenke an Praxismitarbeiter von großer Bedeutung.625 Ein Drittvorteil an einen Patienten kommt insbesondere bei der kostenlosen Überlassung von Blutzuckermessgeräten oder bei Patienten-Support-Programmen in Betracht.626 Allerdings geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Patient nicht Dritter im Sinne der Vorschrift sein könne.627 Rabatte oder sonstige Vorteile, die an den Patienten weitergereicht werden, dienten dem Wettbewerb und seien im Sinne des Patienten.628 Diese Begründung des Gesetzgebers ist aber aufgrund des tatsächlich in Kraft getretenen Straftatbestandes nicht mehr zwingend. Die Ausführungen bezogen sich auf die Verletzung der berufsrechtlichen Pflichten und dem Wohl des Patienten.629 Seit Streichung dieser Variante ist aber alleinig geschütztes Rechtsgut die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs. Der Schutz des Patienten bleibt lediglich als bloßer Reflex von der Vorschrift geschützt.630 Der Schutzzweck der Norm gebietet es daher, auch Drittvorteile, die im Interesse des Patienten liegen, von der Vorschrift zu erfassen. Denn auch in diesen Fällen kann der Wettbewerb beeinträchtigt sein.631 Bei Rabatten ist fraglich, inwieweit diese überhaupt von der Strafvorschrift erfasst werden.632 Letztendlich ist aber immer zu prüfen, ob die Zuwendungen aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften zulässig sind. Gegebenenfalls würde es dann an einer Unrechtsvereinbarung fehlen.633

624 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 43; Gaede, in: Leitner/ Rosenau, § 299a StGB Rn. 48; Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (51); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (134). 625 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 47. 626 Auf diese Problematik soll erst im folgenden Abschnitt unter D. V. näher eingegangen werden. 627 BT-Drs. 18/6446, S. 23. Zust. Damas, wistra 2017, 128 (131). 628 BT-Drs. 18/8106, S. 15. I. E. zust. Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 129. 629 Vgl. nur BT-Drs. 18/6446, S. 23: „Da die Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit dem Schutz des Patienten dient, können Vorteile, die dem Patienten zugutekommen, wie etwa an den Patienten weiterzureichende Preisnachlässe, nicht den Tatbestand erfüllen.“ Zust. auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 51. 630 Vgl. auch Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (51), welcher mit dieser Begründung Drittvorteile, die dem Patienten zukommen, ausschließen möchte. 631 Dieners/Reese/Kemmner, PharmR 2017, 477 (481 f.); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 215. 632 Differenzierend zwischen den Rabattarten auch Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 18. 633 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 13.

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c) Abschluss eines Vertrages als Vorteil Bereits der Abschluss eines Vertrages kann einen Vorteil darstellen, wobei es an dieser Stelle auf die Angemessenheit der Vergütung noch nicht ankommt.634 Ansonsten könnte stets eine vertragliche Vereinbarung zur Umgehung der Bestechungstatbestände führen.635 Dem hat sich auch der Gesetzgeber für den Bereich des Gesundheitswesens angeschlossen, obwohl hier die Beteiligten aufgrund der zahlreichen Kooperationsmöglichkeiten oftmals in vertraglichen Beziehungen zueinanderstehen.636 Eine solche Auslegung erfordert aber insbesondere der Sinn und Zweck der Vorschriften. Überweist beispielsweise ein Vertragsarzt seine Patienten an ein Krankenhaus, um anschließend mit der nachstationären Behandlung des Patienten nach § 115a I S. 2 SGB V beauftragt zu werden, erhält der Arzt dadurch eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit, auf die er zunächst keinen Anspruch hat.637 Entsprechendes gilt für die Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen oder klinischen Studien, zu deren Durchführung Arzneimittelhersteller zwar gesetzlich verpflichtet sind, aber an deren Teilnahme für den einzelnen Arzt kein Anspruch besteht.638 In beiden Fällen hat die Auswahl der beauftragten Ärzte aber aufgrund sachgerechter Erwägungen zu erfolgen und darf nicht von dem Zuweisungs- oder Verordnungsverhalten des einzelnen Arztes abhängig gemacht werden. Letzteres würde zu einer Benachteiligung der übrigen Mitbewerber und damit zu einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs führen. Zu prüfen bleibt aber auch hier, ob ein Vorteil gegeben ist, der über eine angemessene Vergütung hinausgeht und der Vertragsabschluss damit Gegenstand einer Unrechtsvereinbarung ist.639 2. Handlungsmodalitäten Den Vorteil muss der Vorteilsnehmer fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, beziehungsweise muss der Vorteilsgeber diesen spiegelbildlich anbieten, 634 Zu § 331 StGB: BGHSt 31, 264 (279 f.); zu § 299: BGH NStZ-RR 2015, 278 (279 f.); aus der Literatur: Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 30; Rosenau, in: Satzger/ Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 11; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 12; abl. Halbe, MedR 2015, 168 (172); krit. auch Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219 (221), welche von einer „Verschleifung“ von Tatbestandsvoraussetzungen sprechen, da die Problematik auf das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung verlagert werde. 635 BGHSt 31, 264 (280). 636 BT-Drs. 18/6446, S. 18. Krit. hierzu Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 293 f., sowie Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 44. 637 OLG Düsseldorf, MedR 2009, 664 (668); Müller/Opper, in: FS Schlothauer, S. 401 (408); Hohmann, in: MK-StGB, § 299a StGB Rn. 21. 638 Zu klinischen Studien OLG Hamburg, MedR 2000, 371 (373). Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 12. 639 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 47. Vgl. auch Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (85), der dem Vorteilsbegriff zurecht nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung zur Tatbestandsbegrenzung zuschreibt. Zur Angemessenheit der Vergütung näher in Teil 4 unter A. I. 2. a).

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versprechen oder gewähren. Die Modalitäten sind hierbei mit der zeitlichen Reihenfolge eines Vertragsverhältnisses vergleichbar.640 Das Fordern, beziehungsweise das Anbieten eines Vorteils erfolgen auf der Verhandlungsstufe.641 Hierbei wird bereits jedes kommunikative Verhalten erfasst, das den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung anstrebt.642 Nicht erforderlich ist, dass die Forderung Erfolg hat. Es muss also keine Unrechtsvereinbarung zustande kommen. Ausreichend ist allein, dass das Ansinnen objektiv geeignet ist, eine unlautere Bevorzugung herbeizuführen.643 Hiermit werden bereits bloße Anbahnungsversuche unter Strafe gestellt, womit die Strafbarkeit weit in das Vorfeld vorverlagert wird.644 Da auch bei der Nichtannahme eines Forderns bereits eine vollendete Strafbarkeit vorliegt, führen Rücktrittsbemühungen nicht mehr zur Straflosigkeit. Berücksichtigung finden kann der geringere Unrechtsgehalt lediglich noch im Rahmen der Strafzumessung.645 Das Sich-Versprechen-Lassen beziehungsweise das Versprechen führt zum Abschluss der Unrechtsvereinbarung, womit die Vereinbarungsstufe verwirklicht ist. Nicht entscheidend ist, ob die Vorteilsgewährung tatsächlich vollzogen wird.646 Wird diese aber sodann vorgenommen, liegt ein Annehmen oder Gewähren vor, womit die Leistungsstufe erreicht ist.647

IV. Unrechtsvereinbarung als Kernelement der Straftatbestände Alleine das Fordern, Sich-versprechen-lassen oder Annehmen eines Vorteils ist nicht ausreichend für die Verwirklichung des Straftatbestandes.648 Kernelement ist auch bei diesen Bestechungstatbeständen die Unrechtsvereinbarung, welche das entscheidende Verbindungsglied zwischen Leistung und Gegenleistung darstellt.649 Erst wenn diese inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Gegenleistung gegeben ist, 640 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 115. Vgl. zu den einzelnen Stufen Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 StGB Rn. 55 ff. 641 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (70) m. w. N. 642 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 51. 643 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 21. 644 BT-Drs. 18/6446, S. 17; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 116; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (133); krit. hierzu Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 41, die zurecht darauf hinweist, dass bereits das Fordern einer unangemessen hohen Vergütung im Rahmen von Vertragsverhandlungen zu einer Strafbarkeit führen kann. 645 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (71). 646 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 117, Tsambikakis, medstra 2016, 131 (134). 647 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (70) m. w. N. 648 BT-Drs. 18/6446, S. 18; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 299a Rn. 25; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (134). 649 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 131; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 21.

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lässt sich das strafwürdige Korruptionsunrecht begründen.650 In der Praxis wird der Nachweis der Unrechtsvereinbarung regelmäßig Schwierigkeiten bereiten. 1. Marktverhalten Eine Besonderheit der neuen Straftatbestände besteht darin, dass Angehörige eines Heilberufs grundsätzlich Vorteile annehmen dürfen. Dies gilt beispielsweise für die Vergütung der Behandlung von Privatpatienten oder auch in einzelnen Fällen von Kassenpatienten sowie auch für die Vergütung für die Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen. Insoweit unterscheiden sich Heilberufler von dem Täterkreis der übrigen Bestechungsdelikte im Strafgesetzbuch, die für ihre Tätigkeit vom Staat oder ihrem Geschäftsherrn entsprechend entlohnt werden.651 Entscheidend ist insbesondere, dass Angehörige eines Heilberufes in bestimmten Fällen als Unternehmer agieren und daher in ihren Entscheidungen grundsätzlich frei sind. Der Gesetzgeber hatte damit an bestimmte Handlungen anzuknüpfen, in denen der Heilberufler gerade nicht als Unternehmer agiert, sondern in der Pflicht des Gesundheitssystems steht.652 Erfasst werden damit die besonders korruptionsanfälligen therapeutischen Entscheidungen, denen eine große wirtschaftliche Bedeutung zukommt.653 Der Gesetzgeber hat sich zur Konkretisierung überwiegend der Begrifflichkeiten aus den Berufsordnungen sowie dem Sozial- und Medizinrecht bedient. a) Nr. 1: Verordnen Nr. 1 erfasst die Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten. Dazu gehören beispielsweise Rollstühle oder Hörgeräte als Hilfsmittel654, aber auch Sprech- und Sprachtherapien als Heilmittel.655 Das Tatbestandsmerkmal des Verordnens ist nach der Ansicht des Gesetzgebers weit zu verstehen. Gemeint ist das Verschreiben zugunsten von Patienten, wobei nicht von Bedeutung ist, ob das verschriebene Mittel oder Produkt verschreibungspflichtig ist. Daher fallen auch Verordnungen auf „grünen Rezepten“, mit denen der Arzt dem Patienten lediglich ein bestimmtes rezeptfreies, aber apothekenpflichtiges Medikament empfiehlt, unter den Begriff des Verordnens.656 Der Gesetzgeber knüpft damit an die Schlüsselposition an, die dem Arzt oder auch vereinzelten anderen

650

BT-Drs. 18/6446, S. 18, 21. Vgl. auch Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929 (931). 652 Dazu auch Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1078). 653 Brettel/Duttge/Schuhr, JZ 2015, 929 (933); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 161. 654 Weitere Beispiele finden sich bei Hohmann, in: MK-StGB, § 299a StGB Rn. 37. 655 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 164 f. 656 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (73). 651

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Heilberuflern hierbei zukommt.657 Erfasst werden sollen Tätigkeiten, die in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Als Beispiel hierfür wird die Übersendung der Verordnung an einen anderen Leistungserbringer angeführt.658 Diese weite Fassung des Tatbestands ist jedoch im Hinblick auf die Wortlautgrenze und das Bestimmtheitsgebot nicht als ganz unproblematisch anzusehen. Zwar erfasst die Tatbestandsvariante dem Wortlaut nach Handlungen „bei der Verordnung“, womit eine solch weite Fassung sich noch mit dem Wortlaut vereinbaren lässt.659 Bedenken entstehen aber hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes, da sich der Vorschrift der vom Gesetzgeber geforderte enge innere Zusammenhang mit der Verordnung nicht entnehmen lässt.660 Zurecht wird zumindest die mittelbare Beeinflussungen von Pharmaunternehmen auf Verordnungsempfehlungen durch medizinische Fachgesellschaften von der Literatur als zu weit angesehen.661 Die Einbeziehung von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten in den Begriff der Verordnung zeigt, dass es auf die Erstattungsfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ankommen kann.662 Daher werden insbesondere auch die immer mehr verbreiteten IGeL-Angebote von dem Tatbestand erfasst. Dabei handelt es sich um Leistungen, die nicht als medizinisch notwendig eingestuft werden und deshalb nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen sind.663 Gängig sind beispielsweise die Augeninnendruckmessung zur Früherkennung des grünen Stars sowie verschiedene Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung. Erfasst werden aber auch reisemedizinische Untersuchungen, in deren Rahmen der Arzt Verordnungen von Arzneimitteln vornimmt.664 Eine Einbeziehung in den Straftatbestand soll insbesondere im Patienteninteresse wünschenswert sein, da dieser ein gesteigertes Interesse daran habe, dass ihm die Angebote aufgrund seiner individuellen Bedürfnisse und nicht aufgrund der wirtschaftlichen Interessen des Arztes unterbreitet werden.665 Allerdings soll § 299a 657 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 17. Vgl. zur Schlüsselposition des Arztes bereits Teil 2 A. II. 3. der Arbeit. 658 BT-Drs. 18/6446, S. 20; BT-Drs. 18/8106, S. 15. 659 Krit. auch Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (220); für eine Überschreitung des Wortlauts aber Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 300; Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (78 f.); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 52. 660 Vgl. Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (220), welche einen „sehr engen zeitlichen, personellen und räumlichen Zusammenhang zwischen der Zuwendung und der eigentlichen Verordnung“ fordern. 661 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 67; Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (339); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (135). 662 Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind gem. § 34 I 1 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen. 663 Plagemann/Plagemann, NJW 2012, 2613 (2616). In den letzten Jahren sind dennoch manche Krankenkassen dazu übergegangen, bestimmte Leistungen zu übernehmen. 664 Zur Erstattung von Reiseschutzimpfungen durch die gesetzliche Krankenversicherung Schuldzinski, VuR 2007, 428 (429). 665 Vgl. zu den zahlreichen Aufklärungspflichten Schuldzinski, VuR 2007, 428 (431).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

StGB allein das Rechtsgut des Wettbewerbs schützen, womit die Frage nach Sinn und Zweck der Einbeziehung einzig anhand dieser Komponente zu bestimmen ist. IGeLAngebote stellen aber auch eine gewichtige Wettbewerbskomponente im System der gesetzlichen Krankenversicherung dar.666 Sie ermöglichen es dem Arzt, Leistungen außerhalb des begrenzten Budgets der gesetzlichen Krankenversicherungen zu erbringen und somit als Kaufmann zu agieren.667 Einen abschließenden Katalog von IGeL-Angeboten gibt es nicht, vielmehr ist es jedem Arzt selbst überlassen, neue Leistungen zu konzipieren. Auch hier kommt dem behandelnden Arzt eine Schlüsselposition bei der Verordnung zu. Nimmt aber der Arzt für die Verordnung einen Vorteil von dem Hersteller an, führt dies dazu, dass sich nicht immer das qualitativ beste Produkt auf dem Markt durchsetzen kann. Daher führt eine unlautere Bevorzugung auch hier zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Im Ergebnis entspricht dies auch dem Willen des Gesetzgebers, der vertragsärztliche Leistungen ebenso wie privatärztlich erbrachte Leistungen von dem Straftatbestand erfassen wollte und damit gerade nicht darauf abgestellt hat, durch wen die Kostenübernahme erfolgt.668 Mit der Nennung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln und Medizinprodukten hat der Gesetzgeber teilweise Begriffe gewählt, die den jeweiligen Produktstatus festlegen.669 Die Begriffe der Heil- und Hilfsmittel finden sich in §§ 32, 33 SGB V und knüpfen vorrangig an die Erstattungsfähigkeit im System der gesetzlichen Krankenversicherung an.670 Wie eben dargestellt, führt aber das geschützte Rechtsgut des Wettbewerbs nicht dazu, dass nur die Verordnung derjenigen Heil- und Hilfsmittel einbezogen sind, die von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Der Verweis auf die sozialrechtlichen Vorschriften dient lediglich zur Begriffsbestimmung der Heil- und Hilfsmittel. b) Nr. 2: Bezugsvariante Die Bezugsvariante beschränkt sich auf Arznei- oder Hilfsmittel und Medizinprodukte, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind. Die bloße Weitergabe an den Patienten ist nach den letzten Änderungen im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr erfasst.671 Erfasst wird der Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die der Arzt nicht verordnet, sondern unmittelbar beim Patienten anwendet. Dazu gehören beispielsweise Prothesen oder Implantate. Erfolgt der Bezug aber aufgrund einer Verordnung und wird das Mittel oder Produkt an666 667 668 669 670 671

Plagemann/Plagemann, NJW 2012, 2613 (2616). Schuldzinski, VuR 2007, 428 f. BT-Drs. 18/6446, S. 13, 16. Dazu bereits Teil 3 A. III. 4. c) der Arbeit. Vgl. für den Arzneimittelbegriff § 2 AMG sowie für Medizinprodukte § 3 MPG. Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (220). Krit. auch Dieners, PharmR 2015, 529 (532). Vgl. dazu BT-Drs. 18/6446, S. 22. Dazu bereits unter Teil 3 C. I. 2. a).

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schließend unmittelbar beim Patienten angewendet, ist in der Regel die Verordnungsentscheidung Anknüpfungspunkt. Relevant wird dies bei Arzneimitteln in Bereich der ambulanten Krebstherapie oder bei der Substitutionstherapie.672 Der Begriff des Bezugs wird vom Gesetzgeber im Übrigen sehr weit gefasst. Bezug meint damit jede Handlung, die ein Sich-Verschaffen zum Gegenstand hat, womit sowohl die Bestellung als auch die Lieferung und die Bezahlung erfasst sind.673 Nicht entscheidend ist, ob das Sich-Verschaffen auf eigene oder auf fremde Rechnung erfolgt.674 Die Begrenzung auf das Erfordernis der unmittelbaren Anwendung führt zur Privilegierung rein unternehmerischer Entscheidungen.675 Damit bleibt der Arzt bei der Ausstattung seiner Praxisräume in seinen Entscheidungen frei. Dies ist auch überzeugend, da er sich bei diesen Tätigkeiten nicht von anderen Geschäftsinhabern unterscheidet, die ebenfalls in ihren unternehmerischen Tätigkeiten frei sind und auch bei korruptiven Geschäftspraktiken nicht von § 299 StGB erfasst werden.676 Dem Arzt bleibt es daher überlassen, bei der Bestellung eines Behandlungsstuhles entsprechende Rabatte mit dem jeweiligen Hersteller auszuhandeln.677 Allerdings gibt es auch Arznei- oder Hilfsmittel und Medizinprodukte, die zwar zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen bestimmt sind, bei denen aber fraglich ist, warum es in diesen Fällen nicht bei der grundsätzlichen Straffreiheit der Geschäftsinhaberbestechung bleiben soll. Dies gilt beispielsweise für Verbrauchsmaterial in der Praxis wie Einmalhandschuhe, Alkoholtupfer oder Verbandsmaterial.678 Streng betrachtet werden auch bestimmte Medizinprodukte wie Stethoskop, Ultraschall- oder Röntgengeräte unmittelbar am Patienten angewendet. Gegen ihre Einbeziehung in § 299a Nr. 2 StGB spricht bereits die historische Auslegung. Der Gesetzgeber wollte diejenigen Arznei- und Hilfsmittel und Medizinprodukte erfassen, die ohne eine Verordnung unmittelbar am Patienten angewendet werden. Dazu gehören beispielsweise Prothesen, Implantate aber auch Arzneimittel, wie Zytostatika, die unmittelbar am Patienten angewendet werden.679 Erfasst werden sollten damit offensichtlich nur diejenigen Arznei- und Hilfsmittel 672

BT-Drs. 18/8106, S. 14 f. Gelshorn, Der Vertragsarzt als Täter der Korruptionstatbestände, S. 166; Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (72); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (135). 674 BT-Drs. 18/6446, S. 22. 675 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 18; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (135). A. A. aber Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (373), welche von einer Ausweitung des Tatbestands aufgrund der letzten Änderungen ausgehen. 676 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1085); Gaede, medstra 2015, 263 (264). 677 BT-Drs. 18/6446, S. 22. 678 Vgl. hierzu Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (26); Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (75); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (135). 679 BT-Drs. 18/8106, S. 14; Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1086); Rauer/Pfuhl, PharmR 2016, 357 (360); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 18. Für eine Erfassung von Ultraschallgeräten aber Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (373); Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 26 Rn. 79. 673

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sowie Medizinprodukte, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind.680 Auch eine Auslegung nach Sinn und Zweck ergibt, den Praxisbedarf aus der Bezugsvariante auszunehmen.681 Dies ergibt sich insbesondere aus der fehlenden Möglichkeit zur Abrechnung dieser Produkte, womit der Bezug regelmäßig auf Kosten des Praxisinhabers erfolgt.682 Folglich werden weder Belange der Krankenkassen noch Belange des Patienten berührt. Er agiert damit als Geschäftsinhaber, der sich von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen leiten lassen darf.683 Damit bleibt es dem Arzt überlassen, entsprechende wettbewerbsrechtlich zulässige Rabatte mit den jeweiligen Herstellern auszuhandeln.684 Dem Wortlaut der in Kraft getretenen Vorschrift lässt sich diese Begrenzung aber nicht entnehmen. Frister685 hat zur Klarstellung daher bereits im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen, den Tatbestand auf ein Handeln auf fremde Rechnung zu begrenzen. Tatsächlich würde dies dazu führen, dass nur noch die Entscheidungen erfasst würden, welche eine effiziente und kostengünstige Gesundheitsversorgung gefährden könnten. Freilich verbleibt für einen Bezug auf eigene Rechnung aber noch eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit, soweit ein Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz vorliegt.686 c) Nr. 3: Zuführung Die Zuführungsvariante gewinnt an Bedeutung bei der Patientenzuführung im Rahmen vertraglicher Kooperationen oder auch der Zuführung von entsprechendem Untersuchungsmaterial, wie Blut-, Stuhl- oder Urinproben an Laborgemeinschaften.687 Der Gesetzgeber verwendet in Nr. 3 nicht den Zuweisungsbegriff, wie er sich 680

Geiger, medstra 2016, 9 (10). Vgl. aber noch den Referentenentwurf des BMJV vom 04. Februar 2015, S. 19 f., welcher die Problematik des Praxisbedarfs an das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit anknüpfen wollte. Abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/ Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Bekaempfung_Korruption_Gesundheitswesen. pdf?__blob=publicationFile&v=3. Letzter Abruf am 04.07.2020. Krit. zu der Einordnung, Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (82 f.). 681 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1086); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a Rn. 36; i. E. auch Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (26). 682 I. E. zust., aber mit einer anderen Begründung Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 115 f., welche die Grenze beim Praxisbedarf bei der tatsächlichen Anwendung am Patienten ziehen möchte. 683 I. E. auch Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (221); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (135). 684 Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (82); Jary, PharmR 2015, 99 (102); Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (75). Ausführlich dazu in Teil 4 unter H. II. und III. 685 Ders., in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (82 f.). Krit. aber Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 301, welche für einen umfassenden Schutz des Wettbewerbs eine Begrenzung auf fremde Rechnung nicht als ausreichend ansieht. 686 Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (83). 687 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 66.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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in § 73 VII SGB V und in § 31 MBO-Ä findet, sondern spricht von einer Zuführung. Dennoch wird davon ausgegangen, dass die Begriffe inhaltlich deckungsgleich sind. Erfasst werden soll jede Einwirkung auf den Patienten mit der Absicht, dessen Auswahl eines Arztes oder eines anderen Leistungserbringers zu beeinflussen. Damit fallen auch Zuweisungen und Überweisungen sowie Verweisungen und Empfehlungen unter den Begriff.688 Durch die Verwendung des Begriffes der Zuführung beabsichtigte der Gesetzgeber klarzustellen, dass es auf die Art und Weise der Einwirkung auf den Patienten nicht ankommt, sondern auch mündliche und unverbindliche Empfehlungen erfasst werden sollen.689 Diese Bestrebungen des Gesetzgebers waren aber nur teilweise erfolgreich. Es kam die Frage auf, warum es statt dem Begriff der Zuweisung überhaupt des Begriffes der Zuführung bedarf, der bisher lediglich aus dem in § 11 ApoG geregelten Ärztebevorzugungsverbot bekannt war.690 Allerdings soll zwar der berufsrechtliche Begriff der Zuweisung, an welchem sich das Sozialrecht orientiert691, unverbindliche Empfehlungen erfassen. Aber auch dort ist der Begriff nicht hinreichend geklärt.692 Von einigen Stimmen in der Literatur wird eine enge Auslegung des Begriffs der „Zuführung“ gefordert. Das Tatbestandsmerkmal der Zuführung solle demnach nur verwirklicht sein, wenn keine selbstbestimmte Patientenentscheidung mehr vorläge.693 Angeführt wird hierfür der allgemeine Sprachgebrauch, wonach das Verb „zuführen“ so viel bedeutet wie etwas oder jemanden „zuleiten“.694 Schneider695 entnimmt dem zurecht eine subjektive Komponente in der Hinsicht, dass ein Ausnutzen eines gewissen Autoritätsverhältnisses erforderlich ist. An dieser Stelle ist zu berücksichtigen, dass dem ArztPatienten-Verhältnis aufgrund des unterschiedlichen Fachwissens ein Ungleichgewicht immanent ist. Regelmäßig ist hier der Arzt dem Patienten durch seine Aus688

BT-Drs. 18/6446, S. 20 m. Verweis auf Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 2 sowie BGH NJW 2011, 2211 (2217) – „Hörgeräteversorgung II“. 689 BT-Drs. 18/6446, S. 20; zust. auch Fischer, § 299a StGB Rn. 16; Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (45). 690 Vgl. nur Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 302 f.; Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (79); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 74; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (136). 691 BT-Drs. 17/6906, S. 55 f. zu § 73 VII SGB V. 692 BGH NJW 2011, 2211 (2212 f.) – „Hörgeräteversorgung II“; Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 3; Scholz, in: Spickhoff, § 31 MBO-Ä Rn. 3; Tsambikakis, in: FS Fischer, S. 559 (565). Vgl. dazu auch Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (76). 693 So insbesondere Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (76 ff.); ders./Ebermann, medstra 2018, 67 (68); zust. auch Fischer, § 299a StGB Rn. 16; Schloßer, in: HK-AKM, Nr. 4925 Rn. 43; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 75; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 33; Tsambikakis, in: FS Fischer, S. 559 (566); ähnl. Kubiciel, in: Kubiciel/ Hoven, S. 69 (79). A. A. aber Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 172; Rönnau/ Wegner, NZWiSt 2019, 81 (82). 694 Duden, Wörterbuch, (Stichwort: „zuführen“). 695 Ders., in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (76); ders., medstra 2016, 195 (202); ders./Ebermann, medstra 2018, 67 (68); zust. auch Tsambikakis, in: FS Fischer, S. 559 (566).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

bildung und seine Berufserfahrung deutlich überlegen. Der Patient muss darauf vertrauen können, dass der Arzt dieses Wissen auch im Sinne des Patienten einsetzt. Er darf diese bestehende Informationsasymmetrie nicht zur Instrumentalisierung des Patienten nutzen.696 Dies führt dazu, dass das Tatbestandsmerkmal einen gewissen Machtmissbrauch des Arztes bei der Übermittlung seiner Patienten an einen bestimmten Leistungserbringer voraussetzt.697 Klärt der Arzt den Patienten über seinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil auf, fehlt es an diesem Missbrauch.698 In diesen Fällen liegt keine Instrumentalisierung des Patienten vor. Das Tatbestandsmerkmal der „Zuführung“ ist damit auf die Fälle zu beschränken, in denen der Patient keine Kenntnis von den wirtschaftlichen Interessen des Arztes hat. Die Kenntnis des Patienten von dem wirtschaftlichen Vorteil führt dazu, dass er diese bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen hat. In einem gewissen Maße kann der Patient dadurch über den Wettbewerb als geschütztes Rechtsgut verfügen. Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs hängt aber nicht davon ab, ob der Patient von dem wirtschaftlichen Vorteil des Arztes Kenntnis hat. Hat er keine Kenntnis davon, bezieht der Patient den wirtschaftlichen Vorteil regelmäßig unbewusst in seine Entscheidung ein.699 Geht man folglich davon aus, dass eine Zuführung nur dann vorliegt, wenn es an einer autonomen Patientenentscheidung fehlt, stellt sich die Frage, wann von einer autonomen Patientenentscheidung gesprochen werden kann. Zu denken ist zunächst an den Fall, dass ein Orthopäde selbst eine Einrichtung betreibt, die physiotherapeutische Behandlungen anbietet. Unterrichtet der Arzt den Patienten beiläufig darüber, dass er diese Einrichtung betreibt, wird der Patient seine Entscheidung in der Regel danach treffen, ob er mit der Behandlung und der Betreuung des Arztes bisher zufrieden gewesen ist oder nicht. Nur in den seltensten Fällen wird er bei seiner Entscheidung an wirtschaftliche Interessen des Arztes denken. Eine Einbeziehung der wirtschaftlichen Interessen des Arztes wird erst dann erfolgen, wenn dieser ihn ausdrücklich darüber aufklärt, dass er durch die physiotherapeutische Behandlung in seiner Einrichtung einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil, gegebenenfalls sogar in einer bestimmten Höhe, hat.700 Erst wenn der Patient Kenntnis von allen Umständen hat, die den Arzt zu der entsprechenden Empfehlung bewegen, kann sie der Patient in seine Entscheidungsfindung miteinbeziehen, womit auch erst dann von einer freien Patientenentscheidung gesprochen werden kann. Eine solche ausdrückliche Auf-

696

Schneider/Ebermann, medstra 2018, 67 (68). Tsambikakis, in: FS Fischer, S. 559 (566). 698 Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 34; Schneider, medstra 2016, 195 (202). Anders aber Rönnau/Wegner, NZWiSt 2019, 81 (82). 699 Vgl. aber Rönnau/Wegner, NZWiSt 2019, 81 (83); vgl. auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 172, die bei einer Offenlegung der eigenen wirtschaftlichen Interessen eine Strafmilderung in Betracht ziehen. 700 Weiter für das Vorliegen einer autonomen Patientenentscheidung Schneider/Ebermann, medstra 2018, 67 (68). 697

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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klärung wird aber in den wenigsten Fällen erfolgen701, womit nur selten eine autonome Patientenentscheidung gegeben ist und damit in den meisten Fällen das Tatbestandsmerkmal der Zuführung verwirklicht ist. An einer autonomen Patientenentscheidung fehlt es insbesondere bei einer Täuschung des Arztes gegenüber dem Patienten.702 Die Eingrenzung des Tatbestandsmerkmal der Zuführung wird nur in wenigen Fällen relevant sein. Entscheidend wird auch hier in den meisten Fällen das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung sein. 2. Als Gegenleistung Entscheidend ist, dass zwischen dem Vorteil und der Gegenleistung ein Zusammenhang besteht. Die geforderte Unrechtsvereinbarung kommt alleine in dem unauffälligen Wort „dafür“ zum Ausdruck. Vorteil und Gegenleistung müssen aus Sicht des Täters in einem synallagmatischen Austauschverhältnis („do-ut-des“) stehen.703 a) Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung Das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung führt in der Praxis regelmäßig zu nicht ganz unerheblichen Beweisschwierigkeiten. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass es einer ausdrücklichen Vereinbarung der Unrechtsvereinbarung nicht bedarf.704 Ausreichend ist vielmehr, dass diese mündlich oder auch nur stillschweigend vereinbart worden ist. Regelmäßig wird daher das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung nur anhand bestimmter Indizien festzustellen sein.705 aa) Ausschluss der gelockerten Unrechtsvereinbarung Der Vorteil muss für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb bei einer der eben dargestellten Handlungen erfolgen. Der Gesetzgeber hat sich hier bewusst für das Erfordernis einer konkreten Unrechtsvereinbarung entschieden und damit nochmals die Anlehnung an § 299 StGB verdeutlicht. Eine gelockerte Unrechtsvereinbarung, bei der durch den Vorteil das allgemeine „Wohlwollen“ des Heilberuflers erkauft oder lediglich bloße „Klimapflege“ betrieben werden soll, ist nicht ausreichend.706 Dies führt zu dem auf den ersten Blick erstaunlichen Ergebnis, dass sich ein Arzt an einem Universitätsklinikum bereits bei einer bloßen Klimapflege 701

Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 172. Schneider/Ebermann, medstra 2018, 67 (68); Tsambikakis, in: FS Fischer, S. 559 (566). 703 Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 66; Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 64; Schünemann, in: FS Otto, S. 777 (782, 786 f.). 704 BGHSt 53, 6 (16); zur stillschweigenden Unrechtsvereinbarung BGH NJW 1961, 1483 zu §§ 332, 333 StGB; Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 67. 705 Siehe nur BGHSt 53, 6 (16 f.); Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (104); Rauer/Pfuhl, PharmR 2016, 357 (360). 706 BT-Drs. 18/6446, S. 18; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 21 m. w. N. 702

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

durch ein Pharmaunternehmen nach § 331 StGB strafbar machen kann, der niedergelassene Vertragsarzt in diesen Fällen hingegen straflos bleibt.707 Letztendlich ist dies aber überzeugend. Durch die gelockerte Unrechtsvereinbarung erhalten die Vorschriften der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung nach §§ 331, 333 StGB einen Auffangcharakter, da auch diejenigen Fälle erfasst werden können, in denen ein Beziehungsverhältnis zwischen dem gewährten Vorteil und einer konkreten Diensthandlung nicht nachgewiesen werden kann.708 Lässt man aber auch im Gesundheitswesen solche geringen Anforderungen für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung ausreichen, entsteht hierdurch die Gefahr, dass grundsätzlich erwünschte Kooperationen von den Beteiligten aus Angst vor einer Strafbarkeit nicht mehr eingegangen werden.709 Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass Amtsträgern die Möglichkeit verbleibt, eine Genehmigung von ihrem Dienstherrn einzuholen, die im Rahmen der §§ 331, 333 StGB zur Straffreiheit führt.710 Im Rahmen der wettbewerbsorientierten §§ 299a, b StGB stellt sich aber die Frage, wer eine solche Genehmigung erteilen können sollte. Daher ist es konsequent, eine gelockerte Unrechtsvereinbarung hier nicht ausreichen zu lassen und besondere Anforderungen an diese zu stellen.711 Allerdings hat die Rechtsprechung auch in der Vergangenheit an das Vorliegen einer echten Unrechtsvereinbarung keine allzu hohen Anforderungen gestellt. Ausreichend ist es bereits, wenn sich das Einverständnis der Beteiligten darauf bezieht, dass der Vorteilsempfänger „innerhalb eines bestimmten Aufgabenbereichs oder Kreises von Lebensbeziehungen nach einer gewissen Richtung hin tätig geworden ist oder werden soll und die einvernehmlich ins Auge gefasste Diensthandlung nach ihrem sachlichen Gehalt zumindest in groben Umrissen erkennbar und festgelegt ist.“712 Die geringen Anforderungen der Rechtsprechung an eine Unrechtsvereinbarung resultieren daraus, dass bei dem Zustandekommen der Übereinkunft oftmals noch keine genaueren Vorstellungen über die Umstände bestehen, unter denen die Unrechtsvereinbarung eingelöst werden soll.713 Insbesondere im Bereich der Verordnungen wird es dem Vorteilsgeber regelmäßig darum gehen, dass Verordnungsverhalten des Arztes insgesamt zu beeinflussen und nicht nur bei einer einzelnen konkreten Verordnung.714 Damit werden bereits zahlreiche aus der

707

Zu einer möglichen Sperrwirkung der §§ 299a, b StGB zugleich unter C. VI. Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 64. 709 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 291. 710 Zur Rechtsnatur der Genehmigung im Rahmen dieser Vorschriften näher Ulsenheimer, Rn. 1030. 711 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 67; Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (220). 712 BGHSt 32, 290 (291); BGH NStZ 2005, 214 (215); BGH wistra 2010, 447 (448 f.); BGH NStZ 2014, 323 (324); Ulsenheimer, Rn. 1039. 713 Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 C Rn. 358. 714 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 140. 708

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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Praxis bekannten Sachverhaltskonstellationen erfasst.715 Offen soll an dieser Stelle aber noch die Frage bleiben, ob dadurch auch die Einladung zu einer luxuriösen Fortbildungsveranstaltung von einem Pharmaunternehmen erfasst wird.716 Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass ein Verstoß gegen das Berufsrecht nicht zwingend zu einer Strafbarkeit führen muss. Das berufsrechtliche Verbot der unerlaubten Zuwendungen gemäß § 32 MBO-Ä lässt ebenfalls eine gelockerte Unrechtsvereinbarung ausreichen und untersagt bereits die bloße Klimapflege.717 Auch an dieser Stelle hat das Strafrecht damit strengere Voraussetzungen als das Berufsrecht. bb) Nachträgliche Zuwendungen Die Unrechtsvereinbarung muss außerdem in die Zukunft gerichtet sein. Nachträgliche Zuwendungen, wie beispielsweise Dankesgaben von Patienten für eine erfolgreiche Behandlung, stellen zwar einen Vorteil im Sinne der Vorschrift dar, können aber zu keiner unlauteren Bevorzugung führen.718 Hierfür spricht neben der historischen Auslegung auch der Wortlaut der Vorschrift. Aus der Formulierung „in unlauterer Weise bevorzuge“ ergibt sich, dass diese stets auf die Zukunft gerichtet sein muss.719 Weitergehend unterscheiden §§ 332, 334 StGB ausdrücklich zwischen vergangenen Diensthandlungen sowie Diensthandlungen, die künftig vorgenommen werden.720 Zudem ergibt sich der Ausschluss von nachträglichen Zuwendungen auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, da der Wettbewerb durch solche nicht mehr beeinträchtigt werden kann. Von Bedeutung ist allerdings auch das nachträgliche Gewähren eines Vorteils durch einen Arzneimittelhersteller. Hier wird regelmäßig zu prüfen sein, ob nicht eine Unrechtsvereinbarung vorausgegangen ist oder der nachträglich gewährte Vorteil eine Bindung in der Zukunft herbeiführen soll.721

715

Vgl. auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 51. Zur Zulässigkeit der Ausrichtung und Unterstützung von Fortbildungsveranstaltungen ausführlich in Teil 4 A. II. 717 BVerfG NJW 2011, 2636 (2637); Ärztegerichtshof Saarland, MedR 2011, 752 (754); Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 1. 718 BT-Drs. 18/6446, S. 18; Fischer, § 299a StGB Rn. 9; Krüger, NZWiSt 2017, 129 (133); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 127; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 21; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 14. 719 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (51). 720 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 127; vgl. dazu näher Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 332 StGB Rn. 6, 14. 721 Vgl. nur Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 46. 716

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

b) Bonuszahlungen für wirtschaftliche Verordnungsweisen Sozialrechtliche Bonuszahlungen, wie sie beispielsweise in § 84 IV SGB V vorgesehen sind, erfüllen den Tatbestand nicht.722 Krankenkassen gewähren den Kassenärztlichen Vereinigungen hierbei einen Bonus, soweit ein zwischen ihnen vereinbartes Wirtschaftlichkeitsziel in einem Kalenderjahr erreicht worden ist. Diese Bonuszahlungen sollen dem Arzt einen Anreiz für eine wirtschaftliche Verordnungsweise in der Gestalt verschaffen, dass er sich bei ähnlich geeigneten Medikamenten nach Möglichkeit für die Verordnung des günstigeren entscheidet.723 Zunächst stellen diese Zahlungen einen Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften dar.724 Allerdings dienen sie dem Wettbewerb, der gerade das Ziel hat, dass sich unter gleichgeeigneten Arzneimitteln das preisgünstigste Präparat auf dem Markt durchsetzt.725 Dass es an einer unlauteren Bevorzugung fehlt, wird auch durch § 32 I S. 2 MBO-Ä deutlich, der eine solche wirtschaftliche Behandlungs- oder Verordnungsweise auf sozialrechtlicher Grundlage ausdrücklich für zulässig erklärt, wenn dem Arzt die Möglichkeit erhalten bleibt, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundenen Entscheidung zu treffen. Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass ein berufsrechtlich zulässiges Verhalten straffrei ist.726 c) Sozialadäquate Zuwendungen Eine Bagatell- oder auch Geringwertigkeitsgrenze sehen die neuen Strafvorschriften ebenso wenig vor wie § 299 oder §§ 331 ff. StGB.727 Allerdings sind sozialadäquate Zuwendungen aufgrund einer teleologischen Reduktion vom Tatbestand auszunehmen.728 Auch der Gesetzgeber führt hierzu aus, dass es bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder auch kleineren Präsenten von Patienten an einer objektiven Eignung fehle, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen.729 Dazu gehören beispielsweise Plastikkugelschreiber sowie Werbekalender.730 Eine konkrete Geringwertigkeitsgrenze wird vom Gesetz722

Bt-Drs. 18/6446, 20; Hohmann, in: MK-StGB, § 299a StGB Rn. 34. BT-Drs. 18/6446, S. 20; Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (228). 724 BT-Drs. 18/6446, S. 20; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 44. 725 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 211. Zu den Zielen des Wettbewerbs bereits Teil 3 A. III. 726 Dazu bereits Teil 3 B. II. 1. a). 727 BT-Drs. 18/6446, S. 17. 728 Teilweise wird diese Problematik auch bereits im Bereich des Vorteils angesprochen, vgl. nur Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 47. Näher zur dogmatischen Einordnung Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 134. 729 BT-Drs. 18/6446, S. 17; Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 27; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 12. 730 Fischer, § 299a StGB Rn. 20; Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (340); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (134). 723

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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geber allerdings nicht angeführt.731 In Betracht kommt die Übernahme der Wertgrenze aus § 331 StGB, welche die Schwelle der Sozialadäquanz bei bis zu 30 – 50 E ansetzt.732 Entscheidend ist aber, dass für die Festsetzung einer solchen Grenze auch die jeweiligen Gepflogenheiten der Branche von Bedeutung sind.733 Allerdings kann allein diese Branchenüblichkeit die Sozialadäquanz nicht begründen. Sozialadäquanz kann nur bei gewohnheitsmäßig anerkannten, relativ geringwertigen Aufmerksamkeiten angenommen werden.734 Etwas anders könnte dazu führen, dass durch die Annahme von Sozialadäquanz ein Verhalten gebilligt würde, welches durch die Korruptionstatbestände gerade unterbunden werden sollte.735 Bemerkenswert ist, dass die Regelungen des FSA-Kodex in den letzten Jahren deutlich verschärft wurden und den Mitgliedsunternehmen Geschenke fortan nur noch in einem sehr begrenzten Rahmen gestattet sind.736 Ein Großteil der Pharmaunternehmen ist inzwischen diesen Kodizes beigetreten, womit man diese engen Voraussetzungen auch auf das Strafrecht übertragen könnte.737 Da aber selbst verwaltungsinterne Vorschriften für die Festlegung der sozialadäquaten Zuwendungen für das Strafrecht nicht verbindlich sind,738 muss dies erst recht für branchenübliche Verhaltenskodizes gelten, denen keine Rechtsqualität zukommt. Freilich könnte man dennoch daran denken, die Verhaltenskodizes zumindest als Anhaltspunkt heranzuziehen, welche Zuwendungen als sozialadäquat einzuordnen sind.739 An dieser Stelle zeigt sich aber deutlich, dass die Kodizes teilweise strengere Voraussetzungen als das Strafrecht haben. Dies fordert insbesondere der mit ihnen verfolgte Zweck der

731 Krit. hierzu auch Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 42, welcher aufgrund der fehlenden Konkretisierung das Einschränkungspotential dieser Gruppe als gering ansieht; vgl. auch Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 27, der von einem „case law“ spricht. 732 Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1085); ders., in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 40; für eine weitere Fassung, Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 48. Zur Wertgrenze bei § 331 StGB: Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 40; krit. Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 138. 733 Von Heintschel-Heinegg, in: BeckOK, StGB, 45. Edition, § 331 StGB Rn. 34; Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 27; Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 32. 734 Vgl. nur BGH NJW 2003, 763 (765); BGH StV 2012, 19 (22). 735 BGH StV 2012, 19 (22). 736 § 21 FSA-Kodex, welcher Geschenke grundsätzlich untersagt, es sei denn, sie sind nach dem Kodex zulässig oder sind nach § 7 I S. 1 Nr. 2 – 5 HWG zulässig. Vgl. dazu Jary, PharmR 2015, 99 (101). 737 Vgl. Jary, PharmR 2015, 99 (103), welche aber darauf hinweist, dass der FSA-Kodex sich teilweise an einen anderen Adressatenkreis als die Strafvorschriften richtet. 738 Zu internen Verwaltungsvorschriften, Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 40. 739 Befürwortend Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 32; s. auch Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 122 f., welche den Betrag von 5 E zur Orientierung heranziehen möchte.

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

Selbstregulierung, weshalb auch die Heranziehung als Anhaltspunkt für eine Strafbarkeit zu weit gehen würde.740 Vor unsachlichen Beeinflussungen durch Werbung mit Geschenken schützt aber das Heilmittelwerbegesetz. Es untersagt grundsätzlich unentgeltliche Zuwendungen und sonstige Werbegaben anzukündigen, zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen.741 Tatbestandslos sind diejenigen Werbegaben, die von § 7 I S. 1 Nr. 1 – 5 HWG explizit gestattet sind.742 Allerdings wird von der Rechtsprechung hier die Grenze mit einem Euro sehr eng gezogen.743 Das Berufsrecht erfasst in § 32 MBO-Ä nur diejenigen Zuwendungen, die geeignet sind, die sachliche Entscheidung zu beeinflussen.744 Hierzu hat die Bundesärztekammer in einer Empfehlung den Betrag von 50 E für Werbegaben festgesetzt, wobei wiederholte Zuwendungen über einen gewissen Zeitraum zu addieren sind.745 Freilich handelt es sich hierbei lediglich um eine Empfehlung, welche insbesondere keine Verbindlichkeit für das Strafrecht entfalten kann, allerdings dient diese als Leitlinie für das Berufsrecht, womit Zuwendungen bis zu 50 E berufsrechtlich anerkannt sind. Auch hier können wieder der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung sowie das ultima ratio-Prinzip herangezogen und die berufsrechtlich zulässigen Zuwendungen als sozialadäquat eingestuft werden.746 In bestimmten Bereichen existieren spezielle Regelungen, welche eigene Vorgaben über die Sozialadäquanz haben. Beispielsweise gestattet § 47 III, IVAMG die Abgabe von Arzneimittelmusterabgaben zweimal jährlich in der kleinsten Packungsgröße.747 Diese Vorschriften sind gegenüber der allgemeinen Grenze von 50 E vorrangig.

740 Vgl. auch Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (55), welcher zumindest die Maßstäbe zu Bewirtungen zur Frage der Sozialadäquanz heranzieht. Siehe zur Auswirkung eines Verstoßes gegen Verhaltenskodizes auf das Strafrecht bereits Teil 3 B. III. der Arbeit. 741 BGH GRUR 2003, 624 (625); BGH GRUR 2009, 1082 (1083). Dazu bereits ausführlich in Teil 2 C. I. der Arbeit. 742 Brettel/Mand, A&R 2016, 99 (103); Eisele, in: FS Neumann, S. 1075 (1085); ders., in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 40. 743 BGH MMR, 2014, 254 (255); ablehnend für eine Übertragung auf das Strafrecht auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 49; Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (54). 744 Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 5. 745 DÄBl. 2004, A-297 (A-298); vgl. auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, welche aufgrund des Alters der Empfehlung einen Aufschlag von 10 E, somit insgesamt 60 E, als zulässig ansieht. 746 Vgl. auch Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 12 sowie Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (219). 747 Auf die Abgabe von Arzneimittelmusterabgaben soll in Teil 4 unter E. II. noch näher eingegangen werden.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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d) Rabatte Rabatte sind Preisnachlässe, die sich aus der Gegenüberstellung des vom Unternehmer angekündigten und des im konkreten Verkaufsfall tatsächlich berechneten Preises ergeben.748 Sie sind ein Teil des Preiswettbewerbs und dienen damit dem Leistungswettbewerb. Als wettbewerbsfördernde Maßnahme sind sie damit von der Wettbewerbsordnung grundsätzlich erwünscht.749 Regelmäßig werden sie nur unter bestimmten Bedingungen gewährt,750 womit ihnen ein Gegenleistungscharakter immanent ist.751 Rabatte stellen aber auch einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar.752 Daraus ergibt sich die Problematik, wann ein Rabatt von den Straftatbeständen der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen erfasst wird. Entscheidendes Merkmal wird auch an dieser Stelle sein, ob der Preisnachlass für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gewährt wird und damit aus der Gegenleistung eine strafbewehrte Unrechtsvereinbarung wird. Letztendlich ist dies abhängig von der jeweiligen Rabattart, die jeweils für unterschiedliche Gegenleistungen gewährt wird.753 Der Gesetzgeber geht nur am Rande auf die Zulässigkeit von Preisnachlässen ein, wobei eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Rabattarten nicht erfolgt. Er stellt überzeugend dar, dass Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften keinen korruptionsspezifischen Unrechtsgehalt aufweisen und daher nicht von dem Straftatbestand erfasst sind.754 Handelt der Abnehmer einen Rabatt aus oder wird ihm ein solcher eingeräumt, wird er regelmäßig als Geschäftsherr agieren, womit es an der für die Korruption erforderlichen „Dienerschaft zweier Herren“ fehlt.755 In den übrigen Fällen sieht § 44 VI S. 7 BMV-Ä eine Pflicht zur Weitergabe an den Kostenträger vor. Da es sich hierbei um eine Abrechnungsvorschrift handelt, besteht vielmehr die Gefahr eines Abrechnungsbetruges als eines Korruptionsdelikts.756 Freilich stellen solche Verstöße aber ein wettbewerbswidriges Verhalten dar, weshalb der Gesetzgeber das hier in erster Linie einschlägige Bezugsverhalten zunächst an die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten anknüpfte und schlussendlich zwar das Vorliegen einer Wettbewerbslage zur Voraussetzung machte, aber Bezugsentschei748

Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, § 4a UWG Rn. 52. Geiger, medstra 2016, 9. 750 Vgl. auch Duden, Online Wörterbuch, worin der Rabatt als „unter bestimmten Bedingungen gewährter (meist in Prozenten ausgedrückter) Preisnachlass“ definiert wird. Abrufbar unter https://www.duden.de/suchen/dudenonline/Rabatt. Letzter Abruf am 04.07.2020. 751 Geiger, medstra 2016, 9 (11 f.). 752 BGH NJW 2001, 2558 (2559). Anders Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 18 für sofort berechenbare Rabatte, die an den Kostenträger weitergereicht werden. 753 Auf die verschiedenen Rabattarten soll in Teil unter H. näher eingegangen werden. 754 BT-Drs. 18/6446, S. 22. 755 Zum Korruptionsunrecht bereits in diesem Teil unter A. IV. 1. 756 Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 49. Zum Verstoß gegen § 44 VI. S. 7 BMV-Ä näher in Teil 4 unter H. V. 749

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

dungen auf Arznei-, Heil- und Hilfsmittel oder Medizinprodukte beschränkte, die zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt waren.757 e) Genehmigung als Ausschluss der Unrechtsvereinbarung Eine Straffreiheit aufgrund einer Genehmigung sehen die Straftatbestände §§ 299a, b StGB nicht vor. Der in einer Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins vorgebrachte Vorschlag, in § 299a III StGB-E einen Tatbestandsausschluss aufgrund einer unterbliebenen Beanstandung durch die Berufsaufsicht zu normieren, überzeugt nicht.758 Eine Genehmigung, wie sie bei den Straftatbeständen der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung in Absatz 3 normiert ist, muss sich stets auf die Verknüpfung zwischen der Vorteilsgewährung und der Dienstausübung beziehen.759 Erfasst werden beispielsweise Fälle, in denen der Dienstherr die Annahme einer Dankesgabe nach einem Rettungseinsatz genehmigt.760 Dies ist aber nur im Rahmen der §§ 331, 333 StGB sachgerecht, bei denen geringere Anforderungen an das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung zu stellen sind und bereits der bloße Anschein der Käuflichkeit ausreichend ist.761 Einzig dieser bloße Anschein kann durch die Genehmigung des Dienstherrn beseitigt werden.762 Im Rahmen der §§ 299a, b StGB ist aber eine echte Unrechtsvereinbarung erforderlich, welche durch den Dienstherrn oder die Berufsaufsicht nicht genehmigt werden kann.763 Vielmehr wären die Aufsichtsbehörden sogar verpflichtet, im Falle einer solchen echten Unrechtsvereinbarung die Ermittlungsbehörden einzuschalten.764 Gegen eine bloße Übertragung der Möglichkeit zur Genehmigung aus §§ 331, 333 StGB spricht aber auch, dass Amtsträger stets über einen Dienstherrn verfügen, welcher die Genehmigung zu erteilen hat. Angehörige von Heilberufen sind keineswegs in allen Fällen einem Dienstherrn untergeordnet.765 Auch wenn man die Berufskammern oder die Kassenärztliche Vereinigung als Institutionen ansieht, die eine solche Genehmigung erteilen können, ist dies freilich nur für ihre jeweiligen 757

BT-Drs. 18/8106, S. 14. Dazu bereits ausführlich unter Teil 3 A. I. der Arbeit. Vgl. hierzu Stellungnahme des DAV Nr. 54/2014, S. 10 f. Abrufbar unter https://anwalt verein.de/de/newsroom/sn-54-14. Letzter Abruf am 04.07.2020. Für eine solche Genehmigungslösung aber Gruner, GuP 2016, 55 (57). 759 Kuhlen, in: NK, § 331 StGB Rn. 126. Zur dogmatischen Einordnung der Genehmigung näher Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 58 ff. 760 Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (95); Kuhlen, in: NK, § 331 StGB Rn. 126. 761 Zu den Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung im Rahmen der §§ 331, 333 StGB auch Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 30 m. w. N. 762 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (92). 763 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (92). 764 Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (95); Fuderer/Tillmanns, PharmR 2017, 169 (173). 765 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (92). 758

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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Mitglieder möglich. Grenzen sind den Institutionen auch insoweit gesetzt, als sie Genehmigungen lediglich für den ihnen überlassenen Regelungsbereich treffen können. Eine erlassene Genehmigung kann aber keine Auswirkung auf den Tatbestand entfalten, sondern allenfalls im Bereich eines Irrtums Relevanz erlangen.766 3. Unlautere Bevorzugung im Wettbewerb Die Unrechtsvereinbarung muss auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet sein. Dem Merkmal der Unlauterkeit kommt damit eine einschränkende Funktion zu.767 In Anlehnung an § 299 StGB dient das Merkmal der Erhaltung der Sachgerechtigkeit im Wettbewerb und soll damit sachwidrige Entscheidungen verhindern, die geeignet sind, den Wettbewerb zu beeinträchtigen.768 Unlauter ist eine Bevorzugung dann, wenn sie nicht aufgrund sachlichen Erwägungen erfolgt ist, sondern durch den erlangten Vorteil geleitet worden ist.769 Da der Wettbewerb im Gesundheitswesen aber in großen Teilen durch den Gesetzgeber vorgegeben ist, sind sozial- und berufsrechtliche Regelungen für die Festlegung von sachlichen Erwägungen von Bedeutung.770 Eine Bevorzugung setzt eine sachfremde Entscheidung zwischen mindestens zwei Bewerbern voraus, womit das Vorliegen einer Wettbewerbslage erforderlich ist.771 Aus dem Charakter als abstraktes Gefährdungsdelikt ergibt sich, dass eine Bevorzugung nicht tatsächlich eintreten muss.772 Vielmehr ist das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung ausreichend, die eine Bevorzugung zum Gegenstand hat, welche zumindest objektiv geeignet ist, den Wettbewerb zu beeinträchtigen.773

766 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 323; Gaede/ Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (151). Zum Verbotsirrtum bereits in Teil 3 B. V. der Arbeit. 767 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 153; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 33. 768 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 33 m. w. N. 769 Damas, wistra 2017, 128 (133); Krick, in: MK-StGB, § 299 StGB Rn. 77; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 33. 770 Dazu näher Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 39. Ausführlich zur Auswirkung des Einhaltens oder des Verstoßes gegen solche Regelungen bereits in diesem Teil unter B. I. und II. 771 BGH NJW 2003, 2996 (2997); BT-Drs. 18/6446, S. 21. 772 Vgl. BGH NJW 2006, 925 (932) zu § 299 StGB; Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 68 m. w. N. 773 BGH NZWiSt 2016, 64 (70); Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 41; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 29; Tsambikakis, medstra 2016, 121 (136); Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (45).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

a) Vorliegen einer Wettbewerbssituation Auf das mögliche Fehlen einer Wettbewerbslage hat auch der Gesetzgeber im Zusammenhang mit Monopolstellungen hingewiesen. So wurde noch im Zusammenhang mit der Berufsrechtsvariante angeführt, dass diese zur Anwendung kommen solle, wenn es aufgrund eines Monopols an einer Wettbewerbslage fehle.774 Die Streichung dieser Variante erweckt zunächst den Eindruck, dass der Gesetzgeber eine Strafbarkeitslücke offensichtlich in Kauf nehmen wollte.775 Der bisher im Rahmen des § 299 StGB vertretene Wettbewerbsbegriff lässt es aber zu, Monopollagen zumindest dann zu erfassen, wenn die Bevorzugung darauf gerichtet ist, einen potenziellen Wettbewerb zu verhindern und seine eigene Marktposition langfristig zu sichern.776 Ob an diesem weiten Wettbewerbsbegriff auch nach Einführung des Geschäftsherrenmodells in § 299 I Nr. 2, II Nr. 2 StGB festgehalten wird, bleibt abzuwarten.777 Eine restriktivere Auffassung im Rahmen des § 299 StGB macht eine solche aber nicht zugleich bei §§ 299a, b StGB erforderlich.778 Zumindest bleibt für die Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen eine weite Fassung des Wettbewerbsbegriffs zu erwarten.779 Dies ergibt sich bereits aus dem Ziel, welches mit der Streichung der Berufsrechtsvariante erreicht werden sollte. Ausgeräumt werden sollten Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit und der Uneinheitlichkeit der verschiedenen Berufsordnungen.780 Die hierzu gemachten Ausführungen des Gesetzgebers lassen daraus schließen, dass aber auch Monopollagen, soweit sie sich mit dem Wettbewerbsbegriff vereinbaren lassen, von den Straftatbeständen erfasst werden sollen.781 Ein weiter Wettbewerbsbegriff führt dazu, dass nur wenige Konstellationen denkbar sind, die den Straftatbeständen nicht unterliegen.782 Monopolstellungen werden insbesondere im Bereich von patentierten Medikamenten aufgrund von zahlreichen Re- und Parallelimporten nur selten vorkommen.783 Auch wenn es an entsprechenden Importen fehlen sollte, weist der Gesetzgeber zutreffend darauf hin, dass in diesen Fällen noch entsprechende 774

BT-Drs. 18/6446, S. 21. Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (81); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (136). 776 Ludwig, in: MG, Hdb. d. Wirtschaftsstrafrechts, § 53 Rn. 84; Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 71; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 29. 777 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 42; Kubiciel, KPzK 3/2016, S. 3; ders., in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (83). 778 So aber Kubiciel, KPzK 3/2016, S. 3 (4). 779 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 43; a. A. Kubiciel, in: KPzK 3/2016, S. 3. 780 BT-Drs. 18/8106, S. 15. Zu diesen Kritikpunkten bereits ausführlich zu Beginn des Teils unter A. I. 1. 781 Vgl. BT-Drs. 18/8106, S. 15; Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 43. 782 Vgl. auch Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195 (198), die Monopolstellungen im Gesundheitswesen als „lebensfremd und hypothetisch“ bezeichnen. 783 BT-Drs. 18/8106, S. 15; Dieners/Cahnbley, MPR 2016, 48 (49 f.); Geiger, CCZ 2016, 172 (175). 775

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

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Therapiealternativen zu berücksichtigen sind, womit die Verordnung anderer Arzneimittel in Erwägung zu ziehen ist.784 Etwas anders gestaltet sich jedoch die Situation im Bereich der ärztlichen Versorgung. Insbesondere in ländlichen – und damit strukturschwachen – Gebieten, wird es in einer Vielzahl der Fälle an einer Auswahlmöglichkeit zwischen Ärzten in einem entsprechenden Umkreis fehlen.785 Der Hausarzt wird meist nur die Möglichkeit haben, an einen einzigen Facharzt oder in eine einzige Klinik zu überweisen. An dieser Stelle überzeugen aber auch die Ausführungen des Gesetzgebers nicht, der einzelfallbezogen den angemessenen räumlichen Einzugsbereich ziehen möchte.786 Hier kommt der Verdacht auf, dass die Grenze stets soweit gezogen werden soll, bis ein geeigneter Mitbewerber gefunden wird, um auf diesem Wege eine Wettbewerbslage konstruieren zu können.787 Kommt man über einen solchen weiten Einzugsbereich zu einer Wettbewerbslage, ist fraglich, ob die Bevorzugung eines räumlich näheren Konkurrenten auch unlauter ist. Berufsrechtlich kann die räumliche Nähe einen hinreichenden Grund i. S. d. § 31 II MBO-Ä darstellen. Allerdings bleibt die Empfehlung auch dann nach § 31 I MBO-Ä unzulässig, wenn ein Vorteil dafür gewährt wird. Aufgrund des Berufsrechts kann die Unlauterkeit damit nicht entfallen. Geht man außerdem davon aus, dass der Patient den anderen Leistungserbringer aufgrund der räumlichen Entfernung nicht aufsuchen wird, ist dieser schon kein geeigneter Mitbewerber.788 Das vom Gesetzgeber angeführte Kriterium des „angemessenen räumlichen Einzugsbereichs“ begegnet jedoch auch erheblichen Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit.789 Damit bleiben zumindest in diesem Bereich Monopollagen denkbar, die von den Straftatbeständen nicht erfasst werden.790 Allerdings bleibt zu bedenken, dass bei einer fehlenden Auswahlmöglichkeit auch regelmäßig ein geringerer Anreiz zur Korruption bestehen wird.791

784

BT-Drs. 18/8106, S. 15; Dieners, PharmR 2015, 529 (530); Geiger, CCZ 2016, 172 (175); Müller/Opper, in: FS Schlothauer, S. 401 (409); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 38; a. A. Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (81); krit. auch Gaede, in: Leitner/ Rosenau, § 299a StGB Rn. 16 sowie Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 147. 785 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 277; Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (81); Müller/Opper, in: FS Schlothauer, S. 401 (409). 786 BT-Drs. 18/8106, S. 15 f. 787 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 147. Krit. auch Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 44. 788 Vgl. auch Dannecker/Schröder, in: NK, die nicht mehr von einem „angemessenen“ räumlichen Einzugsbereich ausgehen, wenn nicht tatsächlich belegbar sei, dass bisher Patienten diesen Konkurrenten aufgesucht hätten. 789 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 62; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 147; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (136). 790 Krit. hierzu Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (81). 791 Geiger, CCZ 2016, 172 (175).

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

b) Medizinisch nicht indizierte Verordnungen Mit dem ursprünglich geplanten Berufsrechtsmodell bezweckte der Gesetzgeber auch Fälle der medizinisch nicht indizierten Verordnung zu erfassen.792 Ob durch die Streichung des Berufsrechtsmodells aber Strafbarkeitslücken in diesem Bereich entstanden sind, ist mehr als zweifelhaft.793 Bereits von § 299 StGB ist bekannt, dass rechtswidrige oder auch sittenwidrige Rechtsgeschäfte vom Schutzbereich nicht umfasst sind.794 Handelt es sich aber um einen grundsätzlich legalen Betrieb, der nur einzelne rechtswidrige Betätigungen vornimmt, steht das einem Schutz nicht entgegen.795 Entsprechendes soll auch nach dem Gesetzgeber gelten, der eine Bevorzugung im Wettbewerb als möglich ansieht, wenn mit dem Vorteil auch das Außerachtlassen der medizinischen Indikation erkauft werden soll.796 Allerdings wird hierbei verkannt, dass es sich nicht um eine Teilnahme an einem grundsätzlich legalen Markt handelt, vielmehr liegt ein gesetzlich untersagter Markt vor, der keinen strafrechtlichen Schutz genießen kann.797 Fehlt die medizinische Indikation eines Medikamentes, fehlt es an einem schutzwürdigen Interesse der Mitbewerber, bei der Verordnung ebenfalls Berücksichtigung zu finden.798 Dieses Ergebnis ist aber auch sachgerecht, da die fehlende medizinische Indikation zunächst den Patientenschutz betrifft, welcher bereits durch die Körperverletzungsdelikte ausreichend Schutz genießt.799 Weiterhin kommt aufgrund des Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebots eine Vertragsarztuntreue800 sowie ein zumindest versuchter Abrechnungsbetrug in Betracht.801

792

BT-Drs. 18/6446, S. 21. Vgl. aber Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 148. 794 Fischer, § 299 StGB Rn. 6; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 8; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (137). 795 Fischer, § 299 StGB Rn. 6; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 8 m. w. N. 796 BT-Drs. 18/8106, S. 16. 797 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 64; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 147; vgl. auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 64, welche darauf abstellen möchte, ob das Produkt abstrakt gesehen Wettbewerber hat. 798 Dieners/Cahnbley, MPR 2016, 48 (50); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 64. Für ein fehlendes Kriminalunrecht auch Saliger, FS Kargl, S. 493 (503). 799 Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 307; Dieners/ Cahnbley, MPR 2016, 48 (50); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 64; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (137). 800 BGHSt 49, 17 (24); Dieners/Cahnbley, MPR 2016, 48 (50); Frank/Vogel, AnwBl. 2016, 94 (97); Taschke/Schoop, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 21 Rn. 51; Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 39. 801 Dieners/Cahnbley, MPR 2016, 48 (50); Frank/Vogel, AnwBl. 2016, 94 (97); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 39. Näher zur Abrechnung medizinisch nicht indizierter Leistungen: Stirner, Der privatärztliche Abrechnungsbetrug, S. 85. 793

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

201

c) Einbeziehung des ausländischen Wettbewerbs Die Gegenleistung muss für eine unlautere Bevorzugung im inländischen oder ausländischen Wettbewerb erfolgen. Dadurch erfolgt eine Ausdehnung des Tatbestands auf den gesamten Weltmarkt.802 Zu bedenken bleibt aber, dass sich aus §§ 299a, b StGB keine Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts ergibt, sondern dass diese nach den allgemeinen Regeln nach §§ 3 ff. StGB zu bestimmen ist.803 Liegt die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts vor, muss es sich weiterhin um eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb handeln. Ebenso wie bei § 299 StGB stellt sich auch hier die Frage, nach welcher Wettbewerbsordnung die Unlauterkeit zu bestimmen ist. Eine Vergleichbarkeit der ausländischen Wettbewerbsordnung mit der deutschen, kann vor allem im Hinblick auf die Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems nicht entscheidend sein.804 Insbesondere in diesem Bereich werden die Wettbewerbsverhältnisse in den verschiedenen Ländern deutlich voneinander abweichen.805 Eine solche Beschränkung lässt sich auch dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen.806 Aber auch eine Übertragung des deutschen Wettbewerbsrechts auf dem ausländischen Markt scheint wenig überzeugend. Hierdurch würden die am ausländischen Wettbewerb teilnehmenden deutschen Unternehmen gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten auf dem Markt benachteiligt.807 Dies kann aber nicht so weit gehen, dass ein Gewähren von Vorteilen, welches in bestimmten Ländern bei Geschäftsbeziehungen üblich ist, als sozialadäquat eingestuft wird und damit nicht von dem Straftatbestand erfasst wird.808 Gerade solche Verhaltensweisen sollen durch die internationale Korruptionsbekämpfung verhindert werden. Allerdings stellt sich in diesen Fällen stets die Frage nach Straffreistellungsgründen.809 Im Übrigen richtet sich die Unlauterkeit aber nach der Wettbewerbsordnung des jeweiligen Landes, womit die ausländische Wettbewerbsordnung zu berücksichtigen ist.810 Gestattet diese ausdrücklich eine Bevorzugung, kann nicht von einem un802

Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299 StGB Rn. 3; Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 120. 803 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 201. Zu den Voraussetzungen der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts näher Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 30 f. 804 Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 120. So aber Lenk, wistra 2014, 50 (53) zu § 299 III StGB a. F. 805 Allgemein zu § 299 StGB: Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 StGB Rn. 109. 806 Für eine teleologische Reduktion aber Wollschläger, StV 2010, 385 (388). 807 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (83). Vgl. aber auch Krick, in: MK-StGB, § 299 StGB Rn. 113. 808 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 199. Vgl. auch Tiedemann, in: LK, § 299 StGB Rn. 65, welcher es auch für das deutsche Strafrecht als beachtlich ansieht, soweit es nach der ausländischen Rechtsordnung gestattet ist. 809 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 StGB Rn. 112; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 31. 810 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (83); Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299 StGB Rn. 30.

202

Teil 3: Strafrechtliche Wertung

lauteren Verhalten ausgegangen werden.811 Dies entspricht denselben Grundsätzen wie die Auswirkung des Sozial- oder Berufsrechts auf den Straftatbestand.812 Freilich setzt die Bezugnahme auf die ausländische Wettbewerbsordnung voraus, dass der Richter Kenntnis von der jeweiligen Wettbewerbsordnung hat. Letztendlich verbleibt bei schwierigen oder langwierigen Ermittlungen aber stets eine Einstellungsmöglichkeit nach § 153a813 oder § 153c StPO814.

V. Subjektiver Tatbestand Auf subjektiver Tatbestandsseite ist mindestens Eventualvorsatz erforderlich. Die Tathandlung des Forderns setzt voraus, dass der Täter mit Absicht hinsichtlich des Abschlusses einer Unrechtsvereinbarung handelt. Bei den übrigen Tathandlungen ist ausreichend, dass sich der Täter der Unrechtsvereinbarung bewusst ist.815 Im Rahmen der Straftatbestände gilt aber zu beachten, dass es sich insbesondere bei der Unlauterkeit um ein normatives Tatbestandsmerkmal handelt, womit eine Parallelwertung in der Laiensphäre erforderlich ist.816 Fehlt es an einer solchen, liegt ein Tatumstandsirrtum vor, der nach § 16 I StGB den Vorsatz entfallen lässt.817 Irrt der Täter aber über rechtliche Voraussetzungen, liegt ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB vor, der auf der Schuldebene zu berücksichtigen ist. In Betracht kommt ein solcher beispielsweise bei der Überschreitung der Grenzen einer gesetzlich vorgesehenen Kooperation.818

VI. Konkurrenzverhältnis zu anderen strafrechtlichen Vorschriften Verwirklicht ein angestellter Arzt den Straftatbestand des § 299a StGB, ist gleichzeitig eine Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 gegeben. 811

Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 StGB Rn. 111; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 200. 812 Dazu ausführlich in Teil 3 B. der Arbeit. 813 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299 StGB Rn. 113; Sinner, in: Matt/Renzikowski, § 299 StGB Rn. 28. 814 Peters, in: MK-StPO, § 153c StPO Rn. 1. 815 Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299 StGB Rn. 30; Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 41. 816 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 90; Hohmann, in: MK, § 299a StGB Rn. 43; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 193; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 41. Vgl. auch Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 30, welcher Kenntnis von den Umständen ausreichen lässt. 817 Ausführlich zum Vorsatz bei normativen Tatbestandsmerkmalen Eisele, in: Baumann/ Weber/Mitsch/Eisele, § 11 Rn. 61 ff. 818 Kraatz, Arztstrafrecht, Rn. 324. Dazu auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 198.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

203

Ebenfalls verwirklicht ein Arzt, der an einem Universitätsklinikum angestellt ist, den Straftatbestand der Bestechlichkeit im Amt nach § 332 StGB. Freilich tritt die bei der Verwirklichung des § 299a StGB notwendige Teilnahme an § 299b StGB hinter § 299a StGB zurück.819 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach § 299a StGB zu § 299 StGB in Tateinheit steht.820 Dies kann aber nur insoweit überzeugen, als man neben dem Wettbewerb auch das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen als geschütztes Rechtsgut anerkennt. Tateinheit setzt voraus, dass durch eine Handlung nicht nur mehrere unterschiedliche Strafnormen erfüllt werden, die in einem „Mehr oder Weniger-Verhältnis“ stehen, sondern dass durch die verschiedenen Strafnormen auch unterschiedliche Rechtsgüter verletzt werden.821 Nach der hier vertretenen Ansicht schützt § 299a StGB aber ausschließlich den Wettbewerb im Gesundheitswesen, welcher ebenfalls zumindest von §§ 299 I Nr. 1, II Nr. 1 StGB geschützt wird. Enthält ein Tatbestand aber sämtliche Merkmale des anderen Tatbestandes sowie wenigstens eines, das der andere nicht enthält, liegt Spezialität vor.822 § 299a StGB ist damit lex specialis zu § 299 I Nr. 1 StGB.823 Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgüter ist aber von Tateinheit zu dem in §§ 299 I Nr. 2, II Nr. 2 StGB normierten Geschäftsherrenmodell auszugehen, welches freilich nur von einem angestellten Arzt verwirklicht werden kann.824 Es dient dem Schutz des Geschäftsherrn an einer loyalen Aufgabenerfüllung durch den Beschäftigten.825 Die verschiedenen Rechtsgüter der Bestechungsdelikte im Amt und der §§ 299a, b StGB streiten auch hier für Tateinheit.826 Die Vorschriften der §§ 331 ff. dienen dem Schutz des Interesses des einzelnen Staatsbürger an einem ordnungsgemäßen Funktionieren der staatlichen Verwaltung und der staatlichen Rechtsprechung.827 Teilweise wird in der Literatur eine Sperrwirkung bei Verwirklichung der §§ 299a, b 819

Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 52. BT-Drs. 18/6446, S. 16. Für Tateinheit auch Sahan, in: Graf/Jäger/Wittig, § 299a StGB Rn. 30. 821 Heinrich, Strafrecht AT, Rn. 1382. 822 Mitsch, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, § 27 Rn. 12. 823 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 106; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 213; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 85. Allgemein für Subsidiarität Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299 StGB Rn. 52, § 299a StGB Rn. 44 m. w. N. Für Tateinheit aufgrund der Spezialität des Wettbewerbs im Gesundheitswesens aber Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 57. 824 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 106; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 213; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 85 f. 825 Dannecker, in: NK, § 299 StGB Rn. 16. 826 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 44; Fischer, § 299a StGB Rn. 28; Mansdörfer, jM 2016, 213 (218). So im Ergebnis auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 87 f. Vgl. aber auch BT-Drs. 18/6446, S. 16. 827 Heinrich, in: Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, § 49 Rn. 2 f. 820

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Teil 3: Strafrechtliche Wertung

StGB gefordert. Diese lässt sich allerdings auch nicht mit einer angestrebten Gleichbehandlung aller Heilberufsträger durch den Gesetzgeber begründen.828 Ziel der Einführung der §§ 299a, b StGB war es, bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen. Eine Gleichbehandlung aller Heilberufler kann im Hinblick auf die besondere Pflichtenstellung, die Amtsträgern zukommt, aber gerade nicht erfolgen.829 Damit ist auch eine Sperrwirkung nicht bereits deshalb erforderlich, weil sich ein Arzt in einem Universitätsklinikum bereits bei Vorliegen einer gelockerten Unrechtsvereinbarung strafbar machen kann, obwohl eine Strafbarkeit nach § 299a StGB nur bei Vorliegen einer konkreten Unrechtsvereinbarung droht.830 Ebenso wenig spricht dafür die Möglichkeit der Genehmigung, die im Rahmen der §§ 331, 333 StGB jeweils nach Absatz 3 besteht. Der Umweg über die Unlauterkeit im Rahmen der §§ 299a, b StGB bei Vorliegen einer Genehmigung erscheint hierbei aber nicht erforderlich.831 Vielmehr führt eine Genehmigung auch nur im Rahmen der §§ 331, 333 StGB zur Straffreiheit. Liegt hingegen eine konkrete Unrechtsvereinbarung vor, ist eine pflichtwidrige Dienstausübung gegeben, welche von §§ 332, 334 StGB erfasst wird und auch im Rahmen der Amtsträgerdelikte nicht genehmigungsfähig ist. Nur dieser Fall wird auch von §§ 299a, b StGB erfasst.832 Demnach ist es sachgerecht, eine Sperrwirkung abzulehnen und aufgrund der verschiedenen unterschiedlichen Rechtsgüter Tateinheit anzunehmen. Wird gleichzeitig der Straftatbestand der Körperverletzung, des Betruges oder der Untreue verwirklicht, ist aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgüter regelmäßig von Tateinheit auszugehen.833

VII. Rechtsfolgen einer Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB Bei Verwirklichung der §§ 299a, b StGB droht jeweils eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Liegt ein besonders schwerer Fall nach § 300 StGB vor, kann eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren verhängt werden. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. 828

So aber Pragal/Handel, medstra 2015, 337 (344); Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 10; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (139 f.). 829 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 60; Gaede, medstra 2015, 263 (267); Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 39. 830 Vgl. auch Krüger, NZWiSt 2017, 129 (137), der vorschlägt, in diesen Fällen ähnlich wie im Verhältnis § 113 StGB zu § 240 StGB, den milderen Strafrahmen anzuwenden. Dies erscheint aber im Hinblick auf denselben Strafrahmen der verschiedenen Vorschriften nicht weiterführend. 831 So aber Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 88 f. 832 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 60. 833 BT-Drs. 18/6446, S. 16; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 44.

C. Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale

205

Hierzu möchte der Gesetzgeber auf die zu §§ 299, 300 StGB entwickelten Grundsätze zurückgreifen. Ein Vorteil großen Ausmaßes wird damit regelmäßig bei 50.000 E anzunehmen sein, wobei auch bereits ein Vorteil in Höhe von 25.000 E ausreichend sein kann.834 Ein unbenannter besonders schwerer Fall soll nach dem Gesetzgeber insbesondere bei Schädigung oder erheblicher Gefährdung der Gesundheit von Patienten vorliegen.835 Dies ist aber wenig überzeugend hinsichtlich des Wettbewerbs als geschütztem Rechtsgut. Weiterhin ist in diesen Fällen bei einer Schädigung bereits eine Körperverletzung nach §§ 223 ff. StGB gegeben, womit es auch an dieser Stelle fraglich ist, ob die Gesundheit des Patienten einen Schutz über die Korruptionsdelikte bedarf, die bereits eine abstrakte Gefährdung ausreichen lassen.836

834 835 836

Dazu Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 300 StGB Rn. 3. BT-Drs. 18/6446, S. 23; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 300 StGB Rn. 6. Hierzu bereits in diesem Teil unter A. I. 3.

Teil 4

Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen Der Gesetzgeber plante ursprünglich die Einführung eines Straftatbestandes in Form eines Antragsdeliktes. In Kraft getreten ist ein Offizialdelikt, bei welchem die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen eines Anfangsverdachts von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten hat. Bereits im Gesetzgebungsverfahren hatte der Gesetzgeber bestimmte Kooperationsformen im Blick, die sich in der Vergangenheit als besonders korruptionsanfällig erwiesen hätten.1 In der Zukunft werden aber nicht nur die dort genannten Fälle die Strafverfolgungsbehörden auf den Plan rufen.2 Beteiligungen an unzulässigen Kooperationen werden wohl in den seltensten Fällen offen abgeschlossen werden. Ein Nachweis wird die Gerichte oftmals vor eine hohe Hürde stellen. Im Rahmen der Beweiswürdigung kommt damit Indizien eine bedeutende Rolle zu.3 Der Einfallsreichtum der Beteiligten zur Umgehung entsprechender Vorschriften gilt als „nahezu unbegrenzt“4. Eine Erfassung aller Konstellationen kann in dieser Arbeit damit nicht erfolgen. Im Folgenden sollen gängige Formen der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB untersucht werden. Auf eine gegebenenfalls mögliche Strafbarkeit nach § 299 StGB sowie § 331 StGB wird nur am Rande eingegangen Es wird sich zeigen, dass regelmäßig dieselben Faktoren bei der Bewertung einer Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB von Bedeutung sein werden, die auch bei weiteren nicht erörterten Konstellationen Berücksichtigung zu finden haben.

1 Vgl. nur BT-Drs. 18/6446, S. 19 zu Anwendungsbeobachtungen und zur Beteiligung an einem Unternehmen. 2 Ein hohes Strafverfolgungsrisiko sieht auch Tsambikakis, in: Kubiciel/Hoven, S. 269 (272). 3 Dazu Schneider/Strauß, HRRS 2011, 333 (335). 4 OLG Stuttgart, BeckRS 2007, 08769; Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 4.

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie Vielfach bestehen in der Praxis Rechtsbeziehungen zwischen Angehörigen von Heilberufen und der Pharmaindustrie. Teilweise sind diese explizit gesetzlich vorgesehen. Insbesondere dienen sie auch der Pharmaindustrie zu Marketingzwecken und haben damit für diese einen besonders hohen Wert. Die verschiedenen Kooperationsformen bringen die Gefahr mit sich, dass der Arzt in seinem Verordnungsund Bezugsverhalten beeinflusst wird, womit vor allem die Verordnungs- und Bezugsvariante nach §§ 299a, b Nr. 1, Nr. 2 StGB im Verhältnis zur Industrie Bedeutung erlangen.

I. Anwendungsbeobachtungen 1. Grundlagen Einen Fall der notwendigen Zusammenarbeit zwischen Ärzten und der Pharmaindustrie stellen die Anwendungsbeobachtungen als nicht interventionelle Prüfungen im Sinne des § 4 XXIII 3 AMG dar. Das Erfordernis der Anwendungsbeobachtung ergibt sich aus der in § 84 AMG normierten Gefährdungshaftung, wonach das Pharmaunternehmen auch nach Zulassung des Medikaments für Schäden haftet, die durch die Anwendung des Produkts entstehen. Die Anwendungsbeobachtung ist in § 67 VI AMG zumindest gesetzlich erwähnt, woraus sich der Zweck – die Sammlung von Erkenntnissen bei der Anwendung zugelassener oder registrierter Arzneimittel – entnehmen lässt. Erfolgt eine Teilnahme an einer Anwendungsbeobachtung, folgt die Behandlung einschließlich der Diagnose und Überwachung nicht einem vorab festgelegten Prüfplan, sondern der hier im Vordergrund stehenden ärztlichen Praxis.5 Der Arzt hat bei der entsprechenden Therapie damit keinerlei Vorgaben zu befolgen, womit das Medikament in seiner Anwendung in einer größeren Breite getestet werden kann.6 Die in den letzten Jahren immer detaillierter ausgestalteten gesetzlichen Anzeigepflichten zeigen, dass dem Gesetzgeber die Korruptionsanfälligkeit dieses Instituts seit längerer Zeit bewusst ist.7 Mit der Durchführung von Anwendungsbeobachtungen versprechen sich Pharmaunternehmen auch die Steigerung des Bekanntheitsgrades ihres Produktes auf dem Markt sowie eine vermehrte Verschreibung dessen.8 In den meisten Fällen kommt der Arzt erstmals in Berührung mit dem entsprechenden Produkt.9 5

§ 4 XXIII S. 3 AMG. Dazu auch OLG Hamburg, PharmR 2005, 466. Broch, PharmR 2016, 314 (315); Dieners/Heil, PharmR 2013, 349. 7 Dazu Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (350 f.); Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 69. 8 Böse/Mölders, MedR 2008, 585. Näher zur Anwendungsbeobachtung als MarketingInstrument Koch/Appel/Lubner/Kölbel/Lieb, MedR 2018, 225 (225, 228 f.). 6

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Anwendungsbeobachtungen dürfen aber nicht dazu dienen, den Arzt in seinem Verordnungsverhalten zu beeinflussen und damit den Absatz des Arzneimittels zu steigern.10 Sie unterliegen einer gesetzlichen Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Bundesbehörde, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V.11 Eine Entschädigung ist gemäß § 67 VI 3 AMG so zu vereinbaren, dass sie in ihrer Art und Höhe so zu bemessen ist, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht. Damit soll eine gezielte Beeinflussung des Verordnungsverhaltens des Arztes verhindert werden.12 Zur besseren Transparenz sind in der Anzeige Art und Höhe der Vergütung sowie eine Ausfertigung der Verträge und eine Darstellung des Aufwandes für die beteiligten Ärzte und eine Begründung für die Angemessenheit der Entschädigung zu übermitteln.13 Trotz der Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption sind Anwendungsbeobachtungen in den vergangenen Jahren häufig in Verbindung mit korruptiven Einflussnahmen gebracht worden.14 Das hat sowohl die Bundesärztekammer als auch der FSA e. V. erkannt. So schreibt § 33 S. 1 MBO-Ä ebenfalls vor, dass die bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen muss. Entsprechende Verträge sind schriftlich abzuschließen und sollen der Ärztekammer vorgelegt werden.15 Auch der FSA-Kodex enthält für die Durchführung von Anwendungsbeobachtungen in § 19 sehr detaillierte Regelungen und schreibt in Nr. 7 ebenfalls vor, dass die vereinbarte Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu den zu erbringenden Leistungen stehen muss. Regelungen zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen haben auch Institutionen wie das Paul-Ehrlich-Institut oder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht. 2. Strafrechtliche Relevanz Wird durch die Durchführung einer Anwendungsbeobachtung auf das Verordnungsverhalten des Arztes Einfluss genommen, hat dies auch strafrechtliche Relevanz.

9

So wird im Bereich des Marketings sogar empfohlen, gerade Ärzte, die mit dem Produkt noch nicht in Berührung gekommen sind, als Teilnehmer der Anwendungsbeobachtung zu gewinnen, vgl. Trilling, in: ders., S. 389 f. 10 Siehe nur Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (352). 11 § 67 VI 1 AMG. 12 M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 67 AMG Rn. 9. 13 Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (350). 14 Vgl. auch BT-Drs. 18/6446, S. 19. Siehe aber auch Koch/Appel/Lubner/Kölbel/Lieb, MedR 2018, 225 (226), welche kritisieren, dass für diese Behauptung regelmäßig keine empirischen Grundlagen benannt werden. 15 Dazu bereits in diesem Teil C. IV. 2. e). Vgl. auch Krüger, in: Rotsch, Criminal Compliance, § 20 Rn. 70, welcher empfiehlt, dies immer zu tun.

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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a) Angemessenheit der Vergütung Gezeigt werden soll dies anhand von folgendem Beispiel: Ein Pharmaunternehmen gewährt einem Allgemeinmediziner eine Vergütung in Höhe von 75 E für jeden ausgefüllten Dokumentationsbogen im Rahmen einer ordnungsgemäß durchgeführten Anwendungsbeobachtung. Für das Ausfüllen benötigt der Arzt etwa eine Stunde. Bereits der Abschluss des Vertrages stellt für den Arzt einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar, da er darauf keinen rechtlichen Anspruch hat.16 Entscheidend ist damit die Angemessenheit der Vergütung, welche ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung ist. Die Angemessenheit ist kein fester Wert, sondern wird durch eine Ober- und Untergrenze festgelegt.17 Empfehlungen zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen18 und der FSA-Kodex ziehen hierzu die Gebührenordnung für Ärzte heran.19 Zumindest kann das Festhalten an der in Ziffer 85 enthaltenen Gebühr für eine schriftliche gutachterliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand nicht als unangemessen angesehen werden.20 Hiernach beträgt die einfache Gebühr für jede angefangene Stunde 29,14 E, somit nach dem 2,3-Satz einen Betrag von 67,02 E. Zusätzlich können nach Ziffer 95, 96 noch Schreib-, Kopier- und Portokosten vergütet werden, womit eine pauschale Vergütung in Höhe von 75 E nicht als unangemessen angesehen werden kann.21 Der Ausgangsfall bedarf demnach keiner näheren Betrachtung, da Vergütungen, die sich an der GOÄ orientieren, als angemessen anzusehen sind und damit keine strafrechtliche Relevanz haben.22 b) Verstoß gegen formelle Voraussetzungen Unterstellt man aber, dass die Vergütung zwar angemessen ist, das Unternehmen aber bei der Anzeige der Durchführung der Anwendungsbeobachtung keine Angaben zur Höhe der Vergütung gemacht hat, stellt sich die Frage, wie sich der Verstoß gegen die in § 67 VI S. 4 AMG normierte Anzeigepflicht auswirkt. Zunächst liegt eine Ordnungswidrigkeit des Unternehmens nach § 97 II Nr. 7c AMG vor. Die erweiterte Anzeigepflicht gegenüber der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und 16

Hierzu bereits in diesem Teil unter C. III. 1. c). Hierzu bereits in diesem Teil unter B. I. 1. b). 18 Bezuggenommen wird hier auf die Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts zur Durchführung von Anwendungsbeobachtungen. 19 Zustimmend auch Heil/Oeben, PharmR 2018, 233 (236); Schneider/Strauß, HRRS 2011, 333 (337 f.). 20 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 11 Rn. 193; ders./Heil, PharmR 2013, 349 (354); Geiger, PharmR 2007, 364 (372). 21 FS Az. II 5/08/2007.12-217; Koch/Appel/Lubner/Kölbel/Lieb, MedR 2018, 225 (226); Schneider/Strauß, HRRS 2011, 333 (337). Vgl. auch Koyuncu, PharmR 2009, 211 (216), der einen Stundensatz von 120 E als angemessen ansieht. 22 Dieners, in: Hdb. Compliance, Kap. 11 Rn. 193; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/ Widmaier, § 299a StGB Rn. 19. 17

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

dem Spitzenverband Bund der Krankenkasse dient der Korruptionsbekämpfung und soll eine bessere Transparenz der Vereinbarungen ermöglichen.23 Allein aus dem Verstoß gegen eine solche Formvorschrift kann sich keine Strafbarkeit ergeben.24 Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass fehlende Transparenz den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung entstehen lässt.25 Andersherum spricht aber auch das Einhalten der Anzeigepflichten gegen den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung, da regelmäßig insbesondere die Unternehmen ihrer Anzeigepflicht nachkommen werden, die nichts zu verbergen haben.26 Zu einem Tatbestandsausschluss können sie aber nicht führen.27 c) Erforderlichkeit der Anwendungsbeobachtung In einem weiteren Fall benötigt der Arzt zwar für das Ausfüllen des Dokumentationsbogens etwa eine Stunde und erhält dafür 75 E, allerdings handelt es sich bei dem Fragebogen um einen vorformulierten Bogen, der keinerlei wissenschaftlichen Gewinn mit sich bringt. Der ausgefüllte Bogen wird direkt bei der Rechnungsabteilung des Pharmaunternehmens eingereicht und dort mit den Rechnungen des Arztes abgelegt. Die Vergütung ist zwar der Höhe nach an der GOÄ orientiert und ist damit auf den ersten Blick auch angemessen. Erforderlich ist aber, dass sie für eine objektiv werthaltige Gegenleistung gewährt wird.28 Lässt sich aber der Anwendungsbeobachtung keine inhaltliche Relevanz entnehmen, spricht vieles für das Vorliegen eines Scheinvertrages.29 Die in diesen Fällen per se unangemessene Vergütung stellt ein starkes Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar. Auf die Höhe der Vergütung kommt es an dieser Stelle nicht mehr an.30 An dieser Stelle bleibt aber zu berücksichtigen, dass nicht vorschnell von einer fehlenden inhaltlichen Relevanz ausgegangen werden sollte. Auch Medikamente, die bereits seit einer längeren Zeit auf dem Markt sind, bedürfen aufgrund möglicher

23

Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (350, 352). Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 26. Hierzu bereits ausführlich in Teil 3 B. I. 2. 25 Vgl. auch BR-Drs. 451/13, S. 11 f., worin empfohlen wird, im Sinne der Transparenz die gesetzlichen Verfahrensvorschriften einzuhalten. 26 Schneider/Strauß, HRRS 2011, 333 (336 f.). Vgl. hierzu auch die Angaben der KBV in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, wonach bei einer Anzeige regelmäßig Vergütungshöhen angeführt worden sind, die sich an der GOÄ orientieren und damit als angemessen zu bewerten sind, BT-Drs. 18/8056, S. 5 – Frage 9 27 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 126 f. 28 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (114). 29 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (114); Köbler, MedR 2017, 783 (786). 30 Badle, medstra 2017, 1 (2); Heil/Oeben, PharmR 2018, 233 (235 f.); Köbler, MedR 2017, 783 (786); Schneider, medstra 2016, 195 (200). 24

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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Wechselwirkungen mit neuen Medikamenten der Überprüfung.31 Liegt der Anwendungsbeobachtung zumindest ein geringer manifester Nutzen zugrunde, ist an dieser Stelle die Frage der Höhe der Vergütung von Bedeutung.32 Je geringer der wissenschaftliche Zweck ist, umso schneller wird der Verdacht einer Unrechtsvereinbarung aufkommen.33 d) Überschreiten der GOÄ Die Angemessenheit der Vergütung kann in Frage gestellt werden, wenn der teilnehmende Arzt kein Allgemeinmediziner ist, sondern ein Spezialist auf einem bestimmten Fachgebiet, der bei einer auf diesen Fachbereich zugeschnittenen Anwendungsbeobachtung bei gleichem Zeitaufwand für jeden ausgefüllten Bogen eine Vergütung in Höhe von 120 E erhält. aa) Grundsätzliches zur Überschreitung der GOÄ Hier erscheint fraglich, ob eine Beurteilung der Angemessenheit allein anhand der GOÄ erfolgen kann. Diese Frage wird sich noch bei zahlreichen weiteren Fallkonstellationen stellen. Gegen eine zwingende Anwendung der GOÄ kann grundsätzlich deren Anwendungsbereich angeführt werden. Diese kommt im Verhältnis Arzt – Patient zur Anwendung und soll den Patienten und das Gesundheitssystem vor finanzieller Überbelastung schützen.34 Im Verhältnis zu Pharmaunternehmen ist dieser Schutz nicht erforderlich.35 Aufgrund einer standardisierten Berechnungslösung stellt die GOÄ eine einfache Möglichkeit dar, eine angemessene Vergütung festzulegen.36 Es können allerdings nur bestimmte Kriterien durch die Anhebung des Gebührensatzes der GOÄ Berücksichtigung finden. Dazu gehört beispielsweise der zeitliche Mehraufwand. Keine Berücksichtigung findet aber die fachliche Rekrutierung eines Arztes, welcher für dessen Gewinnbarkeit regelmäßig eine große Bedeutung zukommen wird.37 In 31 Broch, PharmR 2016, 314 (315); Schneider/Strauß, HRRS 2011, 333 (335) im Hinblick auf die zivilrechtliche Haftung des Arzneimittelherstellers. 32 Näher dazu Schneider, medstra 2016, 195 (200); zust. Badle, medstra 2017, 1 (2); krit. zu dieser 2-Stufen-Prüfung aber Heil/Oeben, PharmR 2018, 233 (235 f.). 33 Schneider, medstra 2016, 195 (200). Für den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung bei fehlendem wissenschaftlichen Zweck auch Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 46; Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 42; Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 85; Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (26); Tsambikakis, medstra 2016, 131 (138). 34 BGHZ 183, 143 (148 ff.); Geiger, PharmR 2007, 364 (373); Interview mit Burgardt, PharmR 2003, 9 (11). 35 Böse/Mölders, MedR 2008, 585 (589); Interview mit Burgardt, PharmR 2003, 9 (11). 36 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 11 Rn. 193. 37 Dieners/Heil, PharmR 2013, 349 (355); Ufer, in: Flohr/Wauschkuhn, § 299a StGB Rn. 46.

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

diesen Fällen kann eine Abweichung von dem Standardsatz der 2,3-Gebühr nicht als unangemessen angesehen werden. Daher wird die GOÄ regelmäßig nur eine Orientierung bieten. Ein zwingendes Einhalten dieser wird aber nicht gefordert werden können. Bei der Abweichung von der GOÄ ist eine genauere Überprüfung der Angemessenheit durch die Strafverfolgungsbehörden zu erwarten, womit aus Transparenzgründen stets eine ausführliche Begründung der Vergütung erfolgen sollte.38 bb) Überschreitung der GOÄ bei Anwendungsbeobachtungen Im Rahmen der Anwendungsbeobachtungen ist zu berücksichtigen, dass deren Durchführung keineswegs in allen Fällen von den Pharmaunternehmen selbst angestrebt wird, sondern auch von Behörden als Auflage verhängt werden kann (§ 28 IIIa AMG). Insbesondere in diesen Fällen sind Pharmaunternehmen auf die Teilnahme der Ärzte bei Anwendungsbeobachtungen angewiesen. Handelt es sich aber um ein Medikament, welches ausschließlich von bestimmten Fachärzten verschrieben wird, muss ein Unternehmen auch die Möglichkeit haben, deren sachliches Fachwissen im Rahmen der Vergütung zu berücksichtigen und eine Teilnahme für sie lukrativ zu machen.39 Dass es sich um einen Spezialisten auf dem Gebiet handelt, kann im Rahmen der GOÄ aber nicht berücksichtigt werden. Eine unangemessene Vergütung sollte damit erst bei einer erheblichen Abweichung von der GOÄ angenommen werden.40 Eine solche ist aber bei einer Vergütung in Höhe von 120 E bei einer Stunde Zeitaufwand noch nicht anzunehmen.41 Es bleibt aber eine ausführliche Begründung über die Abweichung von der GOÄ erforderlich, welche auch nachvollziehbar zu dokumentieren ist.42 Auch der FSA-Kodex sieht die Heranziehung der GOÄ bei Anwendungsbeobachtungen keineswegs als zwingend an, sondern spricht davon, dass die Gebührenordnung „als Anhaltspunkt“ dienen „kann“, somit auch eine Abweichung möglich ist.43

38 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (117); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 124. 39 Böse/Mölders, MedR 2008, 585 (589); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 121. 40 Böse/Mölders, MedR 2008, 585 (589). 41 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 124; vgl. auch Koyuncu, PharmR 2009, 211 (216), welcher grundsätzliche eine Vergütungshöhe von 120 E als angemessen ansieht; weiter Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 240 f. Fn. 1540, die einen Stundensatz von bis zu 150 E für angemessen hält. 42 Geiger, PharmR 2007, 364 (372); Koyuncu, PharmR 2009, 211 (216). 43 Vgl. § 18 I Nr. 6 FSA Kodex sowie Nr. 9 der Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts: „Anhalt für eine über die Regelversorgung hinaus durch die Anwendungsbeobachtung entstehende Aufwandshonorierung bietet z. B. die ärztliche Gebührenordnung“.

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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II. Fortbildungsveranstaltungen In der Vergangenheit haben insbesondere Fortbildungsveranstaltungen, die durch Pharmaunternehmen zumindest mitfinanziert wurden, in den Medien für Aufsehen gesorgt. Die Beteiligten versuchen selbst schon seit einigen Jahren, dem dadurch entstehenden bösen Schein durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken.44 Allerdings sind Ärzte auch nach § 4 MBO-Ä grundsätzlich verpflichtet, sich in dem Umfang beruflich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zu ihrer Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse erforderlich ist. Für Vertragsärzte ergibt sich eine Fortbildungspflicht außerdem aus § 95d SGB V. Eine Mitwirkung der Pharmaindustrie an Fortbildungsveranstaltungen ist aber oftmals aus finanziellen Gründen unerlässlich. Viele Veranstaltungen könnten aus Kostengründen nicht stattfinden oder eine Teilnahme wäre zumindest wesentlich erschwert.45 Außerdem dient die Veranstaltung von Fortbildungen auch dazu, bestimmte Forschungserkenntnisse weiterzuvermitteln.46 Da die Beteiligung der Pharmaindustrie in diesem Bereich nicht wegzudenken ist, findet dies auch in der MBO-Ä Berücksichtigung, welche zwischen der internen und der externen Veranstaltung unterscheidet.47 1. Interne Veranstaltungen Anhand von einem Ausgangsfall48 soll auch hier eine mögliche strafrechtliche Relevanz aufgezeigt werden: Ein Pharmaunternehmen veranstaltet in einem Luxushotel in München eine Fortbildung zu einer bestimmten Behandlungsmethode. Die Veranstaltung beginnt mit einem Begrüßungskaffe um 9:00 Uhr und wird mit einer 10-minütigen Einführung zum Thema um 10:00 Uhr fortgesetzt. Anschließend folgen 35 Minuten Vortrag zur Versorgungssituation und zu den Leitlinien und ein 85-minütiges Symposium. Nach dem Mittagessen erfolgt ein 90-minütiger Workshop, worauf eine Kaffeepause folgt. Nach dieser erfolgt noch ein 40-minütiger wissenschaftlicher Beitrag. Ab 15:40 Uhr erfolgte eine 20-minütige Zusammenfassung und die Verabschiedung. Der Veranstalter übernahm die Reisekosten und auch notwendige Übernachtungskosten in einem benachbarten 4-Sterne-Hotel. Auch wenn der FSA-Spruchkörper, der über den Fall zu entscheiden hatte, von einer Veranstaltung in einem Luxushotel ausging, sah er darin dennoch keinen Verstoß gegen § 20 des FSA-Kodexes. Allein die Ausrichtung in einem Luxus-Hotel führe

44

Vgl. zu den Verhaltenskodizes bereits Teil 2 D. der Arbeit. Ulsenheimer, in: Laufs/Kern/Rehborn, Hdb. d. Arztrechts, § 172 Rn. 9. 46 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 39. 47 § 32 II, III MBO-Ä. Vgl. zur berufsrechtlichen Zulässigkeit bereits Teil 2 B. IV. 4. 48 Zum Sachverhalt FS Az. 2015.11-493. Abrufbar unter: https://www.fsa-pharma.de/ schiedsstelle/berichterstattung/fachkreise/az-2015.11-493-20-abs-1f-fsa-kodex-fachkreise-zurveranstaltung-von-internen-fortbildungsveranstaltungen-in-sog-luxus-h/. Letzter Abruf am 04.07.2020. 45

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

nicht zur Unzulässigkeit der Veranstaltung, soweit der wissenschaftliche Charakter im Vordergrund stehe. Das sei hier unzweifelhaft der Fall. a) Passive Teilnahme aa) Angemessene Unterstützung der Teilnahme an internen Fortbildungsveranstaltungen Bei dem angesprochenen Fall handelt es sich um eine passive Teilnahme an einer internen Fortbildungsveranstaltung, die von dem Pharmaunternehmen selbst ausgerichtet wird.49 Eine passive Teilnahme liegt vor, wenn der Arzt an der Veranstaltung teilnimmt, ohne die Moderation, ein Referat oder eine Präsentation zu übernehmen.50 Dazu gehören auch die Fälle, in denen die gehaltenen Vorträge nicht in einem engen Zusammenhang mit Problemen oder Therapieformen stehen, die für das Pharmaunternehmen von Bedeutung sind.51 Bei der Übernahme der Bewirtungsund Übernachtungskosten handelt es sich damit um eine einseitige Zuwendung des Pharmaunternehmens.52 Diese stellt ohne Weiteres einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar.53 Allerdings fehlt es an der Unrechtsvereinbarung als Kernelement der Korruptionstatbestände. Eine einseitige Zuwendung ist erst dann strafbar, wenn sie auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet ist.54 Allein die bloße Klimapflege ist im Rahmen der §§ 299a, b StGB nicht ausreichend.55 Eine konkrete Gegenleistung ist hier nicht ersichtlich. bb) Über das Maß der Angemessenheit hinausgehende Unterstützung der Teilnahme an internen Fortbildungsveranstaltungen Der Ausgangsfall soll dahingehend abgewandelt werden, dass die Vorträge zwar um 16 Uhr beendet sind, dennoch aber die Übernachtungskosten in dem Luxushotel für die darauffolgende Nacht von dem Pharmaunternehmen übernommen werden und abends ein 5-Gänge-Menü angeboten wird. Am Folgetag besteht die Möglichkeit, den Wellnessbereich des Hotels kostenlos zu nutzen. 49

Zu den verschiedenen Formen der Teilnahme: Dieners/Klümper/Oeben, in: Dieners/ Reese, Teil 6 § 12 Rn. 89. 50 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 41, 45; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 134. Zu der passiven Teilnahme gehört außerdem die Zuwendung von Fachbüchern und Fachzeitschriften, dazu Finn, PharmR 2009, 481. 51 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 45. 52 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 45. 53 BT-Drs. 18/6446, S. 18; Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 258; Dieners, PharmR 2015, 529 (530); Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142 (149); Kubiciel, in: Kubiciel/Hoven, S. 69 (75); Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (43). 54 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 32. 55 Siehe hierzu bereits oben Teil 3 C. IV. 2. a) aa).

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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In diesem Fall liegt ohne Weiteres ein Verstoß gegen das Berufsrecht vor. § 32 II MBO-Ä gestattet die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Unangemessen ist der Vorteil dann, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht.56 Bereits die Übernahme der Kosten für die Übernachtung in einem Luxushotel ist aber in der Regel nicht mehr als angemessen anzusehen.57 Angemessen könnte eine Übernachtung nur für diejenigen Gäste sein, denen aufgrund der Entfernung eine Rückreise am Veranstaltungstag nicht mehr zumutbar wäre. Problematisch wäre aber auch in diesem Falle der Luxuscharakter des Hotels. Nicht mehr angemessen ist auch das 5-gängige Abendessen, das deutlich nach dem Ende der Veranstaltung angeboten wird.58 Weiterhin gehört der Folgetag nicht mehr zu der beruflichen Fortbildung, vielmehr handelt es sich um einen Urlaubstag für die Teilnehmer.59 Ob dieses berufsrechtswidrige Verhalten aber zugleich den Straftatbestand der Bestechung im Gesundheitswesen erfüllt, erscheint fragwürdig.60 Die Unangemessenheit des gewährten Vorteils führt dazu, dass die Zuwendung nicht von dem Ausnahmetatbestand des § 32 II MBO-Ä erfasst wird. Es greift hier das grundsätzliche Verbot der unerlaubten Zuwendungen nach § 32 I MBO-Ä. Dieses lässt aber bereits den bösen Schein ausreichen, womit die bloße Klimapflege berufsrechtswidrig ist.61 Auch wenn die Rechtsprechung äußerst geringe Anforderungen an eine echte Unrechtsvereinbarung stellt und es als ausreichend ansieht, dass die Gegenleistung „in groben Umrissen erkennbar und festgelegt ist“62, wird man auch hiervon im vorliegenden Fall noch nicht ausgehen können. Freilich stellt das Merkmal der Angemessenheit aber ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar.63 Dennoch lässt sich allein aus der bloßen Unangemessenheit noch nicht entnehmen, dass der Arzt bei der Annahme der Einladung auch nur konkludent sein Einvernehmen erklärt hat, er werde in Zukunft die Produkte des Pharmaunternehmens bei seinem Verordnungsverhalten bevorzu-

56

Dazu bereits in Teil 2 B. IV. 4. der Arbeit. Hinweise und Erläuterungen zu § 33 (a. F.) MBO-Ä in DÄBl. 2004, A-297 (298); Rehborn, in: Prütting, § 32 MBO-Ä Rn. 7; vgl. aber auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 263. 58 Vgl. dazu FS Az. 2010.10-293 – Einladung zum Martinsgansessen nach einstündigem Vortrag. 59 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 46; Rehborn, in: Prütting, § 32 MBOÄ Rn. 7; Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 10. 60 Bejahend Vasilikou/Grinblat, MPR 2016, 189 (193). 61 Hierzu bereits in Teil 2 B. IV. 4. der Arbeit. 62 Hierzu bereits Teil 3 C. IV. 2. a) aa). 63 BT-Drs. 18/6446, S. 19; Scholz, in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 2. Einen Anfangsverdacht ziehen daher auch Rettenmaier/Rostalski, StV 2018, 313 (315) zumindest in Betracht. 57

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

gen.64 Die Einladung zu Fortbildungsveranstaltungen wird erst dann nach §§ 299a, b StGB strafbar, wenn eine konkrete Gegenleistung vereinbart wird.65 cc) Vereinbarung einer konkreten Gegenleistung Eine solche Gegenleistung hatte der BGH im Rahmen des § 331 StGB bei einseitigen Zuwendungen zumindest dann angenommen, wenn sich aus der Annahme der Zuwendungen der Schluss aufdränge, der Annehmende sei an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert. Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass ein Arzt, welcher für die Bestellung von Herzschrittmachern zuständig war, über einen längeren Zeitraum von dem Unternehmen für jede Bestellung eine „Bonus“Zahlung von 15 % des Umsatzes erhielt. Weiterhin ließ er sich regelmäßig von dem Unternehmen mit seiner Frau zu aufwendigen Essen in Gourmet-Restaurants einladen. Ausreichend ist nach Ansicht des BGHs, dass sich der Arzt zumindest schlüssig dazu bereit erklärt hatte, auch in Zukunft bei den Bestellungen seine Pflichten zu verletzen. Auch der zeitliche Zusammenhang der Essenseinladungen und der Bestellungen sprächen dafür, dass ein entsprechender Zusammenhang bestünde. Der BGH ging daher davon aus, dass dieses Verhalten für das Vorliegen einer Bestechlichkeit nach § 332 StGB spreche und hob das Urteil des Landgerichts wegen Vorteilsannahme auf.66 Im Bereich von Fortbildungsveranstaltungen kann an eine konkrete Gegenleistung aber auch gedacht werden, wenn durch Außendienststeuerungsprogramme eine Verknüpfung zwischen Verordnungsverhalten und den Veranstaltungen hergestellt wird.67 Eine solche Verknüpfung kann angenommen werden, wenn die Außendienstmitarbeiter eines Pharmaunternehmens wenige Tage nach einer Fortbildungsveranstaltung gezielt die eingeladenen Ärzte in ihren Praxen aufsuchen und ihre Produkte vorstellen. Wie sich an dem Fall des BGH zeigen lässt, verbleibt für 64 Vgl. aber Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 179; Rauer/Pfuhl, PharmR 2016, 357 (361). Zumindest als problematisch angesehen auch von Graalmann-Scherer, MedR 2017, 601 (608). 65 BT-Drs. 18/6446, S. 22; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 24; Großkopf/ Schanz, RDG 2016, 220 (226); Süße/Püschel, Newsdienst Compliance, 2016, 71001; Wissing/ Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (45). Vgl. aber auch BR-Drs. 451/13, S. 11, wonach bei großzügigen Einladungen durch Arzneimittelhersteller der für eine Strafbarkeit hinreichende Bezug auf das künftige Bezugs-, Abgabe- oder Verordnungsverhalten naheläge, womit ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung vorliegen soll. 66 BGH NStZ 2000, 90. Krit. Heinrich, NStZ 2005, 197 (202 f.). 67 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (123). Darunter fällt auch der Sachverhalt, dass ein Pharmaunternehmen bei der Einladung die Ärzte dazu auffordert, ein bestimmtes Medikament zu verordnen, damit eine kostenlose Fortbildung gewährleistet wird; vgl. hierzu FS Az. 2005. 1-55. Siehe auch Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 9, welcher auch die auf bestimmte Ärzte begrenzte Einladung oder das Gewähren von Boni an einen Außendienstmitarbeiter des Pharmaunternehmens für eine Umsatzsteigerung in seinem Gebiet, zumindest als Indiz nennt.

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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Klinikärzte in einem Universitätsklinikum aber jedenfalls eine Strafbarkeit nach § 331 StGB. Zuzugeben ist, dass eine Unrechtsvereinbarung wohl in den seltensten Fällen von Beteiligten offengelegt und das Verhalten regelmäßig den Verdacht erwecken wird, dass es sich um eine verdeckte Zuwendung für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb handelt.68 Fortbildungsveranstaltungen, die durch die Industrie finanziert werden, rücken immer mehr in den Fokus der Ermittlungsbehörden, weshalb die Angemessenheitsgrenzen der Berufsordnungen und Verhaltenskodizes zur Vermeidung eines Ermittlungsverfahrens eingehalten werden sollten.69 Dem weitergehenden Standpunkt der Generalstaatsanwaltschaft Thüringen, welche gesagt haben soll, bereits bei einer Teilnahme an einer von der Industrie mitfinanzierten Fortbildungsveranstaltung sei ein Anfangsverdacht einer Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB zu sehen, ist jedoch zu widersprechen.70 Zumindest wenn die Übernahme der Kosten angemessen und damit auch mit dem Berufsrecht vereinbar ist, liegt kein Verhalten vor, das den Anfangsverdacht einer Straftat begründen könnte.71 Ein berufsrechtsgemäßes Verhalten kann nicht strafbar sein.72 b) Aktive Teilnahme durch Referententätigkeit Geht man aber davon aus, dass der Arzt nicht nur ein Teilnehmer ist, sondern auf einer von dem Pharmaunternehmen ausgerichteten Veranstaltung einen wissenschaftlichen Vortrag hält, liegt ein Fall der aktiven Teilnahme vor.73 Für den einstündigen Vortrag erhält der Arzt ein Honorar in Höhe von 130 E. Inhalt des Vortrages sind Therapieformen, die im Zusammenhang mit dem Produkt des Pharmaunternehmens angewandt werden. Hierbei handelt es sich keineswegs um alltägliche Therapieformen. Kosten für Anreise, Unterbringung und Verpflegung, deren Angemessenheit hier unterstellt sein soll, werden von dem Pharmaunternehmen übernommen. Im Unterschied zur passiven Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung liegt hier ein Referentenvertrag als synallagmatischer Vertrag vor. Durch den Vertrag verpflichtet sich der Arzt gegenüber einem Pharmaunternehmer oder einem Medi68

(135). 69

Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 C Rn. 389; Damas, wistra 2017, 128

Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (222). Veröffentlicht in Ärzteblatt Thüringen 2017, 292. Aus der Ärztezeitung vom 07.12.2017 ergibt sich, dass sich die Generalstaatsanwaltschaft von diesem Standpunkt bereits wieder distanziert hat. Vgl. auch Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance welcher meint, dass ein vollständiger Risikoausschluss nur bei völliger Einstellung dieser Leistungen möglich sei. 71 Geiger, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 125 (128 f.). Krit. zum Weg der Thüringer Staatsanwaltschaften auch Rettenmaier/Rostalski, StV 2018, 313 (315). 72 Hierzu bereits ausführlich in Teil 3 B. II. der Arbeit. 73 Zur aktiven Teilnahme näher Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 41. 70

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

zinproduktehersteller, einen wissenschaftlichen Vortrag zu halten, für den er von dem Unternehmen eine Vergütung erhält.74 Das Berufsrecht gestattet mit § 33 MBO-Ä ausdrücklich den Abschluss gegenseitiger Verträge zwischen der Ärzteschaft und der Industrie, setzt aber voraus, dass die bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen muss. Der Abschluss des Vertrages darf nicht zu einer Beeinflussung des Verordnungsverhaltens führen.75 Strafrechtlich stellt auch hier bereits der Abschluss des Referentenvertrages einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar.76 Entscheidend für eine Strafbarkeit ist damit, ob durch die gewährte Vergütung Einfluss auf das Verordnungsverhalten des Arztes genommen wird. Erforderlich ist zunächst, dass das Unternehmen überhaupt ein Interesse an dem Vortrag haben kann.77 Ähnlich wie bei den Anwendungsbeobachtungen ist ansonsten das Vorliegen eines Scheinvertrages und damit eine einseitige Zuwendung naheliegend.78 Ein Interesse wird regelmäßig vorliegen, wenn themenbezogen auf einer von dem Unternehmen ausgerichteten Fortbildungsveranstaltung referiert wird.79 Auch an dieser Stelle dient die Angemessenheit der Vergütung als Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung. Eine angemessene Vergütung ist berufsrechtlich zulässig, womit sie auch ein starkes Indiz gegen eine Unrechtsvereinbarung darstellt.80 Wird dagegen eine unangemessene hohe Vergütung gezahlt, kann dies ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung sein.81 Allerdings lässt sich auch hier weder dem Gesetz noch den Berufsordnungen entnehmen, wann von einer unangemessenen Vergütung auszugehen ist. Die Festlegung der Angemessenheit der Vergütung bereitet insbesondere bei Referentenverträgen in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Die FSA-Schiedsgerichte ziehen auch hierzu die GOÄ heran und halten nach Ziff. 80 der Anlage der GOÄ eine Vergütung von 130 E für angemessen.82 Aus der Funktion des FSA-Kodex ergibt sich aber, dass die Schiedsgerichte äußerst restriktiv sind. Das Einhalten der Branchenkodizes stellt stets ein wesentliches Indiz gegen das

74

Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 28. Scholz, in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 2. 76 Hierzu bereits oben in diesem Teil unter C. III. 1. c). 77 Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (222). 78 Scholz, in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 3. 79 Ein solches Interesse kann aber auch bei externen Veranstaltungen vorliegen, wenn sich der Vortrag auf Produkte oder Anwendungsformen des Unternehmens bezieht. Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 29; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 128. 80 Köbler, MedR 2017, 783 (786); Möller/Makoski, GesR 2012, 647 (655). Zur Einhaltung berufsrechtlicher Pflichten bereits in diesem Teil unter B. II. 1. a). 81 Speziell zu Referentenverträgen: Köbler, MedR 2017, 783 (785); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 130. 82 FS Az. 2007.12-216 – 200 E für einen 90-minütigen Vortrag mit einer Stunde Vorbereitungszeit. 75

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Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar.83 Orientiert man sich an diesen, ist damit von einer angemessenen Vergütung auszugehen.84 Die Übernahme der Anreise, Übernachtung und Verpflegung in einem angemessenen Rahmen ist nicht zu beanstanden.85 Wandelt man den Fall aber dahingehend ab, dass der Referent Chefarzt in einem Universitätsklinikum ist und für seinen Vortrag auf einer überregionalen Fortbildung nicht 130 E, sondern 400 E bekommt, stellt sich auch hier die Frage, ob dieses Überschreiten der GOÄ zu einer unangemessenen Vergütung führt.86 Die Anwendung der GOÄ auf Referententätigkeiten als Leitlinie einer angemessenen Vergütung wird zu Recht kritisch betrachtet.87 Gegen ein Heranziehen der GOÄ spricht bereits, dass die Anwendbarkeit der Ziff. 80 und Ziff. 85 eher zweifelhaft ist. Voraussetzung ist eine „schriftliche gutachtliche Äußerung“, welche in einem Referentenvertrag nicht vorliegt.88 Ausschlaggebendes Argument, welches gegen die Anwendbarkeit der GOÄ zur Beurteilung der Angemessenheit im Rahmen von Referentenverträgen spricht, wird jedoch sein, dass es sich um einen Fachvortrag handelt, bei welchem persönliche Qualifikationen des Referenten zu berücksichtigen sind. Anders als bei der Anwendungsbeobachtung, geht es hier um mehr als eine bloße Aufwandsentschädigung.89 Eine Betrachtung anderer freier Berufe zeigt, dass diese in der Berücksichtigung von persönlichen Qualifikationen weitaus freier sind als dies bei der Anwendung der GOÄ der Fall wäre. So ist es bei Rechtsanwälten nicht unüblich, dass diese Stundensätze von 400 E gegenüber ihren Mandanten abrechnen.90 Für die Festlegung des Stundensatzes wird hierfür oftmals die Leistungsfähigkeit des Mandanten sowie die fachliche Komplexität des Falles herangezogen.91 Gerade die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers kann aber durch die GOÄ nicht berücksichtigt werden. Allerdings ist auch an dieser Stelle auf den eigentlichen Regelungsbereich der GOÄ hinzuweisen, der sich auf das Verhältnis Arzt – Patient bezieht.92 Die GOÄ beinhaltet Vergütungsregelungen für Tätigkeiten, die der Arzt typischerweise im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit erbringt.93 Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum 83

Dazu bereits in diesem Teil unter B. III. 1. Köbler, MedR 2017, 783 (786). 85 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 132. 86 Zur Überschreitung der GOÄ im Allgemeinen siehe bereits in Teil 4 unter A. I. 2. d) aa). 87 Daher lediglich für einen ersten Anhaltspunkt Heil/Oeben, PharmR 2018, 233 (236). 88 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 11 Rn. 160; Köbler, MedR 2017, 783 (787); Koyuncu, PharmR 2009, 211 (216); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 130. 89 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (121). 90 Für eine an eine internationale Rechtsanwaltskanzlei angelehnte Vergütung eines Ordinarius’ auch Scholz, in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 33. 91 Hierzu Geiger, A&R 2013, 99 (105) unter Berufung auf das Vergütungsbarometer 2009 des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement. 92 Hierzu bereits im Rahmen der Anwendungsbeobachtungen in diesem Teil unter A. I. 2. d) aa). 93 Miebach, in: Uleer/Miebach/Patt, § 1 GOÄ Rn. 8. 84

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

der Arzt außerhalb seiner Tätigkeit als Arzt nicht frei sein soll, sich gegenüber einem Pharmaunternehmen auf dessen Leistungsfähigkeit zu berufen. Auch ein Anwalt ist bei der Vereinbarung eines Honorars für eine Referententätigkeit grundsätzlich frei. Noch deutlicher wird dies, wenn man die Bezahlung von Unternehmensberatern in der freien Wirtschaft betrachtet, welche Tagessätze bis zu 3.600 E erhalten.94 Demnach ist auch hier die Vergütung nach § 612 II BGB zu bemessen, womit der übliche Stundensatz für eine Beratertätigkeit für die gleiche oder ähnliche Dienstleistung in dem Gewerbe oder Beruf zugrunde zu legen ist.95 Berücksichtigung erlangen die persönlichen Verhältnisse des Referenten sowie auch die konkreten Umstände des Einzelfalles.96 Insbesondere letztere ermöglichen es, zahlreiche Komponenten bei der Festlegung des Honorars zu berücksichtigen. Entscheidend sind in erster Linie die Bedeutung, Komplexität, Dauer und Umfang der Tätigkeit.97 Eine wesentliche Bedeutung kommt aber auch der Person des Referenten selbst zu.98 Entscheidend ist die persönliche Qualifikation des Referenten auf diesem Gebiet, ebenso spielen auch wissenschaftliche Aspekte, wie Publikationen auf dem Gebiet, ein Doktortitel, eine Habilitation oder auch ein Facharzttitel, eine Rolle.99 Dazu gehört die berufliche Position, wie die Anstellung als Assistenz-, Ober- oder Chefarzt, die dem Arzt in seiner Institution zukommt.100 Aber auch Umstände, die den Vortrag selber betreffen, sind zu berücksichtigen. Hierzu gehört zunächst die Sprache, in welcher der Vortrag gehalten wird sowie der Veranstaltungsort. Ein Vortrag, welcher auf einem internationalen Kongress in der USA auf Englisch gehalten wird, kann demnach höher vergütet werden, als ein Vortrag im benachbarten Krankenhaus.101 Die im vorliegenden Fall gewährte Vergütung in Höhe von 400 E für einen Vortrag auf einer überregionalen Fortbildung, der von einem Chefarzt eines Universitätsklinikum gehalten wird, kann daher nicht beanstandet werden. Dies gilt insbesondere unter dem Aspekt, dass es sich hierbei um eine Pauschalvergütung für einen Vortrag handelt, bei welcher die Vorbereitungszeit bereits mitinbegriffen ist. Eine gesonderte Vergütung dieser wäre aber durchaus als angemessen anzusehen. Auch im Hinblick auf den Marktwert bleibt eine deutlich höhere Vergütung denkbar.102 94

Vianden, DStR 2007, 1419 (1420). Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 246; Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 23. 96 OLG München, BeckRS 2003, 30318404; Schloßer, in: HK-AKM, Nr. 4925 Rn. 82. 97 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 246 f.; Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (105); ders., in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 2. 98 Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (105); ders., in: Spickhoff, § 33 MBO-Ä Rn. 2. 99 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 246; Heil/Oeben, PharmR 2018, 233 (237); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 131. 100 Geiger, A&R 2013, 99 (104); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 130 f. 101 Geiger, A&R 2013, 99 (104). 102 Vgl. auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 246, welche eine Vergütung von 250 – 2.000 E für angemessen ansieht; dazu auch Koyuncu, PharmR 2009, 95

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In der Praxis unterliegt die Überprüfung der Angemessenheit daher nur einer beschränkten Kontrolle.103 Einer unangemessenen Vergütung kann damit nicht eine solch hohe Indizwirkung für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung zugesprochen werden, wie es bei anderen Kooperationsformen der Fall sein wird. Da aber eine angemessene Vergütung berufsrechtlich zulässig ist, stellt deren Vorliegen zumindest ein wesentliches Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar.104 Letztendlich bleibt das Trennungsprinzip von wesentlicher Bedeutung, womit das Verordnungsverhalten nicht von der Vergütung abhängig gemacht werden darf.105 Eine transparente Gestaltung der Vereinbarungen zwischen den Vertragspartnern kann als Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung herangezogen werden.106 Erforderlich bleibt zumindest, dass die gewährte Vergütung für die Ermittlungsbehörden nachvollziehbar ist.107 2. Externe Veranstaltungen a) Unterstützung der Teilnahme Ein Pharmaunternehmen übernimmt die Reise- und Übernachtungskosten der teilnehmenden Ärzte an einer Fortbildungsveranstaltung. Ausgerichtet wird die Veranstaltung von einem Klinikum. Die Berufsordnung unterscheidet in § 32 II MBO-Ä bei der Annahme von Vorteilen für Fortbildungen nicht zwischen internen und externen Veranstaltungen.108 Ebenso wie bei internen Veranstaltungen, ist eine Annahme in angemessenem Umfang zulässig. Damit ist die Unterstützung einer Teilnahme an externen Veranstaltungen grundsätzlich gestattet. Auch hier gilt, dass einzig die Unangemessenheit nicht zu einer Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB führt, sondern zunächst einen Verstoß gegen das Berufsrecht darstellt.109 Bei der Finanzierung der Teilnahme an externen Fortbildungsveranstaltungen wird jedoch regelmäßig die Frage nach dem Zweck der Unterstützung aufkommen. Fehlt es an diesem, spricht einiges dafür, dass 211 (216), welcher einen Stundensatz in Höhe von 200 – 300 E für angemessen erachtet, wobei abhängig von den Umständen auch ein höherer oder niedriger Stundensatz angemessen sein kann; ebenso Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 132, nach welcher „mehrere hundert bis tausend Euro“ noch nicht automatisch als unangemessene Vergütung anzusehen sind. 103 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (121). 104 Hierzu bereits in Teil 3 unter B. II. 1. a). 105 Dieners, PharmR 2015, 529 (533). 106 Vgl. auch BGH NStZ 2008, 216 für das Einholen einer Nebentätigkeitsgenehmigung. Dazu auch Dieners, CCZ 2011, 1 (9). 107 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 132. 108 Vgl. jedoch den FSA-Kodex, welcher in § 20 I – III die Einladung zu internen Veranstaltungen regelt und in § 20 IV eine Regelung zu externen Veranstaltungen enthält. 109 Hierzu bereits bei den internen Fortbildungsveranstaltungen unter D. I. 2. a) aa).

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

durch die Unterstützung das Verordnungsverhalten beeinflusst werden soll. Es darf allerdings nicht das Interesse der Pharmaunternehmen daran vergessen werden, dass sich Ärzte auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand befinden. Nur so kann eine gemeinsame Durchführung weiterer Forschungsvorhaben erfolgen.110 Weiterhin ist insbesondere eine Teilnahme an kostspieligen ausländischen Fachkongressen ohne die Unterstützung der Industrie in vielen Fällen nicht möglich. Die Unterstützung liegt damit im öffentlichen Interesse.111 Um eine Unterstützung möglich zu machen, wird oftmals empfohlen, entsprechende Unterstützungsleistungen den medizinischen Einrichtungen zukommen zu lassen und Zuwendungen an Ärzte, welche Verordnungsentscheidungen treffen, zu vermeiden.112 Erfolgt eine Erstattung der Teilnahme- und Reisekosten des jeweiligen Arztes über die Verwaltung, ist die erforderliche Transparenz gegeben und es liegt eine entsprechende Legitimation durch den Dienstvorgesetzten vor. Mit dieser Vorgehensweise wird auch das Trennungsprinzip eingehalten, dessen Einhalten ein Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung darstellt.113 b) Sponsorenvertrag mit einem nichtärztlichen Veranstalter Ein Pharmaunternehmen schließt mit dem Veranstalter einer Fortbildungsveranstaltung einen Vertrag, in dem es sich zur Zahlung von 40.000 E verpflichtet. Für diese Unterstützung gewährt ihm der Veranstalter an vier Terminen die Bewerbung des Unternehmens durch die prominente Verwendung des Firmenlogos. Außerdem wird dem Pharmaunternehmen auf der angrenzenden Ausstellung eine Standfläche von 15 m2 zur Verfügung gestellt.114 Bei dem vorliegenden Sponsoring von externen Fortbildungsveranstaltungen wird zwischen dem Pharmaunternehmen und dem Veranstalter, welcher keinen Heilberuf ausübt, ein gegenseitiger Vertrag in Form eines Sponsorenvertrages geschlossen. Hierbei wird dem Unternehmen von den Veranstaltern wissenschaftlicher Tagungen, Kongressen oder Fachmessen die Möglichkeit zu imagefördernden Werbeaktivitäten eingeräumt.115 Das Unternehmen verpflichtet sich zur Gewährung eines Sponsorenbeitrages mit dem die Veranstaltungskosten gesenkt werden und damit auch mittelbar zu einer Reduzierung der Teilnahmegebühr der Ärzte führt. Die Zuwendungen werden hier dem Veranstalter, nicht aber dem teilnehmenden Arzt gewährt. Im Bereich des Pharma-Sponsorings wird der Sponsor regelmäßig in Veranstaltungsmaterialen, Eröffnungsreden oder Danksagungen erwähnt oder ihm 110

Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (493). Allgemein zu Kooperationsbeziehungen Geiger, CCZ 2011, 1 (2). 112 Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 C Rn. 390. Krit. zur Unterstützung der bloßen Teilnahme auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 146. 113 Vgl. auch den Gemeinsamen Standpunkt, S. 18 f. 114 Vgl. FSA Az.: 2013.9-360 – 362. 115 Gemeinsamer Standpunkt, S. 16. 111

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werden Ausstellungsflächen oder Plakatwände für Produkthinweise zur Verfügung gestellt.116 Hierdurch wird den Pharmaunternehmen die Möglichkeit eröffnet, auf die Ausgestaltung der Veranstaltung Einfluss zu nehmen und Ärzte in ihrem Therapieverhalten zu beeinflussen. Das Sponsoring als Werbemaßnahme ist für Pharmaunternehmen grundsätzlich zulässig.117 Eine Grenze stellt § 7 HWG dar, welcher jedoch nur die produktbezogene Werbung erfasst. Die reine Imagewerbung ist damit nicht erfasst.118 Soweit sich die Werbung nicht auf ein konkretes Heilmittel bezieht, steht das Heilmittelwerbegesetz dem Sponsoring nicht entgegen.119 Für produktbezogene Werbung sieht § 7 II HWG vor, dass solche Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen zulässig sind, sofern sie einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken. Hier bleibt zu berücksichtigen, dass die Produktbezogenheit an dieser Stelle sehr weit zu verstehen ist und damit auch die den Teilnehmern zugutekommende Finanzierung wissenschaftlicher Veranstaltungen, wie die Übernahme der Reise- oder Übernachtungskosten, dazugehört.120 Ein enges Verständnis der Produktbezogenheit würde im Widerspruch zu Absatz 2 stehen, da es sich dann um eine Verkaufsförderungsveranstaltung des Pharmaunternehmens handeln würde, welche aber keine wissenschaftliche Veranstaltung im Sinne der Vorschrift sein kann.121 Da das Heilmittelwerberecht zumindest in einem begrenzten Rahmen auch die produktbezogene Werbung gestattet, kann das Sponsoring grundsätzlich noch keine strafrechtliche Relevanz entfalten.122 Auf die Frage, wann ein vertretbarer Rahmen überschritten worden ist, muss an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.123 Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB setzt voraus, dass ein Angehöriger eines Heilberufs einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Richtet aber ein nichtärztlicher Veranstalter, beispielsweise ein Verband, einen Fachkongress aus, kann dieser bereits kein tauglicher Täter sein. Freilich scheidet aus demselben Grund auch eine Strafbarkeit nach § 299b StGB aus.124 Zu einer Strafbarkeit kann man auch nicht gelangen, wenn man von einem Vorteil des Arztes in Form einer geringeren Teilnahmegebühr ausgeht. Erforderlich für eine Strafbarkeit ist, dass die unlautere Bevorzugung aufgrund einer 116

(126). 117

Geiger, A&R 2009, 203 (207); ders., in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 125

Dazu auch Ulsenheimer, Rn. 1019. Hierzu bereits in Teil 2 C. der Arbeit. 119 Dazu Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 255. 120 Buchner, in: FS AG Medizinrecht, S. 841 (845); Zimmermann, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 28 Rn. 96; Mand, in: Prütting, § 7 HWG Rn. 95 f. 121 Mand, in: Prütting, § 7 HWG Rn. 95. 122 Geiger, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 125 (127). 123 Näher zur Angemessenheit externer Fortbildungsveranstaltungen nach dem FSAKodex, Geiger, PharmR 2007, 364. 124 Zum Täterkreis bereits in Teil 3 C. I. 118

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Vorteilsgewährung erfolgt. Dafür fehlt es an einem Beziehungsverhältnis zwischen dem Arzt und dem zu bevorzugenden Pharmaunternehmen.125 c) Sponsorenvertrag mit einem ärztlichen Veranstalter Wandelt man den Ausgangsfall dahingehend ab, dass es sich bei dem Veranstalter um einen Arzt handelt, bedarf dies näherer Betrachtung. Heilmittelwerberechtlich bleibt es bei der Zulässigkeit produktbezogener Werbung, soweit diese im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen erfolgt, einen vertretbaren Rahmen nicht überschreitet, in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung ist und sich ausschließlich auf im Gesundheitswesen tätige Personen erstreckt. Der vertretbare Rahmen ist zumindest dann überschritten, wenn auch die Reise- und Übernachtungskosten von fachfremden Begleitpersonen übernommen werden.126 Im Übrigen kann auf die Maßstäbe des Berufsrechts zurückgegriffen werden.127 Wird der vertretbare Rahmen überschritten, kann dadurch noch nicht von einer Strafbarkeit nach § 299a StGB ausgegangen werden. Vielmehr verbleibt es dann bei dem Verbot der Produktwerbung nach § 7 I HWG, welches gemäß § 15 I Nr. 4 als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann. Dies allein führt jedoch noch nicht zu einer Strafbarkeit, soweit es an einer Gegenleistung fehlt.128 Das Berufsrecht gestattet in § 32 III MBO-Ä die Annahme von Beiträgen für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen in angemessenem Umfang. Damit kann auch die Annahme von Sponsorenbeiträgen durch einen Arzt zunächst keine strafrechtliche Relevanz haben.129 Erforderlich ist aber, dass Inhalt und Präsentation der Veranstaltung allein von dem Arzt bestimmt werden und die Veranstaltung frei von wirtschaftlichen Interessen ist.130 Auch hier steht im Fokus die Frage nach der Angemessenheit, die regelmäßig Probleme aufwirft: bei dem Sponsorenvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, bei dem sich Leistung und Gegenleistung entsprechen müssen. Damit muss die zur Verfügung gestellte Werbemöglichkeit den gezahlten Sponsorenbeitrag wert sein. Diese Werthaltigkeit einer Werbemöglichkeit lässt sich aber nur schwer beurteilen.131 Ebenso wie bei der Ausrichtung interner Veranstaltungen führt ein un125 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 153. Dazu auch Scholz, in Kubiciel/ Hoven, S. 89 (105 f.). 126 Zimmermann, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 28 Rn. 96. 127 Mand, in: Prütting, § 7 HWG Rn. 96. 128 Dieners/Cahnbley, MPR 2016, 48 (52). 129 Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (226). 130 Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 11. Dazu auch Geiger, PharmR, 2007, 364 (367). Entsprechendes ergibt sich aus § 95d I S. 3 SGB V, nach dem Fortbildungsveranstaltungen frei von wissenschaftlichen Interessen sein müssen. 131 Geiger, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 125 (130); ders., A&R 2009, 203 (210); Scholz, in: Spickhoff, § 32 MBO-Ä Rn. 11.

A. Zusammenarbeit der Heilberufsangehörigen mit der Industrie

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angemessener Umfang der Zuwendungen allein noch nicht zu einer Strafbarkeit.132 Vielmehr greift auch hier das grundsätzliche Verbot der Zuwendungen nach § 32 I MBO-Ä ein, womit ein berufsrechtswidriges Verhalten vorliegt. Ausreichend hierfür ist aber bereits die bloße Klimapflege, weshalb eine konkrete Unrechtsvereinbarung nicht erforderlich ist. Gerade aber auch die Schwierigkeit der Beurteilung der Angemessenheit bei Sponsorenverträgen lässt diesem Merkmal nur eine sehr geringe indizielle Wirkung bei der Frage nach dem Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung zukommen.133 Demnach bleibt auch das Sponsoring einer externen Fortbildungsveranstaltung zunächst straflos, soweit keine konkrete Gegenleistung vereinbart wird. Freilich gilt auch hier wie bei den internen Fortbildungsveranstaltungen, dass sich dieser Bereich im Visier der Ermittlungsbehörden befindet und damit ein Einhalten der Vorschriften des FSA-Kodexes auch im Hinblick auf das Strafrecht empfehlenswert ist.134

III. Geschenke 1. Patientengeschenke a) Dankesgaben Der Patient P möchte sich bei seinem Hausarzt für eine erfolgreiche Behandlung bedanken und überreicht ihm hierfür eine Weinflasche im Wert von 20 E. Das berufsrechtliche Zuwendungsverbot in § 32 I MBO-Ä erfasst alle Geschenke oder andere Vorteile von Patienten oder Dritten. Erfasst sind damit auch Dankesgaben, soweit dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Handelt es sich aber um Geschenke mit einem geringen Wert, sind diese nicht geeignet, diesen Eindruck zu erwecken.135 Im Berufsrecht ist hierfür eine Grenze von 50 E anzusetzen, womit die Zuwendung schon nicht gegen das Berufsrecht verstößt. Auch im Strafrecht ist eine Zuwendung in Höhe von 20 E als sozialadäquat anzusehen, womit bereits an dieser Stelle eine teleologische Reduktion zum Straftat-

132

Hierzu bereits oben mit Nachweisen unter D. I. 2. a) aa). Vgl. auch Geiger, A&R 2009, 203 (210), welcher bei wirtschaftlich unausgewogenen Sponsorenverträgen auch noch nicht automatisch auf eine gelockerte Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 331, 333 StGB schließen möchte. 134 Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (222). Vgl. auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 145 f., welche die Finanzierung externer Fortbildungsveranstaltungen insgesamt deutlich kritischer betrachtet. 135 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 115. Hierzu bereits unter C. IV. 2. c). 133

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

ausschluss führt. Dieser bedarf es aber letztendlich nicht, da nachträgliche Dankesgaben von Patienten nicht vom Tatbestand erfasst sind.136 Daher stellt auch die Annahme eines Geldgeschenkes in Höhe von 476.000 E, das dem Arzt von einem Patienten gemacht wurde137, zwar einen Verstoß gegen das berufsrechtliche Zuwendungsverbot dar, begründet aber keine Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB.138 b) Sonstige Zuwendungen Eine 80-jährige Patientin schenkt ihrem Hausarzt über einen Zeitraum von 3 Jahren Geldbeträge in einer Höhe von insgesamt 350.000 E.139 Im vorliegenden Fall liegt ein Verstoß gegen das berufsrechtliche Zuwendungsverbot nach § 32 II MBO-Ä vor. Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB begründet die Annahme des Geldes aber nicht. Anders als im vorherigen Fall handelt es sich nicht um nachträgliche Dankesgaben, vielmehr werden die Zuwendungen auch für noch bevorstehende Zuwendungen gewährt. Es fehlt aber an einer konkreten Gegenleistung. Weitergehend stellt sich die Frage, inwieweit die Zuwendung auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet sein kann.140 Kommt es dem Patienten darauf an, bei dem Arzt schneller einen Termin zu bekommen, kann dies im Hinblick auf den Wettbewerb als geschütztes Rechtsgut keine strafrechtliche Relevanz entfalten. Die Patienten stehen miteinander nicht im Wettbewerb.141 Strebt der Patient die Verordnung weiterer Behandlungsmethoden an, welche medizinisch nicht notwendig sind, fehlt es an schutzbedürftigen Mitbewerbern. Der Arzt bleibt auch hier an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden, womit ein Verstoß zwar einen Betrug142 sowie eine Untreue zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung begründen kann, das Verhalten allerdings keinerlei korruptionsrechtliche Relevanz hat.143

136 BT-Drs. 18/6446, S. 18; Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (372); Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 39. Hierzu bereits in Teil 3 C. IV. 2. a) bb). 137 Ärztegerichtshof Saarland MedR 2011, 752. Ebenso Ärztl. Berufsgericht Niedersachsen MedR 2013, 334 – Gewährung eines Patientendarlehens. 138 Vgl. aber nächstes Beispiel. 139 Vgl. zu dem Fall OVG NRW MedR 2008, 397. 140 Damas, wistra 2017, 128 (129). Vgl. aber auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 196, welche dennoch empfiehlt, eine Geringwertigkeitsgrenze einzuhalten, sowie Geschenke nur anlassbezogen zu machen. 141 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 127. 142 Zum Abrechnungsbetrug bei medizinisch nicht indizierten Leistungen: Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 A Rn. 91. 143 Saliger, in: FS Kargl, S. 493 (503). Zum Ausschluss der nicht indizierten medizinischen Verordnungen bereits in Teil 3 unter C. IV. 3. b).

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2. Geschenke der Pharmaindustrie Ein Pharmaunternehmen lässt einem Orthopäden zu seiner Praxiseröffnung einen Geschenkkarton mit einer Weinflasche im Wert von 20 E überbringen. Das Gewähren und die Annahme von Geschenken begründet zumindest die abstrakte Gefahr, dass sich der Arzt hierdurch in seinem Verordnungsverhalten beeinflussen lässt.144 Der FSA-Kodex untersagt in § 21 jegliche Art von Geschenken, soweit keine nach § 7 I Nr. 2 – 5 HWG zulässige Ausnahme vorliegt. Da das heilmittelwerberechtliche Verbot aber einen Produktbezug erfordert, ist eine solche Ausnahme im vorliegenden Fall nicht einschlägig.145 Die Spruchkörper akzeptieren zumindest Geschenke bis zu einem Wert von 5 E.146 Berufsrechtlich ist es dem Arzt nach § 32 I MBO-Ä untersagt, Geschenke anzunehmen. Die Grenze ist hier bei etwa 50 E zu setzen, womit nach dem Berufsrecht eine sozialadäquate Zuwendung vorliegt.147 Strafrechtlich kann dieses Verhalten erst dann relevant werden, wenn der Geschenkkarton für eine unlautere Bevorzugung gewährt wird und damit eine konkrete Gegenleistung vorliegt. Auf diese kommt es an dieser Stelle aber nicht an, da aufgrund einer teleologischen Reduktion auch im Strafrecht sozialadäquate Zuwendungen den Straftatbestand nicht erfüllen können. Zieht man die im Rahmen des § 331 StGB gesetzte Wertgrenze heran, die zwischen 30 und 50 E liegen soll, führt dies zumeist zum selben Ergebnis wie eine berufsrechtliche Betrachtung. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung und des ultima ratio-Grundsatzes Zuwendungen, die das Berufsrecht gestattet, nicht strafrechtlich relevant sein können.148 Daher ist im vorliegenden Fall von einer sozialadäquaten Zuwendung auszugehen. Zu einem anderen Ergebnis kommt man freilich, wenn die Weinflasche jedes Jahr zu Weihnachten überreicht wird. Hier bleibt zu beachten, dass kleine Geschenke dann nicht mehr als sozialadäquat anzusehen sind, wenn sie innerhalb eines gewissen Zeitraums häufiger gewährt werden und damit eine Wertgrenze überschritten wird.149 Überreicht das Pharmaunternehmen aber dem Arzt zu seiner Praxiseröffnung eine Armbanduhr im Wert 500 E, handelt es sich weder berufsrechtlich noch strafrechtlich um eine sozialadäquate Zuwendung. Die Annahme der Uhr stellt ein berufsrechtswidriges Verhalten nach § 32 I MBO-Ä dar, welches bereits bei der bloßen „Klimapflege“ vorliegt. Daraus ergibt sich noch nicht ohne Weiteres eine Strafbarkeit nach § 299a StGB. Vielmehr ist auch hier eine konkrete Gegenleistung erforder-

144

LG München I, PharmR 2008, 330 (334). Dazu bereits in Teil 2 C. I. 146 FSA Az. 2007.11-209. 147 Dazu bereits in diesem Teil unter A. III. 1. a). 148 Dazu bereits in Teil 3 unter C. IV. 2. c). 149 Vgl. auch DÄBl 2004, A-297 (298). Zur Sozialadäquanz bereits in Teil 3 unter C. IV. 2. c). 145

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

lich.150 Allein aus dem Gewähren eines Geschenkes kann noch nicht geschlossen werden, dass der Arzt sein Verordnungsverhalten ändern wird.151 Auch wenn der Arzt es in Betracht zieht, möglicherweise sein Verordnungsverhalten zugunsten des Pharmaunternehmens zu verändern, um weitere Geschenke zu erhalten, führt dies noch nicht zum Vorliegen einer konkreten Gegenleistung.152 Bei Geschenken in einer gewissen Höhe wird aber regelmäßig der Verdacht einer Unrechtsvereinbarung aufkommen. Um dieses Indiz aber zu entkräften, wird empfohlen, Geschenke nur im Zusammenhang mit besonderen Anlässen zu machen bzw. anzunehmen.153

IV. Übernahme von Bewirtungskosten Ein Medizinproduktehersteller finanziert die alljährliche Weihnachtsfeier eines medizinischen Versorgungszentrums in einem Gourmet-Restaurant. Bisher hatte das MVZ nur unregelmäßig Produkte des Herstellers bezogen. Die finanzielle Unterstützung einer Weihnachtsfeier oder auch ähnlichen Veranstaltungen, wie Geburtstagsfeiern oder Dienstjubiläen154, stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar. Berufsrechtlich ist auch hier § 32 I MBO-Ä einschlägig, der die Annahme von Geschenken oder anderen Vorteilen untersagt. Sozialadäquate Zuwendungen sind allerdings bis zu einer Höhe von 50 E zulässig, wobei es regelmäßig schwer sein wird, feste Wertgrenzen festzusetzen.155 Die Einstufung als sozialadäquat setzt voraus, dass es der Zuwendung an einer objektiven Eignung zur Beeinflussung fehlt.156 Diese ist aber vom jeweiligen Empfänger abhängig. Jedoch kann zumindest eine Einladung in ein Gourmet-Restaurant nicht mehr als sozialadäquat eingestuft werden.157 Allein aus diesem berufsrechtswidrigen Verhalten ergibt sich auch an dieser Stelle kein strafbares Verhalten. Freilich bleibt aber zu berücksichtigen, dass mit der Finanzierung von innerbetrieblichen Veranstaltungen kaum ein anderer Zweck als die „Klimapflege“ verfolgt werden kann.158 150 Zum Vorliegen einer konkreten Gegenleistung bei einseitigen Zuwendungen bereits ausführlich im Rahmen der internen Fortbildungsveranstaltungen in diesem Teil unter A. II. 1. a) cc). 151 LG München I, PharmR 2008, 330 (334). 152 OLG München PharmR 2012, 60 (61) zum Angebot eines unentgeltlichen Arzt-Seminars; Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 259. 153 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 197; Vasilikou/Grinblat, MPR 2016, 189 (192). 154 Weitere Beispiele für sog. „Sozialspenden“ finden sich auch bei Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 64. 155 Frister/Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 C 391. Dazu auch Leipold, in: Hauschka/Mossmayer/Lösler, § 50 Rn. 70. 156 Zur Sozialadäquanz bereits ausführlich in Teil 3 unter C. IV. 2. c). 157 Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 66. 158 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 208.

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Daher gestattet auch der FSA-Kodex in § 22 die Übernahme von Bewirtungskosten nur im Rahmen interner Fortbildungsveranstaltungen und Arbeitsessen. Die reine „Klimapflege“ wird von §§ 299a, b StGB aber nicht erfasst. Bestellt das medizinische Versorgungszentrum aber schon seit einem längeren Zeitraum regelmäßig Produkte bei dem Medizinproduktehersteller zu besonders günstigen, möglicherweise auch fragwürdigen Konditionen, spricht vieles dafür, dass ein Zusammenhang zwischen der Übernahme der Kosten der Weihnachtsfeier und dem Bestellverhalten des MVZs besteht. Erfolgt in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Feier außerdem eine weitere Bestellung, ist vom Vorliegen einer konkreten Unrechtsvereinbarung auszugehen, womit eine Strafbarkeit nach §§ 299a, b StGB vorliegen kann.159

V. Spenden Ein Förderverein für Krebsforschung bekommt jährlich einen fünfstelligen Betrag von einem Arzneimittelhersteller auf sein Spendenkonto überwiesen. Der Arzneimittelhersteller vertreibt neben anderen Produkten auf dem Markt auch Krebsmedikamente. Vorstand des Fördervereins ist der Chefarzt auf einer Krebsstation eines Universitätsklinikums. Bei dem gewährten Betrag durch den Arzneimittelhersteller handelt es sich um eine Geldspende, welche eine einseitige Leistung darstellt.160 Spenden werden von pharmazeutischen Einrichtungen in der Regel an gemeinnützige medizinische Einrichtungen oder an andere gemeinnützige Organisationen zum Zwecke der Unterstützung von Forschung und Lehre oder zur Aus- und Weiterbildung gemacht.161 Im Unterschied zum Sponsoring wird für den gezahlten Geldbeitrag keine Gegenleistung erwartet.162 Spenden stellen ohne Weiteres einen Vorteil oder auch Drittvorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar.163 Allerdings kommt es auch hier wieder darauf an, ob die Spende für eine Bevorzugung im Wettbewerb bei einer der tatbestandsmäßigen Handlungen gewährt wird. Grundsätzlich handelt es sich bei Spenden um ein zulässiges Mittel im Wettbewerb.164 Auch der FSA-Kodex gestattet mit § 25 FSA-

159

Dazu auch BGH NStZ 2000, 90. Siehe bereits oben in diesem Teil unter A. II. 1. a) cc). Zum Begriff der Spende näher Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (63). 161 Leipold, in: Hauschka/Mossmayer/Lösler, § 50 Rn. 62. 162 BGH NJW 2002, 1585 (1586); Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 272. 163 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 197. 164 Vgl. nur BGH NJW 2002, 1585 (1586); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 198. 160

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Kodex das Gewähren von Spenden unter bestimmten Umständen.165 Neben dem zu dienenden Zweck und der Dokumentationspflicht ist außerdem vorgeschrieben, dass die Zuwendungen nicht als Anreiz für die Beeinflussung von Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidungen missbraucht werden. Auch wenn der Vorstand des Vereins ein spezialisierter Arzt in diesem Bereich ist, kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass eine Beeinflussung des Verordnungsverhaltens gegeben ist.166 Regelmäßig erfolgt eine Überwachung der Vereinskonten durch andere Vorstandsmitglieder.167 Damit ist dem Trennungsprinzip genüge getan, da die Vorteilsannahme zumindest überwacht wird und eine Beeinflussung von Beschaffungsentscheidungen nicht ohne Weiteres möglich ist. Im Hinblick auf seine Amtsträgereigenschaft sollte der Arzt gegebenenfalls eine Dienstherrengenehmigung einholen.168 Wird die Spende aber nicht auf das Konto des Vereins, sondern auf ein Privatkonto des Arztes überwiesen, deutet dies auf einen Verstoß gegen das Trennungsprinzip hin169, womit ein wesentliches Indiz für eine Unrechtsvereinbarung gegeben ist. Daher untersagt auch § 25 II FSA-Kodex Spenden an einzelne Angehörige der Fachkreise.170

VI. Weitere gegenseitige Verträge 1. Beraterverträge Ein Medizinproduktehersteller möchte im kommenden Jahr ein neues Modell seines MRT-Gerätes auf den Markt bringen. Er beauftragt dafür einen Orthopäden, welcher dieses Gerät häufig einsetzt, ein Gutachten über die Nutzung des aktuellen Gerätes zu verfassen. Hiervon erhofft sich der Hersteller gewisse Schwächen zu erkennen und gegebenenfalls verbessern zu können. Der Orthopäde verfasst ein schriftliches Gutachten, welches von dem Hersteller mit einem hohen Geldbetrag vergütet wird. Die einschlägige Gebührenziffer der GOÄ wird dabei deutlich 165 Vgl. auch 10.1 der Empfehlungen zur Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit den Partnern im Gesundheitswesen und deren Mitarbeitern. 166 Vgl. auch Sowada, in: LK, § 331 StGB Rn. 79, welcher ebenfalls bei einem fehlenden Zusammenhang mit Umsatzgeschäften oder bei fehlenden individuellen Vorteilen ein regelwidriges Äquivalenzverhältnis verneint. 167 Für die Zahlung auf solche überwachten Konten auch Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (135). 168 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (135). 169 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 273. Vgl. auch Frister/ Lindemann/Peters, Arztstrafrecht, Kap. 2 C Rn. 393 – Prinzipien der Transparenz und der Dokumentation. Zu den Prinzipien bereits in Teil 2 D. II. 170 Vgl. auch 10.2 der Empfehlungen zur Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit den Partnern im Gesundheitswesen und deren Mitarbeitern.

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überschritten. Es erfolgt eine ordentliche und gut nachvollziehbare Dokumentation der Beratungstätigkeit. Der Abschluss des Beratervertrages als gegenseitiger Vertrag stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften dar.171 Entscheidend bleibt das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung, welche anhand von Indizien im Einzelfall zu beurteilen ist. Gegen die Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung anhand der GOÄ spricht auch hier der Anwendungsbereich, der sich auf das Arzt-Patienten-Verhältnis bezieht. Eine Anlehnung an die GOÄ kann daher nicht zwingend sein.172 Vielmehr kann diese nur der Orientierung dienen. Entsprechend der Vergütung von Referentenverträgen, kann auch hier eine Vereinbarung der Vergütung nach § 612 BGB erfolgen, womit der übliche Stundenpreis für eine solche Tätigkeit entscheidend ist. Berücksichtigung finden damit bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung die Schwierigkeit des Falles sowie die Person des Arztes.173 Hinsichtlich der Angemessenheit der Vergütung ist den Vertragspartnern damit ein großer Spielraum eingeräumt, der nur schwer überprüft werden kann.174 Soweit eine ordentliche Dokumentation vorliegt, welche die Höhe der Vergütung nachvollziehbar macht, wird schwerlich eine unangemessene Vergütung anzunehmen sein. Liegt eine angemessene Vergütung vor, stellt dies freilich ein Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar.175 Etwas anderes gilt, wenn man den Ausgangsfall dahingehend abwandelt, dass auch hier die Höhe der Vergütung deutlich über der einschlägigen Gebührenziffer der GOÄ liegt, es aber an einer ordentlichen und gut nachvollziehbaren Dokumentation fehlt. Eine solche Dokumentation macht es gerade aber erst möglich, eine bei Beraterverträgen oftmals schwer nachvollziehbare Angemessenheit der Leistung und Gegenleistung überprüfen zu können.176 Allerdings gestaltet sich gerade diese Dokumentation bei Beraterverträgen schwierig, da auch kurze Telefonate oder Gespräche am Rande eines Fachkongresses vergütet werden, welche oftmals nicht ausreichend dokumentiert werden.177 Ein entsprechendes Problem wird sich regelmäßig auch bei Gutachtertätigkeiten zeigen. Dennoch sollte in beiden Fällen eine möglichst genaue Dokumentation durch Gesprächsnotizen oder ähnliches erfolgen. Soweit eine Dokumentation gänzlich fehlt oder so mangelhaft ist, dass eine Über-

171

Zum Vertragsabschluss als Vorteil bereits in Teil 3 unter C. III. 1. c). Köbler, MedR 2017, 783 (787). 173 Köbler, MedR 2017, 783 (788); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 156. Zur angemessenen Vergütung des Referentenvertrages in diesem Teil bereits mit Nachweisen unter A. II. 1. b). 174 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (120). 175 Vgl. nur Köbler, MedR 2017, 783 (786); Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (104). 176 Leipold, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, § 50 Rn. 47. 177 Leipold, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, § 50 Rn. 48; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 156. 172

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

prüfung unmöglich ist, stellt dies ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar.178 Ebenso wie bei anderen gegenseitigen Verträgen ist auch hier von einer per se unangemessenen Vergütung auszugehen, wenn die erbrachte Gegenleistung für das Unternehmen wertlos ist.179

2. Drittmittel (Forscherverträge) Der ärztliche Direktor einer Abteilung für Herzchirurgie vereinbart mit einem Medizinproduktehersteller einen Bonus in Höhe von 5 % bei allen zukünftigen Bestellungen. Der Medizinproduktehersteller ist insbesondere für die Lieferung von Herzklappen zuständig. Dem Arzt als ärztlichem Direktor obliegt unter anderem die Entscheidung über den Einsatz der Geräte und Einrichtungen sowie die Bewirtschaftung der zugewiesenen Haushalts- und Betriebsmittel. Zugleich hat er aber auch die Aufgabe, Drittmittel einzuwerben. Um die durch den Medizinproduktehersteller gewährten Zuwendungen unproblematisch für seine Forschungsvorhaben zu verwenden, gründet er einen Verein, auf dessen Konto das Geld überwiesen wird. Tatsächlich wird das Geld zur Unterstützung der Abteilung für Herzchirurgie eingesetzt.180 Langezeit bestanden im Bereich der Drittmitteleinwerbung große Unsicherheiten im Hinblick auf bestehende Bestechungstatbestände. Die Drittmitteleinwerbung durch Klinikärzte in einem Universitätsklinikum gehört in der Regel zu den Dienstaufgaben.181 Bei Professoren ist sie außerdem mitentscheidend für die Berufung und Bezahlung.182 Eingeworbene Gelder kommen der Klinik als Forschungsgelder zugute. Eine Finanzierung von bestimmten Forschungsaufgaben wäre ohne die Unterstützung der Industrie oftmals weder möglich noch gewollt.183 In den meisten Fällen bezieht die Klinik entsprechende Produkte von dem Drittmittelgeber. An diesen Beschaffungsentscheidungen ist regelmäßig auch der Arzt beteiligt. Dem Trennungsgrundsatz kann damit in diesen Fällen nur schwer gerecht werden. Insbesondere kann eine personelle Trennung zwischen der für Beschaffungs- und der für Verordnungsentscheidungen zuständigen Personen nicht vorgenommen werden.184 Der BGH hat daher vor einigen Jahren eine gewisse Sicherheit im Bereich der Drittmitteleinwerbung hergestellt. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sei 178

Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079). Explizit zu Beraterverträgen Köbler, MedR 2017, 783 (786). Dazu bereits näher in diesem Teil unter A. I. 2. c). 180 Vgl. zum Sachverhalt BGHSt 47, 295 – Herzklappenskandal. 181 Dazu Ambos, JZ 2003, 345. 182 Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (492). 183 Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 143; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (491). 184 BGHSt 47, 295 (309 f.); Korte, in: MK-StGB, § 331 StGB Rn. 149; Verrel, MedR 2003, 319 (325). Zum Trennungsgrundsatz bereits ausführlich in Teil 2 D. II. 1. 179

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eine einschränkende Auslegung des Tatbestands des § 331 StGB vorzunehmen. Ein Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände läge durch die gewährten Gelder vor.185 Es fehle aber an einer erforderlichen Unrechtsvereinbarung, soweit die für das Drittmittelrecht vorgeschriebenen Verfahren eingehalten würden. Im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut des § 331 StGB – Vertrauen in die Sachgerechtigkeit der Entscheidungen – seien die Offenlegung, die Anzeige der Mitteleinwerbung und ihre Genehmigung in dem hochschulrechtlichen Verfahren erforderlich.186 Damit kommt in diesem Bereich dem Transparenzgebot eine hohe Bedeutung zu.187 Im vorliegenden Fall wurden diese Voraussetzungen nicht eingehalten, womit eine Verurteilung nach § 331 StGB erfolgte. Die vom BGH in dieser Entscheidung angeführten Argumente lassen sich zumindest teilweise auch auf eine Strafbarkeit nach § 299a StGB übertragen. Abweichend von § 331 StGB kommt es auf das Vertrauen des Patienten, dass ein Implantat allein nach medizinischen Gesichtspunkten ausgewählt wurde, im Rahmen des § 299a StGB nicht an.188 Freilich ist zu berücksichtigen, dass der Wettbewerb als einzig geschütztes Rechtsgut der §§ 299a, b StGB durch eine Drittmitteleinwerbung beeinträchtigt sein kann. Allerdings ist auch hier der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung zu beachten. Teil der Hochschulforschung ist nach § 25 I S. 2 HRG die Forschung mit Drittmitteln. Kommt aber ein Klinikarzt ordnungsgemäß seinen gesetzlich vorgesehenen dienstlichen Pflichten nach, kann dieses Verhalten nicht strafbar sein.189 Dies gilt nicht nur im Hinblick auf § 331, sondern auch auf § 299a StGB. Die Mittel werden nicht für eine unlautere Bevorzugung gewährt, sondern dienen der Förderung von Forschung und Lehre.190 Bei Einhalten der hochschulrechtlichen Regelungen fehlt es damit an einer Unrechtsvereinbarung. Auf die Möglichkeit einer Genehmigung, wie sie in § 331 III StGB vorgesehen ist, kommt es damit nicht mehr an.191 Dies ergibt sich auch bereits daraus, dass im Rahmen des

185

BGHSt 47, 295 (308); Ambos, JZ 2003, 345 (351); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 12. 186 BGHSt 47, 295 (307 f.). Zust. Heinrich, in: Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, § 49 Rn. 30; ders., NStZ 2005, 256 f.; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 42. Krit. Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (498). 187 Dazu auch Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 42 m. w. N. 188 So aber zutreffend BGHSt 47, 295 (310) zu § 331 StGB. 189 Ambos, JZ 2003, 345 (351). Ausführlich zu dieser Konfliktsituation Ulsenheimer, in: Symposium Geilen, S. 185 (187 f.). 190 BGHSt 47, 275 (309) zu § 331 a. F. StGB, der noch eine bestimmte Diensthandlung voraussetzte. Dazu Cramer, in: Schönke/Schröder26, § 331 StGB Rn. 7. 191 Vgl. dazu aber Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 178, welche eine Strafbarkeit nach § 299a StGB in Betracht ziehen, da eine Genehmigung meist nicht die konkret vereinbarte Bevorzugung im Wettbewerb erfassen könne. Zur Genehmigung bereits in Teil 3 unter C. IV. 2. e).

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§ 331 StGB das Fordern eines Vorteils nicht genehmigt werden kann.192 Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB scheidet damit aus.193

B. Zusammenarbeit mit Krankenhäusern Die Mitarbeit niedergelassener Vertragsärzte in Krankenhäusern ist aufgrund des insbesondere in ländlichen Gegenden bestehenden Ärztemangels von erheblicher Bedeutung. Eine Einbeziehung führt auch zur Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen und ist damit wirtschaftlich. Der Gesetzgeber hat durch verschiedene Formen der Kooperation eine Annäherung der stationären an die ambulante Versorgung vorgenommen. Dies zeigt sich an den Vorschriften der §§ 115a, b, 116 SGB V, welche neben der prä- und poststationären Leistungen die Möglichkeit von ambulanten Operationen und ambulant spezialfachärztlichen Krankenbehandlungen vorsehen. Gegenstand dieser Kooperationsformen sind regelmäßig Zuführungen von Patienten, womit eine Strafbarkeit nach § 299a Nr. 3 StGB im Raum steht. Auf der anderen Seite können sich Mitarbeiter des Krankenhauses wegen Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299b Nr. 3 StGB strafbar machen, welcher die Eigenschaft als Heilberufler gerade nicht voraussetzt.

I. Nichteinhalten der Voraussetzungen des § 115a SGB V Eine Klinik bietet niedergelassenen Vertragsärzten eine Komplexgebühr für eine vor- und nachstationäre Behandlung an. Die vorstationäre Behandlung soll mit einer Pauschalvergütung in Höhe von 85 E vergütet werden. Inhalt dieser Behandlung ist das Anfertigen von Röntgenbildern, die der Klinik zur weiteren Behandlung zur Verfügung gestellt werden müssen. Gegenstand der nachstationären Behandlung ist das Durchführen von Röntgenkontrollen 6 – 8 Wochen nach der Entlassung. Diese soll wiederum mit einer Komplexgebühr in Höhe von 100 E vergütet werden.194 Der Gesetzgeber sieht in § 115a I S. 2 SGB V ausdrücklich die Einbeziehung von niedergelassenen Vertragsärzten in die prä- und poststationäre Behandlung vor. Für den Vertragsarzt ist eine solche Beauftragung bereits deshalb besonders lukrativ, da sie ihm eine Verdienstmöglichkeit außerhalb der gedeckelten Gesamtvergütung ermöglicht. Allerdings ist stets zu berücksichtigen, dass Krankenhäuser mit dem 192 BGHSt 47, 275 (308 f); Ambos, JZ 2003, 345 (348, 353); Heinrich, NStZ 2005, 256; Heine/Eisele, in: Schönke/Schröder, § 331 StGB Rn. 57a. 193 Für eine Übertragbarkeit der bei §§ 331, 332 StGB geltenden Grundsätze auch Graalmann-Scheerer, MedR 2017, 601 (607); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 22. 194 Der Sachverhalt ist angelehnt an die Entscheidung des LSG BW vom 04.11.2014, Az. L 5 KR 141/14 ER-B – zitiert nach Juris, enthält aber nicht alle dort enthaltenen Details.

B. Zusammenarbeit mit Krankenhäusern

235

Angebot für eine solche Beauftragung auch Einfluss auf ihre Fallzahlen nehmen können.195 Da der stationären Behandlung in der Regel eine ambulante Versorgung vorausgeht, ist für Krankenhäuser die Empfehlung durch den Arzt von großer Bedeutung.196 Dieser hat die zwei nächsterreichbaren, für die Krankenbehandlung geeigneten, Krankenhäuser anzugeben.197 Für Krankenhäuser erscheint es lukrativ, dem Arzt eine Vergütung für jede Zuweisung zu versprechen.198 Dieses Verhalten stellt aber eine unzulässige Zuweisung gegen Entgelt gemäß § 73 VII SGB V oder § 31 MBO-Ä dar.199 Eine solche unzulässige Zuweisung gegen Entgelt ist aber nicht gegeben, soweit die Vergütung für die vor- oder nachstationäre Behandlung gewährt wird. Erforderlich ist, dass tatsächlich eine vor- oder nachstationäre Behandlung vorliegt. Gegenstand einer vorstationären Behandlung sind Leistungen, mit denen die Erforderlichkeit einer vollstationären Versorgung geprüft wird.200 Nachstationäre Behandlungen sind Behandlungsmaßnahmen, die nach einer vollstationären Behandlung vorgenommen werden und der Sicherung und Festigung der Behandlung dienen.201 Gegenstand der vor- und nachstationären Behandlungen dürfen aber nicht diejenigen Maßnahmen sein, die ohnehin zur vertragsärztlichen Tätigkeit gehören.202 Dazu gehört auch das Anfertigen von Röntgenbildern vor einer vollstationären Behandlung.203 Die Durchführung der Röntgenkontrollen kann schon allein deshalb nicht Gegenstand einer nachstationären Behandlung sein, weil diese gemäß § 115a II S. 2 SGB V innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung der vollstationären Krankenhausbehandlung erfolgen muss. Damit kann auch die vom Krankenhaus gewährte Vergütung nicht für eine vor- und nachstationäre Behandlung gewährt werden. Vielmehr werden diese Leistungen bereits schon als vertragsärztliche Leistungen von der Kassenärztlichen Vereinigung vergütet. Die gewährte Pauschale wird damit für die Zuweisung gewährt. Es liegt ein Verstoß gegen § 73 VII SGB V und § 31 MBO-Ä vor. Weiterhin sind die Verträge nach § 134 BGB nichtig.204 Strafrechtlich stellt die dargestellte Kooperation eine Zuführung von Patienten nach § 299a Nr. 3 StGB dar. Da die sozialrechtlichen Voraussetzungen des § 115a 195

Hakenberg, Der Urologe 2009, 858; Wollersheim, in: MAH Sozialrecht, § 19 Rn. 117. Hakenberg, Der Urologe 2009, 858; Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 208. 197 § 73 IV S. 3 SGB V; § 26 II BMV-Ä. 198 Kölbel, NStZ 2011, 195 (197 f.). 199 Kölbel, NStZ 2011, 195 (197). 200 Gamperl, in: Kasseler Kommentar, § 115a SGB V Rn. 3. 201 Gamperl, in: Kasseler Kommentar, § 115a SGB V Rn. 4. 202 LSG BW vom 04.11.2014, Az. L 5 KR 141/14 ER-B Rn. 75 – zitiert nach Juris; Kamann, CB 2017, 136 (139); Ratzel, MedR 2017, 701 (702); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 31. 203 LSG BW vom 04.11.2014, Az. L 5 KR 141/14 ER-B Rn. 75 – zitiert nach Juris. 204 Schroeder-Printzen, in: MAH Medizinrecht, § 10 Rn. 45; Ratzel, MedR 2017, 701 (702); Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 47 m. w. N. 196

236

Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

SGB V nicht gegeben sind, wird die Vergütung für die Zuweisung des Patienten gewährt. Damit liegt eine Unrechtsvereinbarung vor, die auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet ist. Die Vereinbarung stellt ein Umgehungsgeschäft dar, das von der Vorschrift nicht gedeckt sein kann.205 Liegt eine Behandlung vor, die tatsächlich Gegenstand einer vor- oder nachstationären Behandlung sein kann, schließt eine angemessene Vergütung regelmäßig eine Unrechtsvereinbarung aus.206 Für die Festlegung der Angemessenheit kommt eine Orientierung an der GOÄ207 oder der DRG-Fallkostenpauschale208 in Betracht. Gegen ein zwingendes Einhalten der GOÄ spricht auch hier bereits deren Zuschnitt.209 Aus der DRG-Fallpauschale ergibt sich die Erstattungshöhe durch die Krankenkassen. Berechnet wird diese mit einem angestellten Arzt im Krankenhaus, der aber weniger Risiken als ein selbstständig tätiger Arzt hat.210 Das zeigt sich insbesondere darin, dass er keine Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall und keine Unterstützung eines Arbeitgebers bei Sozialversicherungsabgaben erhält.211 Damit kann auch deren zwingendes Einhalten nicht erforderlich sein. Die Regelungswerke dienen somit lediglich der Orientierung. Es sind Fälle denkbar, die eine Überschreitung beider Regelungswerke rechtfertigen können.212 Zieht man als Anhaltspunkt das Gehalt eines Krankenhausarztes heran, welches dieser für die entsprechende Behandlung erhalten würde, stellt sich auch hier das Problem des geringeren Risikos. Außerdem kann dieses unter den Fachbereichen und Kliniken unterschiedlich ausfallen, womit eine genaue Einhaltung nicht zwingend sein kann.213 Die Vertragspartner sind damit in der Vereinbarung ihrer Vergütung grundsätzlich nach § 612 BGB frei.214 Berücksichtigung kann an dieser Stelle

205

Ratzel, MedR 2017, 701 (704). BT-Drs. 18/6446, S. 18 f.; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 31. 207 Makoski, MedR 2009, 376 (384). Siehe auch OLG Düsseldorf, MedR 2009, 664 (667), das bereits in der Anlehnung an die GOÄ eine sachfremde Beeinflussung gesehen hat. Abl. aber Schroeder-Printzen, in: MAH Medizinrecht, § 10 Rn. 49. 208 Hierfür Arnold/Poetsch, ZMGR 2013, 315 (325). Dazu Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (103). 209 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 163 f. Zum Anwendungsbereich der GOÄ bereits oben unter D. I. 1. b) dd). 210 Bahner/Bechtler/Hartmannsgruber/Piltz/Schulz-Hillenbrand, medstra 2016, 343 (353); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 164. 211 Bahner/Bechtler/Hartmannsgruber/Piltz/Schulz-Hillenbrand, medstra 2016, 343 (353); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 164. 212 Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219 (224). 213 Wigge, in: Schnapp/Wigge, Hdb. d. Vertragsarztrechts, § 6 Rn. 318; Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 31; Kamann, CB 2017, 136 (139), welcher zumindest in der „zu weiten Abweichung“ ein „nicht unerhebliches Risiko“ sieht. 214 Schroeder-Printzen, in: MAH Medizinrecht, § 10 Rn. 49. 206

B. Zusammenarbeit mit Krankenhäusern

237

ebenfalls die Sachkunde des Arztes sowie dessen Gewinnbarkeit finden.215 Entscheidend ist aber, dass eine nachvollziehbare Dokumentation über die Höhe der Vergütung erfolgt.216 Liegt eine angemessene Vergütung vor, ist die Beauftragung sozialrechtlich zulässig, womit keine Unrechtsvereinbarung vorliegen kann. Ist die Angemessenheit der Vergütung aber nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen, wird dies ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung darstellen.

II. Kooperationsbedingter sachlicher Grund der Zahlung In einer gynäkologischen Tagesklinik werden regelmäßig ambulante Operationen durchgeführt. Hierbei übernimmt ein Anästhesist, der nicht an der Klinik beteiligt ist, auf eigene Rechnung die Narkose. Für übrige Tätigkeiten ist das Personal des Klinikums zuständig. Das Klinikum stellt dem Anästhesisten für jede Operation einen „Nutzungskosten“-Beitrag in Höhe von 50 E in Rechnung.217 Die 50 E stellen für die Tagesklinik einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar.218 Allerdings ist schon fraglich, ob überhaupt eine Zuführung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB gegeben ist.219 Diese ist ausgeschlossen, soweit eine autonome Patientenentscheidung gegeben ist.220 Geht man davon aus, dass das Klinikum den Patienten nicht über den Erhalt der 50 E aufklärt, liegt eine Zuführung an den Anästhesisten vor. Allerdings fehlt es an einer Unrechtsvereinbarung, da der Zuführung ein sachlicher Grund zugrunde liegt, der sich in der Kooperation findet.221 Bei den 50 E handelt es sich um einen bloßen Aufwendungsersatz. Das Klinikum stellt bei den Operationen sowohl die Räumlichkeiten als auch das Personal zur Verfügung, wovon auch der Anästhesist bei seiner Tätigkeit profitiert. Er erspart sich damit eigene Aufwendungen.222 Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB kommt erst in Betracht, wenn es sich um eine unangemessene Kostenbeteiligung handelt.223 Eine Orientierung an der GOÄ bietet sich auch an dieser Stelle nicht an, da diese die 215 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 165; Schneider/Ebermann, HRRS 2013, 219 (224); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 31. 216 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079). 217 Vgl. zum Sachverhalt BGH NJW-RR 2003, 1175. 218 Vgl. BGH NJW-RR 2003, 1175, welcher bereits aufgrund Sinn und Zweck der Regelung einen Vorteil verneint. 219 Regelmäßig bejahend für die Konstellation Operateur-Anästhesist Brix, JUS-Letter Juni 2017, 1 (2). 220 Zum Zuführungsbegriff bereits in Teil 3 unter C. IV. 1. c). 221 Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 11; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 31. 222 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 182; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 31; i. E. auch BGH NJW-RR 2003, 1175. 223 Brix, JUS-Letter Juni 2017, 1 (3).

238

Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Vergütung ärztlicher Leistungen regelt. Entscheidend ist vielmehr die Ermittlung des Marktpreises, welche nachvollziehbar zu dokumentieren ist.224 Umgekehrt bleibt auch zu beachten, dass insbesondere ein zu geringer Aufwendungsersatz den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung entstehen lässt. Die vergünstigte Überlassung des Operationssaales stellt einen Vorteil für den Anästhesisten dar. Es spricht viel dafür, dass dieser seine Patienten aufgrund dieses Vorteils der entsprechenden Klinik zuführt und dem Vorgehen eine unzulässige Zuweisung gegen Entgelt zugrunde liegt. Problematisch könnte dies bei einer Bezahlung in Höhe von 20 E pro Stunde für den Operationssaal und das Personal sein.225

III. Inaussichtstellen einer Beauftragung zur nachstationären Behandlung nach § 115a I S. 2 SGB V Ein niedergelassener Vertragsarzt empfiehlt seinen Patienten regelmäßig ein bestimmtes Krankenhaus. Für die nachstationäre Behandlung wird der Arzt als Honorarkooperationsarzt beauftragt. Eine solche Beauftragung erfolgt nur bei denjenigen Patienten, die der Arzt zugewiesen hat. Bei der dargestellten Konstellation handelt es sich um eine klassische Form der Zusammenarbeit zwischen einem niedergelassenen Vertragsarzt und dem Klinikum. Niedergelassene Vertragsärzte können als Belegärzte, Honorarärzte oder Konsiliarärzte in den Krankenhausbetrieb einbezogen werden.226 Im Rahmen der nachstationären Behandlung sieht § 115a I S. 2 SGB V ausdrücklich die Beauftragung niedergelassener Vertragsärzte vor. Die hier einbezogenen Honorarkooperationsärzte sind von den Honorarvertretungsärzten abzugrenzen. Letztere werden auf Honorarbasis in der stationären oder der Notdienst- und der Praxisvertretung tätig.227 Anders als die Honorarkooperationsärzte haben sie keine Möglichkeit, im ambulanten Bereich auf die Entscheidungsfindung des Patienten Einfluss zu nehmen. Damit kommt nur bei Honorarkooperationsärzten ein unzulässiges Zuweisungsverhalten in Betracht.228 Bereits der Vertragsabschluss stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar. Dies gilt auch bei der Vereinbarung einer angemessenen Vergütung229, welche ein wesentliches Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung

224

Brix, JUS-Letter Juni 2017, 1 (3). Vgl. auch Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (101 f.). 226 Zu den Unterschieden der jeweiligen Zusammenarbeit: Ufer, ZMGR 2017, 3 (4 f.). Zum Honorararztstatus ausführlich Hanau, MedR 2015, 77. 227 Hanau, MedR 2015, 77. 228 Ufer, ZMGR 2017, 3 (7). 229 Dazu bereits in Teil 3 unter C. III. 1. c). 225

B. Zusammenarbeit mit Krankenhäusern

239

darstellt.230 Geht man im vorliegenden Fall von einer angemessenen Vergütung aus, sind für die Annahme einer Unrechtsvereinbarung weitere Umstände erforderlich. Ein entscheidender Umstand ist in diesem Fall, dass der Arzt nur mit der Behandlung derjenigen Patienten beauftragt wird, die er dem Krankenhaus zugewiesen hat. Die Zuweisung wird ein wesentlicher Umstand für den Abschluss des Honorararztvertrages sein. Mit dem Inaussichtstellen einer Beauftragung zur Behandlung und der damit einhergehenden weiteren Verdienstmöglichkeit, versucht das Krankenhaus den Arzt als Zuweiser an sich zu binden.231 Unzulässig ist es, eine Verdienstmöglichkeit für die vorangegangene Zuweisung zu verschaffen.232 Die ausschließliche Beauftragung mit der Behandlung von Patienten, die der Arzt selbst eingewiesen hat, stellt ein starkes Indiz für ein solches Vorgehen dar.233 Zur Vermeidung eines solches Verdachtes hat die Beauftragung allein nach dem Zufallsprinzip zu erfolgen.234

IV. Übernahme der Haftpflichtbeiträge im Belegwesen Eine freiberuflich tätige Hebamme hat mit verschiedenen Krankenhäusern in einem Umkreis von 15 km einen Belegvertrag abgeschlossen.235 Sie empfiehlt ihren Patienten jedoch regelmäßig ein bestimmtes Krankenhaus in ihrer Gegend. Dieses Krankenhaus übernimmt für jede begleitete Geburt einen Anteil in Höhe von 150 E der Berufshaftpflichtversicherung der Hebamme. Die Schwangeren klärt sie über diesen Zuschuss nicht auf. Auch bei der vorliegenden Konstellation stellt sich die Frage der unzulässigen Zuweisung gegen Entgelt. Da weder die Hebamme noch die Krankenhäuser dem ärztlichen Zuweisungsverbot gegen Entgelt gemäß § 31 MBO-Ä unterfallen, enthalten die Landesgesetze teilweise vergleichbare Vorschriften für den Krankenhausbereich. So stellt beispielsweise § 31a KHGG NRW das Äquivalent zu § 31 MBO-Ä dar und untersagt eine Zuweisung gegen Entgelt. Verstößt die Vereinbarung gegen die Vorschrift, ist der Vertrag nach § 134 BGB nichtig.236 Die Vorschrift des § 31a KHGG NRW setzt voraus, dass eine Zuweisung von Patienten an das Krankenhaus vorliegt. Ebenso ist für eine Strafbarkeit nach § 299a Nr. 3 StGB erforderlich, dass die Zuführung von Patienten an einen anderen erfolgt. 230

Eufinger, MedR 2017, 296 (300); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 30; Ufer, ZMGR 2017, 3 (7 f.). 231 Dazu Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 46 f. 232 BT-Drs. 18/6446, S. 18. 233 Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 12a; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 30. 234 Kamann, CB 2017, 136 (139). 235 Abzugrenzen ist diese Konstellation von der Dienstbeleghebamme, die im Schichtdienst im Kreißsaal in einer Klinik arbeitet. 236 AG Lüdenscheid, MedR 2012, 747.

240

Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Der Einsatz einer Beleghebamme hat aber gerade den Zweck, dass die Patientin bei der Geburt von einer ihr bereits bekannten Geburtshelferin versorgt wird. Die Schwangere bleibt damit Patientin der Hebamme. Allerdings wird sie durch die Aufnahme im Krankenhaus auch Patientin des Krankenhauses. Die Aufnahme führt zu einem Anstieg der Belegzahlen und das Krankenhaus kann die Inanspruchnahme seiner stationären Einrichtung und des zusätzlich erforderlichen Personals abrechnen. Damit liegt eine Zuweisung an das Krankenhaus vor.237 Soweit die Schwangere keine Kenntnis von dem wirtschaftlichen Vorteil der Hebamme hat, kann nicht von einer freien Patientenentscheidung gesprochen werden, womit eine Zuführung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB gegeben ist. Die Leistung der Beleghebammen stellt ebenso wie die der Belegärzte keine Krankenhausleistung im Sinne des § 2 KHEntgG dar. Sie erhalten keine Vergütung von den jeweiligen Krankenhäusern, sondern rechnen ihre Leistungen gesondert ab.238 Da sie selbstständig sind, sind sie verpflichtet, auf eigene Kosten eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.239 Die anteilige Übernahme der Versicherungsbeiträge durch die jeweiligen Krankenhäuser stellt einen Vorteil im Sinne des § 31a KHGG NRW sowie den strafrechtlichen Korruptionsvorschriften dar.240 Damit stellt sich die Frage, ob zwischen den Beteiligten eine Unrechtsvereinbarung geschlossen worden ist. An dieser Stelle kann es aber nicht wie bei den übrigen Kooperationsmodellen auf die Angemessenheit der Vergütung ankommen. Die Beleghebamme ist nicht bei dem Krankenhaus angestellt, womit sie von diesem überhaupt keine Vergütung erhält.241 Die Abrechnung erfolgt an die Krankenkasse der jeweiligen Patientin direkt.242 Die gewährte Zahlung der anteiligen Berufshaftpflichtversicherung erfolgt damit für die Zuweisung der Patienten an das Krankenhaus. Etwas anderes kann sich auch nicht aus dem Interesse des Krankenhauses an dem Erhalt der Geburtsstationen ergeben. Freilich führt der stetige Anstieg der Prämien der Berufshaftpflichtversicherungen zu dem Problem, dass immer weniger Hebammen den Beruf in Selbstständigkeit ausüben. Insbesondere in ländlichen Gegenden kann dies zur Schließung von Abteilungen führen, was weder den regionalen noch politischen Interessen entspricht. Der Gesetzgeber hat zumindest für Ärzte in diesen Gebieten die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags in § 105 I Hs. 2 SGB V vorgesehen. Dieser Zuschlag ist aber von der Kassenärztlichen Vereinigung zu zahlen und kann damit nicht als Grundlage für eine Zahlung des Krankenhauses an den Arzt herangezogen werden. Auch wenn das Krankenhaus mit der Zahlung das Ziel verfolgt, die Hebammen zu unterstützen, stellt dies dennoch eine unerlaubte Zuweisung gegen Entgelt dar und erfüllt den Straftatbestand des 237 238 239 240 241 242

Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 210. Vgl. für Belegärzte § 121 II SGB V, § 18 KHEntG. Dazu BT WD 7 – 3000 – 036/17, S. 15. BT WD 7 – 3000 – 036/17, S. 10. Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 213. Starzer, in: Spickhoff, § 2 KHEntgG Rn. 5.

B. Zusammenarbeit mit Krankenhäusern

241

§ 299a Nr. 3 StGB.243 Die angeführten Argumente ändern nichts an einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Das Ergebnis ist die Bindung der Hebammen an das jeweilige Krankenhaus. Die hohen Beitragssummen führten in der Vergangenheit dazu, dass der Abschluss solcher Vereinbarungen gängige Praxis war. Mit der Einführung des § 134a Ib SGB V hat der Gesetzgeber durch das Gewähren eines Sicherstellungszuschlags auch in diesem Bereich versucht, das Problem der hohen Beitragssummen zu lösen.244 Dennoch waren entsprechende Kooperationen nach Inkrafttreten der §§ 299a, b StGB Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungsverfahren. Da die Beteiligten aber eine Änderung ihrer vertraglichen Vereinbarungen versprachen, wurden die Verfahren letztendlich eingestellt.245 Es obliegt dem Gesetzgeber, eine sozialrechtliche Grundlage für die Erstattung der Beitragssummen zu schaffen.

V. Entlassmanagement Im Rahmen der Behandlung eines Krebspatienten wird bereits im Krankenhaus ein niedergelassener Vertragsarzt in die Behandlung miteinbezogen. Dieser soll im Anschluss an die Entlassung die Nachversorgung des Patienten übernehmen. Außerdem erstellt der Vertragsarzt einen Entlassplan. Eine gesonderte Vergütung erhält er hierfür von dem Krankenhaus nicht. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Entlassmanagement gemäß § 39 Ia SGB V. Dieses dient dem Zweck, eine lückenlose Versorgung des Patienten beim Übergang in die ambulante Versorgung zu gewährleisten und eine stationäre Wiedereinweisung zu vermeiden.246 Dazu gehört beispielsweise die Abstimmung mit der häuslichen Pflege oder der fachärztlichen Anschlussversorgung.247 Es handelt sich um eine Krankenhausleistung, auf die der Versicherte gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch hat.248 Diese Form der Kooperation bedeutet zwangsläufig, dass eine Zuführung an einen ambulanten Leistungserbringer vorgenommen wird.249 Berufsrechtlich untersagt 243 A. A. aber Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, 213 ff. Vgl. dazu auch BTDrs. 18/11553, S. 27 – Antwort auf die Frage des Abgeordneten Liebing; BT WD 7 – 3000 – 036/17, S. 19 f. 244 BT WD 7 – 3000 – 036/17, S. 15. 245 Artikel aus den Kieler Nachrichten vom 05.09.2017. Abrufbar unter: http://www.kn-on line.de/Lokales/Eckernfoerde/Kein-Verfahren-wegen-Korruption-an-der-Imland-Klinik. Letzter Abruf am 04.07.2020. 246 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 183; Braun, MedR 2015, 22; Kuck, NZS 2016, 256. 247 Ratzel, MedR 2017, 701 (703). 248 Ratzel, MedR 2017, 701 (703). Vgl. zum Vertrag zwischen Landesverbänden der Krankenkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft § 112 SGB V. 249 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (102).

242

Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

bereits § 31 II MBO-Ä den Krankenhausärzten eine Zuweisung an einen anderen Leistungserbringer, soweit kein sachlicher Grund vorliegt.250 Für eine Strafbarkeit nach § 299a StGB ist aber außerdem erforderlich, dass die Zuführung im Zusammenhang mit einem Vorteil für den Heilberufsangehörigen oder einen Dritten erfolgt.251 Durch die Zuführung erlangt der Krankenhausarzt oder das Krankenhaus zunächst keinen Vorteil. Einen Vorteil erlangt nur der Leistungserbringer, dem mit der Zuführung des Patienten eine Verdienstmöglichkeit eingeräumt wird.252 Die anschließende Versorgung kann zweifelsfrei von einem Leistungserbringer übernommen werden. Dies ergibt sich bereits aus § 39 Ia S. 3 SGB V.253 Für den Krankenhausarzt oder das Krankenhaus als Dritten liegt ein Vorteil erst dann vor, wenn der Vertragsarzt Aufgaben übernimmt, die eigentlich zum Aufgabenbereich des Krankenhauses gehören. Dazu gehört der Entlassplan, welcher die Organisation und Koordination der Nachversorgung des Patienten enthält und damit zum Entlassmanagement im engeren Sinne gehört.254 Für das Krankenhaus oder den behandelnden Arzt liegt ein Vorteil in Form von ersparten Aufwendungen vor.255 Da mit der Übernahme dieser Aufgaben eine Zuführung von Patienten einhergeht, ist ein Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung anzunehmen, wenn der Leistungserbringer kostenlos Teile der eigentlichen Krankenhausbehandlung übernimmt.256 Handelt es sich aber um Teile des Entlassmanagements im weiteren Sinne, in welches die einzelnen Leistungserbringer zur Nachversorgung von dem Krankenhaus einbezogen werden, kann dies freilich nicht gelten, da diese Kooperation ausdrücklich in § 39 Ia S. 3 SGB V gesetzlich vorgesehen ist.257

250

Hierzu bereits in Teil 2 B. IV. 1. der Arbeit. Da zum Entlassmanagement außerdem die Verordnung erforderlicher Medikamente gehört, ist außerdem § 11 ApoG von Bedeutung. Hierzu ausführlich Braun, MedR 2015, 22. Allerdings hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 39 Ia S. 4 SGB V klargestellt, dass § 11 ApoG unberührt bleibt. 251 Zum strafrechtlichen Begriff der Zuführung bereits in Teil 3 unter C. IV. 1. c). 252 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 210. Zum Vorteilsbegriff näher in Teil 3 unter C. III. 1. 253 Umstritten ist, ob diese Kooperationsnetze nur mit den in § 95 I SGB V aufgeführten Leistungserbringern übernommen werden dürfen. Hierzu ausführlich Kuck, NZS 2016, 256 (259 f.). 254 Kuck, NZS 2016, 256 (257). 255 Schneider, Rechtsgutachten zu dem „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz“, S. 27. 256 So auch Schneider, Rechtsgutachten zu dem „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz“, S. 27, wobei hier nur Fälle des Entlassmanagement im engeren Sinne gemeint sein können, bei denen eigentliche Aufgaben des Krankenhauses übernommen werden. Krit. im Hinblick auf § 299a StGB auch Kuck, NZS 2016, 256 (261). 257 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 185; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 211.

C. Zuweisung an andere Heilberufe

243

C. Zuweisung an andere Heilberufe I. Vergünstigte Überlassung von Praxisräumen Ein Apotheker vermietet oberhalb seiner Apotheke Praxisräume an einen Allgemeinarzt zu einem besonders günstigen Mietzins. Hier liegt für den Arzt durch die vergünstigte Miete ein materieller Vorteil vor. Entsprechendes gilt für den Apotheker, der aufgrund seines Standortes einen erhöhten Umsatz rezeptpflichtiger Medikamente haben wird.258 Allerdings fehlt es bereits an einer erforderlichen Zuführung des Arztes an den Apotheker. Der Apotheker profitiert hier lediglich von einer vermehrten „Laufkundschaft“, die aufgrund der gegebenen Örtlichkeiten seine Apotheke aufsuchen wird. Nicht zu beanstanden ist der Umstand, dass der Apotheker ein Interesse daran hat, in seiner nahen Umgebung möglichst viele Arztpraxen unterzubringen.259 Anders gestaltet sich der Fall aber, wenn Apotheker und Arzt bei der vergünstigten Überlassung von Praxisräumen übereinkommen, dass der Arzt bei Verschreibung eines Medikamentes seinen Patienten empfiehlt, das Rezept in der nebenanliegenden Apotheke einzulösen. In der Regel wird der Arzt den Patienten in diesen Fällen nicht über seinen eigenen Vorteil aufklären. Damit liegt eine Zuführung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB vor.260 Die Zuführung erfolgt gerade aufgrund dieser günstigen Mietkonditionen, womit eine Unrechtsvereinbarung gegeben ist.261 In diesen Fällen verwirklicht der Arzt den Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nach § 299a StGB und der Apotheker macht sich spiegelbildlich der Bestechung im Gesundheitswesen gem. § 299b StGB strafbar.262 Vermietet aber der Arzt an den Apotheker die Räume zu einem besonders niedrigen Mietzins und liegt dem eine Unrechtsvereinbarung zugrunde, scheidet eine Strafbarkeit nach § 299a Nr. 3 StGB für den Apotheker aus, wenn der Apotheker einem Kunden auf dessen Nachfrage die Praxis des Arztes empfiehlt. Hier ist der Kunde bereits kein Patient des Heilberuflers, womit § 299a Nr. 3 StGB nicht einschlägig ist.263 Demnach kann auch keine Strafbarkeit nach § 299b Nr. 3 StGB für den Arzt gegeben sein.

258

Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 13. Damas, wistra 2017, 128 (133); Harneit, MedR 2017, 688 (693); Eisele, in: Schönke/ Schröder, § 299a StGB Rn. 28 Zu § 299 StGB: OLG Braunschweig NStZ 2010, 392 (393). 260 Zum Zuführungsbegriff bereits ausführlich in Teil 3 unter C. IV. 1. c). 261 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 28. Zu § 299 StGB: OLG Braunschweig, NStZ 2010, 392 (393). 262 Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (373). 263 Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 77. 259

244

Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

II. Kostenlose Überlassung von Blutentnahmeröhrchen Ein Labor stellt Ärzten kostenlos die für eine Blutentnahme erforderlichen Röhrchen zur Verfügung. Die erforderliche Kanüle bezieht der Arzt über den Praxisbedarf. Nach der Blutentnahme übersendet der Arzt dem Labor die Blutprobe zur Analyse. Eine fehlerfreie Analyse in dem Labor ist nur mit diesem vom Labor eigens hergestellten Einwegmaterial möglich. Ein Röhrchen hat einen Wert von etwa 20 Cent. Dieses Vorgehen betreiben die Beteiligten schon seit mehreren Jahren. Abhängig von der jeweiligen Praxisgröße, übersendet jeder Arzt dem Labor jährlich mindestens 1.000 Proben zur Untersuchung. In Betracht kommt eine nach § 299a Nr. 3 StGB unzulässige Zuführung von Untersuchungsmaterial. Überlässt das Labor dem Arzt kostenlos die Blutröhrchen, ist naheliegend, dass dies für die Zuführung des Untersuchungsmaterials erfolgt. Insbesondere die Weiterleitung von Proben zur Laboruntersuchung ist von der Zuführungsvariante nach § 299a Nr. 3 StGB erfasst.264 Erforderlich ist auch hier zunächst das Vorliegen eines Vorteils. Entscheidend ist, wer die Kosten für das zur Verfügung gestellte Einwegmaterial zu tragen hat. Teilweise sind den Röhrchen bereits bestimmte Stoffe zugefügt, die dazu dienen, das Blut bis zur Analyse in einem hierfür erforderlichen Zustand zu erhalten.265 Eine Übersendung an das Labor ist ohne diese Röhrchen nicht möglich. Sie dienen in diesen Fällen der ordnungsgemäßen Verpackung des Blutes. Es handelt sich damit um Versandmaterial für die entnommenen Blutproben.266 Versandkosten, welche außerdem die Kosten für das Versandmaterial beinhalten, können gemäß § 10 III GOÄ nur von dem Arzt berechnet werden, dem die gesamten Kosten tatsächlich entstanden sind. Dies gilt zumindest für die Versandkosten, die im Zusammenhang mit der Erbringung einer ärztlichen Leistung veranlasst worden sind. Der erforderliche Zusammenhang ist bei der Übersendung von Blutproben gegeben. In der Regel werden entsprechende Behältnisse von den Laboren zur Verfügung gestellt, womit eine Abrechnung durch den Arzt nicht möglich ist.267 Ist dies aber nicht Fall, sind dem Arzt die Kosten tatsächlich entstanden, womit er sie den Krankenkassen in Rechnung stellen könnte. Damit ist ihm kein Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften entstanden. Dieser liegt dann vielmehr bei den Krankenkassen, da eine Kostenübernahme in Höhe von etwa 20 Cent durch diese nicht mehr erforderlich ist. Der Drittvorteil zugunsten der Krankenkassen ist zwar tatbestandsmäßig, allerdings fehlt es an der Unlauterkeit der Bevorzugung. Ein solches Vorgehen ist Ausdruck einer wirtschaftlichen Behandlungsweise und damit im Sinne des Gesundheitswe264

BT-Drs. 18/6446, S. 20. Vgl. nur https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-442014/laborbefunde-kri tisch-beurteilen/. Letzter Abruf am 04.07.2020. 266 Vgl. aber Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 162, welche bei einer vergleichbaren Problematik bei Objektträgern zu einer vom Gynäkologen zu erbringenden Leistung tendiert und damit von einem Vorteil für den Gynäkologen ausgeht. 267 Miebach, in: Uleer/Miebach/Patt, § 10 GOÄ Rn. 24. 265

C. Zuweisung an andere Heilberufe

245

sens.268 Ein entsprechendes Vorgehen ist damit nicht strafbar.269 Auf die Frage der Sozialadäquanz ist daher nicht näher einzugehen. Hier wäre zu berücksichtigen, dass wiederholte Zuwendungen für die Beurteilung der Sozialadäquanz zumindest über einen bestimmten Zeitraum zu addieren sind und damit zum Ausschluss der Sozialadäquanz führen können.270

III. Auslage von Flyern Ein Orthopäde legt in seinem Wartezimmer Flyer eines Physiotherapeuten aus. Hierfür erhält er von dem Physiotherapeuten ein Entgelt.271 In der Regel wird der Orthopäde den Patienten nicht darüber aufklären, dass er für das Auslegen der Flyer ein Entgelt erhält und daher ein eigenes Interesse an der Auslage hat. Eine Zuführung kann sowohl persönlich als auch durch sachliche Mittel erfolgen, womit eine Zuführung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB vorliegt.272 Ebenfalls ist eine Unrechtsvereinbarung gegeben, welche auf eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb gerichtet ist, da der Orthopäde für die Zuführung ein Entgelt erhält. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn sich der Orthopäde ausdrücklich – beispielsweise durch einen Aushang am Eingang des Wartezimmers – von dem Inhalt des Flyers distanzieren würde. Dann wäre bereits das Merkmal der Zuführung zu verneinen. Legt der Orthopäde aber Flyer aller Physiotherapeuten in einem bestimmten räumlichen Umkreis aus, fehlt es ebenfalls an einer Zuführung.273 Ausreichend wird es aber nicht sein, wenn er nur von mehreren, nicht aber von allen Physiotherapeuten in der Gegend Flyer auslegt.274 In diesen Fällen wird der Patient von einer Empfehlung der beworbenen Personen ausgehen. Erhält der Orthopäde hierfür kein Entgelt, fehlt es bereits an einem Vorteil. Liegt ein sachlicher Grund für die Auslage des Flyers vor, führt dies nicht zum Ausschluss der Strafbarkeit. Berufsrechtlich sind Empfehlungen und Verweisungen nach § 31 II MBO-Ä zulässig, wenn ein hinreichender Grund gegeben ist.275 Allerdings muss sich dieser Grund auf die individuelle Behandlung 268

Näher Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 27 m. w. N. Vgl. aber auch Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 180. 270 Eine sozialadäquate Zuwendung bei der kostenlosen Überlassung von Objektträgern nimmt auch Kronawitter, Korruption im Gesundheitswesen, S. 164 bei einer Gesamtsumme von 70 E an. Zur Sozialadäquanz bereits ausführlich in Teil 3 unter C. IV. 2. c). 271 Zu diesem Beispiel auch Damas, wistra 2017, 128 (133). 272 Für eine Zuführung auch Damas, wistra 2017, 128 (133); Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 29; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 20. Für eine Zuweisung i. S. d. § 34 MBO-Ä a. F. BGH NJW 2011, 2211 (2214). 273 Harneit, MedR 2017, 688 (693). 274 So aber Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 29. 275 Siehe für Beispiele eines hinreichenden Grundes: Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 23 ff. 269

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

beziehen. Die allgemeine fachliche Kompetenz eines Anbieters ist dagegen nicht ausreichend.276 Die Auslage eines Flyers im Wartezimmer kann aber nicht auf den einzelnen Patienten abgestimmt sein. Vielmehr ist sie an jeden Patienten der Praxis gerichtet. Damit kann in diesem Fall bereits kein sachlicher Grund gegeben sein, der zum Ausschluss der Strafbarkeit führt. Weiterhin sind Empfehlungen berufsrechtlich bei Vorliegen eines hinreichenden Grundes nach § 31 I MBO-Ä unzulässig, wenn der Arzt einen Vorteil dafür erhält.277 Das Verhalten ist damit auch bei Vorliegen eines sachlichen Grundes nach dem Berufsrecht nicht gestattet, womit dieses nicht zum Ausschluss der Strafbarkeit führen kann.278 Liegt ein sachlicher Grund vor, führt dies nicht zum Ausschluss einer Strafbarkeit nach § 299a StGB.

IV. Werbe-TV Der Orthopäde spielt auf dem Bildschirm seines Wartezimmers den Werbespot eines Physiotherapeuten ab. Hierfür bekommt er von dem Physiotherapeuten ein Entgelt. In dem Werbespot ist für die ganze Zeit der Untertext zu sehen, dass der Physiotherapeut von dem Orthopäden unabhängig ist und die Werbung keine Empfehlung des Orthopäden darstellen soll. Das Ausstrahlen eines Werbespots über das Wartezimmer-TV kann ebenfalls eine Zuführung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB darstellen.279 Distanziert sich aber der Orthopäde von dem Inhalt des Werbespots, wird man kaum davon ausgehen können, dass der Orthopäde den Patienten in seiner Auswahl eines weiteren Arztes oder hier Leistungserbringers beeinflusst. Dieser kann vielmehr erkennen, dass es sich nicht um eine Empfehlung des Orthopäden handelt. Damit fehlt es an einer Zuführung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB.

D. Geräteüberlassung I. Kostenlose Geräteüberlassung durch den Hersteller Der ärztliche Direktor eines Klinikums vereinbart mit einem Gerätehersteller, dass dieser dem Klinikum in den Klinikräumen kostenlos ein MRT zur Nutzung zur Verfügung stellt. 276 BGH NJW 2011, 2211 (2215) – „Hörgeräteversorgung II“; Damas, wistra 2017, 128 (132 f.); Rehborn, in: Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 23b. 277 Rönnau/Wegner, NZWiSt 2019, 81 (82). Ähnl. Rogall, in: SK, § 299a Rn. 41, welcher in diesen Fällen den für § 31 II MBO-Ä erforderlichen hinreichenden Grund verneint. 278 Dazu bereits ausführlich in Teil 3 unter B. II. 1. a). 279 Für eine Zuführung auch Damas, wistra 2017, 128 (133); Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 29; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 20. Für eine Zuweisung i. S. d. § 34 MBO-Ä a. F. BGH NJW 2011, 2211 (2214).

D. Geräteüberlassung

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Im Sozialrecht erklärt § 128 II S. 3 SGB V die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten als Zuwendung im Sinne der Vorschrift. Unzulässig ist eine Zuwendung aber nur, soweit sie im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln steht und das Verordnungsverhalten dadurch tatsächlich beeinflusst ist.280 Dies entspricht auch den strafrechtlichen Vorschriften. Strafrechtlich betrachtet ist die unentgeltliche Überlassung von Geräten ein Vorteil im Sinne der Bestechungstatbestände.281 Dieser kommt im vorliegenden Fall der Klinik als Dritter zugute, da für diese eine Anschaffung des Gerätes auf eigene Kosten nicht mehr erforderlich ist. Allerdings fehlt es im vorliegenden Fall an einer Unrechtsvereinbarung. Die kostenlose Geräteüberlassung stellt eine Sachspende dar, womit sich die Zulässigkeit nach den Grundsätzen für Spenden richtet.282 Kliniken sehen sich aufgrund begrenzter finanzieller Mittel oftmals dem Problem ausgesetzt, dass eine Anschaffung entsprechend teurer Geräte teilweise kaum ohne Unterstützung der Industrie möglich wäre und sie damit auf Spenden angewiesen sind.283 Vereinbaren die Beteiligten jedoch, dass der Arzt im Gegenzug für die Geräteüberlassung gegebenenfalls die für die Untersuchung erforderlichen Kontrastmittel sowie erforderliche Implantate oder andere Produkte in Zukunft bei dem Hersteller bestellen wird, liegt eine Unrechtsvereinbarung im Sinne der Bestechungstatbestände vor.284 Entsprechendes gilt auch, wenn die kostenlose Überlassung mit dem dauerhaften Liefervertrag anderer Produkte verknüpft ist.285

II. Überlassung im Rahmen einer Studie Zur Durchführung einer Studie überlasst der Gerätehersteller einem Augenarzt ein Messgerät, mit dem Messungen an Patienten vorgenommen werden sollen. Die Patienten wählt der Arzt selber aus. Der Arzt ist außerdem befugt, Messungen an Patienten, die nicht an der Studie teilnehmen, mit diesem Gerät vorzunehmen.286 Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Beistellung, die zur Durchführung eines Forschungsvorhabens erforderlich ist. Gewährleistet werden soll dadurch eine 280

Nusser, in: Krauskopf, § 128 SGB V Rn. 12. OLG Karlsruhe, NJW 2001, 907 (908); Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 19; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 12; Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 15. 282 Leipold, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, § 50 Rn. 52; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 205. Zu den Spenden bereits in diesem Teil unter A. V. 283 Siehe dazu bereits in diesem Teil unter A. VI. 2. 284 Für eine Strafbarkeit nach § 332 a. F. StGB auch OLG Karlsruhe, NJW 2001, 907; Satzger, ZStW 115 (2003), 469 (494). 285 Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 6 Rn. 67. 286 Vgl. zum Sachverhalt auch FS, PharmR 2006, 596 zu § 18 I Nr. 6 FSA-Kodex, der eine Vergütung nur in Form von Geld gestattet. Im vorliegenden Fall wurde dem Arzt aber keine eigenständige Nutzung eingeräumt. 281

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

einheitliche Diagnostik, womit die Vergleichbarkeit der Daten sichergestellt werden kann.287 Erforderlich ist, dass die Geräteüberlassung sachdienlich für eine medizinische Entscheidung ist.288 Damit ist eine Beistellung auch nur dann zulässig, wenn es sich um Untersuchungen derjenigen Patienten handelt, die an dem Forschungsvorhaben teilnehmen. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich um eine kostenlose Überlassung des Gerätes. Dieser Teil, der als Sachspende zu behandeln ist, stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften dar.289 Aber auch hier ist eine Strafbarkeit erst gegeben, wenn eine Unrechtsvereinbarung vorliegt. An eine solche ist zu denken, wenn der Arzt vereinbart, auch die für die Untersuchung erforderlichen Verbrauchsmaterialien bei dem entsprechenden Hersteller zu beziehen.290

III. Gerätegestellung durch Fachkliniken Eine orthopädische Fachklinik stellt einem allgemeinen Krankenhaus in dessen Räumlichkeiten ein MRT zu einem verminderten Mietpreis zur Verfügung. Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB setzt voraus, dass die entsprechende Vereinbarung mit einem Klinikarzt getroffen worden ist. Nur dieser kann als Heilberufler tauglicher Täter im Sinne des § 299a StGB sein. Wird die Vereinbarung mit dem kaufmännischen Leiter des Krankenhauses getroffen, kommt lediglich eine Strafbarkeit nach § 299 StGB in Betracht.291 Die Überlassung des MRTs zu einem verminderten Mietpreis stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften dar.292 Erfasst werden auch Drittvorteile, welche der Klinik als Geschäftsherrn im Sinne des § 299 StGB zugutekommen.293 Auch hier muss die Vereinbarung aber eine Unrechtsvereinbarung zum Gegenstand haben. Eine solche lässt sich dem geschilderten Fall nicht entnehmen. Freilich bezweckt die Fachklinik mit dem verminderten Mietpreis, dass das allgemeine Krankenhaus bei entsprechenden Befunden die weitere Behandlung vermehrt an die Fachklinik überweist. Die allgemeine Klima287

FS, PharmR 2006, 596 (598); Dieners, in: Dieners, Hdb. Compliance, Kap. 11 Rn. 157. Für den Ausschluss der Unlauterkeit in diesen Fällen auch Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 46. 289 Leipold, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, § 50 Rn. 53; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 205. 290 Dazu Schneider, Rechtsgutachten zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen des Bundesministeriums, S. 29. 291 Hierzu bereits ausführlich in Teil 3 unter C. I. 3. c). 292 Vgl. auch Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (25), welche einen Vorteil auch bei einer angemessenen Mietzahlung in Betracht ziehen, wenn die Klinik für eventuelle Finanzierungsund Leasingangebote bei Banken oder den Geräteherstellern direkt die erforderlichen Sicherheiten nicht hätte aufbringen können und damit eine Miete des Gerätes nicht möglich gewesen wäre. 293 Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (24). Siehe hierzu bereits in Teil 3 unter C. I. 3. c) sowie C. III. 1. b). 288

E. Vorteilsannahmen im Interesse des Patienten

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pflege wird von § 299a StGB jedoch nicht erfasst.294 In Betracht kommt dann bei Amtsträgern eine Strafbarkeit nach §§ 331 ff. StGB. Vereinbaren die Fachklinik und das Krankenhaus ausdrücklich, dass die Behandlung bei entsprechenden Befunden von der Fachklinik übernommen wird, liegt sowohl eine berufs- als auch sozialrechtlich unzulässige Zuweisung gegen Entgelt vor. Ebenfalls ist der Straftatbestand des § 299a StGB verwirklicht, soweit der Patient nicht über den Vorteil des Krankenhauses informiert wurde und damit eine Zuführung im Sinne der Nr. 3 gegeben ist.295 In den wenigsten Fällen wird eine solche Vereinbarung von den Beteiligten offen geschlossen werden. Damit sind auch an dieser Stelle die allgemeinen Grundsätze der Zusammenarbeit zu berücksichtigen. Fehlt es bereits an der Angemessenheit der Vergütung, ist insbesondere auf die Grundsätze der Dokumentation und Transparenz gesteigerten Wert zu legen. Da sich aber in diesen Fällen die Angemessenheit anhand des marktüblichen Mietpreises ermitteln lässt, müsste zumindest begründet werden, warum der Mietpreis unter dem marktüblichen Preis liegt.296 Wird eine solche Begründung aber nicht nachvollziehbar dokumentiert, stellt dies ein Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar.

E. Vorteilsannahmen im Interesse des Patienten I. Blutzuckermessgeräte Ein Diabetologe bewahrt in seiner Praxis verschiedene Blutzuckermessgeräte auf, die er seinen Patienten in den Praxisräumen zur Anschauung zur Verfügung stellt. Die Geräte hat er dazu kostenlos vom Hersteller erhalten. Trifft der Patient eine Auswahl, bekommt er das entsprechende Gerät vom Arzt kostenlos zur dauerhaften Nutzung überlassen.297 Dieser (zumindest früher) weit verbreitete Vertriebsweg bringt insbesondere für die Hersteller der Blutzuckermessgeräte einen Vorteil. Wählt der Patient ihr Blutzuckermessgerät, muss er auch in Zukunft die dazu passenden Messstreifen verwenden. Im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach § 299a StGB stellt sich die Frage, ob auch ein Vorteil für den Heilberufler oder einen Dritten gegeben ist. Äußerst fraglich ist zunächst der Eigenvorteil des Arztes. Da die Geräte zur Weitergabe an den Patienten bestimmt sind, erhält der Arzt lediglich Besitz oder Gewahrsam, allerdings kein Eigentum an den Geräten.298 Die Abgabe der Blutzuckermessgeräte in der 294 Zu den Anforderungen an eine Unrechtsvereinbarung im Rahmen des § 299a StGB bereits in Teil 3 unter C. IV. 2. a) aa). 295 Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (24 f.); Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 46. Zum Zuführungsbegriff bereits ausführlich in Teil 3 unter C. IV. 1. c). 296 Vgl. auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 207, die bereits in der fehlenden Angemessenheit einen Anhaltspunkt für eine Unrechtsvereinbarung sieht. 297 Zu diesem Beispiel auch Damas, wistra 2017, 127 (129). 298 Rönnau/Wegner, MedR 2017, 206.

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Praxis erspart aber dem Patienten weitere Wege. Insbesondere erhält er die Möglichkeit, sich die Geräte dort unverbindlich vorführen zu lassen und anzuschauen. Damit wird der Patient vorrangig diese Arztpraxen aufsuchen, die ihm hierzu die Gelegenheit bieten. Sieht man diese Patientenzufriedenheit allerdings als immateriellen Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften an, führt dies zu einer unüberschaubaren Ausdehnung des Vorteilsbegriffs. Fragwürdig ist, worin hier der objektiv messbare Wert bestehen soll.299 Einen Vorteil wird man auch kaum in einer möglichen Budgetentlastung sehen können, da ein kostenloses Überlassen der Geräte dem Arzt allein die Behandlung weiterer Patienten ermöglicht. Einen eigenen Vorteil wird dies aber nicht darstellen.300 Es liegt aber zumindest ein Drittvorteil vor.301 Dritter im Sinne der Vorschrift ist auch der Patient, da auch Vorteile an diesen den Wettbewerb beeinträchtigen können.302 Werden die Kosten des Blutzuckermessgerätes von den Krankenkassen übernommen, fehlt es an einem Vorteil des Patienten. Vielmehr liegt der Vorteil dann bei den Krankenkassen, womit die ärztliche Entscheidung aber im Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot steht. Eine Übernahme durch die Krankenkassen ist aber nicht zwingend der Fall.303 Die bloße Möglichkeit zur kostenlosen Ansicht kann allerdings noch keinen Vorteil darstellen.304 Als Marktverhalten kommt alleine die Verordnung der zugehörigen Teststreifen in Betracht. Ein Bezug der Geräte scheidet bereits deshalb aus, weil weder diese noch die Teststreifen zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt sind. Vielmehr ist eine Abgabe an den Patienten vorgesehen, welche gerade nicht von dem Tatbestand erfasst wird.305 Einer Zuführung nach § 299a Nr. 3 StGB an den Hilfsmittelhersteller steht entgegen, dass die Auswahl des Blutzuckermessgerätes regelmäßig aufgrund einer autonomen Patientenentscheidung getroffen wird. Dieser alleine entscheidet, welches Gerät er in der Handhabung bevorzugt. Damit fehlt es an einer gewissen Täuschung durch den Arzt, welche für die Verwirklichung der Zu-

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Abl. auch Rönnau/Wegner, MedR 2017, 206 (207). Für einen immateriellen Vorteil aber Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 190. Ebenso wohl Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 47. 300 Rönnau/Wegner, MedR 2017, 206 (208). Krit. aber Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 51 Fn. 325 sowie Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (227), welche davon ausgehen, dass diese Frage auch Gegenstand zukünftiger Rechtsprechung sein könnte. 301 Zur Straffreiheit mangels Vorliegen eines Vorteils kommen aber Rönnau/Wegner, MedR 2017, 206 (209). Ebenso Heger, in: Lackner/Kühl, § 299a StGB Rn. 3 sowie Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 63. 302 Hierzu ausführlich bereits in Teil 3 unter C. III. 1. b). Anders ausdrücklich im Zusammenhang mit Blutzuckermessgeräten Großkopf/Schanz, RDG 2016, 220 (226); Vasilikou/ Grinblat, MPR 2016, 189 (191). 303 OLG Dresden, PharmR 2018, 142 (143). 304 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 25. 305 Damas, wistra 2017, 128 (130); Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 47.

E. Vorteilsannahmen im Interesse des Patienten

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führung im Sinne des § 299a Nr. 3 StGB erforderlich ist.306 Allerdings fehlt es auch bei der Verordnung der Teststreifen an dem erforderlichen Zusammenhang zu der kostenlosen Übergabe des Blutzuckermessgerätes an den Patienten. Erhält der Arzt die Geräte von den verschiedenen Herstellern, möchte er dem Patienten eine Auswahl verschaffen. Der Patient soll die Möglichkeit bekommen, sich dieses Gerät auszusuchen, welches ihm am besten liegt. Hygienevorschriften erschweren es aber, dieses Gerät für weitere Tests zur Verfügung zu stellen. Erfolgt anschließend eine Verordnung der dazugehörigen Streifen, ist freilich die Auswahl des Gerätes kausal für die Verschreibung. Allerdings bezieht der Arzt bei der Verordnung nicht mehr die Vorteilsgewährung in seine Entscheidung mit ein. Er verordnet lediglich die passenden Messstreifen und trifft seine Entscheidung damit aufgrund sachlichen Erwägungen.307 Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB scheidet damit aus. Die kostenlose Zurverfügungstellung des Blutzuckermessgerätes könnte jedoch ein Verstoß gegen das UWG darstellen.308

II. Arzneimittelmusterabgaben Auf Anfragen eines Arztes übersendet ein Pharmaunternehmen diesem ein Arzneimittelmuster. Dem Arzt werden innerhalb von einem Jahr zwei Muster in der kleinsten Packungsgröße übersendet. Arzneimittelmusterabgaben sind in § 47 III, IV AMG ausdrücklich vorgesehen. Es handelt sich dabei um zugelassene oder registrierte Fertigarzneimittel im Sinne von § 4 I AMG, die zum Zwecke der Erprobung und Information abgegeben werden dürfen.309 Zu unterscheiden sind sie von Arzneiproben, die üblicherweise in einer kleinen Größe unentgeltlich abgegeben werden.310 Arzneimittelmuster unterstützen den Arzt beim Kennenlernen des Produkts und können bei der Beobachtung der Wirkung am Patienten von Bedeutung sein.311 Weiterhin dienen sie aber auch Marketingzwecken. Da sie den Arzt in seinem Verordnungsverhalten beeinflussen können, ist eine Strafbarkeit nach § 299a StGB näher zu betrachten. Arzneimittelmusterabgaben stellen zumindest für den Patienten einen Vorteil dar, womit ein Drittvorteil gegeben ist. Dieser wird bei einer kostenlosen Abgabe in der Praxis von seiner Zahlungs- oder 306 Zum Zuführungsbegriff bereits in Teil 3 unter C. IV. 1. c). Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 47. Vgl. auch Damas, wistra 2017, 128 (130), welcher dem Arzt eine gewisse Hinweispflicht hinsichtlich der eigentlichen Kosten in Form der Messstreifen auferlegen möchte. Für eine Zuführung aber Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 191 ff. 307 So auch Rönnau/Wegner, MedR 2017, 206 (209). 308 Hierzu OLG Dresden, PharmR 2018, 142. 309 M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 47 AMG Rn. 12. 310 M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 47 AMG Rn. 12. Deren Zulässigkeit richtet sich nach dem HWG. Vgl. Zu der Wertgrenze OLG Stuttgart, PharmR 2018, 179. 311 Kaufmann/Ludwig, PharmR 2014, 50 (51).

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

zumindest Zuzahlungspflicht befreit.312 Weiterhin muss dieser den Weg in die Apotheke nicht mehr zurücklegen und erspart sich damit mögliche Fahrtkosten.313 Inwieweit aber ein Vorteil für den Arzt vorliegt, ist zweifelhaft. Wie auch bei den Blutzuckermessgeräten, kann die Patientenzufriedenheit alleine noch keinen Vorteil darstellen.314 Auch bei einer Ersparnis im Rahmen des Richtgrößenvolumens für die Arzneimittelverordnung muss entsprechendes geltend wie bei der Budgetersparnis. Dem Arzt wird es lediglich ermöglicht, mehr Arzneimittel zu verordnen.315 Allerdings handelt es sich hierbei stets um eine sozialadäquate Zuwendung, soweit die Voraussetzungen des § 47 III, IV AMG eingehalten worden sind.316 Hierfür spricht bereits, dass ein rechtmäßiges Verhalten nicht strafbewehrt sein kann. Damit dürfen jährlich zwei Musterabgaben in der kleinsten Packungsgröße abgegeben werden. Zwar ist im Rahmen des § 47 III, IV AMG umstritten, ob eine Abgabe an Apotheker ebenfalls zulässig ist317, allerdings kommt es im Rahmen des § 299a StGB auf diese Frage nicht an, da der Apotheker in diesem Zusammenhang keine der nach § 299a Nr. 1 – 3 StGB erforderlichen Handlungen vornehmen kann.318 Eine Überschreitung der durch § 47 III, IV AMG vorgegebenen Grenzen stellt zunächst nach § 97 II Nr. 12a AMG eine Ordnungswidrigkeit dar. Werden die Grenzen erheblich überschritten, wird dies bezüglich einer Strafbarkeit des Arztes ein Indiz für eine Unrechtsvereinbarung darstellen.319 Dies ergibt sich aus dem zweifelsfrei bestehenden Marketingeffekt der Musterabgaben, wo sich schwerlich ein anderer Grund als die Beeinflussung des Verordnungsverhaltens entnehmen lässt. Voraussetzung ist, dass eine konkrete Gegenleistung vereinbart wird. Das Pharmaunternehmen zielt darauf ab, dass genau dieses Arzneimittel in Zukunft von dem Arzt verschrieben wird. Die Inanspruchnahme der Arzneimittelmusterabgabe spricht dafür, dass eine Verordnung dieses Medikamentes öfters erfolgt. Damit ist die zukünftige Gegenleistung zumindest in groben Umrissen bereits erkennbar, womit von einer konkreten Gegenleistung auszugehen ist.320 Allerdings wird auch hier erfor-

312

Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 178. Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 178. 314 Für einen Vorteil Kaufmann/Ludwig, PharmR 2014, 50 (53) sowie Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 178. Dazu bereits in diesem Teil unter E. I. 315 Für einen dadurch entstehenden Vorteil Kaufmann/Ludwig, PharmR 2014, 50 (54); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 178. 316 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 178; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 40. 317 Abl. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2017; M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 47 AMG Rn. 12. Ausführlich zu einem Verstoß gegen § 47 III AMG: Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 179 f. sowie zu einem Verstoß gegen § 7 HWG: Weidner, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 139 (159 ff.). 318 Ausführlich dazu bereits in Teil 3 unter C. I. 2. a). 319 Kaufmann/Ludwig, PharmR 2014, 50 (54). 320 Hierzu bereits ausführlich in Teil 3 unter C. IV. 2. 313

E. Vorteilsannahmen im Interesse des Patienten

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derlich sein, dass tatsächlich eine Verordnung von Produkten des Pharmaunternehmens in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt.

III. Patientensupport-Programme321 Ein Pharmaunternehmen vertreibt zwei Arzneimittel zur Behandlung von Multiple Sklerose. Medikament A ist für die Basistherapie bei der Krankheit zugelassen. Es handelt sich um eine Injektionslösung, die aus Pulver und Lösungsmittel herzustellen ist. Medikament B wird bei schnell fortschreitender schubförmig-remittierend verlaufender Krankheit eingesetzt. Es wird einmal täglich in Form von Hartkapseln eingenommen. Der Hersteller der Medikamente hat Patientensupportprogramme eingerichtet. Im Vordergrund steht die Selbstinjektion des Medikaments A. Allerdings wurde auch die Einnahme von Medikament B in das Programm mitaufgenommen. Gegenstand des Programmes sind Hausbesuche bei den Patienten, die von sogenannten „MS-Schwestern“ durchgeführt werden, welche das Pharmaunternehmen einsetzt. Das Programm ist auf einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten angelegt und besteht neben den Betreuungsbesuchen zudem aus Telefonaten.322 Entsprechende Patientensupportprogramme waren vereinzelt Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen.323 Sie dienen insbesondere dem Zweck, eine kontinuierliche Einnahme verschriebener Arzneimittel zu gewährleisten und damit den Behandlungserfolg zu sichern.324 Neben der strafrechtlichen Komponente stellt sich zunächst die Frage nach der Vereinbarkeit mit § 7 HWG. § 7 HWG beinhaltet ein Verbot von Werbegaben an den Patienten, aber auch die Annahme durch den Arzt. Den Zuwendungen muss eine abstrakte Gefahr zur unsachlichen Beeinflussung des Empfängers immanent sein.325 Bereits hier kommt es auf den Einzelfall an. Trifft der Arzt seine Entscheidung aufgrund medizinischer Erwägungen, kann schwerlich von einer unsachlichen Beeinflussung gesprochen werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Arzt die Verordnung aufgrund des Therapieerfolges, der durch ein solches Support-Programm erreicht wurde, vornimmt.326 Dann fehlt es bereits an einer Zuwendung. Bejaht man diese aber, kann in dem Support eine handelsübliche

321 Die Programme finden sich teilweise auch unter dem Begriff „Patienten-ComplianceProgramme“, vgl. Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (117 ff.). 322 Der Sachverhalt ist angelehnt an LG Köln, BeckRS 2014, 123689. 323 Vgl. außerdem LG Köln, BeckRS 2016, 13545 – Transdermale Pflaster für Parkinson Patienten. 324 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (117); Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 58. 325 BGH GRUR 2011, 1163 (1164); Sosnitza, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 7 HWG Rn. 16. 326 Dieners/Reese/Kemmner, PharmR 2017, 477 (479).

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Nebenleistung nach § 7 I Nr. 3 HWG in Betracht gezogen werden.327 Greift man auf das angeführte Beispiel zurück, ist bei der Einnahme von Hartkapseln eine Hilfestellung jedenfalls nicht in diesem Maße erforderlich.328 Anderes kann sich aber bei den Injektionen ergeben, da aufgrund einer gewissen Schwierigkeit ein medizinischer Aspekt für die Betreuung spricht, womit man von einer handelsüblichen Nebenleistung sprechen kann.329 Liegen den Patientensupport-Programmen nachvollziehbare medizinische Erwägungen zugrunde, sind diese im Verhältnis zum Patienten nicht unter § 7 HWG zu fassen. Im Verhältnis zum Arzt stellen die Programme eine Zuwendung dar, soweit dieser von eigenen Aufgaben befreit wird.330 Gehen die Programme aber über die eigentlichen Aufgaben des Arztes hinaus, ist für diesen ein Vorteil nur schwer zu begründen. In diesen Fällen erspart der Arzt keine eigenen Aufwendungen in personeller oder finanzieller Hinsicht.331 Stellt man auf die gesteigerte Patientenzufriedenheit ab, fehlt es an dem für einen immateriellen Vorteil objektiv messbaren Inhalt.332 Ein Vorteil liegt jedoch dann vor, wenn der Arzt von dem Pharmaunternehmen für die Verordnung eine Vergütung erhält. Ein Vorteil ist außerdem bei den Krankenkassen gegeben. Erfolgt eine Verabreichung von Medikamenten im Wege der Selbstinjektion, werden diese insbesondere ältere und kranke Menschen oftmals selbst nicht mehr vornehmen können. Zur Sicherstellung der Einnahme, verordnet der Arzt in diesen Fällen regelmäßig eine tägliche Spritzengabe durch Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz. Die Kosten des damit verbundenen Hausbesuches sind von den Krankenkassen zu tragen. Für den Patienten stellt das Patienten-Support-Programm einen Vorteil im Sinne der §§ 299a, b StGB dar. Dieser erspart sich möglicherweise zusätzlich erforderliche Beratungstermine bei dem Arzt. Da einzig geschütztes Rechtsgut der Wettbewerb ist, kann auch der Patient Dritter im Sinne der Vorschrift sein.333 Erforderlich ist aber zudem das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung zwischen dem Arzt und dem Pharmaunternehmen. Erfolgt die Verordnung aufgrund medizinischer Erwägungen, spricht dies erheblich gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung. Die Unternehmen müssen die Möglichkeit haben, eine ordnungsgemäße Versorgung mit ihren Produkten sicherzustellen. Handelt es sich um eine entsprechend komplizierte Behandlung, kann für eine ordnungsgemäße Versorgung 327

So Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 58 für den Fall eines sachlich medizinischen Grundes. 328 Ausführlich LG Köln, BeckRS 2014, 123689, Rn. 17 ff. 329 Vgl. auch Dieners/Reese/Kemmner, PharmR 2017, 477 (479). 330 Dazu Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 222. 331 Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (119); Dieners/Reese/ Kemmner, PharmR 2017, 477 (480). 332 Vgl. zu dieser Frage bereits in diesem Teil unter E. I. Vgl. zu § 7 HWG aber LG Köln, BeckRS 2014, 123689, Rn. 24. 333 Hierzu bereits ausführlich in Teil 3 unter C. III. 1. b).

F. Unternehmensbeteiligung

255

auch die Durchführung von Hausbesuchen erforderlich sein.334 In diesen Fällen ist die Verordnung auch im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes. Eine Unterstützung bei der Medikamentengabe, deren Kosten von den Krankenkassen zu tragen wären, ist nicht mehr erforderlich. Weiterhin ist dann ebenfalls von einer Zulässigkeit nach § 7 HWG auszugehen. Damit kann das Verhalten nicht strafbar sein. Greift man auf das angeführte Beispiel zurück, liegt hinsichtlich der Injektionsspritze kein unsachliches Verordnungsverhalten vor, womit auch keine Unrechtsvereinbarung gegeben sein kann.335 Da es bei den Hartkapseln aber an einem solchen sachlichen Grund fehlt, spricht vieles für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung. Insgesamt ist die Zulässigkeit nach dem Heilmittelwerberecht nur schwer sicherzustellen. Daher sind entsprechende Programme auch im Hinblick auf das Strafrecht nicht unproblematisch.336

F. Unternehmensbeteiligung I. Laborbeteiligungen Vier niedergelassene Vertragsärzte haben sich zu einer Laborgemeinschaft zusammengeschlossen. Die Laborgemeinschaft ist bei einer Laborarztpraxis angesiedelt, welche von einem Laborarzt betrieben wird. Die Laborpraxis erbringt für die Laborgemeinschaft alle O-I- und O-II-Leistungen und stellt sie der Laborgemeinschaft in Rechnung.337 Hierbei erfolgt eine deutliche Unterschreitung des im EBM vorgesehenen Gebührensatzes, wobei auch die Selbstkosten der Laborpraxis nicht gedeckt sind. Im Gegenzug für die günstige Dienstleistung, weist die Laborgemeinschaft alle O-III-Leistungen dem Laborarzt zu.338 In den vergangenen Jahren hatte die Rechtsprechung über zahlreiche Konstellationen der Beteiligung von niedergelassenen Vertragsärzten an Laboruntersuchungen zu entscheiden.339 Das OLG Stuttgart hat den Einfallsreichtum der Beteiligten als „nahezu unbegrenzt“ bezeichnet.340 334

Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 223. Dieners/Reese/Kemmner, PharmR 2017, 477 (482). 336 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 249; Burgardt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 101 (119); Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 58. 337 Bei den O-I- und O-II-Leistungen handelt es sich um Basislaborleistungen, die von einem niedergelassenen Vertragsarzt durchgeführt und abgerechnet werden können. Die Speziallaborleistungen eines O-III-Labors hat der niedergelassene Vertragsarzt an einen Laborarzt zu überweisen. 338 Vgl. zum Sachverhalt auch BGH NJW 2005, 3718 – „Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I“. 339 Vgl. nur BGH NJW 2005, 3718 – Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I; BGH NJW-RR 2010, 159 – „Laborgemeinschaften II“; LSG Niedersachsen-Bremen, NZS 2016, 754. Dazu bereits Glaßner/Klars, PharmR 2002, 309 (315 f.). 335

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Laborgemeinschaften sind nach § 1a Nr. 14a BMV-Ä Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, welche dem Zweck dienen, laboratoriumsmedizinische Analysen regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Einrichtung zu erbringen. Sie dienen insbesondere Rationalisierungsmöglichkeiten.341 Die Abrechnung der Laborleistungen erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem EBM. Die zu Laborgemeinschaften zusammengeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzte können allerdings nur O-I und O-II-Leistungen – das sogenannte Basislabor – erbringen und abrechnen. Die speziellen O-III-Leistungen obliegen einem Laborarzt. Üblicherweise verfügen die Laborgemeinschaften über keine eigenen Ressourcen und bedienen sich hierzu der Einrichtung des Laborarztes.342 Erbringt dieser für die Laborgemeinschaften die Leistungen des Basislabors, können die niedergelassenen Ärzte dieses gemäß § 4 II GOÄ als Ausnahme vom Gebot der persönlichen Leistungserbringung abrechnen. Die Abrechnung der speziellen O-III-Leistungen ist nur durch den Laborarzt möglich.343 Stellt dieser aber der Laborgemeinschaft für die von ihm durchgeführten Basislaboruntersuchungen einen Preis in Rechnung, welcher den im EBM vorgesehenen Gebührensatz unterschreitet, erlangen die Ärzte der Laborgemeinschaft einen Vorteil in Höhe der Differenz zu ihrer eigenen Abrechnung nach dem EBM.344 Berufsrechtlich sind die Ärzte daran gebunden, die Entscheidung darüber, an wen sie Patienten oder Untersuchungsmaterial verweisen, allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen.345 Blut-, Stuhloder Urinproben können als Untersuchungsmaterial Gegenstand des Zuweisungsverbots nach § 31 I MBO-Ä sein. Die vergünstigte Dienstleistung ist laut Sachverhalt an die Zuweisung von Speziallaborleistungen gekoppelt. Damit liegt ein Verstoß gegen § 31 I MBO-Ä vor. Auch strafrechtlich fällt das Verhalten unter den Straftatbestand des § 299a Nr. 3 StGB. Erfasst wird auch hier die Zuführung von Untersuchungsmaterial.346 Dies gilt zumindest für die Regelfälle, in denen der Arzt den Patienten nicht über seinen eigenen Vorteil aufklärt und damit bereits das Tatbestandsmerkmal der Zuführung zu bejahen ist.347 Insbesondere im Rahmen von Laboruntersuchungen ist zu beachten, dass die Bevorzugung eines „anderen“ erforderlich ist. Betreibt der Arzt ein eigenes

340

Rn. 4. 341 342 343

259. 344

OLG Stuttgart, BeckRS 2007, 08769; Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Ratzel, in: Ratzel/Lippert/Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 10. Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 192. Zur Abrechnung von Speziallaborleistungen ausführlich Badle/Raschke, medstra 2016,

BGH NJW 2005, 3178 (3720); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 34. BT-Drs. 18/6446, S. 19 unter Berufung auf BGH NJW 2005, 3718 – „Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I“ sowie BGH GRUR 2012, 1050 – „Dentallaborleistungen“. 346 BT-Drs. 18/6446, S. 20; Fischer, § 299a StGB Rn. 16; Hohmann, in: MK-StGB, § 299a StGB Rn. 40; Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 29. 347 Dazu bereits ausführlich in Teil 3 unter C. IV. 1. c). 345

F. Unternehmensbeteiligung

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Labor und erbringt eine eigene Laborleistung, fehlt es an einer solchen.348 Im dargestellten Beispielsfall erfolgt aber eine Zuführung der O-III-Leistungen an den Laborarzt, welcher von der Laborgemeinschaft zu unterscheiden ist und damit als „anderer“ im Sinne der Vorschrift anzusehen ist. Auch liegt eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb vor. Allein die Erbringung der Leistung zu besonders günstigen Konditionen führt nicht zur Unlauterkeit. Allerdings ergibt sich diese daraus, dass diese günstigen Konditionen an die Abnahme des anderen Produkts gekoppelt ist.349 Die erforderliche Wettbewerbslage wird regelmäßig gegeben sein, da im Bereich von Laborleistungen auch eine Versendung des Untersuchungsmaterials auf dem Postweg erfolgen kann und damit der einzubeziehende räumliche Bereich weit zu fassen ist.

II. Mittelbare Gewinnbeteiligung Ein Orthopäde ist an einer Sanitätshaus-GmbH in Höhe von 50 % beteiligt. Etwa 300 seiner Patienten verweist er jährlich an diese GmbH. Der Gewinn der GmbH pro Kunde beträgt im Durchschnitt 10 E. Der Orthopäde erhält damit jährlich einen Gewinn in Höhe von 1.500 E.350 Eine wirtschaftliche Beteiligung an einem Unternehmen ist Ärzten grundsätzlich gestattet. Dies gilt auch, soweit sich die Unternehmen im Bereich des Heilwesens befinden.351 Daher steht es Ärzten offen, Kliniken und Sanitätshäuser zu betreiben.352 Regelmäßig stellt sich die Frage, wann eine solche Unternehmensbeteiligung bei therapeutischen Entscheidungen zu einer Gefährdung der ärztlichen Unabhängigkeit führt. Erforderlich ist, dass die Zuweisung kausal für den gewährten Vorteil ist.353 Zweifelsohne ist dies der Fall, wenn die Gewinnausschüttung des Unternehmens unmittelbar von der Anzahl der Zuweisungen abhängt.354 Es liegt ein Verstoß gegen § 31 I MBO-Ä sowie gegen die sozialrechtlichen Zuweisungsverbote nach §§ 73 VII, 128 II und VI SGB V vor. Entsprechendes gilt auch für gesellschaftsrechtliche Beteiligungsformen, in denen durch die Zuweisungen der Kapitalertrag gesteuert

348 BT-Drs. 18/6446, S: 19; Heger, in: Lackner/Kühl, § 299a StGB Rn. 4; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 57. 349 BT-Drs. 18/6446, S. 19; BGH NJW 2005, 3718 (3720) – „Quersubventionierung von Laborgemeinschaften I“; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 48. 350 Zu dem Beispiel auch Damas, wistra 2017, 128 (134). 351 BVerfGE 71, 183 (195 f.); BGH NJW 2008, 2850 (2852). Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit Harneit, MedR 2017, 688 (689). 352 BVerfGE 71, 183 (195 f.). 353 BGH NJW 2011, 2211 (2217); Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (25). 354 BT-Drs. 18/6446, S. 19; Dahm, MedR 1998, 70 (70, 73); Ratzel, in: Ratzel/Lippert/ Prütting, § 31 MBO-Ä Rn. 18, 31.

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

wird.355 Hier ist der Orthopäde aber nur mittelbar durch die Gewinnausschüttung am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Der Gesetzgeber orientiert sich hier nachvollziehbar an der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung und fordert für eine strafbare Zuführung nach § 299a Nr. 3 StGB, dass aus Sicht eines objektiven Betrachters der Arzt durch seine Zuführung einen spürbaren Einfluss auf den Ertrag aus seiner Beteiligung nehmen kann.356 Entscheidend ist hierfür der Gesamtumsatz des Unternehmens, der Anteil der Verweisungen des Arztes an diesem und die Höhe seiner Beteiligungen.357 Ist dies aber faktisch ausgeschlossen, fehlt es an der Kausalität zwischen Zuführung und Vorteil.358 Im vorliegenden Fall nimmt der Arzt spürbaren Einfluss auf den Ertrag aus seiner Beteiligung.359 Dies zeigt sich bereits in der Höhe seiner Beteiligung von 50 %. Die Zuführung ist damit kausal für den Vorteil, womit eine strafbare Unrechtsvereinbarung vorliegt. Die dargestellten Grundsätze lassen sich auf die zahlreichen existierenden Unternehmensbeteiligungen übertragen.360 Dabei gilt in der Praxis zu beachten, dass eine Weiterführung der Unternehmensbeteiligung stets als Erneuerung der Unrechtsvereinbarung anzusehen ist und damit auch solche, die bereits vor Inkrafttreten der §§ 299a, b StGB bestanden, ein Strafbarkeitsrisiko mit sich bringen.361 Weiterhin ist von einer fortlaufenden Einnahmequelle von einer gewissen Dauer auszugehen, womit Gewerbsmäßigkeit vorliegt, die einen besonders schweren Fall nach § 300 Nr. 2 StGB begründet. Dieser kann auch verwirklicht sein, wenn ein Zusammenschluss von drei Personen, bei denen die Voraussetzungen einer bandenmäßigen Tatbegehung gegeben sein können, vorliegt.362

355 Vgl. dazu nur OLG Stuttgart, BeckRS 2007, 08769. Eine solche Steuerung kann aber nicht angenommen werden, wenn es sich um eine Kapitalbeteiligung an einem größeren Pharmaunternehmen handelt. Der Vorteil ist dann lediglich das Ergebnis eines unternehmerischen Risikos am Markt. So auch Bahner, RDG 2017, 290 (296). 356 BT-Drs. 18/6446, S. 19. Krit. hierzu Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 60, welcher kritisiert, dass von einer Missbrauchsmöglichkeit vorschnell auf eine tatsächliche Missbrauchsabrede geschlossen wird. 357 BGH NZWiSt 2018, 74 (77); BGH NJW 2011, 2211 (2217); HeilBerG NRW MedR 2012, 69 (72); Damas, wistra 2017,128 (134); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 84; Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 189; Pragal/Handel, medstra 2016, 22 (25); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 34; Vasilikou/Grinblat, MPR 2016, 189 (191); Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (44). Tsambikakis, medstra 2016, 131 (138), bezeichnet diese Indizien zwar als relevant, aber zugleich rechtsunsicher. Zust. auch Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, § 299a StGB Rn. 20. 358 Braun/Püschel, MedR 2013, 655 (658); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 172. 359 So auch Damas, wistra 2017, 128 (134) für eine Beteiligung an einer GmbH in Höhe von 40 % und der Zuweisung von 200 Patienten. 360 Zu weiteren Beispielen siehe Harneit, MedR 2017, 689. 361 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 172; Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (44). 362 Harneit, MedR 2017, 688 (692).

F. Unternehmensbeteiligung

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III. Kapitalbeteiligung in einer anderen Region Etwas anderes ergibt sich, wenn der Orthopäde seine Praxis in Stuttgart betreibt und an einer Sanitätshaus-GmbH in Hamburg beteiligt ist. In diesem Fall kann der Orthopäde aufgrund der räumlichen Entfernung durch seine Zuführungen regelmäßig keinen spürbaren Einfluss auf den Ertrag aus seiner Beteiligung nehmen. Eine Kausalität zwischen Zuführung und Vorteil ist nicht gegeben.363 Entsprechendes gilt, wenn der Arzt an einem Unternehmen in einem ganz anderen Bereich beteiligt ist.364 Zu denken ist an einen Orthopäden, der an einem Hörgerätehersteller beteiligt ist.

IV. Beteiligung des Ehegatten an einem Gesundheitsunternehmen Im vorliegenden Fall ist die Ehefrau des Orthopäden in einer Höhe von 50 % an der Sanitäts-GmbH beteiligt. Der Orthopäde verweist etwa 300 Patienten jährlich an die GmbH. Die Ehefrau erzielt dadurch einen jährlichen Gewinn in Höhe von 1.500 E, welcher auf das Konto des Orthopäden ausgezahlt wird.365 In wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen hat der BGH eine Umgehung des berufsrechtlichen Verbots der Zuweisung gegen Entgelt gemäß § 31 I MBO-Ä gesehen, wenn der Arzt einen nahen Angehörigen als Strohmann einsetzt. In diesen Fällen sei die Beteiligung ebenso zu bewerten wie die unmittelbare Beteiligung des Arztes selbst.366 Eine Strohmanneigenschaft ist anzunehmen, wenn der Verwandte als Gesellschafter nur vorgeschoben wird, die gesellschaftsrechtliche Beteiligung in Wirklichkeit aber von dem Arzt – hier also dem Orthopäden – gehalten wird.367 Die Gewinnauszahlung auf das gemeinsame Konto stellt zumindest ein wesentliches Indiz dafür dar, dass die Gesellschafterstellung der Ehefrau nur vorgeschoben und sie damit von ihrem Ehemann als Strohmann eingesetzt wird.368 Geht man von einer Strohmanneigenschaft aus, sind dem Orthopäden die Gewinne auch strafrechtlich als eigener Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften zuzurechnen.369 Hierfür spricht, dass der BGH bereits vor der ausdrücklichen Erfassung von 363 Braun/Püschel, MedR 2013, 655 (658); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 173. 364 Braun/Püschel, MedR 2013, 655 (658); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 173. 365 Zum Beispiel auch Damas, wistra 2017, 128 (134). 366 BGH NJW 2011, 2211 (2217) – „Hörgeräteversorgung II“. 367 Braun/Püschel, MedR 2013, 655 (658); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 176. 368 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 176. Siehe auch Braun/Püschel, MedR 2013, 655 (658) mit weiteren Indizien für eine Strohmanneigenschaft. 369 Rübenstahl/Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 31; Graalmann-Scheerer, MedR 2017, 601 (609); Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 47; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (134); Wissing/Cierniak, NZWiSt 2016, 41 (43).

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Drittvorteilen im Rahmen des § 331 StGB Vorteile als erfasst ansah, die dem Begünstigten nur mittelbar zugutekommen.370 Lehnt man diesen Eigenvorteil des Orthopäden ab, ist zumindest von einem ebenfalls erfassten Drittvorteil auszugehen.371 Da der Orthopäde auch hier seine Gewinnbeteiligung mittelbar beeinflussen kann, ist ebenso wie im Ausgangsfall von einer Strafbarkeit nach § 299a StGB auszugehen.

G. Berufsausübungsgemeinschaften, § 18 MBO-Ä Augenarzt A und Augenarzt B betreiben gemeinsam eine augenärztliche Praxis. Sie sind dabei auch operativ tätig. Gemeinsam mit einem dritten Augenarzt, welcher nur konservativ behandelt, schließen sie sich zu einer überörtlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft zusammen. Die Teilberufsausübungsgemeinschaft soll in der Praxis des konservativ tätigen Arztes die operative und prä- und postoperative Versorgung von Patienten mit operativen Augenerkrankungen übernehmen, die den Erstkontakt in der Praxis hatten. Die drei Ärzte sind jeweils mit einem Drittel an der Gesellschaft und damit auch an dem Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt.372 Ärzten ist es nach § 33 Ärzte-ZV gestattet, Berufsausübungsgemeinschaften zu betreiben. Berufsrechtlich sieht § 18 MBO-Ä den Zusammenschluss zu Berufsausübungsgemeinschaften vor. Allerdings dürfen diese nicht zur Umgehung des berufs- und sozialrechtlich vorgesehenen Zuweisungsverbots gegen Entgelt gegründet werden. Auch der Zuführungsbegriff des § 299a StGB umfasst die Zuführung von Patienten im Rahmen vertraglicher Kooperationen, wie Berufsausübungsgemeinschaften.373 Der Zusammenschluss kann auch zum Erbringen einzelner Leistungen geschlossen werden, wobei erforderlich ist, dass jeder Beteiligte im Übrigen seine vertragsärztliche Tätigkeit weiter eigenständig ausübt.374 Auch eine solche Teilberufsausübungsgemeinschaft bringt regelmäßig die Gefahr mit sich, dass es sich um eine unzulässige Zuweisung gegen Entgelt handelt.375 § 33 II S. 3 ÄrzteZV erklärt nur diese Teilberufsausübungsgemeinschaften für zulässig, die nicht gegen dieses Verbot verstoßen. Entsprechendes regelt § 18 I S. 2 MBO-Ä, der den Zusammenschluss dann für unzulässig erklärt, wenn er zur Umgehung des § 31 MBO-Ä erfolgt. § 18 I S. 3 MBO-Ä sieht vor, dass eine solche Umgehung insbesondere dann vorliegt, wenn der Gewinn ohne Grund in einer Art und Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht.376 370

BGHSt 14, 123 (128); 33, 336 (339); 35, 128 (135). Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 129. 372 Zum Sachverhalt BSG BeckRS 2015, 70928. 373 BT-Drs. 18/6446, S. 20; Scholz, in: Kubiciel/Hoven, S. 89 (101). 374 BSG BeckRS 2015, 70928. 375 Zu diesem Gestaltungsmissbrauch auch Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377 (381). 376 Zur Zulässigkeit dieser Vorschrift BGH NJW-RR 2014, 1188. Dazu auch Wigge, NZS 2015, 447 (451). 371

H. Rabattgewährung

261

Im vorliegenden Fall spricht vieles dafür, dass mit der Konstellation das Zuweisungsverbot umgangen werden soll. Insoweit ist auch von einer unzulässigen Zuführung gemäß § 299a Nr. 3 StGB auszugehen, die nach dem Gesetzgeber auch Patientenzuführungen im Rahmen vertraglicher Kooperationen, wie Berufsausübungsgemeinschaften, erfassen soll.377 Ein Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung ist die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistung entspricht.378 Letztendlich übernehmen die operativ tätigen Ärzte sowohl die prä- und postoperative Versorgung als auch die Operationen selbst, womit die persönlich erbrachte Leistung des dritten Arztes im Rahmen der Teilberufsausübungsgemeinschaft nur sehr schwer erkennbar ist.379 Unabhängig von der persönlich erbrachten Leistung lässt sich eine höhere Gewinnbeteiligung beispielsweise mit der Zurverfügungstellung von kapitalintensiven Medizinprodukten rechtfertigen.380 Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich. Ebenso wenig lässt sich der Konstellation ein sachlicher Zweck für den Zusammenschluss entnehmen. Ein solcher könnte ebenfalls einen Zusammenschluss rechtfertigen und damit den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung beseitigen.381 Der konservativ tätige Augenarzt übernimmt vielmehr dieselben Tätigkeiten wie in seiner zuvor betriebenen Überweisungspraxis. Daher ist von einer Unrechtsvereinbarung auszugehen, die bei Vorliegen einer Wettbewerbslage zu einer Strafbarkeit nach § 299a StGB führt.

H. Rabattgewährung I. Barrabatte bei Medikamenten Der Betreiber eines Großhandels mit pharmazeutischen Produkten räumt den abnehmenden Apotheken bei Bezug einen Rabatt von 5 % auf den Preis ein. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Barrabatt, der seit Aufhebung des Rabattgesetzes im Jahre 2001 unbegrenzt möglich ist. Bei einem Barrabatt wird der Kaufpreis um einen bestimmten Betrag oder um einen prozentualen Anteil redu-

377

BT-Drs. 18/6446, S. 20. Krit. hierzu Wigge, NZS 2015, 447 (451). Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2078); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 176; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 168; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 35. Zu § 299 StGB noch: Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377 (385). Zum Berufsrecht Scholz, in: Spickhoff, § 18 MBO-Ä Rn. 7. 379 BSG BeckRS 2015, 70928 Rn. 30. Allgemein dazu Ratzel/Möller/Michels, MedR 2006, 377 (381). 380 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 168; Scholz, in: Spickhoff, § 18 MBOÄ Rn. 7. 381 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 169; Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 35. 378

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

ziert.382 Eine adäquate Gegenleistung steht diesem nicht gegenüber. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten finden sich Vorschriften zur Zulässigkeit von Barrabatten in der Arzneimittelpreisverordnung.383 Diese findet nach § 1 IV AmPreisV keine Anwendung auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente, womit auch OTC-Medikamente (Over the counter), welche der Patient zur Eigenmedikation auf eigene Kosten erwerben kann, nicht erfasst werden.384 Im Rahmen des § 299a StGB kommt es weder auf die arzneimittelrechtliche noch auf die in § 7 I S. 1 HWG geregelte heilmittelwerberechtliche Zulässigkeit von Rabatten bei Arzneimitteln an. Auch das möglicherweise einschlägige Kartellrecht ist nicht von Bedeutung.385 Ebenfalls ist an dieser Stelle nicht entscheidend, wie sich ein Verstoß gegen die Vorschriften auf eine Strafbarkeit auswirkt.386 Indem mit § 299a Nr. 2 StGB der Bezug von Arzneimitteln auf die unmittelbare Anwendung durch den Heilberufsangehörigen beschränkt worden ist, hat die Frage der Strafbarkeit von Rabatten deutlich an Bedeutung verloren. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens wollte der Gesetzgeber Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften nicht unter den Tatbestand fassen, da es in diesen Fällen an dem korruptionsspezifischen Unrecht fehle.387 Daher knüpfte er bei dem Bezug von Arzneimitteln, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, an die Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit an. Eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb war nicht erforderlich.388 Die Streichung der Berufsrechtsvariante führte zum faktischen Ausschluss der Berufsgruppe der Apotheker aus dem Straftatbestand.389 Damit wird der Arzneimittelhandel in größten Teilen nicht mehr erfasst.390 Eine unmittelbare Anwendung beim Bezug von Arzneimitteln kann noch im Rahmen der Veterinärmedizin vorliegen. Dort sind auch Tierärzte nach § 43 IVAMG befugt, eine Hausapotheke zu betreiben.391 Da aber Tierärzte im Wege einer teleo382

Geiger, medstra 2016, 9 (11). Zur Zulässigkeit von Rabatten im pharmazeutischen Großhandel BGH PharmR 2018, 8. Dazu auch Weidner, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 139 (142). 384 M. Pfohl, in: Erbs/Kohlhaas, § 43 AMG Rn. 2. Zu Rabatten bei OTC-Arzneimitteln ausführlich Kirsch, PharmR 2016, 265. 385 Zur kartellrechtlichen Zulässigkeit Burholt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 165 (168 f.). 386 Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 59. 387 BT-Drs. 18/6446, S. 22. Zust. Geiger, medstra 2016, 9 (16). 388 BT-Drs. 18/6446, S. 22. Krit. zur Anknüpfung an die Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit aber Geiger, medstra 2016, 9 (13). 389 Zu der Änderung im Gesetzgebungsverfahren und ihren Auswirkungen bereits ausführlich in Teil 3 unter C. I. 2. a) aa). 390 Krit. im Hinblick auf eine verbleibende Strafbarkeit von Ärzten: Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 212 f. Zu Rabatten im Arzneimittelhandel ausführlich Geiger, medstra 2016, 9. 391 Dazu Kirsch, PharmR 2016, 265 (270). Eine Strafbarkeit in Betracht zieht auch Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 214. 383

H. Rabattgewährung

263

logischen Reduktion aus dem Straftatbestand auszunehmen sind, scheidet auch in diesen Fällen eine Strafbarkeit nach § 299a StGB aus.392 Letztendlich verbleiben damit vor allem die folgenden Konstellationen, bei denen eine Strafbarkeit nach § 299a Nr. 2 StGB in Betracht kommt. In der vorliegenden Fallkonstellation ist eine Strafbarkeit aber nicht gegeben.

II. Rabatte bei Bezug eines Ultraschallgerätes Ein niedergelassener Vertragsarzt benötigt ein neues Ultraschallgerät für seine Praxis. Dazu fragt er bei zwei verschiedenen Medizinprodukteherstellern an. Der eine Hersteller wirbt damit, dass der Arzt bei jeder Bestellung eines Ultraschallgerätes ein Tablet als Geschenk dazubekommt. Der Arzt bestellt sein Gerät bei diesem Hersteller.393 Das kostenlose Tablet stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar.394 Bevor auf das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung eingegangen wird, ist zunächst zu klären, ob überhaupt ein in § 299a Nr. 1 – 3 StGB genanntes Marktverhalten vorliegt. In Betracht kommt der Bezug von Medizinprodukten nach Nr. 2, die zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt sind. Ein Ultraschallgerät erfüllt diese Voraussetzungen. Allerdings ist fraglich, ob durch dessen Anschaffung der Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung beeinträchtigt wird. Eine erforderliche Einschränkung könnte zunächst an die „Einmaligkeit“ der Anwendung geknüpft werden. Entscheidend wäre, dass das Ultraschallgerät und auch sonstige Geräte wie das Röntgengerät oder Stethoskop nicht an einem Patienten, sondern an einer Vielzahl von Patienten zur Anwendung kommen.395 Für eine solche Interpretation sprechen die in den Gesetzesmaterialien zuletzt gemachten Aufzählungen, da die dort genannten Prothesen und Implantate für die individuelle Anwendung am Patienten bestimmt sind.396 Erfasst werden sollte zudem nur der Bezug der Produkte, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind. Die zuletzt vorgenommene Änderung führte zu einer Einschränkung auf die Produkte, die zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt waren.397

392

Hierzu bereits ausführlich in Teil 3 unter C. I. 2. b). Vgl. auch Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (371 f.). 394 Zum Vorteilsbegriff ausführlich in Teil 3 unter C. III. 1. 395 So Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 60; Dannecker/ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 168. 396 BT-Drs. 18/8106, S. 14; Heil/Oeben, PharmR 2016, 217 (221). 397 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 18. Vgl. auch Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (372), die durch die letzte Änderung im Gesetzgebungsverfahren eine Erweiterung sehen und bei dieser Fallkonstellation eine Strafbarkeit nach § 299a Nr. 2 StGB bereits deshalb annehmen, da es sich bei Ultraschallgeräten um Medizinprodukte handle. Für eine Strafbarkeit auch Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 26 Rn. 79. 393

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Maßgeblich ist hier die fehlende Abrechenbarkeit der Produkte. Geräte, die zum allgemeinen Praxisbedarf gehören, bezieht der Arzt auf eigene Rechnung. Eine Beschränkung des Tatbestandes lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift zwar nicht entnehmen, allerdings ergibt sich aus Sinn und Zweck der Vorschrift, dass nur diejenigen Arznei- oder Hilfsmittel sowie Medizinprodukte erfasst werden, die nicht auf eigene Rechnung bezogen werden. Nur in diesen Fällen wird das Gesundheitssystem in Anspruch genommen.398 In den anderen Fällen handelt der Arzt als Geschäftsinhaber seiner Praxis und muss daher in seinen eigenen Entscheidungen grundsätzlich frei sein.399 Auf die Frage einer Unrechtsvereinbarung kommt es im Fall des Ultraschallgerätes daher nicht mehr an. Entsprechendes muss auch gelten, wenn es sich nicht um ein Geschenk handelt, dem Arzt aber bei der Bestellung ein Rabatt eingeräumt wurde. Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB scheidet aus. Freilich kann aber ein wettbewerbswidriges Verhalten vorliegen, welches über das UWG geahndet werden kann. Weiterhin kommt ein Verstoß gegen § 7 I S. 1 HWG in Betracht, der eine Ordnungswidrigkeit darstellt.400

III. Rabatte bei Sprechstundenbedarf Ein niedergelassener Vertragsarzt bestellt bei einem Lieferanten Verbandsmaterial für seine Praxis. Ab einem bestimmten Bestellwert gewährt der Lieferant einen Rabatt in Höhe von 10 %. Um diesen Rabatt zu erhalten, bestellt der Arzt die erforderliche Menge. Der Rabatt in Höhe von 10 % stellt einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar. Es stellt sich auch hier die Frage, ob der Bezug von Sprechstundenbedarf von der Bezugsvariante des § 299a Nr. 2 StGB erfasst wird. Zunächst fällt das Verbandsmaterial unter den Begriff der Hilfsmittel im Sinne der Vorschrift. Dem Sprechstundenbedarf ist immanent, dass er bei mehr als einem Versicherten im Rahmen der Behandlung angewendet wird und im Zuge der Behandlung verbraucht wird.401 Unter den Begriff fallen damit unter anderem auch Mundspatel sowie Watteträger.402 Oftmals werden auf Landesebene sogenannte Sprechstundenbedarfsvereinbarungen getroffen, die eine gesonderte Abrechnung ausschließen.403 Aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass auch der Bezug von Sprechstundenbedarf nicht von der Vorschrift erfasst wird, soweit eine entsprechende Verein-

398 399 400 401 402 403

Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (82 f.). Hierzu bereits in Teil 3 unter C. IV. 1. b) m. w. N. Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (83). Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 61 f. Für weitere Beispiele Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 28. Scholz, in: BeckOK, SozR, 55. Edition, § 44 BMV-Ä Rn. 13.

H. Rabattgewährung

265

barung besteht.404 Aufgrund der fehlenden gesonderten Abrechenbarkeit, liegt auch an dieser Stelle eine unternehmerische Tätigkeit des Vertragsarztes vor, bei der er in seiner Entscheidung grundsätzlich frei ist.405 Eine Strafbarkeit nach § 299a StGB scheidet aus.406

IV. Weitergabe an Kostenträger Ein Zahnarzt bestellt bei einem Medizinproduktehersteller den erforderlichen Zahnersatz für seinen Patienten. Der Hersteller wirbt zu diesem Zeitpunkt mit einem Bonus in Höhe von 4 % auf alle getätigten Bestellungen. Dieser wird quartalsweise in Form einer Rückvergütung an die Abnehmer ausbezahlt. Die erhaltene Rückvergütung gibt der Zahnarzt bei der Abrechnung an die zuständige Stelle weiter. Der Zahnersatz stellt ein Medizinprodukt dar, das zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen bestimmt ist. Damit ist der Bezug unter § 299a Nr. 2 StGB zu fassen.407 Weiterhin sind Krankenkassen Dritte im Sinne der Vorschrift, womit ein Vorteil vorliegt.408 Kernfrage ist damit, ob der Rückvergütung eine adäquate Gegenleistung gegenübersteht und ob die Weitergabe an den Kostenträger zum Ausschluss der Strafbarkeit führt. Rückvergütungen oder auch sogenannte Kick-Back-Zahlungen werden am Ende einer Bezugsperiode für alle bis dahin getätigten Warenbezüge gewährt.409 Ihnen steht damit keine Gegenleistung gegenüber. Medizinproduktehersteller gewähren diese vielmehr häufig, um einen zusätzlichen Kaufanreiz zu schaffen.410 In den Gesetzgebungsmaterialen nimmt der Gesetzgeber explizit auf solche Rabatte Bezug, die dem Heilberufler beim Bezug nach Nr. 2 gewährt werden, um sie an den Patienten oder Kostenträger weiterzureichen.411 Dazu wird ausgeführt, dass 404

Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 62, 210. Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 62, 210; Rübenstahl/ Teubner, in: E/R/S/T, § 299a StGB Rn. 36; Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 50; Pragal/ Handel, medstra 2016, 22 (26); Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 18; Tsambikakis, medstra 2016, 131 (135). Vgl. auch Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 72, der von einem wirtschaftlichen Spielraum ausgeht, soweit die geforderte Behandlungsqualität nicht unterschritten wird. 406 Vgl. bereits RefE, S. 20, der bei Praxisbedarf eine genaue Prüfung der Unlauterkeit der Bevorzugung vorsieht. Für eine Strafbarkeit aber Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (373). Zumindest für eine Strafbarkeit bei Sprechstundenbedarf auch Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 28, der den Bezug von Praxisbedarf aber ebenfalls der unternehmerischen Entscheidung zuordnet. 407 Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 28. 408 Abl. für sofort berechenbare Vorteile aber Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 18. 409 Geiger, medstra 2016, 9 (12). 410 Scholz, in: BeckOK SozR, 55. Edition, § 44 BMV-Ä Rn. 10. 411 BT-Drs. 18/8016, S. 15; Grzesiek/Sauerwein, NZWiSt 2016, 369 (370); Dannecker/ Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 186. 405

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

diese dem Wettbewerb dienen und damit im Sinne des Patienten beziehungsweise des Kostenträgers seien. Vergleichbar sei dies mit der straflosen Geschäftsinhaberbestechung.412 Dies ist überzeugend, soweit es sich um Rabatte handelt, die an den Kostenträger weitergegeben werden. Im Hinblick auf den Wettbewerb als einzig geschütztes Rechtsgut können aber Rabatte, die an den Patienten weitergegeben werden, grundsätzlich dennoch als tatbestandsmäßig angesehen werden.413 Dies gilt nur, soweit sie für eine konkrete Bezugsentscheidung gewährt werden und damit kein branchenüblicher Rabatt vorliegt. Denn auch bei einer Weitergabe an den Patienten kann der Wettbewerb beeinträchtigt sein.414 Erfolgt allerdings eine Weitergabe an den Kostenträger, ist diese in dessen Interesse, da sie Ausdruck einer wirtschaftlichen Behandlungsweise ist.415 Eine Pflicht zur Weitergabe besteht aber erst, wenn eine gesetzliche Regelung hierfür gegeben ist.416 Vorgesehen ist eine solche in § 44 VI S. 7 BMV-Ä, soweit es sich um die Abrechnung gesonderter Materialien handelt. Dazu gehören nicht diejenigen Materialen, die bereits in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten sind oder über Sprechstundenbedarf bezogen werden. Da es sich bei Zahnersatz um gesondert abrechenbare Materialien handelt, fällt eine Rabattgewährung in diesen Fällen unter § 44 VI S. 7 BMV-Ä. Aus dieser ausdrücklichen Regelung wird deutlich, dass die Annahme von Rabatten bei Bezugsentscheidungen als Marktverhalten grundsätzlich gebilligt, beziehungsweise im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot sogar erwünscht ist. Besteht die Möglichkeit einer gesonderten Abrechenbarkeit, wird der Heilberufler als Beauftragter des Gesundheitssystems tätig, womit ihm kein unternehmerischer Freiraum verbleibt.417 Dies ist auch überzeugend, da die abrechenbaren Materialien auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen werden. Letztendlich gilt auch hier, dass ein durch außerstrafrechtliche Normen explizit vorgesehenes Verhalten nicht den Straftatbestand erfüllen kann.418

V. Unterlassene Weitergabe bei bestehender Pflicht zur Weitergabe Anders als im vorherigen Fall gibt der Zahnarzt die Rückvergütungen in Höhe von 4 % bei der Abrechnung nicht an. Damit stellt sich die Frage, ob neben einer Strafbarkeit nach § 263 StGB und § 266 StGB auch eine Strafbarkeit nach § 299a 412

BT-Drs. 18/8016, S. 15. Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 215; Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 49; Vgl. aber auch Damas, wistra 2017, 128 (131). 414 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 215; Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 49. 415 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 27. 416 Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 59; ausführlich Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 207. 417 Eisele, in: Schönke/Schröder, § 299a StGB Rn. 27. 418 Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (61 f.). 413

H. Rabattgewährung

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StGB in Betracht kommt.419 Die in § 44 VI S. 7 BMV-Ä vorgesehene Regelung zur Annahme von Rabatten wird in diesem Fall nicht eingehalten. Der gewährten Rückvergütung steht zunächst keine adäquate Gegenleistung gegenüber. Es ist davon auszugehen, dass der Arzt gerade dieses Produkt bezieht, um die Rückvergütung zu erhalten.420 Allerdings wirbt der Hersteller mit dem Rabatt, womit dieser allen Abnehmern eingeräumt wird. Damit wird er nicht für eine konkrete Bezugsentscheidung eingeräumt.421 Entsprechende Rabatte sind nach dem Wettbewerbsrecht grundsätzlich zulässig und können schon keine Unrechtsvereinbarung begründen.422 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem hier zu beachtenden Heilmittelwerbegesetz. Handelt es sich um Geldrabatte, sind diese nach § 7 I S. 1 Nr. 2 HWG zulässig, soweit sie berechenbar sind und nicht entgegen den Preisvorschriften gewährt worden sind.423 Da es sich bei Implantaten aber um Medizinprodukte und nicht um Arzneimittel handelt, findet die Arzneimittelpreisverordnung keine Anwendung. Auch aus der Vorschrift des § 44 VI S. 7 BMV-Ä ergibt sich, dass Rabatte grundsätzlich zulässig sind, aber bei der Abrechnung anzugeben und an den Kostenträger weiterzureichen sind. Die angeführte Vorschrift stellt eine Abrechnungsvorschrift dar, deren Nichteinhalten aber nicht den Wettbewerb beeinträchtigt. Handelt es sich um einen branchenüblichen Rabatt, verbleibt es in diesen Fällen bei einer Strafbarkeit nach § 263 StGB sowie § 266 StGB. Wird der Rabatt allerdings nur einem einzelnen Abnehmer eingeräumt, liegt kein branchenüblicher Rabatt mehr vor. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass es sich um eine verdeckte Preisabsprache handelt, die zu einer Beeinflussung des Bezugsverhaltens des Heilberuflers führt. Die Bevorzugung erfolgt hier aufgrund sachfremder Erwägungen, womit eine Strafbarkeit nach § 299a StGB gegeben ist.424 Etwas anders muss außerdem gelten, wenn es sich um eine Zielvereinbarung handelt, die das Erreichen einer bestimmten Stufe voraussetzt. In diesen Fällen ist der Bonus von einem zukünftigen Verhalten abhängig, der das Bezugsverhalten be-

419 Für die Möglichkeit einer Strafbarkeit bei Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung Rogall, in: SK, § 299a StGB Rn. 59. Wenig überzeugend aber Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 212 f., die „zur Vermeidung von strafrechtlicher Diskriminierung“ zumindest bei dem Bezug von Arzneimitteln eine Strafbarkeit von Ärzten ausschließen möchte. In diesen Fällen blieben auch Apotheker straffrei. 420 Dies entspricht zumindest dem Sinn und Zweck der Rückvergütungen, vgl. Scholz, in: BeckOK SozR, 55. Edition, § 44 BMV-Ä Rn. 10. 421 BT-Drs. 18/6446, S. 23. 422 Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 186. Die Unlauterkeit verneinend Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 49. Für eine teleologische Auslegung bei Rabatten, die wettbewerbs-, heilmittelwerbe- und kartellrechtlich zulässig sind Schneider, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 37 (61). 423 Auf die Berechenbarkeit zum Zeitpunkt des Bezuges stellt auch Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 49 ab. 424 Damas, wistra 2017, 128 (132).

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

einflusst.425 Damit ist in diesen Fällen eine Strafbarkeit nach § 299a StGB gegeben.426 Hier wird auch ein Verstoß gegen § 7 HWG vorliegen, da es sich bei der Zuwendung noch nicht um einen bestimmten Geldbetrag handelt.

VI. Treue- und Exklusivitätsrabatte Für die Bestellung der Implantate wird dem Zahnarzt ein Rabatt in Höhe von 10 % eingeräumt. Die Rabattgewährung soll nur unter der Bedingung gewährt werden, dass der Zahnarzt alle zukünftig erforderlichen Implantate und auch weitere bestimmte Medizinprodukte ausschließlich von diesem Hersteller bezieht. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Treue- beziehungsweise Exklusivitätsrabatt, welcher auf eine langfristige Kundenbindung abzielt. Er dient als Anreiz, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich von einem Hersteller zu beziehen.427 Der Abnehmer wird nicht nur zum Bezug der Produkte des Herstellers verpflichtet, sondern es wird ihm auch der Bezug der Produkte von Konkurrenten untersagt.428 Kartellrechtlich ist diese Form der Rabatte äußerst bedenklich, da sie in der Regel auf eine Marktabschottung abzielen.429 Der Verstoß gegen das GWB stellt ebenfalls ein unlauteres Verhalten im Sinne des UWG dar.430 Damit steht dem gewährten Rabatt keine wettbewerbsrechtlich zulässige Gegenleistung gegenüber, womit eine Unrechtsvereinbarung im Sinne der Korruptionstatbestände gegeben ist.431 Dies führt freilich zu dem Ergebnis, dass aus einer Ordnungswidrigkeit, die den Kartellrechtsverstoß begründet, im Bereich des Gesundheitswesens eine Strafbarkeit resultiert.432 Im Hinblick auf die Struktur des Gesundheitswesens ist dies aber konsequent.433 Der Gesetzgeber hat sich bewusst dazu entschieden, in diesem Bereich die grundsätzlich straflose Geschäftsinhaberbestechung unter Strafe zu stellen.

425 Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 220 f.; so auch Schuhr, in: Spickhoff, § 299a StGB Rn. 49 für die Vereinbarung von Rückvergütungen, auch wenn diese an den Patienten weitergegeben werden. 426 Zur Problematik der Zielrabatte auch Rauer/Pfuhl, PharmR 2016, 357 (361) sowie Weidner, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 139 (145 ff.) für Apotheker. 427 Geiger, medstra 2016, 9 (12). 428 Burholt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 165 (173). 429 Eilmansberger/Kruis, in: Streinz, Art. 102 AEUV Rn. 95. Ausführlich dazu Burholt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 165 (174). 430 Burholt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 165 (172); Geiger, medstra 2016, 9 (15) m. w. N. 431 Geiger, medstra 2016, 9 (15). 432 Burholt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 165 (178). 433 A. A. Geiger, medstra 2016, 9 (15). Allgemein gegen eine Strafbarkeit bei bloßen Kartellrechtsverstößen auch Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 184.

H. Rabattgewährung

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VII. Günstige Preisgestaltung Ein niedergelassener Vertragsarzt sendet erforderliche Laboraufträge regelmäßig an ein bestimmtes Labor. Dieses stellt dem Arzt für die Laborleistung einen Betrag in Rechnung, der unterhalb der EBM-Gebühr für entsprechende Basislaborleistungen liegt. In diesem Fall kommt es nicht mehr auf den Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten an, vielmehr kommt eine Zuführung von Untersuchungsmaterial nach § 299a Nr. 3 StGB in Betracht. Als Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, kann der Arzt gemäß § 4 II GOÄ Basislaborleistungen als eigene Leistungen abrechnen. Liegt der von dem Labor in Rechnung gestellte Betrag unterhalb der abrechenbaren EBM-Gebühr, besteht ein Vorteil in Höhe der Differenz zwischen den beiden Beträgen. Da der Arzt seine Patienten nicht über diese günstige Preisgestaltung informieren wird, ist eine Zuführung nach § 299a Nr. 3 StGB gegeben. Eine günstige Preisgestaltung alleine kann aber noch nicht die erforderliche Unrechtsvereinbarung begründen. Vielmehr ist eine freie und damit auch günstige Preisgestaltung im Wettbewerb grundsätzlich erlaubt und fördert den gewünschten Leistungswettbewerb zwischen den Anbietern. Sie ist Ausdruck des Wettbewerbs.434 Die Preisgestaltung bedarf außerdem der Berücksichtigung zahlreicher wirtschaftlicher Komponenten, womit sie nur schwer nachvollziehbar ist. Damit ist kaum überprüfbar, ob ihr eine adäquate Gegenleistung gegenübersteht.435 Erst wenn die Preisgestaltung nicht mehr als gleichwertige Gegenleistung angesehen werden kann, die auf einer ordnungsgemäßen Kalkulation beruht und außerdem dauerhaft angeboten wird, kann ein Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung gegeben sein. In diesen Fällen kann dann in Betracht gezogen werden, dass der günstige Preis für eine Bevorzugung im Wettbewerb erfolgt ist.436 Es sollte aber äußerst zurückhaltend mit der Annahme eines Indizes für eine Unrechtsvereinbarung umgegangen werden. Wettbewerbsrechtlich ist selbst ein Preis, welcher die Selbstkosten nicht mehr deckt, nur bei Hinzukommen weiterer Voraussetzungen unlauter.437 Ein wettbewerbsrechtlich zulässiges Verhalten kann aber nicht strafbewehrt sein.438

434 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079); Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 4 UWG Rn. 4.184. 435 Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079); Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 48; Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 216. 436 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 213; Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079); Dann, in: MAH Sozialrecht, § 21 Rn. 48. 437 BGHZ 129, 203 (212); Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 4 UWG Rn. 4.189 ff. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit des Angebots unter Selbstkosten: BGH GRUR 1990, 371 (372); Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 4 UWG Rn. 4.187. 438 Den Vorteil bereits verneinend Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 214.

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Teil 4: Darstellung problematischer Konstellationen anhand von Fallbeispielen

Im Zusammenhang mit Laborleistungen führt der Gesetzgeber überzeugend aus, dass solche Leistungen zu besonders günstigen Konditionen nur dann zu einer unlauteren Bevorzugung führen können, wenn das Angebot rechtlich oder faktisch an eine andere Zuführungsentscheidung gekoppelt ist.439 Eine solche Koppelung ist aber im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, womit eine Strafbarkeit nach § 299a StGB ausscheidet.

VIII. Skonti Im vorliegenden Fall stellt das Labor dem Arzt die eben angeführten Laborleistungen für die entsprechende EBM-Gebühr in Rechnung. Fälligkeit der Rechnung ist vier Wochen nach Zugang. Begleicht der Arzt die Rechnung bereits innerhalb einer Woche, wird ihm ein Preisnachlass in Höhe von 3 % eingeräumt. Dieser Preisnachlass für eine vorfällige Zahlung stellt ebenfalls einen Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände dar, da der Arzt die Gebühr nach dem EBM abrechnen kann. Die sogenannten echten Skonti werden vom Rechnungsbetrag abgezogen, soweit eine Begleichung der Rechnung vor Fälligkeit erfolgt.440 Da der Heilberufler auf diesen Betrag keinen Anspruch hat, liegt ein Vorteil im Sinne der Korruptionstatbestände vor.441 Daher ist die wettbewerbsrechtlich umstrittene Frage, ob Skonti als Rabatte im Sinne des Wettbewerbsrecht anzusehen sehen sind, nicht entscheidend.442 Erforderlich ist dann das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung, die ausgeschlossen ist, wenn dem Preisnachlass eine adäquate Gegenleistung gegenüber steht. Sinn und Zweck der Skonti ist die Disziplinierung und Beschleunigung des Zahlungsverhaltens.443 Da die echten Skonti für die Zahlung des Rechnungsbeitrages vor Fälligkeit gewährt werden, steht ihnen eine adäquate Gegenleistung gegenüber.444 An einer solchen kann es dann fehlen, wenn die Skonti in einer nicht mehr branchenüblichen Höhe gewährt werden.445 Dies kann den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung begründen. Entsprechendes gilt, wenn das entsprechende Skonto

439 BT-Drs. 18/6446, S. 19. Zust. Dann/Scholz, NJW 2016, 2077 (2079); Dann, in: MAH, Sozialrecht, § 21 Rn. 48. 440 BGH GRUR 2003, 807 (808); Mand, A&R 2014, 147 (152). 441 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 206; Geiger, medstra 2016, 9. 442 Dazu LG Aschaffenburg, PharmR 2016, 56 (60). In der Literatur werden diese oftmals bei den Funktionsrabatten eingeordnet, vgl. nur Burholt, in: Kooperationen im Gesundheitswesen, S. 165 (178) sowie Geiger, medstra 2016, 9 (12). 443 Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 203; Geiger, medstra 2016, 9 (12). 444 Geiger, medstra 2016, 9 (12). Vgl. zu unechten Skonti aber Mand, A&R 2014, 147 (153). 445 Rauer/Pfuhl, PharmR 2016, 357 (361); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 219 f.

H. Rabattgewährung

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nur gegenüber einem bestimmten Vertragspartner446 oder für eine Zahlung innerhalb von drei Monaten eingeräumt wird. In diesen Fällen liegt der Verdacht nahe, dass es sich um einen verdeckten Preisnachlass handelt.447 Ein Skonto in Höhe von 3 % ist aber noch branchenüblich448, womit im vorliegenden Fall keine Unrechtsvereinbarung vorliegt.449 Letztendlich fehlt es auch an der Unlauterkeit der Bevorzugung, da das Einräumen von branchenüblichen Skonti nach dem Wettbewerbsrecht grundsätzlich erlaubt ist und ein wettbewerbsrechtlich zulässiges Verhalten keine Strafbarkeit begründen kann.450

446

Dieners, PharmR 2015, 529 (532); Sartorius, Bestechung im Gesundheitswesen, S. 219. OLG Saarbrücken, GRUR-RR 2017, 80 (81 f.); Dannecker/Schröder, in: NK, § 299a StGB Rn. 186. 448 Zur Branchenüblichkeit der Skonti auch Bahner, Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen, S. 209. 449 Vgl. so bereits BT-Drs. 18/6446, S. 23. 450 Rauer/Pfuhl, PharmR 2016, 357 (361). 447

Teil 5

Betrachtung de lege ferenda Die Betrachtung der Frage der Korruption im Gesundheitswesen zeigt, dass eine weitreichende Bezugnahme auf außerstrafrechtliche Normen zur Beantwortung der Frage einer Strafbarkeit nach § 299a StGB oder § 299b StGB zwingend erforderlich ist.

A. Wesentliche Ergebnisse der Arbeit Als Grundlage wird zu Beginn der Arbeit das System der gesetzlichen Krankenversicherung dargestellt, welches auf der Grundlage der gemeinsamen Selbstverwaltung aufgebaut ist.1 Bereits hier wird an verschiedenen Stellen der Fokus auf das Instrument des Wettbewerbs gelegt. Lange Zeit war dieser im System der gesetzlichen Krankenversicherung unerwünscht.2 Daher unterbindet das heute bestehende Kollektivvertragssystem diesen in großen Teilen. Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung finden sich in einem durch verschiedene Regelungsmechanismen gesteuertem System wieder, welches den Akteuren nur einen geringen eigenständigen Spielraum einräumt.3 Zentrales Element des Systems stellt das Wirtschaftlichkeitsgebot dar, an welches sowohl Leistungserbringer als auch Patienten gebunden sind. Nach § 12 SGB V müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Eine ständig älter werdende Gesellschaft und die damit einhergehenden ansteigenden Kosten im Gesundheitswesen machten es aber erforderlich, das System für den Wettbewerb zu öffnen. In verschiedenen Bereichen wird Ärzten heute eine über die gedeckelte Gesamtvergütung hinausgehende Verdienstmöglichkeit eingeräumt. Hierdurch ist die Gefahr entstanden, dass Ärzte sich bei ihren Entscheidungen von eigenen wirtschaftlichen Interessen leiten lassen und nicht das Wohl des

1 2 3

Teil 2 A. Teil 2 A. VI. Teil 2 A. IV.

A. Wesentliche Ergebnisse der Arbeit

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Patienten im Vordergrund steht. Dieser Umstand kann damit zur Verteuerung medizinischer Leistungen führen. Der Gesetzgeber strebte einen Straftatbestand an, der sowohl den Wettbewerb als auch das Vertrauen des Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen schützen sollte. Erhebliche Kritik im Gesetzgebungsverfahren führte noch vor Inkrafttreten der Straftatbestände zu einer wesentlichen Änderung, aufgrund derer den jetzigen Straftatbeständen der Wettbewerb im Gesundheitswesen als allein geschütztes Rechtsgut entnommen werden kann.4 Dieser lässt sich aber nicht ohne Weiteres mit dem Wettbewerb in der freien Marktwirtschaft vergleichen, der auf die Verbesserung der eigenen Machtposition gerichtet ist. Der Wettbewerb im Gesundheitswesen zielt stets auf die Verbesserung der Qualität, Wirtschaftlichkeit und Effizienz der medizinischen Versorgung ab. In großen Teilen erfährt der Wettbewerb in diesem Bereich durch verschiedene Regelungsmechanismen eine staatliche Regulierung. Geschützt wird daher der Wettbewerb als Ordnungsmechanismus auf dem Gesundheitsmarkt. Dieser betrifft sowohl den Bereich der gesetzlichen als auch den der privaten Krankenversicherung.5 Bereits vor Einführung der Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen bestanden zahlreiche Vorschriften, die der Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit und dem Schutz des Wettbewerbs dienen sollten. Akademische Heilberufe sind ihrem Standesrecht unterworfen. Exemplarisch ist § 31 I MBO-Ä zu nennen, der Zuweisungen gegen Entgelt untersagt.6 Im System der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Leistungserbringer den sozialrechtlichen Zuweisungsverboten wie § 73 VII oder § 128 II SGB V unterworfen.7 Sowohl die zur Verfolgung ermächtigten Berufskammern als auch die Kassenärztlichen Vereinigungen sehen sich aber dem Problem ausgesetzt, dass sie nicht über ausreichende Eingriffsbefugnisse verfügen und damit durch die entsprechenden Vorschriften kein ausreichender Schutz gewährt werden kann. Weiterhin bleibt zu berücksichtigen, dass diese Regelungswerke zumindest in Teilen auch eine andere Schutzrichtung als das Strafrecht aufweisen. Das Berufsrecht dient einerseits dem Schutz des Ansehens der Ärzteschaft, soll aber andererseits auch die übrigen Ärzte von einer Verfehlung abhalten. Das Vertragsarztrecht soll den Arzt dazu anhalten, seine vertragsärztlichen Pflichten zu erfüllen.8 In den vergangenen Jahren haben Unternehmen im Wege der freiwilligen Selbstkontrolle brancheninterne Verhaltenskodizes erlassen, die der Prävention dienen. Deren Einhalten soll ein mögliches strafrechtliches Ermittlungsverfahren verhindern, wodurch die Regelungen in Teilen deutlich über das Strafrecht hinausgehen. Die Verhaltenskodizes enthalten die wesentlichen Grundsätze der Zu4 5 6 7 8

Teil 3 A. I. Teil 3 A. II. – III. Teil 2 B. IV. Teil 2 A. VII. Teil 3 A. IV. 2.

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Teil 5: Betrachtung de lege ferenda

sammenarbeit, die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zur Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung herangezogen werden können. Zu den wesentlichen Grundsätzen gehören der Trennungs-, Dokumentationsund Transparenzgrundsatz. Der Äquivalenzgrundsatz, dessen Einhaltung regelmäßig eine erhebliche Bedeutung zukommt, besagt, dass sich Leistung und Gegenleistung entsprechen müssen. Da der Anschluss der Unternehmen an diese Kodizes freiwillig ist, können sie keinen ausreichenden Schutz vor Korruption darstellen.9 Das Heilmittelwerberecht, welches weitgehend dem Ordnungswidrigkeitenrecht zuzuordnen ist, dient dem Schutz des Einzelnen oder der Allgemeinheit vor unsachgemäßer Eigenmedikation. Ein Korruptionsunrecht wird durch diese Vorschriften aber nicht verfolgt. Auch das Strafrecht erfasst dieses nur über § 299 StGB bei angestellten Ärzten und über § 331 StGB bei Klinikärzten. Damit wird dieses im Bereich des Gesundheitswesens nicht ausreichend sanktioniert.10 Die zahlreichen verschiedenen Regelungen betreffen in großen Teilen nur Teile der Akteure im Gesundheitswesen. Eine einheitliche Verfolgung war bisher nicht möglich. Damit sind die neuen Straftatbestände grundsätzlich zu begrüßen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Verortung im Kernstrafrecht, welche die in diesem Bereich erforderliche Signalwirkung mit sich bringt.11 Insbesondere liegt mit der Einführung der Straftatbestände kein Verstoß gegen das ultima-ratio-Prinzip vor. Zu begrüßen ist außerdem die Schutzrichtung der §§ 299a, b StGB, die allein auf den Schutz des Wettbewerbs gerichtet sind. Etwas anderes kann dem Wortlaut der Vorschriften nach den letzten Änderungen im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr entnommen werden. Die Vorschriften haben zur Folge, dass die grundsätzlich straflose Geschäftsinhaberbestechung in diesem Bereich unter Strafe gestellt wird. Der Arzt oder ein sonstiger Leistungserbringer wird zum Beauftragten des Gesundheitswesens, soweit er auf Kosten des Gesundheitssystems handelt. In den übrigen Fällen bleibt er in seinen unternehmerischen Entscheidungen frei.12 Trotz der Streichung des Berufsrechtsmodells bleibt der Einfluss außerstrafrechtlicher Vorschriften auf den Straftatbestand bestehen.13 Bereits der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung setzt voraus, dass ein Verhalten, das außerstrafrechtlich erlaubt ist, nicht strafbewehrt sein kann. Soweit eine gesetzliche Norm dieses Verhalten erlaubt, fehlt es an einer Unrechtsvereinbarung, spätestens aber an der Unlauterkeit. Ein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen wird nur in wenigen Fällen überhaupt als Indiz für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung angesehen werden können. Oftmals haben diese bereits keine Unrechtsvereinbarung zum Gegenstand oder 9

Teil 2 D., Teil 3 A. IV. 2. f). Teil 2 C., Teil 3 A. IV. 2. d). 11 Teil 3 A. IV. 3. – 4. 12 Teil 3 A. IV. 1. 13 Teil 3 B.

10

A. Wesentliche Ergebnisse der Arbeit

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weisen eine andere Schutzrichtung auf. In vielen Fällen fehlt es am Wettbewerbsbezug. Das Einhalten berufsrechtlicher Vorschriften, welche als Satzungen unterhalb gesetzlicher Regelungen einzuordnen sind, stellt zumindest ein wesentliches Indiz gegen das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dar. Ein zwingender Ausschluss der Strafbarkeit kann nicht angenommen werden, da ansonsten Berufskammern in einem gewissen Rahmen die Möglichkeit haben, den Inhalt des Straftatbestandes zu bestimmen. Aufgrund der bestehenden Genehmigungspflichtigkeit der Satzungen wird dieses Problem aber kaum Relevanz entfalten. Ein Verstoß gegen Berufspflichten kann ebenfalls nicht ohne Weiteres zur Strafbarkeit führen. Voraussetzung ist auch hier, dass eine konkrete Gegenleistung gewährt wird und insbesondere ein Wettbewerbsbezug der Vorschrift gegeben ist. Letzterer wird regelmäßig bei Normsetzungsverträgen, wie dem Bundesmantelvertrag fehlen, womit ein Verstoß gegen diese auch nur in den wenigsten Fällen den Verdacht einer Unrechtsvereinbarung begründen können. Genehmigungen der jeweiligen Institutionen können lediglich auf der Schuldebene als Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB relevant werden. Hier stellt sich regelmäßig die Frage nach der Vermeidbarkeit des Irrtums. Die Berufskammern können zwar nur eine Auskunft im Hinblick auf das Berufsrecht geben, allerdings ist dieses deutlich weitergehend als das Strafrecht, womit der einzelne Heilberufler darauf vertrauen kann, dass er sich bei Einhalten des Berufsrechts auch nicht strafbar macht.14 Die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ist nur anhand des Wettbewerbs als allein geschütztem Rechtsgut vorzunehmen. Im Rahmen des Täterkreises zeigt sich, dass die Einbeziehung nichtakademischer Heilberufe aufgrund bereits bestehender Verordnungsbefugnisse sachgerecht ist.15 Der Apotheker als akademischer Heilberufler ist zwar vom Wortlaut der Vorschrift erfasst, allerdings kann er keine der genannten Berufshandlungen vornehmen. Eine unmittelbare Anwendung von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten erfolgt durch den Apotheker grundsätzlich nicht, womit der in Nr. 2 geregelte Bezug nicht einschlägig ist. Er ist faktisch aus dem Straftatbestand des § 299a StGB ausgeschlossen. Es verbleibt eine Strafbarkeit als Vorteilsgeber nach § 299b StGB.16 Als Fremdkörper in den Tatbeständen erscheint allerdings der Tierarzt, der keinerlei Behandlungen zu Lasten der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung vornehmen kann. Er ist im Wege einer teleologischen Reduktion aus dem Straftatbestand auszunehmen.17 Die Marktverhaltensvarianten erfassen Handlungen, die zum beruflichen Tätigkeitsfeld eines Heilberuflers gehören. Das in Nr. 1 genannte Verordnen ist weit zu 14 15 16 17

Teil 3 B. V. Teil 3 C. I. 1. Teil 3 C. I. 2. a). Teil 3 C. I. 2. b).

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Teil 5: Betrachtung de lege ferenda

verstehen.18 Erfasst wird auch die Verordnung von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten, womit es auf die Erstattungsfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ankommt. Dazu gehört auch die Verordnung von individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL-Angeboten), deren Verordnung auf Kosten des Patienten erfolgt. Nach dem Wortlaut der Bezugsvariante gem. Nr. 2 kommt es nicht darauf an, ob der Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten auf eigene oder auf fremde Rechnung erfolgt.19 Allerdings ist hier die grundsätzlich straflose Geschäftsinhaberbestechung zu berücksichtigen. Soweit es sich um unternehmerische Entscheidungen handelt, muss der Heilberufler in diesen frei sein. Relevant wird dies bei dem Bezug von der Praxisausstattung sowie dem Sprechstundenbedarf, der nicht – oder zumindest nicht gesondert – abrechenbar ist. Eine Zuführung nach Nr. 3 ist nur dann gegeben, wenn es an einer autonomen Patientenentscheidung fehlt.20 In den übrigen Fällen fehlt es an einem Machtmissbrauch des Arztes gegenüber dem Patienten. Liegt bereits keine Zuführung vor, kommt es auf die Frage einer Unrechtsvereinbarung nicht an. Kernelement der Straftatbestände ist die Unrechtsvereinbarung, welche das entscheidende Verbindungsglied zwischen Leistung und Gegenleistung darstellt.21 Zurecht hat der Gesetzgeber sich für das Erfordernis einer konkreten Unrechtsvereinbarung entschieden, wie sie auch § 299 StGB erfordert. Damit ist die Unrechtsvereinbarung enger als bei § 331 StGB zu verstehen. Wie sich im Laufe der Arbeit gezeigt hat, wird dieses anhand von Indizien zu bestimmende Tatbestandsmerkmal in der Praxis regelmäßig schwer nachweisbar sein. Entscheidende Kriterien sind die Grundsätze der Angemessenheit, Transparenz, Dokumentation und Trennung. Keine Unrechtsvereinbarung ist bei nachträglichen oder auch sozialadäquaten Zuwendungen gegeben.22 Eine letztere liegt vor, wenn der Zuwendung die objektive Eignung fehlt, eine Entscheidung zu beeinflussen. Die Grenze ist hier an das Berufsrecht anzulehnen, womit eine Schwelle von 30 – 50 E anzusetzen ist. Deutlich zu eng wäre eine Anlehnung an das Heilmittelwerberecht, das die Grenze bei einem Euro zieht. Entsprechendes gilt für die Grenze von 5 E, die der FSA-Kodex vorsieht. Eine Genehmigung sehen die Straftatbestände der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen nicht vor.23 Ein solches, aus §§ 331, 333 Abs. 3 StGB bekanntes Institut kann eine konkrete Unrechtsvereinbarung nicht beseitigen.

18 19 20 21 22 23

Teil 3 C. IV. 1. a). Teil 3 C. IV. 1. b). Teil 3 C. IV. 1. c). Teil 3 C. IV. 2. Teil 3 C. IV. 2. a) bb), c). Teil 3 C. IV. 2. e).

A. Wesentliche Ergebnisse der Arbeit

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Dem Merkmal der Unlauterkeit kommt eine einschränkende Funktion zu.24 Erforderlich ist zunächst das Vorliegen einer Wettbewerbssituation. Hier hat der Gesetzgeber schon in den Gesetzesmaterialien zutreffend festgestellt, dass Monopollagen im Gesundheitswesen nur selten vorliegen werden. In Betracht kommen diese nur im Rahmen der Zuweisung, soweit es in ländlichen Gegenden an einer Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Ärzten und anderen Leistungserbringern fehlt. Diese in Einzelfällen vorliegende Strafbarkeitslücke wird aber hinzunehmen sein. Im Rahmen des subjektiven Tatbestandes ist zwischen einem Tatumstandsirrtum und einem Verbotsirrtum abzugrenzen, welcher bei Unvermeidbarkeit die Schuld entfallen lässt. Werden die Grenzen einer gesetzlich vorgesehenen Kooperation überschritten, ist von einem Verbotsirrtum auszugehen.25 Die dargestellten Formen der Kooperation zeigten, dass bisher erwünschte Kooperationsformen auch weiterhin zulässig sind.26 Werden die Voraussetzungen der sozialrechtlich vorgesehenen Kooperationsformen eingehalten, wird auch in Zukunft kein Verdacht einer Unrechtsvereinbarung aufkommen. Der Vorwurf eines Generalverdachtes ist damit unbegründet.27 In Zukunft wird es insbesondere darauf ankommen, die Grundsätze der Zusammenarbeit einzuhalten. Bei gegenseitigen Verträgen wird der Schwerpunkt auf der Angemessenheit der Vergütung liegen. In bestimmten Bereichen kann die GOÄ als Orientierungshilfe dienen. Wird sie nicht eingehalten, bedeutet dies nicht zwingend, dass eine Unrechtsvereinbarung gegeben ist. Oftmals wird eine freie Vergütungsvereinbarung nach § 612 BGB, bei welcher die Sachkunde des Arztes berücksichtigt werden kann, nicht als unangemessen anzusehen sein. Da damit ein großer Spielraum eingeräumt wird, darf die Frage nach dem Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung keineswegs auf die Angemessenheit der Vergütung begrenzt werden. Erforderlich ist außerdem, dass die Vergütung nachvollziehbar dokumentiert wird und die ganze Kooperation transparent ausgestaltet ist. Bei einseitigen Zuwendungen, wie sie beispielsweise bei Fortbildungsveranstaltungen gegeben sind, ist darauf zu achten, dass eine strikte Trennung zwischen Vorteilsgewährung und Verordnungsentscheidung eingehalten wird. Regelmäßig wird es an einer konkreten Gegenleistung fehlen.

24 25 26 27

Teil 3 C. IV. 3. Teil 3 C. V. Teil 4. So aber Arnold/Poetsch, ZMGR 2013, 315 (321).

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Teil 5: Betrachtung de lege ferenda

B. Kritikpunkte Die Befürchtung, dass die Straftatbestände alle Kooperationen im Gesundheitswesen unter Generalverdacht stellen werden, kann nicht bestätigt werden. Dies zeigen bereits die geringen Fallzahlen, die sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik finden.28 Im Jahr des Inkrafttretens wurden lediglich 14 Ermittlungsverfahren zu §§ 299a, b StGB registriert. Auch im Jahr 2018 finden sich nur 71 Taten in der Statistik. Die Zahl von Abrechnungsbetrügen im Gesundheitswesen ist im Vergleich dazu jedoch wesentlich höher: So waren im Jahr 2018 3.039 Fälle registriert.29 Gegenstand der Ermittlungsverfahren zu §§ 299a, b StGB waren insbesondere Vereinbarungen von Apothekern und Ärzten über Rezeptzuweisungen sowie Überweisungen an Sanitätshäuser gegen Gewinnbeteiligungen und die Bevorzugung von Laboren.30 Hierbei handelt es sich um Fälle, die bereits vor Inkrafttreten der Straftatbestände Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen waren. Dies spricht dafür, dass die neuen Straftatbestände – wie von Badle31 gefordert – von den Strafverfolgungsbehörden mit „Sachverstand und Augenmaß“ angewendet werden. Notwendige und damit auch erwünschte Kooperationsformen werden durch die Straftatbestände nicht unterbunden. In den Straftatbeständen lässt sich die auf Feuerbach zurückgehende generalpräventive Wirkung des Strafrechts zeigen. Die Einführung der neuen Straftatbestände sorgte für große Unruhe in den betroffenen Bereichen. Zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen der Ärztekammern und Beiträge in der medizinischen Fachliteratur führten zu einer verbreiteten Information der Betroffenen. Die Folge war, dass bestehende Kooperationsformen hinterfragt und vorsorglich von den Beteiligten abgeändert wurden. Vor dem Abschluss neuer Kooperationen treten Beteiligte vermehrt bereits vorsorglich an die Kassenärztlichen Vereinigungen und entsprechenden Kammern heran.32 Das Gespür für unzulässige Korruption wurde damit bei allen Beteiligten erheblich gestärkt.33 Im Hinblick auf die angeführten geringen Fallzahlen ist den Straftatbeständen daher in erster Linie eine abschreckende Wirkung zuzuschreiben. 28 Siehe die Bundeslagebilder des BKA zur Korruption. Abrufbar unter: https://www.bka. de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/Korruption/korruption_node. html. Letzter Abruf am 04.07.2020. 29 Siehe dazu Wirtschaftskriminalität: Anzahl der Fälle von Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/592226/umfrage/wirtschaftskriminalitaetabrechnungsbetrug-im-gesundheitswesen-in-deutschland/. Letzter Abruf am 05.07.2020. 30 Vgl. hierzu Bundeslagebilder des BKA zur Korruption 2017 S. 4 Fn. 4. Abrufbar unter: https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/ Korruption/korruptionBundeslagebild2017.html;jsessionid=B99889BED11D8 A34E36B4 CC07C882CA2.live0612?nn=28078. Letzter Abruf am 05.07.2020. 31 Ders., medstra 2017, 1. 32 Niedersächsischer Landtag, Drs. 17/8336 – Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung, S. 1. 33 Dazu Schröder, ZIS 2019, 71 (84).

C. Reformvorschlag

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Eine vollumfassende Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen können die in Kraft getretenen Straftatbestände nicht gewährleisten. Teilweise werden Akteure nicht erfasst, deren Ausschluss nicht sachgerecht ist. So führte die Streichung der Abgabevariante und die Beschränkung des Bezugs von Arznei- oder Hilfsmitteln, die zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt sind, zu einem faktischen Ausschluss der Apotheker. Diesem kommt aber aufgrund der autidem Regelung, die ihn verpflichtet, bei einem gleichwirksamen Medikament das günstigere an den Patienten abzugeben, eine Kontrollfunktion zu. Bei der Abgabe von Medikamenten ist ihm dann ebenso wie dem Arzt eine Schlüsselstellung im Gesundheitswesen zuzuschreiben, aufgrund derer ein Ausschluss aus den Straftatbeständen nicht gerechtfertigt ist. An anderen Stellen sind die Straftatbestände dagegen zu weitgehend. Der Tierarzt kann dem Wortlaut nach tauglicher Täter im Sinne des § 299a StGB sein. Allerdings kann dieser keine Behandlungen zu Lasten des Gesundheitswesens erbringen und ist damit nach Sinn und Zweck aus dem Täterkreis auszunehmen. Eine Einschränkung ist außerdem bei der Bezugsvariante nach Nr. 2 erforderlich. Der Wortlaut differenziert hier nicht zwischen dem Bezug auf eigene oder auf fremde Rechnung. Zu berücksichtigen ist, dass der Heilberufler durch die Straftatbestände zum Beauftragten des Gesundheitswesens geworden ist. Allerdings kann dies nur für die Bereiche gelten, in denen er zu Lasten des Gesundheitswesens agiert. Handelt er aber auf eigene Rechnung, handelt es sich um seinen unternehmerischen Bereich, in dem er in seinen Entscheidungen grundsätzlich frei bleibt. In Zukunft wird der Nachweis einer konkreten Unrechtsvereinbarung die Ermittlungsbehörden vor erhebliche Probleme stellen. Das Vorliegen einer solchen kann nur anhand von Indizien beurteilt werden. Diese Problematik ist zwar bereits aus den übrigen Korruptionsdelikten bekannt, wird aber in diesem Bereich noch verschärft, da der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine Möglichkeit zur Telekommunikationsüberwachung nach § 100a StPO zu schaffen. Dies ist aber im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Patienten zutreffend.34

C. Reformvorschlag Zur Gewährleistung einer vollumfassenden, aber nicht zu weitreichenden Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, sollen im Folgenden die angesprochenen Kritikpunkte in einem Reformvorschlag verarbeitet werden. § 299a StGB – De lege lata

Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im 34

Gaede, in: Leitner/Rosenau, § 299a StGB Rn. 26. Krit. aber Schröder, ZIS 2019, 71 (76).

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Teil 5: Betrachtung de lege ferenda

Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, 2. bei dem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 299a StGB-E – De lege ferenda

(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er 1. bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, 2. bei dem Bezug oder der Abgabe von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten auf fremde Rechnung, oder 3. bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial, soweit der Angehörige des Heilberufs den Patienten nicht über den eigenen wirtschaftlichen Vorteil aufgeklärt hat, einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Angehöriger eines Heilberufs im Sinne der Vorschrift sind Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten35 sowie andere nichtakademische Heilberufe, deren Berufsausübung oder Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Der Täterkreis ist zumindest hinsichtlich der akademischen Heilberufe ausdrücklich zu nennen. Eine solche Aufzählung ist bereits aus § 203 StGB sowie § 53 StPO bekannt. Eine direkte Anlehnung an diese Vorschriften ist aber nicht geboten. Eine solche führt dazu, dass auch der Tierarzt vom Täterkreis der Straftatbestände der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen nach §§ 299a, b StGB erfasst wird. Dieser kann zwar dem Wortlaut nach unter die Normen gefasst werden, allerdings zeigt sich bereits an dieser Stelle, dass die Straftatbestände der §§ 299a, b StGB eher auf die Behandlung von Menschen zugeschnitten sind. Zweifel, ob der 35 So bereits Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S.75 (99 f.) im Hinblick auf die akademischen Heilberufe.

C. Reformvorschlag

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Tierarzt tatsächlich erfasst werden soll, kommen bei einer systematischen Auslegung auf. Im Rahmen des § 203 StGB erfolgte eine Aufnahme lediglich aufgrund eines umfassenden Geheimnisschutzes, da bestimmte Krankheiten vom Tier auf den Menschen übertragen werden und nur durch eine Erfassung des Tierarztes ein Schutz gewahrt werden könne. Letztendlich erscheint der Tierarzt als Fremdkörper in den Vorschriften der §§ 299a, b StGB, da von ihm keinerlei Behandlungen zu Lasten der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung vorgenommen werden können. Die Vorschriften des SGB V finden keine Anwendung, womit er zudem anderen Regelungsmechanismen unterliegt.36 Eine Bezugnahme auf § 203 StGB ist damit nicht weiterführend. Entsprechendes gilt für § 53 StPO. Dieser räumt nur Hebammen als nichtakademischen Heilberuf ein Zeugnisverweigerungsrecht ein.37 Eine Erstreckung auf alle nichtakademischen Heilberufe ist aber aufgrund ihrer immer stärker wachsenden Entscheidungsmöglichkeiten zu befürworten. Zur Klarstellung sollten daher alle erfassten akademischen Heilberufe explizit in Absatz 2 genannt werden. Das Tatbestandsmerkmal „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“ ist zu streichen. Aufgrund der im Straftatbestand enthaltenen Berufshandlungen ist dieses Merkmal überflüssig. Weiterhin ergibt sich bereits aus dem Wort „als“, dass private Tätigkeiten nicht erfasst werden.38 Die Bezugsvariante soll durch die Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten ergänzt werden.39 Dadurch ist auch eine Strafbarkeit des Apothekers nach § 299a StGB möglich. Dieser ist zwar vom Täterkreis erfasst, allerdings ist er durch die Streichung der einst vorgesehenen Abgabevariante faktisch aus dem Straftatbestand ausgenommen. Die bisher in Nr. 2 geregelte Bezugsvariante kann von dem Apotheker nicht verwirklicht werden, da dieser die Medikamente nicht bezieht, um sie unmittelbar am Patienten anzuwenden. Nach der jetzigen Gesetzeslage kommt für ihn lediglich eine Strafbarkeit nach § 299b StGB in Betracht.40 Ein Ausschluss des Apothekers ist aber nicht sachgerecht, da diesem aufgrund der für Arzneimittel bestehenden Apothekenpflicht gemäß § 43 AMG eine Schlüsselstellung im Gesundheitswesen zukommt. Diese zeigt sich außerdem in der für den Apotheker geltenden aut-idem Regelung, nach der er bei Vorhandensein einer Alternative, das kostengünstigere Medikament abgeben muss. Damit kommt ihm zwar keine medizinische, wohl aber eine wirtschaftliche Kontrolle der ärztlichen Verordnung zu.41 36

Zum Ausschluss des Tierarztes siehe in Teil 3 C. I. 2. b). Für eine Orientierung an § 53 I S. 1 Nr. 3 StPO mit Ausnahme der Hebammen aber Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (81, 99 f.). 38 Hierfür bereits Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (99). Ausführlich hierzu in Teil 3 C. II. 39 Für die Einbeziehung der Abgabevariante auch Bongartz, Korruptionsstrafbarkeit niedergelassener (Vertrags-)Ärzte, S. 316, 319; Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (99 f.). 40 Hierzu ausführlich in Teil 3 unter C. I. 2. a) aa). 41 Ausführlich hierzu in Teil 3 unter C. I. 2. a) bb). 37

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Teil 5: Betrachtung de lege ferenda

Die Bezugsvariante ist auf den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten auf fremde Rechnung zu beschränken.42 Das bereits bestehende Erfordernis der unmittelbaren Anwendung der Arznei- oder Hilfsmittel oder Medizinprodukte führt dazu, dass der Heilberufler bei dem Erwerb seiner Praxiseinrichtung, wie beispielsweise eines Behandlungsstuhles, frei ist. Entsprechendes muss aber auch bei Stethoskopen oder Ultraschallgeräten gelten, die unmittelbar am Patienten angewendet werden. Den Bezug solcher Geräte kann der Heilberufler nicht gesondert abrechnen. Dies gilt auch für das Verbrauchsmaterial in der ärztlichen Praxis wie Alkoholtupfer und Verbandsmaterial. Die fehlende Abrechenbarkeit führt dazu, dass der Heilberufler für die Kosten selber aufzukommen hat. Damit agiert er in diesen Fällen als Geschäftsinhaber und muss in seinen unternehmerischen Entscheidungen grundsätzlich frei bleiben. In der geltenden Fassung erreicht man dieses Ergebnis über eine teleologische Reduktion.43 Die Begrenzung auf fremde Rechnung dient damit lediglich der Klarstellung. Von der Bezugsvariante nach Nr. 2 werden nur noch die Fälle erfasst, in denen das Gesundheitssystem in Anspruch genommen wird. In seinen unternehmerischen Entscheidungen bleibt der Heilberufler hingegen frei. Die Zuführungsvariante wird durch den Zusatz „soweit der Angehörige des Heilberufs den Patienten nicht über den eigenen wirtschaftlichen Vorteil aufgeklärt hat“ eingeschränkt. Erfasst werden sollen nur Fälle, bei denen es an einer autonomen Patientenentscheidung fehlt. Ist eine autonome Patientenentscheidung gegeben, fehlt es an dem für eine Zuführung erforderlichen Machtmissbrauch. Dieses Erfordernis des Missbrauches lässt sich der Bedeutung des Wortes „zuführen“ entnehmen, was so viel wie „zuleiten“ bedeutet. Erst wenn dieser Machtmissbrauch gegeben ist, instrumentalisiert der Heilberufler den Patienten zu seinen Zwecken. Kennt der Patient allerdings alle Beweggründe des Heilberuflers für die Zuführung, kann er seine Entscheidung aus freien Stücken treffen. In diesem Fällen ist das Tatbestandsmerkmal der Zuführung zu verneinen.44 Damit soll die Ergänzung „soweit der Angehörige des Heilberufs den Patienten nicht über den eigenen wirtschaftlichen Vorteil aufgeklärt hat“, Rechtsunsicherheiten beseitigen. Spiegelbildlich zu dem Straftatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB ist der Straftatbestand der Bestechung im Gesundheitswesen nach § 299b StGB zu reformieren. Mit den vorgeschlagenen Änderungen lassen sich bestehende Schutzlücken in den Straftatbeständen schließen. Bestehende Unstimmigkeiten und mögliche Unklarheiten werden dadurch beseitigt. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens fanden sich Stimmen in der Literatur, die ähnliche Vorschläge unterbreiteten. Es ist vermutlich zumindest auch der zuletzt bestehenden Eile im Gesetzgebungsverfahren geschuldet, dass diese in bestimmten Teilen vorzugswürdigen Vorschläge nicht in Kraft getreten sind.

42 43 44

Hierfür bereits Frister, in: Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, S. 75 (98 ff.). Ausführlich hierzu in Teil 3 unter C. IV. 1. b). Ausführlich hierzu in Teil 3 C. IV. 1. c).

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Sachwortverzeichnis Als Gegenleistung, s. a. Unrechtsvereinbarung 189 Angemessenheit 60 f., 88 f., 143 ff., 209, 211 f., 214 ff. Anwendungsbeobachtungen 87 f., 142, 207 ff. Apotheker – Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung 45 ff. – faktischer Ausschluss 164 ff. – Strafbarkeit nach § 299b 164 ff., 243 Approbation 56 f., 81, 133 f. Arzneimittelmusterabgaben 194, 251 ff. Ärztliches Standesrecht – Ahndung berufsrechtlicher Verstöße 79 ff. – Aufgabe 125 f. – Berufsordnung 67 ff. – Effektivität 126 f. – Einfluss auf den Straftatbestand 147 ff., 151 ff.

Fortbildung – Aktive Teilnahme 217 f. – Berufsrecht 77 f., 96 f. – Externe Veranstaltungen 221 ff. – Fortbildungspflicht 53 f., 67 – Interne Veranstaltungen 213 f. – Passive Teilnahme 214 ff. Freier Beruf – Begriff 62 ff. – Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen 139 f. FSA-Kodex, s. Verhaltenskodex

Disziplinarverfahren 54 f. – Aufgabe 122 f. – Effektivität 123 f. Drittmittel 86, 87 f., 145, 232 ff.

Gebührenordnung für Ärzte 60 ff., 143 ff., 209 – Überschreitung der GOÄ 211 ff. Genehmigung 88, 204, 232 ff. – Ausschluss der Unrechtsvereinbarung 196 f. – durch Behörden 157 ff. Geräteüberlassung 246 ff. Geschäftsherrenbestechung 120 ff. Geschenke – berufsrechtliche Zulässigkeit 76 f., 152 – der Pharmaindustrie 179, 227 f. – Heilmittelwerberecht 194 – von Patienten 193, 225 ff. Gesetzliche Regelungen – Auswirkungen auf den Straftatbestand 141 ff. Gesundheitshandwerksberufe 51 f., 84, 172 f. Grundsätze der Zusammenarbeit 85 ff. – Dokumentationsgrundsatz 87 – Grundsatz der Angemessenheit 88 f. – Transparenzgrundsatz 87 f. – Trennungsgrundsatz 86

Empfehlungen 72 ff., 74 f. 151, 187 ff., 245 f. Entlassmanagement 241 f.

Haftpflichtbeiträge 239 ff. Heilmittelwerberecht – Aufgabe 81 f.

Beraterverträge 87 f., 217 ff., 230 ff. Berufsausübungsgemeinschaft 260 f. Bewirtungskosten 214, 228 f. Blutentnahmeröhrchen 244 f. Blutzuckermessgeräte 179, 249 ff. Bonuszahlungen 70 f., 77, 141 f., 192, 265 f., 266 f. Bundesmantelvertrag-Ärzte 40 f., s. a. Normsetzungsverträge

Sachwortverzeichnis – Schutz durch das Heilmittelwerberecht 130 ff. – Verbot von unentgeltlichen Zuwendungen 82 Heilpraktiker 173 f. Klinikmanagement 174 ff. Kollektivverträge, s. a. Normsetzungsverträge 43 f. Korruption, Begriff der 118 ff. Medizinisch nicht indizierte Verordnung 200 f. Nachträgliche Zuwendungen 76, 191, 225, 276 Nichtakademische Heilberufe 160 ff., 275 Normsetzungsverträge – Auswirkung auf die Strafvorschrift 150 f., 153 f. Patientensupportprogramme 253 ff. Prä- und poststationäre Versorgung 72 ff., 234 ff. Privatarzt – Beziehung zum Patienten 59 ff. – Einbeziehung in die Strafvorschrift 116 f., 120 f., 137 f. Private Krankenversicherung 57 ff. Rabatte 84, 110, 116, 166 f., 179, 185 f., 195 f., 261 ff. Referententätigkeit 217 ff. Rechtsgut – Dualistisches Rechtsgutskonzept 92 ff. – Vertrauen in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen 98 f. – Wettbewerb, s. Wettbewerb Richtlinien 39 f., 44 Selbstverwaltung – berufsständische Selbstverwaltung 66 f., 147 ff. – gemeinsame Selbstverwaltung 38 f. – mittelbare Selbstverwaltung 32 ff. Schlüsselstellung 35, 114, 120 ff., 139 f., 161 ff., 166 ff., 171, 173 f., 182 ff. Spenden 229 f.

299

Sponsoring 70 f., 78, 88, 218 ff. Sprechstundenbedarf 184 ff., 264 ff., 276 System der gesetzlichen Krankenversicherung – historische Entwicklung 28 ff. – Viereck der gesetzlichen Krankenversicherung 32 ff. Tierarzt

168 ff., 275 f.

Überlassung von Praxisräumen 243 f. Unlautere Bevorzugung im Wettbewerb 100 f., 129 f., 146 ff., 192, 195, 197 ff., 261 ff. Unrechtsvereinbarung 118 ff. – Einhalten gesetzlicher Regelungen 141 ff. – Einhalten untergesetzlicher Regelungen 147 ff. – Gelockerte 189 f., 203 f. – Genehmigung 157 ff. – Sozialadäquanz 192 ff., 225 ff., 244 f., 276 – Verstoß gegen gesetzliche Regelungen 145 ff. Untergesetzliche Rechtsnormen, s. Berufsordnung Unternehmensbeteiligung 255 ff. Verfassungsrecht 95 ff., 135 f. Verhaltenskodizes – Ahndung von Verstößen 90 ff. – Aufgabe 84 f. – Effektivität 134 f. – Einfluss auf die Strafvorschrift 154 ff. Verkürzter Versorgungsweg 51, 129 Verordnen 182 ff., 276 Vorteilsbegriff 73 f., 177 ff. – Drittvorteil 175, 178 f., 244, 248 ff., 259 f. – Immateriell 178 f. – Vertragsabschluss 180, 209, 218, 231, 238 Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit 49 ff., 70 ff. Wettbewerb – Ausländischer Wettbewerb 201 f.

300

Sachwortverzeichnis

– Begriff 102 ff. – in der privaten Krankenversicherung 116 f. – Monopollage 93 f., 97, 198 ff., 277 – Rechtsgut 92 ff., 100 f. – Vereinbarkeit mit dem Solidarprinzip 105 ff. – Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung 107 ff. – Wettbewerbsbegriff bei § 299a 114 ff.

Wettbewerbsrecht 128 f. – Einfluss auf den Straftatbestand 156 f. Wirtschaftlichkeitsgebot 34 f., 40, 55 Zuführen 186 ff., 237 f., 239 f., 241 f., 243 f., 245, 250 f., 255 ff., 269 f., 276, 282 Zuweisungsverbot – berufsrechtliches 72 ff., 151 ff. – sozialrechtliches 50 ff.