Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie [21. Aufl. Reprint 2019] 9783111476346, 9783111109428

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Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie [21. Aufl. Reprint 2019]
 9783111476346, 9783111109428

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Einleitung
Nichtmetallverbindungen, erster Teil
Metallverbindungen, erster Teil
Nichtmetallverbindungen, zweiter Teil
Metallverbindungen, zweiter Teil

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Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie von

HEINRICH BILTZ

21. Auflage, neu bearbeitet von

WILHELM KLEMM und WERNER FISCHER

Mit 24 Figuren und 1 Tafel

B E R L I N

W A L T E R

DE

und L E I P Z I G

1937

G R U Y T E R

&

vormals G. J. Gflsdien'sche Verlagshandiung / J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J. Trübner / Veit 4 Comp.

CO

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten Copyright 1937 by Walter de Gruyter & Co. vormals G. J. Gflschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.

Berlin W 35, Woyrschstraße 13

Archiv-Nr. 52 0737 Druck von Metzger & Wittlg In Leipzig Printed in Germany

Vorwort Die erste Auflage dieses Buches wurde von H. B i l t z im Jahre 1898 für den Gebrauch im Kieler chemischen Universitätslaboratorium verfaßt. Seit dieser Zeit ist es in fast 20000 Exemplaren verbreitet worden und hat eine sehr große Zahl von Chemikern darin unterstützt, sich die ersten Kenntnisse in der Chemie zu erwerben. 40 Jahre sind für ein sich so rasch fortentwickelndes Gebiet wie die unorganische Chemie eine lange Zeit; es haben sich in dieser Zeit nicht nur die Kenntnisse vermehrt, sondern auch die theoretischen .Anschauungen vertieft. Auch haben sich die Ansichten darüber, wie man den Studenten mit dem bestmöglichen Wirkungsgrade die Grundzüge der Chemie lehrt, in manchem geändert. Als daher Herr Prof. B i l t z uns im Einvernehmen mit dem Verleger aufforderte, einmal zu überprüfen, ob das Buch nicht an manchen Stellen den Anforderungen der Jetztzeit noch besser angepaßt werden könnte, haben wir diese Aufgabe sehr gern übernommen; denn wir haben beide als Lernende wie als Lehrende das Buch gründlich kennen und schätzen gelernt. Bei dieser Neubearbeitung lag kein Grund dafür vor, an dem Gesamtcharakter des Buches etwas zu ändern. Insbesondere haben wir davon abgesehen, Versuche und theoretische Abschnitte aufzunehmen, durch die sich der Student den Molekularbegriff und das Gesetz der konstanten und multiplen Proportionen selbst erarbeitet. Denn einmal halten wir nicht viel davon, wenn der Anfänger sich mit halbquantitativen Versuchen herumquält, bei denen er einerseits die Waagen mißhandelt und zum anderen einen ganz falschen Begriff von der Leistungsfähigkeit quantitativer Messungen und seiner eigenen Meßkunst erhält. Zum anderen soll das Buch kein Ersatz für Vorlesung und Lehrbuch sein. Es soll vielmehr n e b e n diesen benutzt werden und dem Anfänger die Kenntnis des stofflichen Verhaltens und einen Einblick in die theoretischen Fragen vermitteln, die ihm das Verständnis und die Ordnung der Fülle der Einzelerscheinungen erleichtern. Unsere Überarbeitung beschränkte sich vielmehr auf folgendes: Einmal wurde das P e r i o d e n - S y s t e m der Elemente, das leitende Prinzip alles Lernens und Forschens, zur Grundlage der Einteilung gemacht. Auf diese Weise hoffen wir, schon dem Anfänger das Ver-

rv

Vorwort

ständnis größerer Zusammenhänge zu erleichtern. Die bisherige Einteilung des Stoffes nach vorwiegend a n a l y t i s c h e n Gesichtspunkten bringt, wie wir des öfteren feststellen konnten, leicht Mißverständnisse mit sich. Überhaupt haben wir den Charakter des Buches als Einführung in das analytische Arbeiten eine Kleinigkeit zurücktreten lassen; infolgedessen haben wir einige analytische Speziaireaktionen weggelassen, deren Bedeutung für die Erwerbung allgemeiner Stoffkenntnisse gering ist. Dagegen haben wir den Stoff dadurch vermehrt, daß wir' außer den in Anfängerbüchern in der Regel allein behandelten Elementen auch einige Angaben über die meist zu Unrecht als „selten" bezeichneten Elemente angeführt haben, da diese in Wissenschaft und Technik eine von Tag zu Tag steigende Bedeutung gewinnen. Es wird sich jedoch empfehlen, diesen Teil erst durchzuarbeiten, nachdem einige Erfahrungen in der qualitativen Analyse der anderen Elemente gesammelt worden sind. Zum anderen sind die t h e o r e t i s c h e n Abschnitte neubearbeitet und zum Teil wesentlich erweitert worden. Es handelt sich dabei meist um Fragen, die in der Experimentalvorlesung nicht in dieser Ausführlichkeit besprochen werden, ohne deren Kenntnis aber ein erfolgreiches analytisches Arbeiten nicht möglich ist. Der Studierende wird am Anfang mit diesen Abschnitten manchmal eine gewisse Mühe haben. Er begnüge sich aber in keinem Falle mit einem oberflächlichen Lesen und einem halben Verständnis. Vielmehr mache er es sich zur Regel, diese Abschnitte immer wieder durchzuarbeiten. Besonders fruchtbar wird es sein, wenn er sich nach dem Durcharbeiten eines Teiles des Buches die an früherer Stelle stehenden Abschnitte erneut vornimmt; es wird dann manches klar werden, was beim ersten Lesen vielleicht unverständlich blieb. Bei der Neubearbeitung konnten freundliche Ratschläge der Herren Professoren F. A r n d t , Istanbul, W. B i l t z , Hannover, W. B ö t t g e r , Leipzig, H. M e n z e l und A. S i m o n , Dresden, mit berücksichtigt werden. Es sind der Neubearbeitung also die Unterrichtserfahrungen vieler Stellen zugute gekommen. Wir hoffen daher, daß das Buch von H. B i l t z sich auch in seiner neuen Gestalt im Anfängerunterricht bewähren wird.

W. Klemm

W. Fischer

Inhalt Theoretische Abschnitte sind kursiv gedruckt Einleitung Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium . . . . Das Umfüllen von Reagentien Filter und Filtrieren Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr Die Bearbeitung des Glases Kork bohren

Seite

1 4 5 6 8 10 13

N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , e r s t e r Teil Säuren, Basen, Salze SalzBäure und Chlor Chemische Umsetzungen Konzentration der Lösungen; Normallösungen Schwefelsäure Elektrolytische Dissoziation; lonenlehre Chemische Bindungskräfte Oxydation und Reduktion Schweflige Säure Salpetersäure Kohlendioxyd und Kohlensäure Schwefelwasserstoff Phosphorsäure, Saure Salze Namen unorganischer Stoffe

15 15 16 20 21 22 25 29 32 34 35 39 42 45 49

Metallverbindungen, erster Teil Alkalimetalle Natrium Kalium Ammonium Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle Calcium Strontium und Barium Magnesium Chemisches Oleichgewicht Das Wesen der chemischen Gleichgewichte Das Massenwirkungsgesetz Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen... Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Aluminium Säuren- und basenbildende Oxyde

51 51 51 56 58 60 60 61 64 65 67 67 72 74 79 81 83 86

VI

Inhalt S.eite

Elemente der Gruppe I b Silber Komplexverbindungen und Doppelsalze Kupfer Elektroaffinität Elemente der Gruppe I I b Zink Cadmium Quecksilber Übergangselemente Eisengruppe Eisen Kobalt Nickel Chrom Mangan Aufschließen Weitere Elemente der b-Gruppen Zinngruppe Zinn Kolloide Lösungen Blei Sulfide Arsengruppe Arsen Antimon Wismut N i c h t m e t a l l v e r b i n d u n g e n , z w e i t e r Teil VII. Gruppe Halogene Halogenwasserstoffe Halogensauerstoffverbindungen VI. Gruppe Wasserstoffperoxyd Säuren des Schwefels Selen und Tellur V. Gruppe Hydrazin, Hydroxylamin Salpetrige Säure und Nitrite Phosphorige Säure IV. Gruppe Silicium III. Gruppe Borsäuren M e t a l l v e r b i n d u n g e n , z w e i t e r Teil Lithium, Beryllium Seltene Erden Titan, Zirkonium, Thorium Vanadin, Niob, Tantal Molybdän, Wolfram, Uran Thallium

90 90 93 98 101 102 103 105 106 110 III 111 117 119 120 125 128 130 131 131 133 135 137 138 138 145 148



149 149 149 149 151 155 155 156 158 159 159 160 161 162 162 164 164 166 166 167 167 168 170 172

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Einleitung Zum flotten Arbeiten im chemischen Laboratorium sind einige Hilfsmittel nötig, die der Praktikant sich auf seinem Arbeitsplatze zu halten hat, nämlich: eine Schere, ein Glasmesser zum Glasschneiden, eine an ihrer stärksten Stelle noch nicht ganz bleistiftdicke Rundfeile zum Glätten und Erweitern von Löchern in Korken, ferner Pinzette, Lötrohr und einige einseitig geschlossene Glasröhrchen, deren Anfertigung auf S. 11 bis 12 beschrieben ist. Dazu kommen: eine ausreichende Anzahl von Probiergläsern verschiedener Größe mit Gestell, Trichter, Kölbchen, einige dünne Glasstäbe mit rund geschmolzenen Enden, kleine Bechergläschen, eine Spritzflasche, Porzellantiegel und Abdampfschalen, schließlich ein Filtriergestell, ein eiserner Dreifuß (oder ein Stativ mit verschiebbarem Ring) nebst Drahtnetz als Kochgestell und ein Gasbrenner 1 !. Der für manche Zwecke benötigte Spatel kann aus Glas, Porzellan, Horn oder Reinnickel bestehen; v e r n i c k e l t e oder v e r c h r o m t e Instrumente sind im chemischen Laboratorium n i c h t b r a u c h b a r . Erforderlich ist ferner ein Platindraht von etwa 5 cm Länge und etwa 0,4 mm Durchmesser, der an einem Ende in einen dünnen Glasstab eingeschmolzen ist; er wird — mit dem Glasstabe in einem Kork befestigt — in einem mit Salzsäure halbgefüllten Probierglase aufbewahrt. Als Ersatz können in manchen Fällen — z. B. zur Herstellung von Phosphorsalz- oder Boraxperlen — Magnesiastäbchen und -Rinnen verwendet werden. Für die seltenen Fälle, in denen ein Platintiegelchen (es empfehlen sich die in der Lötrohranalyse gebräuchlichen „Plattner-Schälchen") unentbehrlich ist, leiht man ein solches vom Assistenten. Ferner sollte jeder im Besitz einer einfachen Schutzbrille mit splittersicherem Glase sein. Schließlich sind ein Wischtuch und ein Handtuch unentbehrlich; empfehlenswert ist eine Hasenpfote zum Reinigen des Arbeitsplatzes. Alle G l a s s a c h e n s e i e n s t e t s s a u b e r . Bechergläser werden gereinigt, mit destilliertem Wasser ausgespült und nach dem Abtropfen mit nach unten gestellter Öffnung auf Filtrierpapier, mit dem der Schrank zum Teile ausgelegt ist, aufbewahrt. Die gereinigten und getrockneten Kölbchen bewahrt man nach Verschluß mit etwas *) Früher benutzte man zum Halten heißer Probiergläser oft Probierglasklemmen. Dafür verwendet man besser ein Stück Papier von etwa Oktavgröße, das durch einige Längskniffe zu einem Streifen zusammengefaltet ist. B i l t z , Einführung. 21 Aufl.

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Einleitung

Filtrierpapier, das über den Rand geknifft wird, gegen Staub gesichert auf. Die P r o b i e r g l ä s e r w e r d e n s t e t s b a l d n a c h den V e r s u c h e n g e r e i n i g t . Dazu reicht meist Wasser und eine Gänsefeder oder eine Probierglasbürste aus; zur Entfernung fest haftender Niederschläge nimmt man eventuell einige Tropfen roher, konzentrierter Salzsäure zu Hilfe 1 ). Diese Reinigung gelingt fast immer leicht und schnell, wenn sie bald vorgenommen wird, ist aber oft recht mühsam und zeitraubend, wenn sie bis zum nächsten Tage verschoben wird. Man spült auch hier stets mit destilliertem Wasser nach. Zum Abtropfen stellt man die Probiergläser mit der Mündung nach unten auf die Zapfen, die zu diesem Zwecke an der Hinterseite des Gestells angebracht sind, oder auch in die Öffnungen des Probier glasgestells. Man halte sich stets einige trockene Probiergläser vorrätig, weil solche zu manchen Versuchen nötig sind. Durch Befolgen dieser Vorschriften kann man sich Zeitverlust und Mißerfolge ersparen. Überhaupt muß mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß m a n sich bei c h e m i s c h e n A r b e i t e n v o n v o r n h e r e i n a n die g r ö ß t e S a u b e r k e i t gew ö h n e n m u ß . Auch das Innere der Schubladen und Schränke sei stets vorbildlich sauber und ordentlich gehalten sowie mit Verständnis geordnet. Eisensachen, Filter, Glas- und Porzellansachen dürfen kein malerisches Durcheinander bilden, sondern müssen getrennt aufbewahrt werden. Die meisten Versuche dieses Leitfadens werden in Probiergläsern ausgeführt. Es ist zweckmäßig, zu jeder Umsetzung n u r w e n i g S u b s t a n z zu nehmen und mit stark verdünnten Lösungen zu arbeiten; denn die meisten Erscheinungen sind bei verdünnten Lösungen viel klarer zu erkennen als bei konzentrierten. Ferner beachte man, daß man, von einigen Ausnahmen abgesehen, mit 1 /2—1 ccm der Lösungen vollständig auskommt. Man halte sich an diese Vorschrift nicht nur zu dem Zwecke, keine Chemikalien zu vergeuden, sondern vor allem, um Zeit zu sparen. Wichtig ist es auch, daß man sich von vornherein darin übt, G e w i c h t u n d R a u m m a s s e a b z u s c h ä t z e n . Es empfiehlt sich, ein Probierglas zunächst leer, dann zum Fünftel, zur Hälfte, schließlich ganz mit Wasser gefüllt zu wägen, um dadurch eine Vorstellung vom Inhalte eines Probierglases und seiner Teile zu erhalten. Auch empfiehlt es sich, ein Probierglas durch Einwägen von 1, 2, 3 g usw. Wasser zu kalibrieren und die betreffenden Höhen an einem aufgeklebten Papierstreifen zu verzeichnen. Ein solcher einfacher Meßzylinder ist oft nützlich. Zum Beinigen von Glasoberflächen, die mit Fett oder ähnlichen Stoffen verschmutzt sind, benutzt man eine Auflösung von Alkalibichromat (vgl. S. 125) in konzentrierter Schwefelsäure („Chrom-Schwefelsäure") oder eine alkalische Lösung von Alkalipermanganat (vgl. S. 125 und 127).

Einleitung

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Es ist unbedingt erforderlich, daß über die Arbeiten im Laboratorium sorgfältig und ausführlich Protokoll geführt wird, und zwar nicht auf losen Zetteln, Zigarettenschachteln und ähnlichem, sondern in einem Heft. Der Studierende gewöhne sich vom ersten Tage daran, j e d e Beobachtung, und sei sie noch so geringfügig, so aufzuschreiben, als ob sie von ihm erstmalig gemacht sei. Man verlasse sich nicht darauf, daß ja alles „im Buche" stehe, sondern protokolliere sofort nach Ausführung des Versuches die Beobachtungen, ohne das Buch zur Hilfe zu nehmen, weil man sonst leicht in den Fehler verfällt, das Buch abzuschreiben. Durch diese Art der Niederschrift lernt der Anfänger, die chemischen Ausdrücke zu verwenden. Wenn er es sich ferner zum Grundsatze macht, jede im Probierglase beobachtete Umsetzung auch formelmäßig auszudrücken, übt er sich, chemische Gleichungen aufzustellen. Schließlich ist diese Erziehung zum sorgfältigen Protokollieren auch als Vorbereitung für das spätere selbständige Arbeiten unentbehrlich, bei dem mangelhafte Protokollführung zu schweren Irrtümern und erheblichem Zeitverlust führen kann. Das Laboratoriumstagebuch braucht keine schön geschriebene Reinschrift zu sein, aber es sei übersichtlich und auch für einen anderen lesbar. Das allerwichtigste Erfordernis für ein erfolgreiches und flottes Durcharbeiten dieses Leitfadens ist das häusliche Studium. Kein Abschnitt soll im Laboratorium vorgenommen werden, bevor er sorgfältig unter Hinzuziehung eines L e h r b u c h s der C h e m i e zu Hause theoretisch durchgearbeitet und aufgeklärt ist. Unklarheiten und Zweifel lasse man nicht auf sich beruhen, sondern frage den Assistenten um Rat. Zwar sind in den experimentellen Teil zahlreiche theoretische Abschnitte eingestreut, deren Studium vielfach Aufklärung geben wird; selbstverständlich sind diese theoretischen Abschnitte nicht imstande, das Hören einer Vorlesung über analytische Chemie, die sich auf der Theorie der wäßrigen Lösungen und dem Massenwirkungsgesetze aufbaut, zu ersetzen. Zu einem näheren Studium der theoretischen Verhältnisse sei namentlich auf „Die wissenschaftlichen Grundlagen der analytischen Chemie" von W. O s t w a l d (Verlag Steinkopff, Dresden und Leipzig) und auf die „Qualitative Analyse" von W. B ö t t g e r (Verlag von W. E n g e l mann, Leipzig) verwiesen.

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Allgemeine Vorsichtsmaßregeln beim Arbeiten im Laboratorium Schon an dieser Stelle sei auf einige V o r s i c h t s m a ß r e g e l n hingewesen, die beim Arbeiten im Laboratorium unbedingt beachtet werden müssen: 1. Beim E r h i t z e n von F l ü s s i g k e i t e n im P r o b i e r g l a s e , besonders von solchen, in denen feste Teilchen ausgeschieden sind, ist das Probierglas leicht und andauernd zu bewegen. Durch diese leichten Schüttelbewegungen wird einem Siedeverzuge und dem damit verbundenen Herauskochen der Flüssigkeit aus dem Rohre vorgebeugt. Außerdem werden dadurch die Wände des Rohrs innen, soweit sie erhitzt werden, andauernd mit Flüssigkeit befeuchtet, wodurch eine Überhitzung des oberen Randes der Flüssigkeit vermieden wird. B e i m K o c h e n im P r o b i e r g l a s e h a l t e m a n s t e t s die M ü n d u n g v o n sich u n d a n d e r e n P e r s o n e n a b , damit niemand verbrüht werde, falls doch einmal ein Herauskochen stattfinden sollte. 2. Versuche, bei denen ü b e l r i e c h e n d e o d e r g i f t i g e G a s e entstehen, müssen unter allen Umständen unter dem Abzüge ausgeführt werden. Der Chemiker ist sowieso genötigt, bei seinen Arbeiten oft genug schlechte Luft in Kauf zu nehmen. Es ist eine selbstverständliche Pflicht gegenüber den Arbeitskameraden, alles zu vermeiden, was die Laboratoriumsluft in unnötigerweise verschlechtert. Die Fenster unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst geschwächt wird. 3. Bei manchen Versuchen muß man mit g i f t i g e n Substanzen (z. B. Cyannatrium) arbeiten. In diesen Fällen darf das sofortige Säubern der Hände auf keinen Fall vergessen werden. Man bringt sonst sich selbst in Lebensgefahr und gefährdet unter Umständen andere. Überhaupt ist es selbstverständlich, daß man sich nach j e d e m Arbeiten sorgfältig die Hände wäscht. Man weiß nie, ob nicht Spuren schädlicher Stoffe an ihnen haften. 4. Gelegentlich hat man es mit Umsetzungen zu tun, die zu E x p l o s i o n e n führen können. Kennt man die Gefahr, so kann man durchaus solche Versuche ausführen; denn durch zweckmäßige Anordnung des Versuches kann inan sich schützen. Auf keinen Fall versäume man in den Fällen, in denen auch nur die entfernte Möglichkeit einer Explosion oder des Verspritzens von Alkalien und Säuren besteht, die Augen durch eine S c h u t z b r i l l e zu schützen (vgl. S. 1).

Das Umfüllen von Reagentien

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Das Umfüllen von Reagentien Das Eingießen von f l ü s s i g e n Reagentien aus einer Flasche in ein Probierglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig auszuführen hat. Da bei unsachgemäßer Durchführung mancherlei Übelstände auftreten, gewöhne man sich von vornherein an folgende Art der Ausführung. Die Flasche ist mit vollem Griff zu fassen, und zwar so, daß die Beschriftung bei waagerechter Lage der Flasche nach oben kommt. . Macht man es anders, so könnte ein herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Das Probierglas wird mit dem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehalten. Mit den beiden noch freien Fingern und dem Handballen nimmt man den Stopfen von der Flasche (Fig. la) und gießt die Flüssigkeit ein, ohne dabei den Rand der Flasche auf den des Probierglases aufzusetzen (Fig. lb). Berührt man das Probierglas, so kann der Rand und damit der Inhalt der Flasche verunreinigt werden — besonders, wenn man es gewohnheitsmäßig macht! —, was bei späterem Gebrauch der Reagensflüssigkeit Anlaß zu Irrtümern gibt. Nach dem Ausgießen der Flüssigkeit hängt am Rande der Flasche in der Regel ein dicker Tropfen. Diesen streicht man nicht am Probierglase Figur 1. Ausgießen von ab noch läßt man ihn außen an der Flüssigkeiten Flasche herunterlaufen, sondern man führt den Flaschenrand, ohne dabei die Flasche aus ihrer schrägen Lage wesentlich aufzurichten, an den Hals des Stopfens, streicht hier den Tropfen ab (Fig. lc), setzt den Stopfen auf und stellt die Flasche an ihren Platz. Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die Reagentienregale werden nicht beschmutzt, und es kann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt.

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Filter und Filtrieren

Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagensflüssigkeit Gase e n t w i c k e l n (vgl. z. B. S. 17), so gießt man die Lösung nicht aus der Reagentienflasche zu; denn in diesem Falle besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Gase den ganzen Inhalt der Flasche verunreinigen. Vielmehr füllt man in diesem Falle erst die erforderliche Menge der Flüssigkeit in ein sauberes Probierglas und gießt sie von dort in das Probierglas mit der zu untersuchenden Substanz. Das Ausschütten von f e s t e n Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die benötigte Menge vielmehr mit einem s a u b e r e n Spatel oder Löffel. Hat man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den Rest — wenn es sich nicht um besonders kostbare Substanzen handelt — nicht in die Flasche zurück, sondern in den Schmutzbehälter. Dies gilt unter allen Umständen von Anteilen, die auf den Arbeitstisch gefallen sind. Filter und Filtrieren Zur Herstellung von „ g l a t t e n F i l t e r n " benutzt man in der Regel fertig geschnittene runde Scheiben aus Filtrierpapier. Für die vorliegenden Versuche genügen die billigen „qualitativen" Filter; die besonders aschearmen, teureren „quantitativen." Filter sind nicht erforderlich. Man halte sich einen größeren Vorrat von Filtern verschiedener Größe (etwa 7 und 9 cm Durchmesser) stets vorrätig, und zwar nicht lose im Schubfach herumliegend, sondern in einer geeigneten Pappschachtel. Zum Gebrauch faltet man das Filter zweimal im rechten Winkel (vgl. Fig. 2 a), so daß es das Aussehen von Fig. 2 b erhält. Diese Papiertüte wird geöffnet (Fig. 2c) und in einen Trichter gesteckt, dessen konischer Teil wenigstens um 1 cm höher ist als das Filter; auf k e i n e n F a l l d a r f d a s F i l t e r ü b e r d e n R a n d des T r i c h t e r s h i n a u s r a g e n . Jetzt gießt man mit der Spritzflasche Wasser in das Filter und drückt es mit einem Finger an die Trichterwand fest an (Fig. 2d). Das Filtrat läuft nur dann gut ab, wenn das Papier oben überall gut an der Glaswand anliegt, so daß keine Luftblasen auftreten 1 ); denn nur dann wirkt die Flüssigkeitssäule im Trichterrohr saugend auf die Flüssigkeit im Filter. Hat der Trichter nicht genau den Winkel von 60°, so muß man das beim *) Es ist praktisch, die in Fig. 2 c gestrichelt gezeichnete Ecke abzureißen oder auch nur einzureißen und um die Knickstelle nach rechts umzuschlagen; denn das Filter liegt dann meist noch besser an.

Filter und Filtrieren

Kniffen des Filters berücksichtigen. Man lernt dies wie überhaupt die Anfertigung eines gut arbeitenden Filters am besten von Geübteren. Für präparative Arbeiten sind oft die „ F a l t e n f i l t e r " vorzuziehen, da sie ein schnelleres Filtrieren ermöglichen. Man ver-

Figur 2. Filter einlegen

wendet sie aber nur dann, wenn es nicht darauf ankommt, den auf dem Filter gesammelten Niederschlag gut auszuwaschen. Faltenfilter kann man bereits fertig geknifft beziehen. Will man selbst eines herstellen, so geht man am besten von einem kreisförmigen

Figur 3. Faltenfilter

Stück Filtrierpapier aus und beginnt dann in genau der gleichen Weise wie in den Fig. 2 a und 2 b, nur wird der Viertelkreis (Fig. 2 b) noch zweimal im Winkel gefaltet bis zum Sechzehntel-Kreisausschnitte. Dann öffnet man zum Halbkreise (Fig. 3 a) und knifft von einer Seite beginnend, jedes Achtel des Halbkreises aus freier Hand nochmals mit den Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hände; dabei dienen die mit den Spitzen aneinander gelegten Mittelfinger als Unterlage. In Fig. 3b ist die linke Hälfte des Filters so behandelt, die rechte noch nicht. Nun wird das Filter zur Tüte geöffnet und in den Trichter eingesetzt (Fig. 3 c).

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Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

Beim F i l t r i e r e n gießt man das Filter nie ganz voll, damit nichts über den Rand des Filters steige. Mit dem A u s w a s c h e n , zu dem die Spritzflasche verwendet wird, beginnt man erst, wenn alle Flüssigkeit aus dem Filter abgelaufen ist, und läßt auch später das Filter jedesmal erst ganz abtropfen, ehe man weiteres Waschwasser aufspritzt 1 ). Die Hauptregel für das Auswaschen ist: o f t m a l s m i t w e n i g W a s s e r a u s w a s c h e n u n d j e d e s m a l möglichst v o l l s t ä n d i g ablaufen lassen! Da der Filtrationsprozeß bei feinflockigen Niederschlägen sehr langsam verläuft, ist es zuweilen empfehlenswert, die Fällung im Glase absitzen zu lassen, darauf zunächst die über dem Niederschlage stehende klare Flüssigkeit, ohne diesen aufzuwirbeln, durch das Filter abzugießen, und erst dann den Niederschlag mit etwas Wasser aufs Filter zu spülen. Man bezeichnet dieses Abgießen einer Flüssigkeit von einem Niederschlage als „ D e k a n t i e r e n " ; es gelingt bei schweren Niederschlägen leicht. Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr D e r B u n s e n b r e n n e r . Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt man im chemischen Laboratorium heute sehr oft den von R o b e r t B u n s e n erfundenen und nach ihm benannten Gasbrenner. Dieser besitzt an dem unteren Teile des eigentlichen Brennerrohres ein mit Öffnungen versehenes Rohrstück, das so verstellt werden kann, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man es so ein, daß keine Luft eintritt, so erhält man eine gelbe, „ l e u c h t e n d e " Flamme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden Luftzufuhr eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen das Leuchtgas besteht, vereinigt sich dabei im wesentlichen der Wasserstoff mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff zum größten Teile nicht verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die gebildeten festen Kohlenstoff-(Ruß-)Teilchen. Infolge dieses Gehaltes an unverbrannten brennbaren Stoffen kann diese Flamme solchen Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen; sie wirkt schwach „ r e d u z i e r e n d " 2 ) . Stärkere Reduktionswirkungen erzielt man mit dem Lötrohr (s. S. 10). Bei s c h l e i m i g e n Niederschlägen, wie z. B. Aluminiumhydroxyd (vgl. S. 84/85), 4arf man das Ablaufen der Filterflüssigkeit nur so weit fortschreiten lassen, daß der Niederschlag noch feucht bleibt. Denn beim Trockenwerden springt die Masse in kleine Schollen entzwei, zwischen denen das Waschwasser wirkungslos vorbeilaufen würde. 2 ) Näheres über die Begriffe „Reduktion" und „Oxydation" siehe S. 16 u. S. 32.

Der Bunsenbrenner, das Gebläse und das Lötrohr

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Läßt man dagegen durch die Öffnung Luft zutreten, so verbrennt auch der Kohlenstoff. Da die Flamme infolgedessen glühende feste Teilchen nicht enthält, leuchtet sie nicht ( „ e n t l e u c h t e t e " Flamme). In diesem Falle unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren, bei reinem Brenner und staubfreier Luft nahezu farblosen Mantel. Der i n n e r e Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz (Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich in dem äußeren Mantel befindet. Da der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet für ReduktionsWirkungen ist seine oberste Spitze, weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rande des ä u ß e r e n Kegels findet sich ein geringer Sauerstoffüberschuß; dieser Teil wirkt daher s c h w a c h o x y d i e r e n d , er kann hineingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Bessere Oxydationswirkungen erzielt man jedoch mit dem Gebläse (s. unten) oder dem Lötrohr (s. S. 10). Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so „schlägt" der Brenner „zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohres an der Gaseintrittsdüse. In solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden 1 ), da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des Brenners stellt man dann die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Den I n s t i t u t e n erwachsen durch den Gasverbrauch große U n k o s t e n . Es ist deshalb eine s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e P f l i c h t e i n e s j e d e n S t u d i e r e n d e n , G a s v e r s c h w e n d u n g zu v e r m e i d e n . Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man daher nur die Sparflamme brennen. Ist eine entsprechende Einrichtung an dem Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszuführung so stark, daß nur noch eine kleine Flamme brennt. G e b l ä s e . Braucht man h ö h e r e T e m p e r a t u r e n , so benutzt man einen G e b l ä s e b r e n n e r , bei dem dem Gase vor der Verbrennung komprimierte Luft zugeführt wird. Das Einblasen der Luft erfolgt meist durch ein maschinell betriebenes Gebläse oder ein Wasserstrahlgebläse. Benutzt man ein Tretgebläse, so trete man nur so schnell, als es zur Erreichung des Zweckes unbedingt erforderlich ist. Ein Überschuß ist Kraftvergeudung und schädigt die Einrichtung. Noch höhere Temperaturen erzielt man durch ein S a u e r s t o f f - L e u c h t gasgebläse, bei dem an Stelle von Luft komprimierter Sauerstoff zugeführt wird, den man einer Stahlflasche entnimmt. Die Flamme wirkt in diesem Falle stark oxydierend. Für die üblichen Laboratoriumsarbeiten des Studierenden ist jedoch dieses Gebläse ebensowenig erforderlich wie das noch heißere Wasserstoff-Sauerstoff-(„Knallgas")-Gebläse. x

) In leichteren Fällen hilft oft ein kurzer Schlag auf den Gasschlauch!

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Die Bearbeitung des Glases

G e b r a u c h des L ö t r o h r e s . Die Verwendung des früher allgemein benutzten Lötrohres ist heute in vielen Laboratorien zu Unrecht in den Hintergrund getreten; in Hüttenlaboratorien usw. wird es auch jetzt noch mit bestem Erfolge vielfach benutzt. Das Lötrohr dient dazu, eine kräftige Stichflamme horizontal zu treiben, damit Stoffe, die auf einer die Wärme schlecht leitenden Unterlage, gewöhnlich einem Stücke Holzkohle, liegen, hoch erhitzt werden können. Durch Regelung der Luftzufuhr gelingt es dem Geübten leicht, in der Flamme einen Überschuß an unverbranntem Gase oder an sauerstoffhaltiger Luft vorherrschen zu lassen; man unterscheidet demnach die „Reduktionsflamme" und die „Oxydationsflamme". Die beiden Flammen sicher und rein zu erzeugen, ist nicht leicht und erfordert viel Übung. Ebenso ist es nicht ganz einfach, längere Zeit ununterbrochen zu blasen. Man muß dabei durch die Nase atmen, ohne daß der mit dem Munde erzeugte Luftstrom unterbrochen wird. Das Atmen erfolgt dabei ganz normal, die Brust darf nicht aufgeblasen sein. Die Hauptsache ist, mit dem Gaumensegel den Mundraum abzuschließen und nur mit dem Druck der Backenmuskeln und keinesfalls mit der Lunge zu blasen. Von Zeit zu Zeit werden die Backen neu aufgeblasen. Am besten erlernt man dies von einem Geübten. Als F l a m m e benutzt man am besten eine Öllampe mit flachem Dochte; für viele Zwccko genügt die l e u c h t e n d e Flamme des Bunsenbrenners 1 ). Um eine O x y d a t i o n s f l a m m e zu erhalten, führt man die Spitze des Lötrohres 1—2 cm über der Mündung des Brenners mitten in die Flamme ein und bläst kräftig, so daß aus der Brennerflamme ein Flammenspitzchen seitlich herausgeblasen wird; in ihm erkennt man deutlich einen kurzen, inneren Kegel und den ihn zum Teile umhüllenden, zum Teile fortsetzenden Flammenmantel, den eigentlichen Oxydationsraum. Zur Erzeugung einer R e d u k t i o n s f l a m m e taucht man die Spitze des Lötrohres nicht in die Flamme des Bunsenbrenners ein, sondern führt sie nur an diese heran und bläst nur schwach, so daß ein großer Teil der Flamme, in dem sich weder ein innerer Kern noch ein äußerer Mantel erkennen lassen, zur Seite schlägt. Die Bearbeitung des Glases Der Chemiker kommt beim Zusammenstellen von Apparaten und bei anderen Gelegenheiten oft in die Lage, Glasröhren biegen zu müssen, sie abzuschmelzen, Bruchstellen abzurunden usw. Es ist sehr erwünscht, wenn er sich darin bald eine gewisse Fertigkeit aneignet. Im folgenden seien einige Fingerzeige über die aller') Leuchtgas ist aber meist nicht ganz frei von Schwefelverbindungen!

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einfachsten Glasarbeiten gegeben; besser als aus ihnen wird man die Sache durch Z u s e h e n bei e i n e m G e ü b t e n lernen. Sehr empfehlenswert ist es, während des Studiums möglichst frühzeitig an einem G l a s b l a s e k u r s u s teilzunehmen. G l a s r o h r s c h n e i d e n . Glasröhren bis zu 1 cm Durchmesser zerschneidet man in folgender Weise. Mit einem scharfen Glasmesser wird das Glasrohr zum Fünftel bis Viertel seines Umfanges mit einem Einschnitte versehen. Dann faßt man das Rohr gemäß Fig. 4 voll mit beiden Händen und bricht es unter schwachem Ziehen auseinander. Bricht das Rohr nicht bei leisem Drucke, so muß man die Einschnittstelle vertiefen. Handelt es sich darum, weitere Glasröhren zu zerlegen oder engere dicht an einem Ende abzuschneiden, so empfiehlt es sich, die Röhren a b z u s p r e n g e n . Zu diesem Zwecke Figur 4. Glasrohr brechen. ritzt man ebenfalls und berührt Die durch den Strich zwischen den dann das eine Ende des Ritzes Daumen angedeutete Ritzstelle bemit der auf Rotglut erhitzten findet sich auf der vom Beschauer Spitze eines dünnen Glasstabes. abgewendeten Seite des Glasrohres E n d e n a b r u n d e n . Bei jedem Glasrohre, das verwendet werden soll, müssen die scharfkantigen Bruchstellen des Glases abgerundet werden. Dies macht man einfach dadurch, daß man das Ende des Rohres in der leuchtenden Flamme des Gebläses (d. h. ohne Luftzufuhr) 2—3 cm weit unter Drehen anwärmt und dann das äußerste Ende des Rohres in der entleuchteten Gebläseflamme (d. h. mit Luftzufuhr) unter beständigem Drehen erweicht; dabei schmilzt der Rand glatt. Man hüte sich, ein zu großes Stück des Glasrohres zu erweichen, weil sonst leicht der Durchmesser des Rohres durch Einfallen des erhitzten Teiles am Ende enger wird. Bei sehr weiten Röhren muß sehr sorgfaltig angewärmt werden, da sonst leicht Sprünge entstehen. H e r s t e l l u n g e i n s e i t i g g e s c h l o s s e n e r G l a s r ö h r c h e n . Zu Glüh- und Sublimationsversuchen verwendet man Vielfach einseitig geschlossene Röhrchen. Zu ihrer Herstellung schneidet man ein Glasrohr von etwa 0,6 cm äußerem Durchmesser in etwa 12 cm lange Stücke. Ein solches Stück erweicht man in der Mitte unter fortwährendem Drehen in der Gebläseflamme; wenn das Glas ganz weich geworden ist, nimmt man es aus der Flamme und zieht es sofort so aus, daß ein etwa 10—15 cm langes, enges Glasröhrchen die beiden weiteren Stücke verbindet. Die Mitte dieses engen Teiles hält man nun noch einen Augenblick in die Flamme, so

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Die Bearbeitung des Glases

daß sie weich wird (Fig. 5a), und zieht dann auseinander. Nun nimmt man die eine Hälfte, erweicht unter beständigem Drehen die Verjüngungsstelle und zieht den Glasfaden ab, so daß das etwa 6 cm lange Röhrchen jetzt vollkommen geschlossen ist (Fig. 5b). Um den zunächst zugespitzten und ungleichmäßigen Verschluß abzurunden, erhitzt man das Ende nochmals unter beständigem Drehen und bläst nach dem Herausnehmen aus der Flamme mit dem Munde vorsichtig auf; dies wird, wenn nötig, wiederholt, bis das Glas^ * röhrchen durch eine Rundung von gleichFigur 5. Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen mäßiger Wandstärke geschlossen ist (Fig. 5c). Bleibt an einer Stelle eine Verdickung, so springt das Glas beim Erhitzen leicht. I n gleicher Weise können P r o b i e r g l ä s e r , deren Boden zerbrochen ist, wiederhergestellt werden. G l a s r o h r b i e g e n . Zum Biegen enger Glasröhren kann man zur Not die leuchtende Flamme eines sogenannten Schnittbrenners verwenden, die es gestattet, eine längere Strecke gleichmäßig zu erhitzen. Besser ist es, wenn sich schon der Anfänger daran gewöhnt, das Biegen von Glasröhren unter Benutzung der Gebläseflamme vorzunehmen, da man so auch weitere Röhren verarbeiten kann. Ein richtig gebogenes Rohr soll überall gleichen Durchmesser und annähernd gleiche Wandstärke besitzen (Fig. 6 a), nicht einen Knick, wie in Fig. 6b. Das Schwierigste beim Biegen ist das gleichmäßige Erhitzen des Glasrohres auf eine genügende Länge. Da die Gebläseflamme nur eine geringe Breite hat, muß man so vorgehen, daß man das zu Figur 6. Glasrohr biegende Glasrohr unter fortwährendem Drehen biegen so lange in der Gebläseflamme erhitzt, bis es an der erhitzten Stelle dickwandig geworden ist (Fig. 7a). Dabei faßt die linke Hand von oben (Fig. 8); sie trägt das Rohr und bestimmt die Geschwindigkeit des Drehens. Die Rechte, die das Rohr von unten hält, sorgt dafür, daß sich die rechte Seite des Rohres mit der gleichen Geschwindigkeit dreht wie die linke. Dieses Drehen einer weichgewordenen Glasmasse ist nicht ganz einfach; da es aber das A und 0 aller Glasarbeiten ist, muß man es unbedingt beherrschen. Sobald der in Fig. 7a dargestellte Zustand erreicht ist, nimmt man das Rohr aus der Flamme, stellt es senkrecht und biegt es

Kork bohren

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u n t e r g l e i c h z e i t i g e m Z i e h e n . Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegungsstelle etwas ab. Durch vorsichtiges A u f b l a s e n wird dieses ausgeglichen. Zu diesem Zwecke darf das Rohr nur an einer Seite offen sein, an der anderen ist es vorher (etwa durch einen Korkstopfen) zu verschließen. Nach dieser Vorschrift stelle man sich ein rechtwinkelig gebogenes Glasrohr her, von dem der eine Schenkel etwa >iiuiii>it/imu////i////////////iimmm 4 cm, der andere etwa 12 cm >miww/rrff////mm//7TmTTmr, lang ist; dies Rohr wird zum CL Einleiten von Gasen in Flüssigkeiten benutzt. Spitze ausziehen. Um eine Spitze, etwa für eine Spritzflasche, zu machen, 2 Z Z Z Z Z Z Z Z Z Z g Z g z z z z z ^ darf man nicht so verfahren, P wie es bei der Herstellung der einseitig geschlossenen Röhrchen beschrieben wurde, weil der zugespitzte Teil des Rohres dabei zu dünnwandig wird. Man muß vielmehr in diesem Falle ganz ähnlich vorgehen, wie es soeben für das Biegen von Glasröhren beschrieben ist. Nachdem man den in Fig. 7a dargestellten Zustand hergestellt hat, nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und zieht langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht ist. Nach dem Erkalten schneidet man an geeigneter Stelle ab und schmilzt die Ränder rund (vgl. Fig. 7 b). Kork bohren Um in einen Kork ein Loch zu bohren, wählt man einen Korkbohrer, der eine Kleinigkeit enger ist, als es das gewünschte Loch sein soll, wärmt seine Schneide in der Flamme eines Bunsenbrenners etwas an (auf keinen Fall bis zum Glühen!) und setzt ihn auf die zu bohrende Stelle auf. Dabei hält man den Korkbohrer in der vollen rechten Hand, ihn gegen die Handfläche stemmend, und den Kork mit der linken Hand so, wie es die Fig. 9 zeigt. Nun wird gebohrt, indem der Korkbohrer stets nach derselben Richtung gedreht und dabei leicht gegen den Kork gedrückt wird. Macht

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Kork bohren

es Schwierigkeiten, das Loch auf einmal durchzubohren, so zieht man den Bohrer heraus, entfernt aus ihm das etwa mitgenommene Korkstöpselchen, erwärmt ihn nochmals und bohrt jetzt völlig durch. Auf jeden Fall muß das Bohren aus freier Hand geschehen; es darf nicht etwa der Tisch als Unterlage benutzt werden, weil dabei sowohl der Tisch als auch der Korkbohrer leiden würde. Etwaige Beschädigungen des Korkbohrers, die kaum vorkommen, wenn in der angegebenen Weise verfahren wird, bessert man mit einem KorkbohrerSchärfer oder von innen mit der Rund- und von außen mit einer dreikantigen Feile aus. Korke, die ein Kölbchen verschließen sollen, wählt man stets etwas größer, als zunächst nötig x'iBuj. o . erscheint. Durch vorsichtiges, allmählich verKorke bohren stärktes Pressen in einer K o r k p r e s s e unter öfterem Drehen des Korkes macht man den Kork weich, so daß er sich jetzt in den Hals des Kölbcbens eindrehen läßt und einen festen Verschluß abgibt. Soll durch einen solchen Kork ein Loch gebohrt sein, so drückt man zunächst den Kork weich, bohrt dann das Loch und drückt schließlich den durch das Bohren erweiterten Kork nochmals leicht in der Korkpresse, wobei das Loch entweder durch die Rundfeile oder den entsprechenden Korkbohrer ausgefüllt ist. In Gummistopfen können Löcher in der gleichen Weise gebohrt werden, wenn der Korkbohrer gut geschärft und mit etwas Natronlauge oder Glyzerin befeuchtet, aber nicht erwärmt ist. Besser benutzt man in diesem Falle allerdings eine kleine Bohrmaschine.

G r ö ß t e V o r s i c h t ist b e i m E i n f ü h r e n v o n G l a s r ö h r e n in d u r c h b o h r t e S t o p f e n e r f o r d e r l i c h , da bei falscher Ausführung schwere Verletzungen eintreten können. Man faßt den Stopfen mit der linken Hand so, daß die Bohrung nicht auf die Innenfläche der Hand zeigt, sondern nach beiden Seiten frei ist, ähnlich wie dies für die links gezeichnete Hand der Fig. 9 dargestellt ist. Die rechte Hand faßt das einzusetzende Glasrohr, das vorher rund zu schmelzen und gegebenenfalls anzufeuchten ist, g a n z k u r z vor dem einzuführenden Ende. Nun schiebt man das Rohr u n t e r d a u e r n d e m D r e h e n mit s c h w a c h e m Druck in die Öffnung. Faßt man das Rohr weit vom Korken entfernt und drückt stark, so bricht es leicht ab und die scharfen Bruchstellen führen zu schweren Verletzungen (schmerzhafte, langsam heilende Fleischwunden, Sehnendurchschneidungen u. ä.).

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Nichtmetallverlbindungen, erster Teil Säuren, Basen und Salze S ä u r e n sind Wasserstoff h a l t i g e V e r b i n d u n g e n , deren W a s s e r stoff ganz oder teilweise d u r c h Metall e r s e t z t werden kann. E i n b a s i s c h e Säuren enthalten nur ein durch Metall ersetzbares Wasserstoffatom (Salzsäure HCl; Salpetersäure H N 0 3 ; Überchlorsäure HC10 4 ). In z w e i - , d r e i - , v i e r b a s i s c h e n Säuren sind zwei, drei, vier solcher Wasserstoffatome vorhanden (Schwefelsäure H 2 S 0 4 ; Orthophosphorsäure H 3 P 0 4 ; Pyrophosphorsäure H 4 P 2 0 7 ). Entzieht man einer sauerstoffhaltigen Säure Wasser, so erhält man die Säure-Anhydride: H2S04 - H 2 0 = S03; 2HN03 - H 2 0 = N205; 2 H3P04 — 3 H20 = P205; 2 HC104 — H 2 0 = C1 2 0 7 . Wie die Beispiele zeigen, sind die Säure-Anhydride O x y d e v o n N i c h t m e t a l l e n . Durch Wasseranlagerung an die Anhydride entstehen wieder die Säuren. Beim Ersätze der Säurewasserstoffatome durch Metallatome entstehen aus den Säuren die S a l z e (erste Definition von Salzen). N e u t r a l e Salze entstehen aus den Säuren dadurch, daß aller überhaupt durch Metall ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt wird (z. B. Kaliumchlorid KCl; Natriumsulfat N a 2 S 0 4 ; Natriumphosphat Na 3 P0 4 ). In s a u r e n Salzen ist nicht aller ersetzbare Wasserstoff durch Metall ersetzt (z. B. N a H S 0 4 ; N a 2 H P 0 4 . Über die nähere Benennung solcher saurer Salze vgl. S. 46). Man erkennt das Vorliegen einer Säure an dem Verhalten ihrer wäßrigen Lösung gegen sogenannte „ I n d i k a t o r e n " ; so wird z . B . blaue Lackmuslösung rot gefärbt.

Man stelle das Verhalten, verschiedener Indikatoren selbst fest, indem man in Probiergläser etwas verdünnte Salz-, Schwefel- oder Salpetersäure gibt und sie mit wenigen Tropfen der Lösungen folgender Indikatoren versetzt: Lackmus, Phenolphthalein, Methylorange, Methylrot, Kongorot. Man notiere, welche Farben die Lösungen annehmen. Den Gegensatz zu den Säuren bilden die B a s e n , d i e e i n e o d e r m e h r e r e OH-(Hydroxyl-)Gruppen enthalten. Wir nennen: NaOH Natriumhydroxyd, seine Lösung: Natronlauge; K O H Kaliumhydroxyd, seine Lösung: Kalilauge; Ca(OH) 2 Calciumhydroxyd, seine Lösung: Kalkwasser. J e nach der Zahl der Hydroxylgruppen spricht man von ein-, zwei-, dreisäurigen Basen. Auch die Basen bilden A n h y d r i d e , z . B . : C a ( O H ) 2 — H 2 0 = CaO. Diese Basen-Anhydride sind M e t a l l o x y d e . Man kann daher auch definieren: Basen sind Stoffe, die durch Wasseranlagerung an Metalloxyde entstehen. Entsprechend den sauren gibt es auch b a s i s c h e Salze, in denen nur ein Teil der OH-Gruppen durch den Säurerest ersetzt ist. Genannt seien: Pb(0H)C10 4 und SbOCl; das letztere kann man als Anhydrid des eigentlichen basischen Salzes Sb(0H) 2 Cl auffassen.

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Man stelle das Verhalten von Lackmuslösung und den übrigen Indikatoren gegen Basen durch den Versuch fest. Läßt man die Lösung einer Säure mit der einer Base reagieren, so bildet sich W a s s e r und ein Salz (zweite Definition der Salze). Diesen N e u t r a l i sationsvorgang erläutert der folgende Versuch: Zu einer mit Lackmuslösung versetzten, also rot gefärbten Salzsäurelösung gebe man tropfenweise Natronlauge. Dabei bleibt die Farbe zunächst unverändert; bei weiterer Zugabe von Lauge schlägt sie p l ö t z l i c h in Blau um. I m Augenblick der Farbänderung ist gerade alle vorhandene Salzsäure gemäß der Gleichung HCl + NaOH = NaCl + H 2 0 . umgesetzt. Es ist das n e u t r a l reagierende S a l z (NaCl) u n d W a s s e r entstanden. Bei weiterer Zugabe von Natronlauge erfolgt keine weitere Umsetzung mehr und die blaue Farbe bleibt unverändert bestehen. Entsprechend können sich Salze auch aus Säure- bzw. Base-Anhyd r i d e n bilden: CaO + 2 HCl = CaCl2 + H 2 0 2Na(OH) + C0 2 = Na 2 C0 3 + H 2 0 CaO + S0 3 = CaS0 4 . Salzsäure u n d Chlor C h l o r w a s s e r s t o f f HCl ist ein farbloses, stechend riechendes, an der Luft unter Wasseranziehung nebelbildendes Gas, das sich in Wasser sehr reichlich löst; die Lösung ist die Chlorwasserstoffsäure oder „ S a l z s ä u r e " . Die „konzentrierte" Salzsäure des Laboratoriums ist eine 35- bis 40-proz., die „verdünnte" eine etwa 10-proz., die .^normale" 1 ) eine 7,05-proz. wäßrige Lösung des Gases. Hohe Salzsäure enthält oft etwas Eisenchlorid und ist dadurch gelb gefärbt. In warmem Wasser, ferner in Lösungen seiner Salze und in anderen Säuren ist Chlorwasserstoff weniger löslich als in reinem, kaltem Wasser. Kleinere Mengen Chlorwasserstoffgas kann man deshalb durch Zutröpfen von konzentrierter Schwefelsäure zu starker Salzsäure herstellen. Größere Mengen stellt man durch Erhitzen von Natriumchlorid mit Schwefelsäure her; dieses Verfahren wird auch in der Technik verwendet. — Salzsäure löst viele M e t a l l e unter Abgabe von Wasserstoff auf, z. B. Eisen, Zink, Aluminium. Ein Anhydrid kann die Salzsäure nicht bilden, weil sie keinen Sauerstoff enthält. Das in der Salzsäure enthaltene Chlor kann man durch Erwärmen mit Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben (z. B. Bleidioxyd Pb0 2 , Mangandioxyd, „Braunstein" Mn0 2 ), frei machen. Diesen Vorgang kann man sich s c h e m a t i s c h in verschiedenerweise in Einzelstufen zerlegt denken, so z. B. in die folgenden 2 ): 2HC1 + 0 — H^O + C1 } Oxydations-Reduktions-Vorgang PbO + 2 HCl = PbCl2 + H 2 0 Neutralisation Pb0 2 + 4HCl = PbCl2 + 2H 2 0 + Cl2 Gleichung der Gesamtumsetzung J

) Über den Begriff „normal" vgl. S. 22. ) Eine bessere, an dieser Stelle aber noch nicht verständliche Zerlegung lernen wir S. 33 kennen. 2

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Stoffe wie Bleidioxyd und Mangandioxyd bezeichnet man als O x y d a t i o n s m i t t e l . Man versteht darunter Stoffe, die an andere Stoffe Sauerstoff abgeben (1. Definition) oder — wie in unserem Falle — ihnen Wasserstoff entziehen können (2. Definition). Das Gegenteil von Oxydation, also die Wegnahme von Sauerstoff oder die Zuführung von Wasserstoff, nennen wir R e d u k t i o n . Aus der Definition geht hervor, daß Oxydation und Reduktion stets miteinander gekoppelt auftreten müssen: der Stoff, der oxydierend wirkt (z. B. Sauerstoff abgibt), wird selber reduziert (ihm wird Sauerstoff weggenommen). Eine umfassendere Definition werden wir S. 32 kennenlernen. C h l o r zersetzt viele Farbstoffe und wird daher zum Bleichen benutzt. Aus Jodiden und Bromiden verdrängt es die Halogene und setzt sie in Freiheit. Zum N a c h w e i s von Salzsäure und ihren Salzen dient der weiße Niederschlag von S i l b e r c h l o r i d , den man in wäßriger Lösung mit Silbernitrat erhält. Silberchlorid löst sich in Ammoniaklösung, nicht aber in Salpetersäure.

Man erhitze in einem Probierglase 1—2 ccm (10—20 Tropfen) konzentrierte Salzsäure unter dem Abzüge; es entweicht feuchtes Chlorwasserstoffgas. Zu 1—2 ccm konzentrierter Salzsäure, die sich in einem Probierglase befinden, gieße man, ebenfalls unter dem Abzüge, aus einem zweiten Probierglase (vgl. S. 6) t r o p f e n w e i s e vorsichtig etwa die doppelte Raummenge konzentrierter Schwefelsäure. Es entwickelt sich unter starkem Aufschäumen ein reichlicher Strom von C h l o r w a s s e r stoffgas. Eine Spatelspitze N a t r i u m c h l o r i d übergieße man mit etwa 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure im Probierglase unter dem Abzüge. Es entweicht C h l o r w a s s e r s t o f f g a s , das man bei dieser Darstellungsmethode wasserfrei erhält. 2NaCl + H 2 S0 4 = 2 HCl + N a 2 S 0 4 . In ein etwa 50 ccm fassendes Kölbchen bringe man etwa 4 g granuliertes Z i n k , befeuchte es mit einigen Tropfen Wasser und übergieße es mit so viel konzentrierter Salzsäure, daß die Metallstücke eben bedeckt sind. Sofort decke man auf den Hals des Kölbchens einen Trichter — die Öffnung nach unten — Figur 10. Wasserund halte über das nach oben gerichtete Abflußrohr des Trichters ein Probierglas, ohne es auf den Trichter stoff-Entwicklung selbst aufzusetzen. Nach 1 / 2 —1 Minute hebe man das Probierglas hoch, schließe die Mündung sofort mit dem Daumen, drehe es verschlossen um und öffne es dicht an einer Flamme. Das aus dem Metall und der Säure nach der Gleichung Zn + 2HC1 = ZnCl2 + H, B l i t z , Einführung. 21. Aufl.

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entwickelte W a s s e r s t o f f g a s entzündet sich und brennt mit farbloser, kaum sichtbarer Flamme im Probierglase herab. 2H 2 + 0 2 = 2 H 2 0 . Nachdem die Flamme v o l l k o m m e n erloschen ist, halte man das Probierglas noch einmal, aber kürzere Zeit über den Trichter, so daß die Luft aus ihm nur zum Teile verdrängt werde. Beim Entzünden explodiert nun der Inhalt des Probierrohres — je nach dem Mengenverhältnisse der Mischung — mehr oder weniger lebhaft ( „ K n a l l g a s " ) . Man erwärme eine Spatelspitze B l e i d i o x y d mit etwa 1 ccm konzentrierter Salzsäure im Probierglase unter dem Abzüge. Es entweicht C h l o r , ein gelblichgrünes Gas von charakteristischem, unangenehmem Gerüche. Chlor greift die Schleimhäute stark an; man hüte sich also davor, viel davon einzuatmen. Im Probierglase bleiben neben überschüssiger Salzsäure weiße Kristalle von B l e i c h l o r i d zurück. Zur Darstellung von Chlor kann man statt des teueren Bleidioxyds auch das billige rohe M a n g a n d i o x y d („Braunstein") verwenden: 4HC1 + Mn0 2 = MnCl2 + Cl2 + 2 H 2 0. Man stelle sich einen kleinen Gasentwicklungsapparat nach Fig. 11 her. Das Kölbchen fasse 50 ccm; das Glasrohr sei so zum Winkel von 65—7501 gebogen, daß der eine Schenkel etwa 6 cm, der andere etwa 16 cm lang ist; die Glasrohrenden seien rund geschmolzen. Wenn der Apparat zusammengestellt, aber noch nicht gefüllt ist, prüfe man, ob er dicht schließt, indem man am Glasrohre saugt und feststellt, ob die Zunge einige Zeit haften bleibt. In diesen Apparat bringe man etwa 2 g Braunstein und 5—7 ccm konzentrierte Salzsäure, verschließe ihn und befestige unter dem A b z ü g e den Kolbenhals mit einer Klammer an einem Stativ in solcher Höhe, daß der Kolbenboden etwa 5 cm über einen darunter gestellten, noch nicht angezündeten Bunsenbrenner zu stehen kommt. Dann schiebe man ein zum Drittel mit Wasser gefülltes Probierglas, das man mit der Hand hält, über das Gasableitungsrohr und erwärme den Kolben

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gelinde mit kleiner Flamme. Zuerst entweicht durch das vorgelegte Wasser Luft; dann kommt C h l o r g a s , das zum Teile vom Wasser gelöst wird, wobei es dieses gelblich färbt. Es bildet sich „Chlorwasser", das bis zu 0,8°/ 0 freies Chlor enthalten kann. Nach einigen Minuten nimmt man das vorgelegte Probierglas fort und entfernt erst dann die Flamme. Würde man die Flamme zuerst entfernen, so würde das Chlorwasser in den schnell erkaltenden Apparat zurücksteigen. In das den oberen Teil des Probierglases erfüllende C h l o r g a s halte man etwas rotes und etwas blaues angefeuchtetes L a c k m u s papier; es tritt Entfärbung des Lackmusfarbstoffes ein. Zu 1 ccm Indigo-Lösung gebe man etwas C h l o r w a s s e r : sofort verschwindet die tiefblaue Farbe des Indigos, und eine schmutzig-gelbe von Zersetzungsprodukten des Indigos tritt auf. Man gebe zu einigen Tropfen K a l i u m j o d i d - L ö s u n g und zu einigen Tropfen K a l i u m b r o m i d - L ö s u n g je einen Tropfen Chlorwasser; es tritt Braun- bzw. Gelbfärbung von frei gewordenem J o d bzw. B r o m auf. 2 K J + Cl2 = 2 KCl + J 2 2 K B r + Cl2 = 2 KCl + B r 2 . Man verteile die so erhaltenen brom- bzw. jodhaltigen Lösungen auf je zwei Probiergläser und schüttele das eine mit 1 ccm Schwefelkohlenstoff, das andere mit 1 ccm Chloroform kräftig durch. Nachdem sich die Flüssigkeit wieder in zwei Schichten getrennt hat, erkennt man, daß das Brom und das Jod in die nichtwäßrige Schicht übergegangen sind ( „ A u s s c h ü t t e l n " ) . Man notiere die Farben, die dabei auftreten. Man vermische einen Tropfen verdünnter S a l z s ä u r e mit einigen Kubikzentimetern destillierten Wassers und füge etwas verdünnte Silbernitrat-Lösung hinzu; es entsteht ein weißer Niederschlag von S i l b e r c h l o r i d , der sich beim Umschütteln flockig zusammenballt. HCl + AgN0 3 = AgCl + H N 0 3 . Auf Zusatz einer ausreichenden Menge Ammoniak-Lösung löst sich der Niederschlag wieder auf. Löst man ein Körnchen N a t r i u m c h l o r i d in destilliertem Wasser auf und fügt einige Tropfen Salpetersäure und alsdann etwas Silbernitrat-Lösung hinzu, so fällt ebenfalls S i l b e r c h l o r i d aus. NaCl + AgN0 3 = AgCl + NaNO s . Auch andere Salze der Salzsäure geben die gleiche Reaktion. Diese Tatsache ist nicht selbstverständlich; denn andere Chlorverbindungen, wie z. B. Überchlorsäure HC104 oder Chloroform CHC13, geben keine Fällung mit Silber-

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Chemische Umsetzungen

nitrat-Lösung. Eine Erklärung für dieses verschiedenartige Verhalten werden wir S. 28 kennenlernen. Silberchlorid ist in S a l p e t e r s ä u r e u n l ö s l i c h , wird aber, wie soeben gezeigt wurde, durch Zusatz von A m m o n i a k - L ö s u n g gelöst. Die Löslichkeit in A m m o n i a k unterscheidet das Silberchlorid vom Silberjodid, das sich nicht in Ammoniak-Lösung auflöst. Näheres vgl. S. 95 ff. Die Unlöslichkeit des Silberchlorids in S a l p e t e r s ä u r e zu kennen, ist deshalb wichtig, weil das Auftreten eines schwer löslichen Niederschlages allein die Anwesenheit von Salzsäure oder Chloriden nicht mit Sicherheit verbürgt. Aus neutralen, d. h. nicht salpetersauren Lösungen, fallen auch schwer lösliche Silbersalze anderer Säuren aus.

Man stelle dies mit einem Tropfen N a t r i u m c a r b o n a t - L ö s u n g fest, den man mit etwas Wasser und einigen Tropfen SilbernitratLösung versetzt. Es entsteht ein dicker Niederschlag von S i l b e r c a r b o n a t ; dieser löst sich aber auf Zusatz von Salpetersäure auf. Ist diese Lösung jetzt völlig klar, so war das Natriumcarbonat völlig frei von Natriumchlorid; bleibt eine Trübung, so enthielt es etwas davon. Ähnliches Verhalten beobachtet man z. B. mit Kaliumnitrit- und Natriumphosphat-Lösung. Infolgedessen gibt man zur Prüfung auf Chloride stets soviel Salpetersäure hinzu, bis die Lösung deutlich sauer reagiert. Von Salpetersäure nur wenig gelöst wird auch das S i l b e r s u l f a t . Versetzt man nicht zu verdünnte Silbernitratlösung mit Schwefelsäure, so fällt ein weißer Niederschlag, der bei Zugabe von Salpetersäure-Lösung nicht verschwindet. Verdünnt man jedoch mit destilliertem Wasser stärker, so geht er — im Gegensatz zum Silberchlorid — in Lösung. Unter den Bedingungen des analytischen Arbeitens ist daher eine Verwechslung nicht zu befürchten. Zum Nachweise von C h l o r i d e n im W a s s e r l e i t u n g s w a s s e r fülle man dieses in ein Probierglas und gebe einige Tropfen Salpetersäure und etwas Silbernitrat-Lösung hinzu. Eine Trübung zeigt einen geringen, ein Niederschlag einen größeren Gehalt an Chloriden an. Durch Zugabe von Ammoniak überzeuge man sich, daß wirklich Chloride vorliegen. Zur Anstellung aller dieser Versuche sind natürlich nur Probiergläser, die sorgfältig mit destilliertem Wasser ausgespült sind, zu verwenden. Der Salzsäure stehen die Jodwasserstoffsäure H J , die Brom wasserstoffsäure HBr, die Cyanwasserstoffsäure HCN u. andere sehr nahe; sie verhalten sich in den meisten Umsetzungen ganz ähnlich. Diese Säuren werden später besprochen werden.

Chemische Umsetzungen Unter einer chemischen Umsetzung oder Reaktion versteht man einen Vorgang, bei dem sich aus vorhandenen Stoffen neue Stoffe bilden. Bei der Umsetzung zwischen Salzsäure und Silbernitrat bilden sich Silberchlorid und Salpetersäure.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen

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Die meisten der in dieser Anleitung beschriebenen Umsetzungen werden in w ä ß r i g e r L ö s u n g durchgeführt, weil man f ü r die Reaktionen der analytischen Chemie meist dieses Lösungsmittel benutzt. Es sei jedoch schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Wasser keineswegs Voraussetzung f ü r chemische Umsetzungen ist. Es gibt auch Reaktionen in anderen Lösungsmitteln, in Gasen, Schmelzen, ja bei höheren Temperaturen auch zwischen festen Stoffen. Schließlich können auch Gase mit flüssigen und festen Stoffen reagieren usw. Beispiele für Umsetzungen bei Abwesenheit von Wasser, die in der präparativen Chemie heute sehr häufig durchgeführt werden, werden wir auch in dieser Anleitung gelegentlich kennenlernen. Zum E r k e n n e n von Stoffen durch chemische Umsetzungen (Nachweisoder Erkennungs-Reaktionen) benutzt man solche Umsetzungen, bei denen Stoffe von recht augenfälligen Eigenschaften — insbesondere farbige oder unlösliche Stoffe — entstehen. Eine Reaktion ist f ü r einen bestimmten Stoff „ c h a r a k t e r i s t i s c h " oder „ s p e z i f i s c h " oder „ e i n d e u t i g " , wenn sie nur bei Gegenwart dieses Stoffes eintritt. Allerdings wird dieser Idealfall nur selten erreicht; die meisten Umsetzungen sind nicht für einen Stoff, sondern jeweils für eine ganze Gruppe von Stoffen charakteristisch. Wenn man z. B. eine zu untersuchende Lösung mit Silbernitrat-Lösung versetzt, so beweist, wie wir oben sahen, das Auftreten eines weißen flockigen Niederschlages, der in Salpetersäure unlöslich, in Ammoniak-Lösung leicht löslich ist, die Gegenwart von Salzsäure oder eines ihrer Salze. Diese Reaktion ist also charakteristisch f ü r die Stoffgruppe: Salzsäure und ihre Salze. — Eine Reaktion ist „ e m p f i n d l i c h " , wenn sie schon unter Anwendung einer sehr geringen Stoffmenge ausführbar ist. So ist Silbernitrat ein empfindliches Reagens auf Salzsäure oder Chloride, weil schon äußerst kleine Mengen dieser Stoffe auf Zugabe von Silbernitrat einen Niederschlag liefern. F ü r d e n a n a l y t i s c h e n C h e m i k e r i s t es w i c h t i g , d i e c h e m i s c h e n U m s e t z u n g e n , d i e z u r E r k e n n u n g e i n e s S t o f f e s b r a u c h b a r s i n d , zu kennen. E r m u ß d a b e i die B e d i n g u n g e n , u n t e r d e n e n diese Reaktionen eintreten, und ihre Zuverlässigkeit, d.h. ihre Spezifität und Empfindlichkeit, sorgfältig beachten.

Konzentration der Lösungen; Normallösungen Es ist zweckmäßig, bei Umsetzungen die richtigen Mengen der sich umsetzenden Stoffe zu verwenden; ein größerer Überschuß eines der Stoffe würde — von besonderen Ausnahmefällen abgesehen — zweckloser Ballast sein und oft Veranlassung zu Störungen geben. Deshalb verwendet man in den Laboratorien Lösungen von bestimmtem Gehalte. Den Gehalt einer Lösung an gelöstem Stoffe kann man in zweierlei Weise bezeichnen: entweder gibt man den Prozentgehalt oder die Konzentration an. Unter P r o z e n t g e h a l t versteht man die Angabe der Gramme gelösten Stoffes, die in 100 Gramm (also einer bestimmten G e w i c h t s m e n g e ! ) der Lösung enthalten sind; unter Konzentration die Angabe der Menge gelösten Stoffes, die in einem bestimmten V o l u m e n d e r f e r t i g e n L ö s u n g enthalten ist. Da das Volumen der Lösung sich — im Gegensatz zum Gewicht! — in der Regel nicht genau additiv aus den Bestandteilen zusammensetzt, ist stets eine Dichtebestimmung der Lösung erforderlich, wenn man beide Größen miteinander in Beziehung setzen will. Früher — und gelegentlich auch jetzt noch — verwendete man Lösungen von festgesetztem P r o z e n t g e h a l t e , meist 10-proz. Lösungen. Das ließ sich leicht merken, und man konnte beim Gebrauche sich durch eine Überschlagsrechnung schnell ausrechnen, wieviel man von jeder Lösung brauchte, um eine glatte Umsetzung zu erzielen. Auch entsprechen einige der wichtigsten

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Schwefelsäure

gleichprozentigen Reagens-Lösungen einander annähernd: so die Salzsäureund die Natriumhydroxyd-Lösung und, wenn auch weniger gut, Schwefelsäure- und Salpetersäure-Lösungen. In einer Ammoniak-Lösung ist aber zweibis dreimal so viel Ammoniak enthalten, als zur Neutralisation des gleichen Raumteiles der genannten gleichprozentigen Säurelösungen erforderlieh ist. Heute stellt man deshalb — viel sachgemäßer — die Lösungen meist nach einem anderen Gesichtspunkte her. Man löst nicht, wie eben geschildert, von jedem Stoffe das gleiche Gewicht, etwa 10 g, für 100 g Lösung auf, sondern man berechnet ein für alle Male, wieviel von jedem Stoffe zu einem L i t e r L ö s u n g gelöst werden muß, damit alle Lösungen für gleiche Raumteile g l e i c h w e r t i g („äquivalent") werden, und stellt die Lösungen nach diesem Ansätze her. So kann man von den einwertigen Säuren und den einwertigen Basen ein Gramm-Molekelgewicht (ein „ M o l " ) zu je einem Liter Lösung mit Wasser lösen, also 36,46 g Chlorwasserstoff HCl; 63,02 g Salpetersäure HN0 3 ; 40,00 g Natriumhydroxyd NaOH; 56,11g Kaliumhydroxyd KOH; 17,03 g Ammoniak NH 3 . Man stellt also Lösungen gleicher K o n z e n t r a t i o n , gemessen in Ä q u i v a l e n t e n j e L i t e r , her. Gleiche Raumteile dieser Lösungen entsprechen dann einander vollkommen; Je ein Kubikzentimeter dieser SäureLösungen wird genau durch einen Kubikzentimeter dieser Base-Lösungen neutralisiert. Von zweiwertigen Säuren und zweiwertigen Basen wird ein halbes Mol, von dreiwertigen ein drittel Mol gelöst; also 1 / 2 x98,08 = 49,04 g Schwefelsäure H 2 S 0 4 ; Vz X 171,38 = 85,69 g Bariumhydroxyd Ba(OH) 2 . Von Salzen verwendet man entsprechende Mengen, z. B. 169,89 g Silbernitrat AgNOa; J/i X 208,27 = 104,13s g Bariumchlorid BaCl 2 ; 1 / 3 X 162,21 = 54,07 g Ferrichlorid FeCl 3 . Solche Lösungen nennt man „ N o r m a l l ö s u n g e n " , z. B. „norm. Natriumhydroxyd-Lösung" oder „n-Natriumhydroxyd-Lösung". Lösungen von doppelter Konzentration heißen „Doppeltnormal-Lösungen"; Lösungen, die ein Zehntel so stark sind, „Zehntelnormal-Lösungen" usw., z. B. „2n-SalzsäureLösung"; „n/10-Schwefelsäure-Lösung". Von Doppeltnormal-Lösungen braucht man selbstverständlich das halbe Raummaß, von Zehntelnormal-Lösungen das Zehnfache, um gleichviel des gelösten Stoffes zu haben, wie von NormalLösungen. Die v e r d ü n n t e n L ö s u n g e n des L a b o r a t o r i u m s sind meist doppelt normal. Von den Normal-Lösungen sind die molaren Lösungen zu unterscheiden. Sie sind dadurch definiert, daß ein Liter von ihnen ein Gramm-Molekelgewicht des gelösten Stoffes enthält. Manchmal sind normale und molare Lösungen gleich, so bei Salzsäure und Natronlauge. Bei Schwefelsäure enthält jedoch die molare Lösung doppelt so viel wie die normale.

Schwefelsäure Die Schwefelsäure ist eine farblose, geruchlose, dickölige Flüssigkeit. Die „konzentrierte" Schwefelsäure des Laboratoriums enthält etwa 97 bis 98V a % H 2 S0 4 , die „verdünnte" 10%, die „2 norm." 9,25%. Konzentrierte Schwefelsäure vereinigt sich begierig mit Wasser; beim Mischen mit Wasser erwärmt sie sich stark. Infolge dieser wasserentziehenden Wirkung zerstört sie viele organische Stoffe, oftmals unter Verkohlung. B e i m A r b e i t e n m i t S c h w e f e l s ä u r e i s t also b e s o n d e r s große V o r s i c h t und S a u b e r k e i t nötig 1 ). Andererseits kann man diese wasserentziehende Wirkung benutzen, um chemische Reaktionen zu erzwingen. So entsteht z. B. aus Ameisensäure ') In Kleider frißt konzentrierte Schwefelsäure gewöhnlich Löcher; verdünnte erzeugt rote Flecke, die durch Betupfen mit Ammoniak-Lösimg — auch nach einiger Zeit noch — zu entfernen sind.

Schwefelsäure

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(HC0 2 H) und konzentrierter Schwefelsäure Kohlenmonoxyd CO, ein brennbares, giftiges Gas. Das A n h y d r i d der Schwefelsäure, S 0 3 , „Schwefelsäureanhydrid" oder „Schwefeltrioxyd", kommt in mehreren Formen vor, als farbloses ö l oder als farbloser kristallinischer Stoff. Beide rauchen an der Luft unter Wasseranziehung stark. Durch Auflösen von Schwefeltrioxyd in konzentrierter Schwefelsäure erhält man die „ r a u c h e n d e S c h w e f e l s ä u r e " . In ihr ist eine neue Verbindung „ P y r o s c h w e f e l s ä u r e " H 2 S 2 0 7 vorhanden, die durch Vereinigung einer Molekel Schwefelsäure und einer Molekel Schwefeltrioxyd entsteht. H 2 SO 4 + SO3 = H 2 S 2 O 7 . Die „rauchende Schwefelsäure" des Handels ist ein Gemisch dieser Pyroschwefelsäure mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefeltrioxyd. Sie gibt beim Erwärmen Dämpfe von Schwefeltrioxyd ab.

Man übergieße ein Stück F i l t r i e r p a p i e r , das in einer Abdampfschale liegt, mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure; es löst sich langsam unter Bildung einer hellgelben Lösung auf. Man werfe ein Stückchen S t r e i c h h o l z (ohne Kuppe) in ein Probierglas zu ein wenig konzentrierter Schwefelsäure; unter Schwarzfärbung tritt Zerstörung der organischen Substanz ein. Zu 3 ccm W a s s e r gieße man aus einem zweiten Probierglase etwa den gleichen Raumteil konzentrierter Schwefelsäure. Die Mischung erwärmt sich stark. Man merke sich als Regel, daß bei Herstellung größerer Mengen verdünnter Schwefelsäure stets die konzentrierte S ä u r e langsam und unter guter Durchmischung z u m W a s s e r gegossen werden muß, nicht umgekehrt das Wasser zur Säure. H e i ß e k o n z e n t r i e r t e S c h w e f e l s ä u r e d a r f k e i n e s falls v e r d ü n n t oder in d e n A u s g u ß g e g o s s e n w e r d e n ! Man versetze unter dem Abzüge 2—3 ccm konzentrierte A m e i s e n s ä u r e mit etwa 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure. Das sich entweder von selbst oder bei geringem Erwärmen bildende K o h l e n o x y d g a s (Kohlenoxyd ist g i f t i g ! ) brennt, wenn m a n die Mündung des Probierglases an die Flamme bringt, mit intensiv blauer Flamme. H C 0 2 H — H 2 0 = CO 2 CO + 0 2 = 2 C 0 2 . Man erhitze unter dem Abzüge etwa 1 ccm r a u c h e n d e S c h w e f e l s ä u r e in einem trockenen Probierglase; es entweicht S c h w e f e l t r i o x y d S0 3 , das mit der Feuchtigkeit der L u f t dicke, weiße Nebel bildet. V e r d ü n n t e Schwefelsäure löst viele M e t a l l e (z. B. Eisen, Aluminium, Zink) unter Wasserstoff-Entwicklung zu ihren schwefelsauren Salzen (Sulfaten) auf, verhält sich also wie Salzsäure. Fe -f H 2 S 0 4 = FeSO ä + H 2 . K o n z e n t r i e r t e Schwefelsäure dagegen verhält sich ganz anders; sie löst die genannten M e t a l l e bei Zimmertemperatur nicht auf. Bei höherer

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Schwefelsäure

Temperatur bilden sich zwar ebenfalls Sulfate, aber es wird kein Wasserstoff frei, sondern es entwickelt sich S c h w e f e l d i o x y d S 0 2 . Für Eisen z. B. kann man diesen Vorgang folgendermaßen formulieren: Fe + 2 H 2 S 0 4 = FeS0 4 + 2 H 2 0 + S0 2 . Zum Verständnis dieser Umsetzung ist es wesentlich, daß eine Molekel S c h w e f e l s ä u r e dabei als O x y d a t i o n s m i t t e l wirkt, wobei sie selbst zu Schwefeldioxyd reduziert wird. Das durch Oxydation entstandene Eisenoxyd bildet sofort mit der zweiten Molekel Schwefelsäure Ferrosulfat. Die voranstellende Gleichung kann somit zerlegt werden in zwei Gleichungen: Fe + H 2 S 0 4 = FeO + S0 2 + H„0 Oxydation-Reduktion FeO + H 2 S0 4 = F e S 0 4 + H 2 0 " Neutralisation (Besser werden diese Vorgänge auf S. 33/34 klar werden.) S c h w e f e l s ä u r e ist also in v e r d ü n n t e m Z u s t a n d e n u r eine S ä u r e , in k o n z e n t r i e r t e m Z u s t a n d e in d e r W ä r m e a b e r a u c h ein O x y d a t i o n s m i t t e l ; als solches hat sie große Bedeutung. Bei Umsetzung mit Z i n k erleidet heiße konzentrierte Schwefelsäure sogar Reduktion zu elementarem S c h w e f e l und manchmal zu S c h w e f e l w a s s e r s t o f f H 2 S; Zink ist also ein stärkeres Reduktionsmittel als Eisen. Man entwickele die Umsetzungs-Gleichungen in entsprechender Weise.

Man übergieße in einem Probierglase Granalien von t e c h n i s c h e m (d. h. verunreinigtem, vgl. S. 103) Zink mit verdünnter Schwefelsäure, der man zweckmäßig einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure beimischt. Das Zink löst sich lebhaft zu Z i n k s u l f a t , und W a s s e r s t o f f entweicht reichlich. In einem trockenen Probierglase erhitze man u n t e r dem Abzüge ein Stückchen Stangenzink von etwa 1 cm Länge mit wenig konzentrierter Schwefelsäure so stark, daß eine Umsetzung unter schwachem Aufschäumen beginnt. Die Umsetzung geht dann meist ohne weitere Wärmezufuhr fort; sollte sie nachlassen, so werde sie durch erneutes Erwärmen wieder in Gang gebracht. Im oberen Teile des Probierglases bildet sich ein gelber Beschlag von festem S c h w e f e l , und gelbe Schwefeltröpfchen scheiden sich ab — ein eleganter Beweis für das Vorhandensein von Schwefel in der Schwefelsäure. Entweichendes S c h w e f e l d i o x y d — und manchmal auch S c h w e f e l w a s s e r s t o f f g a s — sind am Gerüche zu erkennen. Granuliertes Zink oder Zinkspäne dürfen bei diesem Versuche nicht verwendet werden, da sie zu heftig einwirken. Zum N a c h w e i s von Schwefelsäure und ihren Salzen werden lösliche Bariumsalze benutzt, mit denen sich das auch in Salz- und Salpetersäure praktisch unlösliche B a r i u m s u l f a t bildet: BaCl 2 + H 2 S 0 4 = B a S 0 4 + 2 HCl Ba(N0 3 ) 2 + Na 2 S0 4 = B a S 0 4 + 2 N a N 0 3 .

Man verdünne einen Tropfen verdünnter Schwefelsäure mit einigen Kubikzentimetern Wasser und setze einige Tropfen B a r i u m chlorid-Lösung hinzu: es fällt weißes B a r i u m s u l f a t aus. Beim Zusatz von Salz- oder Salpetersäure löst sich der Niederschlag nicht auf. (Wichtige Erkennungsprobe.)

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Auch alle wasserlöslichen Sulfate geben diese Reaktion. Zweckmäßig fügt man stets wenig Salz- oder Salpetersäure hinzu, weil auch Salze anderer Säuren (Carbonate, Phosphate) mit Bariumchlorid Niederschläge geben, die aber nur aus neutralen oder alkalischen Lösungen ausfallen. Bariumsulfat ist (neben dem S. 162/164 zu besprechenden Bariumsilicofluorid) der einzige Bariumsalz-Niederschlag, der auch aus saurer Lösung ausfällt.

Man weise Schwefelsäure im K u p f e r s u l f a t und im N a t r i u m s u l f a t nach, verwende von beiden Salzen aber nur sehr kleine Proben. Wird zu Bariumchlorid-Lösung k o n z e n t r i e r t e S a l p e t e r s ä u r e gesetzt, so fällt nach kurzer Zeit ebenfalls ziemlich schwer lösliches B a r i u m n i t r a t in derben Kristallen aus; beim Versetzen der Mischung mit Wasser löst sich dieser Niederschlag aber wieder auf. Man hüte sich bei der Prüfung auf Schwefelsäure vor einem aus diesem Verhalten entspringenden Irrtume. Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre Elektrolyte; Leiter 2. Klasse. Iii den beiden Klemmen eines Elektrolysenstativs (vgl. Fig. 12) befestige man zwei dünne Bogenlampenkohlen in etwa 1—2 cm Abstand in solcher Höhe, daß sie fast bis auf den Boden eines 100 ccm fassenden Becherglases reichen, das auf einem Dreifuß oder Holzklotz steht. Die beiden Kohlen verbinde man mittels isolierter Zuleitungen (Klingeldraht) mit den Klemmen von 3 hintereinandergeschalteten Akkumulatoren (d. h. einer Spannungsquelle von 3 X 2,1 = 6,3 Volt) und schalte ein Amperemeter in den Stromkreis, das Figur 12. Leitfähigkeits-Versuch bis zu 5 Amp. abzulesen gestattet. Nun gieße man so viel Chloroform in das Becherglas, daß die Kohlen eben hineintauchen; das Amperemeter zeigt keinen Ausschlag. Chloroform ist also ein I s o l a t o r . Destilliertes Wasser und Alkohol, die man in gleicher Weise prüft, sind ebenfalls Nichtleiter.

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Ebenso zeigen Lösungen von Zucker oder Alkohol in destilliertem Wasser mit unserer Anordnung keine meßbare Leitfähigkeit. Anders ist es, wenn man Lösungen folgender Stoffe prüft: Schwefel-, Salz- und Salpetersäure, Natronlauge, Kochsalz, Natriumcarbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat. (Man benutze die etwa 2 n-Lösungen des Arbeitsplatzes.) Bringt man diese Stoffe in das Becherglas (das selbstverständlich jedesmal gut mit destilliertem Wasser auszuspülen ist!), so zeigt das Amperemeter einen erheblichen Ausschlag, dessen Größe man in das Arbeitsheft eintrage. Die eben genannten Lösungen leiten also den elektrischen Strom. Man bezeichnet daher Stoffe wie Salz-, Salpeter- und Schwefelsäure, Natronlauge, Natriumchlorid- und carbonat, Magnesiumchlorid, Kupfersulfat — oder allgemeiner gesagt, S ä u r e n , B a s e n u n d S a l z e — als E l e k t r o l y t e . Die Leitfähigkeit der Elektrolytlösungen ist allerdings längst nicht so groß wie die von Metallen. Außerdem unterscheiden sich diese Stoffe von den Metallen auch dadurch, daß bei ihnen mit dem Stromdurchgang stets eine chemische Umsetzung verbunden ist. Während ein Metalldraht bekanntlich durch den Stromdurchgang stofflich in keiner Weise verändert wird, beobachtet man bei den wäßrigen Lösungen bei unseren Versuchen an den Kohlestäben, den „Elektroden", entweder Gasentwicklung (Wasserstoff, Chlor, Sauerstoff) oder Metallabscheidung (Kupfer beim Kupfersulfat). Daher unterscheidet man diese Lösungen als L e i t e r 2. K l a s s e von den Metallen, den Leitern 1. Klasse. Den durch das Anlegen einer Spannimg erzwungenen Stromdurchgang unter Stoffabscheidung an den Elektroden bezeichnet man als „ E l e k t r o l y s e " . Molekelgeurichte in Lösungen. In der Experimental - Vorlesung werden die Methoden besprochen, mit denen man die Molekelgewichte gelöster Stoffe bestimmen kann (z. B. durch Messung der Gefrierpunkts-Erniedrigung bzw. der Siedepunkts-Erhöhung). Untersucht man nach diesen Methoden die Molekelgewichte von solchen Lösungen, die den elektrischen Strom nicht leiten, so findet man die erwarteten Werte. P r ü f t man dagegen gut leitende Lösungen, so findet man z. B. für Natriumchlorid statt 58,5 (23 + 35,5) nur wenig mehr als 29 ( 1 / a x 58,5), für Magnesiumchlorid nur wenig mehr als 31 ( l / 3 X 94,3), oder ganz allgemein Werte, die nur 1 / 2 bis 1 / 3 so groß sind, wie man es nach der formelmäßigen Zusammensetzung der Molekeln erwarten würde. Dies ist ein zweites Kennzeichen der „Elektrolyte". Ionenlehre. Die geschilderten Erscheinungen bei den Elektrolytlösungen deutete der Schwede S v a n t e A r r h e n i u s 1887 durch die Annahme, daß die in ihnen gelösten Molekeln in kleinere Spaltstücke zerfallen seien, die elektrisch geladen sind. F ü r diese geladenen Spaltstücke benutzte er die schon von F a r a d a y stammende Bezeichnung I o n e n . So zerfällt z. B. Chlorwasserstoffgas beim Auflösen in Wasser in positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Chlorionen. Natriumchlorid bildet neben positiv geladenen Natriumionen ebenfalls Chlorionen. Aus Natriumsulfat Na 2 S0 4 entstehen positiv geladene Natriumionen und negativ geladene Sulfationen, von den ersten doppelt so viel wie von den zweiten usw. Diese Ionen sind wegen ihrer Ladimg grundsätzlich verschieden von den elektrisch ungeladenen freien Elementen. So zeigt eine Kochsalz-Lösung, die ja positiv geladene Natrium- und negativ geladene Chlor-Ionen enthält, nichts von den Eigenschaften des Natriummetalls oder des freien Chlors. Letzteres löst sich zwar auch in Wasser, aber Chlorwasser sieht gelbgrün aus, ätzt und riecht nach freiem Chlor, während eine Kochsalz-Lösung färb- und geruchlos ist. Betrachten wir n u n die Eigenschaften der Ionen im einzelnen. Man er-

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kennt das V o r z e i c h e n der L a d u n g eines Ions daran, daß das Ion bei der Elektrolyse an die Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens wandert, dort seine Ladung ausgleicht und in elektrisch nicht geladener Form in Erscheinung tritt. So wandern alle p o s i t i v geladenen Ionen (die K a t i o n e n ) zur n e g a t i v e n Elektrode (der K a t h o d e ) , die n e g a t i v geladenen A n i o n e n dementsprechend zur p o s i t i v e n Anode. An der Kathode werden z. B. die positiv geladenen Wasserstoffionen unter Aufnahme negativer Ladung zu ungeladenen Wasserstoffatomen entladen, die sich paarweise zu ebenfalls ungeladenen Wasserstoffmolekeln vereinigen. Entsprechend werden die negativ geladenen Chlorionen an der Anode entladen; es entstehen ungeladene Chlormolekeln. Die Metallatome und der Wasserstoff bilden positiv geladene Ionen; viele Nichtmetallatome, die Hydroxyl-Gruppen und die Säurereste treten als negative Ionen auf. Über die G r ö ß e d e r L a d u n g e n haben Versuche, die hier nicht im einzelnen besprochen werden können, folgendes ergeben: Mißt man die Ladung der einzelnen Ionen in der Einheit der sogenannten Elementarladung, so findet man, daß nur ganzzahlige Vielfache dieser Elementarladung vorkommen. Die Zahl dieser Ladungen ist gleich der Wertigkeit des betreffenden Atoms bzw. der Atomgruppe und wird deshalb auch „ E l e k t r o v a l e n z z a h l " genannt. Bezeichnet man eine positive Elementar-Ladung mit einem hochgestellten Plus-, eine negative mit einem Minus-Zeichen, so kommen demnach z. B. folgende Ionen vor: H+, Na+, Mg2+ (bzw. Mg++), Al 3 +; Cl-, OH-, N 0 3 - , S 2 _ , S 0 4 2 - , PO,, 3- 1). Dabei ist natürlich der Absolutwert der positiven Elementarladung gleich dem der negativen; denn die Ladungen der entgegengesetzt geladenen Ionen einer Elektrolytlösung heben sich ja gegenseitig auf, die Lösung erscheint nach außen „elektroneutral". Manche Elemente können Ionen verschiedener Ladung bilden. So gibt es z. B. Cu2+- und Cu+-Ionen, sowie Fe 3 +- und Fe 2 +-Ionen. Säuren, Basen, Salze. Die Ionenlehre gestattet, eine neue D e f i n i t i o n v o n S ä u r e n , B a s e n u n d S a l z e n zu geben: S ä u r e n bilden in wäßriger Lösung W a s s e r s t o f f i o n e n und negativ geladene S ä u r e r e s t i o n e n . Z . B . : HCl = H + + C1-; H 2 S0 4 = H+ + H S 0 4 - bzw. HS0 4 ~ = H+ + S 0 4 2 - oder H 2 S0 4 = 2H+ + S 0 4 2 - . B a s e n zerfallen in negativ geladene H y d r o x y l i o n e n und positiv geladene B a s e n r e s t i o n e n ; bei den letzteren handelt es sich vorwiegend um Metallionen. Beispiele: NaOH = Na+ + O H - ; Ca(OH)2 = Ca2+ + 2 0 H - ; NH 4 OII = NH 4 + + OH". Salze schließlich büden positiv geladene B a s e n r e s t i o n e n (meist Metallionen) und negativ geladene S ä u r e r e s t i o n2 e n : NaCl = Na+-f Cl"; CaS0 4 = Ca2+ + S 0 4 2 - ; (NH 4 ) 2 C0 3 = 2NH 4 +

+ co3 -.

Farbe der Elektrolyt-Lösungen. Weiterhin erklärt die Ionentheorie ohne weiteres die auffällige Tatsache, daß die Farbe der wäßrigen ElektrolytLösungen meist in einem sehr leicht zu übersehenden Zusammenhange mit der Art des gelösten Stoffes steht. So sind — vorausgesetzt, daß man genügend verdünnte Lösungen betrachtet — alle Lösungen von Salzen des zweiwertigen Kupfers deswegen blau, weil der färbende Bestandteil das in allen Lösungen zweiwertiger Kupfersalze vorhandene gelöste Cu 2+ -Ion (vgl. dazu auch S. 30) ist. In ähnlicher Weise sind alle gelösten Nickelsalze grün gefärbt, alle Chromate geben gelbe, alle Permanganate dunkelviolette Lösungen. Ionenreaktionen. Soeben wurde gezeigt, daß Säuren Stoffe sind, die in wäßriger Lösung H+-Ionen abspalten. Damit wird sofort verständlich, warum l ) Daneben ist noch eine andere Bezeichnungsweise in Gebrauch, bei der eine positive Ladung durch einen Punkt, eine negative durch ein Komma bezeichnet wird, also: H", Na - , Mg", AI "; Cl', OH', N0 3 ', S", S0 4 ", P 0 4 ' " .

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Elektrolytische Dissoziation; Ionenlehre

gewisse Umsetzungen von allen Säuren in gleicher Weise gegeben werden, so z. B. die Farbreaktionen mit Indikatoren und die Auflösung unedler Metalle unter Wasserstoff-Entwicklung. Ebenso versteht man, warum bestimmte Umsetzungen aller Basen untereinander gleich sind; es handelt sich um Wirkungen der OH~-Ionen. Der Vorgang der N e u t r a l i s a t i o n einer Säure mit einer Base in wäßriger Lösung besteht also nach der Ionenlehre in folgendem: Wenn die Säure (z. B. H+, CI - ) zur Base (z. B. Na+, OH - ) gegeben wird, so vereinigen sich die Wasserstoffionen mit den Hydroxylionen zu dem elektrolytisch nur minimal dissoziierten Wasser; die Säurerest- und die Baserestionen bleiben dagegen unverändert in Lösung: H+ + Cl- + Na+ + OH" = H 2 0 + Cl- + Na+ . Der einzige Stoff, der sich bei dem Neutralisations-Vorgange wirklich bildet, ist das W a s s e r , wie man besonders deutlich sieht, wenn man auf beiden Seiten der Gleichung die gleichen Summanden streicht; es bleibt dann als a l l g e m e i n e N e u t r a l i s a t i o n s g l e i c h u n g : H+ + OH" = H 2 0 . Auch die Erscheinung, daß S a l z s ä u r e und alle ihre Salze mit Silbernitrat-Lösungen die gleiche Umsetzung, nämlich eine Fällung von Silberc h l o r i d , geben, wird nun verständlich. Diese Umsetzung ist nämlich charakteristisch für das Cl _ -Ion. Statt die ausführlichen Gleichungen zu schreiben, wie: HCl + AgN0 3 = AgCl + HNO, NaCl + AgN0 3 = AgCl + NaN0 3 CaCl2 + 2AgN0 3 = 2AgCl + Ca(N0 3 ) 2 , genügt es daher zur Beschreibung aller drei Beispiele vollständig, wenn man, ähnlich wie es soeben für die Neutralisation abgeleitet wurde, nur die wirklich unter den Ionen vorgehenden Veränderungen schreibt: Cl- + Ag+ = AgCl . Daß es sich dabei tatsächlich um eine Ionenreaktion handelt, erkennt man daran, daß Chloroform (CHC13) diese Umsetzung nicht gibt. Chloroform ist (nach S. 25) ein Isolator, liefert also keine Cl~-Ionen. In ganz entsprechender Weise läßt sich der Nachweis von S c h w e f e l s ä u r e bzw. Sulfaten durch Fällung mit B a r i u m c h l o r i d - L ö s u n g durch folgende Gleichung beschreiben: Ba 2 + + S 0 4 2 - = BaS0 4 . Gleichungen, wie die eben genannten, bezeichnet man als I o n e n g l e i c h u n g e n . Sie haben vor den bisher verwendeten Summen- oder BruttoGleichungen den Vorteil, daß sie erkennen lassen, was wirklich in der Lösung vorgeht. So ersieht man z. B. aus der allgemeinen Neutralisationsgleichung: H+ + OH" = H 2 0, daß bei der Neutralisation von Natronlauge mit Salzsäure der Zustand der Na + - und Cl_-Ionen nicht verändert wird. Dagegen läßt die Ionengleichung nicht ersehen, was vorgeht, wenn man die Lösung eindampft; dann vereinigen sich die Na+- und Cl~-Ionen natürlich zu festem Chlornatrium. Dies ersieht man erst aus der Bruttogleichung. Wir werden im folgenden in der Hauptsache die bisher benutzten Bruttogleichungen weiter verwenden und nur in einzelnen Fällen auch die Ionengleichung angeben. Man ü b e sich a b e r m ö g l i c h s t o f t , die B r u t t o g l e i c h u n g e n in I o n e n g l e i c h u n g e n u m z u s c h r e i b e n . Dissoziationsgrad; starke und schwache Elektrolyts. Viele Elektrolyte sind in wäßriger Lösung praktisch vollständig in Ionen zerfallen; bei

Chemische Bindungskräfte

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anderen ist dies nicht der Fall. Man überzeuge sich davon durch folgende Versuche:

Mit der S. 25 beschriebenen Einrichtung prüfe man bei gleichem Abstand der Kohle-Elektroden wie früher die elektrische Leitfähigkeit von verdünnter Essigsäure und von Ammoniaklösung (Ammoniumhydroxyd; vgl. S. 58). Die Ausschläge des Amperemeters sind jetzt erheblich kleiner als die früher bei Natriumchlorid-, Schwefelsäure- usw. -Lösungen beobachteten. Elektrolyte, die in wäßriger Lösung nur teilweise in Ionen zerfallen, bezeichnet man als s c h w a c h im Gegensatz zu den praktisch vollständig dissoziierten s t a r k e n Elektrolyten, wie Natriumchlorid, Salzsäure, Natronlauge usw. Schwache Elektrolyte findet man insbesondere bei Säuren (z. B. Essigsäure, Blausäure, Schwefelwasserstoff) und Basen (z. B. Ammoniumhydroxyd NH 4 OH). Bei den Salzen sind schwache Elektrolyte sehr selten. Bei Elektrolytlösungen nennt man denjenigen Bruchteil aller gelösten Moleküle, der in Ionen zerfallen ist, den „ D i s s o z i a t i o n s g r a d " . Vollständiger Dissoziation entspricht also der Dissoziationsgrad 1. Anschaulicher ist es, den Dissoziationsgrad in Prozenten auszudrücken. Bei den starken Elektrolyten liegt er nahe bei 100% > bei den schwachen ist er kleiner, oft sogar sehr klein. So sind z. B. in 1 norm. Lösung in Ionen zerfallen: Salzsäure zu fast 100%, Schwefelsäure dagegen nur zu etwa 6 0 % , Phosphorsäure zu 7 % , Essigsäure zu etwa 0 , 4 % . Eine Angabe über den Dissoziationsgrad irgendeines gelösten Stoffes hat nur Sinn, wenn, wie es eben geschehen ist, gleichzeitig die Konzentration angegeben ist; denn mit steigender V e r d ü n n u n g steigt, wie wir S. 74 noch an einem Versuch sehen werden, der Dissoziationsgrad an. So erklärt sich z. B. der S. 23/24 besprochene Unterschied zwischen verdünnter und konzentrierter Schwefelsäure aus der Tatsache, daß in der verdünnten Säure vorwiegend Ionen, in der konzentrierten vorwiegend undissoziierte Molekeln vorliegen. Die Kenntnis der Stärke der Säuren und Basen ist von großer Bedeutung für das Verständnis des chemischen Verhaltens. So werden, um an dieser Stelle nur ein Beispiel zu nennen, schwache Säuren die typischen Säurereaktionen nicht so ausgeprägt zeigen wie die starken; denn diese Reaktionen beruhen ja auf der Anwesenheit von H+-Ionen. Z. B. lösen sich Metalle, wie Zink, in starken Säuren viel schneller auf als in schwachen. Weitere zahlreiche Beispiele werden wir bei der Besprechung des Massenwirkungsgesetzes kennenlernen.

Man gebe zwei gleich große Stücke von granuliertem t e c h n i s c h e m , d. h. verunreinigtem Zink (reines Zink löst sich zu langsam, vgl. auch S. 103) in 2 n-Salzsäure und 2 n-Essigsäure und vergleiche die Lösungsgeschwindigkeiten. Chemische Bindungskräfte Ionenbindung. Auch im kristallisierten Zustande sind die Salze aus positiv und negativ elektrisch geladenen Atomen aufgebaut, über deren räumliche Anordnung wir durch Beugungsversuche mit Röntgenstrahlen (v. L a u e ) in der Mehrzahl der Fälle gut unterrichtet sind (vgl. das „Kristallgitter" von Kochsalz in Fig. 13, S. 30). Allerdings leiten die festen Salze in der überwiegenden Mehrzahl den elektrischen Strom nicht, da die geladenen Atome im „Kristallgitter" ihreu.Plätze wegen der elektrostatischen Anziehung durch die entgegengesetzt

Chemische Bindungskräfte

30

geladenen Nachbaratome nicht ohne weiteres wechseln können 1 ). Diese elektrostatischen Kräfte erklären u. a. auch die Härte und den hohen Schmelzpunkt der meisten Salze. Beim Auflösen in Wasser dagegen schiebt sich Wasser zwischen die Ionen (Näheres siehe S. 95 ff.) und drängt sie gegen die elektrostatische Anziehung auseinander. Die gelösten Ionen lassen sich nun leicht von- einer Stelle an die andere bewegen; daher leiten Elektrolyt-Lösungen den Strom. Daß gelöste Ionen mit einer Hülle fest gebundener Wassermolekeln umgeben („hydratisiert") sind, erkennt man an ihrer F a r b e . So ist z. B. wasserfreies Kupfersulfat farblos; Cu2+-Ionen sind demnach farblos. Bindet Kupfersulfat dagegen Wasser, so daß das feste Hydrat CuS0 4 -5H 2 0 („Kupfervitriol") entsteht, so beobachtet man bereits die blaue Farbe, die für die wäßrigen Kupfersalz-Lösungen kennzeichnend ist. Die blaue Farbe muß also durch eine Wechselwirkung zwischen den Cu 2+ -Ionen und den an diese gebundenen Wassermolekeln zustande kommen.

Man erhitze ein Kupfersulfat-Kriställchen im Reagenzglase; es verdampft Wasser und die blaue Farbe verschwindet. Befeuchtet man das entstandene farblose Kristallpulver mit Wasser, so färbt es sich wieder blau.

«rat? Figur 13. Kochsalz-Gitter

Figur 14. Tetraeder

Allerdings muß man mit der eben benutzten Schlußweise vorsichtig sein; es ist keineswegs immer zulässig, aus der Farbe der f e s t e n Salze auf die Farbe der Ionen zu schließen. Denn ebenso gut, wie die Wechselwirkung von Cu2+-Ionen und Wasser zur blauen Farbe führt, kann auch die Wechselwirkung zwischen den Cu2+-Teilchen und den negativ geladenen Gitternachbarn zu Änderungen der Farbe führen. So ist z. B. festes Kupferchlorid CuCl2 braun, Kupferbromid CuBr 2 schwarzbraun, Kupferoxyd CuO schwarz. Auch zusammengesetzte, „ k o m p l e x e " (Näheres vgl. S.93) Ionen, wie z.B. das [S0 4 ] 2_ -Ion, können wir uns nach W. Kossei aus geladenen Teilchen auf2 -

gebaut denken 2 ):

2 -

o y-o 2 -

O

ö

2 -

0

Wegen der hohen Ladung des S-Teilchens ist hier

') Trotz des Fehlens einer merklichen Wanderungsfähigkeit der Teilchen spricht man auch bei derartigen Kristallgittern oft von „ I o n e n " , um den elektrisch geladenen Zustand zu kennzeichnen. 2 ) Dies ist zwar nicht s t r e n g richtig, aber sozusagen als stenographische Schreibweise zur angenäherten Beschreibung gewisser Eigenschaften der Verbindungen sehr nützlich. Wir bezeichnen den Ladungszustand derartig geladener Atome, die nicht als selbständige Ionen auftreten, durch darübergesetzte Plus- oder Minuszeichen.

Chemische Bindungskräfte

31

nun aber die elektrostatische Anziehung so stark, daß die einzelnen Teilchen beim Auflösen in Wasser nicht mehr voneinander getrennt werden; daher liegt die ganze Gruppe in der Lösung als eine Einheit vor. Obwohl also in diesem Falle einzelne S 6 +-Ionen nicht auftreten, ist es doch sinnvoll, gemäß der oben angegebenen Ladungsverteilung innerhalb des Komplexes dem Schwefel die Elektrovalenzzahl 6 + zuzuschreiben. Auch bei derartigen komplexen Ionen sind wir durch verschiedene physikalische Methoden über die r ä u m l i c h e L a g e r u n g der Atome innerhalb der Komplexe genau unterrichtet. So liegen z. B. beim [S0 4 ] 2 - -Ion die Sauerstoffteilchen symmetrisch an den Ecken eines Tetraeders (Fig. 14)1), in dessen 0 5+0 Mitte sich das Schwefelteilchen befindet. Auch das Phosphation 2_ P 2_ 2 2lo oJ ct° sind tetraedrisch gebaut. Dagegen bilden und das Perchloration °2-1^2o o O 4+2ein gleichseitiges Dreieck, die Sauerstoffteilchen des Carbonat-Ions ¿10 0 lo in dessen Mittelpunkt der Kohlenstoff liegt. Elektrovalenzzahl und Perioden-System der Elemente. Für die abgeleiteten Elektrovalenzzahlen gelten einfache Beziehungen zu ihrer Stellung im Perioden-System (vgl. S. 51). So ist die höchste positive Elektrovalenzzahl in der Regel gleich der Nummer der Gruppe, zu der das Element gehört 4+

5+

6+

(z. B. Na+, Ca2+, Al3+, Si, P, S).

Daneben treten oft kleinere Werte auf, «+ 1+ bevorzugt solche, die um 2 Einheiten kleiner sind (so neben S auch S, z. B. im S0 2 ). N e g a t i v e Elektrovalenzzahlen kommen nur bei den Elementen vor, die im Perioden-System 1—4 Stellen vor einem Edelgase stehen. Ihre Größe ist dabei stets gleich der Anzahl Stellen, um die das betreffende Element 23von dem Edelgase entfernt ist, z. B. Cl~, O, N. Andere Bindungsarten. Durchaus nicht in allen Verbindungen wird der Zusammenhalt der Atome durch die elektrostatische Anziehung zwischen Ionen hervorgerufen. Ganz anderer Art sind z. B. die sogenannten A t o m b i n d u n g e n , die die Atome in den Molekeln der Gase: Cl 2 , N 2 , 0 2 und in der Mehrzahl der organischen Molekeln binden. Da diese im Gegensatz zu den allseitig wirkenden elektrostatischen Kräften in ganz bestimmten Richtungen wirken, lassen sie sich treffend durch B i n d e s t r i c h e zwischen den H i Atomen, „Valenzstriche", darstellen, z. B. Cl—Cl, H—C—O —H usw. Eine i H dritte Bindungsart ( m e t a l l i s c h e B i n d u n g ) haben wir zwischen den Atomen von Metallen und Legierungen anzunehmen. Die Natur bietet uns nur selten Fälle, in denen eine dieser drei Kräfte allein in Erscheinung tritt. Im allgemeinen haben wir es mit Ü b e r g ä n g e n zwischen jenen Extremen zu tun. Dabei ist es dann oft mit gleicher Berechtigung möglich, eine Verbindung entweder mit Elektrovalenzzahlen oder mit Valenzstrichen zu formulieren. Wenn wir in dieser Einführung vielfach den ersten Weg vorziehen, so muß man sich darüber klar sein, daß dies eine gewisse Idealisierung bedeutet. 1 ) In der Zeichnung sind nur die Atomschwerpunkte angegeben. In Wirklichkeit ist die Ausdehnung der Atome so groß, daß sie sich berühren.

32

Oxydation und Reduktion Oxydation u n d Reduktion

Unter Oxydation hatten wir bisher die Zuführung von Sauerstoff oder die Wegnahme von Wasserstoff, unter Reduktion die entgegengesetzten Vorgänge verstanden. Die Ionenlehre gestattet uns, eine vertiefte und verallgemeinerte Auffassung dieser Vorgänge zu geben. In das Kölbchen der in Fig. 15 gezeichneten Apparatur bringe man W a s s e r und füge zur Verhinderung von Überhitzung einige kleine Tonscherben („Siedesteinchen") zu. In die Kugel des Kugelrohres aus schwer schmelzendem Glase (Assistent) gebe man etwas M a g n e si u m pulver. Man erhitze das Wasser zum Sieden, so daß bei A ein lebhafter Wasserdampfstrom entströmt, und erhitze dann die Kugel mit der entleuchteten Flamme stark. Bei der unter FeuerFigur 15. Umsetzung zwischen erscheinung plötzlich einsetzenden Magnesium und Wasserdampf Reaktion geht das Metall in weißes O x y d über, während bei A W a s s e r s t o f f entweicht, der sich entzündet: Mg + H 2 0 = MgO + H 2 . Bei dieser Reaktion ist also das Magnesium oxydiert, das Wasser reduziert worden. Der Versuch läßt den bereits S. 17 betonten Satz, daß Oxydation und Reduktion untrennbar miteinander verkoppelt s i n d , noch einmal besonders deutlich erkennen. Das ist allerdings nicht immer ohne weiteres zu übersehen, so z. B. bei dem folgenden Versuch: In einem Probierglase aus schwer schmelzbarem Glase (Assistent), das schräg in einem Stativ befestigt wird, wird rotes Q u e c k s i l b e r o x y d k r ä f t i g erhitzt. Es bildet sich ein Beschlag von metallischem Q u e c k s i l b e r ; ein in das Glas eingeführter glühender Holzspan (Wurstspeil) glüht hell auf, also hat sich S a u e r s t o f f gebildet: 2 H g 0 = 2Hg + 0 2 . Hier ist kein Zweifel, daß das Quecksilberoxyd reduziert worden ist, während man nicht ohne weiteres einsehen kann, was oxydiert wurde. Umgekehrt ist bei der S. 23 besprochenen Oxydation von Kohlenoxyd durch Sauerstoff nicht sofort zu sehen, was eigentlich reduziert wird. Diese Schwierigkeit verschwindet aber sofort, wenn wir folgende umfassendere Definition benutzen: O x y d a t i o n i s t die Z u n a h m e a n p o s i t i v e r oder d i e A b n a h m e an n e g a t i v e r L a d u n g , R e d u k t i o n die Z u n a h m e a n n e g a t i v e r o d e r d i e A b n a h m e an p o s i t i v e r L a d u n g 1 ) . Um l ) Da in Wirklichkeit nur negative Ladungen (Elektronen) ausgetauscht werden (Näheres in der Vorlesung!), definiert man oft auch: Oxydation ist die Abgabe, Reduktion die Aufnahme von Elektronen.

Oxydation und Reduktion

33

diese Definition allgemein anwenden zu können, bedienen wir uns der S. 29 ff. beschriebenen Auffassung der Wertigkeit als elektrischer Ladung. Freie Elemente sind dabei natürlich als ungeladen anzusehen. Demnach ergibt sich für die Reaktion zwischen Magnesium und Wasserdampf: ±0

2X1+ 2 -

2+ 2—

±0

Mg + H 2 0 = MgO + H 2 . +

An das Magnesiumatom sind also 2 positive Ladungen von 2H-Teilchen abgegeben worden, die dadurch zur ungeladenen H2-Molekel geworden sind: Das Magnesium ist oxydiert, der Wasserstoff reduziert worden. Durch diese Auffassung lassen sich nun auch für die Zersetzung des Quecksilberoxyds und ähnliche Reaktionen die Schwierigkeiten beseitigen. Wir erhalten: 2+ 2 -

±0

±0

2 H g 0 = 2Hg + 0 2 und sehen also, daß das Quecksilber reduziert, der Sauerstoff oxydiert worden ist. Die neue Definition hat ferner den großen Vorteil, daß sie auch solche Reaktionen einschließt, bei denen Sauerstoff oder Wasserstoff gar nicht mitwirken, so z. B. die S. 19 beschriebene Einwirkung von Chlorgas auf Kaliumbromid und -Jodid. Die Gleichung: 2KBr -f Cl2 = 2 KCl + Br2 wird zur Ionengleichung: ±o

±o

2Br- + Cl2 = 2C1- + Br2 . Hier ist also das Brom oxydiert, das Chlor reduziert worden. Eine andere Oxydationsreaktion lernten wir bei der Darstellung des Chlors kennen. Wir haben dort die Einwirkung von Braunstein auf Salzsäure bereits S. 16 in Teilreaktionen zerlegt. Besser als die dort gegebene Aufteilung ist die nachstehende: 1. Mn0 2 + 4 HCl = MnCl4 + 2HaO , 2. Mn4+ + 4C1~ = Mn2+ + 2C1~ + Cl2 . Reaktion 1. ist eine reine Neutralisation; die Oxydation-Reduktion wird durch 2. dargestellt: das Mn4+ geht in Mn2+ über, es wird also reduziert; dafür werden zwei von den vier C1 "-Ionen in eine neutrale Chlor-Molekel übergeführt, also oxydiert. Die Einwirkung eines Metalls wie Zink auf irgendeine v e r d ü n n t e Säure — gleichgültig ob Salzsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure oder ähnliche — wird durch die Gleichung: 3:0

3:0

Zn + 2H+ = Zn2+ + H2 dargestellt. Auch hier liegt also eine Oxydations-Reduktionswirkung vor: Das Zink ist oxydiert, die H+-Ionen sind reduziert worden. Liegt dagegen konzentrierte, d. h. nahezu wasserfreie Schwefelsäure vor, so sind freie H+-Ionen in nennenswerter Konzentration nicht vorhanden (vgl. S. 29), die eben genannte Reaktion tritt daher nicht ein. Dagegen kommt nun zur Geltung, daß die undissoziierte H2S04-Molekel im Gegensatz zum [S0 4 ] 2- -Ion ein recht starkes Oxydationsmittel ist; es reagiert daher das Zink-Metall mit der H2S04-Molekel nach der Gleichung: Zn + 2H 2 S0 4 = ZnS0 4 + 2H 2 0 + S 0 2 . B i l t z , Einführung. 21. Aufl.

3

Schweflige Säure

34

Diese können wir uns wieder in 2 Teilgleichungen zerlegen1): ± 0

G+

2+

4+

1. Zn + H2SO„ = ZnO + S0 2 + H 2 0 (Oxydation-Reduktion) 2. ZnO + H 2 S0 4 = ZnS0 4 + H 2 0 (Neutralisation) aus deren Addition — wobei sich das ZnO heraushebt! — sich die obige ±o Gleichung ergibt. Gleichung 1. zeigt, daß hier an das Zn zwei positive 6+ 4+ Ladungen vom S abgegeben sind, das dadurch zum S geworden ist. Wollen wir die Bildung von neutralem Schwefel bzw. Schwefelwasserstoff bei dieser Reaktion formulieren, so müssen wir bedenken, daß dazu pro Schwefel-Atom 6 bzw. 8 positive Ladungen abgegeben werden müssen, 6+

±0

2-

um von S zum S bzw. S zu kommen; wir müssen daher 3 bzw. 4Zn mit 1H 2 S0 4 reagieren lassen, denn jedes Zink-Atom nimmt ja 2 positive Ladungen auf. Man erhält so: ±o «+ 2+ TO 3Zn + H 2 S0 4 = 3 ZnO + S + H 2 0 bzw. ±0

8+

2+

2-

4Zn + H 2 S0 4 = 4 ZnO + H 2 S . Daran schließt sich dann jedesmal die Neutralisation des Zinkoxyds. Um O x y d a t i o n s - R e d u k t i o n s - G l e i c h u n g e n s o f o r t o h n e l a n g e s P r o b i e r e n r i c h t i g a n z u s e t z e n , b e a c h t e m a n , d a ß s t e t s s o v i e l posit i v e L a d u n g e n , wie v o m O x y d a t i o n s m i t t e l a b g e g e b e n w e r d e n , v o m R e d u k t i o n s m i t t e l a u f g e n o m m e n w e r d e n . Wenn also ein Oxy6+ 2+ dationsmittel von A auf A übergeht, also 3 positive Ladungen abgibt, ein 2-

=to

Reduktionsmittel dagegen von B zu B oxydiert wird, also 2 positive Ladungen aufnimmt, so müssen 2A mit 3B reagieren usw. S c h w e f l i g e Säure S c h w e f e l d i o x y d S0 2 entsteht u.a. beim Verbrennen von Schwefel. Beim Auflösen des Gases in Wasser entsteht die s c h w e f l i g e S ä u r e H 2 S0 3 . In dieser sind die Bestandteile nicht sehr fest gebunden, beim Erhitzen verflüchtigt sich das Anhydrid S0 2 allmählich wieder vollständig. Schweflige Säure ist ein kräftiges R e d u k t i o n s m i t t e l , da sie das Bestreben hat, unter Sauerstoffaufnahme in Schwefelsäure überzugehen. Schweiligsäure-Lösung, die lange gestanden hat, zeigt die H 2 S0 3 -Reaktionen nur noch schwach, weil sie, soweit sie nicht überhaupt als Schwefeldioxyd verflüchtigt ist, durch den Luftsauerstoff zu Schwefelsäure oxydiert worden ist. Unter dem Abzüge entzünde m a n auf einem Porzellan-Tiegeldeckel ein Stückchen Schwefel. Der Schwefel verbrennt mit blauer Flamme. D a s gebildete S c h w e f e l d i o x y d entweicht als farbloses Gas v o n charakteristischem, stechendem Geruch. U m Schwefeldioxyd im Laboratorium im größeren Maßstabe herzustellen, kann m a n K u p f e r auf heiße konzentrierte Schwefelsäure einwirken lassen. Man bringe in den zur Darstellung v o n Chlorwasser schon benutzten kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 11) einige Stückchen Kupferblech zu 5—10 ccm konzentrierter Schwefel*) Man beachte, daß in diesen Gleichungen die Ladungen nur bei den Atomen angegeben sind, bei denen sie für die Umsetzung von Bedeutung sind!

Salpeteräure

35

säure und erhitze in der beschriebenen Weise, vermeide aber sorgfältig ein Zurücksteigen des vorgelegten Wassers, da es auf die heiße Schwefelsäure explosionsartig einwirken würde 1 ). Man erhält im vorgelegten Probierglase eine wäßrige Lösung von s c h w e f l i g e r S ä u r e H 2 S0 3 . Man erhitze einen Teil dieser Lösung; es entweicht Schwefeldioxyd-Gas, das am Geruch leicht zu erkennen ist. Vielfach stellt man Schwefeldioxyd auch durch Einwirkung von Salzsäure auf eine starke Lösung von s a u r e m N a t r i u m s u l f i t N a H S 0 3 („Bisulfitlauge") her: N a H S 0 3 + HCl = NaCl + H 2 0 + S 0 2 . Man führe den Versuch im Probierglase aus, gebe aber die verdünnte Salzsäure nur tropfenweise aus einem zweiten Probierglase (vgl. S. 6) zu. Um die R e d u k t i o n s w i r k u n g der schwefligen Säure zu erproben, mache man mit der soeben hergestellten SchwefligsäureLösung folgende Versuche: J o d - sowie Brom-Lösung werden entfärbt. J 2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = 2 H J + H 2 S0 4 bzw. ±0

4+

6+

j 2 + [SOJ»- + H 2 0 = 2 J - + [SOJ2- + 2H+. Man gieße zu etwas M e r c u r i c h l o r i d - L ö s u n g drei bis vier Raumteile Schwefligsäure-Lösung. Beim Erwärmen fällt aus der zunächst klaren Mischung langsam weißes M e r c u r o c h l o r i d aus, das sich später infolge weiterer Reduktion zu Q u e c k s i l b e r meist grau färbt. 2HgCl 2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = Hg 2 Cl 2 + H 2 S 0 4 + 2 HCl Hg2Cl2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = 2 Hg + H 2 S 0 4 + 2HC1 b z W

-

4+

±0

6+

[Hg2]2+ + [S0 3 ] 2 - + H 2 0 = 2 Hg + [SOJ*- + 2 H + . Salpetersäure Salpetersäure HN0 3 ist eine farblose Flüssigkeit, die sich am Lichte unter geringer Zersetzung gelb färbt. Die konzentrierte Salpetersäure des Laboratoriums ist etwa 66-proz., die „verdünnte" etwa 10-proz., die „2 norm." 11,8-proz. Die „rauchende Salpetersäure" enthält über 95% HN0 3 ; sie ist durch einen Gehalt an Stickstoffdioxyd N 0 2 gelbbraun gefärbt. Wasserfreie Salpetersäure siedet bei etwa 86° unter schwacher Zersetzung. Sie wird durch Erhitzen von Nitraten (z. B. Natriumnitrat NaN0 3 ) mit konzentrierter Schwefelsäure unter vermindertem Druck dargestellt, wobei sie überdestilliert. Es ist gut, zur Sicherheit eine leere sogenannte „Waschflasche" (Assistent!) so zwischen zu schalten, daß das Gas in das kurze Rohr ein-, aus dem langen austritt! 3*

Salpetersäure

36

Konzentrierte Salpetersäure ist ein sehr aggressiver Stoff. Viele Farbstoffe werden durch sie entfärbt, Papier wird unter Gelbfärbung gelöst, Holz und Kork werden sofort intensiv gelb gefärbt und bald zerstört, ebenso die Haut. Auf Kleidern erzeugt Salpetersäure gewöhnlich dunkelgelbe Flecke, die nicht mehr zu entfernen sind -und später meist Löcher geben. Beim A r b e i t e n m i t S a l p e t e r s ä u r e ist also g r o ß e V o r s i c h t n ö t i g . Das Verhalten von Salpetersäure gegenüber M e t a l l e n ist je nach den Versuchsbedingungen verschieden. 1. Bei k o n z e n t r i e r t e r Säure und höheren Temperaturen reagieren ähnlich wie bei konzentrierter Schwefelsäure nur die undissoziierten HNO s Molekeln; diese werden dabei zu dem braunen S t i c k s t o f f d i o x y d reduziert. Da sich in diesem Falle die Elektrovalenz des Stickstoffs von fünf auf vier erniedrigt, ist dieser Vorgang folgendermaßen zu formulieren: Zn + 2HN0 3 = ZnO + 2 N 0 2 + H 2 0 Oxydation-Reduktion ZnO + 2 H N 0 3 = Zn(NQ3)2 + H 2 Q Neutralisation Zn + 4HN0 3 = Zn(N0 3 ) 2 + 2 N 0 2 + 2 H 2 0 . 2. Auch bei h a l b k o n z e n t r i e r t e r Säure und niedrigeren Temperaturen sind im wesentlichen die HN0 3 -Moleküle wirksam; in diesem Falle entsteht aber in der Hauptsache das farblose S t i c k o x y d NO. Die Elektrovalenz des Stickstoffs ändert sich hier von 5 + auf 2 + : ±0

5+

2+

2+

3Zn + 2HN0 3 = 3ZnO + 2NO + H 2 0 Oxydation-Reduktion 3 ZnO + 6HNQ 3 = 3Zn(N0 3 ) 2 + 3H 2 Q Neutralisation 3Zn + 8HN0 3 = 3Zn(N0 3 ) 2 + 2NO + 4 H 2 0 . Unter den unter 1. und 2. beschriebenen Bedingungen, bei denen die HN0 3 Molekeln wirksam sind, ist Salpetersäure ein s e h r s t a r k e s O x y d a t i o n s m i t t e l ; sie löst dann auch Metalle wie Kupfer oder Silber, die von Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure nicht gelöst werden. 3. V e r d ü n n t m a n Salpetersäure s e h r s t a r k , so sind fast gar keine HN0 3 -Molekeln mehr vorhanden, sondern nur H+- und N0 3 ~-Ionen. In diesem Falle reagiert Salpetersäure genau so wie verdünnte Salz- oder Schwefelsäure; es wird W a s s e r s t o f f frei: Zn + 2H+ = Zn 2 + + H 2 . Diese Umsetzung ist, ebenso wie die folgende, nur mit verhältnismäßig unedlen Metallen möglich. 4. In a l k a l i s c h e r Lösung kann die reduzierende Wirkung von Metallen nur am N0 3 ~-Ion angreifen; es bildet sich dann A m m o n i a k NH 3 , wobei die Elektrovalenz des Stickstoffs von 5 + auf 3— sinkt: ±0

5+

2+

3—

4Zn + LN0 3 ]- + 2 H 2 0 = 4ZnO + NH 3 + O H - . Im Falle 4 löst sich dann das Zinkoxyd nach einer Umsetzung, die wir S. 104 kennenlernen werden. Eine Reihe von Metallen (z. B. Gold, Platin), die sich in Salpetersäure allein nicht lösen, können durch ein Gemisch von Salpetersäure und Salzsäure, das sogenannte „ K ö n i g s w a s s e r " , in Lösung gebracht werden. In diesem Falle kommt zu der oxydierenden Wirkung der Salpetersäure noch die Fähigkeit der Salzsäure, mit den entstandenen Metallionen besonders stabile Verbindungen wie H[AuCl4] und H 2 [PtCl 6 ], sogenannte „Komplexverbindungen" (vgl. dazu S. 93 ff.), zu bilden. Das A n h y d r i d der Salpetersäure N 2 0 6 ist ein sehr unbeständiger Stoff, der sich nur schwierig rein darstellen läßt. Wichtiger ist das S t i c k s t o f f -

Salpetersäure

37

d i o x y d NOj. Dieses ist ein Gas, das bei nicht zu hohen Temperaturen neben den braunen N0 2 - auch fast farblose N 2 0 4 -Molekeln enthält. Man erhält es in reiner Form am einfachsten durch Erhitzen von Bleinitrat, das dabei nach der Gleichung 2Pb(N0 3 ) 2 = 2PbO + 4 N 0 2 + 0 2 zerfällt-. In ähnlicher Weise zersetzen sich alle Nitrate von zwei- und dreiwertigen Elementen. Die A l k a l i n i t r a t e dagegen bilden beim Erhitzen N i t r i t e , z. B. K N 0 2 (vgl. S. 160); A m m o n i u m n i t r a t gibt S t i c k o x y d u l N z O (vgl. S 60). Die U m s e t z u n g v o n S t i c k s t o f f d i o x y d m i t W a s s e r führt nicht unter einfacher Wasseranlagerung zu einer Säure des vierwertigen Stickstoffs, sondern unter Wertigkeitsänderung zu zwei Spaltstücken, von denen das eine h ö h e r - , das andere n i e d e r e r wertigen Stickstoff enthält: 3 N 0 2 + H 2 0 = 2 H N 0 3 + NO . Das entstehende farblose S t i c k o x y d NO löst sich nicht in Wasser. Ist aber Sauerstoff zugegen, so wird Stickoxyd sofort zu Stickstoffdioxyd oxydiert, das dann in gleicher Weise weiterreagiert. Eine Reaktion, wie die eben beschriebene, bei der eine Verbindung eines Elementes in mittlerer Wertigkeitsstufe zum Teil in eine höhere, zum Teil in eine niedrigere Stufe übergeht, nennen wir D i s p r o p o r t i o n i e r u n g . Auch mit L a u g e n erleidet das Stickstoffdioxyd eine Disproportionierung, die aber neben Nitrat zu N i t r i t führt: 2 N 0 2 + 2NaOH = NaNO, + NaNO, + H 2 0 . Da a l l e S t i c k o x y d e g i f t i g s i n d , f ü h r e m a n die V e r s u c h e u n t e r dem Abzüge aus.

In einem Probierglase übergieße man etwas K a l i u m n i t r a t („Salpeter") eben mit konzentrierter Schwefelsäure und erwärme. Salpetersäure destilliert in den oberen Teil des Probierrohres, verdichtet sich an den Wänden und rinnt an ihnen herab. Etwa 1 ccm Wasser werde mit einigen Tropfen Indigo-Lösung dunkelblau gefärbt. Die Mischung werde mit einem Tropfen verdünnter Salpetersäure versetzt. Gibt man jetzt reichlich 1 / 2 ccm konzentrierte Schwefelsäure zu, so erwärmt sich die Mischung etwas und färbt sich unter Zerstörung des Indigo-Farbstoffes gelb. Im folgenden werden einige Versuche beschrieben, die den Unterschied der Wirkungsweise der Salpetersäure (bzw. des Nitrations) mit wechselnder Konzentration bzw. bei saurer und alkalischer Reaktion erkennen lassen. Die Ziffern beziehen sich auf die vier Fälle, die in den klein gedruckten Vorbemerkungen besprochen wurden. 1. a) In ein Probierglas gebe man zu 1—2 ccm k o n z e n t r i e r t e r Salpetersäure 1—2 Zinkgranalien. Es tritt heftige Entwicklung von rotbraunen S t i c k s t o f f d i o x y d d ä m p f e n ein. Nachdem man dies beobachtet hat, bremse man die Reaktion durch Verdünnen mit viel Wasser. b) In einem Probierglase werde etwas Zinnfolie ebenfalls mit k o n z e n t r i e r t e r Salpetersäure unter Bewegen des Glases mäßig

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Salpetersäure

erwärmt. Das Zinn wird dabei zu weißem Z i n n d i o x y d Sn0 2 oxydiert, das ungelöst bleibt. Dabei entstehen ebenfalls rotbraune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x y d . 2. a) Man verdünne in einem Probierglase etwas konzentrierte Salpetersäure mit etwas mehr als dem gleichen Volumen Wasser, gebe v einige Zinkgranalien zu und erwärme. Die sich entwickelnden Gase sind im Gegensatz zu dem Versuch l a nur schwach braun gefärbt; es entsteht ein G e m i s c h v o n v i e l S t i c k o x y d m i t e t w a s Stick stoffdioxyd. b) Noch besser erkennt man dies aus folgendem Versuch. Man entwickle in der in Fig. 16 abgebildeten Apparatur aus K u p f e r und konzentrierter Salpetersäure, die mit 2 Teilen Wasser versetzt ist, Stickoxyde. Nachdem die Luft verdrängt ist, stülpe man über die Öffnung des Gasentbindungsrohres ein mit Wasser gefülltes Probierglas. Dabei beobachtet man im Kolben mehr oder weniger rotbraune Dämpfe, die ein Gemisch von Stickoxyd und Stickstoffdioxyd darstellen. Beim Durchgang durch das Wasser reagiert nun das letztere Figur 16. Pneumatische Wanne unter Bildung von Salpeter r säure und Stickoxyd, so daß das im Probierglase aufgefangene Gas nur aus farblosem S t i c k o x y d besteht. Hebt man nun das Probierglas aus dem Wasser heraus, so färbt sich der Inhalt von der Mündung her schnell braun, weil sich das Stickoxyd mit dem Luftsauerstoff zu Stickstoffdioxyd (bzw. z. T. zu Stickstofftetroxyd) umsetzt. 2 NO + 0 2 = 2 N 0 2 . 2 N 0 2 = N 220 44 . • 3. I n einem Probierglase verdünne man etwas v e r d ü n n t e Salpetersäure auf das Doppelte, setze einige Zinkgranalien zu und erwärme. Es entwickelt sich ein farbloses Gas, das auch bei Luftzutritt an der Mündung des Reagenzglases sich nicht braun färbt; es besteht aus W a s s e r s t o f f . 4. I n einem Probierglase werden etwa 6 Tropfen verdünnter Salpetersäure mit 2 ccm Natronlauge und einer Messerspitze Z i n k staub zum Kochen erhitzt. I n die Dämpfe werde ein Streifen

Kohlendioxyd und Kohlensäure

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feuchtes rotes Lackmuspapier so gehalten, daß er die Wände nicht berührt; er bläut sich bald durch Einwirkung des entwickelten Ammoniakgases. Oft ist auch der Ammoniakgeruch deutlich wahrzunehmen. Man erhitze etwas festes B l e i n i t r a t im Glühröhrchen. Es entweichen braune Dämpfe von S t i c k s t o f f d i o x y d . Man erhitze etwas K a l i u m n i t r a t im Probierglase. Es schmilzt zunächst und gibt bei weiterer Steigerung der Temperatur ein farbloses Gas ab, das durch einen glühenden Wurstspeil als S a u e r s t o f f erkannt werden kann. F a r b r e a k t i o n e n : E i n Tropfen verdünnter Salpetersäure werde mit 2 ccm Wasser in einem Probierglase verdünnt und mit etwa 2 ccm einer frisch bereiteten, starken Lösung von F e r r o s u l f a t versetzt. Dann lasse man bei schräg gehaltenem Glase vorsichtig an der Glaswand entlang etwa 1 ccm konzentrierte Schwefelsäure zufließen. Man erhält an der Grenze der beiden Flüssigkeitsschichten eine b r a u n e Zone. Die Erscheinung beruht auf folgenden Vorgängen: Die Salpetersäure wird durch das Ferrosulfat zu S t i c k o x y d reduziert, wobei sich Ferrisulfat bildet. Das Stickoxyd liefert mit überschüssigem Ferrosulfat ein tief dunkelbraun gefärbtes, wasserlösliches Anlagerungsprodukt: 2+

6+

2X3+

2+

6FeS0 4 + 2HN0 3 + 3H 2 S0 4 = 3 Fe 2 (S0 4 ) 3 + 2NO + 4 H 2 0 NO + r e S 0 4 = F e S 0 4 N 0 . Die erste dieser Gleichungen ist leichter als Ionengleichung zu übersehen: 3Fe 2 + + [NOJ- + 4H+ = 3Fe 8 + + NO + 2 H 2 0 .

Benutzt man an Stelle von Ferrosulfat wenig D i p h e n y l a m i n salz und verfährt im übrigen genau so wie oben, so erhält man an der Trennungsfläche eine t i e f b l a u e Färbung. Diese beiden Reaktionen sind aber nicht nur für Salpetersäure charakteristisch, sondern werden auch von salpetriger Säure (vgl. S. 161) gegeben. Die Diphenylaminsalz-Reaktion ist so empfindlich, daß schon die geringen Spuren von Salpetersäure und salpetriger Säure, die manchmal in konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind, ihr Eintreten veranlassen können.

Man überzeuge sich durch einen „blinden Versuch", d. h. einen in gleicher Weise, aber ohne Zusatz von Salpetersäure angestellten Versuch von der Brauchbarkeit der Schwefelsäure. Für den Nachweis von Salpetersäure in der qualitativen Analyse eignet sich besonders die Probe mit Ferrosulfat. Kohlendioxyd und Kohlensäure K o h l e n d i o x y d C0 2 ist ein farbloses Gas. Es entsteht beim Verbrennen von Kohlenstoff, bei der Zersetzung organischer Stoffe, im lebenden Organismus (die ausgeatmete Luft enthält Kohlendioxyd), ferner bei der Einwirkung von Säuren auf Carbonate.

40

Kohlendioxyd und Kohlensäure

1 Raumteil Wasser löst bei Zimmertemperatur etwa 1 Raumteil Kohlendioxyd von Atmosphärendruck. In dieser Lösung liegt der größte Teil des Kohlendioxyds im wesentlichen unverändert, „physikalisch" gelöst, vor; nur ein kleiner Teil verbindet sich ehemisch mit Wasser zu H 2 C0 3 , K o h l e n s ä u r e . Dieser Anteil ist weitgehend in Ionen gespalten, Kohlensäure ist also eigentlich eine ziemlich starke Säure; weil aber daneben die große Menge nur „physikalisch" gelösten Kohlendioxyds C0 2 vorhanden ist, der natürlich keine H+-Ionen liefern kann, wirkt eine wäßrige Lösung von Kohlendioxyd nur sehr schwach sauer. Wegen dieses Sachverhalts ist reine Kohlensäure H 2 C0 3 nicht bekannt, sondern nur verdünnte wäßrige Lösungen von ihr. Bei dem Versuch, sie in konzentrierter Form darzustellen, zerfällt sie wieder: H 2 C0 3 = C0 2 + H 2 0 . Da sich die Kohlensäure demnach wie eine schwache Säure verhält, bildet sie n e u t r a l e Salze („Carbonate") nur mit den stark basischen Metallen; genannt seien: Natriumcarbonat („Soda") Na 2 C0 3 , Kaliumcarbonat („Pottasche") K 2 C0 3 ; Calciumcarbonat („Kalkstein", „Kreide", „Marmor") CaC0 3 . Diese neutralen Carbonate sind mit Ausnahme der Alkalimetallcarbonate und des Ammoniumcarbonats in Wasser schwer löslich. Mit den schwächer basischen Metallen entstehen in Gegenwart von Wasser b a s i s c h e Salze, während die am schwächsten basischen Metalle, so die meisten drei- und höherwertigen Metalle, überhaupt keine Carbonate bilden. Wichtig sind die s a u r e n Salze der Kohlensäure; man nennt sie „ B i c a r b o n a t e " , weil in ihnen pro Äquivalent Base die doppelte Menge Säure enthalten ist: z. B. NaHC0 3 , Ca(HC0 3 ) 2 . Das letztgenannte Salz ist im Gegensatz zum neutralen Carbonat CaC0 3 in Wasser verhältnismäßig leicht löslich, aber nur bei einem gewissem Kohlensäureüberschuß in der Lösung beständig. Kocht man die Lösung, so entweicht Kohlendioxyd und das neutrale Carbonat fällt aus: Ca(HC0 3 ) 2 = CaC0 3 + H 2 0 + C 0 2 . Ganz ebenso verhält sich die Magnesiumverbindung. Im Fluß- und Quellwasser sind Calcium und Magnesium zum Teil als Bicarbonate gelöst enthalten und fallen beim Stehenlassen oder Aufkochen des Wassers aus (Kesselschlamm). Auch f e s t e s Natriumbicarbonat gibt schon beim gelinden Erhitzen Kohlendioxyd und Wasser ab: 2NaHC0 3 = Na 2 C0 3 + H 2 0 + C 0 2 . Eine Spatelspitze C a l c i u m c a r b o n a t werde im Probierglase mit verdünnter Salzsäure Übergossen. Unter starkem Aufschäumen entweicht K o h l e n d i o x y d . Ein in das Glas hineingehaltenes Stück feuchtes Lackmuspapier wird rot. Ein brennender Wurstspeil erlischt. In dem kleinen Gasentwicklungsapparate (Fig. 11, S. 18) werde ein Stückchen M a r m o r m i t Salzsäure Übergossen; der Kork werde schnell aufgesetzt und das entweichende Gas in ein Probierrohr geleitet, auf dessen Boden sich etwa 1 ccm Natronlauge befindet, so daß das Glasrohr in diese nicht eintaucht. N a c h einer Minute etwa werde das Probierglas v o n dem Gasentwicklungsapparate entfernt, schnell mit dem D a u m e n verschlossen und tüchtig geschüttelt. Beim Wegnehmen des Daumens merkt man einen Widerstand u n d hört Luft in das Glas treten; das Kohlendioxyd ist beim Schütteln

Kohlendioxyd und Kohlensäure

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von der Natronlauge absorbiert worden, wobei sich Natriumcarbonat gebildet hat. 2NaOH + C0 2 = Na 2 C0 3 + H 2 0 . Jetzt werde das Gasableitungsrohr des Apparates abgespült, die Kohlendioxydentwicklung im Kölbchen durch Zugabe von etwas Salzsäure wieder in Gang gebracht und das Ableitungsrohr in ein neues Probierglas getaucht, das zum Drittel mit stark verdünntem K a l k w a s s e r gefüllt ist. Es entsteht ein flockiger Niederschlag von Calciumcarbonat, der sich bei längerem Einleiten als saures Carbonat Ca(HC0 3 ) 2 löst. Ca(OH)2 + C0 2 = CaC0 3 + H 2 0 CaC0 3 + H 2 0 + C0 2 = Ca(HC0 3 ) 2 . Kocht man diese Lösung einige Zeit, so trübt sie sich wieder unter Ausscheidung von Calciumcarbonat CaC0 3 . Man erhitze in einem mit Gasentbindungsrohr versehenen Glasrohre etwas N a t r i u m b i c a r b o n a t ganz gelinde und weise das gebildete Kohlendioxyd durch die Einwirkung auf Kalkwasser nach. Zum N a c h w e i s e kleiner Mengen Kohlendioxyd benutzt man die eben beschriebene Einwirkung auf Kalkwasser, verändert aber diesen Versuch so, daß man die zu prüfende Substanz (eine stecknadelkopfgroße Menge Natriumcarbonat oder Kreide) in ein Probierglas bringt und einen Tropfen verdünnter Salzsäure zugibt, worauf Kohlendioxyd unter schwachem Aufbrausen entweicht. Nun wird ein Glasstab, an dessen Ende ein Tropfen Kalkwasser oder besser Barytwasser (Ba(OH) 2 ) hängt, senkrecht vorsichtig in das Probierglas so eingeführt, daß er die Wände nicht berührt. Zweckmäßig läßt man ihn, wie Fig. 17 zeigt, an dem Zeigefinger der linken Hand hinabgleiten, wodurch eine ruhige Führung des Glasstabes erreicht wird. Wenn der Stab tief genug eingetaucht ist, kommt der Tropfen in die kohlendioxydhaltige Luftschicht und trübt sich. Dies ist eine empfindliche Probe auf Kohlendioxyd. Um das in der a u s g e a t m e t e n L u f t enthaltene Kohlendioxyd nachzuweisen, blase man die Ausatmungsluft zwei- bis dreimal langsam mit einem Glasrohre durch ein zu zwei Dritteln mit Barytwasser gefülltes Probierglas.

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Schwefelwasserstoff

K o h l e n d i o x y d ist schwerer als atmosphärische Luft. Man entwickele in einem Probierglase aus Natriumcarbonat und Salzsäure etwas Kohlendioxyd und gieße dieses Gas, als ob es eine Flüssigkeit sei, langsam in ein zweites Probierglas. Dann weise man in letzterem das Kohlendioxyd mit dem Barytwassertropfen nach. Schwefelwasserstoff S c h w e f e l w a s s e r s t o f f H 2 S ist ein farbloses, unangenehm riechendes, giftiges Gas, das mit blauer Flamme zu Schwefeldioxyd verbrennt. 2H 2 S + 3 0 2 = 2 H 2 0 + 2 S 0 2 . Schwefelwasserstoff ist in Wasser etwas löslich; die konzentrierte Lösimg, „Schwefelwasserstoff wasser", enthält etwa 0,5°/0 Schwefelwasserstoff, ist also etwas stärker als 0,1 molar. Die Lösung reagiert schwach s a u e r , weil ein geringer Teil des gelösten Schwefelwasserstoffs in die Ionen: H+, H S - und ganz untergeordnet S 2 ~ zerfällt. Schwefelwasserstoffsäure ist also eine schwache Säure. Als sauerstofffreie Säure kann sie — ebenso wie die Salzsäure — ein Anhydrid nicht bilden. Schwefelwasserstoff ist ein R e d u k t i o n s m i t t e l . Bei seiner Oxydation geht der zweifach negative Schwefel in den elementaren, ungeladenen Zustand über. Sämtliche Metalle lassen sich mit Schwefel zu den S u l f i d e n verbinden. Diese können als Salze der Schwefelwasserstoffsäure aufgefaßt werden; andererseits zeigen sie manche Beziehung zu den Oxyden (Schwefel steht im Perioden-System unter dem Sauerstoff!). Die Sulfide einiger S c h w e r m e t a l l e , z. B. von Kupfer, Blei, Quecksilber, Zinn, können durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff wasser auf die Lösungen von Salzen dieser Metalle hergestellt werden; dabei scheiden sich die in Wasser schwer löslichen Sulfide in fester Form aus, während die Säure des angewandten Salzes in Freiheit gesetzt wird, z. B.: CuS0 4 + H 2 S = CuS + H 2 S0 4 . Auf Grund der verschiedenen Löslichkeit ihrer Sulfide lassen sich die Metalle in verschiedene Gruppen scheiden, wovon man in der analytischen Chemie Gebrauch macht (vgl. dazu S. 138). Beim Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in Ammoniak-Lösung bis zur Sättigung bildet sich Ammoniumbisulfid, das sauere Ammoniumsalz der Schwefelwasserstoffsäure. Wird zu der Ammoniumbisulfid-Lösung noch einmal die gleiche Menge Ammoniak-Lösung gesetzt, wie mit dem Schwefelwasserstoff gesättigt wurde, so entsteht die Lösung des neutralen A m m o n i u m sulfids. NH 3 + H 2 S = NH 4 SH NH 4 SH + NH 3 = (NH4)2S . Die zunächst farblose Ammoniumsulfid-Lösung wird an der Luft durch Oxydation bald gelb, indem sich „ P o l y s u l f i d e " des Ammoniums bilden, d. h. Salze der Säuren H 2 S 2 , H 2 S 3 usw. 2- ±0 2±o 2(NH 4 ) 2 S + 0 2 = 4NH 3 + 2H¡¡0 + 2 S (NH4)2S + S = (NH4)2S2 bzw. (NH 4 ) 2 S + 2S = (NH 4 ) 2 S 3 usw. Ammoniumsulfid-Lösung ist unter dem Namen „ S c h w e f e l a m m o n i u m " ein wichtiges Reagens. Ammoniumsulfid fällt außer den meisten auch durch

Schwefelwasserstoff

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Schwefelwasserstoff ausfällbaren Metallen noch manche andere Schwermetalle als Sulfide, so z. B. Eisen. PeS0 4 + (NH4)2S = FeS + (NH 4 ) 2 S0 4 . Beim Schmelzen eines beliebigen schwefelhaltigen Stoffes mit N a t r i u m c a r b o n a t und Kohle entsteht — wenn nötig, unter dem reduzierenden Einflüsse der Kohle — N a t r i u m s u l f i d . CuS04 + Na 2 C0 3 = CuO + C0 2 + Na 2 S0 4 6+ ±0 2— 2+ Na 2 S0 4 + 4C = Na 2 S + 4CO . Auf dieser Umsetzung beruht die wichtige „Hepar"-Reaktion für den Nachweis von Schwefel in beliebigen Verbindungen. Alle Arbeiten mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f und A m m o n i u m s u l f i d sind unter dem Abzüge oder im S c h w e f e l w a s s e r s t o f f r a u m e vorzunehmen.

In den kleinen Gasentwicklungsapparat (Fig. 11, S. 18) werden etwa fünf erbsengroße Stücke S c h w e f e l e i s e n gegeben und mit etwas verdünnter Salzsäure eben Übergossen; zweckmäßig gibt man ein wenig konzentrierte Salzsäure hinzu und erwärmt, wenn nötig, so lange, bis die Gasentwicklung in Gang kommt. FeS + 2HCl = FeCl 2 + H 2 S . Das entweichende Gas werde zuerst in etwas Wasser ( 1 / 3 Probierglas voll) geleitet. Nach einiger Zeit werde ein zweites Probierglas, das zu einem Fünftel mit Ammoniak-Lösung gefüllt ist, vorgelegt. Zuletzt werde das Gas, nachdem das Ableitungsrohr abgetrocknet ist, in ein drittes Probierglas geleitet, in dem einige Kubikzentimeter konzentrierter Schwefelsäure enthalten sind. Im ersten Glase bildet sich S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - W a s s e r , im zweiten A m m o n i u m sulfid-Lösung. Im dritten scheidet sich ein feiner weißlicher Niederschlag von S c h w e f e l ab, dessen Entstehen sich dadurch erklärt, daß der sechsfach positiv geladene Schwefel der Schwefelsäure durch den doppelt negativ geladenen Schwefel des Schwefelwasserstoffs reduziert wird, wobei beide in elementaren, d. h. ungeladenen Schwefel übergehen: 6+ 2_ ±0 H2S04 + 3H2S = 4 H 2 0 + 4 S . Schwefelwasserstoff kann also nicht mit Schwefelsäure getrocknet werden! Man versetze einige Tropfen alkoholischer J o d - L ö s u n g mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - W a s s e r . Unter R e d u k t i o n des Jods zu Jodwasserstoff tritt Entfärbung und eine milchige Trübung durch abgeschiedenen Schwefel ein. 2-

± 0

1-

± 0

H2S + J 2 = 2 H J + S . Zu K u p f e r s u l f a t - , Bleiacetat- 1 ) und

Stannochlorid-Lösüng

') Acetate sind Salze der Essigsäure CH 3 C0 2 H; von den vier Wasserstoffatomen besitzt nur das an letzter Stelle geschriebene sauren Charakter.

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Schwefelwasserstoff

gebe man S c h w e f e l w a s s e r s t o f f - W a s s e r . Es fallen die entsprechenden S u l f i d e aus, die alle dunkel gefärbt sind. CuS0 4 + H 2 S = CuS + H 2 S 0 4 Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + H 2 S = PbS + 2CH 3 C0 2 H SnCl2 + H 2 S = SnS + 2 H C l . Dieselben Niederschläge entstehen auch, wenn die MetallsalzLösungen schwach angesäuert sind. Dagegen wird aus einer schwach mit Salz- oder Schwefelsäure angesäuerten Probe Kobaltsalz-Lösung oder Zinksalz-Lösung durch Schwefelwasserstoff nichts gefällt. Von dem bereiteten A m m o n i u m s u l f i d setze man je ein paar Tropfen zu etwas K u p f e r - , K o b a l t - und Zinksalz-Lösung. Aus allen drei Lösungen fallen die Sulfide aus. CuS0 4 + (NH 4 ) 2 S = CuS + (NH 4 ) 2 S0 4 CoCl2 + (NH 4 ) 2 S = CoS + 2NH 4 C1 ZnS0 4 + (NH 4 ) 2 S = ZnS + (NH 4 ) 2 S0 4 . Man notiere und merke sich die Farben dieser und der oben hergestellten Sulfide. Ein Tropfen Ammoniumsulfid-Lösung werde auf eine S i l b e r münze gebracht; es entsteht nach kurzer Zeit ein schwarzer Fleck von S i l b e r s u l f i d Ag 2 S. Dabei wird Sauerstoff aus der Luft aufgenommen : ±0 ±0 2X1+ 2— 2(NH 4 ) 2 S + 4Ag + 0 2 = 2Ag 2 S + 4NH 3 + 2 H 2 0 . Man gebe ein Tröpfchen Ammoniumsulfid-Lösung zu einigen Kubikzentimetern einer frisch bereiteten, äußerst verdünnten Lösung des kompliziert zusammengesetzten N a t r i u m n i t r o p r u s s i d s ; die Lösung nimmt bald eine prächtige R o t v i o l e t t - F ä r b u n g an, die später verblaßt. Diese Umsetzung, der Geruch und die Fähigkeit, „Bleipapier", d. h. ein mit Bleisalz-Lösung befeuchtetes Papier, zu schwärzen, dienen zum Nachweise von Schwefelwasserstoff.

Zum Nachweise von S c h w e f e l in einer beliebigen Verbindung, etwa Kupfersulfat, nach der ,,Hepar"-Reaktion verfährt man folgendermaßen. Ein Körnchen des Salzes werde mit einer Spatelspitze wasserfreien Natriumcarbonats gemischt; die Mischung werde auf einem Stück Holzkohle in der reduzierenden Lötrohrflamme geschmolzen. Um ein Fortblasen des Pulvers zu verhindern, kann man die Mischung vor dem Glühen mit einem Tröpfchen Wasser befeuchten. Nach dem Erkalten werde der Schmelzkuchen auf eine Silbermünze gelegt, mit Wasser befeuchtet und mit einem Spatel oder Glasstabe zerdrückt. I n kurzer Zeit bildet sich ein am Silber fest haftender schwarzer Fleck von Silbersulfid. Man kann auch den wäßrigen Auszug der Schmelze mit Natriumnitroprussid prüfen.

Phosphorsäure. Saure Salze

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Phosphorsäure; Saure Salze P h o s p h o r s ä u r e . Beim Verbrennen von Phosphor entsteht P h o s p h o r p e n t o x y d P 2 0 5 , das durch geringe Mengen Phosphortrioxyd P 2 0 3 verunreinigt ist. Phosphorpentoxyd ist das Anhydrid von drei Phosphorsäuren. Durch Anlagerung e i n e r Molekel Wasser entsteht die Metaphosphorsäure P205 + H20 = 2 H P C V ) , durch Anlagerung z w e i e r Molekeln Wasser die Pyrophosphorsäure P206 + 2H20 = H4P207, durch Anlagerung d r e i e r Molekeln Wasser die Orthophosphorsäure P 2 0 5 + 3 H 2 0 = 2H 3 PO.,. Welche dieser drei Phosphorsäuren sich beim Auflösen von Phosphorpentoxyd in Wasser zunächst bildet, und welche aus der zuerst gebildeten beim Aufbewahren der Lösung weiter entsteht, möge durch eigene Versuche (vgl. S. 48) festgestellt werden. Andererseits sind Pyro- und Metaphosphorsäure aus der Orthophosphorsäure durch W a s s e r a b s p a l t u n g entstanden zu denken: der Austritt einer Molekel Wasser aus zwei Molekeln Orthophosphorsäure führt zu Pyrophosphorsäure, der Austritt einer Molekel Wasser aus einer Molekel Orthophosphorsäure zur Metaphosphorsäure: 2H 3 P0 4 — H 2 0 = H 4 P 2 0 7 H 3 P0 4 - H 2 0 = HPO 3 . Das Präfix „ o r t h o " bezeichnet auch sonst stets die Verbindung, die am meisten Wasser aufgenommen hat oder Derivate davon; die Präfixe „ p y r o " und „ m e t a " dienen in einigen, dem Beispiele der Phosphorsäuren entsprechenden Fällen zur Unterscheidung wasserärmerer Verbindungen, z. B. Orthoarsensäure H 3 As0 4 ; Pyroarsensäure H 4 As 2 0 7 ; Metaarsensäure HAs0 3 ; Pyroschwefelsäure H 2 S 2 0 7 (vgl. S. 46). Unter Phosphorsäure schlechthin ist die O r t h o p h o s p h o r s ä u r e verstanden; sie stellt im reinen Zustande einen kristallinischen, farblosen Stoff dar, der schon bei geringer Temperaturerhöhung zu einem zähflüssigen öle schmilzt; sie zieht leicht Wasser an. Bei stärkerem Erhitzen geht die Orthophosphorsäure in die Pyrophosphorsäure, bei noch höherer Temperatur in die Metaphosphorsäure über. Phosphorpentoxyd läßt sich aus dieser durch Erhitzen nicht gewinnen. In w ä ß r i g e r L ö s u n g spaltet die Orthophosphorsäure nur ein Wasserstoffion in erheblichem Umfange ab; in bezug auf die Reaktion H 3 P0 4 = H+ + [H 2 P0 4 ]~ ist sie also als eine m ä ß i g s t a r k e Säure anzusehen. Dagegen erfolgt die Abspaltung des zweiten und namentlich die des dritten H+-Ions nur in sehr geringem Umfange. [H 2 P0 4 ] _ ist eine s c h w a c h e , [ H P 0 4 ] 2 - eine ä u ß e r s t s c h w a c h e Säure. Eine derartige „ s t u f e n w e i s e D i s s o z i a t i o n " findet man bei allen mehrbasischen Säuren und mehrsäurigen Basen (vgl. auch S. 79). So ist J ) Statt H P 0 3 sollte es richtiger heißen (HP0 3 ) n , weil die Metaphosphorsäuremolekeln in von Fall zu Fall wechselnder, verwickelter Weise aus mehreren HP0 3 -Gruppen zusammengesetzt sind. Darauf beruht u. a. ihre fällende Wirkung auf Eiweißlösungen (vgl. S. 48),

Phosphorsäure. Saure Sake

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z. B. Schwefelsäure in bezug auf die Dissoziation H 2 S0 4 = H + + HS0 4 _ eine sehr starke, in bezug auf die Dissoziation HS0 4 ~ = H+ + S 0 4 2 - dagegen nur eine mittelstarke Säure. S a l z e d e r P h o s p h o r s ä u r e ; a l l g e m e i n e s ü b e r s a u r e Salze. Im Gegensatz zur Salzsäure haben Säuren wie H 2 S0 4 , H 3 P0 4 , H 4 P 2 0 7 u. a. mehrere durch Metall ersetzbare Wasserstoffatome. Sie bilden daher neben den neutralen Salzen, wie K 2 S0 4 , Na 3 P0 4 , bei denen alle Wasserstoffatome durch Metall ersetzt sind, wie S. 15 bereits erwähnt, auch s a u r e Salze. Wir nannten bereits: NaHS0 4 , Na 2 HP0 4 , Ca(HC0 3 ) 2 . Handelt es sich um eine „zweibasische" Säure1), so gibt es nur eine Art von sauren Salzen, die man am besten als „Bi"-Sulfate, -Carbonate usw. bezeichnet (vgl. dazu S. 40). Früher fand man auch die weniger gute Bezeichnung „Hydro"-Sulfat usw. Bei den „dreibasischen" Säuren, wie H 3 P0 4 , gibt es zwei Reihen von sauren Salzen, zu deren Unterscheidung man vielfach die Worte „primär" und „sekundär" verwendet; die entsprechenden neutralen Salze bezeichnet man als „tertiär". NaH 2 P0 4 primäres Natriumphosphat (Mononatriumphosphat) Ca(H 2 P0 4 )2 primäres Calciumphosphat

I

Na 2 HP0 4 sekundäres Natriumphosphat (Dinatriumphosphat) CaHP0 4 sekundäres Calciumphosphat Neutrale I Na 3 P0 4 tertiäres Natriumphosphat (Trinatriumphosphat) Salze2) \ Ca 3 (P0 4 ) a tertiäres Calciumphosphat Sekundäre Phosphate enthalten also immer die Gruppe [HP0 4 ] 2 ~, primäre die Gruppe [H 2 P0 4 ] - . Sehr wichtig ist, daß man durch E r h i t z e n d e r s a u r e n S a l z e unter Wasseraustritt S a l z e d e r w a s s e r ä r m e r e n S ä u r e n erhält. So gehen Bisulfate in Pyrosulfate z. B.: 2über: K H S 0 4 E r h i t z e n >- H 2 0 + K 2 S 2 0 , . Bei der Phosphorsäure verhalten sich primäre und sekundäre Salze verschieden; die ersteren geben Meta-, die letzteren Pyrophosphate. NaH 2 P0 4 H 2 0 + NaP0 3 2Na 2 HP0 4 H20 + Na4P20,. Tertiäre Phosphate verändern sich beim Erhitzen nicht. Außer den P h o s p h a t e n der Alkalimetalle sind fast alle neutralen Phosphate in Wasser unlöslich; in starken Säuren hingegen lösen sie sich fast ausnahmslos. Unter „ N a t r i u m p h o s p h a t " schlechthin versteht man das sekundäre Salz Na 2 HP0 4 , „ P h o s p h o r s a l z " ist Na(NH 4 )HP0 4 ; es gibt beim Erhitzen außer Wasser auch Ammoniak ab und liefert das Metaphosphat NaP0 3 .

Unter dem Abzüge werde ein Porzellantiegeldeckel — mit dem Griff nach unten — in eine Abdampfschale gelegt und auf ihn so viel roter P h o s p h o r gebracht, wie eine Erbse ausmacht. Durch Berühren mit einer Flamme werde der Phosphor entzündet, worauf man sofort einen trockenen Trichter über die Flamme in die Ab') Einbasische Säuren, wie HCl usw., bilden überhaupt keine sauren Salze. Allerdings kennt man Verbindungen, wie z. B. KHF 2 ; dieses kann man aber auch als ein Anlagerungsprodukt von H F an K F ansehen. 2 ) Vgl. aber S. 77 über Hydrolyse!

Phosphorsäure. Saure Salze

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dampfschale stellt; an der einen Seite schiebe man zwischen Trichter und Schale ein Streichholzstückchen, damit ein Spalt bleibe, durch den die zur Verbrennung nötige Luft eintreten kann. Der Phosphor verbrennt langsam, und weißes P h o s p h o r p e n t o x y d setzt sich im Konus und im Rohre des Trichters ab, während auf dem Tiegeldeckel eine rote Masse, die niedere Oxyde des Phosphors enthält, zurückbleibt. Das Phosphorpentoxyd werde mit etwas Wasser vom Trichter in die Schale gespült; es löst sich sofort unter Zischen auf, weil es sich mit Wasser sehr energisch verbindet 1 ). Die Lösung werde zu weiteren Versuchen beiseite gestellt. O r t h o p h o s p h o r s ä u r e . Wenige Tropfen einer Natriumphosphat - Lösung Phosphor-Verbrennung werden mit etwa 2—3ccm A m m o n i u m m o l y b d a t - L ö s u n g ((NH 4 ) 2 Mo0 4 ) versetzt und 1—2 ccm k o n z e n t r i e r t e r Salpetersäure zugesetzt. Die Lösung färbt sich gelb; bei schwachem Erwärmen entsteht allmählich ein feinkörniger schwerer Niederschlag vom A m m o n i u m s a l z e d e r M o l y b d ä i i p h o s p h o r s ä u r e (NH4)3[P(Mo3O10)4]. Bei Gegenwart größerer Phosphorsäuremengen erscheint der Niederschlag auch schon bei Raumtemperatur. Bei der Ausführung der Umsetzung ist wichtig, daß das Ammoniummolybdat im Überschuß zugesetzt wird; auch darf nicht zu stark erhitzt werden, weil sonst Molybdänsäure ausfallen kann. Der Molybdänphosphorsäure-Niederschlag löst sich leicht in AmmoniakLösung zu einer farblosen Lösung. Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus s a u r e r Lösung! Wenige Tropfen einer Natriumphosphat-Lösung werden mit ebensoviel konzentrierter Salzsäure vermischt; dazu werde die gleiche Menge M a g n e s i u m c h l o r i d - L ö s u n g gesetzt. Zur Mischung gebe man alsdann Ammoniak-Lösung, bis sie auch nach dem Umschütteln noch deutlich danach riecht. Es fällt — aus stark verdünnter Lösung erst nach einiger Zeit — A m m o n i u m m a g n e s i u m p h o s p h a t 2 ) aus. Der Zusatz von Salzsäure hat den Zweck, die Bildung von etwas Ammoniumchlorid zu ermöglichen, welches ein Ausfallen von Magnesiumhydroxyd aus der ammoniakalischen Lösung verhindert ') Mit dem in der Luft enthaltenen Wasserdampf verbindet sich Phosphorpentoxyd ebenfalls; es zerfließt daher, wenn man es offen an der Luft stehen läßt. Solche Stoffe bezeichnet man als h y g r o s k o p i s c h , vgl. dazu S. 69. 2 ) Dieses Salz kristallisiert mit 6 Molekeln Kristallwasser; hier und in anderen Fällen ist dies in den Formeln nicht zum Ausdruck gebracht, um den Anfänger nicht unnötig zu belasten.

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Phosphorsäure. Saure Salze

(Näheres vgl. S. 66). Wichtige und quantitative Fällung der Phosphorsäure aus a m m o n i a k a l i s c h e r Lösung! Na 2 HP0 4 + MgS0 4 + NH 3 = NH 4 MgP0 4 + N a 2 S 0 4 . Ammoniummagnesiumphosphat gnesium pyrophosphat über.

geht

beim

Glühen in Ma-

2 NH 4 MgP0 4 = Mg 2 P 2 0 ; + 2NH 3 + H 2 0 . Wenige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit etwas S i l b e r n i t r a t - L ö s u n g versetzt. Es fällt gelbes S i l b e r o r t h o p h o s p h a t Ag 3 P0 4 aus. Der Niederschlag ist sowohl in Salpetersäure als auch in Ammoniak-Lösung löslich. Einige Tropfen Natriumphosphat-Lösung werden mit etwas klarer E i weiß-Lösung und einigen Tropfen Essigsäure versetzt; es tritt k e i n e Fällung ein. P y r o p h o s p h o r s ä u r e . Etwas N a t r i u m p h o s p h a t werde auf der Magnesiarinne in der Gebläseflamme bis zum klaren Schmelzfluß erhitzt. Das entstandene Pyrophosphat werde in 2 ccm Wasser unter Kochen gelöst. Ein Teil der Lösung gibt mit S i l b e r n i t r a t eine w e i ß e Fällung von S i l b e r p y r o p h o s p h a t Ag 4 P 2 0 7 ; ein anderer Teil gibt mit E i weiß-Lösung auch nach Zusatz von etwas Essigsäure k e i n e Fällung. M e t a p h o s p h o r s ä u r e . P h o s p h o r s a l z werde auf der Magnesiarinne stark erhitzt und das entstandene Metaphosphat in wenig kochendem Wasser gelöst. Die Lösung bringt Eiweißlösung nach Zusatz von etwas Essigsäure zum Gerinnen. Sie gibt ferner mit S i l b e r n i t r a t eine w e i ß e Fällung von S i l b e r m e t a p h o s p h a t . Diese Reaktion tritt jedoch nur in genau neutraler Lösung ein. Man prüfe daher mit Lackmus und neutralisiere gegebenenfalls mit g a n z v e r d ü n n t e r Ammoniak- bzw. Salpetersäurelösung. Mit der Silbernitrat- und der Eiweißprobe können somit die drei Phosphorsäuren unterschieden werden. Zur Prüfung, welche der drei Phosphorsäuren sich beim Auflösen des Phosphorpentoxyds in Wasser bildet, stelle man mit einem Teile der aufbewahrten Lösung die eben angeführten zwei Versuche an. Es wird sich zeigen, daß Metaphosphorsäure vorliegt. Bei längerem Stehen der wäßrigen, aus Phosphorpentoxyd erhaltenen Lösung oder beim Aufkochen nach Säurezusatz wird weiteres Wasser angelagert, und es bildet sich Orthophosphorsäure. Um dies festzustellen, säuere man einige Tropfen der Phosphorpentoxyd-Auflösung an und prüfe mit Ammoniak und MagnesiumsalzLösung; es fällt kein Niederschlag. Eine zweite Probe säuere man ebenfalls an und koche kurze Zeit auf. Prüft man jetzt wiederum mit Ammoniak und Magnesiumsalz-Lösung, so fällt Ammoniummagnesiumphosphat aus.

Namen unorganischer Stoffe

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Phosphorsalz-Perle. Geschmolzenes N a t r i u m m e t a p h o s p h a t h a t die F ä h i g k e i t , M e t a l l o x y d e aufzulösen, wobei g e f ä r b t e G l a s f l ü s s e e n t s t e h e n . Dies k a n n m a n so auffassen, als ob sich die entsprechenden O r t h o p h o s p h a t e bildeten: N a P 0 3 + CuO = N a C u P 0 4 . M a n t a u c h e d a s heiße E n d e eines M a g n e s i a s t ä b c h e n s in e t w a s P h o s p h o r s a l z und schmelze d a s haftengebliebene Salz in d e m heißesten Teile d e r B u n s e n b r e n n e r f l a m m e , bis eine klare Schmelze e n t s t a n d e n ist, a u s d e r sich keine B l a s e n m e h r entwickeln. A n diese P e r l e bringe m a n sehr wenig v o n d e m O x y d e oder einem Salze eines d e r Metalle K u p f e r , K o b a l t , Nickel, E i s e n und erhitze die Perle n o c h m a l s einige Zeit z u m Schmelzen. M a n b e a c h t e die F a r b e d e r P e r l e in d e r H i t z e u n d w ä h r e n d des Abkühlens und wiederhole den V e r s u c h m i t neuen P e r l e n u n d den Salzen der anderen Metalle.

Namen unorganischer

Stoffe

I n der unorganischen Chemie liegt für den Lernenden eine besondere Schwierigkeit darin, daß ein und derselbe Stoff verschiedene Namen trägt. Dies ist aus der historischen Entwicklung zu erklären; da sich aber keines der bisher aufgestellten Systeme restlos durchgesetzt hat, muß man die Grundzüge aller Nomenklaturen kennen. A. Wir beginnen mit den einfachsten V e r b i n d u n g e n a u s j e z w e i A t o m a r t e n , die sich in verschiedenem Mengenverhältnis verbinden. 1. Man bezeichnet die h ö h e r w e r t i g e als O x y d bzw. C h l o r i d (Bromid usw.), die n i e d e r w e r t i g e als O x y d u l , C h l o r ü r (Bromür usw.): FeO Eisenoxydul FeCl 2 Eisenchlorür Cu 2 0 Kupferoxydul CuBr Kupferbromür

Fe203 FeCl 3 CuO CuBr 2

Eisenoxyd Eisenchlorid Kupferoxyd Kupferbromid

2. Man hängt an den abgekürzten lateinischen Namen bei der höherwertigen ein i, bei der niederwertigen ein 0: FeCl 2 Ferrochlorid Cu 2 0 Cuprooxyd

FeCl 3 CuO

Ferrichlorid Cuprioxyd.

3. Seltener und nicht allgemein anwendbar ist eine Bezeichnung, bei der man durch ein g r i e c h i s c h e s Z a h l w o r t die Zahl der Sauerstoff-, Chloratome usw. angibt, z. B . : PC15 PC13

Phosphor pentachlorid Phosphor trichlorid

N205 N204 N203 N02

Stickstoff pentoxy d Stickstoff tetroxyd Stickstofftrioxyd Stickstoff dioxyd.

Hierbei ist man leider inkonsequent und sagt: P203

Phosphortrioxyd, aber F e 2 0 3 Eisen sesquioxyd (sesqui = eineinhalb).

Neuerdings versucht man diese Unklarheit zu vermeiden, indem man die Zahl beider Bestandteile angibt, also P 2 0 3 = Diphosphor trioxyd. Dadurch werden aber die Bezeichnungen zum Teil schwerfällig. B i l t z , Einführung.

21. Aufl.

4

Namen unorganischer Stoffe

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4. Eine heute viel benutzte, aber nur für die salzartigen Stoffe braauchbare Nomenklatur ist von A. S t o c k vorgeschlagen worden. Bei ihr wird die E l e k t r o v a l e n z z a h l des betreffenden Elements (und nicht wie bei 33. die Anzahl der Halogen-, Sauerstoff- usw. Atome) durch eine an seinen Naamen unmittelbar angehängte römische Ziffer bezeichnet, z. B. FeCl2 Eisenll-chSilorid (sprich: Eisen-zwei-chlorid); FeCl3 Eisenlll-chlorid; S0 3 Schwefel VI-oDxyd; B. Bei S a l z e n von S a u e r s t o f f s ä u r e n pflegt man den meist lateiinisch gewählten Namen der Säure mit der Endung „ a t " an das Metall anzuhämgen. Natriumsulfat Na 2 S0 4 Ammonium magnesium phosphat (NH4)MfgP04 Kaliumpyrosulfat K 2 S 2 0 7 Calciumnitrat Ca(N0 3 ) 2 Ammoniumcarbonat (NH 4 ) 2 C0 3 Kaliumjodat K J 0 3 Leiten sich von einem Nichtmetalle mehrere sauerstoffhaltige Saurem mit v e r s c h i e d e n e m L a d u n g s z u s t a n d e des betreffenden säurebildenden Elements ab, so werden die Salze der praktisch wichtigsten, die meist, aber micht immer, die sauerstoffreichsten sind, durch die Endung „ a t " gekennzeichnet. Für sauerstoffärmere wird die Endung „it" benutzt, die außerordentlich! unglücklich gewählt ist, da sie Verwechselungen mit der Endung „ i d " füir die Salze der sauerstoff-freien Säuren zuläßt:

h n o

3

3 + h n o

2

3—

aber NEL

Schwefelsäure

Na 2 S0 4

Natriumsulfat

schweflige Säure

Na 2 S0 3

Natriumsulfit

Schwefelwasserstoff

Na,S

Natriumsulfid

Salpetersäure

Mg(N0 3 ) 2

Magnesiumnitrat

salpetrige Säure

Mg(N0 2 ) 2

Magnesiumnitrit

Ammoniak

Mg3N2

Magnesiumnitrid.

Manchmal ist noch eine weitere Unterteilung notwendig: HC10

4

h c i o

3

3+ H C 1 0

2

HCÌO

Überchlorsäure

KC10

4

Kaliumperchlorat

Chlorsäure

k c i o

3

Kaliumchlorat

chlorige Säure

k c i o

2

unterchlorige Säure

K C 1 0

Kaliumchlorit Kaliumhypochlorit

Kaliumchlorid. aber HCl Chlorwasserstoff KCl Nicht zu verwechseln mit diesen Säurereihen, die sich in der Elektrovalenzzahl des betreffenden säurebildenden Elementes unterscheiden, sind solche, die sich bei g l e i c h e r Elektrovalenzzahl nur im W a s s e r g e h a l t unterscheiden, wie z . B . Ortho-, Pyro-, Meta-Phosphorsäure; vgl. dazu S. 45. Über die Benennung s a u r e r Salze vgl. S. 46. Bedauerlich ist, daß die in Apotheken noch gebrauchten lateinischen Namen Verwechslungen begünstigen; so heißt z. B. Kaliumchlorid KCl dort „Kalium chloratum", Kaliumchlorat KC103 dagegen „Kalium chloricum".

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Metallverlbindungen, erster Teil Für die Anordnung des Folgenden ist im wesentlichen das P e r i o d e n S y s t e m zugrunde gelegt (vgl. am Ende des Buches). Auf das PeriodenSystem können wir zwar im einzelnen nicht eingehen; es sei aber mit größtem Nachdruck darauf hingewiesen, daß der Studierende schon in den ersten Wochen seines Studiums dieses System unbedingt in sich aufnehmen muß, da es die Grundlage sowohl des Lernens wie auch der Forschung in der anorganischen Chemie ist. In den folgenden Abschnitten werden zunächst die wichtigeren Metalle und ihre Verbindungen besprochen, während am Schluß des Buches einige kurze Angaben über die weniger wichtigen und zum Teil selteneren Metalle folgen.

Alkalimetalle Die Alkalimetalle, L i t h i u m Li, N a t r i u m Na, K a l i u m K, R u b i d i u m Rb und Cäsium Cs, sind silberweiße weiche Stoffe von metallischem Aussehen und außerordentlich großer Neigung, sich zu oxydieren. Infolgedessen überziehen sie sich an der Luft sofort mit einer Kruste von Hydroxyd und Carbonat. Man hebt sie deshalb meist in sauerstofffreien Flüssigkeiten, am besten in Petroleum, auf. Lithiummetall ist der leichteste aller festen Stoffe (Dichte 0,53); Rubidium und Cäsium sind schwerer als Wasser. Die Alkalimetalle bilden nur einfach positiv geladene Ionen. Sie zerlegen Wasser unter Wasserstoffentwicklung und Bildung der H y d r o x y d e . Diese Hydroxyde sind die stärksten Basen, die wir kennen; sie setzen sich mit gasförmigem Kohlendioxyd zu den Carbonaten um. Sie sind ebenso wie die C h l o r i d e , N i t r a t e , S u l f a t e leicht in Wasser löslich; auch die C a r b o n a t e und P h o s p h a t e , mit Ausnahme derer des Lithiums, lösen sich leicht in Wasser. Salze von so geringer Löslichkeit wie etwa das Bariumsulfat oder die Schwermetallsulfide bilden die Alkalimetalle überhaupt nicht. Wegen dieses Mangels an schwer löslichen Verbindungen bereitet in der Analyse die Abscheidung der Alkalimetalle gewisse Schwierigkeiten. Alle Alkalimetalle und ihre Verbindungen f ä r b e n d i e F l a m m e in charakteristischer Weise. Von den Alkalimetallen besprechen wir an dieser Stelle nur die beiden häufigsten, N a t r i u m und K a l i u m . Rubidium und Caesium sind nach ihren chemischen Umsetzungen kaum von Kalium zu unterscheiden. Über Lithium finden sich einige Angaben auf S. 166. Außerdem behandeln wir im Anschluß an Kalium noch die A m m o n i u m Verbindungen, da diese den entsprechenden Kalium- und Rubidiumverbindungen in vielen Eigenschaften sehr ähnlich sind.

Natrium Das Natrium ist das häufigste der Alkalimetalle. Seine Verbindungen gehören zu den wichtigsten Stoffen; sie finden in der Technik und im Laboratorium ausgedehnte Anwendung und spielen unter den unorganischen Bestandteilen der belebten Natur eine wesentliche Rolle. 4*

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Natrium

Das Natrium ist das Alkalimetall, das die wenigsten schwer lösliehen Salze bildet. Viele seiner Salze kristallisieren mit Kristallwasser. Das Natriumoxyd Na 2 0 ist schwer erhältlich und spielt praktisch keine Rolle. Wichtiger ist das N a t r i u m p e r o x y d Na 2 0 2 , das man beim Verbrennen von Natriummetall erhält. — Leicht zugänglich ist das H y d r o x y d NaOH, „Ätznatron". Seine wäßrige Lösung heißt N a t r o n l a u g e . Zur E r k e n n u n g des Natriums dienen: die gelbe P l a m m e n f ä r b u n g , die Kristallform des N a t r i u m - U r a n y l - A c e t a t e s und die geringe Löslichkeit des N a t r i u m s a l z e s d e r A n t i m o n s ä u r e . Bei allen Versuchen mit Natriummetall komme man mit Gesicht und Händen nicht zu nahe, fasse das Metall stets nur mit der Pinzette und s c h ü t z e d i e A u g e n d u r c h e i n e S c h u t z b r i l l e , da einzelne Partikelchen Natrium leicht verspritzen und böse Verletzungen verursachen können.

Ein Stück N a t r i u m , so groß wie eine Erbse, werde abgeschnitten, mit etwas Filtrierpapier abgetrocknet und in ein kleines, hinter der Glasscheibe des Abzugs stehendes Becherglas auf etwa 10 ccm Wasser geworfen. Mit großer Heftigkeit wirkt das Natrium darauf ein; es schmilzt zu einer Kugel, die auf der Wasseroberfläche schwimmt oder vielmehr schwebt, bald kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Der gebildete W a s s e r s t o f f entweicht währenddessen, und das N a t r i u m h y d r o x y d löst sich im Wasser. 2Na + 2 H 2 0 = 2NaOH + H 2 . Man wiederhole den Versuch in der Weise, daß man das Natriumstückchen mit der Pinzette auf ein auf dem Wasser schwimmendes Stück Filtrierpapier bringt, wodurch es an seiner Fortbewegung gehindert wird; dabei erwärmt es sich stärker als beim ersten Versuche, so daß der gebildete Wasserstoff sich entzündet und mit einer durch Natriumdämpfe gelb gefärbten Flamme verbrennt. Oft verspritzt dabei das Metall zum Schluß, nachdem die Flamme schon erloschen zu sein scheint. V o r s i c h t ! Wegen dieser Eigenschaften des Natriums h ü t e m a n sich, auch die kleinsten Natriumreste in die Ausgüsse der Wasserleitung zu werfen, da sie sich m den Röhren festsetzen und zu heftigen Explosionen des gebildeten Knallgases Anlaß geben können. Größere Mengen von Natriumresten zerstört man durch Aufgießen von Alkohol, mit dem sie sich gefahrlos umsetzen, oder man gibt sie auf dem Hofe nach und nach in eine offene, mit Wasser gefüllte Schale.

Die bei den obigen Versuchen entstandene Flüssigkeit ist eine verdünnte N a t r i u m h y d r o xyd-Lösung („Natronlauge"); sie färbt rotes Lackmuspapier blau. Natronlauge kann man auch durch Umsetzung von S o d a Lösung mit K a l k w a s s e r herstellen. Ca(OH)2 + Na 2 C0 3 = 2NaOH + CaC0 3 . Das Calciumcarbonat fällt aus; durch Filtrieren kann man die gebildete Natronlauge abtrennen. Man führe den Versuch aus.

Natrium

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Man neutralisiere Natronlauge mit Schwefelsäure, indem m a n aus einem Probierglase 1 ccm v e r d ü n n t e Schwefelsäure in ein z w e i t e s Probierglas zu 1 ccm v e r d ü n n t e r Natronlauge gießt. Die Mischung erwärmt sich stark: U m s e t z u n g s w ä r m e . Alle chemischen Umsetzungen sind mit mehr oder weniger großen Veränderungen der Temperatur verbunden, die unter Umständen bis zur Glühhitze gehen können. Die Umsetzungswärme kann auch negativ sein, d. h. bei der Umsetzung kann Wärme verbraucht werden, was sich dadurch bemerkbar macht, daß sich das Reaktionsgemisch abkühlt. M a n h ü t e s i c h , k o n z e n t r i e r t e S ä u r e n zu k o n z e n t r i e r t e n L a u g e n zu b r i n g e n : a u c h b e i m M i s c h e n k l e i n e r M e n g e n t r e t e n explosionsartige Erscheinungen ein! Beim Eindampfen der Natronlauge würde das Natriumhydroxyd als kristalline, weiße, feste Masse zurückbleiben, die jedoch an der Luft schnell wieder Feuchtigkeit anziehen und zerfließen würde; Natriumhydroxyd ist hygroskopisch. Ferner zieht es Kohlendioxyd aus der Luft an: 2NaOH + C0 2 = H 2 0 + N a 2 C 0 3 . U m dies festzustellen, lasse m a n ein kleines Stück f e s t e s N a t r i u m h y d r o x y d über N a c h t in einer Abdampfschale offen stehen. Man übergieße die zerflossene Masse in einem Probierglase mit verdünnter Salzsäure: es entweicht K o h l e n d i o x y d , das mit d e m Kalkwassertropfen nachgewiesen werden kann. Natriumhydroxyd-Lösung vermag fein verteilte K i e s e l s ä u r e zu lösen und greift Glas mit der Zeit merklich an; solche Lösungen sind für analytische und andere feinere Arbeiten unbrauchbar. Man gewöhne sich deshalb daran, Natronlauge-Lösungen jeweils f r i s c h herzustellen; das ist mit der heute im Handel befindlichen Plätzchen-Form des Ätznatrons sehr bequem möglich. Man stelle das Durchschnittsgewicht eines Plätzchens fest, indem man 10 oder 20 Stück abwägt. Für die meisten Zwecke genügt es dann, wenn man zur Herstellung kleiner Lösungsmengen die Ätznatronmenge durch Abzählen der Plätzchen abmißt. Die „2-norm. Natronlauge" ist 7,4°/ 0 ig. unter „konzentrierter Natronlauge" versteht man eine 33%ige Lösung von Natriumhydroxyd. Organische Stoffe, namentlich tierische Fasern, wie Wolle und Haut, werden von Natronlauge angegriffen. Die Finger fühlen sich nach dem Benetzen mit Natronlauge schlüpfrig an. Man setze etwas Natronlauge zu Proben v o n C a l c i u m - , F e r r i - , K u p f e r - und K o b a l t s a l z - L ö s u n g . E s fallen die H y d r o x y d e dieser Metalle aus. Man notiere im Arbeitstagebuch die Farbe der Niederschläge und beschreibe ihr Aussehen. CaCl 2 FeCl 3 CuS04 CoS04

+ + + +

2NaOH 3NaOH 2NaOH 2NaOH

= = = =

Ca(OH) 2 Fe(OH)3 Cu(OH) 2 CO(OH) 2

+ 2NaCl + 3NaCl + Na2S04 + Na2S04 .

Solche Fällungen sind für den analytischen Nachweis der Metalle oft von Bedeutung; außerdem wird die Fällung mit Natronlauge oft zur Darstellung von Metallhydroxyden benutzt.

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Natrium

Wird eine Spur einer beliebigen Natriumverbindung am Platindraht in die F l a m m e gebracht, so färbt sich diese intensiv gelb. Bei Prüfung mit einem Spektroskop erkennt man eine gelbe Linie. Dieser Nachweis für Natrium gehört zu den empfindlichsten Reaktionen, die wir kennen; Bruchteile von einem Tausendstel Milligramm Natrium genügen bereits, um eine deutliche Flammenfärbung zu erzeugen, so daß schon der Staub der Laboratoriumsluft gelegentlich ein vorübergehendes gelbes Aufleuchten der Flamme hervorruft. Wegen der großen Empfindlichkeit muß man sich vor Anstellung dieser Reaktion besonders davon überzeugen, daß der Platindraht frei von Natrium ist und ihn nötigenfalls so lange ausglühen und zwischendrein mehrfach mit konzentrierter Salzsäure benetzen, bis er der Flamme keine Färbung mehr erteilt. Im Gegensatz zu der großen Löslichkeit fast aller Natriumsalze in Wasser steht die Schwerlöslichkeit des Salzes der Antimonsäure, bei dem es sich wahrscheinlich, aber nicht sicher (vgl. S. 146) um das s a u r e N a t r i u m p y r o a n t i m o n a t Na 2 H 2 Sb 2 0 7 handelt. Da das entsprechende Kaliumsalz in Wasser leichter löslich ist, kann man seine Lösung als Reagens auf Natriumverbindungen benutzen. Die Umsetzung ist aber nur dann eindeutig, wenn die auf Natrium zu prüfende Lösung neutral oder alkalisch und frei von anderen Metall salzen als denen der Alkalimetalle ist. Eine sehr empfehlenswerte Reaktion auf Natrium ist die folgende. Man bringt auf einen Objektträger einen Tropfen einer gesättigten Lösung von U r a n y l a c e t a t (U0 2 )(CH 3 C0 2 ) 2 in 10-proz. Essigsäure und einen Tropfen der auf Natrium zu prüfenden Lösung. Wenn Natrium zugegen ist, sieht man nach einigen Minuten unter dem Mikroskope kleine derbe stark glänzende Tetraeder von N a t r i u m u r a n y l a c e t a t Na(U0 2 )(CH 3 C0 2 ) 3 , die vielfach als Dreiecke erscheinen; daneben finden sich häufig Wachstumsformen1). Oft ist es nötig, vorher mit ganz kleiner Flamme (Sparbrenner!) etwas einzuengen, auf keinen Fall aber bis zur Trockne. Auch neben viel Kalium (vgl. dazu S. 57) kann Natrium so sicher erkannt werden. Gegenwart von Ammoniumsalzen beeinflußt die Reaktion nicht. Wohl aber stören freie Mineralsäuren und namentlich Phosphorsäure ; auch darf die zu prüfende Lösung nicht zu verdünnt sein. Die Natrium Verbindungen gehören zu den wichtigsten Stoffen; sie finden in der Technik und im Laboratorium ausgedehnte Anwendung. N a t r i u m c h l o r i d („Kochsalz") NaCl. Würfelförmige Kristalle, die frei von Kristallwasser sind. ] ) Eine Zusammenstellung von mikroskopischen Bildern analytisch wichtiger Kristallformen findet sich in dem Werk: W. Geilmann, Bilder zur qualitativen Mikroanalyse anorganischer Stoffe. Leipzig 1934.

Natrium

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Dies erkennt man daran, daß eine Probe Natriumchlorid beim Erhitzen im einseitig geschlossenen Röhrchen keine Wasserdämpfe abgibt, die sich durch einen an den kälteren Stellen des Rohres auftretenden Hauch von Wassertröpfchen bemerkbar machen würden. Dagegen beobachtet man bei diesem Versuche eine andere Erscheinung, die noch besser zutage tritt, wenn man einige Kristalle Natriumchlorid auf der Magnesiarinne oder einem Tiegeldeckel erhitzt: die Kristalle zerspringen unter Knistern, wobei die Bruchstücke oft weit fortgeschleudert werden (die Kristalle „dekrepitieren"). Dies rührt davon her, daß die Kristalle „Mutterlauge" eingeschlossen enthalten, deren Dampf beim Erhitzen die Kristalle zersprengt. N a t r i u m c a r b o n a t (Kohlensaures Natrium, „Soda") Na 2 C0 3 bildet mit zehn Molekeln Kristallwasser farblose, derbe Kristalle; wasserfrei ist es ein weißes Pulver.

Man weise das Kristallwasser eines Kriställchens durch Erwärmen im Glühröhrchen nach. Soda-Lösung fällt aus den Lösungen vieler Metallsalze deren C a r b o n a t e aus. Man stelle denVersuch mit etwas Calcium-, Magnesium- und Kupfersalz-Lösung an, notiere Farbe und Aussehen der Niederschläge und bilde die Umsetzungsgleichungen. N a t r i u m b i c a r b o n a t (saures kohlensaures Natrium, , weniger gut: „doppeltkohlensaueres Natron") NaHCO s . Dies Salz ist in Wasser erheblich schwerer löslich als das neutrale Salz und ist deshalb ein wichtiges Zwischenglied bei der technischen Sodaherstellung. Über die Herstellung von Kohlendioxyd aus Natriumbicarbonat vgl. S. 40/41. N a t r i u m n i t r a t (Natriumsalpeter, „Chilesalpeter") NaN0 3 . Natriumnitrat war früher das Ausgangsmaterial zur Darstellung der Salpetersäure und wird auch jetzt noch in großen Massen als Düngemittel benutzt, namentlich in Amerika.

Man weise in einer Probe das Natrium durch die Flammenfärbung, die Salpetersäure durch die Ferrosulfatprobe nach. Natriumnitrat ist im Gegensatz zu Kaliumnitrat hygroskopisch und deshalb zur Herstellung von Schießpulver ungeeignet. Im N a t r i u m p e r o x y d Na 2 0 2 , einem gelblich weißen Pulver, ist nicht +

2X1-

etwa 2wertiges Natrium vorhanden, sondern Na- und (0 2 )-Teilchen. (Näheres siehe S. 155.) Natriumperoxyd gibt leicht Sauerstoff ab und ist daher ein wichtiges alkalisches O x y d a t i o n s m i t t e l . Im Gemische mit organischen Stoffen kann es — namentlich beim Erwärmen eines solchen Gemisches oder beim Zugeben von konzentrierter Schwefelsäure — außerordentlich heftige Explosionen veranlassen. Man verwende es also mit größter Vorsieht! Auch mit konzentrierter Schwefelsäure reagiert Natriumperoxyd äußerst heftig; man führe deshalb den folgenden Versuch vorsichtig und nur mit den angegebenen k l e i n e n Mengen aus.

Eine Spatelspitze N a t r i u m p e r o x y d werde in einem trockenen, staubfreien Probierglase mit zwei Tropfen konzentrierter S c h w e f e l s ä u r e , die man aus einem zweiten Probierglase zugibt, Übergossen.

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Kalium

Es tritt heftiges Aufschäumen ein. Ein glimmender Holzspan (Wurstspeil), der in das entweichende Gas eingeführt wird, flammt auf: es ist also S a u e r s t o f f frei geworden. 2Na 2 0 2 + 2H 2 S0 4 = 2NaS0 4 + 2 H 2 0 + 0 2 . Trägt man eine größere Menge Natriumperoxyd auf einmal in W a s s e r ein, so erwärmt sich die Mischung stark, und es entweicht reichlich Sauerstoff. Schüttet man es dagegen in kleinen Anteilen nach und nach in kaltes Wasser, so ist die Zersetzung gering. Von der so erhaltenen, gewöhnlich etwas trüben Lösung werde die Hälfte zu etwas Blei-acetat-Lösung, die andere Hälfte zu etwas M a n g a n sulfat-Lösung gegeben. Es bilden sich dichte, schwarzbraune Niederschläge von wasserhaltigem B l e i d i o x y d und M a n g a n d i o x y d : Pb(CH 3 C0 2 ) 2 + Na 2 0 2 = 2Na(CH 3 C0 2 ) + P b 0 2 MnS0 4 + Na 2 0 2 = Na 2 S0 4 + Mn0 2 . Kalium Kalium und seine Verbindungen sind dem Natrium und seinen Verbindungen sehr ähnlich. Die Oxydation des Metalls erfolgt noch etwas energischer als die des Natriums; ein auf Wasser geworfenes Stück Kalium bewirkt sofort eine Entzündung des frei werdenden Wasserstoffs. Die KaliumVerbindungen sind im allgemeinen etwas schwerer löslich als die Natriumsalze und enthalten seltener KristftllwaRser, Schwerlöslich sind die Kaliumsalze der P l a t i n c h l o r w a s s e r s t o f f s ä u r e K 2 [PtCl e ], der Ü b e r c h l o r s ä u r e KC10 4 , der H e x a n i t r i t o c o b a l t i s ä u r e K 3 [CO(N0 2 ) 6 ] (vgl. dazu S. 118) und das saure Salz der zweibasischen Weins ä u r e KH[C 4 H 4 O a ]. Das Auftreten der entsprechenden Salz-Niederschläge wird zum N a c h w e i s e von Kalium verwertet. Charakteristisch ist ferner die fahlviolette Färbung, die Kalium-Verbindungen der Flamme erteilen. Für das Kaliumhydroxyd ist der Name „Kali" viel in Gebrauch, z. B. in Ätzkali, „Kalilauge".

Die Spitze eines Platindrahtes werde nach S. 54 durch Glühen gereinigt und mit etwas Salzsäure befeuchtet. Dann werde eine Spur eines Kaliumsalzes daran gebracht; beim Zurückbringen in die F l a m m e färbt es sie jetzt weißlich-violett. Im Spektroskop erkennt man zwei rote Linien sowie eine gelbe Linie. Diese rührt aber nicht vom Kalium her, sondern von Spuren von Natrium, die als Verunreinigungen im Kaliumsalz vorhanden sind. Man wiederhole den Versuch in der Weise, daß man ein Gemisch aus Kalium- und Natriumsalzen an den Draht bringt. J e t z t erscheint die Flamme gelb, weil das intensive Gelb des Natriums das lichtschwache Violett des Kaliums verdeckt. Um die verdeckte Kaliumflamme zu erkennen, benutzt man am besten das Spektroskop. Man kann auch die Flamme durch ein mit Kobalt tiefblau gefärbtes Glas oder besser durch ein mit Indigo-Lösung gefülltes Glasprisma betrachten: nun sieht man die Kaliumflamme deutlich, weil die

Kalium

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gelben Strahlen durch das Blau absorbiert werden, die violetten aber nicht. Eine reine Natriumflamme erscheint durch das blaue Glas oder das Prisma nahezu farblos. Die Flammenfärbung ist das einfachste Verfahren, Kalium neben Natrium zu erkennen. Bei diesen und ähnlichen Versuchen nimmt man die benutzten Stoffe unter keinen Umständen mit dem Platindraht aus den Vorratsflaschen, sondern füllt kleine Mengen auf Uhrgläser ab, um die Vorräte nicht zu verunreinigen. Das früher meist benutzte Verfahren der Charakterisierung und Unterscheidung des Kaliums von Natrium beruhte auf Umsetzung mit „Platin chlorid" 1 ), wobei die Salze der Platinchlorwasserstoffsäure K2PtCle und Na2PtCl6 entstehen. Der hohe Preis des Platins schränkt seine Anwendung ein, stört aber nicht, wenn man den Nachweis des Kaliums, wie unten beschrieben, als Mikroreaktion durchführt. Das wenig lösliche Kaliumsalz kristallisiert in kleinen Oktaedern und wird unter dem Mikroskope erkannt; das leicht lösliche Natriumsalz kristallisiert beim Eindunsten zum feuchten Rückstände als lange, breite, kristallwasserhaltige Spieße, die zu einem balkigen Gerüste vereinigt sind.

Man bringe auf einen Objektträger ein Tröpfchen der verdünnten Alkalimetallchlorid-Lösung und so viel P l a t i n c h l o r i d Lösung, daß vollkommene Umsetzung zu den platinchlorwasserstoffsauren Salzen erfolgt, und betrachte den Niederschlag unter dem Mikroskop. Wesentlich wichtiger ist heute der Nachweis mit Ü b e r c h l o r s ä u r e , der ebenfalls auf dem Objektträger ausgeführt wird, damit man die Kristallform erkennen kann. Es empfiehlt sich, den durch Zugabe eines Tropfens Überchlorsäure zu einem Tropfen Kaliumchlorid-Lösung erzeugten feinkristallinen Niederschlag durch ganz vorsichtiges Erwärmen mit der Sparflamme noch einmal in Lösung zu bringen, da die dann beim Erkalten entstehenden Kristalle größer und besser ausgebildet sind. U r a n y l a c e t a t gibt mit Kaliumchlorid-Lösung feine, lange Nadeln, die meist erst erscheinen, nachdem die Lösung durch Erwärmen etwas konzentriert worden ist. Diese Umsetzung ist für den Nachweis von Kalium unwichtig; man muß das Erscheinungsbild aber kennen, da man es beim Nachweis von Natrium (vgl. S. 54) neben Kalium oft beobachtet.

Man prüfe einen Tropfen, der Natrium- und Kaliumchlorid enthält, mit Uranylacetat. Zu einer Probe nicht zu verdünnter Kaliumsalz-Lösung gebe man einen Überschuß von N a t r i u m t a r t r a t - L ö s u n g NaHC 4 H 4 0 6 (oder, falls dieses nicht verfügbar, Weinsäure- und NatriumacetatLösung). Aus konzentrierten Lösungen scheidet sich sofort, aus verdünnteren wegen der leicht auftretenden Ü b e r s ä t t i g u n g (vgl. S.69) erst nach einiger Zeit, eventuell nach Umschütteln oder Kratzen • ') Die unter dem Namen „Platinchlorid" in den Laboratorien verwendete Flüssigkeit ist eine wäßrige Lösung von Platinchlorwasserstoffsäure H 2 PtCl 6 .

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Ammonium

der G l a s w a n d m i t einem Glasstabe, d a s schwer lösliche K a l i u m b i t a r t r a t aus. Aus diesem G r u n d e ist diese R e a k t i o n f ü r analytische Zwecke wenig e m p f e h l e n s w e r t . Das Kaliumbitartrat ist in Laugen oder starken Säuren löslich; die Ausgangslösung muß also neutral sein. Aus dem gleichen Grunde muß bei Verwendung von Weinsäure als Fällungsreagens, die nach: KCl + H 2 C 4 H 4 0 6 = KHC 4 H 4 0 6 + HCl die starke Salzsäure in Freiheit setzt, Natriumacetat zugefügt werden. Die „abstumpfende" Wirkung des Natriumacetats auf die starke Säure werden wir später S. 76 verstehen lernen.

Ammonium A m m o n i u m s a l z e entstehen durch Vereinigung von A m m o n i a k NH 3 mit einer S ä u r e : NH 3 + HCl = NH4CI (Ammoniumchlorid, „Salmiak") NH 3 + H 2 S0 4 = (NH 4 )HS0 4 (Ammoniumbisulfat, saures Ammoniumsulfat) 2NH 3 + H 2 S0 4 = (NH 4 ) 2 S0 4 (Ammoniumsulfat) . Bei ihnen hat sich aus der Ammoniak-Molekel und dem Wasserstoffion der Säure das Ammonium-Ion NH 4 + gebildet. Dieses verhält sich dem K + - und besonders dem Rb + -Ion sehr ähnlich, so daß man die Ammoniumsalze geradezu den Alkalimetall-Salzen zurechnen kann 1 ). Das den Alkalimetallen entsprechende A m m o n i u m - M e t a l l (d.h. ungeladenes NH 4 im Gegensatz zum NH 4 + -Ion) ist frei n i c h t herstellbar. Auch das A m m o n i u m h y d r o x y d ist im f e s t e n Zustande nicht bekannt. In Wasser löst sich Ammoniak-Gas sehr stark, bei 20° z. B. 700 Raumteile in 1 Raumteil Wasser. Im g e l ö s t e n Zustande findet die Reaktion NH 3 4- H 2 0 = NH 4 + + O H - , wenn auch in sehr geringem Umfange, statt; Lösungen von Ammoniak in Wasser reagieren schwach, aber deutlich alkalisch. Der allergrößte Anteil des Ammoniaks bleibt jedoch unverbunden, „physikalisch" gelöst. Ob es sinnvoll ist, in solchen Lösungen von „Ammoniumhydroxyd" zu sprechen, sei dahingestellt; denn undissoziierte NH 4 OHMolekeln gibt es in der Lösung praktisch nicht. Immerhin ist es für die Formulierung mancher Reaktionen praktisch, durch die Formel NH 4 OH zum Ausdruck zu bringen, daß Ammoniak-Lösungen wie eine s c h w a c h e Base reagieren. Die Verhältnisse liegen also ganz ähnlich, wie bei der Kohlensäure; vgl. S. 40. Die konzentrierte, wäßrige Ammoniak-Lösung des Laboratoriums enthält etwa 25°/o Ammoniak, die verdünnte etwa 10°/o> die ,,2-norm. AmmoniakLösung" 3,47°/o- I m Volksmunde werden diese Lösungen „Salmiakgeist", irrtümlich auch „Salmiak" genannt. Alle A m m o n i u m - V e r b i n d u n g e n flüchtiger Säuren sind f l ü c h t i g ; dabei spalten sie sich wieder in Ammoniak und freie Säure. AmmoniumchloridDampf besteht also aus einem Gemische von Ammoniak und Chlorwasserstoff. Beim Abkühlen des Dampfes vereinigen sich die Spaltungsstücke wieder. Man bezeichnet diesen umkehrbaren Spaltungsvorgang als „ t h e r m i s c h e D i s s o ') Ganz entsprechend bilden sich aus Wassermolekeln und H + -Ionen [OH3]+-Ionen. Wäßrige Säure-Lösungen enthalten also eigentlich nicht H + Ionen, sondern [OH3]+-Ionen. Der Einfachheit halber bringt man dies in der formelmäßigen Darstellung meist nicht zum Ausdruck.

Ammonium

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z i a t i o n " , da er durch die Temperatur bedingt ist. Man beachte den Unterschied: NH4C1 = N H 4 + + Cl- elektrolytische Dissoziation NH4C1 = NH 3 -j- HCl thermische Dissoziation. Liegt das Ammoniumsalz einer nicht-flüchtigen Säure vor, so spaltet es beim Erhitzen Ammoniak-Gas ab und die freie Säure bleibt zurück: NH 4 H 2 P0 4 f e s t + NH 3 g a s f + H 3 PO J f l ü s s i g . Eine besondere Stellung nehmen Ammoniumnitrat- und -nitrit ein, die beim Erhitzen nach den Gleichungen NH 4 N0 3 = 2H 2 0 + N 2 0 NH 4 N0 2 = 2H 2 0 + N 2 S t i c k o x y d u l bzw. S t i c k s t o f f bilden. Setzt man diese Salze der Einwirkung eines „brisant" explodierenden Sprengstoffes („Initialzündung") oder ähnlichen heftigen Einflüssen aus, so können sie sich ebenfalls explosiv zersetzen. Ammoniumnitrat wird daher als Sicherheits-Sprengstoff verwandt.

In einem Probierglase werde eine kleine Probe A m m o n i a k Lösung erwärmt; es entweicht neben Wasserdämpfen A m m o n i a k als farbloses, stechend riechendes Gas. Man bringe in die Dämpfe einen mit Salzsäure befeuchteten Glasstab: es bilden sich dichte weiße, undurchsichtige Nebel von A m m o n i u m c h l o r i d , „Salmiaknebel". Ein Körnchen A m m o n i u m c h l o r i d (Chlorammonium, „Salmiak") werde mit einigen Tropfen N a t r o n l a u g e Übergossen und die Mischung erwärmt. Es entweicht Ammoniak, das man nachweise, indem man ein Stück feuchtes rotes Lackmuspapier in die entweichenden Dämpfe halte. NH4C1 + NaOH = NH 3 + H 2 0 + NaCl Bei diesem Versuche nehme man nur wenig Natronlauge; ein Überschuß würde das Weggehen von Ammoniak erschweren, da er die Flüssigkeitsmenge unnötig vermehrt. Auf diese Weise wird Ammoniak in beliebigen Ammoniumsalzen nachgewiesen. Ebenso wie Natronlauge reagieren andere Basen, wie Kalium-, Calcium- und Bariumhydroxyd. Mit einem Glasstabe bringe man ein Tröpfchen A m m o n i u m salz-Lösung in ein größeres Becherglas voll Wasser und gieße einige Tropfen „ N e s s l e r s c h e s R e a g e n s " hinzu. Zur Darstellung dieser Reagens-Lösung versetzt man Mercurichlorid-Lösung mit so viel Jodkalium-Lösung, bis der auftretende Niederschlag wieder verschwunden ist, und macht dann mit Kahlauge s t a r k alkalisch. Bei der Einwirkung von Ammoniak färbt sich die Lösung — bei ganz geringem Ammoniakgehalte erst nach einiger Zeit — g e l b b r a u n . Die Farbe vertieft sich nach kurzer Zeit, und schließlich entsteht ein flockiger brauner Niederschlag, der eine ziemlich verwickelte Zusammensetzung besitzt. Dies ist die empfindlichste Probe auf Ammoniumverbindungen, die z. B. bei der Untersuchung von Trinkwasser verwendet wird.

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Erdalkalimetalle und Magnesium

Da eine wäßrige Ammoniak-Lösung OH~-Ionen enthält, fällt sie die Mehrzahl der Metallhydroxyde aus Lösungen ihrer Metallsalze aus. Man gebe etwas A m m o n i a k - L ö s u n g zu je einem Kubikzentimeter von F e r r i - , Blei- und Kobaltsalz-Lösung, worauf F e r r i h y d r o x y d Fe(OH) 3 , B l e i h y d r o x y d Pb(OH) 2 , K o b a l t h y d r o x y d Co(OH)2 ausfallen. FeCl 3 + 3NH 4 OH = Fe(OH) 3 + 3NH4C1 usw. In einem Glühröhrchen erhitze man etwas trockenes A m m o n i u m c h l o r i d ; es verflüchtigt sich, ohne zu schmelzen, und schlägt sich an den oben kühleren Wänden des Röhrchens wieder in fester Form nieder, es „sublimiert". Man erhitze etwas festes A m m o n i u m n i t r a t in einem trockenen Probierglase vorsichtig zum Schmelzen und später stärker; unter Aufschäumen entweicht S t i c k s t o f f o x y d u l N 2 0. Man fange das Gas in der S. 38 beschriebenen kleinen pneumatischen Wanne über Wasser in einem Probierglase auf und bringe einen glimmenden Span hinein; er glüht auf. Stickoxydul gibt also seinen Sauerstoff sehr leicht ab. Erhitzt man Ammoniumnitrat sehr p l ö t z l i c h , so erfolgt die Zersetzung sehr rasch. Man werfe eine Spatelspitze des Salzes in ein Probierglas, dessen Boden man schon vorher in der Flamme zur schwachen Rotglut erhitzt hat: rasche Zersetzung unter Feuererscheinung. Erhitzt man im Probierglase festes A m m o n i u m n i t r i t , bequemer ein Gemisch von Kaliumnitrit und Ammoniumnitrat, so bildet sich Stickstoff, den man so frei von Edelgasen erhält.

Erdalkalimetalle und Magnesium Erdalkalimetalle Die Elemente C a l c i u m (Ca), S t r o n t i u m (Sr), B a r i u m (Ba), die man unter dem Namen Erdalkalimetalle zusammenfaßt, sind silberweiße, feste M e t a l l e , die zwar bedeutend luftbeständiger sind als die Alkalimetalle, aber doch noch ein starkes Bestreben besitzen, sich mit Sauerstoff, Wasserdampf usw. umzusetzen. Mit flüssigem Wasser reagieren sie lebhaft, mit verdünnten Säuren heftig. Ihre O x y d e (z. B. CaO „gebrannter Kalk") sind weiße, erdige Stoffe, die sich mit Wasser energisch zu Hydroxyd umsetzen (z. B. Löschen des Kalks). Die H y d r o x y d e sind beim Stehen an der Luft nicht zerfließlich wie die Alkalimetallhydroxyde. Sie ziehen Kohlendioxyd aus der Luft an (Abbinden des Kalks im Mörtel!) und erweisen sich dadurch als starke Basen. Feuchtes rotes Lackmuspapier wird durch die Hydroxyde blau gefärbt. In Wasser lösen sie sich mittelschwer. Von den S a l z e n sind die Chloride und Nitrate in Wasser leicht löslich, die Carbonate, Oxalate und Sulfate dagegen schwer, z. T. sogar sehr schwer.

Calcium

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Die Sulfide sind nur auf trockenem Wege darstellbar; mit Wasser zersetzen sie sich vollständig, im wesentlichen nach der Gleichung 2CaS + 2 H 2 0 = Ca(SH)2 + Ca(OH)2 . Ähnlich reagieren auch die Carbide, bei deren Zersetzung mit Wasser sich Acetylen C 2 H 2 bildet: CaC2 + 2H 2 0 = Ca(OH)2 + C 2 H 2 . Auch die Erdalkalimetalle und ihre Verbindungen geben wie die Alkalimetalle charakteristische F l a m m e n f ä r b u n g e n .

Calcium Man bringe eine Spur festes Calciumchlorid auf die Spitze eines ausgeglühten Platindrahtes. Man beobachtet im ersten Augenblick ein rotes Aufleuchten, dann eine gelbrote F l a m m e n f ä r b u n g , die oft einen roten Saum besitzt. Diesen erkennt man besonders schön, wenn man die die Substanz tragende Spitze des Drahtes in den unteren seitlichen Teil der Flamme bringt. Im Spektroskop erkennt man vor allem eine gelbrote und eine grüne Linie. Außerdem ist stets eine gelbe Linie zu erkennen, die aber von Verunreinigungen an Natrium herrührt. Andere Salze, die sich in der Hitze zum Oxyd zersetzen, wie z. B. das Nitrat (vgl. S. 37), das Carbonat und das Sulfat, geben die Flammenfärbung am besten, wenn man sie nach einem ersten kurzen Erhitzen einen Augenblick in konzentrierte Salzsäure getaucht hat. Es liegt dies daran, daß eine Färbung der Flamme nur dann erfolgen kann, wenn eine Spur der Substanz verdampft. Dies ist bei dem Chlorid, dessen Siedepunkt bei Atmosphärendruck etwa bei 2000° liegt, auch tatsächlich der Fall. Das Oxyd dagegen (Siedepunkt annähernd 3000°) verdampft bei der Temperatur des Bunsenbrenners noch gar nicht, färbt daher die Flamme nicht.

E i n Stückchen M a r m o r (Calciumcarbonat CaC0 3 ) der Magnesiarinne durch die Gebläseflamme (oder auf dem Lötrohr) stark erhitzt. Dieser Vorgang wird als des Kalksteins technisch in großem Maße ausgeführt. steht der „ g e b r a n n t e K a l k " .

werde auf Kohle mit „Brennen" Dabei ent-

CaC0 3 = CaO + C 0 2 . Ein etwa haselnußgroßes Stück g e b r a n n t e r K a l k werde in einem Porzellantiegel mit wenig Wasser befeuchtet. Nach und nach füge man tropfenweise Wasser hinzu, aber nur so viel, als von dem Stücke aufgesaugt wird. Die Masse erwärmt sich dabei von selbst, erst allmählich, dann schneller, schließlich so stark, daß überschüssiges Wasser verdampft und der Dampf in Strömen entweicht. Wenn gerade die richtige Masse Wasser genommen ist, hinterbleibt ein trockenes weißes Pulver; wenn zuviel verwendet wurde, erhält man einen steifen Brei von C a l c i u m h y d r o x y d . Dieser Prozeß wird als „ L ö s c h e n d e s K a l k s " bezeichnet. CaO + H 2 0 = Ca(OH) 2 .

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Calcium

Der gelöschte Kalk wird, mit Sand und Wasser gemischt, als „Mörtel" zu Bauzwecken verwendet. Beim Trocknen verkittet der Kalk die Sandkörner und Bausteine. Ferner bildet sich mit dem Kohlendioxyd der Luft von außen her Calciumcarbonat. Schließlich setzt sich das Calciumhydroxyd auch sehr langsam mit dem Sand (im wesentlichen Kieselsäure!) zu Calciumsilikat um. Durch alle diese Vorgänge nimmt die Festigkeit dauernd zu.

Eine Probe C a l c i u m h y d r o x y d werde mit Wasser zu einer dünnen milchigen Flüssigkeit angerührt; „Kalkmilch". Diese bläut rotes Lackmuspapier. Eine zweite Probe Calciumhydroxyd werde mit viel Wasser geschüttelt; durch Eiltration erhält man eine wasserklare Lösung von Calciumhydroxyd: „ K a l k w a s s e r " . Ein haselnußgroßes Stück M a r m o r werde in möglichst wenig verdünnter S a l z s ä u r e gelöst. Die Lösung werde filtriert und das Filtrat in einer kleinen Kasserolle unter andauerndem Rühren über freier Flamme eingedampft (Abzug!). Es bleibt eine körnige, weiße, fast wasserfreie Masse zurück, die im Handel als „gekörntes Calciumchlorid" bezeichnet wird. Calciumchlorid ist h y g r o s k o p i s c h . Läßt man ein Stückchen gekörntes Calciumchlorid über Nacht auf einem Uhrglase stehen, so zieht es Wasserdampf aus der Luft an und zerfließt. Es wird daher auch im Laboratorium zum Entwässern von Gasen und Flüssigkeiten benutzt. Für diese Zwecke ist seine poröse Beschaffenheit günstig, weil so eine große Oberfläche vorhanden ist.

Das soeben dargestellte Produkt ist aber noch kein reines Calciumchlorid. Man versuche es in destilliertem Wasser zu lösen; dabei erhält man eine trübe Flüssigkeit, die erst auf Zusatz einiger Tropfen Salzsäure klar wird. Beim Erhitzen hat sich nämlich ein kleiner Teil des Calciumchlorids mit Wasser zu Chlorwasserstoff und Oxyd umgesetzt: CaCl2 + H 2 0 = CaO + 2 H C l . („Hydrolyse"; Näheres vgl. S. 77.) Mit je einem Kubikzentimeter der so dargestellten C a l c i u m chlorid-Lösung stelle man die folgenden Versuche an: A m m o n i a k gibt keine Fällung. Läßt man die Mischung im offenen Gefäße längere Zeit stehen, so trübt sie sich durch Ausscheidung von C a l c i u m c a r b o n a t ; das hierzu nötige Kohlendioxyd wird aus der Luft angezogen. N a t r i u m h y d r o x y d gibt mit hinreichend konzentrierter Calciumchlorid-Lösung eine flockige weiße Fällung von C a l c i u m hydroxyd: CaCl2 + 2NaOH = Ca(OH) 2 + 2NaCl. Ist die Lösung zu verdünnt, so entsteht keine Fällung, weil Calciumhydroxyd eine merkliche Löslichkeit besitzt.

Calcium

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N a t r i u m - oder A m m o n i u m c a r b o n a t geben mit neutraler oder schwach ammoniakalischer Calciumchlorid-Lösung eine flockige Fällung von sehr schwer löslichem C a l c i u m c a r b o n a t : CaCl2 + Na 2 C0 3 = CaC0 3 + 2NaCl. Beim Erwärmen der Mischung geht der Niederschlag allmählich in eine kristallisierte, schwerer lösliche Form über und setzt sich dann gut zu Boden. Die Erscheinung, daß ein Niederschlag erst sehr feinkörnig und schlecht kristallisiert ausfällt und nach einiger Zeit oder beim Erwärmen kristallinisch und grobkörnig wird, findet sich bei sehr schwer löslichen Stoffen vielfach. Die Ausscheidung erfolgt zunächst so schnell, daß eine Ordnung zu wohlausgebildeten Kristallen nicht möglich ist; die „Häufungsgeschwindigkeit" ist größer als die „Ordnungsgeschwindigkeit". Im Laufe der Zeit bilden sich dann aus diesen instabilen, schlecht geordneten Haufen von winzigen Kriställchen gut ausgebildete, größere Kristalle. Infolgedessen läßt man bei quantitativen Fällungen oft einen Niederschlag mit der Lösung, aus der er gefallen ist, einige Zeit bei Zimmertemperatur oder warm stehen. Die Trennung ist nunmehr besser, da der Niederschlag grobkörniger und damit weniger löslich geworden ist. Ferner ist der grobkörnigere Niederschlag bequemer abzufiltrieren. Vgl. die Fällung von Bariumsulfat auf S. 65. Bei nur mäßig schwer löslichen Stoffen erfolgt die Fällung meist nicht so rasch; die Kristalle wachsen verhältnismäßig langsam und sind daher besser ausgebildet. Für Reaktionen, bei denen man den Niederschlag nach der Kristallform beurteilt (vgl. z. B. den Nachweis von Natrium mit Uranylacetat S. 54), eignen sich daher sehr schwer lösliche Stoffe nicht; man benutzt hier Verbindungen, deren Löslichkeit nicht allzu gering ist.

Gibt man die Sodalösung nicht zu einer neutralen, sondern zu einer mit etwa zwei Tropfen Salzsäure schwach angesäuerten Calciumchlorid-Lösung, so fällt unter Entwicklung von Kohlendioxyd nur ein Teil des Calciums als Calciumcarbonat aus; ein anderer Teil bleibt als Calciumbicarbonat Ca(HC0 3 ) 2 gelöst. Aus dem wasserklaren Filtrat scheidet sich in diesem Falle beim Kochen noch etwas Calciumcarbonat aus (vgl. dazu S. 40/41). S c h w e f e l s ä u r e fällt weißes feinkristallinisches C a l c i u m s u l f a t - D i h y d r a t (CaS0 4 -2H 2 0) — aus konzentrierten Lösungen sofort, aus verdünnten erst nach einiger Zeit und beim Anreiben der Wandung mit einem Glasstabe. Calciumsulfat-Dihydrat, „Gips", ist in reinem Wasser etwas löslich; „Gipswasser". Versetzt man Gipswasser mit Sodalösung, so fällt Calciumcarbonat aus. Dieses ist also schwerer löslich als Gips. N a t r i u m p h o s p h a t fällt aus neutralen und ammoniakalischen Lösungen schwer lösliche voluminöse Niederschläge von C a l c i u m p h o s p h a t e n wechselnder Zusammensetzung, die langsam kristallin werden. Bei Zugabe von starken Säuren lösen sich diese Niederschläge wieder auf. A m m o n i u m o x a l a t gibt mit der zuvor ammoniakalisch zu

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Strontium und Barium

m a c h e n d e n L ö s u n g einen sehr schwer löslichen Niederschlag von Calciumoxalat: CaCl 2 + ( N H 4 ) 2 C 2 0 4 = C a C 2 0 4 + 2 N H 4 C 1 . Beim s t a r k e n G l ü h e n g e h t d a s O x a l a t i n O x y d ü b e r : C a C 2 0 4 = CaO + C 0 2 + CO . Calciumoxalat eignet sich zur Abscheidung des Calciums in der q u a n t i t a t i v e n Analyse. Zur Trennung von Strontium und Barium kann diese Umsetzung aber nicht benutzt werden, weil diese Metalle ebenfalls schwer lösliche Oxalate bilden. Calciumoxalat fällt nicht nur aus ammoniakalischer, sondern auch aus essigsaurer Lösung; Strontiumoxalat dagegen ist in essigsäurehaltigem Wasser etwas, Bariumoxalat erheblich löslich. E i n Probierglas voll W a s s e r werde m i t d e m D a u m e n verschlossen, u m g e k e h r t u n d in eine Porzellanschale m i t W a s s e r gestellt. B r i n g t m a n ein e t w a erbsengroßes S t ü c k C a l c i u m c a r b i d u n t e r die Münd u n g des Probierglases, so s a m m e l t sich d a s entwickelte A c e t y l e n i m Glase. W e n n d a s Glas m i t Gas gefüllt ist, verschließe m a n es wieder u n d ö f f n e es n a h e einer F l a m m e : V e r b r e n n u n g m i t s t a r k rußender Flamme. Strontium und Barium Strontium- und Bariumsalze verhalten sich den Reagentien: Ammoniak, Natriumhydroxyd, Ammonium- und Natriumcarbonat, Natriumphosphat und Ammoniumoxalat gegenüber ganz ähnlich wie die Calciumsalze. Infolge dieser großen Ähnlichkeit, die ihr Gegenstück in der Gleichartigkeit des Verhaltens von Kalium-, Rubidium- und Caesium-Verbindungen findet — vgl. die Stellung dieser Elemente im Perioden-System! •— ist es sehr wichtig, die Abs t u f u n g e n d e r L ö s l i c h k e i t e n genau zu kennen. Bei den H y d r o x y d e n nimmt die Löslichkeit von der Calcium- zur Barium-Verbindung zu; aus kochender wäßriger Lösung läßt sich Bariumhydroxyd bequem Umkristallisieren. Daß Calciumoxalat schwerer löslich ist als Strontium- und Bariumoxalat, wurde schon hervorgehoben. 1 Umgekehrt ist Bariumsulfat sehr viel schwerer löslich als Calciumsulfat. Noch ausgeprägter sind die Unterschiede bei den C h r o m a t e n ; während Calciumchromat ziemlich leicht und Strontiumchromat mäßig schwer löslich ist, ist Bariumchromat sehr schwer löslich. Über die Chromate kann man daher Barium von Strontium und Calcium trennen. Wegen der Ähnlichkeit der drei Elemente zieht man zu ihrer Trennung neben den Löslichkeitsunterschieden in wäßriger Lösung auch solche der wasserfreien Verbindungen in w a s s e r f r e i e m A l k o h o l heran: Calciumchlorid ist in diesem Lösungsmittel leicht, Strontiumchlorid ziemlich leicht löslich, während Bariumchlorid schwer löslich ist. Bei den Nitraten ist die Calciumverbindung leicht löslich, während die Strontium- und die Bariumverbindung schwer löslich sind. Während Bariumchromat durch Behandeln mit Mineralsäuren leicht gelöst werden kann (vgl. auch S. 123), lassen sich Barium- und Strontiumsulfat nur durch Schmelzreaktionen „aufschließen". Näheres vgl. S. 128/129. In der F l a m m e ergeben Strontiumsalze prächtig r o t e , Bariumsalze g r ü n e Färbungen. Im Spektroskop beobachtet man im ersten Falle neben der stets vorhandenen Natriumlinie mehrere rote und eine violette, im zweiten mehrere grüne Linien.

Magnesium

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Man prüfe unter Beobachtung des beim Calcium Angeführten die F l a m m e n f ä r b u n g einiger Strontium- und Bariumsalze. Bei den Sulfaten ist hier vorherige Reduktion zum Sulfid (durch Glühen mit Kohle oder durch Erhitzen der Probe in der Spitze des Reduktionskegels des Bunsenbrenners) und Befeuchten mit Salzsäure erforderlich. Die Abnahme der Löslichkeit der S u l f a t e vom Calcium zum Barium zeigen folgende Versuche: Zu einer Strontiumsalz-Lösung werde der gleiche bis doppelte Raumteil G i p s w a s s e r gesetzt: es entsteht — gewöhnlich erst nach einiger Zeit, schnell beim Aufkochen — ein weißer Niederschlag von Strontiumsulfat. Etwas Bariumchlorid-Lösung gibt mit S t r o n t i u m s u l f a t - L ö s u n g langsam, mit Gips w a s s e r sofort einen Niederschlag von Bariumsulfat. Man versetze etwas B a r i um chlorid-Lösung von Raumtemperatur mit verdünnter S c h w e f e l s ä u r e und filtriere; der Niederschlag ist so feinkörnig, daß er zum Teil durch das Filter läuft. Man wiederhole den Versuch, indem man die beiden Lösungen vor dem Vereinigen zum Sieden erhitzt und die Mischung dann noch einige Zeit vor dem Filtrieren warm hält; der Niederschlag ist jetzt gröber und das Filtrat vollkommen klar. B a r i u m c h l o r i d - L ö s u n g gibt mit K a l i u m c h r o m a t - L ö s u n g einen gelben Niederschlag von Bariumchromat: BaCl2 + K 2 Cr0 4 = BaCrO, + 2 KCl. Der Niederschlag ist in verdünnter Essigsäure unlöslich, dagegen in Salzsäure löslich (vgl. dazu auch S. 123). Um in entsprechender Weise einen Niederschlag von S t r o n t i u m c h r o m a t zu erhalten, muß man konzentrierte Lösungen benutzen. Beim Zusammengießen der neutralen Lösungen bildet sich langsam gelbes Strontiumchromat. Daß es sich um eine nicht allzu schwer lösliche Verbindung handelt, erkennt man schon daran, daß die Kristalle ziemlich groß sind. Strontiumchromat löst sich bei Zugabe von Essigsäure. Magnesium Die Eigenschaften der Magnesium-Verbindungen sind zum größten Teil ohne weiteres aus der Stellung des Magnesiums im Perioden - System abzuleiten. So schließt sich die Schwerlöslichkeit des H y d r o x y d s der Abstufung unter den Erdalkalimetallen an. Diese Schwerlöslichkeit des Hydroxyds bedingt, daß die Hydroxyd- bzw. Oxyd-Haut, die auf dem M e t a l l durch die Luftfeuchtigkeit und den Luftsauerstoff entsteht, dieses bei Zimmertemperatur vor weiterer Einwirkung schützt. Infolgedessen sind einige Legierungen, die überwiegend aus Magnesium bestehen (,,Elektron"-Metall), wichtige Werkstoffe, die mit geringem spezifischen Gewicht den weiteren Vorteil verbinden, daß der Rohstoff in Deutschland im Überfluß vorhanden ist. Bei hohen Temperaturen reicht der Schutz des Magnesiums durch die Oxydhaut B i l t z , Einführung. 21. Aufl.

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Magnesium

allerdings nicht aus; das Metall verbrennt dann mit blendend weißem Licht, das reich an den photographisch besonders wirksamen ultravioletten Strahlen ist. Dem Gange der Löslichkeiten in den Verbindungen der Erdalkalimetalle schließt sich das Magnesium auch insofern an, als sein S u l f a t und Chlorid sehr leicht löslich, sein C a r b o n a t und P h o s p h a t schwer löslich sind. Durch Fällung mit Natriumcarbonat-Lösung erhält man allerdings zunächst ein basisches Carbonat, das aber beim Stehen mit kohlensäurehaltigem Wasser in das neutrale Carbonat MgC03 übergeht; in der Natur findet sich dieses als „Magnesit". Aus ammoniakalischer Lösung fällen Phosphate A m m o n i u m m a g n e s i u m p h o s p h a t NH 4 MgP0 4 , das analytisch für die Erkennung und Abscheidung sowohl von Phosphorsäure (vgl. S. 47) als auch von Magnesium wertvoll ist.

Ein Stück M a g n e s i u m b a n d von Fingerlänge werde an einem Ende mit einer Pinzette gefaßt, das andere Ende werde in eine Flamme gehalten. Es entzündet sieh und verbrennt ohne weitere Wärmezufuhr mit blendend weißem hellen Lichte unter Bildung eines weißen Rauches zu M a g n e s i u m o x y d . Man bringe den Verbrennungsrückstand in eine Porzellanschale. Eine Probe des Rückstandes werde mit einem Tropfen Wasser auf rotes Lackmuspapier gebracht; dieses bläut sich nach einiger Zeit, da das Oxyd langsam Wasser anlagert und das gebildete Hydroxyd in Wasser nicht ganz unlöslich ist. Der Rest des Magnesiumoxyd-Rückstandes werde mit möglichst wenig (einigen Tropfen) Salzsäure gelöst, die Lösung mit etwas Wasser verdünnt und von geringen ungelösten Teilchen abfiltriert. Diese bestehen wesentlich aus Siliciumdioxyd Si0 2 , das sieh bei der Verbrennung aus etwas im Magnesium enthaltenen Silicium gebildet hat. Die Magnesiumchlorid-Lösung werde zu folgenden Fällungen benutzt: N a t r i u m h y d r o x y d gibt einen weißen flockigen Niederschlag von Magnesiumhydroxyd. MgCl2 + 2NaOH = Mg(OH) 2 + 2NaCl. A m m o n i a k fällt ebenfalls Magnesiumhydroxyd aus. Die Fällung ist nicht vollständig. Auf Zusatz von Ammoniumchlorid löst sich der Niederschlag wieder auf. Wenn zum Auflösen des Magnesiumoxydes zuviel Salzsäure verwendet wurde, entsteht deshalb überhaupt kein Niederschlag. Der Versuch ist dann mit etwas säurefreier Magnesiumsalz-Lösung des Reagentienvorrates zu wiederholen. Die Erklärung dieser eigenartigen lösenden Wirkung des Ammoniumchlorids werden wir S. 75 u. 81 kennenlernen.

N a t r i u m c a r b o n a t fällt unter Abgabe von Kohlensäure weißes basisches Magnesium c a r b o n a t von wechselnder Zusammensetzung aus; „Weiße Magnesia". Auch hier entsteht bei Gegenwart von Ammoniumsalzen kein Niederschlag; der schon entstandene Niederschlag löst sich auf Zusatz von Ammoniumchlorid-Lösung wieder auf.

Chemisches Gleichgewicht — Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

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N a t r i u m p h o s p h a t : Zu einer Probe Magnesiumsalz-Lösung gebe man etwas Ammoniumchlorid, um ein Ausfallen von Magnesiumhydroxyd zu verhindern, und mache mit Ammoniak alkalisch. (Oder man säuere die Magnesiumsalz-Lösung mit Salzsäure an und gebe Ammoniak im Überschuß hinzu.) Dann versetze man mit etwas Natriumphosphat-Lösung: es fällt A m m o n i u m m a g n e s i u m p h o s p h a t aus. MgCl2 + NH 3 + Na 2 HP0 4 = 2NaCl + NH 4 MgP0 4 Aus verdünnten Lösungen fällt der Niederschlag erst nach einiger Zeit. Wie bereits S. 57/58 bemerkt wurde, befördert man in derartigen Fällen die Kristallisation dadurch, daß man die Flüssigkeit umrührt und mit dem Glasstabe dabei an den Wänden des Glases kratzt. Man stelle den Niederschlag auf dem Objektträger in der Weise her, daß man je e i n e n Tropfen der ammoniakalischen Magnesiumchlorid- und der Phosphat-Lösung getrennt auf das Glas bringt und dann mit einer dünnen Glasspitze eine Verbindung zwischen den beiden Tropfen herstellt, so daß die Lösungen langsam ineinander diffundieren. Es bilden sich dann verhältnismäßig große Kristalle, deren Form man unter dem Mikroskop betrachte (sargdeckelähnliche Einzelformen bzw. scheren- und sternförmige Verwachsungen). Chemisches Gleichgewicht Das Wesen der chemischen Gleichgewichte Das Verdampfungsgleichgewicht (flüssige und, gasförmige Phase). Bringt man in ein Weines evakuiertes Kölbchen, das mit einem Quecksilbermanometer verbunden ist, etwas Wasser, so zeigt das Manometer einen kleinen Ausschlag: Bs herrscht also kein Vakuum mehr, sondern es muß sich ein gasförmiger Stoff gebildet haben. Dies kann nur Wasserdampf sein. Der Druck des entwickelten Wasserdampfes, der „Sättigungsdruck" oder „Dampfdruck" des Wassers, erreicht dabei — vorausgesetzt, daß so viel Wasser vorhanden ist, daß ein Teil flüssig bleibt — einen g a n z b e s t i m m t e n Wert. Er ist um so größer, je höher die Versuchstemperatur ist. Die durch Versuche der geschilderten Art erhaltene „Dampfdruckkurve" ist in Abb. 19 dargestellt. Der Dampfdruck Temperatur ist praktisch unabhängig von der Gegenwart fremder Gase, z. B. Luft 1 ). Figur 19. Dampfdruck-Kurve ') Direkt über einer Wasseroberfläche enthält demnach die Luft so viel Wasserdampf, wie dem Dampfdruck bei der betreffenden Temperatur entspricht. Im allgemeinen ist jedoch der Wassergehalt der Luft geringer; die Luftfeuchtigkeit hängt von der jeweiligen Wetterlage ab.

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

68

Dies ist der einfachste Fall eines p h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e n Gleichg e w i c h t e s . Es hat mit dem stabilen mechanischen Gleichgewicht die Eigenschaft gemeinsam, auf erzwungene Störungen mit einer freiwilligen Rückkehr in die Gleichgewichtslage zu antworten. Denkt man sich z. B. das Kölbchen mit einem beweglichen Stempel verseilen, der es gestattet, das Volumen zu ändern, so wird durch eine Volumenverkleinerung nicht — wie sonst bei einem Gase — der Gasdruck erhöht, sondern es geht so viel Wasserdampf in flüssiges Wasser über, bis wieder der ursprüngliche Wasserdampfdruck vorhanden ist. Bei einer Vergrößerung des Volumens verdampft entsprechend flüssiges Wasser, bis der Gleichgewichtsdruck eingestellt ist. Erhöht man bei einer in einem offenen Gefäß befindlichen Flüssigkeit wie Wasser die Temperatur, bis der Dampfdruck gleich dem Druck der äußeren Atmosphäre geworden ist, so ist der entwickelte Dampf nunmehr imstande, die auf der Flüssigkeit lastende Luft vor sich herzuschieben, und es entstehen im Inneren der Flüssigkeit Dampfblasen. Die Flüssigkeit „ k o c h t " oder „ s i e d e t " . Leitet man andererseits bei Raumtemperatur über eine Schüssel mit Wasser Luft, die weniger Wasserdampf enthält, als dem Wasserdampfdruck bei der betreffenden Temperatur entspricht, so gibt das Wasser in dem Bestreben, in dem darüberstehenden Gase den Gleichgewichtsdruck an Wasserdampf herzustellen, an das Gas dauernd Wasserdampf ab, der infolge der Gasbewegung immer wieder weggeführt wird; das Wasser „ v e r d u n s t e t " (vgl. z. B. das Trocknen von Wäsche!). Gleichgewichte zwischen einem, Gas und festen Stoffen. Ganz ähnliche Verhältnisse haben wir auch bei manchen c h e m i s c h e n U m s e t z u n g e n . Beim Brennen von Kalkstein z. B. spaltet sich dieser in festes Calciumoxyd und gasförmiges Kohlendioxyd: CaC03 CaO + C0 2 . Andererseits kann sich Calciumoxyd mit Kohlendioxyd wieder zu Calciumcarbonat vereinen: CaO + C0 2 -> CaC0 3 . Beide Gleichungen kann man unter Verwendung eines Doppelpfeiles zu der Gleichung: CaC03 ^ CaO + C0 2 vereinen, die ausdrücken soll, daß die Umsetzung je nach den herrschenden Bedingungen entweder von links nach rechts oder von rechts nach links verläuft. Man spricht deshalb auch von einer „ u m k e h r b a r e n R e a k t i o n " . Erhitzt man Kalkstein in einem abgeschlossenen Räume, so stellt sich ein ganz bestimmter Kohlendioxyd-Druck, ein „Gleichgewichtsdruck", ein, der mit steigender Temperatur in ganz entsprechender Weise ansteigt, wie es Fig. 19 für den Sättigungsdruck des Wassers gezeigt hat. (Voraussetzung ist natürlich wieder, daß so reichlich Kalkstein verwendet wurde, daß er noch nicht vollständig zersetzt ist.) Stört man auch hier dieses Gleichgewicht, indem man z. B. in einem offenen Gefäß erhitzt und durch Überleiten von Luft das Kohlendioxyd dauernd entfernt, so wird laufend weiter Kohlendioxyd abgespalten, bis das Calciumcarbonat vollständig zersetzt ist. Löslichkeit (z. B. flüssige und feste Phase). Weitere Beispiele für physikalisch-chemische Gleichgewichte bietet uns die Erscheinimg der L ö s l i c h k e i t . Die meisten Stoffe, wie z. B. Kochsalz, Kaliumnitrat usw., lösen sich in Wasser bis zu einer bestimmten Sättigungskonzentration 1 ). Überschüssig zugesetzter fester Stoff löst sich nicht mehr, sondern bleibt unverx

) Manche Stoffe lösen sich allerdings in bestimmten anderen Stoffen in unbegrenzter Menge auf, z. B. Alkohol in Wasser („völlige Mischbarkeit").

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

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ändert am Boden des Gefäßes zurück („Bodenkörper"). Die überstehende Lösung bezeichnet man dann als „gesättigt". Die Sättigungskonzentration ist unabhängig von der anwesenden Menge des festen Bodenkörpers. Eindunsten der Lösung stört das Löslichkeitsgieichgewicht ebenso, wie eine Verminderung des Volumens das Verdampfungsgleichgewicht beeinflußt. Die dadurch willkürlich erzeugte Erhöhung der Konzentration wird durch Auskristallisieren einer entsprechenden Menge des gelösten Stoffes rückgängig gemacht. Die Größe der L ö s l i c h k e i t bewegt sich bei verschiedenen Stoffen innerhalb sehr weiter Grenzen. So lösen 100 g Wasser bei Zimmertemperatur fast 100 g Natriumnitrat, aber nur Yiooo mg Quecksilbersulfid. Vollkommen unlösliche Stoffe gibt es nicht; 80 auch von den schwer löslichen Stoffen (zu denen das Queck10 silbersulfid gehört) gehen geringe Beträge in Lösung, wie 60 • das z. B. der Versuch auf so S. 65 für Erdalkali-Sulfate gezeigt hatte. Infolgedessen * 10 kann man durch Fällung NsP so* einen Stoff auch nie restlos ^ 30 aus der Lösung entfernen. Na d Allerdings ist die Löslichkeit vieler Niederschläge für die meisten praktischen Zwecke i i i i zu vernachlässigen. o 0° 10° 20° 30° 40° 50° 60° 70° 30° 90° DO° C Wie alle Gleichgewichte •iTemperaft/r hängt auch das Löslichkeitsgleichgewicht von der Figur 20. Löslichkeiten T e m p e r a t u r ab, aber b(3i den einzelnen Stoffen in verschiedener Weise. Die Sättigungskonzentration einiger Stoffe fällt mit steigender Temperatur (z. B. Natrium-Sulfat oberhalb 31°). In der Regel steigt sie mit der Temperatur an, bei manchen Stoffen (z. B. Natriumchlorid) schwach, bei anderen (Kaliumnitrat) stark (vgl. Fig. 20). Kühlt man eine heiß gesättigte Lösung eines Stoffes der letzten Art ab, so sollte entsprechend der Abnahme der Löslichkeit mit fallender Temperatur ein Teil des gelösten Stoffes auskristallisieren. Oft unterbleibt aber diese Ausscheidung, man erhält sogenannte „ ü b e r s ä t t i g t e " L ö s u n g e n . Diese stellen natürlich keinen Gleichgewichtszustand dar. Die ausgebliebene Kristallisation kann meist durch Hinzufügung eines winzigen Kriställchens („Keims") des betreffenden Stoffes oder aber durch Kratzen der Gefäßwand mit einem Glasstabe momentan ausgelöst werden: der „labile" Zustand geht damit in das „stabile" Gleichgewicht über. Manchmal gelingt die Aufhebung des übersättigten Zustandes aber nur schwierig (z. B. bei Kaliumbitartrat- oder Calciumoxalat-Lösungen vgl. S. 57 u. 64). Der D a m p f d r u c k einer L ö s u n g ist stets geringer als der des reinen Lösungsmittels bei der gleichen Temperatur. Die Dampfdruckerniedrigung ist um so größer, je höher die Konzentration der Lösung ist. Infolgedessen haben gesättigte Lösungen sehr leicht löslicher Stoffe einen kleineren Dampfdruck, als der mittleren Luftfeuchtigkeit entspricht. Daher ziehen solche Stoffe im festen Zustande Wasserdampf aus der Luft an und bilden damit gesättigte Lösungen; sie sind „ h y g r o s k o p i s c h " und zerfließlich1).

u •/A

*) In manchen Fällen besitzt aber auch nur das f e s t e H y d r a t eines Stoffes einen geringeren Wasserdampfdruck als der Luftfeuchtigkeit entspricht, nicht aber die gesättigte Lösung dieses Hydrats. Solche Stoffe, z. B. wasser-

70

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

Auch bei der Auflösung von Gasen in Flüssigkeiten handelt es sich um Gleichgewichte. In diesem Falle ist aber die Sättigungskonzentration des gelösten Stoffes verschieden je nach dem D r u c k (Partialdruck), unter dem das zu lösende Gas mit der Lösung in Berührung steht. Mit Erhöhung des Druckes steigt die Löslichkeit (Henrysches Gesetz). Mit steigender T e m p e r a t u r nimmt in allen praktisch bedeutsamen Fällen die Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten ab. Homogene Oleichgewichte. Bei den bisher besprochenen Beispielen handelte es sich stets um Gleichgewichte zwischen mehreren Phasen, z. B. zwischen flüssiger und gasförmiger, zwischen fester und flüssiger Phase usw. Nicht weniger wichtig als diese „heterogenen" Gleichgewichte sind die „ h o m o g e n e n " . Unter homogenen Reaktionen versteht man solche chemischen Umsetzungen, die sich nur in e i n e r Phase abspielen. Hierher gehören z. B. alle Umsetzungen, die in einer Lösung ohne Niederschlags- oder Gasentwicklung verlaufen, oder solche, die ausschließlich im Gaszustande vor sich gehen. Bei derartigen Fällen sind wir bisher auf die Erscheinung des Gleichgewichts deswegen noch nicht aufmerksam geworden, weil bei ihnen die Umsetzungen meist weniger augenfällig sind und oft nur indirekt erkannt werden können. Das gilt auch für den folgenden Versuch: Ein Glasrohr v o n etwa 10 mm lichter Weite und etwa 25 cm Länge werde an beiden Enden durch Korkstopfen mit zwei Wasch-

flaschen verbunden; an die eine Waschflasche wird eine K i p p scher Apparat zur W a s s e r s t o f f e n t w i c k l u n g angeschlossen (richtige Schaltung der Waschflaschen beachten! Vgl. Fig. 21). Die Waschflasche, die an den Wasserstoffentwickler angeschlossen ist, wird mit wenigen Tropfen flüssigen B r o m s (Vorsicht, nicht mit der Haut in Berührung kommen lassen!), die andere mit so viel Wasser beschickt, daß das Einleitungsrohr eben in das Wasser eintaucht. D a n n öffnet m a n den H a h n des Wasserstoffentwicklers so weit, daß man in der rechten Waschflasche die Blasen eben noch zählen kann. N a c h einigen Minuten prüfe man, ob alle Luft verdrängt ist. Zu diesem Zwecke wird ein leeres Probierglas über den Gasaustritt a m Ende der Apparatur gehalten, und zwar in schräger Lage, mit der Öffnung nach unten (vgl. Fig. 21). Nach etwa einer halben Minute entfernt freies Kupfersulfat, sind hygroskopisch — sie nehmen Wasserdampf aus der Luft zur Bildung des festen Hydrats auf —, sie sind aber nicht zerfließlich.

Das Wesen der chemischen Gleichgewichte

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man das Probierglas und verschließt es mit dem Daumen, nähert es einer Flamme und öffnet es wieder. Explodiert der Inhalt mit lautem Knall, so ist noch Luft in der Apparatur. Nachdem die Flamme im Probierglase s i c h e r e r l o s c h e n ist, wiederholt man die Prüfung, bis der Inhalt des Probierglases sich fast lautlos entzünden läßt. E r s t j e t z t erhitze man das horizontale Glasrohr, etwa mit zwei Brennern mit Breit brenneraufsatz, während das Glasrohr durch eine untergelegte Rinne aus Asbestpappe vor zu starker Erhitzung geschützt wird. Es soll nicht bis zur Erweichung des Glases erhitzt werden. Nachdem der Versuch einige Minuten in dieser Weise durchgeführt worden ist, lösche man die Brenner, stelle den Wasserstoffstrom ab und versetze einen Teil der wäßrigen Flüssigkeit der rechten Waschflasche in einem Probierglase mit einigen Tropfen Silbernitrat-Lösung. Es entsteht ein gelblich weißer Niederschlag von Silb e r b r o m i d . Sein Auftreten beweist (vgl. S. 93) die Gegenwart von B r o m i o n e n ; denn elementares Brom gibt diese Fällung nicht. Es muß sich also das Gemisch von Wasserstoff- und Bromgas in dem erhitzten Rohre — wenigstens zum Teil — umgesetzt haben: H 2 + Br 2

2HBr .

Der dabei gebildete B r o m w a s s e r s t o f f hat sich dann in dem vorgelegten Wasser der rechten Waschflasche gelöst. Man nehme die Apparatur auseinander, reinige sie gut mit destilliertem Wasser, trockne das weite Glasrohr, beschicke die an den Gasentwickler angeschlossene Waschflasche mit einigen Kubikzentimetern konzentrierter B r o m w a s s e r s t off säure, die andere wieder mit einigen Kubikzentimetern Wasser und schließe die Apparatur wieder in gleicher Weise wie eben zusammen; nur der Wasserstoffentwickler werde durch einen K i p p sehen Apparat zur K o h l e n dioxydentwicklung ersetzt. Nachdem man einige Zeit Kohlendioxyd durch die Apparatur geleitet hat, heize man das horizontale Glasrohr wiederum. Nach einigen Minuten unterbreche man den Versuch und prüfe die wäßrige Lösung in der rechten Waschflasche mit etwas Kaliumjodidstärke-Lösung. Die entstehende B l a u f ä r b u n g beweist die Gegenwart von elementarem Brom 1 ), die sich oft auch schon unmittelbar an der gelben Farbe der zu prüfenden Lösung bemerkbar macht. Bei diesem Versuch ist also das Bromwasserstoffgas, von dem der C0 2 -Strom aus der ersten Waschflasche etwas mit sich führt, durch das Erhitzen wenigstens teilweise zersetzt worden nach der Gleichung: 2HBr

H 2 + Br 2 .

J ) Es wird durch die Einwirkung des Broms auf das Kaliumjodid nach der Gleichung: 2KJ + Br2 = 2KBr + J 2 freies Jod gebildet, das die Stärkelösung blau färbt; vgl. auch S. 149.

72

Das Massenwirkungsgesetz

Da dies die Umkehrung der obigen Umsetzung ist, haben wir es auch hier mit einer u m k e h r b a r e n R e a k t i o n zu tun, die zu einem Gleichgewicht führen muß. An diesem sind in diesem Falle nur g a s f ö r m i g e Reaktionspartner beteiligt. Das Auffangen von Bromwasserstoff bzw. elementarem Brom in flüssigem Wasser waren nur Vorkehrungen, die zum N a c h w e i s e der gebildeten Stoffe notwendig waren. Ebenso wie es völlig unlösliche Stoffe nicht gibt, so führen auch fast alle chemischen Reaktionen zu Oleichgewichten, bei denen Ausgangsstoffe und entstehende Stoffe n e b e n e i n a n d e r vorliegen. Allerdings liegt das Gleichgewicht vielfach sehr weit zugunsten der einen Seit der Umsetzungsgleichung, so daß entweder die Ausgangsstoffe oder die entstehenden Stoffe nur in verschwindend kleiner Menge zugegen sind. Auch bei chemischen Umsetzungen gibt es V e r z ö g e r u n g e n der Gleichgewichtseinstellung, ähnlich wie wir es S. 69 f ü r die übersättigten Lösungen besprochen haben. So sollte das „Knallgas", d. h. ein Gemisch von Wasserstoff und Sauerstoff, bei Zimmertemperatur eigentlich zu einem Gleichgewicht H2 + 0 2 ^

2H20

führen, das praktisch vollständig zugunsten des Wassers liegt. Tatsächlich bleibt aber „Knallgas" bei Zimmertemperatur praktisch unverändert. Der Grund für diese Erscheinung ist der, daß die G e s c h w i n d i g k e i t , mit der sich Wasserstoff und Sauerstoff vereinigen, bei Zimmertemperatur so gering ist, daß das Gleichgewicht erst nach Millionen von Jahren erreicht werden würde. Durch Temperaturerhöhung werden die Geschwindigkeiten aller chemischen Reaktionen stark vergrößert. Erhitzt man das Knallgasgemisch an einer Stelle, so setzt hier die Reaktion ein; die dabei frei werdende Energie bringt die benachbarten Teile auf eine Temperatur großer Reaktionsgeschwindigkeit, und nun schreitet die Umsetzung fast momentan durch die ganze Mischung fort: E x p l o s i o n .

Das Massenwirkungsgesetz Bringt man die Gase S c h w e f e l d i o x y d S 0 2 und C h l o r Cl2 bei erhöhter Temperatur zusammen, so bildet sich teilweise S u l f u r y l c h l o r i d S0 2 C1 2 ; es stellt sich dabei folgendes Gleichgewicht ein: S 0 2 + Cl2 ^

S0,C1 2 .

Die nähere Untersuchung ergibt für das Verhältnis, in dem die drei Stoffe im Gleichgewicht nebeneinander vorhanden sind, eine sehr einfache, zahlenmäßige Beziehung. Bezeichnen wir die P a r t i a l d r u c k e der drei Stoffe im Gleichgewichtszustande mit f>(,,a und y SOs( . l2 > so gilt: - P s o ' c l * = const. PflO.'?«, Der P a r t i a l d r u c k des e n t s t e h e n d e n S t o f f e s , d i v i d i e r t durch das P r o d u k t aus den P a r t i a l d r u e k e n der Ausgangsstoffe, ist demnach gleich einem k o n s t a n t e n Zahlen wert, de r „ G l e i c h g e w i c h t s k o n s t a n t e n*'. Ks ist dabei keineswegs notwendig, daß man von „stöchiometrischen" Mengen Schwefeldioxyd und Chlor ausgeht; es ist vielmehr ganz gleichgültig, ob man viel Sehwefeldioxyd und wenig Chlor zusammengibt oder umgekehrt. Für den sieh einstellenden Gleichgewichtszustand erweist sich die obige Gleichung

Das Massenwirkungsgesetz

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unter allen Umständen als gültig. Gibt man z. B. zu einem im Gleichgewicht befindlichen System neues Schwefeldioxyd, so daß Pg 0 l vergrößert wird, so bildet sich mehr Sulfurylchlorid; es werden also p c l j kleiner und P S O s C l j größer, und zwar in solchem Umfange, daß der Quotient Pg^Q./i'so.'i'ci. wieder den gleichen Zahlenwert erreicht wie vorher. Voraussetzung ist dabei nur, daß die T e m p e r a t u r die gleiche bleibt. Untersucht man das Gleichgewicht bei verschiedenen Temperaturen, so erhält man auch verschiedene Zahlenwerte für die Gleichgewichtskonstante. Handelt es sich um ein Gleichgewicht, bei dem ein Reaktionspartner mit m e h r e r e n Molekeln an der Umsetzung beteiligt ist, wie z. B. bei dem S. 70ff. besprochenen Gleichgewicht der Bromwasserstoffbildung: H 2 + Br2 ^

2HBr ,

so können wir dafür auch schreiben: H 2 + Br 2 HBr + HBr . Die Partialdrucke im Gleichgewichtszustande sind dementsprechend durch folgende Beziehung: W y H B r

= const oder — = const PHi'PBr. PH.'PBr. miteinander verknüpft: Nimmt ein Partner mit mehreren Molekeln an der Umsetzung teil, so ist also in die Gleichgewichtsbedingung sein Partialdruck mit der entsprechenden P o t e n z einzusetzen. Weitere wichtige B e i s p i e l e für die Anwendung dieses Gesetzes auf Gasreaktionen sind: 1. Die Darstellung von S c h w e f e l t r i o x y d : Pan SOa 2 S 0 2 + 0 2 ^ 2S0 3 = const . 2 Pso.'Po, 2. Die Gewinnung von A m m o n i a k aus Stickstoff und Wasserstoff: Pim ' = const. Ps.-Pk. Nach den Gasgesetzen ist die K o n z e n t r a t i o n c eines Gases proportional seinem Partialdruck 1 ). Deshalb gilt für die Konzentrationen die gleiche Gesetzmäßigkeit wie für die Partialdrucke. Für das letzte Beispiel heißt dann die Gleichgewichtsbedingung:

N, + 3H 2 ^

2NH 3

c nV c H, In dieser Form, d. h. ausgedrückt in den Konzentrationen, hat das Gesetz auch Gültigkeit für die Reaktionen in L ö s u n g e n . Beispiele hierfür werden in den nächsten Abschnitten behandelt. Das soeben besprochene Gesetz wurde 1867 von den beiden Norwegern G u l d b e r g und W a a g e entdeckt. Da diese das, was wir heute „Konzentration" nennen, als „aktive Masse" bezeichneten, sprachen sie es in folgender Form aus: Die W i r k u n g e i n e s S t o f f e s i s t s e i n e r a k t i v e n Masse p r o -

') Das Gasgesetz lautet: p = n/v ET, wobei n = Anzahl Mole, v = Volumen, R = Gaskonstante, T = absol. Temperatur, n/v = Anzahl Mole in der Volumeneinheit, d. h. die Konzentration bedeuten.

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Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktioien usw.

p o r t i o n a l . Daher heißt das Gesetz heute noch das Massenwirkungsgesetz. Man lasse sich aber nicht zu der Ansicht verleiten, als ob die absolute Masse eines Reaktionsteilnehmers für das Gleichgewicht von Bedeutung sei. Das Entscheidende ist vielmehr immer die in der V o l u m e n e i n h e i t voiiandene Masse, d. h. die „Konzentration". Es ist heute meist üblich, die Konzentration eines Stoffes dacVirch zu bezeichnen, daß man das chemische Symbol eines Stoffes in eckige Khmmern schließt. So ist z. B. zu lesen: [HBr] = Konzentration des Bromwassffstoffes; [Cl2] = Konzentration des molekularen Chlors; [Cl~] = Konzentration der Chlorionen usw. Für die allgemeine Umsetzungsgleichung: m i + n i + oO-f

=uP

+ vQ + wR+

lautet dann das Massenwirkungsgesetz: [ p f - r o f -[-Rf [AT • [Bf-[Cf

= const .

Der eingangs dieses Kapitels (S. 68) benutzte Vergleich des chemischen mit dem mechanischen Gleichgewicht hinkt wie alle Vergleiche insbesondere insofern, als das mechanische Gleichgewicht ein statisches, das chemische ein d y n a m i s c h e s ist. Das chemische Gleichgewicht kommt nicht dadurch zustande, daß bei den Bedingungen des Gleichgewichts die Molekeln der vorhandenen Stoffe überhaupt nicht mehr miteinander reagieren. Vielmehr erfolgen auch im Gleichgewichtszustande dauernd Reaktionen im Sinne der Umsetzungsgleichung, und zwar sowohl von links nach rechts als auch von rechts nach links. Jedoch ist unter den Gleichgewichtsbedingungen der Umsatz in beiden Richtungen gleich groß. Infolgedessen verändern sich die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer nicht, so daß der Beobachter fälschlicherweise den Eindruck gewinnt, als ob alles in Ruhe sei. Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen in wäßriger Lösung Alle Dissoziationsreaktionen von in Wasser gelösten Elektrolyten führen zu Gleichgewichten, die allerdings bei den meisten Salzen und den starken Säuren und Basen weitgehend zugunsten der Dissoziationsprodukte liegen. Bei diesen „ s t a r k e n " Elektrolyten ist das Massenwirkungsgesetz nur in äußerst verdünnten Lösungen gültig, weil in konzentrierteren die Ladungen der Ionen Störungen verursachen. Für die nicht so weitgehend dissoziierenden „ s c h w a c h e n " Elektrolyte gilt dagegen das Massenwirkungsgesetz auch noch für Lösungen mittlerer Konzentration. Einfluß der Verdünnung auf den Dissoziationsgrad. Für die elektrolytische Dissoziation folgt, wie im einzelnen in den Lehrbüchern gezeigt wird, daß der Dissoziationsgrad mit der V e r d ü n n u n g z u n i m m t . So beruht z. B. der S. 23 u. 36 beschriebene Unterschied zwischen konzentriertem und verdünntem Zustande bei Schwefel- und Salpetersäure darauf, daß im ersteren Falle im wesentlichen Molekeln, im letzteren hauptsächlich Ionen vorliegen. Sehr deutlich läßt sich die Zunahme der Dissoziation mit der Verdünnung an folgendem Versuch erkennen, zu dem ein Salz benutzt wird, das im dissoziierten Zustande eine andere Farbe besitzt, als im nicht dissoziierten Zustande.

Man stelle ein wenig einer annähernd gesättigten Lösung von Cuprichlorid her. Da die in Wasser gelösten Cupriionen blau, die

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

75

Cuprichloridmolekeln aber gelbbraun gefärbt sind1), und da ferner in einer konzentrierten Cuprichlorid-Lösung das Salz nur zum Teil dissoziiert ist, so besitzt die Lösung eine Mischfarbe von blau und gelb, also grün. Wird diese Lösung nun allmählich mit Wasser verdünnt, so wird sie blaustichiger. Bei starker Verdünnung geht der Farbton schließlich — einer vollständigen Dissoziation des gelösten Cuprichlorids entsprechend — in reines Blau über. Noch auffälliger ist der Farbumschlag bei Verwendung des schwarzbraunen Cupribromids. Wirkung gleichioniger Zusätze. Für das Dissoziationsgleichgewicht des Cuprichlorides: CuClj ^ Cu 2 + + 2C1ergibt das Massenwirkungsgesetz: [Cu 2+ ]-[Cl - ] 2 /[CuCI 2 ] = const. Daraus ersieht man, daß eine Erhöhung der Chlorionenkonzentration den Anteil der Cupriionen zugunsten der undissoziierten Cuprichloridmolekeln zurückdrängen muß.

Man setze zu konzentrierter grüner Cuprichlorid-Lösung etwas k o n z e n t r i e r t e S a l z s ä u r e hinzu; dabei wird das Grün gelbstichiger. Bei starkem Salzsäurezusatz geht es in das reine Gelbbraun des undissoziierten Cuprichlorides über. Diese V e r m i n d e r u n g d e r D i s s o z i a t i o n d u r c h g l e i c h i o n i g e n Zus a t z ist bei dem eben angeführten Versuche wegen der Farbänderung besonders augenfällig. Nicht so leicht erkennbar, aber wichtiger ist die gleiche Erscheinung bei s c h w a c h e n B a s e n u n d S ä u r e n .

Man gebe in zwei Reagenzgläser je x / 2 ccm verdünnter Ammoniak-Lösung und versetze die eine Probe mit viel Ammoniumchlorid-Lösung, die andere mit der gleichen Menge Wassers. Gibt man dann zu beiden Lösungen 1—2Tropfen P h e n o l p h t h a l e i n Lösung, so zeigt nur die ammoniumchloridfreie Probe die rote Farbe, die Phenolphthalein in alkalischem Medium annimmt; die andere bleibt praktisch farblos. Statt Ammoniumchlorid kann man dabei auch Ammoniumsulfat oder -Nitrat benutzen. In der ammoniumsalzhaltigen Probe muß also die OH _ -Ionenkonzentration so gering sein, daß sie von dem Phenolphthalein nicht mehr angezeigt wird. Das Massenwirkungsgesetz gestattet, diese Erscheinung zu erklären. Die Dissoziation des Ammoniumhydroxyds gehorcht der Gleichung: [NH 4 +]-[OH-] _ [NH 4 OH] Da es sich um eine sehr schwache Base handelt 2 ), ist der Zahlenwert der Dissoziationskonstanten K klein; d. h. nur ein kleiner Bruchteil der Base ist J ) Streng genommen spielt bei der Farbe der konzentrierten bzw. HC1haltigen Lösungen (vgl. später) die Bildimg von Komplexionen (vgl. dazu S. 93 ff.) eine wichtige Rolle; das ist aber für das Wesentliche des Vorganges ohne Bedeutung. 2 ) Wahrscheinlich rührt dies daher, daß die Konstante K des Gleichgewichtes [NH 4 0H]/[NH 3 ][H 2 0] = K' sehr klein ist, so daß man richtiger das Gleichgewicht [NH 4 +]-[OH-]/[NH 3 ] = K", wobei K" = ÜT-.K"-[H20] ist, betrachten sollte. Dies bringt aber keine prinzipielle Änderung; vgl. S. 58.

76 Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw. in Ionen zerfallen. Ammoniumchlorid ist dagegen als Salz fast vollständig in seine Ionen NH 4 + und Cl~ dissoziiert. Die Zugabe von Ammoniumchlorid zu der Ammoniak-Lösung erhöht deshalb die NH 4 +-Ionenkonzentration stark. Damit der obige Ausdruck für die Dissoziation des Ammoniumhydroxydes seinen Wert K behält, muß also — wie wir es beobachtet haben — die an sich schon geringe OH~-Ionenkonzentration sinken, wodurch gleichzeitig die Konzentration der undissoziierten NH4OH-Molekeln ansteigt. Hiermit hängt unter anderem die Löslichkeit von Magnesiumhydroxyd in AmmoniumchloridLösung (vgl. S. 66) zusammen, auf die wir S. 81 noch einmal zurückkommen werden. Puffer-Lösungen. Ganz entsprechend erhält man stets eine Zurückdrängung der Dissoziation, d. h. eine Verminderung der H+- bzw. OH~-Ionenkonzentration, wenn man zu der Lösung einer schwachen Base oder Säure ein Salz derselben Base oder Säure zusetzt. Außerdem werden von derartigen Kombinationen H+- bzw. OH~-Ionen, die durch eine Umsetzung entstehen, bis zu einem gewissen Grade weggefangen, so daß die Konzentration der H+bzw. OH _ -Ionen fast konstant bleibt. So gilt z. B. für die Dissoziation der Essigsäure (CH 3 C0 2 H) die Gleichung [H+][CH 3 C0 2 -]/[CH 3 C0 2 H] = K. Setzt man viel eines essigsauren Salzes, z. B. Natriumacetat, zu, so wird, weil Essigsäure eine schwache Säure ist, [H+] um mehrere Zehnerpotenzen kleiner sein als [CH 3 C0 2 H] und [CH 3 C0 2 - ]. Entstehen jetzt in der Lösung durch irgendeine Reaktion H+-Ionen, so vereinigen sie sich mit den CH 3 C0 2 _ -Ionen zu undissoziierter Essigsäure. Ist die aufzufangende H+-Ionenmenge klein gegen die vorhandene CH 3 C0 2 ~-Ionenmenge, so wird die Konzentration an CH 3 C0 2 ~Ionen und C0 3 C0 2 H-Molekeln nur verhältnismäßig wenig geändert. Damit muß sich auch fast die gleiche H+-Ionenkonzentration einstellen wie vorher. Gemische von der Art wie das eben besprochene aus Essigsäure und Natriumacetat bezeichnet man daher als P u f f e r - L ö s u n g e n . Es sei nochmals betont, daß ein solcher Puffer nur dann voll wirksam bleiben kann, wenn die Anzahl der hinzukommenden H+-Ionen klein gegenüber der Zahl der vorhandenen Acetationen bleibt. Eine Zugabe etwa von viel Salzsäure würde auch hier zu einer starken Erhöhung der H+-Ionenkonzentration führen. Diese Betrachtungen haben eine große Bedeutung für den Fall, daß man stark saure bzw. stark basische Lösungen „ a b s t u m p f e n " , d. h. schwach sauer bzw. schwach basisch machen will. So kann man die H+-Ionenkonzentration einer salzsauren Lösung bis auf etwa den in der Essigsäure vorhandenen Wert vermindern, wenn man viel Natriumacetat, d. h. das Salz einer s c h w a c h e n S ä u r e , zugibt. Die obigen Betrachtungen zeigen, daß man dabei — vorausgesetzt, daß von vornherein nicht zu viel H+-Ionen vorhanden waren — sogar unter die H+-Ionenkonzentration der Essigsäure kommt. Ganz entsprechend vermindert man die OH _ -Ionenkonzentration einer starken L a u g e , wie Natronlauge durch die Zugabe von Ammoniumchlorid, dem Salz einer s c h w a c h e n Base. Dieses Verfahren des Abstumpfens hat den Vorteil, daß es mit Sicherheit vermieden wird, daß die saure bzw. alkalische Reaktion der Ausgangslösung durch das zufällige Hinzufügen eines Überschusses des Abstumpfungsmittels in das Gegenteil umschlägt. Diese Gefahr bestünde z. B., wenn man eine starke Säure wie Salzsäure durch Zugabe einer starken Base wie Natronlauge abstumpfen wollte.

Man überzeuge sich, daß die S. 65 erwähnte Fällung von Bariumchromat auch dann eintritt, wenn man zu der salzsauren Lösung viel Natriumacetat-Lösung zugibt. Als Beispiel für die abstumpfende Wirkung von Ammoniumchlorid auf Natronlauge vgl. man die auf S. 84/85 beschriebene fällende Wirkung von Ammoniumehlorid auf eine Aluminat-Lösung.

Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

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Die Dissoziation des Wassers, der Wasserstoffionenexponent. Bei unseren bisherigen Betrachtungen hatten wir das Wasser als nur aus HaO-MoIekeln bestehenden Nichtelektrolyten behandelt. Für eine genauere Betrachtung ist das nicht mehr zulässig; denn selbst reinstes Wasser zeigt noch eine, wenn auch außerordentlich geringe elektrolytische Leitfähigkeit. Diese rührt daher, daß ein sehr geringer Bruchteil des Wassers nach der Gleichung H 2 0 = H+ -f O H - in Ionen zerfallen ist. Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt dann [H + ] • [ 0 H - ] / [ H 2 0 ] = K. Da in einem Liter Wasser von 1000 g Gewicht 1000/18 = 55,6 Mole Wasser enthalten sind, beträgt in reinem Wasser die Konzentration der undissoziierten H 2 0-Molekeln 55,6 Mole/Liter. Da sich diese Konzentration nur sehr unwesentlich ändert, wenn man zu verdünnten wäßrigen Lösungen übergeht, so kann man sie für die meisten Betrachtungen als konstant annehmen. Also gilt: [H+]-[OH - ] = K -[H 2 0] = Kw, wobei Kw als Produkt zweier konstanter Größen ebenfalls eine Konstante ist. Dieses I o n e n p r o d u k t des W a s s e r s [H+] • [OH - ] hat bei Zimmertemperatur einen Zahlenwert von etwa 10 -14 . Infolgedessen beträgt in reinem Wasser, in dem ja die Menge der H+-Ionen gleich dem der OH - -Ionen sein muß, die Konzentration dieser beiden Ionen je 1 0 - ' Gramm-Ionen/Liter; oder anders ausgedrückt: 1 g H+-Ionen und 17 g OH - -Ionen sind in 107 Litern, das sind 100001 Wasser enthalten. Diese Tatsache führt zu folgenden Überlegungen: Bei der Neutralisation einer Säure mit einer Base werden die H+- und OH - -Ionen nicht r e s t l o s zu H 2 0-Molekeln vereinigt, sondern es bleibt stets ein kleiner Bruchteil übrig, nämlich so viel, daß [H+] • [OH - ] = 10 -14 ist. Es sind also selbst in alkalischer Lösung neben sehr viel OH~-Ionen auch einige wenige H+-Ionen und in saurer Lösung neben den H+-Ionen auch ganz wenig OH~-Ionen vorhanden. So ist in einer 1-normalen Lösung einer starken Säure, in der ja [H+] annähernd gleich 1 ist, [OH - ] = 10 - 1 4 und umgekehrt in einer 1-normalen Lauge [H+] = 10 - 1 4 . Wegen dieser eindeutigen Verknüpfung der H+-Ionenund der OH - -Ionenkonzentration kann man sowohl alkalische wie auch saure Lösungen durch eine dieser Größen allein charakterisieren. Man pflegt dazu die H+-Ionenkonzentration zu benutzen, und zwar nicht ihre Größe selbst, sondern deren negativen Logarithmus. Diese Größe p H = — log [H+] nennt man den W a s s e r s t o f f i o n e n e x p o n e n t e n . Sein Wert beträgt also in neutraler Lösung 7, in 1-normaler Säure 0, in 1-normaler Lauge 14. Hydrolyse. So gering die Dissoziation des Wassers in seine Ionen auch ist, so spielt diese äußerst kleine Ionenkonzentration doch oft eine entscheidende Rolle, z. B. in folgender Erscheinung: Salze wie Kaliumcyanid (KCN) und Ferrichlorid (PeCl3) hatten wir früher als „neutrale Salze" bezeichnet im Gegensatz zu den „sauren" Salzen, die noch durch Metall ersetzbaren Wasserstoff enthalten, und den „basischen" Salzen, die noch durch Säurereste ersetzbare Hydroxylgruppen besitzen.

Man prüfe Lösungen von Natriumchlorid, Kaliumcyanid und Ferrichlorid mit Lackmuspapier. Es zeigt sich, daß zwar die Natriumchlorid-Lösung neutral reagiert, die Kaliumcyanid-Lösung aber alkalisch und die Ferrichlorid-Lösung sauer. Aus diesen Versuchen folgt, daß in der Kaliumcyanid-Lösung OH - Ionen, in der Ferrichlorid-Lösung H+-Ionen im Überschuß vorhanden sind. Woher stammen diese ? Beim Auflösen dissoziiert Kaliumcyanid als Salz praktisch vollständig in K+ und CN - -Ionen. Diese Ionen sind also in sehr großer Zahl vorhanden. Nun sind außerdem infolge der Dissoziation des Wassers einige wenige H+und OH~-Ionen in zunächst gleicher Anzahl in der Lösung. Da die C o lonen als Anionen der s c h w a c h e n Blausäure (HCN) ein großes Bestreben

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Anwendungen des Massenwirkungsgesetzes auf homogene Reaktionen usw.

haben, sich mit H+-Ionen zu vereinigen, bilden sie mit den H+-Ionen u n d i s s o z i i e r t e HCN - Molekeln. Dadurch wird aber das Gleichgewicht [H+]-[OH~] = K,,, gestört; es müssen sich also neue H+- und OH"-Ionen bilden. Die ersteren vereinigen sich wieder mit den CN"-Ionen zu undissoziierten HCN-Molekeln. Die OH - -Ionen dagegen bleiben unverändert in der Lösung; denn Kaliumhydroxyd ist ja eine starke Base, die in der Lösung praktisch vollkommen dissoziiert. Diese OH _ -Ionen sind es, die die alkalische Reaktion verursachen. Den ganzen Vorgang bezeichnet man als H y d r o l y s e . Man formuliert ihn am besten als Ionengleichung: CN- + H 2 0 = HCN + O H Bei der Betrachtung dieser Gleichung kann leicht ein Bedenken kommen: Blausäure sei zwar nur eine schwache Säure, sie sei doch aber immerhin merklich in Ionen dissoziiert; Wasser dagegen dissoziiere nur äußerst wenig. Die Loslösung eines H + -Ions aus der Blausäure koste also offenbar in der Lösung viel weniger Energie als die Dissoziation von H 2 0 in H+ und O H - . Es erscheine demnach schwer verständlich, wieso die CN~-Ionen den H 2 0Molekeln H+-Ionen entreißen können. Die Erklärung ergibt sich aus dem Massenwirkungsgesetz. Beim Beginn des Hydrolysenvorganges sind die CN~Ionen in großer Konzentration vorhanden, die OH _ -Ionen dagegen nur in sehr geringer; HCN-Molekeln gibt es zunächst gar nicht. Diese wenigen OH _ -Ionen können dem Bestreben der CN~-Ionen, sich mit H+-Ionen zu vereinigen, wenig Widerstand entgegensetzen. Mit der Bildung von HCN-Molekeln ist nun aber zwangsläufig eine Verminderung der H+-Ionen- und damit eine Erhöhung der OH~-Ionen-Konzentration verbunden. Infolgedessen wird der Widerstand der OH _ -Ionen gegen die weitere Vereinigung von H+-und CN _ -Ionen um so größer, je weiter die Hydrolyse fortschreitet. Dazu kommt noch, daß auch die gebildeten HCN-Molekeln der Bildung von neuen HCN-Molekeln entgegenwirken. Die Hydrolyse kommt daher bei einem bestimmten „ H y d r o l y s e n g l e i c h g e w i c h t " , für das im vorliegenden Falle die Gleichung [HCN]-[0H-]/[CN-]-[H 2 0] = K gilt, zum Stillstand. Ganz allgemein gilt, daß die O H - - I o n e n k o n z e n t r a t i o n im Hydrolysengleichgewicht bei Salzen aus ein und derselben Base u m so g r ö ß e r i s t , je s c h w ä c h e r die S ä u r e ist. So reagiert gelöstes Natriumchlorid neutral, Natriumacetat ganz schwach, Natriumcarbonat deutlich basisch.

Die hydrolytische Bildung von freier Blausäure erklärt auch, warum eine Kalium- oder Natriumcyanid-Lösung nach dieser Säure riecht. Man setze zu der Lösung reichlich starke Lauge, z. B. Kalilauge; der Geruch verschwindet, weil durch den Überschuß an OH~-Ionen das Gleichgewicht HCN + OH~ = C N - + H 2 0 nach rechts verschoben wird. Ganz entsprechende Erscheinungen treten auf, wenn man das Salz einer s c h w a c h e n B a s e und einer s t a r k e n S ä u r e , wie z. B. Ferrichlorid, in Wasser löst. Hier fangen die Fe 3 +-Ionen die OH~-Ionen des Wassers ein und es bilden sich undissoziierte Fe(OH)3-Molekeln. Dadurch bekommt die Lösung einen Überschuß an H+-Ionen und reagiert sauer. Man könnte den Einwand erheben, daß die Bildung des Ferrihydroxyds sich durch das Auftreten eines Niederschlages bemerkbar machen müßte, weil diese Verbindung ja sehr schwer löslich sei; tatsächlich bleibe die Lösung aber klar. Dies liegt unter anderem daran, daß die Bildung der Base Fe(OH) 3 in mehreren Stufen verläuft: 1. F e ' + + OH- = Fe(OH) 2 + , 2. Fe(OH) 2 + + OH- = Fe(OH) 2 + , 3. Fe(OH2)+ + OH- = Fe(OH) 3 .

Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen

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Von diesen tritt bei der Hydrolyse der Ferrichlorides nur die erste in nennenswertem Umfange ein. Unlöslich ist aber nur das nach 3. gebildete Fe(OH) 3 . Außerdem spielen noch komplexchemische (vgl. S. 93 ff.) und kolloidchemische (vgl. S. 133) Erscheinungen sowie Alterungsvorgänge (vgl. z.B. S. 117) mit, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Eine „stufenweise" Hydrolyse, wie wir sie soeben kennen lernten, tritt stets auf, wenn eine mehrsäurige Base oder eine mehrbasische Säure beteiligt ist, weil diese stufenweise dissoziieren (vgl. S. 45/46). Bringt man schließlich das Salz einer s c h w a c h e n S ä u r e und einer s c h w a c h e n B a s e mit Wasser zusammen, so treten die beiden oben geschilderten Vorgänge gleichzeitig ein: Die Anionen des Salzes fangen die H+Ionen, die Kationen des Salzes die OH~-Ionen des Wassers fort. Daher führt in derartigen Fällen die Hydrolyse oft zu v o l l s t ä n d i g e r Z e r s e t z u n g des Salzes. So zerfällt z. B. Aluminiumsulfid mit Wasser praktisch vollständig nach der Gleichung: A12S3 + 6 H 2 0 = 2A1(0H) 3 + 3H 2 S . Diese Gleichung zeigt besonders deutlich, daß die H y d r o l y s e die U m k e h r u n g der N e u t r a l i s a t i o n ist. Die Neutralisation gehört also ebenfalls zu den Gleichgewichtsreaktionen. Nur bei Salzen aus starker Base und starker Säure liegt das Gleichgewicht vollständig auf Seiten der Neutralisation. Ist bei starker Base die Säure schwach oder umgekehrt, so ist die Neutralisation unvollständig; sind beide schwach, so liegt das Gleichgewicht sehr stark auf Seiten der Hydrolyse.

Bedeutung des Massenwirkungsgesetzes für heterogene Reaktionen Das Löslichkeitsprodukt. Für die Dissoziation eines Elektrolyten AB in seine Ionen gilt: [A+]-[B~]/[AE] = K oder [4+] • [ £ - ] = K-[AB], Diese Gleichung haben wir bisher nur auf u n g e s ä t t i g t e Lösungen angewandt, bei denen also weniger von den betreffenden Stoffen gelöst ist, als der Löslichkeit entspricht. Die Gleichung muß aber auch dann noch ihre Gültigkeit behalten, wenn S ä t t i g u n g an dem festen Salz vorhanden ist. Auch in diesem Falle bedeutet [AE] die Konzentration der g e l ö s t e n undissoziierten Molekeln. Diese Konzentration hat nun aber in der gesättigten Lösung, in der nach S. 68/69 Gleichgewicht mit dem festen Bodenkörper vorhanden ist, für eine gegebene Temperatur einen ganz bestimmten Wert. Für g e s ä t t i g t e Lösungen gilt also: [ A B ] = const; daraus folgt: [.4+] = K • const = LAB. Diese Gleichung, die nach dem eben Dargelegten nur für die g e s ä t t i g t e L ö s u n g gilt, besagt, daß das Ionenkonzentrationsprodukt eines Elektrolyten in seiner gesättigten Lösung einen konstanten Wert LAB besitzt. Man bezeichnet LAB als das L ö s l i c h k e i t s p r o d u k t des Salzes AB. Die Einzelwerte der Ionenkonzentrationen können dabei beliebige Werte annehmen; je größer aber die Konzentration einer Ionensorte ist, desto kleiner muß die der anderen sein. Das Löslichkeitsprodukt stellt demnach ein allgemeiner gültiges Maß für die Löslichkeit eines Salzes dar, als der Wert seiner Löslichkeit in reinem Wasser. So gilt z. B. eine Angabe über die Löslichkeit von Silberchlorid in Wasser nur unter der Voraussetzung, daß in der gesättigten Lösung gleich viel Ag+und Cl~-Ionen in der Lösung sind. Beim analytischen Arbeiten wird dies aber kaum jemals der Fall sein, da man die Mengenverhältnisse nicht so genau einhalten kann und — wie das folgende zeigt — auch nicht einhalten will. Man wird vielmehr in der Regel mit einem geringen Ü b e r s c h u s s e von Ag+oder Cl~-Ionen zu rechnen haben. Auch für diesen Fall gibt das Löslichkeitsprodukt die Verhältnisse wieder.

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Bedeutung des Massenwirkimgsgesetzes für heterogene Reaktionen

Löslichkeitsverminderung durch gleichionige Zusätze. Es kommt oft darauf an, ein Ion aus einer Lösung möglichst weitgehend zu entfernen. Aus der eben angestellten Überlegung folgt, daß dieses Ziel am besten erreicht wird, wenn man das zur Fällung zugesetzte Ion im Überschusse anwendet. So werden z. B . Ba 2 +-Ionen bei der Fällung mit S 0 4 2 "-Ionen durch einen Überschuß der letzteren noch weitergehend entfernt, als sie durch den Zusatz der nur gerade äquivalenten Menge S 0 4 2 "-Ionen gefällt würden, wie man ohne weiteres dem Löslichkeitsprodukt des Bariumsulfats: [ B a 2 + ] - [ S 0 4 2 ~ J = i B a S 0 entnimmt. Allerdings wurde schon davor gewarnt, den Überschuß zu groß zu nehmen, weil dann andere Erscheinungen (Komplexbildung) wieder erhöhend auf die Löslichkeit einwirken können. Das Optimum des Überschusses schwankt von Stoff zu Stoff in weiten Grenzen. M a n stelle folgenden Versuch a n , der die H e r a b s e t z u n g d e r Löslichkeit v o n K a l i u m c h l o r a t a u f Z u s a t z gleichioniger Stoffe z e i g t : M a n bereite eine bei Z i m m e r t e m p e r a t u r g e s ä t t i g t e K a l i u m c h l o r a t - L ö s u n g , indem m a n eine P r o b e K a l i u m c h l o r a t in heißem W a s s e r löst und die Lösung u n t e r U m s c h w e n k e n in d e m S t r a h l e d e r W a s s e r l e i t u n g a u f e t w a Z i m m e r t e m p e r a t u r a b k ü h l e n l ä ß t ; hierbei m u ß ein Teil des gelösten K a l i u m c h l o r a t s auskristallisieren. N a c h einer S t u n d e filtriere m a n a b und versetze P r o b e n der L ö s u n g j e m i t einigen T r o p f e n einer der Lösungen v o n K a l i u m c h l o r i d , K a l i u m n i t r a t , N a t r i u m c h l o r a t , N a t r i u m c h l o r i d . Die ersten drei Gemische t r ü b e n sich in e t w a einer Minute, schneller beim U m s c h ü t t e l n , und lassen K a l i u m c h l o r a t auskristallisieren. Die v i e r t e P r o b e , zu der kein gleichioniger Z u s a t z g e k o m m e n ist, bleibt klar. Ganz ähnliche Überlegungen, wie wir sie soeben für die Löslichkeit fester Stoffe, die in Lösung Ionen bilden, anstellten, gelten für Lösungen von G a s e n , die sich in Wasser als Elektrolyte lösen. Säuert man z . B . eine N a t r i u m c a r b o n a t - L ö s u n g , die Na+- und C 0 3 2 - - I o n e n und wegen der Hydrolyse auch etwas HCO3 - -und OH~-Ionen enthält, mit einer starken S ä u r e an, d. h. geben wir reichlich H+-Ionen hinzu, so werden diese weitgehend von den C 0 3 2 - - und HC0 3 _ -Ionen abgefangen unter Bildung der j a nur schwach dissoziierenden Kohlensäure H 2 C 0 3 . Diese zerfällt wieder großenteils in Wasser und Kohlendioxyd, welch letzteres aber in Wasser nur mäßig löslich ist. War die benutzte Natriumcarbonat-Lösung nicht zu verdünnt, so entsteht beim Ansäuern Kohlendioxyd in höherer Konzentration, als der Löslichkeit bei Zimmertemperatur und Atmosphärendruck entspricht. Deshalb entweicht Kohlendioxyd aus der Lösung unter Aufbrausen. Ähnlich ist das Auflösen von manchen in Wasser schwerlöslichen Stoffen, wie z. B . C a l c i u m c a r b o n a t , in Säuren zu verstehen. Wasser nimmt bei der Berührung mit dem Salz entsprechend dem Löslichkeitsprodukt [Ca 2 +] - [CO;, 2 -] = £ C a C O j eine sehr geringe Menge C a 2 + - und C 0 3 2 " - I o n e n auf. Gibt man eine starke Säure, d. h. viel H+-Ionen, hinzu, so wird zunächst die C 0 3 2 "-Ionenkonzentration vermindert. Dadurch kann neues Calciumcarbonat in Lösung gehen, die neu gelösten C0 3 2 "-Ionen vereinigen sich wieder mit H+-Ionen und so geht der Prozeß weiter, bis die Lösung an Kohlensäure übersättigt ist und Kohlendioxyd entweicht. Infolgedessen geht die Auflösung vom Calciumcarbonat so lange weiter, bis die H+-Ionenkonzentration auf einen Wert abgesunken ist, der durch die erwähnten Gleichgewichte festgelegt ist.

Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

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Man hat so übrigens eine weitere Möglichkeit, die H+-Ionenkonzentration einer sauren Lösung bis auf einen bestimmten Wert abzusenken, zu „puffern". Die entsprechende Pufferung mit B a r i u m c a r b o n a t verwendet man in der analytischen Chemie, weil die dabei entstehende OH~-Ionenkonzentration gerade ausreicht zur Fällung der Hydroxyde der dreiwertigen Elemente Eisen, Aluminium und Chrom, deren Löslichkeitsprodukte äußerst klein sind, während die etwas leichter löslichen Hydroxyde der zweiwertigen Elemente Zink, Kobalt, Nickel, Mangan, Calcium, Magnesium usw. nicht gefällt werden ( „ B a r i u m c a r b o n a t m e t h o d e " , vgl. S. 85). Ein im vorigen Kapitel beschriebenes Gleichgewicht in homogener wäßriger Lösung hat indirekt auch große Bedeutung für gewisse Fällungen. Es war S. 75 gezeigt worden, daß die Gegenwart von A m m o n i u m s a l z e n starker Säuren die Dissoziation des A m m o n i u m h y d r o x y d s zurückdrängt und damit die OH~-Ionenkonzentration erniedrigt. Die OH _ -Ionenkonzentration von ammoniumsalzfreier Ammoniak-Lösung reicht aus, um z. B. mit Mg 2 +-Ionen das Löslichkeitsprodukt des M a g n e s i u m h y d r o x y d s zu überschreiten, diejenige von ammoniumsalzhaltiger Ammoniak-Lösung aber erzeugt keine Fällung mehr. Ebenso wie das Mg 2 +-Ion verhalten sich eine Reihe anderer zweiwertiger Ionen, z. B. Mn 2 + . Die Hydroxyde dreiwertiger Metallionen haben dagegen durchweg ein so kleines Löslichkeitsprodukt (vgl. diese Seite oben), daß auch die sehr geringe OH _ -Ionenkonzentration ammoniumsalzhaltiger Ammoniak-Lösungen genügt, um sie aus ihren Salz-Lösungen auszufällen.

Man versetze Proben von Magnesiumchlorid-, Mangansulfat-, Z ink chlorid-, Ferri chlorid- und Alu mini um chlorid-Lösungen tropfenweise mit verdünnter Ammoniak-Lösung. In allen Fällen tritt eine Fällung auf 1 ). Versetzt man die gleichen Salz-Lösungen mit Ammoniak-Lösung, die man reichlich mit A m m o n i u m chlorid versetzt hat, so bleibt die Fällung bei den zweiwertigen Metallen aus, während sie bei den dreiwertigen nicht verhindert wird. Ursachen für den Eintritt von Reaktionen Die Frage, warum gewisse Stoffe beim Zusammenbringen miteinander reagieren, andere wiederum nicht, mit anderen Worten die Frage nach der Verwandtschaft oder Affinität der Stoffe zueinander, können wir hier nicht allgemein beantworten. Aber einige Beobachtungen, die wir in dieser Hinsicht in den voraufgehenden Versuchen bereits gelegentlich gemacht haben, seien hier kurz zusammengestellt. 1. Bringen wir zwei w ä ß r i g e E l e k t r o l y t - L ö s u n g e n zusammen, so wird vielfach gar nichts geschehen, z. B. bei der Vereinigung der Lösungen von Natriumchlorid und Kaliumjodid, von Magnesiumsulfat und Kaliumchlorid, von Natriumchlorid und verdünnter Schwefelsäure usw. Reaktion tritt ein, wenn zwei oder mehrere der zusammengebrachten gelösten Ionen a) einen w e n i g d i s s o z i i e r t e n Stoff bilden; z. B.: H+ + N 0 3 - + Na+ + OH= H 2 0 + Na+ + N 0 3 H+ + Cl- + Na+ + C H 3 C 0 2 - = CH 3 C0 2 H + Na+ + Gl". ') Der Zinkhydroxyd-Niederschlag löst sich bei Zugabe eines Ü b e r schusses von Ammoniak-Lösung wieder auf; auf die Ursache dieser Erscheinung, die mit der vorliegenden Betrachtung nichts zu tun hat, kommen wir später zurück (vgl. S. 104). B i l t z , Einführung. 21. Aufl.

6

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Ursachen für den Eintritt von Reaktionen

Als Sonderfall kann der wenig dissoziierte Stoff — entweder selbst oder seine Zerfallsprodukte — als Gas aus der Lösung entweichen, z. B.: 2Na+ + C-

Säure

Name der Salze

HCl Salzsäure

Chloride

HC10 Unterchlorige Hypochlorit® Säure HClOj Chlorige Säure Chlorite HC103 Chlorsäure

Chlorate

HC104 Überchlor säure

Perchlorate

Dabei deuten die Pfeile an, wie sich die Oxyde mit Wasser bzw. Lauge umsetzen. Von diesen Verbindungen behandeln wir nur die umrahmten. Chlorgas setzt sich mit W a s s e r in ganz geringem Umfange nach der Gleichung Cl2 + H 2 0 ^ H+ + Cl- + HC10 um, nach der unter Disproportionierung des Chlormoleküls neben Cl~-Ionen freie u n t e r c h l o r i g e S ä u r e entsteht. Einem Fortschreiten der Reaktion nach rechts wirken die entstehenden H+-Ionen entgegen. Fängt man diese jedoch mit OH _ -Ionen weg, leitet man also Chlorgas in N a t r o n l a u g e ein, so setzt es sich nach der Gleichung Cl2 + 2NaOH = NaCl + NaCIO + H 2 0 J

) Die Annahme von Ionenbindung in Stoffen, wie C120 usw., ist zwar für die Behandlung der Oxydationsprozesse bequem, aber gerade hier eine von den . wirklichen Verhältnissen stark abweichende Näherung.

152

Halogensauerstoffverbindungen

vollständig um. Ähnlich verhält sich Chlorgas gegen Calciumhydroxyd, wobei der hypochlorithaltige, im übrigen verwickelt zusammengesetzte „Chlorkalk" entsteht. Die Hypochlorite sind instabile Verbindungen. Noch sehr viel unbeständiger ist die u n t e r c h l o r i g e Säure. Das Entstehen dieser energiereichen Stoffe wird nur dadurch ermöglicht, daß bei dem Übergang eines Chloratoms in ein Chlorion so viel Energie frei wird, daß dem zweiten Chloratom der Chlormolekel Energie zur Bildung einer instabilen Verbindung zur Verfügung steht, die sich ohne diese Energiezufuhr nicht bilden könnte („Gek o p p e l t e R e a k t i o n " ) . Derartige instabile Stoffe versuchen, in einen stabileren Zustand überzugehen. Unterchlorige Säure wirkt deshalb gegenüber oxydierbaren Stoffen als starkes Oxydationsmittel. Da es aber auch noch höhere Oxydationsstufen des Chlors gibt, die ebenfalls stabiler als die unterchlorige Säure sind, kann die unterchlorige Säure gegenüber reduzierbaren Stoffen auch als starkes Reduktionsmittel wirken. Ganz entsprechend liegen die Verhältnisse bei einigen anderen instabilen Stoffen mittlerer Oxydationsstufe, z. B. bei Chlorsäure (siehe weiter unten), salpetriger Säure (S. 160), Wasserstoffperoxyd (S. 155). Besonders häufig macht man von der O x y d a tionswirkung der unterchlorigen Säure Gebrauch. Diese kommt — ähnlich wie wir es z. B. bei der Salpetersäure kennengelernt haben — in erster Linie der undissoziierten Säure zu, weniger den C10 _ -Ionen. Die freie Säure ist auch in schwach alkalischer Lösung in geringem Umfange vorhanden; denn die unterchlorige Säure ist sehr schwach, so daß ihre Salze stark hydrolysieren. Beim Erwärmen oxydieren HClO-Molekeln C10 _ -Ionen nach der Gleichung 2HC10 + [CIO]- + 2 OH- = [Ci0 3 ]- + 2C1~ + 2 H 2 0 , wobei sich Chlorationen bilden. In der W ä r m e reagiert daher Chlorgas mit Laugen nach der Gleichung 3C12 + 6 OH- = C103- + 5C1- + 3 H 2 0 direkt zu Chlorat und Chlorid. Hier liegt ebenfalls eine gekoppelte Reaktion vor. Auch Chlorate sind instabile Stoffe, die ihre Bildung dem gleichzeitigen Entstehen von Chloridionen verdanken; sie sind jedoch weniger energiereich als die Hypochlorite. — Neben Chlorionen sind CI0 3 - -Ionen nur in alkalischer Lösung beständig. In saurer zersetzen sie sich gemäß: HC103 + 5 HCl = 3C12 + 3H a O . Beim Behandeln von Chloraten mit k a l t e r konzentrierter Schwefelsäure bildet sich neben Sauerstoff das explosible C h l o r d i o x y d , da das Anhydrid C1205 der Chlorsäure nicht beständig ist: 4HC103 — 2 H 2 0 = 4C102 + 0 2 . Noch beständiger als die Chlorate sind schließlich die P e r c h l o r a t e , die z. B. beim Erhitzen von Chloraten — wiederum in gekoppelter Reaktion und unter Disproportionierung — nach der Gleichung 4KC103 = 4 KCl + 3KC104 entstehen. Daneben erfolgt allerdings auch eine Zersetzung gemäß 2KC103 = 2KCl + 3 0 2 . Bei Anwesenheit von Katalysatoren, wie Braunstein, erfolgt die Umsetzung sogar ausschließlich nach der letzten Gleichung. — Die Überchlorsäure ist, den S. 86 ff. besprochenen Regeln entsprechend, eine sehr starke Säure. Das schwer lösliche Kaliumsalz ist schon S. 57 besprochen worden.

Halogensauerstoffverbindungen

153

Auch Brom und Jod lösen sich in Lösungen, die OH~-Ionen enthalten, zu unterbromiger bzw. u n t e r jodiger Säure, die in ihren Umsetzungen der unterchlorigen Säure weitgehend entsprechen. Jodsäure erhält man leicht durch Oxydation von Jodiden oder Jod mit Chlor in wäßriger Lösung: J - + 3C12 + 3H 2 0 = [J0 3 ]- + 6H+ + 6C1- . Brom dagegen läßt sich mit Chlor n i c h t zur Bromsäure oxydieren. Bromate bzw. Jodate setzen sich in saurer Lösung mit Brom- bzw. Jodionen ebenso zu freiem Halogen um, wie es oben für die Einwirkung von Chloraten auf Chlorionen beschrieben ist, z. B.: HJ0 3 + 5HJ = 3H 2 0 + 3 J 2 .

Ein halbes Probierglas Chlorwasser werde nach Zugabe einiger Tropfen N a t r o n l a u g e geschüttelt, wobei der Geruch nach Chlor verschwindet. Ein Teil dieser Lösung entfärbt einen Tropfen IndigoLösung (Oxydationswirkung der u n t e r c h l o r i g e n Säure!). Der Rest werde mit S c h w e f e l s ä u r e angesäuert, worauf der Geruch nach C h l o r wieder zu erkennen ist. HCl + HCIO = H 2 0 + Cl 2 . Man schüttele C h l o r k a l k mit Wasser und stelle mit dem Filtrate die gleichen Versuche an. Eine kleine Spatelspitze (nicht mehr!) K a l i u m c h l o r a t werde auf H o l z k o h l e mit der Lötrohrflamme unter dem Abzüge erhitzt (Schutzbrille!). Es erfolgt lebhafte V e r p u f f u n g unter Feuererscheinung. Eine kleine Probe K a l i u m c h l o r a t werde mit konzentrierter S a l z s ä u r e in einem Probierglase schwach erwärmt. Es entweicht Chlorgas. Wenn es sich in der Giftanalyse um den Nachweis von Metallen in organischen Stoffen (Speisen usw.) handelt, werden die organischen Stoffe durch diese Mischung oxydiert und entfernt. Kaliumchlorat-Lösung gibt — vorausgesetzt, daß sie frei von K a l i u m c h l o r i d ist — mit Silbernitrat-Lösung keinen Niederschlag. Nach Zusatz von einigen Zinkstückchen und etwas verdünnter Schwefelsäure fällt Silberchlorid aus, weil jetzt die Chlorsäure zur Salzsäure reduziert wird. Bei dem Versuch verdünne man mit Wasser, da auch Silbersulfat wenig löslich ist (vgl. S. 20). Die Reduktion von Chlorsäure kann man auch mit salpetriger Säure erreichen; vgl. dazu S. 161.

In einem trockenen Probierglase, das in schräger Lage in ein Stativ geklammert ist, übergieße man eine Spatelspitze K a l i u m c h l o r a t (nicht mehr!) mit 2—3 Tropfen k o n z e n t r i e r t e r S c h w e f e l s ä u r e . Es entwickelt sich langsam gelbgrünes C h l o r d i o x y d , das beim Erwärmen des oberen Teiles des Probierglases mit schwacher Detonation verpufft. Man hüte sich, das Gemisch von Kaliumchlorat und Schwefelsäure selbst zu erwärmen, weil dabei heftige

154

Halogensauerstoffverbindungen

Explosionen eintreten können. (Der Versuch ist h i n t e r der G l a s s c h e i b e d e s A b z u g e s auszuführen!) I n einem trockenen Probierglase werde etwas K a l i u m c h l o r a t , dem etwas B r a u n s t e i n zugesetzt ist, vorsichtig erhitzt. Es entweicht S a u e r s t o f f , der mit einem glühenden Holzspan nachgewiesen werde. Erhitzt man 1—2 g K a l i u m c h l o r a t ohne Braunsteinzusatz, so schmilzt es und entwickelt viel weniger Sauerstoff. Nachdem man die Gasentwicklung einige Minuten in Gang gehalten hat, lasse man die Schmelze erstarren und abkühlen. Beim Ausziehen mit heißem Wasser löst sich nur ein Teil. In der Lösung lassen sich mit Silbernitrat C h l o r i o n e n nachweisen. Das Ungelöste besteht im wesentlichen aus K a l i u m p e r c h l o r a t . Man bringe auf dem Objektträger ein kleines Körnchen davon in einem Tropfen Wasser durch Erhitzen in Lösung und vergleiche die beim Erkalten entstehenden Kristalle mit Kaliumperchloratkristallen, die man aus Kaliumchlorid-Lösung mit Überchlorsäure gefällt hat. Man versetze etwas Natronlauge mit Bromwasser; die braune Farbe verschwindet. Br 2 + 2NaOH = NaBr + NaBrO + H 2 0 . Beim Ansäuern wird wieder Brom frei: HBrO + HBr = Br 2 + H 2 0 . Die gleichen Versuche führe man mit Jod-Lösung durch. Ein Tropfen K a l i u m j o d i d - L ö s u n g werde mit so viel C h l o r wasser tropfenweise versetzt, bis eben die braune Farbe des zuerst ausgeschiedenen Jods verschwindet. H J + 3C12 + 3 H 2 0 = H J 0 3 + 6 HCl. Die so erhaltene J o d s ä u r e - L ö s u n g werde zur Entfernung des überschüssigen Chlors einen Augenblick aufgekocht und dann mit Natronlauge neutralisiert, wobei der Endpunkt durch ein in der Lösung schwimmendes Stück Lackmuspapier erkannt wird. Jetzt gebe man zu der Lösung etwas K a l i u m j odid-Lösung: die Lösung bleibt farblos. Säuert man sie jedoch mit verdünnter Salzsäure an, so färbt sie sich braun, und es scheidet sich reichlich J o d aus. Da sich Brom mit Chlorwasser nicht zur Bromsäure oxydieren läßt, kann man B r o m i d e und J o d i d e in folgender Weise n e b e n e i n a n d e r nachweisen. Man versetze eine verdünnte Lösung, die wenig K a l i u m j o d i d u n d K a l i u m b r o m i d enthält, zunächst mit e i n e m Tropfen Chlorwasser und etwas Chloroform. Beim Umschütteln nimmt die Chloroformschicht die violette J o d f a r b e an,

VI. Gruppe — Wasserstoffperoxyd

155

während das Brom noch gebunden bleibt, da das Bromidion schwerer als d a s Jodidion oxydiert wird. D a n n gebe man mehr Chlorwasser hinzu, bis beim Umschütteln die violette Jodfarbe verschwunden ist (Jodsäurebildung). Bei weiterem Chlorwasserzusatz wird dann freies B r o m abgeschieden, das die Chloroformschicht braun färbt (vgl. auch Elektroaffinität S. 101/102).

VI. Gruppe Wasserstoffperoxyd nach

Das Wasserstoffperoxyd kann unter erheblicher Energieabgabe zerfallen 2H 2 0 2 = 2 H 2 0 + 0 2 .

In hochkonzentriertem Zustande neigt es deshalb zur Explosion. Reine, verdünnte wäßrige Lösungen zerfallen bei Zimmertemperatur nur äußerst langsam. Durch manche Stoffe wird die Zersetzung katalytisch beschleunigt. Man versetze etwas verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung mit einigen Tropfen kolloider P l a t i n - L ö s u n g : es tritt lebhafte S a u e r S t o f f e n t w i c k l u n g ein. Geringe Alkalimengen, wie sie vom Glas an Wasser abgegeben werden, beschleunigen die Zersetzung ebenfalls. Das „Perhydrol" des Handels, eine 30-proz. wäßrige Wasserstoffperoxyd-Lösung, wird deshalb in paraffinierten Flaschen aufbewahrt. Verdünnte Wasserstoffperoxyd-Lösung ist etwa 3-proz., d. h. annähernd einfach-molar. 2X1+

2X1—

Im Wasserstoffperoxyd H 2 0 2 besitzt der Sauerstoff die Elektro valenzzahl — 1. In diesem Ladungszustande kommt er — ebenso wie im ungeladenen 2X1— Zustande! — niemals einzeln vor, sondern nur als 0 2 -Gruppe. Diese ist charakteristisch für alle „ P e r v e r b i n d u n g e n " . Von diesen lernten wir das Natriumperoxyd (S. 55) und das Chromperoxyd (S. 124) schon kennen; weiteren Perverbindungen werden wir beim Titan und beim Vanadin begegnen. — Mit der Elektrovalenzzahl — 1 des Sauerstoffs steht Wasserstoffperoxyd zwischen 2X1+

2-

dem elementaren Sauerstoff (Elektrovalenzzahl Null) und dem Wasser H 2 O. Damit ist verständlich, daß Wasserstoffperoxyd sowohl als Reduktions- wie als Oxydationsmittel wirken kann. Durch o x y d i e r e n d e Stoffe wird die 2X1-

0 2 -Gruppe unter Aufnahme von 2 positiven Ladungen zu elementarem Sauerstoff oxydiert. Dies erfolgt bevorzugt in saurer Lösung. R e d u k t i o n s m i t t e l führen Wasserstoffperoxyd in Wasser über. Dabei gibt es 2 positive Ladungen 2X1— 2— ab, weil aus einer O a -Gruppe zwei O-Teilchen gebildet werden. Dieser Reaktionsverlauf wird im alkalischen Medium bevorzugt. Weil Wasserstoffperoxyd energiereicher ist als seine Oxydations- und Reduktionsprodukte Sauerstoff und Wasser, sind sowohl seine Oxydations- als auch seine Reduktions Wirkungen kräftig (vgl. S. 152). Zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten WasserstoffperoxydLösung setze m a n tropfenweise verdünnte K a l i u m p e r m a n g a n a t Lösung. Unter Sauerstoffentwicklung verschwindet die Farbe des

156

Säuren des Schwefels

Permanganats, weil es in Manganosalz wirkung des Wasserstoffperoxydes).

übergeht

(Reduktions-

2[MnOJ- + 5 H 2 0 2 + 6H+ = 2Mn 2 + + 5 0 2 + 8 H 2 0 . Man versetze etwas Chromisak,-Lösung mit Natronlauge, bis der Niederschlag wieder gelöst ist. Auf Zugabe von Wasserstoffperoxyd geht beim Erwärmen das grüne Chromit in das gelbe C h r o m a t über (Oxydationswirkung des Wasserstoffperoxydes) 2[Cr(OH) 6 ] 3 - + 3 H 2 0 2 = 2[Cr0 4 ] 2 - + 8 H 2 0 + 2 0 H ~ . Nebenher wird ein Teil des Peroxyds katalytisch unter Sauerstoffentwicklung zersetzt. Säuren des Schwefels Außer den bereits besprochenen Verbindungen: Schwefelwasserstoff H2S, schweflige Säure H 2 S0 3 , Schwefelsäure H 2 S0 4 und Pyroschwefelsäure H 2 S 2 0 7 bildet der Schwefel noch eine Reihe weiterer Säuren.

0

Perschwefelsäure

H2S2Og.

Im Persulfation

0

6+

6+

0

o

OSOjSO

sind die

beiden Schwefelatome durch eine (02)-Gruppe verbunden. Persulfate wirken daher o x y d i e r e n d .

Man setze zu etwas verdünnter C h r o m a l a u n - L ö s u n g eine Spatelspitze A m m o n i u m p e r s u l f a t (NH 4 ) 2 S 2 O g und koche kurze Zeit. Das dreiwertige Chrom wird zu rotem P y r o c h r o m a t mit sechswertigem Chrom oxydiert. Dithicmsäure H2>SzOe. Man versetze etwas Manganosalz-Lösung mit wenig Wasserstoffperoxyd und soviel Ammoniak-Lösung, daß die Fällung von M a n g a n d i o x y d gerade vollständig ist. Auf Zusatz von Schwefligsäure-Lösung geht der Niederschlag beim Erwärmen wieder in Lösung. Aus dieser fällt nach Zugabe von Ammoniak- und Schwefelammonium-Lösung Manganosulfid. Die schweflige Säure hat also das Mangandioxyd reduziert; dabei ist sie selbst zum Anion der D i t h i o n s ä u r e oxydiert worden: 2 H 2 S 0 3 + Mn0 2 = 2 H 2 0 + Mn 2 + + [S 2 0 6 ] 2 ~ . 0 0 i2Im Dithionation OS—SO sind die beiden S0 3 -Gruppen durch 0 0 eine Atombindung zwischen den beiden Schwefelatomen miteinander verknüpft. Man verwendet die eben beschriebene Umsetzung, um die Haut, die beim Berühren von Kaliumpermanganat unter Abscheidung von Mangandioxyd Mn02 braun gefärbt wird, zu reinigen: man spült die Hände einfach mit etwas Schwefligsäure-Lösung und dann mit Wasser ab.

Säuren des Schwefels

157

Polythionsäuren H2SAOs, H^Sß^. . . H^StOs. Man versetze etwas S c h w e f l i g s ä u r e - L ö s u n g mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f wasser. Als Hauptumsetzungsprodukt fällt S c h w e f e l aus: H 2 S0 3 + 2H 2 S = 3 S ° + 3 H 2 0 . Als Nebenprodukte enthält die entstandene Suspension, die man als W a c k e n r o d e r s c h e Flüssigkeit bezeichnet, die sogenannten P o l y t h i o n s ä u r e n : Trithionsäure H 2 S 3 0 6 , Tetrathionsäure H 2 S 4 0 6 usw., die sich durch verwickelte Umsetzungen gebildet haben. Von diesen werden wir die Tetrathionsäure S. 158 kennenlernen. Hyposulfite. Man versetze etwas Schwefligsäure-Lösung mit einem Tropfen Indigo-Lösung: Der Farbstoff wird nicht verändert. Nun gebe man in eine andere Probe starker S c h w e f l i g s ä u r e Lösung einige Zinkstückchen. Es erfolgt fast keine Wasserstoffentwicklung, sondern es findet Reduktion zu Z i n k h y p o s u l f i t statt: 2 H a S 0 3 + Zn = Zn[S 2 0 4 ] + 2 H 2 0 . Die Gegenwart der [S 2 0 4 ] 2_ -Ionen läßt sich dadurch nachweisen, daß die Lösung nunmehr Indigo-Lösung entfärbt. Die freie hyposchweflige Säure zersetzt sich sehr rasch; in Gegenwart von Salzsäure verläuft die Reduktion von schwefliger Säure mit Zink deshalb anders. Eine kleine Probe N a t r i u m s u l f i t Lösung werde mit einem Stückchen Z i n k und einigen Tropfen konzentrierter S a l z s ä u r e versetzt. Unter reichlicher S c h w e f e l wasserstoffentwicklung scheidet sich S c h w e f e l ab. Thiosulfate. Wie die Thioarsenate, Thiostannate usw. durch Ersatz des Sauerstoffs der Arsenate, Stannate usw. durch Schwefel entstanden gedacht werden können, gibt es auch Salze einer „Thioschwefelsäure", deren Anion

O S S

sich unter Ersatz eines Sauerstoff- durch ein Schwefel-

2 -

0

teilchen von dem Sulfation ableitet. Die freie Säure ist unbeständig.

Man versetze etwas stark verdünnte N a t r i u m t h i o s u l f a t Lösung mit etwas verdünnter Schwefelsäure. Aus der zuerst klaren Mischung entweicht bald S c h w e f e l d i o x y d , das am Geruch leicht zu erkennen ist, während sich die Flüssigkeit unter Abscheidung feinstverteilten S c h w e f e l s trübt. H 2 S 2 0 3 = H 2 0 + S0 2 + S . Verwendet man zu diesem Versuche eine konzentrierte Natriumthiosulfat-Lösung, so tritt die Zersetzung der Thioschwefelsäure sofort ein.

158

Selen und Tellur

Natriumthiosulfat ist ein gelindes R e d u k t i o n s m i t t e l . Man versetze eine Probe Natriumthiosulfat-Lösung mit Jod-Lösung; die Jodfarbe verschwindet sofort, weil sich J o d i d - und Tetrathionationen (vgl. S. 157) bilden. 2Na 2 S 2 0 3 + J 2 = 2NaJ + Na 2 S 4 0 6 bz w . 2[S 2 0 3 ] 2 " + J 2 = 2 J" + [S 4 0 6 ] 2 " Durch die stärkeren Oxydationsmittel Brom oder Chlor wird Natriumthiosulfat unter Abscheidung von Schwefel zu S u l f a t oxydiert. Durch einen Überschuß an Halogen kann der Schwefel ebenfalls zu Schwefelsäure oxydiert werden. Na 2 S 2 0 3 + H 2 0 + Cl2 = 2NaCl + H 2 S0 4 + S S + 4H 2 0 + 3C1 2 = 6HCl + H 2 S0 4 . Hierauf beruht die Verwendung von Natriumthiosulfat zum Entfernen freien Chlors („Antichlor"). Über seine Verwendung als „Fixiersalz" vgl. S. 93.

Selen und Tellur Selen und Tellur verhalten sich dem Schwefel weitgehend ähnlich, doch tritt beim Selen die sechswertig positive Stufe zugunsten der vierwertigen zurück. So kennt man z. B. das Selentrioxyd nicht, nur die (bei Raumtemperatur kristallisierte) S e l e n s ä u r e H 2 Se0 4 und die davon abgeleiteten Selenate wie Na 2 Se0 4 . T e l l u r s ä u r e (Kristalle der Formel H e TeO e ) ist viel schwächer als Schwefel- und Selensäure. Beim Rösten der Elemente oder von Seleniden bzw. Telluriden entstehen die D i o x y d e , die bei Zimmertemperatur fest sind, als weißer Rauch. Selendioxyd löst sich in Wasser, Tellurdioxyd nur in Laugen leicht. Mit Reduktionsmitteln (Schwefeldioxyd, Stannochlorid, Hydrazin) fallen aus den sauren Lösungen die Elemente; auch Schwefelwasserstoff wirkt in diesem Sinne. Selenate lassen sich merkwürdigerweise mit schwefliger Säure nur äußerst langsam reduzieren, gehen aber beim Kochen mit starker Salzsäure in selenige Säure über, die dann leicht mit schwefliger Säure fällbar ist. Die gefällten, d. h. fein verteilten Elemente lösen sich leicht in Schwefelammonium-Lösung unter Bildung von Verbindungen, die den Ammoniumpolysulfiden analog sind. In konzentrierter Schwefelsäure lösen sich Selen mit grüner, Tellur mit roter Farbe. Beim Verdünnen fallen die Elemente wieder aus. Bei der Heparreaktion (vgl. S. 43/44) geben Selen- und Tellurverbindungen die gleichen Erscheinungen wie Schwefel.

Man erhitze etwas Selen in einem einseitig geschmolzenen Glasröhrchen. Das Selen bildet ein. schwarzes, am oberen Rande rot gefärbtes Sublimat; die rote Farbe rührt von einer instabilen Modifikation des Elements her. Über dem Selenspiegel setzt sich etwas weißes S e l e n d i o x y d ab. Dabei tritt ein eigenartiger Geruch auf, der an faulen Rettich erinnert. Man schmelze in einem Glühröhrchen etwas Selen mit Soda und Salpeter. Es bildet sich Selenat Na 2 Se0 4 . Ein kleiner Teil davon werde nach dem Zerschlagen des Glühröhrchens gepulvert, mit festem Ammoniumchlorid innig gemischt und in ein neues Glühröhrchen gebracht. Beim Erhitzen sublimiert das Ammonium-

V. Gruppe — Hydrazin; Hydroxylamin

159

chlorid; zum Teil aber reduziert es das Selenat zu Selen, das das Sublimat zunächst schwarz färbt und allmählich in eine rote Modifikation übergeht 1 ). Der Rest des Selenates werde in Wasser gelöst. Versetzt man einen Teil der so erhaltenen Lösung mit Salzsäure und Schwefligsäure-Lösung, so fällt nichts. Der andere Teil der Lösung werde mit k o n z e n t r i e r t e r Salzs ä u r e stark angesäuert und einige Zeit gekocht, wobei Reduktion zu seleniger Säure erfolgt. Eine Hälfte der Lösung werde mit s c h w e f l i g e r Säure erhitzt: Fällung von rotem elementarem Selen. Se0 2 + 2H 2 S0 3 = Se + 2H 2 S0 4 . Die andere Hälfte werde mit S c h w e f e l w a s s e r st off wasser versetzt: gelbe Fällung eines Gemisches von Selen und Schwefel. Se0 2 + 2H 2 S = 2 H 2 0 + Se + 2 S . Ein wenig T e l l u r werde mit 1 ccm konzentrierter Schwefelsäure erwärmt: Rotfärbung. N a c h d e m A b k ü h l e n (!) gieße man die Schwefelsäure in einige Kubikzentimeter Wasser ein: die Rotfärbung verschwindet, und es fällt wieder schwarzes Tellur aus.

V. Gruppe Hydrazin; Hydroxylamin Ersetzt man in der Ammoniakmolekel ein H-Atom durch die OH-Gruppe, so kommt man zum H y d r o x y l a m i n NH 2 OH. Durch Vereinigung von zwei Amidogruppen (—NH2) entsteht das Diamid oder H y d r a z i n H 2 N—NH 2 . Beide Stoffe verhalten sich in wäßriger Lösung — ähnlich dem Ammoniak — wie s c h w a c h e B a s e n und bilden mit Säuren Salze, z. B.: H 2 NOH + HCl = [H3NOH]Cl Hydroxyl ammonium chlorid HÜN-NH 2 + H 2 S0 4 = [ H 3 N - N H 3 ] S 0 4 Hydrazinium sulfat. Die freien Basen und die meisten ihrer Salze sind in Wasser leicht löslich und besitzen sehr starke Reduktionseigenschaften.

Man versetze etwas ammoniakalische Silbersalz-Lösung mit Hydrazinsulfat-Lösung und erwärme. Es scheidet sich metallisches Silber ab, das als Spiegel fest an der Glaswand haftet, falls das verwendete Probierglas fettfrei war2). Das Hydrazin wird dabei im wesentlichen zu elementarem Stickstoff oxydiert. Das zunächst entstehende schwarze Sublimat stellt also offenbar eine besonders instabile Modifikation dar; um das bei Zimmertemperatur stabile graue Selen kanp es sich nicht handeln, da sich dieses nicht freiwillig in eine instabile Form umwandeln kann! 2 ) Eine gegebenenfalls vorhandene Fettschicht beseitige man vorher dadurch, daß man das Probierglas eine Zeitlang mit Alkalilauge gefüllt stehen läßt.

160

Salpetrige Säure und Nitrite Salpetrige Säure und Nitrite

Wie S. 37 besprochen, disproportioniert Stickstoffdioxyd beim Einleiten in Lauge in Nitrat und N i t r i t . Ferner zersetzen sich Alkalinitrate oberhalb der Schmelztemperatur allmählich in Nitrit und Sauerstoff 1 ): 2KN0 3 ^ 2KN0„ + 0 2 . Zusatz geeigneter Reduktionsmittel, etwa von metallischem Blei, befördert diese Zersetzung. Die freie s a l p e t r i g e S ä u r e ist im Gegensatz zum Nitrition unbeständig und zerfällt in Stickoxyde und Wasser. Man säuere eine ziemlich starke K a l i u m n i t r i t - L ö s u n g mit Schwefelsäure an; die Lösung färbt sich gelb (N0 2 ), und es entweicht unter Disproportionierung ein Gemisch von farblosem Sticko x y d und braunem Stickstoffdioxyd. 2 H N 0 2 = H 2 0 + NO + N 0 2 . Im Gaszustande ist also das Anhydrid der salpetrigen Säure N a 0 3 nicht (oder nur in untergeordneter Menge) existenzfähig. Beim Abkühlen auf Temperaturen unter 0° kondensiert sich aber das obige Gemisch zu einer tiefblauen Flüssigkeit, die als die Verbindung S t i c k s t o f f t r i o x y d N 2 0 3 anzusprechen ist. Die salpetrige Säure kann, da sie den Stickstoff in einer mittleren Wertigkeitsstufe ( 3 + ) enthält, gegenüber oxydierenden Stoffen a l s R e d u k t i o n s m i t t e l und gegenüber reduzierenden Stoffen a l s O x y d a t i o n s m i t t e l auftreten. Sie ist ein stärkeres Oxydationsmittel als Salpetersäure mit. 6 wertigem Stickstoff und ein stärkeres Reduktionsmittel als Stickoxyd mit 2wertigem Stickstoff. Dies ist darin begründet, daß die salpetrige Säure instabil ist und freiwillig in die Nachbarstufen zerfällt (vgl. S. 152). Man verdünne einen Tropfen Natriumnitrit - Lösung mit einigen Kubikzentimetern Wasser, füge zwei Tropfen K a l i u m j o d i d Lösung und einige Tropfen Salz- oder Essigsäure hinzu. Es scheidet sich J o d aus, das die Lösung braun färbt. Empfindlicher wird die Probe durch Zusatz von Stärkekleister-Lösung (vgl. S. 149). O x y d a t i o n sWirkung der salpetrigen Säure! 2 H N 0 2 + 2 H J = 2 H 2 0 + 2 N O + J°2 • Man verwendet diese Umsetzung, die in größten Verdünnungen am besten gelingt, unter anderem zur Prüfung von Brunnenwasser auf einen Gehalt an Nitriten. Einige Tropfen Natriumnitrit-Lösung werden mit etwas verdünnter K a l i u m p e r m a n g a n a t - L ö s u n g versetzt und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Es tritt Entfärbung ein. R e d u k t i o n s w i r k u n g der salpetrigen Säure! 2 [ M n 0 4 ] - + 5 H N O 2 + 6 H + = 2Mn 2 + + 5 H N 0 3 + 3 H 2 0 . Über das Verhalten anderer Nitrate sowie von Ammoniumnitrat und -nitrit beim Erhitzen vgl. S. 37 u. 59/60.

Phosphorige Säure

161

Auch die Reduktion von Chlorsäure kann man mit salpetriger Säure erreichen. Man säuere eine stark verdünnte chloridfreie Kaliumchlorat-Lösung mit Salpetersäure an und gebe ein wenig einer Lösung von reinem Natriumnitrit hinzu. Nach etwa 5 Minuten wird mit Silbernitrat-Lösung versetzt und aufgekocht: es scheidet sich Silberchlorid ab. Für die A n a l y s e ist es wichtig zu wissen, daß es zwar — außer der Einwirkung auf Jodionen (s. o.) — noch eine Reihe von verwickelten Umsetzungen mit organischen Verbindungen gibt, durch die man die salpetrige Säure neben der Salpetersäure nachweisen kann, daß dagegen sämtliche Umsetzungen der Salpetersäure auch mit salpetriger Säure erhalten werden. Will man also Salpetersäure bei Anwesenheit von salpetriger Säure nachweisen, so muß man die letztere vorher entfernen. Dies gelingt mittels folgender Umsetzung:

Eine Probe Natriumnitrit-Lösung versetze man reichlich mit konzentrierter H a r n s t off-Lösung, säuere dann mit verdünnter Schwefelsäure an und lasse einige Minuten stehen. Dabei setzt sich die salpetrige Säure mit Harnstoff zu Wasser, Kohlendioxyd und Stickstoff um. OC(NH2)2 + 2HN0 2 = 2N 2 + 3H 2 0 + C 0 2 . Die Lösung gibt nun keine Reaktion mit Kaliumjodid-Lösung mehr. Phosphorige Säure Neben den S. 45 ff. besprochenen Säuren, die Phosphor in der fünfwertigen Stufe enthalten, kennt man noch Säuren niederer Wertigkeitsstufen. Von diesen behandeln wir hier nur die P h o s p h o r i g e Säure. Diese bildet sich nach der Gleichung PC13 + 3 H 2 0 = H3PO3 + 3 HCl bei der Hydrolyse von Phosphortrichlorid PC13, einer an der Luft rauchenden, bei 76° siedenden Flüssigkeit, die man leicht durch Einwirkung von Chlorgas auf Phosphor erhält. Phosphorige Säure ist ein Reduktionsmittel, das z. B. Mercuri- in Mercurosalz überführt. Beim Erhitzen disproportioniert sie, ähnlich wie Kaliumchlorat, in Phosphorwasserstoff PH 3 und Phosphorsäure: 4H 3 P0 3 = PH 3 + 3H 3 P0 4 .

Man gebe in ein trockenes Probierglas einen halben Kubikzentimeter P h o s p h o r t r i c h l o r i d und gebe einige Kubikzentimeter Wasser hinzu. Die Umsetzung zur phosphorigen Säure ist nach einigen Minuten beendet. Zu der entstandenen Lösung gebe man einige Tropfen Mercurichlorid-Lösung. Es bildet sich in der Kälte langsam, schneller beim Erhitzen unlösliches Mercurochlorid und später auch graues metallisches Quecksilber: 2+

3+

2x1+

5+

2HgCl2 + H3PO3 + H 2 0 = Hg2Cl2 + H 3 P0 4 + 2 HCl 2X1+

3+

±0

6+

Hg2Cl2 + H3PO3 + H 2 0 = 2 Hg + H 3 P0 4 + 2HC1. B i l t z , Einführung. 21. Aufl.

11

162

IV. Gruppe — Silicium

IV. Gruppe Silicium Das elementare Silicium besitzt im Gegensatz zum Diamanten ausgesprochen metallisches Aussehen. Es ist in Säuren unlöslich, setzt sich aber mit Laugen leicht zu löslichem Alkalisilikat („Wasserglas") und Wasserstoff um: g . + 2 N a 0 H + H 2 0 = Na 2 Si0 3 + 2H 2 . Aus Alkalisilikat-Lösungen wird die Hauptmenge der Kieselsäure durch Ansäuern abgeschieden. Ein Teil bleibt allerdings kolloid gelöst; beim Ansäuern stark verdünnter Alkalisilikat-Lösungen tritt sogar eine Fällung überhaupt nicht ein. Die gelöste Kieselsäure wird erst durch mehrfaches Abdampfen der mit Salzsäure versetzten Lösung in die unlösliche Form überführt. Im Gegensatz zu den Alkalisilikaten sind alle übrigen S i l i k a t e ebenso wie das Anhydrid der Kieselsäure Si0 2 (Quarz) in Wasser unlöslich. Die Silikate bilden den Hauptbestandteil der Erdrinde und zeigen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung und Kristallform. Unterkühlte Schmelzen wechselnder Zusammensetzung aus Alkali- und Erdalkali(bzw. Blei-) Silikaten verwendet man als G l ä s e r ; moderne Spezialgläser besitzen meist noch sehr viele andere Bestandteile. Durch Schmelzen mit Soda lassen sich die Silikate aufschließen. Z. B. entsteht aus einem Alkali-Erdalkali-Aluminiumsilikat unter Kohlendioxydentwicklung Natriumsilikat und -aluminat sowie Calciumcarbonat. Zersetzt man den erkalteten Schmelzkuchen mit Salzsäure, so geht alles als Chlorid in Lösung mit Ausnahme der Kieselsäure, die abgeschieden wird. Ein anderer Weg zum Aufschluß der Silikate, den man z. B. zum Ätzen des Glases benutzt, beruht auf der Einwirkung eines Gemisches von Flußsäure und Schwefelsäure. Hierbei wird das Siliciumdioxyd in gasförmiges S i l i c i u m t e t r a f l u o r i d SiF 4 übergeführt: Si0 2 + 4 H F = SiF4 + 2 H 2 0 . Das gleichzeitig entstehende Wasser würde die Reaktion bald zum Stillstand bringen (Massenwirkungsgesetz!); man macht es deshalb durch den Zusatz der wasserentziehenden Schwefelsäure unschädlich. Mit Wasser allein gibt Siliciumtetrafluorid wieder Kieselsäure (Umkehrung der obigen Reaktion; Massenwirkungsgesetz!) und außerdem K i e s e l f l u o r w a s s e r s t o f f s ä u r e H 2 SiF 6 : SiF 4 + 2 H 2 0 = Si0 2 + 4 H F 4 H F + 2SiF 4 = 2H 2 SiF„ 3SiF 4 + 2 H 2 0 = Si0 2 + 2H 2 SiF„ . Auf dieser Umsetzung läßt sich ein N a c h w e i s der Kieselsäure begründen, indem man die zu untersuchende Probe im Bleitiegel mit Fluß- und konzentrierter Schwefelsäure behandelt, die aufsteigenden Gase mit Wasser zersetzt und nun entweder prüft, ob sich Kieselsäure ausscheidet oder ob sich Kieselfluorwasserstoffsäure gebildet hat, die an der Schwerlöslichkeit ihres B a r i u m salzes leicht zu erkennen ist. — G e l ö s t e Kieselsäure erkennt man daran, daß sich mit einer salpetersauren Molybdänsäure-Lösung die l ö s l i c h e (Gegensatz zur Phosphor- und Arsensäure!) gelbe S i l i c o m o l y b d ä n s ä u r e H4[Si(Mo3O10)4] bildet. S i l i c i u m w a s s e r s t o f f e entstehen z. B. durch Einwirkung von Säuren auf Magnesiumsilicid. Sie entzünden sich an der Luft von selbst und verbrennen zu Siliciumdioxyd und Wasser. Mg2Si + 4 HCl = SiH4 + 2 0 2 =

SiH4 + 2MgCl2 Si0 2 + 2 H 2 0 .

Silicium

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Man erwärme etwas m e t a l l i s c h e s S i l i c i u m mit Natronlauge. Es entwickelt sich W a s s e r s t o f f . Man löse ein Stückchen „ W a s s e r g l a s " in etwas Wasser unter Erwärmen auf. Bei Zusatz von konzentrierter Salzsäure fällt w a s s e r h a l t i g e K i e s e l s ä u r e gallertartig aus. Diese frisch ausgefällte Kieselsäure löst sich in Natronlauge leicht auf, namentlich beim Erwärmen. Wiederholt man den Versuch mit einer ä u ß e r s t v e r d ü n n t e n Wasserglaslösung, so fällt nichts aus. Man säuere eine sehr verdünnte Wasserglaslösung mit reichlich konzentrierter S a l p e t e r s ä u r e an und versetze die klare Lösung mit viel A m m o n i u m m o l y b d a t - L ö s u n g . Die Lösung färbt sich unter Bildung von komplexer M o l y b d ä n k i e s e l s ä u r e gelb. Man prüfe auf diese Weise das Wasserleitungswasser und das destillierte Wasser des Laboratoriums auf Kieselsäure. Zum A u f s c h l u ß schmelze man eine Spatelspitze sehr fein gepulverten Feldspats (z.B. K 2 0 • A1203 • 6 Si0 2 ) mit der fünffachen Menge wasserfreier S o d a im Platinschälchen, bis die Kohlendioxydentwicklung beendet und eine klare Schmelze entstanden ist, und schrecke ab (vgl. S. 129). Den Schmelzkuchen zersetze man mit konzentrierter Salzsäure. Es entwickelt sich reichlich Kohlendioxyd, und wasserhaltige Kieselsäure fällt gallertartig aus. Man filtriere und weise im Filtrat das Aluminium mit Ammoniak-Lösung nach. G l a s ä t z e n : Man bringe in einem trockenen Probierglase ein erbsengroßes Stück Paraffin zum Schmelzen und verteile es durch Drehen des erwärmten Glases um seine horizontal gehaltene Achse über seine ganze Innenseite. Nach dem Erkalten des Paraffins kratze man mit einem Drahte einige Stellen der Glaswandung blank. Nun gebe man eine Messerspitze Calciumfluoridpulver und einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in das Glas und erwärme den Boden ganz schwach, bis beginnendes Aufschäumen anzeigt, daß sich nach der Gleichung CaF 2 + H 2 S0 4 = CaS0 4 + 2 H F F l u o r w a s s e r s t o f f entwickelt. Nach 10 Minuten spüle man den Inhalt des Rohres mit Wasser aus, koche das Rohr zweimal mit je 2—3 ccm Alkohol aus und spüle es dann zweimal mit je 2—3 ccm Äther, Nun blase man mit dem Gebläseschlauche, an den man zweckmäßig ein Stück Glasrohr ansetzt, etwas Luft durch das warme Probierglas, wodurch es völlig getrocknet wird. Man erkennt jetzt an den angekratzten Stellen die Ätzfiguren und fühlt sie mit einem zugespitzten Drahte deutlich als Vertiefungen. I n ein Bleitiegelchen bringe man etwas gefälltes Siliciumdioxyd, Flußspatpulver und 1 / 2 ccm konzentrierte Schwefelsäure. Dann bedecke man das Tiegelchen mit einem durchlochten Bleideckel und lege auf das Loch ein Stückchen feuchtes schwarzes Filtrierpapier. 11*

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III. Gruppe — Borsäuren

Nach kurzem, ganz schwachem Erwärmen entferne man das Papier; es findet sich auf ihm ein weißer Fleck von K i e s e l s ä u r e . Eine wäßrige Lösung von K i e s e l f l u o r w a s s e r s t o f f s ä u r e fällt aus Bariumchlorid-Lösung weißes B a r i u m s i l i c o f l u o r i d aus, das sich durch seine grobkörnige Form schon äußerlich v o m Bariumsulfat unterscheidet. H 2 SiF 6 + BaCl 2 = BaSiF 6 + 2 H C l . Man erhitze in einem trockenen Probierglase ein Gemisch von 2 g M a g n e s i u m p u l v e r mit 1 g gefällter K i e s e l s ä u r e . Die U m setzung setzt plötzlich unter Erglühen ein und pflanzt sich durch die ganze Masse fort. 4Mg + S i 0 2 = Mg 2 Si + 2MgO . N a c h dem Erkalten zerschlage man das Glas mit Inhalt und werfe Stücke de§ gebildeten Magnesiumsilicides in ein unter dem Abzug stehendes Schälchen mit konzentrierter Salzsäure. Der sich bildende S i l i c i u m w a s s e r s t o f f entzündet sich mit leichtem Knall.

III. Gruppe Borsäuren Durch Wasseranlagerung an B o r o x y d B 2 0 3 entsteht die O r t h o b o r säure H3B03: B203 + 3H20 = 2H3B03. Sie besteht aus farblosen Kristallblättchen, die in kaltem Wasser wenig löslich sind. Salze leiten sich nur von den im freien Zustande nicht darstellbaren wasserarmeren Borsäuren ab: B203 + H 2 0 = 2HB03 M e t a b o r s ä u r e 2B 2 0 3 + H 2 0 = H 2 B 4 0 7 T e t r a b o r s ä u r e . Das Natriumtetraborat („Borax") bildet beim Schmelzen ein Glas, das ähnlich dem Natriummetaphosphat Metalloxyde unter Bildung gefärbter P e r l e n auflöst. Beim Erwärmen von Boraten mit Methylalkohol und konzentrierter Schwefelsäure entsteht B o r s ä u r e m e t h y l e s t e r 1 ) : 3CH 3 OH + H 3 B0 3 = 3 H 2 0 + (CH 3 0) 3 B . Da dieser leicht flüchtig ist, verdampft er. Beim Anzünden verbrennt er mit grüner Flamme, deren Auftreten den Nachweis von Borverbindungen ermöglicht. ') E s t e r sind Verbindungen, die aus Alkohol und Säure unter Wasserabspaltung entstehen, z. B. CH 3 OH + HCl = CH3C1 + H 2 0. Die Wasserabspaltung wird dabei meist durch konzentrierte Schwefelsäure erzwungen. Obwohl die Ester formal Ähnlichkeit mit den Salzen besitzen, sind sie N i c h t e l e k t r o l y t e , die meist leicht flüchtig sind.

Borsäuren

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Man löse B o r a x in möglichst wenig heißem Wasser auf und säuere die filtrierte Lösung mit verdünnter Schwefelsäure an. Beim Abkühlen kristallisiert O r t h o b o r s ä u r e in kleinen Blättchen aus. Man filtriere sie ab und wasche sie mit kaltem Wasser aus. Na 2 B 4 0 7 + H 2 S0 4 + 5 H 2 0 = 4 H 3 B 0 3 + N a 2 S 0 4 . Eine kleine Probe dieser B o r s ä u r e werde in warmem Wasser aufgelöst; mit der Lösung — oder auch mit einer durch etwas Salzsäure angesäuerten Borax-Lösung — werde ein Stückchen C u r c u m a papier befeuchtet; es färbt sich braun und bleibt auch beim Trocknen im Wasserdampftrockenschranke braun. Ein Körnchen Borax werde im Probierglase mit etwas M e t h y l a l k o h o l und etwa doppelt soviel konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Die beim Aufkochen der Mischung entweichenden Dämpfe brennen mit grüner Flamme. Man fertige einige B o r a x p e r l e n mit Cuprioxyd, Kobaltoxyd usw. an.

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Metallverbindungen, zweiter Teil Lithium und Beryllium Wie wir S. 86 ff. auseinandersetzten, nimmt der basische Charakter der Elemente ab, sowohl wenn wir im Perioden - System in den Horizontalen nach rechts als auch wenn wir in den senkrechten Gruppen von unten nach oben fortschreiten. Damit hängt es zusammen, daß oft ein Element Ähnlichkeiten mit einem anderen aufweist, das in der rechts benachbarten Gruppe eine Horizontalreihe (eventuell auch mehrere) tiefer steht („Schrägbeziehungen"). Während sonst ähnliche Elemente meist gleiche Wertigkeit besitzen, sind die hier erwähnten Fälle gerade durch Ähnlichkeit trotz verschiedener Wertigkeit gekennzeichnet. Besonders ausgeprägt ist diese Erscheinung bei den Elementpaaren: Lithium—Magnesium, Beryllium—Aluminium, Bor—Silicium. Lithium tritt stets einwertig, Beryllium stets zweiwertig auf.

Man prüfe L i t h i u m chlorid auf seine F l a m m e n fä r b u n g sowohl bei direkter Beobachtung als auch mit Hilfe des Handspektroskops. Versetzt man zwei Proben nicht zu verdünnter LithiumsalzLösung mit N a t r i u m c a r b o n a t - bzw. Natriumphosphat-Lösung, so fällt in beiden Fällen ein weißer Niederschlag aus (Analogie mit Magnesium). Erwärmen begünstigt beide Fällungen. L i t h i u m c h l o r i d ist im Gegensatz zu den anderen Alkalichloriden in absolutem A l k o h o l ziemlich leicht löslich. Man überzeuge sich davon. Der Versuch ist nur dann beweisend, wenn man eine t r o c k e n e Probe von Lithiumchlorid benutzt; da das Salz sehr hygroskopisch ist, trockne man die Probe vor der Verwendung im Trockenschrank bei etwa 100°. Eine Berylliumsalz-Lösung gibt auf Zusatz von A m m o n i a k Lösung eine weiße gelatinöse Fällung von B e r y l l i u m h y d r o x y d , die im Gegensatz zu Magnesium, aber in Übereinstimmung mit Aluminium auch in Gegenwart von Ammoniumsalzen vollständig ist. Auf Zusatz von N a t r o n l a u g e fällt aus einer BerylliumsalzLösung zunächst ebenfalls H y d r o x y d . Im Überschusse des Fällungsmittels löst sich dieses jedoch ebenso wie Aluminiumhydroxyd. Man stelle eine solche Natriumberyllat-Lösung unter Verwendung eines möglichst geringen Überschusses an Natronlauge her und koche sie einige Zeit. Das Berylliumhydroxyd fallt wieder aus (Hydrolyse), und zwar in einer „gealterten" kompakteren Form, die sich kaum wieder in Natronlauge löst. Berylliumhydroxyd besitzt also etwas schwächer saure Eigenschaften als Aluminiumhydroxyd!

Seltene Erden — Titan, Zirkonium, Thorium

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Seltene Erden Unter den seltenen Erden im engeren Sinne versteht man die Elemente: Scandium, Yttrium, Lanthan und die im Perioden-System auf das Lanthan folgenden vierzehn „Lanthaniden", die fast ausschließlich dreiwertig auftreten. Im weiteren Sinne zählt man auch die vierwertigen Elemente: Zirkonium, Hafnium und besonders Thorium hinzu. Die seltenen Erden im engeren Sinne sind einander im chemischen Verhalten so ähnlich, daß sie mit Hilfe einfacher Reaktionen nicht unterschieden oder getrennt werden können. Ausnahmen machen nur das Cer, das leicht in den vierwertigen, und Europium und Ytterbium, die noch einigermaßen leicht in den zweiwertigen Zustand übergeführt und dann durch geeignete Reagentien abgetrennt werden können. Schließlich weicht auch das Scandium in seinen Umsetzungen etwas von den anderen Erden ab, weil es, seiner Stellung im Perioden-System entsprechend, das am schwächsten basische Glied der Gruppe darstellt. Lanthanhydroxyd ist die stärkste Base unter den seltenen Erden. Das Oxyd La 2 0 3 erinnert, der auf S. 166 besprochenen Schrägbeziehung entsprechend, an das Calciumoxyd, so z. B. mit seiner Fähigkeit, Kohlendioxyd aus der Luft anzuziehen und frisch geglüht sich mit Wasser „löschen" zu lassen.

Lösungen der seltenen Erdsalze (man verwende etwa die ChloridLösung eines beliebigen seltenen Erdgemisches) sind durch Ammoniak-Lösung oder N a t r o n l a u g e vollständig fällbar. Im Überschuß von Natronlauge sind sie unlöslich. Die geringe Löslichkeit des Hydroxyds erinnert an das Aluminium, das Fehlen des amphoteren Charakters aber an das Calcium. Aus sehr schwach mineralsaurer Lösung fällt auf Zusatz von Oxalsäure grobkristallines Oxalat der seltenen Erden aus (Analogie mit Calcium). Absorptionsspektren. Man betrachte mit dem Handspektroskop Tages- oder Lampenlicht und halte eine Flasche mit Kupfersulfat- bzw. Kaliumchromat-Lösung vor den Spalt. In beiden Fällen sind größere Teile des Spektrums ganz oder fast ganz ausgelöscht; die dunklen Zonen gehen allmählich in die nicht ausgelöschten über. Hält man dagegen eine Flasche mit einer Lösung von Verbindungen farbiger seltener Erden (etwa Praseodym- oder Neodymsalze) vor den Spalt oder richtet das Spektroskop auf auf weißem Papier ausgebreiteten Monazitsand (ein natürlich vorkommendes Erdphosphat), so zeigt das Spektrum mehrere schmale scharf a b g e g r e n z t e dunkle Zonen, „Banden". Diese Art des Absorptionsspektrums trifft man bei festen oder gelösten Stoffen fast nur bei den seltenen Erden an. Titan, Zirkonium, Thorium Diese Elemente treten fast ausschließlich vierwertig auf; ziemlich leicht läßt sich nur das Titan zur dreiwertigen Stufe reduzieren, z. B. mit Zink und Säure. Ammoniak-Lösung fällt aus den Lösungen der Salze, wie beim Aluminium, die Hydroxyde dieser Elemente vollständig aus. Die geglühten Oxyde sind in Säuren fast unlöslich. Vom Silicium, dessen Oxyd saure Eigenschaften zeigt, über das Titan und Zirkonium zum Thorium, dessen Oxyd basisch ist, besteht ein ganz allmählicher Übergang. Zirkonium und Haf-

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Vanadin, Niob, Tantal

nium sind mit einfachen Hilfsmitteln nicht unterscheidbar. Thorium verhält sich bei sehr vielen Reaktionen wie die dreiwertigen seltenen Erden und ähnelt am meisten dem Scandium (Schrägbeziehung!).

Man schmelze eine kleine Spatelspitze T i t a n d i o x y d mit etwa der fünffachen Menge A l k a l i p y r o s u l f a t in einem kleinen Porzellantiegel 5—10 Minuten lang bei einer solchen Temperatur, daß nur wenig Schwefeltrioxydnebel entweichen. Den so erhaltenen Schmelzkuchen löse man in der Kälte mit wenig Wasser und einigen Tropfen verdünnter Schwefelsäure und verwende die Lösung zu den folgenden Versuchen: Ein Teil der Lösung werde mit Wasser auf das fünf- bis zehnfache verdünnt und einige Zeit zum Sieden erhitzt; infolge Hydrolyse fallt weißes wasserhaltiges T i t a n d i o x y d . Das vierwertige Titan ist also schwächer basisch als das dreiwertige Eisen, das nur in essigsaurer, nicht dagegen in schwefelsaurer Lösung vollständig hydrolisiert. Für die Trennung des Titans vom Eisen ist es aber doch zweckmäßig, das Eisen vorher durch Zusatz von Schwefligsäure-Lösung in die noch stärker basische Ferroform überzuführen.

Man versetze einen kleinen Teil der stark verdünnten Titansulfat-Lösung mit 3-proz. W a s s e r s t o f f p e r o x y d . Trotz der großen Verdünnung tritt durch Bildung der , , P e r " s ä u r e H 2 [Ti(0 2 )(S0 4 ) 2 ] eine deutliche Gelbfärbung auf. Ammoniak-Lösung oder N a t r o n l a u g e fällen aus TitansalzLösungen weißes wasserhaltiges T i t a n d i o x y d . Mit überschüssiger Natronlauge ist die Fällung nur bei Gegenwart anderer fällbarer Elemente, insbesondere Eisen, vollständig. Bei Gegenwart von Wasserstoffperoxyd bilden sich mit Ammoniak-Lösung oder Natronlauge zunächst lösliche schwach gelblich gefärbte P e r t i t a n a t e , die beim Kochen allmählich zersetzt werden. Man schließe etwas Z i r k o n i u m d i o x y d auf die beim Titan beschriebene Weise mit Alkalipyrosulfat auf. Die Lösung hydrolysiert etwas schwieriger als die von Titansulfat. Ein Teil der Lösung werde mit dem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure und dann mit Natriumphosphat-Lösung versetzt. Es fallt ein weißer schleimiger, schlecht filtrierbarer Niederschlag von Z i r k o n i u m p h o s p h a t . Außer Zirkonium (und Hafnium) bildet kein anderes Element ein in stark mineralsaurer Lösung unlösliches Phosphat. Man säure etwas Thoriumsalz-Lösung ganz schwach mit Salzsäure an und gebe O x a l s ä u r e zu; es fällt T h o r i u m o x a l a t aus. Vanadin, Niob, Tantal Die drei Elemente haben in fünf wertiger Form saure Eigenschaften. Da Niob und Tantal andererseits auch gewisse Ähnlichkeiten mit den Erden aufweisen, nennt man sie „Erdsäuren". Niob und Tantal ähneln einander

Vanadin, Niob, Tantal

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fast so sehr, wie die beiden im Perioden-System vorhergehenden Elemente Zirkon und Hafnium. Vanadin kommt auch vier-, drei- und zweiwertig vor. Die fiinfwertige Stufe läßt sich bei diesem Element verhältnismäßig leicht reduzieren, während dies beim Niob schwerer, bei Tantal kaum noch möglich ist. Durch alkalische, oxydierende Schmelzen (z. B. mit Soda und Salpeter) lassen sich die niederwertigen Stufen leicht in die fünfwertige überführen. Vanadinpentoxyd ist in Wasser schwer, in Säuren und besonders Laugen leichter löslich. Niob- und Tantalpentoxyd sind ebenso wie ihre wasserhaltigen Formen, die „Säuren", in Wasser praktisch unlöslich. Ihr Verhalten gegen Säuren und Laugen hängt von der Vorgeschichte der Oxyde ab. Schwefelsaure Lösungen hydrolysieren beim Kochen unter Abscheidung der wasserhaltigen Oxyde vollständig. — Niob und Tantal vermögen in wäßriger Lösung keine Sulfide zu bilden. Auch das Vanadinpentasulfid ist nur auf einem Umwege (durch Ansäuern von Alkalithiovanadat-Lösung) zu erhalten; in saurer Lösung reduziert Schwefelwasserstoff das Vanadin nur zur vierwertigen Stufe, eine Fällung tritt jedoch nicht auf. Vanadinmetall ist ein wichtiges Stahllegierungselement. Tantalmetall spielt als Werkstoff in der chemischen Industrie eine gewisse Rolle, weil es infolge seiner Reaktionsträgheit gegen viele Stoffe, z. B. gegenüber konzentrierten Säuren und Laugen, beständig'ist, obwohl es an sich nicht besonders edel ist.

Man löse etwas A l k a l i v a n a d a t , etwa Ammoniummetavanadat NH 4 V0 3 , unter schwachem Erwärmen in Wasser und s ä u e r e die farblose Lösung an: Schwache Gelbfärbung infolge der Bildung von V a n a d i n s ä u r e . In festem Zustande läßt sich diese nicht darstellen, sondern nur das Anhydrid V 2 0 5 . Ein Teil der Vanadinsäure-Lösung werde mit etwas W a s s e r s t o f f p e r o x y d versetzt: Rotbraunfärbung infolge der Bildung einer P e r v a n a d i n V e r b i n d u n g ; die Färbung ist intensiver als beim Titan. Einen anderen Teil der Lösung versetze man mit etwas S c h w e f l i g s ä u r e - L ö s u n g . Die Lösung färbt sich hellblau: das 4+

Yanadin wird zu dem V a n a d y l i o n (VO) 2+ reduziert. Auf Zusatz von Lauge erhält man eine Lösung der sogenannten Hypovanadate oder Vanadite, die sich ebenfalls vom vierwertigen Vanadin ableiten. Etwas angesäuerte Alkalivanadat-Lösung werde mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r versetzt. Es fällt Schwefel aus, und das Vanadin wird zum blauen Vanadylsalz reduziert. Eine weitere Probe der Alkalivanadat-Lösung werde mit k o n z e n t r i e r t e r S a l z s ä u r e erwärmt. Es erfolgt Reduktion zum Vanadylsalz, die außer durch die Farbänderung durch den Geruch des gebildeten freien Chlors leicht zu erkennen ist. Eine dritte Probe schließlich werde mit Z i n k und Säure versetzt. Über die hellblaue vierwertige und die grüne dreiwertige Stufe erfolgt Reduktion bis zur violetten zweiwertigen, sehr wenig beständigen Stufe. Etwas Alkalivanadat-Lösung versetze man mit AmmoniakLösung (keine Fällung!) und gelbem S c h w e f e l a m m o n i u m : Die

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Molybdän, Wolfram, Uran

Lösung färbt sich rotbraun, weil sich T h i o v a n a d a t i o n e n [VS 3 ] 1 _ bilden. Auf Zusatz v o n Säure fällt braunes P e n t a s u l f i d V 2 S 5 aus. Ist die Vanadatlösung sehr verdünnt, so tritt mit Schwefelammonium keine Farbänderung auf. In diesem Falle führt folgende Form der Ausführung der Reaktion zu einem empfindlichen und charakteristischen Nachweis: Wenige Tropfen verdünnter Alkalivanadat-Lösung versetze man mit etwas konzentrierter Ammoniak-Lösung und leite Schwefelwasserstoffgas bis zur S ä t t i g u n g ein. Die Lösung färbt sich rot violett. Molybdän, W o l f r a m , U r a n Die drei M e t a l l e sind wenig edel. Molybdän- und Wolframmetall lassen sich aber noch durch Reduktion der Oxyde mit Wasserstoff darstellen. Sie schmelzen erst bei 2600 bzw. 3400° (Wolframdraht-Glühlampen). Das schwierig in elementarer Form zu gewinnende Uran schmilzt tiefer. Die Verb i n d u n g e n der drei Elemente ähneln denen des Chroms, doch dominiert bei ihnen die Sechswertigkeit, die niederen Wertigkeitsstufen sind von geringerer Bedeutimg. Säuren fällen aus den löslichen Wolframaten die schwer lösliche W o l f r a m s ä u r e H 2 W0 4 . Auch die M o l y b d ä n s ä u r e ist in Wasser schwer löslich; sie löst sich jedoch etwas stärker in Säuren. Beim Uran kennt man Salze der P y r o u r a n s ä u r e . Die Alkalisalze dieser Säure, z. B. Na 2 U 2 0 7 , fallen beim Versetzen sechswertiger Uransalzlösungen mit Alkalilaugen praktisch vollständig aus. In Alkalimetallcarbonaten sind sie unter Komplexbildung löslich. — In saurer Lösung bildet sechswertiges Uran U r a n y l ionen: a+ U 0 3 + 2H+ = H 2 0 + [U0 2 ] 2 + . Uranylsalze hydrolysieren im Gegensatz zum Chromylchlorid mit Wasser nicht. Schwefelwasserstoff fällt von diesen Elementen aus saurer Lösung nur das Molybdän als dunkelbraunes Molybdäntrisulfid MoS3. Mit Schwefelammonium bilden Molybdate und Wolframate leicht lösliche Thiosalze, aus denen beim Ansäuern die braunen Trisulfide ausfallen — beim Molybdän quantitativ (Analogie mit Vanadin). Aus Uranylsalz-Lösungen fällt Schwefelammonium graubraunes Uranylsulfid U0 2 S. P o l y s ä u r e n . Die (zum Teil hypothetischen) Säuren, die dem Pyrochromat K 2 Cr 2 0 7 , dem Trichromat K2Cr3O10 = K 2 0 : 3Cr0 3 , dem Metawolframat Na 2 W 4 O l3 = N a 2 0 - 4 W 0 3 usw. entsprechen, nennt man „ I s o p o l y s ä u r e n " . Besonders Molybdän und Wolfram neigen dazu, auch mit anderen Säuren (z. B. Phosphor-, Arsen-, Kieselsäure) ähnliche, sogenannte „ H e t e r o p o l y s ä u r e n " zu bilden. Wir lernten bereits früher das Ammoniumphosphormolybdat (NH4)3[P(Mo3O10)4]-4H2O und die entsprechenden Arsenund Siliciumverbindungen kennen (vgl. S. 47, 142 und 163). Man löse ein wenig kristallisiertes A m m o n i u m m o l y b d a t in Wasser und gebe tropfenweise verdünnte Salz- oder Salpetersäure hinzu; es fällt weiße M o l y b d ä n s ä u r e H 2 M o 0 4 aus, die sich auf weiteren Säurezusatz wieder auflöst. Eine zweite Probe Ammoniummolybdat-Lösung säuere m a n schwach an und leite S c h w e f e l w a s s e r s t o f f ein. Vorübergehend tritt Blaufärbung auf; dann fällt schmutzigbraunes M o l y b d ä n t r i s u l f i d MoS 3 aus. Auf Zusatz v o n A m m o n i u m s u l f i d u n d

Molybdän, Wolfram, Uran

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etwas Natronlauge löst sich das Molybdäntrisulfid zur tiefbraunen Lösung von A m m o n i u m t h i o m o l y b d a t (NH4)2MoS4 auf. Beim Ansäuern dieser Lösung fällt wieder Molybdäntrisulfid aus. Eine etwa 3-proz. Ammoniummolybdat-Lösung werde mit verdünnter Salzsäure angesäuert und mit einigen Stückchen Z i n k versetzt. Die Lösung färbt sich durch Reduktion tiefblau, weil sich eine kolloide Lösung von „ M o l y b d ä n b l a u " Mo 3 0 8 , einem niederen Oxyde des Molybdäns, bildet. Wird mit konzentrierter Salzsäure stärker angesäuert und erwärmt, so geht die Reduktion weiter; es entstehen braune Lösungen des dreiwertigen Molybdäns, aus denen Ammoniak braunes M o l y b d ä n I I I - H y d r o x y d Mo(OH)3 ausfällt. Man erhitze ein wenig einer Molybdänverbindung in einer kleinen Vertiefung eines Stückes Holzkohle mit dem Lötrohr: weißer, in der Hitze gelblicher Beschlag. Erhitzt man den Beschlag ganz kurz mit der Reduktionsflamme quer zur Längsrichtung der Kohle, so bildet sich ein Streifen von Molybdänblau. Man versetze etwas N a t r i u m w o l f r a m a t - L ö s u n g mit Salz- oder Salpetersäure. Es fallt in überschüssiger Säure n i c h t lösliche Wolfr a m s ä u r e aus, die zunächst fast weiß aussieht, beim Kochen der Lösung aber unter Vergröberung der Teilchen gelb wird. Man filtriere und löse den Niederschlag vom Filter durch mehrfaches Durchgießen von warmer Ammoniak-Lösung. Versetzt man die entstandene Lösung von Ammonium wolframat mit Z i n n c h l o r ü r - L ö s u n g , so fallt gelbes Stannowolframat aus, das beim Ansäuern blau wird. Zu etwas Natriumwolframat-Lösung gebe man S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r ; es wird nichts gefällt. Setzt man Schwefelammonium-Lösung zu, so bleibt die Lösung klar, weil das T h i o w o l f r a m a t löslich ist. Beim Ansäuern färbt sich die Lösung erst grün, dann fällt W o l f r a m t r i s u l f i d aus. Man säuere etwas Uranylnitrat-Lösung mit Salzsäure an und füge S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r hinzu. Es bildet sich kein Niederschlag. Auf Zusatz von A m m o n i u m s u l f i d - L ö s u n g fällt dagegen graubraunes U r a n y l s u l f i d U0 2 S, das sich in Ammoniumcarbonat- sowie in Sodalösung unter Komplexbildung löst. Gibt man zu einer Uranylsalz-Lösung A m m o n i a k , so fällt A m m o n i u m p y r o u r a n a t , das sich in Soda- und in Ammoniuincarbonat-Lösung ebenfalls löst. Natronlauge gibt mit UranylsalzLösungen einen Niederschlag von N a t r i u m p y r o u r a n a t ; dieser löst sich mit Sodalösung nur teilweise, mit AmmoniumcarbonatLösung vollständig. Aus dieser Lösung läßt sich das Natriumpyrouranat durch Zugabe von mehr Natronlauge zum größten Teil wieder ausfällen. Auf Zusatz von W a s s e r s t o f f p e r o x y d und Ammoniak oder Natronlauge bildet sich orangegelbes, lösliches P e r u r a n a t .

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Thallium

Man versetze eine Probe Uranylnitrat-Lösung mit Natriump h o s p h a t - Lösung; es fallt gelbgrünes U r a n y l p h o s p h a t ( U 0 2 ) H P 0 4 aus. Man versetze eine Probe schwach salzsaurer Uranylnitrat-Lösung mit Kalium f e r r o C y a n i d -Lösung; es entsteht ein flockiger rotbrauner Niederschlag von U r a n y l f e r r o c y a n i d (U0 2 ) 2 [Fe(CN) 6 ]. Man stelle B o r a x - und P h o s p h o r s a l z p e r l e n von Titan, Vanadin, Molybdän, Wolfram und Uran in der Oxydations- und in der Reduktionsflamme des Lötrohres her und notiere die beobachteten Färbungen.

Thallium Bei der Besprechung der b-Gruppen des Perioden - Systems haben wir die weniger wichtigen und selteneren Elemente Gallium, Indium und Thallium der Gruppe I l l b übergangen. Von ihnen hat nur das Thallium eine gewisse praktische Bedeutung. Gallium und Indium sind bevorzugt dreiwertig, in einigen instabilen Verbindungen auch ein- und zweiwertig. Beim Thallium tritt die dreiwertige Stufe zugunsten der einwertigen zurück. Wie in den Gruppen IVb und Vb (vgl. S. 130) nimmt also die Beständigkeit der höchsten Wertigkeitsstufe mit steigendem Atomgewicht ab; beim Thallium, Blei und Wismut ist jeweils die niedrigere Wertigkeit bevorzugt. Wie die unten beschriebenen Versuche zeigen, ähneln die farblosen Verbindungen des einwertigen Thalliums einerseits denen der Alkalimetalle und andererseits denen des Silbers und des Bleis. Die dreiwertigen Verbindungen erinnern an das dreiwertige Eisen. Thalliumverbindungen sind giftig und werden daher zur Bekämpfung von Ungeziefer benutzt.

Man prüfe eine beliebige Thallium Verbindung auf i h r e F l a m m e n färbung. Mit etwas T h a l l o n i t r a t - L ö s u n g führe man folgende Umsetzungen aus: Mit verdünnter S a l z s ä u r e entsteht ein weißer Niederschlag von T h a l l o c h l o r i d T1C1, der ähnlich aussieht wie Silberchlorid, aber in heißem Wasser löslich ist wie Bleichlorid. S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r fällt das braunschwarze T h a l l o s u l f i d T12S nur unvollkommen aus; nach Abstumpfen der freiwerdenden Säure mit Natriumacetat wird die Fällung vollständig. Mit K a l i u m c h r o m a t - L ö s u n g entsteht ein gelber Niederschlag von T h a l l o c h r o m a t Tl 2 Cr0 4 . Mit N a t r o n l a u g e sowie mit N a t r i u m p h o s p h a t entstehen keine Fällungen. Auch das T h a l l o c a r b o n a t fällt nur aus konzentrierten Lösungen aus. Man erwärme etwas gefälltes Thallochlorid mit B r o m w a s s e r und koche das überschüssige Brom fort. Das Thallochlorid löst sich zu T h a l l i s a l z . T1C1 + Br 2 = Tl 3 + + Cl- + 2 B r - . Versetzt man die entstandene Thallisalz - Lösung mit Natronlauge oder Ammoniak-Lösung, so fällt braunes T h a l l i h y d r o x y d .

H E I N R I C H BILTZ Qualitative Analyse unorganischer Substanzen 13. und 14. Auflage.

Oktav.

IV, 64 Seiten.

1936.

Geb. RM. 3,20

Der Analysengang, den das Buch gibt, ist so erschöpfend wie irgend möglich und von einer durchaus -praktischen Klarheit. Gerade seine Beschränkung auf die Aufgabe, den Gang der Analyse anzugeben und nachzuprüfen, macht das Buch immer wieder jeder neuen Generation von Laboratoriumspraktikern unentbehrlich.

Bücher für Studium und Praxis (in Auswahl). Herbst 1937 Anorganische Chemie Lehrbach der anorganischen Chemie für Studierende an Universitäten und

technischen Hochschulen. Von A. F. HOLLEMAN, LI. D., D. Sc., F. R. S. E., Vizepräsident der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam. Mit 72 Figuren und einer Spektraltafel. E i n u n d z w a n z i g s t e , verbesserte A u f l a g e , bearbeitet von Dr. E. H. BÜCHNER, Lektor an der Universität Amsterdam. Groß-Oktav. XII, 507 Seiten. 1937. Geb. RM. 14.— Anorganische Chemie. Von Dr. WILHELM KLEMM, o. Professor an der Technischen Hochschule Danzig-Langfuhr. Mit 18 Figuren. 173 Seiten. 1935. (Sammlung Qöschen Bd. 37.) Geb. RM. 1.62

Praktikum des anorganischen Chemikers. Von EMIL KNOEVENAGEL, Professor an der Universität Heidelberg. D r i t t e A u f l a g e . XXVHI, 386 Seiten. Mit zahlreichen Figuren, 4 Tabellen und 9 Tafeln. Groß-Oktav. 1920. Geb. RM. 11.50

Einführung in die anorganische Experimentalchemie. Von OTTO DIELS, 0. Professor an der Universität Kiel. Mit 145 Abbildungen im Text. GroßOktav. XXII, 446 Seiten. 1922. RM. 9.—, geb. 10.50

,,Dielt Einführung bedarf keiner Empfehlung; sie wird sich bei den Studierenden und bei den Dozenten in gleicher Weise einbürgern." Ztschr. f . analytische Chemie.

Anleitung zur Darstellung chemischer anorganischer Präparate für Chemiker und Pharmazeuten. Von REINHART BLOCHMANN, a. o. Professor an der Universität Königsberg. D r i t t e , unveränderte A u f l a g e . Mit zahlreichen Figuren. Oktav. VTH, 96 Seiten. 1921. Geb. RM. 3.30

Chemisches Praktikum für Anfänger. Mit Berücksichtigung der Technologie.

Von Dr. ARTHUR BINZ, Honorarprofessor an der Universität Berlin, Direktor des Chemischen Institutes der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Z w e i t e , völlig umgearbeitete A u f l a g e . Groß-Oktav. VTI, 94 Seiten. 1926. Geb. RM. 5.—

Die Nichtmetalle und ihre Verbindungen. Von Dr. A. BENRATH, Professor

der Chemie an der Universität Bonn. 1. Bor — Kohlenstoff, Silizium — Stickstoff. Mit 9 Figuren. 146 Seiten. 1922. (Sammlung Qöschen Bd. 211.) Geb. RM. 1.62 II. Wasserstoff — Sauerstoffgruppe — Gruppe der Halogene — Gruppe der Edelgase. Mit 24 Figuren. 125 Seiten. 1922. (Sammlung Göschen Bd. 212.) Geb. RM. 1.62

Die Metalle und ihre Verbindungen. Von Professor Dr. J. KOPPEL in Berlin.

I. Alkalimetalle — Erdalkalimetalle — Magnesiumgruppe. Mit 8 Figuren. 144 Seiten. 1920. (Sammlung Qöschen Bd. 812.) Geb. RM! 1.62 II. Kupfergruppe — Aluminiumgruppe — Titangruppe — Bleigruppe. Mit 1 Figur. 133 Seiten. 1920. (Sammlung Qöschen Bd. 813.) Geb. RM. 1.62

III. Vanadiumgruppe — Chromgruppe — MaDgan-Eisengruppe — Platingruppe. Mit 5 Figuren. 143 Seiten. 1920. (Sammlvng Göschen Bd. 814.) Geb. RM. 1.62 „Ein vollständiges Lehrbuch der Metalle und ihrer Verbindungen, in dem nicht nvr das Tat' Sachenmaterial mit einer in Anbetracht der gebotenen Raumbeschränkung geradezu erstaunlichen Vollständigkeit und Übersichtlichkeit gebracht wird, sondern auch die physikalisch-chemischen und theoretischen Grundlagen von dem modernsten Standpunkte aus entwickelt werden." Chemiker-Zeitung.

Organische Chemie Lehrbuch der organischen Chemie. Von VICTOR MEYER und PAUL JACOBSON. In zwei Bänden. Groß-Oktav. I. Band: Allgemeiner Teil. Verbindungen der Fettreihe. Z w e i t e A u f l a g e . Neu bearbeitet von P. JACOBSON und R. STELZNER. Zwei Teüe. I. Teil: Allgemeiner Teil. — Die aliphatischen Kohlenwasserstoffe und ihre einwertigen Abkömmlinge. Mit Figuren im Text. XVI, 1060 Seiten. Unveränderter Neudruck. 1922. RM. 26.80, geb. 32.— II. Teil: Die mehrwertigen Abkömmlinge der aliphatischen Kohlenwasserstoffe. — Cyanverbindungen und Kohlensäurederivate. Mit Figuren im Text und einer beigehefteten Tabelle. XXIV, 1522 Seiten. Unveränderter Neudruck. 1923. RM. 38.80, geb. 44.— II. Band: Cyclische Verbindungen — Naturstoffe. I. Teil: Einkernige isocyclische Verbindungen. Die Gruppe der hydroaromatischen Verbindungen ist in Gemeinschaft mit P. JACOBSON bearbeitet von CARL HARRIES. XX, 1076 Seiten. Unveränderter Neudruck. 1923. RM. 34.30, geb. S a l i . Teil: Mehrkernige Benzolderivate. In Gemeinschaft mit P. JACOBSON bearbeitet von ARNOLD REISSERT, a. o. Professor an der Universität Maxburg. XIV, 664 S. Unveränderter Neudruck. 1923. RM. 17.—, geb. 20.— III. Teil: Heterocyclische Verbindungen. Bearbeitet von P. JACOBSON. Mit Figuren im Text. E r s t e und z w e i t e A u f l a g e . XXI, 1034 Seiten. 1920. Unveränderter Neudruck. 1923. RM. 41.40, geb. 47.— IV. Teil: Naturstoffe von unbekannter oder nur teilweise erforschter Struktur. Bearbeitet von P. JACOBSON. Im Auftrage der Deutschen Chemischen Gesellschaft aus dem Nachlaß herausgegeben von HEDWIG KUH und FRIEDRICH RICHTER. E r s t e u . z w e i t e A u f l a g e . VI, 270 Seiten. 1924. RM. 11.—, geb. 14.— V. Teil: Naturstoffe von unbekannter oder nur- teilweise bekannter Struktnr: (Fortsetzung des IV. Teils.) I. Abteilung. E r s t e und z w e i t e A u f l a g e . F. Proteine. Von ERNST WALDSCHMEDT-LEITZ, München. G. Stickstofffreie nichtglykosidische Farbstoffe. Von FRITZ MAYER, Frankfurt a. M. 216 Seiten. 1929. RM. 12.— Lehrbuch der organischen Chemie. Von A. F. HOLLEMAN. Z w a n z i g s t e , umgearbeitete und vermehrte A u f l a g e von FRIEDRICH RICHTER. Mit 78 Figuren. Groß-Oktav. XII, 546 Seiten. 1935. Geb. RM. 14.— Dem Studenten der Chemie ist das Hollemansche Lehrbuch seit nahezu 40 Jahren ein ständiger Führer beim Unterricht und ein beliebtes und unentbehrliches Hilfsmittel zur Examensvorbereitung gewesen. Vermöge der Reichhaltigkeit des in der neuen Fassung gebotenen Stoffes und seiner unbedingten Einstellung auf die neuzeitlichen Bedürfnisse wird auch der Lehrer und Chemiker in der Praxis gern nach diesem Buch greifen, um sich über den gegenwärtigen Stand der wichtigsten organischen Fragen ein rasches und zuverlässiges Urteil zu bilden.

Organische Chemie. Von Dr. WILHELM SCHLENK jr. 212 Seiten. 1936. (Sammlung Göschen Bd. 38.) Geb. RM. 1.62. Die Praxis des organischen Chemikers. Von L. GATTERMANN. Fünfundzwanzigste Auflage. Bearbeitet von HEINRICH WIELAND. Mit 58 Abbildungen im Text. Oktav. XIII, 428 Seiten. 1937. Geb. RM. 12.—

Ludwig Gattermann ließ im Jahre 1894 eine „Praxis der organischen Chemie" erscheinen. Jetzt liegt die 25. Auflage vor. Zwei Generationen deutscher Chemiker ist dieses Buch ein treuer Helfer und Berater gewesen. „Der GA TTERMANN", wie das Buch schlechthin genannt wird.

fehlt wohl auf keinem Arbeitsplatz. Von der 19. Auflage an hat es durch B. Wieland eine vollständig neue Bearbeitung erfahren, durch die es gelungen ist, den Gattermann in vorbildlicher Weise stets auf den neuesten Stand der Wissenschaft zu bringen. Von den meisten der zahlreichen anderen Laboratoriumsanleitungen unterscheidet sich der Gattermann dadurch, daß er neben den sorgfältig durchgearbeiteten Experimentiervorschriften theoretische Abhandlungen enthält, deren Durcharbeitung neben den praktischen Arbeiten ein überaus klares anschauliches Bild des großen Gebietes der organischen Chemie gibt. Wichtig ist weiterhin, daß auch die biochemische Seite weitgehend berücksichtigt wird, jenes große Gebiet, das heute für Forschung und Wirtschaft von eminenter Bedeutung ist.

Einfache Versuche auf dem Gebiete der organischen Chemie. Eine An-

leitung für Studierende, Lehrer an höheren Schulen und Seminaren sowie zum Selbstunterricht. Von A. F. HOLLEMAN, LI. D., D. Sc., F. R. S. E., Vizepräsident der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam. V i e r t e , vermehrte und verbesserte A u f l a g e von FRIEDRICH RICHTER. Oktav. X, 92 Seiten. 1933. Geb. RM. 2.80

Chemie der Kohlenstoffverbindungen. Von Dr. HUGO BAUER, a. o. Prof. an der Universität Leipzig. II. Aliphatische Verbindungen. II. Teil. D r i t t e , verbesserte A u f l a g e . 126 Seiten. 1920. (Sammlung Göschen Bd. 192.) Geb. RM. 1.62 III. Karbozyklische Verbindungen. D r i t t e , verbesserte A u f l a g e . 153 Seiten. 1921. (Sammlung Göschen Bd. 193.) Geb. RM. 1.62

Allgemeine und physikalische Chemie Lehrbuch der Chemie. Zu eigenem Studium und zum Gebrauch bei Vorlesungen. Von MAX TRAUTZ, e. a. o. Professor für physikalische Chemie und Elektrochemie an der Universität Heidelberg. Drei Bände. Groß-Oktav. I. Band: Stoffe. Mit zahlreichen Abbildungen im Text und auf Tafeln und mit Tabellen. XXVHI, 534 Seiten. 1922. RM. 10.—, geb. 11.50 II. Band: Zustände. Mit zahlreichen Abbildungen im Text und auf Tafeln und mit Tabellen. XXXIV, 637 Seiten. 1922. RM. 12—, geb. 14.— III. (Schluß-) Band: Umwandlungen. Mit zahlreichen Abbildungen im Text und auf Tafeln und mit Tabellen. Groß-Oktav. XLVI, 1054 Seiten. 1924. RM. 20.—, geb. 22.50 Praktische Einführung in die allgemeine Chemie. Anleitung zu physikalischchemischem Praktikum und selbständiger Arbeit. Von MAX TRAUTZ, o. Professor und Direktor des Physikalisch-Chemischen Instituts an der Universität Heidelberg. Mit 187 Abbildungen. Groß-Oktav. XII, 375 Seiten. 1917. RM. 6.—

Die industrielle Chemie in ihrer Bedeutung im Weltbild und Erinnerungen

an ihren Aufbau nach 25 Vorlesungen an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a. M. von Professor Dr., Dr. ing. e. h. ALBRECHT SCHMIDT, E. B. der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Oktav. XXXIX, 829 Seiten. 1934. RM. 10.—, geb. 12.— ,,... Ein Werk wie das vorliegende, das in solch vorbildlicher Weise den Sinn für die große Tradition der Verbundenheit zwischen forschender und angewandter Chemie wach erhält, das Blatt für Blatt, einem spannenden Filme gleich, in wechselnden Bildern die weltwirtschaftliche Bedeutung der Chemie aufs glänzendste zu schildern vermag, ist geradezu als ein Ereignis auf dem Büchermarkt zu bezeichnen. Aber nicht nur der Studierende, auch der gereifte Chemiker wird diesen Zuwachs dankbar benutzen, um daraus Anregung und Belehrung zu schöpfen.1* Chemiker-Zeitung 1934, Nr. 81.

Allgemeine und physikalische Chemie. Von Dr. HUGO KAUFFMANN. T. Teil. Mit 12 Figuren. F ü n f t e , verbesserte A u f l a g e . 156 Seiten. 1934. (Sammlung Göschen Bd. 71.) Geb. RM. 1.62 II. Teil. Mit 4 Figuren. V i e r t e , verbesserte A u f l a g e . 148 Seiten. 1930. (Sammlung Göschen Bd. 698.) Geb. RM. 1.62

Künstliche Verwandlung der Elemente (Zertrümmerung der Atome). Von Dr. HANS PETTERSSON in Göteborg (Schweden). Aus dem Schwedischen übersetzt von E l i s a b e t h K i r s c h . Mit 69 Figuren im Text. GroßOktav. VIII, 151 Seiten. 1929. RM. 8.—, geb. 9.—

„In diesem Such wendet sieh der Verfasser an alle chemisch und physikalisch vorgebildeten Naturwissenschaftler; in klarer und anregender Weise schildert er den Entwicklungsgang der Lehre van der Atomzertrtlmmerung, die Methoden der Untersuchung und die Ausblicke auf eine allgemeine Theorie der Materie, baß Verfasser als Autorität auf seinem Gebiete den gegenwärtigen Stand des Problems meisterhaft beherrscht, ist selbstverständlich. Hervorheben aber möchte ich die kritische Einstellung und die Vorsicht, die der Verfasser überall walten läßt, wo die Vorstellungen über das Experiment hinausgehen." Chemiker-Zeitung.

Die Welt der Atome. Zehn gemeinverständliche Vorträge. Von ARTHUR HAAS. Dr. phil., a. o. Professor für Physik an der Universität Wien. Mit 37 Figuren im Text und auf 3 Tafeln. Oktav. XII, 130 Seiten. 1926. RM. 4.80, geb. 6.— „. . . ein Muster populärer Darstellung." Die Naturwissenschaften. „ ... z. Zt. die beste allgemeinverständliche Darstellung der neueren Entwicklung der Physik.,." Zeitschrift für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht.

Die Umwandlungen der chemischen Elemente. Von Dr. ARTHUR HAAS, Professor für Physik an der Universität Wien. Mit 31 Abbildungen. Oktav. VIII, 118 Seiten. 1935. RM. 4.30, geb. 5.— Unter den wissenschaftlichen Leistungen der letzten drei Jahre (1932—1934) haben vielleicht wenige so viel Interesse in weitesten Kreisen erweckt wie die umwälzenden Entdeckungen, die in dieser Zeit der physikalischen Forschung glückten: die Auffindung neuer Urbausteine der Materie f Neutron und Positron), der experimentelle Nachweis der Entstehung von Materie aus Licht, die Feststellung und Isolierung des schweren Wassers, die ungeahnten und durch neue Methoden ermöglichten Erfolge der Atomzertrümmerung und die künstliche Erzeugung von Radioaktivität. Von diesen neuen Entdeckungen berichtet zusammenfassend, kurz und möglichst leicht verständlich das Büchlein von Haas in der Form von fünf Vorträgen: I. Die Materialisation des Lichtes. — II. Die Grundstoffarten. — III. Die Mittel der Atomzertrümmerung. — IV, Die Ergebnisse der Atomzertrümmerung. — V. Die künstliche Radioaktivität. 31 Abbildungen, fast durchweg Wiedergaben nach Photographien, gewähren einen anschaulichen Einblick in die Welt der Atome.

Homogene Katalyse I : Nicht-enzymatische Katalysen. Von Professor HANS v. EULER und A. ÖLANDER. Mit 3 Figuren. 108 Seiten. 1931. (Sammlung Göschen Bd. 1037.) Geb. RM. 1.62 I I : Enzymatische Katalysen. Von Dr. KARL MYRBÄCK. Mit 7 Figuren. 130 Seiten. 1931. (Sammlung Göschen Bd. 1038.) Geb. RM. 1.62 Lehrbuch der allgemeinen Photochemie. Von Dr. J. PLOTNIKOW, Professor an der Universität Agram. Z w e i t e , umgearbeitete und erweiterte A u f l a g e . Mit 218 Figuren. Groß-Oktav. VIII, 909 Seiten. 1936. RM. 28.50, geb. 30.— Grundriß der Photochemie in elementarer Darstellung als Einführung in das Studium. Von Dr. J. PLOTNIKOW, Professor an der Universität Agram. Mit 34Figuren im Text. Oktav. VI, 196 Seiten. 1923. RM. 4—, geb. 5.— Kolloidchemie. Von Dr. E. WEDEKIND, o. Professor der Chemie an der Forstlichen Hochschule in Hann.-Münden. Mit 9 Figuren. 122 Seiten. 1925. (Sammlung Göschen Bd. 897.) Geb. RM. 1.62 Thermochemie. Von Dr. W. A. ROTH, o. Professor an der Technischen Hochschule Braunschweig. Mit 15 Figuren. 102 Seiten. 1932. (Sammlung Göschen Bd. 1057.) Geb. RM. 1.62

Elektrochemie

und

ihre

physikalisch-chemischen

Grundlagen.

Von

Dr. HEINRICH DANNEEL, Privatdozent an der Universität Münster. I. Allgemeine Elektrochemie. V i e r t e A u f l a g e . Mit 16 Figuren. 173 Seiten. 1924. (Sammlung Göschen Bd. 252.) Geb. RM. 1.62 II. Experimentelle Elektrochemie, Meßmethoden, Leitfähigkeit, Lösungen. Mit 18Figuren und mehreren Tabellen. D r i t t e A u f l a g e . 131 Seiten. 1925. (Sammlung Göschen Bd. 253.) Geb. RM. 1.62 III. Energie. Mit 26 Figuren und mehreren Tabellen. 149 Seiten. 1926. (Sammlung Göschen Bd. 941.) Geb. RM. 1.62 IV. Elektrolyse. Mit 41 Figuren und mehreren Tabellen. 144 Seiten. 1928. (Sammlung Göschen Bd. 980.) Geb. RM. 1.62

Sammlung elektrochemischer Rechenaufgaben mit einer kurzen Übersicht

über die wichtigsten Lehrsätze und Konstanten. Von Dr.-Ing. GUSTAV F. HÜTTIG, Professor an der Deutschen Technischen Hochschule Prag. 102 Seiten. 1924. (Sammlung Göschen Bd. 892.) Geb. RM. 1.62 Komplexchemie. Einführung in die Chemie der komplexen Verbindungen. Von Professor Dr. L. DEDE in Gießen. Mit 5 Figuren. 116 Seiten. 1928. (Sammlung Göschen Bd. 981.) Geb. RM. 1.62 „Die ausgezeichneten kurzen Lehrbücher der Chemie, die in der Sammlung Goschen vereinigt sind, werden hier durch eine Darstellung der Komplexchemie vervollständigt, in der auf kürzestem Räume ein erstaunlich vollständiger Überblick über die Forschungen auf diesem Gebiete gebracht wird." Die Naturwissenschaften.

Stereochemie. Von Dr. E. WEDEKIND, o. Professor der Chemie an der Forstlichen Hochschule in Hann.-Münden. D r i t t e , umgearbeitete und vermehrte A u f l a g e . Mit 44 Figuren im Text. 134 Seiten. 1923. (Sammlung Göschen Bd. 201.) Geb. RM. 1.62 Stöchiometrische Aufgabensammlung. Von Professor Dr. WILH. BAHRDT. Mit den Resultaten. D r i t t e , verbesserte A u f 1 a g e . 112 Seiten. 1936. (Sammlung Göschen Bd. 432.) Geb. RM. 1.62

Physiologische und pharmazeutische Chemie Biochemisches P r a k t i k u m . Von Prof. Dr. A. BERTHO, München, und Prof. Dr. W. GRASSMANN, Dresden. Mit 33 Figuren im Text und 1 Klapptafel. Oktav. IX, 261 Seiten. 1936. Geb. RM. 8.80

Der Aufgabenkreis, die Methoden und die Ergebnisse der modernen biochemischen Forschung sind bisher nur aus den Originaltexten der Literatur, aus Handbüchern und, weit verstreut, aus physiologischen Lehr- und Praktikumsbüchem zugänglich gewesen. Das vorliegende Praktikum hilft diesem Mangel ab. Es eignet sich darüber hinaus zum Selbststudium und bildet die Grundlage zur sicheren Orientierung für alle, die auf biochemischem Gebiet arbeiten.

Kurzgefaßtes Lehrbuch der physiologischen Chemie. Von S. EDLBACHER,

o. Professor an der Universität Basel. V i e r t e , umgearbeitete A u f l a g e . Groß-Oktav. VII, 304 Seiten. 1937. RM. 8.50, geb. 10.—

Das Lehrbuch steilt heute in seiner vierten Auflage ein Werk dar, das nicht nur dem Studierenden der Medizin dient, sondern auch für den Chemiestudenten und besonders für den im Berufsleben stehenden Arzt, Kliniker und Chemiker ein höchst wertvolles Hilfsmittel sein wird.

Praktikum der physiologischen Chemie. Von SIEGFRIED EDLBACHER,

0. Professor an der Universität Basel. Oktav. VI, 92 Seiten. 1932. Geb. RM. 4.50

„In dem vorliegenden Büchlein ist eine große Anzahl einfacher und instruktiver Versucheaus allen Gebieten der physiologischen Chemie zusammengestellt und in so klarer und dabei knapper Form besehrieben, daß sie jeder Student leicht ausführen kann. Das Verständnis für die Versuche wird durch einen kurzen erläuternden Text in eindringlicher Weise vermittelt. Der Zweck des Buches, eine kurze Einführung in die experimentelle Biochemie zu geben, wird in vollem Ausmaß erfüllt." Pharmazeutisches Zentralblatt.

Physiologische Chemie. Von Dr. F. A. LEGAHN.

1. Teil: Assimilation. Mit 2 Tafeln. D r i t t e , neubearbeitete A u f l a g e . 131 Seiten. 1923. (Sammlung Göschen Bd. 240.) Geb. RM. 1.62 I I . Teil: Dissimilation. Mit 1 Tafel. D r i t t e , verbesserte A u f l a g e . 129 Seiten. 1920. (Sammlung Göschen Bd. 241.) Geb. RM. 1.62

Kurzes chemisches Praktikum für Mediziner und Landwirte. Von FRITZ

ARNDT, o. Professor an der Universität Breslau. V i e r z e h n t e bis s i e b z e h n t e A u f l a g e . Groß-Oktav. VIII, 100 Seiten. 1932. Geb. RM. 3.60 „Bei verständnisvoller Durcharbeitung des Buches kann der Studierende das Maß von Kenntnissen erwerben, das zur Beantwortung der auftauchenden chemischen Fragen nötig ist." Zeitschrift für angewandte Chemie.

Pharmazeutische Chemie. Von Prof. Dr. E. MANNHEIM f .

I I I . Die Methoden der Arzneimittelprüfungen. Mit 10 Abbildungen. 115 Seiten. Neudruck. 1923. (Sammlung Göschen Bd. 588.) Geb. RM. 1.62 IV. Übungspräparate. Mit 5 Abbildungen. Z w e i t e A u f l a g e . 110 Seiten. 1921. (Sammlung Göschen Bd. 682.) Geb. RM. 1.62 Die B ä n d e l und I I sind vergriffen.

Analyse Analytische Chemie. Von Dr. JOHANNES HOPPE, Leiter des Clemischen Laboratoriums Dr. Bender und Dr. Hobein, München. V i e r t e , varbesserte A u f l a g e . 1928. I. Reaktionen. 132 Seiten. II. Gang der qualitativen Analyse. 159 Seiten. (Sammlung Göschen Bd. 247/48.) Geb. je RM. 1.62

Erste Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse. Für Studierende der Chemie, Pharmazie und Medizin. Von REINHART BLOCHMANN, a. o. Professor an der Universität Königsberg. D r i t t e , verbesierte und vermehrte A u f l a g e . Oktav. X, 176 Seiten und 3 Tabellen. 1917. Geb. RM. 5.—

Zu Unlerrichtszwecken bei Laboratoriumsübungen und zum Selbststudium.

Maßanalyse. Theorie und Praxis der klassischen und der elektrochemischen Titrierverfahren. Von Professor Dr. GERHART JANDER und Dr. KARL FRIEDRICH J A H R . Zwei Bände. Mit 36 Figuren. (Sammlunf Göschen Bd. 221 und 1002.) Jeder Band geb.RM. 1.62

Hilfsliteratur, Wörterbücher Graphische Darstellung in Wissenschaft und Technik.

Von Professor

Dr. M. PIRANI. Z w e i t e , verbesserte A u f l a g e , besorgt durch Dr. I. RUNGE. Mit 71 Abbildungen. 149 Seiten. 1931. (Sammlurg Göschen Bd. 728.) Geb. RM. 1.62 Logarithmische Rechentafeln f ü r Chemiker, Pharmazeuten, Mediiiner und Physiker. Begründet von Professor Dr. F. W.KÜSTER f . Für den Gebrauch im Unterrichtslaboratorium und in der Praxis berechnet und mit Erläuterungen versehen. Nach dem gegenwärtigen Stande der Forschung bearbeitet von Dr. A. THIEL, o. ö. Professor der physikalischen Chemie an der Universität Marburg. Mit 1 Tafel. 41.—45., verbesserte und rermehrte A u f l a g e . Oktav. 216 Seiten. 1935. Geb. RM. 6.80

Etymologisches Wörterbuch der Naturwissenschaften und Medizin. Sprach-

liche Erklärung der wichtigeren Ausdrücke und Namen der Anatomie, Astronomie, Biologie, Botanik, Chemie, Geographie, Geologie, Medizin, Mineralogie, Naturphilosophie, Paläontologie, Physik, Psychologie und Zoologie. Von Dr. C. W. SCHMIDT. Oktav. VII, 138 Seiten. 1923. Geb. RM. 2.—

Geschichte der Chemie von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Zugleich

Einführung in das Studium der Chemie. Von Dr. ERNST VON MEYER, Geh. Hofrat, o. Professor der Chemie an der Technischen Hochschule in Dresden. V i e r t e , verbesserte und vermehrte A u f l a g e . Groß-Oktav. XIV, 616 Seiten. 1914. Geb. EM. 22.— Geschichte der Chemie. Von Dr. HUGO BAUER, a. o. Professor an der Universität Leipzig. I. Von den ältesten Zeiten bis Lavoisier. D r i t t e , verbesserte A u f l a g e . 100 Seiten. 1921. (Sammlung Göschen Bd. 264.) Geb. RM. 1.62 II. Von Lavoisier bis zur Gegenwart. D r i t t e , verbesserte A u f l a g e . 144 Seiten. 1921. (Sammlung Göschen Bd. 265.) Geb. RM. 1.62

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B i l t z , Einführung. 21. Aufl.

Gruppe

0

Perioden-System
0 Sn 1.8,70

51 Sb 121,76

S2 Pb )7,21

52 Te 127,61

84 Po

92 U 238,07 57 La 138,92

61—

62 Sm 150,43 68 Er 69 Tm 167,64 169,4 e r d e O r u y t e r & Co.,

Berlin

63 Eu 64 Gd 152,0 156,9 70 Yb 71 Cp 173,04 175,0

36 Kr 83,7 44 Eu 45 Rh 46 Pd 101,7 102,91 106,7 54 X 131,3

53 J 126,92 75 Re 186,31

74 W 184,0

83 Bi 209,00 91 Pa 231

43 Ma

42 Mo 96,0

73 Ta 180,88

35 Br 79,916

34 Se 78,96

33 As 74,91

26 Fe 27 Co 28 Ni 55,84 58,94 58,69

76 0 s 77 Ir 78 Pt 191,5 193,1 195,23 85 —

86 Rn 222