Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie [24.–26. Aufl. Reprint 2019] 9783111662633, 9783111278223

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Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie [24.–26. Aufl. Reprint 2019]
 9783111662633, 9783111278223

Table of contents :
Vorwort zur 21. Auflage
Vorwort zur 22. und 23. Auflage
Vorwort zur 24. - 26. Auflage
Inhalt
Einleitung
Nichtmetallverbindungen, erster Teil
Metallverbindungen, erster Teil
Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil
Metallverbindungen, zweiter Teil
Namen- und Sachregister

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Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie von

HEINRICH BILTZ 2 4 . - 2 6 . Auflage seit der 21. Auflage bearbeitet von

WILHELM KLEMM und WERNER FISCHER

Mit 24 Figuren und 1 Tafel

B E R L I N

W A L T E R

DE

1 9 4 0

G R U Y T E R

&

vormals G. J. GOsdien'sdie Verlagshandlung / J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer • Karl J. Trübner / Veit & Comp.

C O .

Alle Rechte, Insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten Copyright 1940 by W a l t e r d e G r u y t e r & Co. vormals GJ.GAschen'sche Verlagshandlung — J.Guttentag,Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J.Tröbner — Veit & Comp. Berlin W 35, Woyrschatraße 13 Printed In Germany / Druck von Metzger & Wltüg In Leipzig Ardii v-Nr. 52 07 40

Vorwort zur 21. Auflage Die erste Auflage dieses Buches wurde von H. B i l t z im Jahre 1898 für den Gebrauch im Kieler chemischen Universitätslaboratorium verfaßt. Seit dieser Zeit ist es in fast 20000 Exemplaren verbreitet worden und hat eine sehr große Zahl von Chemikern darin unterstützt, sich die ersten Kenntnisse in der Chemie zu erwerben. 40 Jahre sind für ein sich so rasch fortentwickelndes Gebiet wie die unorganische Chemie eine lange Zeit; es haben sich in dieser Zeit nicht nur die Kenntnisse vermehrt, sondern auch die theoretischen Anschauungen vertieft. Auch haben sich die Ansichten darüber, wie man den Studenten mit dem bestmöglichen Wirkungsgrade die Grundzüge der Chemie lehrt, in manchem geändert. Als daher Herr Prof. B i l t z uns im Einvernehmen mit dem Verleger aufforderte, einmal zu überprüfen, ob das Buch nicht an manchen Stellen den Anforderungen der Jetztzeit noch besser angepaßt werden könnte, haben wir diese Aufgabe sehr gern übernommen; denn wir haben beide als Lernende (W. Klemm als Schüler von H. B i l t z , W. F i s c h e r als Schüler von W. Biltz) wie als Lehrende das Buch gründlich kennen und schätzen gelernt. Bei dieser Neubearbeitung lag kein Grund dafür vor, an dem Gesamtcharakter des Buches etwas zu ändern. Insbesondere haben wir davon abgesehen, Versuche und theoretische Abschnitte aufzunehmen, durch die sich der Student den Molekularbegriff und das Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen selbst erarbeitet. Denn einmal halten wir nicht viel davon, wenn der Anfänger sich mit halbquantitativen Versuchen herumquält, bei denen er einerseits die Waagen mißhandelt und zum anderen einen ganz falschen Begriff von der Leistungsfähigkeit- quantitativer Messungen und seiner eigenen Meßkunst erhält. Zum anderen soll das Buch kein Ersatz für Vorlesung und Lehrbuch sein. Es soll vielmehr neben diesen benutzt werden und dem Anfänger die Kenntnis des stofflichen Verhaltens und einen Einblick in die theoretischen Fragen vermitteln, die ihm das Verständnis und die Ordnung der Fülle der Einzelerscheinungen erleichtern. Unsere Überarbeitung beschränkte sich vielmehr auf folgendes: Einmal wurde das P e r i o d e n - S y s t e m der Elemente, das leitende

Vorwort zur 21. Auflage

IV

Prinzip alles Lernens und Forschens, zur Grundlage der Einteilung gemacht. Auf diese Weise hoffen wir, schon dem Anfänger das Verständnis größerer Zusammenhänge zu erleichtern. Die bisherige Einteilung des Stoffes nach vorwiegend a n a l y t i s c h e n Gesichtspunkten bringt, wie wir des öfteren feststellen konnten, leicht Mißverständnisse mit sich. Uberhaupt haben wir den Charakter des Buches als Einführung in das analytische Arbeiten eine Kleinigkeit zurücktreten lassen; infolgedessen haben wir einige analytische Speziaireaktionen weggelassen, deren Bedeutung für die Erwerbung allgemeiner Stoffkenntnisse gering ist. Dagegen haben wir den Stoff dadurch vermehrt, daß wir außer den in Anfangerbüchern in der Regel allein behandelten Elementen auch einige Angaben über die meist zu Unrecht als „selten" bezeichneten Elemente angeführt haben, da diese in Wissenschaft und Technik eine von Tag zu Tag steigende Bedeutung gewinnen. Es wird sich jedoch empfehlen, diesen Teil erst durchzuarbeiten, nachdem einige Erfahrungen in der qualitativen Analyse der anderen Elemente gesammelt worden sind. Zum anderen sind die t h e o r e t i s c h e n Abschnitte neubearbeitet und zum Teil wesentlich erweitert worden. Es handelt sich dabei meist um Fragen, die in der Experimentalvorlesung nicht in dieser Ausführlichkeit besprochen werden, ohne deren Kenntnis aber ein erfolgreiches analytisches Arbeiten nicht mögüch ist. Der Studierende wird am Anfang mit diesen Abschnitten manchmal eine gewisse Mühe haben. Er begnüge sich aber in keinem Falle mit einem oberflächlichen Lesen und einem halben Verständnis. Vielmehr mache er es sich zur Regel, diese Abschnitte immer wieder durchzuarbeiten. Besonders fruchtbar wird es sein, wenn er sich nach dem Durcharbeiten eines Teiles des Buches die an früherer Stelle stehenden Abschnitte erneut vornimmt; es wird dann manches klar werden, was beim ersten Lesen vielleicht unverständlich blieb. Bei der Neubearbeitung konnten freundliche Ratschläge der Herren Professoren F. A r n d t , Istanbul, W. B i l t z , Hannover, W. B ö t t g e r , Leipzig, H. Menzel und A. S i m o n , Dresden, mit berücksichtigt werden. Es sind der Neubearbeitung also die Unterrichtserfahrungen vieler Stellen zugute gekommen. Wir hoffen daher, daß das Buch von H. B i l t z sich auch in seiner neuen Gestalt im Anfängerunterricht bewähren wird. September 1937

W . Klemm

W . Fischer

Vorwort zur 22. und 23. Auflage Die Tatsache, daß bereits ein Jahr nach dem Erscheinen der umgearbeiteten 21. Auflage eine weitere Auflage notwendig wird, scheint zu beweisen, daß das Ziel, das uns bei der Bearbeitung leitete, allgemein grundsätzliche Zustimmung erfahren hat. Dieses Ziel, das sei nochmals betont, bestand nicht darin, den Charakter des Buches als experimentelle Einführung zurücktreten zu lassen; es sollte vielmehr dem Anfänger das Erfassen und Einprägen der bei reiner Aufzählung verwirrenden Fülle von Einzelerscheinungen dadurch erleichtert werden, daß bei der Erweiterung der theoretischen Abschnitte vornehmlich das verschiedenen Stoffen und Experimenten Gemeinsame herausgearbeitet wurde und die Vielzahl der Erscheinungen durch ein Gerüst ordnender Prinzipien verflochten wurde. Die Änderungen gegenüber der 21. Auflage beschränken sich auf die Ausmerzung einiger Druckfehler und eine Anzahl kleinerer Korrekturen. Auf einen Wunsch aus dem Benutzerkreise wurden besonders wichtige Identifizierungsreaktionen durch einen senkrechten Strich an der Seite des Satzspiegels hervorgehoben. Es dürfte zweckmäßig sein, die qualitativ-analytische Ausbildung mit der Durcharbeitung der „Experimentellen Einführung" etwa in folgender Reihenfolge zu verbinden: 1. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen I. Teil. Metallverbindungen I. Teil. 2. Qual.-anal. Ausbildung:

Einfacher

Kationengang;

„Schul-

analyse". 3. Experimentelle Einführung: Nichtmetallverbindungen II. Teil. 4. Qual.-anal. Ausbildung:

Säuren, Säuren kombiniert mit den Kationen der Schulanalyse.

5. Experimentelle Einführung: Metallverbindungen I I . Teil. 6. Qual.-anal. Ausbildung:

Analysen über alle Elemente; insbesondere Mineralien, technische Produkte usw.

Vorwort zur 24.—26. Auflage

VI

Nach Punkt 1 und 6 wird zweckmäßigerweise ein kurzes Kolloquium mit dem Institutsleiter eingeschaltet. In Erwägung zu ziehen ist weiterhin, ob nicht nach 2. bereits einige einfache quantitative Bestimmungen ausgeführt werden, deren erzieherischer Wert sowohl für das chemische Denken wie für das experimentelle Arbeiten an dieser Stelle besonders groß ist. Den bereits im Vorwort zur 21. Auflage genannten Herren haben wir wiederum für eine Reihe von wertvollen Hinweisen zu danken. Oktober 1938 W. Klemm

W. Fischer

Vorwort zur 2 4 . - 2 6 . Auflage In Anbetracht der überaus freundlichen Aufnahme, die das Buch in seiner neuen Gestalt gefunden hat, haben wir von größeren Änderungen abgesehen. Nur an wenigen Stellen wurden kleine Schwächen, die nach den Erfahrungen befreundeter Hochschullehrer und nach unseren eigenen Beobachtungen noch vorhanden waren, abgestellt. Außerdem wurde durch einige Maßnahmen versucht, die Übersichtlichkeit des Textes zu verbessern und das Auffinden einzelner Dinge beim Nachschlagen zu erleichtern. Diesen Zwecken dienen: ein alphabetisches Register; Hervorheben von einzelnen Worten und Abschnittsüberschriften durch Fettdruck; Verwendung besonderer Schriftarten bei den Versuchsvorschriften, und zwar Kursivdruck für die benötigten Reagentien, Sperrdruck für die entstehenden Stoffe; schließlich wurden die Vorschriften für die Experimente mit arabischen Ziffern versehen, was unter anderem die Kennzeichnung solcher Versuche, die etwa von Studierenden mit Chemie als Nebenfach überschlagen werden sollen, leicht möglich macht. Den neuen Bestimmungen für das Chemiestudium entspricht diese Einführung ebenso wie den früheren. Die Verkürzung der Studienzeit verlangt eine ganz besonders solide Grundlage; der Student sollte daher auf das Erlernen der in dieser Einführung behandelten Grundbegriffe ganz besondere Sorgfalt verwenden. Sehr erfreut hat uns die von befreundeter Seite ausgesprochene Anerkennung, daß sich das Buch unter den Kriegsverhältnissen, d. h. bei einem starken Andrang von Studierenden und einem Mangel an Assistenten, besonders bewährt hat. März 1940 W. Klemm

W. Fischer

Inhalt Theoretische Abschnitte sind kursiv gedruckt Einleitung Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium . . . . Das Umfüllen von Reagentien Filter und Filtrieren Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Die Bearbeitung des Glases Kork bohren

Seite

1 4 5 6 8 10 13

N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , e r s t e r Teil Säuren, Basen, Salze Salzsäure und Chlor Chemische Umsetzungen Konzentration der Lösungen; Normallösungen Schwefelsäure Elektrolytische Dissoziation; Jonerdehre Chemische Bindungskräfte Oxydation und Reduktion Schweflige Säure Salpetersäure und Stickstoffoxyde Kohlendioxyd und Kohlensäure Schwefelwasserstoff Phosphorsäure, Saure Salze Namen unorganischer Stoffe

15 15 16 20 21 22 25 29 32 34 35 40 42 45 50

Metallverbindungen, erster Teil Alkalimetalle Natrium Kalium Ammonium Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle Calcium Strontium und Barium Magnesium Chemisches Oleichgewicht A. Das Wesen der chemischen Gleichgewichte B. Das Massenwirkungsgesetz C. Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung D. Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen E. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Aluminium Säuren- und basenbildende Oxyde

62 52 52 67 59 62 62 62 66 67 69 69 73 76 81 84 85 89

VIII

Inhalt

Elemente der Gruppe I b Silber Komplexverbindungen und Doppelsalze Kupfer Elektroaffinität Elemente der Gruppe I I b Zink Cadmium Quecksilber Ubergangselemente Eisengruppe Eisen Kobalt Nickel Chrom Mangan Aufschließen Weitere Elemente der b-Gruppen Zinngruppe Zinn Kolloide Lösungen Blei Sulfide Arsengruppe Arsen Antimon Wismut

Seite

93 93 9G 100 104 105 106 108 108 113 114 114 120 122 124 129 132 134 135 135 138 140 142 144 144 151 154

N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , zweiter T e i l VII. Gruppe Halogene Halogenwasserstoffe Halogensauerstoffverbindungen VI. Gruppe Wasserstoffperoxyd Säuren des Schwefels Selen und Tellur V. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Salpetrige Säure und Nitrite Phosphorige Säure IV. Gruppe Silicium I I I . Gruppe Borsäuren

156 156 156 156 158 162 162 163 165 166 166 167 169 169 169 172 172

M e t a l l v e r b i n d u n g e n , zweiter T e i l Lithium, Beiyllium Seltene Erden Titan, Zirkonium, Thorium Vanadin, Niob, Tantal Molybdän, Wolfram, Uran Thallium Namen- und Sachregister

174 174 175 176 177 178 180 182

1

Einleitung Zum flotten Arbeiten im chemischen Laboratorium sind einige Hilfsmittel nötig, die der Praktikant sich auf seinem Arbeitsplatze zu halten hat, nämlich: eine Schere, ein Glasmesser zum Glasschneiden, eine an ihrer stärksten Stelle noch nicht ganz bleistiftdicke Rundfeile zum Glätten und Erweitern von Löchern in Korken, ferner Pinzette, Lötrohr und einige einseitig geschlossene Glasröhrchen, deren Anfertigung auf S. 11 bis 12 beschrieben ist. Dazu kommen: eine ausreichende Anzahl von Probiergläsern verschiedener Größe 1 ) mit Gestell, Trichter, Kölbchen, einige dünne Glasstäbe mit rund geschmolzenen Enden, kleine Bechergläschen, eine Spritzflasche, Porzellantiegel und Abdampfschalen, schließlich ein Filtriergestell, ein eiserner Dreifuß (oder ein Stativ mit verschiebbarem Ring) nebst Drahtnetz als Kochgestell und ein Gasbrenner 2 ). Der für manche Zwecke benötigte Spatel kann aus Glas, Porzellan, Horn oder Reinnickel bestehen; v e r n i c k e l t e oder v e r c h r o m t e Instrumente sind im chemischen Laboratorium n i c h t b r a u c h b a r . Erforderlich ist ferner ein Platindraht von etwa 5 cm Länge und etwa 0,4 mm Durchmesser, der an einem Ende in einen dünnen Glasstab eingeschmolzen ist; er wird — mit dem Glasstabe in einem Kork befestigt — in einem mit Salzsäure halbgefüllten Probierglase aufbewahrt. Als Ersatz können in manchen Fällen — z. B. zur Herstellung von Phosphorsalz- oder Boraxperlen — Magnesiastäbchen und -Rinnen verwendet werden. Für die seltenen Fälle, in denen ein Platintiegelchen (es empfehlen sich die in der Lötrohranalyse gebräuchlichen „Plattner-Schälchen") unentbehrlich ist, leiht man ein solches vom Assistenten. Ferner sollte jeder im Besitz einer einfachen Schutzbrille mit splittersicherem Glase sein 3 ). Schließlich sind ein Wischtuch und ein Handtuch unentbehrlich; empfehlenswert ist eine Hasenpfote zum Reinigen des Arbeitsplatzes. !) Für die meisten Versuche sind Probiergläser der normalen Größe von etwa 16 mm Durchmesser und 160 mm Länge zweckmäßig; daneben benötigt man einige größere (etwa 20 X 200 mm), vor allem aber auch kleinere von verschiedenen Abmessungen. 2 ) Früher benutzte man zum Halten heißer Probiergläser oft Probierglasklemmen. Dafür verwendet man besser ein Stück Papier von etwa Oktavgröße, das durch einige Längskniffe zu einem Streifen zusammengefaltet ist. 3 ) Z. B. zu beziehen von Robert Kirsten, Düsseldorf. B i l t z , Einführung. 2 4 . - 2 8 . Auf].

1

2

Einleitung

Alle G l a s s a c h e n s e i e n s t e t s s a u b e r . Bechergläser werden gereinigt, mit destilliertem Wasser ausgespült und nach dem Abtropfen mit nach unten gestellter Öffnung auf Filtrierpapier, mit dem der Schrank zum Teile ausgelegt ist, aufbewahrt. Die gereinigten und getrockneten Kölbchen bewahrt man nach Verschluß mit etwas Filtrierpapier, das über den Rand geknifft wird, gegen Staub gesichert auf. D i e P r o b i e r g l ä s e r w e r d e n s t e t s b a l d n a c h d e n V e r s u c h e n g e r e i n i g t . Dazu reicht meist Wasser und eine Gänsefeder oder eine Probierglasbürste aus; zur Entfernung fest haftender Niederschläge nimmt man eventuell einige Tropfen roher, konzentrierter Salzsäure zu Hilfe 1 ). Diese Reinigung gelingt fast immer leicht und schnell, wenn sie bald vorgenommen wird, ist aber oft recht mühsam und zeitraubend, wenn sie bis zum nächsten Tage verschoben wird. Man spült auch hier stets mit destilliertem Wasser nach. Zum Abtropfen stellt man die Probiergläser mit der Mündung nach unten auf die Zapfen, die zu diesem Zwecke an der Hinterseite des Gestells angebracht sind, oder auch in die Öffnungen des Probierglasgestells. Man halte sich stets einige trockene Probiergläser vorrätig, weil solche zu manchen Versuchen nötig sind. Durch Befolgen dieser Vorschriften kann man sich Zeitverlust und Mißerfolge ersparen. Überhaupt muß mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß m a n s i c h bei c h e m i s c h e n A r b e i t e n v o n v o r n h e r e i n a n die g r ö ß t e S a u b e r k e i t gew ö h n e n m u ß . Auch das Innere der Schubladen und Schränke sei stets vorbildlich sauber und ordentlich gehalten sowie mit Verständnis geordnet. Eisensachen, Filter, Glas- und Porzellansachen dürfen kein malerisches Durcheinander bilden, sondern müssen getrennt aufbewahrt werden. Die meisten Versuche dieses Leitfadens werden in Probiergläsern ausgeführt. Es ist zweckmäßig, zu jeder Umsetzung n u r w e n i g S u b s t a n z zu nehmen und mit stark verdünnten Lösungen zu arbeiten; denn die meisten Erscheinungen sind bei verdünnten Lösungen viel klarer zu erkennen als bei konzentrierten. Ferner beachte man, daß man, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit 1 / 2 —1 ccm der Lösungen vollständig auskommt. Man halte sich an diese Vorschrift nicht nur zu dem Zwecke, keine Chemikalien zu vergeuden, sondern vor allem, um Zeit zu sparen. Wichtig ist es auch, daß man sich von vornherein darin übt, G e w i c h t u n d R a u m m a s s e a b z u s c h ä t z e n . Es empfiehlt sich, ein Probierglas zunächst leer, dann zum Fünftel, zur Hälfte, schließlich ganz mit Wasser gefüllt zu wägen, um dadurch eine Vorstellung Zum Reinigen von Glasoberflächen, die mit Fett oder ähnlichen Stoffen verschmutzt sind, benutzt man eine Auflösung von Alkalipyrochiomat (vgl. S. 128) in konzentrierter Schwefelsäure („Chrom-Schwefelsäure") oder eine alkalische Lösung von Alkalipermanganat (vgl. S. 129/131).

Einleitung

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vom Inhalte eines Probierglases und seiner Teile zu erhalten. Auch ist anzuraten, ein Probierglas durch Einwägen von 1, 2, 3 g usw. Wasser zu kalibrieren und die betreffenden Höhen an einem aufgeklebten Papierstreifen zu verzeichnen. Ein solcher einfacher Meßzylinder ist oft nützlich. Es ist unbedingt erforderlich, daß über die Arbeiten im Laboratorium sorgfältig und ausführlich Protokoll geführt wird, und zwar nicht auf losen Zetteln, Zigarettenschachteln und ähnlichem, sondern in einem Heft. Der Studierende gewöhne sich vom ersten Tage daran, j e d e Beobachtung, und sei sie noch so geringfügig, so aufzuschreiben, als ob sie von ihm erstmalig gemacht sei. Man verlasse sich nicht darauf, daß ja alles „im Buche" stehe, sondern protokolliere sofort nach Ausführung des Versuches die Beobachtungen, ohne das Buch zur Hilfe zu nehmen, weil man sonst leicht in den Fehler verfällt, das Buch abzuschreiben. Durch diese Art der Niederschrift lernt der Anfänger, die chemischen Ausdrücke zu verwenden. Wenn er es sich ferner zum Grundsatze macht, jede im Probierglase beobachtete Umsetzung auch formelmäßig auszudrücken, übt er sich, chemische Gleichungen aufzustellen. Schließlich ist diese Erziehung zum sorgfältigen Protokollieren auch als Vorbereitung für das spätere selbständige Arbeiten unentbehrlich, bei dem mangelhafte Protokollführung zu schweren Irrtümern und erheblichem Zeitverlust führen kann. Das Laboratoriumstagebuch braucht keine schön geschriebene Reinschrift zu sein, aber es sei übersichtlich und auch für einen anderen lesbar. Das allerwichtigste Erfordernis für ein erfolgreiches und flottes Durcharbeiten dieses Leitfadens ist das häusliche Studium. Kein Abschnitt soll im Laboratorium vorgenommen werden, bevor er sorgfältig unter Hinzuziehung eines L e h r b u c h s d e r C h e m i e zu Hause theoretisch durchgearbeitet und aufgeklärt ist. Unklarheiten und Zweifel lasse man nicht auf sich beruhen, sondern frage den Assistenten um Rat. Zwar sind in den experimentellen Teil zahlreiche theoretische Abschnitte eingestreut, deren Studium vielfach Aufklärung geben wird; selbstverständlich sind diese theoretischen Abschnitte nicht imstande, das Hören einer Vorlesung über analytische Chemie, die sich auf der Theorie der wäßrigen Lösungen und dem Mussenwirkungsgesetze aufbaut, zu ersetzen. Zu einem näheren Studium der theoretischen Verhältnisse sei namentlich auf „Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen Chemie" von W. O s t w a l d (Verlag Steinkopff, Dresden und Leipzig) und auf die „Qualitative Analyse" von W. B ö t t g e r (Verlag von W. Engelimnn, Leipzig) verwiesen.

1*

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Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium Schon an dieser Stelle sei auf einige Vorsichtsmaßregeln hingewiesen, die beim Arbeiten im Laboratorium unbedingt beachtet werden müssen: 1. Beim Erhitzen von Flüssigkeiten im Probierglase, besonders von solchen, in denen feste Teilchen ausgeschieden sind, ist das Probierglas leicht und andauernd zu bewegen. Durch diese leichten Schüttelbewegungen wird einem Siedeverzuge und dem damit verbundenen Herauskochen der Flüssigkeit aus dem Rohre vorgebeugt. Außerdem werden dadurch die Wände des Rohrs innen, soweit sie erhitzt werden, andauernd mit Flüssigkeit befeuchtet, wodurch eine Überhitzung der Glaswände vermieden wird. B e i m K o c h e n im P r o b i e r g l a s e h a l t e m a n s t e t s die M ü n d u n g v o n s i c h u n d a n d e r e n P e r s o n e n a b , damit niemand verbrüht werde, falls doch einmal ein Herauskochen stattfinden sollte. 2. Versuche, bei denen übelriechende oder giftige Gase entstehen, müssen unter allen Umständen unter dem Abzüge ausgeführt werden. Der Chemiker ist sowieso genötigt, bei seinen Arbeiten oft genug schlechte Luft in Kauf zu nehmen. E s ist eine selbstverständliche Pflicht gegenüber den Arbeitskameraden, alles zu vermeiden, was die Laboratoriumsluft in unnötiger Weise verschlechtert. Die Fenster unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst geschwächt wird. 3. Bei manchen Versuchen muß man mit giftigen Substanzen (z. B. Natriumcyanid) arbeiten. In diesen Fällen ist besonders auf peinlichste Sauberkeit zu achten (nichts verschütten, sofortiges Säubern der Geräte und der Hände). Man bringt sonst sich selbst in Lebensgefahr und gefährdet unter Umständen andere. Überhaupt ist es selbstverständlich, daß man sich nach j e d e m Arbeiten sorgfältig die Hände wäscht. Man weiß nie, ob nicht Spuren schädlicher Stoffe an ihnen haften. 4. Gelegentlich hat man es mit Umsetzungen zu tun, die zu Explosionen führen können. Kennt man die Gefahr, so kann man durchaus solche Versuche ausführen; denn durch zweckmäßige Anordnung des Versuches kann man sich schützen. Auf keinen Fall versäume man in den Fällen, in denen auch nur die entfernte Möglichkeit einer Explosion oder des Verspritzens von Alkalien und Säuren besteht, die Augen durch eine Schutzbrille zu schützen (vgl. S. 1).

Das Umfüllen von Reagentien

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Das Umfüllen von Reagentien Das Eingießen von flüssigen Reagentien aus einer Flasche in ein Probierglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig auszuführen hat. Da bei unsachgemäßer Durchführung mancherlei Übelstände auftreten, gewöhne man sich von vornherein an folgende Art der Ausführung. Die Flasche ist mit vollem Griff zu fassen, und zwar so, daß die Beschriftung bei waagerechter Lage der Flasche nach oben kommt. Macht man es anders, so könnte ein herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Das Probierglas wird mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehalten. Mit den beiden noch freien Fingern und dem Handballen nimmt man den Stopfen von der Flasche (Fig. la) und gießt die Flüssigkeit ein, ohne dabei den Rand der Flasche auf den des Probierglases aufzusetzen (Fig. lb). Berührt man das Probierglas, so kann der Rand und damit der Inhalt der Flasche verunreinigt werden — besonders, wenn man es gewohnheitsmäßig macht! —, was bei späterem Gebrauch der Reagensflüssigkeit Anlaß zu Irrtümern gibt. Nach dem Ausgießen der Flüssigkeit hängt am Rande der Flasche in der Regel ein dicker Tropfen. Diesen streicht man nicht am Probierglase Figur 1. Ausgießen von ab noch läßt man ihn außen an der Flüssigkeiten Flasche herunterlaufen, sondern man führt den Flaschenrand, ohne dabei die Flasche aus ihrer schrägen Lage wesentlich aufzurichten, an den Hals des Stopfens, streicht hier den Tropfen ab (Fig. lc), setzt den Stopfen auf und stellt die Flasche an ihren Platz. Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien [stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die Reagentienregale werden nicht beschmutzt, und es kann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt.

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Filter und Filtrieren

Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagensflüssigkeit Gase entwickeln (vgl. z. B. S. 17), so gießt man die Lösung nicht aus der Reagentienflasche zu; denn in diesem Falle besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Gase den ganzen Inhalt der Flasche verunreinigen. Vielmehr füllt man in diesem Falle erst die erforderliche Menge der Flüssigkeit in ein sauberes Probierglas und gießt sie von dort in das Probierglas mit der zu untersuchenden Substanz. Das Ausschütten von festen Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die benötigte Menge vielmehr mit einem s a u b e r e n Spatel oder Löffel. H a t man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den Rest — wenn es sich nicht um besonders kostbare Substanzen handelt — nicht in die Flasche zurück, sondern in den Schmutzbehälter. Dies gilt unter allen Umständen von Anteilen, die auf den Arbeitstisch gefallen sind. Filter und Filtrieren Zur Herstellung von fffflcitten Filtevn" benutzt man in der Regel fertig geschnittene runde Scheiben aus Filtrierpapier. Für die vorliegenden Versuche genügen die billigen „qualitativen" Filter; die besonders aschearmen, teureren „quantitativen" Filter sind nicht erforderlich. Man halte sich einen größeren Vorrat von Filtern verschiedener Größe (etwa 7 und 9 cm Durchmesser) stets vorrätig, und zwar nicht lose im Schubfach herumliegend, sondern in einer geeigneten Pappschachtel. Zum Gebrauch faltet man das Filter zweimal im rechten Winkel (vgl. Fig. 2a), so daß es das Aussehen von Fig. 2 b erhält. Diese Papiertüte wird geöffnet (Fig. 2c) und in einen Trichter gesteckt, dessen konischer Teil wenigstens um 1 cm höher ist als das Filter; auf keinen F a l l darf d a s F i l t e r ü b e r den R a n d des T r i c h t e r s h i n a u s r a g e n . Jetzt gießt man mit der Spritzflasche Wasser in das Filter und drückt es mit einem Finger an die Trichterwand fest an (Fig. 2d). Das Filtrat läuft nur dann gut ab, wenn das Papier oben überall gut an der Glaswand anhegt, so daß keine Luftblasen auftreten 1 ); denn nur dann wirkt die Flüssigkeitssäule im Trichterrohr saugend auf die Flüssigkeit im Filter. H a t der Trichter nicht genau den Winkel von 60°, so muß man das beim ') Es ist praktisch, die in Fig. 2 c gestrichelt gezeichnete Ecke abzureißen oder auch nur einzureißen und um die Knickstelle nach rechts umzuschlagen; denn das Filter liegt dann meist noch besser an.

Filter und Filtrieren

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Kniffen des Filters berücksichtigen. Man lernt dies wie überhaupt die Anfertigung eines gut arbeitenden Filters am besten von Geübteren. Für präparative Arbeiten sind oft die ,,Faltenfilter" vorzuziehen, da sie ein schnelleres Filtrieren ermöglichen. Man ver-

Figur 2. Filter einlegen

wendet sie aber nur dann, wenn es nicht darauf ankommt, den auf dem Filter gesammelten Niederschlag gut auszuwaschen. Faltenfilter kann man bereits fertig geknifft beziehen. Will man selbst eines herstellen, so geht man am besten von einem kreisförmigen

Figur 3. Faltenfilter

Stack Filtrierpapier aus und beginnt dann in genau der gleichen Weise wie in den Fig. 2 a und 2b, nur wird der Viertelkreia (Fig. 2 b) noch zweimal im Winkel gefaltet bis zum Sechzehntel-Rreisauäschnitte. Dann öffnet man zum Halbkreise (Fig. 3a) und knifft von einer Seite beginnend, jedes Achtel des Halbkreises aus freier Hi-nd nochmals mit den Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hinde; dabei dienen die mit den Spitzen aneinander gelegten Mittel firger als Unterlage. In Fig. 3b ist die linke Hälfte des Filters so behandelt, die rechte noch nicht. Nun wird das Filter zur Tüte geöffnet und in den Trichter eingesetzt (Fig. 3 c).

S

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

Beim Filtrieren gießt man das Filter nie ganz voll, damit nichts über den Rand des Filters steige. Mit dem Auswaschen, zu dem die Spritzflasche verwendet wird, beginnt man erst, wenn alle Flüssigkeit aus dem Filter abgelaufen ist, und nachdem man sich durch Zugabe eines Tropfens des Fällungsmittels zum Filtrat davon überzeugt hat, daß die Fällung vollständig war. Beim Auswaschen läßt man das Filter jedesmal erst ganz abtropfen, ehe man weiteres Waschwasser aufspritzt 1 ). Die Hauptregel für das Auswaschen ist: oftmals mit wenig Wasser auswaschen und jedesmal möglichst vollständig ablaufen lassen! Da der Filtrationsprozeß bei feinflockigen Niederschlägen sehr langsam verläuft, ist es zuweilen empfehlenswert, die Fällung im Glase absitzen zu lassen, darauf zunächst die über dem Niederschlage stehende klare Flüssigkeit, ohne diesen aufzuwirbeln, durch das Filter abzugießen, und erst dann den Niederschlag mit etwas Wasser aufs Filter zu spülen. Man bezeichnet dieses Abgießen einer Flüssigkeit von einem Niederschlage als „Dekantieren"; es gelingt bei schweren Niederschlägen leicht. Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Der Bunsenbrenner. Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt man im chemischen Laboratorium heute sehr oft den von R o b e r t B u n s e n erfundenen und nach ihm benannten Gasbrenner. Dieser besitzt an dem unteren Teile des eigentlichen Brennerrohres ein mit Öffnungen versehenes Rohrstück, das so verstellt werden kann, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man es so ein, daß keine Luft eintritt, so erhält man eine gelbe, „ l e u c h t e n d e " Flamme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden Luftzufuhr eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen das Leuchtgas besteht, vereinigt sich dabei der Wasserstoff leichter mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff im wesentlichen nur am Flammenrand verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die vorübergehend gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-)-Teilchen. Infolge dieses Gehaltes an unverbrannten brennbaren Stoffen kann diese Flamme solchen Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen: sie wirkt schwach „ r e d u z i e r e n d " 2 ) . Stärkere Reduktionswirkungen erzielt man mit dem Lötrohr (s. S. 10). r ) Bei s c h l e i m i g e n Niederschlägen, wie z. B. Aluminiumhydroxyd (vgl. S. 87), darf man das Ablaufen der Filterflüssigkeit nur so weit fortschreiten lassen, daß der Niederschlag noch feucht bleibt. Denn beim Trockenwerden springt die Masse in kleine Schollen entzwei, zwischen denen das Waschwasser wirkungslos vorbeilaufen würde. 2 ) Näheres über die Begriffe „Reduktion" und „Oxydation" siehe S. 17 u. S. 32.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und daa Lötrohr

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Läßt man dagegen durch die Öffnung Luft zutreten, so verbrennt auch der Kohlenstoff rascher. Da die Flamme infolgedessen glühende feste Teilchen nicht enthält, leuchtet sie nicht ( „ e n t l e u c h t e t e " Flamme). In diesem Falle unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren, bei reinem Brenner und staubfreier L u f t nahezu farblosen Mantel. Der i n n e r e Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz (Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich in dem äußeren Mantel befindet. Da der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet für Reduktionswirkungen ist seine oberste Spitze, weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rande des ä u ß e r e n Kegels findet sich ein geringer Sauerstoffüberschuß; dieser Teil wirkt daher s c h w a c h o x y d i e r e n d , er kann hineingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Bessere Oxydationswirkungen erzielt man jedoch mit dem Gebläse (s. unten) oder dem Lötrohr (s. S. 10). Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so „schlägt" der Brenner „zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohres an der Gaseintrittsdüse. I n solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden 1 ), da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Den I n s t i t u t e n erwachsen durch den Gasverbrauch große Unkosten. E s ist d e s h a l b eine s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e P f l i c h t e i n e s j e d e n S t u d i e r e n d e n , G a s v e r s c h w e n d u n g zu v e r m e i d e n . Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man daher nur die Sparflamme brennen. Ist eine entsprechende Einrichtung an dem Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszuführung so stark, daß nur noch eine kleine Flamme brennt. Gebläse. Braucht man h ö h e r e T e m p e r a t u r e n , so benutzt man einen G e b l ä s e b r e n n e r , bei dem dem Gase vor der Verbrennung komprimierte Luft zugeführt wird. Das Einblasen der Luft erfolgt meist durch ein maschinell betriebenes Gebläse oder ein Wasserstrahlgebläse. Benutzt man ein Tretgebläse, so trete man nur so schnell, als es zur Erreichung des Zweckes unbedingt erforderlich ist. Ein Überschuß ist Kraftvergeudung und schädigt die Einrichtung. Noch höhere Temperaturen erzielt man durch ein Sauerstoff-Leuchtgasgebläse, bei dem an Stelle von Luft komprimierter Sauerstoff zugeführt wird, den man einer Stahlflasche entnimmt. Die Flamme wirkt in diesem Falle stark oxydierend. Für die üblichen Laboratoriumsarbeiten des Studierenden ist jedoch dieses Gebläse ebensowenig erforderlich wie das noch heißere Wasserstoff-Sauerstoff-(„Knallgas") -Gebläse. In leichteren Fällen hilft oft ein kurzer Schlag auf den Gasschlauch!

Die Bearbeitung des Glases

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Gebrauch des Lötrohres. Die Verwendung des früher allgemein benutzten Lötrohres ist heute in vielen Laboratorien zu Unrecht in den Hintergrund getreten; in Hüttenlaboratorien usw. wird es auch jetzt noch mit bestem Erfolge vielfach benutzt. Das Lötrohr dient dazu, eine kräftige Stichflamme horizontal zu treiben, damit Stoffe, die auf einer die Wärme schlecht leitenden Unterlage, gewöhnlich einem Stücke Holzkohle, liegen, hoch erhitzt werden können. Durch Regelung der Luftzufuhr gelingt es dem Geübten leicht, in der Flamme einen Überschuß an unverbranntem Gase oder an sauerstoffhaltiger Luft vorherrschen zu lassen; man unterscheidet demnach die ,,Reduktionsflamme" und die „Oxydationsflamme". Die beiden Flammen sicher und rein zu erzeugen, ist nicht leicht und erfordert viel Übung. Ebenso ist es nicht ganz einfach, längere Zeit ununterbrochen zu blasen. Man muß dabei durch die Nase atmen, ohne daß der mit dem Munde erzeugte Luftstrom unterbrochen wird. Das Atmen erfolgt dabei ganz normal, die Brust darf nicht aufgeblasen sein. Die Hauptsache ist, mit dem Gaumensegel den Mundraum abzuschließen und nur mit dem Druck der Backenmuskeln und keinesfalls mit der Lunge zu blasen. Von Zeit zu Zeit werden die Backen neu aufgeblasen. Am besten erlernt man dies von einem Geübten. Als F l a m m e benutzt man am besten eine Öllampe mit flachem Dochte; für viele Zwecke genügt die l e u c h t e n d e Flamme des Bunsenbrenners 1 ). Um eine O x y d a t i o n s f l a m m e zu erhalten, führt man die Spitze des Lötrohres 1—2 cm über der Mündung des Brenners mitten in die Flamme ein und bläst kräftig, so daß aus der Brennerflamme ein Flammenspitzchen seitlich herausgeblasen wird; in ihm erkennt man deutlich einen kurzen, inneren Kegel und den ihn zum Teile umhüllenden, zum Teile fortsetzenden Flammenmantel, den eigentlichen Oxydationsraum. Zur Erzeugung einer R e d u k t i o n s f l a m m e taucht man die Spitze des Lötrohres nicht in die Flamme des Bunsenbrenners ein, sondern führt sie nur an die —• natürlich nicht entleuchtete — Flamme heran und bläst nur schwach, so daß ein großer Teil der Flamme, in dem sich weder ein innerer Kern noch ein äußerer Mantel erkennen lassen, zur Seite schlägt. Die Bearbeitung des Glases Der Chemiker kommt beim Zusammenstellen von Apparaten und bei anderen Gelegenheiten oft in die Lage, Glasröhren biegen zu müssen, sie abzuschmelzen, Bruchstellen abzurunden usw. Es ist sehr erwünscht, wenn er sich darin bald eine gewisse Fertigkeit J

) Leuchtgas ist aber meist nicht ganz frei von Schwefelverbindungen!

Die Bearbeitung des Glases

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aneignet. Im folgenden seien einige Fingerzeige über die allereinfachsten Glasarbeiten gegeben; besser als aus ihnen wird man die Sache durch Z u s e h e n b e i e i n e m G e ü b t e n lernen. Sehr empfehlenswert ist es, während des Studiums möglichst frühzeitig an einem G l a s b l a s e k u r s u s teilzunehmen. Glasrohr schneiden. Glasröhren bis zu 1 cm Durchmesser zerschneidet man in folgender Weise. Mit einem scharfen Glasmesser wird das Glasrohr zum Fünftel bis Viertel seines Umfanges mit einem Einschnitte versehen. Dann faßt man das Rohr gemäß Fig. 4 voll mit beiden Händen und bricht es unter schwachem Ziehen auseinander. Bricht das Rohr nicht bei leisem Drucke, so muß man die Einschnittstelle vertiefen. Handelt es sich darum, weitere Glasröhren zu zerlegen oder engere dicht an einem Ende abzuschneiden, so empfiehlt es sich, die Röhren a b z u s p r e n g e n . Zu diesem Zwecke Figur 4. Glasrohr brechen. ritzt man ebenfalls und berührt Die durch den Strich zwischen den dann das eine Ende des Ritzes Daumen angedeutete Ritzstelle bemit der auf Rotglut erhitzten findet sich auf der vom Beschauer Spitze eines dünnen Glasstabes. abgewendeten Seite des Glasrohres Enden abrunden. Bei jedem Glasrohre, das verwendet werden soll, müssen die scharfkantigen Bruchstellen des Glases abgerundet werden. Dies macht man einfach dadurch, daß man das Ende des Rohres in der leuchtenden Flamme des Gebläses (d. h. ohne Luftzufuhr) 2—3 cm weit unter Drehen anwärmt und dann das äußerste Ende des Rohres in der entleuchteten Gebläseflamme (d. h. mit Luftzufuhr) unter beständigem Drehen erweicht; dabei schmilzt der Rand glatt. Man hüte sich, ein zu großes Stück des Glasrohres zu erweichen, weil sonst leicht der Durchmesser des Rohres durch Einfallen des erhitzten Teiles am Ende enger wird. Bei sehr weiten Röhren muß sehr sorgfältig angewärmt werden, da sonst leicht Sprünge entstehen. Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen. Zu Glühund Sublimationsversuchen verwendet man vielfach einseitig geschlossene Röhrchen. Zu ihrer Herstellung schneidet man ein Glasrohr von etwa 0,6 cm äußerem Durchmesser in etwa 12 cm lange Stücke. Ein solches Stück erweicht man in der Mitte unter fortwährendem Drehen in der Gebläseflamme; wenn das Glas ganz W3ich geworden ist, nimmt man es aus der Flamme und zieht es scfort so aus, daß ein etwa 10—15 cm langes, enges Glasröhrcten die beiden weiteren Stücke verbindet. Die Mitte dieses engen

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Die Bearbeitung des Glases

Teiles hält man nun noch einen Augenblick in die Flamme, bis das Glas weich wird (Fig. 5a), und zieht dann auseinander. Nun nimmt man die eine Hälfte, erweicht unter beständigem Drehen die Verjüngungsstelle und zieht den Glasfaden ab, so daß das etwa 6 cm lange Röhrchen jetzt vollkommen geschlossen ist (Fig. 5b). U m den zunächst zugespitzten und ungleichmäßigen Verschluß abzurunden, erhitzt man das Ende nochmals unter beständigem Drehen und bläst nach ^ f\ ^ dem Herausnehmen aus o i'l| der Flamme mit dem j Munde vorsichtig auf; Z> b dies wird, wenn nötig, wiederholt, bis das Glasröhrchen durch eine Figur 5. Herstellung einseitig geschlossener Rundung von g l e i c h Glasröhrchen mäßiger Wandstärke geschlossen ist (Fig. 5 c). Bleibt an einer Stelle eine Verdickung, so springt das Glas beim Erhitzen leicht. In gleicher Weise können P r o b i e r g l ä s e r , deren Boden zerbrochen ist, wiederhergestellt werden. Olasrolir biegen. Zum Biegen enger Glasröhren kann man zur Not die leuchtende Flamme eines sogenannten Schnittbrenners verwenden, die es gestattet, eine längere Strecke gleichmäßig zu erhitzen. Besser ist es, wenn sich schon der Anfänger daran gewöhnt, das Biegen von Glasröhren unter Benutzung der Gebläseflamme vorzunehmen, da man so auch weitere Röhren " verarbeiten kann. Ein richtig gebogenes Rohr ¡j soll überall gleichen Durchmesser und annähernd gleiche Wandstärke besitzen (Fig. 6 a), nicht einen Knick, wie in Fig. 6b. Das Schwierigste beim Biegen ist das gleichmäßige Erhitzen des Glasrohres auf eine genügende Länge. Da die Gebläseflamme nur eine geringe Breite Fi iur6 Glasrohr hat, muß man so vorgehen, daß man das zu 'kUr biegen*8 ' biegende Glasrohr unter fortwährendem Drehen so lange in der Gebläseflamme erhitzt, bis es an der erhitzten Stelle dickwandig geworden ist (Fig. 7a). Dabei faßt die linke Hand von oben (Fig. 8); sie trägt das Rohr und bestimmt die Geschwindigkeit des Drehens. Die Rechte, die das Rohr von unten hält, sorgt dafür, daß sich die rechte Seite des Rohres mit der gleichen Geschwindigkeit dreht wie die linke. Dieses Drehen einer weichgewordenen Glasmasse ist nicht ganz einfach; da es aber das A und O aller Glasarbeiten ist, muß man es unbedingt beherrschen.

Kork bohren

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Sobald der in Fig. 7a dargestellte Zustand erreicht ist, nimmt man das Rohr aus der Flamme, stellt es senkrecht und biegt es u n t e r g l e i c h z e i t i g e m Ziehen. Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegungsstelle etwas ab. Durch vorsichtiges A u f b l a s e n wird dieses ausgeglichen. Zu diesem Zwecke darf das Rohr nur an einer Seite offen sein, an der anderen ist es vorher (etwa durch einen Korkstopfen) zu verschließen. Nach dieser Vorschrift stelle man sich ein rechtwinkelig gebogenes Glasrohr her, von dem der eine Schenkel etwa 4 cm, der andere etwa 12 cm lang ist; dies zzzzzzZ?™2® Rohr wird zum Einleiten Figur 7. Spitze ausziehen von Gasen in Flüssigkeiten benutzt. Spitze ausziehen. Um eine Spitze, etwa für eine Spritzflasche, zu machen, darf man nicht so verfahren, wie es bei der Herstellung der einseitig geschlossenen Röhrchen beschrieben wurde, weil der zugespitzte Teil des Rohres dabei zu dünnwanFigur 8. Glasrohr drehen dig wird. Man muß vielmehr in diesem Falle ganz ähnlich vorgehen, wie es soeben für das Biegen von Glasröhren beschrieben ist. Nachdem man den in Fig. 7a dargestellten Zustand hergestellt hat, nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und zieht langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht ist. Nach dem Erkalten schneidet man an geeigneter Stelle ab und schmilzt die Ränder rund (vgl. Fig. 7 b). Kork bohren Um in einen Kork ein Loch zu bohren, wählt man einen Korkbohrer, der eine Kleinigkeit enger ist, als es das gewünschte Loch sein soll, wärmt seine Schneide in der Flamme eines Bunsenbrenners etwas an (auf keinen Fall bis zum Glühen!) und setzt ihn auf die zu bohrende Stelle auf. Dabei hält man den Korkbohrer in der vollen rechten Hand, ihn gegen die Handfläche stemmend, und den Kork mit der linken Hand so, wie es die Fig. 9 zeigt. Nun wird gebohrt, indem der Korkbohrer stets nach derselben Richtung gedreht und dabei leicht gegen den Kork gedrückt wird. Macht

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Kork bohren

es Schwierigkeiten, das Loch auf einmal durchzubohren, so zieht man den Bohrer heraus, entfernt aus ihm das etwa mitgenommene Korkstöpselchen, erwärmt ihn nochmals und bohrt jetzt völlig durch. Auf jeden Fall muß das Bohren aus freier Hand geschehen; es darf nicht etwa der Tisch als Unterlage benutzt werden, weil dabei sowohl der Tisch als auch der Korkbohrer leiden würde. Etwaige Beschädigungen des Korkbohrers, die kaum vorkommen, wenn in der angegebenen Weise verfahren wird, bessert man mit einem KorkbohrerSchärfer oder von innen mit der Rund- und von außen mit einer dreikantigen Feile aus. Korke, die ein Kölbchen verschließen sollen, wählt man stets etwas größer, als zunächst nötig Figur 9. erscheint. Durch vorsichtiges, allmählich verKorke bohren stärktes Pressen in einer K o r k p r e s s e unter öfterem Drehen des Korkes macht man den Kork weich, so daß er sich jetzt in den Hals des Kölbchens eindrehen läßt und einen festen Verschluß abgibt. Soll durch einen solchen Kork ein Loch gebohrt sein, so drückt man zunächst den Kork weich, bohrt dann das Loch und drückt schließlich den durch das Bohren erweiterten Kork nochmals leicht in der Korkpresse, wobei das Loch entweder durch die Rundfeile oder den entsprechenden Korkbohrer ausgefüllt ist. In Gummistopfen können Löcher in der gleichen Weise gebohrt werden, wenn der Korkbohrer gut geschärft und mit etwas Natronlauge oder Glyzerin befeuchtet, aber nicht erwärmt ist. Besser benutzt man in diesem Falle allerdings eine kleine Bohrmaschine.

Größte Vorsicht ist beim Einführen von Glasröhren in durchbohrte Stopfen erforderlich, da bei falscher Ausführung schwere Verletzungen eintreten können. Man faßt den Stopfen mit der linken Hand so, daß die Bohrung nicht auf die Innenfläche der Hand zeigt, sondern nach beiden Seiten frei ist, ähnlich wie dies für die linke Hand in der Fig. 9 dargestellt ist. Die rechte Hand faßt das einzusetzende Glasrohr, das vorher rund zu schmelzen und gegebenenfalls anzufeuchten ist, g a n z k u r z vor dem einzuführenden Ende. Nun schiebt man das Rohr u n t e r d a u e r n d e m D r e h e n mit s c h w a c h e m Druck in die Öffnung. Faßt man das Rohr weit vom Korken entfernt und drückt stark, so bricht es leicht ab und die scharfen Bruchstellen führen zu schweren Verletzungen (schmerzhafte, langsam heilende Fleisch wunden, Sehnendurchschneidungen u. ä.).

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Nichtmetallverbindungen, erster Teil Säuren, Basen und Salze Säuren s i n d w a s s e r s t o f f h a l t i g e V e r b i n d u n g e n , d e r e n W a s s e r stoff ganz oder teilweise durch Metall e r s e t z t werden kann. Man erkennt das Vorliegen einer Säure an dem Verhalten ihrer wäßrigen Lösung gegen sogenannte „ I n d i k a t o r e n " ; so wird z. B. blaue Lackmuslösung rot gefärbt.

1. Man stelle das Verhalten verschiedener Indikatoren selbst fest, indem man in Probiergläser etwas verdünnte Salz-, Schwefeloder Salpetersäure gibt und sie mit wenigen Tropfen der Lösungen folgender Indikatoren versetzt: Lackmus, Phenolphthalein, Methylorange, Methylrot, Kongorot. Man notiere, welche Farben die Lösungen annehmen. E i n b a s i s c h e Säuren enthalten nur ein durch Metall ersetzbares Wasserstoffatom (Salzsäure HCl; Salpetersäure HN0 3 ; Überchlorsäure HCI0 4 ). In zwei-, d r e i - , v i e r b a s i s c h e n Säuren sind zwei, drei, vier solcher Wasserstoffatome vorhanden (Schwefelsäure H 2 S0 4 ; Orthophosphorsäure H 3 P0 4 ; Pyrophosphorsäure H 4 P 2 0 3 ). Entzieht man einer sauerstoffhaltigen Säure Wasser, so erhält man die Säure-Anhydride: H 2 S0 4 — H 2 0 = SO.,; 2 HNO, — H 2 0 = N 2 0 5 ; 2 H 3 P0 4 - 3 H 2 0 = P 2 Ö 5 ; 2 HC104 - H 2 0 = C1207. Wie die Beispiele zeigen, sind die Säure-Anhydride O x y d e von N i c h t m e t a l l e n . Durch Wasseranlagerung an die Anhydride entstehen wieder die Säuren. Beim Ersätze der Säurewasserstoffatome durch Metallatome entstehen aus den Säuren die Salze. N e u t r a l e Salze entstehen aus den Säuren dadurch, daß aller überhaupt durch Metall vertretbare Wasserstoff durch Metall ersetzt wird (z. B. Kaliumchlorid KCl; Natriumsulfat Na 2 S0 4 ; Natriumphosphat Na 3 P0 4 ). In s a u r e n Salzen ist nicht aller ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt (z. B. NaHS0 4 ; Na 2 HP0 4 . Über die nähere Benennung solcher saurer Salze vgl. S. 46/47). Den Gegensatz zu den Säuren bilden die Basen, die eine o d e r m e h r e r e O H - ( H y d r o x y l - ) G r u p p e n e n t h a l t e n . Wir nennen: NaOH Natriumhydroxyd, seine Lösung: Natronlauge; KOH Kaliumhydroxyd, seine Lösung: Kalilauge; Ca(OH)2 Calciumhydroxyd, seine Lösung: Kalkwasser. Je nach der Zahl der Hydroxylgruppen spricht man von ein-, zwei-, dreisäurigen Basen, (weil sie 1, 2 oder 3 Säurewasserstoffe zu neutralisieren vermögen; vgl. folgende Seite oben). Auch die Basen bilden A n h y d r i d e , z. B.: Ca(OH) 2 —H 2 0 = Ca0. Diese Basen-Anhydride sind M e t a l l o x y d e . Man kann daher auch definieren: Basen sind Stoffe, die durch Wasseranlagerung an Metalloxyde entstehen. Entsprechend den sauren gibt es auch b a s i s c h e Salze, in denen nur ein Teil der OH-Gruppen durch den Säurerest ersetzt ist. Genannt seien: Pb(0H)C10 4 und SbOCl; das letztere kann man als Anhydrid des eigentlichen basischen Salzes Sb(OH)2Cl auffassen.

Salzsäure und Chlor

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2. Man stelle das Verhalten von Lackmuslösung und den übrigen Indikatoren gegen Basen durch den Versuch fest. Läßt man die Lösung einer Säure mit der einer Base reagieren, so bildet sich W a s s e r und ein Salz. Diesen Neulralisationsvorgang erläutert der folgende Versuch:

3. Zu einer mit Lackmuslösung versetzten, also rot gefärbten Äafesäwrelösung gebe man tropfenweise verdünnte Natronlauge. Dabei bleibt die Farbe zunächst unverändert; bei weiterer Zugabe von Lauge schlägt sie p l ö t z l i c h in Blau um. Im Augenblick der Farbänderung ist gerade alle vorhandene Salzsäure gemäß der Gleichung jj^ HCJ + N a 0 H = NaC1 + umgesetzt. Es ist das neutral reagierende Salz (NaCl) und Wasser entstanden. Bei weiterer Zugabe von Natronlauge erfolgt keine weitere Umsetzung mehr und der Lackmusfarbstoff wird blau, weil nunmehr überschüssige Natronlauge vorhanden ist. Entsprechend können sich S a l z e d r i d e n bilden: CaO + 2 HCl = 2Na(0H) + C0 2 = CaO + S0 3 =

auch aus Säure- bzw. B a s e - A n h y CaClj + H 2 0 Na 2 C0 3 + H 2 0 CaS0 4 .

Salzsäure und Chlor Chlorwasserstoff HCl ist ein farbloses, stechend riechendes, an der Luft unter Wasseranziehung nebelbildendes Gas, das sich in Wasser sehr reichlich löst; die Lösung ist die Chlorwasserstoffsäure oder „Salzsäure". Die „konzentrierte" Salzsäure des Laboratoriums ist eine 35- bis 40-proz., die „ver1 dünnte" eine etwa 10-proz., die .^normale" ) eine 7,05-proz. wäßrige Lösung des Gases. Rohe Salzsäure enthält oft etwas Eisenchlorid und ist dadurch gelb gefärbt. In warmem Wasser, ferner in Lösungen seiner Salze und in anderen Säuren ist Chlorwasserstoff weniger löslich als in reinem, kaltem Wasser. Kleinere Mengen Chlorwasserstoffgas kann man deshalb durch Zutropfen von konzentrierter Schwefelsäure zu starker Salzsäure herstellen. Größere Mengen stellt man durch Erhitzen von Natriumchlorid mit Schwefelsäure her; dieses Verfahren wird auch in der Technik verwendet. — Salzsäure löst viele M e t a l l e unter Abgabe von Wasserstoff auf, z. B. Eisen, Zink, Aluminium. Ein Anhydrid kann die Salzsäure nicht bilden, weil sie keinen Sauerstoff enthält. Das in der Salzsäure enthaltene Chlor kann man durch Erwärmen mit Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben (z. B. Bleidioxyd Pb0 2 , Mangandioxyd, „Braunstein" Mn0 2 ), frei machen. Diesen Vorgang kann man sich s c h e m a t i s c h in verschiedenerWeise in Einzelstufen zerlegt denken, so z. B. in die folgenden 2 ): 2HC1 + 0 — H ^ - f " C1 } Oxydations-Reduktions-Vorgang MnO + 2 HCl = MnCl2 + H 2 0 Neutralisation Mn0 2 + 4HCl = MiiC12 - 2H 2 () + Cl2 Gleichung der Gesamtumsetzung. Über den Begriff „normal" vgl. S. 22. ) Eine bessere, an dieser Stelle aber noch nicht verständliche Zerlegung lernen wir S. 33 kennen. 2

Salzsäure und Chlor

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Stoffe wie Bleidioxyd und Mangandioxyd bezeichnet man als Oxydationsmittel. Man versteht darunter Stoffe, die an andere Stoffe Sauerstoff abgeben (1. Definition) oder — wie in unserem Falle — ihnen Wasserstoff entziehen können (2. Definition). Das Gegenteil von Oxydation, also die Wegnahme von Sauerstoff oder die Zuführung von Wasserstoff, nennen wir Reduktion. Aus der Definition geht hervor, daß Oxydation und Reduktion stets miteinander gekoppelt auftreten müssen: der Stoff, der oxydierend wirkt (z. B. Sauerstoff abgibt), wird selber reduziert (ihm wird Sauerstoff weggenommen). Eine umfassendere Definition werden wir S. 32 kennenlernen. Chlor zersetzt viele Farbstoffe und wird daher zum Bleichen benutzt. Aus Jodiden und Bromiden verdrängt es die Halogene und setzt sie in Freiheit. Zum Nachweis von Salzsäure und ihren Salzen dient der weiße Niederschlag von Silberchlorid, den man in wäßriger Lösung mit Silbernitrat erhält. Silberchlorid löst sich in Ammoniaklösung, nicht aber in Salpetersäure.

1. Man erhitze in einem Probierglase 1—2 com (10—20 Tropfen) konzentrierte Salzsäure unter dem Abzüge; es entweicht feuchtes Chlorwasserstoffgas. 2. Zu 1—2 ccm konzentrierter Salzsäure, die sich in einem Probier gl&se befinden, gieße man, ebenfalls unter dem Abzüge, aus einem zweiten Probierglase (vgl. S. 6) t r o p f e n w e i s e vorsichtig etwa die doppelte Raummenge konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich unter starkem Aufschäumen ein kräftiger Strom von C h l o r w a s s e r stoffgas. 3 . Eine Spatelspitze Natriumchlorid übergieße man im Probierglase unter dem Abzüge mit etwa 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Es entweicht C h l o r w i s s e r s t o f f g a s , das man bei dieser Darstellungsmethode wasserfrei erhält. NaCl + H 2 S0 4 = H a + N a H S 0 4 . 4. In ein etwa 50 ccm fassendes Kölbchen bringe m&n etwa 4 g granuliertes Zink, befeuchte es mit eirigen Tropfen Wasser und übergieße es mit so viel koozentrierter Salzsäure, daß die Metallstücke eben beleckt sind. Sofort decke man auf den Hals des Figur 10. Kölbchens einen Trichter — die Öffnung nach unten — Wasserund halte über das nach oben gerichtete Abflußrohr des Trichters ein Probierglas, ohne es auf den Trichter stoff-Entwicklung selbst aufzusetzen. Nach 1 / 2 —1 Minute hebe man das Probierglas hoch, schließe die Mündung sofort mit de3i Daumen, drehe es verschlossen um und öffne es dicht an einer FUmme. Das aus dem Metall und der Säure nach der Gleichung Zn + 2HC1 = ZnCl2 + H 2 B l i t z , Einführung. 2 4 . - 2 6 . Aufl.

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Salzsäure und Chlor

entwickelte W a s s e r s t o f f g a s entzündet sich und brennt mit farbloser, kaum sichtbarer Flamme im Probierglase herab. 2H 2 + 0 2 = 2 H 2 0 . Nachdem die Flamme v o l l k o m m e n erloschen ist, halte man das Probierglas noch einmal, aber kürzere Zeit über den Trichter, so daß die Luft aus ihm nur zum Teile verdrängt werde. Beim Entzünden explodiert nun der Inhalt des Probierrohres — je nach dem Mengenverhältnisse der Mischung — mehr oder weniger lebhaft ( „ K n a l l g a s " ) . 5. Man erwärme eine Spatelspitze Bleidioxyd mit etwa 1 ccm konzentrierter Salzsäure im Probierglase unter dem Abzüge. Es entweicht C h l o r , ein gelblichgrünes Gas von charakteristischem, unangenehmem Gerüche. Chlor greift die Schleimhäute stark an; man hüte sich also davor, viel davon einzuatmen. Im Probierglase bleiben neben überschüssiger Salzsäure weiße Kristalle von B l e i c h l o r i d zurück. P b 0 2 + 4 HCl = PbCl 2 + Cla + 2 H 2 0 . 6. Zur Darstellung von Chlor kann man statt des teueren Bleidioxyds auch das billige rohe Mangandioxyd Figur 11. Chlor-Entwicklung („Braunstein") verwenden. Man stelle sich einen kleinen Gasentwicklungsapparat nach Fig. 11 her. Das Kölbchen fasse 50 ccm; das Glasrohr sei so zum Winkel von 65—75° gebogen, daß der eine Schenkel etwa 6 cm, der andere etwa 16 cm lang ist; die Glasrohrenden seien rund geschmolzen. Wenn der Apparat zusammengestellt, aber noch nicht gefüllt ist, prüfe man, ob er dicht schließt, indem man am Glasrohre saugt und feststellt, ob die Zunge einige Zeit haften bleibt. I n diesen Apparat bringe man etwa 2 g Braunstein und 5—7 ccm konzentrierte Salzsäure, verschließe ihn und befestige unter dem A b z ü g e den Kolbenhals mit einer Klammer an einem Stativ in solcher Höhe, daß der Kolbenboden etwa 5 cm über einen darunter gestellten, noch nicht angezündeten Bunsenbrenner zu stehen kommt. Dann schiebe man ein zum Drittel mit Wasser gefülltes Probierglas, das man mit der Hand hält, über das Gasableitungsrohr und erwärme den Kolben

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Salzsäure und Chlor

gelinde mit kleiner, fächelnder Flamme. Zuerst entweicht durch das vorgelegte Wasser Luft; dann kommt Chlorgas, das zum Teile vom Wasser gelöst wird und dieses gelblich färbt. Es bildet sich „Chlorwasser", das bis zu 0,8 Gewichtsprozent elementares Chlor enthalten kann. Nach einigen Minuten nimmt man das vorgelegte Probierglas fort und entfernt erst dann die Flamme. Würde man die Flamme zuerst entfernen, so würde das Chlorwasser in den schnell erkaltenden Apparat zurücksteigen. *7. In das den oberen Teil des Probierglases erfüllende Chlorgas halte man etwas rotes und etwas blaues angefeuchtetes Lackmuspapier; es tritt Entfärbung des Lackmusfarbstoffes ein. Zu 1 ccm Indigo - Lösung gebe man etwas Chlorwasser; sofort verschwindet die tiefblaue Farbe des Indigos, und eine schmutzig-gelbe von Oxydationsprodukten des Indigos tritt auf. 8. Man gebe zu einigen Tropfen Kaliumjodid-Lösung und zu einigen Tropfen Kaliumbromid- Lösung je einen Tropfen Chlorwasser; es tritt Braun- bzw. Gelbfärbung von frei gewordenem Jod bzw. Brom auf. 2KJ + Cl2 = 2 KCl + J2 2KBr + Cl2 = 2 KCl + Br 2 . Man verteile die so erhaltenen brom- bzw. jodhaltigen Lösungen auf je zwei Probiergläser und schüttele das eine mit 1 ccm Schwefelkohlenstoff, das andere mit 1 ccm Chloroform kräftig durch. Nachdem sich die Flüssigkeit wieder in zwei Schichten getrennt hat, erkennt man, daß das Brom und das Jod in die nichtwäßrige Schicht übergegangen sind („Ausschütteln"). Man notiere die Farben, die dabei auftreten. 9. Man vermische einen Tropfen verdünnter Salzsäure mit einigen Kubikzentimetern destillierten Wassers und füge etwas verdünnte Silbernitrat - Lösung hinzu; es entsteht ein weißer Niederschlag von Silberchlorid, der sich beim Umschütteln oder Erwärmen flockig zusammenballt. H Q + AgNO a = AgCl + H N 0 3 . Auf Zusatz einer ausreichenden Menge Ammoniak-Lösung löst sich der Niederschlag wieder auf. 10. Löst man ein Körnchen Natriumchlorid in destilliertem Wasser auf und fügt einige Tropfen Salpetersäure und alsdann etwas Silbernitrat-liösung hinzu, so fällt ebenfalls Silberchlorid aus. NaCl + AgNOj = AgCl + NaN0 3 . Auch aridere Salze der Salzsäure geben die gleiche Reaktion. Diese Tatsache ist nicht selbstverständlich; denn andere Chlorverbindungen, wie z. B. Überchlorsäure HC104 oder Chloroform CHC13, geben keine Fällung mit Silber-



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Chemische Umsetzungen

nitrat-Lösung. Eine Erklärung für dieses verschiedenartige Verhalten werden wir S. 28 kennenlernen. Silberchlorid ist in Salpetersäure unlöslich, wird aber, wie soeben gezeigt wurde, durch Zusatz von A m m o n i a k - L ö s u n g gelöst. Die Löslichkeit in Ammoniak unterscheidet das Silberchlorid vom Silberjodid, das sich nicht in Ammoniak-Lösung auflöst. Näheres vgl. S. 97 ff. Die Unlöslichkeit des Silberchlorids in Salpetersäure zu kennen, ist deshalb wichtig, weil das Auftreten eines schwer löslichen Niederschlages allein die Anwesenheit von Salzsäure oder Chloriden nicht mit Sicherheit verbürgt. Aus neutralen, d. h. nicht salpetersauren Lösungen, fallen auch schwer lösliche Silbersalze anderer Säuren aus.

11. Man stelle dies mit einem Tropfen Natriumcarbonat- Lösung fest, den man mit etwas Wasser und einigen Tropfen SilbemitratLösung versetzt. Es entsteht ein dicker Niederschlag von Silberc a r b o n a t ; dieser löst sich aber auf Zusatz von Salpetersäure auf. Ist diese Lösung jetzt völlig klar, so war das Natriumcarbonat völlig frei von Natriumchlorid; bleibt eine Trübung, so enthielt es etwas davon. Ähnliches Verhalten beobachtet man z. B. mit Kaliumnitrit- und Natriumphosphat-Lösung. Infolgedessen gibt man zur Prüfung auf Chloride stets so viel Salpetersäure hinzu, daß die Lösung deutlich sauer reagiert. 12. Von Salpetersäure nur wenig gelöst wird auch das Silbers u l f a t . Versetzt man ziemlich konzentrierte Silbernitrat-Lösung mit Schwefelsäure, so fallt ein weißer Niederschlag, der bei Zugabe von Salpetersäure-Lösung nicht verschwindet. Verdünnt man jedoch mit destilliertem Wasser stärker, so geht er — im Gegensatz zum Silberchlorid — in Lösung. Unter den Bedingungen des analytischen Arbeitens ist daher eine Verwechslung nicht zu befürchten. 13. Zum Nachweise von Chloriden im. Leitungswasser fülle man dieses in ein Probierglas und gebe einige Tropfen Salpetersäure und etwas Silbernitrat-Lösung hinzu. Eine Trübung zeigt einen geringen, ein Niederschlag einen größeren Gehalt an Chloriden an. Durch Zugabe von Ammoniak überzeuge man sich, daß wirklich Chloride vorliegen. Zur Anstellung aller dieser Versuche sind natürlich — wie stets! — Probiergläser zu verwenden, die sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgespült sind. Der Salzsäure stehen die Bromwasserstoffsäure HBr, die Jodwasserstoffsaure HJ, die Cyanwasserstoffsäure HCN, die Cyansäure HOCN, die Rhodanwasserstoffsäure HSCN und die Stickstoffwasserstoffsäure HN 3 sehr nahe; sie verhalten sich in den meisten Umsetzungen ganz ähnlich. Diese Säuren werden zum Teil später besprochen werden.

Chemische Umsetzungen Unter einer chemischen Umsetzung oder Reaktion versteht man einen Vorgang, bei dem sich aus vorhandenen Stoffen neue Stoffe bilden. Bei der Umsetzung zwischen Salzsäure und Silbernitrat z. B. bilden sich Silberchlorid und Salpetersäure.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen

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Die meisten der in dieser Anleitung beschriebenen Umsetzungen werden in w ä ß r i g e r L ö s u n g durchgeführt, weil man für die Reaktionen der analytischen Chemie meist dieses Lösungsmittel benutzt. Es sei jedoch schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Wasser keineswegs Voraussetzung für chemische Umsetzungen ist. Es gibt auch Reaktionen in anderen Lösungsmitteln, in Gasen, Schmelzen, ja bei höheren Temperaturen auch zwischen festen Stoffen. Schließlich können auch Gase mit flüssigen und festen Stoffen reagieren usw. Beispiele für Umsetzungen bei Abwesenheit von Wasser, die in der präparativen Chemie heute sehr häufig durchgeführt werden, werden wir auch in dieser Einführung gelegentlich kennenlernen. Zum E r k e n n e n von Stoffen durch chemische Umsetzungen (Nachweisoder Erkennungs-Reaktionen) benutzt man solche Umsetzungen, bei denen Stoffe von recht augenfälligen Eigenschaften — insbesondere farbige oder unlösliche Stoffe — entstehen. Eine Reaktion ist „ s p e z i f i s c h " oder „ e i n d e u t i g " , wenn sie nur bei Gegenwart eines bestimmten Stoffes eintritt. Allerdings wird dieser Idealfall nur selten erreicht; die meisten Umsetzungen sind nicht für einen Stoff, sondern jeweils für eine ganze G r u p p e von Stoffen charakteristisch; solche Reaktionen nennt man „ s e l e k t i v " . Wenn man z. B. eine zu untersuchende Lösung mit Silbernitrat-Lösung versetzt, so beweist, wie wir oben sahen, das Auftreten eines weißen flockigen Niederschlages, der in Salpetersäure unlöslich, in Ammoniak-Lösung leicht löslich ist, die Gegenwart von Salzsäure oder von einem ihrer Salze. Diese Reaktion ist also charakteristisch für die Salzsäure und ihre Salze. — Eine Reaktion ist „ e m p f i n d l i c h " , wenn sie schon unter Anwendving einer sehr geringen Stoffmenge ausführbar ist. So ist Silbernitrat ein empfindliches Reagens auf Salzsäure oder Chloride, weil schon äußerst kleine Mengen dieser Stoffe auf Zugabe von Silbernitrat einen Niederschlag liefern. F ü r den a n a l y t i s c h e n C h e m i k e r ist es w i c h t i g , die c h e m i s c h e n U m s e t z u n g e n , die zum N a c h w e i s eines S t o f f e s b r a u c h b a r s i n d , zu k e n n e n . E r m u ß d a b e i die B e d i n g u n g e n , u n t e r d e n e n diese R e a k t i o n e n eintreten, und ihre Zuverlässigkeit, d.h. ihre Spezifität und Empfindlichkeit, sorgfältig beachten.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen Es ist zweckmäßig, bei Umsetzungen die richtigen Mengen der sich umsetzenden Stoffe zu verwenden; ein größerer Überschuß eines der Stoffe würde — von besonderen Ausnahmefällen abgesehen — zweckloser Ballast, d. h. also Materialverschwendung sein und oft Veranlassung zu Störungen geben. Deshalb verwendet man in den Laboratorien Lösungen von bestimmtem Gehalte. Den Gehalt einer Lösung an gelöstem Stoffe kann man in zweierlei Weise bezeichnen: entweder gibt man den Prozentgehalt oder die Konzentration an. Unter Prozentgehalt versteht man die Angabe der Gramme gelösten Stoffes, die in 100 Gramm (also einer bestimmten Gewichtsmenge!) der Lösung enthalten sind; unter Konzentration die Angabe der Menge gelösten Stoffes, die in einem bestimmten V o l u m e n der f e r t i g e n L ö s u n g enthalten ist. Da das Volumen der Lösung sich — im Gegensatz zum Gewicht! — in der Regel nicht genau additiv aus den Bestandteilen zusammensetzt, ist stets eine Dichtebestimmung der Lösung erforderlich, wenn man beide Größen miteinander in Beziehung setzen will. Früher — und gelegentlich auch jetzt noch — verwendete man Lösungen von festgesetztem P r o z e n t g e h a l t e , meist 10-proz. Lösungen. Das ließ sich leicht merken, und man konnte beim Gebrauche sich durch eine Überschlagsrechnung schnell ausrechnen, wieviel man von jeder Lösung brauchte, um eine glatte Umsetzung zu erzielen. Auch entsprechen einige der wichtigsten gleichprozentigen Reagens-Lösungen einander annähernd: so die Salzsäure-

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und die Natriumhydroxyd-Lösung und, wenn auch weniger gut, Schwefelsäure- und Salpetersäure-Lösungen. In einer Ammoniak-Lösung ist aber zweibia dreimal so viel Ammoniak enthalten, als zur Neutralisation des gleichen Baumteiles der genannten gleichprozentigen Säurelösungen erforderlich ist. Heute stellt man deshalb — viel sachgemäßer — die Lösungen meist nach einem anderen Gesichtspunkte her. Man löst nicht, wie eben geschildert, von jedem Stoffe das gleiche Gewicht, etwa 10 g, für 100 g Lösung auf, sondern man berechnet ein für alle Male, wieviel von jedem Stoffe zu einem L i t e r L ö s u n g gelöst werden muß, damit alle Lösungen für gleiche Raumteile g l e i c h w e r t i g („äquivalent") werden, und stellt die Lösungen nach diesem Ansätze her. So kann man von den einwertigen Säuren und den einwertigen Basen ein Gramm-Molekelgewicht (ein „ M o l " ) zu je einem Liter Lösung mit Wasser lösen, also 36,46 g Chlorwasserstoff HCl; 63,02 g Salpetersäure H N 0 3 ; 40,00 g NatriumhydroxydNaOH; 56,10 g Kaliumhydroxyd KOH; 17,03 g Ammoniak NH 3 . Gleiche Raumteile dieser Lösungen entsprechen dann einander vollkommen; je ein Kubikzentimeter jeder dieser Säure-Lösungen wird genau durch einen Kubikzentimeter jeder dieser Base-Lösungen neutralisiert. Von zweiwertigen Säuren und zweiwertigen Basen wird ein halbes Mol, von dreiwertigen ein drittel Mol gelöst; also 1 / i X98,08 = 49,04 g Schwefelsäure H 2 S 0 4 ; Ys X 171,38 = 85,69 g Bariumhydroxyd Ba(OH) 2 . Von Salzen verwendet man entsprechende Mengen, z . B . 169,89g Silbernitrat AgN0 3 ; V» X 208,27 = 104,135 g Bariumchlorid BaCl 2 ; V? X 162,21 = 54,07 g Ferrichlorid PeCl3. Die Größe: „Molekelgewicht dividiert durch Wertigkeit" nennt man ein „ Ä q u i v a l e n t " . Man verwendet also im Laboratorium nach Möglichkeit Lösungen gleicher K o n z e n t r a t i o n , gemessen in Ä q u i v a l e n t e n je L i t e r . Lösungen, die 1 Äquivalent im Liter gelöst enthalten, nennt man „Nomiallösungenz. B. „norm. Natriumhydroxyd-Lösung" oder „n-Natriumhydroxyd-Lösung". Lösungen von doppelter Konzentration heißen „Doppeltnormal-Lösungen"; Lösungen, die ein Zehntel so stark sind, „Zehntelnormal-Lösungen" usw.; z . B . „2n-Salzsäure-Lösung", „n/10-SchwefelsäureLösung". Von Doppeltnormal-Lösungen braucht man selbstverständlich das halbe Raummaß, von Zehntelnormal-Lösungen das Zehnfache, um gleichviel des gelösten Stoffes zu haben, wie von Normal-Lösungen. Die v e r d ü n n t e n 5- bis 10%igen L ö s u n g e n des L a b o r a t o r i u m s sind meist etwa d o p p e l t normal. Von den Normal-Lösungen sind die m o l a r e n Lösungen zu unterscheiden. Sie sind dadurch definiert, daß ein Liter von ihnen ein Gramm-Molekelgewicht des gelösten Stoffes enthält. Manchmal sind normale und molare Lösungen gleich, so bei Salzsäure und Natronlauge. Bei Schwefelsäure enthält jedoch die molare Lösung doppelt so viel wie die normale.

Schwefelsäure ist eine farblose, geruchlose Flüssigkeit. Die dickDie Schwefelsaure ölige „konzentrierte" Schwefelsäure des Laboratoriums enthält etwa 97 bis 9 8 V a ° / o H a S 0 4 , die „verdünnte" 10%, die „ 2 norm." 9 , 2 5 % . Konzentrierte Schwefelsäure vereinigt sieh begierig mit Wasser; beim Mischen mit Wasser erwärmt sie Bich stark. Infolge dieser wasserentziehenden Wirkung zerstört sie viele organische Stoffe, oftmals unter Verkohlung. Beim A r b e i t e n mit S c h w e f e l s ä u r e i s t a l s o b e s o n d e r s große V o r s i c h t und S a u b e r k e i t nötig 1 ). Andererseits kann man diese wasserentziehende Wirkung benutzen, 1 ) In Kleider frißt konzentrierte Schwefelsäure gewöhnlich Löcher; verdünnte erzeugt rote Flecke, die durch Betupfen mit Ammoniak-Lösung — auch nach einiger Zeit noch — zu entfernen sind.

Schwefelsäure

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um chemische Reaktionen zu erzwingen. So entsteht z. £. aus Ameisensäure (HCOjH) und konzentrierter Schwefelsäure Kohlenmonoxyd CO (auch kurz „Kohlenoxyd" genannt), ein brennbares, giftiges Gas. Das Anhydrid der Schwefelsäure, S0 3 , „Schwefelsäureanhydrid" oder „Schwefeltrioxyd", kommt in zwei Formen vor, als farbloses öl oder als farbloser, in langen Nadeln („asbestartig") kristallisierender fester Stoff. Beide rauchen an der Luft unter Wasseranziehung stark. Durch Auflösen von Schwefeltrioxyd in konzentrierter Schwefelsäure erhält man die „rauchende Schwefelsäure" („Oleum"). In ihr ist eine neue Verbindung „Tyroachwefelsüure" H 2 S 2 0 7 vorhanden, die durch Vereinigung einer Molekel Schwefelsäure und einer Molekel Schwefeltrioxyd entsteht: H 2 S0 4 + S0 3 = H 2 S 2 0,. Die „rauchende Schwefelsäure" des Handels ist ein Gemisch dieser Pyroschwefelsäure mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefeltrioxyd. Sic gibt beim Erwärmen Dämpfe von Schwefeltrioxyd ab. 1. Man übergieße ein Stück Filtrierpapier, das in einer Abdampfschale liegt, mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure; es löst sich langsam unter Bildung einer hellgelben Lösung auf. Man werfe ein Stückchen Streichholz (ohne Kuppe) in ein Probierglas zu ein wenig konzentrierter Schwefelsäure; unter Schwarzfärbung t r i t t Zerstörung der organischen Substanz ein. 2. Zu 3 ccm Wasser gieße man aus einem zweiten Probierglase etwa den gleichen Raumteil konzentrierter Schwefelsäure. Die Mischung erwärmt sich stark. Man merke sich als Regel, daß bei Herstellung größerer Mengen verdünnter Schwefelsäure stets die konzentrierte S ä u r e langsam und unter guter Durchmischung z u m W a s s e r gegossen werden muß, nicht umgekehrt das Wasser zur Säure. H e i ß e k o n z e n t r i e r t e S c h w e f e l s ä u r e d a r f k e i n e s falls v e r d ü n n t oder in d e n A u s g u ß g e g o s s e n w e r d e n ! 3. Man versetze unter dem Abzüge 2—3 ccm konzentrierte Ameisensäure mit etwa 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Das sich entweder sofort oder bei geringem Erwärmen bildende K o h l e n o x y d g a s (Kohlenoxyd ist g i f t i g ! ) brennt, wenn man die Mündung des Probierglases an die Flamme bringt, mit intensiv blauer Flamme.

H C 0 2 H - H 2 0 = C0 2C0 + 02 = 2 C02.

4. Man erhitze unter dem Abzüge etwa 1 ccm rauchende Schwefelsäure in einem trockenen Probierglase; es entweicht S c h w e f e l t r i o x y d S0 3 , das mit der Feuchtigkeit der Luft dicke, weiße Nebel bildet. Verdünnte Schwefelsäure löst viele Metalle (z. B. Eisen, Aluminium, Zink) unter WasserBtoff-Entwicklung zu ihren schwefelsauren Salzen (Sulfaten) auf; sie reagiert also entsprechend wie Salzsäure. Fe + H 2 S0 4 = FeS0 4 + H a . Konzentrierte Schwefelsäure dagegen verhält sich ganz anders; sie löst die genannten Metalle bei Zimmertemperatur nicht auf. Bei höherer

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Schwefelsäure

Temperatur bilden sich zwar ebenfalls Sulfate, aber es wird kein Wasserstoff frei, sondern es entwickelt sich Schwefeldioxyd S0 2 . Für Eisen z. B. kann man diesen Vorgang folgendermaßen formulieren: Fe + 2H 2 S0 4 = FeS0 4 + 2H 2 0 + S0 2 . Zum Verständnis dieser Umsetzung ist es wesentlich, daß die Schwefelsäure dabei als O x y d a t i o n s m i t t e l wirkt, wobei sie selbst zu Schwefeldioxyd reduziert wird. Das durch Oxydation entstandene Eisenoxyd bildet sofort mit weiterer Schwefelsäure Ferrosulfat. Die voranstehende Gleichung kann somit zerlegt werden in zwei Gleichungen: Fe + H 2 S0 4 = FeO + S0 2 + H 3 0 Oxydation-Reduktion FeO + H 2 S0 4 = Fe SO* + H 2 0 Neutralisation. (Besser werden diese Vorgänge auf S. 33/34 klar werden.) Schwefelsäure ist also in v e r d ü n n t e m Zustande nur eine Säure, in konzentriertem Zustande in der Wärme aber auch ein Oxydationsmittel; als solches hat sie große Bedeutung. Bei Umsetzung mit Zink erleidet heiße konzentrierte Schwefelsäure sogar Reduktion zu elementarem Schwefel und in geringem Umfange sogar zu Schwefelwasserstoff H 2 S; Zink ist also ein stärkeres Reduktionsmittel als Eisen. Man entwickele die Umsetzungs-Gleichungen in entsprechender Weise. 5. Man übergieße in einem Probierglase Granalien von t e c h n i s c h e m (d. h. verunreinigtem, vgl. S. 106) Zink mit verdünnter Schwefelsäure, der man zweckmäßig einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure beimischt. Das Zink löst sich lebhaft zu Z i n k s u l f a t , und W a s s e r s t o f f entweicht reichlich. 6. I n einem trockenen Probierglase erhitze man u n t e r d e m A b z ü g e ein Stückchen Stangenzink von etwa 1cm Länge mit wenig konzentrierter Schwefelsäure so stark, daß eine Umsetzung unter schwachem Aufschäumen beginnt. Die Umsetzung geht dann meist ohne weitere Wärmezufuhr fort; sollte sie nachlassen, so werde sie durch erneutes Erwärmen wieder in Gang gebracht. Im oberen Teile des Probierglases bildet sich ein gelber Beschlag von festem S c h w e f e l , und gelbe Schwefeltröpfchen scheiden sich ab — ein eleganter Beweis für das Vorhandensein von Schwefel in der Schwefelsäure. Entweichendes S c h w e f e l d i o x y d — und manchmal auch S c h w e f e l w a s s e r s t o f f g a s — sind am Gerüche zu erkennen. Granuliertes Zink oder Zinkspäne dürfen bei diesem Versuche nicht verwendet werden, da sie zu heftig einwirken. Zum Nachweis von Schwefelsäure und ihren Salzen werden lösliche Bariumsalze benutzt, mit denen sich das auch in Salz- und Salpetersäure praktisch unlösliche B a r i u m s u l f a t bildet: BaCl2 + H 2 S0 4 = BaS04 + 2 HCl Ba(N03)2 + Na 2 S0 4 = BaS0 4 + 2NaN0 3 . 7 . Man verdünne einen Tropfen verdünnter Schwefelsäure mit einigen Kubikzentimetern Wasser und setze einige Tropfen BariumcAion'rf-Lösung hinzu: es fällt weißes B a r i u m s u l f a t aus. Der Niederschlag ist feinkristallin und seinem ganzen Aussehen nach von dem S. 19 besprochenen Silberchlorid deutlich verschieden. Beim Zusatz von Salz- oder Salpetersäure löst sich der Niederschlag nicht auf. (Wichtige Erkennungsprobe.)

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Auch alle wasserlöslichen Sulfate geben diese Reaktion. Zweckmäßig fügt man stets wenig Salz- oder Salpetersäure hinzu, weil auch Salze anderer Säuren (Carbonate, Phosphate) mit Bariumchlorid Niederschläge geben, die aber nur aus neutralen oder alkalischen Lösungen ausfallen. Bariumsulfat ist (neben dem S. 170/171 zu besprechenden Bariumsilicofluorid) der einzige Bariumsalz-Niederschlag, der auch aus saurer Lösung ausfallt.

8. Man weise Schwefelsäure im Kupfersulf at und im Natriumsulfat nach, verwende von beiden Salzen aber nur sehr kleine Proben.

9. Wird zu Bariumchlorid - Lösung konzentrierte Salzsäure oder konzentrierte Salpetersäure gesetzt, so fällt nach kurzer Zeit ebenfalls ziemlich schwer lösliches B a r i u m c h l o r i d bzw. B a r i u m n i t r a t in derben Kristallen aus; beim Versetzen der Mischungen mit Wasser lösen sich diese Niederschläge aber wieder auf. Man hüte sich bei der Prüfung auf Schwefelsäure vor einem aus diesem Verhalten entspringenden Irrtume. Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Elektrolyte; Leiter 2. Klasse. In den beiden Klemmen eines Elektrolysenstativs (vgl. Fig. 12) befestige man zwei dünne Bogenlampenkohlen in etwa 1—2 cm Abstand in solcher Höhe, daß sie fast bis auf den Boden eines 100 ccm fassenden Becherglases reichen, das auf einem Dreifuß oder Holzklotz steht. Die beiden Kohlen verbinde man mittels isolierter Zuleitungen (Klingeldraht) mit den Klemmen von 3 hintereinandergeschalteten Akkumulatoren (d. h. einer Spannungsquelle von 3 X 2,1 = 6,3 Volt) und schalte ein Amperemeter in Figur 12. Leitfähigkeits-Versuch den Stromkreis, das bis zu 5 Amp. abzulesen gestattet. 1 . Nun gieße man so viel Chloroform in das Becherglas, daß die Kohlen eben hineintauchen; das Amperemeter zeigt keinen Ausschlag. Chloroform ist also ein I s o l a t o r . Destilliertes Wasser und Alkohol, die man in gleicher Weise prüfe, sind ebenfalls Nichtleiter.

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Ebenso zeigen Lösungen von Zucker oder Alkohol in destilliertem Wasser mit unserer Anordnung keine meßbare Leitfähigkeit. 2. Anders ist es, wenn man Lösungen folgender Stoffe prüft: Schwefel-, Salz- und Salpetersäure, Natronlauge, Kochsalz, Natriumcarbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat. (Man benutze die etwa 2n-Lösungen des Arbeitsplatzes.) Bringt man diese Stoffe nacheinander in das Becherglas (das selbstverständlich jedesmal gut mit destilliertem Wasser auszuspülen ist!), so zeigt das Amperemeter einen erheblichen Ausschlag, dessen Größe man in das Arbeitsheft eintrage. Man überzeuge sich ferner, daß auch das Leitungswasser infolge der in ihm gelösten Salze im Gegensatz zum destillierten Wasser eine deutlich nachweisbare Leitfähigkeit zeigt. Die eben genannten Lösungen leiten also den elektrischen Strom. Man bezeichnet daher Stoffe wie Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure, Natronlauge, Natriumchlorid und -carbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat — oder allgemeiner gesagt, S ä u r e n , B a s e n u n d S a l z e — als E l e k t r o l y t e . Die Leitfähigkeit der Elektrolytlösungen ist allerdings längst nicht so groß wie die von Metallen. Außerdem unterscheiden sich diese Stoffe von den Metallen auch dadurch, daß bei ihnen mit dem Stromdurchgang stets eine chemische Umsetzung verbunden ist. Während ein Metalldraht bekanntlich durch den Stromdurchgang stofflich in keiner Weise verändert wird, beobachtet man bei den wäßrigen Lösungen bei unseren Versuchen an den Kohlestäben, den „Elektroden", entweder Gasentwicklung (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) oder Metallabscheidung (Kupfer beim Kupfersulfat). Daher unterscheidet man diese Lösungen als L e i t e r 2. K l a s s e von den Metallen, den Leitern 1. Klasse. Den durch das Anlegen einer Spannung erzwungenen Stromdurchgang unter Stoffabscheidung an den Elektroden bezeichnet man als „ E l e k t r o l y s e " . Molekelgewichte in Lösungen. In der Experimental -Vorlesung werden die Methoden besprochen, mit denen man die Molekelgewichte gelöster Stoffe bestimmen kann (z. B. durch Messimg der Gefrierpunkts-Erniedrigung bzw. der Siedepunkts-Erhöhung). Untersucht man nach diesen Methoden die Molekelgewichte von solchen Lösungen, die den elektrischen Strom nicht leiten, so findet man die erwarteten Werte. Prüft man dagegen gut leitende Lösungen, so findet man z. B. für Natriumchlorid statt 58,5 (23 + 35,5) nur wenig mehr als 29 ( 1 / a x 58,5), für Magnesiumchlorid nur wenig mehr als 31 (»/, x 94,3), oder ganz allgemein Werte, die nur '/, bis 1 / 3 so groß sind, wie man es nach der formelmäßigen Zusammensetzimg der Molekeln erwarten würde. Dies ist ein zweites Kennzeichen der „Elektrolyte". Ionenlehre. Die geschilderten Erscheinungen bei den Elektrolytlösungen führten den Schweden S v a n t e A r r h e n i u s 1887 zu der Erkenntnis, daß die in ihnen gelösten Molekeln in kleinere Spaltstücke zerfallen sind, die elektrisch geladen sind. Für diese geladenen Spaltstücke benutzte er die schon von F a r a d a y stammende Bezeichnung I o n e n . So zerfällt z. B. Chlorwasserstoffgas beim Auflösen in Wasser in positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Chlorionen. Natriumchiorid bildet neben positiv geladenen Natriumionen ebenfalls Chlorionen. Aus Natriumsulfat Na 2 S0 4 entstehen positiv geladene Natriumionen und negativ geladene Sulfationen, von den ersten doppelt so viel wie von den zweiten usw. Diese Ionen sind wegen ihrer Ladung grundsätzlich verschieden von den elektrisch ungeladenen freien Elementen. So zeigt eine Kochsalz-Lösung, die ja positiv geladene Natrium- und negativ geladene Chlor-Ionen enthält, nichts von den Eigenschaften des Natriummetalls oder des freien Chlors. Letzteres löst sich zwar auch in Wasser, aber

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Chlorwasser sieht gelbgrün aus, ätzt und riecht nach freiem Chlor, während eine Kochsalz-Lösung färb- und geruchlos ist. Betrachten wir nun die Eigenschaften der Ionen im einzelnen. Man erkennt das Vorzeichen der L a d u n g eines Ions daran, daß das Ion bei der Elektrolyse an die Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens wandert, dort seine Ladimg ausgleicht und in elektrisch nicht geladener Form in Erscheinung tritt. So wandern alle p o s i t i v geladenen Ionen (die K a t i o n e n ) zur negat i v e n Elektrode (der K a t h o d e ) , die n e g a t i v geladenen A n i o n e n dementsprechend zur p o s i t i v e n E l e k t r o d e (der Anode), An der Kathode werden z. B. die positiv geladenen Wasserstoffionen unter Aufnahme negativer Ladung zu ungeladenen Wasserstoffatomen entladen, die sich paarweise zu ebenfalls ungeladenen Wasserstoffmolekeln vereinigen. Entsprechend werden die negativ geladenen Chlorionen an der Anode entladen; es entstehen ungeladene Chlormolekeln. Die Metallatome und der Wasserstoff bilden positiv geladene Ionen; viele Nichtmetallatome, die Hydroxyl-Gruppe und die Säurereste treten als negative Ionen auf. Über die Größe d e r L a d u n g e n haben Versuche, die hier nicht im einzelnen besprochen werden können, folgendes ergeben: Mißt man die Ladung der einzelnen Ionen in der Einheit der sogenannten Elementarladung, so findet man, daß DIE ganzzahlige Vielfache dieser Elementarladung vorkommen. Die Zahl dieser Ladungen ist gleich der Wertigkeit des betreffenden Atoms bzw. der Atomgruppe und wird deshalb auch „ E l e k t r o v a l e n z z a h l " genannt. Bezeichnet man eine positive Elementar-Ladung mit einem hochgestellten Plus-, eine negative mit einem Minus-Zeichen, so kommen demnach z. B. folgende Ionen vor: H+, Na+, Mg2+ (bzw. Mg++), Al3+; Cl-, OH-, N 0 3 - , S 2 _ , S0 4 2 - , P 0 4 3 - '). Dabei ist natürlich der Absolutwert der positiven Elementarladung gleich dem der negativen; denn die Ladungen der entgegengesetzt geladenen Ionen einer Elektrolytlösung heben sich ja gegenseitig auf, die Lösung erscheint nach außen „elektroneutral". Manche Elemente können Ionen verschiedener Ladimg bilden. So gibt es z. B. Cu2+- und Cu+-Ionen, sowie Fe3+- und Fe2+-Ionen. Säuren, Basen, Salze. Die Ionenlehre gestattet, eine neue D e f i n i t i o n von S ä u r e n , Basen u n d Salzen zu geben: S ä u r e n bilden in wäßriger Lösung W a s s e r-s t o f f i o n e n und negativ geladene S ä u r e r e s t i o n e n . 2 Z.B.: HCl = H + + Cl ; H 2 S0 4 = H+ + HS0 4 ~ bzw. HS0 4 ~ = H+ + S0 4 " oder H 2 S0 4 = 2H+ + S0 4 2 - . B a s e n zerfallen in negativ geladene H y d r o x y l ionen und positiv geladene B a s e r e s t i o n e n ; bei den letzteren - handelt es sich vorwiegend um Metallionen. Beispiele: NaOH = Na+ -f O H ; Ca(OH), = Ca2+ + 2 0 H - ; NH 4 OH = NH4+ + OH". Salze schließlich büden positiv geladene B a s e r e s t i o n e n (meist Metallionen) und negativ geladene S ä u r e r e s t i o n2 e n : NaCl = N a + + Cl"; CaSO, = Ca2+ + S 0 4 2 " ; (NH4)2C03 = 2NH 4 + + C0 3 -. Farbe der Elektrolyt-Lösungen. Weiterhin erklärt die Ionenlehre ohne weiteres die auffällige Tatsache, daß die Farbe der wäßrigen ElektrolytLösungen meist in einem sehr leicht zu übersehenden Zusammenhange mit der Art des gelösten Stoffes steht. So sind — vorausgesetzt, daß man genügend verdünnte Lösungen betrachtet — alle Lösungen von Salzen des zweiwertigen Kupfers deswegen blau, weil der färbende Bestandteil das in allen Lösungen zweiwertiger Kupfersalze vorhandene g e l ö s t e (vgl. dazu auch S. 30) Cu2+-Ion ist. In ähnlicher Weise sind alle gelösten Nickelsalze grün gefärbt, alle Chromate geben gelbe, alle Permanganate dunkelviolette Lösungen. 1 ) Daneben ist noch eine andere Bezeichnungsweise in Gebrauch, bei der eine positive Ladung durch einen Punkt, eine negative durch ein Komma bezeichnet wird, also: H \ Na', Mg", AI "; Cl', OH', N0 3 ', S", S0 4 ", P0 4 "'.

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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre

Ionenreaktionen. Soeben wurde gezeigt, daß Säuren Stoffe sind, die in wäßriger Lösung H+-Ionen abspalten. Damit wird sofort verständlich, warum gewisse Umsetzungen von a l l e n Säuren in gleicher Weise gegeben werden, so z. B. die Farbreaktionen mit Indikatoren und die Auflösung unedler Metalle unter Wasserstoff-Entwicklung. Ebenso versteht man, warum bestimmte Umsetzungen aller Basen untereinander gleich sind; es handelt sich um Wirkungen der OH~-Ionen. Der Vorgang der N e u t r a l i s a t i o n einer Säure mit einer Base in wäßriger Lösung besteht also nach der Ionenlehre in folgendem: Wenn die Säure (z. B. H+, Cl - ) zur Base (z. B. Na + , O H - ) gegeben wird, so vereinigen sich die Wasseistoffionen mit den Hydroxylionen zu dem elektrolytisch nur minimal dissoziierten Wasser; die Säurerest- und die Baserestionen bleiben dagegen unverändert in Lösung: H+ + Cl- + Na+ + O H - = H 2 0 + Cl" + N a + . Der einzige Stoff, der sich bei dem Neutralisations-Vorgange wirklich bildet, ist das W a s s e r , wie man besonders deutlich sieht, wenn man auf beiden Seiten der Gleichung die gleichen Summanden streicht; es bleibt dann als allgemeine Neutralisationngleichung: H+ + O H - = H 2 0 . Auch die Erscheinung, daß S a l z s ä u r e und alle ihre Salze mit S i l b e r n i t r a t - L ö s u n g e n die g l e i c h e Umsetzung, nämlich eine Fällung von S i l b e r c h l o r i d , geben, wird nun verständlich. Diese Umsetzung ist nämlich charakteristisch für das Cl~-Ion. Statt die ausführlichen Gleichungen zu schreiben, wie: HCl + AgN0 3 = AgCl + H N 0 3 NaCl + AgN0 3 = AgCl + N a N 0 3 CaCI2 + 2AgN0 3 = 2AgCl + Ca(N0 3 ) 2 , genügt es daher zur Beschreibung aller drei Beispiele vollständig, wenn man, ähnlich wie es soeben für die Neutralisation abgeleitet wurde, nur die wirklich unter den Ionen vorgehenden Veränderungen schreibt: Cl- + Ag+ = AgCl . Daß es sich dabei tatsächlich um eine Ionenreaktion handelt, erkennt man daran, daß Chloroform (CHC13) diese Umsetzung nicht gibt. Chloroform ist ja nach S. 25 ein Isolator, liefert also keine Cl _ -Ionen. In ganz entsprechender Weise läßt sich der Nachweis von S c h w e f e l s ä u r e bzw. Sulfaten durch Fällung mit B a r i u m c h l o r i d - L ö s u n g durch folgende Gleichung beschreiben: Ba 2 + + SO« 2 - = B a S 0 4 . Gleichungen, wie die eben genannten, bezeichnet man als Jonengleichungen. Sie haben vor den bisher verwendeten Summen-oder BruttoGleichungen den Vorteil, daß sie erkennen lassen, was wirklich in der Lösung vorgeht. So ersieht man z. B. aus der allgemeinen Neutralisationsgleichung: H + + O H " = H 2 0 , daß bei der Neutralisation von Natronlauge mit Salzsäure der Zustand der Na+- und Cl~-Ionen nicht verändert wird. Dagegen läßt die Ionengleichung z. B. nicht ersehen, was vorgeht, wenn man die Lösung eindampft; dann vereinigen sich die Na+- und Cl _ -Ionen natürlich zu festem Natriumchlorid. Dies ersieht man erst aus der Bruttogleichung. Wir werden im folgenden in der Hauptsache die bisher benutzten Bruttogleichungen weiter verwenden und nur in einzelnen Fällen auch die Ionengleichung angeben. M a n ü b e s i c h a b e r m ö g l i c h s t o f t , d i e B r u t t o gleichungen in I o n e n g l e i c h u n g e n u m z u s c h r e i b e n . Dissoziationsgrad; starke und schwache Elektrolyte. Viele Elektrolyte sind in wäßriger Lösung praktisch vollständig in Ionen zerfallen;

Chemische Bindungskräfte

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bei anderen ist dies nicht der Fall. Man überzeuge sich davon durch folgende Versuche: 3 . Mit der S. 25 beschriebenen Einrichtung prüfe man bei gleichem Abstand der Kohle-Elektroden wie früher die elektrische Leitfähigkeit von verdünnter Essigsäure und von Ammoniaklösung (näheres vgl. S. 60). Die Ausschläge des Amperemeters sind jetzt erheblich kleiner als die früher bei Natriumchlorid-, Schwefelsäure-usw. Lösungen beobachteten. Elektrolyte, die in wäßriger Lösimg nur teilweise in Ionen zerfallen, bezeichnet man als schwach im Gegensatz zu den praktisch vollständig dissoziierten s t a r k e n Elektrolyten, wie Natriumchlorid, Salzsäure, Natronlauge usw. Schwache Elektrolyte findet man insbesondere bei Säuren (z. B. Essigsäure, Blausäure, Schwefelwasserstoff) und Basen (z. B. Ammoniaklösung). Bei den Salzen sind schwache Elektrolyte sehr selten [vgl. z. B. S. 111/112 über HgCla und Hg(CN)2]. Bei Elektrolytlösungen nennt man denjenigen Bruchteil aller gelösten Moleküle, der in Ionen zerfallen ist, den „Dissoziationsgrad". Vollständiger Dissoziation entspricht also der Dissoziationsgrad 1. Anschaulicher ist es, den Dissoziationsgrad in Prozenten auszudrücken. Bei den starken Elektrolyten liegt er nahe bei 100%» bei den schwachen ist er kleiner, oft sogar sehr klein. So sind z. B. in 1 norm. Lösung in Ionen zerfallen: Salzsäure zu fast 100%, Schwefelsäure dagegen nur zu etwa 60%, Phosphorsäure zu 7%, Essigsäure zu etwa 0,4 %• Eine Angabe über den Dissoziationsgrad irgendeines gelösten Stoffes hat nur Sinn, wenn, wie es eben geschehen ist, gleichzeitig die Konzentration angegeben ist; denn mit steigender Verdünnung steigt, wie wir S. 76/77 noch an einem Versuch sehen werden, der Dissoziationsgrad an. So erklärt sich z. B. der S. 23/24 besprochene Unterschied zwischen verdünnter und konzentrierter Schwefelsäure aus der Tatsache, daß in der verdünnten Säure vorwiegend Ionen, in der konzentrierten vorwiegend undissoziierte Molekeln vorliegen. Die Kenntnis der Stärke der Säuren und Basen ist von großer Bedeutung für das Verständnis des chemischen Verhaltens. So werden, um an dieser Stelle nur ein Beispiel zu nennen, schwache Säuren die typischen Säurereaktionen nicht so ausgeprägt zeigen wie die starken; denn diese Reaktionen beruhen ja auf der Anwesenheit von H+-Ionen. Z. B. lösen sich Metalle, wie Zink, in starken Säuren viel schneller auf als in schwachen. Weitere zahlreiche Beispiele werden wir bei der Besprechung des Massenwirkungsgesetz33 kennenlernen. 4 . Man gebe zwei gleich große Stücke von granuliertem t e c h n i s c h e m , d. h. verunreinigtem Z i n k (reines Zink löst sich zu langsam, vgl. auch S. 106) in 2 n-Salzsäure und 2 n-Essigsäure und vergleiche die Lösungsgeschwindigkeiten.

Chemische Bindungskräfte Jonenbindung. Auch im k r i s t a l l i s i e r t e ¿ Z u s t a n d e sind die Salze aus positir und negativ elektrisch geladenen Atomen aufgebaut, über deren räumliche Anordnung wir durch Beugungsversuche mit Röntgenstrahlen (v. Laue) in der Mehrzihl der Fälle gut unterrichtet sind (vgl. das „Kristallgitter" von Kochsalz in Fig 13, S. 30). Allerdings leiten die festen Salze in der überwiegenden Mehrzahl cfen elektrischen Strom nicht, da die geladenen Atome im „Kristallgitter" ihre Eätze wegen der elektrostatischen Anziehung durch die entgegengesetzt

Chemische Bindungskräfte

30

geladenen Nachbaratome nicht ohne weiteres wechseln können1). Diese elektrostatischen Kräfte erklären u. a. auch die Härte und den hohen Schmelzpunkt der meisten Salze. Beim Auflösen in Wasser dagegen schiebt sich Wasser zwischen die Ionen (Näheres siehe S. 97 ff.) und drängt Bie gegen die elektrostatische Anziehung auseinander. Die gelösten Ionen lassen sich nun leicht von einer Stelle an die andere bewegen; daher leiten Elektrolyt-Lösungen den Strom. Daß gelöste Ionen mit einer Hülle fest gebundener Wassermolekeln umgeben („hydratisiert") sind, erkennt man in einigen Fällen an ihrer F a r b e . So ist z.B. wasserfreies Kupfersulfat farblos; Cu 2+ -Ionen sind demnach farblos. Bindet Kupfersulfat dagegen Wasser, so daß das feste Hydrat CuS0 4 -5H a 0 („Kupfervitriol") entsteht, so beobachtet man bereits die blaue Farbe, die für die wäßrigen Kupfersalz-Lösungen kennzeichnend ist. Die blaue Farbe muß also durch eine Wechselwirkung zwischen den Cu 2+ -Ionen und den an diese gebundenen Wassermolekeln zustande kommen.

1. Man erhitze ein Kupfersulfat-KristälJchen im Reagenzglase; es verdampft Wasser und die blaue Farbe verschwindet. Befeuchtet man das entstandene farblose Rristallpulver mit Wasser, so färbt es sich wieder blau.

Figur 13. Kochsalz-Gitter

Figur 14. Tetraeder

Allerdings muß man mit der eben benutzten Schlußweise vorsichtig sein; es ist keineswegs immer zulässig, aus der Farbe der f e s t e n Salze auf die Farbe der Ionen zu schließen. Denn ebenso gut, wie die Wechselwirkung von Cu2+-Ionen und Waaser zur blauen Farbe führt, kann auch die Wechselwirkung zwischen den Cu'-+-Teilchen und den negativ geladenen Gitternachbarn zu Änderungen der Farbe führen. So ist z. B. festes Kupferchlorid CuCl2 braun, Kupferbromid CuBr2 schwarzbraun, Kupferoxyd CuO schwarz. Auch zusammengesetzte, „ k o m p l e x e " (Näheres vgl. S. 96) Ionen, wie z. B. das [S0 4 ] 2_ -Ion, können wir uns nach W. Kossei auB geladenen Teilchen aufr 2 -

2 - 1

O «+ O 2 _ *+ S 2_ . Wegen der hohen Ladung des S-Teilchens ist hier l J O 0 nun aber die elektrostatische Anziehung so stark, daß die einzelnen Teilchen beim Auflösen in Wasser nicht mehr voneinander getrennt werden; daher gebaut denken 2 ):

2-

*) Trotz des Fehlens einer merklichen Wanderungsfähigkeit der Teilchen spricht man auch bei derartigen Kristallgittern oft von „ I o n e n " , um den elektrisch geladenen Zustand zu kennzeichnen. 2 ) Dies ist zwar nicht s t r e n g richtig, aber sozusagen als stenographische Schreibweise zur angenäherten Beschreibung gewisser Eigenschaften der Verbindungen sehr nützlich.

Chemische Bindungskräfte

31

liegt die ganze Gruppe in der Lösung als eine Einheit vor. Obwohl also in diesem Falle einzelne S , + -Ionen nicht auftreten, ist es doch sinnvoll, gemäß der oben angegebenen Ladungsverteilung innerhalb des Komplexes dem Schwefel die Elektrovalenzzahl 6 + zuzuschreiben. Wir bezeichnen den Ladungszustand derartig geladener Atome, die nicht als selbständige Ionen auftreten, durch Uber das Atomsymbol gesetzte Plus- oder Minuszeichen, während wir die Ladung der in wäßriger Lösung auftretenden Ionen rechts oben neben das Formelsymbol des Ions schreiben. Auch bei den komplexen Ionen sind wir durch verschiedene physikalische Methoden über die räumliche Lagerung der Atome innerhalb der Komplexe genau unterrichtet. So hegen z. B. beim [SOJ 2_ -Ion die Sauerstoffteilchen symmetrisch an den Ecken eines Tetraeders (Fig. 14)1), in dessen Mitte sich das Schwefelteilchen befindet. Auch das Phosphation 2 -

und das Perchloration

2--

2_ P ^ LO OJ Dagegen bilden

sind tetraedrisch gebaut. 2 O O04+2- 2— die Sauerstoffteilchen des Carbonat-Ions i - C O ein gleichseitiges Dreieck, o in dessen Mittelpunkt der Kohlenstoff liegt. Elektrovalenzzahl und Perioden-System der Elemente. Für die abgeleiteten Elektrovalenzzahlen gelten einfache Beziehungen zu ihrer Stellung im Perioden-System (vgl. die Tafel am Ende des Buches). So ist die höchste p o s i t i v e Elektrovalenzzahl in der Regel gleich der Nummer der 4+ i+ e+ Gruppe, zu der das Element gehört (z. B. Na+, Ca 2+ , Al 3+ , Si, P, S). Daneben treten oft kleinere Werte auf, bevorzugt solche, die um 2 Einheiten kleiner sind «+ 4+ (so neben S auch S, z. B. im S0 2 ). N e g a t i v e Elektrovalenzzahlen kommen nur bei den Elementen vor, die im Perioden-System 1—4 Stellen vor einem Edelgase stehen. Ihre Größe ist dabei stets gleich der Anzahl Stellen, um die 2- 3— das betreffende Element von dem Edelgase entfernt ist, z. B. Cl - , O, N. Andere Bindungsarten. Durchaus nicht in allen Verbindungen wird der Zusammenhalt der Atome durch die elektrostatische Anziehung zwischen Ionen hervorgerufen. Ganz anderer Art sind z. B. die sogenannten Atombindunyen, die die Atome in den Molekeln der Gase: Cla, N a , 0 2 und in der Mehrzahl der organischen Molekeln binden. Da diese im Gegensatz zu den allseitig wirkenden elektrostatischen Kräften in ganz bestimmten Richtungen wirken, lassen sie sich treffend durch B i n d e s t r i c h e zwischen den H i Atomen, „Valenzstriche", darstellen, z. B. Cl—Cl, H—C—O—H usw. Eine i H dritte Bindungsart (metallische Bindung) haben wir zwischen den Atomen von Metallen und Legierungen anzunehmen. Die Natur bietet uns nur selten Falle, in denen eine dieser drei Bindungsarten allein in Erscheinung tritt. Im allgemeinen haben wir es m i t U b e r g ä n g e n zwischen jenen Extremen zu tun. Dabei ist es dann oft mit gleicher Berechtigung möglich, eine Verbindung entweder mit Elektrovalenzzahlen oder mit Valenzstrichen zu formulieren. Wenn wir in dieser Einführung vielfach den ersten Weg vorziehen, so muß man Bich darüber klar sein, daß dies eine gewisse Schematisierung bedeutet. 1 ) In der Zeichnung sind nur die Atomschwerpunkte angegeben. In Wirklichkeit ist die Ausdehnimg der Atome so groß, daß sie sich berühren.

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Oxydation und Reduktion Oxydation und Redaktion

Unter Oxydation hatten wir bisher die Zuführung von Sauerstoff oder die Wegnahme von Wasserstoff, unter Reduktion die entgegengesetzten Vorgänge verstanden. Die Ionenlehre gestattet uns, eine vertiefte und verallgemeinerte Auffassung dieser Vorgänge zu geben. 1 . IndasKölbchen der in Fig. 15 gezeichneten Apparatur bringe man Wasser und füge zur Verhinderung von Überhitzung einige kleine Tonscherben („Siedesteinchen") zu. I n die Kugel des Kugelrohres aus schwer schmelzendem Glase gebe man etwas Magnesiumpulver. Man erhitze das Wasser zum Sieden, so daß bei A ein gleichmäßiger, nicht zu lebhafter Wasserdampfstrom entströmt, und erhitze darauf mit einem zweiten Brenner die Kugel zunächst vorsichtig, bis etwa konFigur 15. Umsetzung zwischen densiertes Wasser vertrieben ist, und Magnesium und Wasserdampf dann mit der entleuchteten Flamme stark. Bei der nach einiger Zeit unter Feuererscheinung plötzlich einsetzenden Reaktion geht das Metall in weißes M a g n e s i u m o x y d über, während bei A W a s s e r s t o f f entweicht, der sich entzündet: Mg + H 2 0 = MgO + H t . Bei dieser Reaktion ist also das Magnesium oxydiert, der Wasserstoff des Wassers reduziert worden. Der Versuch läßt den bereits S. 17 betonten Satz, daß O x y d a t i o n u n d R e d u k t i o n u n t r e n n b a r m i t e i n a n d e r v e r k o p p e l t s i n d , noch einmal besonders deutlich erkennen. Das ist allerdings nicht immer ohne weiteres zu übersehen, so z. B. bei dem folgenden Versuch: 2 . In einemProbierglase aus schwer schmelzbaremGlase(Assistent), das schräg in einem Stativ befestigt wird, wird rotes Quecksilberoxyd k r ä f t i g erhitzt. E s bildet sich ein Beschlag von metallischem Q u e c k s i l b e r ; ein in das Glas eingeführter glühender Holzspan (Wurstspeil) glüht hell auf, also hat sich S a u e r s t o f f gebildet: 2Hg0 = 2 H g + 0 2 . Hier ist kein Zweifel, daß das Quecksüber des Quecksilberoxyds reduziert worden ist, während man nicht ohne weiteres einsehen kann, was oxydiert wurde. Umgekehrt ist bei der S. 23 besprochenen Oxydation von Kohlenoxyd durch Sauerstoff nicht sofort zu sehen, was eigentlich reduziert wird. Diese Schwierigkeit verschwindet aber sofort, wenn wir folgende umfassendere Definition benutzen: Oxydation ist die Zunahme an positiver oder die Abnahme an negativer Ladung, Reduktion die Zunahme an negativer oder die Abnahme an positiver Ladung1). Da in Wirklichkeit nur negative Ladungen (Elektronen) ausgetauscht werden (Näheres in der Vorlesung!), definiert man oft auch: Oxydation ist die Abgabe, Reduktion die Aufnahme von Elektronen.

Oxydation und Reduktion

33

Um diese Definition allgemein anwenden zu können, bedienen wir uns der S. 30/31 beschriebenen Auffassung der Wertigkeit als elektrischer Ladung. Freie Elemente sind dabei natürlich als ungeladen anzusehen. Demnach ergibt sich für die Reaktion zwischen Magnesium und Wasserdampf: ±0

2 X 1 + 2—

2 + 2 -

±0

Mg + H 2 O = MgO + H 2 . +

An das Magnesiumatom sind also 2 positive Ladungen von 2H-Teilchen abgegeben worden, die dadurch zur ungeladenen Hj-Molekel geworden sind: Das Magnesium ist oxydiert, der Wasserstoff reduziert worden. Durch diese Auffassung lassen sich nun auch für die Zersetzung des Q u e c k s i l b e r o x y d s und ähnliche Reaktionen die Schwierigkeiten beseitigen. Wir erhalten: 2+ 2 -

±o

±o

2HgO = 2 Hg + 0 2 und sehen also, daß das Quecksilber reduziert, der Sauerstoff oxydiert worden ist. Die neue Definition hat ferner den großen Vorteil, daß sie auch solche Reaktionen einschließt, bei denen Sauerstoff oder Wasserstoff gar nicht mitwirken, so z. B. die S. 19 beschriebene Einwirkung von Chlorgas auf K a l i u m b r o m i d und - J o d i d . Die Gleichung: 2KBr + Cl2 = 2 KCl + Br2 wird zur Ionengleichung: ±o ±o 2Br~ + Cl2 = 2C1~ + Br a . Hier ist also das Brom oxydiert, das Chlor reduziert worden. Eine andere Oxydationsreaktion lernten wir bei der D a r s t e l l u n g d e s Chlors kennen. Wir haben dort die Einwirkung von Braunstein auf Salzsäure bereits S. 16 in Teilreaktionen zerlegt. Besser als die dort gegebene Aufteilung ist die nachstehende: 1. Mn0 2 + 4HCl = MnCl4 + 2H 2 0 , 2. Mn 4+ + 4C1- = Mn2+ + 2 d ~ + Cl° . Reaktion 1. ist eine reine Neutralisation; die Oxydation-Reduktion wird durch 2. dargestellt: das Mn i + geht in Mn 2+ über, es wird also reduziert; dafür werden zwei von den vier C1 "-Ionen in eine neutrale Chlor-Molekel übergeführt, also oxydiert. Die E i n w i r k u n g e i n e s Metalls wie Zink auf irgendeine v e r d ü n n t e Säure — gleichgültig ob Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder ähnliche — wird durch die Gleichung: 3:0

±o

Zn + 2H+ = Zn2+ + H,

dargestellt. Auch hier liegt also eine Oxydations-Reduktionswirkung vor: Das Zink ist oxydiert, die H+-Ionen sind reduziert worden. Liegt dagegen k o n z e n t r i e r t e , d. h. nahezu wasserfreie Schwefelsäure vor, so sind freie H + -Ionen in nennenswerter Konzentration nicht vorhanden (vgl. S. 29), die eben genannte Reaktion tritt daher nicht ein. Dagegen kommt nun zur Geltung, daß die u n d i s s o z i i e r t e H 2 S 0 4 - M o l e k e l im Gegensatz zum [SOJ2~-Ion ein recht starkes O x y d a t i o n s m i t t e l ist; es reagiert daher das Zink-Metall mit der H2S04-Molekel nach der Gleichung: Zn + 2H 2 S0 4 = ZnS0 4 + 2H 2 0 + S0 2 . B l i t z , Einführung. 2 4 . - 2 6 . Aufl.

3

34

Schweflige Säure

Diese können wir uns wieder in 2 Teilgleichungen zerlegen1): 1. Zn + h ' s O , = ZnO + SÖa + H 2 0 (Oxydation-Reduktion) 2. ZnO + HjS0 4 = ZnS0 4 + H 2 0 (Neutralisation) aus deren Addition — wobei sich das ZnO heraushebt! — sich die obige ±o Gleichung ergibt. Gleichung 1. zeigt, daß hier an das Zn zwei positive 6+ 1+ Ladungen vom S abgegeben sind, das dadurch zum S geworden ist. Wollen wir die Bildung von neutralem Schwefel bzw. Schwefelw a s s e r s t o f f bei dieser Reaktion formulieren, so müssen wir bedenken, daß dazu pro Schwefel-Atom 6 bzw. 8 positive Ladungen abgegeben werden müssen, »+ ±0 2umvomS zum S bzw. S zu kommen; wir müssen daher 3 bzw. 4Zn mit 1HjS0 4 reagieren lassen, denn jedes Zink-Atom nimmt ja 2 positive Ladungen auf. Man erhält so: ±0

6+

2+

±0

«+

2+

±0

3Zn + H 2 S0 4 = 3 ZnO + S + H 2 0

bzw.

2-

4Zn + H ä S0 4 = 4ZnO + H a S . Daran schließt sich dann jedesmal die Neutralisation des Zinkoxyds. Um O x y d a t i o n s - R e d u k t i o n s - G l e i c h u n g e n s o f o r t ohne langes P r o b i e r e n r i c h t i g a n z u s e t z e n , b e a c h t e m a n , d a ß s t e t s soviel posit i v e L a d u n g e n , wie vom O x y d a t i o n s m i t t e l a b g e g e b e n w e r d e n , vom R e d u k t i o n s m i t t e l a u f g e n o m m e n werden. Wenn also z. B. ein Oxydationsmittel von A auf A übergeht, also 3 positive Ladungen abgibt, ein 2-

±o

Reduktionsmittel dagegen von B zu B oxydiert wird, also 2 positive Ladungen aufnimmt, so müssen 2A mit 3B reagieren usw.

Schwellige Säure Schwefeldioxyd S0 2 entsteht u.a. beim Verbrennen von Schwefel. Beim Auflösen des Gases in Wasser entsteht die schweflige Säure H 2 S0 3 . In dieser sind die Bestandteile nicht sehr fest gebunden, beim Erhitzen verflüchtigt sich das Anhydrid S0 2 allmählich wieder vollständig. Schweflige Säure ist ein kräftiges Reduktionsmittel, da sie das Bestreben hat, unter Sauerstoffaufnahme in Schwefelsäure überzugehen. Schwefligsäure-Lösung, die lange gestanden hat, zeigt die H 2 S0 3 -Reaktionen nur noch schwach, weil sie, soweit sie nicht überhaupt als Schwefeldioxyd verflüchtigt ist, durch den Luftsauerstoff zu Schwefelsäure oxydiert worden ist. 1 . Unter dem Abzüge entzünde man auf einem Porzellan-Tiegeldeckel ein Stückchen Schwefel. Der Schwefel verbrennt mit blauer Flamme. Das gebildete S c h w e f e l d i o x y d entweicht als farbloses Gas von charakteristischem, stechendem Geruch. 2. U m Schwefeldioxyd im Laboratorium im größeren Maßstabe herzustellen, kann man Kupfer auf heiße honzentrierte Schwefelsäure einwirken lassen. Man bringe in den zur Darstellung von Chlorwasser schon benutzten kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 11, S. 18) einige Stückchen Kupferblech zu 5-—lOccm konzentrierter Schwefel1

) Man beachte, daß hier wie in vielen späteren Beispielen in den Gleichungen die Ladungen nur bei den Atomen angegeben sind, bei denen sie für die Umsetzung von Bedeutung sind!

Salpetersäure und Stickstoffoxyde

35

säure und erhitze in der beschriebenen Weise, vermeide aber sorgfaltig ein Zurücksteigen des vorgelegten Wassers, da es auf die heiße Schwefelsäure explosionsartig einwirken würde 1 ). Man erhält im vorgelegten Probierglase eine wäßrige Lösung von s c h w e f l i g e r S ä u r e H2S03. 3. Man erhitze einen Teil dieser Lösung; es entweicht Schwefeldioxyd-Gas, das am Geruch leicht zu erkennen ist. 4. Vielfach stellt man Schwefeldioxyd auch durch Einwirkung von Salzsäure auf eine starke Lösung von saurem Natriumsulfit N a H S 0 3 („Bisulfitlauge") her: NaHSO s + HCl = NaCl + H 2 0 + S 0 2 . Man führe den Versuch im Probierglase aus, gebe aber die verdünnte Salzsäure nur tropfenweise aus einem zweiten Probierglase (vgl. S. 6) zu. 5. Um die Reduktionswirkung der schwefligen Säure zu erproben, mache man mit der soeben hergestellten SchwefligsäureLösung folgende Versuche: Jod- sowie -Brom-Lösung werden entfärbt. J2 + H2S03 + H20 = 2 H J + H2S04 bzw. ±0

4+

«+

j 2 + [S0 3 ] 2 - + H 2 0 = 2 J - + [SOJ2- + 2 H + . C . Man gieße zu etwas Mercurichlorid-Lösung drei bis vier Raumteile Schwefligsäure -Lösung. Beim Erwärmen fällt aus der zunächst klaren Mischung langsam weißes M e r c u r o c h l o r i d aus, das sich später infolge weiterer Reduktion zu Q u e c k s i l b e r meist grau färbt. 2HgCl 2 + H 2 S 0 3 + H 2 0 = Hg 2 Cl 2 + H 2 S 0 4 + 2 HCl Hg 2 Cl 2 + H 2 S 0 3 + H 2 0 = 2 Hg + H 2 S 0 4 + 2HC1 bzw

[Hg 2 ] 2 + + [S0 3 ] 2 " + H 2 0 = 2 Hg + [SOJ*- + 2 H + .

Salpetersäure and Stickstoffoxyde. Salpetersäure HN0 3 ist eine farblose Flüssigkeit, die sich am Lichte unter geringer Zersetzung gelb färbt. Die konzentrierte Salpetersäure des Laboratoriums ist etwa 66-proz., die „verdünnte" etwa 10-proz., die „2 norm." 11,8-proz. Die „rauchende Salpetersäure" enthält über 95% HN0 3 ; sie ist durch einen Gehalt an Stickstoffdioxyd NO, gelbbraun gefärbt. Wasserfreie Salpetersäure siedet bei etwa 86° unter schwacher Zersetzung. Sie wird durch Erhitzen von Nitraten (z. B. Natriumnitrat NaN03) mit konzentrierter Schwefelsäure unter vermindertem Druck dargestellt, wobei sie überdestilliert. x ) Es ist gut, zur Sicherheit eine kleine, leere sogenannte „Waschflasche" (Assistent!) so zwischen zu schalten, daß das Gas in das kurze Rohr ein-, aus dem langen austritt! 3*

Salpetersäure und Stickstoffoxyde

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Konzentrierte Salpetersäure ist ein sehr aggressiver Stoff. Viele Farbstoffe werden durch sie entfärbt, Papier wird unter Gelbfärbung gelöst, Holz und Kork werden sofort intensiv gelb gefärbt und bald zerstört, ebenso die Haut. Auf Kleidern erzeugt Salpetersäure gewöhnlich dunkelgelbe Flecke, die nicht mehr zu entfernen sind und später meist Löcher geben. Beim Arbeiten mit S a l p e t e r s ä u r e ist also große Vorsicht nötig. Das Verhalten von Salpetersäure gegenüber Metallen ist je nach den Versuchsbedingungen verschieden. I. Bei konzentrierter Säure und höheren Temperaturen reagieren ähnlich wie bei konzentrierter Schwefelsäure nur die undissoziierten HNOsMolekeln; diese werden dabei zu dem braunen Stickstoffdioxyd reduziert. Da sich in diesem Falle die Elektrovalenz des Stickstoffs von fünf auf vier erniedrigt, ist dieser Vorgang folgendermaßen zu formulieren: Zn + 2HN0 3 = ZnO + 2N0 2 + H 2 0 Oxydation-Reduktion ZnO + 2HNQ3 = Zn(NQ3)2 + HaO Neutralisation Zn + 4imÖ7-~Zn(N07)2~ : F2NÖ 2 + 2H a 0. II. Auch bei halbkonzentrierter Säure und niedrigeren Temperaturen sind im wesentlichen die HN03-Molekeln wirksam; in diesem Falle entsteht NO. Die Elektrovalenz aber in der Hauptsache das farblose Stickoxyd des Stickstoffs ändert sich hier von 6 + auf 2-f: 3Zn + 2HN0 3 = 3 ZnO + 2 NO + H 2 0 Oxydation-Reduktion 3 ZnO + 6HNO3 = 3Zn(N03)ü + 3H 2 0 Neutralisation 3Zn + 8HN0 3 3Zn(N03)2 + 2X0 + 4H 2 0 . Unter den unter I. und II. beschriebenen Bedingungen, bei denen die HN0 a Molekeln wirksam sind, ist Salpetersäure ein sehr starkes Oxydationsmittel; sie löst dann auch Metalle wie Kupfer oder Silber, die von Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure nicht gelöst werden. III. Verdünnt man Salpetersäure sehr s t a r k , so sind fast gar keine HN03-Molekeln mehr vorhanden, sondern nur H + - und N0 3 _ -Ionen. In diesem Falle reagiert Salpetersäure genau so wie verdünnte Salz- oder Schwefelsäure; es wird Wasserstoff frei: Zn + 2H+ = Zn 2+ + H„ . Diese Umsetzung ist, ebenso wie die folgende, nur mit verhältnismäßig unedlen Metallen möglich. IV. In alkalischer Lösung kann die reduzierende Wirkung von Metallen nur am N03~-Ion angreifen; es bildet sich dann Ammoniak NH 3 , wobei die Elektrovalenz des Stickstoffs von 5 + auf 3— sinkt: ±0

6+

2+

3—

4Zn + [N0 3 ]- + 2H 2 0 = 4ZnO + NH3 + 0H~. Im Falle IV löst sich dann das Zinkoxyd nach einer Umsetzung, die wir S. 90/91 und 107 kennenlernen werden. Eine Reihe von Metallen (z. B. Gold, Platin), die sich in Salpetersäure allein nicht lösen, können durch ein Gemisch von Salpetersäure und Salzsäure, das sogenannte Königswasser", in Lösung gebracht werden; meist benutzt man ein Gemisch von 11 Teil konzentrierter Salpetersäure mit etwa 3 Teilen konzentrierter Salzsäure ). In diesem Falle kommt zu der oxydierenden J ) Erhitzt man ein solches Gemisch vorsichtig, so bilden sich stets etwas N i t r o s y l c h l o r i d (N0C1), das an der Braunfärbung der Flüssigkeit zu erkennen ist, sowie etwas freies Chlor (Geruch!): HNO, + 3HC1 = N0C1 + Cli + 2H 2 0.

Salpetersäure und Stickstoffoxyde

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Wirkung der Salpetersäure noch die Fähigkeit der Salzsäure, mit den entstandenen Metallionen besonders stabile Verbindungen wie H[AUC14] und HjJPtClJ, sogenannte „Komplexverbindungen" (vgl. dazu S. 96ff.), zu bilden. Stickstoffoxyde. Das Anhydrid der Salpetersäure N a 0 t ist ein sehr unbeständiger Stoff, der sich nur schwierig rein darstellen läßt. Wichtiger ist daa Stickstoffdioxyd N02- Dieses ist ein Gas, das bei nicht zu hohen Temperaturen neben den braunen N0 2 - auch fast farblose N204-Molekeln enthält (vgl. dazu S. 72/73). Man erhält es in reiner Form am einfachsten durch Erhitzen von Bleinitrat, das dabei nach der Gleichung 2Pb(N03)a = 2PbO + 4N0 2 + 0 2 zerfällt. In ähnlicher Weise zersetzen sich alle Nitrate von zwei- und dreiwertigen Elementen. Die Alkalinitrate dagegen bilden beim Erhitzen Nitrite, z.B. KN0 2 (vgl. S. 126und 167); A m m o n i u m n i t r a t gibt Stickoxydul N,0 (vgl. S. 60 u. 62). Die Umsetzung von Stickstoffdioxyd mit Wasser führt nicht unter einfacher Wasseranlagerung zu einer Säure des vierwertigen Stickstoffs, sondern unter Wertigkeitsänderung zu zwei Spaltstücken, von denen das eine höher-, das andere niedrigerwertigen Stickstoff enthält: 3NOJ + H 2 0 = 2 HNO, + NO .

Das entstehende farblose Stickoxyd NO löst sich nicht in Wasser. Ist aber Sauerstoff zugegen, so wird das Stickoxyd wieder zu Stickstoffdioxyd oxydiert, das dann in gleicher Weise weiterreagiert. Eine Reaktion, wie die eben beschriebene, bei der eine Verbindung eines Elementes in mittlerer Wertigkeitsstufe zum Teil in eine höhere, zum Teil in eine niedrigere Stufe übergeht, nennen wir Disproportionierung. Auch mit Laugen erleidet daa Stickstoffdioxyd eine Disproportionierung, die aber neben Nitrat zu N i t r i t führt: 2 NO, + 2NaOH = NaN0 3 + NaN0 2 + H 2 0 . Da alle Stickstoffoxyde giftig sind, f ü h r e man die Versuche unter dem Abzüge aus. 1 . In einem Probierglase übergieße man etwas Kaliumnitrat („Salpeter") eben mit konzentrierter Schwefelsäure und erwärme. S a l p e t e r s ä u r e destilliert in den oberen Teil des Probierrohres, verdichtet sich an den Wänden und rinnt an ihnen herab. 2 . Etwa 1 ccm Wasser werde mit einigen Tropfen Indigo-Liöaxmg dunkelblau gefärbt. Die Mischung werde mit einem Tropfen verdünnter Salpetersäure versetzt. Gibt man jetzt reichlich 1 / 2 ccm konzentrierte Schwefelsäure zu, so erwärmt sich die Mischung etwas und es bilden sich unter der wasserentziehenden Wirkung der Schwefelsäure undissoziierte HN0 3 -Molekeln, die den Indigofarbstoff unter Gelbfärbung oxydieren. Im folgenden werden einige Versuche beschrieben, die den Unterschied der Wirkungsweise der Salpetersäure (bzw. des Nitrat ions) mit wechselnder Konzentration bzw. bei saurer und alkalischer Reaktion erkennen lassen. Die römischen Ziffern beziehen sich auf die vier Fälle, die in den klein gedruckten Vorbemerkungen besprochen wurden.

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Salpetersäure und Stickstoffoxyde

3 . (Fall I.) In ein Probierglas gebe man zu 1—2 ccm konzentrierter Salpetersäure 1—2 Zinkgranalien. Es tritt heftige Entwicklung von rotbraunen S t i c k s t o f f d i o x y d d ä m p f e n ein. Nachdem man dies beobachtet hat, bremse man die Reaktion durch Verdünnen mit viel Wasser. 4. (FaE I.) In einem Probierglase werde etwas Zinnfolie ebenfalls mit konzentrierter Salpetersäure unter Bewegen des Glases mäßig erwärmt. Das Zinn wird dabei zu weißem Z i n n d i o x y d Sn0 2 oxydiert, das ungelöst bleibt. Dabei entstehen ebenfalls rotbraune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x y d . 5 . (Fall II.) Man bereite in einem Probierglase durch Versetzen von etwas konzentrierter Salpetersäure mit etwas mehr als dem gleichen Volumen Wasser halbkonzentrierte Salpetersäure, gebe einige Zinkgranalien zu und erwärme. Die sich entwickelnden Gase sind im Gegensatz zu dem Versuch 3 nur schwach braun gefärbt; es entsteht ein G e m i s c h von viel S t i c k o x y d m i t e t w a s Stickstoffdioxyd. 6. (Fall II.) Zur Reindarstellung von Stickoxyd führe man folgenden Versuch aus: Man entwickle in der in Fig. 16 abgebildeten Apparatur aus Kupfer und konzentrierter Salpetersäure, die mit 2 Teilen Wasser versetzt ist, Stickoxyde. Nachdem die Luft verdrängt ist, stülpe man -0= über die Öffnung des Gasentbindungsrohres ein mit Wasser gefülltes Probierglas. Dabei beobachtet man im Kolben mehr oder weniger rotbraune Dämpfe, die ein G e m i s c h v o n S t i c k o x y d u n d Sticks t o f f d i o x y d darstellen. Beim Durchgang durch das Figur 16. Pneumatische Wanne Wasser reagiert nun das letztere unter Bildung von Salpetersäure und Stickoxyd, so daß das im Probierglase aufgefangene Gasnur aus farblosem S t i c k o x y d b e s t e h t . Hebt man nun das Probierglas aus dem Wasser heraus, so färbt sich der Inhalt von der Mündung her schnell braun, weil sich das Stickoxyd mit dem Luftsauerstoff zu S t i c k s t o f f d i o x y d (bzw. z. T. zu Stickstofftetroxyd) umsetzt. 2 NO + 0 2 = 2 N 0 2 . 2NO,2 = NnO. 2W4 •.

Salpetersäure und Stickstoffoxyde

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7. (Fall III.) In einem Probierglase verdünne man etwas verdünnte Salpetersäure auf das Doppelte, setze einige Zinkgranalien zu und erwärme. Es entwickelt sich ein farbloses Gas, das auch bei Luftzutritt an der Mündung des Reagenzglases sich nicht braun färbt; es besteht aus W a s s e r s t o f f . 8. (Fall IV.) In einem Probierglase werden etwa 6 Tropfen verdünnter Salpetersäure mit 2 ccm Natronlauge und einer Messerspitze Zinkstaub zum Kochen erhitzt. In die Dämpfe werde ein Streifen feuchtes rotes Lackmuspapier so gehalten, daß er die Wände nicht berührt; er bläut sich bald durch Einwirkung des entwickelten Ammoniakgases. Oft ist auch der Ammoniakgeruch deutlich wahrzunehmen. 9. Man erhitze etwas festes Bleinitrat im Glühröhrchen. Es entweichen braune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x y d . 10. Man erhitze etwas Kaliumnitrat im Probierglase. Es schmilzt zunächst und gibt bei weiterer Steigerung, der Temperatur ein farbloses Gas ab, das durch einen glühenden Wurstspeil als S a u e r s t o f f erkannt werden kann. Der Rückstand enthält neben unverändertem Nitrat Kaliumnitrit. Farbreaktionen: 11. E i n Tropfen verdünnter Salpetersäure werde mit 2 ccm Wasser in einem Probierglase verdünnt und mit etwa 2 ccm einer frisch bereiteten, starken Lösung von Ferrosulfat versetzt. Dann lasse man bei schräg gehaltenem Glase vorsichtig an der Glaswand entlang etwa 1 ccm konzentrierte Schwefelsäure zufließen. Man erhält an der Grenze der beiden Flüssigkeitsschichten eine b r a u n e Zone. Die Erscheinung beruht auf folgenden Vorgängen: Die Salpetersäure wird durch das Ferrosulfat zu S t i c k o x y d reduziert, wobei sich Ferrisulfat bildet. Das Stickoxyd liefert mit überschüssigem Ferrosulfat ein tief dunkelbraun gefärbtes, wasserlösliches Anlagenmgsprodukt: 2+

5+

2X3+

2+

6FeS0, + 2HN0 3 + 3H 2 S0 4 = 3 Fe a (S0 4 ) 3 + 2 NO + 4 H 2 0 NO + FeS0 4 = FeS0 4 N 0 . Die erste dieser Gleichungen ist leichter als Ionengleichung zu übersehen: 3Fe*+ + [ N 0 3 r + 4H+ = 3Fe) Der Zinkhydroxyd-Niederschlag löst sich bei Zugabe eines Ü b e r schusses von Ammoniak-Lösimg wieder auf; auf die Ursache dieser Erscheinung, die mit der vorliegenden Betrachtung nichts zu tun hat, kommen wir später zurück (vgl. S. 104). 6*

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Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

E. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Die Frage, warum gewisse Stoffe beim Zusammenbringen miteinander reagieren, andere wiederum nicht, mit anderen Worten die Frage nach der Verwandtschaft oder Affinität der Stoffe zueinander, können wir hier nicht allgemein beantworten. Aber einige Beobachtungen, die wir in dieser Hinsicht in den voraufgehenden Versuchen bereits gelegentlich gemacht haben, seien hier kurz zusammengestellt. I. Bringen wir zwei wäßrige Elektrolyt-Lösungen zusammen, so wird vielfach gar nichts geschehen, z. B. bei der Vereinigung der Lösungen von Natriumchlorid und Kaliumjodid, von Magnesiumsulfat und Kaliumchlorid, von Natriumchlorid und verdünnter Schwefelsäure usw. Reaktion tritt ein, wenn zwei oder mehrere der zusammengebrachten gelösten Ionen a) einen wenig d i s s o z i i e r t e n Stoff bilden; z . B . : H+ + N 0 3 - + Na+ 4- OH= H 2 0 + Na+ + N0 3 ~ H+ + Cl- + Na+ + C H 3 C 0 2 - = CH 3 C0 2 H + Na+ + Cl". Als Sonderfall kann der wenig dissoziierte Stoff — entweder selbst oder seine Zerfallsprodukte — als Gas aus der Lösung entweichen, z. B . : 2NH 4 ++ S 2 + 2H+ + 2C1- = 2NH 4 + + 2C1~ + H 2 S-Gas 2Na+ + C 0 3 2 - + 2H+ + 2C1- = 2Na+ + 2C1~ + H 2 C0 3 H 2 C0 3 = H 2 0 + C0 2 -Gas b) einen Stoff mit einem kleinen L ö s l i c h k e i t s p r o d u k t e ergeben; z. B . : Ag+ + N O r + Na+ C1- = AgC1 + N a + + N0;)-_ Bei Konkurrenz mehrerer Vorgänge nach a) oder b) b i l d e t sich der am wenigsten d i s s o z i i e r t e bzw. der am s c h w e r s t e n l ö s l i c h e S t o f f . I I . Bei Abwesenheit von Wasser spielen andere Dinge eine Rolle. Es können dann auch Reaktionen eintreten, die bei Gegenwart von Wasser nicht erfolgen und umgekehrt. Aus der großen Fülle verschiedener Erscheinungen sei nur eine herausgegriffen. Während verdünnte wäßrige Lösungen von Natriumchlorid und Schwefelsäure nicht miteinander reagieren, wirkt k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure auf f e s t e s Kochsalz bereits in der Kälte ein nach: 0 NaC1 + JJ^Q^ = + HCl . N A H S

4

Diese Reaktion tritt ein, weil sich im Gleichgewicht mehr Chlorwasserstoff bildet, als der geringen Löslichkeit dieses l e i c h t f l ü c h t i g e n Stoffes in konz. Schwefelsäure entspricht. Infolgedessen entweicht das Chlorwasserstoffgas, und durch diese Störung des Gleichgewichts tritt weiterer Umsatz ein, bis die Reaktion praktisch vollständig im Sinne der obigen Gleichung abgelaufen ist. Erhöht man die Temperatur, BO nimmt die Löslichkeit des Chlorwasserstoffs noch weiter ab; es ist dann sogar die nach der Gleichung NaHS0 4 + NaCl = Na 2 S0 4 + HCl im Gleichgewicht gebildete sehr geringe Menge Chlorwasserstoff größer, als der Löslichkeit entspricht. Auch hier tritt durch das Entweichen des HC1Gases eine dauernde Störung des Gleichgewichts ein; die Reaktion verläuft praktisch vollständig von links nach rechts. Es wäre ganz verfehlt, aus diesem Versuch etwa ableiten zu wollen, daß Schwefelsäure eine stärkere Säure sei als Salzsäure, denn der Begriff „stark" bezieht sich ja auf die Dissoziation in w ä ß r i g e r L ö s u n g ; tatsächlich ist die Dissoziation der Schwefelsäure nach H 2 S0 4 = H+ + H S 0 4 _ sogar eine Kleinigkeit geringer, die nach H S 0 4 _ = H+ + S 0 4 2 - sogar erheblich

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kleiner als die der Salzsäure. Das Entscheidende ist vielmehr die geringe Löslichkeit des leichtflüchtigen Chlorwasserstoffs in dem wasserfreien System. J e d e schwache Säure (bzw. ihr Anhydrid) kann beim E r h i t z e n eine s t a r k e Säure (bzw. ihr Anhydrid) aus ihren S a l z e n a u s t r e i b e n , wenn nur die l e t z t e r e in ausreichendem Maße l e i c h t e r f l ü c h t i g ist. Z. B. reagiert bei hohen Temperaturen das Anhydrid der sehr schwachen Kieselsäure mit Gips glatt unter Austreiben von S0 3 , das bei diesen Temperaturen allerdings sofort in S0 2 und O s dissoziiert: 2Si0 2 + 2CaS0 4 = 2CaSi0 3 + 2S0 2 -f 0 2 . I I I . Bei den Fällen 1 und 2 behielten die einzelnen Atome ihre Elektrovalenz; das ist aber, wie wir S. 32 ff. gesehen haben, sehr oft nicht der Fall. Kommen Stoffe zusammen, die verschieden große Verwandtschaft zur (positiven oder negativen) elektrischen Ladung haben, so kann ein Ladungsaustausch, d. h. eine Oxydations-Reduktiona-Iteaktion eintreten, z. B. 2 J - + Cl2 = 2C1~ + J2 (vgl. dazu den Abschnitt „Elektroaffinität). Auch in diesem Falle kann der Ablauf der Reaktionen stark dadurch beeinflußt werden, daß durch Ausscheidung eines Stoffes das Gleichgewicht gestört wird.

Aluminium Von den Elementen der dritten Gruppe des Perioden-Systems gehört B o r zu den Nichtmetallen; sein Oxyd bildet mit Wasser Säuren. Wir besprechen diese an späterer Stelle (S. 172). Von den übrigen Elementen dieser Gruppe ist A l u m i n i u m das bei weitem wichtigste. Es ist ein silberweißes Metall, das bei 660° schmilzt. Es ist sehr unedel, setzt sich aber doch mit Wasser nicht in nennenswertem Umfange um, da es sich oberflächlich mit einer Oxyd- bzw. Hydroxydschicht bedeckt, die man heute bei Gebrauchsgegenständen noch künstlich verstärkt: 2AI + 6H a O = 2A1(0H) 3 + 3 H „ . Da das Hydroxyd eine festhaftende, nahezu porenfreie Haut bildet und außerdem in Wasser unlöslich ist, schützt es das Metall vor weiteren Einwirkungen. Gegen Reagentien, die Aluminiumhydroxyd lösen, wie Säuren und Basen (vgl. dazu unten), schützt die Haut natürlich nicht mehr. Aluminiummetall löst sich daher unter Wasserstoffentwickelung sowohl in Säuren als auch in Basen, ja sogar in Sodalösung, die ja infolge von Hydrolyse alkalisch reagiert. Aluminiumhydrosryd, hat weder ausgesprochen sauren noch basischen Charakter. Schwachen Basen und Säuren gegenüber ist es völlig ind i f f e r e n t . Starken Säuren gegenüber reagiert es so, als ob es eine schwache Base wäre; es löst sich z. B. in Salzsäure nach der Gleichung: A1(0H) 3 + 3 HCl = A1C13 + 3H 2 0. S t a r k e n L a u g e n gegenüber verhält es sich wie eine sehr schwache Säure unter Bildung von Salzen, die man Aluminate nennt: bzw.

H3AIO3 + NaOH = NaH2A103 + H 2 0 H3A103 + 3 NaOH = Na3A103 + 3 H a 0 .

Derartige Hydroxyde bezeichnet man als , , a m p h o t e r s i c h nach beiden Seiten neigend, weil sie je nach dem Charakter des Gegenpartners als Base oder Säure reagieren können; näheres S. 90.

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Dem äußerst schwachen Basencharakter des Aluminiumhydroxyds entspricht es, daß Salze wie Aluminiumchlorid A1C13, Aluminiumsulfat Ä12(S04)3 usw. in Lösung s t a r k h y d r o l y s i e r t sind und sauer reagieren. Aluminium salze schwacher Säuren hydrolysieren noch stärker. Kocht man z. B. eine A l u m i n i u m a c e t a t - L ö s u n g , so fällt das gesamte Aluminium als Hydroxyd und als ebenfalls schwer lösliches basisches Acetat (als Produkt der stufenweisen Hydrolyse, vgl. S. 80) aus. Beim Abkühlen löst sich durch Rückgang der Hydrolyse ein Teil des Niederschlages wieder auf. Dies rührt daher, daß die Dissoziation des Wassers H a O = H+ + O H - mit steigender Temperatur sehr stark zunimmt; so kommt es, daß nur nahe der Siedetemperatur des WaBsers die OH~-Ionenkonzentration zur vollständigen Hydrolyse des Aluminiumacetates ausreicht. Auch Lösungen beliebiger Salze des Aluminiums lassen sich so fällen, wenn man sie reichlich mit N a t r i u m a c e t a t versetzt. Enthielt die Lösung freie Säure, so reicht das Pufferungsvermögen der Acetationen (vgl. S. 78) allerdings nicht zu einer genügenden Erniedrigung der H + -Ionenkonzentration aus; man muß dann die Lösung vor dem Natrium-Acetatzusatz neutralisieren, z. B. mit Soda. In gleicher Weise läßt sich auch dreiwertiges Eisen ausfällen, während die Acetate der stärker basischen zweiwertigen Elemente Mangan, Kobalt, Nickel, Zink usw. nicht bis zur Fällung des Hydroxydes hydrolysiert werden. Man benutzt dieses Verfahren bei der Analyse zur Trennung von zwei- und dreiwertigen Elementen (Natrium-Acetatmethode). Die Aluminiumsalze, die das Aluminium als Kation enthalten, stellen ein schönes Beispiel für die Tatsache dar, daß die Hydrolyse mit zunehmender Schwäche der Säure zunimmt. So reagiert eine Aluminiumchlorid-Lösung zwar stark sauer, ist aber selbst durch Kochen nicht fällbar; Aluminiumacetat-Lösung wird beim Kochen vollständig hydrolysiert. Das nur auf trockenem Wege darstellbare Aluminiumsulfid A12S3 wird schon bei Raumtemperatur völlig hydrolytisch gespalten (vgl. auch S. 81), während schließlich ein Aluminiumsalz der noch schwächeren Kohlensäure überhaupt nicht mehr darstellbar ist. Da A1(0H)3 auch als Säure nur schwach ist, sind die Lösungen der Aluminate ebenfalls stark hydrolysiert und reagieren stark basisch. Setzt man einer solchen Lösung A m m o n i u m c h l o r i d zu, so werden unter Abstumpfung der basischen Reaktion (vgl. S. 78) die durch die Hydrolyse entstehenden OH - -Ionen immer wieder abgefangen, bis die Hydrolyse vollständig und das Aluminium quantitativ als Hydroxyd ausgefällt ist. Das gleiche Ziel erreicht man auch durch Herabsetzung der OH _ -Ionenkonzentration mittels Zugabe einer sehr schwachen Säure, die noch nicht imstande ist, durch ihre Säureeigenschaften das Al(OH)3 als Base wieder aufzulösen, wie z. B. Kohlensäure: 2Na3A103 + 6 H 2 0 + 6 C0 2 = 6NaHC0 3 + 2H 3 A10 3 . Durch Erhitzen von Aluminiumhydroxyd bzw. durch Oxydation von Alumimummetall entsteht Aluminiumoxyd. Hocherhitztes Oxyd ist weder in Säuren noch in Basen löslich, es muß vielmehr durch Schmelzen mit Kaliumbisulfat oder alkalischen Stoffen a u f g e s c h l o s s e n werden; vgl. dazu S. 132.

1. Ein Stückchen Aluminiummetall werde mit Natronlauge erwärmt; es löst sich unter Wasserstoffentwicklung, wobei sich A l u m i n a t bildet. 2AI + 2NaOH + 4 H 2 0 = 2NaH 2 A10 3 + 3 H a . Ganz ähnlich verhält sich Aluminium gegen Soda-Lösung.

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2. Durch Auflösen von Aluminium in verdünnter Salzsäure stelle man sich eine A l u m i n i u m c h l o r i d - L ö s u n g her: 2AI + 6HCl = 2A1C13 + 3 H 2 . Durch Eindampfen dieser Lösung läßt sich wasserfreies Aluminiumchlorid nicht darstellen, da das Chlorid dabei unter Hydrolyse in basisches Aluminiumchlorid übergeht. Einen solchen Prozeß haben wir schon beim Calciumchlorid kennengelernt; beim Aluminiumchlorid tritt er aber viel eher ein und geht viel weiter. Wasserfreies Aluminiumchlorid wird im Laboratorium durch Überleiten von trockenem Chlor- oder Chlorwasserstoffgas über erhitztes Aluminium dargestellt.

Die salzsaure Aluminiumchlorid-Lösung werde filtriert und zu folgenden Umsetzungen der Aluminiumsalze benutzt: 3. Natriumhydroxyd: Man gebe zu der Lösung einige Tropfen Natronlauge; es fällt A l u m i n i u m h y d r o x y d als gelatinös flockige Masse aus. Durch Zusatz von Salzsäure kann dieses wieder gelöst werden. A1CI3 + 3NaOH = Al(OH) s + 3NaCl. Die Auffassung der Niederschläge, die man aus den Lösungen dreiwertiger Ionen mit OH~-Ionen enthält, als H y d r o x y d e ist eine Zeitlang angezweifelt worden. Man hat vielmehr angenommen, daß es sich bei diesen stark wasserhaltigen, sehr voluminösen Niederschlägen um die Anlagerungsprodukte von Wasser an die Oxyde — „ O x y d h y d r a t e " — handelt. Die neuere Forschung hat gezeigt, daß diese Produkte sehr verschiedenartig sein können und in ihrer Zusammensetzung von Fall zu Fall wechseln. Es ist daher überhaupt nicht möglich, eine allgemein gültige Formel anzugeben. Es liegt aber andererseits heute kein Grund mehr gegen die Annahme vor, daß es sich in der Mehrzahl der Fälle um stark wasserhaltige H y d r o x y d e handelt. Man darf daher Formeln wie Al(OH)3 durchaus benutzen, muß sich aber darüber klar sein, daß sie eine sehr schematisierende Vereinfachung bedeuten.

4. Zu einer zweiten Probe der Aluminiumchlorid-Lösung gebe man viel Natronlauge-, der zuerst ausfallende Niederschlag geht in diesem Falle als A l u m i n a t wieder in Lösung. 5. Zu einem Teil der so erhaltenen Aluminat-Lösung gebe man reichlich festes Ammoniumchlorid; A l u m i n i u m h y d r o x y d fällt wieder aus. Das gleiche erreicht man, wenn man die Lösung erst mit Salzsäure ansäuert und dann mit Ammoniak-Lösung versetzt. 6. In eine andere Probe der Aluminat-Lösung leitet man Kohlendioxyd ein; A l u m i n i u m h y d r o x y d scheidet sich ebenfalls ab. 7. Ammoniak: Daß aus Aluminiumsalz-Lösungen durch Ammoniak-Lösung das H y d r o x y d gefällt wird, ergibt sich bereits aus dem Vorhergehenden. Ebenso wurde S. 83 gezeigt, daß die Fällung des Aluminiumhydroxydes — im Gegensatz zu der der Hydroxyde des Magnesiums und der meisten 2 wertigen Metalle •— durch Ammoniumsalze starker Säuren n i c h t verhindert wird. 8. Dagegen ist darauf hinzuweisen, daß sowohl mit Ammoniak als auch mit Natronlauge ein Niederschlag a u s b l e i b t , w e n n

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h y d r o x y l h a l t i g e organische V e r b i n d u n g e n , wie z. B. Weinsäure, in der Lösung vorhanden sind (vgl. S. 100). Man überzeuge sich hiervon. 9. Natriumcarbonat: Eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung werde mit sehr wenig 1 ) Soda-Lösung versetzt; unter Kohlendioxyden twicklung fällt A l u m i n i u m h y d r o x y d aus (Hydrolyse!). 2A1C13 + 3Na 2 C0 3 + 3H 2 0 = 2A1(0H)3 + 3C0 2 + 6NaCl. 10. Bariumcarbonat: Eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung werde mit überschüssigem Bariumcarbonatbrei geschüttelt. Dabei fällt alles Aluminium als H y d r o x y d aus (Hydrolyse; vgl. S. 83). Man filtriere; aus dem Filtrat darf, nach vorhergehendem Ansäuern mit einigen Tropfen Salzsäure (Prüfen mit Lackmuspapier!) und Aufkochen, auf Zugabe von Ammoniak kein Aluminiumhydroxyd mehr fallen. 11. Natriumacetat: Man neutralisiere in einem Becherglase eine Probe der Aluminiumchlorid-Lösung annähernd mit Natriumcarbonat. Sollte dabei etwas Hydroxyd ausfallen, so bringe man es durch Zusatz von einigen Tropfen verdünnter Salzsäure wieder in Lösung. Man füge etwa den gleichen Raumteil Natriumacetat-Lösung hinzu, verdünne stark mit Wasser und erhitze die Mischung zum Kochen. Es fällt Aluminiumhydroxyd bzw. b a s i s c h e s A c e t a t aus. Wenn der Niederschlag heiß abfiltriert wird, ist die Fällung quantitativ. IS. Ammoniumsulfid: Eine Probe der saueren AluminiumchloridLösung werde mit Ammoniak annähernd neutralisiert und mit Ammoniumsulfid versetzt; es fällt quantitativ A l u m i n i u m h y d r o x y d aus. 2AICI3 + 6(NH 4 ) 2 S + 6H 2 0 = 2A1(0H)3 + 6(NH 4 )HS + 6NH 4 Cl. 13. Natriumphosphat: Zu ebenfalls fast neutralisierter Aluminiumchlorid-Lösung gebe man Natriumphosphat-Lösung. Es fällt ein voluminöser Niederschlag von A l u m i n i u m p h o s p h a t . AICI3 + 2Na 2 HP0 4 = A1P04 + 3NaCl + NaH 2 P0 4 . Durch starke Säuren und Laugen wird der Niederschlag wieder gelöst. 14. T h e n a r d s B l a u : Man stelle sich durch Fällung Aluminiumhydroxyd her, filtriere, wasche mit Wasser aus und trockne einigermaßen durch Aufstreichen auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier. Dann glühe man das Präparat auf der Magnesiarinne oder einem Stück Holzkohle. Der weiße Glührückstand werde mit einem T r o p f e n sehr verdünnter Kobaltsalz-hösung befeuchtet und nochmals geglüht. Er ist dann blau gefärbt. 1

) Benutzt man v i e l Sodalöaung, so entwickelt sich natürlich kein Kohlendioxyd, weil sich dann Natriumbicarbonat bildet 1

Säuren- und basenbildende Oxyde

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Aluminiumhydroxyd und ähnliche Hydroxyde (z. B. von Zinn, Chrom) bilden mit gewissen organischen Farbstoffen Adsorptionsverbindungen ( „ F a r b l a c k e " ) , die man u. a. technisch benutzt, um diese Farbstoffe an die Faser zu binden. Auf der Bildung eines solchen Farblackes beruht auch eine sehr empfindliche Nachweisreahtion f ü r Aluminium.

15. Man gebe zu sehr verdünnter, nur ganz schwach saurer Aluminiumsalz-Lösung etwa 1 ccm einer 0,l°/ 0 igen Lösung von alizarinsulfonsaurem Natrium und dann so viel Ammoniak, daß die Mischung dunkelrot wird. Säuert man jetzt mit verdünnter Essigsäure an (Prüfung mit Lackmus-Papier!), so scheidet sich der rote Farblack flockig aus. Säuren- und basenbildende Oxyde Löst man das Oxyd eines M e t a l l e s in Wasser, so erhält man eine Base, z. B.: ^ ^ + ^ = 2 N a 0 H = 2 N a + + 2OH- . Löst man das Oxyd eines N i c h t m e t a l l e s in Wasser, so erhält man eine S ä u r e , z. B..gQj + ^ = = 2 H + +

Diese eben genannten Sätze geben aber nur die groben Unterschiede wieder. Um die feineren Abstufungen zwischen jenen Extremen genauer zu betrachten, wollen wir an Hand des Perioden-Systems vorgehen. I. Die Horizontalreihen. Wir behandeln die Elemente Natrium bis Chlor. Die Verbindungen, die man durch Wasseranlagerung an die Oxyde dieser Elemente in ihrer höchsten positiven Wertigkeitsstufe erhält, sind: NaOH, Mg(OH)a, A1(0H)3, Si(OH)4, OP(OH) 3 , O a S(OH) a , 03C1(0H). In dieser Formelreihe haben wir die letzten drei Verbindungen nicht durch die üblichen Formeln H a S0 4 usw. gekennzeichnet; denn diese geben nur die Bruttozusammensetzung der Verbindung an. Durch die oben gewählte Schreibweise soll aber außerdem die räumliche Lagerung der Atome in der Molekel ausgedrückt werden. Wir wissen nämlich, daß z. B. in der Schwefelsäuremolekel die 4 Sauerstoffteilchen tetraedrisch dicht um das Schwefelteilchen gepackt sind, während die 2 Wasserstoffteilchen außen an je ein Sauerstoffteilchen gebunden sind, also das Schwefelteilchen n i c h t berühren. In der obigen Reihe steht nun l i n k s die s t ä r k s t e Base, Natriumhydroxyd, r e c h t s die s t ä r k s t e S ä u r e , Überchlorsäure. Der Basencharakter nimmt nach rechts ab (Mg(OH)a ist eine schwächere Base als NaOH), der Säurecharakter nach links (H 2 S0 1 ist schwächer als HC104, H S P0 4 schwächer als H 2 S0 4 USW.). So nimmt es nicht wunder, daß wir in der Mitte auf Glieder stoßen, die zugleich Basen- und Säurenatur besitzen, „ a m p h o t e r " sind, wie wir es beim Aluminiumhydroxyd soeben kennengelernt haben. Das Verhalten der obigen Verbindungsreihe von NaOH bis OaCl(OH) ist leicht zu verstehen auf Grund der S. 30 geschilderten Vorstellungen von Kossei. Danach darf man sich einen großen Teil der anorganischen Verbindungen aus kugelförmigen, elektrisch geladenen Atomen aufgebaut denken. Die „Bindung" wird durch die anziehenden Kräfte zwischen den verschieden geladenen Atomen bewirkt. Augenscheinlich wird dabei nach den aus der Physik bekannten Gesetzen der Elektrostatik die Anziehung zwischen zwei Teilchen um so größer sein, je größer ihre Ladung und je kleiner ihre Entfernung voneinander, d. h. bei Berührung der Teilchen: je kleiner ihr Radius

Säuren- und basenbildende Oxyde

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ist. Nun steigt in unserer Reihe die Ladung vom Na zum Cl, während gleichzeitig die Radien dieser Teilchen in derselben Richtung abnehmen. Beides bewirkt eine Festigung der Bindung zwischen der negativ geladenen Hydroxylgruppe und dem positiv geladenen Metall- bzw. Nichtmetallteilchen. Die Trennung von NaOH in Na + und O H - erfolgt beim Auflösen in Wasser verhältnismäßig leicht; die Abspaltung der OH~-Ionen wird aber von Glied zu Glied der Reihe schwieriger. Die letzten Glieder können in wäßriger Lösung praktisch keine OH - -Ionen mehr abspalten. — Damit ist erklärt, daß der Basencharakter vom Natriumhydroxyd zur Überchlorsäure hin abnimmt. Wollen wir auf der anderen Seite die Zunahme des Säurecharakters zur Überchlorsäure hin verstehen, so müssen wir in ähnlicher Weise, wie es soeben für die OH--Gruppe geschehen ist, die Festigkeit der Bindung zwischen Sauerstoff und Wasserstoff erörtern; je lockerer diese ist, desto stärker wird der Säurecharakter sein. Nun ist der Wasserstoff in allen Fällen direkt an Sauerstoff gebunden; der Einfluß des Sauerstoffteilchens wird in erster Näherung immer der gleiche sein. Um also die Unterschiede in der Festigkeit der O-H-Bindung zu verstehen, müssen wir auch noch den Einfluß der Teilchen untersuchen, an die +

5+

7+

der Sauerstoff gebunden ist. Diese Teilchen (z. B. Na, P, Cl) sind alle positiv +

geladen; sie Btoßen daher das H-Teilchen ab und erleichtern seine Abspaltung. Bei den Endgliedern mit sehr hoher Ladung und sehr geringer Größe des Zentral7+

teilchens, z. B. 0 3 C10H, wird daher das Wasserstoffteilchen nur locker gebunden sein; hier erfolgt die Abspaltung eines H+-Ions sehr viel leichter als die eines OH~-Ions. Auf der anderen Seite wird beim NaOH die Bindung + des H-Teilchens an den Sauerstoff durch das nur einfach geladene und wesentlich größere Na-Teilchen so wenig gestört, daß eine Abspaltung von H + -Ionen eine sehr große Arbeit erfordern würde. Da auf der anderen Seite nach dem oben Dargelegten die Abspaltung der OH - -Gruppe verhältnismäßig leicht erfolgt, so dissoziiert NaOH in Na+- und OH - -Ionen. Beim Aluminiumhydroxyd schließlich ist die Hydroxyl-Gruppe bereits recht fest gebunden, andererseits das Wasserstoffteilchen noch nicht genügend gelockert; hier besteht überhaupt wenig Neigung, irgendwelche Ionen abzuspalten. Erst wenn. das Bestreben in großer Konzentration vorhandener H + -Ionen, mit OH - -Ionen undissoziiertes Wasser zu bilden, dies erzwingt, gibt Aluminiumhydroxyd OH - -Ionen ab. In gleicher Weise können aber auch in hoher Konzentration vorhandene OH - -Ionen die Abspaltung von H+-Ionen erzwingen. Damit haben wir ein Verständnis für das Auftreten a m p h o t e r e r Hydro x y d e , wie Al(OH)3, gewonnen. Das soeben Dargelegte ist noch nach zwei Richtungen zu ergänzen. Einmal erkennt man sofort den Grund, warum amphotere Hydroxyde, wie Al(OH)3 und Si(OH)4 und auch das Nachbarglied Mg(OH)2 in Wasser schwer löslich sind. Es liegen eben Stoffe vor, die keinerlei Neigung besitzen, irgendwelche Ionen abzuspalten. Femer haben wir S. 30 gesehen, daß sich die Ionen im Wasser mit einer Hülle festgebundener Wassermoleküle umgeben. Betrachten wir nun die Reihe der Anionen [A10 3 ] 3- , [ S i 0 4 ] 4 - , [ P 0 4 ] 3 - , [ S 0 4 ] 2 - , [C10 4 ] 1 - , so fällt zunächst auf, daß beim Aluminium nur drei Sauerstoffionen angegeben sind, bei allen anderen dagegen vier. Berücksichtigen wir weiterhin, daß die Größe der Teilchen 7+

3+

7+

vom Cl zum AI stark ansteigt, so ergibt sich, daß der Raum um das Cl- und e+ 2— das S-Teilchen durch die O-Teilchen vollständig ausgefüllt sein wird, beim 3 [A10 3 ] ~ jedoch nicht. Das [A10 3 ] 3- -Ion wird deshalb noch Wasser-Molekeln anlagern können. Nimmt man an, daß es noch 3 Wassermolekeln aufnimmt, so erhielte man das Anion [(H a 0) 3 A10 a ] 3 _ . Dieses geht aber durch

Säuren- und basenbildende Oxyde

91

Wanderung der Wasserstoffteilchen in [(HO)3A1(OH)3]3- bzw. [A1(0H)J 3 über 1 ). Ähnliches findet man auch bei anderen Anionen amphoterer Hydroxyde wie [Cr0 3 ] 3 - bzw. [ZnOJ 2 -, die richtiger als [Cr(OH)e]3- bzw. [Zn(OH)J 2 aufzufassen sind. Man kann daher die Auflösung von Aluminiumhydroxyd in Natronlauge auch als Komplexbildung (vgl. dazu S. 97) gemäß 3NaOH + A1(0H)3 = Na3[Al(OH)6] auffassen und Salze wie Na3[Al(OH)J als „Hydroxo"-Verbindungen von den „Oxo"-Salzen wie Jia2[S04] unterscheiden. Jedoch werden dadurch die obigen Überlegungen in keiner Weise beeinträchtigt. II. Die Vertikalreihen. Wir betrachten die Hydroxyde der zweiten Hauptgruppe: Be(OH)2, Mg(OH)2, Ca(OH)2, Sr(OH)2, Ba(OH)a. Bei diesen nimmt der basische Charakter vom Barium- bis zum Magnesiumhydroxyd ab. Dieser Reihenfolge schließt sich das Berylliumhydroxyd an; denn es ist noch schwächer basisch als Mg(OH)2 und zeigt sogar schon sehr schwach saure Eigenschaften, ist also amphoter. Ganz ähnlich ist in der dritten Gruppe die Reihe B(OH)3, Al(OH)?, Sc(OH)3, Y(OH)3, La(OH)3 abgestuft. Von diesen Verbindungen haben wir in diesem Buch allerdings erst das amphotere Aluminiumhydroxyd kennengelernt. Analog dem Verhalten der zweiten Gruppe nimmt der basische Charakter allmählich über Sc(OH)3, Y(OH)3 zum La(OH)3 zu; Lanthanhydroxyd ist bereits eine ziemlich starke Base. Andererseits ist die Borsäure B(OH)3 wesentlich stärker sauer als die Aluminiumsäure. Auch das Verhalten dieser Reihen verstehen wir mittels der Kossei schen Vorstellungen. Die Ladungen der Partner sind in jeder Vertikalreihe 2+ 2+ 3+ sogleich, aber der Radius nimmt vom Be zum Ba und vom B zum La zu. Daher nimmt in dieser Richtung auch die Festigkeit, mit der die Hydroxylgruppen gebunden werden, ab und damit der basische Charakter zu. Andererseits wächst der saure Charakter mit abnehmendem Atomgewicht, weil natürlich die abstoßende Wirkung der positiv geladenen Metallatome auf die H-Teilchen 2+ + beim Berylliumhydroxyd infolge des kurzen Abstandes Be - - - H wesentlich 1+ + stärker ist als beim Bariumhydroxyd, bei dem die Entfernung B a - - H bedeutend größer ist. I I I . Wechsel des basischen bzw. sauren Charakters bei ein und demselben Element. Tritt ein Element in verschiedenen Wertigk e i t s s t u f e n auf, so gilt die Regel, daß mit dem Steigen der positiven W e r t i g k e i t die Basenstärke ab- und die S ä u r e n a t u r zunimmt. So ist z. B. das Cr(OH)2 eine Base; Cr(OH)3 ist amphoter, während das Oxyd des «+ 6 wertigen Chroms saure Eigenschaften besitzt und Salze wie z. B. Na2[Cr04] bildet. Ahnlich liegen die Verhältnisse beim Mangan und anderen Metallen. Auch hier ergibt sich die Erklärung zwangsläufig aus den Kosselschen Anschauungen. Vergleichen wir z. B. die Hydroxyde Fe(OH)2 und Fe(OH)3, die sich vom 2- bzw. 3 wertigen Eisen ableiten. Wir erwarten, daß das höher 3+ geladene und außerdem kleinere Fe-Teilchen die Hydroxylgruppen fester 2+

binden wird als das Fe-Teilchen. Beide Verbindungen erweisen sich als basisch, Ferrihydroxyd aber in der Tat in schwächerem Maße; denn die Salze des x ) Die Elemente AI, Cr, Zn usw. bilden außer den oben alB Beispielen genannten auch noch anders zusammengesetzte Hydroxo-Komplexe; vor allem im kristallisierten Zustand kennen wir viele verschiedenartig aufgebaute, zum Teil komplizierte Verbindungen.

Säuren und basenbildende Oxyde

92

3 wertigen Eisens neigen wesentlich stärker zur Hydrolyse als die des 2 wertigen. Außerdem ist Ferrihydroxyd schwerer löslich als Ferrohydroxyd. Auch bei den S a u e r s t o f f s ä u r e n der H a l o g e n e , z. B. des Chlors, nimmt entsprechend der obigen Regel die Stärke der Säuren von der Über7+

1+

chlorsäure 0 3 C10H bis zur unterchlorigen Säure C10H ab. Aber die sauerstofffreie Chlorwasserstoffsäure ist wieder eine sehr starke Säure, deren Stärke an die der Überchlorsäure heranreicht. Das widerspricht unserer Anschauung nicht; denn die obigen Überlegungen gelten ja nur, wenn der Wasserstoff an Sauerstoff und nicht, wie im Chlorwasserstoff, an das säurebildende Element selbst gebunden ist. Vergleicht man v e r s c h i e d e n e E l e m e n t e miteinander, BO erweist sich — sofern sich nur ihre Atomgewichte nicht zu stark unterscheiden — ganz allgemein die Elektrovalenzsahl als die Eigenschaft, die am stärksten den basischen bzw. sauren Charakter bestimmt. So ist der basische Charakter der 2wertigen Hydroxyde von Magnesium, Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel und Kupfer nicht stark voneinander verschieden, während die 3 wertigen Hydroxyde von Aluminium, Chrom und Eisen deutlich schwächer basisch und außerdem schwerer löslich sind als jene. 1V. Basische und saure Oxyde, Doppeloxyde. Die Salze von Sauerstoffsäuren (Oxosäuren, vgl. S. 91) kann man meist außer aus Säure und Base, z. B. Ca(OH)2 + H 2 S0 4 = CaS0 4 + 2H 2 0, nach S. 16 auch aus den entsprechenden A n h y d r i d e n darstellen: CaO + S0 3 = CaS0 4 . In diesem Zusammenhang spricht man auch von b a s i s c h e n u n d s a u r e n O x y d e n , obwohl man, wenn man sich streng an die Definition hält, von sauren und basischen Eigenschaften nur bei wäßrigen Lösungen sprechen darf, wenn H+- oder OH _ -Ionen vorhanden sind. In diesem übertragenen Sinne unterscheidet man auch in manchen Verbindungen, die man z. T. nur in Abwesenheit von Wasser, etwa durch gemeinsames Erhitzen zweier Oxyde darstellen kann, wie z. B.: MgO + A1203 = Mg[Al204] den basischeren (MgO) von dem saureren Partner (A1203) und gibt der entstandenen Verbindung einen Namen, als sei sie ein Salz. So spricht man in unserem Beispiel von „Magnesium-Aluminat" und deutet diese Auffassung durch die Formel: Mg[Al204] oder Mg[A102]2 an. Da die Unterschiede im sauren bzw. basischen Charakter zwischen den beiden Partnern derartiger Verbindungen oft s e h r g e r i n g f ü g i g sind, bezeichnet man sie aber auch ebenso gut als D o p p e l o x y d e und schreibt die Formel etwa: Mg0-Al 2 0 3 . Dieser — als Mineral auch S p i n e l l genannten — Verbindung ist eine Reihe von Verbindungen analog, in denen daB Magnesium durch andere 2 wertige, das Aluminium durch andero 3wertige Metalle ersetzt ist; dazu gehört z. B. das S. 88 besprochene T h e n a r d s B l a u . Es können auch, wie z. B. in dem Mineral M a g n e t i t Fe 3 0 4 , der 2- und der 3wertige Partner das gleiche Element sein. In ähnlicher Weise kann die M e n n i g e Pb 3 0 4 als das Bleill-Salz der Bleisäure mit 4wertigem Blei aufgefaßt werden. Spinell M g O • A1J03 =

Mg[A102]2

Magnesiumaluminat

Chromeisenstein

Kobalto-kobalti-Oxyd

FeO • Cr 2 0 3 = Fe[Cr0 2 ] a Ferrochromit

CoO • Co 2 0 3 = Co[Co02]2 Kobalto-Kobaltit

Elemente der Gruppe I b — Silber

93

Magnetit

Mennige

FeO • Fe 2 0 3 = Fe[Fe0 2 ]. Ferro-Ferrit

2 P b 0 P b 0 2 = Pb 2 [Pb0 4 ] Bleill-Plumbat oder Plumboplumbat

Zu dieser Gruppe von Verbindungen gehören unter anderem auch die Silikate. Die eben genannten Verbindungen (Spinelle, Silikate usw.) sind dadurch ausgezeichnet, daß man sie nur in f e s t e m (und z. T. in geschmolzenem) Zustande kennt und daß sie in Wasser praktisch unlöslich sind. Die obigen Formeln sind nur als schematische Bilder ihres Aufbaues aufzufassen. Ein volles Verständnis für ihren Bau gewinnt man erst bei der Betrachtung ihrer Kristallgitter.

Elemente der Gruppe Ib Silber Während bisher nur solche Metalle besprochen wurden, die den kleinen Perioden bzw. den a-Gruppen der großen Perioden angehören, lernen wir im Silber den ersten Vertreter der b-Gruppen kennen. Auf den ersten Blick erkennt man wesentliche Unterschiede. Während die Alkalimetalle ebenso wie die Erdalkali- und Erdmetalle sehr unedle Leichtmetalle sind, ist Silber ein Schwermetall von ausgesprochen edlem Charakter. Es setzt sich nicht mit Wasser um und löst sich auch nicht in Salz- oder verdünnter Schwefelsäure. Erst durch die Oxydationswirkung von Salpetersäure bzw. von heißer konzentrierter Schwefelsäure kann man das Metall in Silberionen überführen. Den niedrigen Schmelz- und Siedepunkten der Alkalimetalle (Natrium schmilzt z. B. bei 98° und siedet bei Atmosphärendruck bei 883° C) stehen hohe Werte beim Silber (Schmelzpunkt 960°, Siedepunkt ~2000°) gegenüber. In Verbindungen kommt Silber fast nur e i n w e r t i g vor. Obwohl demnach die Verbindungen in ihrer formelmäßigen Zusammensetzung denen der Alkalimetalle weitgehend entsprechen, sind ihre Eigenschaften ganz andere: Von den Halogeniden ist nur das Fluorid leicht in Wasser löslich; Silberchlorid, -bromid und -jodid sind schwer löslich. Im Gegensatz zu den farblosen und leicht löslichen Sulfiden des Natriums und Kaliums ist das Silbersulfid Ag2S schwarz und äußerst schwer in Wasser löslich. Silberhydroxyd ist überhaupt noch nicht dargestellt; statt seiner bildet sich aus Ag+- und OH _ -Ionen unter Wasserabspaltung Silberoxyd Ag 2 0. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß das Silber eine sehr große Neigung hat, sogenannte Jcomplexe Verbindungen zu bilden, mit deren Wesen wir uns im nächsten Kapitel beschäftigen werden. Da der P r e i s des Silbers ziemlich hoch i s t , gieße m a n silberh a l t i g e L ö s u n g e n n i c h t g e d a n k e n l o s weg. Sie sind v i e l m e h r in einem im L a b o r a t o r i u m a u s s t e h e n d e n G e f ä ß e zu s a m m e l n ! 1 . Ein Weg zur Darstellung von reinem Silber beruht auf der Schwerlöslichkeit seines Chlorids. Man löse etwas silberhaltige Legierung (ein kleines Stück einer Silbermünze) in wenig halbkonzentrierter Salpetersäure auf, verdünne die Lösung mit Wasser und füge unter Umrühren so viel Salzsäure hinzu, bis eine neu hinzugesetzte Probe Salzsäure keinen weiteren Niederschlag erzeugt. Der dichte käsigflockige Niederschlag werde auf einem glatten Filter

94

Silber

gesammelt und das Filtrat mit einem Tropfen Salzsäure auf Vollständigkeit der Fällung geprüft. Dann wasche man den Niederschlag auf dem Filter g r ü n d l i c h mit destilliertem Wasser aus; das durchfließende Waschwasser darf schließlich nicht mehr sauer reagieren. Dabei vergesse man nicht, auch das Filter sorgfältig a u s z u w a s c h e n : man spritze mit der Spritzflasche einige Male auf dem oberen Rande des Filters rund herum; das von dort herabfließende Waschwasser durchzieht dann die gesamte Papiermasse des Filters und entfernt die fremden Stoffe — in unserem Falle Kupfersalze und überschüssige Säure •— auch aus seinem oberen Rande, in dem sie sich gerne festsetzen. 2 . Einen Teil des Silberchlorids bringe man in eine Abdampfschale, übergieße es mit etwas verdünnter Salzsäure und lege ein Stengelchen reines Zink in den Brei. Sofort beginnt das Silberchlorid sich in der Nähe des Zinks zu bräunen und geht in 5—10 Minuten in eine graubraune schwammige Masse von reinem Silber über. 2AgCl + Zn = 2Ag + ZnCl 2 . Man entferne nun das Zinkstückchen und wasche das entstandene Zinkchlorid und die Salzsäure sorgfältig mit heißem, destilliertem Wasser fort. Am besten kocht man das Silber in der Abdampfschale mehrfach mit destilliertem Wasser auf und gießt jedesmal vorsichtig ab, ehe man die Masse aufs Filter bringt. Gibt man schließlich den so erhaltenen Silberschwamm in eine kleine Vertiefung eines Stückes Lötrohrkohle und erhitzt mit dem Lötrohr oder der Gebläseflamme, so schmilzt er zu einer Kugel von Silbermetall zusammen. 3 . Man kann die Reduktion des Silberchlorids statt mit Zink auf nassem Wege auch auf trockenem Wege durchführen. Man mischt dazu etwas im Trockenschrank getrocknetes Silberchlorid mit der doppelten Gewichtsmenge Soda und erhitzt das Gemisch auf Kohle mit der Lötrohr- oder Gebläseflamme. Es bildet sich Silbercarbonat, das in Metall, Kohlendioxyd und Sauerstoff zerfällt: 2AgCl + Na 2 C0 3 = Ag 2 C0 3 + 2NaCl Ag 2 C0 3 = Ag 2 0 + C0 2 2Ag 2 0 = 4Ag + 0 2 . Den erhaltenen Regulus koche man mit verdünnter Salzsäure, um so die anhaftenden Salzreste aufzulösen. 4 . Die so erhaltenen Silberkugeln werden mit m ö g l i c h s t w e n i g Salpetersäure gelöst. Die Lösung benutze man zu den folgenden Umsetzungen der Silbersalze. 5 . Natriumhydroxyd fällt braunes S i l b e r o x y d (Silberhydroxyd ist nicht bekannt!) 2AgN0 3 + 2NaOH = Ag 2 0 + H 2 0 + 2 N a N 0 s .

Silber

95

6. Natriumcarbonat fällt hellgelbes S i l b e r c a r b o n a t , das beim Erhitzen der Mischung Kohlendioxyd abspaltet und in Silberoxyd übergeht. 2AgN0 3 + Na 2 C0 3 = Ag 2 C0 3 + 2 N a N 0 3 . 7. Ammoniak fällt, wenn es in sehr kleiner Menge zugesetzt wird, aus neutraler Lösung ebenfalls S i l b e r o x y d ; der geringste Überschuß löst das ausgefällte Silberoxyd wieder auf. Aus salpetersaurer Lösung bildet sich überhaupt kein Niederschlag. Man benutze daher zu diesem Versuche nicht die selbst hergestellte Silbernitratlösung, die überschüssige Salpetersäure enthält, sondern eine Lösung von festem Silbernitrat in Wasser. 8. Schwefelwasserstoffwasser o d e r Ammoniumsulfid schwarzes S i l b e r s u l f i d . 2 A g N 0 3 + H 2 S = Ag 2 S + 2 H N 0 3 .

fällen

9. Salzsäure u n d Chloride fällen, wie S. 19 bereits gezeigt wurde, S i l b e r c h l o r i d , das sich in Ammoniaklösung leicht und vollständig löst. Die Erklärung wird S.98 gegeben. 10. Während sich Silberchlorid in schwach salzsäurehaltigem Wasser weniger löst als in reinem Wasser (Wirkung eines gleiehionigen Zusatzes), löst es sich, wie man sich durch den Versuch leicht überzeugt, in starker Salzsäure merklich, wenn auch nicht reichlich. Wahrscheinlich bildet sich dabei Silberchlorwasserstoffsäure HAgCl 2 . 11. Kaliumbromidfällt hellgelbes S i l b e r b r o m i d , das in Ammomafc-Lösung w e n i g e r l e i c h t löslich ist als das Chlorid. 12. Kaliumjodid fällt gelbes S i l b e r j o d i d , das sich in Ammoniak-~Lösung überhaupt n i c h t löst. 13. Natriumcyanid : Wird eine frisch bereitete NatriumcyanidLösung ( V o r s i c h t , n a c h d e m V e r s u c h s o f o r t d i e H ä n d e w a s c h e n ! ) in geringer Menge zugesetzt, so fällt weißes S i l b e r cyanid. AgN0 3 + NaCN = AgCN + N a N 0 3 . 14. In überschüssiger Natriumcyanid-Lösung löst sich Silbercyanid leicht z u m N a t r i u m s a l z e d e r S i l b e r c y a n w a s s e r s t o f f s ä u r e : AgCN + NaCN = Na[Ag(CN) 2 ]. 15. Natriumthiosulfat1) - Lösung fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißes S i l b e r t h i o s u l f a t . 2 A g N 0 3 + Na 2 S 2 0 3 = Ag 2 S 2 0 3 + 2 N a N 0 3 . Im Natriumthiosulfat Na2S203 (vgl. auch S. 164/165) ist an Stelle eines Sauerstoffatoms des Natriumsulfats Na2S04 ein Schwefelatom getreten. Die Vorsilbe „Thio" wird allgemein benutzt, um den Ersatz von Sauerstoff durch Schwefel zum Ausdruck zu bringen: KOCN = Kaliumcyanat; KSCN = Kalium thiocyanat (Kaliumrhodanid; vgl. S. 117 und S. 157). Na3As04 = Natriumarsenat; Na3AsS4 = Natriumthioarsenat (vgl. S. 135).

96

Komplexverbindungen und Doppelsalze

Der weiße Niederschlag wird beim Stehenlassen erst gelb, dann braun und schließlich schwarz, weil er sich unter Bildung v o n S i l b e r s u l f i d zersetzt: A g 2 S 2 0 3 + H 2 0 = Ag 2 S + H 2 S 0 4 . 16. Ein Überschuß von Natriumthiosulfat-Lösung löst das Silberthiosulfat zu Natriumsalzen von S i l b e r t h i o s c h w e f e l s ä u r e n , deren einfachstes nach der Formel Na[Ag(S 2 0 3 )] zusammengesetzt ist. Auch Silberchlorid und -bromid lösen sich in Thiosulfat-Lösung; davon macht man in der Photographie Gebrauch („Fixieren"). AgBr + N a 2 S 2 0 3 = Na[AgS 2 0 3 ] + NaBr .

Komplexverbindungen und Doppelsalze Bei der Besprechung der Silberverbindungen haben wir eine Reihe eigenartiger Umsetzungen kennengelernt: Das schwer lösliche Silberchlorid ging bei der Zugabe von Ammoniak-Lösung wieder in Lösung; Silbercyanid, das aus Silbernitrat-Lösungen bei Zugabe von wenig Natriumcyanid-Lösung ausfiel, löste sich beim Zusatz von mehr Cyanid-Lösung wieder auf. Diese Versuche zeigen, daß tiefgreifende Veränderungen erfolgt sein müssen. I. Komplexbildung durch Anlagerung von Ionen an eine neutrale Molekel. Schon S. 15 haben wir besprochen, daß sich aus S c h w e f e l t r i o x y d und W a s s e r Schwefelsäure bildet. Berücksichtigen wir die Dissoziation der Schwefelsäure, so ergibt sich folgende Gleichung: H 2 0 + S0 3 = 2H+ + [S0 4 ] 2 - . 2Dieses [S0 4 ] -Ion tritt in wäßriger Lösung stets als Einheit auf; es bildet weder freie S 9 + - noch 0 2_ -Ionen. Solche z u s a m m e n g e s e t z t e Ionen, die n i c h t in die E i n z e l b e s t a n d t e i l e dissoziieren, b e z e i c h n e t man als k o m p l e x e I o n e n (vgl. auch S. 30/31). Komplexbildung liegt auch bei der soeben besprochenen Umsetzung von S i l b e r c y a n i d mit N a t r i u m e y a n i d vor. Diese ist durch die Gleichung Na+ + CN" + AgCN = Na+ + [Ag(CN) 2 r zu beschreiben. Die eckige Klammer (die nicht mit dem S. 75 angeführten Zeichen für „Konzentration" zu verwechseln ist!) soll andeuten, daß sich ein komplexes Ion gebildet hat, das aus einem Silberteilchen und zwei Cyangruppen besteht. Daß f r e i e Silberionen tatsächlich nicht vorhanden sind, erkennt man durch folgende Versuche: 1. Zu einer nach S. 95, Nr. 14 hergestellten NatriumsilbercyanidLösung gebe man a) Natriumchlorid-Lösung, b) Natronlauge. E s fällt weder Silberchlorid noch -Oxyd aus. 2. Ganz ähnlich verhält sich das entsprechend aufgebaute Kaliumferrocyanid K 4 [Fe(CN) 6 ], das wir S. 118 f. noch näher besprechen werden. I n einer wäßrigen Lösung dieses Salzes sind nur K+- und [Fe(CN) 6 ] 4 ~-Ionen vorhanden. Dementsprechend gibt sie mit Über-

Komplexverbindungen und Doppelsalze

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Chlorsäure einen Niederschlag von Kaliumperchlorat; mit Natronlauge fällt jedoch kein Ferrohydroxyd Fe(OH) 2 — wie z. B. aus einer Ferrosulfat-Lösung — aus, weil die Fe 2 + -Ionen komplex gebunden sind. Man führe die beiden Versuche aus. Bei den Komplexen von der Art des [SO«] 2- -, des [Ag(CN) 2 ] l_ - und des [Fe(CN)a] 4- -Ions ist die G e s a m t l a d u n g von der des Z e n t r a l t e i l c h e n s s t e t s v e r s c h i e d e n . So beträgt z. B. im [S0 4 ] 2 "-Komplex die Ladung des Schwefelteilchens + 6 ; die vier Sauerstoffteilchen tragen jedoch insgesamt 4 - 2 = 8 negative Ladungen. Die Gesamtladung des Komplexes ist also + 6 — 8 = — 2. Es bereitet dem Anfänger in der Regel Schwierigkeiten, zu verstehen, wieso z. B. eine neutrale AgCN-Molekel noch ein weiteres CN~-Ion binden kann. Betrachtet man jedoch die Gruppierung

in der die links

stehende CN-Gruppe die zuletzt angelagerte sei, so erkennt man, daß diese Gruppe von dem Ag-Teilchen viel stärker angezogen wird, als sie von der weiter entfernten zweiten CN-Gruppe abgestoßen wird; insgesamt resultiert also tatsächlich eine Anziehungskraft. Freilich können nun nicht beliebig viel CN-Gruppen angelagert werden; denn mit steigender Zahl der CN-Gruppen nimmt die Abstoßung zu, die die negativen Ladungen aufeinander ausüben. Zu diesem Einfluß der Ladung kann nun noch ein r ä u m l i c h e r kommen. Um das Zentralteilchen herum kann ja nur eine bestimmte Anzahl von Ionen oder Molekeln untergebracht werden. Die Zahl der im Einzelfalle vorhandenen „Liganden" bezeichnet man als die „ K o o r d i n a t i o n s z a h l S i e beträgt in sehr vielen Fällen 6, oft auch 4; andere Zahlen kommen seltener vor. Die eben geschilderte Art von Komplexen wird besonders leicht von Cyangruppen gebildet, jedoch kommt sie auch bei anderen Anionen vor. So gehören hierher das [PtCl6]2""-Ion (vgl. auch S. 57/58) und die Hydroxoverbindungen, wie Na2[Zn(OH)4] (vgl. S. 90/91 u. 107). I I . Komplexbildung durch Anlagerung von Dipolmolekeln an ein Ion. S. 30 haben wir besprochen, daß die Ionen in wäßriger Lösung „ h y d r a t i s i e r t " sind, d. h. daß sie die Wassermolekeln in ihrer nächsten Umgebung besonders fest binden. Diese Bindung der Wassermolekeln ist dadurch bewirkt, daß die Wassermolekeln nicht linear gebaut sind (entsprechend HÖH), sondern gewinkelt (entsprechend H®H). Dies bedingt eine elektrische Unsymmetrie, ein sogenanntes „Dipolmoment". Kommt nun eine solche Dipolmolekel sehr nahe an ein positives Ion, so wird dieses die Dipolmolekel so zu drehen versuchen, daß seine negative Seite, d. h. das Sauerstoffteilchen, sich zu ihm hin, die positive Seite, d. h. die Wasserstoffteilchen, sich von 2+ 2 -

+

ihm weg richten: H 2 0 • Ag. Bei negativen Ionen erfolgt das entsprechende. Bei dieser gegenseitigen Stellung der beiden Partner zueinander tritt natürlich eine elektrostatische Anziehung auf, obwohl die Wassermolekel als Ganzes keine überschüssige freie Ladung besitzt. Ein solches hydratisiertes Ion stellt demnach ebenfalls einen K o m p l e x dar, der durch Anlagerung von Wassermolekeln an das Ion entstanden ist. Die L a d u n g eines derartigen Komplexes ist gleich der des Z e n t r a l t e i l c h e n s . Der Einfachheit halber pflegt man in den Reaktionsgleichungen, die sich auf Vorgänge in wäßriger Lösung beziehen, diese Wasserhülle nicht besonders anzugeben. Alle „Ionenreaktionen", die wir kennengelernt haben bzw. noch kennenlernen werden, beziehen sich aber in Wirklichkeit auf solche hydratisierte Ionen. B i l t z , Einführung. 2 4 . - 2 6 . Aufl.

7

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Komplexverbindungen und Doppelsalze

Dipolmolekeln wie das Wasser gibt es in großer Zahl. Wichtig ist auch die Ammoniakmolekel. Sie stellt eine dreiseitige Pyramide dar, an deren Spitze sich der negativ geladene Stickstoff, an deren Grundfläche sich die drei positiv geladenen Wasserstoffteilchen befinden. Das S i l b e r i o n z. B. bindet Ammoniakmolekeln fester als Wassermolekeln. Gibt man daher zu einer Lösung, die Ag+-Ionen enthält, Ammoniak-Lösung, so verdrängen die NH 3 Molekeln trotz ihrer wesentlich geringeren Konzentration die Wassermolekeln, und es bildet sich der K o m p l e x [Ag(NH3)2]+. Dieser g i b t ganz a n d e r e U m s e t z u n g e n als das g e w ö h n l i c h e h y d r a t i s i e r t e S i l b e r i o n . Während z. B. Chlorionen die Hydrathülle des Ag+-Ions beiseite schieben, so daß sich schwer lösliches Silberchlorid bildet, lassen sich die Ammoniakmolekeln durch Chlorionen nicht verdrängen; Natriumchlorid-Lösung fällt deshalb aus ammoniakalischer Lösung kein Silberchlorid. Umgekehrt wird bei der Umhüllung des Silberteilchens mit Ammoniakmolekeln die Anziehung der Ag+- und Cl_-Teilchen überwunden; das in Wasser nahezu unlösliche Silberchlorid löst sich, wie wir S. 19 u. 95 gesehen haben, in Ammoniak-Lösung glatt auf. Sorgt man dafür, daß der [Ag(NH3)2]+-Komplex z e r s t ö r t wird, so findet man wieder die Umsetzungen der normalen hydratisierten Silberionen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn man ansäuert und so die NH3-Molekeln durch Zugabe von H+-Ionen in NH4+-Ionen überführt. Diese NH4+-Ionen werden natürlich nicht von den Ag+-Ionen gebunden; denn einmal besitzen sie kein Dipolmoment mehr und außerdem werden sie wegen ihrer positiven Ladung von dem Ag+-Teilchen abgestoßen.

3. Man fälle aus Silbernitrat-Lösung mit Natriumchlorid-Lösung Silberchlorid und löse dies durch Zugabe von Ammoniak-Lösung wieder auf. Zu dieser Lösung gebe man eine beliebige starke Säure (z. B. Salpeter- oder Schwefelsäure). Es fällt wieder Silber chlorid aus: , , [Ag(NH 3 ) 2 ] + + 2 H + = Ag + + 2 N H t . K o m p l e x s a l z e kennt man auch im festen Zustande, und zwar sowohl Ionen- als auch Dipolkomplexe. Zu den ersteren gehört z. B. das feste Kaliumferrocyanid, zu den letzteren die H y d r a t e und A m m o n i a k a t e , z. B. C a S O ^ H j O 1 ) Calciumsulfatdihydrat („Gips"), CuS0 4 -5H 2 0 Kupfersulfatpentahydrat („Kupfervitriol"). Die Ammoniakate bezeichnet man auch als A m m i n e : [Cu(NHa)1]S01 Tetrammin-Cuprisulfat, [Co(NH3)6](N03)3 Hexammin-Cobalti-Nitrat usw. I I I . Doppelsalze. Es gibt Stoffe, die im k r i s t a l l i s i e r t e n Zustande, ebenso wie die Ionenkomplexe, aus zwei oder mehreren einfachen Salzen zusammengesetzt sind und sich in ihren kristallographischen usw. Eigenschaften durchaus von einem Gemenge ihrer Bestandteile unterscheiden. Im Gegensatz zu den Komplexverbindungen zeigen sie jedoch in wäßriger L ö s u n g die Reaktionen sämtlicher Einzelionen; sie verhalten sich also wie ein Gemisch der Lösungen der Einzelsalze. Solche „ D o p p e l s a l z e " erhält man in der Regel dadurch, daß man eine Lösung, die die Einzelsalze enthält, zur Kristallisation bringt. So entsteht z . B . aus Kalium- und Aluminiumsulfat der K a l i u m a l a u n KA1(S04)2 • 12HaO. Hierher gehören ferner die anderen Alaune, wie NH 4 Al(S0 4 ) a - 12H 2 0, KCr(S04)2- 12HaO, das Mohrsche Salz (NH 4 ) 2 Fe(S0 4 ) a 6H 2 0 (das übrigens nicht zu den Alaunen gehört!), der Carnallit KMgCl3• 6 H 2 0 u . a . 1 ) In den meisten Fällen weiß man noch nicht, ob die Wassermolekeln nur an das Metallteilchen gebunden sind oder ob ein Teil von ihnen dem Säurerest zuzuordnen ist. Daher gibt man nur die oben angeführten Bruttoformeln, nicht Komplexformeln mit eckigen Klammern an.

Komplexverbindungen und Doppelsalze

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4. Man versetze drei Proben von Kalium aiawra-Lösung gesondert mit verdünnter Überchlor säure, Ammoniak- und BariumchloridLösung. Es treten die normalen Niederschläge von Kaliumperchlorat, Aluminiumhydroxyd und Bariumsulfat auf. IV. Starkeund schwache Komplexe. Doppel- und Komplexsalze sind idealisierte Grenzfälle, zwischen denen es in Wirklichkeit die mannigfachsten Ü b e r g ä n g e gibt. Völlig undissoziierte Komplexe kennt man ebensowenig wie vollkommen unlösliche Stoffe. So ist z. B. der [Fe(CN) 6 ] 4_ -Komplex doch in ganz geringem Umfange in Fe 2 + und CN _ -Ionen dissoziiert. Freilich ist bei diesem „starken" Komplex der Grad dieser Dissoziation so schwach, daß er nur durch physikalische Methoden nachgewiesen werden kann. Dagegen gibt es keine chemische Methode, um die Fe 2+ -Ionen nachzuweisen. Auch die CN - -Ionen lassen sich bei Zimmertemperatur 1 ) nicht chemisch erfassen. Selbst in salzsaurer Lösung genügt das Bestreben der H+-Ionen, undissoziierte Blausäure zu bilden, nicht, um CN~-Ionen aus dem Komplex herauszuziehen. 5. Man versetze Kaliumferrocyanid-Löaung reichlich mit verdünnter Salzsäure. Es tritt kein Geruch nach Blausäure auf, der schon bei der Gegenwart sehr geringer Mengen dieser Säure merklich wäre. Dagegen sind z. B. die Silberionenkomplexe [Ag(CN)2]~ und [Ag(NH3)2]+ nur müßig stark; sie sind doch so weit in Ag+- und CN~-Ionen bzw. Ag+Ionen und NH3-Molekeln dissoziiert, daß man die einzelnen Bestandteile durch genügend empfindliche Reaktionen nachweisen kann. Die Dissoziation der Komplexe wird durch die Gleichgewichtskonstante gemessen, die bei dem zweiten Komplex durch den Ausdruck [Ag+][KH 3 ] 2 /[[Ag(NH 3 ) a ]+] = K [ A g ( N H > ) i ] + gegeben ist. Man nennt sie deshalb auch die Beständigkeitskonstante des Komplexes. Sie ist in diesem Falle zu klein, als daß die Konzentration + an Ag -Ionen ausreichte, um mit der in Lösungen erreichbaren Konzentration an Cl~-Ionen das verhältnismäßig große Löslichkeitsprodukt des Silberchlorides zu erreichen. Die Silberionenkonzentration ist aber groß genug, daß auf Zugabe von Jod- bzw. Sulfidionen die Löslichkeitsprodukte vom Silberjodid bzw. Silbersulfid überschritten werden. 6. Man versetze eine Lösung von Silberchlorid in AmmoniakLösung mit Lösungen von: Natriumchlorid: Es fällt kein Silberchlorid. Kaliumjodid'. Es fällt Silberjodid aus. Ammoniumsulfid: Es fällt Silbersulfid. 7 . Entsprechendes gilt für den Komplex [Ag(CN) a ]~. Man versetze etwas Silbernitrat-Lösung mit so viel Natriumcyanid-Lösung, daß der Niederschlag von Silbercyanid eben wieder in Lösung geht, und prüfe mit folgenden Lösungen: Natriumchlorid: Es fällt kein Silberchlorid. Natronlauge: Es fällt kein Silberoxyd. Ammoniumsulfid: Es fällt Silbersulfid. Verdünnte Salpetersäure: Die Lösung riecht nach Blausäure; außerdem fällt Silbercyanid wieder aus. Wohl aber bei höheren Temperaturen; vgl. S. 119, Nr. 26. 7*

100

Kupfer Durch die H+-Ionen der starken Salpetersäure wird gemäß [H+][CN-]/[HCN] = K h c n

unter Bildung freier Blausäure die CN_-Ionenkonzentration in der LöBung so weit herabgesetzt, daß das Gleichgewicht [Ag+][CN-]V[Ag(CN) 2 ]- = K [ A g ( C N ) i ] gestört wird und der Komplex zerfällt, wobei die gebildeten CN~-Ionen immer wieder von den H+-Ionen abgefangen werden. Andererseits ist die CN_-Ionenkonzentration trotz der Anwesenheit der H+-Ionen der Salpetersäure noch so groß, daß das Löslichkeitsprodukt des Silbercyanids überschritten wird. Als verhältnismäßig schwache Komplexe werden wir S. 108 die Ionen der Zink- und der Cadmium Cyanwasserstoff säure kennenlernen. F. Innere Komplexsalze. Eine Reihe von Metallionen, insbesondere 3wertige, wie Al 3 +, F e 3 + usw., aber auch z. B. Cu 2+ , werden, wie bereits S. 87, Nr. 8 erwähnt wurde, durch organische Stoffe, die gleichzeitig durch Metall ersetzbaren Wasserstoff und Dipolgruppen (z. B. die Hydroxylgruppe — OH) enthalten, wie Weinsäure, Zucker usw., in wäßriger Lösung so fest komplex gebunden, daß sie mit manchen Reagentien, z. B. Alkalihydroxyden, nicht mehr fällbar sind. In solchen Lösungen ist das Metallion in z w e i f a c h e r Weise an den organischen Rest gebunden, einerseits salzartig durch Ersatz des Wasserstoffs, andererseits an die Dipolgruppe des organischen Restes. Derartige Verbindungen nennt man „ i n n e r e " K o m p l e x s a l z e . Die oben genannten Beispiele sind besonders deshalb von Bedeutung, weil man so verhindern kann, daß durch Zugabe von alkalischen Reagentien die Hydroxyde Al(OH) 3 , Cu(OH)2 usw. ausfallen. Andererseits stört dieses Verhalten gelegentlich bei der Analyse von Substanzen, die hydroxylhaltige organische Stoffe enthalten (z. B. beim Nachweis von Metallgiften in Speisen); man muß daher die organischen Bestandteile in diesem Falle vorher zerstören. — Zu der Klasse der inneren Komplexsalze gehört auch das S. 123, Nr. 6 zu besprechende Nickel diacetyldioxim.

Kupfer Kupfer tritt ein- und zweiwertig auf. Die Cupriverbindungen stellen eine der seltenen*) Ausnahmen von der Regel dar, daß die höchste positive Elektrovalenzzahl eines Elementes gleich seiner Gruppennummer im PeriodenSystem ist (vgl. S. 31). Die Verbindungen des einwertigen Kupfers entsprechen in ihren Eigenschaften weitgehend den Silberverbindungen. Sie sind in der Regel wenig beständig und werden leicht zu den Verbindungen der zweiwertigen Stufe oxydiert. Am beständigsten sind unter den Cuproverbindungen das Jodid CuJ (Cuprijodid zerfällt in Cuprojodid und Jod!), das Cyanid CuCN, das Rhodanid CuSCN und das Oxyd Cu20. Die Verbindungen des zweiwertigen Kupfers sind denen des zweiwertigen Nickels und Eisens (vgl. S. 122 u. 115) ähnlich. Sie sind in kristallwasserhaltiger Form blau oder grün gefärbt. Die Neigung zur Komplexbildung ist bei beiden Wertigkeitsstufen ausgeprägt. Das Metall ist in reinem Zustande hellrot; meist ist es durch oberflächliche Oxydation dunkler gefärbt. Es schmilzt bei 1083°; ein nicht zu dicker 1 ) Weitere Ausnahmen kommen nur noch beim Gold (ein- und dreiwertig) und einigen seltenen Erden (vgl.' S. 175) vor.

Kupfer

101

Kupferdraht kann in der Flamme des Bunsenbrenners zum Schmelzen gebracht werden. Kupfer ist wesentlich unedler als Silber; das Oxyd zersetzt sich beim Erhitzen auf Rotglut nicht.

1. Kupferhalogenide färben die Flamme b l a u mit grünem Saum. Das Nitrat und andere Verbindungen färben die Flamme gleichmäßig g r ü n . Man bringe mit dem Platindraht einmal etwas Kupferchlorid, ein anderes Mal etwas Kupfernitrat in die entleuchtete Bunsenflamme. Nach dem Erkalten sieht der Draht schwarz aus, weil sich oberflächlich eine Schicht von Kupferoxyd gebildet hat. Mit verdünnter Salpetersäure läßt sich diese leicht wieder ablösen. 2 . Die Phosphorsalzperle wird durch Kupferverbindungen in der Oxydationsflamme g r ü n gefärbt. Bringt man zu der Perle ein Stückchen Zinn und glüht nochmals, aber jetzt in der Reduktionsflamme, so wird die Perle infolge von Reduktion des zweiwertigen Kupfers undurchsichtig und d u n k e l r o t , etwa von der Farbe des Packsiegellacks. Man führe diesen Versuch an einem Magnesiastäbchen, nicht am Platindraht durch, da sich das Platin mit dem Zinn legieren würde. Beim Auflösen von Kupfermetall in warmer Salpetersäure oder heißer konzentrierter Schwefelsäure entstehen Verbindungen des z w e i w e r t i g e n K u p f e r s (Cuprinitrat bzw. -sulfat). Über die Reaktionen der Cuprisalze unterrichten folgende Versuche: 3 . Natriumhydroxyd:. E s fällt m a t t - grünlichblaues C u p r i h y d r o x y d aus, das beim Aufkochen der Masse zuerst braun und weiterhin schwarz wird, weil es unter Wasserabspaltung über Zwischenstufen in wasserfreies C u p r i o x y d übergeht. CuS0 4 + 2 N a O H = Cu(OH) 2 + N a 2 S 0 4 CU(OH) 2 = H 2 0 + CuO .

4 . Ammoniak fällt, wenn es in geringer Menge zugesetzt wird, ebenfalls Cuprihydroxyd aus. Ein Überschuß von Ammoniak löst die Fällung, wobei sich tiefblau gefärbte T e t r a m m i n k o m p l e x i o n e n bilden:

^ g ^

2 N H ^ + 2 H 2 0 = Cu(OH) 2 + (NH 4 ) 2 S0 4 Cu(OH) 2 + 4 N H 3 = [Cu(NH 3 ) 4 ] 2 + + 2 O H - .

+

5 . Schwefelwasserstoff fällt schwarzbraunes C u p r i s u l f i d . Die Fällung werde heiß und in saurer Lösung durchgeführt, da sich dann der Niederschlag leichter in gut filtrierbarer Form absetzt (vgl. auch S. 139). Feuchtes Kupfersulfid oxydiert sich an der Luft leicht zum Sulfat. L ä ß t man z. B. ein feuchtes Kupfersulfid enthaltendes Filter eine Stunde lang stehen und wäscht dann mit Wasser aus, so geht das gebildete Kupfersulfat in Lösung, und das Filtrat ergibt mit Schwefelwasserstoffwasser eine durch das Ausfallen von etwas Cuprisulfid bewirkte leichte Braunfärbung.

102

Kupfer

6. Schwefelammonium, fällt ebenfalls Cuprisulfid. Mit gelbem Schwefelammonium ist die Fällung nicht ganz vollständig; es bleibt etwas Kupfer gelöst. 7. Natriumcarbonat fällt b a s i s c h e s C u p r i c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung. 8. Kaliumferrocyanid fällt aus neutraler oder schwach saurer Lösung braunes C u p r i f e r r o c y a n i d , in dem meist ein Teil des Kupfers durch Kalium ersetzt ist. 2CuS0 4 + K4[Fe(CN)6] = Cu2[Fe(CN)6] + 2K 2 S0 4 . Zur Herstellung von Verbindungen der einwertigen Stufe geht man in der Regel ebenfalls von Cuprisalz-Lösungen aus. 9. Am leichtesten ist das Cuprojodid herzustellen. Gibt man zu einer Cuprisalz-Lösung Kaliumjodid, so fällt unter Abscheidung von Jod C u p r o j o d i d . 2CUS0 4 + 4 K J = 2 C u J + J 2 + 2 K 2 S 0 4 . Durch Zugabe von Schwefligsäure -Lösung wird das braune Jod zu Jodwasserstoff reduziert, und die weiße Farbe des Cuprojodidniederschlages wird deutlich erkennbar. 10. Cwprichlorid und -bromid zerfallen in Lösung nicht von selbst in die Cuproverbindung und freies Halogen. Hier ist die Anwendung von Reduktionsmitteln erforderlich. Zur Reduktion sind schweflige Säure oder auch Kwpfermetall brauchbar. Man gebe in ein Kölbchen eine stark salzsaure Lösung von Kupferchlorid oder -sulfat, füge einige Kupferspäne zu und stelle das Kölbchen auf das Wasserbad. Das dabei gebildete Cuprochlorid bleibt, ähnlich wie Silberchlorid in konzentrierter Salzsäure, gelöst als C u p r o chlor wasser s t o f f s ä u r e : CuCl2 + Cu = 2CuCl CuCl + HCl = HCuCl 2 . Die zunächst grüne Lösung färbt sich dabei dunkel 1 ). Nach etwa einer Stunde gieße man die klare Lösung in viel Wasser, das mit etwas Schwefligsäure-Lösung versetzt ist; der Komplex zerfällt, und das schwer lösliche farblose C u p r o c h l o r i d fällt aus. Filtriert man den Niederschlag ab, so färbt er sich schon nach kurzer Zeit grün, weil feuchtes Cuprochlorid an der Luft sehr leicht zu basischem Cuprichlorid oxydiert wird. 11. In der Mitte zwischen dem beständigen Cuprojodid und dem leicht oxydablen Cuprochlorid stehen die Rhodan- und die Cyanverbindung. Cuprisulfatlösung gibt auf Zusatz einer Lösung von KaDiese dunkle Farbe rührt wahrscheinlich von Cupro-Cupri-Verbindungen her.

Kupfer

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liumrhodanid einen schwarzen unbeständigen Niederschlag von Cuprirhodanid. CuS0 4 + 2KSCN = Cu(SCN)2 + K 2 S0 4 . Setzt man reichlich Schwefeldioxyd -Lösung hinzu, so wird der schwarze Niederschlag heller und nach einiger Zeit weiß; er wird zu C u p r o r h o d a n i d reduziert. 2Cu(SCN)2 + S0 2 + 2H a O = 2CuSCN + 2HSCN + H 2 S 0 4 . Cuprorhodanid ist in Wasser sehr wenig löslich und kann deshalb zur quantitativen Fällung von Kupfer verwendet werden. 12. Etwas verwickelt ist die Einwirkung von Cyanionen auf Cuprisalzlösungen. Wird frisch bereitete Natriumcyanid - Lösung t r o p f e n w e i s e zu Cuprisulfat-Lösung gesetzt, so fällt unbeständiges hellbraunes C u p r i c y a n i d aus; es wird bald heller und zuletzt — schneller beim Erwärmen — weiß, indem es unter Cyanbildung in C u p r o C y a n i d übergeht. CuS0 4 + 2NaCN = Cu(CN)2 + Na 2 S0 4 2Cu(CN)2 = 2CuCN + (CN) 2 . Der Übergang in Cuprocyanid erfolgt auf Zusatz von Schwefeldioxyd-Lösung rascher. 13. Gibt man viel Gyanid-Lösung zu einer Cuprisalz-Lösung, so löst sich alles zu einer farblosen Lösung, in der das Kupfer in Form eines sehr beständigen K o m p l e x e s [Cu(CN)4]3~ mit e i n w e r t i g e m Kupfer vorhanden ist, der nach der Gleichung Cu(CN) + 3NaCN = Na3[Cu(CN)4] entsteht. In diesem Falle bildet sich kein Cyan 1 ). 14. Das Anion [Cu(CN)4]3~ ist außerordentlich wenig dissoziiert und gibt keine Kupferreaktionen mehr. Man setze zu einer Probe der Lösung etwas Natronlauge: es fällt nichts aus. Dann füge man etwas Ammoniumsulfid - Lösung hinzu: es erfolgt ebenfalls keine Fällung 2 ). Von H+-Ionen wird der Komplex jedoch zerstört. Man gebe zu einer Probe der farblosen Flüssigkeit etwas Salzsäure. Es entsteht B l a u s ä u r e , die am Geruch zu erkennen ist (Vorsicht!), und C u p r o c y a n i d scheidet sich in weißen Flocken aus. Schließlich ist als beständige Verbindung des einwertigen Kupfers noch das Cuprooxyd zu nennen. Um dieses herzustellen, reduziert man am besten 1 ) Die (CN)2-Molekeln setzen sich nämlich mit den durch Hydrolyse in der NaCN-Lösung gebildeten OH~-Ionen nach der Gleichung (CN)2 + 2 0 H = OCN - + CN~ + HaO zu Cyanat- und Cyanidionen um. Dies entspricht völlig der S. 158 f. zu behandelnden Umsetzung der Halogene mit OH~-Ionen. 2 ) Man beachte das abweichende Verhalten des Natriumcadmium cyanides (vgl. S. 108, Nr. 12 u. 5)!

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Elektroaffinität

eine alkalische Lösung eines Cuprisalzes. Um zu verhindern, daß durch den Alkalizusatz Cuprihydroxyd ausfällt, muß man — wie es S. 100 besprochen ist — geeignete hydroxylhaltige organische Stoffe zugeben. Viel verwendet wird zu diesem Zwecke Weinsäure. 15. Man gebe zu einer Probe Cuprisulfat-Lösung etwa den doppelten Raumteil Weinsäure - Lösung und dann Natronlauge. Es entsteht eine tiefblaue Lösung, die das Natriumsalz einer innerkomplexen C u p r i w e i n s ä u r e enthält. Diese Lösung führt den N a m e n „ F e h l i n g s c h e Lösung". Man setze zu einer Probe F e h l i n g s c h e r Lösung als Reduktionsmittel ein wenig Traubenzucker - Lösung und erwärme die Mischung. E s scheidet sich zuerst gelbes, bald dichter und dabei rot werdendes C u p r o o x y d ab. Diese Probe wird in der physiologischen Chemie zum Nachweis von Zucker im Harn usw. benutzt. Elektroaffinität 1. Etwas blankes Eisen, etwa eine saubere Messerklinge, werde in Cuprisulfat-Lösimg gegeben. Die Klinge färbt sich rot, weil sich K u p f e r a b s c h e i d e t , während eine äquivalente Menge E i s e n sich auflöst: ±o , ±o F e + Cu 2 + = Fe 2 + Cu . Dieser Versuch zeigt, daß die beiden Metalle Kupfer und Eisen eine verschieden große Neigung haben, positiv geladene Ionen zu bilden; das Kupferion hält die positive Ladimg nicht sehr fest und wird daher durch das Eisen entladen. Das unedlere Eisen hat eine größere positive „Elektroaffinität" als das edlere Kupfer. Durch ganz entsprechende Versuche kann man eine Reihenfolge für die Elektroaffinitäten aller Metalle festlegen. Die so erhaltene Reihe bezeichnet man auch als „Spannungsreihe", weil man sie, wie im einzelnen in der Vorlesung gezeigt wird, durch die Messung elektrischer Spannungen zahlenmäßig genau festlegen kann. Für einige wichtige Metalle sei diese Reihenfolge angeführt: (Unedel) Na, Mg, Zn, Fe, Ni, Pb, H 2 , Cu, Hg, Ag, Au (Edel). In ihr stehen am Anfange die unedelsten Metalle, am Ende die Edelmetalle. Die Beobachtung, daß Eisenmetall Kupferionen entladen kann, kommt in der Spannungsreihe dadurch zum Ausdruck, daß Eisen vor Kupfer steht. Das gleiche gilt für die S. 94 behandelte Reduktion von Silberchlorid, d. h. also von Silberionen durch Zinkmetall. Man sieht aus der Tabelle, daß man für diese Reduktion ebensogut ein anderes Metall, etwa Magnesium oder Eisen, benutzen könnte. In der Spannungsreihe ist auch der Wasserstoff angeführt, obwohl es sieh gar nicht um ein Metall handelt. Das ist jedoch für die hier vorliegende Fragestellung belanglos; wesentlich ist vielmehr, daß er wie die Metalle positive Ionen zu bilden vermag. So geht z. B. aus der Spannungsreihe hervor, daß alle Metalle, die vor dem Wasserstoff stehen, in der Lage sind, H+-Ionen zu entladen; sie lösen sich also in verdünnten Säuren. Auf der anderen Seite lassen sich Kupfer und Silber mit verdünnten Säuren nicht in Lösung bringen; sie sind edler als Wasserstoff. Um diese edlen Metalle zu lösen, muß man konzentriertere Lösungen von Sauerstoffsäuren wie Salpetersäure verwenden, deren undissoziierte Molekeln stärker oxydierend wirken als die H+-Ionen.

Elemente der Gruppe I I b

105

Ähnlich wie der Übergang Metall -> positives Ion ist auch der Wechsel d e r4+ positiven W e r t i g k e i t , etwa der Übergang Fe2+ ->- Fe+3 bzw. Sn 2+ -»Sn , zu behandeln. So werden z. B. Sn*+-Ionen durch das unedle Zink zu Zinn metall, durch das in der Spannungsreihe hinter dem Zink stehende, also edlere Eisen dagegen nur zu Sn 2 +-Ionen entladen. Es ist also notwendig, die Ladungsstufen, die bei der betreffenden Umsetzung auftreten, genau anzugeben. In ähnlicher Weise gibt es auch eine Spannungsreihe, die die negative Elektroaffinitüt der Nichtmetalle kennzeichnet. In ihr findet sich z. B. folgende Reihenfolge: (Große negat. Elektroaffin.) Cl2, Br2, J 2 , Schwefel (Kleine negat. Elektroaffin.) Versuche, die diese Reihe beweisen, haben wir schon kennengelernt: S. 19 wurde gezeigt, daß Chlorgas Br _ - und J _ -Ionen zu den element a r e n Halogenen entlädt, z. B. ±o ±o Cl2 + 2Br- = Br2 + 201". 10 S. 44 lernten wir die Umsetzung: H 2 S'+ J¡¡ = S + 2 H J bzw. S ! " + J¡ = S -f 2 J - kennen, die die Stellung des J o d s vordem Schwefel beweist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die eben angeführten Spannungsreihen für positive und negative Ionen nur so lange gelten, als die Konzentrationen etwa die gleichen bleiben. Große Konzentrationsunterschiede können zu abweichenden Reaktionen führen. So löst sich z. B. Silbermetall in s t a r k e r J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e unter Wasserstoffentwicklung, obwohl Silber in der Spannungsreihe hinter dem Wasserstoff steht, weil die sich bildende Silberjodwasserstoffsäure HAgJ¡¡ nur äußerst wenig unter Bildung von Ag+-Ionen dissoziiert. Über diese und andere Einflüsse lese man Näheres in den Lehrbüchern nach.

Elemente der Gruppe ü b Während dieVerbindungen des Kupfers und Silbers charakteristische Unterschiede gegenüber denen der Alkalimetalle zeigen, ist die Ähnlichkeit zwischen den Verbindungen des Zinks, Cadmiums und zweiwertigen Quecksilbers mit denen der Erdalkalimetalle und besonders denen des Magnesiums wesentlich größer. Wie das Magnesium bilden sie leicht lösliche Halogenverbindungen (Ausnahme Hg J 2 ), Nitrate und Sulfate, dagegen schwer lösliche Hydroxyde (bzw. beim Quecksilber ein schwerlösliches Oxyd), Carbonate und Phosphate. Charakteristische U n t e r s c h i e d e liegen in Folgendem: Einmal bilden sie, wie alle Metalle der b-Gruppen, schwer lösliche Sulfide; Zinksulfid ist farblos, Cadmiumsulfid gelb, Quecksilbersulfid schwarz bzw. rot (Zinnober). Die Löslichkeit nimmt vom Zink- zum Quecksilbersulfid ab; HgS ist das am schwersten lösliche aller Sulfide. Zweitens ist die Neigung zur Komplex' bildung, die auch für das Verhalten der Elemente der Ib-Gruppe charakteristisch ist, hier ebenfalls groß. Schließlich ist der Basencharakter weniger ausgeprägt als in der Ila-Gruppe. Zinkhydroxyd ist, wie Berylliumhydroxyd, amphoter, löst sich also nicht nur in Säuren, sondern auch in Laugen. Erst Cadmiumhydroxyd entspricht in seiner Basenstärke angenähert dem Magnesiumhydroxyd. Während Zink und Cadmium in Verbindungen nur zweiwertig vorkommen, bildet das Quecksilber auch einige, allerdings nicht sehr beständige Verbindungen der einwertigen Stufe. Die Metalle sind durch niedrige Schmelz- und Siedepunkte ausgezeichnet. Zink schmilzt bei 419° und siedet bei 906°. Die Daten für Cadmium

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Zink

sind 321° und 764°, für Quecksilber — 39° und 357°. Der Unterschied in der Edelkeit gegenüber den Erdalkalimetallen ist nicht so groß wie zwischen den Gruppen Ia und Ib. Wie in der Gruppe Ib nimmt der edle Charakter mit steigendem Atomgewicht zu. Während Quecksilber schon zu den Edelmetallen zu rechnen ist, verdanken Zink und Cadmium ihre Beständigkeit gegenüber Luft gerade der Bildung einer dünnen, festhaftenden Oxydschicht, ähnlich wie es beim Aluminium der Fall ist.

Zink 1. Ein Stückchen Zink werde auf Kohleunterlage mit der oxydierenden Stichflamme des Lötrohres oder der Gebläseflamme stark erhitzt. Es schmilzt und verbrennt mit bläulichweißer fahler Flamme. Dabei steigt ein weißer Rauch auf, der sich zum Teile auf der Kohle in der Nähe des Metalls als weißer „ B e s c h l a g " niedersetzt. Der Beschlag zeigt, solange er heiß ist, eine gelbe Farbe. Die hier beobachtete Erscheinung, daß sich die Farbe eines Stoffes mit steigender Temperatur vertieft, findet sich oft. ü . Man übergieße ein Stückchen reines Stangenzink mit einigen Kubikzentimetern reiner verdünnter Schwefelsäure und setze einige Tropfen reiner konzentrierter Schwefelsäure zu. Es tritt nur eine minimale Wasserstoffentwicklung auf, selbst wenn man die Mischung erwärmt. Die Umsetzung wird aber lebhaft, sobald man das Zinkstück mit einem Platindraht berührt. Man achte darauf, daß die Wasserstoffentwicklung nicht vom Zink, sondern vom Platindraht ausgeht. Sobald sich Zink und Platin nicht mehr berühren, hört die Gasentwicklung auf. Die gleichen Erscheinungen beobachtet man beim Auflösen von r e i n e m Cadmium in r e i n e r , verdünnter Schwefelsäure. Verwendet man u n r e i n e Materialien, so enthält das Metall fremde Metallpartikelchen — oder es schlagen sich aus der unreinen Säure solche auf ihm nieder —, die die Stelle des Platindrahtes ausfüllen. Solche inhomogene Stellen schafft man künstlich durch Zusatz eines Tropfens Kupfersulfat- oder Silbernitrat-Lösung zu dem MetallSäure-Gemische: Kupfer- oder Silberteilchen schlagen sich sofort auf dem Zink nieder und ermöglichen eine lebhafte Auflösung des Zinks. Wegen der Theorie dieser Erscheinungen (Überspannung, Lokalelemente) muß auf Lehrbuch und Vorlesung verwiesen werden. Man führe mit etwas Zinksalz - Lösung die folgenden setzungen der Zinksalze aus:

Um-

3 . Natronlauge: Bei tropfenweisem Zusatz fällt weißes flockiggelatinöses Z i n k h y d r o x y d aus. ZnCl2 + 2 NaOH = Zn(OH) 2 + 2 N a C l . 4 . Ein Überschuß an Natronlauge löst das Zinkhydroxyd zu Natriumzinkat. H 2 Z n 0 2 + NaOH = N a H Z n 0 2 + H 2 0 bzw. Zn(OH) 2 + NaOH = Na[Zn(OH) 3 ].

Zink

107

5. Wird in Natronlauge so viel ZinkhycLroxyd eingetragen, wie sich löst, die Natriumzinkat-Lösung abfiltriert, mit Wasser verdünnt und zum Kochen erhitzt, so fällt Z i n k h y d r o x y d daraus zum Teile wieder aus. Wird Natriumzinkat-Lösung mit Natriumchlorid-Lösung verdünnt, so fällt ZinkhycLroxyd sofort aus; nach einiger Zeit ist die Abscheidung fast quantitativ. Die Erklärung für dieses Verhalten liegt darin, daß Natriumzinkat als Salz der sehr schwachen Zinksäure in wäßriger Lösung h y d r o l y t i s c h ges p a l t e n ist. Beim Verdünnen sowie beim Erhitzen nimmt, wie stets, der Hydrolysengrad zu. Das gebildete Zinkhydroxyd kann unter Umständen k o l l o i d g e l ö s t bleiben (vgl. dazu S. 138). Durch Erwärmen oder Elektrolytzusatz werden aber Kolloide „ausgeflockt".

6. Eine Probe des erhaltenen Zinkhydroxyds werde auf der Magnesiarinne geglüht; der weiße Glührückstand (Zinkoxyd) werde mit einem Tröpfchen sehr verdünnter Kobaltnitrat - Lösung befeuchtet und nochmals geglüht. Er erscheint jetzt grün gefärbt ( „ R i n m a n s G r ü n " ) ; es hat sich ein Mischkristall von wenig Kobaltoxyd in viel Zinkoxyd gebildet. 7. Ammoniak: Durch wenig Ammoniak - Lösung wird Zinkhydroxyd ausgefällt. Ein Überschuß von Ammoniak-Lösung löst den Niederschlag leicht zu einem k o m p l e x e n Z i n k a m m i n s a l z . Das Verhalten entspricht vollkommen der S. 101 behandelten Umsetzung von Kupferhydroxyd. Enthält die Lösung Ammoniumsalze starker Säuren oder ist sie sauer, so daß sich beim Ammoniakzusatz solche bilden, so fällt überhaupt kein Zinkhydroxyd aus. Dieses Verhalten entspricht vollkommen dem des MagneSiumhydroxyds. 8. Natriumcarbonat fallt b a s i s c h e s Zinkcarbonat wechselnder Zusammensetzung. 9. Schwefelwasserstoff: Wenn man zu einer schwach mit Salzsäure angesäuerten Zinksalz-Lösung Schwefelwasserstoffwasser gibt, so fällt nichts aus. Aus neutraler Lösung fällt weißes Z i n k s u l f i d , jedoch ist die Fällung unvollständig, da bei der Umsetzung Mineralsäure frei wird. ZnS0 4 + H 2 S = ZnS + H 2 S0 4 . Gibt man jedoch reichlich Natriumacetat zu, so daß die freie Säure abgestumpft wird, so wird die Fällung q u a n t i t a t i v . 10. Ammoniumsulfid fällt ebenfalls weißes S u l f i d ; ein Zusatz von Ammoniumchlorid befördert die Abscheidung (kolloidchemische Erscheinung; vgl. S. 139). 11. Natriumphosphat: Nach der S. 68 beim Magnesium gegebenen Vorschrift fälle man Zink a m m o n i u m p h o s p h a t ZnNH 4 P0 4 . Beim Glühen geht dieses wie die Magnesiumverbindung in das P y r o p h o s p h a t Zn 2 P 2 0 7 über.

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Cadmium — Quecksilber

1 2 . Natriumcyanid: Gibt man zu einer Zinksalzlösung tropfenweise Alkalicyanid-Lösung, so fällt weißes Zinkcyanid: ZnS0 4 + 2NaCN = Zn(CN)2 + Na 2 S0 4 . Ein Überschuß löst den Niederschlag zum komplexen Natrium zinkcyanid: Zn(CN)2 + 2NaCN = Na2[Zn(CN)4]. Aus dieser Lösung wird — falls nicht ein zu großer Cyanidüberschuß verwendet war-—mit Ammoniumsulfid-Lösung Zinksulfid gefällt1); der Komplex ist also verhältnismäßig schwach. Cadmium

1. Man erhitze ein auf Kohle liegendes Stückchen Cadmium mit der Lötrohrflamme; es schmilzt und verbrennt zu gelbbraunem Cadmiumoxyd, das sich zum Teil auf der Kohle als Beschlag niederschlägt, zum Teil als Rauch entweicht. Cadmium salz-Lösungen verhalten sich den entsprechenden Zinksalz-Lösungen so ä h n l i c h , daß es genügt, auf folgende Unterschiede hinzuweisen: 2 . Der mit Natronlauge oder Ammoniak fallende Niederschlag von Cadmiumhydroxyd ist zwar ebenso wie Zinkhydroxyd in überschüssiger Ammoniaklösung löslich (Ammoniakatbildung), jedoch nicht in überschüssiger Natronlauge. 3 . Das gelbe Cadmiumsulfid ist bei Zimmertemperatur in verdünnten Mineralsäuren unlöslich. In konzentrierten Mineralsäuren löst es sich jedoch auf. 4 . Mit Sodalösung fällt nicht basisches, sondern neutrales Carbonat. 5 . Man führe diese sowie die übrigen beim Zink beschriebenen Umsetzungen mit Cadmiumsalz-Lösungen aus. Quecksilber Während Zink und Cadmium sowie ihre Verbindungen einander sehr ähnlich sind, finden sich beim Quecksilber trotz mancher Analogien zu jenen Elementen auch wesentliche Verschiedenheiten. Schon beim Metall selbst fallen der besonders tiefe Schmelzpunkt und die niedrige Siedetemperatur auf. Ferner ist Quecksilber wesentlich edler als Zink oder Cadmium. Beim Erhitzen auf etwa 350° verbindet es sich zwar mit dem Luftsauerstoff zum Oxyd; beim Erhitzen auf höhere Temperaturen zersetzt sich dieses jedoch, wie wir S. 32 bereits gesehen haben, wieder in Metall und Sauerstoff. Man beachte den Unterschied im Verhalten des Zink- und des eich entsprechend verhaltenden Cadmiumcyankomplexes gegenüber der Kupferverbindung !

Quecksilber

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Die wenig beständigen Verbindungen des einwertigen Quecksilbers enthalten keine Hg+, sondern [HgJ 2 + -Ionen. In den Löslichkeitsverhältnissen zeigen sie eine gewisse Ähnlichkeit mit den entsprechenden Silberverbindungen. Bei vielen Umsetzungen disproportionieren sie in Mercurisalze und metallisches Quecksilber [HgJ 2 + = Hg*+ + Hg . Die Halogenide des zweiwertigen Quecksilbers sind ziemlich wenig löslich, das Jodid sogar sehr wenig. Das Mercuriion neigt stark zur Komplexbildung; damit steht im Zusammenhang, daß auch einige einfache Mercurisalze, die Halogenide und das Cyanid, in wäßriger Lösung nur in sehr geringem Umfange in Ionen zerfallen. Hier liegen einige der seltenen Beispiele dafür vor, daß nicht nur Säuren und Basen, sondern auch Salze s c h w a c h dissoz i i e r t e E l e k t r o l y t e sein können. In geringerem Maße findet man diese Erscheinung noch bei Cadmium- und Zinkhalogeniden, insbesondere Jodiden. Deshalb wird z. B. Cadmiumsulfid aus Lösungen, die viel Jodionen enthalten, mit Schwefelwasserstoff nur langsam und unvollständig gefällt. Beim Arbeiten mit Quecksilberverbindungen beachte man folgendes: I. L ö s l i c h e Q u e c k s i l b e r v e r b i n d u n g e n s i n d starke Gifte. Man arbeite also mit größter Vorsicht und reinige Geräte und Hände sorgfältig. Auch der Dampf des Quecksilbermetalls f ü h r t zu s c h w e r e n g e s u n d h e i t l i c h e n S c h ä d i g u n g e n , namentlich dann, wenn man ihn längere Zeit einatmet. Es ist deshalb unbedingt zu vermeiden, daß Quecksilbertropfen verstreut werden, in Ritzen kommen usw. Auch wenn man nichts derartiges beobachtet, sind Räume, in denen mit Quecksilber gearbeitet wird — und das sind praktisch alle physikalischen und chemischen Laboratorien — reichlich zu lüften. p. u r 22 II. Quecksilber m e t a 11 legiert sich mit vielen ® Metallen (z. B. den Alkali- und Erdmetallen, Kupfer, Quecksilber-Pipette Silber, Blei, Zink) leicht zu A m a l g a m e n . Bringt man also Quecksilbermetall oder -salze in die Abgüsse, so werden die Bleileitungen beschädigt und undicht. A l l e Q u e c k s i l b e r r e s t e g e h ö r e n in ein im Laboratorium aufgestelltes Sammelgefäß! 1. Man bringe mit Hilfe eines Glasröhrchens von der Form der Fig. 22 einen kleinen Quecksilberlropfert v o n der Größe eines Stecknadelkopfes auf eine blanke Kupfermünze zu einem Tropfen verdünnter Salpetersäure und reibe mit einem Bäuschchen Filtrierpapier: das Kupfer überzieht sich mit einer Schicht Kupferamalgam und Quecksilber; es wird „verquickt". Beim Erwärmen (Abzug!) geht der Quecksilberüberzug wieder fort. 2. Quecksilber löst sich in heißer, konzentrierter Schwefelsäure zu M e r c u r i s u l f a t . Salpetersäure wirkt je nach den Versuchsbedingungen verschieden. Mit verdünnter Salpetersäure bildet sich in der Kälte M e r c u r o n i t r a t ; heiße, konzentrierte Salpetersäure oxydiert zum M e r c u r i n i t r a t . Verhalten der Mercurisalze. 3 . Eine für die folgenden Versuche geeignete M e r c u r i n i t r a t - L ö s u n g , die frei von überschüssiger Säure ist, erhält m a n durch kurzes Aufkochen von etwas

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Quecksilber

Mercurioxyd mit wenig verdünnter Salpetersäure und Abfiltrieren der Lösung von überschüssigem Mercurioxyd. Die so bereitete Lösung, die gewöhnlich etwas basisches Salz enthält, werde zu den folgenden Umsetzungen der Mercurisalze benutzt. 4. Natronlauge: Zu einer Probe Mercurinitrat-Lösung werde sehr wenig Natronlauge gesetzt: es fällt weißes, b a s i s c h e s Mercurin i t r a t . Setzt man mehr Natronlauge hinzu, so wird die Farbe des Niederschlages gelb, weil er in M e r c u r i o x y d übergeht. Hg(N0 3 ) 2 + NaOH = Hg(0H)N0 3 + NaN0 3 Hg(0H)N0 3 + NaOH = HgO + H 2 0 + N a N 0 3 . Das durch Fällung bereitete Mercurioxyd sieht gelb, das durch Glühen von Mercurinitrat erhaltene rot aus. Ersteres ist feiner verteilt und deshalb umsetzungsfähiger als letzteres; deswegen wird es in den chemischen Laboratorien vorzugsweise benutzt.

5. Natriumcarbonat fällt braunrotes b a s i s c h e s Mercuric a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung. 6. Natriumbicarbonat wirkt ebenso. Die NatriumbicarbonatLösung werde so hergestellt, daß man festes Natriumbicarbonat mit Wasser bei Zimmertemperatur etwa 5 Minuten lang schüttelt und dann filtriert. 7. Ammoniak gibt einen weißen Niederschlag, der außer Aminom e r c u r i n i t r a t Hg(NH 2 )N0 3 auch basische Verbindungen wechselnder Zusammensetzung enthält: Hg(N0 3 ) 2 + 2NH 3 = Hg(NH 2 )N0 3 + NH 4 N0 3 . H. Kaliumjodid erzeugt, wenn man es in geringer Menge zusetzt, einen hellroten Niederschlag von M e r c u r i j o d i d . Hg(N0 3 ) 2 + 2 K J = HgJ 2 + 2KN0 3 . Ein Überschuß von Kaliumjodid-Lösung löst das Mercurijodid zu einer gelben Lösung von K a l i u m m e r c u r i j o d i d . HgJ 2 + 2 K J = K 2 [HgJ 4 ]. 9 . Aus dieser Lösung kann durch Natronlauge keine Quecksilberverbindung gefällt werden, weil das [HgJ 4 ] 2- -Ion kaum dissoziiert ist. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid fällt jedoch Mercurisulfid aus. Eine stark alkalische Lösung von Kaliummercurijodid wird, wie bereits S. 61 erwähnt wurde, als Reagens auf Ammoniak benutzt. Uber die dabei stattfindenden verwickelten Umsetzungen vgl. die Lehrbücher.

10. Schwefelwasserstoff gibt zunächst einen hellgefärbten Niederschlag, der im wesentlichen aus s u l f o b a s i s c h e m Salz besteht. 2Hg(N0 3 ) 2 + H 2 S = Hg 2 S(N0 3 ) 2 + 2 H N 0 3 . Beim weiteren Einleiten bildet sich das außerordentlich schwer lösliche schwarze M e r c u r i s u l f i d : Hg 2 S(N0 3 ) 2 + H 2 S = 2HgS + 2HN0 3 .

Quecksilber

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Nachdem sich der Niederschlag abgesetzt hat, gieße man die Lösung ab, wasche einmal durch Dekantieren mit Wasser nach und erwärme den Rückstand mit etwas konzentrierter Salpetersäure; er löst sich nicht, wird aber oft wieder hell, weil sich erneut das bereits erwähnte sulfobasische Salz bildet. Mit einem Gemisch von Salzund Salpetersäure löst sich Mercurisulfid jedoch leicht auf. Die l ö s e n d e Wirkung des Königswassers (vgl. S. 36/37) beruht auch hier auf der Vereinigung von Oxydation und Komplexbildung (wenig dissoziiertes HgCl 2 ; vgl. unten). 11. Ammoniumsulfid verhält sich wie Schwefelwasserstoff. 12. Harnstoff gibt, in nicht zu verdünnter Lösung zugesetzt, einen weißen, kompliziert zusammengesetzten Niederschlag, den man früher zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs benutzte. D i e geringe Dissoziation der Mercurihalogenide erkennt man durch folgende Versuche: 13. Natriumbicarbonat- und Harnstoff -Lösung ergeben mit Mercurichlorid-Lösung keine Niederschläge; es sind nicht genügend Hg 2 + -Ionen vorhanden, um die in Frage kommenden Löslichkeitsprodukte zu überschreiten. Die gleichen Ergebnisse erhält man, wenn man die Versuche mit einer Mercurinitrat-Lösung anstellt, die mit Natriumchlorid-Lösung versetzt ist. 14. Eine Probe festes Mercurichlorid werde mit etwas konzentrierter Schwefelsäure in einem Probierglase erhitzt (Abzug!): es entweicht kein Chlorwasserstoff. Beim Sieden der Schwefelsäure destilliert mit ihren Dämpfen untersetztes Mercurichlorid hoch und verdichtet sich in den kälteren Teilen des Probierglases zu Kristallnadeln. Dieser Versuch zeigt gleichzeitig, daß Mercurichlorid — im Gegensatz zu den echten Salzen! — leicht flüchtig ist. Daher rührt auch die Bezeichnung „Sublimat" für das Mercurichlorid. Allerdings ist dieser Ausdruck irreführend; denn unter Sublimieren versteht man nach S.61, Nr.6 den direkten Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand. Mercurichlorid dagegen d e s t i l l i e r t , Atmosphärendruck vorausgesetzt; d. h. es schmilzt zunächst und siedet erst bei höherer Temperatur.

15. Man erAiize etwas festes Mercurichlorid im Probierglase (Abzug!) und beobachte den Schmelz- und Verdampfungsvorgang. Daß M e r c u r i c y a n i d n o c h w e n i g e r d i s s o z i i e r t ist als Mercurichlorid, erkennt man aus folgenden Versuchen: 16. Zu einer Probe Mercuricyanid-höanng setze man etwas Natronlauge; es fällt nichts aus. Auch mit Kaliumjodid-Lösung bildet sich kein Niederschlag. Erst auf Zusatz von Ammoniumsulfid tritt Fällung von M e r c u r i s u l f i d ein. 17. Eine Probe Mercurioxyd werde mit etwas frisch bereiteter Natriumcyanid- Lösung übergössen; sie löst sich zu M e r c u r i -

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Quecksilber

Cyanid a u f — e i n e der wenigen Umsetzungen, bei denen in Gegenwart von Wasser, ohne daß sich ein Niederschlag absondert, N a t r i u m h y d r o x y d frei wird. HgO + 2NaCN + H 2 0 = Hg(CN)2 + 2NaOH . Die geringe Dissoziation des gelösten Mercuricyanids macht sich auch dadurch bemerkbar, daß es keine Hydrolyse erleidet, obwohl das Salz aus einer schwachen Säure und einer schwachen Base aufgebaut ist (vgl. S. 81).

Mercurosalze. Zu den folgenden Versuchen benutze man etwas Mercuronitrat-Lösung des Laboratoriums. 18. Salzsäure u n d Chloride fällen weißes schweres M e r c u r o c h l o r i d aus. Hg 2 (N0 3 ) 2 + 2NaCl = Hg2Cl2 + 2 N a N 0 3 . 19. Mercurochlorid kann man auch durch Reduktion von Mercurichlorid- L ö s u n g e n erhalten. Als Reduktionsmittel für diesen Versuch kann man, wie wir bereits S. 35 gesehen haben, schweflige Säure benutzen. Noch besser eignet sich Stannochlorid SnCl2, das dabei in Stannichlorid SnCl4 übergeht. Setzt man Stannochlorid in geringer Menge zu, so fällt weißes Mercurochlorid. 2Hg(N0 3 ) 2 + SnCl2 + 4 HCl = Hg2Cl2 + SnCl4 + 4 H N 0 3 . Wird ein Überschuß von Stannochlorid - Lösung angewendet, so wird das Mercurochlorid weiter zu metallischem Q u e c k s i l b e r reduziert, das in der Flüssigkeit teils kolloid gelöst (vgl. S. 138), teils in feinster Verteilung aufgeschwemmt bleibt und sich erst langsam zu Boden setzt. Nach dem Abgießen der Lösung vereinigt es sich beim Aufkochen mit verdünnter Salzsäure zu einem Quecksilbertröpfchen . Hg2Cl2 + SnCl2 = 2 Hg + SnCl4 . 20. Schließlich kann man zur Reduktion des Mercurichlorides auch metallisches Quecksilber benutzen. Schüttelt man eine Mercurichlorid-Lösung mit einem Tröpfchen Quecksilber, so scheidet sich Mercurochlorid ab: HgCl2 + Hg = Hg2Cl2 . 21. Andererseits zerfällt umgekehrt Hg2Cl2 in Hg + HgCl2 (Disproportionierung: [ H g , ] 2 x l + H g ± u + Hg 2 + , vgl. S. 37), wenn man durch irgendein Reagens die Konzentration an Mercurichlorid sehr klein hält. Dazu eignet sich Ammoniak, das mit Mercurichlorid einen noch schwerer löslichen Niederschlag ( „ P r ä z i p i t a t " ) bildet als mit Mercurinitrat (vgl. S. 110, Nr. 7). Man überzeuge sich zunächst hiervon durch einen Versuch mit Mercurichlorid: HgCl2 + 2NH 3 = Hg(NH2)Cl + NH 4 C1.

Übergangselemente

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Übergießt m a n dann Mercurochlorid mit Ammoniaklösung, so zersetzt sich das Mercurosalz in Mercuri amino chlorid, das sofort gefällt wird, und fein verteiltes Quecksilber, das die ganze Masse schwarz färbt. Man führe den Versuch aus. N a c h dieser Reaktion bezeichnet man das Mercurochlorid auch als „ K a l o m e l " (schön schwarz). 22. Kaliumjodid,-. Wird wenig Kaliumjodid-Lösung zu Mercuronitrat-Lösung gesetzt, so fällt ein dunkelgrüngelber Niederschlag v o n M e r c u r o j o d i d . Bei Erwärmen der Mischung geht das Mercurojodid in ein Gemisch von rotem Mercurijodid und feinst verteiltem grauen Quecksilber über. Auf Zusatz eines Kaliumjodidüberschusses löst sich das Mercurijodid, so daß die Fällung dann rein grau erscheint.

Hg2(N03)2 + 2 K J = Hg2J2 + 2 K N 0 3 Hg2J2 = HgJ2 + Hg .

23« Natronlauge und Schwefelwasserstoff geben dunkel gefärbte Niederschläge, die aus Quecksilbermetall und Mercurioxyd bzw. -sulfid bestehen.

Übergangselemente Von den Elementen der g r o ß e n Perioden des Perioden-Systems (vgl. Tafel I am Ende des Buches) schließen sich sowohl die ersten (d. h. die Gruppen I a , I I a usw.) als auch die letzten (d. h. die Gruppen Vllb, VIb usw.) in ihrem chemischen Verhalten eng an die Elemente der entsprechenden Gruppen in den beiden ersten, k l e i n e n Perioden an. Die mittleren Elemente der großen Perioden hingegen nehmen eine gewisse Sonderstellung ein; wir nennen sie Übergangselemente. Von diesen behandeln wir an dieser Stelle ausführlicher von der ersten jener Reihen die Eisengruppe (Eisen, Kobalt, Nickel) sowie Chrom und Mangan. Über die wichtigsten übrigen Übergangselemente findet man einige Angaben auf S. 177ff. Die Elemente dieser Reihen sind dadurch ausgezeichnet, daß sie fast durchweg Verbindungen mehrerer Wertigkeitsstufen bilden; in vielen Fällen ist dabei die Maximalwertigkeit kleiner als es der Gruppenzahl entspricht. Infolge dieses Auftretens mehrerer Wertigkeitsstufen ist die Chemie dieser Elemente oft verwickelt. Für eine erste Übersicht ist die Regel nützlich, daß das chemische Verhalten (Basen- bzw. Säurecharakter, Löslichkeit usw.; vgl. auch S. 83 u. 92) in erster Linie von der Wertigkeit bestimmt wird. So zeigen alle zweiwertigen Verbindungen dieser Gruppe Ähnlichkeit mit den Verbindungen des Magnesiums und noch mehr mit denen des zweiwertigen Kupfers. Die d r e i wertigen ähneln vielfach den Aluminiumverbindungen. Die Chromate mit sechswertigem Chrom sind den Sulfaten ähnlich usw. Dadurch ist es verhältnismäßig leicht, ein übersichtliches Bild über die Eigenschaften der verschiedenen Verbindungen zu erhalten. Für das chemische Verhalten dieser Elemente ist ferner charakteristisch, daß der Übergang von einer Wertigkeitsstufe in eine andere oft sehr leicht erfolgt; infolgedessen ist mit der Möglichkeit von Disproportionierungen (vgl. S. 37) bzw. Oxydations-Reduktions-Reaktionen zu rechnen. Einzelne Verbindungen, z. B. die Chromate und Permanganate, sind starke, viel benutzte Oxydationsmittel. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die B i l t z , Einführung. 2 4 . - 2 6 . Aufl.

8

Eisengruppe — Eisen

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Mehrzahl der in diesem Abschnitt zu behandelnden Verbindungen im Gegensatz zu den meisten der bisher besprochenen farbig sind. Dabei tritt die schon S. 30 hervorgehobene Erscheinung sehr deutlich auf, daß die w a s s e r f r e i e n Salze oft eine andere Farbe besitzen als die Hydrate bzw. die wäßrigen Lösungen: FeClü FeBr 2

FeJ a

CoCla CoBr2

wasserfrei farb- gelb- schwarz blau los lich Hydrat bzw. wäßrige Lösung

bläulich bis grünlich

CoJ 2

NiCla NiBr 2

grün schwarz gelb

rosa

gelb

NiJ s schwarz

apfelgrün

Eisengrappe Die Elemente Eisen, Kobalt und NicTcel widersprechen den Regelmäßigkeiten des Perioden-Systems insofern, als das Atomgewicht des Kobalts größer ist als das des Nickels. Über die Wertigkeitsverhältnisse unterrichtet die nachstehende Tabelle, in der die unbeständigen Verbindungen des sechswertigen Eisens, wie z. B. BaFe0 4 , sowie die ebenfalls äußerst instabilen Komplexverbindungen der einwertigen Stufe nicht berücksichtigt sind:

Eisen Kobalt Nickel

Überhaupt vorkommende Wertigkeiten

j Beständigste Stufe ' in einfachen Verbindungen

zwei und drei zwei und drei zwei1)

1

drei zwei zwei

Beständigste Stufe in Komplexverbindungen zwei drei zwei

Eisen Das Eisen ist ein grauweißes Metall. Technisch unterscheidet man einerseits kohlenstoffreiches Eisen (mehr als 1,7°/0 Kohlenstoff): „ R o h e i s e n " , „ G u ß e i s e n " und andererseits kohlenstoffarmes Eisen (weniger als l,7°/o Kohlenstoff): „ s c h m i e d b a r e s E i s e n " , „ S t a h l " . Außerdem enthält das Roheisen nicht unerhebliche Mengen von Si und Mn sowie meist von S und P ; beim Stahl sind Si, S und P nur in Spuren vorhanden. Roheisen schmilzt bei 1000—1100°, schmiedbares Eisen — je nach seinem Kohlenstoffgehalte — höher. Der Schmelzpunkt des reinen Eisens liegt bei 1530°. An trockener Luft hält sich das Eisen bei Raumtemperatur beliebig lange; in Gegenwart von Feuchtigkeit wird es durch Luft allmählich zu wasserhaltigem Ferrioxyd Fe 2 0 3 („Rost") oxydiert. Da diese Rostschichten porös sind, können sie — im Gegensatz zum Aluminium — das Eisen vor weiteren Angriffen nicht schützen. Man muß daher das Metall mit Anstrichen von Ölfarben usw. versehen. Auch kann man es durch Glühen und geeignete Behandlung („Brünieren", z. B. bei Gewehrläufen) mit einer dichten glatten schwarzen !) Dazu noch eine unbekannte höhere Wertigkeitsstufe in wasserhaltigen Oxyden.

Eisen

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Schicht von Oxyden überziehen, die es vor weiterer Oxydation schützt. Mit reinem Sauerstoff setzt sich Eisen nach Einleitung der Reaktion durch Erhitzen energisch um („autogenes Schneiden"); desgl. mit Schwefel. Die Verbindungen der zweiwertigen Stufe (Ferroverbindungen) sind in wäßriger Lösung bläulich-grünlich, die der dreiwertigen Stufe (Fernverbindungen) gelbbraun. Das Verhalten der letzteren unterscheidet sich von dem der Aluminiumverbindungen vor allem dadurch, daß Ferrihydroxyd sich nicht in Natronlauge löst. Verbindungen, die zwei- u n d d r e i w e r t i g e s E i s e n , d. h. also zwei verschiedene Wertigkeitsstufen, g l e i c h z e i t i g enthalten (Magnetit FeO-Fe 2 O a und das S. 119 zu besprechende Berliner Blau), zeichnen sich durch i n t e n s i v e F a r b e n aus; es entspricht dies einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit.

1. Etwas Eisensalz färbt die Phosphorsalzperle in der Oxydationsflamme gelb. Beim Abkühlen blaßt die Farbe ab; falls nur wenig Eisensalz genommen war, verschwindet sie ganz. 2 . Etwa 1 g Eisenspäne werde in nicht zuviel verdünnter Salzsäure, der etwas konzentrierte Salzsäure zugesetzt ist, gelöst (Abzug). Es entweicht Wasserstoffgas, das durch eine kleine Beimengung übelriechender anderer Gase verunreinigt ist. I m Kölbchen bleibt eine grüne Lösung von F e r r o c h l o r i d FeCl 2 , die vom Ungelösten abfiltriert werde. Fe + 2 HCl = H 2 + FeCl 2 . Ferrosalze. Ein Teil dieser Lösung werde zu den folgenden Umsetzungen der Ferroverbindungen benutzt, die sofort auszuführen sind, da sich die Ferrochlorid-Lösung an der Luft schnell oxydiert. Der Rest der Lösung werde für spätere Versuche zurückgestellt. 3 . Natronlauge fällt grünlich-weißes flockiges F e r r o h y d r o x y d . FeCl2 + 2NaOH = Fe(OH) 2 + 2 N a C l . Der Niederschlag wird beim Umschütteln dunkelgrün, dann dunkelgrau und schließlich von obenher rotbraun: er wird durch den Luftsauerstoff zu F e r r i h y d r o x y d oxydiert. Ganz reines Ferrohydroxyd sieht weiß aus. 4Fe(0H) 2 + 0 2 + 2 H 2 0 = 4Fe(OH) 3 . 4 . Ammoniak fällt ebenfalls F e r r o h y d r o x y d . Die Fällung ist unvollständig. Sind in der Lösung reichlich Ammoniumsalze vorhanden, so unterbleibt die Fällung (vgl. S. 83). 5> Natriumperoxyd: Setzt man zu einer Ferrosalz-Lösung eine frisch und ohne Erwärmung bereitete Lösung von Natriumperoxyd, so fällt sofort ein dichter flockiger Niederschlag von rotbraunem F e r r i h y d r o x y d aus. 0. Natriumkarbonat fällt weißes F e r r o c a r b o n a t . FeCl2 + Na 2 C0 3 = FeC0 3 + 2NaCl. Unter dem Einflüsse des Luftsauerstoffs wird der Niederschlag bald oxydiert; er geht schließlich in Ferrihydroxyd über, weil Ferricarbonat als Salz einer schwachen Base und einer schwachen Säure hydrolytisch vollständig zerfällt. 8*

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Eisen

7. Schwefelwasserstoff fällt aus saurer Lösung nichts. Auch aus neutraler Lösung scheidet sich nur ein sehr geringer Niederschlag des s c h w a r z e n F e r r o s u l f i d e s FeS ab, da die bei der Ausfällung des Sulfides frei werdende Säure die weitere Ausfällung hindert. ^ ^ ^ + ^ = ^ + Wesentlich weiter geht die Abscheidung des Sulfides bei Anwesenheit von viel Natriumacetat. Vollständig ist die Fällung jedoch nur in alkalischer Lösung. 8. Ammoniumsulfid fallt schwarzes F e r r o s u l f i d . Hat man g e l b e s Schwefelammonium im Überschuß zugesetzt, so nimmt die Lösung meist eine grüne Farbe an. Diese rührt davon her, daß ein Teil des Ferrosulfids zunächst in kolloider Form (vgl. S. 138) gelöst bleibt. Beim Filtrieren erhält man ein klares grünes Filtrat; läßt man es stehen, so fällt nach einiger Zeit weiteres Ferrosulfid in schwarzen Flocken aus. Feuchtes Ferrosulfid oxydiert sich an der Luft leicht zu basischem Ferrisulfat und verhält sich dann beim Auswaschen entsprechend, wie es beim Kupfersulfid beschrieben ist (vgl. S. 101, Nr. 5). 9. Natriumphosphat: Zu einer Probe Ferrochlorid-Lösung setze man reichlich Ammoniumchlorid- und Ammoniak - Lösung und füge Natriumphosphat-Lösung hinzu; es fällt F e r r o a m m o n i u m p h o s p h a t aus. FeCl2 + Na 2 HP0 4 + NH 3 = Fe(NH 4 )P0 4 + 2NaCl. Ferrisalze. l O . Um zum Ferrisalz zu oxydieren, setze man zu der Ferrochlorid-Lösung etwas konzentrierte Salpetersäure und erwärme. Die Lösung wird erst dunkel und hellt sich dann plötzlich zu einer gelben Flüssigkeit auf. Dies ist so zu erklären, daß die Salpetersäure durch das Ferrosalz zu Stickoxyd reduziert wird: 3 FeCl2 + H N 0 3 + 3 HCl = 3FeCl, + NO + 2 H 2 0 . Dieses Stickoxyd gibt mit dem noch vorhandenen Ferrochlorid eine der schon S. 39 besprochenen analoge dunkle Anlagerungsverbindung. Sobald alles Ferrochlorid zum Ferrichlorid oxydiert ist, verschwindet auch die dunkle Farbe. Die Oxydation einer Ferrosalz- zur Ferrisalz-Lösung kann man auch mit anderen Oxydationsmitteln durchführen, so z. B. mit Chlor- oder Bromwasser und besonders bequem mit Wasserstoffperoxyd usw.

Mit der erhaltenen jFermafe-Lösung führe man die nachstehenden Umsetzungen aus: 11. Natronlauge oder Ammoniak fällen flockiges braunrotes Ferrihydroxyd. FeCl, + 3NaOH = Fe(OH) 3 + 3NaCl.

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Die Fällung ist in beiden Fällen q u a n t i t a t i v und c h a r a k t e r i s t i s c h . Durch Ammoniumsalze starker Säuren wird sie n i c h t verhindert. 12. Natriumcarbonat: Es entsteht ein Niederschlag von F e r r i hydroxyd. 2FeCl3 + 3Na 2 C0 3 + 3 H 2 0 = 2Fe(OH) 3 + 3C0 2 + 6NaCl. 13. Bariumcarbonat fällt, wie S. 83 besprochen, aus FerrisalzLösungen das Eisen als F e r r i h y d r o x y d . 14. Natriumacetat: Schon S. 86 wurde erwähnt, daß man — ebenso wie bei Aluminium — auch das Eisen durch Kochen einer mit reichlich Natriumacetat versetzten Ferrisalz-Lösung quantitativ als Ferrihydroxyd abscheiden kann. Man führe den Versuch durch, indem man die Ferrichlorid-Lösung zunächst mit »Soda-Lösung annähernd neutralisiert, reichlich Natriumacetat zugibt (die dabei auftretende Rotfärbung rührt von kompliziert zusammengesetzten Komplexen her), stark verdünnt und kocht. 15. Natriumphosphat gibt einen gelblich-weißen Niederschlag von F e r r i p h o s p h a t FeP0 4 , der in Mineralsäuren löslich (vgl. dazu aber S. 120) in Essigsäure unlöslich ist. Man gebe daher vor der Fällung etwas Natriumacetat zur Lösung, um die Mineralsäure abzustumpfen. Sind bei der vorher beschriebenen Natriumacetatfällung Phosphationen in der Lösung vorhanden, so gehen sie als Ferriphosphat in den Niederschlag, und zwar vollständig, wenn die Menge der Eisen-Ionen die der Phosphat-Ionen überwiegt. Entsprechendes gilt für die Ammoniakfällung, weil Ferriphosphat auch in Ammoniaklösung unlöslich ist. 16. Schwefelwasserstoff macht unter Reduktion des Ferrisalzes zum Ferrosalz S c h w e f e l frei, der in der Lösung zunächst als weiße Trübung schweben bleibt, ohne sich abzusetzen. 2FeCl 3 + H 2 S = 2 FeCl2 + S + 2 HCl. (Man formuliere die entsprechende Ionengleichung!) 17. Ammoniumsulfid erzeugt einen schwarzen Niederschlag von F e r r o s u l f i d und Schwefel, der je nach den Fällungsbedingungen mehr oder weniger große Mengen des instabilen Ferrisulfids Fe 2 S 3 enthält. 2FeCl3 + 3(NH 4 ) 2 S = 2FeS + S + 6NH 4 C1. 18. Kaliumrhodanid färbt die saure Ferrisalz-Lösung unter Bildung von wenig dissoziiertem, wahrscheinlich dimolekularem F e r r i r h o d a n i d intensiv rot. 2FeCl 3 + 6KSCN = [Fe(SCN)3]2 + 6KC1. Beim Schütteln mit Äther geht das Rhodanid mit roter Farbe in den Äther über.

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10. Dies ist die empfindlichste Probe auf Fernverbindungen. Man gebe einen Tropfen Ferrisalz-Lösung in ein Becherglas voll angesäuerten Wassers, gieße den Inhalt fast ganz aus, fülle wieder mit Wasser auf und setze Kaliumrhodanid-Lösung hinzu. Es tritt in dieser enormen Verdünnung noch deutlich Rotfärbung auf. 20. Ferrosalz-Lösungen zeigen diese Reaktion gewöhnlich auch, weil sie stets Spuren Ferrisalz enthalten. Man löse etwas „Eisenvitriol" (kristallwasserhaltiges Ferrosulfat FeS0 4 • 7 H 2 0) in viel Wasser auf und prüfe einige Tropfen der Lösung mit Kaliumrhodanid. Dabei wird eine deutliche Rotfarbung auftreten. Den Rest säuere man mit Schwefelsäure schwach an und gebe etwas Eisenpulver hinzu, wodurch die wenigen vorhandenen Ferriionen zu Ferroionen reduziert werden. Nach einigen Minuten gieße man einige Tropfen der Lösung ab und prüfe mit Kaliumrhodanid. Die Lösung wird jetzt farblos bleiben oder sich nur noch ganz schwach färben. Nach weiterem Stehen über Eisenpulver wird eine dritte Probe keine Färbung mehr zeigen. Zur Feststellung, ob ein Eisensalz der Ferro- oder der Ferrireihe angehört, ist die Kaliumrhodanidprobe nicht empfehlenswert, da sie zu empfindlich ist. Eisencyanverbindungen. 21. Etwas Ferrosalz - Lösung versetze man tropfenweise mit Natronlauge, bis eben eine Trübung von Ferrohydroxyd auftritt. Dann gebe man ein wenig Natriumcyanid- Lösung hinzu: es fallt rotbraunes F e r r o c y a n i d Fe(CN)2 flockig aus. Ein nicht zu geringer Überschuß von Natriumcyanid löst bei schwachem Erwärmen den Niederschlag zu einer hellgelben Lösung, die filtriert werde. FeCl2 + 2NaCN = Fe(CN)2 + 2NaCl Fe(CN)2 + 4NaCN = Na4[Fe(CN)8]. Die Lösung enthält das N a t r i u m s a l z der F e r r o c y a n w a s s e r s t o f f s ä u r e H4[Fe(CN)0]. Das entsprechende Kaliumsalz ist das „gelbe Blutlaugensalz". Der [Fe(CN)8]4--KompIex ist, wie bereits S. 99 besprochen wurde, einer der festesten Komplexe, die wir kennen. 22. Eine Probe der Natriumferrocyanid-Lösung säuere man mit verdünnter Salzsäure an (Abzug! Aus dem überschüssigen Natriumcyanid entwickelt sich Blausäure!) und gebe einen Tropfen f r i s c h b e r e i t e t e r Ferrosulfat - Lösung hinzu. Es entsteht ein hellbläulichweißer Niederschlag, vielleicht — aber nicht sicher — das Ferrosalz der Ferrocyanwasserstoffsäure. Na4[Fe(CN)6] + 2FeS0 4 = Fe2[Fe(CN)6] + 2Na 2 S0 4 . Beim Stehenlassen, schneller beim Durchschütteln der Masse mit Luft, wird der Niederschlag tiefblau: er oxydiert sich dabei zum Ferrisalz der Ferrocyanwasserstoffsäure (vgl. unten).

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23. Eine zweite Probe der Natriumferrocyanid-Löaxmg säuere man ebenfalls an (Abzug!) und setze einen TropfenFerrichlorid-Lösuiig hinzu; es entstellt ein tiefblauer Niederschlag von komplizierter Zusammensetzung, den man in grober Näherung als F e r r i s a l z d e r F e r r o c y a n w a s s e r s t o f f s ä u r e auffassen kann. 3Na 4 [Fe(CN) 6 ] + 4FeCl 3 = Fe 4 [Fe(CN) g ] 3 + 12NaCl. Der Niederschlag findet unter dem Namen „ B e r l i n e r B l a u " Verwendung als Farbstoff. Wichtige Erkennungsprobe zum Nachweis von Eisen! Wie diese letzten beiden Versuche zeigen, kann Alkalimetall ferrocyanid außerdem zu der Entscheidung der Frage benntzt werden, ob ein gegebenes Eisensalz der F e r r i - o d e r der F e r r o r e i h e angehört. Handelt es sich um den Nachweis sehr geringer Mengen von Ferriionen, so ist die Ferrocyanid-Lösung unmittelbar vor der Verwendung herzustellen, da eine ältere Lösung stets, wenn auch nur spurenweise, zersetzt ist und sich daher beim Ansäuern durch Bildung sehr geringer Mengen Berliner Blau grünlich färbt und bei längerem Stehen einige Flöckchen Berliner Blau absetzt. Man überzeuge sich davon durch einen Versuch mit der stark zu verdünnenden Kaliumferrocyanid-Lösung des Laboratoriums.

24. Etwas Kaliumferrocyanid-Lösung aus der Standflasche des Laboratoriums werde mit etwa dem doppelten Raumteile Bromwasser versetzt und aufgekocht, bis der "Überschuß des Broms weggekocht ist und nur farblose Wasserdämpfe aus dem Probierglase aufsteigen. Die bräunliche Lösung enthält jetzt K a l i u m f e r r i c y a n i d K3[Fe(CN)6], „rotes Blutlaugensalz". 2K 4 [Fe(CN) 6 ] + Br 2 = 2K 3 [Fe(CN) 8 ] + 2KBr . 2 5 * Mit dieser Lösung werden dieselben Versuche wie mit der Natriumferrocyanid - Lösung angestellt. Man erhält mit Natronlauge und Ammoniumsvlfid ebenfalls k e i n e Niederschläge. Ferrichloridgibt keine Fällung, sondern nur Dunkelfärbung der Lösung. Dagegen erhält man mit einem Ferrosalz einen tiefblauen Niederschlag von Berliner Blau. Die auffällige Bildung von Berliner Blau erklärt sich daraus, daß Kalium ferricyanid das Ferrosalz zunächst zum Ferrisalz oxydiert, wobei es selbst in Kaliumferrocyanid übergeht; gleichzeitig setzen sich Ferrisalz und Kaliumferrocyanid unter Abscheidung von Berliner Blau um.

26. Während der Ferrocyanidkomplex, wie S. 99, Nr. 5 gezeigt wurde, gegen k a l t e Säuren beständig ist, wird er durch h e i ß e verd ü n n t e S ä u r e n zersetzt. Ein erbsengroßes Stück Kaliumferrocyanid werde unter dem Abzüge im Probierglase mit 1—2 ccm verdünnter Schwefelsäure bis zum Kochen der Lösung erhitzt. Es entweicht B l a u s ä u r e , die an ihrem Gerüche ( V o r s i c h t ! ) leicht zu erkennen ist. 27. Durch h e i ß e k o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure wird auch die Blausäure zerlegt, und zwar in Kohlenoxyd und Ammoniak: HCN + H 2 0 = CO + NH 3 . Ein bohnengroßes Stück Kaliumferrocyanid werde

Kobalt

120

im Probierglase mit 2 ccm konzentrierter Schwefelsäure erhitzt, bis Aufschäumen auftritt. Die von der Flamme entfernte Masse kocht lebhaft weiter, wobei farbloses K o h l e n o x y d entweicht, das mit blauer Flamme brennt. Der Umsetzungsverlauf entspricht etwa folgender Gleichung: K 4 [Fe(CN) g ] + 6 H 2 0 + 6 H 2 S 0 4 = 6 CO 4- F e S 0 4 + 2 K 2 S 0 4 + 3 ( N H 4 ) 2 S 0 4 . Zu den komplexen Eisencyaniden gehört auch das S. 45 erwähnte N a t r i u m n i t r o p r u s s i d ; es besitzt die Formel Na 2 [Fe(CN) 5 NO]• 2 H 2 0 . Ferner bilden die I'e 3+ -Ionen mit vielen anderen Anionen mehr oder weniger feste Komplexe, so z. B. auch mit C l ~ - I o n e n [FeCl 6 ] 3 ~-Komplexe. Daher sind salzsaure Ferrisalz-Lösungen stärker gelb gefärbt als schwefelsaure. Besonders fest sind die Komplexe mit P h o s p h a t - I o n e n , die farblos sind. Man erkennt dieses Verhalten an folgendem Versuch:

¡48. Man oxydiere nach S. 116, Nr. 10 Ferrosulfat mit Salpetersäure zur Ferrisalzlösung. Die fast farblose Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Salzsäure: die Lösung wird gelbbraun. Dann gebe man reichlich Phosphorsäure-Jjösung hinzu: die Lösung wird fast vollständig entfärbt. Kobalt Das grausilberweiße, bei 1490° schmelzende Metall löst sich in verdünnten starken Säuren. Dabei entstehen Salze des zweiwertigen Kobalts. Von einfachen Salzen des dreiwertigen Kobalts kennt man nur das Fluorid CoF3, sowie das außerdem zweiwertiges Kobalt enthaltende Oxyd Co 3 0 4 (vgl. S. 92). Dagegen leiten sich vom dreiwertigen Kobalt zahlreiche beständige Komplexverbindungen ab, z. B. mit Cyanwasserstoff, Ammoniak, salpetriger Säure usw.

1. Eine Probe einer Ä'oftaZi-Verbindung färbt die Phosphorsalzperle t i e f b l a u . Die gleiche Farbe zeigt kobalthaltiges Glas, was man in der Glasindustrie und in der Keramik verwendet. Einfache Kobaltsalze. 2 . Natronlauge: Etwas KobaltsalzLösung werde mit etwas Natronlauge versetzt; es fällt blaues basisches Salz aus, das beim Erwärmen der Mischung mit mehr Natronlauge in schön rosenrotes C o b a l t o h y d r o x y d übergeht. CoCl2 + 2NaOH = Co(OH) 2 + 2 N a C l . 3 . Bei Zusatz von Bromwasser erhält man schwarzes wasserhaltiges C o b a l t i h y d r o x y d . 2Co(OH) 2 + Br 2 + 2NaOH = 2Co(OH) 3 + 2NaBr . Über das Verhalten gegen Ammoniak 4 . Schwefelwasserstoff Ferrosalz - Lösungen.

verhält

vgl. S. 121, Nr. 7.

sich ganz ähnlich wie gegen

Kobalt

121

5. Ammoniumsulfid fällt das schwarze C o b a l t o s u l f i d quantitativ aus. Sehr merkwürdig ist es, daß sich der einmal gebildete Niederschlag nicht nennenswert in 1-normaler Salzsäure wieder auflöst, obwohl er aus einer Lösung dieses Säuregrades nicht ausfällt. Man überzeuge sich davon, indem man den Niederschlag abfiltriert, mit Wasser auswäscht, etwas davon in ein Probierglas bringt, mit 5-proz. Salzsäure versetzt und durchschüttelt. Dabei löst sich fast nichts auf. Worauf diese verminderte Lösbarkeit beim „ A l t e r n " des Kobaltsulfides zurückzuführen ist, weiß man noch nicht sicher. 6. Kaliumrhodanid: Eine kleine Probe äußerst verdünnter Kobaltsalz-Lösung, die nicht viel starke Säure enthalten soll, werde b i s z u r S ä t t i g u n g mit festem Kaliumrhodanid versetzt und dann etwa mit dem halben oder viertel Raumteil Äther, dem einige Tropfen Amylalkohol zugesetzt sind, durchgeschüttelt. Es bildet sich C o b a l t o r h o d a n i d , das sich in der Äther-Amylalkohol-Schicht mit tiefblauer Farbe löst. Co(N0 3 ) 2 + 2KCNS = 2 K N 0 3 + Co(CNS) 2 . Dies ist eine der empfindlichsten Prüfungsmethoden auf Kobalt, mit deren Hilfe sehr kleine Mengen Kobalt auch neben viel Nickel nachgewiesen werden können. Ist gleichzeitig Eisen zugegen, so verhindert man die Bildung des Ferrirhodanids — das durch seine tiefrote Farbe die Blaufärbung kleiner Kobaltmengen verdecken könnte, da es sich ebenfalls im Äther löst — durch Zusatz von etwas festem Natriumfluorid, das die Ferriionen in farblose fluorhaltige Komplexe, z. B. [FeFJ 3- , überführt.

Komplexverbindungen. Die Komplexverbindungen des z w e i wertigen Kobalts sind unbeständig und werden leicht zu solchen der dreiwertigen Stufe oxydiert. 7. Gibt man z. B. zu einer Cobaltosalz-Lösung r e i c h l i c h Ammoniak-Lösung, so löst sich das zunächst gebildete blaue basische Salz zu einer gelblich-braunen Lösung auf, die komplexe A m m o n i a k a t e der zweiwertigen Stufe enthält. Bald aber ändert sich die Farbe der Lösung; sie wird rötlich, weil unter der Einwirkung des Luftsauerstoffs ein Übergang in die dreiwertige Stufe erfolgt. 8. Versetzt man Cobaltosalz-Lösung mit sehr wenig frisch bereiteter Natriumcyanid-Lösung, so fällt schmutzigbraunes Cob a l t o c y a n i d aus. Ein Überschuß von Natriumcyanid löst den Niederschlag zu einer hellbraunen Lösung des sehr unbeständigen komplexen N a t r i u m c o b a l t o c y a n i d s . CO(N03)2 + 2NaCN = Co(CN)2 + 2 N a N 0 3 CO(CN)2 + 4NaCN = Na 4 [Co(CN) 6 ]. Ein kleiner Teil der Lösung werde sofort angesäuert: es fällt wieder C o b a l t o c y a n i d aus. Der Versuch gelingt am besten, wenn

122

Nickel

die Cobaltosalz- und die Natriumcyanid-Lösung jede für sich aufgekocht und dadurch von gelöster Luft befreit, vor dem Mischen aber wieder abgekühlt waren. 9. Die übrige Lösung schüttele man im Probierglase tüchtig mit Luft durch oder koche sie besser einige Minuten lang; sie oxydiert sich zu N a t r i u m c o b a l t i c y a n i d - L ö s u n g . 4Na4[Co(CN)6] + 2 H 2 0 + 0 2 = 4Na3[Co(CN)6] + 4NaOH . Der [Co(CN)e]3~-Komplex ist äußerst wenig dissoziiert. Weder Ammoniumsulfid noch Natronlauge noch Natronlauge und Bromwasser (Unterschied von Nickel, vgl. S. 123, Nr. 5) geben einen Niederschlag. Durch Salzsäure wird er ebensowenig angegriffen wie der [Fe(CN)„]4--Komplex. 10. Schließlich sei noch ein Komplex beschrieben, der sich überhaupt nur mit d r e i wertigem Kobalt bildet. Gibt man zu einer neutralen Lobaltosalz-Lösung einen reichlichen Überschuß einer konzentrierten Sösung von Kaliumnitrit (KN0 2 ), so bildet sich kein Niederschlag. Cetzt man jedoch jetzt Essigsäure zu, so oxydiert die dadurch in Freiheit gesetzte salpetrige Säure (vgl. S. 167) — von der die Hauptmenge in Wasser und Stickoxyde zerfällt, die entweichen — das Kobalt in die dreiwertige Form, und es bildet sieh ein gelber Niederschlag von h e x a n i t r i t o c o b a l t i s a u r e m K a l i u m (K3[Co(N02)6]). Da das entsprechende Natriumsalz leicht löslich ist, kann man diese Reaktion bei entsprechender Umänderung zu einem empfindlichen Nachweis für Kalium benutzen.

Nickel Nickel ist als Metall dem Kobalt sehr ähnlich. Es bildet — wenn man von einem wasserhaltigen höheren Oxyd von noch unbekannter Zusammensetzung absieht — nur Verbindungen der zweiwertigen Stufe. Auch die Komplexverbindungen leiten sich im Gegensatz zum Kobalt nur von der zweiwertigen Stufe ab. Die Umsetzungen der Nickelsalze sind denen der Kobaltsalze sehr ähnlich.

1. Die Phosphorsalzperle der Nickelverbindungen ist in der Hitze b r ä u n l i c h g e l b , nach dem Erkalten heller. Minfache Nickelsalze. 2. Natronlauge fällt hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d — also kein basisches Salz wie beim Kobalt. Auf Zusatz von Bromwasser entsteht ein wasserhaltiges h ö h e r e s O x y d unbekannter Zusammensetzung. 3. Schwefelwasserstoff und Ammoniumsulfid geben dieselben Erscheinungen wie beim Kobalt. Führt man die Fällung mit gelbem Schwefelammonium aus, so erhält man Nickelsulfid zum Teil in

Nickel

123

kolloidem Zustande (vgl. S. 138), das beim Filtrieren als braune Lösung durch das Filter läuft. Aus dieser Lösung läßt sich das Nickelsulfid nur schwierig abscheiden. Beim analytischen Arbeiten verwende man deshalb zur Fällung von Nickelsulfid nur frische, f a r b 1 o s e Schwefelammonium-Lösung, die j ene Erscheinung nicht zeigt. Nickelsulfid zeigt ähnliche Alterungserscheinungen wie Kobaltsulfid. Komplexsalze. 4. Ammoniak fällt, wenn es tropfenweise zugesetzt wird, zunächst hellgrünes N i c k e l h y d r o x y d . Der geringste Überschuß an Ammoniak löst den Niederschlag wieder, weil sich die komplexen Hexammin nickel ionen [Ni(NH 3 ) e ] 2 + bilden; ihre Lösung sieht tiefblau aus mit schwachem Stich ins Rötliche. 5. Natriumcyanid fällt, wenn in geringer Menge zugesetzt, weißgrünliches Nickelcyanid. Ni(NOg)2 + 2NaCN = Ni(CN) a + 2NaN0 3 . Ein Überschuß an Natriumcyanid löst zu einer gelben Lösung des komplexen Natriumnickelcyanids Na 2 [Ni(CN)J. Dieser Komplex ist nur mittelstark. Zwar fallen mit Natronlauge und Ammoniumsulfid keine Niederschläge. Säuert man jedoch an, so fallt Nickelcyanid wieder aus und Blausäure entweicht. Gibt man schließlich reichlich Bromwasser und Natronlauge zu, so wird der Komplex ebenfalls zerstört (Unterschied von Kobalt!) und schwarzes höheres Nickeloxyd fallt aus. Zum Nachweis der Elemente Kobalt und Nickel nebeneinander und zu ihrer Trennung sind bei der Ähnlichkeit ihrer Reaktionen nur wenige Umsetzungen geeignet. Zum N a c h w e i s von K o b a l t neben Nickel kann die Kaliumrhodanidreaktion dienen. Zur T r e n n u n g läßt sich der K 3 [Co(N0 2 ) 6 ]-Komplex verwenden. Auch kann man die verschiedene Beständigkeit der Cyankomplexe (Verhalten gegen Brom und Natronlauge) heranziehen. Die beste Nachweisreaktion für N i c k e l und gleichzeitig die beste T r e n nungsmethode ist die nachstehende Diacetyldioximreaktion. Diese kompliziert zusammengesetzte organische Verbindung bildet nämlich in essigsaurer oder ammoniakalischer Lösung mit Nickel ein sehr schwer lösliches Salz, das zur Klasse der innerkomplexen Salze (vgl. S. 100) gehört. Das Nickel-diacetyldioxim ist gleichzeitig ein besonders charakteristisches Beispiel für die Verwendung organischer Reagentien in der analytischen Chemie, die steigend an Bedeutung gewinnen.

6. Ein Tropfen Nickelsalz-Lösung wird mit Wasser auf etwa einen Kubikzentimeter verdünnt. Nach Zugabe von etwa 1/2 ccm einer 1-proz. alkoholischen Lösung von Diacetyldioxim färbt sich die Lösung rot, und alsbald scheidet sich ein voluminöser hochroter Niederschlag ab, der aus feinen Nädelchen (Mikroskop!) besteht. Aus mineralsaurer Lösung fallt der Niederschlag erst beim Neutralisieren mit Ammoniak oder nach dem Abstumpfen mit Natriumacetat aus.

124

Chrom

Chrom Während beim Eisen die der Gruppenzahl entsprechende (vgl. S. 31) positive Höchstwertigkeit 8 bei keiner Verbindung erreicht wird, kennt man bei dem in der 7. Gruppe stehenden Element Mangan Salze der Übermangansaure mit siebenwertigem Mangan und bei dem in der 6. Gruppe stehenden Chrom eine Reihe von Verbindungen mit aechswertigem Chrom. Diese Verbindungen gehen leicht in niederwertige Verbindungen über und stellen daher besonders starke O x y d a t i o n s m i t t e l dar, die viel verwendet werden. Die meist gelb gefärbten C h r o m a t e , Salze der im freien Zustande nicht darstellbaren Chromsäure H 2 Cr0 4 , stehen in ihren Löslichkeitsverhältnissen den entsprechenden Sulfaten nahe. Die gelben [Cr0 4 ] 2_ -Ionen sind nur in alkalischen oder neutralen Lösungen vorhanden; bei Zuführung von H + -Ionen bilden sich nicht den Bisulfationen analoge [HCr0 4 ] _ -Ionen, sondern unter Wasserabspaltung rote [Cr 2 0 7 ] 2_ -Ionen: 2[Cr0 4 ] 2 " + 2H+ = [ 0 2 0 7 ] 2 " + H 2 0 . Die ebenfalls roten Salze, z. B. K 2 Cr 2 0,, bezeichnet man als „ P y r o c h r o m a t e " oder — nicht ganz konsequent — als „ B i c h r o m a t e " . Versetzt man schließlich eine konzentrierte Pyrochromatlösung mit konzentrierter Schwefelsäure, so scheidet sich nicht die Chrom- oder Pyrochromsäure, sondern das Anhydrid Cr0 3 , C h r o m t r i o x y d , in tiefroten Nadeln ab. Ferner 2— kennt man noch ein „ P e r o x y d " Cr0 6 . In diesem sind zwei O-Teilchen des Cr0 3 durch doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppen ersetzt, wie sie auch im Na 2 0 2 vorhanden sind (vgl. S. 57 u. 162/163). Cr0 5 enthält also ebenfalls nur sechswertiges Chrom: 0Cr(0 2 ) 2 . Dreiwertiges Chrom. Die Chromiverbindungen sind den Aluminiumund Fernverbindungen ähnlich. Chromihydroxyd Cr(OH)3 ist amphoter wie Aluminiumhydroxyd. Die K o m p l e x v e r b i n d u n g e n des dreiwertigen Chroms schließen sich mehr denen des dreiwertigen Kobalts als denen des dreiwertigen Eisens an. Die große Beständigkeit und Vielgestaltigkeit der komplexen Chromiverbindungen (einschließlich der Hydrate) bedingen ihr verwickeltes Verhalten. Diese Komplexbildung äußert sich u. a. darin, daß w a s s e r h a l t i g e C h r o m i s a l z e in manchen Fällen violett, in anderen grün aussehen. Dies ist auf einen verschiedenen Aufbau von Komplexen zurückzuführen; so entspricht z.B. das kristallisierte b l a u v i o l e t t e Chromichloridhydrat der Formel [Cr(H20)6]Cl3, das g r ü n e der Formel [Cr(H 2 0) 4 Cl 2 ]Cl-2H 2 0. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß man auch Salze der zweiwertigen Stufe (Chromosalze) kennt; diese sind jedoch wenig beständig. Oxydationswirkungen des sechswertigen Chroms. Bringt man Chromate oder Pyrochromate mit oxydierbaren Substanzen zusammen, so gehen sie in die dreiwertige Stufe über; je Chromatom werden also 3 positive Ladungen abgegeben. So verläuft z. B. die Einwirkung zwischen Kaliumpyrochromat und k o n z e n t r i e r t e r S a l z s ä u r e (verdünnte Salzsäure wird nicht nennenswert oxydiert!) nach der Gleichung1) K 2 Cr a 0 7 + 14HCl = 3C12 + 2CrCl3 + 2KC1 + 7H 2 0 . Besser noch ersieht man aus der Ionengleichung: [Cr 2 0 7 ] 2 " + 6C1" + 14H+ = 3C12 + 2Cr 3 + + 7H 2 0 , daß je 3 positive Ladungen von den beiden sechsfach positiv geladenen Chromatomen abgegeben und zur Oxydation von 6Cl~-Ionen benutzt worden *) Geht man von C h r o m a t aus, so gilt die gleiche Umsetzungsgleichung, da ja Cr0 4 2 ~-Ionen in saurer Lösimg in Cr 2 0 7 2_ -Ionen übergehen.

Chrom

125

sind. Gleichzeitig werden aber dabei sehr viel H+-Ionen verbraucht. So kann z. B. bei der Einwirkung von Bichromat auf Schwefelwasserstoff bei ungenügender Säuremenge die Reaktion der Lösung alkalisch werden, so daß am Anfang die Umsetzung nach der Gleichung [(>j0,] 2 - + 3H2S~+ 8H+ = 3S°+ 2Cr3+ + 7H 2 0 erfolgt, am Ende jedoch nach der Gleichung 2[Cr04]2~ + 3S 2 ~ + 8HaO = 3 V + 26r(OH)3 + IOOH-. Führt man die eben besprochene Einwirkung zwischen Bichromat und Salzsäure bei Abwesenheit von Wasser in Anwesenheit eines wasserbindenden Mittels durch, z. B. durch Erhitzen eines Gemisches von Kaliumbichromat, Kochsalz und konzentrierter Schwefelsäure, so bildet sich neben etwas Chlor eine leicht flüchtige Verbindung der Zusammensetzung Cr02CI2. Dieses „Chromylchlorid"1) ist das „Säurechlorid" der hypothetischen Chromsäure, in der die beiden Hydroxylgruppen durch Chlor ersetzt sind: 0

OH HCl Cr + -;;;: = 2ILO + 0 2 CrCl,. O ÜH HCl Die Chromsäure wirkt hier gleichsam als Base. Da sie natürlich eine äußerst schwache Base ist, entsteht Chromylchlorid nur unter der wasserbindenden Wirkung von Schwefelsäure. Kommt Chromylchlorid mit Wasser zusammen, so tritt Hydrolyse ein, es bilden sich die freie „Base" (Chromsäure, die sofort in Pyrochromsäure übergeht) und die freie Säure (Salzsäure). Mit Lauge erfolgt die entsprechende Umsetzung: Cr02Cl2 + 4NaOH = Na2Cr04 + 2NaCl + 2 H 2 0 . Chrommetall ist dem Eisen ähnlich; es besitzt eine hellgraue Farbe mit einem Stich ins Blaue und schmilzt oberhalb 1700°. In verdünnter Salzoder Schwefelsäure löst es sich unter Wasserstoffentwicldung. In Salpetersäure dagegen löst es sich kaum („Passivierung"). Da sich Chrom — wie Aluminium — an der Luft mit einer festhaftenden Oxydschicht bedeckt, halten sich verchromte Gegenstände sehr gut, vorausgesetzt, daß sie nicht Säuredämpfen ausgesetzt werden. Im Laboratorium sind sie ebenso unbrauchbar wie vernickelte (vgl. S. 1). 1 . Chromverbindungen färben die PJiosphorsalzperle sowohl in der Oxydations- als auch in der Reduktionsflamme grün. S2> Man löse etwas fein gepulvertes violettes Chromisulfat oder „Chromalaun" (vgl. S. 99, Nr. 4) in kaltem Wasser, wobei eine violette, bald mehr ins Blaue, bald mehr ins Rote schillernde Lösung entsteht. Man koche eine Probe dieser Lösung auf; sie färbt sich tief grün. Beim Stehen in verdünnter Lösung bei Zimmertemperatur wird die grüne Lösung langsam wieder violett. l ) Die Endung „yl" bezeichnet ganz allgemein geladene Gruppen aus einem Metall oder Nichtmetall und Sauerstoff, die gleichsam als einheitlicher 3+ Bestandteil in Verbindungen eintreten. Z. B.: [SbO]+ Antimonyl, SbOCl 6+ Antimonylchlorid; [U0 2 ] 2+ Uranyl, U0 2 (N0 3 ) 2 Uranylnitrat. Man kann diese Verbindungen auch als Anhydride von — hypothetischen — basischen Salzen auffassen: Sb(OH)2Cl— H 2 0 = SbOCl.

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Chrom

Reaktionen der Chromisalze. Zu den folgenden Umsetzungen werde die violette Lösung benutzt. 3 . Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fallt graugrünes Chromihydroxyd. Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6NaOH = 2Cr(OH 3 ) + 3 N a 2 S 0 4 . Ein Überschuß von Natronlauge löst das Chromihydroxyd zu einer prächtig smaragdgrünen Lösung von N a t r i u m c h r o m i t . 3 N a O H + H 3 Cr0 3 = Na 3 Cr0 3 + 3 H 2 0 bzw. 3 N a O H + Cr(OH) 3 = N a j t C r i O H y . Verdünnt man diese Lösung und kocht einige Minuten, so fällt das Chromhydroxyd infolge von Hydrolyse wieder aus. 4* Ammoniak fallt graugrünes C h r o m i h y d r o x y d , von dem meist ein wenig in der ammoniakalischen Lösung komplex gelöst bleibt und sie rötlich färbt. Man filtriere und koche das rosafarbige Filtrat einige Minuten: es entfärbt sich, und der Rest Chromihydroxyd fallt aus. 5« Natriumcarbonat fallt unter Kohlendioxydentwicklung graugrünes C h r o m i h y d r o x y d . Cr 2 (S0 4 ) 3 + 3Na 2 C0 3 + 3 H 2 0 = 2Cr(OH) 3 + 3 C 0 2 + 3Na 2 S0 4 . 6. Schwefelwasserstoff 7. Ammoniumsulfid

fallt nichts. fällt

Chromihydroxyd.

Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6 (NH 4 ) 2 S + 6 H 2 0 = 2Cr(OH) 3 + 6(NH 4 )HS + 3 (NH 4 ) 2 S0 4 . Chromisulfid ist nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser erleidet es Hydrolyse. Den Übergang von der dreiwertigen in die aechswertige Stufe kann man Bowohl auf nassem wie auf trockenem Wege bewirken; er erfolgt am leichtesten in alkalischem Medium. 8. Man erwärme eine Alkalichromit-Lösung mit einem Oxydationsmittel, z. B. Bromwasser oder Wasserstoffperoxyd; sie färbt sich g e l b . 2Na 3 [Cr(OH) g ] + 3Br 2 + 4 N a O H = 2Na 2 Cr0 4 + 6 N a B r + 8 H 2 0 . Die Oxydation auf trockenem Wege erfolgt im Laboratorium durch die Soda-Salpeter-Schmelze. Das Alkalinitrat dient dabei als Oxydationsmittel, weil es sich bei höheren Temperaturen in Nitrit und Sauerstoff zersetzt (vgl. S. 37). Die Soda liefert das erforderliche Alkali. Die Oxydation von Chromioxyd zum Chromat kann man demnach folgendermaßen formulieren: 2KN0 3 = 2KNOa + 0 2 2Cra03 + 3 0 2 = 4Cr0 3 CrOß + Na2C08 = Na2Cr04 + C0 2 . 9. Etwas Chromihydroxyd werde auf eine mehrfache Schicht Filtrierpapier gestrichen, die das Wasser aufsäugt und den Nieder-

127

Chrom

schlag somit einigermaßen trocknet. Der nur noch schwach feuchte Rückstand werde mit etwa der doppelten bis dreifachen Menge eines Gemisches von Kaliumnitrat und wasserfreiem Natriumcarbonat auf einer Magnesiarinne geschmolzen. Die entstehende gelbe Schmelze liefert mit Wasser gelbe Chromat-Lösung. Sechswertiges Chrom. Zu den folgenden Umsetzungen werde etwas Kalium Chromat-Lösung des Laboratoriums verwendet. 1 0 . Gibt man zu der gelben Lösung verdünnte Schwefel- oder Salzsäure, so wird sie r o t , weil Pyrochromationen entstehen. 2 [CrOJ 2 - + 2H+ = [Cr 2 0 7 ] 2- + H 2 0 . Gibt man zu der roten Pyrochromat-Lösung Natronlauge oder Ammoniak-Lösung, so wird sie wieder gelb. [Cr 2 0 7 ] 2- + 2OH- = 2[Cr0 4 ]*- + H 2 0 . Diese Überführung von [Cr04]2~-Ionen in [Cr207]2~-Ionen und umgekehrt kann man mit der gleichen Probe behebig oft durchführen. Die beiden Gleichungen kann man — unter Benutzung der S. 78/79 abgeleiteten Gleichungen [H+]-[OH~] = K w — zu folgender Gleichgewichtsgleichung zusammenfassen: [[Cr0 4 ?-] 2 -[H+] 2

K

[[Cr207]2i Diese Gleichung erklärt ohne weiteres, warum nach S. 67 B a r i u m -

C h r o m a t nur aus essigsaurer, nicht aber aus mineralsaurer Lösung ausfällt.

Im letzten Falle ist nämlich infolge der großen H+-Ionenkonzentration die Konzentration an [Cr0 4 ] 2_ -Ionen so klein, daß das an sich sehr kleine Löslichkeitsprodukt des Bariumchromats nicht überschritten wird. In essigsaurer Lösung ist [H + ] wesentlich kleiner; die Konzentration an [Cr0 4 ] 2- -Ionen ist zwar gegenüber der der [Cr 2 0,] 2- -Ionen immer noch klein, sie reicht aber zur Fällung von Bariumchromat aus.

11. Bleiacetat fällt einen sattgelben Niederschlag von B l e i - j Chromat („Chromgelb"), der in Essigsäure unlöslich, in Salpetersäure oder Natronlauge löslich ist. K 2 Cr0 4 + Pb(CH3C02)2 = PbCr0 4 + 2K(CH3C02) PbCr0 4 + 4NaOH = Na2[Pb(OH)J + Na 2 Cr0 4 . Beim Übergießen mit Ammoniaklösung geht der Bleichromatniederschlag in bräunlich-rotes basisches Bleichromat über. 12. Silbernitrat erzeugt einen dunkelbraunroten Niederschlag von Silber Chromat. Auf Zusatz von Salzsäure oder Chloriden wird der Niederschlag weiß, weil er sich zu Silberchlorid umsetzt. K 2 Cr0 4 + 2AgN0 3 = Ag2Cr04 + 2KN0 3 2Ag2Cr04 + 4HCl = 4AgCl + H 2 0 + H 2 Cr 2 0 7 .

128

Chrom

Silberchlorid hat also ein geringeres Löslichkeitsprodukt als Silberchromat. 13. Mercuronitrat gibt einen tief orangeroten Niederschlag von amorphem M e r c u r o c h r o m a t Hg 2 Cr0 4 . Beim Aufkochen der mit etwas Salpetersäure versetzten Masse entstehen daraus Kristalle von prachtvoll roter Farbe. 14. Wasserstoffperoxyd: Ein Tropfen KaliumpyrochromatLösung werde mit wenigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und wenig Wasserstoffperoxyd-Lösung versetzt. Es entsteht eine tiefblaue Lösung von C h r o m p e r o x y d Cr0 5 . Schüttelt man diese sofort mit 1—2 ccm Äther, so geht das blaue Oxyd in den Äther über. Später verblaßt die Farbe, weil nach folgender Gleichung Zersetzung erfolgt: 4Cr0 5 + 6 H 2 S 0 4 = 2Cr 2 (S0 4 ) 3 + 6 H 2 0 + 7 0 2 . 15. C h r o m y l c h l o r i d : Man pulvere und mische so viel festes Kaliumpyrochromat, wie eine Erbse ausmacht, mit ebensoviel Kaliumchlorid und erwärme die Mischung in einem Probierglase mit Gasableitungsrohr (vgl. auch Fig. 11, S. 18) mit 1—2 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Den entstehenden braunen Dampf von Cr0 2 Cl 2 leite man so in ein vorgelegtes Probierglas über 2—3 ccm verdünnte Natronlauge, daß das Ableitungsrohr nicht in die Natronlauge eintaucht. I n der Natronlauge läßt sich dann das durch Hydrolyse gebildete Chromat mit Schwefelsäure und Wasserstoffperoxyd leicht nachweisen. Als Chromsäureehlorid kann also das Chrom leicht destilliert werden. Ein entsprechendes Chromyl-Bromid oder - Jodid existiert nicht. Infolgedessen kann das Auftreten einer flüchtigen Chromverbindung, das an dem Chromgehalte der vorgelegten Natronlauge zu erkennen ist, zum Nachweise von Chlor, das sich neben Jod und Brom sonst schwer mit Sicherheit erkennen läßt, dienen. Überdestillierendes Brom sieht zwar ganz ähnlich aus wie Chromylchlorid; es würde jedoch mit der Natronlauge eine farblose oder fast farblose und vor allem chromfreie Lösung geben.

Oxydationen mit Chromat und Pyrochromat. 16. Man koche etwas Kaliumpyrochromat mit starker Salzsäure. E s entweicht C h l o r , während sich die Lösung unter Reduktion des Chromates zu Chromisalz grün färbt (vgl. S. 124). 17. Zu einer mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerten Pyrochromat-Lösung gebe man Schwefelwasserstoff wasser. Die Lösung färbt sich grün, und es scheidet sich weißer S c h w e f e l aus. 18. Man wiederhole den Versuch mit einer Chromat-Lösung ohne Säurezusatz. Es fällt ein Gemisch von S c h w e f e l und graugrünem C h r o m i h y d r o x y d . Lackmuspapier zeigt alkalische Reaktion der Lösung an. Über die Umsetzungsgleichungen vgl. S. 125. 19. Man versetze ein wenig Kaliumpyrochromat-Lösung reichlich mit Schweflig säure-Lösung; das Chromat wird zu Chromisulfat

Mangan

129

r e d u z i e r t , wobei eine e n t s p r e c h e n d e Menge Schwefel a u s der vierfach i n die sechsfach positiv geladene S t u f e übergeht. K 2 S 2 0 7 + 4 H 2 S 0 3 = &2(S04)3 + K2S03 + 4 H 2 0 . 2 0 . Man e r w ä r m e e t w a s K a l i u m p y r o c h r o m a t - L ö s u n g m i t ebensoviel Alkohol u n d e t w a s verdünnter Schwefelsäure u n d a c h t e auf d e n d a b e i a u f t r e t e n d e n eigentümlichen Geruch von A l d e h y d , einem O x y d a t i o n s p r o d u k t e des Alkohols. 2K2Cr207 + 8 H 2 S 0 4 = 2Cr2(S04)3 + 3 0 2 + 8 H 2 0 + 2 K 2 S 0 4 2CH3CH2OH + 0 2 = 2 H 2 0 + 2CH3CHO Alkohol

Aldehyd

21. D e r v o r l e t z t e n Gleichung e n t s p r e c h e n d k a n n m a n d u r c h E r wärmen von gepulvertem Kaliumpyrochromat m i t konzentrierter Schwefelsäure a u c h S a u e r s t o f f g a s darstellen. M a n stelle dies d u r c h einen Probierglasversuch fest, wobei m a n d e n e n t s t e h e n d e n Sauerstoff d u r c h d a s A u f f l a m m e n eines g l i m m e n d e n S p a n e s nachweise.

Mangan Mangan kommt in ungewöhnlich zahlreichen Wertigkeitsstufen vor. Die schwach rosa gefärbten Manganosalze, die sich vom zweiwertigen Mangan ableiten, stehen den Ferro- und besonders den Magnesiumsalzen nahe. Die Manganisalze, in denen das Mangan dreiwertig ist, sind unbeständig. Vom vierwertigen Mangan leitet sich das Mangandioxyd Mn0 2 ab, der Hauptbestandteil des „Braunsteins". Bei der Soda-Salpeterschmelze entstehen die grünen Manganate (z. B. K 2 Mn0 4 ), die sechswertiges Mangan enthalten. Mit Wasser disproportionieren diese gemäß 3K 2 Mn0 4 + 2 H 2 0 = 2KMn0 4 + Mn0 2 + 4KOH , wobei neben Braunstein mit vierwertigem Mangan Fermanganat mit siebenwertigem. Mangan entsteht. Festes Kaliumpermanganat KMn0 4 bildet tiefrote, fast schwarze Kristallnadeln, die sich in Wasser mit tiefvioletter Farbe lösen. Permanganate sind starke Oxydationsmittel. Durch oxydierbare Stoffe werden sie in a l k a l i s c h e r Lösung in B r a u n s t e i n überführt. J e Mangan-Atom werden dabei d r e i positive Ladungen abgegeben, z . B . : 2KMn0 4 + 3(NH4)2S = 3S + 2Mn0 2 + 2KOH + 6NH 3 + 2 H 2 0 bzw. 2[MnO] 4 1_ + 3 S 2 - + 4 H 2 0 = 3S + 2Mn0 2 + 8OH" . Als Zwischenstufe bildet sich dabei M a n g a n a t : 2[Mn0 4 ] 1 - + S 2 - = 2[Mtt0 1 ] 2 - . In s a u r e r Lösung geht die Reduktion bis zum Manganosalz; jedes Manganatom gibt in diesem Falle f ü n f positive Ladungen ab: [MnOJ 1 - + 5Fe 2 + + 8H+ = Mn 2 + + 5Fe 3 + + 4 H 2 0 . Aus diesen Umsetzungen folgt, daß die beständigste Stufe des Mangans in s a u r e r Lösung die z w e i w e r t i g e ist, während in a l k a l i s c h e r die v i e r B i l t z , Einführung. 2 4 . - 2 6 . Aufl.

9

130

Mangan

wertige bevorzugt ist. Die Unbeständigkeit des vierwertigen Mangans in saurer Lösung folgt auch aus dem Versuch auf S. 18, bei dem sich bei der Einwirkung von Salzsäure auf Braunstein Chlor bildete. Hier entsteht als Zwischenprodukt vermutlich Mangantetrachlorid MnCl« (vgl. S. 33); dieses ist jedoch als Derivat des vierwertigen Mangans in saurer Lösung nicht beständig und zerfällt daher in Manganochlorid und Chlor. Andererseits erkennt man die Unbeständigkeit des zweiwertigen Mangans in a l k a l i s c h e r Lösung auch daran, daß eine Fällung von Manganohydroxyd Mn(OH)2, die man durch Einwirkung von Natronlauge auf Manganosalz - Lösungen erhält, an der Luft dunkel wird, weil Bie schon durch den Luftsauerstoff oxydiert wird. Allerdings wird dabei die vierwertige Stufe nicht erreicht, man erhält vielmehr Manganihydroxyd Mn(OH)a.

Manganoverbindungen. Diese entsprechen so weitgehend den Magnesiumverbindungen, daß die S. 68/69 für diese angegebenen Vorschriften auch für die Manganoverbindungen gelten. Man führe unter Benutzung einer Manganosalz-Lösung des Laboratoriums Versuche mit folgenden Reagentien durch: 1. Natronlauge: Weiße Fällung von Hydroxyd, das sich im Überschuß nicht auflöst. 2. Ammoniak: Ebenfalls Hydroxydfällung, nicht löslich in viel Ammoniak - Lösung, aber löslich durch Ammoniumchlorid-Zusatz. Man hebe die Probiergläser mit den Versuchen mit Natronlauge und Ammoniak für später (Nr. 6) auf. 3. Natriumcarbonat: Weißer Niederschlag, der hier allerdings aus neutralem Carbonat besteht. 4. Natriumphosphat- plus Ammoniak - Lösung: Fällung von Ammonium mangano phosphat. 5« Ein wesentlicher Unterschied zwischen Mangano- und Magnesiumverbindungen besteht jedoch darin, daß aus Manganosalzen mit Ammoniumsulfid ein je nach den im Einzelfalle gewählten Bedingungen fleischfarbenes oder grünes S u l f i d fällt. In Essigsäure sowie in Mineralsäuren löst sich dieses auf. Schwefelwasserstoff gibt selbst aus schwach essigsaurer Lösung unter Abstumpfung mit viel Natriumacetat keine Fällung. Übergang in die dreiwertige Stufe. 6. Betrachtet man die mit Natronlauge erhaltene Fällung von Manganohydroxyd nach einiger Zeit wieder, so sieht man, daß sie sich von oben her dunkel färbt. Der Luftsauerstoff oxydiert bis zum Manganihydroxyd Mn(OH) 3 . Ebenso fällt aus einer mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak-Lösung versetzten klaren Manganosalz-Lösung nach einiger Zeit schwarzbraunes Hydroxyd der dreiwertigen Stufe aus, das also im Gegensatz zu dem Hydroxyd der zweiwertigen Stufe auch bei Gegenwart von Ammoniumchlorid nicht löslich ist. Alkalimanganat. 7. Man schmelze auf einer Magnesiarinne ein wenig Braunstein mit dem Drei- bis Vierfachen eines Gemisches

Mangan

131

von etwa gleich viel wasserfreiem Natriumcarbonat und Kaliumnitrat (vgl. S. 126). Es entsteht eine tiefdunkelgrüne Schmelze, deren Auftreten für das Vorhandensein auch sehr geringer Mengen von Mangan charakteristisch ist. Diese Schmelze wird deshalb in der Analyse zum Nachweis von Mangan benutzt. 2Mn0 2 + 2Na 2 C0 3 + 0 2 = 2Na 2 Mn0 4 + 2 C 0 2 . In kaltem Wasser löst sich die Schmelze mit der grünen Farbe der Manganationen. Nach kurzem Stehen tritt jedoch infolge Disproportionierung die violette Farbe des P e r m a n g a n a t i o n s auf, und Braunstein fallt aus. Später verschwindet auch die. violette Farbe wieder infolge der reduzierenden Wirkung des bei der Schmelze entstandenen Nitrits (vgl. S. 126 u. 167). 'Übermangansaure. 8. Man kann Übermangansaure auch unmittelbar durch Oxydation von Manganosalz mit Bleidioxyd erhalten. Zu diesem Zwecke koche man eine Mischung von etwa 5 ccm verdünnter und 1 ccm konzentrierter Salpetersäure mit einer Spatelspitze Bleidioxyd und zwei Tropfen Manganosulfat-Lösung wenige Minuten und lasse dann das Ungelöste sich absetzen. Die überstehende klare Lösung zeigt dann die rotviolette Farbe der Übermangansaure1). Bei dieser Umsetzung würde die Gegenwart von Chloriden stören. Oxydationen

mit

Permanganat

in

alkalischer

Lösung.

9. Man versetze 5 ccm verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen verdünnter Natronlauge und setze mit einem Glasstabe einen Tropfen verdünnter Ammoniumsulfid-Lösung hinzu. Sofort geht das Rotviolett in das tiefe Grün des K a l i u m m a n g a n a t e s über. Auf Zusatz von etwas mehr Ammoniumsulfid tritt Entfärbung ein, und ein dicker brauner Schlamm von wasserhaltigem M a n g a n d i o x y d setzt sich zu Boden. 1 0 . Man versetze 5 ccm verdünnte Kaliumpermanganat-Lösung mit einigen Tropfen Natronlauge und setze einige Tropfen Alkohol hinzu. Auch hier tritt zunächst Grünfarbung auf. Erhitzt man die Masse, so geht die Umsetzung weiter: Die Lösung entfärbt sich, und M a n g a n d i o x y d fällt aus. Dabei wird der Alkohol zu A l d e h y d (vgl. S. 129) oxydiert, dessen Geruch wahrzunehmen ist. 11. Die Reduktion des Permanganats kann in alkalischer Lösung auch mit Manganosalz erfolgen, wobei auch dieses in B r a u n s t e i n übergeht: 3MnCl2 + 2KMn0 4 + 4 K 0 H = 5Mji02 + 6KC1 + 2H 2 0 . 1

) Eine Abtrennung des überschüssigen Bleidioxyds durch Filtration ist nicht empfehlenswert, weil das Filtrierpapier die Übermangansaure reduzieren kann. 9«

132

Aufschließen

Man entfärbe eine alkalische Permanganat-Lösung durch Zutropfen von Manganosalz-Lösung. Dieser Versuch zeigt besonders deutlich, daß die vierwertige Stufe des Mangans in alkalischer Lösung bevorzugt ist. Oxydation in saurer Lösung. 12. Zu einer verdünnten Permanganat-Lösung gebe man verdünnte Schwefelsäure und Ferrosulfat-Lösung; die violette Farbe verschwindet und es tritt die schwach gelbe Farbe von Ferrisalzlösungen auf (vgl. S. 129). 13. Zu einer verdünnten Permanganat-Lösung gebe man Schwefligsäure-Lösung; es tritt Entfärbung ein. Die Umsetzung verläuft im wesentlichen nach der Gleichung: 2[Mn0 4 ] 1 _ + 5[SÖ 3 ] 2 - + 6 H + = 2Mn 2 + + 5 [ S 0 4 ] 2 ~ + 3 H 2 0 . Daneben treten jedoch noch andere Reaktionen (Bildung komplizierterer Schwefelsäuren, vgl. S. 163ff.) auf, so daß diese Umsetzung für quantitative Zwecke nicht brauchbar ist. 14. Man gebe zu 5 ccm verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung einige Tropfen O x a l s ä u r e - L ö s u n g und 1 / 2 —1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Die Lösung entfärbt sich. Dabei wird die Oxalsäure zu W a s s e r und K o h l e n d i o x y d oxydiert. Am besten macht man sich das so klar, daß das Oxalat-ion [0 2 C—C0 2 ] 2zu zweimal C0 2 entladen wird. Für ein Mol Oxalsäure braucht man also zwei positive Ladungen. Demnach sind Permanganat, das in saurer Lösung fünf Ladungen abgibt, und Oxalsäure im Molverhältnis 2 : 5 anzusetzen und man erhält: 2KMn0 4 + 5H0 2 C • C0 2 H + 3H 2 S0 4 = 10C0 2 + 2MnS0 4 + K 2 S0 4 + 8H 2 0. bzw. 2[Mn01]1~ + 5[0 2 C-C0 2 ] 2 - + 16H+ = 10C02 + 2Mn*+ + 8H 2 0 . Über die Umsetzung des Permanganats mit Wasserstoffperoxyd vgl. S. 163, Nr. 2, über die mit salpetriger Säure S. 168, Nr. 3. Aufschließen Viele feste Stoffe, z. B. hochgeglühte Oxyde von Aluminium, Eisen und Chrom, Bariumsulfat, Edelstähle usw. sind weder durch die Einwirkung von wäßrigen Lösungen noch durch konzentrierte Säuren oder Laugen in Lösung zu bringen; sie müssen vielmehr „aufgeschlossen" werden. Dieser Prozeß besteht meist im Zusammenschmelzen mit derart ausgewählten anderen Stoffen, daß neue, leichter in Lösung zu bringende Verbindungen entstehen. So gehen basische Oxyde, z.B. Ferrioxyd, beim Schmelzen mit dem s a u r e n Aufschlußmittel K a l i u m p y r o s u l f a t in die wasserlöslichen Sulfate über; Fe 2 0 3 + 3K 2 S 2 0 7 = Fe 2 (S0 4 ) 3 + 3K 2 S0 4 . Da das Pyrosulfat über die Formel K 2 S0 4 hinaus S0 3 enthält, das bei höherer Temperatur abgegeben wird (vgl. auch S. 133, Nr. 1), so liegt hier eine Einwirkung von Schwefelsäure-Anhydrid bei Temperaturen weit über dem Siedepunkt der Schwefelsäure vor.

Aufschließen

133

Saure Oxyde schmilzt man entsprechend mit b a s i s c h e n Stoffen wie Soda (seltener Borax) oder dem stärker wirksamen Ä t z n a t r o n . Dabei geht z. B. Siliciumdioxyd in wasserlösliches Natriumsilikat über. Si0 2 + Na 2 C0 3 = Na 2 Si0 3 + C 0 2 . Entsprechend behandelt man Verbindungen von Elementen, die lösliche Thiosalze bilden (Arsen, Antimon, Zinn; näheres s. S. 134/135 u. ff.), mit N a t r i u m p o l y s u l f i d , das beim Zusammenschmelzen von Soda und Schwefel entsteht. Z. B.: 2SnO a + 5Na 2 C0 3 + 9S = 2Na 2 SnS 3 + 3Na 2 S0 a + 5 C 0 2 . Amphotere Oxyde, wie Aluminiumoxyd, lassen sieb sowohl sauer als auch basisch aufschließen. Oxyde von Elementen, die in höherer Wertigkeitsstufe sauren Charakter zeigen, behandelt man am besten mit b a s i s c h e n Aufschlußmitteln unter gleichzeitiger O x y d a t i o n . So erhält man mit der SodaS a l p e t e r s c h m e l z e , wie wir S. 126 u. S. 130, Nr. 7 sahen, aus Chromioxyd Chromat, aus niederen Manganoxyden Manganat. Für hartnäckigere Stoffe steht uns als am stärksten oxydierendes alkalisches Aufschlußmittel das N a t r i u m p e r o x y d zur Verfügung. Der Aufschluß von unlöslichen Sulfaten und dergleichen beruht auf einer anderen Erscheinung. Erhitzt man z. B. Bariumsulfat mit wasserfreiem Natriumcarbonat bis zum Schmelzen, so scheiden sich beim Abkühlen der Schmelze — wie bei wäßrigen Lösungen — diejenigen Salze zuerst aus, die am schwersten in der Schmelze löslich sind. In unserem Falle kristallisiert das Barium als Carbonat, das Sulfat als Natriumsalz aus; es ist also die Umsetzung eingetreten: BaS0 4 + Na 2 C0 3 = BaC0 3 + Na 2 S0 4 . Behandelt man die erkaltete Schmelze mit Wasser, so lösen sich das Natriumsulfat und das überschüssige unverbrauchte Natriumcarbonat, während das Bariumcarbonat zurückbleibt. Nach dem Filtrieren und Auswaschen läßt 6ich dann das Bariumcarbonat leicht in verdünnter Salz- oder Salpetersäure lösen. vgl. S. 171 f. Über den wichtigen Aufschluß von Silikaten 1 . Eine kleine Spatelspitze sehr fein gepulverten Eisenoxyds schmelze man einige Zeit im Platinlöffel*) mit der fünf- bis sechsfachen Menge Kaliumoder Natriumpyrosulfat bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxyd-Nebel entweichen. Nach dem Erkalten erwärme man das Tiegelchen im Probierglase mit etwas Wasser und verdünnter Schwefelsäure. Wenn der Aufschluß gelungen ist, erhält man eine klare Lösung, aus der AmmoniakLösung Eisenhydroxyd fällt. Bei zu hoher Temperatur während des Aufschließens entweicht das aus dem Pyrosulfat entstehende Schwefeltrioxyd rasch und der Aufschluß bleibt unvollständig. — Steht kein Pyrosulfat zur Verfügung, so entwässere man in einem Porzellantiegel zuvor die notwendige Menge Kalium- oder Natriumbisulfat: 2KHS0 4 = K 2 S 2 0 7 + H 2 0 . x ) P l a t i n g e r ä t e dürfen nicht mit reduzierender Flamme oder mit Schwefel, Phosphor oder Schwermetalle abgebenden Stoffen erhitzt werden. Die Reinigung erfolgt durch Ausschmelzen mit Pyrosulfat.

134

Weitere Elemente der b-Gruppen

3 . Man erhitze im Platintiegelchen etwas gefälltes, d. h. reaktionsfähiges Siliciumdioxyd mit der fünffachen Menge wasserfreier Soda. Nachdem die Gasentwicklung aufgehört und sich alles zu einer klaren Schmelze umgesetzt hat, schrecke m a n das Ganze dadurch ab, daß man die U n t e r s e i t e des Tiegelchens in kaltes Wasser taucht. Der Schmelzkuchen, der sich auf diese Weise gut v o n der Tiegelwand abtrennt, ist in Wasser löslich. 3. Man falle nach S.67, Nr. 3 Bariumsvlfat heiß aus, wasche es gut aus und lasse es trocknen. Dann mische m a n es mit der zwei- bis dreifachen Menge wasserfreier Soda und schmelze das Gemisch einige Minuten lang im Platintiegelchen. Nach d e m „Abschrecken" (vgl. oben) zerdrücke man den Schmelzkuchen, übergieße ihn mit heißem Wasser und koche noch 1 Minute lang. Dann filtriere man v o m Ungelösten ab und wasche sorgfältig aus, bis einige der zuletzt durchgeflossenen Tropfen mit Bariumchlorid-Lösung keine Trübung mehr ergeben, also frei v o n Sulfat sind. Der ausgewaschene Niederschlag löst sich dann glatt in Salzsäure auf.

Weitere Elemente der b-Gruppen Von den Elementen der b-Gruppen sind Kupfer und Silber sowie Zink, Cadmium und Quecksilber schon besprochen. G a l l i u m und I n d i u m sind seltene Elemente, die in dieser Einführung nicht behandelt zu werden brauchen. Einige Versuche mit Thalliumsalzen werden später durchgeführt werden. Auch G e r m a n i u m ist sehr selten. Wichtig sind dagegen Zinn, und Blei sowie Arsen, Antimon und Wismut. Diese Elemente stellen typische Ü b e r g a n g s g l i e d e r v o n d e n M e t a l l e n zu d e n N i c h t m e t a l l e n dar. Namentlich Arsen, aber auch Zinn und Antimon zeigen manche Eigenschaften, die auf nichtmetallischen Charakter hinweisen. In Verbindungen zeigen alle diese Elemente a u ß e r d e r durch die Gruppenzahl bestimmten M a x i m a l w e r t i g k e i t noch die um zwei E i n h e i t e n g e r i n g e r e W e r t i g k e i t . So kommen Zinn und Blei zwei- und vierwertig, Arsen, Antimon und Wismut drei- und fünfwertig vor. Allerdings tritt bei Blei und Wismut die Höchstwertigkeit nur in sehr wenigen, unbeständigen Verbindungen auf. Beim Blei sind Bleidioxyd und einige Komplexsalze zu nennen, beim Wismut die Wismutsäure HBiO a . Die überwiegende Mehrzahl der Verbindungen leitet sich vom zweiwertigen Blei und dreiwertigen Wismut ab. Diese Unbeständigkeit der höchsten Stufe findet sich übrigens auch beim Thallium; sie drückt sich ferner in der leichten Zersetzlichkeit der Quecksilber- und Goldverbindungen aus (vgl. die Stellung dieser Elemente im Perioden-System). Die Oxyde bzw. Hydroxyde der h ö c h s t e n Wertigkeitsstufe zeigen im allgemeinen s a u r e n Charakter, insbesondere in der fünften Gruppe. Bei den z w e i - bzw. dreiwertigen Hydroxyden liegen bei den Elementen Zinn, Arsen und Antimon ausgesprochen a m p h o t e r e Stoffe vor. Auch Pb(OH) 2 löst sich in Natronlauge; dies ist bei Bi(OH)3 zwar — beim Vergleich mit Pb(OH) 2 auffälligerweise! — nur dann der Fall, wenn man höchst konzentrierte Lauge benutzt; doch drückt sich die Schwäche des basischen Charakters hier deutlich durch die starke Neigung der Wismutsalze zur Hydrolyse aus. Alle Sulfide der fünf Elemente sind in verdünnten Säuren unlöslich. Die Sulfide des vierwertigen Zinns (nicht des zweiwertigen!) sowie des

Zinngruppe — Zum

135

drei- und fünfwertigen Arsens und Antimons sind dadurch ausgezeichnet, daß sie m i t S c h w e f e l a m m o n i u m - L ö s u n g unter Komplexbildung reagieren und in L ö s u n g g e h e n . Es entspricht dies weitgehend der Umsetzung zwischen einem Basen- und einem Säureanhydrid: CaO (NH 4 ) 2 S 3(NH 4 ) a S 3(NH 4 ) 2 S

+ + + +

SO, SnS„ As a Sj Sb2S6

= = = =

Ca[S0 4 ] (NH 4 ) 2 [SnS 3 ] 2(NH 4 ) 3 [AsS 3 ] 2(NH 4 ) 3 [SbS 4 ].

Die entstehenden Komplexionen stellen die Anionen von Säuren dar, in denen der Sauerstoff durch Schwefel ersetzt ist, sogenannten,fThiosüuren" 1 ): H 3 As0 3 arsenige Säure, H 3 AsS 3 thioarsenige Säure. Allerdings sind diese Thiosäuren selbst nicht darstellbar; denn beim Versuch, sie durch Zugabe starker Säuren aus ihren Salzen abzuscheiden, zerfallen die Komplexe und es bilden sich neben Schwefelwasserstoff wieder die schwer löslichen Sulfide: (NH 4 ) 2 SnS 3 + 2HCl = 2NH4C1 + SnS 2 + H a S . Der Grund hierfür liegt, ähnlich wie es S. 99/100 besprochen wurde, darin, daß die H+-Ionen in ihrem Bestreben, undissoziierten Schwefelwasserstoff zu bilden, dem Komplex die Sulfidionen entziehen.

Zinngruppe Als „Zinngruppe" seien das 'Blei und das Zinn zusammengefaßt. Beide Metalle verbinden sich beim Erhitzen mit dem Sauerstoff der Luft zu Oxyden, die im Gegensatz zum Quecksilber- oder Silberoxyd bei höherer Temperatur nicht wieder in Metall und Sauerstoff zerfallen, wohl aber durch reduzierende Mittel verhältnismäßig leicht zu den Metallen reduzierbar sind. Blei oxydiert sich schon bei Zimmertemperatur oberflächlich und sieht deshalb gewöhnlich mattgrau aus. Zinn schmilzt bei 232°, Blei bei 327°.

Zinn Das silberweiße, sehr dehnbare Metall löst sich in Salzsäure zu St a n n o c h l o r i d . Durch Oxydationsmittel gewinnt man aus den Stannosalzen Stanniverbindungen. Diese sind als Verbindungen einer sehr schwachen Base weitgehend hydrolysiert. Durch sehr geringe Laugenzusätze fällt aus Stannisalz-Lösungen ein Niederschlag, den man im wesentlichen als das Hydroxyd ansehen kann. Dieses ist amphoter und löst sich in Säuren wie in Basen wieder auf, leicht aber nur in frisch gefälltem Zustande ( „ a - Z i n n s ä u r e " ) . Beim Stehen, rascher beim Erhitzen, geht es in weniger reaktionsfähige, wasserärmere Produkte über ( „ b - Z i n n s ä u r e " ) , die man auch direkt durch Oxydation von Zinn mit Salpetersäure erhält (Zinnmetall kann also mit Salpetersäure nicht in Lösung gebracht werden!). Noch weniger reaktionsfähig ist das wasserfreie Z i n n d i o x y d , das nach dem Glühen bei hoher Temperatur selbst von geschmolzener Soda nur schwer angegriffen wird. Wegen der leichten Hydrolysierbarkeit der Stannisalze lassen sich w a s s e r f r e i e H a l o g e n i d e des vierwertigen Zinns nicht aus wäßriger Lösung gewinnen. Stannichlorid SnCl4 kann man durch Überleiten von trockenem Chlor über geschmolzenes Zinn als farblose, dünnflüssige, bei 114° siedende Flüssigkeit darstellen. ') Über die Bezeichnung „Thio" vgl. S. 95, Anm. 1.

Zinn

136

Durch starke Reduktionsmittel (z. B. Zinkmetall) werden Stannisalze in das Metall übergeführt; schwächere (z. B. Eisenmetall) reduzieren nur bis zur zweiwertigen Stufe (vgl. auch S. 105). Stannosalze zeigen auf der anderen Seite ein starkes Bestreben, in den vierwertigen Zustand überzugehen und werden daher vielfach als Reduktionsmittel benutzt. Alle festen Zinnverbindungen werden beim Schmelzen mit wasserfreiem N a t r i u m c a r b o n a t und N a t r i u m c y a n i d zum M e t a l l reduziert, wobei das Cyanid als Reduktionsmittel wirkt und in Cyanat übergeht: SnOa + 2NaCN = Sn + 2NaCNO.

Reaktionen der Stannosalze. 1. Man löse etwas Zinn in wenig konzentrierter Salzsäure auf, verdünne, filtriere und verwende die so erhaltene Stannochlorid-Lösung zu den folgenden Umsetzungen: 2. Kali- oder Natronlauge fällen, wenn man sie in geringer Menge zusetzt, S t a n n o h y d r o x y d , das sich bei Überschuß der Lauge zum S t a n n i t löst. SnCl2 + 2NaOH = Sn(OH) 2 + 2NaCl Sn(OH) 2 + NaOH = Na[Sn(OH) 3 ] . 3. Ammoniak fällt weißes Stannohydroxyd. Ein Überschuß löst den Niederschlag nicht auf (Gegensatz zum Zink und Cadmium!). 4. Schwefelwasserstoff fällt kaffeebraunes S t a n n o s u l f i d . Dieses löst sich in farblosem Schwefelammonium nicht auf, da 2+

sich der Komplex [SnSJ 2 - nicht bildet. Entsprechend der für Sauerstoffverbindungen geltenden Regel hat auch bei Schwefelverbindungen das zweiwertige Zinn schwächer sauren Charakter als das vierwertige. Wohl aber löst sich Stannosulfid in gelbem — also polysulfidhaltigem •— Ammoniumsulfid beim Stehenlassen, rascher bei Erwärmen auf, da es dann zur Stanniverbindung oxydiert wird: SnS + (NH 4 ) 2 S 2 = (NH 4 ) 2 [SnS 3 ]. Durch Ansäuern erhält man aus dieser Lösung natürlich nicht das braune Stannosulfid, sondern das gelbe Stannisulfid. Reaktionen der Stannisalze. 5. Man tropfe zu StannochloridLösung Bromwasser, bis die gelbe Farbe eben bestehen bleibt, und koche den Überschuß an freiem Brom fort. Durch die oxydierende Wirkung des Broms sind die Stanno- in Stanniionen übergeführt: Sn2+ + Br 2 = Sn 4+ + 2Br~. Die so erhaltene Stannisalzlösung ist stark h y d r o l y t i s c h g e s p a l t e n ; das gebildete Stannihydroxyd bleibt jedoch k o l l o i d (vgl. S. 138) gelöst. Durch Zugabe von Salzlösungen (es eignen sich besonders Sulfate, auch Schwefelsäure selbst) oder durch Aufkochen läßt sich der kolloide Zustand zerstören, Stannihydroxyd fällt aus.

6. Eine kleine Probe der Stannisalz-Lösung werde verdünnt und aufgekocht, eine zweite Probe mit Schwefelsäure oder der Lösung

Zinn

137

eines Alkalisulfates versetzt: Bei beiden Proben tritt eine Trübung von Stannihydroxyd infolge von Zerstörung der kolloiden Lösung auf (vgl. S. 139). Die soeben dargestellte Stannisalz - Lösung werde ferner zu folgenden Umsetzungen benutzt: 7. Natronlauge fällt, in sehr geringer Menge zugesetzt, S t a n n i h y d r o x y d , „ a - Z i n n s ä u r e " . Ein Uberschuß löst zum S t a n n a t : Sn(OH)4 + 2NaOH = Na 2 [Sn(OH) 6 ]. Man überzeuge sich, daß sich „ b - Z i n n s ä u r e " (vgl. S. 135), die sich durch Behandeln von Zinn mit konzentrierter Salpetersäure oder durch Abrauchen irgendeiner Zinnsalz-Lösung mit konzentrierter Salpetersäure bildet, in Natronlauge oder Salzsäure n i c h t löst. Dagegen läßt sie sich durch Behandeln mit schmelzendem Natriumhydroxyd (vgl. S. 133) im Nickeltiegel in Natriumstannat überführen. 8. Schwefelwasserstoff fällt gelbes S t a n n i s u l f i d , das sich in gelbem, wie in farblosem Ammoniumsulfid zu A m m o n i u m t h i o s t a n n a t löst. Aus dieser Lösung wird durch Säuren Stannisulfid wieder gefällt. Auch sonst neigen die Stanniionen zu Komplexbildung. So verbindet sich Stannichlorid mit Ammoniumchlorid zum Ammoniumsalz der komplexen Stanni chlor wasserst offsäure („Pinksalz"). SnCl4 + 2NH4C1 = (NH4)2[SnClJ .

9. Man löse eine Probe dieses schön kristallisierten Salzes in Wasser auf: es löst sich klar. Die Hydrolyse ist wegen der Komplexbildung viel schwächer als in einer Lösung von Stannichlorid allein. Durch Schwefelwasserstoff wird aus der Lösung Stannisulfid gefällt; der Komplex ist also nicht sehr stark. Oxydations - Reduktlons - Reaktionen. 10* Man schmelze in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen etwas festes Stannochhrid mit etwa gleichen Teilen von wasserfreiem Natriumcarbonat und Natriumcyanid. Im geschlossenen Ende des Röhrchens sieht man ein Tröpfchen geschmolzenen Z i n n s , das man nach dem Abkühlen durch Zerschlagen des Rohres leicht herauslösen kann. 11. Man versetze sowohl Stanno- als auch Stannichlorid-Lösung mit einigen Stückchen Zink. In beiden Fällen scheidet sich Z i n n m e t a l l langsam feinkristallinisch als schwammige glitzernde Masse ab. 1 2 . Man behandle eine salzsaure Stannisalz - Lösung mit Eisenpulver. Es erfolgt keine Abscheidung von Zinnmetall, sondern nur Reduktion zu Stannoionen, deren Anwesenheit man an ihrer R e d u k t i o n s w i r k u n g , z. B. gegenüber Mercuri-Verbindungen (vgl. S. 112, Nr. 19), erkennt: Man filtriere die soeben erhaltene Lösung und gebe zu dem Filtrat etwas Mercurichlorid-Lösung; es fällt weißes M e r c u r o c h l o r i d bzw. graues Q u e c k s i l b e r m e t a l l aus.

138

Kolloide Lösungen

Ein Beispiel für die R e d u k t i o n s w i r k u n g von S t a n n o v e r b i n d u n g e n in a l k a l i s c h e r Lösung werden wir auf S. 155 kennenlernen.

Kolloide Lösungen Schon mehrfach haben wir Beispiele dafür kennengelernt, daß Stoffe, die nach ihrer äußerst geringen Löslichkeit ausfallen sollten, unter gewissen Bedingungen in Lösung bleiben, so z. B. S. 107, Nr. 5 für Zinkhydroxyd, S. 116, Nr. 8 für Eisensulfid, S. 122, Nr. 3 für Nickelsulfid und insbesondere S. 136, Nr. 5 u. 6 für a-Zinnsäure. Die nähere Untersuchung zeigt, daß die so erhaltenen Lösungen gegenüber den gewöhnlichen Lösungen wesentliche Unterschiede aufweisen: Molekulargewichtsbestimmungen haben ergeben, daß die gelösten Teilchen in ihnen nicht aus Einzelionen oder -molekeln bestehen, sondern 1000- bis lOOOOOOmal so groß sein müssen. Dementsprechend gehen sie zwar meist noch durch die großen Poren eines Papierfilters hindurch, sie diffundieren aber nicht mehr durch die engen Poren einer Pergamentmembran. Läßt man einen Lichtstrahl s e i t l i c h durch die Lösung hindurchtreten, so zeichnet er sich leuchtend ab (Tyndall-Effekt), ähnlich wie Staubteilchen in einem Sonnenstrahl aufleuchten; kolloide Lösungen erscheinen deshalb, obwohl sie im d u r c h f a l l e n d e n Licht klar aussehen, bei s c h r ä g e r Beleuchtung trüb, opaleszierend. So kann man auch in solchen Lösungen mit Hilfe des sogenannten „Ultramikroskops" die einzelnen Teilchen, die im durchfallenden Licht wegen ihrer Kleinheit unsichtbar bleiben, bei seitlicher Beleuchtung an den durch sie hervorgerufenen Beugungserscheinungen wahrnehmen (Einzelmolekeln hingegen sind so klein, daß sie selbst auf diese Weise mit sichtbarem Licht nicht erkennbar werden). Man bezeichnet solche Lösungen nach dem Vorschlage ihres Entdeckers, des Engländers G r a h a m , als kolloide („leimartige") Lösungen. Zeigen die eben genannten Versuche, daß die gelösten Teilchen in kolloiden Lösungen sehr viel größer sind als in den echten Lösungen, so läßt sich auf der anderen Seite leicht nachweisen, daß sie viel kleiner sind als die in „Suspensionen" (z. B. Lehmwasser) enthaltenen Teilchen. So setzen sie sich z. B. beim Stehen oder Zentrifugieren nicht ab, sie sind mit einem gewöhnlichen Mikroskop nicht zu sehen, sie gehen durch ein Papierfilter hindurch u. a. m. Da es sich bei den kolloiden Lösungen meist um äußerst schwer lösliche Stoffe handelt, die sich eigentlich zu größeren Teilchen vereinigen und ausfallen müßten, so muß es eine Ursache geben, die ihre Vereinigung verhindert. Es ist dies ihre elektrische Ladung. Die T e i l c h e n einer k o l l o i d e n Lösung sind alle im gleichen Sinne gegen das L ö s u n g s m i t t e l a u f geladen. Treffen daher zwei Teilchen infolge der Wärmebewegung aufeinander, so stoßen sie einander elektrostatisch ab und entfernen sich wieder voneinander. Freilich ist diese Aufladung nicht so stark wie bei Ionen, bei denen ja jedes einzelne Atom oder zum mindesten jede Gruppe aus wenigen Atomen eine oder mehrere Ladungen trägt. Bei den Kolloiden kommt im Gegensatz dazu erst auf sehr viele Atome eine Ladung. Diese Ladung der Kolloidteilchen kann verschiedene U r s a c h e n haben. So können z. B. bei einer kolloiden Säure, wie z. B. Zinnsäure, von den an der Oberfläche liegenden Atomgruppen H+-Ionen in die Lösung geschickt werden. Das Kofioid ist in diesem Falle negativ geladen. Gibt das Kolloid OH _ -Ionen ab, so bleibt es positiv geladen zurück. Kolloidteilchen von Aluminium-, Ferri- und Chromihydroxyd sind daher positiv geladen. Die Metallionen an der Oberfläche vieler kolloider Sulfide binden S2~-Ionen aus der Lösung; diese Sulfide sind natürlich negativ geladen. Versetzt man andererseits eine sehr verdünnte KaliumjodidLösung mit einem kleinen Überschuß an Silbernitrat-Lösung, so sind die entstehenden Silberjodid-Teilchen positiv geladen, weil an der Oberfläche der Kolloidteilchen Ag+-Ionen adsorbiert werden. — In den kolloid gelösten

Kolloide Lösungen

139

Teilchen können die Atome bzw. Molekeln entweder — wie in einem makroskopischen, mit dem Auge unmittelbar sichtbaren Kristall — regelmäßig angeordnet sein (das ist z. B. in den Teilchen einer kolloiden Goldlösung der Fall), sie können aber auch zu einem ungeordneten Haufwerk zusammengeballt, amorph (vgl. S. 64/65) sein (z. B. bei den meisten kolloiden Lösungen von Hydroxyden). Eine Zerstörung der kolloiden Lösung, ein „ A u a f l o c k e n " des Kolloids, kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. Oft hilft Erwärmen der Lösung bis zum K o c h e n . Hierdurch wird die Bewegung der Teilchen vergrößert. Sie. treffen infolgedessen mit solcher Wucht aufeinander, daß die elektrostatische Abstoßung nicht mehr ausreicht, um eine Vereinigung zu verhindern. Oder aber man neutralisiert die Ladungen in geeigneter Weise. So fällen sich z. B. kolloide Teilchen mit entgegengesetzt geladenen Teilchen innerhalb gewisser Konzentrationsgrenzen g e g e n s e i t i g aus, wobei eine Zusammenlagerung beider Kolloide zu einer sogenannten „Adsorptionsverbindung" stattfindet. So fällt z. B. eine kolloide Ferrihydroxyd-Lösung eine kolloide Antimonsulfid-Lösung. Meist benutzt man zum Ausflocken kolloider Lösungen E l e k t r o l y t e , von denen die der Ladung der Kolloidteilchen entgegengesetzt geladenen Ionen wirksam sind. Die Wirkung des Elektrolyten steigt mit der Ladung des fällenden Ions; so wirken z. B. auf negativ geladene Kolloide Ca2+- und insbesondere Al3+-Ionen viel stärker fällend als etwa K + -Ionen. Besonders wirksam ist auch das sehr kleine H+-Ion. 1 . Man verdünne Kupfersulfat-Lösung sehr stark und verteile sie auf zwei Probiergläser. Zu der einen Probe gebe man reichlich konzentrierte Salzsäure und falle dann beide Lösungen mit Schwefelwasser Stoffwasser. In der säurefreien Lösung entsteht nur eine braune Färbung; das gebildete Sulfid flockt äußerst langsam aus. In der zweiten, salzsäurehaltigen Probe ballt sich der Niederschlag rasch zu schwarzen Flocken zusammen. Erwärmen beschleunigt dies noch. Sollte auch in der säurefreien Lösung sofort eine Fällung auftreten, so sind die Versuche mit stärker verdünnten Lösungen zu wiederholen. 2 . Etwas Ferrichlorid-~Lösxmg des Laboratoriums werde mit Wasser so stark verdünnt, daß sie fast farblos erscheint. Eine Probe davon reagiert intensiv mit Kaliumrhodanid, ein Zeichen dafür, daß F e r r i i o n e n vorhanden sind. Eine zweite Probe werde nun aufgekocht, wobei sie sich dunkler, braunstichig färbt; jetzt gibt diese Probe auf Zusatz von Kaliumrhodanid keine Rotfärbung mehr; nach einiger Zeit scheiden sich einige Flöckchen von Ferrihydroxyd aus. Nach dem Aufkochen waren also k e i n e F e r r i i o n e n mehr in der Lösung, sondern alles Ferrichlorid war unter Hydrolyse in Chlorwasserstoff und Ferrihydroxyd übergegangen, welches letztere kolloid gelöst blieb und durch Zusatz eines Elektrolyten (Kaliumrhodanid) ausgeflockt wurde. Auch in gewöhnlichen Ferrichlorid- und Aluminiumchlorid-Lösungen ist diese Hydrolyse teilweise vor sich gegangen (vgl. S. 80). Kolloide Lösungen nennt man auch Sole; ist Wasser als Lösungsmittel benutzt, so spricht man von H y d r o s o l e n . Beim Eindampfen hinterlassen die Sole einen festen Bückstand; in einigen Fällen löst sich dieser ohne weiteres in dem ursprünglichen Lösungsmittel wieder kolloid auf, z.B.Leim, Molybdänblau in Wasser (reversible Kolloide); in anderen Fällen nicht, z. B. Gold,

140

Blei

Kieselsäure (irreversible Kolloide). Die aus Solen durch Eindampfen oder Ausflocken erhaltenen Rückstände können lösungsmittelfrei 6ein (z. B. Gold aus wäßriger kolloider Goldlösung), oft enthalten sie aber eine große Menge des Lösungsmittels mehr oder weniger fest, aber nicht in Btöchiometrischem Verhältnis gebunden und bilden schleimige Flocken, die man sich wie einen Schwamm als von feinsten unregelmäßigen Kanälen durchzogen vorstellen muß. Solche Gebilde bezeichnet man als Gele; sind sie aus Wasser gewonnen, als H y d r o g e l e (Beispiel: Aluminiumhydroxyd). Wegen ihrer eigenartigen Struktur ist die Oberfläche der Gelteilchen sehr groß. Sie besitzen deshalb gewisse charakteristische Eigenschaften, besonders ein großes „ A d s o r p t i o n s v e r m ö g e n " : Fremdstoffe werden an ihrer Oberfläche festgehalten. Gele entstehen nicht nur bei der Zerstörung von Solen; gewisse schwer lösliche Stoffe können, wenn man sie durch Zusammengeben entsprechender Lösungen ausfällt, auch ohne erkennbares Durchlaufen des Solzustandes unmittelbar als Gele entstehen, insbesondere viele Hydroxyde, z. B. von Aluminium, Eisen, Silicium. Frisch ausgefällte Gele sind r e a k t i o n s f ä h i g , lösen sich z. B. rasch in geeigneten Lösungsmitteln. Im Laufe der Zeit, besonders in der Wärme, werden sie reaktionsträger, sie a l t e r n ; dabei spalten sie — selbst bei Aufbewahrung unter überschüssigem Lösungsmittel — in mehr oder weniger großem Umfange die gebundenen Lösungsmittelanteile ab. Beim F i l t r i e r e n und A u s w a s c h e n von Fällungen, die die Neigung haben, kolloide Lösungen zu bilden, sind besondere Vorsichtsmaßregeln notwendig, um zu verhindern, daß der abfiltrierte Niederschlag „durchs Filter laufe". Man wäscht deshalb in solchen Fällen nicht mit reinem Wasser, sondern mit Lösungen geeigneter Elektrolyte aus, die das Entstehen der kolloiden Lösungen verhindern und die ferner beim Glühen des Niederschlages durch Verdampfen entfernt werden können. So wäscht man z. B. a-Zinnsäure mit verdünnter Salpetersäure, Aluminiumhydroxyd mit heißer Ammoniumnitratlösung usw. Namentlich für die quantitative Analyse ist dies von Bedeutung.

Blei Das grauglänzende, weiche, dehnbare Metall löst Bich in Salpetersäure zu Bleinitrat, das sich ebenso wie die überwiegende Mehrzahl der Bleiverbindungen vom zweiwertigen Blei ableitet. Schwer löslich sind das Oxyd PbO, das Hydroxyd Pb(OH) 2 , das Sulfat PbS0 4 , das Chromat PbCr0 4 , das Jodid PbJ 2 ; ziemlich schwer löslich ist das Chlorid PbCl2. Bleioxyd ist von gelbbräunlicher Farbe, Bleijodid ist gelb; die übrigen Bleill-Verbindungen mit farblosem Anion sind farblos. Von den Verbindungen der vierwertigen Stufe ist nur das Bleidioxyd Pb0 2 zu nennen. Ferner kennt man noch ein rotes Oxyd, die Mennige, die 2+ 4+ zwei- und vierwertiges Blei enthält und gemäß der Formel Pb 2 [Pb0 4 ] so auf2+ gefaßt werden kann, als ob das mehr basische Pb(OH), mit dem mehr sauren 4+

H 4 Pb0 4 ein Salz gebildet hätte (vgl. auch S. 92/93). Durch die starke Salpetersäure wird die schwache Bleisäure ausgetrieben; es bildet sich neben dem löslichen Bleinitrat Pb(N0 3 ) 2 das unlösliche Anhydrid Pb0 2 der Bleisäure. Die Säure selbst ist nicht herstellbar; sie zerfällt ähnlich der Kohlensäure in Bleidioxyd und Wasser. BleiBalze sind g i f t i g ! Bleirohrleitungen, die wegen ihrer leichten Verformbarkeit zu Abfallwasserleitungen benutzt werden, bilden oberflächlich eine Haut von Sulfat oder Carbonat, die verhindert, daß Blei in Lösung geht. Auf diese Weise ist Blei sogar gegen konzentrierte Schwefelsäure beständig.

Blei

141

Die folgenden Umsetzungen der Plumbosalze führe man mit Bleinitrat - Lösung aus: 1. Natronlauge fällt weißes Blei h y d r o x y d aus, das sich im Überschuß der Lauge, namentlich beim Erwärmen, leicht als N a t r i u m p l u m b i t löst. Pb(N0 3 ) 2 + 2NaOH = Pb(OH)2 + 2NaN0 3 Pb(OH)2 + 2NaOH = Na2[Pb(OH)4] . 2. Ammoniak fällt B l e i h y d r o x y d ; ein Überschuß löst es nicht wieder auf. 3 * Natriumkarbonat fällt basisches B l e i c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung („Bleiweiß"). 4 . Salzsäure fällt weißes Bleichlorid. Beim Aufkochen der gegebenenfalls stark zu verdünnenden Mischung löst sich dieses und kristallisiert beim Erkalten in langen glänzenden Nädelchen wieder aus. 5 . Kaliumjodid fällt gelbes B l e i j o d i d , das sich in Wasser noch weniger löst als Bleichlorid. Beim Aufkochen der s t a r k v e r d ü n n t e n Mischung löst es sich und kristallisiert beim Abkühlen in gelben, prächtig glitzernden Blättchen wieder aus. 6. Schwefelsäure fällt das in Wasser sehr wenig lösliche, in Alkohol fast unlösliche B l e i s u l f a t . Dieses ist in verdünnter, namentlich warmer Salpetersäure etwas löslich. Mit Natronlauge löst es sich glatt zu Plumbit. Auf Zusatz von Weinsäure und Ammoniak-Lösung geht es in der Hitze langsam in das Ammoniumsalz der iimerkomplexen Bleiweinsäure über, deren Formel nicht sicher ist. Der Schwerlöslichkeit des Bleisulfats entspricht es, daß auch Bleic h r o m a t schwer löslich ist, wie es S. 127, Nr. 11 bereits besprochen wurde.

7. Schwefelwasserstoff oder Ammoniumsulfid fällen schwarzes Bleisulfid. Aus chloridhaltigen Lösungen fällt zunächst — ähnlich wie bei Mercurisalzen — ein orangebraunes sulfobasisches Salz. Bleisulfid löst sich nicht in Ammoniumsulfid-Lösung. Bleidioxyd. 8. Etwas Bleiacetat- Lösung des Laboratoriums werde mit einer ohne Erwärmen frisch bereiteten NatriumperoxydLösung versetzt; es fällt dunkelbraunes B l e i d i o x y d Pb0 2 aus. Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Na 2 0 2 = Pb0 2 + 2Na(CH 3 C0 2 ). 9 . Eine zweite Probe Bleiacetat-Lösung werde mit Bromwasser versetzt; es fällt ebenfalls B l e i d i o x y d aus. Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Br 2 + 2 H 2 0 = Pb0 2 + 2CH 3 C0 2 H + 2HBr . Natriumplumbit-Lösung gibt diese Umsetzung nicht, weil sie nur sehr wenig Bleiionen enthält. 1 0 . Etwas Mennige werde mit Salpetersäure Übergossen. Die Masse färbt sich dunkel (Pb0 2 ); im Filtrat läßt sich das gebildete Blei-

142

Sulfide

nitrat durch eine der oben beschriebenen Bleireaktionen weisen.

nach-

Reduktion zum, Metall. 11. Um aus Bleiverbindungen m e t a l l i s c h e s B l e i zu gewinnen, schmelze man sie mit wasserfreiem Natriumcarbcmat und Kohle zusammen. Um diese Umsetzung mit kleinen Mengen sicher ausführen zu können, breche man von einem Streichhölzchen die Kuppe ab, tränke das Holz durch Abstreichen eines Kristalles von wasserhaltiger Soda, der durch kurzes Einhalten in eine Flamme oberflächlich zum Schmelzen gebracht ist, zu zwei Dritteln mit Soda und glühe den bestrichenen Teil des Hölzchens, bis das Holz verkohlt ist und der nach dem Verjagen des Kristallwassers wieder fest gewordene Natriumcarbonatüberzug eben zu schmelzen beginnt. Dann bringe man an die Spitze ein wenig des auf Blei zu prüfenden Stoffes und glühe die Stelle, an der sich die Probe befindet, im Reduktionsraume der Bunsenbrennerflamme (vgl. S. 9), bis das Natriumcarbonat geschmolzen ist und die Spitze des Kohlestäbchens völlig überzogen hat. Dabei sieht man das entstandene Metallkügelchen in der Schmelze schwimmen. Nach dem Erkalten kann man es mit einiger Vorsicht leicht herauslösen und mit dem Messer auf seine Weichheit — es muß sich leicht zu einer Platte drücken lassen — prüfen. Auf Papier gibt es einen „Bleistrich". 12. Mit einiger Vorsicht gelingt es unschwer, das Bleikügelchen auf einem Objektträger in einem Tropfen Salpetersäure und einem Tropfen Wasser zu lösen, die überschüssige Säure wegzudampfen, den Rückstand in zwei Tropfen Wasser zu lösen, und in Teilen der Lösung das Blei durch einige M i k r o r e a k t i o n e n (z. B. als PbCr0 4 > PbJa) auch chemisch sicher nachzuweisen. Man führe dies durch. Ähnliche Metallkügelchen erhält man aus Zinn-, Silber-, Antimonund Wismutverbindungen.

13. Aus seinen L ö s u n g e n wird Blei durch unedlere Metalle in feinen Blättchen als „ B l e i b a u m " ausgefällt. Man stelle den Versuch mit einem halben Probierglase voll Bleinitrat - Lösung an, in der man einen Streifen Zinkblech über Nacht stehen läßt.

Sulfide Die Sulfide zeigen in ihrem Verhalten gegenüber Wasser, Alkalien und Säuren große Unterschiede. Alkalimetallsulfide sind in Wasser leicht und unzersetzt löslich. Die Erdalkalimetallsulfide dagegen sind aus wäßriger Lösung nicht erhältlich; auf trockenem Wege dargestellte Präparate zersetzen Bich unter Hydrolyse mit Wasser vollständig. Manganosulfid ist zwar wasserbeständig, fällt aber nur aus alkalischen Lösungen. Eisen-, Kobalt- und Nickelsulfid fallen zwar bei Zugabe von Schwefelwasserstoff auch aus neutralen Lösungen, aber unvollständig. Zinksulfid läßt sich aus essigsaurer

Sulfide

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Lösung quantitativ ausscheiden. Cadmiumsulfid fällt auch aus schwach mineralsaurer Lösung, löst sich aber in stärker sauren Lösungen auf. Kupfer-, Bleiund Quecksilbersulfid schließlich lassen sich auch aus stark salzsauren Lösungen abscheiden. Als besonders unempfindlich gegen hohe Säurekonzentration erweist sich dabei das Quecksilbersulfid. Der Unterschied zwischen dem Verhalten der einzelnen Sulfide liegt darin begründet, daß sich die Löallchleeitaprodukte — obwohl sie bei allen Schwermetallsulfiden klein sind — s t a r k voneinander unterscheiden. Sie2 steigen in der Reihenfolge: HgS, CuS, CdS, ZnS, FeS, MnS, CaS. Beim Hg +-Ion genügt also schon eine äußerst geringe S2"-Ionenkonzentration, um das Löslichkeitsprodukt des Sulfides zu überschreiten. Bei Mn2+-Ionen dagegen ist schon eine merkliche S 2 "-Ionenkonzentration zur Ausscheidung des Sulfids erforderlich. Beim Calcium schließlich reicht auch die höchste erreichbare S2--Ionenkonzentration nicht zur Fällung aus. Nun besagt das Massenwirkungsgesetz über die Abhängigkeit der S2"-Ionenkonzentration vom pn-Wert der Lösungen folgendes: Schwefelwasserstoff dissoziiert nach den Gleichungen: H2S ^

H+ + HS"

und

HS" ^

H+ + S 2 " .

Dies liefert die Beziehungen: [H2S]

=

1

^

[H+hs;-] [HS-]

^

Multipliziert man diese Gleichungen, so folgt [H+]2 • [S2~] = K1 • [H2S]

—K,

Zu jeder J5T+- Jonenkonzentration gehört also eine ganz bestimmte S 2 ~Ionenkonzentration. Ist [H+] sehr groß (stark s a u r e Lösung), so ist [S2~] sehr klein, und es werden nur die Sulfide mit dem allergeringsten Löslichkeitsprodukt ausfallen 2(HgS, CuS, PbS). Ist [H+] dagegen sehr klein (alkalische Lösung), so ist [S - ] groß und es fällt auch das verhältnismäßig leicht lösliche Manganosulfid aus. Unterhalb bestimmter [H+]-Werte mittlerer Größe fallen entsprechend Sulfide mit mittleren Löslichkeitsprodukten (CdS, ZnS) aus. Diese Abstufung der Löslichkeitsprodukte ist von großer Bedeutung, weil man es durch eine genügend hohe H+-Ionenkonzentration (also Fällung in saurer Lösung) erreichen kann, daß nur ein Teil der schwer löslichen Sulfide ausfällt. Bei Erniedrigung der H+-Ionenkonzentration durch Zugabe von Ammoniak — oder, was die gleiche Wirkung hat, bei Zugabe von Ammoniumsulfid — fallen dann auch die übrigen Sulfide aus. Auf diese Weise kann man bei der Analyse die Elemente in drei Gruppen scheiden: Solche, die auch in saurer Lösung Sulfide bilden, solche, die als Sulfid nur in alkalischer Lösung ausfallen, und schließlich solche, die mit S 2 "-Ionen überhaupt k e i n e Niederschläge bilden. Die säureunlöslichen Sulfide lassen sich nun noch dadurch weiterhin trennen, daß einzelne von ihnen sich in Schwefelammonium wieder a u f lösen (vgl. S. 135). Es sind dies Stannisulfid sowie die Sulfide von Arsen und Antimon. Filtriert man die so erhaltenen Lösungen der Salze der Thiosäuren ab und säuert an, so scheiden sich die Sulfide dieser drei Elemente wiederum ab, so daß man mit ihnen weitere Reaktionen vornehmen kann. Diese verschiedenen Trennungsmöglichkeiten machen verständlich, warum der Schwefelwasserstoff trotz Beiner unangenehmen physiologischen Eigenschaften ein im analytischen Laboratorium so viel benutztes Reagens ist.

144

Arsengruppe — Arsen

Arsengruppe Als „Arsengruppe" seien die Elemente Arsen, Antimon und Wismut zusammengefaßt. Außerdem gehören in diese Gruppe des Perioden-Systems noch die in ihren wichtigsten Verbindungen schon besprochenen Elemente S t i c k s t o f f und P h o s p h o r . In dieser Fünfergruppe von Elementen zeigen sich zahlreiche Gesetzmäßigkeiten, wenn man die Elemente nach den Atomgewichten ordnet: Je größer das Atomgewicht ist, desto höher liegen die Siedepunkte. (Die Schmelzpunkte dagegen zeigen ein verwickeltes Verhalten!) Ausgesprochen metallische Eigenschaften hat das Wismut; die übrigen sind um so deutlicher Nichtmetalle, je kleiner das Atomgewicht ist. Das Wismuthydroxyd ist eine Base, die übrigen Hydroxyde haben mit fallendem Atomgewicht steigend immer stärker saure Eigenschaften. Der Siedepunkt der Trichloride, die flüssig oder leicht schmelzbar sind, steigt mit zunehmendem Molekulargewicht. Alle Elemente dieser Gruppe bilden Verbindungen mit Wasserstoff von der Formel XH 3 , die mit steigendem Atomgewicht des Elements unbeständiger werden.

Arsen Arsen bildet spröde metallisch glänzende Kristalle oder dunkelgraue Stücke, die an der Luft matt werden, da sie sich oberflächlich zu Arsentrioxyd As203 oxydieren. Bei Atmosphärendruck läßt sich Arsen nicht schmelzen, da es vorher sublimiert. Sein Dampf riecht knoblauchartig. Von den Verbindungen der dreiwertigen Stufe ist A r s e n t r i o x y d As 2 0 3 („Arsenik") nur wenig in Wasser löslich; die Lösung reagiert schwach sauer, weil sich a r s e n i g e S ä u r e H 3 As0 3 bildet. Starken Säuren gegenüber kann diese auch als Base reagieren. So ist z. B. die Löslichkeit von Arsenik nicht nur in Natronlauge, sondern auch in starker Salzsäure wesentlich größer als in Wasser. Das im zweiten Falle gebildete Trichlorid AsCl3 erfährt als Salz einer sehr schwachen Base durch Wasser eine weitgehende hydrolytische Spaltung, namentlich in Gegenwart von viel Wasser. Salzsäure drängt die Hydrolyse zurück; deshalb geht beim Kochen einer stark mit Salzsäure versetzten Arsenigsäure-Lösung Arsen als leichtflüchtiges Araentrichlorid mit den Wasserdämpfen fort. Dagegen läßt sich eine Lösung der A r s e n s ä u r e , in der das Arsen fiinfwertig ist, auch nach dem Versetzen mit viel Salzsäure ohne Verlust an Arsen eindampfen, weil beim Arsen (im Gegensatz zum Phosphor und Antimon!) ein Pentachlorid ASC1 5 nicht existiert. Eine Lösung von Arsensäure erhält man leicht durch Oxydation von Arsentrioxyd bei Gegenwart von Wasser. Die durch Fällung daraus entstehenden Salze leiten sich meist von der Orthosäure H 3 As0 4 ab, manchmal jedoch auch von der Pyro- bzw. der Metasäure (H 4 As 2 0 7 bzw. HAs0 3 ). Man muß daher annehmen, daß in der Lösung verschiedene Hydratationsstufen nebeneinander vorhanden sind, die sich — anders als bei der Phosphorsäure! — sehr leicht ineinander umwandeln. Durch Fällung mit irgendeiner Salzlösung entsteht jeweils die Verbindung, die am schwersten löslich ist. — Durch Einengen einer Arsensäure-Lösung erhält man Kristalle der Zusammensetzung H 3 As0 4 - ^ H j O . Durch Erhitzen entstehen daraus zunächst wasserärmere Verbindungen, deren Zusammensetzung jedoch nicht der Pyro- und Metaphosphorsäure entspricht. Als Endprodukt der Entwässerung bildet sich schließlich A r s e n p e n t o x y d As 2 0 6 . (Gegensatz zu Phosphorsäure, die sich nur bis zur Metasäure entwässern läßt!) — Die A r s e n a t e sind den Phosphaten außerordentlich ähnlich. So ist an dem Paar KH 2 P0 4 und KH 2 As0 4 von M i t s c h e r l i c h die „Isornorphie" entdeckt worden, d. h. die Tatsache, daß zwei Stoffe verschiedener Zusammensetzung nahezu die gleiche Kristallgestalt besitzen und

Arsen

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Misch- und Überwachsungskristalle bilden können. Dementsprechend sind auch die chemischen Umsetzungen von Arsen- und Phosphorsäure sehr ähnlich, so daß man sich vor Irrtümern hüten muß. Eine Abtrennung des Arsens läßt sich jedoch leicht über die schwer löslichen Sulfide As2S3 bzw. As2S5 durchführen. Auch läßt sich Arsensäure im Gegensatz zur Phosphorsäure schon durch schwache Reduktionsmittel bis zur dreiwertigen Stufe, durch starke sogar bis zur nullwertigen Stufe, d. h. zum elementaren Arsen, reduzieren. Arsenverbindungen sind sehr giftig! Namentlich beim Experimentieren mit ArsenWasserstoff und anderen flüchtigen Arsenverbindungen ist g r ö ß t e V o r s i c h t erforderlich!

Arsen und Arsenik. 1. Man erhitze ein Stückchen Arsen von der Größe einer Erbse in einem trockenen Probierglase (Abzug!). Zuerst sublimiert etwas Arsentrioxyd und bildet einen weißen Beschlag. Erhitzt man so stark, daß das Glas erweicht, so beginnt das Arsen zu sublimieren und sich in den kälteren Teilen des Rohres als schwarzer spiegelnder Beschlag ( „ A r s e n s p i e g e l " ) niederzuschlagen. Wenn alles Arsen verdampft ist, unterbreche man den Versuch und zerschlage nach dem Abkühlen das Glas. Das aus metallisch glänzenden Kristallen bestehende Sublimat läßt sich von den Glasscherben leicht ablösen. 2. Ein stecknadelkopfgroßes Stück Arsen werde unter dem Abzüge mit der Lötrohrflamme auf Kohleunterlage erhitzt. Es verd a m p f t und wird zum Teile zu A r s e n t r i o x y d oxydiert, das als weißer Rauch entweicht oder sich auf den kälteren Stellen der Kohle als Beschlag niedersetzt. Dabei zeigt sich der eigentümliche Geruch des Arsendampfes deutlich. 3. A r s e n t r i o x y d ist ein weißes kristallinisches Pulver oder — als zweite Modifikation — eine glasartige, amorphe Masse, die beim Aufbewahren langsam in die kristallinische Modifikation übergeht. Beim Sublimieren setzt sich Arsentrioxyd in kleinen, stark lichtbrechenden Oktaedern ab. Man sublimiere im einseitig geschlossenen Röhrchen einige Körnchen Arsentrioxyd und betrachte das Sublimat unter dem Mikroskop. 4. Unter dem Einfluß von R e d u k t i o n s m i t t e l n (Natriumcyanid vgl. S. 136 u. 137, Nr. 10, Kohle, Stannochlorid) geht Arsenik leicht in A r s e n über. Man erhitze ein kleines Körnchen von Arsentrioxyd oder einer beliebigen Arsenverbindung im einseitig geschlossenen Glasröhrchen mit ein wenig eines Gemisches von gleich viel trockenem Natriumcarbonat und Natriumcyanid. An den kälteren Teilen des Röhrchens bildet sich ein A r s e n s p i e g e l . 5 . Man ziehe ein Stück Glasg =a= röhr zu einem etwa 2 mm weiten, '-äi|K etwa 2—3 cm langen Röhrchen aus, wie es Fig. 23 zeigt.

In die

B l i t z , Einführung. 2 4 . - 2 6 . Aufl.

Figur 23. Reduktion von Arsenik 10

146

Arsen

verschlossene Spitze bringe man ein Körnchen Arsentriozyd und lege ein schon vorher passend zurechtgeschnittenes Splitterchen Holzkohle darüber. Nun halte man das Röhrchen waagerecht in die Flamme, so daß zunächst der Kohlesplitter ins Glühen kommt, und richte es dann, ohne die eben erhitzte Stelle aus der Flamme zu bringen, etwas auf, so daß das Arsentrioxyd zu verdampfen beginnt. Sein Dampf streicht dann über die glühende Kohle, wird durch sie reduziert, und das gebildete Arsen schlägt sich als schwarzer Spiegel an der Übergangsstelle des engen Rohrteiles zum weiten nieder. 6. In wäßriger Lösung eignet sich zur Reduktion Stannochlorid. Zu einigen Körnchen Arsentrioxyd bringe man etwa ein Gramm festes Stannochlorid und 1—2 ccm konzentrierte Salzsäure. Beim Stehenlassen, schneller beim gelinden Erwärmen, bildet sich durch Reduktion elementares Arsen, das in kolloider Form die Lösung bräunt und später in Flocken ausfällt ( „ B e t t e n d o r f s A r s e n p r o b e " ) . Reaktionen der arsenigen Säure. 7. Man koche eine Spatelspitze Arsentrioxyd in einem Kölbchen einige Minuten mit etwa 10 ccm Wasser, filtriere die Lösung ab, so daß das Ungelöste möglichst im Kölbchen bleibe, und hebe es zur Darstellung von Arsensäure (Vers. Nr. 14) im Kölbchen auf. Das Filtrat, welches a r s e n i g e S ä u r e gelöst enthält, benutze man zu folgenden Versuchen: 8. Schwefelwasserstoff färbt die Lösung gelb, indem sich kolloides A r s e n t r i s u l f i d As2S3 bildet. Erst auf Zusatz von Salzsäure oder von Salzen wird das Arsentrisulfid ausgeflockt. In farblosem Ammoniumsulfid löst sich das Arsentrisulfid zu Ammoniumt h i o a r s e n i t , in gelbem zu Ammoniumthioarsenat. As2S3 + 3(NH4)2S = 2(NH4)3[ASS3] AS2S3 + 3(NH4)2S + 2S = 2(NH4)3[AsS4] . In Ammoniumcarbonat - Lösung löst sich Arsentrisulfid zu einem Gemisch von Arsenit und Thioarsenit. 9. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird jedoch zu der Mischung mit einem Glasstabe vorsichtig ein Tröpfchen AmmoniakLösung gebracht, so wird die freiwerdende Säure neutralisiert und es fällt g e l b e s S i l b e r a r s e n i t aus (Unterschiedsprobe gegen Arsenate). Salpetersäure löst den Niederschlag wieder auf. Ebenso löst ein Überschuß von Ammoniak - Lösung. H3AS03 + 3AgNO s + 3NH 3 = Ag 3 As0 3 + 3NH 4 N0 3 Ag 3 As0 3 + 3HN0 3 = 3AgN0 3 + H 3 As0 3 Ag 3 As0 3 + 6NH 3 = [Ag(NH 3 ) 2 ] 3 As0 3 . 10. K a k o d y l r e a k t i o n . Ein Körnchen Arsentrioxyd werde mit ein wenig Natriumacetat verrieben und das Gemisch im Glüh-

147

Arsen

röhrchen stark erhitzt. Es tritt ein durchdringender, unangenehmer Geruch nach einer organischen Arsenverbindung (Kakodylo x y d ) auf. 11. Schließlich ist zu erwähnen, daß Lösungen von arseniger Säure mit sehr vielen Metallionen in alkalischer Lösung Niederschläge geben, die jedoch meist nicht sehr charakteristisch sind. Man stelle als Beispiel Niederschläge mit Kalkwasser sowie mit (wenig!) Kupfer salz-Lösung und Natronlauge her. Arsensäure. Zur Überführung von arseniger Säure in Arsensäure eignen sich die verschiedensten Oxydationsmittel. Analytisch wichtig ist die Umsetzung mit J o d , die nach folgender Gleichung verläuft: [AsOJ 3 - + J ° + H 2 0 ^

[AsOJ 3 " + 2 H + + 2 J " .

Diese Reaktion verläuft je nach der K o n z e n t r a t i o n der H + - I o n e n von links nach rechts oder umgekehrt. Hält man [H+] klein, so erfolgt quantitative Oxydation zur Arsensäure. Das Wegfangen der bei der Umsetzung gebildeten H + -Ionen kann natürlich durch Natronlauge erfolgen. Dann würde aber die Entfärbung der Jod-Lösung wenig charakteristisch sein; denn nach S. 160 u. 161,Nr.l 1 entfärbt Natronlauge Jod-Lösung auch ohne Gegenwart von arseniger Säure. Das gleiche gilt für Soda-Lösung. Dagegen eignet sich für den Versuch N a t r i u m b i c a r b o n a t , weil es wohl die H + -Ionen unter Bildung der wenig dissoziierten Kohlensäure (bzw. von H 2 0 und C02, dag entweicht) wegfängt, für sich allein jedoch Jod-Lösung nicht entfärbt. — Hält man umgekehrt die H+-Ionenkonzentration groß, so verläuft die Reaktion von rechts nach links.

12. Man gebe zu einer Arsenigsäure-Lösung etwas Natriumbicabonat-Pulver und einige Tropfen Jod-Lösung. Die braune Jodfarbe verschwindet. 13. Man gebe zu der soeben erhaltenen Lösung von Arsensäure und Jod-Ionen nach und nach (Vorsicht wegen des durch die Kohlendioxydentwicklung bedingten Schäumens!) reichlich konzentrierte Salzsäure. Die braune Jodfarbe tritt wieder auf. 14. Für präparative Zwecke eignet 6ich zur Oxydation besser Salpetersäure. Man übergieße den bei dem Versuch Nr. 7, S. 146 im Kölbchen verbliebenen Rest Arsentrioxyd mit 1—2 ccm konzentrierter Salpetersäure, koche auf und dampfe die Lösung unter dem Abzüge in einer Porzellanschale mit kleiner Flamme oder auf dem Sandbade fast zur Trockene ein. Den Rückstand löse man in etwas Wasser und benutze die Lösung zu folgenden U m s e t z u n g e n der Arsensäure: 15. Schwefelwasserstoff fällt aus stark salzsaurer Lösung gelbes A r s e n p e n t a s u l f i d . Der Niederschlag ist in Ammoniumsulfid-Lösung zu Ammoniumthioarsenat löslich. As2S5 + 3(NH 4 ) 2 S = 2(NH 4 ) 3 [AsS 4 ]. Auch in Ammoniumcarbonat- Lösung löst er sich, und zwar zu einem Gemische von Arsenat und Thioarsenat. 10*

148

Arsen

Aus weniger stark sauren Lösungen fällt ein Gemisch von Arsentrisulfid und Schwefel; diese Fällung erfolgt langsam und ist erst nach längerer Zeit vollständig. Es liegt dies daran, daß es sich hier nicht um Ionenreaktionen handelt. Vielmehr bilden sich zunächst gemäß: H3AS04 + H 2 S ^ H3AsOaS + H 2 0 Monothio arsensäure sowie weitere Zwischenstufen. In stark saurer Lösung setzen sich diese leidlich rasch zu As2Ss um. In schwach saurer Lösung und bei höherer Temperatur ist dagegen unter den verschiedenen möglichen, durchweg langsam verlaufenden Umsetzungen der Monothiosäure der Zerfall in arsenige Säure und Schwefel der verhältnismäßig schnellste und damit der vorherrschende Vorgang. Die so entstehende arsenige Säure setzt sich dann erst mit weiterem Schwefelwasserstoff zu As2S3 um.

Bei den folgenden Umsetzungen beachte man die Ä h n l i c h k e i t mit den S. 48 beschriebenen Reaktionen der P h o s p h o r s ä u r e : 16. Wenig A rsensäure-hösung werde mit Salpetersäure stark angesäuert und mit dem m e h r f a c h e n Volumen Ammonium molybdat-Lösung versetzt; bei schwacher (vgl. S. 48, Nr. 2) Erwärmung der Mischung treten eine Gelbfärbung und bald ein gelber Niederschlag vom A m m o n i u m s a l z e d e r k o m p l e x e n M o l y b d ä n a r s e n s ä u r e (NH 4 ) 3 [As(Mo 3 O 10 ) 4 ] auf. 17. Magnesiumsalze fällen aus der mit Ammoniumchlorid- und Ammoniak - Lösung versetzten Arsensäure - Lösung kristallwasserhaltiges A m m o n i u m m a g n e s i u m a r s e n a t NH 4 MgAs0 4 (Mikroskop! Vgl. S. 69, Nr. 8). Fällung stehen lassen f ü r Versuch Nr. 19. 18. Silbernitrat fällt zunächst nichts. Wird aber — am besten tropfenweise mit einem Glasstabe — die zur Bindung der freien Säure nötige Menge Ammoniak-Lösung (nicht mehr!) hinzugesetzt, so fällt r o t b r a u n e s S i l b e r a r s e n a t . H 3 A S 0 4 + 3AgN0 3 + 3 N H 3 = Ag 3 As0 4 + 3 N H 4 N 0 3 . Silberarsenat ist in Salpetersäure und auch in Ammoniak-Lösung löslich.

Die Silberarsenatreaktion kann nicht nur zu der Entscheidung dienen, ob drei- oder f ü n f w e r t i g e s Arsen vorliegt, sie gestattet auch, im Magnesium ammoniumarsenat-Niederschlage die Arsensäure nachzuweisen und so diesen Niederschlag von dem entsprechenden Phosphatniederschlage zu unterscheiden:

19. Man lasse den soeben dargestellten Niederschlag von Magnesium ammonium arsenat eine Viertelstunde stehen, filtriere ab und wasche den Niederschlag auf dem Filter mit Wasser gut aus. Da die Fällung aus Cl~Ionen-haltiger Lösung erfolgte, kann man die erfolgreiche Beendigung des Auswaschens leicht daran feststellen, daß einige Tropfen des ablaufenden Waschwassers, die man in einem Reagensglas auffängt, auf Zusatz von verdünnter Salpetersäure und Silbernitrat-Lösung keine Trübung mehr geben. (In entsprechender

Arsen

149

Weise verfährt man bei allen analytischen Fällungen!) Ist die beschriebene Prüfung negativ ausgefallen, so werde eine Probe des Niederschlages mit einem Tropfen neutraler Silbernitrat-Lösung befeuchtet; er f ä r b t sich durch Bildung von Silberarsenat r o t b r a u n . 20. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Arsensäure — ähnlich wie die Phosphorsäure — mit nahezu allen zwei- und dreiwertigen Ionen in a l k a l i s c h e r , zum Teil auch in s c h w a c h s a u r e r L ö s u n g schwer lösliche Niederschläge liefert. Als Beispiel falle man m i t Bariumhydroxyd-Lösung Bariumarsenat. Arsenwasserstoff AbH3 und Antimonwasserstoff SbH 3 sind weniger beständig als Ammoniak. Schon beim gelinden Erhitzen zersetzen sie sich in Wasserstoff und Metall, das sich an der Gefäßwand als Spiegel abscheidet. Zündet man Arsenwasserstoff an, so verbrennt er an der Luft zu Arsentrioxyd und Wasser. Der Wasserstoff reagiert dabei schneller als das Arsen. Bringt man einen kalten Gegenstand in die Flamme, so scheidet sich das unverbrannte Arsen als „ A r s e n f l e c k " ab. Da sich Arsenwasserstoff schon mit äußerst kleinen Mengen einer beliebigen Arsenverbindung bildet, kann man ihn zum N a c h w e i s k l e i n e r A r s e n m e n g e n in der Giftanalyse benutzen (Marshsche Arsenprobe). Zur Darstellung von Arsenwasserstoff behandelt man eine beliebige Arsenverbindung mit einem unedlen Metall (z. B. Zink) und Säure: H3As03 + 3Zn + 6 HCl = AsH3 + 3ZnCl2 + 3 H 2 0 . Bei dem n a c h s t e h e n d e n Versuch b e a c h t e m a n , d a ß Arsenwasserstoff sehr giftig ist. Das Einatmen des Gases kann zum Tode führen. Vor allem sei man beim Auseinandernehmen der Apparatur vorsichtig!

21. Man setze unter dem Abzüge den in Fig. 24 dargestellten Apparat aus folgenden Teilen zusammen: einem 200 ccm fassenden Kölbchen, einem Einfülltrichter, einem Calciumchloridrohre (b), in das zum Trocknen des Gases einige Stücke gekörntes Calciumchlorid zwischen zwei Wattebäuschchen kommen, und dem Zersetzungsrohre. Letzteres wird aus einem schwer schmelzbaren, außen 7 mm weiten Glasrohre nach der Zeichnung gefertigt. Die Rohre werden mit kurzen Stücken Gummischlauch so miteinander verbunden, daß Glas an Glas stößt. In den Kolben kommen acht je etwa 1 cm lange Stängelchen reinen Zinks, dazu ein wenig verdünnte Schwefelsäure und ein Tropfen Kupfersulfat-Lösung. Sobald lebhafte Gasentwicklung im Gange ist und die Zinkstückchen sich mit ausgeschiedenem Kupfer überzogen haben, gieße man die Flüssigkeit von den Zinkstückchen möglichst ab, gebe neue, etwa 20-proz. Schwefelsäure (verdünnte Säure, der etwas konzentrierte Säüre zugesetzt ist) hinzu und setze den Apparat völlig zusammen. Über die Ausströmungsöffnung des Zersetzungsrohres stülpe man ein umgekehrtes Probierglas. Nach

150

Arsen

etwa 1 / 2 Minute entfernt man das Probierglas, verschließt es sofort mit dem Daumen, nähert es einer entfernt von der Apparatur stehenden Flamme und öffnet es wieder. Explodiert der Inhalt mit lautem Knall, so ist noch Luft in der Apparatur. Nachdem die Flamme im Reagensglas s i c h e r e r l o s c h e n ist, wiederholt man die Prüfung, bis der Inhalt des Probierglases sich fast lautlos entzünden läßt 1 ). D a n n e r s t erhitze man das Zersetzungsrohr kurz vor einer ausgezogenen Stelle (vgl. Fig. 24) bis zum Glühen, während man den vor und hinter dieser Stelle befindlichen Teil des Rohres durch den Ring des Kochgestelles stützt. Auch nach

Figur 24. Marsh sehe Probe

längerer Zeit —• im Ernstfalle etwa einer halben Stunde; hier mögen einige Minuten genügen — darf bei x kein Arsenspiegel im Rohre entstehen; andernfalls wären die Materialien arsenhaltig und müßten durch neue ersetzt werden. Scheidet sich kein Arsenspiegel ab, so gebe man e i n e n T r o p f e n verdünnter Arsenigsäure-höaung in den Trichter und spüle ihn mit einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure in den Kolben. Nach einiger Zeit wird sich jetzt hinter der erhitzten Stelle bei x ein A r s e n s p i e g e l niederschlagen. Wenn der erste Arsenspiegel dunkel genug geworden ist, kann man durch Erhitzen bei c an der zweiten Verjüngungsstelle einen zweiten Spiegel entstehen lassen. Jetzt entferne man die Flamme und entzünde das ausströmende Gas. Die Flamme färbt sich weißlich, und ein w e i ß e r R a u c h v o n A r s e n t r i o x y d steigt auf. Wird die Flamme jetzt durch eine kalte Abdampfschale niedergedrückt, so bildet sich innerhalb des flammenbedeckten Teiles an der Schale ein braunschwarzer A r s e n f l e c k . Charakteristisch für den Arsenspiegel bzw. die Arsenflecke ist die namentlich am Rande deutlich wahrzunehmende B r a u n f ä r b u n g Apparaturen, die mit Wasserstoff gefüllt werden müssen, prüft man stets in der oben beschriebenen Weise auf die Abwesenheit von Sauerstoff, ehe man sie in Betrieb nimmt.

Antimon

151

(die ähnlichen Antimonflecke sind tiefsammetschwarz). Ein Fleck werde mit einem Tropfen gelber Ammoniumsulfid - Lösung betupft; bei vorsichtigem Abrauchen der Lösung hinterbleibt ein g e l b e r Fleck von Arsensulfid. Ein zweiter Arsenfleck werde in etwas frischer Natriumhypochlorit - Lösung (NaCIO vgl. S. 158/160) aufgelöst, wobei er sich zu Arsensäure oxydiert. Ein Antimonfleck würde sich nicht lösen. 2 As + 5 NaCIO -f 3 H 2 0 = 2 H 3 A s 0 4 + 5 N a C l . Antimon Antimon ist als Element und in seinen Verbindungen dem Arsen recht ähnlich. Es ist silberweiß, spröde und schwerer flüchtig als Arsen. An Oxyden bzw. Hydroxyden kennt man außer dem T r i o x y d Sb a 0 3 und dem nur in wasserhaltiger Form bekannten P e n t o x y d Sb 2 0 5 noch weitere Verbindungen, die drei- und fünfwertiges Antimon nebeneinander enthalten; ihre Erforschung ist jedoch noch nicht ganz abgeschlossen. Die Antimonoxyde sind ziemlich schwer flüchtig; sie sind, ähnlich wie Zinndioxyd, in Wasser und Salpetersäure fast unlöslich. Scheidet man das Trioxyd oder das Pentoxyd aus Antimoniten oder Antimonaten ab, so entstehen Produkte mit wechselndem Wassergehalte, die im folgenden der Einfachheit halber als Sb(OH)3 bzw. Sb 2 0 5 formuliert werden. Antimonige Säure ist schwächer sauer als arsenige Säure und noch ausgesprochener amphoter. Die Verbindungen, in denen Sb(OH)a als Base fungiert, sind stark hydrolysiert. Vielfach findet sich in basischen Verbindungen die Gruppe (SbO) + , die als „Antimonylgruppe" bezeichnet wird; z. B. SbOCl Antimonylchlorid (vgl. dazu auch S. 125, Anm. 1). Das in Wasser fast unlösliche Oxyd des fünfwertigen Antimons löst sich zwar in Salzsäure, verhält sich aber in der Mehrzahl seiner Umsetzungen als typisches Säureanhydrid. Verbindungen des dreiwertigen Antimons können r e d u z i e r e n d , die des fünfwertigen o x y d i e r e n d wirken. Die R e d u k t i o n zu Metall gelingt in wäßriger Lösung sehr leicht, so z. B. schon mit Eisen (Unterschied gegen Zinn!). 1 . Man erhitze etwas Antimon in einem einseitig geschlossenen Glasröhrchen. Es schmilzt bei 630°; bei der Hitze des Bunsenbrenners läßt es sich nicht verdampfen. Beim Erhitzen mit der Lötrohrflamme auf Kohle gibt Antimon einen weißen Beschlag von Oxyden, der beim Erwärmen wesentlich weniger flüchtig ist als beim Arsen. Dreiwertiges Antimon. 2. Man erhitze etwas gepulverten Grauspießglanz (Sb 2 S 3 ) in einem Probierglase mit 2 ccm konzentrierter Salzsäure (Abzug!). Unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff löst sich der Grauspießglanz zum Teile auf. Sb 2 S 3 + 6HCl = 2 SbCl 3 + 3 H 2 S . Nach dem Erkalten filtriere man und koche das Filtrat bis zur Entfernung des gelösten Schwefelwasserstoffes. Nachdem man die Lösung vorsichtig tropfenweise mit Wasser verdünnt hat — eine etwa entstehende Trübung werde mit einem Tropfen konzentrierter

152

Antimon

Salzsäure wieder in Lösung gebracht — verwende man sie zu den folgenden Umsetzungen. 3. Wasser hydrolysiert und fällt weißes A n t i m o n y l c h l o r i d , das bei längerem Stehen mit viel Wasser in wasserhaltiges Antimontrioxyd übergeht. 4. Wird zu dieser Mischung konzentrierte Salzsäure gesetzt, so löst sich das Antimonylchlorid wieder auf. Beim Verdünnen bildet sich dann wieder ein Niederschlag usw. Ein schönes Beispiel für die M a s s e n w i r k u n g : SbCl3 + HaO

^ SbOCl + 2 HCl.

HCl

5« Auf Zusatz von Weinsäure löst sich der Antimonylchloridniederschlag zur innerkomplexen (vgl. S. 100) A n t i m o n y l w e i n s ä u r e auf; das Kaliumsalz dieser Säure ist als „ B r e c h w e i n s t e i n " auch in fester Form bekannt. Aus einer Lösung dieses Salzes (also bei Abwesenheit überschüssiger freier Weinsäure) fällt verdünnte Salzsäure wieder Antimonylchlorid aus, weil die Antimonylweinsäure nur ein mäßig starker Komplex ist. 6. Natronlauge, in geringer Menge zugesetzt, fällt wasserhaltiges A n t i m o n t r i o x y d (Antimonige Säure); ein Überschuß löst dieses zu N a t r i u m a n t i m o n i t . SbCl3 + 3NaOH = Sb(OH) 3 + 3NaCl NaOH + Sb(OH) 3 = Na[Sb(OH)J. I 7. Schwefelwasserstoff fällt A n t i m o n t r i s u l f i d Sb 2 S 3 in roter I flockiger Form. 2 SbCl3 + 3H 2 S = Sb 2 S 3 + 6 HCl. Dieses rote Antimontrisulfid stellt eine zweite i n s t a b i l e M o d i f i k a t i o n neben dem grauschwarzen Grauspießglanz dar. Beim Erwärmen unter Luftausschluß geht die rote Form in die grauschwarze über.

8. In farblosem Ammoniumsulfid ist das Antimontrisulfid zu Ammoniumthioantimonit, in gelbem Ammoniumsulfid zu Ammonium t h i o a n t i m o n a t löslich. Sb 2 S 3 + 3(NH 4 ) 2 S = 2(NH 4 ) 3 [SbS 3 ] Sb 2 S 3 + 3(NH 4 ) 2 S + 2 S = 2(NH 4 ) 3 [SbS 4 ]. Umsetzungen

des filnfwerligen

Antimons.

9.

In

einer

Abdampfschale erwärme man etwas gepulvertes Antimon mit wenig konzentrierter Salpetersäure mit kleiner Flamme und verdampfe die Salpetersäure vorsichtig unter Blasen mit dem Munde fast völlig. Etwas von dem weißen Rückstände, der aus wasserhaltigem A n t i m o n p e n t o x y d („Metaantimonsäure") besteht und den man möglichst von Antimonteilchen befreit, werde mit etwas wasserfreier Soda und Kaliumnitrat, das in diesem Falle nur als Flußmittel dient,

Antimon

153

auf einem Porzellantiegeldeckel geschmolzen. Beim Aufnehmen der Schmelze mit Wasser bleibt N a t r i u m a n t i m o n a t Na[Sb(OH) 8 ] ungelöst. Es ist eines der wenigen in Wasser schwer löslichen Natriumsalze (vgl. S. 55). Statt Metaantimonsäure können auch andere beliebige Verbindungen des Antimons genommen werden; niederwertige Verbindungen werden durch das Nitrat oxydiert. 10. Eine weitere Probe der Metaantimonsäure löse man unter Erwärmen in wenig verdünnter Salzsäure. Die so gebildete A n t i m o n p e n t a c h l o r i d - L ö s u n g , die viel kolloid gelöstes Antimonpentoxyd enthält, verwende man zu folgenden Umsetzungen: 11. Wasser: Zu einigen Tropfen Antimonpentachlorid-Lösung setze man einige Kubikzentimeter Wasser und lasse stehen. Nach einiger Zeit scheidet sich durch Hydrolyse gebildetes wasserhaltiges Antimonpentoxyd aus. 2 SbCl5 + 5H 2 0 = Sb205 + 10 H C l . 12. Schwefelwasserstoff fällt aus Antimonpentachlorid-Lösung rotes A n t i m o n p e n t a s u l f i d bzw. Antimontrisulfid und Schwefel. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid -Lösung löst sich der Niederschlag zu Ammoniumthioantimonat. Oxydationa-Reduktiona-Reaktionen. 13. Zu Natriumantimonit- Lösung gebe man etwas Silberamminsalz - Lösung, z.B. SilbernitratLösung, die bis zur Auflösung des zuerst ausgefällten Silberoxydniederschlages mit Ammoniak-Lösung versetzt ist. Die anfangs farblose Mischung bräunt sich bald, und es scheidet sich schwarzbraunes Silber in Flocken aus. Schwaches Erwärmen beschleunigt den Vorgang. [Sb(OH)J~ + 2 [Äg(NH 3 )ü] + + 4 0 H ±0

6+

= 2Ag + [Sb0 4 ] 3 - + 4NH 3 + 4H 2 0. Das Antimonit geht also in Antimonat über, wobei es das Silbersalz zu metallischem Silber reduziert. Durch dies Verhalten unter-1 scheidet man dreiwertige Antimonverbindungen von fünfwertigen. | 14. Ein Tropfen stark mit Salzsäure angesäuerter, also im wesentlichen antimonpentachlorid - haltiger Antimonsäure - Lösung werde mit etwas Kaliumjodid-Lösung gemischt und erwärmt. Es scheidet sich Jod aus, das sich beim Durchschütteln der abgekühlten Mischung mit etwas Chloroform mit violetter Farbe in diesem löst. Unterschiedsprobe gegen die Verbindungen des dreiwertigen Antimons! SbCl5 + 2 K J = SbCl3 + 2 KCl +

X -

154

Wismut

1 5 . In etwas salzsaure Antimonsalz-Lösung (gleichgültig ob dreioder fünfwertig) bringe man einen Eisennagel. Elementares A n t i m o n scheidet sich in schwarzen Flocken ab. 1 6 . Einen Tropfen einer salzsauren Antimonsalz - Lösung bringe man auf ein Platinblech und gebe ein Stückchen Zink hinein. Bald bildet sich auf dem Bleche ein schwarzer, f e s t h a f t e n d e r A n t i m o n f l e c k , während Zink in Lösung geht. Nach einiger Zeit spüle man den Fleck mit Wasser ab und löse ihn mit einigen Tropfen Salpetersäure, die mit Weinsäure versetzt ist. Verdünnt man die entstandene Lösung und gibt Schwefelwasserstoffwasser hinzu, so scheidet sich r o t e s A n t i m o n s u l f i d aus. Antimonwasserstoff. 1 7 . Der M a r s h sehe Versuch werde in gleicher Weise wie beim Arsen mit etwas Antimonsalz-Lösung ausgeführt. Man erhält im Glasrohre und auf der Porzellanschale m a t t s a m m e t a r t i g e s c h w a r z e F l e c k e n . Sie geben beim Betupfen mit Ammoniumsulfid einen r o t e n Fleck von Antimonsulfiden. Auch lösen sie sich n i c h t in frischer Natriumhypochlorit-Lösung, wodurch sie sich von den ähnlichen Arsenflecken unterscheiden.

Wismut Wismut ist ein hellgraues Metall mit rötlichem Farbtone. Es schmilzt schon bei 271°, ist aber sehr Bchwer flüchtig. In starker Salpetersäure löst es sich zu Wismutnitrat Bi(N03)3, d. h. also zur dreiwertigen Stufe. Wismuthydroxyd Bi(OH)3 ist eine schwache Base; saure Eigenschaften fehlen ihm fast völlig. Von der fü n fwertigen Stufe sind nur wenige, unbeständige Verbindungen bekannt (vgl. S. 134). 1. Man löse ein Stückchen Wismut in wenig konzentrierter Salpetersäure unter Erwärmen auf, verdünne die Lösung tropfenweise mit Wasser und gieße oder filtriere ab, ehe eine bleibende Trübung entsteht. 2. Wasser: Wird zu der Lösung reichlich kochendes Wasser gesetzt, so fallen b a s i s c h e W i s m u t n i t r a t e , etwa Bi(0H) 2 N0 3 , aus: Bi(N0 3 ) 3 + 2 H 2 0 = Bi(0H) 2 N0 3 + 2 H N 0 3 . Fügt mau vor dem Verdünnen wenig Natriumchlorid zu, so fällt das noch schwerer lösliche B i s m u t y l c h l o r i d BiOCl aus. Enthält die Wismutsalz-Lösung viel freie Säure, so erfolgt ein Niederschlag erst nach dem Zusatz von sehr viel Wasser und nach längerem Stehen. Durch Zusatz von Weinsäure kann das Entstehen dieses Niederschlages — anders als beim Antimon •— nicht verhindert werden.

Wismut

155

3. Natronlauge fällt W i s m u t h y d r o x y d , das sich im Überschuß von Natronlauge nicht fest. Wird WasserstoffperoxydLösung oder Bromwasser zu der Mischung gegeben, so färbt sich der Niederschlag hellbraun, weil das Wismut teilweise in den f ünfwertigen Zustand übergeht. 4. Schwefelwasserstoff fällt schwarzbraunes W i s m u t t r i s u l f i d Bi2S3. o. Kaliumjodid fällt schwarzrotes W i s m u t t r i j o d i d BiJ3. Ein Überschuß an Kaliumjodid-Lösung löst das Wismuttrijodid zum komplexen Kaliumwismutjodid K[BiJ 4 ], 6* Stannit-Lösung: Wird zu einer Wismutnitrat - Lösung Natriumstannit-Lösung (vgl. S. 136 bis 138) gesetzt, so fallt schwarzes elementares W i s m u t aus. 8+

2+

±0

4+

2Bi(OH) 3 + 3Na[Sn(0H) s ] + 3NaOH = 2Bi + 3Na 2 [Sn(OH) 5 ].

156

Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil Im folgenden sind die Elemente nach dem Perioden-System geordnet.

VII. Gruppe Halogene Zu der Gruppe der Halogene gehören die Elemente Fluor, Chlor, Brom und Jod. Von diesen haben wir das Chlor bereits besprochen. Auch vom Brom und Jod haben wir schon einige charakteristische Eigenschaften kennengelernt. So haben wir S. 19, Nr. 8 die Charakterisierung dieser Elemente durch die beim Ausschütteln auftretenden Farben der Lösungen in Chloroform besprochen. Besonders kennzeichnend ist die intensive b l a u e Farbe, die auftritt, wenn man eine Jod-Lösung mit Stärke-Lösung versetzt. Man löse je ein Körnchen Jod in Alkohol, Schwefelkohlenstoff und Chloroform und notiere die Farben der Lösung. Während sich Jod in Wasser nur wenig löst, ist es in einer Kaliumjodid-Lösung reichlich löslich. Dabei bildet sich unter Anlagerung einer Jodmolekel an ein Jodion das [J 3 ]~-Ion. Man verdünne etwas wäßrige Jod-Lösung so stark, daß die braune Farbe kaum noch zu erkennen ist, und gebe etwas StärkeLösung dazu. Die Flüssigkeit färbt sich tiefblau.

Halogenwasserstoffe Beständigkeit. Die Verwandtschaft der Halogene zur negativen Ladung, ihre n e g a t i v e E l e k t r o a f f i n i t ä t , wächst vom Jod zum Fluor. So haben wir bereits S. 19 gesehen, daß elementares Chlor Brom- und Jodionen zu den freien Halogenen oxydiert. Das Fluor schließlich ist so stark elektronegativ, daß es sogar den Sauerstoff des Wassers verdrängt: 2F 2 + 2H 2 0 = 4 HF + Oj 1 ). Ganz entsprechend fällt die B i l d u n g s w ä r m e der HalogenwasBerstoffverbindungen vom Fluor- zum Jodwasserstoff ab. Damit hängt es zusammen, daß wäßrige Brom- und besonders Jodwasserstoffsäure durch den L u f t B a u e r s t o f f leicht oxydiert werden und sich daher beim Stehen, namentlich im Licht, allmählich dunkel färben: 4 H J + 0 2 = 2H 2 0 + 2 J 2 . Diese leichtere Oxydierbarkeit des Brom- und Jodwasserstoffs kommt auch darin zum Ausdruck, daß man diese Verbindungen nicht wie Chlorwasserstoff 1

) Der Sauerstoff ist mit etwas Fluoroxyd F 2 0 verunreinigt.

Halogenwasserstoffe

157

durch Einwirkung von konzentrierter S c h w e f e l s ä u r e auf ihre Alkalimetallsalze darstellen kann, weil Bromwasserstoff dabei teilweise, Jodwasserstoff vollständig oxydiert wird: 2 H J + H s S0 4 = J , -l- SO, + 2 H , 0 . Benutzt man an Stelle der Schwefelsäure die nicht oxydierende Phosp h o r s ä u r e , so läßt sich Bromwasserstoff ohne Zersetzung darstellen. Jodwasserstoff kann man jedoch auch so nicht rein gewinnen, weil bei der erforderlichen Temperatur das Gleichgewicht 2 H J = H a + J a bereits merklich nach der rechten Seite verschoben ist. Durch schwächere Oxydationsmittel, wie salpetrige Säure (vgl. dazu S. 168, Nr. 2) wird aus den Halogenwasserstoffsäuren nur Jod, nicht aber Brom freigemacht. In den physikalischen Eigenschaften der wasserfreien Halogenwasserstoffverbindungen nimmt der bei + 20°, d. h. etwa bei Zimmertemperatur siedende F l u o r w a s s e r s t o f f eine Sonderstellung gegen die übrigen Halogenwasserstoffverbindungen ein; denn wasserfreier Chlorwasserstoff siedet bei — 85°, Bromwasserstoff bei —67° und Jodwasserstoff bei —35°. Ähnliches findet man auch bei W a s s e r und A m m o n i a k in den Reihen: H a O, H2S, HjSe, H,Te bzw. NH„, PH 3 , AsH8, SbH 3 . — Die L ö s l i c h k e i t aller Halogenwasserstoffe in Wasser ist sehr groß. In den Löslichkeitsverhältnissen ihrer Salze ähneln sich Chlor-, Bromund Jodwasserstoff, wie S. 95 für die Silbersalze gezeigt worden ist. Die F l u o r i d e verhalten sich anders: Silberfluorid ist sehr leicht löslich, während Calciumfluorid („Flußspat") im Gegensatz zu dem sehr leicht löslichen Calciumchlorid schwer löslich ist. Alle Halogenwasserstoffsäuren neigen zur Komplexbildung. So lernten wir z. B. die Platinchlorwasserstoffsäure H 2 [PtClJ und die Silberjodwasserstoffsäure H[AgJ 2 ] bereits kennen. Besonders hinzuweisen ist auf die Kieselfluorwasserstoffsäure H 2 [SiF e ], weil sie sich bildet, wenn man mit Fluorwasserstoff-Lösungen in Glasgefäßen arbeitet. Wir besprechen sie S. 170 f. Noch mehr zur Komplexbildung neigen die nachstehenden Säuren, die sich den Haiogenwasserstoffsäuren ähnlich verhalten, obwohl sie gar kein Halogen enthalten; die Atomgruppen, die in ihnen das Halogen ersetzen, nennt man deshalb auch „ P s e u d o - H a l o g e n e HCN C y a n w a s s e r s t o f f (Blausäure) HOCN C y a n s ä u r e HSCN T h i o c y a n s ä u r e (Rhodanwasserstoff). Die wichtigsten Umsetzungen dieser Säuren haben wir schon kennengelernt; hingewiesen sei besonders auf die Fällung der CN~-Ionen mit Ag+Ionen und die Auflösung des Niederschlages in überschüssigem Cyanid nach der Gleichung: AgCN + CN~ = [Ag(CN)2]- (vgl. S. 96). Auch das freie Cyan (CN)a ist den Halogenen ähnlich. Man gewinnt das sehr giftige Gas durch Erhitzen von Schwermetallcyaniden: Hg(CN)a = Hg + (CN)a . 1 . Man gebe unter dem Abzüge zu etwas festem Kaliumbromid konzentrierte Schwefelsäure. Durch B r o m verunreinigter B r o m w a s s e r s t o f f entweicht in Strömen, die Flüssigkeit färbt sich durch freies B r o m braun. 2« Behandelt man Kaliumjodid in entsprechender Weise, so wird reichlich J o d ausgeschieden. 3* Man gebe zu Natriumfluorid- Lösung Silbemitrat - Lösung. Es bildet sich k e i n Niederschlag. Gibt man zu Natriumfluorid-

Halogensauerstoffverbindungen

158

Lösung dagegen Calciumchlorid - Lösung, so scheidet sieh voluminöses C a l c i u m f l u o r i d ab. 4 . Man mische einen Tropfen Natriumcyanid- Lösung mit einem Tropfen gelben Ammoniumsulf ids und dampfe in einer Abdampfschale auf dem Wasserbade zur Trockene. Den Rückstand befeuchte man mit einigen Tropfen Salzsäure und gebe eine Spur FerrichloridLösung hinzu. Die Lösung färbt sich durch Bildung von Ferrir h o d a n i d (vgl. S. 117, Nr. 18) dunkelrot. NaCN + (NH 4 ) 2 S 2 = NaSCN + (NH 4 ),S . 5 . Man erhitze im trockenen Probierglase u n t e r d e m A b z ü g e etwas Mercuricyanid. Es bildet sich C y a n g a s , das beim Anzünden mit purpurgesäumter Flamme verbrennt. Halogensauerstoffverbindungen Man kennt folgende Oxyde Elektrovalenzzahl des Chlors1)

und Säuren

Oxyd

Säure

11+ 3+ 4+ 5+ 6+ 7+

ClaO Chlormonoxyd —

C102 Chlordioxyd

*

\

C1208 Chlorhexoxyd ^ C1207 Chlorheptoxyd

des Chlors (bzw. ihre Salze): Name der Salze

HCl Salzsäure Chloride HCIO Unterchlorige Hypochlorite Säure HC102 Chlorige Säure Chlorite HC103 Chlorsäure

Chlorate



HC104 Überchlorsäure

Perchlorate

Dabei deuten die Pfeile an, wie sich die Oxyde mit Wasser bzw. Lauge umsetzen. Von diesen Verbindungen behandeln wir hier nur die umrahmten. I. Chlorgas setzt sich mit W a s s e r in ganz geringem Umfange nach der Gleichung Cl2 + HjO — H+ + Cl- + HCIO um, nach der unter Disproportionierung der Chlormolekel neben Cl_-Ionen freie unterchlorige Säure entsteht. Einem Fortschreiten der Reaktion nach rechts wirken die entstehenden H+-Ionen entgegen. Fängt man diese _ jedoch mit OH -Ionen weg, leitet man also Chlorgas in N a t r o n l a u g e ein, so setzt es sich nach der Gleichung Cl2 -f 2NaOH = NaCl + NaCIO + H 2 0 1 ) Die Annahme von Ionenbindung in Stoffen, wie C120 usw., ist zwar für die Behandlung der Oxydationsprozesse bequem, aber gerade hier eine von den wirklichen Verhältnissen stark abweichende Näherung.

Halogensauerstoffverbindungen

159

vollständig um. Beim Ansäuern hingegen verschiebt sieh das Gleichgewicht wieder entsprechend dem unteren Pfeil der vorletzten Gleichung und es bildet sich Chlor zurück. Ähnlich wie gegen Natronlauge verhält sich Chlorgas gegen Calciumhydroxyd, wobei der hypochlorithaltige, im übrigen verwickelt zusammengesetzte „Chlorkalk" entsteht. Die Hypochlorite sind instabile Verbindungen. Noch sehr viel unbeständiger ist die unterchlorige Säure. Das Entstehen dieser energiereichen Stoffe wird nur dadurch ermöglicht, daß bei dem Übergang eines Chloratoms in ein Chloridion so viel Energie frei wird, daß dem zweiten Chloratom der Chlormolekel Energie zur Bildung einer instabilen Verbindung zur Verfügung steht, die sich ohne diese Energiezufuhr nicht bilden könnte („Gekoppelte Reaktion"). Derartige instabile Stoffe versuchen, in einen stabileren Zustand überzugehen. Unterchlorige Säure wirkt deshalb gegenüber oxydierbaren Stoffen als starkes Oxydationsmittel. Da es aber auch noch höhere Oxydationsstufen des Chlors gibt, die ebenfalls stabiler als die unterchlorige Säure sind, kann die unterchlorige Säure gegenüber reduzierbaren Stoffen auch als starkes Reduktionsmittel wirken. Ganz entsprechend liegen die Verhältnisse bei einigen anderen instabilen Stoffen mittlerer Oxydationsstufe, z. B. bei Chlorsäure (siehe weiter unten), salpetriger Säure (S. 167), Wasserstoffperoxyd (S. 163). Besonders häufig macht man von der Oxydationswirkung der unterchlorigen Säure Gebrauch. Diese kommt — ähnlich wie wir es z. B. bei der Salpetersäure kennengelernt haben — in erster Linie der undissoziierten Säure zu, weniger den C10~-Ionen. Die freie Säure ist auch in schwach alkalischer Losung in geringem Umfange vorhanden; denn die unterchlorige Säure ist sehr schwach, so daß ihre Salze stark hydrolysieren. II. Beim Erwärmen oxydieren HClO-Molekeln C10--Ionen nach der Gleichung i+ 2HC10 + [CIO]- + 2 OH- = [C103]- + 2C1~ + 2H 2 0 , wobei sich Chlorai-Ionen bilden. In der W ä r m e reagiert daher Chlorgas mit Laugen nach der Gleichung 3C12 + 6 OH- = C103- + 5C1- + 3H 2 0 direkt zu Chlorat und Chlorid. Hier liegt ebenfalls eine gekoppelte Reaktion vor. Auch Chlorate sind instabile Stoffe, die ihre Bildung dem gleichzeitigen Entstehen von Chloridionen verdanken; sie sind jedoch weniger energiereich als die Hypochlorite. — Ähnlich wie die CIO--Ionen sind auch die C103_-Ionen neben C1 -Ionen nur in alkalischer Lösung beständig. In saurer zersetzen sie sich gemäß: ^ ^ + 5 H C 1 = 3CIj + 3H;!0 . Beim Behandeln von Chloraten mit k a l t e r konzentrierter Schwefelsäure bildet sich neben Sauerstoff das explosible Chlordioxyd, da das Anhydrid C1206 der Chlorsäure nicht beständig ist: 4HC103 •— 2H 2 0 = 4C102 + 0 2 . III. Noch beständiger als die Chlorate sind schließlich die Perchlorate, die z. B. beim Erhitzen von Chloraten — wiederum in gekoppelter Reaktion und unter Disproportionierung — nach der Gleichung 4KC103 = KCl + 3KC104 entstehen. Daneben erfolgt allerdings auch eine Zersetzung gemäß 2KC103 = 2KCl + 30 2 . Bei Anwesenheit von Katalysatoren, wie Braunstein, erfolgt die Umsetzung sogar ausschließlich nach der letzten Gleichung. — Die Überchlorsäure ist, den S. 89ff. besprochenen Regeln entsprechend, eine sehr Btarke

160

Halogensauerstoffverbindungen

Säure. Das schwer lösliche Kaliumsalz ist schon S. 58, Nr. 4 besprochen worden. P e r c h l o r a t e lassen sich — im Gegensatz zu den Chloraten — mit schwefliger Säure oder mit Zink und verdünnter Schwefelsäure nicht zu den Chloriden reduzieren, sondern nur mit stärkeren Reduktionsmitteln, z. B. Titan III-Salzen in saurer Lösung. IV. Auch Brom und Jod lösen sich in Lösungen, die OH~-Ionen enthalten, zu u n t e r b r o m i g e r bzw. u n t e r j o d i g e r Säure, die in ihren Umsetzungen der unterchlorigen Säure weitgehend entsprechen. J o d s ä u r e erhält man leicht durch Oxydation von Jodiden oder Jod mit Chlor in wäßriger Lösung: J - + 3Cl°j + 3H 2 0 = [J0 3 ]- + 6H+ + 6C1- . Brom dagegen läßt sich mit Chlor n i c h t zur Bromsäure oxydieren. Bromate bzw. Jodate setzen sich in saurer Lösung mit Brom- bzw. Jodionen ebenso zu freiem Halogen um, wie es oben für die Einwirkung von Chloraten auf Chlorionen beschrieben ist, z. B.: H J 0 3 + 5 H J = 3H 2 0 + 3 J 2 .

1. Unterchlorige Säure. 1. Ein halbes Probierglas Chlorwasser werde nach Zugabe einiger Tropfen Natronlauge geschüttelt, wobei der Geruch nach Chlor verschwindet. Ein Teil dieser Lösung entfärbt einen Tropfen Indigo - Lösung (OxydationsWirkung der u n t e r c h l o r i g e n Säure!). Der Rest werde mit Schwefelsäure angesäuert, worauf der Geruch nach Chlor wieder zu erkennen ist. HCl + HCIO = H 2 0 + Cl 2 . 2 . Man schüttele Chlorkalk mit Wasser und stelle mit dem Filtrate die gleichen Versuche an. II. Chlorsäure. 3. Eine kleine Spatelspitze (nicht mehr!) Kaliumchlorat werde auf Holzkohle mit der Lötrohrflamme unter dem Abzüge erhitzt (Schutzbrille!). Es erfolgt lebhafte Verp u f f u n g unter Feuererscheinung. 4. Eine kleine Probe Kaliumchlorat werde mit konzentrierter Salzsäure in einem Probierglase schwach erwärmt. Es entweicht Chlorgas. Wenn es sich in der Giftanalyse um den Nachweis von Metallen in organischen Stoffen (Speisen usw.) handelt, werden die organischen Stoffe durch dièse Mischung oxydiert und entfernt. 5. Kaliumchlorat-USsxmg gibt — vorausgesetzt, daß sie frei von Kaliumchlorid ist — mit Silbernitrat-Lösung keinen Niederschlag. Nach Zusatz von einigen Stückchen Zink und etwas verdünnter Schwefelsäure fällt S i l b e r c h l o r i d aus, weil jetzt die Chlorsäure zur Salzsäure reduziert wird. Bei dem Versuch verdünne man mit Wasser, da auch Silbersulfat wenig löslich ist (vgl. S. 20). Auch durch Kochen mit schwefliger Säure wird die Chlorsäure reduziert. Die Reduktion von Chlorsäure kann man schließlich auch mit salpetriger Säure erreichen; vgl. dazu S. 168, Nr. 4.

Halogensauers toffverbindungen

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G. I n einem trockenen Probierglase, das in schräger Lage in ein Stativ geklammert ist, übergieße m a n eine Spatelspitze Kaliumchlorat (nicht mehr!) mit 2—3 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich langsam gelbgrünes C h l o r d i o x y d , das beim Erwärmen des o b e r e n Teiles des Probierglases mit schwacher Detonation verpufft. Man hüte sich, das Gemisch von Kaliumchlorat und Schwefelsäure selbst zu erwärmen, weil dabei heftige Explosionen eintreten können. (Der Versuch ist h i n t e r d e r G l a s s c h e i b e d e s A b z u g e s auszuführen!) 7 . I n einem trockenen Probierglase werde etwas Kaliumchlorat, dem etwas Braunstein zugesetzt ist, vorsichtig erhitzt. Es entweicht S a u e r s t o f f , der mit einem glühenden Holzspan nachgewiesen werde. III. Überchlorsilure. 8. Erhitzt man 1—2 g Kaliumchlorat ohne Braunsteinzusatz, so schmilzt es und entwickelt viel weniger Sauerstoff. Nachdem man die Gasentwicklung einige Minuten in Gang gehalten hat, lasse man die Schmelze erstarren und abkühlen. Beim Ausziehen mit heißem Wasser löst sich nur ein Teil. I n der Lösung lassen sich mit Silbernitrat C h l o r i o n e n nachweisen. Das Ungelöste besteht im wesentlichen aus K a l i u m p e r c h l o r a t . Man bringe auf dem Objektträger ein kleines Körnchen davon in einem Tropfen Wasser durch Erhitzen in Lösung und vergleiche die beim Erkalten entstehenden Kristalle mit Kaliumperchloratkristallen, die man aus Kaliumchlorid-Lösung mit Überchlorsäure gefällt hat. 9. Man überzeuge sich, daß eine Perchlorat-Lösung durch Zink und verdünnte Schwefelsäure sowie mit schwefliger Säure n i c h t zum Chlorid reduziert wird. Überchlorsäure wird am besten mikrochemisch über das K a l i u m s a l z nachgewiesen (vgl. S. 58, Nr. 4). IV. Sauerstoffstturen des Broms und Jods. 10« Man versetze etwas Natronlauge mit Bromwasser; die braune Farbe verschwindet. Br 2 + 2NaOH = NaBr + NaBrO + H 2 0 . Beim Ansäuern

wird wieder B r o m frei: HBrO + H B r = Br 2 + H 2 0 .

11. Die gleichen Versuche führe man mit Jod-Lösung durch. 1 2 . Ein Tropfen Kaliumjodid - Lösung werde mit so viel Chlorwasser tropfenweise versetzt, bis eben die braune Farbe des zuerst ausgeschiedenen Jods verschwindet. H J + 3C12 + 3 H 2 0 = H J 0 3 + 6 H C l . Bilti, Einführung. 24.—20. Aufl. 11

162

VI. Gruppe — Wasserstoffperoxyd

Die so erhaltene Jodsäure-Lösung werde zur Entfernung des überschüssigen Chlors einen Augenblick aufgekocht und dann mit Natronlauge neutralisiert, wobei der Endpunkt durch ein in der Lösung schwimmendes Stück Lackmuspapier erkannt wird. Jetzt gebe man zu der Lösung etwas Kaliumiodid - Lösung: die Lösung bleibt farblos. Säuert man sie jedoch mit verdünnter Salzsäure an, so färbt sie sich braun, und es scheidet sich reichlich J o d aus. 13. Da sich Brom mit Chlorwasser nicht zur Bromsäure oxydieren läßt, kann man B r o m i d e und J o d i d e in folgender Weise n e b e n e i n a n d e r n a c h w e i s e n . Man versetze eine verdünnte Lösung, die wenig Kaliumjodid und Kaliumbromid enthält, zunächst mit einem Troffen Chlorwasser und etwas Chloroform. Beim Umschütteln nimmt die Chloroformschicht die violette Jodfarbe an, während sich elementares Brom noch nicht bildet, da das Bromidion schwerer als das Jodidion oxydiert wird. Dann gebe man mehr Chlorwasser hinzu, bis beim Umschütteln die violette Jodfarbe verschwunden ist (Jodsäure bildung). Bei weiterem Chlorwasserzusatz wird dann freies B r o m gebildet, das die Chloroformschicht braun färbt (vgl. auch Elektroaffinität S. 105).

VI. Gruppe Wasserstoffperoxyd Das Wasserstoffperoxyd kann unter erheblicher Energieabgabe zerfallen nach 2H 2 0 2 = 2H 2 0 + 0 2 . In hochkonzentriertem Zustande neigt es deshalb zur Explosion. Reine, verdünnte wäßrige Lösungen zerfallen bei Zimmertemperatur nur äußerst langsam. Durch manche Stoffe wird die Zersetzung katalytisch (s. Lehrbuch) beschleunigt.

1. Man versetze etwas verdünnte Wasserstoffperoxyd-Liösung mit einigen Tropfen kolloider Platin - Lösung (Assistent): es tritt lebhafte S a u er Stoffentwicklung ein. Geringe Alkalimengen, wie sie vom Glas an Wasser abgegeben werden, beschleunigen die Zersetzung ebenfalls. Das „Perhydrol" des Handels, eine 30-proz. wäßrige Wasserstoffperoxyd-Lösung, wird deshalb in paraffinierten Flaschen aufbewahrt. Verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung ist etwa 3-proz., d. h. annähernd einfach-molar. Im Wasserstoffperoxyd H 2 0 2 kommt eine doppelt negativ geladene 0 2 Gruppe vor. Diese ist charakteristisch, für alle *« l'erverbin düngen". Von diesen lernten wir das N a t r i u m p e r o x y d (S. 57) und das C h r o m p e r o x y d (S. 124 u. 128, Nr. 14) schon kennen; weiteren Perverbindungen werden wir bei der Perschwefelsäure (S. 163) sowie beim Titan (S. 176) und beim Vanadin (S. 177) begegnen. — Die d o p p e l t n e g a t i v geladene 0 2 - G r u p p e steht in bezug auf die Oxydationsstufe des Sauerstoffs zwischen dem unge2 ladenen Sauerstoff der 02-Molekel und dem doppelt negativen O-Teilchen,

Säuren des Schwefels

163

das im Wasser und den Oxyden vorliegt. Damit ist verständlich, daß Wasserstoffperoxyd sowohl a l s R e d u k t i o n s - wie als O x y d a t i o n s m i t t e l wirken kann. Durch o x y d i e r e n d e Stoffe wird die doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe unter Aufnahme von 2 positiven Ladungen zu elementarem Sauerstoff oxydiert. Dies erfolgt bevorzugt in saurer Lösung. R e d u k t i o n s m i t t e l führen Wasserstoffperoxyd in Wasser über. Dabei gibt es 2 positive Ladungen 2— ab, weil aus einer doppelt negativ geladenen 0 2 -Gruppe zwei O-Teilchen gebildet werden. Dieser Reaktionsverlauf wird im alkalischen Medium bevorzugt. Weil Wasserstoffperoxyd energiereicher ist als seine Oxydations- und Reduktionsprodukte Sauerstoff und Wasser, sind sowohl seine Oxydations- als auch seine Reduktionswirkungen kräftig (vgl. S. 159). 2 . Zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten Wasserstoffper ox yd Lösung setze man tropfenweise verdünnte KaliumpermanganatLösung. Unter S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g verschwindet die Farbe des Permanganats, weil es in M a n g a n o s a l z übergeht ( R e d u k t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxydes). 2[Mn04]- + 5 H 2 0 2 + 6 H + = 2Mn 2 + + 5 0 2 + 8 H 2 0 . 3« Man versetze etwas Chromiealz-Lösung m i t Natronlauge, bis der Niederschlag wieder gelöst ist. Auf Zugabe von Wasserstoffperoxyd geht beim Erwärmen das grüne Chromit in das gelbe C h r o m a t über ( O x y d a t i o n s w i r k u n g des Wasserstoffperoxydes). 2[Cr(OH) 6 ] 3_ + 3 H 2 0 2 = 2 [ ( > 0 J ! ! - + 8 H 2 0 + 2 0 H " . Nebenher wird ein Teil des Peroxyds katalytisch unter Sauerstoffentwicklung zersetzt. Säuren des S c h w e f e l s Außer den bereits besprochenen Verbindungen: Schwefelwasserstoff H 2 S, schweflige Säure H 2 S0 3 , Schwefelsäure H 2 S0 4 und Pyroschwefelsäure H 2 S 2 0, bildet der Schwefel noch eine Reihe weiterer Säuren. I. Terschwefelsiiure

Im Persulfation

O O 12~ OSOOSO sind die

L o

o J

beiden positiv Bechswertigen Schwefelatome durch eine doppelt negativ geladene 0 2 -Gruppe verbunden. Persulfate wirken daher o x y d i e r e n d . I . Man setze zu etwas ziemlich stark verdünnter ChromalaunLösung eine Spatelspitze Ammoniumpersulfat (NH 4 ) 2 S 2 0 8 und koche wenige Minuten. Das dreiwertige Chrom wird zu gelbroter P y r o c h r o m a t - L ö s u n g mit sechswertigem Chrom oxydiert. II. JDtthionsäure H^Sfi^. 2 . Man versetze etwas Manganosalz - Lösung mit wenig Wasserstoffperoxyd und so viel AmmoniakLösung, daß die Fällung von M a n g a n d i o x y d gerade vollständig ist. Auf Zusatz von Schwefligsäure-hösung geht der Niederschlag beim Erwärmen wieder in Lösung. Aus dieser fallt nach Zugabe von Ammoniak- und Schwefelammonium-'LöäViTigManganosulfid. Die schweflige 11*

164

Säuren des Schwefels

Säure hat also das Mangandioxyd reduziert; dabei ist sie selbst zum Anion der D i t h i o n s ä u r e oxydiert worden: 2 H 2 S 0 3 + Mn0 2 = 2 H 2 0 + Mn«+ + [SjOJ»- . r o o i2-

Im D i t h i o n a t i o n

OS—SO

L O O J

sind die beiden S03-Grjippen durch eine

Atombindung zwischen den beiden Schwefelatomen miteinander verknüpft. Man verwendet die eben beschriebene Umsetzung, um die Haut, die beim Berühren von Kaliumpermanganat unter Abscheidung von Mangandioxyd Mn02 braun gefärbt wird, zu reinigen: man spült die Hände einfach mit etwas Schwefligsäure-Lösung und dann mit Wasser ab.

III. Polythionsüuren H2S3Os, H2Sß6 . . . H2Sßös\mg versetze man reichlich mit konzentrierter Harnstoff - Lösung, säuere dann mit verdünnter Schwefelsäure an und lasse einige Minuten stehen. Dabei setzt sich

Phoaphorige Säure — IV. Gruppe — Silicium

169

die salpetrige Säure mit Harnstoff zu W a s s e r , Kohlendioxyd und S t i c k s t o f f um. OC(NH 2 ) 2 + 2 H N 0 2 = 2 N 2 + 3 H 2 0 + C 0 2 . Die Lösung gibt nun k e i n e Reaktion mit Kaliumjodid-Lösung bzw. den soeben angegebenen organischen Reagentien mehr.

Phosphorige Säure Neben den S. 45 ff. besprochenen Säuren, die Phosphor in der fünfwertigen Stufe enthalten, kennt man noch Säuren n i e d e r e r Wertigkeitsstufen. Von diesen behandeln wir hier nur die p h o s p h o r i g e Säure. Diese bildet sich nach der Gleichung p ^ + 3 H a 0 = H 3 P 0 3 + 3 HCl bei der Hydrolyse von P h o s p h o r t r i c h l o r i d PC13, einer an der Luft rauchenden, bei 76° siedenden Flüssigkeit, die man leicht durch Einwirkung von Chlorgas auf Phosphor erhält. Phosphorige Säure ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l , das z. B. Mercuri- in Mercurosalz überführt. Beim Erhitzen d i s p r o p o r t i o n i e r t sie, ähnlich wie Kaliumchlorat, in Phosphorwasserstoff PH 3 und Phosphorsäure: s+ 3_ 4H 3 P0 3 = PH 3 + 3H 3 P0 4 . 1 . Man gebe in ein trockenes Probierglas einen halben Kubikzentimeter Phosphortrichlorid und füge einige Kubikzentimeter Wasser hinzu. Die Umsetzung zur p h o s p h o r i g e n S ä u r e ist nach einigen Minuten beendet. 2 . Zu der entstandenen Lösung v o n phosphoriger Säure gebe man einige Tropfen Mercurichlorid-Lösung. E s bildet sich in der Kälte langsam, schneller beim Erhitzen unlösliches M e r c u r o c h l o r i d und später auch graues metallisches Q u e c k s i l b e r : 2+ 8+ 2X1+ 6+ 2HgCl 2 + H3PO3 + H 2 0 = Hg 2 Cl 2 + H 3 P 0 4 + 2 HCl 2x1+

3+

±0

5+

Hg 2 Cl 2 + H3PO3 + H 2 0 = 2 Hg + H 3 P 0 4 + 2HC1.

IV. Gruppe Silicium Das elementare Silicium besitzt im Gegensatz zum Diamanten ausgesprochen m e t a l l i s c h e s Aussehen. Es ist in Säuren unlöslich, setzt sich aber mit Laugen leicht zu löslichem Alkalisilikat ( „ W a s s e r g l a s " ) und Wasserstoff um: S i + 2NaOH + H 2 0 = Na 2 Si0 3 + 2H 2 . Aus A l k a l i Silikat-Lösungen wird die Hauptmenge der Kieselsäure durch Ansäuern abgeschieden. Ein Teil bleibt allerdings k o l l o i d g e l ö s t ; beim Ansäuern stark verdünnter Alkalisilikat-Lösungen tritt sogar eine Fällung überhaupt nicht ein. Die gelöste Kieselsäure wird erst durch mehrfaches Abdampfen der mit Salzsäure versetzten Lösung in die unlösliche Form überführt. Im Gegensatz zu den Alkalisilikaten Bind alle übrigen Silikate ebenso

170

Silicium

wie das Anhydrid der Kieselsäure Si0 2 (Quarz) in Wasser unlöslich. Die Silikate bilden den Hauptbestandteil der Erdrinde und zeigen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung und Kristallform. Unterkühlte Schmelzen wechselnder Zusammensetzung aus Alkali- und Erdalkalisilikaten verwendet man als Gläser; Spezialgläser enthalten noch sehr viele andere Bestandteile. Durch Schmelzen mit Soda lassen Bich die Silikate aufschließen. Z. £ . entsteht aus einem Alkali-Erdalkali-Aluminiumsilikat unter Kohlendioxydentwicklung Natriumsilikat und -aluminat sowie Calciumcarbonat. Zersetzt man den erkalteten Schmelzkuchen mit Salzsäure, so geht alles als Chlorid in Lösung mit Ausnahme der Kieselsäure, die abgeschieden wird. Ein anderer Weg zum Aufschluß der Silikate, den man z. B. zum Ätzen des Glases benutzt, beruht auf der Einwirkung eines Gemisches von F l u ß s ä u r e und S c h w e f e l s ä u r e . Hierbei wird das Siliciumdioxyd in gasförmiges Siliciumtetrafluorid SiF4 übergeführt: Si0 2 + 4 H F = SiF4 + 2H s O . Das gleichzeitig entstehende Wasser würde die Reaktion bald zum Stillstand bringen (Massenwirkungsgesetz!); man macht es deshalb durch den Zusatz der wasserentziehenden Schwefelsäure unschädlich. Mit Wasser allein gibt Siliciumtetrafluorid wieder Kieselsäure (Umkehrung der obigen Reaktion; Massenwirkungsgesetz!) und außerdem Kieselfluorwasser Stoff süure H 2 SiF e : SiF4 + 2H 2 0 = Si0 2 + 4 H F 4 HF + 2SiF 4 = 2H 2 SiF 6 3SiF 4 + 2H 2 0 = Si0 2 + 2H 2 SiF„ . Auf dieser Umsetzung läßt sich ein Nachweis der Kieselsäure begründen, indem man die zu untersuchende Probe im Bleitiegel mit Fluß- und konzentrierter Schwefelsäure behandelt, die aufsteigenden Gase mit Wasser zersetzt und nun entweder prüft, ob sich Kieselsäure ausscheidet oder ob sich Kieselfluorwasserstoffsäure gebildet hat, die an der Schwerlöslichkeit ihres B a r i u m salzes leicht zu erkennen ist. — Gelöste Kieselsäure erkennt man daran, daß sie mit einer salpetersauren Molybdänsäure-Lösung die im Gegensatz zu den Ammoniumsalzen der Molybdän-phosphor- und -arsen-säure lösliche gelbe Silicomolybdänsäure H4[Si(Mo3O10)4] bildet. Silicilimwasserstoffe („Silane") entstehen z. B. durch Einwirkung von Säuren auf Magnesiumsilicid. Sie entzünden sich an der Luft von selbst und verbrennen zu Siliciumdioxyd und Wasser. Mg2Si + 4 HCl = SiH4 + 2MgCl2 SiH4 + 2 0 s = Si0 2 + 2H 2 0 . 1 . Man erwärme etwas metallisches E s entwickelt sich W a s s e r s t o f f .

Silicium

mit

Natronlauge.

2 . Man löse ein Stückchen ,, Wasserglas" in etwas Wasser unter Erwärmen auf. Bei Zusatz von konzentrierter Salzsäure fallt w a s s e r h a l t i g e K i e s e l s ä u r e gallertartig aus. Diese frisch ausgefällte Kieselsäure löst sich in Natronlauge leicht auf, namentlich beim Erwärmen. 3 . Wiederholt man den Versuch mit einer äußerst Wasserglaslösung, so fällt nichts aus.

verdünnten

Silicium

171

4. Man säuere eine sehr verdünnte Wasserglaslösung mit reichlich konzentrierter Salpetersäure an und versetze die klare Lösung mit viel Ammoniummolybdat - Lösung. Die Lösung färbt sich unter Bildung von komplexer M o l y b d ä n k i e s e l s ä u r e gelb. Man prüfe auf diese Weise das Leitungswasser und das destillierte Wasser des Laboratoriums auf Kieselsäure. 5. Zum Aufschluß schmelze man eine Spatelspitze sehr fein gepulverten Feldspats (z. B. K 2 0-A1 2 0 3 - 6 Si0 2 ) mit der fünffachen Menge wasserfreier Soda im Platinschälchen, bis die Kohlendioxydentwicklung beendet und eine klare Schmelze entstanden ist, und schrecke ab (vgl. S. 134, Nr. 2). Den Schmelzkuchen zersetze man mit konzentrierter Salzsäure. Es entwickelt sich reichlich Kohlendioxyd, und wasserhaltige Kieselsäure fällt gallertartig aus. Man filtriere und weise im Filtrat das Aluminium mit AmmoniakLösung nach. 6. Glas iitzen: Man bringe in einem trockenen Probierglase ein erbsengroßes Stück Paraffin zum Schmelzen und verteile es durch Drehen des erwärmten Glases um seine horizontal gehaltene Achse über seine ganze Innenseite. Nach dem Erkalten des Paraffins kratze man mit einem Drahte einige Stellen der Glaswandung blank. Nun gebe man eine Messerspitze Calciumfluorid- Pulver und einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in das Glas und erwärme den Boden ganz schwach, bis beginnendes Aufschäumen anzeigt, daß sich nach der Gleichung: CaF 2 + H 2 S0 4 = CaS0 4 + 2 H F F l u o r w a s s e r s t o f f entwickelt. Nach 10 Minuten spüle man den Inhalt des Rohres mit Wasser aus, koche das Rohr zweimal mit je 2—3 ccm Alkohol aus und spüle es dann zweimal mit je 2—3 ccm Äther. Nun blase man mit dem Gebläseschlauche, an den man zweckmäßig ein Stück Glasrohr ansetzt, etwas Luft durch das warme Probierglas, wodurch es völlig getrocknet wird. Man erkennt jetzt an den angekratzten Stellen die Ätzfiguren und fühlt sie mit einem zugespitzten Drahte deutlich als Vertiefungen. Nachweis. *3, In ein Bleitiegelchen bringe man etwas gefälltes Siliciumdioxyd, Flußspatpulver und 1j2 ccm konzentrierte Schwefelsäure. Dann bedecke man das Tiegelchen mit einem durchlochten Bleideckel und lege auf das Loch ein Stückchen feuchtes schwarzes Filtrierpapier. Nach kurzem, ganz schwachem Erwärmen entferne man das Papier; es findet sich auf ihm ein weißer Fleck von Kieselsäure. 8. Eine wäßrige Lösung von Kieselfluorwasserstoffsäure fällt aus Bariumchlorid -Lösung weißes B a r i u m s i l i c o f l u o r i d aus, das sich durch seine grobkörnige Form schon äußerlich vom Bariumsulfat unterscheidet. H 2 SiF 6 + BaCl2 = BaSiF 6 + 2 HCl.

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III. Gruppe — Borsäuren

Silan. 9. Man erhitze in einem trockenen Probierglase ein Gemisch von 2 g Magnesium - Pulver mit 1 g gefällter Kieselsäure. Die Umsetzung setzt plötzlich unter Erglühen ein und pflanzt sich durch die ganze Masse fort. 4Mg + S i 0 2 = Mg 2 Si + 2MgO . Nach dem Erkalten zerschlage man das Glas mit Inhalt und werfe Stücke des gebildeten M a g n e s i u m s i l i c i d e s in ein unter dem Abzug stehendes Schälchen mit konzentrierter Salzsäure. Der sich bildende S i l i c i u m w a s s e r s t o f f entzündet sich mit leichtem Knall.

III. Gruppe Borsäuren Die Orthoborsäure H 3 B0 3 kann man sich durch Anlagerung von drei Molekeln Wasser an das B o r o x y d B 2 0 3 entstanden denken: B 2 0 3 + 3H„0 = 2 H 3 B 0 3 . Sie besteht aus farblosen Kristallblättchen, die in kaltem Wasser wenig löslich sind. Salze leiten sich nur von den im freien Zustande nicht darstellbaren wasserärmeren Borsäuren ab: B 2 0 3 + H„0 = 2 H B 0 j 2B 2 0 3 + H~0 = H 2 B 4 0 7

Metaborsäure Tetraborsäure.

Das Natriumtetraborat („Borax") bildet beim Schmelzen ein Glas, das ähnlich dem Natriummetaphosphat Metalloxyde unter Bildung gefärbter Perlen auflöst. Beim Erwärmen von Boraten mit Methylalkohol und konzentrierter Schwefelsäure entsteht Borsäuremethylester1)-. 3CH 3 OH + H 3 B0 3 = 3H 2 0 + (CH 3 0) 3 B . Da dieser leicht flüchtig ist, verdampft er. Beim Anzünden verbrennt er mit grüner Flamme, deren Auftreten den N a c h w e i s von Borverbindungen ermöglicht. 1 . Man löse Borax in möglichst wenig heißem Wasser auf und säuere die filtrierte Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an. Beim Abkühlen kristallisiert O r t h o b o r s ä u r e in kleinen Blättchen aus. Man filtriere sie ab und wasche sie mit kaltem Wasser aus. NasB407 + H2S04 + 5 H 2 0 = 4H3B03 + Na2S04 . Ester sind Verbindungen, die aus A l k o h o l und S ä u r e unter Wasserabspaltung entstehen, z. B. CH3OH + HCl = CH3C1 + H 2 0. Die Wasserabspaltung wird dabei meist durch konzentrierte Schwefelsäure erzwungen. Obwohl die Ester formal Ähnlichkeit mit den Salzen besitzen, sind sie N i c h t e l e k t r o l y t e , die meist leicht flüchtig sind.

Borsäuren

173

2 . Eine kleine Probe dieser Borsäure werde in warmem Waaser aufgelöst; mit der Lösung — oder auch mit einer durch etwas Salzsäure angesäuerten Borax-Lösung — werde ein Stückchen Curcumapapier befeuchtet; es verändert sich dabei wenig. Läßt man es jedoch im Wasserdampftrockenschranke trocknen, so zeigt die mit der Borsäurelösung befeuchtete Stelle eine r o t b r a u n e Farbe. Betupft man sie jetzt mit Ammoniaklösung oder Natronlauge, so wird sie je nach der Borsäurekonzentration b l a u g r a u bis s c h w a r z , während das unbehandelte Papier eine braune Farbe annimmt. 3> Ein Körnchen Borax werde im Probierglase mit etwas Methylalkohol und etwa doppelt soviel konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Die beim Aufkochen der Mischung entweichenden Dämpfe von Borsäuremethylester brennen mit grüner Flamme. 4« Man fertige einige Boraxperlen mit Cuprioxyd, usw. an.

Kobaltoxyd

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Metallverbindungen, zweiter Teil Lithium und Beryllium Wie wir S. 89 ff. auseinandersetzten, nimmt der basische Charakter der Elemente ab, sowohl wenn wir im Perioden - System in den Horizontalen nach rechts als auch wenn wir in den senkrechten Gruppen von den schwereren zu den leichteren Elementen fortschreiten. Damit hängt es zusammen, daß o f t ein E l e m e n t Ä h n l i c h k e i t e n mit einem anderen a u f w e i s t , das in der rechts b e n a c h b a r t e n Gruppe eine Horizontalreihe (eventuell auch mehrere) t i e f e r s t e h t („Schrägbeziehungen"). Während sonst ähnliche Elemente meist gleiche Wertigkeit besitzen, sind die hier erwähnten Fälle gerade durch Ähnlichkeit trotz verschiedener Wertigkeit gekennzeichnet. Besonders ausgeprägt ist diese Erscheinung bei den Elementpaaren: Lithium—Magnesium, Beryllium—Aluminium, Bor—Silicium. Lithium tritt stets einwertig, Beryllium stets zweiwertig auf.

1 . Man prüfe Lithium-Chlorid auf seine Flammenfärbung sowohl bei direkter Beobachtung als auch mit Hilfe des Handspektroskops. 2 . Versetzt man zwei Proben nicht zu verdünnter LithiumsalzLösung mit Natriumcarbonat- bzw. Natriumphosphat-Lösung, so fällt in beiden Fällen ein weißer Niederschlag von L i t h i u m c a r b o n a t bzw. - p h o s p h a t aus (Analogie mit Magnesium). Erwärmen begünstigt beide Fällungen. 3. Lithiumchlorid ist im Gegensatz zu den anderen Alkalichloriden in absolutem Alkohol ziemlich leicht löslich. Man überzeuge sich davon. Der Versuch ist nur dann beweisend, wenn man eine t r o c k e n e Probe von Lithiumchlorid benutzt; da das Salz sehr hygroskopisch ist, trockne man die Probe vor der Verwendung im Trockenschrank bei etwa 100°. 4. Eine Beryllium-Salz-hoaung gibt auf Zusatz von AmmoniakLösung eine weiße gelatinöse Fällung von B e r y l l i u m h y d r o x y d , die im Gegensatz zu Magnesium, aber in Übereinstimmung mit Aluminium auch in Gegenwart von Ammoniumsalzen vollständig ist. 5. Auf Zusatz von Natronlauge fällt aus einer BerylliumsalzLösung zunächst ebenfalls H y d r o x y d . Im Überschüsse des Fällungsmittels löst sich dieses jedoch ebenso wie Aluminiumhydroxyd. Man stelle eine solche Natriumberyllat- Lösung unter Verwendung eines möglichst geringen Überschusses an Natronlauge her und lcoche sie einige Zeit. Das B e r y l l i u m h y d r o x y d fällt wieder aus (Hydro-

Seltene Erden

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lyse), und zwar in einer „gealterten" kompakteren Form, die sich kaum wieder in Natronlauge löst. Berylliumhydroxyd besitzt also etwas s c h w ä c h e r s a u r e Eigenschaften als Aluminiumhydroxyd! Seltene Erden Unter den seltenen Erden im engeren Sinne versteht man die Elemente: Scandium, Y t t r i u m , Lanthan und die im Perioden-System aufdasLanthan folgenden vierzehn „Lanthaniden", die fast ausschließlich dreiwertig auftreten. Im weiteren Sinne zählt man gelegentlich auch die vierwertigen Elemente: Zirkonium, Hafnium und besonders Thorium hinzu, die unten gesondert behandelt werden. Die seltenen Erden im engeren Sinne sind einander im chemischen Verhalten so ähnlich, daß sie mit Hilfe einfacher Reaktionen nicht unterschieden oder getrennt werden können. Ausnahmen machen nur das Cer, das leicht in den vierwertigen, und Europium und Ytterbium, die noch einigermaßen leicht in den zweiwertigen Zustand übergeführt und dann durch geeignete Reagentien abgetrennt werden können. Schließlich weicht auch das Scandium in seinen Umsetzungen etwas von den anderen Erden ab, weil es, seiner Stellung im Perioden-System entsprechend, das am schwächsten basische Glied der Gruppe darstellt. Lanthanhydroxyd ist die stärkste Base unter den seltenen Erden. Das Oxyd La 2 0 3 erinnert, der auf S. 174 besprochenen Schrägbeziehung entsprechend, an das Calciumoxyd, so z. B. mit seiner Fähigkeit, Kohlendioxyd aus der Luft anzuziehen und frisch geglüht sich mit Wasser „löschen" zu lassen. 1 . Lösungen der seltenen Erdsalze (man verwende etwa die Chlorid - Lösung eines beliebigen seltenen Erdgemisches) sind durch Ammoniak-\jos,xmg oder Natronlauge vollständig fallbar. Im Überschuß von Natronlauge sind sie unlöslich. Die geringe Löslichkeit des Hydroxyds erinnert an das Aluminium, das Fehlen des amphoteren Charakters aber an das Calcium. 2 . Aus sehr schwach mineralsaurer Lösung fallt auf Zusatz von Oxalsäure voluminöses O x a l a t der seltenen Erden aus (Analogie mit Calcium), das in der Wärme bald grobkristallin wird. 3. Absorptionsspektren. Man betrachte mit dem Handspektroskop Tages- oder Lampenlicht und halte eine Flasche mit Kupfersulfatbzw. Kaliumchromat - Lösung vor den Spalt. In beiden Fällen sind größere Teile des Spektrums ganz oder fast ganz ausgelöscht ; die dunklen Zonen gehen a l l m ä h l i c h i n die nicht ausgelöschten über. Hält man dagegen eine Flasche mit einer Lösung von Verbindungen farbiger seltener Erden (etwa Praseodym- oder Neodymsalze) vor den Spalt oder richtet das Spektroskop auf Monazitsand (ein natürlich vorkommendes Erdphosphat), der auf weißem Papier ausgebreitet ist, so zeigt das Spektrum mehrere schmale s c h a r f a b g e g r e n z t e dunkle Zonen, „Banden". Diese Art des Absorptionsspektrums trifft man bei festen oder gelösten Stoffen fast nur bei den seltenen Erden an.

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Titan, Zirkonium, Thorium

Titan, Zirkonium, Thorium Diese Elemente treten fast ausschließlich vierwertig auf; ziemlich leicht läßt sich nur das Titan zur dreiwertigen Stufe reduzieren, z. B. mit Zink und Säure. Ammoniak-Lösung fällt aus den Lösungen der Salze, wie beim Aluminium, die Hydroxyde dieser Elemente vollständig aus. Die geglühten O x y d e sind in Säuren fast unlöslich. Vom Silicium, dessen Oxyd saure Eigenschaften zeigt, über das Titan und Zirkonium zum Thorium, dessen Oxyd basisch ist, besteht ein ganz allmählicher Übergang. Zirkonium und Hafnium sind mit einfachen Hilfsmitteln n i c h t u n t e r s c h e i d b a r . Thorium verhält sich bei sehr vielen Reaktionen wie die dreiwertigen seltenen Erden und ähnelt am meisten dem Scandium (Schrägbeziehung!).

1 . Man schmelze eine kleine Spatelspitze Titan-Dioxyd mit etwa der fünffachen Menge A Ikalipyrosulfat in einem kleinen Porzellantiegel 5—10 Minuten lang bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxydnebel entweichen. Den so erhaltenen Schmelzkuchen löse man in der Kälte mit wenig Wasser und einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und verwende die Lösung zu den folgenden Versuchen: 2 . Ein Teil der Lösung werde mit Wasser auf das fünf- bis zehnfache verdünnt und einige Zeit zum Sieden erhitzt; infolge Hydrolyse fällt weißes wasserhaltiges T i t a n d i o x y d . Das v i e r w e r t i g e Titan ist also schwächer basisch als das dreiwertige Eisen, das nur in essigsaurer, nicht dagegen in schwefelsaurer Lösung vollständig hydrolysiert. Für die Trennung des Titans vom Eisen ist es aber doch zweckmäßig, das Eisen vorher durch Zusatz von Schwefligsäure Lösung in die noch stärker basische Ferroform überzuführen.

3. Man versetze einen kleinen Teil der stark verdünnten Titansulfat-Lösung mit 3-proz. Wasserstoffperoxyd. Trotz der großen Verdünnung tritt durch Bildung der , , P e r " s ä u r e H 2 [Ti(0 2 )(S0 4 )J eine deutliche G e l b f ä r b u n g auf. 4. Ammoniak - Lösung oder Natronlauge fällen aus TitansalzLösungen weißes wasserhaltiges T i t a n d i o x y d . Mit überschüssiger Natronlauge ist die Fällung nur bei Gegenwart anderer fällbarer Elemente, insbesondere Eisen, vollständig. Bei Gegenwart von Wasserstoffperoxyd bilden sich mit Ammoniak-Lösung oder Natronlauge zunächst lösliche schwach gelblich gefärbte P e r t i t a n a t e , die beim Kochen allmählich zersetzt werden. 5. Man schließe etwas Zirkonium-Dioxyd auf die beim Titan beschriebene Weise mit A Ikalipyrosulfat auf. Die Lösung hydrolysiert etwas schwieriger als die von Titansulfat. 6. Ein Teil der so erhaltenen Zirkoniumsidfat-Lösung werde mit dem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure und dann mit Phosphorsäure-Lösung versetzt. Es fällt ein weißer schleimiger, schlecht filtrierbarer Niederschlag von Z i r k o n i u m p h o s p h a t .

Vanadin, Niob, Tantal

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Außer Zirkonium (und Hafnium) bildet kein anderes Element ein in stark mineralsaurer Lösung unlösliches Phosphat. 7. Man säure etwas Thorium-Salz-Lösxmg ganz schwach mit Salzsäure an und gebe Oxalsäure zu; es fällt T h o r i u m o x a l a t aus.

Vanadin, Mob, Tantal Die drei Elemente haben in filnfwertiger Form saure Eigenschaften. Da Niob und Tantal andererseits auch gewisse Ähnlichkeiten mit den Erden aufweisen, nennt man sie „ E r d s ä u r e n " . N i o b u n d T a n t a l ä h n e l n e i n a n d e r f a s t so sehr, wie die beiden im Perioden-System vorhergehenden Elemente Z i r k o n i u m und H a f n i u m . V a n a d i n kommt auch v i e r - , d r e i - und zweiw e r t i g vor. Die fünfwertige Stufe läßt sich beim V a n a d i n verhältnismäßig leicht reduzieren, während dies beim N i o b schwerer, bei T a n t a l kaum noch möglich ist. Durch alkalische, oxydierende Schmelzen (z. B. mit Soda und Salpeter) lassen sich die niederwertigen Stufen leicht in die fünfwertige überführen. Oxyde. V a n a d i n p e n t o x y d ist in Wasser schwer, in Säuren und besonders Laugen leichter löslich. N i o b - u n d T a n t a l p e n t o x y d sind ebenso wie ihre wasserhaltigen Formen, die „Säuren", in Wasser praktisch unlöslich. Ihr Verhalten gegen Säuren und Laugen hängt von der Vorgeschichte der Oxyde ab. Schwefelsaure Lösungen hydrolysieren beim Kochen unter Abscheidung der wasserhaltigen Oxyde vollständig. — Niob und Tantal vermögen in wäßriger Lösung keine Sulfide zu bilden. Auch das (instabile!) Vanadinpentasulfid ist nur auf einem Umwege (durch Ansäuern von Alkalithiovanadat-Lösung) zu erhalten; in saurer Lösung reduziert Schwefelwasserstoff das Vanadin zur vierwertigen Stufe, eine Fällung tritt jedoch nicht auf. Metalle. V a n a d i n m e t a l l ist ein wichtiges Stahllegierungselement. T a n t a l - und N i o b m e t a l l spielen als Werkstoffe in der chemischen Industrie eine gewisse Rolle, weil sie infolge ihrer Reaktionsträgheit gegen viele Stoffe, z. B. gegenüber konzentrierten Säuren und Laugen, beständig sind, obwohl sie an sich nicht besonders edel sind. 1 . Man löse etwas Alhalivanadat, etwa Ammonium metavanadat N H 4 V 0 3 , unter schwachem Erwärmen in Wasser und säuere die farblose Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an: Schwache Gelbfärbung infolge der Bildung von V a n a d i n s ä u r e . In festem Zustande läßt sich diese nicht darstellen, sondern nur das Anhydrid v2os. 2. Ein Teil der Vanadinsäure-Lösung werde mit etwas Wasserstoffperoxyd versetzt: Rotbraunfarbung infolge der Bildung einer P e r v a n a d i n v e r b i n d u n g ; die Färbung ist intensiver als beim Titan. 3 . Einen anderen Teil etwas Schwefligsäure - Lösung.

der Lösung versetze man mit Die Lösung färbt sich hellblau: das

Vanadin wird z u d e m V a n a d y l ion NO(VO) 2 + reduziert. Auf Zusatz von Lauge erhält man eine Lösung der sogenannten H y p o Blitz, Einführung. 24.-26. Aufl. 12

178

Molybdän, Wolfram, Uran

v a n a d a t e oder V a n a d i t e , die sich ebenfalls vom vierwertigen Vanadin ableiten. 4 . Etwas angesäuerte Alkalivanadat-Lösung werde mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt. Es fällt Schwefel aus, und das Vanadin wird zum b l a u e n V a n a d y l s a l z reduziert. Eine weitere Probe der Alkalivanadat-Lösung werde mit konzentrierter Salzsäure erwärmt. Es erfolgt R e d u k t i o n zum V a n a d y l s a l z , die außer durch die Farbänderung durch den Geruch des gebildeten freien Chlors leicht zu erkennen ist. Eine dritte Probe schließlich werde mit Zink und Säure versetzt. Über die hellblaue vierwertige und die grüne dreiwertige Stufe erfolgt R e d u k t i o n bis zur v i o l e t t e n zweiw e r t i g e n , sehr wenig beständigen Stufe. 5 . Etwas Alkalivanadat-Lösung versetze man mit AmmoniakLösung (keine Fällung!) und gelbem Schwefelammonium'. Die Lösung färbt sich rotbraun, weil sich Thiovanadationen [VS 3 ] 1_ bilden. Auf Zusatz von Säure fällt braunes P e n t a s u l f i d V 2 S 5 aus. Ist die Vanadatlösung sehr verdünnt, so tritt mit Schwefelammonium keine Farbänderung auf. In diesem Falle f ü h r t folgende Form der Ausführung der Reaktion zu einem empfindlichen und charakteristischen Kachweis:

6 . Wenige Tropfen verdünnter Alkalivanadat-Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Ammoniak-Lösung und leite Schwefelwasserstoffgas bis zur Sättigung ein. Die Lösung färbt sich intensiv rotviolett. Molybdän, Wolfram, Uran Die drei Metalle sind wenig edel. Molybdän- und Wolframmetall lassen sich aber noch durch Reduktion der Oxyde mit W a s s e r s t o f f darstellen. Sie schmelzen erst bei 2600 bzw. 3-100° (Wolframdraht-Glühlampen). Das schwierig in elementarer Form zu gewinnende Uran schmilzt tiefer. Die Verbindungen der drei Elemente ähneln denen des Chroms, doch dominiert bei ihnen die S e c h s Wertigkeit, die niederen Wertigkeitsstufen sind (im Gegensatz zum Chrom!) von geringerer Bedeutung. Säuren fällen aus den löslichen Wolframaten die schwer lösliche Wolframsüure H 2 W0 4 . Auch die Molybdilnsäure iBt in Wasser schwer löslich; sie löst sich jedoch etwas stärker in Säuren. Beim Uran kennt man Salze der P y r o u r a n s ä u r e . Die Alkalisalze dieser Säure, z. B. Natriumpyrouranat Na 2 U 2 0 7 , fallen beim Versetzen sechswertiger Uransalzlösungen mit Alkalilaugen praktisch vollständig aus. In Alkalimetallcarbonaten sind sie unter Komplexbildung löslich. — In saurer Lösung bildet sechswertiges Uran Uranyl ionen: U 0 3 + 2H+ = H 2 0 + [U0 2 ] 2 + . Uranylsalze hydrolysieren im Gegensatz zum Chromylchlorid mit Wasser nicht. Schwefelverbindungen. S c h w e f e l w a s s e r s t o f f fällt von diesen Elementen aus saurer Lösung nur das Molybdän als dunkelbraunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS3. Mit Schwefelammonium bilden M o l y b d a t e und W o l f r a m a t e leicht lösliche T h i o s a l z e , aus denen (in Analogie zum

Molybdän, Wolfram, Uran

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Vanadin) beim Ansäuern die braunen Trisulfide ausfallen — beim Molybdän quantitativ. Aua Uranylsalz-Lösungen fällt Schwefelammonium graubraunes Uranylsulfid UOaS. Polysüuren. Die (zum Teil hypothetischen) Säuren, die dem Pyrochromat K a Cr 2 0 7 , dem Trichromat K2Cr3O10 = K 2 0-3Cr0 3 , dem Metawolframat NaaW4013 = Na 2 0-4W0 3 usw. entsprechen, nennt man „ I s o polysüurenBesonders Molybdän und Wolfram neigen dazu, auch mit anderen Säuren (z. B. Phosphor-, Arsen-, Kieselsäure) ähnliche, sogenannte „IXeteropolysüuren" zu bilden. Wir lernten bereits früher dasAmmoniumphosphormolybdat (NH4)3[P(Mo3O10)4] • 4H 2 0 und die entsprechenden Arsenund Siliciumverbindungen kennen (vgl. S. 48. Nr. 2, 148, Nr. 16 und 171, iir. 4). Alle diese Polysäuren bilden sich nur in s a u r e r Lösung; bei Zugabe von A l k a l i gehen sie in Salze der einfachen Säuren über. 1 . Man löse ein wenig kristallisiertes Ammoniummolybdat in Wasser und gebe tropfenweise verdünnte Salz- oder Salpetersäure hinzu; es fällt weiße M o l y b d ä n s ä u r e H 2 Mo0 4 aus, die sich auf weiteren Säurezusatz wieder auflöst. 2 . Eine zweite Probe Ammoniummolybdat-Lösung säuere man schwach an und leite Schwefelwasserstoff ein. Vorübergehend tritt Blaufärbung (Reduktion; vgl. folgenden Absatz) auf; dann fällt schmutzigbraunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS 3 aus. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid und etwas Natronlauge löst sich das Molybdäntrisulfid zur tiefbraunen Lösung von A m m o n i u m t h i o m o l y b d a t (NH 4 ) 2 MoS 4 auf. Beim Ansäuern dieser Lösung fallt wieder Molybdäntrisulfid aus. 3 . Eine etwa 3-proz. Ammoniummolybdat-Lösung werde mit verdünnter Salzsäure angesäuert und mit einigen Stückchen Zink versetzt. Die Lösung färbt sich durch Reduktion tiefblau, weil sich eine kolloide Lösung von „ M o l y b d ä n b l a u " Mo s 0 8 , einem niederen Oxyde des Molybdäns, bildet. Wird mit konzentrierter Salzsäure stärker angesäuert und erwärmt, so geht die Reduktion weiter; es entstehen braune Lösungen des dreiwertigen Molybdäns, aus denen Ammoniak braunes M o l y b d ä n I I I - H y d r o x y d Mo(OH) s ausfallt. 4 . Man erhitze ein wenig einer Molybdänverbindung in einer kleinen Vertiefung eines Stückes Holzkohle mit dem Lötrohr: w e i ß e r , i n d e r H i t z e g e l b l i c h e r B e s c h l a g . Streicht man mit der Reduktionsflamme des Lötrohres schnell über den Beschlag quer zur Längsrichtung der Kohle, so bildet sich ein Streifen v o n M o l y b d ä n blau. 5 . Man versetze etwas Natriumwolframat - Lösung mit Salzoder Salpetersäure. E s fällt in überschüssiger Säure s e h r s c h w e r lösliche W o l f r a m s ä u r e aus, die zunächst fast w e i ß aussieht, beim Kochen der Lösung aber unter Vergröberung der Teilchen g e l b wird. Man filtriere und löse den Niederschlag vom Filter durch mehrfaches Durchgießen von warmer Ammoniak-Lösung. Versetzt 12*

180

Thallium

man die entstandene Lösung von Ammoniumwolframat mit ZinncAiorwr-Lösung, so fällt gelbes S t a n n o w o l f r a m a t aus, das beim Ansäuern b l a u wird. 6. Zu etwas NatriumwoLEramat-Lösung gebe man Schwefelwasserstoffwasser; es wird nichts gefällt. Setzt man Schwefelammonium-Lösung zu, so bleibt die Lösung klar, weil das T h i o w o l f r a m a t löslich ist. Beim Ansäuern färbt sieh die Lösung erst grün, dann fällt W o l f r a m t r i s u l f i d aus. 7. Man säuere etwas UranyInitrat-Lösung mit Salzsäure an und füge Schwefelwasserstoffwasser hinzu. Es bildet sich kein Niederschlag. Auf Zusatz von Ammoniumsulfid -Lösung fällt dagegen graubraunes U r a n y l s u l f i d U0 2 S, das sich in Ammoniumcarbonat- sowie in Sodalösung unter Komplexbildung löst. 8. Gibt man zu einer Uranylsalz-Lösung Ammoniak, so fallt A m m o n i u m p y r o u r a n a t , das sich in Soda- und in Ammoniumcarbonat - Lösung ebenfalls löst. Natronlauge gibt mit UranylsalzLösungen einen Niederschlag von N a t r i u m p y r o u r a n a t ; dieser löst sich mit Sodalösung nur teilweise, mit AmmoniumcarbonatLösung vollständig. Aus dieser Lösung läßt sich das Natriumpyrouranat durch Zugabe von mehr Natronlauge zum größten Teil wieder ausfällen. 9. Auf Zusatz von Wasserstoffperoxyd und Ammoniak oder Natronlauge bildet sich orangegelbes, lösliches P e r u r a n a t . 10. Man versetze eine Probe Uranylnitrat-Lösung mit Natriumphosphat - Lösung; es fällt gelbgrünes Uranylphosphat (U0 2 )HP0 4 aus. 11. Man versetze eine Probe schwach ealzsaurer UranylnitratLösung mit Kaliumferrocyanid-Lösung; es entsteht ein flockiger rotbrauner Niederschlag von U r a n y l f e r r o c y a n i d (U02)2[Fe(CN)c]. 12. Man stelle Borax- und Phosphorsalzperlen von Titan, Vanadin, Molybdän, Wolfram und Uran in der Oxydations- und in der Reduktionsflamme des Lötrohres her und notiere die beobachteten Färbungen. Thallium Bei der Besprechung der b-Gruppen des Perioden - Systems haben wir die weniger wichtigen und selteneren Elemente Gallium, Indium und Thallium der Gruppe IIIb übergangen. Von ihnen hat nur das Thallium eine gewisse praktische Bedeutung. Gallium und Indium sind bevorzugt dreiwertig, in einigen instabilen Verbindungen auch ein- und zweiwertig. Beim Thallium tritt die dreiwertige Stufe zugunsten der einwertigen zurück. Wie in den Gruppen IV b und Vb (vgl. S. 134) nimmt also die Beständigkeit der höchsten Wertigkeitsstufe mit steigendem Atomgewicht ab; beim Thallium, Blei und

Thalium

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Wismut ist jeweils die niedrigere Wertigkeit bevorzugt. Wie die unten beschriebenen Versuche zeigen, ähneln die farblosen Verbindungen des einwertigen Thalliums einerseits denen der Alkalimetalle und andererseits denen des Silbers und des Bleis. Die dreiwertigen Verbindungen erinnern an das dreiwertige Eisen. Thalliumverbindungen sind g i f t i g und werden daher zur Bekämpfung von Ungeziefer benutzt.

1.Man prüfe eine beliebige Thallium Verbindung auf ihre Flammenfärbung. Mit etwas Thallonitrat - Lösung führe man folgende Umsetzungen aus: 2 . Mit verdünnter Salzsäure entsteht ein weißer Niederschlag von T h a l l o c h l o r i d HCl, der ähnlich aussieht wie Silberchlorid, aber in heißem Wasser löslich ist wie Bleichlorid.

3 . Schwefelwasserstoffwasser fällt das braunschwarze T h a l l o s u l f i d T12S nur unvollkommen aus; nach Abstumpfen der freiwerdenden Säure mit Natriumacetat wird die Fällung vollständig. 4 . Mit Kaliumchromat - Lösung entsteht ein gelber Niederschlag von T h a l l o c h r o m a t Tl 2 Cr0 4 . 5 . Mit Natronlauge sowie mit Natriumphosphat entstehen keine Fällungen. Auch das Thallocarbonat fallt nur aus konzentrierten Lösungen aus. G. Man erwärme etwas gefälltes Thallochlorid mit Bromwasser und koche das überschüssige Brom fort. Das Thallochlorid löst sich zu T h a l l i s a l z . T1C1 + Br 2 = Tl 3 + + Cl- + 2 B r - .

7. Versetzt man die entstandene Thallisalz-Lösimg mit Natronlauge oder Ammoniak-ljQsxmg, so fällt braunes T h a l l i h y d r o x y d .

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Namen- und Sachregister Ä ist als Ae vor Af eingeordnet usw. — Die Verbindungen eines Elementes oder Säurerestes sind im allgemeinen nicht einzeln im Register aufgeführt, sondern unter dem Stichwort des betreffenden Elementes oder Säurerestes zu suchen, also z. B. Calciumchlorid unter „Calcium", Kaliumchromat unter „Chrom", Natriumcarbonat unter „Carbonate" usw. Abbinden 62 f. Abschrecken 134. Absorptionsspektren 175. Abstumpfen 78, 82f. Acetat 44. Acetat-Methode 83. Acetylen 62, 66. Adsorption 140. Adsorptions Verbindung 139. Äquivalent 22. Ätzen des Glases 170 f. Ätzkali 57. Ätznatron 53, 133. Affinität 84. Alaun 98 f. Aldehyd 129. Alkalimetalle 52 ff. Alkalimetallsulfide 142. Alkalisilikat 169. Alkalithiovanadat 177 f. Alkalivanadat 177 f. Alkohol 66, 129. Altern von Niederschlägen 121, 123, 140. Aluminat 86, 90f. Aluminium 85 ff. Aluminiumsulfid 81. Amalgame 109. Ameisensäure 23. Aminomercurinitrat 110. Ammine 98. Ammoniak 36, 59. — als Dipolmolekel 98. —, Dissoziationsgleichgewicht 74. Ammoniakate 98. Ammoniaklösung, Abstumpfen durch Ammonsalze 77,83. Ammonium 59 ff. Ammoniummagnesiumarsenat 148. Ammoniummagnesiumphosphat 48, 68 f. Ammoniummetavanadat 177.

Ammoniummolybdat 148. Ammoniumoxalat 65. Ammoniumpersulfat 163. Ammoniumphosphormolybdat 172. Ammoniumpyrouranat 180. Ammoniumsulfid 43. Ammoniumthioantimonat 152. Ammoniumthioantimonit 152. Ammoniumthioarsenat 146f. Ammoniumthioarsenit 146. Ammoniumthiomolybdat 179. Amorph 64. Amphoter 85, 90. Analyse, Gruppentrennung 143. Anhydride 92. Anionen 27. Anode 27. Antichlor 165. Antimon 151 ff. Antimonfleck 154. Antimonsäure 55. 152 f. Antimonsulfidlösung, kolloide 139. Antimonylgruppe 151. A r r h e n i u s 26. Arsen 144 ff. Arsenfleck 148ff. Arsengruppe 144 ff. Arsenspiegel 145, 150. Atemluft 41. Atombindung 31. Aufschließen 132ff„ 170f. Ausflocken 139. Ausrüstung des Arbeitsplatzes l f . Ausschütteln 19. Auswaschen 8, 94, 148—149. Azofarbstoff 168. Banden 175. Barium 66 f. Bariumcarbonatmethode 83, 88. Bariumchlorid 24f. Bariumchromat 78.

Namen- und Sachregister Bariumnitrat 25. Bariumsilicofluorid 171. Bariumsulfat 24, 132. Base 15, 27. Basen, einsäurige usw. 15. —, Stärke von 29, 89 ff. Basenanhydride 15. Basenrestionen 27. Berliner Blau 119. Beryllium 174. Beschlag 106. Beständigkeitskonstante 99. B e t t e n d o r f s Arsenprobe 146. Bi- 46. Bicarbonate 40. Bichromate 124. Bindung, metallische 31. Bindungskräfte, chemische 29ff. Bismutylchlorid 154. Bisulfitlauge 35. Blausäure 79, 157. Blei 140 ff. Bleibaum 142. Bleichen 17. Bleidioxyd 16ff„ 57. Bleipapier 44. Bleisulfid 143. Bleitiegel 171. Blindversuch 39. Blutlaugensalz, gelbes 118. —, rotes 119. Bodenkörper 70. B ö t t g e r 3. Bor 85, 172f., 174. Borax 133, 172. Boraxperlen 172f. Borsäuren 172f. B r a u n - L e Chateliersches Prinzip 72. Braunstein 16ff., 129ff. Brechweinstein 152. Brennen des Kalksteins 63. Brenner 8. Brom 19, 156ff. BromWasserstoff, Dissoziation 72. Bromwasserstoffsäure 20. Brünieren 114. Cadmium 108ff. Cadmiumsulfid 143. Caesium 52. Calcium 62 ff. Calciumcarbonat 82. —Dissoziation 70. Calciumchloridrohr 149. Calciumfluorid 156f., 171.

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Calciumhydroxyd 15. Carbid 62, 66. Carbonate 40. Cer 175. Chilesalpeter 56. Chlor 16ff., 156ff. Chlorate 158ff. Chlordioxyd 158ff. Chlorid 50. Chloride, Nachweis 17, 19f. Chlorite 158ff. Chlorkalk 159f. Chloroform 19. Chlorsäure 158ff. Chlorür 50. Chlorwasser 19. Chlorwasserstoff 16f. Chlorwasserstoffsäure 17, 19f. Chrom 124ff. Chromalaun 125. Chromat 66, 163. Chrom HI-Verbindungen, Oxydation zu Chrom VI-Verbindungen 126f., 163. Chromeisenstein 92. Chromgelb 127. Chromschwefelsäure 2. Chromylchlorid 125, 128. Cobalt s. Kobalt. Cupri-, s. auch unter Kupfer. Cuprichlorid 76f. Cupro-, s. unter Kupfer. Curcumapapier 173. Cyan 157 f. Cyanat 136. Cyanid 136, 157 f. Cyansäure 157. Cyanwasserstoff 157. Cyanwasserstoffsäure 20, 157. Dampfdruck 69. — von Lösungen 71. Dampfdruckerniedrigung 71. Dampfdruckkurve 70. Dekantieren 8. Dekrepitieren 56. Destillieren 111. Diacetyldioxim 123. Dipolmolekel 98. Dipolmoment 97. Disproportionierung 37. Dissoziation, elektrolytische 25. —, stufenweise 46. —, thermische 60. — von Bromwasserstoff 72. — von Sulfurylchlorid 73 f.

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Namen- und Sachregister

Dissoziationsgrad 28, 76. Dissoziationsreaktionen von Elektrolyten 76ff. Dithionsäure 163. Doppeloxyde 92f. Doppelsalze 96ff., 98. Durchlaufen von Niederschlägen durch das Filter 67, 140.

Flamme, leuchtende 8. Flammenfärbung 52, 55, 57f., 62f., 66, 101.

Fluor 156ff. Fluorwasserstoff 156ff., 171. Flußspat 157.

Gallium 180. Gase, Löslichkeit 82. E d e l 104. Gasentwicklungsapparat 18. Edelstahle 132. j Gasgesetz 75. Eisen 114ff. I Gebläse 9. Eisensulfid 142. Geilmann 55. Eisenvitriol 118. Gele 140. Eiweißlösung 49. Gifte 4. Gips 65. Elektroaffinität 104 ff., 156. Elektroden 26. Gipswasser 65, 66 f. Elektrolyse 26. Gläser 170. Elektrolyte 25f, 76ff. Glas ätzen 171. Glasbearbeitung lOff. —, starke und schwache 28. Gleichgewicht, chemisches 69 ff. Elektronen 32. •—, dynamisches 75. Elektronmetall 67. —, heterogenes 72. Elektrovalenzzahl 27, 31, 92. — und Periodensystem, (Regel) 31, —, homogenes 71. —, labiles 71. 100, 175. —, stabiles 71. Elementarladung 27. —, statisches 75. Empfindliche Reaktion 21. Gleichgewichtsdruck 70. Erdalkalimetalle 62 ff. Gleichgewichtskonstante 74, 99. Erdalkalimetallsulfide 142. Graham 138. Erden, seltene 175. Gramm-Molekel 22. Erdsäuren 177. Grauspießglanz 151. Erkennungsreaktion 21. Gruppen, Analytische 143. Essigsäure 44. Guldberg 75. Ester 172. Gummistopfen bohren 14. Europium 175. Gußeisen 114. Explosion 73. Faltenfilter 7. Härte des Wassers 40. F a r a d a y 26. Häufungsgeschwindigkeit 64. Farbe von Elektrolytlösungen 27, 30. | Hafnium 176. Farben von wasserfreien Salzen 30, ! Halogene 16ff„ 19, 156ff. 114. —•, Sauerstoffsäuren der 92, 158ff. Farbvertiefung bei höherer Tempera- ; Halogensauerstoffverbindungen 158 ff. tur 106. ! Halogenwasserstoffe 156ff. Fehlingsche Lösung 104. Harn 104. Ferri-, Ferro-, s. auch unter Eisen. Harnstoff 111, 168. Ferrichloridlösung 79f. Heparreaktion 43, 45, 166. Ferrihydroxydlösung, kolloide 139. Heteropolysäuren 179. Filter 6. Hexanitrocobaltisäure 57, 122. —, Durchlaufen von Niederschlägen H+-Ionen 27. 67, 140. Hydrate 98. — einlegen 6f. Hydratation 30, 97 f. Filtrieren 6. Hydrazin 166. Fixieren 96. Hydro- 46. Fixiersalz 165. Hydrogele 140. Flamme, entleuchtete 9. Hydrolyse 79ff., 86.

Namen- und Sachregister Hydrolyse, stufenweise 81. Hydrosole 139. Hydroxoverbindungen 91. Hydroxyde, Löslichkeit 83. Hydroxydniederschläge 87, 140. Hydroxylamin 166. Hydroxylammoniumchlorid 167. Hydroxylgruppe 15. Hydroxylhaltige organische Verbindungen 88, 100. Hydroxylionen 27. Hygroskopisch 47, 71. Hypochlorite 158ff. Hyposchweflige Säure 164. Hyposulfite 164. Hypovanadate 177—178. Indigo, 37, 58, 160, 164. Indikatoren 15. Indium 180. Ionen, 26, 30, Anm. 1. Ionenbindung 29. Ionenlehre 25ff. Ionenprodukt des Wassers 79. Ionenreaktionen 27f. Irreversible Kolloide 139. Isolator 25. Isomorphie 144. Isopoly säuren 179. J o d 19, 156ff. Jodwasserstoffsäure 20. K a k o d y l o x y d 147. Kali 57. — A l a u n 98f. Kalilauge 15, 57. Kalium 5 7 ff. —, hexanitritocobaltisaures 57, 122. Kaliumbromid 19, 157, 162. Kaliumchlorat 82, 160f. Kaliumchromat 67. Kaliumferricyanid 119. Kaliumferrocyanid 96, 118. Kaliumhydroxyd 15. Kaliumjodid 19, 161. Kaliumnitrat 37. Kaliumpermanganat 129ff., 163, 168. Kaliumpyrosulfat 132. Kalk-, s. auch Calcium. Kalk, gebrannter 62. —, gelöschter 63. Kalkmilch 63. Kalkstein 40. Kalkwasser 15, 41, 63. Kalomel 113.

185

Kathode 27. Keim, Kristall- 71. Kesselschlamm 40. Kieselfluorwasserstoffsäure 157, 170, 171. Kieselsäure 170. —, kolloide Lösung 169f. Klammern, eckige 75, 96. Knallgas, 18, 73. Kobalt 120 ff. Kobaltglas 58. Kobalto-kobalti-Oxyd 92. Kobaltsulfid 142. Kochen 70. Kochsalz 56. Kochsalzgitter 30. Königswasser 36. Kohlendioxyd 40ff., 82. Kohlenmonoxyd 23, 119 f. Kohlenoxyd 23, 119 f. Kohlensäure 40 ff. Kolloide 138ff. Komplexe 30, 96 ff. —, starke und schwache 99. Komplexbildung 82, 91, 96ff. Komplexsalze, innere 100. Komplexverbindungen 96ff. Konzentration 21, 75. Koordinationszahl 97. Korkbearbeitung 13f. Kornvergröberung von Niederschlägen 64 f. K o s s e i 30, 89ff. Kreide 40. Kristallformen, analytisch wichtige 55. Kristallgitter 29. Kristallkeim 71. Kupfer lOOff. Kupfersulfid 143. Kupfersulfidlösung, kolloide 139. I i a c k m u s 15. Ladung, elektrische von Ionen 27. —, Kolloidteilchen 138. Lanthan 175. Lanthaniden 175. L a u e , v. 29. Lehrbücher 3. Leichtmetall 93. Leiter 1. Klasse 26. — 2. Klasse 25f. Leitfähigkeit, elektrische 25ff., 29f. Liganden 97. Lithium 52, 174. Löschen des Kalkes 62 f. Löslichkeit 70ff.

186

Namen- und Sachregister

Löslichkeit von Gasen 82. Löslichkeitskurven 71. Löslichkeitsprodukt 81. Löslichkeitsverminderung durch gleichionige Zusätze 82 ff. Lösungen, gesättigte 70, 81. —, kolloide 138 ff. —, molare 22. —, normale 22. —, übersättigte 71. —, ungesättigte 81. Lötrohr 10. Lokalelemente 106. Luftfeuchtigkeit 69, 71. Magnesia 68. Magnesiarinnen 1. Magnesiastäbchen 1. Magnesit 68. Magnesium 32, 67ff. Magnesiumaluminat 92. Magnesiumhydroxyd 77, 83. Magnesiumpyrophosphat 48. Magnesiumsüicid 170f. Magnetit 93, 115. Mangan 129ff. Mangandioxyd 16£f., 57, 163. Manganosulfid 142. Marmor 40, 63. Marshsche Arsenprobe 148f., 154. Masse, aktive 75. MassenWirkungsgesetz 73 ff. Mennige 93, 140. [Quecksilber-, Mercuri-, Mercuio-, s. auch unter Mercurichlorid 35. Mercuricyanid 158. Mercurochlorid 35. Metaantimonsäure 152. Metaarsensäure 144. Metaborsäure 172. Metaphosphorsäure 45 ff. Methylalkohol 173. Methylester der Borsäure 172f. Mischbarkeit, völlige 70. Mischkristalle 145. M i t s c h e r l i c h 144. Mörtel 63. Mohrsches Salz 98. Mol 22. Molare Lösungen 22. Molekelgewichte in Lösungen 26. Molybdän 178f. Molybdänarsensäure 148, 179. Molybdänblau 179. Molybdänkieselsäure 170, 179. Molybdänphosphorsäure 48.

M - ( = normal) 22. Nachweisreaktion 21. Naphthylaminsalz 168. Natrium 52ff. Natriumacetatmethode 86, 88. Natriumantimonat 55, 152f. Natriumantimonit 152. Natriumberyllat 174. Natriumchlorid 17. Natriumcyanid 79, 95. Natriumferrocyanid 118. Natriumfluorid 157. Natriumhydroxyd 15. Natriumnitroprussid 45. Natriumperoxyd 129. Natriumphosphat 47. Natriumplumbit 141. Natriumpolysulfid 133. Natriumpyrouranat 180. Natriumsilbercyanid 96. Natriumsulfat 93. Natriumsulfit 35, 164. Natriumthiosulfat 95, 165. Natriumwolframat 179. Natronlauge 53 f. Neodym 175. Nesslersches Reagens 61. Neutralisation 16, 28, 79, 81. Nichtleiter 25. Nickel 122f. Nickelsulfid 142. Niob 177 f. Nitrat 35ff. Nitrite 37, 167. Nomenklatur 49 f. NormallöBungen 22. Ordnungsgeschwindigkeit 64. Orthoarsensäure 144. Orthoborsäure 172f. Orthophosphorsäure 45ff. O s t w a l d 3. Oxalat 65. Oxalsäure 132, 175. Oxosalze 91. Oxyd 50. Oxydation 17, 32ff. Oxydationsflamme 10. Oxydationsmittel 24. Oxyde, amphotere 133. —, basische 92 f. —, hochgeglühte 132. —, saure 92 f. —, säure- und basenbildende 89. Oxydhaut, Schutz von Metallen durch 67, 85, 114, 125.

Namen- und Sachregister Oxydhydrate 87. Oxydul 50. PH 79. Partialdruck 74. Passivierung 125. Perchlorate 158ff. Perhydrol 162. Periodensystem, Tafel I im Anhang, 52, 89, 113. Permanganat 129ff., 163, 168. Perschwefelsäure 163. Pertitanate 176. Pertitanschwefelsäure 176. Peruranat 180. PervanadinVerbindung 177. Perverbindungen 162. Phosphor, roter 47. Phosphorige Säure 169. Phosphorpentoxyd 45, 47. Phosphorsäure 45ff. Phosphorsalz 47. Phosphorsalzperle 49, 101. Phosphortrichlorid 169. Phosphortrioxyd 45. Phosphorwasserstoff 169. Pinksalz 137. Platinchlorid 58, 61. Platinchlorwasserstoffsäure 58. Platindraht 1. Platinlösung, kolloide 162. P l a t t n e r - S c h ä l c h e n 1. Polysäuren 179. Polysulfide 43. Polythionsäure 164. Pottasche 40. Präzipitat 112. Praseodym 175. Primäre Salze 46. Probiergläser (Größe) 1. — reparieren 12. Protokoll 3. Prozentgehalt 21. Pufferlösungen 77f., 83. Pyrochromat 124, 127, 163. Pyrophosphorsäure 45 ff. Pyroschwefelsäure 23. Pyrosulfat 47. Pyrouranate 178f. Quarz 170. Quecksilber 108ff. Quecksilberoxyd 32. Quecksilberpipette 109. Quecksilbersulfid 143.

187

Bauchende Schwefelsäure 23. Reagensglas, s. Probierglas. Reaktion, chemische 20f. —, empfindliche 21. —, gekoppelte 159. —, heterogene 72, 81. —, homogene 72, 76. —, selektive 21. —, spezifische 21. —, umkehrbare 70. Reaktionen, Ursachen für den Eintritt von 84 ff. Reaktionsgeschwindigkeit 73, 106. Reduktion 17, 24, 32ff. Reduktionsflamme 10. Reinigen von Glasgeräten 2. Reversible Kolloide 139. Rhodanide 157. Rhodanwasserstoff 157. R i n m a n s G r ü n 107. Roheisen 114. Rost 114. Rubidium 52. Sättigung 70. Sättigungsdruck 69. Säure 15, 27. Säuren, einbasische usw. 15. —, des Schwefels 163ff. —, Stärke von 29, 84, 89ff. Säureanhydride 15. Säurechlorid 125. Säurerestionen 27. Salmiak 59. Salmiakgeist 60. Salpeter 37, 56. Salpetersäure 35ff. Salpetrige Säure 167. Salze 15f„ 27. —, basische 15, 79. —, neutrale 15, 79. —, primäre 46. —, saure 15, 46, 79. —, schwach dissoziierte 109. —, sekundäre 46. —, sulfobasische 110. —, tertiäre 46. Salzsäure 16ff. —, Nachweis 17, 19f. Sauerstoff 32, 129. Scandium 175. Schneiden, autogenes 115. Schrägbeziehungen im Periodensystem 174. Schutzbrille 1. Schwefel 24.

188

Namen- und Sachregister

Schwefel, Nachweis 43f. —, Säuren des 163 ff. Schwefelammonium 43. Schwefeldioxyd 24, 34. Schwefeleisen 43. Schwefelkohlenstoff 19. Schwefelsäure 22ff. —, Nachweis 24. —, verdünnte und konzentrierte 23f.. 29, 33, 76. Schwefelsäureanhydrid 23. Schwefeltrioxyd 23. —, Dissoziationsgleichgewicht 74. Schwefelwasserstoff 24, 42 ff. Schwefelwasserstoffwasser 42. Schweflige Säure 34f., 163. Schwermetall 93. Sekundäre Salze 46. Selektive Reaktion 21. Selen 165f. Seltene Erden 175. Sicherheitssprengstoff 60. Sieden 70. Siedesteinchen 73. Siedeverzug 4. Silber 93ff. Silberarsenat 148. Silbercarbonat 20. Silberchlorid 19. Silberfluorid 157. Silberjodid 20, 138. Silberjodwasserstoffsäure 105. Silbermetaphosphat 49. Silbernitrat 19f. Silberorthophosphat 48. Silberpyrophosphat 49. Silbersulfat 20. Silicium 169ff., 174. Silicomolybdänsäure 170, 179. Silikate 93, 169. Soda 40, 56, 133. — Salpeter-Schmelze 126, 133. Sole 139. Spannungsreihe 104. Spatel 1. Spektrum 175. Spezifische Reaktion 21. Spiegel 167. Spinell 92. Stärkelösung 156. Stärke von Säuren, Basen 29, 84, 89ff. Stahl 114. S t a n n a t 137. Stanni-, Stanno-, s. Zinn. Stannit 136. Stickoxyd 36ff., 116, 167.

Stickoxyde 167. Stickoxydul 37, 60. Stickstoff 60. Stickstoffdioxyd 36ff., 167. —, Gleichgewicht von N 0 2 und N 2 0 4 72f. Stickstofftrioxyd 167. Strontium 66f. Sublimat 111. Sublimieren 61. Sulfanilsäure 168. Sulfate 23 ff. —-, Aufschluß von unlöslichen 133. —, Nachweis 24ff. Sulfide 42ff., 142f. Sulfurylchlorid, Dissoziation 72. Suspension 138. T a n t a l 177f. Tellur 165f. Tertiäre Salze 46. Tetraborsäure 172. Tetraeder 30. Tetrathionsäure 164f. Thallium 180f. T h e n a r d s Blau 88, 92. Thio- 95, Anm. 1. " Thioantimonat 152. Thioantimonit 152. Thioarsenat 142f. Thioarsenit 146. Thiocyansäure 157. Thiosäuren 135, 143. Thioschwefelsäure 164. Thiosulfate 164. Thiovanadat 178. Thiowolframat 180. Thorium 176 f. Titan 176. Trithionsäure 164. T y n d a l l - E f f e k t 138. Überchlorsäure 19, 58, 158ff. Übergangselemente 113. Übergangsglieder von Metallen Nichtmetallen 134. Übersättigung 71. Überspannung 106. Überwachsungskristalle 145. Ultramikroskop 138. Umfüllen von Reagentien 5. Umsetzungen, chemische 20f. Umsetzungswärme 54. Unedel 104. Unterbromige Säure 160. Unterchlorige Säure 158ff.

zu

Namen- und Sachregister Unterjodige Säure 160. Uran 178ff. Uranylacetat 55, 59. Uranylverbindungen 178ff. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen 84 f. Valenzstrich 31. Vanadin 177f. Vanadite 178. Vanadylion 177. Verdampfungsgleichgewicht 69. Verdünnung und DissoziationsgTad 76. Verdunsten 70. Verquicken 109. Verwandtschaft 84. Vorsichtsmaßregeln 4. W a a g e 75. W a c k e n r o d e r s c h e Flüssigkeit 164. Wanne, pneumatische 38. Wasser, Dissoziation von 78 f. Wasserglas 169 f. Wasserhärte 40. Wasserstoff 18, 23f.

189

Wasserstoffentwicklungsapparate 17, 149 f. Wasserstoffionen 27. Wasserstoffionenexponent 78 f. Wasserstoffperoxyd 162 f. Weinsäure 59, 88, 100, 104, 152. Wertigkeit, verschiedene — eines Elementes 50, 91 f., 113. Wismut 154f. Wolfram 178ff. -yl-Verbindungen 125, Anm. 1. Ytterbium 175. Yttrium 175. ZerffießUch 71. Zink 106ff. Zinksulfid 142. Zinn 135ff. Zinndioxyd 38. Zirkonium 176. Zucker 100, 104. Zurückschlagen des Brenners 9. Zusatz, gleichioniger 77, 82.

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a

III b

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a

b

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Vorperiode

1

2 He 4,003

3 Li 6,940

4 Be 9,02

5 B 10,82

6C 12,010

2

10 Ne 20,183

11 Na 22,997

12 Mg 24,32

13 AI 26,97

14 Si 28,03

18 Ar 39,944

19 K 39,096 29 Cu 63,57

20 Ca 40,08

37 Rb 85,48

38 Sr 87,63

Kleine Perioden

'

3 36 Kr 83,7

47 Ag 107,880

Große Perioden 4 54 X 131,3

55 Cs 132,91 79 Au 197,2

5 6

86 Rn 222

87 —

22 Ti 47,90

21 Sc 45,10 30 Zn 65,38

31 Ga 69,72

32 Ge 72,60

39 Y 88,92 49 In 114,76

48 Cd 112,41

•57—71

56 Ba 137,36 80 Hg 200,61 88 Ra 226,05

40 Zr 91,22 60 Sn 118,70 72 Hf 178,6

81 T1 204,39 89 Ac

82 Pb 207,21 90 Th 232,12

•Seltene Erden: 58 Ce 140,13

59 Pr 140,92

60 Nd 144,27

61 —

65 Tb 159,2

66 Dy 162,46

67 Ho 163,5

68 Er 167,2

Verlag W a l t e n da Ü r u y t e i

Tafel I

lern der Elemente V b

a

VII

VI a

b

b

a

VIII b

0

2 He 4,003

1/ 10 L

3

7 N 14,008

80 16,0000

9 F 19,00

10 Ne 20,183

15 P 30,98

16 S 32,06

17 C1 35,457

18 Ar 39,944

12 Ge

41 Nb 92,91 51 Sb 121,76

52 Te 127,61

84 Po

91 Pa 231

92 U 238,07 57 La 138,92

61 —

62 Sm 150,43

63 Eu 152,0

68 Er 167,2

69 Tm 169,4

70 Yb 71 Cp 173,04 174,99

de Uruyter 4 Co., Beilin

64 Gd 156,9

36 Kr 83,7

35 Br 79,916 44 Ru 45 Rh 46 Pd 101,7 102,91 106,7

54 X 131,3

53 J 126,92 76 0 s 77 Ir 78 Pt 190,2 193,1 195,23

75 Re 186,31

74 W 183,92

83 Bi 209,00

26 Fe 27 Co 28 Ni 55,85 58,94 58,69

43 Ma

42 Mo 95,95

73 Ta 180,88

s2 Pb >7,21

34 Se 78,96

33 As 74,91

12,60

>0 Sn 8,70

25 Mn 54,93

24 Cr 52,01

23 V 50,95

85 —

86 Rn 222