Events und Marke: Stand und Perspektiven der Eventforschung [1. Aufl.] 978-3-658-23284-9;978-3-658-23285-6

Die Autorinnen und Autoren des Tagungsbandes liefern aus Sicht des Marketing, der Kommunikationstheorie, der Neurowissen

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Events und Marke: Stand und Perspektiven der Eventforschung [1. Aufl.]
 978-3-658-23284-9;978-3-658-23285-6

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-X
Neurobasiertes Eventmarketing als Basis einer erlebnisorientierten Markenkonzeption – Einige ausgewählte Thesen als Diskussionsinput (Klaus-Peter Wiedmann)....Pages 3-43
Komm‘, ich erzähle Dir eine Geschichte. Erfolgreicher Einsatz der Storytelling-Methode zur Markenbildung über Veranstaltungen (Michelle Caroline Speth)....Pages 45-62
Neue Überlegungen und empirische Erkenntnisse zur optimalen Event-Marken-Passfähigkeit (Bernd Radtke)....Pages 65-90
User Conferences: Der Beitrag von Anwendertagungen zum Aufbau von Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikations-Potenzialen einer Marke (Stefan Luppold)....Pages 93-111
Kollektive Emotionen im Eventkontext als Instrument des Behavioral Brandings (Ulrike Jackson, Jasna Grünsfelder)....Pages 113-128
Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events (David Ruetz)....Pages 131-157
Das Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings von Destinationsmarken am Beispiel des Rheinland-Pfalz-Tages (Jan Drengner)....Pages 159-182
Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores (Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch)....Pages 185-201
Die Rolle des Involvements für die wahrgenommene Erlebnisqualität von B2B Veranstaltungsbesuchen – Erkenntnisse für die markeninszenierende Livekommunikation (Susanne Doppler, Adrienne Steffen)....Pages 205-225
Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen (Sören Bär, Jonathan Geyer)....Pages 227-264
Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten: Eine Analyse anhand von B2B- und B2C-Fallbeispielen (Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel)....Pages 267-292
Konzept, Kuration und Inszenierung – Wissenschaftsevents und ihre Rolle in der universitären Markenkommunikation (Saskia Frank)....Pages 293-308

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Markenkommunikation und Beziehungsmarketing

Cornelia Zanger Hrsg.

Events und Marke Stand und Perspektiven der Eventforschung

Markenkommunikation und ­Beziehungsmarketing Reihe herausgegeben von C. Zanger, Chemnitz, Deutschland

In den letzten Jahren sind am Lehrstuhl für Marketing und Handelsbetriebslehre an der TU Chemnitz über 30 Dissertationen zu verschiedenen Forschungsgebieten im Marketing entstanden, die zum Teil bei Springer Gabler veröffentlicht werden konnten. Einen Schwerpunkt stellten Studien zu innovativen Fragen der Marken­ kommunikation wie Eventmarketing, Sponsoring oder Erlebnisstrategien dar. Ein weiteres zentrales Thema waren Arbeiten zum Beziehungsmarketing, die sich bei­ spielsweise mit jungen Zielgruppen, der Entstehung von Vertrauen und mit der Markenbeziehung beschäftigten. Mit dieser Reihe sollen die Forschungsarbeiten unter einem thematischen Dach zu­ sammengeführt werden, um den Dialog mit Wissenschaft und Praxis auszubauen. Neben Dissertationen, Habilitationen und Konferenzbänden, die am Lehrstuhl der Herausgeberin entstehen, steht die Reihe auch externen Nachwuchswissenschaft­ lern und etablierten Wissenschaftlern offen, die empirische Arbeiten zu den The­ menbereichen Markenkommunikation und Beziehungsmarketing veröffentlichen möchten. Reihe herausgegeben von Prof. Dr. Cornelia Zanger Technische Universität Chemnitz Deutschland

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12687

Cornelia Zanger (Hrsg.)

Events und Marke Stand und Perspektiven der E­ ventforschung

Herausgeber Cornelia Zanger Chemnitz, Deutschland

Markenkommunikation und Beziehungsmarketing ISBN 978-3-658-23285-6  (eBook) ISBN 978-3-658-23284-9 https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort Die 200 Plätze im Konferenzsaal waren auch 2017 wieder schnell vergeben. Die Vertreter aus der Wissenschaft und Eventpraxis kamen am 27. Oktober 2017 bereits zur 9. Wissenschaftlichen Konferenz Eventforschung der TU Chemnitz, um sich zu Forschungsergebnissen und Trends unter dem Schwerpunktthema „Events und Marken“ auszutauschen. Die etablierte Konferenz war auch 2017 wieder Plattform für einen intensiven Dialog zwischen den Besuchern aus dem DACH-Raum. Der Aufbau eines Markenimages aber auch dessen Stabilisierung oder die Neupositionierung einer Marke sind zentrale Aufgaben des Marketing, für die Maßnahmen der Live Communication unverzichtbar sind. Marken müssen inszeniert werden, um in der Wahrnehmung der Konsumenten als einzigartig und begehrenswert zu erscheinen. Sieben Mrd. Euro geben nach einer Repräsentativbefragung deutscher Unternehmen ab 50 Beschäftigten durch die TU Chemnitz im Auftrag des FAMAB Kommunikationsverbandes e.V. allein deutsche Unternehmen im Jahr 2017 dafür aus, um Konsumenten die Möglichkeit zu geben sich „ihrer“ Marke individuell und emotional anzunähern. Dies geschieht z. B. über 3D-Markeninszenierungen auf Messen, in Brandlands oder bei Marken-Events. Die Forschung beschäftigt sich schon seit langem mit dem Zusammenhang zwischen Maßnahmen der Live Communication und dem Markenaufbau, trotzdem zeigte die Konferenz, dass beispielsweise unter dem Einfluss der Digitalisierung viele Forschungsfragen offen sind. In 12 spannenden Vorträgen wurde das Thema „Events und Marken“ aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtetet. Viel Beachtung fanden zwei Keynotes zur Wirkung von Events aus Sicht der Neurowissenschaften und zum Einsatz von Events bei der Entwicklung eines Erlebnisweingutes. Professor Klaus-Peter Wiedmann von der Universität Hannover stellte dar, wie es mit Hilfe der Neurowissenschaften gelingen kann, die Wirkung von Events für die Umsetzung erlebnisorientierter Markenkonzeptionen zu nutzen. Aus praktischer Sicht betonte Herr Steffen Schuster wie wichtig eine theoriebasierte Markenkonzeption ist. Am Beispiel seines Unternehmens „Schloss Wackerbarth“ in Radebeul konnte er anschaulich zeigen, wie Events den Weg zum ersten europäischen Erlebnisweingut begleiteten und förderten.

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Vorwort

In einer interaktiven Präsentation stellte Michelle Caroline Speth von der TH Mittelhessen in Gießen unterstützt durch ihre Studenten vor, wie Storytelling zur Markenbildung über Events methodisch genutzt und praktisch umgesetzt werden kann. Intensive Diskussionen gab es auch 2017 zu drei Vortragen, die sich mit der Digitalisierung in der Eventbranche, insbesondere dem Einsatz von Social Media als integrierten oder begleitenden Bestandteil von Veranstaltungskonzepten, beschäftigten. Um den neuen Charakter von User Conferences ging es im Vortrag von Professor Stefan Luppold von der DHBW. Er stellte dar, wie Kunden auf Augenhöhe Co-Creatoren von Anwenderkonferenzen werden und wie durch den Einsatz digitaler Technologien die User Conferences gleichzeitig Messe, Matchmaking-Plattform, Job-Markt, Akkreditierungsinstanz und ein „Festival der Marke“ werden. Professor Lothar Winnen von der HMKW Köln und Professorin Christine Piepiorka von der University of Applied Sciences Europe stellten anhand von zwei Projekten für B2B- bzw. B2C-Zielgruppen vor, wie Social Media eventbegleitend eingesetzt wurde. Die Entwicklungsarbeiten zu einer App stellte Professor Jan Drengner von der HS Worms vor. Die App verbindet das Thema Gamification und Destination mit dem Image von Sponsorenmarken. In seinem Beitrag zum Einsatz digitaler Tools auf Messen und Events gibt Herr David Ruetz, der Geschäftsführer der ITB Berlin, einen aktuellen Überblick. Am Beispiel der Marke innogy stellte Dr. Beatrice Ermer von innogy SE vor, wie es theoriegeleitet gelungen ist, innerhalb von nur 6 Monaten eine neue, innovative europäische Energiemarke zu schaffen und am Markt erfolgreich zu positionieren. Besonderes Augenmerk richtete sie dabei auf die Rolle der Instrumente der Live Communication wie Messen und Events. Intensive Diskussion gab es auch zu einem anregenden Vortrag von Professor Sören Bär von der HMKW Berlin und Jonathan Geyer von der Stuttgarter Agentur Full Moon Group. An Beispielen wurde vorgestellt, wie es gelang Markentrends als Inspiration zu neuartigen Eventkonzepten zu nutzen. Dargestellt wurden z. B. innovative Mitarbeiterevents, die auf das Employer Branding einzahlen, der Einsatz von Pop-UpStores als temporäre Markeninszenierung oder das Blue Ocean Prinzip als Übertragung von Markeninszenierungen auf branchenfremde Events und Touchpoints wie Messen. Den Beitrag von Events wie einer „Nacht der Wissenschaft“ für die Markenbildung einer Universität untersuchte Dr. Saskia Frank von der TU Braunschweig. In einem spannenden Beitrag von der Universität Göttingen stellt Dr. Tim Nierobisch vor, wie er und seine Kollegen in einer Feldstudie Flagship Stores und integrierte Eventbau-

Vorwort

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steine untersucht haben und herausfanden, wie diese das Markenerlebnis steigern können und unter welchen Umständen sich negative Wirkungen ergaben. Die Ergebnisse einer qualitativen Analyse zur Entstehung kollektiver Emotionen im Eventkontext und die Bedeutung für das Branding waren Gegenstand des Beitrages von Ulrike Jackson und Jasna Grünsfelder von der EBC Hochschule Hamburg. In ihrer Präsentation berichteten die Professorin Susanne Doppler und Professorin Adrienne Steffen von der Hochschule Fresenius Heidelberg über die Ergebnisse ihrer quantitativen Untersuchung zur Rolle des Involvements für die wahrgenommene Erlebnisqualität bei Messebesuchen im B2B-Bereich. Während der Konferenz wurde zum dritten Mal der durch die TU Chemnitz und den FAMAB Kommunikationsverband e. V. ausgelobte Deutsche Forschungspreis für Live Communication, der LiveComPreis 2017 verliehen. Der LiveComPreis zeichnet talentierte Nachwuchsforscher aus, die mit ihrer Bachelor- oder Masterarbeit eine sowohl wissenschaftlich interessante als auch praktisch relevante Aufgabenstellung aus dem Bereich der Live Communication (Events, Messen, Kongresse, Brandlands u. ä.) herausragend bearbeitet haben. 2017 ging der Preis für die beste Bachelorarbeit an Frau Lydia Vierheilig von der DHBW in Ravensburg, die sich mit Suchmaschinenmarketing in der Kongressbranche beschäftigte und die erfolgreiche Teilnehmerakquise mittels Google AdWords untersuchte. Gleichauf lagen die zwei ausgezeichneten Masterarbeiten von Frau Julia Hachenthal von der Hochschule Worms und Frau Mandi Berger von der TU Chemnitz. Frau Hachenthal entwickelte theoriegeleitet ein Instrument zum Controlling von unternehmensinternen Veranstaltungen mit dem Ziel der Stärkung des Commitments von Mitarbeitern. Frau Berger untersuchte in einer innovativen, experimentellen Studie die Wirkung auditiver Reize in der Live Communication. Als Anerkennung erhielten die drei Gewinnerinnen Tickets zur Teilnahme an der FAMAB Award Verleihung 2017. Für den vorliegenden Konferenzband zur 9. Wissenschaftlichen Konferenz Eventforschung der TU Chemnitz ist es uns wiederum gelungen bis auf den Vortrag zu innogy SE alle wissenschaftlichen Beiträge in diesem Band zusammen zu fassen. Ich freue mich, dass so wiederum ein spannender Konferenzband entstanden ist, der aktuelle Forschungsarbeiten bekannt macht und viele Anregungen für weiterführende Forschungthemen geben kann. Für ihre Mitwirkung an der Konferenz und ihre anregenden Beiträge zu diesem Konferenzband darf ich mich auch in diesem Jahr ganz herzlich bei allen Autoren bedanken.

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Vorwort

Mein herzlicher Dank gilt auch unserem Konferenzteam von Mitarbeitern und Studenten des Lehrstuhls für Marketing und Handelsbetriebslehre der TU Chemnitz, ohne deren tatkräftige Unterstützung unsere Konferenz nicht denkbar wäre. Ganz besonderer hervorheben möchte ich die seit Jahren perfekte Konferenzorganisation unter der bewährten Leitung von Frau Simone Sprunk, die professionelle Programmplanung und große Geduld bei der Zusammenstellung des Konferenzbandes durch Frau Katja Lohmann sowie die exzellente Betreuung von Internet und Social Media Präsenz der Eventkonferenz durch Herrn Thomas Am Ende. Nun hoffe ich, dass Sie neugierig auf unseren 9. Sammelband zur Wissenschaftlichen Konferenz Eventforschung geworden sind und möchte Ihnen eine spannende Lektüre sowie viele Anregungen für Ihre eigene Arbeit im Eventbereich wünschen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Sie zu unserer 10. Wissenschaftlichen Konferenz Eventforschung am 26. Oktober 2018 begrüßen dürfte. Unsere Jubiläumskonferenz wollen wir nicht wie gewohnt unter ein Schwerpunktthema stellen, sondern nach 10 Jahren Eventforschung Bilanz ziehen und natürlich vor allem auch einen Blick in die Zukunft werfen. Wir möchten deshalb viele Perspektiven des Forschungsfeldes "Events, Messen bzw. Live Communication" kompakt an einem Tag diskutieren. Ich darf Sie schon heute recht herzlich einladen.

Cornelia Zanger

Inhaltsverzeichnis Events und Marke Neurobasiertes Eventmarketing als Basis einer erlebnisorientierten Markenkonzeption – Einige ausgewählte Thesen als Diskussionsinput ..................................... 1 Klaus-Peter Wiedmann Komm‘, ich erzähle Dir eine Geschichte. Erfolgreicher Einsatz der StorytellingMethode zur Markenbildung über Veranstaltungen ..................................................... 45 Michelle Caroline Speth Neue Überlegungen und empirische Erkenntnisse zur optimalen Event-MarkenPassfähigkeit ................................................................................................................. 65 Bernd Radtke User Conferences: Der Beitrag von Anwendertagungen zum Aufbau von Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikations-Potenzialen einer Marke ...... 93 Stefan Luppold Kollektive Emotionen im Eventkontext als Instrument des Behavioral Brandings ... 113 Ulrike Jackson, Jasna Grünsfelder Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events............................ 131 David Ruetz Stand und Perspektiven der Eventforschung Das Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings von Destinationsmarken am Beispiel des Rheinland-Pfalz-Tages ............................. 159 Jan Drengner Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores ....................................... 185 Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

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Inhaltsverzeichnis

Die Rolle des Involvements für die wahrgenommene Erlebnisqualität von B2B Veranstaltungsbesuchen - Erkenntnisse für die markeninszenierende Livekommunikation .................................................................................................... 205 Susanne Doppler, Adrienne Steffen Weitere Forschungsergebnisse und praktische Erfahrungen Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen ............................. 227 Sören Bär, Jonathan Geyer Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten: Eine Analyse anhand von B2B- und B2C-Fallbeispielen ................................................................. 267 Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel Konzept, Kuration und Inszenierung - Wissenschaftsevents und ihre Rolle in der universitären Markenkommunikation ......................................................................... 293 Saskia Frank

Klaus-Peter Wiedmann Neurobasiertes Eventmarketing als Basis einer erlebnisorientierten Markenkonzeption – Einige ausgewählte Thesen als Diskussionsinput 1

Einführung

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Grundlegung

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2.1

Einige kurze Bemerkungen zur Neuroforschung

2.2

Events und Eventmarketing als zentrale Elemente eines erlebnisorientierten Marketings

2.3

Markenidentität als Dreh- und Angelpunkt der Eventplanung

Ausgewählte Thesen zu zentralen Anforderungen an eine “neurobasierte Planung“ eines Eventmarketings 3.1

Erweiterte Sicht auf die anzubietenden Gratifikationen bzw. Belohnungswerte

3.2

Ganzheitlichkeit und Gleichzeitig der Wahrnehmung und die Forderung nach Stimmigkeit

3.3

Der gezielte Umgang mit bestehenden Erwartungsmustern

3.4

Die Beeinflussung von Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozessen via Framing und Priming

3.5

Storytelling als Orientierungsansatz für die integriert zielorientierte Planung von Events

3.6

Verwirklichung einer integrierten Eventkonzeption als Erfolgsvoraussetzung

3.7

Integration der Eventzielgruppen in die Planung und Umsetzung von Events

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 C. Zanger (Hrsg.), Events und Marke, Markenkommunikation und Beziehungsmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6_1

Neurobasiertes Eventmarketing

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1 Einführung Erlebnisorientiertes Markenmanagement und darin systematisch einbezogenes Eventmarketing bilden heute zweifellos eine wesentliche Voraussetzung, um nachhaltig Wettbewerbsvorteile erzielen zu können. Nicht zuletzt gut inszenierte Events bieten die Chance, Marken im Sinne eines erlebnisorientierten Marketings nachhaltig so zu inszenieren, dass sie in sehr zielführender Weise wahrgenommen, erlebt und erinnert werden. Eine entsprechende Planung von Events stellt allerdings eine beträchtliche Herausforderung dar. Events sind äußerst komplexe multisensuale Erlebnissysteme, die sehr genau auf das Spannungsfeld zwischen bestehender und angestrebter Markenidentität abgestimmt werden müssen, um angesichts des extrem gestiegenen EventWettbewerbs tatsächlich noch eine nachhaltige Wirkung erzielen zu können. Oberflächliche „Pop-, Prunk- und Promi-Veranstaltungen“ hinterlassen etwa bei Kunden keinen nachhaltig positiven Eindruck, wenn diese das Gefühl haben, dass sie die Leistungsfähigkeit des Angebots noch sehr viel besser verstehen und von dieser überzeugt werden müssten. Um die Chancen eines Eventmarketings voll ausschöpfen zu können, bedarf es entweder eines extrem ausgeprägten „Fingerspitzengefühls“ (treffsichere Intuition basierend auf implizitem Wissen) oder einer sehr differenzierten Marketingforschung, die klassische explizite Methoden und neuere implizite Forschungsmethoden problemorientiert kombiniert und professionell zum Einsatz bringt. Letzteres verweist auf die Idee, die Erkenntnisse der Neuroforschung verstärkt auch mit Blick auf die Planung und Gestaltung von Events zu nutzen. Hierzu liegen zwar bereits einzelne Ansätze vor (vgl. z. B. Domning/Elger/Rasel 2009; Thinius/Untiedt 2017). Gerade mit Bezug auf tragfähige Beiträge der Eventmarketingforschung zur Verwirklichung nachhaltiger Konzepte eines erlebnisorientierten Marketings zur Schaffung und Pflege attraktiver Markenidentitäten, sollte dieser Forschungszweig künftig jedoch mit Verve weiterverfolgt werden. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, die 9. Wissenschaftliche Konferenz Eventforschung mit einem kurzen Einführungsvortrag zu eröffnen, der zumindest einige Impulse als Grundlage für die weitere Diskussion bieten sollte. Im Folgenden seien die wesentlichen Eckpunkte der zum Einstieg in die Veranstaltung vorgetragenen Hypothesen noch einmal zusammengetragen. Gedanklicher Hintergrund bildet dabei der in Abbildung 1 wiedergegebene Orientierungsrahmen. Zum besseren Verständnis werden zunächst jedoch zumindest kurz einige zentrale begriffliche Grundlagen gelegt.

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Klaus-Peter Wiedmann

2 Grundlegung 2.1 Einige kurze Bemerkungen zur Neuroforschung Neuroforschung oder - kurz gesagt – die Erforschung von (menschlichen) Hirnsystemen spielt bereits seit Längerem in der Marketingwissenschaft und -praxis eine wichtige Rolle (vgl. z. B. Häusel 2012; Scheier/Held 2012; Raab/Gernsheimer/Schindler 2013). Letztlich besteht die Hoffnung, die Funktionsweise menschlicher Hirnsysteme und speziell die hierin stattfindenden Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozesse (IVE-Prozesse) besser zu verstehen, um Hinweise darauf zu bekommen, wie Menschen effizient und effektiv „beglückt und/oder beeinflusst“ werden können. Abb. 1: Grundlegender Orientierungsrahmen für die Planung eines neuro-basierten Eventmarketing

Quelle: eigene Erstellung

Bemerkenswert ist zunächst, dass die Neuroforschung im Kern letztlich jenes motivationale Grundprinzip stützt, das in der verhaltenstheoretischen Betriebswirtschaftslehre und speziell Marketinglehre schon vor längerer Zeit als harter Kern einer forschungsprogrammatischen Tradition aus den verschiedensten sozialwissenschaftlichen Theorieansätzen herauskristallisiert, als „Gratifikationsprinzip“ bezeichnet und als zentrales theoretisches Leitprinzip akzentuiert wurde (vgl. Schanz 1977; Silberer 1979; Wiedmann 1993). Im Mittelpunkt steht hierbei die Annahme, dass in (erwarteten oder auch vorweggenommenen) Belohnungen bzw. Bestrafungen – allgemein: in Gratifikationen – die maßgeblichen Antriebskräfte menschlichen Verhaltens erblickt werden können

Neurobasiertes Eventmarketing

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(vgl. Schanz 1977, S. 99; Wiedmann 1993, S. 171). Dieses Gratifikationsprinzip steht nicht nur in der Denktradition nutzentheoretischer Annahmen der Ökonomik (KostenNutzen-Überlegungen) sowie auch der Anreiz-Beitrags-Theorie, sondern spielt auch in der Neuroforschung eine zentrale Rolle, wobei hier dann allerdings zumeist von Lust und Schmerz gesprochen wird. Der wirklich entscheidende Beitrag der Neuroforschung liegt nun vor allem darin, dass sie einen sehr viel tieferen Einblick in die menschlichen IVE-Prozesse gewährt und auf dieser Grundlage zu wichtigen neuen Erkenntnissen geführt hat. Basis hierfür bilden entwickelte Mess- und Analyseansätze, um die Strukturen und Prozesse in menschlichen Hirnsystemen systematisch zu erhellen. Gerade in diesem Bereich wurden in den letzten Jahren ganz erhebliche Fortschritte erzielt, und zwar sowohl, was direkte Einblicke in menschliche Gehirn via funktionelles Magnetresonanzimaging (fMRI), Elektroenzephalografie (EEG) etc. anbelangt, als auch, was Neuro-Verfahren mit indirektem Bezug zum Gehirn anbetrifft (z. B. Eye Tracking, Facial Coding etc.), die sich im Rahmen systematisch aufgebauter Experimente sehr gut in einen effizienten und effektiven Methodenverbund integrieren lassen (vgl. Schmidt et al. 2016). An dieser Stelle seien zunächst lediglich zwei Modelle zur Abbildung der Funktionsweise menschlicher Hirnsysteme kurz vorgestellt, die von grundlegender Bedeutung sind, um die später im Lichte ausgewählter Erkenntnisse aufgestellten Thesen zur Planung eines Eventmarketings einordnen zu können. Besondere Aufmerksamkeit hat vor allem der „Two Cognitive System View“ von Kahneman (2003) gefunden, bei dem davon ausgegangen wird, dass menschliche Entscheidungen als Resultat des Zusammenspiels von impliziten und expliziten Prozessen zu begreifen sind. Implizite Prozesse werden dem System 1 zugeordnet, das in hohem Maße durch intuitives Denken charakterisiert ist, das automatisch und ohne Anstrengung, parallel und sehr schnell, assoziativ und stark von Emotionen beeinflusst abläuft, allerdings nur langsam lernfähig ist. Im System 2 findet das logische Denken statt, das sukzessive und langsam, kontrolliert und von Anstrengung geprägt, regelbasiert, aber auch mit einem gewissen Maß an Flexibilität abläuft. Die Unterscheidung in System 1 und System 2 wird in der stärker praxisorientierten Literatur zumeist sehr treffend mit der Unterscheidung zwischen einem „Autopiloten“ und einem „Piloten“ in Verbindung gebracht. Auch und gerade in sehr komplexen Entscheidungssituationen übernimmt zunächst in der Regel der Autopilot; lediglich in kritischen Situationen schaltet sich der Pilot ein und übernimmt das Steuer. Im Kontext von Kaufentscheidungen werden demnach Markensignale zunächst vor allem automatisch-implizit verarbeitet. Vor allem dann, wenn bei

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einem spezifisch höheren Involvement infolge wahrgenommener Widersprüchlichkeiten Irritationen auftreten, wird gewissermaßen der Pilot zugeschaltet und es findet eine bewusst-explizite Informationsverarbeitung statt. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Kaufentscheidungen zu einem sehr hohen Prozentsatz auf implizitem Wege, also durch den Auto-Piloten getroffen werden. Ob der Einfluss des Auto-Piloten dann tatsächlich bei 90 – 95 % liegt, wie es in der Literatur jeweils angegeben wird (vgl. Kahneman 2003), sei einmal dahingestellt. In jedem Fall spielen implizite Prozesse eine herausragende Rolle und das Kennzeichen starken Marken kann gerade darin gesehen werden, dass es gelingt, die Käufer kognitiv zu entlasten und Irritationen sowie Dissonanzen weitgehend auszuschließen, so dass Entscheidungen tatsächlich vor allem automatisch-implizit erfolgen. Die auf Kahneman (2003) zurückgehende Unterscheidung in implizite und explizite Prozesse wird von Camerer, Loewenstein und Prelec (2005) in sehr zweckmäßiger Weise erweitert und um die Unterscheidung in affektive und kognitive Prozesse ergänzt. Hieraus resultiert eine Vierfelder-Matrix, die m. E. IVE-Prozesse von Kunden noch besser zu erfassen und abzubilden vermag. In Abbildung 2 wird diese VierfelderMatrix in einen Bezugsrahmen integriert, an dem wir uns im Folgenden orientieren werden (vgl. Wiedmann 2015; 2016). Rekurrierend auf das Modell von Camerer et al. kann – etwas vereinfacht dargestellt – davon ausgegangen werden, dass Markensignale im Kontext aktueller situativer Bedingungen zunächst implizit-kognitiv verarbeitet, also intuitiv im Lichte vorhandener Wissensstrukturen interpretiert, eingeordnet und mit Assoziationen (gut/schlecht, vertraut/fremd etc.) versehen werden. Bereits parallel zu Letzterem wird unmittelbar ein Bezug zu relevanten Motivstrukturen hergestellt und in Sekundenbruchteilen erfolgt eine implizit-affektive Evaluierung. Gehen wir einmal davon aus, dass die im Zeichen vorhandener Motive vorgenommene Evaluierung positiv ausfällt, entstehen „gute Gefühle“, die dann auch im expliziten System wahrgenommen und zu interpretieren versucht werden. Dem schließt sich dann auf der explizit-kognitiven Ebene die „Suche nach guten Gründen“ an. Der hier kurz angerissene Prozess lässt erkennen, wie wichtig es ist, nicht nur verstärkt – wie es dann häufig etwas verkürzt in der praxisorientierten Marketingliteratur hervorgehoben wird – auf irgendeine Form der Emotionalisierung zu setzen. Es geht zunächst vielmehr darum, mit Hilfe von sorgfältig aufeinander abgestimmten Signalen an vorhandene Wissensstrukturen (gespeicherte Muster, Erfahrungen etc.) zu appellieren, um erkennbar zu machen, dass wichtige Bedürfnisse be-

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friedigt werden und mithin eine relevante Belohnung winkt. Ansonsten ist es sehr schwer, „überhaupt einen Termin beim Gehirn zu bekommen“ und die gewünschten positiven Gefühle auszulösen, die dann auch in die Bewusstseinsebene vordringen, also explizit-affektiv relevant werden. In der Regel sind dann Entscheidungen bereits schon getroffen und es geht im Kern darum, explizit-kognitiv noch gute Gründe für diese Entscheidungen zu finden. Abb. 2: Bezugsrahmen zur Erfassung von IVE-Prozessen

Quelle: eigene Erstellung

Abbildung 2 enthält zugleich den Hinweis auf zwei Phänomene, die uns später im Kontext der Frage nach Anforderungen an die Planung eines Eventmarketings noch ausführlich beschäftigen werden. Zum einen das Phänomen der Multisensualität der Wahrnehmung, das im Bereich des Eventmarketings freilich bereits besondere Beachtung gefunden hat, und zum anderen das Phänomen der „Ganzheitlichkeit und Gleichzeitigkeit der Wahrnehmung“, das zugleich auf die Notwendigkeit einer Beachtung der jeweils gegeben situativen Bedingungen hinweist. Mit beiden Phänomenen verbindet sich ein hoher Anspruch an Stimmigkeit. Letztlich müssen die Sinneseindrücke gut zusammenpassen und diese müssen sich zugleich auch gut in die gegebenen situativen Bedingungen im näheren und weiteren Umfeld sowie in der spezifischen Lebenswelt der jeweiligen Marketingadressaten einfügen. Ein hohes Maß an Stimmigkeit sollte

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gerade auch – wie noch zu diskutieren sein wird – für die Planung von Events im Zeichen einer identitätsorientierten Markenführung eine wichtige Leitlinie darstellen. 2.2 Events und Eventmarketing als zentrale Elemente eines erlebnisorientierten Marketings Zur näheren Charakterisierung von Events sowie geeigneten Ansatzpunkte eines Eventmarketings sei vor allem auf die einschlägige Literatur verwiesen (vgl. z. B. Zanger 2010). Zweckmäßig erscheint es indessen dennoch, zumindest kurz eine Übersicht über relevante Gestaltungsfragen zu geben, um geeignete Anknüpfungspunkte für die nachfolgende Diskussion zu haben (vgl. hierzu Abb. 3). Abb. 3: Eventmarketing – Übersicht zu den relevanten Gestaltungsfragen

Quelle: eigene Erstellung

Beim Eventmarketing geht es nicht allein um die Gestaltung einzelner Events, um spezifische Marketingziele zu erreichen. Dreh- und Angelpunkt sollte vielmehr die systematisch zielorientierte Planung, Realisation und Kontrolle einer strategisch angelegten Eventkonzeption bilden, die in eine langfristig ausgerichtete Unternehmensführung und als Element davon etwa insbesondere auch Markenführung integriert ist und in deren Lichte die einzelnen Events entsprechend gestaltet werden, um die Unternehmens- sowie Markenziele konsequent zu verwirklichen. Marketingevents lassen sich dabei in einem weiten Sinne als jede Form eines organisierten, zeitlich begrenzten und gezielt inszenierten Ereignisses – oder spezieller: einer Veranstaltung – begreifen, bei

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dem eine erlebnisorientierte, live vor Ort und/oder über Medien vermittelte sowie in der Regel multisensorisch gestaltete Ansprache relevanter Zielgruppen erfolgt, um spezifische Marketingziele zu verwirklichen. Die Bandbreite sowohl der möglichen Zielsetzungen als auch Veranstaltungsarten ist außerordentlich breit und bunt. Als Ziele kommen etwa in Betracht: Informationen nachhaltig vermitteln, die Leistungsfähigkeit der Produkte, des Unternehmens und speziell seiner Mitarbeiter eingängig zu demonstrieren, in einen „echten“ bzw. authentischen Dialog zu kommen, engere persönliche Beziehungen aufzubauen und/oder zu pflegen, Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen etc. Entsprechend zugeschnitten auf die Verwirklichung entweder einzelner dieser Ziele oder komplexerer Zielsysteme sowie insbesondere auch auf die jeweils anzusprechenden Zielgruppen sind dann geeignete Gestaltungsansätze zu identifizieren, zu planen und zu verwirklichen. Als mögliche Gestaltungsansätze sind exemplarisch anzuführen: Kongresse, Tagungen, Konferenzen, Seminare, Versammlungen, Messen/Ausstellungen, Aufführungen, Foren oder Dialogrunden, Installationen oder auch modernere Ansätze wie „Flashmobs“ etc. Ein gezieltes Management einzelner Events hat sich dann jeweils auf die Planung, Realisation und Kontrolle des jeweiligen Events selbst (Eventmarketing im engen Sinne) als auch auf dessen Vorbereitung (PreEventmarketing) und Nachbereitung (Post-Eventmarketing) zu beziehen. Bei dem Versuch, ein umfassend beeindruckendes multi-sensuelles Erlebnissystem zu schaffen, müssen alle Gestaltungselemente eines Events (Thematik, Location, beteiligte Personen, Inszenierung etc.) systematisch zielorientiert aufeinander abgestimmt werden. Neben der Planung und Gestaltung verschiedener Events sollte im Rahmen eines strategischen Eventmarketings gleichzeitig darauf hingearbeitet werden, dass letztlich jeder Kontakt mit dem Unternehmen zu einem echten Event wird. Demnach käme es darauf an, alle Kontaktpunkte (Touch Points) der relevanten Stakeholder zum Unternehmen dahingehend kritisch zu überprüfen, ob und ggf. inwieweit sie bereits im Sinne eines faszinierenden und sehr positiv in Erinnerung bleibenden Erlebnisses inszeniert wurden und wo noch entsprechende Verbesserungsbedarfe bestehen. Ausgehend davon lässt sich dann eine umfassende Erlebniskonzeption verwirklichen, auf deren Grundlage es dann tatsächlich gelingen mag, eine nachhaltig anziehungskräftige Unternehmens- bzw. Markenidentität aufzubauen und zu pflegen. Grundsätzlich ist Eventmarketing also als integraler Bestandteil eines umfassenden erlebnisorientierten Marketings zu begreifen, bei dem es darum geht, über dem Produkt und den Dienstleistungen eine faszinierende, die Motive relevanter Zielgruppen

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sehr besonders und überzeugend ansprechende Erlebniswelt aufzubauen, von der ein sehr hohes Maß an Anziehungs- und Bindungskraft ausgeht. Die differenziert auszuarbeitende Erlebniswelt dient einerseits als Mittel, um die mit Produkt und Dienstleistungen geschaffenen Werte so in Szene zu setzen, dass diese auch entsprechend wahrgenommen und honoriert werden. Auf der anderen Seite dient die entwickelte Erlebniswelt zugleich als Orientierungs- und Bewertungsrahmen für die Planung, Umsetzung und Kontrolle aller Unternehmensaktivitäten. Letztlich müssen das gesamte Unternehmensverhalten, das gesamte Erscheinungsbild und alle Kommunikationsmaßnahmen bzw. alle kommunikationswirksamen Handlungen so aufeinander abgestimmt werden, dass eine in sich stimmige Erlebniswelt geschaffen wird, die den Kern der Unternehmens- bzw. Markenidentität bildet. Die Grundidee eines erlebnisorientierten Marketings wird in Abbildung 4 noch etwas illustriert, mit dem Konstrukt der Unternehmens- bzw. Markenidentität beschäftigt sich der nachfolgende Abschnitt ausführlicher. Abb. 4: Die Grundidee eines erlebnisorientierten Marketings

Quelle: adaptiert nach Wiedmann, 1987, 1993

2.3 Markenidentität als Dreh- und Angelpunkt der Eventplanung Die Schaffung und Pflege einer starken und sehr anziehungskräftigen Unternehmensbzw. Markenidentität hat gerade in den letzten Jahren als eine der zentralen Marketingzielsetzungen sowohl in der Theorie als auch der Praxis bereits besondere Aufmerksamkeit gefunden (vgl. z. B. Burmann et al. 2017; Wiedmann 2016). An dieser Stelle ist leider nicht der Raum, um „einige Schneisen in den hier entstandenen semantischen Dschungel zu schlagen“. Stattdessen kann lediglich sehr knapp ein Begriffs-

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verständnis angerissen werden, das sich inzwischen auch bei zahlreichen Praxisprojekten bewährt hat (vgl. z. B. Wiedmann, 2014, 2016). Die Identität eines Unternehmens resultiert jeweils aus dem Spannungsverhältnis zwischen den Erwartungen und Forderungen seitens der unterschiedlichsten Stakeholder und der Art und Weise, wie das Unternehmen die ihr damit zugeschriebene Rolle in Markt und Gesellschaft in mehr oder weniger spezifischer Weise interpretiert und welche Unterstützung sie dabei bislang gefunden oder eben auch nicht gefunden hat. Im Falle einer gelungenen Identität liegt dabei eine Art Gleichgewicht bzw. „working consensus“ vor, was sich je nach Ausmaß der erarbeiteten Akzeptanz in einer mehr oder weniger starken Unternehmensreputation und mithin zugleich in wichtigen Unterstützungspotentialen manifestiert. Im Blick auf den „täglichen Kampf um Identität“ setzen Unternehmen zumeist auf das Markenkonzept, mit dessen Hilfe jene Elemente der Unternehmenskultur bzw. die durch diese hervorgebrachten Leistungen in besonderer Weise akzentuiert und den relevanten Stakeholdern vermittelt werden, die ein Höchstmaß an Reputation versprechen. Während einerseits manche Unternehmen alles auf die Karte einer Unternehmensmarke setzen, ziehen sich andere demgegenüber hinter einzelnen Produktmarken zurück. Zwischen diesen beiden Polen finden sich sehr unterschiedliche Varianten des Einsatzes komplexerer Markensysteme bei denen neben dem Unternehmen und seinen Produkten z. B. auch Dienstleistungen, Prozesse, Personen und ggf. auch weitere Charakteristika der Unternehmenskultur eine entsprechend kommunikationswirksame Markierung und Positionierung als Markenpersönlichkeiten erfahren. Gleichgültig, ob nun auf einzelne Marken oder ein komplexeres Markensystem mit mehreren Teilmarken gesetzt wird, letztlich geht es immer darum, über den Aufbau und die Pflege der jeweiligen Markenidentität ein Höchstmaß an Unterstützung zu erzielen. Im Mittelpunkt steht dabei jeweils die spezifische Interpretation der gesamten Erlebnisqualität der Marke bzw. des Markensystems, die sich – im Falle einer gelungenen Identität – formal durch ein hohes Maß an Stimmigkeit, Authentizität, Konsistenz und Einmaligkeit auszeichnet und darüber so etwas wie eine „Persönlichkeit sui generis“ konstituiert, von der ein hohes Maß an Anziehungskraft ausgeht. Im Blick auf die konkret inhaltlichen Gestaltungsdimensionen, aus denen sich die spezifische Erlebnisqualität einer gelungenen Markenidentität rekrutieren kann, wurden in der Literatur bereits verschiedene Konzepte vorgelegt (vgl. Aaker/Joachimsthaler 2000; Baumgarth 2014;

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Esch 2018). In Abbildung 5 wird das von uns vorgeschlagene Konzept schon einmal kurz vorgestellt, auf das wir dann später noch etwas näher eingehen werden. Abb. 5: Zentrale Bezugspunkte einer Markenidentität

Quelle: Wiedmann 2014

Zum besseren Verständnis wird in Abbildung 5 zugleich schon einmal ein Beispiel zur Anwendung auf eine ausgewählte Marke angedeutet. Grundsätzlich festzuhalten ist bereits an dieser Stelle, dass über eine differenzierte Erfassung der Markenidentität entlang zentraler Merkmalsdimensionen sehr genau bestimmt werden kann, a) in welcher Art und Weise eine Marke im Wege der Planung von Events inszeniert werden könnte und sollte sowie b) welche Anforderungen und Voraussetzungen bei der Planung von Events zur Verwirklichung spezifischer Zielsetzungen Beachtung finden müssen. Greifen wir das Beispiel Gore-Tex auf, so sind etwa reine Indoor-Events mit halsbrecherischen Live-Acts, bei denen Kunden zum Mitmachen unter strenger Anleitung professioneller Protagonisten genötigt werden, sicherlich wenig zielführend – weder um grundsätzlich die Marke zu inszenieren noch im Rahmen von Verkaufsevents Produkte an die Frau oder den Mann zu bringen. Hervorzuheben bleibt, dass bei einer entsprechenden Bestimmung der Markenidentität als Kernzielsetzung oder auch als Randbedingung freilich entlang aller Merkmalsdimensionen die faktischen und/oder möglichen Spannungsfelder zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung sowie Identitätserwartungen und -entwürfen Beachtung finden müssen.

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3 Ausgewählte Thesen zu zentralen Anforderungen an eine “neurobasierte Planung“ eines Eventmarketings Aus den Erkenntnissen der Neuroforschung ergeben sich vielfältige Impulse, die bei der Planung von Events Beachtung finden sollten. Entsprechende Gestaltungshinweise lassen sich teils unmittelbar identifizieren (z. B. im Blick auf die Anwendung impliziter Marktforschungsmethoden), teils ergeben sie sich als Transferleistung aus den grundlegenden Erkenntnissen zu menschlichen IVE-Strukturen und –Prozessen. Im vorliegenden Beitrag kann und soll es nun allein darum gehen, rekurrierend auf ausgewählte Erkenntnisbeiträge der Neuroforschung einige zentrale Anforderungen an die Planung eines erfolgversprechenden Eventmarketings in Form von Thesen zu skizzieren. 3.1 Erweiterte Sicht auf die anzubietenden Gratifikationen bzw. Belohnungswerte These 1: Das gesamte Eventkonzept muss auf relevante Belohnungswerte hin durchforstet werden, die vor allem gerade auch die impliziten Motive adressieren. Parallel dazu kommt es darauf an, keine „Schmerzen“ zu verursachen. Dass Marketingmaßnahmen im Allgemeinen, Marketingevents im Besonderen auf Kundenbedürfnisse zugeschnitten werden müssen, ist freilich nicht neu. Die Erkenntnisse der Neuroforschung unterstreichen diese Forderung jedoch nicht lediglich ein weiteres Mal. Durch den tieferen Einblick in menschliche IVE-Prozesse und Strukturen werden zudem vielmehr wichtige weiterführende Perspektiven eröffnet. Von grundlegender Bedeutung ist vor allem, dass der zuvor erwähnte Autopilot im menschlichen Gehirn zunächst immer einen Abgleich mit gespeicherten Wissensstrukturen (Muster, Erfahrungen etc.) vornimmt und dabei unmittelbar im Lichte vorhandener Motivstrukturen relevante Belohnungswerte bzw. eine positive Gratifikationsbilanz erkennen muss. Entscheidend sind auf dieser impliziten Ebene zunächst nicht jene rationalen Bedürfnisbefriedigungsangebote, die sich später auf der expliziten Ebene als „gute Gründe“ eignen können. Es geht vielmehr um deren Bezug zu tieferliegenden Grundmotiven, die in ihrem Kern um die Basismotive Sicherheit, Autonomie und Erregung zentrieren (vgl. hierzu das „Züricher Modell der Motivation“ in Abb. 6).

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Abb. 6: Modelle zur Erfassung tieferliegender Motivmuster als Basis für die Entwicklung eines wirkungsvollen Gratifikations- bzw. Belohnungskonzepts

Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Schneider 2001 (links) und Scheier/Held 2012 (rechts)

Die Einladung zu einem Event, auf dem ein neues, sehr innovatives Produktkonzept ausführlich vorgestellt wird (z. B. teilautonom fahrender PKW, Rasenroboter, Thermomix), mag so etwa zwar einen hohen Informationsnutzen haben. Die Bereitschaft daran teilzunehmen wird jedoch wesentlich davon abhängen, ob und ggf. in welchen Umfang damit relevante Grundmotive adressiert werden. Handelt es sich etwa bei dem Kreis der eingeladenen Kunden um eine kleine elitäre Gruppe (Autonomie- bzw. speziell Dominanzmotiv) und werden z. B. die Finessen des neuen Produkts von Experten so vorgestellt, dass man sehr spannungsgeladen und dennoch spielerisch lernen kann (Erregung), wie man dieses Produkt optimal nutzt (Dominanzmotiv) und welche Bedienungsfehler man dringend vermeiden sollte (Sicherheit). Es gilt also, über geeignete, auf vorhandene Wissensstrukturen abstellende Marketingsignale immer relevante Bezüge zu den bei den anvisierten Zielgruppen vorliegenden Motivmustern herzustellen, damit auf der expliziten Ebene „gute Gefühle“ und „gute Gründe“ wahrgenommen werden und ihre Handlungswirksamkeit voll entfalten können. Freilich ist dabei zugleich entscheidend, dass die signalisierten Belohnungen in Summe attraktiv genug sind, um ggf. wahrgenommene und das Schmerz-Zentrum aktivierende „Kosten“ überkompensieren zu können. Bei den Kosten sind dabei nicht nur monetäre Kosten in Betracht zu ziehen, sondern gerade auch nicht-monetäre Kosten wie z. B. die zu investierende Zeit, die in Kauf zunehmenden Unbequemlichkeiten, das Risiko, etwas von sich Preis geben zu müssen etc. Die Einladung zu einem sehr exklusiven Event im

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Kontext einer Kunstvernissage mag so etwa für manche Kunden das Risiko in sich bergen, dass man zunächst schwer verdaubaren Einführungsvorträgen lauschen muss und dann später beim Smalltalk auch noch herauskommt, dass man nichts von Kunst versteht. Um geeignete Motivmuster mit Bezug auf die Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen, Distributions- und Kommunikationskonzepten identifizieren und gezielt adressieren zu können, wurden in der Neuromarketing-Literatur – teils rekurrierend auf das Züricher Modell der Motivation, teils aber auch unabhängig davon – verschiedene Modelle vorgestellt (vgl. ein Beispiel hierzu in Abb. 6). Diese Modelle lassen sich mutatis mutandis auch für die zielorientierte Planung von Events nutzen – etwa rekurrierend auf die zuvor schon kurz erwähnten Analysemethoden. Besonders empfehlenswert erscheint dabei etwa der Rekurs auf implizite Assoziationstests (IAT), bei dem die Probanden im Rahmen einer Computerbefragung innerhalb kürzester Zeit (unter 400 MS) mittels Tastendruck Reizkategorisierungen vornehmen müssen (z. B. gut/schlecht, Motivzuordnung). Zum einen, weil diese Methode recht robust ist und sich einfach und kostengünstig durchführen lässt; zum anderen, weil entsprechende Assoziationen mit verschiedenen Elementen eines Eventkonzepts parallel dazu auch auf klassischem Wege erhoben werden können. Damit besteht die Möglichkeit Assoziationen auf der impliziten Ebene mit jenen auf der expliziten Ebene zu vergleichen. Der Vergleich impliziter und expliziter Assoziationen ist zumeist sehr aufschlussreich, da hier u. U. mehr oder weniger große Diskrepanzen identifiziert werden können, wie sich in zahlreichen Studien herausgestellt hat (vgl. Wiedmann/Schmidt/Langner 2010). Als Klassiker ist etwa die Neurosense-Studie anzuführen, bei der die Frage nach den Optionen einer Brand/Category Extension-Strategie bei der Marke Dove im Zentrum stand. Im Rahmen klassischer Fokusgruppeninterviews wurden zunächst starke Präferenzen für eine Erweiterung in Richtung Homecare- und nicht Babycare-Produkte identifiziert. Allerdings wurden dann im Rahmen eines Testmarktes lediglich Babycare- und nicht Homecare-Produkte nachgefragt. Im Wege einer fMRI-Studie konnte dann schließlich festgestellt werden, dass Homecare-Produkte implizit auf Desinteresse und Abscheu stoßen und das Schmerz-Zentrum aktivieren, während BabycareProdukte hier auf Interesse stoßen und ein hohes Belohnungspotential aufweisen. In ähnlicher Weise konnten wir etwa im Zusammenhang mit einem CSR-Programm, bei dem sich die Firma Avon Cosmetics aktiv für eine verbesserte Brustkrebsbekämpfung bei jüngeren Frauen einsetzte, eine starke Diskrepanz zwischen der explizit artikulier-

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ten äußerst positiven Zustimmung und der auf der impliziten Ebene provozierten Ablehnung der Marke sowie Aktivierung des Schmerz-Zentrums feststellen. Als weiteres Beispiel kann schließlich noch eine Studie dienen, bei der die Beurteilung einer Anzeige der Marke Versage mit unterschiedlich stark erotischen Appellen getestet wurde. Hierbei konnte etwa festgestellt werden, dass stark erotische Appelle gerade auch bei jüngeren Menschen explizit positiv eingeschätzt werden, während sie implizit eher negativ eingeschätzt werden (vgl. Labenz et al. 2017, S. 11). Das Risiko, dass zwischen expliziten und impliziten Einschätzungen mehr oder weniger große Diskrepanzen bestehen können, sollte gerade auch bei der Planung und Gestaltung von Events Beachtung finden. Nicht alles, was vordergründig die ins Auge gefassten Event-Zielgruppen anzusprechen mag, entfaltet dann auch tatsächlich die gewünschten Wirkungen. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den relevanten Gratifikationen eines Eventkonzepts, die auf Erkenntnissen und Methoden der Neuroforschung aufbaut, erscheint insofern dringend geboten. Zu beachten ist allerdings auch, dass sich nicht alle Motive, die auf der impliziten Ebene zu Vorentscheidungen führen, auch dazu eignen explizit adressiert zu werden. Als Porsche einmal zu auffällig im Rahmen einer Werbekampagne jene Autonomie- und Erregungs-Motive ansprach, die bei der männlichen Zielgruppe Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflusst, kam es zu Protesten seitens der Kunden. In einem Beschwerdebrief hieß es etwa: „Irgendwie ist uns schon klar, warum wir einen Porsche kaufen. Wir wollen diese Gründe jedoch nicht von Ihnen in der Werbung erfahren“. Konkret bedeutet dies, dass die Ansprache der implizit relevanten Motive sehr subtil erfolgen muss und zugleich vor allem nachvollziehbar gute Gründe geliefert werden müssen, die sich eignen, auf der expliziten Ebene entsprechende Entscheidungen zu rechtfertigen. Die Chance zu einer solchen „Ex post-Rationalisierung“ ist in jedem Fall anzubieten. Dieses sollte auch bei der Ausarbeitung und Kommunikation der Eventkonzeption dringend Beachtung finden. Im Falle von Events liegt freilich insofern eine äußerst komplexe Problemsituation vor, als es ja nicht allein darum geht, dass Kunden ein Eventangebot annehmen. Zwar ist dies zunächst eine wichtige Voraussetzung. Entscheidend ist aber, dass Kunden willens und in der Lage sind, die mit dem Eventkonzept und den vor, während und nach dem Event gesetzten Signalen entsprechend wahrzunehmen sowie im Sinne der Zielsetzung zu verarbeiten und zu honorieren. Events haben sicher nicht allein das Ziel, den jeweiligen Zielgruppen per se nachhaltige Erlebnisse anzubieten. Es geht

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vielmehr darum, über entsprechende Erlebnisse eine anziehungskräftige Markenidentität aufzubauen und/oder zu pflegen und weiter auszubauen, was sich dann über Art und Ausmaß der Verwirklichung konkreter Ziele – wie z. B. Marken-Image, MarkenLoyalität, Preispremium-Bereitschaft etc. – messen lässt. Im Lichte solcher operationalen Ziele gilt es also letztlich zu fragen, welche Akzente bei der Gestaltung und Kommunikation einer Event-Konzeption zu setzen sind. Gilt es etwa angesichts aktueller Herausforderungen und einer in diesem Kontext geplanten Unternehmensstrategie die Dimension der Nachhaltigkeit mit Bezug zur Markenidentität zu stärken, eignen sich die eingangs stigmatisierten oberflächlichen „Pop, Prunk & Promi-Events“ sicherlich nur wenig, obwohl sich die anvisierten Zielgruppen vielleicht durchaus von solchen Events angezogen fühlen. 3.2 Ganzheitlichkeit und Gleichzeitig der Wahrnehmung und die Forderung nach Stimmigkeit These 2: Events müssen nicht nur relevante Kundenbedürfnisse adressieren, sondern sich auch in die gegebene Gesamtsituation einfügen und vor allem zum Aufbau oder der Stärkung der Markenidentität beitragen! Der „Fit“ zwischen Events und der gesamten Marketing-Erlebniskonzeption, der Markenidentität, der Kundenidentität sowie den bestehenden situativen Bedingungen ist als zentraler Erfolgsfaktor zu begreifen! Im Zusammenhang mit der Charakterisierung menschlicher IVE-Prozesse wurde bereits kurz auf das Phänomen der „Ganzheitlichkeit und Gleichzeitigkeit“ der Wahrnehmung hingewiesen (vgl. Abb. 2). Kunden werden so etwa nicht lediglich mit den in Verbindung mit einem Event seitens des Unternehmens gezielt vermittelten Signalen konfrontiert. Parallel dazu spielen vielmehr alle Signale eine Rolle, die von dem betreffenden Unternehmen, aber auch von Wettbewerbern und anderen Sendern aus der Öffentlichkeit und dem sozialen Umfeld ausgehen, sei es direkt in der spezifischen Wahrnehmungssituation oder sei es auch im Sinne von im Gedächtnis gespeicherten Informationen. Letzteres umschließt z. B. auch Erfahrungen, Erlebnisse etc. aus der Vergangenheit sowie Erwartungen an künftige Ereignisse und Entwicklungen. Bei der Evaluierung, Einordnung und Interpretation all dieser Signale im Rahmen von implizit-kognitiven sowie -affektiven Prozessen spielt dann jeweils auch der gesamte Kontext (Bedingungen und Ereignisse in Markt und Gesellschaft sowie innerhalb der persönlichen Lebenswelt) eine wichtige Rolle. Hierauf weist bereits das Figur-GrundSchema der Gestaltpsychologie hin. Nehmen wir als Beispiel ein Kunden-Event, bei

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dem an nichts gespart, mit großer Ausgelassenheit gefeiert und eine enge Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden zelebriert wird. Die Wirkung eines solchen Events fällt freilich je nachdem völlig anders aus, ob sich das Unternehmen ansonsten durch eine extrem bürokratische und spießige Kundenbetreuung auszeichnet oder einen sehr kundenfreundlichen und kulanten Umgang mit seinen Kunden pflegt. Weiterhin spielt eine wichtige Rolle, in welcher Situation sich das Unternehmen befindet. Geht es dem Unternehmen bspw. wirtschaftlich gut oder liegt ein Gewinneinbruch vor? Steht das Unternehmen im Kreuzfeuer öffentlicher Kritik und sollte sich insofern auf die Suche nach geeigneten Problemlösungen konzentrieren oder liegen keine konkret inhaltlichen Herausforderungen vor, auf die nicht nur die Gesellschaft, sondern gerade auch die Kunden selbst überzeugende Antworten erwarten? Letzteres hängt wesentlich mit von der Kundenidentität ab, in der sich nicht nur die spezifischen Motivund Erwartungsmuster widerspiegeln, sondern auch z. B. der Konsens bzw. die Balance, die seitens des jeweiligen Individuums im Blick auf die Befriedigung seiner Bedürfnisse und den spezifischen Bedingungen in seiner persönlichen Lebenswelt (z. B. den hier vorliegenden Erwartungen und Forderungen seines sozialen Umfeldes) gefunden hat. Realisieren Kunden etwa ein Identitätsproblem, wenn sie von einem Automobilunternehmen, dessen Reputation aufgrund vielfältiger Skandale schwer angeschlagen ist, oder von einer Bank, die gerade massive Gewinneinbußen melden musste, zu üppigen „Pop, Prunk & Promi-Events“ eingeladen werden? Die Liste relevanter Fragen, die bei der Planung und Gestaltung einer Eventkonzeption und – darin enthalten – einzelner Events Beachtung finden müssen, ließe sich unschwer noch deutlich erweitern. An dieser Stelle wollen wir es indessen mit dem Hinweis auf die exemplarisch ausgewählten Beispiele bewenden lassen. Hervorzuheben ist vielmehr grundsätzlich die Notwendigkeit, auf die Stimmigkeit zwischen a) der Eventkonzeption bzw. einem einzelnen Event, b) der gesamten, kommunizierten und konkret verwirklichten Marketing-Erlebniskonzeption, c) den relevanten situativen Bedingungen in Markt und Gesellschaft sowie der persönlichen Lebenswelt der jeweiligen Zielgruppen, d) der hierdurch geprägten Kundenidentität sowie, last but not least, e) Markenidentität hinzuweisen (vgl. Abb. 7). Prima facie erscheint diese Forderung vielleicht banal. Bei näherer Betrachtung wird man indessen feststellen müssen, dass in praxi zahlreiche Events eine entsprechende Stimmigkeit vermissen lassen. Lediglich exemplarisch sei auf die häufig anzutreffende Diskrepanz zwischen der „SonntagsStimmung“ auf Kundenevents und den „Werktags-Verhaltensmustern“ beim üblichen Kundenumgang verwiesen.

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Abb. 7: Einpassung des Eventmarketings – Der „Fit“ als Erfolgsfaktor

Quelle: eigene Erstellung

Im vorliegenden Zusammenhang kommt dem Konstrukt der „Markenidentität“ ein besonderer Stellenwert zu. Die Markenidentität spiegelt wider, inwieweit und in welcher Weise es einem Unternehmen bislang gelungen ist, im Kontext spezifischer situativer Bedingungen mit Bezug auf seine Marke oder ggf. ein mehr oder weniger komplexes Markensystem eine Balance zwischen den Erwartungen und Forderungen seiner Stakeholder und den eigenen Vorstellungen und Interpretationen hinsichtlich der spezifischen Charaktereigenschaften seiner Marke bzw. seines Markensystems zu halten und hierfür die Zustimmung und Unterstützung aller relevanten Stakeholdern zu mobilisieren. In der Markenidentität reflektiert sich demnach einerseits in Gestalt der bislang erzielten Reputation die gesamte spezifische Unternehmenswirklichkeit, die durch die Wahrnehmung einer Eventkonzeption bzw. einzelner Events maßgeblich mit beeinflusst wird. Der Fit zwischen bestehender Markenidentität und der Eventkonzeption stellt hier insofern einen wichtigen Erfolgsfaktor dar. Auf der anderen Seite kommt jedoch eine geplante Markenidentität zugleich als wichtige Zielgröße für die Planung einer Eventkonzeption in Betracht. Zu fragen ist dabei freilich, wie weit sich ein für die Zukunft entwickelter Identitätsentwurf, auf den hin die Eventkonzeption in erster Linie auszurichten versucht wird, von der bestehenden Identitätszuschreibung entfernen darf. Ein Automobilunternehmen, dessen Reputation bislang wesentlich durch eine rigide Konzentration auf die klassischen Kerntechnologien und vielfältige Skandale in Sachen tatsächlich gelebter Nachhaltigkeitsorientierung geprägt war und noch immer ist, sollte sich vielleicht doch nicht gleich mit „völlig abgefahrenen Light-

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& Sound Shows als neuer Held am Firmament der E-Mobilität in einer digitalisierten Welt“ zu inszenieren versuchen. Hier sollte zumindest davon ausgegangen werden, dass – um die zuvor eingeführte Metapher zur Kennzeichnung des Zusammenspiels von System 1 und 2 noch einmal aufzugreifen – die „Autopiloten“ relevanter Zielgruppen Irritationen melden, die die „kritisch rationalen Piloten“ auf den Plan rufen, um die wahrgenommenen kognitiven Dissonanzen zu handhaben. Bei jenen Zielgruppen, die noch über ein hohes Maß an Vertrauen in die Zukunfts- und mithin Wandlungsfähigkeit des Unternehmens besitzen, mag eine für dieses Unternehmen zunächst noch positive Dissonanz-Bewältigung möglich sein, die sich in entsprechenden Hoffnungen manifestiert. Bei allen anderen wird indessen eher insofern ein „BumerangEffekt“ erzielt, als genau das Gegenteil dessen erreicht wird, was beabsichtigt war. Nämlich: Reputationsverlust statt Reputationsgewinn. In beiden Fällen wird allerdings grundsätzlich eines erreicht, dass „der kritisch rationale Pilot in Alarmbereitschaft bleibt“ und aufmerksam verfolgt, ob und ggf. inwieweit dem mit großem Paukenschlag angekündigte Aufbruch zu neuen Ufern auch tatsächlich entsprechende zielführende Taten folgen. 3.3 Der gezielte Umgang mit bestehenden Erwartungsmustern These 3: Ob gesteuert oder ungesteuert, implizit aufgerufene Verhaltensprogramme und Assoziationsmuster sind mit spezifischen Erwartungen verknüpft, die Beachtung finden müssen! Wurde bislang und wird aktuell diesen Erwartungsmustern nicht entsprochen, entstehen Irritationen. Diese können zielführend sein, wenn am Ende neue stimmige Assoziationsmuster nachhaltig vermittelt werden! Der kalkulierte Umgang mit Irritationen, die „den kritisch rationalen Piloten auf den Plan rufen“, bildet in der Marketingkommunikation durchaus keine Seltenheit. Besondere Aufmerksamkeit haben hier bspw. die provokativen Werbekampagnen von Benetton oder auch Sixt gefunden. Und Provokation kann in der Tat Sinn ergeben, um etwa festgefahrene Gedächtnis- bzw. Wissensstrukturen beim anvisierten Zielpublikum aufzubrechen und neue Assoziationsmuster zu etablieren, die sich von den vorhandenen markant abheben und mithin zu einem Wettbewerbsvorteil beitragen können. Um dem „kritischen Geist“ einen Belohnungsüberschuss oder zumindest ein Gratifikationsgleichgewicht zu signalisieren, ist es dabei jedoch dringend erforderlich, den zunächst im Gehirn verursachten Schmerzen Belohnungen gegenüberzustellen, die vorhandene Motive bei den Betroffenen möglichst genau treffen. Im Fall von Benetton

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kann es etwa um die Chance gehen, mit dieser Marke Signale in Richtung Abheben vom Establishment setzen zu können. Bei Sixt mag u. U. dadurch eine Art Überlegenheitsgefühl entstehen, dass man die Hintersinnigkeit eines speziellen, mitunter leicht „schwarz angehauchten“ Humors erkennen und sich daran amüsieren kann. Die verschiedenen Arten der Live Communications und speziell Events eignen sich m. E. durchaus in besonderer Weise, um eine Kommunikationsdramaturgie zu verwirklichen, bei der zunächst, durchaus provokativ völlig neue und irritierende Akzente gesetzt werden, die aber dann im weiteren Verlauf der Veranstaltung aufgelöst bzw. in glaubwürdiger Weise mit neuen Assoziationsmustern verknüpft werden. Greifen wir noch einmal das Beispiel eines Automobilherstellers auf, der eingerahmt in vielfältige Showelemente, die nicht zum bisherigen Bild vom Geist und Stil des Hauses passen, quasi mit einem Paukenschlag eine Kehrtwendung in seiner Unternehmenspolitik ankündigt. Im Rahmen eines didaktisch gut aufgebauten Events besteht hier durchaus die Chance, die mit dem zu Anfang gesetzten Paukenschlag bewirkte starke Emotionalisierung dazu zu nutzen, um im weiteren Verlauf die Aufmerksamkeit für die Vermittlung starker Signale zu schaffen, die gute Gründe dafür liefern, auf die Willigkeit und Fähigkeit des Unternehmens zur tatsächlichen Verwirklichung einer Kehrtwende zu vertrauen. Dabei ist freilich – wie zuvor schon erwähnt – darauf zu achten, dass hiermit zugleich eine erhöhte Aufmerksamkeit mit Bezug auf das Verhalten des Unternehmens nach dem Event einhergeht und somit die Frage, ob den Worten auch Taten folgen, an Brisanz gewinnt. Je vollmundiger die Ankündigungen, je massiver und massierter die Show, je stärker die Abweichung vom bisherigen Geist und Stil des Hauses, desto höher die Erwartungen und zugleich die Sensibilität, ob diese auch erfüllt werden. Der Fall eines Automobilunternehmens, das eine Kehrtwende in seiner Unternehmenspolitik mit einer Eventkonzeption effektiv und effizient zu kommunizieren beabsichtigt, ist sicher ein etwas extremes Beispiel. Das Aufbrechen vorhandener Denkund Erwartungsmuster kann im Rahmen der Planung einer Eventkonzeption durchaus auch in einem deutlich kleineren Format eine Rolle spielen. Dies bspw. dann, wenn bislang eingefahrene Pfade, wie bestimmte Veranstaltungen gestaltet, organisiert und durchgeführt werden, verlassen und stattdessen völlig ungewohnte Veranstaltungsformate gewählt werden. Wie sieht zum Beispiel „üblicherweise“ eine Unterhaltungsoder auch Bildungsveranstaltung aus, mit der sich ein Unternehmen an seine Kunden wendet? Wie sollte etwa eine Veranstaltung gestaltet sein, mit der sich Pharmaunter-

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nehmen an Ärzte wendet, um diese von ihrem Präparat zu überzeugen. Mit Bezug auf die letzte Frage ist es sicher kein Geheimnis, dass hier zumeist sehr anspruchsvolle und edle Locations sowie eine „gute“ Balance zwischen wohl dosierter Information und viel Fun & Sightseeing eine wichtige Rolle spielen oder zumindest spielten. Anfang der 1990er Jahre war es uns einmal gelungen, ein Pharmaunternehmen davon zu überzeugen, einen völlig anderen Weg einzuschlagen. Statt edler Location in einem touristisch relevanten Hotspot eine sehr urige Location mit wenig Komfort (einfache Hütte), statt Edel-Food nur feine Würste vom Grill und statt viel Rahmenprogramm mit Fun & Sightseeing einen intensiven Dialog über jene Probleme, die die Ärzte damals besonders beschäftigten, wie z. B. die sowohl patientenorientierte als auch ökonomisch effiziente und effektive Führung einer Arztpraxis. Zwar war es zunächst nicht leicht, die Ärzteschaft davon zu überzeugen, an einem solchen Event teilzunehmen. Die ersten Hürden waren indessen jedoch schnell genommen, als sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der ersten Veranstaltung im Anschluss aktiv in der Mundpropaganda engagierten. Bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen stieg jedoch anschließend zugleich die Erwartung, dass ein authentischer und problemlösungsorientierter Dialog auch den normalen Umgang zwischen Arzt und Pharmaunternehmen charakterisiert. – Ein Ergebnis, dass allerdings auch schon im Lichte der klassischen Anspruchsanpassungstheorie zu erwarten war. 3.4 Die Beeinflussung von Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozessen via Framing und Priming These 4: Mit Hilfe von Framing und Priming lassen sich Wahrnehmung und Einschätzung von Events zielorientiert beeinflussen. Professionelles Framing und Priming bilden mithin eine wesentliche Erfolgsvoraussetzung für die Planung und Gestaltung ebenso effektiver wie effizienter Events! Mit Bezug auf die Herausforderung eines gezielten Umgangs mit bestehenden und/oder durch ein Unternehmen selbst provozierten Erwartungsmustern, etwa gerade auch im Dienste einer Gewährleistung hoher wahrgenommener Konsistenz und Stimmigkeit, verdienen die beiden Mechanismen Framing und Priming besondere Beachtung (vgl. z. B. Scheufele/Tewksbury 2007). Kurz gesagt geht es um die Frage: In welchen gedanklichen, affektiven und kognitiven Bezugsrahmen werden Events gesetzt (Framing) und über welche Signale werden die IVE-Prozesse bei den relevanten Zielgruppen so vorbereitet bzw. präjudiziert (Priming), dass bei diesen eine gewünsch-

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te Perzeption und Apperzeption aller Elemente eines Events erfolgt und sich damit der erhoffte Beeinflussungserfolg einstellt. Im zuvor erwähnten Fall des Events eines Pharmaunternehmens war bspw. der Frame „authentischer Dialog mit Partnern im Dienste des medizinischen Fortschritts und dessen effektiver und effizienter Umsetzung zum Nutzen von Menschen“ besonders akzentuiert (Sender-Frame) und über verschiedene gezielte „Hinweisreize“ (engl. cues) weiter ausdifferenziert worden (Priming via Motto und Location der Veranstaltung, problemorientiertes Dialogangebot unter Einbeziehung neutraler Experten aus der Wissenschaft, einfache Speisen und Getränke etc.), um bei der Zielgruppe der Ärzte einen wirkungsvollen gedanklichen, affektiven und kognitiven Informationsverarbeitungsrahmen aufzubauen (RezipientenFrame). In Abbildung 8 finden sich eine kurze begriffliche Kennzeichnung der beiden Mechanismen Framing und Priming sowie Hinweise auf jeweils mögliche Varianten. Abb. 8: Zur Kennzeichnung von Framing und Priming

Quelle: eigene Erstellung

Es ist hier leider nicht der Raum, um detaillierter auf die beiden Phänomene Framing und Priming einzugehen. Lediglich sehr knapp und exemplarisch seien zunächst einige grundlegende Aspekte hervorgehoben, die bei der Planung und Gestaltung von Events Beachtung finden sollten. (1) Framing und Priming findet immer statt, sei es durch das jeweilige Unternehmen gezielt mitbeeinflusst oder nicht. Entsprechende Wirkungen gehen von allen Elementen aus, die im Rahmen einer Eventplanung definiert werden müssen. Also z. B. von

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der über die Veranstaltungsart oder ein gewähltes Leitthema/Motto kommunizierten Zielsetzung, den eingeladenen Zielgruppen sowie dem gewählten Gestaltungsansatz (Ereignisfeld und -art, Eventträger und –mittel etc.) (vgl. Abb. 6). Parallel dazu müssen – hierauf wurde zuvor schon hingewiesen – die jeweils spezifischen situativen Bedingungen berücksichtigt werden, vor deren Hintergrund das Event stattfindet. Die Wirkung aller Reize ist immer kontextabhängig (Ganzheitlichkeit und Gleichzeitigkeit; vgl. nochmals Abb. 3). (2) In Verbindung mit der Erfüllung formaler Identitäts-Anforderungen wie z. B. Konsistenz und Stimmigkeit, geht es vor allem um die Frage, welche „Hinweisreize“ (cues) sich wie einsetzen lassen, um die IVE-Prozesse der jeweiligen Zielgruppen vor, während und nach Events so einzustimmen, dass die jeweiligen spezifischen Eventziele und gleichzeitig das Ziel systematischer Identitätsentwicklung und -pflege erreicht werden. Bei dem zuvor angesprochenen Event eines Pharmaunternehmens ist es bspw. über die Akzentuierung und Verwirklichung einer „Hütten- und Grillatmosphäre“ (affektives Priming) sowie die Verwendung von Buzzwords wie „authentischer Dialog“, „Partner“, „medizinischer Fortschritt“ und „effektive und effiziente Umsetzung zum Nutzen von Menschen“ (semantisches Priming) und nicht zuletzt auch durch das Angebot von neutralen Experten Tipps für die Handhabung konkreter Probleme zu bekommen (responsives Priming) gleichzeitig mehrere Ziele zu erreichen: 1. Begeisterung der Teilnehmer und mithin sehr positive Bewertung der Veranstaltung, 2. positive Auswirkungen für die Unternehmensreputation und die Markenidentität sowie 3. positive Selbstwahrnehmung der persönlichen Identität der teilnehmenden Ärzte mit entsprechenden Auswirkungen auf die gegenüber dem Pharmaunternehmen aufgebaute Loyalität und Reziprozität. (3) Framing und Priming stellen im Zusammenhang mit der Planung und Gestaltung von Events nicht einen einmaligen Akt dar. Entsprechende Effekte sind vielmehr entlang der gesamten Zeitschiene eines Events und mithin bei allen dabei anfallenden Kontaktpunkten zu berücksichtigen und gezielt zu planen – also von der Vorbereitung und Ankündigung des Events über alle Stationen der Durchführung eines Events bis hin zu dessen Nachbereitung und Aufbereitung (z. B. in Gestalt eines filmischen Dokuments, das den Teilnehmern zugeschickt sowie auf der Website zugänglich gemacht wird. Zwar kann durch den Titel der Veranstaltung, den Veranstaltungsort, das Programm und die handelnden Personen ein spezifischer Rahmen, so etwas wie ein „Meta-Frame“, abgesteckt werden, letztlich spielen aber ein situationsspezifisches Framing

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und Priming entlang aller Kontaktpunkte eine wichtige Rolle (z. B. bei der Übermittlung der Einladung, der Anreise zum Event, dem Eintreffen am Veranstaltungsort, der Begrüßung, den verschiedenen Akten des Events, dem Event-Ende und der Verabschiedung, der Rückreise, der Nachbereitung des Events, der Konservierung des Events etc.). Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass sich die spezifischen Framing- und Priming-Effekte entlang der verschiedenen Kontaktpunkte möglichst konsistent in den übergeordneten Meta-Frame einfügen. Bleiben wir noch einmal bei dem zuvor angesprochenen Event eines Pharmaunternehmens: Wie sollte hier z. B. die Einladung zu einem authentischen Dialog überbracht werden? Wie sollte die Anreise organisiert werden (etwa Fahrgemeinschaften)? Wo, wie und von wem sollten die Teilnehmer am Veranstaltungsort begrüßt werden? Die aufgeworfenen Fragen mögen genügen, um die Anforderungen an die Planung und Gestaltung eines Events zunächst einmal nur grob anzudeuten. (4) Schließlich sei noch erwähnt, dass sowohl die Framing- und Priming-Effekte als auch die Wirkungseffekte der verschiedenen Eventkomponenten jeweils von vielfältigen Codes ausgehen, die miteinander vernetzt sind. IVE-relevante Codes rekrutieren sich vor allem aus der Sensorik (Farben, Formen, Gerüche, Oberflächen, Geschmack, Geräusche etc.) überlagert von Symbolen (Gesichter, Protagonisten, Markensymbole etc.), der Sprache (Worte, Namen, Wortklang, Rhetorik) sowie vor allem auch Episoden (Geschichten, Archetypen etc.). Hinsichtlich der Frage, wie sich unter Einbeziehung all dieser Elemente ein in sich stimmiges und zugleich spezifisch zielführendes Erlebnissystem schaffen lässt, liegt kaum ausreichend theoretisch gesichertes Wissen vor. Insofern ist man bei der Planung und Gestaltung von Events zweifellos im hohen Maße auf die Intuition kreativer EventmanagerInnen angewiesen. Die skizzierten Gestaltungsanforderungen und -herausforderungen lassen erkennen, wie anspruchsvoll eine Eventplanung und -gestaltung letztlich ist, wenn man versucht systematisch auf IVE-Prozesse der relevanten Zielgruppen zu rekurrieren und diese im Sinne der Event- sowie übergeordneten Marketingziele (etwa Schaffung und Pflege einer starken Markenidentität) zu beeinflussen. Im Dienste der Reduktion von Komplexität mag insofern in der Tat angezeigt erscheinen, auf erfahrene EventmanagerInnen zu vertrauen, die über genügend implizites Wissen verfügen, um intuitiv ein zielwirksames multisensuales Erlebnissystem zu schaffen. Eine intensivere Auseinandersetzung mit den zuvor aufgeworfenen Fragen und deren Adressierung an die verantwortlichen Eventplaner und -gestalter erscheint jedoch dennoch zweckmäßig. Ohne

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vielleicht auf jede der aufgeworfenen Frage jeweils theoretisch und/oder erfahrungsbasiert gut fundierte Antworten zu bekommen, gelingt es so immerhin, entsprechend tiefergehende Überlegungen und ggf. auch Untersuchungen anzustoßen, die sich mit dem Einsatz vielfältiger Codes, deren Wirkungen und Auswirkungen auf die Verwirklichung der gesetzten Ziele befassen. Um zumindest ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die unterschiedlichsten, im Rahmen der Eventplanung und gestaltung zu definierenden Codes in ein stimmiges Ganzes einfügen könnten, und ausgehend davon zumindest eine gewisse Steuerungs- und Kontrollfunktion wahrnehmen zu können, bietet es sich an, auf den Ansatz des Storytelling zu rekurrieren. 3.5 Storytelling als Orientierungsansatz für die integriert zielorientierte Planung von Events These 5: Der Ansatz des Storytelling bietet die Chance, die verschiedensten Codes bei der Planung von Events gezielt einzusetzen und zu einem wirkungsvollen multisensualen Erlebnissystem zusammenzufügen Der Ansatz des Storytelling verdient zunächst vor allem deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil Geschichten oder allgemein Episoden im Rahmen menschlicher IVEProzesse eine wichtige Rolle als Codes spielen, die perzipiert und apperzipiert sowie im Sinne komplexerer Wissensmuster im Gedächtnis gespeichert werden („human memory is story-based”; Schank 1999, S.12). Um komplexere Wissensmuster handelt es sich bei Episoden insofern, als das hier grundlegende Schemata bezogen auf Herausforderungs- bzw. Konfliktsituationen, Handlungsabläufe und -resultate sowie Charaktere (Persönlichkeiten, Archetypen etc.) in spezifischer Weise miteinander verknüpft sind. Zudem sind Episoden mit niedriger aggregierten Codes aus den Bereichen der Sensorik (Farben, Formen, Geräusche etc.), der Symbolik (z. B. Gesichter, Zeichen) sowie der Sprache (Worte, Namen, Wortklang) vernetzt und weisen diesen eine bestimmte Bedeutung zu. Exemplarisch sei auf Heldengeschichten verwiesen, bei denen etwa ein Mann mit kantigem Gesicht beim Angriff eines großen, hässlichen und nach Schwefel stinkenden Drachens sich schützend vor die junge hübsche Prinzessin stellt, mit seinem langen Schwert den Drachen tötet, die schöne Prinzessin so aus großer Not rettet und diese am Ende zur Frau bekommt. Sieht ein junger Mann nun, wie ein großer knurrender und zähnefletschender Hund des nachts im Park auf eine junge Frau zustürmt und nimmt er zugleich den sehr robusten Regenschirm in seiner Hand wahr, mag die Reizverarbeitung im Lichte der Heldengeschichte darauf hinauslaufen,

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dass er sich schützend vor die Frau stellt und den Hund mit seinem Regenschirm vertreibt, weil er sich hiervon eine Belohnung verspricht. Das Spektrum möglicherweise relevanter Belohnungen erschöpft sich dabei auf der implizit-affektiven Ebene keinesfalls in der wahrgenommenen Chance, ggf. die junge Frau heiraten zu können. Das relevante Belohnungsspektrum mag sich hier vielmehr sogar bis hin zur intrinsischen Motivation erstrecken, allein nur etwas für das eigene Selbstwertgefühl als furchtloser Retter zu tun. Weiterhin ist freilich zu beachten, dass die Reizverarbeitung bereits auf der implizit-kognitiven Ebene sicherlich etwas komplexer abläuft und zudem parallel zum Heldenepos – basierend auf den im kollektiven Bewusstsein vorhandenen Archetypen – zahlreiche weitere Muster im Gedächtnis gespeichert sind, die u. U. andere Reiz-Reaktionsmuster induzieren. Trotz dieser Einschränkungen verdeutlicht das vereinfachte Beispiel dennoch zumindest das Grundmuster aufgrund dessen Episoden im Rahmen menschlicher IVE-Prozesse eine so herausragende Rolle spielen. Geschichten, die erzählt oder generell in irgendeiner Weise kommuniziert werden, entfalten ihre besondere Wirkung aufgrund verschiedener Faktoren (vgl. Wiedmann/Karampournioti/Hennings 2016; Gálvez, 2016; van Laer et al. 2014; Escalas 2004; Busselle/Bilandzic 2009). Über die Perzeption und vor allem Apperzeption der zunächst angebotenen Reizkombination (Themen, situative Bedingungen, Bilder, Gesichter, Geräusche, Abläufe etc.) werden Menschen im Idealfall regelrecht in eine Geschichte hineingezogen („immersion“). Sie tauchen damit in eine andere Welt ein („narrative presence“), die sie letztlich, und sei es nur für einen kurzen Augenblick, Raum und Zeit vergessen und mithin einen starken Aufmerksamkeitsfokus setzen lässt („attentional focus“). Damit geht eine kognitive und emotionale Identifikation mit der Geschichte, der Thematik, den handelnden Personen, den Konflikten und Konfliktlösungen etc. einher („cognitive & emotional identification“), die zugleich die Vorstellungskraft beflügelt („mental imagery“) und somit vorhandene Gedächtnisinhalte aktiviert und mit neuen Reiz-Reaktionsschemata vernetzt. Entlang der verschiedenen Stufen findet letztlich ein Veränderungsprozess statt („narrative transformation“), an dessen Ende eine Beeinflussung (Veränderung oder auch Verstärkung) bestehender Wissens- und Motivmuster, Einstellungen und Handlungsschemata steht oder zumindest stehen kann. Je mehr im Rahmen der wissenschaftlichen Erforschung menschlicher IVE-Prozesse der zentrale Stellenwert von Episoden (Geschichten, Archetypen, Erlebnissen etc.) bis hin zu deren Verankerung im kollektiven Unbewussten erkannt wurde, desto mehr

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Aufmerksamkeit hat auch das Konzept des Storytelling als besonders effektive und effiziente Form der Kommunikation und speziell der kommunikativen Beeinflussung gefunden. Dies im Übrigen nicht allein im Bereich von Marketing und Management, sondern davor bereits etwa im Bereich der Psychologie bzw. Psychotherapie (vgl. Jung 1954) sowie der allgemeinen Kommunikations- und Medienwissenschaft (vgl. Campbell 2008). Vor allem dadurch, dass die im Gedächtnis gespeicherten Episoden – wie zuvor schon kurz erwähnt – mit zahlreichen niedriger aggregierten Codes (Farben, Formen, Gesichter, Symbole etc.) vernetzt sind, können durch einzelne Reize sehr reichhaltige Gedächtnisinhalte sowie Reiz-Reaktionsschemata aktiviert werden, die im Rahmen der Apperzeption zu vielfältigen und sehr tiefgreifenden Assoziationen führen (können). So mag es etwa gelingen, dass über eine gelungene Bildkomposition auf Basis der Nutzung verschiedener Codes ein Anzeigenmotiv entsteht, das im Kopf der angesprochenen Zielgruppenmitglieder über das Hinzufügen bereits gespeicherter Gedächtnisinhalte quasi „ein ganzer Film abläuft“, der eine stark aktivierende und motivierende Geschichte erzählt. Ungleich vielfältiger sind die Möglichkeiten eines gezielten Storytelling freilich, wenn ganze Handlungsabläufe im Rahmen von Bilderserien, Filmen, Erzählungen (z. B. in Radiosendungen, Podcasts) oder eben etwa von LifeEvents realisiert werden können. Zwar erlauben all diese Formate unter Einsatz verschiedener Charaktere (Persönlichkeiten, Archetypen), Kontextbedingungen (Setting), Stilmittel, Zeit- und Problemperspektiven etc. den für Geschichten charakteristischen Spannungsbogen zu verwirklichen, der bspw. aus Aufhänger und Kontext (Set-up & Exposition), Herausforderungen und Konflikten (Rising Action & Climax), Problemlösungsansätzen und -lösungen (Fallig Action & Resolution) und einem Ende mit einem Ergebnis (Lessons Learned) besteht (vgl. auch weiter unten die Darstellung des Fairytale-Modells in Abb. 11). Die reichhaltigsten Optionen zur Ausdifferenzierung und Nutzung der unterschiedlichen Gestaltungsmittel bieten jedoch zweifellos die verschiedenen Formen der Live Communications und insbesondere gerade auch Events. Dies vor allem, weil hier das gesamte Spektrum relevanter Codes und mithin die vielfältigsten multisensualen Stimuli sehr lebensecht unter direkter Einbeziehung der Zielpersonen voll ausgeschöpft werden können. Damit steigt die Chance, dass die Zielpersonen tatsächlich tiefer in die inszenierte Geschichte und die damit ausgebaute Erlebniswelt eintauchen, eine starke kognitive und emotionale Identifikation erfolgt und über die befeuerte Vorstellungskraft neue neuronale Vernetzungen entstehen, mit denen im Sinne der gesetzten Ziele neue Wissens- und Motivmuster, Einstellungen und Handlungsschemata befördert werden (narrative transformation).

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Vor dem Hintergrund der kurz skizzierten Zusammenhänge sollte der Ausgangs- bzw. Dreh- und Angelpunkt einer systematischen Eventplanung immer die Entwicklung einer überzeugenden Geschichte bilden, über die die im Sinne der Zielerreichung definierten Inhalte und Botschaften transportiert werden sollen. – Welche Geschichte eignet sich am besten, um das Zielpublikum von der Leistungsfähigkeit und -willigkeit des Unternehmens in einer spezifischen Herausforderungskonstellation zu überzeugen, eine entsprechende Unternehmens- bzw. Markenidentität aufzubauen und konkrete Unterstützungspotentiale aufzubauen und/oder zu mobilisieren (Kauf, Loyalität etc.)? Unter den jeweils gegebenen situativen Bedingungen verlangen spezifische Zielsetzungen jeweils die differenzierte Ausarbeitung einer spezifisch darauf zugeschnittenen Geschichte, die zugleich die Basis für die Definition eines Unternehmens- oder Markenidentitäts-Frames bildet, der den Identitätskern kurz und bündig akzentuiert und damit die Wahrnehmung und Einschätzung des Unternehmens und seiner Marke(n) durch all seine Stakeholder in spezifischer Weise prägt. In dem zuvor schon verschiedentlich bemühten Pharmabeispiel bestand die Idee etwa darin, im Wege eines Events die Geschichte eines unkonventionellen und sehr pragmatischen zukunftsgerichteten Problemlösers zu inszenieren, der genau weiß, dass ein nachhaltiger Fortschritt im Gesundheitswesen wesentlich von der Erzielung eines Fortschritts in der Befriedigung der Bedürfnisse aller Betroffenen und Beteiligten abhängt. Angesichts der damaligen Umbruchssituation im Gesundheitswesen – begleitet von Themen wie Bezahlbarkeit des Gesundheitswesens, Regulierung der Verschreibung von Pharmaka, ökonomischer Einbruch bei einzelnen Ärztegruppen etc. – erschien es zweckmäßig, beim Aufbau einer anziehungskräftigen Unternehmens- bzw. Markenidentität auf drei wirkungsvolle Archetypen zu rekurrieren, wie sie sich in der von Carl G. Jung 1919 eingeführten und danach in der Psychologie, Medien- und Kommunikations- sowie Marketing- und Managementwissenschaft immer wieder aufgegriffenen Typologie finden: den „Creator“, „Ruler“ und „Caregiver“. Alle drei Archetypen verkörpern mit unterschiedlichen Akzenten den Ansatz, der Welt eine (neue) Struktur zu vermitteln („provide structure to the world“). Jeder zeichnet sich durch verschiedene Vorzüge und Nachteile aus (vgl. Mark/Pearson 2015; Collin 2012). Beim gezeichneten Bild des unkonventionellen und sehr pragmatischen zukunftsgerichteten Problemlösers sollten zunächst die Vorzüge der drei Archetypen zur Geltung kommen. Parallel dazu fanden deren mögliche Schattenseiten insofern Beachtung, als vor diesem Hintergrund relevante Risiken identifiziert wurden, denen bei der Planung des Events, dessen Vor- und Nachbereitung, der Abläufe und äußeren Bedingungen sowie der Auswahl der Han-

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delnden Personen und deren Schulung nachdrücklich Aufmerksamkeit zu schenken war. Die Frage war dann: Wie würde ein solcher, auf Basis der drei Archetypen unterschiedlich ausdifferenzierter zukunftsberichteter Problemlöser auftreten? Welche Themen würde er unter den aktuellen situativen Bedingungen aufgreifen? Wie würde er eine Veranstaltung strukturieren? Welche Symbolik würde er einsetzen? Welche Protagonisten würde er einsetzen? Welche Sprache sollten diese sprechen? Wie müsste der Ort aussehen? Welche Farben, Formen, Düfte, Geräusche etc. sollten das Bild dominieren? Wie die hier aufgeworfenen Fragen damals konkret beantwortet wurden, ist an dieser Stelle weniger interessant. Wichtig ist vor allem der damit verbundene Hinweis, wie die bestehenden und zuvor stigmatisierten Wissenslücken hinsichtlich einer zielorientierten Komposition aus den unterschiedlichsten Codes zumindest ansatzweise geschlossen werden können. Nämlich, in dem der Storytelling-Ansatz zunächst bereits dazu genutzt wird, das implizite Wissen und die Kreativität der an der Planung und Gestaltung von Events beteiligten Personen dahingehend aktiviert wird, entsprechende Vorschläge hinsichtlich der einzusetzenden IVE-relevanten Codes zu machen und darauf aufbauend dann auch die (hoffentlich) richtigen Entscheidungen zu treffen. Dies etwa gerade auch mit Blick auf die Frage, welche IVE-relevanten Codes bei der Gestaltung eines Events lediglich die Rolle eines Hygienefaktors oder jene eines echten Motivators einnehmen und von welchen am Ende eine echte identitätstiftende Wirkung ausgeht, die zu einer nachhaltigen Engrammierung zielführender Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster führen. Sind es die aufgegriffenen Themen, bestimmte Facetten des Veranstaltungsstils, Merkmale der handelnden Personen o.ä., die z. B. in unserem Pharmabeispiel zum Aufbau und Verfestigung der spezifischen Reputation eines zukunftsgerichteten Problemlösers und einhergehend damit zur Aktivierung vielfältiger Unterstützungspotentiale beigetragen haben? Durch das gezielte Mobilisieren des impliziten Wissens aller an der Planung Beteiligten wird ex ante immerhin eine Art „laientheoretische Fundierung“ vorgenommen, die dann ja noch durch jenes bereits theoretisch abgesicherte Wissen bezüglich der Wirkung unterschiedlicher Reize (Gesichtsausdrücke, Formen, Farben, Geräusche, Düfte etc.) ergänzt werden kann, das in verschiedenen Forschungstraditionen bereits erarbeitet wurde. Über gezielte Befragungen und Beobachtungen der relevanten Zielpersonen vor, während und nach dem Event besteht dann schließlich die Option, ein mehr an Wissen aufzubauen. Das hier kurz angerissene Konzept wird in Abbildung 9 zu illustrieren versucht.

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Abb. 9: Storytelling als Dreh- und Angelpunkt der Eventplanung

Quelle: eigene Erstellung

3.6 Verwirklichung einer integrierten Eventkonzeption als Erfolgsvoraussetzung These 6: Einzelne Events bewirken wenig, sie müssen in eine systematisch geplante und dramaturgisch geschickt aufgebaute Eventkonzeption integriert und zugleich ihren Wiederhall in der gesamten, mit dem Unternehmen assoziierten Erlebniswelt finden. Zwar tragen im Rahmen von Events persönlich erlebte Geschichten in sehr viel wirkungsvollerer Weise als bei den meisten anderen Kommunikationsformaten dazu bei, dass sich diese im Gehirn „einnisten“ und sich mit den dort schon vorhandenen Wissenselementen entsprechend vernetzen. Allerdings lebt der Aufbau zielführender Wissens-, Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster im Langzeitgedächtnis von der ständigen Wiederholung. Je häufiger ähnlich gelagerte und sich wechselseitig ergänzende Geschichten erlebt werden, desto stärker entstehen tief verankerte Wissensnetzwerke, die auch gerne anschaulich als „neuronale Autobahnen“ bezeichnet werden. Selbstverständlich entstehen robuste und tief verankerte neuronale Netzwerke nicht allein durch die Aneinanderreihung von Geschichten, die im Rahmen von verschiedenen Events, also auf Basis einer integrierten Eventkonzeption, erlebbar gemacht wurden. Hinzu kommen vielmehr alle Eindrücke, die im Rahmen der Austauschprozesse mit einem

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Unternehmen im Kontext der unterschiedlichsten Formate (z. B. TV-Spots, Videos, Podcasts, Verkaufsgespräche, Serviceerlebnisse u. v. a. m.) – also auf Basis der gesamten Erlebniskonzeption eines Unternehmens – erlebt wurden. Die Geschichte von einem zukunfts- und stark kundenorientierten Problemlöser muss also bspw. im Kontext der gesamten Erlebniskonzeption des Unternehmens und bspw. gerade auch im Tagesgeschäft durch das Verhalten, das Erscheinungsbild sowie alle kommunikationswirksamen Handlungen des Unternehmens bzw. seiner Repräsentanten erzählt werden, damit sich diese in einem differenzierten Wissensnetzwerk festsetzt und damit auch gezielt weitere Wahrnehmungs- und Bewertungsprozesse im Sinne eines wirkungsvollen Framing und Priming steuert. Um es zu schaffen, dass relevante Zielpersonen ein Bild von einem Unternehmen gespeichert haben, das diese bspw. dazu tendieren lässt, das Unternehmen und sein Verhalten immer positiv zu sehen und zu bewerten, also im Zweifel immerhin von einem halbvollen anstatt von einem halbleeren Glas auszugehen, sollte systematisch eine Eventkonzeption verwirklicht werden, die sich konsistent und stimmig an einer MetaGeschichte orientiert. Die zuvor schon exemplarisch akzentuierte Geschichte eines Pharmaunternehmens, das mit Verve auf einen Fortschritt in der Befriedigung der Bedürfnisse aller in den bearbeiteten Indikationsgebieten betroffenen und beteiligten Partnern hinarbeitet, eignet sich durchaus als zentraler Aufhänger für eine solche Meta-Geschichte, die dann in vielen mehr oder weniger kleinen Episoden inszeniert und somit gut nachvollziehbar wird. So etwa durch weitere Events mit Ärzten, bei denen immer tiefer in vorhandene Herausforderungen und Konfliktsituationen eingedrungen wird und darauf aufbauend immer bessere Lösungsansätze entwickelt und dann auch konkret mit Erfolg verwirklicht werden. Aber auch durch problem- und problemlösungsorientierte Events mit anderen Stakeholdern (Patienten, Krankenkassen, Verbände etc.) bzw. durch Events, bei denen sehr professionell eine moderierende Rolle bei Verhandlungen zwischen den verschiedenen Interessensgruppen im Gesundheitswesen übernommen wird. Ob sich ein Unternehmen nun explizit die Erzielung eines Fortschritts auf die Fahnen schreibt oder nicht, über die Zeit hängen die Beeinflussungserfolge bei allen Stakeholdern freilich nicht unwesentlich davon ab, dass sich etwas bewegt. Dabei ist es nicht zuletzt von erheblicher Bedeutung, ob und ggf. inwieweit sich aus Sicht der Stakeholder auch etwas im Tagesgeschäfts des Unternehmens in eine – aus deren Sicht – richtige Richtung bewegt. Letztlich muss die Geschichte eines zukunftsorientierten Problemlösers und dessen zumindest in kleinen Schritten erzielten Erfolge an allen relevanten Kontaktpunkten mit diesem Unternehmen sicht- und spür-

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bar werden. Die Grundidee des hier skizzierten Ansatzes einer integrierten Eventkonzeption wird in Abbildung 10 veranschaulicht. Abb. 10: Bezugsrahmen zur Planung einer integrierten Eventkonzeption

Quelle: eigene Erstellung, in Anlehnung an Bublitz et al. 2016

3.7 Integration der Eventzielgruppen in die Planung und Umsetzung von Events These 7: Je mehr und besser die jeweiligen Eventzielgruppen in die Planung und Umsetzung von Events eingebunden werden, desto besser werden diese Events wahrgenommen, bewertet und erinnert und umso ausgeprägter der Erfolg hinsichtlich einer nachhaltigen Wirkung auf den Aufbau und die Konsolidierung zielführender Wissensund Motivmuster, Bewertungs- und Handlungsschemata beim angesprochenen Zielpublikum. Der in den unterschiedlichsten Quellen zumeist Konfuzius zugeschriebene Satz: „erzähle mir und ich vergesse, zeige mir und ich erinnere mich, lass es mich tun und ich verstehe“ gilt zweifellos auch mit Bezug auf die Planung und Gestaltung von Events.

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Eine entsprechende Integration relevanter Zielpersonen kann und sollte vor, während und nach dem Event stattfinden. Auf Basis einer breit angelegten Integration der Zielpersonen sollte es gelingen, eine psychologische Verbundenheit aufzubauen, die zu einer weitreichenden Identifikation mit dem Event führt und das Event selbst im Extremfall als „eigenes Kind“ verstanden wird (psychological ownership). Generell lässt sich bereits durch eine positive Auseinandersetzung mit einem Event im Vorfeld dieses Events ein mehr oder weniger starkes Maß an Vorfreude etablieren, das dann später dazu beiträgt, dass das Event grundsätzlich positiver wahrgenommen und bewertet wird. Die positiven Effekte eines „savoring upcoming experiences“ wurde jüngst etwa von Chun, Diehl und MacInnis (2017) im Wege verschiedener empirischer Studien nachgewiesen. Sehr viel stärker ist dieser Effekt, wenn sogar ein konkreter Beitrag – und ggf. auch nur ein kleiner Beitrag – zum Zustandekommen und/oder Gelingen des Events geleistet wurde und dieser Beitrag dann sogar auch noch sichtbar wird und Anerkennung findet. Besonders breit gestreut sind vor allem die Möglichkeiten einer Integration der eingeladenen Zielpersonen während eines Events. Hierauf wird gleich noch etwas näher einzugehen sein. Zuvor noch der kurze Hinweis darauf, dass auch gerade die Einbindung in die Nachschau und Nacharbeitung eines Events vielfältige Integrationsoptionen bietet, von denen positive Wirkungen auf die Bewertung des Events sowie auf die Engrammierung der während eines Events vermittelten und gelernten Wissens- und Bewertungsmuster ausgehen (können). Grundsätzlich ist vor allem darauf zu achten, dass die Teilnehmer des Events im Nachgang geschickt auf das Event, das gemeinsame Erlebnis positiv verstärkend angesprochen werden. Voraussetzung ist freilich, dass das Erlebnis aus Sicht der Teilnehmer tatsächlich gut und von der Art war, dass „man darüber auch auf YouTube oder in den Fernsehnachrichten berichten könnte“, es also keine Entgleisungen insbesondere seitens des betreffenden Teilnehmers gab. Ferner lässt sich das gemeinsame Erlebnis als Bezugspunkt für besondere Aufmerksamkeit und Servicebereitschaft in den nachfolgenden tagesgeschäftlichen Begegnungen akzentuieren. Darüber hinaus kommen auch Varianten in Betracht, bei denen die Teilnehmer um kleine Gefälligkeiten gebeten werden. Das Spektrum solcher Gefälligkeiten reicht von die während des Events selbst gemachten Fotos einsenden, über die Bereitschaft mit einer positiven Erlebnisaussage in relevanten Medien in Erscheinung zu treten bis hin zur Bereitschaft zu einer aktiven Word-of-mouthUnterstützung. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Einbeziehung der Zielpersonen während eines Events. Grundsätzlich ist dies einerseits von der Begrüßung bis zur Verabschie-

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dung relevant, zugleich andererseits aber auch nicht unproblematisch, weil nicht jede Art der Einbeziehung als Belohnung wahrgenommen wird - auch dann nicht, wenn der „Pilot“ der betreffenden Zielperson vielleicht mehr oder weniger zähneknirschend eine Einwilligung erteilt hat. Wie zuvor schon erwähnt bedarf es hier höchster Sensibilität hinsichtlich der Frage, was die Zielpersonen tatsächlich vor dem Hintergrund ihres Motivsystems implizit und explizit als Belohnung einstufen und an was man sich – implizit- wie auch explizit-kognitiv – dann später auch erinnern möchte. Bei nicht wenigen Events, bei denen die eingeladenen Kunden in etwas unbeholfener Art zu aktiven Teilnehmern gemacht wurden – sei es von der Aufforderung zum Bauchtanz bis hin zum Drängen hin zu vermeintlich klugen Wortbeiträgen – konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es nicht gelungen ist, den Funken hin zu echter Begeisterung und anhaltender Verbundenheit überspringen zu lassen. Im Lichte der Forderung, Events im Sinne des Storytelling-Ansatzes zu konzipieren, soll eine Integration des Zielpublikums ja bereits schon – wie zuvor dargestellt – über die verschiedenen Gestaltungselemente einer Geschichte (thematischer Aufhänger, handelnde Personen, Handlungsdramaturgie, Setting etc.) und die damit erzeugte Aufmerksamkeit sowie kognitive und emotionale Identifikation erfolgen, um die Vorstellungskraft hinsichtlich des Belohnungspotentials, der Sinnhaftigkeit und Leichtigkeit einer Akzentuierung oder Veränderung vorhandener Wissens- und Emotionsmuster anzufeuern. Bei Events oder generell verschiedenen Formen der Live Communications besteht hier die große Chance, dass die zu erzielende „Narrative Presence & Transformation“ durch die physische Präsenz und die damit noch intensivere Einbeziehung in multisensuale Reize sehr viel stärker unterstützt werden kann, als bei anderen Kommunikationskonzepten. Dies etwa durch das Bewegen durch verschiedene Räume mit einem entsprechend dem dramaturgischen Ablauf differenziert gestalteten Setting rekurrierend auf Farben, Formen, Gerüche, Geräusche etc. Beim physischen Miterleben von Bewegungen und Veränderungen handelt es sich um eine besonders intensive Reizkonstellation, auf deren Basis eine Geschichte sehr eingängig inszeniert werden kann. Gute Beispiele hierzu finden sich etwa in dem Buch von Domning, Elger und Rasel (2009). Hervorhebung verdient etwa die hoch emotionale wie einprägsame Logo-Inszenierung im Rahmen eines Events von Klöckner & Co: Eine Künstlerin lässt einen roten Ball – Bestandteil des noch jungen Logos des Unternehmens – durch den Saal direkt in das Maul des Klöckner & Co-Hundes am anderen Ende des Saales schweben (vgl. Domning/Elger/Rasel 2009, S. 64ff.). Vielleicht hätte man dieses Teilereignis des Events noch etwas stärker im Sinne des Storytelling inszenieren

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können, in dem der Ball nicht nur durch den Raum schwebt, sondern bei seinem Weg überraschende Widerstände am Ende glücklich überwunden werden und dabei dem Hund die Rolle eines „Helden“ zugeschrieben wird, um den entsprechenden Archetypus implizit für den Aufbau zielführender Assoziationen und Emotionen zu nutzen. Immerhin lassen das Kleid und die Gestik der Künstlerin Assoziationen mit dem Archetypus des Zauberers (Magician) zu (vgl. Domning/Elger/Rasel 2009, S. 41). Neben der mentalen Einbeziehung von Eventteilnehmern im Sinne des StorytellingAnsatzes kommen freilich auch weitergreifende Integrationsformen in Betracht, bei denen die Teilnehmer indirekt über Stellvertreter oder direkt persönlich in den Ablauf und die Handlung eines Events einbezogen werden. Dies zumindest dann, wenn man die zuvor kurz angesprochenen Risiken beachtet und dafür Sorge trägt, dass sie nicht zur Entfaltung gelangen. Einige interessante Beispiele zur direkten persönlichen Integration von Eventteilnehmern finden sich etwa bei Domnin, Elger und Rasel (2009). Persönlich betrachte ich generell Integrationsformen, bei denen den Teilnehmern über Stellvertreter eine Chance zur indirekten Integration geboten wird, für zweckdienlicher und vor allem eben auch für weniger risikoreich. Vor allem dann, wenn Menschen zur Teilnahme an Rollenspielen überredet werden und dann nicht so „performen“, wie es ihrem Selbstbild entspricht, bleiben teils zwar nicht immer explizit, zumeist jedoch implizit Wunden zurück, die eine zielführende Eventverarbeitung mehr oder weniger stark beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere für Rollenspiele u. ä. Um eine negative Attribuierung in Richtung Event und seiner Veranstalter zumindest ansatzweise zu konterkarieren, sollten bei solchen Ansätzen direkt persönlicher Integration für jene, die freiwillig ein großes Interesse an persönlicher Mitwirkung signalisieren, auf dem Weg zur Integration sogar „kleine Hürden“ eingebaut werden, damit sie noch einmal eine kritische Selbstprüfung vornehmen können. Dies gerade auch bei MitarbeiterEvents, bei denen die Teilnehmer ja generell einem gewissen Unternehmenskulturellen und -strukturellen Druck unterliegen. Auf einem anderen Blatt stehen Events, bei denen Kunden die Möglichkeit geboten wird, die Marke und ihre Vorzüge in Gestalt eines direkt persönlichen Produktund/oder Dienstleistungserlebnisses hautnah nachvollziehen zu können. Sicher verdienen auch hier gewisse Risiken Beachtung, wie z. B. das einer wahrgenommenen Überforderung oder des Gefühls, beeinflusst zu werden. Diese lassen sich durch eine geeignete Planung und Gestaltung der Events jedoch durchaus handhaben. Zu denken ist etwa an gut inszenierte Produkttests oder auch an gezielte Schulungen hinsichtlich ei-

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ner besonders intelligenten Nutzung des Produkts – z. B. Probefahrten und Fahrertrainings bei Autos, Produkttests und Kochkurse bei anspruchsvollen Küchengeräten etc. Noch einmal zu betonen ist, dass entsprechende Veranstaltungen freilich sehr genau auf das bestehende Spannungsfeld zwischen bestehender und künftig anvisierten Markenidentität abzustimmen sind. Ausgangspunkt für die Planung und Gestaltung geeigneter Events kann etwa die in Abbildung 5 vorgelegte Übersicht über zentrale Eckpunkte einer Markenidentität bilden. Demnach ist entlang aller Gestaltungselemente eines Events (vgl. noch einmal Abb. 4) zu fragen: Wie die spezifischen Charakteristika der Marke sowie der damit verknüpfte emotionale und rationale Nutzen besonders gut erlebt werden kann? Wie das Besondere in der Erscheinung der Marke sowie deren Rolle für den jeweiligen Kunden innerhalb eines spezifischen Ausschnittes seiner persönlichen Lebenswelt und einhergehend damit auch das Positive einer engen Beziehung zwischen Marke und Mensch eindrücklich zu inszenieren sind? Und wie schließlich die Vertrauenswürdigkeit sowie die soziale Akzeptanz der Marke glaubwürdig vermittelt werden können. Im Fall der Marke GORE-TEX kann man sich sicherlich leicht Events vorstellen, mit deren Hilfe der rationale und emotionale Nutzen des vor Nässe, Kälte und Wind schützenden Materials eingängig über die persönliche Nutzung besonders gut gestylter Kleidungsstücke (Jacken, Mützen, Hosen) im Rahmen von spannenden OutdoorAktivitäten (z. B. Bergwandern) eindrücklich demonstriert werden kann. Bei solchen Outdoor-Aktivitäten lassen sich dann etwa auch kleinere Hürden oder Konfliktpunkte (z. B. Finden der richtigen Pfade, Durchquerung eines Wasserfalls) einbauen, über die das Event zu einem richtigen Erlebnis wird und zugleich die Rolle, die die Marke im Leben der aktuellen oder potentiellen Kunden zu spielen vermag, so eindrücklich verdeutlicht, dass eine enge Beziehung zwischen Marke und Kunde zu etablieren begonnen wird oder ggf. bereits bestehende Beziehungen weiter vertieft werden. Die wahrgenommene Vertrauenswürdigkeit der Marken kann neben dem persönlichen Erleben der Produktvorteile unter erschwerten Bedingungen noch dadurch weiter verstärkt werden, dass auch andere Kunden und unter Ihnen vielleicht gerade auch aufgrund ihres Berufs, ihrer Profisportler-Rolle o. ä. besonders anspruchsvolle Kunden am Event beteiligt waren. Letzteres fördert zugleich die Wahrnehmung positiver sozialer Akzeptanz, die u. U. noch weiter dadurch gesteigert werden kann, dass in das Event noch geschickt Menschen einbezogen werden, die für die Bewunderung der aktiven Produktnutzer bzw. Produkttester zuständig sind. Obwohl die kurz angerissene Eventskizze noch sehr wenig elaboriert ist, lässt sie bereits sehr gut erkennen, dass sich

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grundsätzlich alle der in Abbildung 5 aufgezeigten Bezugspunkte einer Markenidentität problemlos in die Planung und Gestaltung von Events einbeziehen lassen. Als Beispiel für die Umsetzung einer Stellvertreter-Konzeption sei kurz ein Kundenevent aus dem B2B-Bereich skizziert, bei dem es darum ging, einzelnen Mitgliedern entsprechender Einkaufsgremien (Kaufleute und Ingenieure aus dem mittleren Management) zu demonstrieren, wie sie sich innerhalb des eigenen Unternehmens gegenüber Widerständen durchsetzen und die obersten Entscheider überzeugen können. Ein wesentlicher Bestandteil des Events bestand in der Aufführung eines Theaterstücks, das in freier Anlehnung an das „Fairytale-Modell“ inszeniert (vgl. Abb. 11) und durch professionelle Schauspieler umgesetzt wurde. Während sich der Handlungsablauf zumindest grob am klassischen Story-Modell orientierte, wurden die verschiedenen Charaktere (Widersacher, Held, Unterstützer, Wohltäter und Nutznießer) dabei nicht durch einzelne Personen, sondern mit verschiedenen Rollenträger eines fiktiven Buying Centers (Kaufleute und Ingenieure in den Rollen eines Buyers, Influencers, Users und Gatekeepers) sowie mit Mitgliedern eines Selling Teams besetzt. Der „Held“ wurde dabei dann etwa durch eine Gruppe von Personen aus dem Buying Center verkörpert, die als „Allianz der Mutigen und Entschlossenen“ auftraten. „Unterstützer“ war eben nicht die „gute Fee“, sondern die Mitglieder des Selling Teams sowie vor allem Buying Center-Mitglieder, die jeweils je nach Position im Unternehmen zur Entstehung von Akzeptanz der neuen Technologie beizutragen versuchten. Die Rolle des „Widersachers“ wurde mit unterschiedlichen fortschrittsfeindlichen Unternehmensvertretern besetzt, die nicht zuletzt aus Angst um die eigene Position gegen Änderungen waren. Die Rolle des „Wohltäters“ wurde durch fortschrittliche Entscheider auf der Vorstandsebene gespielt und „Nutznießer“ waren letztlich alle Unternehmensmitglieder. Das differenziert ausgearbeitete Konzept an unterschiedlichen Charakteren bot für alle Teilnehmer eine gute Chance zur persönlichen Identifikation, ohne selbst auf der Bühne stehen zu müssen. Da nicht jedem die Rolle des Helden in die Wiege gelegt wurde, ging es bei dem kleinen Theaterstück gerade auch darum zu demonstrieren, dass auch kleinere Unterstützungsbeiträge zur Verwirklichung eines großen Ziels beitragen können.

4 Schlussbetrachtung Im vorliegenden Beitrag konnten lediglich einige wenige Aspekte in Gestalt von Thesen hinsichtlich einer neurobasierten Planung und Gestaltung eines Eventmarketings kurz angerissen werden. Teilweise auch ohne jeweils detailliert die Bezüge zur Neuro-

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forschung nachzeichnen zu können. Letztlich ging es lediglich darum die wichtigsten Argumentationslinien eines Einführungsvortrages nachzuzeichnen, der als Einstieg in eine Tagung zum Thema Eventmarketing dienen sollte. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass sich aus der Neuroforschung vielfältige Gestaltungsanregungen, aber auch Erkenntnisse gewinnen lassen, die bereits existierende Vorschläge zur Gestaltung und Umsetzung von Events theoretisch zu untermauern helfen. Abb. 11: Veranschaulichung des Fairytale-Modells

Quelle: Fog et al. 2010, S. 40, 43 und 45

Eine wichtige Erkenntnis, die abschließend zu akzentuieren ist, ergibt sich aus dem durch die Neuroforschung erbrachten Nachweis, dass der zuvor vorgestellte „Autopilot“ im Vergleich zum „Piloten“, der nur langsam und sehr selektiv Information aufnehmen und verarbeiten kann, mühelos sehr schnell arbeitet und dabei über eine immense Informationsaufnahme und -verarbeitungskapazität verfügt. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass „dem Autopiloten kaum etwas entgeht“. Dies zu beachten erscheint dringend geboten, da er letztlich zu einem hohen Prozentsatz die grundsätzlichen Entscheidungen trifft. Nicht nur für die Eventplanung und -gestaltung, hier aber doch ganz speziell, resultiert hieraus die Forderung, „Liebe fürs Detail“ zu kultivieren und dafür Sorge zu tragen, dass Events tatsächlich sehr fein auf die spezifischen situativen Bedingungen des Unternehmens und seiner Zielgruppen zugeschnitten und gut auf die bestehende Unternehmens- bzw. Markenidentität abgestimmt sind. Hierzu einige erste Anregungen zu geben, war das Ziel des vorliegenden Beitrages.

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Michelle Caroline Speth Komm‘, ich erzähle Dir eine Geschichte. Erfolgreicher Einsatz der Storytelling-Methode zur Markenbildung über Veranstaltungen 1

Einleitung

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Grundlagen des Storytellings

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2.1

Das Pyramidenmodell nach Gustav Freytag

2.2

Die Heldenreise nach Joseph Campbell

Storytelling in Marketing und Eventmanagement 3.1

Fallbeispiel I (B2B): „A Perfect Day - 24 Hours with Philipps“

3.2

Fallbeispiel II (B2C): Tomorrowland

Schlusswort

Literaturverzeichnis

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1 Einleitung „Wer kennt Sie nicht, die Märchen der Kindheitstage, die von hübschen Prinzessinnen, bösen Stiefmüttern und Hexen, verwunschenen Tieren und starrsinnigen Zwergen handeln. Gefesselt sitzen Jung und Alt bis heute vor Erzählungen, Fabeln und Mythen und fiebern mit den Helden und Idolen längst vergangener Zeiten und künstlich erschaffener Welten. Genau jene Geschichten, die Kulturen übergreifenden Mustern folgen (vgl. Campbell 2008, S.14), prägen sich nicht zuletzt durch ihre große emotionale Wirkung in das Gedächtnis der Menschen ein. Sie wirken unbewusst, lösen Gefühle aus und bieten die Möglichkeit der Identifikation. Die vermittelten Inhalte und Informationen werden dabei primär visuell, d. h. in Form von Bildern, gespeichert, zu Geschichten geformt und assoziativ mit den entstandenen Emotionen im Gehirn verankert. Das, was einen Menschen emotional bewegt, merkt er sich (vgl. Kleine Wieskamp 2016, S. 2ff.).“ (Speth 2018, S. 65) „In der von Daten und Zahlen dominierten Lebenswelt wird es für Unternehmen immer schwieriger, ihre Produkte und Marken in der Flut von Informationen von anderen abzusetzen: Täglich sieht sich das Gehirn mit nahezu 10.000 Werbebotschaften konfrontiert, die ihrer Zielgruppe die größten, besten und außergewöhnlichsten Innovationen versprechen. Signifikante Unterschiede: mangelhaft. Erinnerungswert: ungenügend. Fokussieren: für das menschliche Gehirn praktisch undenkbar. Nicht verwunderlich also, dass Kommunikationsexperten in den letzten Jahren vermehrt den Einsatz von Geschichten nutzen, um Unternehmen, Produkte und Marken gezielt in Szene zu setzen. Über die bloße Vermittlung von Botschaften hinausgehend, ziehen sie die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf sich, setzen auf eine persönlichere Ansprache und involvieren sie in das Geschehen. Doch nicht nur die durch Geschichten ausgelöste emotionale Einbindung der Verbraucher kann zu einer erfolgreichen Markenkampagne führen, auch die damit verbundene Erlebnisorientierung. Erlebnisse werden im Gehirn im episodischen Gedächtnis verarbeitet und führen dadurch zu einer erhöhten Lernleistung (vgl. Hirt 2013, S. 24).“ (Speth 2018, S. 65) Dies ist nicht zuletzt einer der Gründe, weshalb sich Unternehmen im Rahmen ihrer strategischen Ausrichtung vermehrt für den Einsatz erlebnisorientierter Kommunikationsinstrumente entscheiden; so auch für die Positionierung ihrer Marken und Produkte über Events. Diese bilden im Sinne der Definition von Marketingevents „den inhaltlichen Kern des Eventmarketings und können als inszenierte Ereignisse in Form von Veranstaltungen und Aktionen verstanden werden, die dem Adressaten firmen- oder

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produktbezogene Kommunikationsinhalte erlebnisorientiert vermitteln und auf diese Weise der Übersetzung der Marketingziele des Unternehmens dienen“ (Zanger 2007, S. 3). Betrachtet man das Kommunikationsinstrument des Eventmarketings näher, so werden gleich zwei Besonderheiten deutlich: Events gleichen bereits in ihrer Grundstruktur, dem dramaturgischen Aufbau einer Geschichte (vgl. Schäfer-Mehdi 2015, S. 122). Darüber hinaus haben sie die Fähigkeit, Unternehmens- und Markenbotschaften durch den gezielten Einsatz von Inszenierungsinstrumenten multisensorisch erlebbar zu machen und sie in emotionale Erlebniswelten zu übersetzen. Events erzählen also bereits in ihrer Funktion als solches, eine Geschichte und bieten daher alle Grundlagen, die ein erfolgreiches Storytelling für sich beansprucht. Nun gilt es nur noch, diese Grundlagen zu verstehen, sie zu beherrschen und schließlich zielgerichtet einzusetzen.

2 Grundlagen des Storytellings Vereinfacht betrachtet, bezeichnet das Storytelling die Methode, Informationen in Form von Geschichten zu vermitteln. Die Idee an sich ist nicht neu und existiert, ausgehend von frühen Höhlenmalereien, schon fast so lange, wie es Menschen gibt (vgl. Kleine Wieskamp 2016, S. 2ff.). Dabei sind die Grundelemente immer gleich: Neben Figuren und Handlungen zählen auch Raum und Zeit zu den elementaren Bestandteilen einer Geschichte. Dabei ist die Handlung, im Englischen auch häufig auch als „Plot“ bezeichnet, eindeutig vom Begriff der Geschichte oder auch „Story“ abzusetzen. Ein Beispiel des britischen Erzählers und Novellisten Edward Morgan Forster erklärt den Unterschied (Forster 2012, S. 86): „The King died and then the Queen died out of grief.“ Während die Story Ereignisse in ihrer chronologischen Reihenfolge schildert („The King died and then the Queen died“), konzentriert sich der Plot einer Geschichte auf die kausale Verknüpfung der Handlungselemente („out of grief“). Erst dieser kausale Zusammenhang ermöglicht das Verstehen narrativer Strukturen und befähigt den Menschen die losen Punkte von Geschichten, die uns einen emotionalen Zugang zum Geschehen ermöglichen, im Gehirn zu verbinden (vgl. Nünning/Nünning 2015, S. 111f.). Der britische Journalist Christopher Booker geht an dieser Stelle noch einen Schritt weiter und stellt die These auf, dass alle Geschichten, die erzählt werden nur Variatio-

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nen oder Wiederholungen von sieben verschiedenen Plots, d. h. eine Form von UrThemen sind: Das Monster überwinden, Vom Tellerwäscher zum Millionär, Die Suche, Reise und Rückkehr, Komödie, Tragödie, Wiedergeburt (vgl. Booker 2004, S. 21f.). Ob diese These vollständig zu vertreten ist oder nicht, sei dahingestellt. Für erfolgreiches Storytelling ist es in jedem Fall wichtig zu wissen, dass sich das menschliche Gehirn offensichtlich an bestimmten Mustervorlagen orientiert, die sich in der Realität immer wieder als erfolgsversprechend gezeigt haben. Bereits Aristoteles hielt im siebten Kapitel seines Werkes „Poetik“ 335 Jahre v. Chr. fest, dass „Ein Ganzes ist, was Anfang, Mitte und Ende hat“ (vgl. Fuhrmann 1994, S. 4). Er setzt dabei voraus, dass der Mensch eher Gefallen an einer Geschichte findet, die ein Ganzes bildet und damit einem gewissen Muster, in seinem Fall einer DreiAkte-Struktur, folgt. Vom Amphitheater der römischen Antike über den neusten TVSpot der Deutschen Telekom hin zur Markeninszenierung von Red Bull im Rahmen einer Extremsportveranstaltung: Sie alle greifen auf das Fundament erfolgreicher Geschichten zurück. Doch wie entsteht aus diesen Mustern eine Geschichte? 2.1 Das Pyramidenmodell nach Gustav Freytag Auf der Suche nach der universellen Story-Formel veröffentlichte Gustav Freytag 1863 sein Buch „Die Technik des Dramas“ und beschrieb darin, nach der Analyse vieler Dramen von der Antike bis Shakespeare, sein Pyramidenmodell in fünf Akten:

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Abb.1: Das Pyramidenmodell nach Gustav Freitag

Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Freytag 2012, S. 102.

Nach der Vorstellung von Raum, Zeit und den wichtigsten Charakteren kündigt die Exposition auch den Konflikt bzw. die Ziele des Protagonisten an, bevor sich die Situation im Fortlauf der Handlung im zweiten Akt verschärft und die Spannung steigt. Der Höhepunkt im dritten Akt stellt einen Wendepunkt dar, der die Situation des Helden entweder verbessert oder verschlechtert. Schließlich beginnt sich der Konflikt zu lösen und endet im letzten Akt mit einer Katastrophe oder einer Auflösung. Erst dann kann der Alltag wieder einkehren (vgl. Freytag 1969, S. 102). Um zu demonstrieren, dass sich dieses Prinzip auch auf Markenbotschaften übertragen lässt, gab Keith A. Quesenberry, Assistant Professor of Marketing am Messiah College, zusammen mit seinem Kollegen Michael Coolsen 2014 eine Prognose ab, welcher TV-Spot im Rahmen des Super Bowls 2015 am besten abschneiden würde und behielt Recht: Die Firma Budweiser lag mit ihrem Werbeclip „Lost Dog – #Best Buds“ und der darin klar erkennbaren Struktur der fünf Akte, deutlich vorn. Die Szenerie eröffnet auf einem Bauernhof und präsentiert dem Zuschauer die Charaktere der Kurzgeschichte: Ein Welpe, ein Pferd und ihr Besitzer, deren freundschaftliches Verhältnis offenbar wird. Aus Neugier springt der Welpe auf die Ladefläche eines Transporters und wird versehentlich eingeschlossen und mitgenommen. Die Spannung

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steigt: Während sein Herrchen sich auf die Suche nach dem Ausreißer macht, kann der Welpe entwischen und kämpft sich durch die gefährliche Großstadt, über Feld und Flur, um wieder nach Hause zu kommen. Auf dem Höhepunkt der Geschichte wird der kleine Hund von einem Wolf angegriffen, doch das Pferd eilt ihm zu Hilfe und sie kehren gemeinsam wieder auf den Bauernhof zurück (vgl. Budweiser USA 2015). Nach Analysen im Nachgang der Sportveranstaltung stellte sich heraus, dass die analysierten Super Bowl-Spots umso beliebter und erfolgreicher waren, je mehr Bestandteile des Pyramidenmodells sie aufwiesen (vgl. Quesenberry/Coolsen 2015). In nur einer Minute war es Budweiser gelungen, eine den dramaturgischen Mustern folgende, komplette Geschichte zu erzählen und diese für ihre Marke erfolgreich einzusetzen. Dabei bietet der kurze Spot vielmehr als die Erzählung eines spannenden Erlebnisses: er bietet dem Zuschauer Orientierung, erweckt die Marke zum Leben und vermittelt nicht bloß harte Produkte, sondern auch Emotionen. Und wie eingangs erläutert: Das, was Menschen emotional bewegt, merken sie sich auch. Auch wenn die Grundstrukturen von Geschichten als kulturell übergreifend gelten und im vorliegenden Beispiel deutlich sichtbar werden, so bedarf die inhaltliche Ausgestaltung jedoch stets einer Adaption basierend auf der Zielgruppe. War im vorliegenden Beispiel die Geschichte des „Lost Dogs“ insbesondere im US-amerikanischen Markt von Erfolg gezeichnet, so kann es auf internationalem Parkett oder auch in anderen Zielmärkten und -regionen bereits zu einer starken Varianz in Bezug auf die Rezeption und die damit verbundene Vermittlung von Emotionen kommen. Um den Erfolg einer Geschichte gewährleisten zu können, bedarf es daher vorab stets einer intensiven Zielgruppenanalyse, um auch die erzählten Inhalte optimal auf den Kunden, in diesem Fall vor allem auf unterschiedliche Kulturkreise, zuschneiden zu können. 2.2 Die Heldenreise nach Joseph Campbell Während Freytag durch die Erläuterungen zur Technik des Dramas die Entfaltung eines Spannungsbogens einer typischen Geschichte ins Zentrum seiner Analysen stellte, so konzentriert sich der US-amerikanische Professor und Mythenforscher Joseph Campbell auf den Helden und seine Entwicklung durch den Lauf der Ereignisse. 1949 veröffentlichte Campbell sein Werk „The Hero with a Thousand Faces“, das unter dem deutschen Titel „Der Heros in tausend Gestalten“ erschien, und schließlich die Anfänge des Storytellings begründete. Campbell suchte die Gemeinsamkeiten der Motive in den Mythen und Geschichten auf der ganzen Welt und entwarf auf Basis dessen

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das mehrstufige Modell der Heldenreise, auch als „Hero’s Journey“ bekannt, das heute als Blaupause des Storytellings gesehen wird: Ein Held erhält einen Ruf, der ihn dazu animiert, seine gewohnte Lebenswelt zu verlassen. Er macht sich auf die Reise, trifft auf Verbündete und Mentoren, trotzt Prüfungen und Gefahren und geht nach Entdeckung des rettenden Elixiers am Ende weiser, gestärkter und verändert aus der Geschichte hervor (vgl. Campbell 2008, S. 63f.). Dieses von Campbell entwickelte Grundmuster für Geschichten dient heute nicht nur als Erfolgsrezept für Drehbücher und Bestseller, sondern erklärt zugleich, wie Menschen aus Geschichten lernen können. Der US-amerikanische Drehbuchautor Christopher Vogler war dabei der Erste, der die Bedeutung der Heldenreise für erfolgreiches Entertainment erkannte und diese effektiv nutzte. Er adaptierte die 17 Phasen Campbells, wandte „The Hero’s Journey“ als Dramenmodell auf den Film an und erläuterte 1997 in seinem Lehrbuch „The Writer’s Journey. Mythic Structure For Writers“ anhand von Beispielen, wie diese zur Entwicklung von Filmstoffen eingesetzt werden kann. (vgl. Vogler 2007, S. 3f., S. 81f.). Von „Star Wars“ über „Herr der Ringe“ bis hin zu „Harry Potter“ durchleben die Protagonisten der weltweit bekannten Blockbuster daher heute den von Campbell ursprünglich entwickelten archetypischen Spannungsbogen (vgl. Rupp 2016, S. 54ff.).

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Abb. 2: Die Heldenreise nach Christopher Vogler in Anlehnung an Joseph Campbell

Quelle: eigene Erstellung

3 Storytelling in Marketing und Eventmanagement Auf der Suche nach einer geeigneten Geschichte für eine Marke orientieren sich Marketingexperten immer häufiger an Campbells und Voglers Modell: Die Kunden werden zu Helden, Marken zu Begleitern und Mentoren. Eine durchdachte Dramaturgie, die den Kunden oder eine mögliche Identifikationsfigur als Helden ins Zentrum des Geschehens setzt, scheint dabei die Grundlage für eine erfolgreiche Markeninszenierung zu sein. Erlebnisorientiere Kommunikationsinstrumente, allen voran das Eventmarketing, liefern Marketingexperten dabei scheinbar alles, was sie für die Positionierung von Mar-

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ken über Geschichten brauchen. Dramenmodelle, die nicht nur für Romane, sondern auch Film und Fernsehen ihre Anwendung gefunden haben, bieten dabei auch der Live-Kommunikation eine gelungene Vorlage: Alleine die Struktur einer Veranstaltung gleicht mit ihrer äußeren sowie inneren Bauform, ihren dramaturgischen Zutaten sowie ihrer szenischen Mittel den Grundmustern einer guten Geschichte. In Abhängigkeit der Ausgestaltung erfolgreicher Veranstaltungen lassen sich, ähnlich des von Freytag beschriebenen Pyramidenmodells, ein oder auch mehrere Spannungsbögen wiederfinden, wobei im Zeitablauf stets eine kontinuierliche Steigerung erkennbar sein sollte. Abb. 3: Der Spannungsbogen bei Veranstaltungen

Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Kiel/Bäuchl 2014, S. 4.

Ob ein Galaabend, dessen Rahmenhandlung ganz im Stil der Zwanziger Jahre ausgestaltet wird oder ein Jubiläumsevent, dessen chronologische Erzählreihenfolge von der Vergangenheit bis zur Zukunft eines Unternehmens reicht; alleine die Bauform einer Veranstaltung bietet zahlreiche Finessen, die es ermöglichen, eine Marke und ihre Botschaft im Rahmen eines Spannungsbogens dramaturgisch auszugestalten und zu übersetzen (vgl. Schäfer-Mehdi 2015, S. 120ff.).

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Eingebettet in Raum und Zeit, übernehmen dabei die Veranstaltungsbesucher ebenso wie Künstler und das Unternehmen, die Rolle der Figuren. Zielsetzung sollte es dabei stets sein, den Kunden, Vertragspartner oder auch Mitarbeiter eines Unternehmens je nach Ausrichtung der Veranstaltung als Protagonist oder auch Helden, angetrieben durch ein bestimmtes Bedürfnis, ins Zentrum des Interesses zu rücken. Statt den Besucher dabei mit bloßen Unternehmens- und Produktfakten zu überhäufen, gilt es, ihn als Hauptdarsteller in die eigene Geschichte einzubauen, Spannung zu erzeugen und ihn die Marke, nicht selten positioniert als Elixier oder auch Mentor im Sinne der Heldenreise, erleben zu lassen. Unterstützt wird das intensive Markenerleben dabei durch den gezielten Einsatz szenischer Inszenierungsmittel, die dem Veranstalter die Möglichkeit bieten, alle Sinne des Besuchers anzusprechen und ihn so die Marke ganzheitlich erleben zu lassen. Kein anderes Kommunikationsinstrument schafft es dabei, Markenbotschaften neuronal so verstärkt zu vermitteln wie das Eventmarketing. Ob visuelle Reize über den gezielten Einsatz der Licht- und Videotechnik, auditive Reize über musikalische Untermalung, haptische Reize über Oberflächenstrukturen von Produktpräsentationen, thermale Reize über Regulierung der Raumtemperatur oder gustatorische oder olfaktorische Reize über das Catering-Angebot (vgl. Events-Magazin Online 07/2017): da mit den Sinneseindrücken Erfahrungen und Assoziationen verbunden sind, werden Teilnehmer von Veranstaltungen, im Vergleich zu zweidimensionalen Kommunikationswegen wie beispielsweise der TV-Werbung, überdurchschnittlich stark aktiviert und sind besonders aufnahmebereit für Unternehmens- und Markenbotschaften (vgl. Thron 2009, S. 44). Das Markenbild wird multimodal gespeichert und die Botschaft wirksamer vermittelt (vgl. Weinberg; Diehl 2005, S. 280). Die Inszenierungsinstrumente verleihen einer Veranstaltung also nicht nur ihre konkrete Form, sondern laden den Kunden dazu ein, die Markengeschichte mit all seinen Sinnen eigenständig zu erfahren. Die Effektivität bei der Positionierung von Marken unter Berücksichtigung der menschlichen Sinne fand bereits in der Studie „5-Sense-Branding“ von MetaDesign aus dem Jahr 2007 ihre Beweisführung. Diese konnte die Annahme belegen, dass die Bindung zwischen Marke und Konsumenten umso höher ist, je mehr Sinne in der Markenkommunikation angesprochen werden. (vgl. Steiner 2016, S. 81). Veranstaltungen lassen sich darüber hinaus als besonderes Ereignis definieren, das laut Duden den alltäglichen Ablauf in bemerkenswerter Weise unterbricht (vgl.

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Kiel/Bäuchl 2014, S. 3). Alle Erlebnisse, die einem Menschen im Laufe seines Lebens wiederfahren, werden vom Gehirn in bewegten oder unbewegten Bildern im so genannten episodischen Gedächtnis abgespeichert: vom ersten Kuss bis hin zum letzten Tagungs- oder Festivalbesuch. Auch wenn die Vermittlung von Normen und Werten, die Geschichten zugrunde liegen, implizit, also unbewusst erfolgt, so werden Geschichten zugleich bewusst als Erlebnis in das episodische Gedächtnis eingeordnet und übertragen. Sie gelten als identitätsstiftend und verhaltensbeeinflussend. Durch neuronale Verknüpfungen, d. h. Verbindungen zu bereits Bekanntem, so auch dem Muster von Stories und deren multisensorischer Untermalung, lassen sich Geschichten leichter im Gehirn verankern als bloße Fakten. Je mehr Anknüpfungspunkte es gibt, desto besser lassen sich Informationen im Hirn einfügen und anknüpfen. Reine Informationen sind nur limitiert anknüpfbar. Dabei gilt: Je emotionaler die Geschichte, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie berührt und ihre Botschaft bedeutend wird (vgl. Gerrig 2016, S. 237ff.). Storytelling ermöglicht es also, Markenbotschaften durch den integrierten Einsatz von Inszenierungselementen, im Rahmen von Veranstaltungen eine Fülle von Anknüpfungspunkten zu liefern, die nicht nur das Ereignis selbst, sondern auch die Botschaft hinter der Veranstaltung in den Köpfen der Teilnehmer nachhaltig verankert. Dabei ist entscheidend, dass eine Veranstaltungsdramaturgie nicht erst bei der Veranstaltung selbst, sondern bereits im Vorfeld beginnt und erst nach dieser endet. Neben den Anknüpfungspunkten, die die Veranstaltung also selbst liefert, ermöglichen eine Reihe von Touchpoints im Rahmen der Customer Journey den unmittelbaren Kontakt zwischen Kunde und Marke: Von Promotion-Aktionen zur Bewerbung der Veranstaltung und die Bereitstellung von Informationen über die Website, über das Einladungsmanagement oder den Ticket-Verkauf bis hin zum Follow-Up nach der Veranstaltung (vgl. Keller 2017, S. 29). Dass die erfolgreiche Positionierung von Marken über die unterschiedlichsten Veranstaltungsformate unter Anwendung von Geschichten und deren dramaturgischen Zutaten sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich funktioniert und eine Marke auf diesem Wege multisensorisch in Szene gesetzt werden kann, sollen die folgenden Beispiele eines Roadshow-Konzeptes von Philipps sowie des weltweit bekannten Musikfestivals „Tomorrowland“ zeigen.

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3.1 Fallbeispiel I (B2B): „A Perfect Day - 24 Hours with Philipps“ Betrachtet man exemplarisch das Roadshow-Konzept „A Perfect Day - 24 Hours with Philipps“, das 2016 für Handelspartner des Unternehmens von der Agentur WILKENWERK GmbH umgesetzt wurde, wird die Wirksamkeit von Campbells Modell der Heldenreise und der damit verbundenen Erlebnisorientierung deutlich. Abb. 4: Roadshow-Konzept der Agentur WILKENWERK GmbH für die Marke Philip, 2016.

Quelle: Schmidt, Andreas; Larmann, Ralph für WILKENWERK GmbH: „A Perfect Day – 24 hours with Philipps“, 2016.

Die Idee: Philipps macht das Leben leichter und einfacher. Die Markenbotschaft: Produkte des Unternehmens begleiten Mann, Frau oder Kind während eines gesamten Tages. Die Veranstaltungsdramaturgie legte dabei einen besonderen Fokus auf die Erlebbarkeit von Produkt- und Markenwelt: Das Raumkonzept des Unternehmens entsprach dem Ziffernblatt einer 24-Stunden Uhr, das die Teilnehmer durch den Tag führte: Vom frühen Morgen über die Mittagszeit bis hin zum Abend erlebten die Teilnehmer so eine in Akte gegliederte interaktive Erlebniswelt, die sie mit PhilippsProdukten begleitete. Zwischenwelten leiteten dabei dramaturgisch in die nächste Tageszeit. Auf diese Weise waren die Veranstaltungsteilnehmer automatisch in eine Mechanik eingebunden, die sie intuitiv verstanden und die sie als Protagonisten durch den

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Tag führte. Dabei vermittelten die Erfahrungen mit dem Produkt und der Marke selbst die entscheidenden Verkaufsargumente (vgl. WILKENWERK GmbH 2016). Abb. 5: Raumkonzept entlang der Heldenreise umgesetzt durch die Agentur WILKENWERK GmbH für die Marke Philipps. 2016

Quelle: WILKENWERK GmbH, 2016. Im vorliegenden Beispiel setzt die Veranstaltungsdramaturgie die einleitende Idee in Form einer durchgängigen Story mit dem Besucher in der Rolle des Helden um, „die den inhaltlichen und zeitlichen Handlungsablauf konkretisiert und dabei die Übermittlung der (Marken)Botschaft in den Mittelpunkt stellt“ (Eventlexikon 2018). Raum und Zeit unterstützen dabei den Weg des Helden durch den Tag und lassen ihn multisensorisch erleben, wie viele Berührungspunkte mit der Marke der eigene Alltag mit sich bringt oder bringen kann. Diese Touchpoints veranschaulichen über den Zyklus der gesamten Heldenreise, die hier innerhalb von 24 Stunden abgebildet wird, die Mar-

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kenbotschaft des Unternehmens Philipps: Philipps macht das Leben leichter und einfacher. Stellt man in diesem Zusammenhang die Frage nach der Rolle der Marke in Campbells oder Voglers Heldenreise, so kann diese im vorliegenden Beispiel sowohl als Elixier, aber auch als Mentor gesehen werden, welches dem Nutzer den Alltag erleichtert. Mit dieser inneren Erfahrung und Kenntnis kehrt der Veranstaltungsbesucher am Abend in seine eigenen vier Wände zurück. Unter der Berücksichtigung von Erkenntnissen aus den Gebieten der Pädagogik, der Psychologie, der Neurowissenschaft sowie der multisensorischen Markenführung, wird an diesem Beispiel einmal mehr deutlich, dass der dramaturgische Ablauf so gestaltet sein muss, „dass die Besucher eines Events eine interessante, spannende und emotional ansprechende Inszenierung erleben, in der sie interaktiv (als Held) einbezogen werden“ (Merkwitz/Rübner 2014, S. 11). Denn während der Mensch sich nur zehn Prozent der Informationen merkt, die er hört, zwanzig Prozent der Informationen, die er sieht, sich jedoch neunzig Prozent von dem einprägt, was er selbst anwendet und erlebt (vgl. Springer 2008, S. 99), wird deutlich, dass die direkte Beteiligung von Menschen über und bei Veranstaltungen ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die multimodale Speicherung von Marken- und Markenbotschaften ist. Statt also die Alleinstellungsmerkmale, die USPs, der Marke Philipps dem Veranstaltungsbesucher nur faktisch zu demonstrieren, gilt es, diese erlebnisorientiert zu präsentieren. Getreu dem Motto des deutschen Unternehmens Jochen Schweizer, der den Verkauf von Erlebnissen zu einem Millionengeschäft gemacht hat, zeigt sich an diesem Beispiel erneut der Unterschied zwischen der unterschiedlichen Rezeption von Fakten und Geschichten und der daran begründete Erfolg von der Positionierung über erlebnisorientiere Kommunikationsinstrumente: „Wenn Du alles aufschreibst, was Du besitzt, dann hast Du nur eine Liste. Wenn Du aber alles aufschreibst, was Du erlebst, dann hast Du eine Geschichte.“ (Jochen Schweizer GmbH 2016) 3.2 Fallbeispiel II (B2C): Tomorrowland Eine Großveranstaltung im B2C-Bereich, die die Storytelling-Methode bereits seit mehreren Jahren erfolgreich anwendet und entlang der gesamten Customer Journey ausrichtet, ist das Open Air-Musikfestival Tomorrowland, eine der bedeutendsten Musikveranstaltungen für elektronische Musik in Europa. Allein der Name spricht Bände: Die Besucher werden in einen eigens für die Festivalteilnehmer entworfenen Raum, die Welt der Märchen entführt, die an Disneyland

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oder Alice im Wunderland erinnert. Tomorrowland ist ein Ort zum Träumen und genau so wurde das selbst ernannte „Königreich der Melodie“ auch gestaltet: Gaukler und Narren, die einen Teil der Figuren der Geschichte darstellen, umringen in passenden Kostümen die verschiedenen Seen des 70 Hektar großen Geländes. Mit Liebe zum Detail werden die „People of Tomorrowland“ in ihrer neuen Heimat begrüßt. Für den Zeitraum des Festivals ziehen sie als zeltende Festivalbewohner in Dreamville, der Hauptstadt des Tomorrowland-Geländes ein. Dabei bietet die Stadt nicht nur eine Vielzahl an Unterbringungsmöglichkeiten, einen Supermarkt, Restaurants, einen Juwelierladen und einen Friseurladen, sondern verkörpert zugleich eine eigene Lebensphilosophie: die „People of Tomorrowland“ genießen ihr Leben in vollen Zügen, sie zeigen sich verantwortlich für die Generation von morgen und respektieren sich gegenseitig genauso wie Mutter Natur. Respekt, Gesundheit, Natur, Verantwortung und Innovation ebenso wie die Liebe stehen dabei im Zentrum ihrer Kultur (vgl. Tomorrowland.com 2018). Tomorrowland gelingt es, seine Festivalbesucher als Helden in ihre eigene Märchenwelt zu versetzten, die durch die einzelnen Inszenierungselemente von den Akteuren über die Dekoration bis hin zur Veranstaltungstechnik den Rahmen eines märchenhaften Schauplatzes bieten. Die Reise des Helden beginnt dabei bereits vor der eigentlichen Veranstaltung und zieht sich entlang der gesamten Customer Journey: es ist ein Tag wie jeder andere, als der Held über die sozialen Medien auf das Angebot einer Reise ins Tomorrowland erfährt. Er entscheidet sich für einen Ticketkauf und erhält statt einer einfachen gedruckten Eintrittskarte eine geheimnisvolle Kiste, die ihn im Stile der großen Smartphone-Anbieter zum „Unboxing“ seines märchenhaften Armbands einlädt, das ihn als Bewohner Tomorrowlands vor Ort identifiziert. Die Spannung steigt. Zahlreiche Festivalbesucher teilen über die sozialen Medien ihren „Unboxing“-Moment. Auf diesem Weg wurde das Open-Air-Musikfestivals nicht zuletzt eine der größten viralen Veranstaltungen weltweit. Aus den einzelnen Besuchern wird bereits vorab eine Gemeinschaft, die schließlich zum Zeitpunkt des Festivals aufeinandertreffen, um ihre gemeinsame Leidenschaft zu feiern. Als besonderes Highlight gilt dabei alljährlich die Main Stage, die passend zum Leitthema ein aufwändiges Bühnenbild bietet, das durch den gezielten Einsatz von Veranstaltungstechnik zum Höhepunkt der Veranstaltung der Öffentlichkeit präsentiert wird. Die Musik ebenso wie das Erlebnis selbst stellen im Rahmen des Festivals Tomorrowland das Lebenselixier der Besucher dar, das sie mit glänzenden Augen und voller Emotionen zurück in ihre Heimat kehren lässt (vgl. Martens/Teunkens 2015). Durch die Aufnahme in den

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Kreis der „People of Tomorrowland“ sind sie als loyale Kunden mit Sicherheit auch im kommenden Jahr dabei. Die Heldenreise setzt sich fort und wird zu einem praktisch immerwährenden Kreislauf. Die Rahmenhandlung ist vorgegeben. Die Ausgestaltung übernimmt jeder für sich. Das Beispiel Tomorrowlands ist in der Umsetzung der erfolgreichen Story-Formel in dieser detailverliebten Form nahezu einmalig. Es beweist darüber hinaus, dass eine Geschichte nicht nur immanent, d. h. in der inneren Bauform einer Veranstaltung erfolgreich sein kann, sondern dass der Spannungsbogen im Vor- und Nachgang von Veranstaltungen berücksichtigt werden sollte. Storytelling im Eventmanagement kann genauer genommen somit über zwei Ebenen vollzogen werden: während der eigentlichen Veranstaltung selbst und unter Berücksichtigung sämtlicher Pre- und AfterEvent-Aktionen über deren Rahmen hinaus. Denn um den Veranstaltungsbesucher im Sinne des Open-Air-Festivals sprichwörtlich als König seines eigenen Märchens erscheinen zu lassen, bedarf es des Verständnisses der gesamten Customer Journey, die alle Touchpoints der Marke miteinander verbindet.

4 Schlusswort „Hinter jedem Unternehmen, jedem Produkt und jeder Marke steckt eine spannende Geschichte, die es gilt im Rahmen von Veranstaltungen ganzheitlich und integriert zu erzählen. Durch den bewussten Einsatz der Storytelling‐Methode entlang der gesamten Customer Journey bieten Geschichten die Möglichkeit Unternehmen und Marken viel persönlicher und authentischer darzustellen, das Identifikationspotential zu erhöhen, zu emotionalisieren und ihre Botschaft nachhaltig zu vermitteln. Veranstaltungen selbst haben den großen Vorteil, an sich bereits ein außergewöhnliches und multisensorisches Erlebnis zu sein, das die Grundstruktur von Geschichten aufweist und sich schneller im Gedächtnis der Kunden einprägt als andere Kommunikationsinstrumente. Nun gilt es nur noch, die eigene Botschaft in Form einer stimmigen Geschichte zu vermitteln und den Kunden als deren Helden ins Zentrum des Geschehens zu setzen. Geschichten schreiben sich heute nicht anders als früher: Man muss sie nur erzählen.“ (Speth 2018, S. 67)

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Michelle Caroline Speth

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Bernd Radtke Neue Überlegungen und empirische Erkenntnisse zur optimalen Event-Marken-Passfähigkeit 1

Ausgangssituation und Fragestellungen dieses Beitrags

2

Grundlagen zur Event-Marken-Passfähigkeit

3

4

2.1

Events und Eventwirkungen

2.2

Definition und Formen der Event-Marken-Passfähigkeit

Worauf bezieht sich "Marke" in der Event-Marken-Passfähigkeit? 3.1

Markenproblematik in der Event-Marken-Passfähigkeitsforschung

3.2

Identitätsorientiertes Markenverständnis, Markenidentität und -image

3.3

Modelle zur Erfassung der Markenidentität

3.4

Messverfahren für die Event-Marken-Passfähigkeit

Maximale oder optimale Passfähigkeit für maximale Wirkungen? 4.1

Zwei Strömungen in der Markenfitforschung

4.2

Ansatz mit drei Passfähigkeitszonen

4.3

Versuch der Quantifizierung von Schwellenwerten für die drei Zonen

5

Neue empirische Untersuchung zur Event-Marken-Passfähigkeit

6

Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

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Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

67

1 Ausgangssituation und Fragestellungen dieses Beitrags In Deutschland werden Jahr für Jahr unzählige Business-, Sport- und Kultur-Events von unzähligen Auftraggebern/Marken geplant und durchgeführt. Der Gesamtetat hierfür beläuft sich im Jahr 2017 auf rund 1,7 Mrd. Euro (vgl. FAMAB 2017, S. 19). Events nehmen im Rahmen der Kommunikation von Organisationen/Marken eine wichtige Rolle ein. Die Beziehung von Marken und Events ist immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, in denen häufig ein Konstrukt mit dem etwas sperrigen, aber doch treffenden Namen „Event-Marken-Passfähigkeit“1 behandelt wird. Dessen grundsätzliche Bedeutung für und sein positiver Einfluss auf die Kommunikationswirkung, z. B. den Imagetransfer, ist theoretisch einigermaßen fundiert dargestellt und empirisch einhellig bestätigt (vgl. Rippe 2017, S. 56, 113; Hermanns/Schlattmann/Schubert 2013, S. 18; Sturm 2011, S. 2, 87)2. Nichts destotrotz sind bis heute einige, teilweise auf der Hand liegende, weitergehende Fragen nicht eindeutig geklärt, theoretisch kaum thematisiert oder empirisch kaum quantifiziert (vgl. Rippe 2017, S. 138; Hermanns/Schlattmann/Schubert 2013, S. 22; Sturm 2011, S. 2). Dies war der Ausgangspunkt für die Bearbeitung dieses Themas im Rahmen der 9. Konferenz Eventforschung. Nach der Klärung des Begriffs Event-MarkenPassfähig-keit werden folgende zwei Fragen in diesem Beitrag behandelt:  Welche Aspekte des Konstrukts „Marke“ werden bei der Überprüfung der Event-Marken-Passfähigkeit herangezogen?  Welches - möglichst quantifizierte - Ausmaß sollte die Event-MarkenPassfähig-keit haben, um eine maximale Wirkung zu entfalten?

1

Synonyme für den Begriff Event-Marken-Passfähigkeit sind u. a. die Begriffe Event-Marken-Fit, -Kongruenz, -Ähnlichkeit, -Affinität oder Eventpassung (vgl. Rippe 2017, S. 106; Sturm 2011, S. 8, 11; Lasslop/Burmann/Nitschke 2007, S. 122). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff „Event-Marken-Passfähigkeit“ präferiert.

2

Die genannten Quellen verweisen u. a. auf Aaker/Keller 1990; Gwinner/Eaton 1999; Speed/Thompson 2000; Roy/Cornwell 2003; Drengner/Gaus/Zanger 2004; Grohs/Wagner/Vsetecka 2004; Fanderl 2005; Drengner 2006; Nitschke 2006; Donahay/Rosenberger III 2007; Walchli 2007; Grohs 2008; Carter/Curry 2013.

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Bernd Radtke

2 Grundlagen zur Event-Marken-Passfähigkeit 2.1 Events und Eventwirkungen Events werden als eigeninitiierte, planmäßig inszenierte, interaktive Ereignisse verstanden, die das zentrale Ziel haben, den Teilnehmern Erlebnisse zu vermitteln und bei ihnen Emotionen auszulösen, und die gleichzeitig geeignet sind, zur Übermittlung der Markenbotschaft, zum Aufbau des Markenwertes sowie nachgeordneter Marketingziele einen positiven Beitrag zu leisten (vgl. hierzu Nickel 2007, S. VIII; Nufer 2012, S. 22; Luppold 2013, S. 70; Köhler 2014, S. 16; Zanger 2001, S. 440; Drengner 2006, S. 21f.; Getz 1997, S. 4f.).3 Events sind dann erfolgreich, wenn sie die definierten Ziele erreichen und bestimmte Wirkungen beim Rezipienten hervorrufen (Nufer 2012, S. 109ff.; Holzbaur 2016, S. 20 ff, S. 33ff.; Drengner 2015, S. 153ff.; Bowdin et al. 2012, S. 79). Man unterscheidet grundsätzlich zwei verschiedene Wirkungsdimensionen: (1) Die Ereignisdimension, d. h. die meist kurzfristige Wirkung des durch die Teilnahme am Event Erlebten an sich, ohne Beachtung des Markenkontextes, und (2) die Markendimension, d. h. die kurz-, mittel-, und langfristigen, primär verhaltenswissenschaftlichen Wirkungen auf die dem Event zugrunde liegenden Marke durch die Teilnahme am Event.4 Die intendierten Wirkungen hinsichtlich des Markenimages, insbesondere ein gewünschter Imagetransfer, stellen wichtige Zielsetzungen im Eventmarketing dar (vgl. Nufer 2012, S. 163). Unter Imagetransfer wird ganz allgemein „die wechselseitige Übertragung und Verstärkung von Objektassoziationen zwischen Objekten unterschiedlicher Kategorien“ verstanden (Zentes 1996, S. 157). Im Marken-kontext spricht man vom Imagetransfer von einem Stammobjekt (z. B. einem Event) auf ein Trans-

3

Events, insbesondere Marketingevents, werden in der Fachliteratur der Regel durch mehrere konstitutive Merkmale gekennzeichnet, aus denen die obige Definition abgeleitet wurde.

4

Insbesondere geht es hier um die klassischen Markenwirkungen wie die Steigerung der Markenbekanntheit, die Erhöhung der Markensympathie, Veränderungen des Markenimages (Aufbau, Modifikation/Neupositionierung, Erweiterung/Ergänzung, Stabilisierung/Verstärkung), die Verbes-serung der Einstellung zur Marke etc. (vgl. Nufer 2012, S. 107; Köhler 2014, S. 100; Bowdin 2012, S. 210; McRoberts 2014, S. 136ff.; Esch 2018, S. 73 und 77).

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

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ferobjekt (z. B. eine Marke).5 Ein Imagetransfer umfasst nicht nur die Übertragung neuer, bisher nur mit dem Stammobjekt, aber noch nicht mit dem Transferobjekt verbundener Assoziationen, sondern auch die Verstärkung bereits vorhandener Assoziationen (vgl. Nufer 2012, S. 163f.; Köhler 2014, S. 103f.). Das gilt sowohl für das Sponsoring fremder Events, bei dem die Assoziationen des gesponserten Events auf die Marke/Sponsor übertragen werden sollen, als auch für das Eventmarketing selbst durchgeführter Events, wobei grundsätzlich beide Richtungen des Imagetransfers in Frage kommen (vgl. Köhler 2014, S. 104). 2.2 Definition und Formen der Event-Marken-Passfähigkeit Der Imagetransfer ist, wie dargestellt, eine Wirkung. Was ist die Ursache dieser Wirkung und welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit diese Wirkung entsteht? Hier kommen als „intervenierende Bewertungsprozesse“ (Sturm 2011, S. 13) die Konstrukte Markenfit und Event-Marken-Passfähigkeit ins Spiel. Der weiter gefasste Begriff des Markenfits6 beschreibt ganz allgemein, wie gut eine bestimmte Marke mit einem anderen Objekt zusammenpasst (vgl. Rippe 2017, S. 56). Sturm definiert in Anlehnung an Baumgarth den Markenfit als „subjektive wahrgenommene Kongruenz zwischen einer Marke und einem weiteren Imageobjekt“ (Sturm 2011, S. 20).7 Er ist das Ergebnis eines mehrdimensionalen Bewertungsprozesses, bei dem von Rezipienten ihre Wahrnehmung der Marke und ihre Wahrnehmung eines weiteren Imageobjekts abgeglichen und auf ihre subjektive Passfähigkeit hin beurteilt werden (Sturm 2011, S. 20). In der Literatur wird davon ausgegangen, dass der Rezipient einen Fit zwischen zwei Objekten umso stärker und eher wahrnimmt, je geringer sein kognitiver

5

Der Imagetransfer ist keine bewusst und direkt gestaltbare Maßnahme eines Unternehmens bzw. einer Marke, sondern eine Reaktion in der Psyche des Rezipienten auf die Maßnahmen des Unternehmens bzw. der Marke (vgl. Köhler 2014, S. 103).

6

Synonym zum Markenfit werden neben den eingangs erwähnten Begriffen Ähnlichkeit, Affinität, Kongruenz und Passfähigkeit auch Kompatibilität, Wahrnehmungszusammenhang, Match-Up, Link sowie Markenkonsistenz bzw. ihre angelsächsische Übersetzungen gebraucht (vgl. Rippe 2017, S. 106; Sturm 2011, S. 8, 11; Nitschke 2006, S. 174f.). Anmerkung des Autors dieses Artikels: Die Verwendung der Begriffe Markenkonsistenz/Brand Consistency ist in diesem Kontext mehr als missverständlich.

7

Nach der sehr weiten Definition von Baumgarth, die von Sturm konkretisiert wird, ist der Markenfit die „subjektive Beurteilung der Beziehung zwischen einer Marke und einem weiteren Imageobjekt“ (Baumgarth 2000, S. 48).

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Bernd Radtke

Aufwand ist, um die bestehenden Verknüpfungen und Verbindungen zu erkennen und zu erfassen (vgl. Köhler 2014, S. 107; Drengner 2006, S. 120). Für den Oberbegriff Markenfit werden mehrere Anwendungsfelder und entsprechende Forschungsrichtungen identifiziert:  bei Markenerweiterungen wie Markendehnungen und Markentransfers,  bei Markenallianzen Aktivitäten,

wie

Markenkooperationen

und

Co-Branding-

 bei Merger & Acquisitions-Transaktionen zwischen zwei Unternehmen sowie  im Bereich der Kommunikation, z. B. beim Product Placement, bei der Werbung mit prominenten Testimonials („Celebrity Endorsement“), beim Sponsoring oder im Event-Marketing (vgl. Rippe 2017, S. 56, 106ff.; Sturm 2011, S. 11), wobei die beiden letztgenannten Felder den Marken-Event-Fit bzw. die Event-Marken-Passfähigkeit betreffen und in dieser Arbeit thematisiert werden. Unter Event-Marken-Passfähigkeit wird die subjektive Beurteilung des Ausmaßes der Ähnlichkeit zwischen Event und Marke verstanden (vgl. Köhler 2014, S. 106ff.; Nufer 2012, S. 198f.). Folgende Dimensionen oder Formen der Event-MarkenPassfähigkeit lassen sich unterscheiden: (1) Zielgruppen-Fit: Überschneidungen zwischen den Zielgruppen der Marke und den Zielgruppen des Events, so dass Marke und Event im besten Fall als „natürliche Partner“ wahrgenommen werden. Beispiel: Veranstaltung eines Skateboard-Turniers durch ein HipHop-Label (Sturm 2011, S. 17f.). (2) Regional-Fit: Marke und Event haben dieselbe regionale Herkunft und dies wird von den Rezipienten als passend erachtet. Beispiel: Der Stuttgarter Automobilkonzern Daimler sponsert den Fußballverein VfB Stuttgart (Sturm 2011, S. 17f.). (3) Verwendungsfit: Die Rezipienten erkennen einen funktionalen Zusammenhang zwischen Marke und Event. Beispiel: Sponsoring eines Fußballturniers durch einen Sportartikelhersteller (Sturm 2011, S. 17f.).

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

71

(4) Image-Fit: Die Rezipienten haben ähnliche konnotative und denotative Assozia-tionen zum Event und zur Marke.8 Beispiel: Die Sparda-Bank sponsert das Jazz-Festival „Jazz Open“. Unabhängig von der Form der Event-Marken-Passfähigkeit9 gilt: Die Event-MarkenPassfähigkeit ist eine wichtige hinreichende, jedoch nicht zwingend notwendige Bedingung für einen erfolgreichen Imagetransfer zwischen Stammobjekt und Transferobjekt (vgl. Nufer 2012, S. 188, Köhler 2014, S. 109; Lasslop/Burmann/Nitschke 2007, S. 123)10.

3 Worauf bezieht sich „Marke“ in der Event-Marken-Passfähigkeit? 3.1 Markenproblematik in der Event-Marken-Passfähigkeitsforschung Das Urteil über die Event-Marken-Passfähigkeit ist das Ergebnis eines mehrdimensionalen Bewertungsprozesses, bei dem von Rezipienten ihre Wahrnehmung der Marke und ihre Wahrnehmung eines weiteren Imageobjekts abgeglichen und auf ihre subjektive Passfähigkeit hin beurteilt werden (Sturm 2011, S. 20) - dies gilt insbesondere beim Image-Fit. Was aber bedeutet Wahrnehmung der „Marke“? Das Markenkonstrukt ist relativ vielschichtig.11 In der Literatur werden Markenfit-Ansätze vorgestellt, die primär auf das Markenimage, gelegentlich aber auch auf die Markenpersönlichkeit oder die Markenidentität abstellen (vgl. Rippe 2017, S. 118ff.). Rippe konstatiert: „Kritisch ist (…) die weitestgehende Vernachlässigung der Markenidentität bei der Markenfitbewertung in allen Untersuchungen (mit Ausnahme beim 8

Konnotative Assoziationen beziehen sich auf den funktionalen Nutzen, denotative Assoziationen auf den symbolischen Nutzen (vgl. Sturm 2011, S. 17).

9

Als weitere Form der Event-Marken-Passfähigkeit, die jedoch aufgrund ihres dynamischen, zeitverlaufsabhängigen Charakters nicht in die Reihe der oben genannten Formen passt, ist in der Literatur der sogenannte „Gewöhnungs-Fit“ zu finden, d. h. wenn der Rezipient zunächst keinen nachvollziehbaren Zusammenhang erkennt, dies jedoch nach wiederholtem gemeinsamen Auftreten von Marke und Event erfolgen könnte (vgl. Zanger 2009, S. 291; Glogger 1999, S. 144; Köhler 2014, S. 107 f.).

10 Abweichend davon Sturm, der bei seiner empirischen Analyse der Event-Marken-Passfähigkeit zum Ergebnis kommt, „dass der Markenfit als notwendige Wirkungsvoraussetzung zu begreifen ist“ (Sturm 2011, S. 334). 11 Die Vielschichtigkeit ergibt sich insbesondere aufgrund der verschiedenen vorherrschenden Markenverständnisse, die sich im Laufe der vergangenen Jahre entwickelt haben (vgl. Meffert/Burmann 2005, S. 22ff.; Radtke 2013, S. 31; Burmann/Halaszovich/Hemmann 2015, S. 20ff.; Esch 2018, S. 17ff.).

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Co-Branding)“ (Rippe 2017, S. 139). Es ist somit geboten, das Konstrukt „Marke“ näher zu beleuchten. 3.2 Identitätsorientiertes Markenverständnis, Markenidentität und -image In der Literatur sind über 120 verschiedene Markendefinitionen zu finden (vgl. Welling 2006; Kapferer 2008, S. 9). Eine moderne betriebswirtschaftlich-psychologische Perspektive orientiert sich an den Wirkungen der Marke bei den Anspruchsgruppen und rückt die Substanz der Marke in den Mittelpunkt. Eine Marke wird als wirkungsorientiertes System gesehen, das mehrere Elemente und Beziehungen beinhaltet (vgl. Radtke 2013, S. 36ff.; Burmann/Halaszovich/Hemmann 2015, S. 29ff.; Aaker 1996, S. 1ff.). Unter einer Marke wird die Gesamtheit einer mit einem Namen oder anderen, wiedererkennbaren Brandingelementen versehenen Identität und den dadurch ausgelösten Vorstellungsbildern in den Köpfen der Anspruchsgruppen verstanden, die eine Differenzierung gegenüber den Vorstellungsbildern anderer, konkurrierender Objekte bewirken und das Verhalten der Anspruchsgruppen beeinflussen (vgl. Radtke 2013, S. 40, in Anlehnung an Esch 2018, S. 17). Das identitätsorientierte Markenverständnis ist gekennzeichnet durch das Wechselspiel der beiden zentralen Konstrukte Markenidentität und Markenimage, die in einem permanenten Austauschprozess stehen (vgl. Burmann/Meffert 2005, S. 49). Kapferer betont: „Die Markenidentität ist ein gestaltbares Managementkonzept, das Marken-image hingegen nicht“ (Kapferer 1992, S. 44f.). Bei der Markenidentität handelt es sich um das Selbstbild aus Sicht derjenigen Institution, die die Marke trägt (vgl. Burmann/Meffert 2005, S. 51; Esch 2018, S. 77f.). Es ist ein „Aussagenkonzept“ und ein „Führungskonzept“, das zum Ausdruck bringt, für welche wesensprägenden Merkmale die Marke stehen soll.

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Abb. 1: Grundkonzept der identitätsorientierten Markenführung

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Burmann/Halaszovich/Hemman 2015, S. 30.

In Anlehnung an eine Vielzahl von Autoren wird Markenidentität definiert als eine in sich widerspruchsfreie Gesamtheit der wesensprägenden, charakteristischen Merkmale einer Marke, die sie einzigartig macht und zeitlich stabil zum Ausdruck bringt, wofür sie steht bzw. stehen soll und sie von anderen Marken unterscheidet (vgl. Radtke 2014, S. 11f.; Aaker 1996, S. 68; Esch/Langner/Rempel 2005, S. 106; Burmann/Blinda/ Nitschke 2003, S.16; Burmann/Meffert 2005, S. 49; Esch 2018, S. 79). Das Markenimage ist das Fremdbild und kann als „Akzeptanzkonzept“ der Nachfrager bezüglich der Wahrnehmung und Beurteilung der Markenidentität interpretiert werden (Burmann/Halaszovich/Hemmann 2015, S. 29; Burmann/Meffert 2005, S. 52; Esch 2018, S. 79).12 Im Sinne einer schlüssigen Gesamtkonzeption wird das Markenimage definiert als die Gesamtheit der Vorstellungsbilder über eine Marke in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die sich primär auf Grund der von ihnen subjektiv wahr-genommenen relevanten Merkmale der Markenidentität ergeben (vgl. Radtke 2014, S. 2). Die Erfassung des Markenimage ist untrennbar mit der Markenidentität verbunden; es kann und wird in der Praxis jedoch oft mehr oder minder stark von der Markenidentität abweichen.

12 Über die Definition des Konstrukts Image und über die Konzeptualisierung, d. h. aus welchen Komponenten das Imagekonstrukt besteht, herrscht bis heute Uneinigkeit (vgl. Burmann/Stolle 2007, S. 12; Drengner 2006, S. 75).

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3.3 Modelle zur Erfassung der Markenidentität In der Literatur sind vier wissenschaftliche und diverse praxisbezogene Ansätze und Modelle zur Erfassung und Beschreibung der Markenidentität zu finden. Erstaunlich ist, dass bislang in kaum einem deutschsprachigen Marketing- oder Markenlehrbuch die verschiedenen, dem identitätsorientierten Ansatz zugrunde liegenden Markenidentitätsmodelle in einem Gesamtüberblick und in der der Bedeutung und Problematik angemessenen Breite und Tiefe vorgestellt werden.13 Das erste Markenidentitätsmodell des Ansatzes der identitätsorientierten Markenführung wurde von Kapferer als Markenprisma und Markenpyramide entwickelt (Kapferer 1992). Weitere wissenschaftliche Modelle von Aaker (Aaker 1996; Aaker/Joachimsthaler 2000), Meffert/Burmann (1996) bzw. darauf aufbauend Burmann (Burmann/Blinda/Nitschke 2003) sowie Eschs modifiziertes Marken-steuerrad (Esch 2018, S. 98) folgten. Eine zusammenfassende Bewertung aller Modelle im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit brachte ein weiteres Marken-identitätsmodell, das sich jedoch stark an Eschs Modell anlehnt (Radtke 2013, S. 102; Radtke 2014; S. 48).14

13 Eine wohltuende Ausnahme ist der Beitrag von Esch/Langner/Rempel aus dem Jahr 2005, wobei hier noch nicht der seinerzeit „neue“, seitdem eine ganze Reihe von Arbeiten prägende Ansatz von Burmann integriert ist (vgl. Esch/Langner/Rempel 2005, S. 103ff.). 14 Eine ausführliche Darstellung und Bewertung aller Modelle erfolgt bei Radtke 2013, S. 70ff. und Radtke 2014, S. 15ff.

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Abb. 2: Leicht modifiziertes Markenidentitätsmodell von Esch

Quelle: Radtke 2013, S. 102.

Die Markenidentität liefert somit eine Fülle von Ansatzpunkten, deren subjektive Wahrnehmung als Markenimage in den Köpfen der Rezipienten verankert ist. Dieser Zusammenhang sollte bei der Erhebung des Bereichs „Marke“ als Teil der EventMarken-Passfähigkeit einfließen, unter anderem bei der Erstellung eines adäquaten Messverfahrens.15 15 Es gibt zwei Gruppen von Verfahren, die zur Messung der Passfähigkeit zwischen Event und Marke eingesetzt werden: (1) Direkte Messmethoden wie die Single-Item-Analyse, die globale multiattributive Fit-Analyse sowie die ähnlichkeitsbasierte Fit-Analyse, (2) Indirekte Messmethoden wie die profilbasierte Fit-Analyse, die Netzwerkorientierte Fit-Analyse sowie die Wertebasierte Fit-Analyse. Für die ausführliche und vertiefende Beschreibung der einzelnen Messverfahren siehe Sturm 2011, S. 120ff., insbesondere S. 134ff.

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Bernd Radtke

3.4 Messverfahren der Event-Marken-Passfähigkeit In der Praxis wird für die Prüfung des oben erwähnten Image-Fits häufig die indirekte Methode der profilbasierten Fit-Analyse präferiert, die von der Annahme ausgeht, dass sich die Passfähigkeit nach der Ähnlichkeit relevanter Eigenschaftsmerkmale von Event und Marke bemisst. Hierbei wird in der Regel mit dem sogenannten semantischen Differential ein bewährtes Instrument der mehrdimensionalen, komponierenden Imagemessung eingesetzt, das im vorliegenden Kontext auch Imagedifferential genannt wird. Die visuelle Darstellung erfolgt in Form eines Polaritätenprofils. Die Auswahl der relevanten Merkmale/Attribute hat so zu erfolgen, dass diese sowohl für das Event als auch für die Marke nachvollziehbar abgefragt und beantwortet werden können (vgl. Sturm 2011, S. 120ff.; Köhler 2014, S. 114ff.). Wie erwähnt, ist bislang in der Literatur kaum beschrieben, wie die für die Messung verwendeten Attribute ausgewählt werden. Jedoch ist die richtige und vollständige a priori-Festlegung der relevanten Attribute, die für beide Objekte sinnhaft abfragbar sein müssen, eine entscheidende Voraussetzung, damit das Verfahren des Image-differentials valide eingesetzt werden kann, um eine Event-Marken-Passfähigkeit zu prüfen. Ein Ansatzpunkt hierfür ist die methodisch sauber erarbeitete und schriftlich fixierte Markenidentität – sofern vorhanden.16 Das Ausmaß der Passfähigkeit ergibt sich aus der Prüfung der Kongruenz der beiden Profile. Je stärker sich die Profilverläufe beider Objekte ähneln, desto größer ist der wahrgenommene Image-Fit (vgl. Drengner 2006, S. 177; Köhler 2014, S. 116). Ob dieser naheliegende und unterstellte lineare Zusammenhang jedoch überhaupt zielführend ist, wird im nächsten Kapitel dieses Beitrags thematisiert.

4 Maximale oder optimale Passfähigkeit für maximale Wirkungen? 4.1 Zwei Strömungen in der Markenfitforschung Innerhalb der Fachliteratur gibt es einen Dissens über die Beantwortung der Frage, welches Ausmaß des Markenfit bzw. der Event-Marken-Passfähigkeit zu einer maxi16 Die Rezipienten sollen dann ihre subjektiven Bewertungen hinsichtlich dieses vorab festgelegten Sets an relevanten Eigenschaftsmerkmalen für zunächst das eine Objekt, z. B. das Event, und danach für das andere Objekt, z. B. die Marke, auf einer fünf-, sechs- oder siebenstufigen Skala abgeben. Die Abfrage erfolgt somit getrennt, also indirekt und unabhängig voneinander. Hierbei werden die arithmetischen Mittel aller Probanden für alle Attribute für beide Objekte eingetragen. Durch die Verbindung der Mittelwerte ergeben sich die beiden Profilverläufe (vgl. Berekoven/ Eckert/Ellenrieder 2009, S. 75ff.; Homburg 2012, S. 306f.; Köhler 2014, S. 115).

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

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malen Kommunikationswirkung führt. Es sind zwei grundsätzliche Strömungen zu erkennen (vgl. Rippe 2017, S. 138, 156ff.; Sturm 2011, S. 2; Nitschke 2006, S. 31): (1) Publikationen unter der Annahme, dass eine maximale Ähnlichkeit zwischen Marke und Zielobjekt, z. B. einem Event, die maximale Wirkung entfaltet (vgl. Rippe 2017, S. 156ff.; Sturm 2011, S. 2; Nitschke 2006, S. 34). Abb. 3: Linearer Zusammenhang zwischen Markenfit und Kommunikationswirkung Stärke der Kommunikationswirkung

Optimale EventMarkenPassfähigkeit

Max.

Maximale Unähnlichkeit

Mittlere Ähnlichkeit

Maximale Ähnlichkeit

Ausmaß der Event-MarkenPassfähigkeit

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Rippe 2017, S. 159.

Es wird ein positiv-linearer Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Ähnlichkeit und der Wirkung des Markenfit unterstellt bzw. empirisch belegt. Dieser Strömung zufolge ist „das optimale Zielobjekt (…) das mit der stärksten Ähnlichkeit zur eigenen Marke.“ (Rippe 2017, S. 158). Rippe listet 23 Publikationen aus allen vier oben aufgeführten Anwendungsfeldern auf, die von einer maximalen Ähnlichkeit als Grundlage der maximalen Wirkung ausgehen. Darunter sind sechs Arbeiten im Bereich Kommunikation, wovon zwei sich mit dem optimalen Fit zwischen Marke und prominentem Testimonial und vier mit dem hier interessierenden optimalen Fit zwischen Marke und Sponsoring bzw. Event befassen.17

17 Diese vier Arbeiten stammen von Cornwell et al 2001, Drengner 2003; Roy/Cornwell 2003 sowie Grohs/Wagner/Vsetecka 2004 (vgl. Rippe 2017, S. 160). Ein Best Practice-Praxisbeispiel für diese Strömung, das aus einer Expertenbefragung des Verfassers der hier vorliegenden Arbeit im November 2017 stammt, ist das seit 1997 regelmäßig stattfindende und rund 50.000 Besucher anziehende Event „Steiff-Sommer“ der Marke Steiff am Stammsitz in Giengen/Brenz, unmittelbar neben dem architektonisch beeindruckenden Steiff-Museum.

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(2) Publikationen unter der Annahme, dass eine nicht-maximale Ähnlichkeit zwischen Marke und Zielobjekt, also z. B. dem Event, – die auch moderate, mittlere oder optimale Ähnlichkeit genannt wird – eine maximale Wirkung entfaltet (vgl. Rippe 2017, S. 161ff.; Sturm 2011, S. 46). Abb. 4: Nicht-linearer Zusammenhang zwischen Markenfit und Kommunikationswirkung Stärke der Kommunikationswirkung

Optimale EventMarkenPassfähigkeit

Max.

Maximale Unähnlichkeit

Mittlere Ähnlichkeit

Maximale Ähnlichkeit

0%

Bekannte Informationen

100%

100%

Neue Informationen

0%

Ausmaß der EventMarkenPassfähigkeit

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Rippe 2017, S. 163.

Eine gewisse, moderate Abweichung von Marke und Zielobjekt, gilt bei dieser Strömung als effektiver. „Das Ideal ist eine Mischung aus neuen und bekannten Informationen. Moderate Abweichungen zwischen Marke und Einstellungsobjekt gelten als anregend für die Wissensverarbeitung, sind aber ohne große kognitive Aufwände lösbar“ (Rippe 2017, S. 161; siehe auch Sturm 2011, S. 45).18 Rippe listet 13 Publikationen und Studien aus drei der vier aufgeführten Anwendungsfelder auf, die von einer nichtmaximalen, mittleren Ähnlichkeit als Grundlage der maximalen Wirkung ausgehen. Darunter sind wie bei der anderen Strömung ebenfalls sechs Arbeiten im Bereich Kommunikation, wovon sich ebenfalls zwei Arbeiten mit dem optimalen Fit zwischen

18 Gemäß der Lerntheorie führen weder vollständig bekannte noch vollständig neue Reize zu maximalen Wirkungen, hier zu den gewünschten Imagewirkungen. Eine maximale Wirkung wird beim „optimalen Verhältnis von bekannten zu neuen Reizen erreicht (vgl. Drengner 2006, S. 109ff.; Köhler 2014, S. 106).

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

79

Marke und prominenten Testimonial und vier Arbeiten mit dem hier interessierenden optimalen Fit zwischen Marke und Sponsoring bzw. Event befassen.19 Da es sowohl empirische Bestätigungen für eine maximale Ähnlichkeit als auch für eine nicht-maximale, mittlere Ähnlichkeit als Basis für eine maximale Kommunikationswirkung gibt, bedarf es einer weiteren Analyse dieses offenen Punktes (vgl. Rippe 2017, S. 166).20 4.2 Ansatz mit drei Passfähigkeitszonen Eine Vertiefung der „Nicht-maximalen-Ähnlichkeits“-Strömung liefert weitere Untergliederungen bzw. Zonen. Nitschke, Lasslop wie auch Rippe ermitteln drei Passfähigkeits-Zonen (vgl. Lasslop/Burmann/Nitschke 2007; S. 122f.; siehe hierzu auch Nufer 2012, S. 202f. sowie Rippe 2017, S. 113, 173, 214ff.):

19 Diese vier Arbeiten stammen von D`Astous-Bitz 1995; Jagre/Watson/Watson 2001; Nitschke 2006 sowie Ringe 2007 (vgl. Rippe 2017, S. 165f.). Ein Best Practice-Praxisbeispiel für diese Strömung, das aus einer Expertenbefragung des Verfassers der hier vorliegenden Arbeit im November 2017 stammt, ist das Event „Jazz Open“. Dies ist ein seit 1994 jährlich in Stuttgart stattfindendes Jazz-Festival, mit 5 Bühnen, über 40 Acts und rund 35.000 Besuchern, das mit großer Überzeugung von der Marke „Sparda-Bank“ gesponsert wird, die eine Bandbreite der EventMarken-Passfähigkeit zwischen 50% und 100% nicht nur als akzeptabel, sondern als wünschenswert hält. 20 Rippe berichtet von einem nachvollziehbaren und sinnvollen Versuch, diese beiden Strömungen und Denkansätze mithilfe der intervenierenden Variable des Involvement zu verbinden. Maoz/ Thibout weisen demzufolge auf Basis eines Gruppenexperiments mit 109 Probanden nach, dass bei Personen mit einem geringen Involvement eine stärkere Kommunikationswirkung bei einer maximalen Event-Marken-Passfähigkeit, hingegen bei Personen mit einen hohen Involvement eine stärkere Wirkung bei einer mittleren Event-Marken-Passfähigkeit erzielt wird (Rippe 2017, S. 170).

80

Bernd Radtke

Abb. 5: Zonenbezogener Zusammenhang zwischen Markenfit und Kommunikationswirkung Stärke der Kommunikationswirkung Max. Bandbreite der optimalen Event-Marken-Passfähigkeit Imageveränderung, Imagetransfer Bekanntheitsgradsteigerung 0

Imageintensivierung

Zone Unterer „zu kleiner SchwellenFit“ wert

Zone „Mittlerer Fit“

Zone Max. Oberer Schwellen- „zu großer Fit“ wert

0%

Bekannte Informationen

100%

100%

Neue Informationen

0%

Ausmaß der EventMarkenPassfähigkeit

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Lasslop/Burmann/Nitschke 2007, S. 123.

(1) Zone „Zu kleiner Fit“ - dieser Bereich wird auch “Schwere Inkongruenz“ genannt (Rippe 2017, S. 114): Hier ist die Passfähigkeit zwischen Event und Marke so gering, dass sie unterhalb einer gewissen „unteren Verknüpfungsschwelle“ bleibt, der Rezipient nicht ausreichend genug Verknüpfungen herstellen kann und es somit auch zu keiner Imageveränderung kommen kann; es tritt im besten Fall lediglich eine Steigerung des Bekanntheitsgrades ein (vgl. Lasslop/Burmann/Nitschke 2007, S. 122). (2) Zone „Zu großer Fit“ - dieser Bereich wird auch „Kongruenz“ genannt (Rippe 2017, S. 114): Hier ist der Event-Marken-Fit so groß, dass er oberhalb einer gewissen „oberen Verknüpfungsschwelle“ liegt und der Rezipient fast alle dargebotenen Reize bereits kennt und richtig zuordnen kann. Hier kommt es ebenfalls nicht zu einer Imageveränderung oder Imageneuaufbau, sondern lediglich zu einer Steigerung des Bekanntheitsgrades; das bestehende Markenimage wird bestenfalls intensiviert (vgl. Lasslop/Burmann/Nitschke 2007, S. 122f.). (3) Zone des „mittleren/guten/optimalen Fit“ - auch „Leichte Inkongruenz“ genannt (Rippe 2017, S. 114): Hier liegt der Event-Marken-Fit zwischen der unteren und der oberen Verknüpfungsschwelle, d. h. es ist sowohl ein aus-

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

81

reichender Teil neuer Reize vorhanden, um das Image zu verändern bzw. neu aufzubauen wie auch ein ausreichender Anteil bekannter Reize/passfähige Ähnlichkeiten, die das „Andocken“ der neuen Impulse an das vorhandene Imageschema ermöglichen. In diesem Fall ist ein Imagetransfer vom Event zur Marke (oder umgekehrt) realisierbar, d. h. die hinreichende Bedingung ist erfüllt. Ferner ergibt sich auch eine Steigerung des Bekanntheitsgrades (vgl. Lasslop/Burmann/Nitschke 2007, S. 122f.). 4.3 Versuch der Quantifizierung von Schwellenwerten für die drei Zonen Die Strukturierung der Ähnlichkeit in drei Zonen erscheint plausibel und der Verfasser dieser Arbeit folgt ihr. Die Frage, die sich konsequenterweise stellt, lautet: Kann man den unteren und den oberen Schwellenwert fundiert quantifizieren? Rippe entwickelt ein konzeptionelles, jedoch nicht empirisch überprüftes Messmodell für den Markenfit im Rahmen einer strategischen Marken-Due-Dilligence, das bei Merger & Acquisitions-Transaktionen von Käufer- und Zielmarke zum Einsatz kommen soll (vgl. Rippe 2017, S. 69). Hierbei kommt er nach einer umfangreichen Literaturauswertung zum Ergebnis, grundsätzlich dem Vorschlag von Lasslop sowie Nitschke mit einer symmetrischen Drei-Zonen-Einteilung zu folgen21 und die mittlere Ähnlichkeit (50 %) als wirkungsoptimalen Wert zu nehmen. Er ergänzt jedoch aufgrund von Experteneinschätzungen diese Variante mit der konkreten Quantifizierung des unteren Schwellenwertes in Höhe von 33,3 % (Unteres Terzil) und des oberen Schwellenwertes in Höhe von 66,7 % (Oberes Terzil). Gleichwohl konstatiert er, dass diese Werte zum einen nur für den Anwendungsfall „Markenfit-messung bei Merger & Acquisitions-Transaktionen“ und nicht für alle Markenfit-Anwendungsfelder gelten, und zum anderen in ihrer konkreten Ausprägung weiter untersucht und empirisch überprüft werden sollten (vgl. Rippe 2017, S. 173, 193 und 224f.).

a)

b) Sturm führt 2009 eine empirische Studie über die Event-Marken-Passfähigkeit von 104 Eventobjekten bei 254 Studenten durch. Er wendet die globale Fit-Abfrage an und verwendet hierbei eine 5-stufige Skala. Den Grenzwert für einen „hohen Markenfit“ legt er selbst bei 4,0 fest, d. h. bei einer Ähnlichkeit von 80 %; den Grenzwert für einen „niedrigen Markenfit“ legt er bei 3,0 fest, d. h. bei einer Ähnlichkeit von 60 %

21 Später verfeinert er die drei Zonen zu insgesamt sieben Zonen (vgl. Rippe 2017, S. 193).

82

Bernd Radtke

(vgl. Sturm 2011, S. 220ff.). Er wählt also eine nicht-symmetrische Strukturierung mit einem unteren Schwellenwert von 60 % und einer oberen Schwellenwert von 80 % für die drei Zonen.22 c) Hermanns/Schlattmann/Schubert erstellen 2010 eine empirische Analyse über den Image-Fit im Motorsportsponsoring. Bei einer Stichprobe von 865 Zuschauern führen sie eine schriftliche Befragung bzw. eine multiattributive Analyse durch. Sie erheben zehn Imagekriterien für mehrere Untersuchungsobjekte (Marke Red Bull und zwei gesponserte Fahrer der DTM Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft). Bei der Auswertung findet die transformierte euklidische Distanz Anwendung. Die Forscher teilen die ermittelten Imagefitwerte in sieben Bereiche ein (vgl. Hermanns/Schlattmann/ Schubert 2013, S. 25ff.). Abb. 6: Sieben detaillierte Markenfit-Zonen Transformierte euklidische Distanz

0

Interpretation des Nicht vorhanImage-Fit den

> 0 bis 0,2

> 0,2 bis 0,3

> 0,3 bis 0,7

> 0,7 bis 0,8

> 0,8 bis 0,99

1

sehr niedrig

niedrig

mittel

hoch

sehr hoch

Maximal

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Hermanns/Schlattmann/Schubert 2013, S. 25.

Hierbei können, um eine Vergleichbarkeit mit den Zonen von Sturm herstellen zu können, drei Zonen zusammengefasst werden: (1) Zone hoch/sehr hoch/maximaler Fit mit Werten über 0,7 bzw. 70 %, (2) mittlere Zone mit Werten zwischen über 0,3 (bzw. 30 %) bis 0,7 (bzw. 70 %), und (3) Zone niedrig/sehr niedrig/nicht vorhanden mit Werten bis 0,3 bzw. 30 %. Die Forscher wählen also eine nicht-symmetrische Strukturierung mit einer unteren Grenze von 30 % und einer oberen Grenze von 70 % für die drei Zonen (vgl. Hermanns/Schlattmann/Schubert 2013, S. 25).23

22 Die Ergebnisse seines Treatment-Checks fördern insgesamt bei allen abgegebenen Beurteilungen einen Minimalwert von 2,06 (entspricht einer Ähnlichkeit von 41,2%), eine Maximalwert von 4,82 (Ähnlichkeit von 96,4%) sowie einen Mittelwert von 3,49 (Ähnlichkeit von 70%) zu Tage (vgl. Sturm 2011, S. 222 f.). 23 Im Ergebnis finden sich bei der Untersuchung für die Kombination Marke Red Bull und Fahrer 1 sowie Marke Red Bull und Fahrer 2 Imagefitwerte zwischen 0,82 (entspricht 82%) und 1 (entspricht 100%) (vgl. Hermanns/Schlattmann/Schubert 2013, S. 29.

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

83

5 Neue empirische Untersuchung zur Event-Marken-Passfähigkeit Um weitere Erkenntnisse zur Beantwortung der eingangs gestellten Fragen zu sammeln, entschied sich der Verfasser dieses Beitrags eine empirische Studie zu erstellen, die eine bislang vernachlässigte Perspektive aufgreift: Die der Führungspersonen von Eventagenturen, die tagtäglich das Problem der Event-Marken-Passfähigkeit professionell und erfolgreich zu lösen haben. Das Ziel der Studie bestand darin, ein erstes Stimmungsbild zum Thema Event-Marken-Passfähigkeit aus Sicht der Eventagenturen zu Tage zu fördern. Es wurde im Zeitraum 25.9. bis 2.10.2017 eine Online-Befragung mit neun Fragen bei einer Stichprobe von 107 Eventagenturen aus ganz Deutschland, deren Geschäftsführer einen Link mit dem Fragebogen erhielten, durchgeführt.24 Themenbereiche der Befragung waren die Wichtigkeit der Event-Marken-Passfähigkeit und die Häufigkeit, Art und Güte der von den Auftraggebern gelieferten Markeninformationen. Des Weiteren wurden das von den Auftraggebern geforderte Ausmaß der EventMarken-Passfähigkeit sowie die Einschätzung der Eventagenturexperten zur optimalen Event-Marken-Passfähigkeit bzw. deren Untergrenze erhoben. Abschließend wurden Fragen zur Messung der Event-Marken-Passfähigkeit in der Praxis gestellt. Die Rücklaufquote betrug überdurchschnittliche 15,9 %, was in absoluten Zahlen eine effektive Stichprobe von 17 Eventagenturen bedeutet, die zusammen die große Zahl von rund 1.200 Events p. a. organisieren und im Durchschnitt 71 festangestellte Mitarbeiter haben, d. h. eine gewisse Praxisexpertise als Basis der Antworten kann unterstellt werden. Hier ausgewählte Ergebnisse der Erhebung: Erfreulich ist, dass die Eventagenturen in über 82 % ihrer Projekte Informationen vom Auftraggeber über die Markenidentität der Auftraggeber-Marke erhalten, was der von Rippe angesprochene theoretische Problematik aus Sicht der Praxis, zumindest aus der Perspektive der Eventagenturen, entgegen tritt (n = 17).

24 Diese Stichprobe setzt sich zusammen aus den größten Eventagenturen Deutschlands, Eventagenturen, die Partnerunternehmern der dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg sind sowie ausgewählte Agenturen des FAMAB.

84

Bernd Radtke

Abb. 7: Erhebungsergebnis: Inhalt der Information über die Marke durch den Auftraggeber

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

88,2%

82,4% 64,7%

64,7% 52,9% 41,2%

41,2% 23,5%

Quelle: Eigene Darstellung nach eigener Erhebung (2017).

Bemerkenswert ist jedoch, in welcher Art und Güte die Informationen über die Markenidentität vermittelt werden. Immerhin 41 % berichten, dass sie die Markenidentitätsinformationen relativ unstrukturiert erhalten. Und zumindest auf den ersten Blick völlig überraschend ist, dass die vier bekannten wissen-schaftlichen Markenidentitätsmodelle von Kapferer, Aaker, Burmann sowie Esch in der Eventpraxis nicht angewandt werden - zumindest aus der Wahrnehmung und Kenntnis der Stichprobe der teilnehmenden Eventagenturen (n=17).25

25 Dem Verfasser dieser Arbeit ist bewusst, dass das Ergebnis der Befragung durchaus vielerlei Gründe haben kann, und dass bei Befragung der Markenunternehmen selbst, die die Eventagenturen beauftragen, sich ein völlig anderes Bild ergeben kann.

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

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Abb. 8: Erhebungsergebnis: Strukturiertheit der Markenidentitätsinformationen

45% 40%

41,2% 35,3%

35% 30% 25% 17,6%

20% 15% 10% 5%

5,9% 0,0%

0,0%

0,0%

0,0%

0%

Quelle: Eigene Darstellung nach eigener Erhebung (2017).

Nur bei 18 % aller Projekte wird die Event-Marken-Passfähigkeit tatsächlich gemessen - so zumindest die Aussage und der Kenntnisstand der teilnehmenden Eventagenturen (n = 16). Das mit weitem Abstand am häufigste angewandte Messverfahren ist die Multiattributiv-Analyse (67 %), gefolgt von der Single-Item-Analyse (13 %) und dem Imagedifferential (7 %). 20 % der Befragten konnten zu der Frage nach dem Messverfahren keine Auskunft geben (n = 15). Nach Meinung der befragten Eventexperten wird ein bestmöglicher Imagetransfer bei einer Event-Marken-Passfähigkeit von 84 % erreicht, was somit den Optimal-wert darstellt (n = 10). Bei der Frage nach der Untergrenze für die Event-Marken-Passfähigkeit, ab der ein Imagetransfer überhaupt ermöglicht wird, ergeben die Antworten der teil-nehmenden Eventagenturen einen Wert von 52 % (n = 15).

86

Bernd Radtke

Als Konsequenz aus den Antworten ergibt sich folgender Zusammenhang zwischen der Stärke der Kommunikationswirkung und dem Ausmaß der Event-MarkenPassfähigkeit: Bis zu einem Wert von 52 % dürfte sich überhaupt keine Kommunikationswirkung zeigen, da die wahrgenommene Ähnlichkeit zu gering ist. Ab einer Event-Marken-Passfähigkeit von 52 % (unterer Schwellenwert) steigt die Stärke der Kommunikationswirkung bis zum Wert von 84 % für die Event-Marken-Passfähigkeit an, was den Optimalwert darstellt. Danach fällt bis zur maximalen Event-MarkenPassfähigkeit von 100 % die Stärke der Kommunikationswirkung wieder ab – ob sehr stark bis auf den Wert von 0 oder nur geringfügig, konnte empirisch nicht geprüft werden. Den theoretischen Grundlagen der Lerntheorie folgend, wird hier angenommen, dass der Wert bis auf 0 sinkt. Daraus ergibt sich folgendes Schaubild: Abb. 9: Asymmetrischer Zusammenhang Event-Marken-Passfähigkeit und Kommunikationswirkung

Quelle: Eigene Darstellung nach eigener Erhebung (2017).

6 Fazit und Ausblick Die von Rippe theoretisch aufgeworfene Markenproblematik (vgl. Rippe 2017, S. 139) zeigt sich auch in der Eventpraxis, jedoch aus einem anderen Blickwinkel. Das Problem scheint nicht zu sein, dass das Thema Markenidentität, vor allem als Basis für die Kreation eines validen Messverfahrens wie eines Imagedifferentials oder eine Multiattributiv-Messung, nicht besprochen und keine Informationen darüber zur Verfügung gestellt werden, sondern die Güte und Strukturiertheit der Marken-

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

87

identitätsinformationen. Insbesondere verwundert, dass aus der Perspektive der Eventagenturen die vier (scheinbar) bekannten wissenschaftlichen Markenidentitätsmodelle (scheinbar) nicht angewendet werden. Auf jeden Fall ist die Wissenschaft aufgerufen, noch viel aktiver auf die Existenz und die nutzenstiftende Anwendung wissenschaftlich fundierter Modelle hinzuweisen und konkrete Praxisbeispiele zu erarbeiten und zu publizieren. Diese Schlussfolgerung gilt auch genauso für die Anwendung wissenschaftlich fundierter und erprobter Messverfahren wie z. B. des Imagedifferentials. Hier scheint noch deutlicher Aufklärungsbedarf zu sein – nicht nur, welches Verfahren wie zum Einsatz kommen kann, sondern dass überhaupt gemessen wird. Hier ist jedoch nicht nur die Wissenschaft gefragt, sondern die jeweiligen Führungspersonen in den Markenunternehmen oder auch Marktforschungsinstitute. Bezüglich des Ausmaßes der Event-Marken-Passfähigkeit für die maximale Kommunikationswirkung lassen sich – bei aller gebotener Zurückhaltung angesichts des explorativen Charakters, der fokussierten Zielgruppe und des begrenzten Datenumfangs der Untersuchung – gewisse Tendenzen ableiten und Thesen aufstellen, die es zukünftig zu überprüfen gilt:  Insgesamt betrachtet, scheint – zumindest aus Sicht der Eventagenturen – ein nicht-linearer Zusammenhang zwischen Event-Marken-Passfähigkeit und Kommunikationswirkung wahrscheinlicher zu sein als ein linear-positiver.  Innerhalb dieses nicht-linearen Zusammenhangs hat die „Drei-ZonenTheorie“ eine gewisse Bestätigung erhalten.  Des Weiteren gibt es durch diese Untersuchung neue und erstmalig empirische Hinweise, dass eine nicht-symmetrische Strukturierung der EventMarken-Passfähigkeit, also eine z. B. schiefe Verteilung gegeben – und auch plausibel – sein könnte.  Die optimale Event-Marken-Passfähigkeit, bei der die stärkste Kommunikationswirkung eintritt, dürfte demzufolge nicht in der Mitte bei 50 % liegen, sondern deutlich höher sein – laut der vorgestellten Erhebung bei über 80 %.  Wie stark sich die Kommunikationswirkung bei einer Event-MarkenPassfähigkeit über 80 % wieder absenkt, lässt sich kaum sagen.

88

Bernd Radtke  Der untere Schwellenwert der Event-Marken-Passfähigkeit, ab dem überhaupt eine Kommunikationswirkung eintritt, könnte einen erstaunlich hohen Wert einnehmen, eventuell sogar über 50 %.

Schlussfolgerung: Die Bandbreite der Event-Marken-Passfähigkeit innerhalb der eine vom Auftraggeber bzw. der Marke akzeptierte Kommunikationswirkung eintritt, ist relativ klein. Sie erfordert eine sehr hohe Eventexpertise, Zielgruppen- und Markenkenntnis, um das Event erfolgreich durchführen zu können. Die vorgestellte Arbeit, insbesondere die explorative empirische Studie brachte einige neue Hinweise, denen weiter nachgegangen werden sollte. Der Verfasser beabsichtigt, dieses Thema weiter zu bearbeiten und u. a. weitere Erhebungen, z. B. mit Markenunternehmen als Eventauftraggebern durchzuführen. Ebenfalls erscheint es sinnvoll, weitere, in der Literatur diskutierte Determinanten der Event-Marken-Passfähigkeit, wie das Involvement, die Markenstärke oder Emotionen in die Überlegungen mit einzubeziehen (vgl. Sturm 2011, S. 55ff.; Rippe 2017, S. 169ff.).

Optimale Event-Marken-Passfähigkeit

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Stefan Luppold User Conferences: Der Beitrag von Anwendertagungen zum Aufbau von Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikations-Potenzialen einer Marke 1

Abstract

2

Marken und Markenkommunikation im Wandel

3

4

2.1

Klassische Markenkommunikation

2.2

Events und Kollaboration

User Conferences 3.1

User Conferences als Begegnungsort

3.2

Die neuen User Conferences

Aufbau von Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikationspotenzialen einer Marke 4.1

Differenzierungspotenzial

4.2

Positionierungspotenzial

4.3

Identifikationspotenzial

4.4

Side Effects

5

Übertragbarkeit

6

Praxisbeispiel

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1 Abstract Marketing-Events sind für uns – in der Regel sehr eng – mit den kommunikationspolitischen Zielen von Unternehmen und deren Produkten und Marken verbunden (auch im Sinne einer integrierten Kommunikation, vgl. hierzu z. B. Bruhn 2016a, S. 242ff.). Im kommunikationspolitischen Mix (vgl. u. a. Bruhn 2016b, S. 25ff.) wirken klassische und Below-the-Line-Instrumente (und zur Ergänzung je nach definitorischer Grundlage auch Around-the-Line-Instrumente) synergetisch und/oder substitutiv zusammen. Dass aber Live-Kommunikation im Kontext von partizipativer Produktpolitik sowie hoher Kunden- und Marktnähe auch Markenimplikation aufweist, ist weitgehend unbekannt, scheint zufällig zu sein – und ist häufig noch den Erfindern des Formats „Anwendertagung“, den Unternehmen der Software-Branche, vorbehalten (zu Veranstaltungsformaten im Überblick vgl. Bühnert 2013 und Bühnert 2017). Dieses Multi-Wirkungsbündel steht jedoch in Zeiten einer Markendemokratisierung für grundsätzlich alle Wirtschaftsbereiche als Werkzeug der Markenkommunikation zur Verfügung: Marken und Markenkommunikation wandeln sich, aus einer monologischen Übermittlung von Markenattributen über klassische Kanäle erwächst eine demokratische und Community orientierte dialektisch geprägte Markenbildung. User Conferences oder Anwendertagungen dienen vordergründig der Weiterentwicklung von Produkten durch die Nutzung der Kunden-Kompetenz; hier geschieht jedoch, geplant oder ungeplant, auch eine Weiterentwicklung der Marke bzw. des Markenimage. Dies Wirkung ist wahrnehmbar (zu Marke, Markenidentität und Markenführung vgl. u. a. Esch 2018 und Radtke 2014).

2 Marken und Markenkommunikation im Wandel Die Veränderungen sind vielschichtig. Wir erleben durch die steigende Relevanz von Live-Kommunikations-Elementen eine größere Nähe zwischen den Märkten, zum Teil ja auch sehr bewusste Begreifbar-Machung von Marken im direkten Wortsinn. Begegnungskommunikation, direkte Wirtschaftskommunikation, sind ebenso die Plattform dafür, dass Marken zum Teil als Reflexionsfläche ihrer Community, als Ausdruck ihres sozialen Willens verstanden werden – und so auch wirken (vgl. u. a. Esch 2018). Unter anderem war es Stephan Sonnenburg (vgl. Sonnenburg 2009), der in diversen Beiträgen diese Abnahme von Distanz, diese Demokratisierung im Markenbildungsprozess beschrieben hat: Masse macht Marke, im Fall einer digital geprägten Markenführung. Dort wird wie folgt argumentiert:

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„Für eine erfolgreiche Markenführung [...] muss sich die unternehmerische Markenkommunikation den Konsumenten gegenüber öffnen und sie in die Prozesse der Markenbildung einbeziehen. In Anlehnung an den Titel dieser Publikation kann man davon sprechen, dass sich zukünftig Marken immer stärker in einer Art Schwarm von Akteuren entwickeln. Anstatt Swarm Branding zu fürchten, sollte ein Unternehmen Teil dieses Schwarms werden, um positive Effekte für die eigene Wahrnehmung bei den Kunden zu erreichen.“ (Burgold/Sonnenburg/Voß 2009, S. 17) 2.1 Klassische Markenkommunikation Im Kontext von „Events und Marken“ denken und handeln wir verständlicherweise sehr klassisch: Events mit allen Charakteristika (u. a. multisensorische Ansprache und erlebnisorientierte Kommunikationsbotschaft) werden bemüht, um Marken(-Inhalte) zu übermitteln. Im Vordergrund stehen Wesensmerkmale wie Identifikation und Kommunikation. Zielgerichtet auf den Beitrag zur Verankerung eines Markenwerts in den Köpfen der Konsumenten und mit abgestuften Ausprägungen eines Strategiebündels (Bekanntmachung, Information, Imageprofilierung, Konkurrenzabgrenzung etc.) zur Schaffung von Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikations-Potenzialen (vgl. Esch/Möll 2005, S. 63). Insofern bedienen wir uns der Marketing-Events (siehe hierzu insbesondere den Aspekt der Imagewirkungen – vgl. Drengner 2009) mit einem stark ausgeprägten Fokus auf Marken – und das wird auch in den Kommunikationsmaßnahmen transportiert, die Unternehmen oder Produkte fokussieren. Gleichzeitig stellen wir fest, dass diese Kommunikation saturiert ist: Low Involvement steht für übersättigte Rezipienten und einen sinkenden Grenzertrag der Markenkommunikation. 2.2 Events und Kollaboration Das Miteinander, die Verankerung von Erlebnissen durch aktive Teilhabe, die Inszenierung von kollaborativen, partizipativen und interaktiven Elementen sind bezeichnend für die Weiterentwicklung einer mehr konsumtiven Eventkonzeption (vgl. Fremer/Naughton 2017). Bereits aus den Ausführungen von Gilmore und Pine (vgl. u. a. Pine/Gilmore 2000) wissen wir um die „Experience Economy“ und die Typisierung in vier Erlebnisbereiche. Orientiert an dem Status Quo von Informationsüberfrachtung und Low Involvement verstehen wir, dass der Erlebnisbereich „Aktive Immersion“ besondere Ansatzpunkte für eine Beteiligung – z. B. als temporärer Automobildesigner oder dauerhafter Orangenplantagenanteilsbesitzer – bietet.

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Ob nun in einem konkreten Projekt und im Kontext eines Co-Creation-Prozesses oder einer Crowdfunding-Kampagne – oder dann den im nächsten Abschnitt beschriebenen User Conferences: eine Wirklichkeitsflucht mag den höchsten Grad von kommunikativer Offenheit und potenzieller Nachhaltigkeit der Wirkung bestimmen. Und schließlich die Prosumer als Ausprägung einer dreidimensionalen Wertschöpfungskette, denen hier eine Rolle zukommt. Die Demokratisierung der Marke impliziert ein höheres Involvement der Beteiligten – dort auch, ganz besonders, der Kunden und Käufer. Sie stehen für Markenwerte, senden als Marken-Leuchttürme Signale (im Sinne von reliablen Marken-Attributen) aus und erhöhen die Zahl derer, die dann als „Masse“ die „Marke machen“. Eine digital geprägte Markenführung lebt zunehmend von den tradierten Instrumenten früherer absatzwirtschaftlicher Ansätze: dem Empfehlungsmarketing (vgl. u. a. Kreutzer/Land 2017, S. 36; Mayer-Johanssen 2017, S. 27). Beispielsweise Likes einen Reiseveranstalter betreffend, Shares des Angebots zur Crowdfunding-Kampagne eines EMobility-Startups – und Rezensionen über ein neues Waschmittel sind Aussaaten eines Swarm Branding, das eindeutig Markenrelevanz hat (vgl. Kreutzer/Land 2017, S. 18 u. S. 39). Daneben sehen wir die Rückkehr von rein digitalen Marken in eine analoge Präsenz; ob Mode, Müsli oder Computer – wir finden Flagship Stores und Brand Lands, die eine zunächst virtuell aufgebaute Marke anders erlebbar machen, die eine Reduzierung der Distanz zur Marke ermöglichen und in diesem Kontext die Relevanz der Live Communication spiegeln. (vgl. Zimmermann 2017, S. 52). Der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA) betont in seinen Publikationen immer wieder, dass Messen ein Instrument im MarketingMix sind und nicht einer Beschränkung auf die Kommunikationspolitik unterliegen. Ein Teilargument für diesen Ansatz bildet der Hinweis auf produktpolitische Implikationen – Aussteller finden Testmärkte vor, erhalten Hinweise auf Produktmerkmale, erfahren direkt etwas zu Innovationen, gestalten mit Prototypen Szenarien für die Märkte und so weiter. Hier ist die Brücke zwischen Marktkommunikation und Events – und dem Ansatz spezifischer und auf die Produktpolitik ausgerichteter Kommunikation (vgl. z. B. AUMA 2017).

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3 User Conferences 3.1 User Conferences als Begegnungsort User Conferences – oder Anwendertagungen – gibt es seit mehreren Jahrzehnten. Sie dienen in der Regel einem Austausch von Kunden und Lieferanten, insbesondere von Software-Anwendern und Softwareanbietern, und sind sehr produkt- und damit funktions-, leistungs- oder merkmalsbezogen. Bekannte Beispiele unserer Zeit sind die Veranstaltungen von SAP, wie etwa deren „Sapphire Now“ als größte Kundenkonferenz des Konzerns (im Mai 2017 in Orlando/USA mit rund 20.000 Teilnehmern). Der Fokus liegt hier auf der Weiterentwicklung bestehender (Software-)Produkte im direkten Austausch mit den Anwendern. Je nach Innovationszyklus finden solche Veranstaltungen jährlich in großer und unterjährig in kleinerer Zusammensetzung statt. Je nach Grad der Kollaboration stellen die Unternehmen neue Funktionen vor („Lernen“) oder erarbeiten eine Liste der zukünftig geforderten (Meinungsbildung, Priorisierung). Hier finden sich mehrere Attribute einer engen Bindung:  Die direkte Begegnung auf Augenhöhe als Symbol der Wertschätzung;  die Übertragung von Kompetenzen auf Kunden durch (Mit-)Bestimmung bei der Festlegung zukünftiger Produktausprägungen;  die Schaffung einer besonderen Position der Teilnehmer im Vergleich zu anderen (Kunden und Interessenten) durch eine Vorinformation (Preview, Beta-Tester etc.). User Conferences sind arbeitsorientiert – klare Abläufe und Ziele sowie der Wunsch nach einem hohen Interaktionsgrad sind typisch, bestimmen die Agenda und sprechen letztlich für eine objektivierte und eher nicht an klassische Events angelehnte Architektur der Veranstaltung. Daher wurden andere Wirkungen von User Conferences in der Regel weder mit geplant noch deren zufälliges Auftreten untersucht. (vgl. hierzu Luppold 2015) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass User Conferences mit einer produktpolitischen Orientierung ausgestattet sind, die keine Wirkungssynergien beabsichtigt. User Conferences unterstützen eine rein lineare Innovationsfolge, also mehr die zyklische

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Verbesserung eines Produkts und keine Breakthrough-Innovationen (Hüther/Quarch 2016, S. 31). Diese Zyklen sind bedarfsorientiert und somit auf den Nachfragermarkt bzw. die Gruppe der Kunden oder Anwender ausgerichtet. Interessant ist die Diskussion, wer von User Conferences profitiert. Offensichtlich Anbieter und Nachfrager gleichermaßen – oder Hersteller und Kunden, Lieferant und Anwender, da sie gemeinsam (mit geteiltem Aufwand, mit vereinten Kräften) an der Weiterentwicklung arbeiten. Bleibt festzuhalten, dass ein Ungleichgewicht (zu viel Last auf den Anwendern ohne Unternehmens-Input oder zu wenig Einbeziehung der Kunden(wünsche) und damit ein Beteiligungs-Fake) keine langfristige Wirkung entfalten kann – und damit auch keine Relevanz für eine Betrachtung im Kontext von für die Marke wirksamer Effekte hat. User Conferences sind der „Dinosaurier“ unter den kollaborativen Plattformen; sie existieren teilweise seit mehreren Jahrzehnten, dort allerdings bevorzugt im Bereich von Softwareanbietern. So ist dieses einerseits sehr traditionelle Instrument als Teilkomponente der betrieblichen Produkt-Politik andererseits auch nur sehr selektiv im Einsatz. 3.2 Die neuen User Conferences Das zentrale Element einer User Conference ist die Diskussion über und das Ranken von Produktanforderungen. Im fachlichen Austausch der Anwender kann auch über eine Timeline für neue Produkt-Releases gesprochen oder das erarbeitete priorisierende Ranking abgestimmt werden. Neben dem Blick auf zukünftige Produkt- bzw. Leistungselemente wird das neue, vielleicht bislang nur angekündigte und nach der User Conference dann freigegebene Produkt vorgestellt. Ein Test-Track kann es Kunden ermöglichen, noch vor der offiziellen Freigabe die angekündigten neuen Funktionen auszuprobieren. Diese Arbeitsorientierung bleibt, aber ein Mix an weiteren Formaten (und damit Zielen) entsteht. Die User Conference ist gleichzeitig Messe, Matchmaking-Plattform, Job-Markt, Akkreditierungsinstanz – und ein „Festival der Marke“. Verständlich aus dieser Perspektive, dass es inhaltlich um ein „noch besser machen“ geht, eine Steigerung von Qualität, ein Absichern der Spitzenposition. (vgl. zu Matchmaking Hagen 2017; Hagen/Luppold 2017) Ein gestalterisches Element mehrtägiger Konferenzen ist der Galaabend. Er gehört auch zu User Conferences, ist er doch Ausdruck von Wertschätzung den Teilnehmern

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gegenüber – und gleichzeitig eine Feier des inneren Zirkels, in gewisser Weise ein Gottesdienst der Glaubensgemeinschaft. Vertieft und ausgebaut werden an einem solchen Abend auch alle Beziehungen, die bereits vorhanden sind – oder gerade erst, im Rahmen von ein Matchmaking unterstützenden Veranstaltungsteilen, generiert wurden. Dies bezieht sich sowohl auf das Netzwerk der Kunden untereinander als auch auf die Kontakte zwischen Kunden und Unternehmensvertretern. Mit den Worten von Stephan Sonnenburg dann „Brands are like Barbecues!“ (Sonnenburg 2010) Gemeinschaft, verdiente Belohnung, gemeinsames Befriedigen der Grundbedürfnisse essen, trinken, reden: die Marke dankt für Verbundenheit und Mittun! Ein Blick in eine fernere Zukunft kann durch User Conference-Elemente wie Prototyping hergestellt werden. Die Entwickler gewähren einen Einblick in Prototypen, die zukünftige Erweiterungen und generelle Release-Wechsel kennzeichnen (Exklusivität, Impuls zum individuellen Reflektieren, Level des Miteinander wird betont): die langfristige Entwicklung wird offenbart, der Kunde zum Fast-Geheimnisträger gemacht, die Marke dankt und zeigt ihr Zukunftspotenzial. Oder aber: Gemeinsam mit den Teilnehmern werden (dann in der Regel gedankliche) Modelle entwickelt, die etwa neue Plattformen betreffen. In der Softwarebranche, die, wie eingangs erwähnt, klassischer Nutzer von User Conferences ist, wäre dies beispielsweise die Frage nach Technologie-Plattformen (von Client-Server zu Cloud). Denkbar, wenn auch problematisch, ist die Integration von potenziellen Kunden: Sie erfahren direkt die Kundennähe und aktive Einbindung, was gegebenenfalls der letzte und damit entscheidende Aspekt für einen Kauf bedeuten kann. Herausfordernd ist es, dies der Community zu vermitteln – deren Exklusivität ein besonderes Attribut darstellt. Letztlich ist es gerade die als Grundlage zu verstehende Rationalität solcher Veranstaltungen, die eine Absorption von Wirkungsteilchen zur Markenpositionierung beiträgt.

4 Aufbau von Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikationspotenzialen einer Marke Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen und übernehmen eine Differenzierungs- und Identifkationsfunktion. Sie schaffen Präferenzen und sind letztlich, auch in Verbindung mit der Positionierungsfunktion einer Marke, prägend für das Wahlverhalten (vgl. Esch 2005; Esch 2018).

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Darüber hinaus unterstützen Differenzierungs-, Positionierungs- und IdentifikationsWirkungen im Kontext bestehender Kunden deren Beziehung und Loyalität dem Unternehmen bzw. der Marke gegenüber – und fördern die positive Rolle der Referenzfunktion, des Multiplikators, der sogenannten Advocacy (beispielsweise im Modell einer Customer Journey als letztes Touchpoint-Cluster). Sie sind somit relevant für virale Effekte, für Word-of-Mouth-Ansätze und für Swarm Branding. 4.1 Differenzierungspotenzial Ganz offensichtlich ist, dass eine Integration von Kunden in Themen wie die Produktweiterentwicklung nicht nur Kompetenzen abruft, sondern damit auch das Markenbild prägt und gegenüber anderen Marktbegleitern eine Differenzierung herstellt. Hinsichtlich Erwartungshaltung und Anspruch an Aktualität und Modernität von Produkten und deren Merkmalen können Innovationszyklen adaptiert werden – und zwar so, dass sie der User-Perspektive entsprechen. Damit wird das Statement eines kundenbezogenen und nicht eines unternehmensinitiierten (und auf dessen Belange optimierten) Fortschritts in den Vordergrund gestellt, kommuniziert und als Bestandteil der Marke aufgenommen. Fraglos auch ein Differenzierungsmerkmal gegenüber anderen Anbietern. Ob nun, wenn es um die Weiterentwicklung bestehender Produkte geht, immer das realisiert wird, was tatsächlich auch den aus Sicht der Kunden objektiven Bedarf widerspiegelt, ist strittig. Nicht aber dann, wenn es die Kunden selbst sind, die dies determinieren: so wird eine Passung zu Aktualität und Anforderung sichergestellt, die sich überwiegend an dem orientiert, was auf der Nachfrager- bzw. Anwender- oder Kunden-Seite als erforderlich angesehen wird. 4.2 Positionierungspotenzial Wer seine produktpolitischen Aktivitäten nicht nur auf den Markt ausrichtet, sondern von dort mitbestimmen und mitsteuern lässt, kann sich in einer besonderen Art und Weise als Innovationsführer bezeichnen. Es zählt nicht das (technisch) Machbare, sondern das Relevante! Damit wird eine Positionierung der Marke unterstützt, die auch ein klares Signal an den Markt gibt: unsere Produkte sind und bleiben aktuell. Eine durch User (mit-)gesteuerte Weiterentwicklung von Produkten schafft im besten Fall einen Marktstandard. Durch das Teilen von Wissen, Erfahrungen Anforderungen und Bedürfnissen entsteht eine Grundgesamtheit an Attributen, die ein Produkt als zumindest für den Großteil der Branche beste Variante zeigen. Hier findet sich ein Sharing-Ansatz: man gibt und bringt sich ein, erhält dafür ein zwar nicht exklusives

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aber bestes Produkt! Auch hier: definitives Potenzial zur besonderen Positionierung – als Marktstandard. Das Zusammenwirken von Kunden und Lieferanten am Markt wird durch User Conferences partiell von Stärken-Schwächen- oder Angebots-Nachfrage-Herausforderungen entkernt: gemeinsames Schaffen, hin auf ein gemeinsames Ziel, entspricht vielmehr einem Genossenschafts-Charakter. Produkte, Unternehmen und Marke entwickeln sich hin zu einer Gattungsmarke. 4.3 Identifikationspotenzial Ob Co-Creation oder Crowdfunding: ein bestimmtes Maß an Mitbestimmung (oder gefühlte Selbstbestimmung) wird zunehmend Hygienefaktor im Spiel der Marktkräfte. Als Produkt-Marken-Muss (und nicht -Kann!) definierte es die Position des Unternehmens erwartungs-adäquat, unterstützt so die Identifikations-Kraft der Marke und der Marken-Community. Nicht nur die klassischen Ausrichter von User Conferences, die Unternehmen der Software-Branche, reagieren auf den Vertrauensgut-Charakter dieser intangiblen Produkte. Auch alle Dienstleister und Hersteller von Produkten mit einem (hohen) Dienstleistungsanteil postulieren durch die Einbindung von Kunden ein QualitätsSelbstverständnis, das in einem Vertrauensgut-Charakter-Szenario positive Effekte zeigt. Damit positioniert sich die Marke – und gleichzeitig bietet sie ihren MarkenFans und anderen Protagonisten die Chance, sich mit zu positionieren. Schließlich können sich User Conferences selbst zur Marke entwickeln. Sie lösen sich in der Wahrnehmung bedingt vom Initiator (in diesem Fall typischerweise dem veranstaltenden Unternehmen) und neutralisieren die Vorbehalte, die aus einer offen erkennbaren ökonomischen Beziehung zwischen User Conference und Unternehmen resultieren können. 4.4 Side Effects Neben den voranstehend beschriebenen Differenzierungs-, Positionierungs- und Identifikationspotenzialen gibt es weitere, die aus User Conferences – mit positiven Effekten – resultieren können. So etwa die Exklusivität einer Teilnahme – „Members only!“ – die den bloßen Kunden zu einem Mitglied einer geschlossenen und zugangslimitieren Gruppe macht. Dies kann, bei entsprechend konsequenter Handhabung, Eingang finden in die Liste der Entscheidungskriterien: ein Produkt auch deshalb zu erwerben, um dann an den User Conferences teilnehmen zu dürfen!

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Wenn sich die wesentlichen Protagonisten einer Branche treffen, dann ist dies stets auch eine Plattform zum Netzwerken. Insofern sind Subthemen latent, füllen damit aber auch inhaltlich zeitliche Freiräume wertig auf – der fachliche Austausch etwa, oder die Job-Börse. Im besten Fall wird eine User Conference hin zu einem obligatorischen Termin entwickelt, ein „Must“, ein Top-Touchpoint mit höchster Priorität. Dabei löst sich der Kern, der eigentliche Grund, nicht auf – wird aber mit Schichten umgeben, die diesen Kern schützen und damit auch die mit ihm verbundenen Wirkungen auf die Marke.

5 Übertragbarkeit Mit Blick auf die Historie von User Conferences und die sehr ausgeprägte Nutzung im Bereich von Unternehmen der Software-Branche stellt sich die Frage, ob das Konzept – mit möglichst allen dargestellten Effekten was die Marken-Unterstützung betrifft – auf andere Wirtschaftsbereiche übertragen werden kann. Dass dies möglich ist, wird nachstehend nicht generell, jedoch an Hand von Beispielen aus dem eigenen Umfeld des Verfassers dargestellt. Bei einer detaillierten Betrachtung von User Conferences zeigt sich, dass es Möglichkeiten einer Übertragbarkeit auf Branchen gibt, die nicht typischerweise einen produktentwicklungs-bezogenen Dialog mit ihren Kunden führen. Es gibt eine Nähe zu Konzepten wie einer Innovations- oder Zukunftswerkstatt. Solche „Labor-Veranstaltungen“ bringen dann ein Setting, das ähnlich ist: Arbeitsbezug, dennoch Event-Charakter – und im Kontext die Stärkung von Marken-Potenzialen. In einem Beitrag in dem Band „Fallstudien zum Marketing“ von Werner Pepels wird eine Innovationswerkstatt bei einem Unternehmen der Möbel-Branche beschrieben. Dieser temporäre Ort der Begegnung mit einer Marke wurde geschaffen, um Lieferant und Kunde, aber auch weitere Stakeholder (zum Beispiel Architekten als Kaufbeeinflusser, Kreative als Input-Geber) an einer konkreten Problemstellung arbeiten zu lassen. Es zeigte sich im Verlauf des mehrstufigen Projekts, dass neben exzellenten Ergebnissen auch das Involvement wuchs (Bereitschaft zur Weiterempfehlung, Übernahme der Rolle als Markenbotschafter, Entwicklung des Markenempfindens vom „Stuhl- und Tischlieferant“ zum „Anbieter komplexer Interieur-Lösungen“. In einer Ex-Post-Phase wurde nach der Begründung dieser Marken-Impact-Wirkung gefragt:

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treibender Faktor war die aktive Beteiligung an der Erarbeitung einer für das Unternehmen sehr relevanten Thematik. Der Studiengang „Messe-, Kongressund Eventmanagement“ (http://www.ravensburg.dhbw.de) der DHBW (Duale Hochschule BadenWürttemberg) Ravensburg lädt einmal jährlich die dualen Partner zu einem Treffen ein. Das Konzept der DHBW sieht die Partnerunternehmen als wichtiges Element vor, in gewisser Weise stellen sie eine Kundengruppe dar. Bei diesen Treffen wird unter anderem die aktuelle Situation von der Studiengangsleitung präsentiert, es werden zukünftige Veränderungen diskutiert, gefolgt von einem allgemeinen Austausch (im Sinne von Best Practice). Bedarfe aus der Gruppe der dualen Partner – oder auch ganz konkrete Erwartungen – werden thematisiert und im Kontext von Relevanz und Möglichkeit aufgegriffen. So beispielsweise die Kompetenzen, die sich im Curriculum widerspiegeln sollen: Fachenglisch hat für die Unternehmen der Messe-, Kongress- und Eventwirtschaft eine große Bedeutung und wird daher, im Rahmen der curricularen Möglichkeiten, bei einer Novellierung der Studieninhalte berücksichtigt bleiben. Im Kontext des Treffens werden auch andere nicht direkt den Studiengang betreffende Fragestellungen, etwa zu Recruiting und Personalentwicklung, erörtert. Ein aktives Einbringen und mit Kolleginnen und Kollegen aus der Branche „auf Augenhöhe“ diskutieren zu können, stärkt wahrnehmbar die Markenattribute dieses Studiengangs. Die SCHNEEWEISS AG interior (www.schneeweiss.ag) mit Sitz zu Schloss Schmieheim verbindet die Möbelhersteller Hiller Objektmöbel und BRAUN Lockenhaus (Österreich), die rosconi GmbH, Designmanufaktur und Experte für professionellen Innenausbau, die Werbeagentur atelier schneeweiss und die Spedition widra Logistik. Die Marken stehen für Innovation und Tradition im Bereich Interior. Aus Gesprächen mit Kunden (z. B. Kongress- und Messezentren) resultierte die Erkenntnis, dass Trendstudien der Branche vorliegen, allerdings die Relevanz und Ausprägung für Veranstaltungsstätten und deren Interior-Lieferanten noch erarbeitet werden müssen. Ein temporäres Creative Lab bot die Möglichkeit, um mit Interessierten, Protagonisten und Experten ergebnisoffen und dennoch zielgerichtet zu diskutieren. Zu einem solchen kreativen Get-together hatte die SCHNEEWEISS AG interior im Mai 2017 eingeladen. Im Selbstverständnis eines aktiven Partners des EVVC (Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V.) stellt sie in diesem Rahmen folgende Frage in den Mittelpunkt:

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„Welchen individuellen Raumanforderungen muss sich ein erfolgreiches Veranstaltungshaus im Umgang mit neuen Eventstrukturen stellen und wie kann ein Partner aus dem Bereich Interior Design mit individuellen Lösungen unterstützen?“ Die Ergebnisse wurden in einem sogenannten SNOWWHITE PAPER (vgl. Luppold/ Schneeweiss AG 2017) veröffentlicht und allen Kunden und Interessenten zugänglich gemacht. Aus der Situation des Creative Lab heraus entstand der Wunsch (der Kunden), dies jährlich fortzuführen und in dieser Form der Kooperation weiterzuarbeiten. Dabei präsentiert sich das Unternehmen als offen, partnerschaftlich und initiativ – und unterstreicht so Aussagen zur Marke. STANDOUT, eine Tochter des Messeveranstalters Reed Exhibitions, stellte sich 2016 die Frage nach dem „Messestand 2025“. In einer Voruntersuchung wurde klar, dass Antworten in Form eines partizipativen, kollaborativen Austausches gefunden werden sollten. So lud das Unternehmen zu einer eintägigen „Zukunftswerkstatt“ ein, unter anderem mit folgendem Ergebnis: „Der Messestand 2025 wird als Customer-to-Customer-Begegnungsfläche, als temporärer Bildungsort und als einer der Satelliten im Eventkosmos eine wichtige, wenn nicht wesentliche Aufgabe haben.“ Der Mix aus emotionaler Begegnung, fachlichem Diskurs und beiläufigem Netzwerken veranlasste die anwesenden Kunden des Unternehmens, sich eine regelmäßige Wiederholung zu wünschen. Es zeigte sich eine Win-Win-Situation, die zwar im Kern das Ergebnis hat, insgesamt jedoch auf die Marke des Unternehmens einzahlt.

6 Praxisbeispiel Im Vorfeld dieses Beitrags wurden mit Vertretern des international aufgestellten Unternehmens Ungerboeck Systems International Gespräche über deren jährliche User Conferences geführt; der Verfasser ist insofern involviert, als er mehrere Jahre für dieses Unternehmen als Executive Director of Marketing tätig war und daher einige der vergangenen Tagungen persönlich erlebt hat. (www.ungerboeck.com/de/) Ungerboeck Software, das Produkt des Unternehmens (stets in Kombination mit Dienstleistungen zu verstehen), ist branchenführende Eventmanagement-Software, die von Veranstaltungsmanagern (in Veranstaltungszentren, bei Messeveranstaltern und

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Kongressorganisatoren) weltweit genutzt wird (zu VeranstaltungsmanagementSystemen siehe Luppold 2017). Die im Jahr 2017 in Amsterdam stattgefundene User Conference wird nachstehend in Auszügen erläutert; dies soll beispielhaft aufzeigen, welche Elemente in der Konzeption einer modernen User Conference zu finden sind – und in welchem Wirkungskontext das gesehen werden kann. In der Corporate Communication wird bereits die Ankündigung der User Conference nicht leise, rein informell und nur an die Kunden gerichtet, sondern dem Markt laut und attraktiv mitgeteilt. Das Wording passt zu dem einer internationalen Fachkonferenz, kündigt durch Überschriften aktuelle und wichtige Inhalte an, löst sich vollständig vom Produkt und fokussiert den Rahmen, in dem sich Unternehmen und Produkt als Markt- (und Technologie-)Führer bewegen. Damit werden auch potenzielle Kunden angesprochen – die vorstehend erläuterte Exklusivität als Effekt unterschwellig akzentuiert („Members only“). Abb. 1: Veranstaltungsankündigung

Quelle: Ungerboeck.

Die Anmutung einer Fachkonferenz zeigt sich auch im Layout der Veranstaltung (vgl. hierzu auch Röthlisberger 2017). Eine Mischung aus Edutainment und Conferencing (= Confertainment) richtet sich sehr präzise auf die Bedürfnisse der Teilnehmer aus, bietet wertige Inhalte und unterstützt die sonntägliche Anreise durch ein entsprechen-

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des Angebot. Die Teilnahme ist nicht kostenfrei – allerdings werden durch die Gebühr von Euro 99,- auch keine Hürden aufgebaut; dennoch: ganz kostenfrei wäre „näher an einem Promotion-Charakter“, selbst ein so kleiner finanzieller Beitrag wirkt neutralisierend. Abb. 2: Einladung

Quelle: Ungerboeck.

Das Klima ist erkennbar auf die Gemeinschaft ausgerichtet. Selbstverständlich eröffnet der CEO, auch die anderen Mitarbeiter, z. B. durch Support-Tätigkeit bekannt, sind anwesend und geben der Marke nicht nur ein, sondern viele Gesichter. Der Claim „Empower people to bring people together“ steht selbstverständlich für das, was mit Hilfe der Ungerboeck-Software hergestellt wird – gibt aber den Kunden, die damit arbeiten, eine stärkere Wertigkeit ihres Tuns durch die Abstraktion (eben nicht „...that organize events“).

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Abb. 3: Opening

Quelle: Ungerboeck.

Konzeptionell vorbildlich auch die Auswahl und Präsentation von Rednern, die nicht dem (einladenden) Unternehmen angehören. Dass die Marke den Anspruch eines Markt- und Technologieführers nicht nur hat, sondern es auch ist, zeigen Vertreter internationaler Branchenverbände. Durch ihre Anwesenheit – aber auch aktive Beiträge – manifestieren sie die Rolle des Veranstalters als wichtigen Partner von professionellen Event-Schaffenden weltweit. Abb. 4: Speaker

Quelle: Ungerboeck.

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Authentizität entsteht auch durch das begreifbar machen von Kompetenzen. Menschen, die für diese Kompetenzen stehen, werden bei der User Conference mit einer inhaltlichen Rolle ausgestattet, sind auf der Bühne und zeigen sich, als Teil des Programms. Abb. 5: Mitarbeiter

Quelle: Ungerboeck.

Ein Treffen zur Besprechung von Software-Erweiterungen war möglicherweise der Ausgangspunkt für diese User Conference – die längst weiterentwickelt wurde, auch wenn der Kern noch bleibt (durch die Begriffen „Innovation“, „Experience Sharing“ und „Product Design“ abgebildet). Damit setzt das Unternehmen ein jährliches Highlight – das durch ein zusätzliches Gestaltungselement bereichert wird: die User Conference fand bei RAI Amsterdam statt, einem großen Messe- und KongressVeranstalter mit eigenen Locations – der auch Kunde und Anwender der UngerboeckSoftware ist. Damit lassen sich zusätzliche Bildungsinhalte, aber auch Kompetenz und Vertrauen, in die Veranstaltung und letztlich auf die Marke übertragen.

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Abb. 6: Gesamtangebot

Quelle: Ungerboeck.

Elemente dieser User Conference im Vor- und Nachfeld sind bereits auf eine hybride Struktur ausgelegt; dadurch verstärkt wird die Wirkung des Live-Teils (der beiden Veranstaltungstage) und Effekte entstehen bereits zuvor und, als nachhaltige Wirkung, auch im Anschluss an die Veranstaltung (zu hybride Events vgl. Dams/Luppold 2016).

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Ulrike Jackson, Jasna Grünsfelder Kollektive Emotionen im Eventkontext als Instrument des Behavioral Brandings 1

Einleitung und Zielsetzung

2

Kollektive Emotionen

3

2.1

Forschungsstand und Definition

2.2

Steuerbarkeit

Behavioral Branding 3.1

Forschungsstand und Definition

3.2

Ausgewählte Instrumente zur Förderung des Brand Behaviors

4

Qualitative Untersuchung

5

Ergebnisse der qualitativen Analyse

6

Fazit und Forschungsausblick

Literaturverzeichnis

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Kollektive Emotionen im Eventkontext als Instrument des Behavioral Brandings

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1 Einleitung und Zielsetzung “Brands […] start living their lives through the work of employees” (Thomson et al. 1999, S. 71.) Dieses Zitat greift den Gedanken von Mary Jo Bitner und Bernard Booms auf, welche bereits 1981 den klassischen Marketing-Mix um das Element People erweiterten (vgl. Barrow 2016, S.71.) Es sollte somit selbstverständlich sein, dass jedes Unternehmen für den Erfolg seiner Marke einen besonderen Fokus auf seine Mitarbeiter legt. Der Engagement Index Deutschland1 2016 zeigt jedoch ein gegenteiliges Bild. Diese Studie macht deutlich, dass sich 70 Prozent aller Mitarbeiter in Deutschland nur gering emotional an ihr Unternehmen gebunden fühlen. 15 Prozent der Mitarbeiter haben demnach bereits innerlich gekündigt. Diese Tendenz hat besonders im Hinblick auf den wachsenden Dienstleistungsmarkt sowie die generelle Entwicklung der Unternehmen zu serviceorientierten Wirtschaftseinheiten eine hohe Bedeutung. Eine Möglichkeit, welche sowohl das Markencommitment2 der Mitarbeiter stärkt, als auch Wertschöpfung generiert, ist die Entwicklung der Mitarbeiter zu Markenbotschaftern. Für diesen Change-Management-Prozess, welcher als Behavioral Branding bezeichnet wird, ist die Verankerung der Marke nach innen unumgänglich. Deshalb liegt die zentrale Herausforderung des Behavioral Brandings darin, Markenwissen und Markenwerte in umsetzbares, markenorientiertes Verhalten der Mitarbeiter umzuwandeln (vgl. Esch et al. 2014, S. 67). Dieser Prozess der internen Markenführung findet seit mehreren Jahren in der Literatur ebenso Beachtung wie verschiedene Instrumente, mit denen der Behavioral-Branding-Prozess gestaltet werden kann. Bisher wurde noch kein Zusammenhang zwischen dem Einfluss von Emotionen, welche gemeinsam erlebt werden, und der Entwicklung von Mitarbeitern zu Markenbotschaftern hergestellt. Der vorliegende Beitrag geht daher den Fragen nach, in wieweit der Ansteckungsprozess von Emotionen, der auf einem Mitarbeiterevent unter den Teilnehmern abläuft, das markenkonforme Verhalten dieser Mitarbeiter begünstigen kann, und ob Emotionen, die auf einem Mitarbeiterevent kollektiv empfunden werden, als weiteres Instrument des Behavioral Brandings angesehen werden können. 1

Der Engagement Index Deutschland ist eine Studie der Gallup GmbH, welche jährlich über den Grad der emotionalen Bindung der Mitarbeiter an ihr Unternehmen und über ihr damit verbundenes Engagement Aufschluss gibt (vgl. Gallup GmbH 2017, o.S.).

2

Das Markencommitment beschreibt eine langfristige, durch Einstellung und Verhalten geprägte Bindung der Mitarbeiter an eine Marke (vgl. Wentzel 2012, S. 86).

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2 Kollektive Emotionen Die Erkenntnis, dass Erlebnisse besser im Gedächtnis abgespeichert werden, wenn diese emotional erlebt werden (vgl. Zanger 2015, S. 45), wird gerne angewandt, wenn Informationen in Form von Wissen oder Botschaften übermittelt und bei den Kommunikationsempfängern nachhaltig verankert werden sollen. Mit Hilfe von unternehmensinternen Events können Unternehmensziele, Strategien, Veränderungsprozesse etc. an die Mitarbeiter auf emotionale Weise kommuniziert werden. Dabei gilt der Grundsatz: „je emotionaler die Begegnung mit einem Unternehmen, zum Beispiel durch deren Events, desto stärker wirken sie im Gedächtnis“ (Herbst 2015, S. 28). 2.1 Forschungsstand und Definition Ciompi gilt als Begründer der sogenannten Affektlogik. Diese befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen Emotionen, Kognitionen3 und dem Verhalten von Menschen (vgl. Ciompi 2004, S. 28). Basierend auf dieser soziologischen Betrachtung fand in den letzten Jahren eine Erforschung der kollektiven Emotionen aus verschiedenen Perspektiven statt. Schlesinger übertrug die kollektiven Emotionen auf sportbezogene Marketing-Events (vgl. Schlesinger 2009 und Schlesinger 2008). Junge, Ufer und Wolf/Jackson/Jacobs untersuchten wiederum kollektive Emotionen im Kontext des Public Viewing (vgl. Junge 2008; Ufer 2010; Wolf/Jackson/Jacobs 2012). Scheve/Ismer betrachteten in ihrer „Theory of collective emotions“ kollektive Emotionen im Allgemeinen und schrieben, dass sich kollektive Emotionen dadurch auszeichnen, dass sie „von einer großen Anzahl von Personen oder einer Gruppe gemeinsam empfunden werden und sich durch ähnlich gelagerte emotionale Ausdrucksformen und Verhaltensweisen äußern“ (Scheve/Ismer 2013, S. 406). Als Definition lässt sich festhalten, dass Emotionen dann als kollektiv bezeichnet werden können, wenn eine größere Gruppe von Individuen vereinte und geistesverwandte Verhaltensweisen aufzeigen (vgl. Wolf/Jackson/Jacobs, S. 308).

3

Kognition wird innerhalb der Affektlogik als eine Fähigkeit zur Erfassung und weiteren Verarbeitung von Unterschieden verstanden (vgl. Ciompi 2004, S. 30).

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2.2 Steuerbarkeit Um die Steuerbarkeit von kollektiven Emotionen zu verdeutlichen, wird anhand des „Modells zur Analyse kollektiver Emotion im Kontext von unternehmensinternen Events“ (Abb. 1) beschrieben, wie ein Unternehmen vorgehen kann, damit sich Emotionen im Rahmen eines unternehmensinternen Events auf möglichst viele Mitarbeiter ausweiten. In Anlehnung an Schlesinger (2010, S. 144f.) dient dieses Modell dazu, zu verstehen, wie ein unternehmensinternes Event als soziales System auf das Erfahren und Ausleben von Emotionen der Teilnehmer einwirken kann. Abb. 1: Modell zur Analyse kollektiver Emotion im Kontext von unternehmensinternen Events

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Schlesinger 2010, S.145

Das veranstaltende Unternehmen verfolgt spezifische Kommunikationsziele, welche mit der Durchführung eines Mitarbeiterevents erreicht werden sollen. Beispiele für solche Kommunikationsziele können die Motivation der Mitarbeiter, die Informationsvermittlung aber auch die Stärkung des Wir-Gefühls4 sein. Um das Kommunikationsziel mit Hilfe kollektiver Emotionen zu erreichen, müssen einige Grundbedingungen erfüllt sein:

4

Ein Wir-Gefühl steht für ein Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl (vgl. o.V. 2017a, o.S.).

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Zuerst ist es notwendig, die Zielgruppe noch vor der eigentlichen Planung des unternehmensinternen Events in Hinblick auf ihre Besonderheiten zu untersuchen. Das hat vor allem den Hintergrund, dass die Inszenierung immer an der Erwartungshaltung der Zielgruppen, in diesem Fall der Mitarbeiter, ausgerichtet sein sollte. Die Relevanz der Zielgruppenerwartung ist in diesem Fall besonders hoch, da die Teilnahme an einem Mitarbeiterevent vom Unternehmen verpflichtend ist und somit mehr Hemmschwellen bestehen, als bspw. bei einem Consumer Event (vgl. Wolf/Jackson 2015, S. 53f.). Das veranstaltende Unternehmen besitzt mit der Steuerungsdimension Gestaltungsund Inszenierungsmöglichkeiten, um die Entstehung kollektiver Emotionen zu beeinflussen. Dabei sollte beachtet werden, dass für ein intensiveres Emotionserleben möglichst Inhalte und Inszenierungen verwendet werden, welche den Mitarbeitern unbekannt sind. Dies erhöht die Chance, dass die Mitarbeiter von den Eventinhalten emotional berührt werden. Ein weiteres Mittel, welches die Wahrscheinlichkeit einer emotionalen Ansteckung erhöht, ist die Entwicklung von kollektiven Identitäten. Das bedeutet, dass Eventinhalte so ausgewählt werden sollten, dass möglichst viele Mitarbeiter sich damit identifizieren können und dadurch eine engere Bindung zum Unternehmen aufbauen (vgl. Schlesinger 2010, S. 146). Mit der interaktiven Dimension hat das unternehmensinterne Event die Chance, die Ansteckungsprozesse von Emotionen zu unterstützen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die Inszenierungselemente mit den Emotionsregeln und der Affektlogik der Mitarbeiter übereinstimmen. Diese Regeln und Logiken entstehen auf der Grundlage gemeinsamer kultureller Gewohnheiten und Werte (vgl. Hochschild 1979, 1990, 2012).

3 Behavioral Branding „Die Relevanz von Behavioral Branding […] ist in Zeiten einer Verschiebung vom produkt- zum servicegetriebenen Unternehmen maßgeblich gestiegen“ (Tomczak et al. 2012, S. VII). Deshalb sollten Unternehmen einen Zusammenhang zwischen dem Mitarbeiterengagement, der Mitarbeiterbindung und dem Unternehmenserfolg erkennen (vgl. Esch 2008, S. 126). Die Begründung für diesen Zusammenhang könnte in der ersten Grundregel der menschlichen Kommunikation von Paul Watzlawick zu finden sein, welche besagt, dass man nicht nicht kommunizieren kann (vgl. Watzlawick et al. 2017, S. 51). Somit beeinflussen Mitarbeiter - auch unterbewusst - das Markenimage mit ihrem täglichen Handeln.

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3.1 Forschungsstand und Definition In der betriebswirtschaftlichen Forschung hat die markenorientierte Mitarbeiterführung in den letzten Jahren immer mehr Anerkennung erfahren und einige Unternehmen haben bereits früh erkannt, welche Bedeutung die Begeisterung ihrer Mitarbeiter für ihre Marke hat. Dies geht unter anderem aus den Werken von Henkel et al., Bruhn, Kernstock/Brexendorf, Burmann/Zeplin und Joachimsthaler hervor (vgl. Henkel et al. 2007; Bruhn 2005; Kernstock/Brexendorf 2006; Burmann/Zeplin 2005; Joachimsthaler 2002). Laut Tomczak et al. werden unter dem Begriff Behavioral Branding alle Maßnahmen zusammengefasst, die dazu beitragen, den Aufbau und die Pflege von Marken durch zielgerichtetes Verhalten und persönliche Kommunikation zu unterstützten (vgl. Tomczak et al. 2005, S. 29). Behavioral Branding stellt laut Kernstock eine unternehmensinterne Aufgabe dar, die in der Zusammenarbeit zwischen der Geschäftsführung, der Personalabteilung und der Unternehmenskommunikation bewerkstelligt werden sollte (vgl. Kernstock 2012, S. 17). Auch Meffert/Burmann/Kirchgeorg ordnen das Behavioral Branding dem internen Marketing zu, welches die Verankerung der Marke nach innen und die Identität bei den Mitarbeitern anstrebt (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 88).5 3.2 Ausgewählte Instrumente zur Förderung des Brand Behaviors Die Instrumente, welche das Brand Behavior fördern sollen, „müssen […] in der Lage sein, Wissen aufzubauen, Commitment6 zu stärken, Fähigkeiten zu entwickeln und Verhalten zu fördern.“ (Brexendorf et al. 2012, S. 343). Bei der Auswahl der geeigneten Instrumente sollte berücksichtigt werden, dass diese auf die Markenbotschaft abgestimmt sind (vgl. Brexendorf/Tomczak 2004, S. 16; Kernstock/ Brexendorf 2006, S. 265). Außerdem sollten die Instrumente die Markenziele beachten und an den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausgerichtet werden (vgl. Thomson et al. 1999, S. 822).

5

Aus der Sicht der externen Perspektive soll das Behavioral Branding „dazu beitragen, im Kundenkontakt das Leistungsversprechen bzw. das Markenversprechen des Unternehmens umzusetzen“ (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 88). Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Jackson/Wolf (2014, S. 359). Für die vorliegende Untersuchung liegt der Fokus auf der internen Dimension des Behavioral Brandings.

6

Commitment ist der Fachbegriff für eine positive Identifikation eines Mitarbeiters mit dem Unternehmen, dem er angehört (vgl. o.V. 2017b, o.S.).

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Da die strategische Unternehmensführung unweigerlich mit der strategischen Markenführung verbunden ist, hat das Management eine zentrale Funktion für das Behavioral Branding (vgl. Keller 2008, S. 126). Der Chief Executive Officer (nachfolgend: CEO) ist der höchste Repräsentant der Unternehmensmarke. Im Behavioral Branding hat dieser sowohl strukturelle als auch kommunikative Funktionen (vgl. Brexendorf et al. 2012, S. 346). Die wichtigste Funktion jedoch ist die Vorbildfunktion. Da Menschen ihre Erfahrungen durch Geschichten in einen logischen und nachvollziehbaren Zusammenhang bringen und anderen Menschen wiederum einfacher vermitteln können, stellt das Storytelling in der Gestaltung der Behavioral-BrandingMaßnahmen eine entscheidende Rolle dar. Mit Hilfe von sogenannten Markenstorys wird den Mitarbeitern aufgezeigt, welche Werte in ihrem Unternehmen wichtig sind und wie diese Unternehmenswerte in der Praxis umgesetzt und gelebt werden können (vgl. Wentzel et al. 2009, S. 429). Ein weiteres Instrument, das zur Förderung des Brand Behaviors genutzt wird, ist die Markenwelt. Dabei handelt es sich um eine vom Unternehmen erschaffene Erlebniswelt, in der die Marke in Form einer Story oder eines physisch erbauten Erlebniszentrums entdeckt werden kann (vgl. Brexendorf et al. 2012, S. 355). Abschließend sollen an dieser Stelle noch Markenschulungen oder –workshops und Anreiz- und Belohnungssysteme als Instrumente genannt werden.

4 Qualitative Untersuchung Als Forschungsmethode wurde das teilstandardisierte Experteninterview gewählt. Der Grund für die Wahl einer qualitativen Forschung lag hierbei in der hohen Qualität der Befragungsergebnisse, die durch einen persönlichen Kontakt zwischen dem Interviewer und dem Befragten gewonnen werden kann. Da durch die vorgegebene Thematik bei dieser Untersuchung komplexere Informationen generiert werden mussten, bot es sich an, alle Experteninterviews in Form eines persönlichen Face-to-face-Gespräches durchzuführen. Gleichzeitig wurde so die Reliabilität der Forschung gewährleistet (vgl. Scholl 2015, S. 37f.). Um sich der Beantwortung der forschungsleitenden Frage, inwieweit kollektive Emotionen das markenkonforme Verhalten von Mitarbeiter begünstigen können, schrittweise zu nähern, leiteten sich für die empirische Untersuchung drei unterstützende Fragen ab: (1) Bestehen bereits Erfahrungswerte mit Mitarbeiterevents, welche zur Entwicklung des Brand Behaviors beitragen?

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(2) Werden bereits andere Instrumente für diesen Prozess verwendet? (3) Kann der Ansteckungsprozess von Emotionen unter Mitarbeitern ein WirGefühl bei ihnen erzeugen und fördert dieses Gefühl deren Markencommitment? Aus diesen drei unterstützenden Fragen ergab sich ein Interviewleitfaden, welcher in zwei Teile gegliedert war. Der erste Teil beinhaltet die Themen unternehmensinterne Veranstaltungen und Behavioral Branding und der zweite Teil beschäftigt sich mit den kollektiven Emotionen und der Transferleistung von kollektiven Emotionen zum Behavioral Branding. Der für diese Untersuchung entwickelte Interviewleitfaden diente als Stütze in der Durchführung und sorgte später für eine Vergleichbarkeit der Expertenaussagen. Bei der Auswahl der Experten wurde zum einen darauf geachtet, welches Expertenwissen vorhanden ist und welchen Beitrag die Experten zur Beantwortung der Forschungsfrage leisten können (vgl. Meuser/Nagel 1997, S. 484) und zum anderen, dass die Thematik sowohl aus der Agentur-, aus der Unternehmens- und aus der Beraterperspektive beleuchtet wird.

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Tab. 1.: Übersicht der ausgewählten und befragten Experten

Quelle: eigene Darstellung

Als Auswertungsverfahren der Experteninterviews wurde die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring angewendet. Diese Methode ist ein Verfahren, mit dem die unterschiedlichen Aussagen der Experten den vorher festgelegten Kategorien zugeordnet werden. Dadurch lassen sich die Aussagen Kategorie für Kategorie vergleichen und interpretieren (vgl. Mayring 2010, S. 49).

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Tab. 2: Inhaltsanalytisches Kategoriensystem

Kategorien

1 Unternehmensinterne Veranstaltungen

2 Erfahrungswerte zum Behavioral Branding

3 Erfahrungswerte zu kollektiven Emotionen 4 Gemeinschaftsgefühl und Markencommitment

Bezeichnung 1.1

Durchführung von Mitarbeiterevents

1.2

Art und Zweck der Mitarbeiterevents

1.3

Teilnehmerstruktur der Mitarbeiterevents

1.4

Mitarbeiterevents mit dem Ziel der Stärkung des Markencommitments der Mitarbeiter

2.1

Wissen über Behavioral Branding und markenorientiertes Verhalten

2.2

Maßnahmen zur Stärkung des Markencommitments der Mitarbeiter

2.3

Art der Wissensvermittlung in Unternehmen

2.4

Weitere Maßnahmen zur Förderung des Brand Behaviors

3.1

Persönliches Verständnis von kollektiven Emotionen Persönliche Erfahrung zum Ansteckungsprozess von Emotionen Entstehung eines Wir-Gefühls durch den Ansteckungsprozess von Emotionen Stärkung des Markencommitments durch ein Wir-Gefühl unter Mitarbeitern

3.2 3.3 4.1 4.2

Positiver Einfluss eines Wir-Gefühls unter Mitarbeitern

Quelle: eigene Darstellung

5 Ergebnisse der qualitativen Analyse Im Rahmen der Interviews wurden die fünf ausgewählten Experten zunächst nach ihren Erfahrungswerten zu den Kernthemen "Behavioral Branding" und "kollektive Emotionen im Eventkontext" befragt. Daraufhin sollten sie ihre Einschätzung zum Einfluss eines Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühls unter Mitarbeitern geben und schließlich dessen Einflussnahme auf die Identifikation der Mitarbeiter mit der Marke äußern. In Bezug auf die Erfahrungen der Experten mit Blick auf die Entwicklung der Mitarbeiter zu Markenbotschaftern ist zunächst zu nennen, dass alle Experten von „Anrei-

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zen“ sprechen, die den Mitarbeitern geboten werden oder die genutzt werden können, um deren Markencommitment zu stärken. Dies sind unter anderem: 

besondere Arbeitsplatzbeschaffenheit (Corporate Architecture)



Vergünstigungen bei Eigen- und Fremdmarken



Wertschätzung durch Lob, Geschenke oder Mitarbeiterevents



eine offene Fehlerpolitik



eine stabile und offene Unternehmenskommunikation.

Hinzu kommt, dass jeder Experte von Eventformaten berichtet, welche zur Vermittlung von Markenwissen genutzt werden. Dazu zählen Angebote wie „Lunch & Learns“ oder Einführungsseminare, an denen neue Mitarbeiter teilnehmen. Drei von fünf Experten sehen die Führungskraft, in der Rolle als vorbildlicher Markenbotschafter, als ein wichtiges Instrument im Behavioral-Branding-Prozess an. Außerdem setzen einige Unternehmen Feedbackgespräche und Bewertungsbögen ein, um das markenkonforme Verhalten der Mitarbeiter zu überprüfen. In Hinblick auf die Erfahrungen der Experten mit kollektiven Emotionen im Eventkontext konnte jeder Experte von mindestens einem Erlebnis mit dem Ansteckungsprozess von Emotionen berichten. Einige wurden davon privat, andere im beruflichen Umfeld gemacht. Die Gefühle, die in einem Kollektiv erlebt wurden, reichen von Freude, Stolz, Begeisterung und Mitleid bis hin zu Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühlen. Eine weitere Erkenntnis, die an dieser Stelle noch genannt werden sollte, ist das Potential von sozialen Medien, die durch die Funktion des Teilens und Teilhabens den Effekt der Ansteckungsprozesse verlängern können. Eine Bestätigung des bereits gesicherten Wissens gibt es laut Aussage der befragten Experten dahingehend, dass der Ansteckungsprozess von Emotionen zwar in großen Gruppen besser abläuft, bei diesen jedoch gleichzeitig die besondere Herausforderung besteht, jede einzelne Person des Events mit einzubinden. Veranstaltende Unternehmen können aus Sicht der Experten außerdem Weichen stellen, damit die Mitarbeiter sich gegenseitig mit Emotionen anstecken. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass die vorherrschende Kultur, die Hemmschwellen sowie die Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt werden. Gleichzeitig sollte die Geschichte, die mit einem Mitarbeiterevent erzählt wird, glaubwürdig sein und zum Unternehmen und dessen Marken passen. Das Auslösen negativer Emotionen mit einer entsprechen-

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den Verstärkung durch Ansteckungsprozesse stellt laut Expertenmeinung ein Risiko für das Markencommitment dar und muss durch eine sorgfältige Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen unbedingt vermieden werden. Werden die Ergebnisse der qualitativen Analyse hinsichtlich der Frage, ob ein WirGefühl durch kollektive Emotionen entstehen kann, betrachtet, stellt sich heraus, dass zwei von fünf Experten einen direkten Zusammenhang zwischen kollektiv erlebten Emotionen und einem entstandenen Wir-Gefühl sehen. Die anderen drei Experten sprechen von einem Wir-Gefühl, das durch gemeinschaftlich erlebte Ereignisse entstand. Daraus lassen sich die Schlüsse ziehen, dass die Erlebnisse, die Mitarbeiter auf unternehmensinternen Events gemeinsam teilen, Gefühle von Zusammenhalt, Zugehörigkeit und Gemeinschaft auslösen können. Bei der Betrachtung der Erkenntnisse im Hinblick auf die Frage, ob ein Wir-Gefühl unter Mitarbeitern zum Markencommitment beiträgt, sind alle Experten der Auffassung, dass ein Zusammenhang zwischen einem Wir-Gefühl unter Mitarbeitern und dessen Identifikation mit der Marke bestehen kann. Dies liegt laut Aussagen der Experten in dem Potential des Wir-Gefühls begründet. Denn dies könne eine Begeisterung für die Marke auslösen, die Kommunikation unter den Mitarbeitern fördern und dadurch die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit schaffen. Darüber hinaus gibt es Aussagen der Experten, welche darauf schließen lassen, dass den Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühlen ebenso ein direkter Bezug auf das Handeln als Markenbotschafter zugeordnet werden kann. Denn wenn die Mitarbeiter ihren Familien, Freunden, Dienstleistern und Kunden von ihren Gefühlen erzählen oder sie ihre Gefühle durch ihr Verhalten weitertransportieren, handeln sie automatisch als Markenbotschafter.

6 Fazit und Forschungsausblick Es kann festgehalten werden, dass kollektiv empfundene Emotionen ein Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl erzeugen können, das wiederum zur Verbesserung der Bindung der Mitarbeiter an eine Marke beitragen kann. Mit diesem Ergebnis und dem Wissen, dass die Identität der Mitarbeiter mit der Marke eine Voraussetzung des Brand Behaviors ist, können kollektive Emotionen als ein Instrument des Behavioral Brandings angesehen werden. Es empfiehlt sich daher, Eventkonzepte für unterneh-

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mensinterne Veranstaltungen zu entwickeln, die das Auslösen von kollektiven Emotionen fördern. Weiterer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Wirksamkeit des Instrumentes. Im Rahmen einer qualitativen Untersuchung könnte ein Mitarbeiterevent begleitet werden, mit dem die Identifikation der Mitarbeiter mit der Marke mit Hilfe von kollektiven Emotionen gestärkt werden soll. Es wäre empfehlenswert, vor der Veranstaltung das Markencommitment der Mitarbeiter zu evaluieren und nach der Veranstaltung zu überprüfen, ob dieses verbessert wurde. Auch ließen sich im Rahmen weiterer Untersuchungen wertvolle Erkenntnisse gewinnen, welche Steuerungsinstrumente für das Auslösen kollektiver Emotionen im Eventkontext in welcher Weise wirksam sind.

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David Ruetz Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events 1

Einleitung

2

Einsatz digitaler Werkzeuge im stationären Handel

3

Bedeutung der Digitalisierung in der Live Communication

4

Forschungsfelder beim Einsatz von digitalen Werkzeugen auf Messeständen

5

Digitale Tools am Messestand

6

Einsatz von Virtual Reality (VR) am Messestand

7

Zusammenfassung und Ausblick

Anhang Literaturverzeichnis

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 C. Zanger (Hrsg.), Events und Marke, Markenkommunikation und Beziehungsmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6_6

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

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1 Einleitung Im April 2016 gingen Bilder von der Hannover Messe um die Welt, auf denen Barack Obama und Angela Merkel zu sehen waren, wie sie während eines Messerundgangs durch eine 3D-Brille schauen. Die Inhalte, die dort durch eine Virtual Reality (VR)Anwendung transportiert wurden, sind nicht überliefert. Spätestens jedoch nach der Nutzung durch solch prominente Akteure scheinen digitale Technologien am Messestand endgültig angekommen zu sein. Die digitale Transformation als ubiquitäres Phänomen spielt auch bei der mehrdimensionalen und multisensualen Kommunikation von Marken eine zunehmend wichtigere Rolle (vgl. Zanger 2014; Heger/Prüser 2015; Ermer 2014).1 In den Showrooms von Premium-Automobilherstellern werden statt herkömmlicher Kataloge und Farbmuster digitale Hilfsmittel genutzt. Der Kunde konfiguriert sich sein Wunschfahrzeug am Computer und unternimmt mittels einer VR-Brille unmittelbar danach eine virtuelle Probefahrt im neuen Auto.2 Solche virtuellen Erlebnisse werden beispielsweise bei der Audi AG gewissermaßen verlängert, indem man auch außerhalb der stationären Ladengeschäfte über eine App sein Fahrzeug über selbst gestaltete Pisten durch das heimische Wohnzimmer schicken kann.3 Aus historischer Perspektive waren Jahrmärkte und Kirchweihen - die ursprünglichsten Formen der heutigen Messeveranstaltungen - seit Beginn des 19. Jahrhunderts der Ort, an dem „Guckkästen, Panoramen, Dioramen [als] Medien für eine massenhafte Verbreitung technisch produzierter Bilder“ sorgten (Struck 1997, S. 150). Insbesondere die damals sehr populären, temporär aufgestellten Panoramen mit ihrer Möglichkeit, erstmals räumliches Sehen in einem 360°-Radius zu erzeugen, bezogen mit ihrer „Zentralperspektive die Betrachter in das Bildgeschehen mit ein“ (Szabo 2006, S. 122)

1

Zum Stand der digitalen Transformation in Deutschland vgl. beispielsweise den „Digitalisierungsindex Mittelstand“ der Deutschen Telekom (siehe Quirin 2017, S. 22). Dieser Index analysiert Handlungsfelder wie digitale Angebote, Produktivität und Kundenbeziehungen und bildet daraus 64 Kriterien.

2

vgl. FAZ online vom 11.12.2017: Das Autohaus von morgen. Zuletzt abgerufen unter http://www.faz.net/-ikh-94otz am 31.1.2018.

3

Seit Anfang 2018 bietet Audi AG die iOS-App „Audi quattro® coaster AR“ im App-Store an, siehe https://itunes.apple.com/no/app/audi-quattro-coaster-ar/id1335984830?mt=8 (zuletzt abgerufen am 8.2.2018).

134

David Ruetz

und können so als Vorläufer digitaler Gestaltungselemente gelten, wie sie heute auf Messen und Events zur multisensualen Sinnesansprache eingesetzt werden, um virtuelle Inhalte zu vermitteln.4 Im vorliegenden Beitrag soll es zunächst darum gehen, mögliche Forschungsfelder im Zusammenspiel von Messestand und Digitalisierung zu definieren; dann soll ein Überblick über digitale, interaktive Werkzeuge gegeben werden, die aktuell (Stand: 2018) auf Messeständen zur Anwendung kommen bzw. verwendet werden könnten; besonderes Augenmerk soll dabei auf Anwendungen im Bereich Virtual Reality gelegt werden. Schließlich wird der Versuch unternommen, diese Technologien zu ordnen und für die Live Communication – jeweils unter Bezug auf Markeninszenie-rungen - zu bewerten. Da Messen und Events gleichermaßen als Teil der Live Communication betrachtet werden können (Zanger 2014; Kirchgeorg 2012; Kirchgeorg/Ermer 2014, S. 698), besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die nachstehend gewonnenen Erkenntnisse sowohl auf Messestände als auch auf Events anwendbar sind. Daher wird auf Events nicht im Einzelnen eingegangen, sondern als Untersuchungsgegenstand wird der Messestand herangezogen.

2 Einsatz digitaler Werkzeuge im stationären Handel Erkenntnisse zum Einsatz digitaler Tools5 liegen bereits aus anderen Forschungsfeldern vor (oder können aus der Praxis dafür herangezogen werden, wie das Beispiel oben aus dem Autohandel belegt). Im Einzelhandel werden seit langem Umweltdeterminanten in Ladengeschäften untersucht (vgl. Kotler 1973, Donovan/Rossiter 1982, Bitner 1992, Roschk/Correia Loureiro/Breitsohl 2016). McKinney identifizierte 2004 insgesamt 36 Standardvariablen - als atmospherics bezeichnet - bei Websites im Zusammenhang mit Online-Shops (McKinney 2004). In Erweiterung der Studien von Turley/Milliman (2000) und anderen wurde der Begriff „e-atmospherics“ für digitale Anwendungen in Shops („in-store retail technology“) geprägt (für eine Zusammenfassung hierzu siehe Kervenoael/Ozturkcan Aykac/Bisson 2008). Eine Mehrzahl von Untersuchungen konzentrierte sich auf den Einsatz digitaler Tools im Internet im Zu4

Zur Geschichte des Panoramas als Massenmedium vgl. auch Oettermann (1980).

5

Die Verwendung des Begriffs digitale Tools bzw. digitale Werkzeuge soll im Folgenden in Anlehnung an Kleinsteuber (2013, S. 62f.) sowohl digitale als auch interaktive Gestaltungselemente am Messestand implizieren.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

135

sammenhang mit Webshops und im Vertrieb, jedoch nicht unter Bezug auf deren Einsatz in Ladengeschäften (vgl. u. a. Pfeiffer et al. 2017; Ausnahmen: Poncin/Mimoun 2014, Grewal/Roggeveen/Nordfält 2017). Die Übertragbarkeit vieler Aspekte aus dem Retail auf den Bereich Messestand (als temporäre Markenräume) ist dabei jedoch gegeben, existierten doch seit den ersten Schritten des Onlinehandels in den 90er Jahren6 stets Bezüge zwischen dem Handel im Internet und stationärem Retailgeschäft (vgl. hierzu Eroglu et al. 2003 sowie Dailey 2004): „Rather than diminishing the traditional shopping experience, techniques that have been the preserve of the online shop are to some extent now informing the new in-store retail technology“ (Bodhani 2012, S. 46). Exemplarisch für die oben geschilderte Auflösung der Grenzen zwischen online und offline, zwischen stationärem Agieren und dem Einsatz von digitalen Werkzeugen, kann die Live-Chat-Aktion „The Great Escape“ von Graubünden Tourismus aus dem Jahr 2015 gelten.7 Eine vergleichbare Aktion aus dem Bereich Mixed Reality führte das Unternehmen 3spin aus Darmstadt im Auftrag der Deutschen Lufthansa AG auf deren Messestand auf der ITB Berlin 2018 unter dem Projektnamen „Soforturlaub“ durch.8

3 Bedeutung der Digitalisierung in der Live Communication Im Event- und Kongressbereich schreitet die Digitalisierung und damit der Einsatz digitaler Werkzeuge unaufhaltsam voran. Letztere werden sowohl von Ausstellern und Besuchern als auch von Veranstaltern und Messegesellschaften genutzt (vgl. Wiedmann/Kassubek 2017, S. 444). Das Suntec-Kongresszentrum in Singapur beispielsweise war weltweit einer der ersten Veranstaltungsorte mit einer digitalen Strategie, die alle Infrastruktur-, Event- und Ausstellungs-Bereiche umfasst.9 Auch Messestand-

6

Als erste Verkaufstransaktion im Internet gilt das Angebot am 11.8.1994 in den USA, eine Musik-CD von Sting zum Preis von 12,48 US-Dollar online zu erwerben (siehe https://www.fast company.com/3054025/youll-never-guess-what-the-first-thing-ever-sold-on-the-internet-was, zuletzt abgerufen am 29.1.2018).

7

vgl. dazu https://youtu.be/l8Y5MDVhZDQ, zuletzt abgerufen am 30.1.2018.

8

Siehe www.3spin.com (Lufthansa-Projekte).

9

vgl. https://www.suntecsingapore.com/press/2016/12/7/suntec-singapore-launches-the-easy-todeploy-affordable-immersiveav-suite-to-transform-audience-experience?rq=digital, zuletzt abgerufen am 26.1.2018.

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bau-Firmen nutzen unter anderem bereits heute Virtual Reality-Anwendungen zur Visualisierung ihrer Standkonzepte beim Auftraggeber.10 Der Begriff der Digitalisierung im Messewesen wurde - beim Aufkommen von Second Life und ähnlichen Plattformen ab 2003 - zunächst mit der Online-Substitution von Offline-Events gleichgesetzt (vgl. Kaplan/Haenlein 2009). Oft wird beim Schlagwort Digitalisierung auf die digitale Strategie von Messegesellschaften oder der umfassende digitale und meist marketingbezogene Ansatz von ausstellenden Unternehmen Bezug genommen (Delfmann/Dorn 2016; Kirchgeorg et al. 2017, insbes. S. 439ff.sowie 1057ff.). Die Fülle der digitalen Werkzeuge, die in temporären Markenräumen - beispielsweise auf Messen und Events - zum Einsatz kommen können, entbehrt jedoch aktuell noch einer systematischen Untersuchung. Es gibt derzeit lediglich Schätzungen darüber, was für eine Anzahl unterschiedlicher Branchen-Aussteller welche und wie viele verschiedene Arten digitaler Tools auf Messeständen verwenden. Hier lag bis vor kurzem noch eine quantitative Erkenntnislücke.11 Nach ersten Erkenntnissen hält ein Großteil der Messestände, die digitale Tools einsetzen, zunächst Bildschirme (Screens) und Tablets vor; danach kommen in der Häufigkeit gleich Head Mounted Displays (HMD) wie beispielsweise VR-Brillen. Rund 90 % internationaler Anbieter und über 80 % deutscher Veranstalter aus dem Bereich Live Communication gaben für ihr Geschäftsfeld unlängst an, „der verstärkte Einsatz moderner Technologien [habe] Priorität“ (Funk 2016, S. 12) und bezeichneten damit vorrangig digital basierte Werkzeuge. Aktuelle Erhebungen bestätigen diese Tendenz.12 Insbesondere Unternehmen, die auf Messen ausstellen, weisen der Digitalisierung ebenfalls eine zunehmende Bedeutung zu (78 %) und rechnen mit gestiegenem

10 Interview des Verfassers mit Frau Melany Sibal, Sibal Messebau GmbH, vom 8.1.2018. 11 Diese Lücke konnte am Beispiel der ITB Berlin 2018 – Internationale Tourismusbörse – geschlossen werden, in Ergänzung der Messestandbewertungen im Rahmen der „Best Exhibitor Awards“. Hier wurde eine quantitative Erhebung zu an Messeständen verwendeten Tools durchgeführt; daraus konnte eine Matrix zur Ermittlung der Relevanz von digitalen Tools bei Markeninszenierungen (u. a. auch in Relation zum Verhältnis von Systemstand und Individualstandbau auf der Messe) entwickelt werden. 12 vgl. beispielsweise das Meeting- & EventBarometer von EVVC, GCB und DZT, siehe https://www.evvc.org/de/engagement/Meeting-und-event-barometer/, zuletzt abgerufen am 6.12.2017.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

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Messeerfolg bei Investitionen in digitale Angebote (88 %). Dabei wurden mobile Applikationen („Apps“) als wichtigste digitale Instrumente für die Messe genannt (71 %). Ein großer Teil der genannten digitalen Angebote bezog sich jedoch auf Besuchernavigation und Veranstaltungsaktivitäten auf dem jeweiligen Messegelände;13 Tools zur Produkt- und Unternehmenspräsentation am Stand (und damit auch zur Markeninszenierung) wurden mit nur 32 % als weniger relevant bewertet (IKS 2015).14 Eine nicht repräsentative Recherche des Autors zum Thema „Einsatz von digitalen Werkzeugen in temporären Markenräumen“ zeigte, dass sich Praktiker im Bereich Live- und Markenkommunikation der Bedeutung der Digitalisierung zwar bewusst sind und dass zahlreiche digitale Werkzeuge bereits auf Events und auf Messen zum Einsatz kommen.15 Zum Thema Digitalisierung in der Live Communication scheint die wissenschaftliche Auseinandersetzung jedoch erst begonnen zu haben. Branchenverbände wie UFI oder AUMA hielten zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags noch keine entsprechenden eigenen Erhebungen über theoriegestützte Informationen bezüglich der Digitalisierung am Messestand vor16; gleichwohl zeigt die Gründung von „digitalen Laboren“17 und Innovationsclustern18 durch Messegesellschaften und andere Institutionen aus dem Veranstaltungssegment die Aktualität des Themas gerade im Hinblick auf Live Communication. Es verwundert also, dass es kaum empirische, the-

13 Die folgenden, auf den Messestand bezogenen Überlegungen könnten modifiziert und adaptiert auch für Events in Betracht gezogen werden. 14 „Digitalisierung der Messe“, Untersuchung vom September/Oktober 2015, Stichprobe: 172 Unternehmen: Konzerne, Großunternehmen, KMU; Segmente: 45% Messeveranstalter, 40% Messeaussteller, 15% Messedienstleister. Siehe dazu: IKS (2015). 15 Recherche des Autors vom Juli 2017, u. a. beim AUMA, FAMAB sowie auch beim GCSC (German Council of Shopping Centers). 16 Bestätigt durch E-Mail von AUMA-Referent H. Hochheim vom 18.7.2017 an den Verfasser. 17 Die Messe Madrid gründete im Sommer 2017 gemeinsam mit Ericsson und Telefònica ein solches „Forschungslabor 5G“, siehe http://ifemanews.ifema.es/index.php/en/2017/ 08/04/ifemahome-of-the-first-laboratory-of-5g-rd-and-prototyping/, zuletzt abgerufen am 17.8.2017. 18 GCB, IAO Fraunhofer und EVVC initiierten 2015 den „Innovationsverbund Future Meeting Space“, siehe https://www.gcb.de/de/trends-inspiration/future-meeting-space.html, zuletzt abgerufen am 18.8.2017.

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oretische oder konzeptionelle Beiträge zu digitalen Werkzeugen auf Messeständen gibt, obwohl eine hohe praktische Relevanz vorliegt.19

4 Forschungsfelder beim Einsatz von digitalen Werkzeugen auf Messeständen Ein Messestand, der mit digitalen Werkzeugen ausgestattet ist, bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Ganz bewusst soll im Folgenden nicht auf die digitale Entwicklung bei Messegesellschaften und Veranstaltern eingegangen werden, sondern auf die Unterstützung durch digitale Tools bei der Vermittlung von Markenbotschaften am Messestand.20 Als gelungenes Praxisbeispiel für die Verzahnung zahlreicher digitaler und analoger Werkzeuge zur Markenpräsentation einzelner Aussteller kann der bereits oben erwähnte Lufthansa-Messestand auf der ITB Berlin (Internationale Tourismusbörse) seit 2015 gelten.21 Der architektonisch beeindruckende, dreigeschossige Stand ist einerseits für sich gesehen bereits ein gelungenes Beispiel für Markenkommunikation. Andererseits kommen bei diesem Messeauftritt der Deutschen Lufthansa AG im Bereich Tourismusmarketing seit mehreren Jahren neue Technologien aus dem Bereich Virtual und Augmented Reality zur Anwendung. Betrachtet man einmal exemplarisch den Lufthansa-Messestand unter interdisziplinären Gesichtspunkten, wird deutlich, wie vielfältig hier mögliche Forschungsansätze Anwendung finden können. Die folgende Abbildung zeigt diese Ansätze (A bis D) im Überblick: A. mit Technologiebezug; B.1 und B.2 aus psychologischer Sicht; C. aus der Perspektive der Tourismusforschung; D.1 und D.2 aus dem Bereich Marketing und Handelsbetriebslehre, hier im Besonderen im Gebiet der Marken- und Eventforschung.

19 vgl. dazu den (mitunter einzigen) Beitrag von Wiedmann/Kassubek (2017) zu Virtualisierungspotenzialen während Messeveranstaltungen im „Handbuch Messemanagement“ (Kirchgeorg 2017). 20 Siehe vertiefend hierzu: Kuhrt/Steker 2017. 21 vgl. dazu Ruetz 2017, S. 100 sowie Lohmann/Pyka/Zanger 2017.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

139

Abb. 2: Untersuchungsgegenstand Messestand: Übersicht über mögliche transdisziplinäre Forschungsfelder und –ansätze am Beispiel des Lufthansa-Standes zur ITB Berlin 2018

B.1 Umweltpsychologie

A. HMD- und 3DTechnologie (Head Mounted Displays)

B. Psychologie

Digitale Tools am LufthansaMessestand (ITB)

B.2 Medienpsychologie / ImmersionsForschung

C. Tourismusforschung

D.2 Markenforschung

D. Marketing und Handelsbetriebslehre

D.1 Eventforschung

Quelle: eigene Erstellung

Im Bereich C. (Tourismusforschung), insbesondere im Zusammenspiel von Tourismus, Marke und Technologie beziehungsweise im Forschungsfeld Tourismusmarketing existiert bereits eine relevante Anzahl von Studien zum Einsatz digitaler Technologien (vgl. z. B. Stangl/Pesonen 2018), mithin besonders auch zu Virtual Reality (Jung/Tom Dieck 2018). Verbeek (2016) weist in diesem Zusammenhang auf die mediierende Wirkung eines solchen Werkzeugs hin. Kritiker des Einsatzes von Virtual Reality beim Tourismusmarketing insbesondere auf Messen merken an, dass die reale Erfahrung möglicherweise nicht mehr von Interesse für einige Messebesucher seien, wenn das Erlebnis Urlaub vorher virtuell vorweggenommen würde. Was die tatsächliche Reiseabsicht nach der Nutzung einer urlaubsbezogenen VR-Anwendung betrifft, liegt bislang offenbar nur eine Erhebung innerhalb der Studie von Gibson/O’Rawe (2018) vor.22 Sie zeigte zwar eine positive Besuchsabsicht in der Urlaubsdestination 22 Die Autoren untersuchten auf zwei B2C-Tourismusmessen in Irland im Jahr 2017 anhand des Technology Acceptance (TAM)-Modells die Usability von VR-Brillen im Kontext eines Messestandes in Korrelation zum Alter der Nutzer. Im Rahmen dieser Studie wurde eine Erhebung zur Frage nach der veränderten Besuchsabsicht gegenüber der Reisedestination Irland durchgeführt,

140

David Ruetz

bei Nutzern einer VR-Brille am Messestand, der untersuchte Wert war jedoch lediglich einer von elf abgefragten Bereichen und wurde auf Initiative des Standbetreibers Failté Tourism Ireland in die Untersuchung aufgenommen.23 Die Betrachtung aus tourismuswissenschaftlicher Sicht muss beim Lufthansa-Stand als marginal betrachtet und daher eliminiert werden, weil die Zielsetzung des Messeauftritts hier Markenrepräsentanz war und ist.24 Die übrigen Bereiche (A, B und D) bieten jedoch vielfältige Möglichkeiten weiterer wissenschaftlicher Betätigung. Für die Wirkungsmessung beim Einsatz digitaler Tools am Messestand können unterschiedliche Modelle herangezogen werden. Aus der Perspektive der Customer Centricity heraus betrachtet (Shah/Rust/Parasuraman et al. 2006), kann die folgende Darstellung veranschaulichen, welche Phasen im Messezyklus von Relevanz für den Einsatz von digitalen Werkzeugen am Messestand sind. Abb. 3: Kontaktpunkte bei der Customer Experience im Messezyklus

Anbahnung

Anreise

Messesbesuch/-teilnahme

Touchpoints

Initial-Phase Kommunikation im Vorfeld E-Ticketing Messe-App Website

Konvers-Phase Kommunikation im Nachgang

Aktiv-Phase

Info-Screens LBS

HMD/VR Navigations-App

Matchmaking

Nachbereitung

Abreise

Live Voting

TrackingAuswertung Lead-Erfasssung

Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Keck (2017)

5 Digitale Tools am Messestand Der vorliegende Beitrag listet rund fünfzig digitale Werkzeuge auf, die am Messestand eingesetzt werden können und die in der wissenschaftlichen Diskussion erwähnt werden (siehe Anhang, Tab. 4). Der Versuch einer Taxonomie ergibt, dass die Einteilung nach Kindler (2017) in die drei Bereiche Organisation, Präsentation und Partizipation jedoch nicht vor dem theoretischen Hintergrund eines spezifischen Modells aus der Umweltpsychologie betrachtet. 23 Gibson/O’Rawe 2018, S. 106. 24 vgl. dazu Landvogt et al. 2017.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

141

zu kurz greift, weil partizipative Elemente sowohl in der Organisation (beispielsweise zur Orientierung auf einem Messestand) als auch bei der Präsentation von Exponaten oder Inhalten zum Tragen kommen können. Weitere Optionen für Taxonomien haben Bloom et al. (1956ff.), Chennavasin (2016) sowie Yu/Kobert et al. (2017) vorgelegt. Da im Bereich der Digitalisierung kurze Innovationszyklen vorherrschen, bot es sich für den vorliegenden Beitrag an, anhand der Aufstellung der digitalen Werkzeuge eine Clusterung nach dem Einsatzzweck vorzunehmen und daraus eine mögliche Gliederung abzuleiten. Diese wird in der folgenden Abbildung dargestellt. Abb. 4: Gliederung digitaler Werkzeuge am Messestand nach jeweiligem Zweck des Einsatzes

Quelle: eigene Erstellung

Hinzu kommt eine weitere Betrachtungsweise, welche die jeweiligen Werkzeuge nach ihrer Technologie ordnet. Die nachstehende Abbildung zeigt diese Übersicht.

142

David Ruetz

Abb. 5: Gliederung digitaler Werkzeuge nach Technologie

Quelle: eigene Erstellung

Bei der Auswertung der digitalen Werkzeuge, die am Messestand und in der Live Communication eingesetzt werden können, erwies sich die Einteilung in vier bzw. sechs Kategorien als sinnvoll (je vier Kategorien nach Einsatzzweck und sechs Kategorien nach Technologie), weil dadurch alle Einsatzmöglichkeiten der verwende-ten Werkzeuge abgedeckt werden konnten. Dies lässt sich in der folgenden Darstel-lung zusammenfassen. Tab. 1: Kategorisierung digitaler Werkzeuge am Messestand (Mehrfachnennungen möglich)

Quelle: eigene Erstellung

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

143

Rund zwei Drittel der in Tabelle 4 (s. Anhang) erfassten etwa 50 Tools im Bereich Einsatzzweck entfallen auf Orientierung, Service und Kommunikation. Der Bereich Produktinformation bzw. Infotainment nimmt dagegen lediglich etwa 50 % ein (O1-30 = 63 %, Se1-29 = 61 %, K1-30 = 63 %, P1-26 = 55 %). Im Bereich Technologie hat „sonstige Software“ mit über 75 % den größten Anteil, Mobilitätssysteme hingegen lediglich 6 % (h1-6 = 13 %, sh1-24 = 51 %, m1-3 = 6 %, p1-9 = 19 %, so1-22 = 46 %, sso1-36 = 76 %). Hier wird deutlich, dass eine Mehrzahl der digitalen Werkzeuge, die derzeit auf dem Markt befindlich sind und die sich für Messestände eignen, software-basiert sind und der Orientierung und Kommunikation dienen. Dies sollte in der Praxis weiter untersucht werden.25

6 Einsatz von Virtual Reality (VR) am Messestand Vieles weist darauf hin, dass eine zunehmende Anzahl von Messestandbetreibern digital basierte Anwendungen einsetzen, um ihre Marke multimedial und multisensorisch zu kommunizieren. In Ergänzung zu Wiedmann/Kassubek (2017, S. 444), wonach „Fokussierung und Ergänzung von Messedienstleistungen unter Einsatz digitaler Lösungen [im] Dienstleistungsangebot“ insbesondere für Messeveranstalter relevant sei, lässt sich sagen, dass im Sinne eines Erlebnisses am Messestand (vgl. Ruetz 2017; siehe auch Daugherty(T.-Li/Biocca 2005, S. 2f.) auch Aussteller in näherer Zukunft vermehrt dazu übergehen werden, digitale Lösungen am Stand einzusetzen. Angesichts der großen Bandbreite digitaler Werkzeuge in der Live Communication bietet sich hier zur näheren Betrachtung eine Beschränkung auf Virtual Reality (VR) an, da sich in der Messepraxis Virtual Reality als Technologie derzeit am stärksten durchzusetzen scheint - unter anderem auch deshalb, weil Marken zu einem großen Prozentanteil visuell und akustisch wahrgenommen werden (Lindstrom 2005).26 Eine solche Markenpräsentation kann durch ein Head Mounted Display (HMD) wie zum Beispiel eine VR-Brille ohne Medienbrüche realisiert werden.

25 vgl. Anm. 11. 26 Lindstrom stellte fest, dass die visuelle beziehungsweise akustische Wahrnehmung von Marken (kumuliert) über 90% ausmacht und dass das nächste wahrgenommene Element der atmospherics olfaktorischen Charakter hat, jedoch erst mit einem Anteil von 75% als relevant bewertet wird (Lindstrom 2005, S. 85). Zur Definition von VR siehe Grosser 2017 sowie Dörner et al. 2014.

144

David Ruetz

Bereits 2016 erwog jeder Fünfte in Deutschland den Kauf einer VR-Brille.27 Seitdem haben Anbieter die VR-Technologie sowie deren Modellpalette und zugehörige Inhalte stetig weiterentwickelt. Es ist überdies zu erwarten, dass die Preise weiter sinken und damit der VR den Weg in den Massenmarkt geebnet wird. Für das Jahr 2020 wird weltweit ein Umsatzzuwachs bei VR von derzeit 500 Mio. auf 7,5 Milliarden Euro prognostiziert.28 VR aktiviert primär den Sehsinn beim Nutzer; der Sehsinn hat mit 10 Mio Bit/Sek. die größte Übertragungskapazität unter den fünf Sinnesorganen (vgl. Steiner 2017, S. 12) und rangiert damit als wichtigster Sinn bei Kaufentscheidungen (Wert: 58 %, Steiner 2017, S. 86). VR scheint daher geeignet, dem Nachfrager am Messestand eine immersive Erfahrung zu ermöglichen und ihn emotional mit einer Marke zu verbinden. Kritiker merken an, dass dabei die persönliche Disposition des Nutzers im Augenblick der Nutzung hohe Relevanz hat – die Neugier auf die Technologie überlagert das Interesse am Inhalt29 - und dass vielerorts Hard- und Software noch nicht ganz ausgereift sind (vgl. Tißler 2017). Sicherlich zutreffend, weil realistisch, ist die folgende Beschreibung der Wirkung von VR-Geräten beim Einsatz auf einer Reisemesse: „Entscheidend ist [dabei] die Intensität der Immersion, der Grad der Versenkung […]. 35 % der Nutzer werden laut einer Studie der Universität von Minnesota bereits nach zehn Minuten cyberkrank und leiden unter Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen oder Schweißausbrüchen. Der Grund der digitalen Reisekrankheit: Wir haben das Gefühl, in Bewegung zu sein, obwohl wir lediglich eine Brille aufhaben und in einem Sessel sitzen. Das Gleich-gewichtsorgan und das Auge tragen einen Sinneskonflikt aus. Ein Problem, an dem die Entwickler arbeiten.“30

27 vgl. Fehrenbach 2016; der geschätzte Umsatz mit VR-Brillen in Deutschland betrug 2016 rund 130 Millionen Euro. 28 Prognose der Deutsche Bank Research, in: Quirin 2017, S. 40. 29 vgl. dazu Gibson/O’Rawe 2018. Ich danke außerdem Frau Hanna Koblenz, Capital Services, Berlin, für ihre Auskunft zum Konsumentenverhalten beim Einsatz einer VR-Brille am Stand der „Initiative Tierwohl“ auf der Internationalen Grünen Woche, Berlin 2016. 30 Mühl 2017.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

145

Der Einsatz eines digitalen Werkzeugs in der Live Communication muss zwingend am Beispiel VR näher betrachtet werden, wie die nachfolgende Darstellung zeigt. Mehrere Untersuchungen aus der jüngeren Vergangenheit zeigen die Potenziale von VR bei der Erlebnisvermittlung am Stand auf. Hierbei ist zu bemerken, dass im Folgenden in diesem Beitrag mit dem Begriff VR auch weitere Anwendungen im Bereich Augmented Reality (AR) und Mixed Reality gemeint sind - auch wenn es dabei um „getrennte Technologien für unterschiedliche Anwendungsfelder“ geht (vgl. Tißler 2017, S. 65). Abb. 6: Gliederung des digitalen Werkzeugs VR beim Einsatz in Markenräumen

Quelle: eigene Erstellung

Bei der Untersuchung eines konkreten Fallbeispiels zur Live Communication in der Reise-Industrie im Bereich Tourismusmarketing auf einer Reisemesse kann der Untersuchungsgegenstand VR (wie in der nachfolgenden Darstellung gezeigt) aufgegliedert werden, beispielhaft dargestellt an einer Urlaubsregion, die sich auf einer Urlaubsmesse präsentiert. In der Retail-Forschung gibt es vergleichbare Ansätze, bei denen VR auf konkrete Anwendbarkeit hin überprüft wurde. Poncin/Mimoun erforschten 2014, wie neue Technologien in bereits vorhandene atmospherics integriert werden können und was für Auswirkungen diese Technologien auf Kundenwert, Zufriedenheit und Weiterempfehlungsabsicht hatten (vgl. Poncin/Mimoun 2014).

146

David Ruetz

Wesentlich problematischer gestalten sich Untersuchungen bei Veranstaltungen, die branchenbedingt auf Technologie fokussieren, da die Konsumenten dort meist mit der Intention kommen, neue Tools um der Technologie willen auszuprobieren.31 Abb. 7: Einsatz von Wearable-Technologien auf Live-Events (branchenspezifische Perspektive)

Quelle: eigene Erstellung

Im Zusammenhang mit VR auf Messen ist der fast täglich sich verändernden Entwicklung dieses digitalen Mediums besonders Rechnung zu tragen. Hinzu kommt, dass der Einsatz einer VR-Anwendung am Messestand zahlreiche benachbarte Anwendungen und Technologien mit einschließt. Daher wird im Anhang versucht, eine Übersicht über Hersteller und deren VR-bezogene Anwendungen zu geben (siehe Anhang, Tab. 2).

7 Zusammenfassung und Ausblick Es ist anzunehmen, dass der aktuelle Entwicklungsstand der Digitalisierung erst der Anfang der Möglichkeiten ist, die uns in wenigen Jahren zur Verfügung stehen werden. Das ubiquitäre Internet und die Entwicklungen von Industrie 4.0 machen auch vor dem Messestand nicht Halt. Derzeit stehen rund fünfzig digitale Werkzeuge für den Einsatz am Messestand zur Verfügung, deren Einsatz und Wirkung noch näher erforscht werden müssen. Kritisch bleibt jedoch zu hinterfragen, ob ein Zuviel an e31 vgl. Anmerkung 33.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

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atmospherics eine Marke nicht überlagern würde. Einiges weist darauf hin, dass – zumindest im Bereich B2C- derzeit der Wunsch für viele Messestandbesucher vorherrscht, lediglich die neue Technologie auszuprobieren. Das Interesse am Inhalt, der durch Technologie wie VR vermittelt wird, scheint in den Hintergrund zu geraten. Zwar erhöhen digitale Tools in ihrer Funktion als hooker32 die Besucherfrequenz, insbesondere bei B2C-Events am Stand. Ebenso besteht eine Wahrscheinlichkeit, dass die Interaktions- und Aufenthaltszeit des Besuchers dadurch verlängert wird. Überdies befriedigen interaktive Gestaltungselemente die Erwartung des Messebesuchers nach haptischen Erlebnissen im Gegensatz zu zweidimensionaler Präsentation mittels Bildern oder Prospekten. Künftige Studien sollten daher zunächst ermitteln, welchen quantitativen Anteil welche Arten von digitalen Elementen auf Messeständen haben; zudem könnte eine Bewertungsmatrix entwickelt werden, mittels derer die Eignung solcher Tools in der multisensorischen Markenkommunikation geprüft werden kann. Ziel weiterer Forschungsvorhaben könnte es auch sein, die Kommunikationswirkung eines Messestandes beim Einsatz digitaler Werkzeuge (im Besonderen: von VR) im Business-to-Business-Bereich zu erforschen, d. h. es sollte weiter ergründet werden, welchen Einfluss die Gestaltung eines temporären Markenraums auf die Markenwahrnehmung seitens des Standbesuchers hat. Weitere Forschungen in diesem Bereich könnten damit nicht nur einen aktuellen Blick auf die laufende digitale Transformation im Veranstaltungs- und Messewesen und bei ihren Stakeholdern - Aussteller, Besucher, Veranstalter und Messegesellschaften - ermöglichen, sondern Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung sowie Grenzen im Bereich 3D-Markeninszenierungen aufzeigen.

32 Zur Definition der Funktionen am Messestand (hooker, checker, tracker, seller) vgl. https://www.itb-berlin.de/media/itb/itb_dl_de/itb_aussteller_2/ITB_Austeller-Leitfaden.pdf, S. 19 (zuletzt abgerufen am 5.2.2018).

148

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Anhang Tab. 2: Übersicht über Hersteller und VR-bezogene Anwendungen33 Entwickler/ Hersteller 3spin Acer

Produktname(n) Lufthansa Travel Compass Windows Mixed Reality Headset

Kategorie (*HMD: Head Mounted Display) VR-Content-Entwicklung

Quelle

HMD*

https://www.microsoft.com/enus/store/d/acer-windows-mixedreality-headset-developeredition/8pb4twx13m2n https://altvr.com/

Altspace VR (gehört Microsoft) AR Studio

Altspace VR

Social Media-Plattform für VR

Facebook

Software

ARKit Asus

Apple Asus Windows Mixed Reality Headset Avegant Video Headset EVE Online CryEngine

Software HMD

Avegant CCP Games Crytek Cyberith Dexta Robotics Dell designatics production DODOcase EMcNeill Epic Unreal Engine Fierce Kaiju Fove Go4D Google

Google

https://www.3spin.com/de

https://developers.facebook.com/prod ucts/camera-effects/ar-studio/ https://developer.apple.com/arkit/ https://vr-world.com/windowsmixed-reality-vr-brille-asus-2018/

HMD und Mixed RealityPlattform VR-Spiel-Entwickler 3D Engine: VR ContentEntwicklung Peripherals / Haptics

https://www.avegant.com/ https://www.ccpgames.com/ http://www.crytek.com/cryengine

Cyberith Virtualizer Exoskeleton DEXMO Dell Visor

Peripherals / Haptics

http://www.dextarobotics.com/

HMD

Sonic Chair

Sonstige

http://www.dell.com/de-de/shop/dellvisor/apd/545-bbbe/spiele http://www.sonicchair.de/

SMARTvr

HMD

Skylight, Auralux, Tactera Unreal Engine 4

VR-Spiel-Entwickler

Viral Quarantine Fove 0 Goggle Tech C1Glass Google Cardboard

Google Cardboard App

3D Engine: VR ContentEntwicklung VR-Spiel-Entwickler HMD HMD HMD

App

https://www.cyberith.com/

http://www.dodocase.com/collections /smartvr http://www.emcneill.com/ www.unrealengine.com https://www.fiercekaiju.com/ https://www.getfove.com/ https://www.goggletech.com/vrsolution-1 https://store.google.com/product/goo gle_cardboard?utm_source=googlecardboard&utm_medium=MS&utm_cam paign=Google_Cardboard https://vr.google.com/intl/de_de/card board/apps/

33 Alphabetische Übersicht, nach Hersteller geordnet.; Die Auswahl wurde vom Verf. ohne Anspruch auf Vollständigkeit getroffen, da aufgrund der Kürze der Innovationszyklen regelmäßig neue Produkte auf den Markt kommen. Stand: Januar 2018.

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events Google GoPro, Inc.

HMD Kameras, Dronen

https://vr.google.com/daydream/ https://gopro.com/

HMD HMD

http://www.homido.com/en/grab http://www8.hp.com/us/en/campaign s/mixedrealityheadset/overview.html

HMD

https://www.vive.com/de/

VR-Spiel-Entwickler

http://imaginationstudios.cartoonnetw ork.de/

Spatial OS Intel Core i7

Game Development Processing Power

Jamie Hyneman

Vortrex VR Shoe

Wearables

KOR-FX

KOR-FX Immersive Gaming Vest Universal VR Dev Mount/Bundle Lenovo Explorer

Peripherals / Haptics

https://improbable.io/ https://www.intel.de/content/www/de /de/virtual-reality/virtual-realityoverview.html https://vrscout.com/projects/mythbust ers-jamie-hyneman-crowdfunding-vrshoes/# http://korfx.com/de/

LG

LG 360 VR Headset

HMD

LindenLab Magic Leap

Second Life Magic Leap One, Creator Edition View-Master VR

Social Media / VR HMD

Matterport Pro23D-Kamera

Kamera

http://shop.mattel.com/shop/enus/ms/view-master/view-mastervirtual-reality-starter-pack-dll68 https://matterport.com/

Social Media / VR HMD

https://www.mediaspike.com/ http://www.mergevr.com

HMD

https://www.mindmaze.com/

VR-Spiel-Entwickler Processing Power HMD, App

http://www.ndreams.com/ http://www.nvidia.de/page/home.htm l https://www.oculus.com

Kamera 3D Engine: VR ContentEntwicklung Kamera

https://occipital.com/ https://home.otoy.com/render/octanerender/ https://www.panono.com/de

Motion Capture Systems

https://neuronmocap.com/

HMD Kamera

www.phasespace.com http://pmdtec.com/news_media/press _release/obama_merkel.php

Homido HP HTC/VIVE IMGINATION Studios Improbable Intel

Leap Motion Lenovo

Mattel Matterport Mediaspike MERGE VR

Google Daydream GoPro Hero6, Drone Karma GRAB VR HP Windows Mixed Reality Headset HTC Vive, Vive Focus We Bare Bears

149

nDreams Nvidia

Merge VR/AR Goggles MASK, MindMotion Shoot Fruity Titan X

OCULUS (Facebook) Occipital OTOY

Oculus Rift, Oculus StructureSensor Octane Render

Panono

Panono 360 Camera 16k PN 2.0

Mindmaze

Perception Neuron Phasespace PMD Technologies AG

Impulse X2E 3D Time-ofFlight-Kamera

Peripherals / Haptics

https://www.leapmotion.com/product /vr/

HMD

https://vr-world.com/lenovoexplorer-windows-mixed-realityinfos-vr-brille-pc-check-trackingcontroller-test/ http://www.lg.com/us/mobileaccessories/lg-LGR100AVRZTS360-vr https://www.lindenlab.com/ https://www.magicleap.com/

HMD

150

David Ruetz

Qualcomm, Inc. Razer Samsung

(mit Google CardBoard) Snapdragon 845

Processing Power

https://www.qualcomm.com/

HDK2 Gear VR

HMD HMD

Samsung

Gear 360 Camera

Kamera

Sensics Shinecon

HMD HMD

Theta Unimersiv

RideVR Shinecon G01(04) VR 3D Glasses SiegeVR PlayStation VR (früher: Sony Morpheus) Pocket-VR with CandyShell Grip RICOH Theta SC Ancient Rome

https://www.razerzone.com/de-de/ http://www.samsung.com/de/wearabl es/gear-vr-r323/ http://www.samsung.com/de/gear360/ http://sensics.com/ http://www.shinecon.com/products

Unity 3D

Unity 2017.3

Valve

Dota 2

Virtuix VR-bits

Omniverse VR Saving Planet A Batman, Jurassic World Wearality Sky Crystal Rift Zeiss VR ONE Plus

Sixense Sony Interactive Entertainment Speck

VRSE Wearality WEARVR ZEISS

Quelle: eigene Erstellung

Peripherals / Haptics HMD

https://www.sixense.com/ https://www.playstation.com/dede/explore/playstation-vr/

HMD

http://www.speckproducts.com/pocke t-vr.html https://theta360.com/de/ https://unimersiv.com/

Kamera 3D-Apps for Training+Education 3D Engine: VR ContentEntwicklung 3D Engine: VR ContentEntwicklung Peripherals / Haptics VR, AR, Gaming-Lösungen

http://www.virtuix.com/ http://www.vr-bits.de/

VR-Spiel-Entwickler

http://www.vrse-vr.com/

HMD VR App Store HMD

http://wearality.com/ https://www.wearvr.com/ https://www.zeiss.de/virtualreality/home.html

https://unity3d.com/de http://www.valvesoftware.com/

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

151

Tab. 3 (zugleich Tab. 1, s.o.): Abkürzungen und Erläuterungen zu Tabelle 4

Quelle: eigene Erstellung (Mehrfachnennungen möglich) Tab. 4: Verzeichnis digitaler Werkzeuge und Technologien, die im Retail-Bereich als „e-atmospherics“, am Messestand und bei weiteren Formen von Live Communication eingesetzt werden können (alphabetische Aufstellung); vgl. dazu die vorangestellte erläuterte Übersicht über die Abkürzungen (Tab. 3) 34 Digitales Werkzeug (alphabetische Aufstellung)

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Apps

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Artificial Intelligence (AR) Augmented Reality (AR), s. auch: HMD, VR

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Autonom fahrende Fahrzeuge Chatbots

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Digital Experience Pass

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Quellen, Bezug

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Inman (2017), Grosser (2017) Grewal (2017) Grewal (2017) Tomar (2016), Grewal (2017), Grosser (2017), Wegner (2017), Cadirci (2016) Grewal (2017)

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m

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Dronen Games Gesture control technology (siehe AR) Head Mounted Displays (HMD), s. auch AR

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Zumstein/Hundertmark (2017) Entwickler: Mutabor/Schmidhuber, s. dazu http://www.mutabor.de/projec t/identity-experience-audiparis-2016/ Grewal (2017) Grosser (2017) Rahman (2017) Rahman (2017)

x

34 Ein aktuelles Online-Kompendium digitaler Werkzeuge für Events und auf Messen ist durch den Autor dieses Beitrags in Planung und abrufbar unter www. DigitaleTools.word-press.com.

152 Digitales Werkzeug (alphabetische Aufstellung) Hologramm-Projektion iBeacon-Technologie (ortskontextuelle Funktionen) Informations-Screens Indoor-Navigation In-Store CRM: Personalisierte Preisschilder, Messages (auch Gesichtserkennung) In-Store WiFi Internet of things LED-Wall (-Wand) Live Boards

David Ruetz O

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Live Stream Live Voting / Voting Tools Location Based Services (LBS) indoor LBS outdoor Matchmaking Tools Medientische / Touch displays Mixed Reality (AR+VR) Mobile Business (MBusiness): Mobile Ticketing, Mobile Payment Mobile PoS Motion Capturing Devices: VR-Suit Newsrooms QR codes, barcodes (scanbar) Registration Tools RFID Robots / Humanoide Systeme Shelving Systems Smart phone coded tags Sonic Chairs Social Media/ interactive kiosks Tablet Technology Touch Screens in in-shop kiosks Twitter Wall Video-Mapping Virtual Reality (VR)

x

Virtuelle Messe(n) Wearable Technologies 360° Cloud Arena 3D projection mapping

x x x x

Quelle: eigene Erstellung

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Quellen, Bezug

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Funk (2017) Grosser (2017)

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Schweiz Tourismus, LH/3spin (Darmstadt) Funk (2016) Funk (2016) Tomar (2016), Inman (2017)

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Tomar (2016) Grosser (2017) Poncin (2014)

x x

x

diverse Yang, S. et al (2012)

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Aloysius (2016) Gall (2004)

x

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x x x

IKS (2015) Tomar (2016), Inman (2017) Gopalakrishna et al. (2010) Grosser (2017) Rashid et al. (2015) Grewal (2017)

x x x x

Inman (2017) Tomar (2016) Theede (2012) Rahman (2017)

x x

x x

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x x x

Tomar (2016) Tomar (2016) Rahman (2017) Funk (2016) Ekim (2011) Grewal (2017); Grosser (2017), Wegner (2017)

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Grewal (2017)

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Grosser (2017) Inman (2017)

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x x x x

Grosser (2017) Saatchi+Saatchi (2013) Rahman (2017)

Digitale Tools bei Markeninszenierungen auf Messen und Events

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Jan Drengner Das Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings von Destinationsmarken am Beispiel des Rheinland-Pfalz-Tages 1

Einleitung

2

Veranstaltungen als Instrument der Markenführung touristischer Destinationen

3

Destinationsspezifische Veranstaltungs-Apps als Instrument zur Verknüpfung von Veranstaltung und Destinationsmarke

4

Analyse des Potentials einer destinationsspezifischen Veranstaltungs-App für den Rheinland-Pfalz-Tag

5

4.1

Untersuchungsgegenstand

4.2

Beschreibung der Studie

4.3

Ergebnisse

Fazit

Literaturverzeichnis

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 C. Zanger (Hrsg.), Events und Marke, Markenkommunikation und Beziehungsmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6_7

Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings

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1 Einleitung Aufgrund von Phänomenen, wie der kontinuierlichen Erschließung neuer Zielgebiete für Touristen, dem Ausbau touristischer Infrastrukturen oder der gewachsenen Markttransparenz durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien, stehen touristische Zielgebiete (Destinationen) in einem intensiven Wettbewerb um Gäste. Dies führt dazu, dass die für die Vermarktung der Zielgebiete verantwortlichen Destinationsmanagement-Organisationen (DMO) vermehrt auf das Konzept der Markenführung zurückgreifen (vgl. Thilo 2017, S. 103ff.; García/Gómez/Molina 2012, S. 646f.; Qu/Kim/Im 2011, S. 465f.), indem sie die von verschiedenen Leistungsträgern (z. B. Beherbergungsunternehmen, Restaurants, Freizeiteinrichtungen) in der Destination erbrachten Angebote durch den Einsatz von Marketinginstrumenten unter einer Destinationsmarke zusammenfassen (vgl. Scherhag 2003, S. 99f.). Der Begriff der Destinationsmarke beschreibt die Kennzeichnung eines touristischen Zielgebietes mittels eines Namens, Symbols, Logos oder anderer Gestaltungselemente, anhand derer Personen das Zielgebiet identifizieren und von Konkurrenzangeboten differenzieren können. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, Präferenzen für die Destination aufzubauen (vgl. Scherhag 2003, S. 100). Diese nachfragerbezogene Definition beruht auf der Erkenntnis, dass eine Person aufgrund ihrer Interaktionen und Kontakte mit einer Destination – z. B. während ihres Aufenthalts vor Ort oder durch Berichte der Medien – mit der Marke bestimmte Erfahrungen und Erlebnisse, Images, Kognitionen, Gefühle und Verhaltensweisen assoziiert, die ihrerseits wiederum die Bedeutung der Destinationsmarke für die Person prägen. Ein solches Brand Meaning (vgl. Drengner 2013, S. 30; Sherry, 2005, S. 42; Berry 2000, S. 129) gilt als wichtiges Konzept zum Aufbau starker Marken (vgl. García/Gómez/Molina 2012; Berry 2000). Somit besteht ein zentrales Ziel der Markenführung darin, den Zielgruppen entsprechende Anreize bzw. Angebote für Interaktionen und Kontakte mit der Destination zu bieten, welche die Entstehung des von der DMO gewünschten Brand Meanings unterstützen (vgl. Drengner/Jahn/Gaus 2013, S. 155). Ein dafür geeignetes operatives Instrument der Markenführung sind die in einer Destination stattfindenden Veranstaltungen (vgl. Herstein/Berger 2014; Brown et al. 2004, S. 283ff.). Diese können ihre Wirkung jedoch nur entfalten, wenn die Konsumenten ihre durch die Veranstaltung ausgelösten Erlebnisse, Images, Kognitionen, Gefühle etc. nicht ausschließlich mit der Veranstaltung assoziieren, sondern auch auf die Destinationsmarke übertragen.

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Jan Drengner

Für die Markenführung erwächst daraus die Forderung nach einer möglichst engen Verknüpfung der Destinationsmarke mit der Veranstaltung. Dies lässt sich beispielsweise mit Hilfe von Kommunikationsmaßnahmen oder der leistungspolitischen Verzahnung der Veranstaltung mit anderen destinationsspezifischen Angeboten (z. B. Veranstaltungsbesuch inkl. Hotelübernachtung) umsetzen. Darüber hinaus bietet der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien die Chance, die Wirkungen von Veranstaltungen auf das Brand Meaning einer Destinationsmarke zu optimieren. Ein konkretes Instrument bilden dabei Softwareapplikationen auf mobilen Endgeräten (Apps), die den Veranstaltungsbesucher nicht nur über die Veranstaltung, sondern auch über die Veranstaltungsdestination informieren. Das Ziel des vorliegenden Beitrags besteht darin, die Bedeutung solcher destinationsspezifischen Veranstaltungs-Apps im Rahmen der Führung von Destinationsmarken zu erörtern. Dazu wird im nächsten Abschnitt zunächst auf Veranstaltungen als Instrument zur Beeinflussung des Brand Meanings eingegangen. Anschließend steht die Frage im Mittelpunkt, wie Veranstaltungs-Apps einen Bezug zwischen Veranstaltung und Destinationsmarke herstellen können. Im vierten Kapitel wird am Beispiel des Rheinland-Pfalz-Tages 2016 empirisch untersucht, inwieweit die Besucher dieser Veranstaltung eine solche App nutzen würden. Der Beitrag endet mit einem Fazit.

2 Veranstaltungen als Instrument der Markenführung touristischer Destinationen Im Kontext des Destinationsmanagements umfasst die Markenführung sämtliche Entscheidungen und Maßnahmen einer DMO, die darauf abzielen, eine Destinationsmarke aufzubauen, zu pflegen und erfolgreich am Markt durchzusetzen (vgl. Burmann/Meffert/Koers 2005, S. 9; Blain/Levy/Ritchie 2005; Scherhag 2003, S. 262ff.). Ein wichtiger Schritt im Markenführungsprozess besteht dabei in der Bestimmung der Merkmale, die aus Sicht der DMO besonders stark den Charakter einer Marke prägen und damit geeignet sind, die Destination von Wettbewerbern zu differenzieren. Diese Markenidentität (vgl. Burmann et al. 2015, S. 38; Scherhag 2003, S. 71) fungiert als Ausgangspunkt strategischer Entscheidungen, wie etwa der Festlegung von Markenarchitektur und Markenpositionierung. Darauf aufbauend wird die Identität der Destination auf der Ebene des operativen Marketings – z. B. in Form von Angeboten destinationsspezifischer Leistungsträger (z. B. Museen, Hotels) oder durch Kommunikationsmaßnahmen der DMO – für die externen Zielgruppen erfahrbar gemacht.

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Kommen die Konsumenten mit diesen Stimuli in Kontakt, so generieren sie daraus in Co-Creation-Prozessen ihre individuellen Erlebnisse, die wiederum das Brand Meaning der Destinationsmarke prägen (vgl. Drengner/Jahn/Gaus 2013, S. 153ff.). Ein für die operative Markenführung nutzbares Instrument zur Beeinflussung des Destinationserlebnisses sind die in einer Destination sattfindenden Veranstaltungen (vgl. Brown et al. 2004, S. 283ff.; Jago et al. 2003). Dabei bieten sich in Anlehnung an Herstein und Berger (2014) sowie Chalip und Costa (2005, S. 223ff.) folgende Einsatzmöglichkeiten: (a) Einsatz etablierter Eventmarken als temporärer Bestandteil der Destinationsmarke (Co-Branding): Bei diesem Ansatz fungiert die Destination als zumeist einmaliger Austragungsort solcher Veranstaltungen, die bei den von der DMO anvisierten Zielgruppen bereits als Marke etabliert sind. Das Spektrum dieser sog. Eventmarken (vgl. Bär/Lehnigk 2015) reicht dabei von internationalen Großveranstaltungen (z. B. FußballWeltmeisterschaft, Olympische Spiele, Weltausstellung), über nationale Ereignisse (z. B. Bundesgartenschau) bis hin zu regional bedeutsamen Veranstaltungen (z. B. Landesfeste). Indem Event- und Destinationsmarke gemeinsam präsentiert werden, besteht die Chance, das Brand Meaning der Destinationsmarke durch die Veranstaltung zu beeinflussen. Durch ein solches Co-Branding lässt sich zunächst die Aufmerksamkeit der Konsumenten von der Eventmarke auf die Destinationsmarke lenken (vgl. Ritchie/Smith 1991). Weiterhin zeigen Studien, dass Destinationen vom positiven Image der Eventmarke profitieren (vgl. Lepp/Gibson 2011; Florek/Breitbarth/Conejo 2008; Xing/Chalip 2006; Ritchie/Smith 1991) oder Touristen zu einem Besuch der Destination animiert werden können (sog. Event-Touristen) (vgl. Kaplanidou 2007; Barker/Page/Meyer 2001). Letztlich führt die Durchführung national und international bedeutsamer Veranstaltungen häufig auch zu infrastrukturellen Änderungen in einer Destination (z. B. Neubau oder Modernisierung von Veranstaltungsstätten) (vgl. Solberg/Preuss 2007). Somit entstehen zusätzliche Erlebnisangebote, die auch noch nach Abschluss der Veranstaltung das Brand Meaning der Destinationsmarke nachhaltig prägen können (Bsp. Olympiastadion München).

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Jan Drengner (b) Einsatz von Veranstaltungen als prägender Bestandteil der Destinationsmarke: Regelmäßig in einer Destination stattfindende, überregional bedeutsame Veranstaltungen, wie etwa Festivals (z. B. Wacken Open Air), Festspiele (z. B. Bayreuther Festspiele) oder Sportereignisse (z. B. Berlin Marathon), lassen sich im Rahmen der Markenführung zu einem eigenständigen, das Brand Meaning prägenden Bestandteil einer Destinationsmarke entwickeln. Dabei kann die jeweilige Veranstaltung einerseits explizit an den bereits in der Markenführung genutzten Inhalten anknüpfen und somit als zusätzliches Leistungsangebot der Destination das bisherige Brand Meaning stärken. So veranstaltet beispielsweise die Stadt Worms seit 2002 jährlich die Nibelungenfestspiele (vgl. Nibelungenfestspiele gGmbH der Stadt Worms 2018), um ihre historisch gewachsene Bedeutung als „Nibelungenstadt“ (vgl. Stadtverwaltung Worms 2018) insbesondere bei der Gruppe der Kulturtouristen zu festigen. Andererseits können DMOs Veranstaltungen etablieren, die das bestehende Brand Meaning einer Destination inhaltlich erweitern und somit neue Zielgruppen ansprechen. In Worms erfolgt dies beispielsweise durch das Musikfestival „Jazz & Joy“, welches vor allem Jazz- und Rockfans anspricht. Finden die Veranstaltungen regelmäßig statt, können daraus im Laufe der Zeit eigenständige Eventmarken entstehen. Im Extremfall erlangen diese eine so große Bedeutung, dass die Destination mit ihnen gleichgesetzt wird (vgl. Chalip/Costa 2005, S. 228). Dies gilt beispielsweise für die Kommunen Wacken (Niedersachsen) und Wimbledon (London), deren Brand Meaning fast ausschließlich auf den an diesen Orten stattfindenden Veranstaltungen (Musikfestival, Tennisturnier) basiert. (c) Einsatz von Veranstaltungen als zusätzliches Leistungsangebot der Destinationsmarke: Nicht jede Veranstaltung besitzt per se das Potential populärer Eventmarken, die Konsumenten – im Sinne einer touristischen Hauptleistung – zum Besuch einer Destination zu animieren und damit zu einer prägenden Komponente des Brand Meanings zu werden (vgl. Chalip/Costa 2005, S. 228). Dennoch können auch Veranstaltungen, die Touristen eher als Nebenleistung im Rahmen einer anderweitig motivierten Reise in Anspruch nehmen (vgl. Rück 2016a, S. 42), die Bedeutung einer Destinationsmarke beeinflussen. Hierzu zählen beispielsweise kleinere Veranstaltungen mit regionalem Einzugsgebiet, wie Kirchweihfeste

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oder Karnevalsfeiern, bei denen Touristen die Traditionen und das Lokalkolorit einer Destination „hautnah“ erleben können. Generell besitzen solche Veranstaltungen das Potential, sich bei einer entsprechenden Vermarktungsstrategie im Laufe der Zeit zu einer eigenständigen Eventmarke – im Sinne des unter b) erläuterten Vorgehens – zu entwickeln. Ein erfolgreicher Einsatz der Ansätze a) bis c) im Rahmen der Markenführung setzt voraus, dass die Veranstaltungsbesucher die Destinationsmarke bzw. ihre Leistungsangebote wahrnehmen. Geschieht dies nicht, kann der zur Beeinflussung des Brand Meanings notwendige Transfer der durch die Veranstaltung ausgelösten Erlebnisse, Images, Kognitionen, Gefühle etc. auf die Destinationsmarke nicht stattfinden. Bewerten die Konsumenten die Veranstaltungsdestination außerdem als ungeeignet für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse, so besteht das Risiko, dass sich deren Aufenthalt in der Destination auf den Veranstaltungsbesuch beschränkt. Weitere das Brand Meaning prägende Erlebnisse, wie sie beispielsweise aufgrund einer Übernachtung vor Ort oder dem Besuch einer Sehenswürdigkeit entstehen würden, bleiben somit aus. Für DMOs erwächst daraus die Aufgabe, eine möglichst enge Verknüpfung der Destinationsmarke mit der Veranstaltung aufzubauen (vgl. Pennington-Gray/Holdnak 2002, S. 178). Dies kann zunächst auf direktem Wege erfolgen, indem die Veranstaltung ausgewählte, in der Markenidentität festgelegte Merkmale unmittelbar thematisiert (z. B. Nibelungenfestspiele) oder indem die Destination einen festen Bestandteil des Markennamens der Veranstaltung bildet (z. B. Bayreuther Festspiele, Wacken Open Air, Berlin Marathon). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Veranstaltung und Destinationsmarke durch die Gestaltung der Instrumente des Marketing-Mix indirekt miteinander zu verbinden:  Bei der leistungspolitischen Verknüpfung stellt die DMO durch die Wahl der Veranstaltungsstätte eine räumliche Verbindung zwischen der Veranstaltung und der Destination her. Dies erfolgt durch die Nutzung einer möglichst zentral gelegenen Veranstaltungsstätte (z. B. Innenstadt), die es den Konsumenten erlaubt, im Kontext ihres Veranstaltungsbesuches auch andere, für das Brand Meaning relevante Leistungsangebote der Destination nachzufragen (z. B. Besuch eines nahegelegenen Restaurants vor oder nach der Veranstaltung). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, markante Gegebenheiten der Destination, wie etwa historische

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Jan Drengner Marktplätze, Schlösser oder Naturdenkmäler, als Kulisse für die Veranstaltung zu nutzen (z. B. Wormser Dom als Kulisse der Nibelungenfestspiele).  Bei der preis- und vertriebspolitischen Verknüpfung wird die Veranstaltung als Element eines Leistungsbündels gemeinsam mit anderen Angeboten der Destination vermarktet (vgl. Drengner et al. 2016, S. 215; Chalip/McGuirty 2004, S. 270ff.). Zu einem Bündelpreis erhalten Touristen sowohl ihr Veranstaltungsticket als auch Zugang zu solchen Leistungen, die aus Sicht der DMO das Brand Meaning der Destinationsmarke besonders prägen. Beispielsweise bietet es sich für die Nibelungenfestspiele an, diese Veranstaltung in einem Paket mit einem Besuch des Nibelungenmuseums oder mit einer Weinverkostung zu verkaufen. So wird nicht nur die Markenbedeutung der Stadt Worms als „Nibelungenstadt“ gestärkt, sondern auch ihre kulinarische Facette als „Weinstadt“ (vgl. Stadtmarketing Nibelungenstadt Worms e.V. 2018) betont. Indem die Veranstaltung als Bestandteil eines Leistungsbündels vermarktet wird, dient sie aus vertriebspolitischer Perspektive gleichzeitig als Absatzkanal für andere destinationsspezifische Angebote und umgekehrt (z. B. Hotel bietet Arrangement, welches einen Veranstaltungsbesuch inkludiert).  Im Rahmen der kommunikationspolitischen Verknüpfung wird mittels Kommunikationsmaßnahmen ein Zusammenhang zwischen der Destination und der Veranstaltung aufgebaut. Hierzu steht DMOs das umfangreiche Arsenal der Instrumente der Marketingkommunikation zur Verfügung (vgl. Bruhn 2015, S. 361ff.). Dabei ist bei der Gestaltung der Kommunikationsmittel darauf zu achten, dass sowohl die Destinationsmarke als auch die Veranstaltung prägnant dargestellt werden: Nur wenn die Rezipienten eines Kommunikationsmittels (z. B. Anzeige, Plakat, Post in sozialen Medien) beide Objekte wahrnehmen, bauen sie die – für den Kommunikationserfolg notwendige – mentale Verknüpfung zwischen Destinationsmarke und Veranstaltung auf. Darüber hinaus können DMOs die Kommunikationskanäle des Veranstalters nutzen, um vor, während und nach der Veranstaltung auf die Destinationsmarke zu ver-

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weisen (z. B. durch Präsenz während der Veranstaltung in Form von Informationsständen).

3 Destinationsspezifische Veranstaltungs-Apps als Instrument zur Verknüpfung von Veranstaltung und Destinationsmarke Weitere Möglichkeiten der Verknüpfung von Destinationsmarke und Veranstaltung bieten mobile Informations- und Kommunikationstechnologien in Form von Smartphones und darauf gespeicherten Softwareapplikationen (Apps). Mit Hilfe der in Smartphones verbauten Sensoren (z. B. GPS-Sensor, Gyroskop, Magnetometer, Helligkeitssensor, Pulsmesser) und Antennen (z. B. Bluetooth, Near Field Communication) sowie durch Rückgriff auf systemintern gespeicherte anwenderbezogene Informationen (z. B. Alter, Geschlecht, Wohnort, Konsumgewohnheiten) sind diese Technologien in der Lage, ihre Funktionalität an den jeweiligen Nutzungskontext anzupassen und dem Konsumenten somit einen entsprechenden Mehrwert zu stiften (vgl. Reckenfelderbäumer/Arnold 2012; Tan et al. 2009). Dies gilt auch für Apps, die für konkrete Veranstaltungen entwickelt werden. Solche Veranstaltungs-Apps eröffnen ihren Nutzern eine Vielzahl von Vorteilen, wie beispielsweise schnellen und individualisierten Zugang zu veranstaltungsbezogenen Informationen (z. B. Programm, Programmänderungen, Veranstaltungsstätte), Unterstützung bei der Navigation auf dem Veranstaltungsgelände, Möglichkeiten der Interaktion mit anderen Veranstaltungsbesuchern oder eine stärkere Integration in den Veranstaltungsablauf (vgl. Rietbrock 2017, S. 245ff.; Dams/Luppold 2016, S. 3ff., Rück 2016b; Luxford/Dickinson 2015). Neben solchen veranstaltungsspezifischen Informationen lassen sich auch Verweise auf die Destination in eine Veranstaltungs-App integrieren (vgl. Dams/Luppold 2016, S. 4). Dies sorgt bei den Anwendern nicht nur für eine bessere mentale Verknüpfung zwischen Destinationsmarke und Veranstaltung. Vielmehr eröffnet es auch die Chance, dass Veranstaltungsbesucher die in der App dargestellten Leistungsangebote (z. B. Sehenswürdigkeiten, Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants, Verkehrsmittel) in der Destination nachfragen. In Abhängigkeit von ihrer inhaltlichen Gestaltung können solche destinationsspezifischen Veranstaltungs-Apps sowohl extrinsischen als auch intrinsischen Wert stiften. Extrinsischer Wert entsteht, wenn der Anwender mit Hilfe der App einen für ihn wichtigen übergeordneten Zweck erreicht (vgl. Holbrook 1994, S. 39ff.). Beispielsweise indem er – wie in einem klassischen Reiseführer – schnell und effizient Infor-

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Jan Drengner

mationen über die Destination und ihre Leistungsangebote erhält. Intrinsischer Wert basiert hingegen auf den unmittelbar durch die Nutzung der App ausgelösten, als belohnend und vergnüglich empfundenen Erlebnissen, wie es etwa bei Spiele-Apps der Fall ist. Generell können Apps gleichzeitig beide Arten von Wert stiften. Im touristischen Kontext tritt dies bei solchen Apps auf, die Daten und Fakten über eine Destination (extrinsischer Wert) auf eine für den Anwender unterhaltsame Art und Weise (intrinsischer Wert) vermitteln. Beispiele hierfür sind der Einsatz von Erzählungen (Storytelling) (vgl. Drengner/König 2017; Lombardo/Damiano 2012) oder die als Gamification bezeichnete Nutzung von Elementen des Spieldesigns (z. B. Punkte, Level) (vgl. Xu/Buhalis/Weber 2017; Linaza/Gutierrez/García 2014) als „dramaturgische Verpackung“ touristisch relevanter Informationen. Darüber hinaus betonen Forschungen aus dem Bereich der Mensch-Computer-Interaktion, dass auch bei Technologien, die hauptsächlich auf eine extrinsische Wertstiftung fokussieren, hedonistische Merkmale das Erleben des Anwenders – die sog. User Experience – beeinflussen (vgl. Hassenzahl/Tractinsky 2006). Somit ist auch bei der Gestaltung eher zweckorientierter destinationsspezifischer Veranstaltungs-Apps (z. B. zur Informationssuche oder Navigation auf dem Veranstaltungsgelände) darauf zu achten, dass sie dem Nutzer Vergnügen bereiten (z. B. aufgrund ihrer ästhetischen Wirkung oder stimulierenden Interaktionselemente). Zusammenfassend eröffnen destinationsspezifische Veranstaltungs-Apps die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Veranstaltungsbesucher auf bestimmte, für das Brand Meaning relevante Merkmale und Leistungsangebote einer Destination zu lenken. Damit erfüllen sie zunächst eine kommunikationspolitische Funktion. Stiften sie dem Anwender außerdem intrinsischen Wert, dann lassen sich solche Technologien auch als zusätzliches Leistungsangebot einer Destination interpretieren. Eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von destinationsspezifischen Veranstaltungs-Apps ist deren Akzeptanz bei den Zielgruppen. So nutzten im Jahr 2017 bereits 81 % der Deutschen ein Smartphone. Bei den 14- bis 49-jährigen lag der Wert sogar über 95 % (vgl. Bitkom e. V. 2017, S. 15). Weiterhin beurteilten 80 % der Smartphone-Nutzer ihre mobilen Endgeräte als wertstiftend, indem sie diese Technologie als große Erleichterung in ihrem Alltag empfanden (vgl. Bitkom e. V. 2017, S. 17). Zwar verdeutlichen diese Daten eine hohe Akzeptanz von Smartphones, sagen

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jedoch nur wenig über die Wahrscheinlichkeit der Nutzung bestimmter App-Formate aus. Somit erscheint es sinnvoll, dass sich Veranstalter und DMOs mit der Akzeptanz solcher Apps in ihrer jeweiligen Zielgruppe auseinandersetzen. Im Folgenden wird am Beispiel des Rheinland-Pfalz-Tages 2016 empirisch geprüft, inwieweit der Einsatz einer Veranstaltungs-App als Instrument zur Beeinflussung des Brand Meanings der Ausrichter-Stadt dieser Veranstaltung erfolgsversprechend sein könnte.

4 Analyse des Potentials einer destinationsspezifischen Veranstaltungs-App für den Rheinland-Pfalz-Tag 4.1 Untersuchungsgegenstand Beim Rheinland-Pfalz-Tag (RLP-Tag) handelt es sich um ein dreitägiges, von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz veranstaltetes Fest, welches im jährlichen Wechsel jeweils von einer anderen rheinland-pfälzischen Stadt ausgerichtet wird. Auf dem Landesfest treten verschiedene Akteure, wie beispielsweise die Landesregierung, Landesämter, Verbände, Streitkräfte, Medien, Kirchen oder Blaulichtorganisationen (Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste), mit eigenen Angeboten (z. B. Musikbühnen, Informationsstände, kulinarische Angebote) auf und präsentieren den Veranstaltungsbesuchern somit verschiedene Facetten des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Die Veranstaltung findet seit 1984 statt und verzeichnet regelmäßig mehr als 200.000 Besucher (vgl. z. B. Staatskanzlei Rheinland-Pfalz 2018; Ehlke 2017). Aufgrund dieser Fakten kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem RLP-Tag um eine regional etablierte Eventmarke handelt. Die Veranstaltung bietet der jeweiligen Ausrichter-Stadt die Chance, die Eventmarke „RLP-Tag“ – im Sinne eines Co-Brandings – temporär für den Aufbau bzw. die Pflege ihrer Destinationsmarke zu nutzen. Durch die Präsenz des RLP-Tages in den Medien vor, während und nach dem Ereignis sowie aufgrund der großen Zahl an Besuchern kann die Stadt auf bestimmte, die Markenbedeutung prägende Merkmale (z. B. Sehenswürdigkeiten, regionale Eigenheiten) aufmerksam machen. Die dafür notwendige Verknüpfung von Destinations- und Eventmarke entsteht zunächst auf direktem Weg, indem die jeweilige Ausrichter-Stadt in allen den RLP-Tag betreffenden Kommunikationsmaßnahmen namentlich Erwähnung findet. Zusätzlich dient das Ortszentrum der Ausrichter-Stadt als Veranstaltungsgelände, womit die Besucher per se in engen Kontakt mit der Destination und ihren Besonderheiten kommen.

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Wie im zweiten Kapitel dargestellt, können DMOs darüber hinaus verschiedene Instrumente des Marketing-Mix nutzen, um die Destinationsmarke während des RLPTages in Szene zu setzen. Neben eigenen Werbemitteln (z. B. Informationsbroschüren), der Nutzung des Internets (z. B. Internetseite, soziale Medien) oder Informationsständen vor Ort gehört hierzu auch das Angebot einer destinationsspezifischen Veranstaltungs-App. Deren Erfolg hängt davon ab, ob die Konsumenten sich die App auf ihrem Smartphone installieren und diese dann auch nutzen. Um das Potential zur Nutzung einer solchen App auf dem RLP-Tag zu evaluieren, wurde deshalb auf dem RLPTag 2016 in der Stadt Alzey eine Besucherbefragung durchgeführt. 4.2 Beschreibung der Studie Ein Schwerpunkt der Studie lag auf der Akzeptanz von Veranstaltungs-Apps bei den Besuchern des RLP-Tages. Da nicht davon auszugehen war, dass die Gäste des Landesfestes bereits Erfahrungen mit solchen Apps besitzen würden, erfolgte im Fragebogen zunächst eine kurze Beschreibung des Konzeptes von Veranstaltungs-Apps (Es gibt mittlerweile Smartphone-Apps für die Besucher von Veranstaltungen, mit deren Hilfe man sich über die Veranstaltung informieren kann. Stellen Sie sich vor, dass eine solche App zukünftig auch für den Rheinland-Pfalz-Tag angeboten werden würde.). Danach mussten die Probanden das Konzept anhand mehrerer Aussagen auf einer fünfstufigen Rating-Skala bewerten. Drei der Aussagen betrafen die von der App erwartete Wertstiftung (Ich würde eine solche App als nützlich empfinden.; Eine solche App würde mir den Besuch des RLP-Tages erleichtern.; Eine solche App lenkt von der Veranstaltung ab.). Diese gilt in Studien zur Technikakzeptanz als wichtige Determinante der tatsächlichen Nutzung neuer technischer Systeme (vgl. Venkatesh et al. 2003, S. 447ff.). Weiterhin wurde die Einstellung – als weiterer Prädiktor für den Gebrauch mobiler Technologien (vgl. Kim/Park/Morrison 2008; Lu et al. 2003) – mit drei Items analysiert (Eine solche App finde ich gut.; Mir gefällt die Idee, während meines Besuchs des RLP-Tages eine solche App nutzen zu können.; Eine solche App ist für den RLP-Tag überflüssig.). Schließlich mussten die Probanden eine direkte Frage zu ihrer Nutzungsabsicht beantworten (Ich würde eine solche App bei meinem Besuch des RLP-Tages nutzen.). Weiterhin sollte die Studie die Motive für den Besuch des RLP-Tages offenlegen (fünfstufige Rating-Skala). Neben herkömmlichen Motiven des Veranstaltungsbesuches, wie Befriedigung von Neugier, Unterhaltung oder Pflege sozialer Kontakte (vgl. Kim/Uysal/Chen 2001; Nicholson/Pearce 2001; Crompton/McKay 1997), wurde

Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings

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untersucht, in welchem Umfang die Destination selbst einen Grund für den Veranstaltungsbesuch bildete. Weiterhin nahmen die Probanden eine Bewertung des Leistungsangebotes des RLP-Tages vor. Zu diesem Zweck mussten sie angeben, welcher der einzelnen Veranstaltungsbestandteile (z. B. Musikbühnen, kulinarische Angebote, Angebote für Kinder, Informationsstände der Ausrichter-Stadt) für sie besonders den Charakter des Ereignisses prägt (Nominalskala). Letztlich machten die Befragten Angaben zu ihrer Person. Neben Alter und Geschlecht war es von Interesse, ob und in welchem Umfang die Probanden ihre Freizeit mit digitalen Spielen oder Brettspielen verbringen. Damit sollte geprüft werden, inwieweit sich Spiele als Element zur Gestaltung einer Veranstaltungs-App eignen, die nicht nur destinationsspezifische Informationen vermittelt, sondern auch intrinsischen Wert stiftet. Außerdem wurde gefragt, ob die Besucher ein Smartphone besitzen und ob sie dieses auf dem RLP-Tag bei sich tragen. Die Erhebung der Daten fand am dritten und damit letzten Tag des RLP-Tages 2016 in der Stadt Alzey in Form einer Befragung statt. Mittels Quota-Verfahren (vgl. Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2009, S. 49ff.) wurden Besucher im Alter zwischen 10 und 69 Jahren auf dem Veranstaltungsgelände des RLP-Tages gebeten, einen zweiseitigen Fragebogen auszufüllen. Die Quotierung der Stichprobe erfolgte anhand der Zusammensetzung der Bevölkerung des Landes Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Merkmale „Alter“ und „Geschlecht“ (vgl. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz 2016). Somit konnte eine möglichst repräsentative Zusammensetzung der Stichprobe hinsichtlich der gewählten demographischen Merkmale garantiert werden. Da die Datenerhebung jedoch nur an einem Tag zwischen 12:00 und 17:00 Uhr stattfand, ist nicht davon auszugehen, dass die Stichprobe die Besucherstruktur des RLP-Tages repräsentativ abbildet (z. B. keine Berücksichtigung des Publikums der Konzerte in den Abendstunden). Nach Aussonderung ungeeigneter Fragebögen (z. B. unplausibles Antwortverhalten) fanden 181 Fragebögen in der Datenauswertung Berücksichtigung. Die folgende Tabelle fasst die im Rahmen der Studie erhobenen Merkmale der Stichprobe zusammen. Das Durchschnittsalter der Befragten liegt bei 41,5 Jahren. Das Verhältnis von Frauen und Männern ist nahezu ausgewogen. Mehr als 85 % der Personen besitzen ein Smartphone, von denen 76,9 % ihr Mobiltelefon auch auf dem RLP-Tag bei sich trugen. Von den Befragten spielen 41,6 % auf dem Smartphone,

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dem Computer oder nicht-digitale Spiele, wobei die wöchentliche Spieldauer durchschnittlich bei 6,1 Stunden liegt. Tab. 1: Beschreibung Stichprobe Merkmal Geschlecht Durchschnittsalter Anzahl der bisherigen Besuche des RLP-Tages

Ausprägung des Merkmals in der Stichprobe weiblich: 51,4 %, männlich: 48,6 % 41,5 Jahre 2,2

Besitz eines Smartphones

86,9 %

Person trägt Smartphone am RLP-Tag bei sich

76,9 %

Affinität zu Spielen

41,6 % spielen durchschnittlich 6,1 Stunden pro Woche

Quelle: eigene Erstellung

4.3 Ergebnisse Bezüglich der Messung der Akzeptanz von Veranstaltungs-Apps beantworteten 30,9 % der Befragten die Statements zur erwarteten Wertstiftung, zur Einstellung sowie zur Nutzungsabsicht nur teilweise oder gar nicht. Das Durchschnittsalter dieser Gruppe beträgt 53,5 Jahre und liegt somit deutlich über dem Wert der Gesamtstichprobe von 41,5 Jahren (vgl. Tab. 1 sowie Tab. 2). Lediglich 67,9 % von ihnen besitzen ein Smartphone, womit sie auch hier erkennbar vom Wert der Stichprobe (86,9 %) abweichen. Unterschiede zu den restlichen Besuchern ergeben sich schließlich auch bei der Frage, ob die Befragten ihr Smartphone auf dem RLP-Tag bei sich tragen. Dies ist bei 56,9 % der Smartphone-Besitzer der Fall (vs. 76,9 %). Diese Ergebnisse sowie die Resultate der ARD/ZDF-Onlinestudie 2016 (vgl. Koch/Frees 2016) legen nahe, dass die Personen dieser Gruppe womöglich aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung mit Smartphones bzw. der Nutzung von Apps, die Statements zur Akzeptanz von Veranstaltungs-Apps nicht beantworten konnten: So hat sich das Internet zwar bei einem Großteil der Menschen mit einem Alter über 50 Jahre mittlerweile als Informationsmedium etabliert, jedoch nutzen sie mobile Endgeräte eher selten (vgl. Koch/Frees 2016, S. 425). Aufgrund des damit anzunehmenden vergleichsweise geringen Interesses an mobilen Informations- und Kommunikationstechnologien werden Personen aus dieser Gruppe im Folgenden als „Außenstehende“ bezeichnet.

Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings

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Tab. 2: Beschreibung der Akzeptanz-Cluster Enthusiasten

Aufgeschlossene

Skeptiker

Außenstehende

Anteil an der Stichprobe (n=181)

11,6 %

35,9 %

21,6 %

30,9 %

Durchschnittsalter

31,4

34,0

42,3

53,5

47,6 % 52,4 %

56,9 % 43,1 %

41,0 % 59,0 %

53,6 % 46,4 %

Besitz eines Smartphones

90,5 %

98,4 %

92,1 %

67,9 %

trägt Smartphone bei sich

100,0 %

87,1 %

76,3 %

56,9 %

47,6 % 8,6

45,3 % 8,3

47,4 % 3,9

30,9 % 3,9

Geschlecht weiblich männlich

Affinität zu Spielen …spielt regelmäßig …Stunden/Woche

Quelle: eigene Erstellung

Für die 125 Probanden, die alle sieben Aussagen zur Akzeptanz von VeranstaltungsApps vollständig beantworteten, wurden deren Antworten einer hierarchischen Clusteranalyse unterzogen (Distanzmaß: quadrierte euklidische Distanz; Clusterverfahren: Ward; vgl. Backhaus et al. 2016, S. 469 sowie 484ff.). Daraus ergaben sich drei Cluster (vgl. Tab. 2 sowie Abb. 1): Das Cluster der „Enthusiasten“ umfasst 11,6 % der Stichprobe. Personen aus dieser Gruppe empfinden eine Veranstaltungs-App für den RLP-Tag als uneingeschränkt wertstiftend (Statements b, c, f), haben eine positive Einstellung (a, d, g) und würden ein solches Angebot mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nutzen (e). Im Vergleich zu den anderen beiden Clustern weisen die Enthusiasten mit 31,4 Jahren das geringste Durchschnittsalter auf. Eine weitere Gruppe von Befragten, zu der 35,9 % der Stichprobe gehören, steht dem Konzept einer veranstaltungsspezifischen App für den RLP-Tag zwar nicht enthusiastisch, aber generell positiv gegenüber. Das Durchschnittsalter dieser „Aufgeschlossenen“ beträgt 34,0 Jahre und liegt damit ebenfalls unter dem Wert der Gesamtstichprobe von 41,5 Jahren. Auch hier besteht die Chance, dass diese Personen eine solche App nutzen würden. Die geringste Akzeptanz zeigen die „Skeptiker“, die das Konzept einer Veranstaltungs-App generell kritisch bewerten und dessen Nutzung sogar als ablenkend und überflüssig empfinden (f, g). Dieses Cluster, zu dem 21,6 % der Stichprobe gehören, ist mit einem Durchschnittsalter von 42,3 Jahren wesentlich älter als die Enthusiasten und die Aufgeschlossenen.

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Jan Drengner

Abb. 1: Akzeptanz von Veranstaltungs-Apps Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen über eine solche Veranstaltungs-App zu? a) Eine solche App finde ich gut. b) Ich würde eine solche App als nützlich empfinden. Enthusiasten Aufgeschlossene Skeptiker Gesamt

c) Eine solche App würde mir den Besuch des RLP-Tages erleichtern. d) Mir gefällt die Idee, während meines Besuchs des RLP-Tages eine solche App nutzen zu können. e) Ich würde eine solche App bei meinem Besuch des RLP-Tages nutzen. f) Eine solche App lenkt von der Veranstaltung ab. g) Eine solche App ist für den RLP-Tag überflüssig. 11 (stimme voll (stimme voll ganzzu) undund ganz zu)

2 2 (stimme zu) (stimme zu)

33 (stimme (stimme teilweise teilweise zu) zu)

44 (stimme nicht nicht (stimme zu) zu)

55 (stimme (stimme überhaupt überhaupt nicht zu) nicht zu)

Quelle: eigene Erstellung

In allen drei Clustern lässt sich eine starke Verbreitung an Smartphones feststellen1, wobei vor allem Enthusiasten (100 %) und Aufgeschlossene (87,1 %) ihr Smartphone auf dem RLP-Tag mit sich führten (vgl. Tab. 2). Aufgrund ihrer hohen Akzeptanz von Veranstaltungs-Apps sowie ihres alltäglichen Umgangs mit mobilen Informations- und Kommunikationstechnologien bilden die Enthusiasten und Aufgeschlossenen die Kernzielgruppe für eine Veranstaltungs-App auf dem RLP-Tag. In Summe beträgt ihr Anteil 47,5 % an der Stichprobe. Trotz des explorativen Charakters der vorliegenden Studie ist damit zu vermuten, dass ein größerer Teil der zumeist 200.000 und mehr Besuchern des rheinland-pfälzischen Landesfestes eine solche App nutzen würde. Wie die folgende Abbildung verdeutlicht, bilden die Befriedigung von Neugier (a), soziale Kontakte (b) sowie Unterhaltung (c) sowohl für alle Befragten als auch für beide Cluster der Kernzielgruppe die wichtigsten Motive für den Besuch des RLPTages. Die Befriedigung von Informationsbedürfnissen (i), insbesondere über die Ausrichter-Stadt des RLP-Tages (j) sind als Besuchsmotive hingegen vergleichsweise unbedeutend. Aufgrund dieses eher moderaten Involvements gegenüber der Veranstal1

Mit 90,5% liegt der Anteil der Enthusiasten, die über ein eigenes Smartphone verfügen, unter den Werten der Aufgeschlossenen und der Skeptiker (vgl. Tab. 2). Dies lässt sich damit erklären, dass es sich hier um Kinder handelt, die noch nicht im Besitz eines eigenen Gerätes sind.

Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings

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tungsdestination kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Besucher des Landesfestes intensiver mit dieser auseinandersetzen. Abb. 2: Motive des Besuches des RLP-Tages in der Gesamtstichprobe und bei den Kernzielgruppen Ich besuche den RLP-Tag, … a) … weil ich neugierig auf das bin, was hier geboten wird. b) … um mit meiner Familie bzw. mit meinen Bekannten etwas zu unternehmen. Enthusiasten Aufgeschlossene Gesamt

c) ... um mich unterhalten zu lassen. d) … um die besondere Atmosphäre einer solchen Großveranstaltung zu genießen. e) ... weil der RLP-Tag mir Abwechslung von meinem Alltag bietet. f) ... weil ich die Musik mag, die hier geboten wird. g) … weil ich mich mit Rheinland-Pfalz identifiziere. h) … da es hier ein attraktives Angebot an Speisen und Getränken gibt. i) ... um mich zu informieren. j) … um die Stadt Alzey kennenzulernen. 11 (stimme voll voll (stimme und ganz und ganz zu) zu)

22 (stimme zu) (stimme zu)

33 (stimme (stimme teilweise zu) teilweise zu)

4 (stimme nicht (stimme nicht zu) zu)

5 5 (stimme (stimme überhaupt überhaupt nicht zu) nicht zu)

Quelle: eigene Erstellung

Die Bewertung des Leistungsangebotes des RLP-Tages führt zu ähnlichen Ergebnissen (vgl. Abb. 3). Als besonders prägend für das Landesfest erachten die Befragten das kulinarische Angebot, das Unterhaltungsprogramm der Medienpartner des RLPTages (Fernseh- und Musikbühnen) sowie Angebote für Kinder. Immerhin bewerten 62 % der Enthusiasten und 64 % der Aufgeschlossenen den Informationsstand der Ausrichter-Stadt als wichtigen Bestandteil des Leistungsangebotes des Landesfestes.

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Jan Drengner

Abb. 3: Die wichtigsten Angebote des RLP-Tages (Top 10) Welche Angebote dürfen auf dem RLP-Tag nicht fehlen? 100%

91%

90% 80%

84% 79%

79%

83%

71%

70% 60%

86% 78% 70%

71% 65% 66%

71% 67% 64% 62%64% 63% 59% 60% 59% 59% 58% 52%

67% 55%

57% 53% 51% 52%

50% 40% 30% 20% 10%

Gesamt

Enthusiasten

Aufgeschlossene

0%

Quelle: eigene Erstellung

Zusammenfassend besuchen die Kernzielgruppen (Enthusiasten, Aufgeschlossene) den RLP-Tag hauptsächlich, um sich mit Familie sowie Freunden zu amüsieren. Eine direkte Auseinandersetzung mit der Destinationsmarke steht nicht im Mittelpunkt des Aufenthaltes auf dem Landesfest. Dennoch ist zu vermuten, dass sowohl die – teilweise unbewussten – Kontakte der Konsumenten mit den örtlichen Gegebenheiten als auch die bewusste Auseinandersetzung mit der Ausrichter-Stadt (z. B. an Informationsständen) das Brand Meaning der Destination beeinflussen. Aufgrund ihrer starken Akzeptanz von Veranstaltungs-Apps besteht insbesondere bei den Enthusiasten und Aufgeschlossenen die Chance, diese Besucher-Cluster mittels mobiler Kommunikationstechnologien über die Destination sowie ihre Besonderheiten informieren zu können und somit die Bedeutung der Destinationsmarke zu prägen. Aufgrund ihrer eher hedonistischen Besuchsmotive (Neugier, soziale Kontakte, Unterhaltung) erscheint es empfehlenswert, eine destinationsspezifische Veranstaltungs-App anzubieten, die Informationen auf eine vergnügliche Art und Weise vermittelt und somit also sowohl extrinsischen als auch intrinsischen Wert stiftet. Dies kann beispielsweise durch die Verknüpfung bestimmter Bestandteile des Brand Meanings (z. B. Sehenswürdigkeiten) mit Elementen von Spielen (vgl. Xu/Buhalis/Weber 2017; Linaza/Gutierrez/García 2014) geschehen. Belege für diese Annahme liefern die in der vorliegenden Studie

Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings

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erhobenen Daten zum Spielverhalten (vgl. Tab. 2). So spielt fast die Hälfte der Personen aus der Kernzielgruppe regelmäßig, wobei die durchschnittliche Spieldauer bei mehr als 8 Stunden pro Woche liegt.

5 Fazit Eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von Veranstaltungen im Rahmen der Führung von Destinationsmarken besteht in einer möglichst engen Verzahnung von Marke und Veranstaltung (vgl. Pennington-Gray/Holdnak 2002, S. 178). Erreichen lässt sich dies unter anderem mit Hilfe von Apps, die nicht nur veranstaltungsspezifische Informationen vermitteln, sondern auch Hinweise auf die Destination enthalten. Solche destinationsspezifischen Veranstaltungs-Apps besitzen das Potential, die Aufmerksamkeit der Veranstaltungsbesucher auf die Destination bzw. ihre Leistungsangebote zu lenken und eröffnen somit mehrere Möglichkeiten zur Beeinflussung des Brand Meanings. Zunächst gilt die Wahrnehmung der Destinationsmarke durch die Veranstaltungsbesucher als Voraussetzung für eine Übertragung der durch die Veranstaltung ausgelösten Erlebnisse, Images, Kognitionen, Gefühle etc. auf die Marke. Destinationsspezifische Veranstaltungs-Apps können somit den Bedeutungstransfer von der Veranstaltung auf die Destinationsmarke erleichtern, indem sie dem Anwender die Verknüpfung beider Transferobjekte sichtbar machen. Weiterhin eröffnen sie die Chance, die Veranstaltungsbesucher auf zusätzliche Leistungsangebote der Destination hinzuweisen. Werden diese Angebote in Anspruch genommen, so prägen die damit verknüpften Konsumerlebnisse die Destinationsmarke. Entstehen schließlich durch das Design der App – z. B. durch die Art und Weise der Aufbereitung der Inhalte, die Gestaltung der Benutzeroberfläche oder das Interaktionsdesign – beim Anwender positive User-Experiences, so können sich auch diese direkt auf das Brand Meaning der Destinationsmarke auswirken. Voraussetzung ist hier jedoch, dass der Nutzer die App als Leistungsbestandteil der Destinationsmarke wahrnimmt. Die in diesem Beitrag vorgestellte explorative Studie konnte am Beispiel des RLPTages belegen, dass ein größerer Anteil von Gästen das Konzept der VeranstaltungsApp als wertstiftend beurteilte sowie eine entsprechende Nutzungsabsicht äußerte. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Entwicklung einer destinationsspezifischen Veranstaltungs-App für Ausrichter-Städte dieses oder ähnlicher Landesfeste anderer Bundesländer (z. B. Tag der Sachsen) ein erfolgversprechendes Instrument zur Führung von Destinationsmarken sein kann. Da die Konsumenten den RLP-Tag hauptsächlich aus hedonistischen Gründen besuchen (vgl. Abb. 2), erscheint es ange-

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Jan Drengner

bracht, auch die Informationen zur Destination in der App auf eine vergnügliche – also intrinsisch motivierende – Art und Weise zu präsentieren. Mit Blick auf eine möglichst positive User-Experience bietet es sich somit an, nicht nur auf ein ansprechendes und positiv emotionalisierendes App-Design zu achten, sondern auch Elemente des Spieldesigns (z. B. Punkte, Level, Avatare; vgl. Sailer 2016, S. 19ff.) oder des Storytellings (z. B. erzählte Welt, Figuren, Dramaturgie; vgl. Drengner/König 2017, S. 304ff.) in die Anwendung zu integrieren. Generell sollten diese intrinsisch motivierenden Gestaltungsparameter jedoch nicht zu stark a) von den zentralen Inhalten der Veranstaltung und b) von den zu vermittelnden destinationsspezifischen Informationen ablenken (vgl. Rück 2016b). Beim App-Design ist somit auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Qualität der User-Experience, den Veranstaltungsinhalten und der Integration der Destination zu achten. Weiterhin gilt es zu beachten, dass Destinationen den RLP-Tag – im Sinne eines CoBrandings – nur einmalig oder nur in sehr großen Abständen als Ausrichter-Stadt für ihre Markenführung nutzen können. Somit nehmen nach Veranstaltungsende die positiven Wirkungen des Landesfestes auf das Brand Meaning im Zeitablauf kontinuierlich ab (vgl. Ritchie/Smith 1991). Für einen nachhaltigen Einsatz von Veranstaltungen als Instrument der Markenführung erscheint es somit angebracht, dass DMOs eigene, auf die Markenidentität der Destination abgestimmte sowie regelmäßig stattfindende Veranstaltungsformate entwickeln (vgl. Chalip/Costa 2005, S. 231). Aufgrund der hohen Kosten, die mit der Konzeption und Entwicklung destinationsspezifischer Veranstaltungs-App einhergehen, bietet es sich dabei an, diese als Plattform für möglichst viele Veranstaltungen einer Destination zu gestalten. In diesem Fall können Veranstalter einerseits ihre veranstaltungsspezifischen Informationen in die App integrieren und damit ihrer Zielgruppe einen auf die Veranstaltung bezogenen Mehrwert bieten. Andererseits stiften solche digitalen Angebote zusätzlichen Wert, indem sie ihren Nutzern destinationsspezifische Informationen liefern. Die Destinationsmarke bekommt somit die Aufmerksamkeit der Besucher aller Veranstaltungen. Eine weitere Möglichkeit der nachhaltigen Nutzung besteht außerhalb von Veranstaltungszeiten darin, die App – ohne konkrete veranstaltungsbezogene Inhalte – Touristen generell zur Verfügung zu stellen.

Potential von Veranstaltungs-Apps zur Beeinflussung des Brand Meanings

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Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores 1

Einleitung

2

Markeninszenierung mittels Flagship Stores

3

Attraktionen eines Flagship Stores

4

Methodik der empirischen Untersuchung

5

Ergebnisse der empirischen Untersuchung 5.1

Der Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit dem Flagship Store auf das Markenerlebnis

5.2

Der Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit den Flagship-StoreAttraktionen auf das Markenerlebnis

6

Diskussion und Implikationen

7

Fazit

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Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

187

1 Einleitung Die Markenkommunikation sucht zunehmend direkten Kontakt mit Konsumenten, sei es über soziale Medien (vgl. Bruhn 2015; Jahn/Zanger 2013) oder mithilfe von LiveKommunikation wie Events (vgl. Zanger/Drengner 2016). Ein weiterer Kanal, der in diesem Zusammenhang zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist der stationäre Handel. Obgleich die traditionelle Aufgabe des stationären Handels die Distribution der Produkte ist, eignen sich Ladenumwelten grundsätzlich ebenfalls für den Aufbau und die Stärkung von Marken. Dies trifft insbesondere auf so genannte Flagship und Pop-up Stores zu (vgl. Kozinets et al. 2002; Robertson/Gatignon/Cesareo 2018). Flagship Stores befinden sich häufig in exklusiven Innenstadtlagen und bieten Besuchern einen Überblick über das Produktportfolio, die Unternehmensgeschichte und die Herstellungsprozesse, zudem können dort markenbezogene Dienstleistungen angeboten werden (vgl. Arrigo 2015; Borghini et al. 2009; Kozinets et al. 2002). Während Flagship Stores für Luxusmarken eine wichtige Verkaufs- und Vertriebsfunktion erfüllen, eröffnen zunehmend auch Hersteller von mittel- und niedrigpreisigen Verbrauchsgütern solche Läden (vgl. Nierobisch et al. 2017). Beispiele dafür sind die Ritter Sport Welt in Berlin, das Kölln Haferland in Hamburg und der Telekom Flagship Store in München. Für diese Marken sind Flagship Stores weniger ein Vertriebskanal als vielmehr ein Kommunikationsinstrument, bei dem der Schwerpunkt auf einer erlebnisorientierten Markenpräsentation1 liegt (vgl. Jahn et al. 2018; Kozinets et al. 2002). Praktiker und manche Autoren bezeichnen Flagship Stores daher auch als Markenerlebniswelten2 (vgl. Stöhr 2013, S. 175). An dieser Stelle werden Parallelen zum Eventmarketing deutlich, dessen zentrales Merkmal die Markenkommunikation mittels Erlebnissen ist (vgl. Drengner 2014; Zanger/Drengner 2016; Zanger/Sistenich 1996).

1

Konzepte des Erlebnismarketings im Einzelhandel sind nicht neu (vgl. Gröppel-Klein 2012, S. 43). Es gilt jedoch hinsichtlich der Wirkung der Ladenatmosphäre zu unterscheiden zwischen einem zeitlich verlängerten und als angenehmer empfundenen Einkaufsverhalten (vgl. Gröppel 1991 sowie Gröppel-Klein 2012) und einer verbesserten Markenwahrnehmung, worauf sich der vorliegende Beitrag bezieht.

2

Drengner (2014, S. 128) reserviert den Begriff Erlebniswelt hingegen für Aktivitäten in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, wie bspw. Fußball, klassische Musik, Haute Couture, Weihnachten, Militärgeschichte, Nibelungen oder Informationstechnik. Daher wird im weiteren Verlauf am Begriff des Flagship Stores festgehalten.

188

Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

Die Handelsforschung hat bereits nachweisen können, dass der Besuch eines Flagship Stores das Markenerlebnis stärken kann (vgl. Jahn et al. 2018; Nierobisch et al. 2017) - und das effektiver als herkömmliche Geschäfte (vgl. Dolbec/Chebat 2013). Basierend auf Arbeiten von Brakus/Schmitt/Zarantanello (2009) wird das Markenerlebnis als subjektiv empfundenes Konglomerat sensorischer, intellektueller, emotionaler, und verhaltensbezogener Erfahrungen, die von markenbezogenen Stimuli hervorgerufen werden, verstanden (vgl. Drengner/Jahn 2012 für eine ähnliche Konzeptualisierung des Erlebniskonstrukts). Im vorliegenden Beitrag wird untersucht, inwieweit die Intensität der Nutzung des Flagship Stores sowie dessen einzelner Gestaltungselemente die jeweiligen Komponenten des Markenerlebnisses beeinflussen. Zu den Gestaltungselementen zählen beispielsweise Stationen, die Besucher über die Markengeschichte und den Produktentstehungsprozess informieren, aber auch interaktive Attraktionen, die die Personalisierung von Produkten erlauben. Im weiteren Verlauf des Beitrags werden wir zunächst das konzeptionelle Fundament der Untersuchung entwickeln, bevor wir die Ergebnisse einer Untersuchung von 845 Besuchern eines Flagship Stores einer Kosmetikmarke vorstellen. Wir diskutieren die Ergebnisse, bevor wir abschließend Praxisimplikationen ableiten.

2 Markeninszenierung mittels Flagship Stores Die Eventforschung befasst sich vorwiegend mit Veranstaltungen, die aufgrund ihrer Gestaltung bei ihren Besuchern Erlebnisse hervorrufen, die diese als außergewöhnlich und wertstiftend empfinden (vgl. Drengner 2014, S. 120). Obwohl die Handelsforschung eher selten mit der Eventforschung in Berührung kommt, können Flagship Stores als Bindeglied zwischen beiden Forschungsrichtungen aufgefasst werden. Dies wird daran verdeutlicht, dass es bei Flagship Stores, im Gegensatz zu traditionellen Ladenkonzepten, explizit darum geht, außergewöhnliche und wertstiftende Erlebnisse hervorzurufen, um die Marke zu inszenieren (vgl. Kozinets et al. 2002). Drengner (2014, S. 126ff.) widmet sich ausführlich der Inszenierung im Veranstaltungskontext als Instrument zur anbieterseitigen Beeinflussung des Erlebnispotenzials. In diesem Zusammenhang hebt er die Kulisse, Darsteller und Aufführung als zentrale Komponenten hervor. An dieser Stelle offenbaren sich Parallelen zu Flagship Stores, die in besonderer Weise die Kulisse gestalten, geschulte Mitarbeiter einsetzen und Ladenelemente arrangieren, um eine gelungene Aufführung zu leisten (vgl. Kozinets et al. 2002). Beispielsweise nutzen Flagship Stores die so genannten „Store Atmo-

Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

189

spherics“ (wie Licht und Ambiente; vgl. Kotler 1973) noch bewusster und intensiver (vgl. Spence et al. 2014). Darüber hinaus entwickeln die Marken eigens Stationen, die im Flagship Store die Besucher zur Auseinandersetzung mit der Marke animieren sollen. Da diese Stationen zum Ziel haben, bei den Besuchern außergewöhnliche, wertstiftende Erlebnisse hervorzurufen, werden sie im Folgenden als Attraktionen3 bezeichnet. Im Unterschied zu den meisten Veranstaltungen zielen Flagship Stores vornehmlich auf ein außergewöhnliches Markenerlebnis ab. Daraus folgt eine gewisse thematische Nähe zu Marketing-Events, die als Kommunikationsinstrument ebenfalls die Marke in den Mittelpunkt stellen (vgl. Drengner 2008). Es vermag deshalb nicht zu überraschen, dass das hypothetische Konstrukt Markenerlebnis große Überschneidungen mit dem Konzept des Konsumerlebnisses aufweist (vgl. Drengner/Jahn 2012). In der wissenschaftlichen Literatur hat sich für das Markenerlebnis jedoch die Konzeptualisierung von Brakus/Schmitt/Zarantanello (2009) durchgesetzt, die kleinere Abweichungen gegenüber den meisten Konzeptualisierungen des Konsumerlebnisses aufweist4. Gemäß Brakus et al. (2009) setzt sich ein Markenerlebnis aus den Komponenten Sense, Feel, Act und Think zusammen. Demnach resultiert eine gelungene Markeninszenierung innerhalb eines Flagship Stores darin, dass die Marke auf die Sinne der Besucher wirkt (Sense), Emotionen weckt (Feel), körperliche Verhaltenswirkungen auslöst (Act) und die geistige Auseinandersetzung mit ihr forciert (Think). Anlass dafür sollen die Mitarbeiter sowie die Attraktionen geben, die im Folgenden näher beschrieben werden.

3 Attraktionen eines Flagship Stores Flagship Stores erlauben es Unternehmen, ihre Marke umfangreicher und zielgenauer zu präsentieren, als dies bspw. in Warenhäusern oder Supermärkten möglich ist. Nierobisch et al. (2017) nutzen folglich den Begriff der erweiterten Markendarstellung („augmented brand display“) in Flagship Stores. Die erweiterte Markendarstel3

Es ist zu berücksichtigen, dass es sich streng genommen lediglich um potenzielle Attraktionen handelt, da die Stationen nicht von allen Besuchern als attraktiv wahrgenommen werden müssen. Die Attraktion sollte daher i.S.e. Wertangebotes aufgefasst werden (vgl. Drengner/Jahn 2012, S. 230).

4

Konzeptualisierungen des Konsumerlebnisses finden sich u. a. bei Drengner (2014), Drengner/Jahn (2012), Hirschman/Holbrook (1986) und Schmitt (1999).

190

Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

lung umfasst damit nicht nur das Produkt selbst samt dessen Verpackung und Anwendungsmöglichkeiten, sondern auch die Vermittlung markenbezogener Informationen (vgl. Borghini et al. 2009; Kozinets et al. 2002; Manlow/Nobbs 2013; McGrath/Sherry/Diamond 2013). In aller Regel bedienen sich Flagship Stores mehrerer Attraktionen, um die erweiterte Markendarstellung umzusetzen. Kozinets et al. (2002) unterscheiden dabei nach dem thematischen Eindruck, der sich Besuchern durch die Markendarstellung erschließt. Daraus lässt sich eine thematische Kategorisierung von Ladenattraktionen entwickeln, die sich auf das Thema der gesamten Markenbotschaft bezieht: Landschaftsbezogene Attraktionen beziehen sich auf die natürliche Umgebung der Marke, während marktbezogene Themen soziokulturelle Werte mit einbeziehen. Cyberscape-bezogene Themen greifen die Verbindung von ECommerce und stationärem Einzelhandel auf, wohingegen Attraktionen mit einem Mindscape-Bezug darauf eingehen, wie Konsumenten die Marke geistig erfassen. Anhand dieses Klassifizierungsschemas kann die thematische Richtung bestimmt werden, in die sich das Markenerlebnis entwickelt. Darüber hinaus bietet das Schema allerdings wenig Anhaltspunkte dafür, wie Attraktionen gestaltet werden sollten, um das Markenerlebnis zu verbessern. Wie Attraktionen zur Entwicklung eines Markenbildes und der Wahrnehmung von Produktvorteilen beitragen, zeigen Manlow/Nobbs (2013) in ihrer qualitativen Studie der Flagship Stores von Louis Vuitton. Sie identifizieren zwei gestalterische Komponenten des Markenerlebnisses, nämlich funktionale Treiber (z. B. die Nützlichkeit von Produkten) und symbolische Treiber (z. B. Markenkultur und Markenimage). Hollenbeck/Peters/Zinkhan (2008) argumentieren, dass Markenerlebnisse in erlebnisorientierten Ladenumwelten dadurch entstehen, dass informative Angebote über die Markengeschichte, die strategische Vision oder die Evolution der Produkte existieren. Bezugnehmend auf den American Girl Place, fügen Borghini et al. (2009) an, dass die Inszenierung der Marke in unterschiedlich gestalteten Erlebniswelten den Konsumenten ermöglicht, mit der Marke zu interagieren. Durch die dort ablaufenden CoCreation-Prozesse werden Emotionen, Vorstellungskraft und Kreativität stimuliert. Bezogen auf die Komponenten des Markenerlebnisses (d. h. Sense, Feel, Act und Think; vgl. Brakus/Schmitt/Zarantonello 2009) werden Co-Creation-Prozesse als besonders effektiv angesehen, da Konsumenten mehr auf ihre individuellen Wünsche eingehen und sich mit dem Erwerb und dem Verständnis von Informationen über die Marke tiefergehend beschäftigen (vgl. Nysveen/Pedersen 2014).

Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

191

Aus den Darstellungen ergibt sich, dass Attraktionen, die das Markenerlebnis verbessern können, (1) informativen Charakter haben sollten, (2) interaktiv sind und CoCreation-Prozesse fördern sowie (3) die funktionale und (4) symbolische Bedeutung der Marke betonen. Die Forschung hat bislang nicht untersucht, inwiefern einzelne Attraktionen eines Flagship Stores zu einem gesteigerten Markenerlebnis beitragen. Diese Frage zu beantworten wird somit ein Ziel der vorliegenden Untersuchung sein. Wir wissen jedoch, dass ein hohes Maß an Engagement mit der inszenierten Marke entscheidend ist, um an Kundenkontaktpunkten Markenerlebnisse effektiv zu gestalten (vgl. Kozinets et al. 2002; Lemon/Verhoef 2016; Schmitt 1999). Diese Sichtweise stützt sich auch auf Forschungsergebnisse hinsichtlich der Konsumentenreaktionen auf Ladenumgestaltungsmaßnahmen. Konsumenten, die ihren Einkauf im Vorfeld planen, setzen sich weniger intensiv mit der Ladenumwelt auseinander und reagieren auf die Maßnahmen entsprechend weniger (vgl. Brüggen/Foubert/Gremler 2011). Daraus leitet sich die Vermutung ab, dass die Intensität der Auseinandersetzung mit dem Flagship Store positiv auf das Markenerlebnis einwirkt. Wenn sich die Konsumenten hingegen nicht tief genug mit den Attraktionen beschäftigen, kann der Flagship-StoreBesuch das Markenerlebnis nur geringfügig verbessern. Entsprechend besteht ein weiteres Untersuchungsziel darin, den Einfluss der Intensität der Flagship-Store-Nutzung auf das Markenerlebnis zu analysieren.

4 Methodik der empirischen Untersuchung Wir analysieren den Einfluss der Intensität der Flagship-Store-Nutzung sowie einzelner Attraktionen auf das Markenerlebnis anhand einer Stichprobe von Flagship-StoreBesuchern einer Kosmetikmarke. Im Zentrum der Inszenierung steht ein begehbarer Strandball, in dem Filme über kosmetische Anwendungen gezeigt werden (im Folgenden Produktpräsentation genannt). Diese Attraktion besitzt insbesondere informativen und funktionalen Charakter. Zur weiteren Präsentation der Herstellungsprozesse und Markengeschichte sind interaktive Videowände installiert (im Folgenden Markengeschichte genannt). Diese Attraktion adressiert sowohl informative als auch interaktive Elemente und geht auf die symbolische Bedeutung der Marke ein. Produktbezogene Attraktionen sind ein Bereich, in dem eine kundenspezifische Anpassung und Individualisierung der Produkte möglich ist (im Folgenden Individualisierung genannt) sowie die Präsentation exklusiver Fanartikel (z. B. Handtücher, Modeartikel und Badezubehör; im Folgenden Fanartikel genannt). Während die Attraktion Individualisierung interaktiv ist, zielt die Attraktion Fanartikel vorwiegend auf die symbolische Be-

192

Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

deutung der Marke ab. In einem separaten Bereich des Flagship Stores werden außerdem professionell durchgeführte Massagen mit den Produkten der Marke angeboten (im Folgenden Massage genannt). Diese Attraktion ist interaktiv und betont die funktionalen Produktvorteile. Flagship-Store-Besucher wurden nach ihrem Besuch angesprochen und gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Darin gaben sie an, wie intensiv sie sich mit den genannten Attraktionen auseinander gesetzt haben. Um Variationen bezüglich der einzelnen Attraktionen zu berücksichtigen, gaben die Studienteilnehmer für die fünf Attraktionen jeweils an, ob sie diese (1) nicht gesehen, (2) gesehen oder sich (3) intensiv mit ihnen beschäftigt haben. Darüber hinaus wurden die Teilnehmer nach der Qualität des Personals sowie ihrem Markenerlebnis befragt. Zur Messung der Personal-Qualität wurden sechs Indikatoren (vgl. Brady/Knight/Cronin/Hult/Keillor 2005) genutzt (Cronbachs alpha = 0,88): Die Mitarbeiter sind (1) vertrauenswürdig, (2) zuvorkommend, (3) in der Lage, meine Fragen zu beantworten, (4) verstehen meine Bedürfnisse und bemühen sich, diese zu befriedigen sowie (5) Ich kann mich darauf verlassen, dass sich die Mitarbeiter sofort um mein Anliegen kümmern und (6) Ich fühle mich bei den Mitarbeitern in guten Händen. Im Gegensatz zu früheren Arbeiten, die das Markenerlebnis aggregiert analysierten (vgl. Dolbec/Chebat 2013; Jahn et al. 2018; Nierobisch et al. 2017), betrachten wir die sensorischen, emotionalen, verhaltensbezogenen und intellektuellen Erfahrungen getrennt voneinander. Dazu wählten wir je ein Item der vier Markenerlebnis-Komponenten aus der Skala von Brakus/Schmitt/Zarananello (2009), das für die vorliegende Fragestellung besonders geeignet erschien. Dabei handelt es sich um die folgenden Items: Die Marke [Markenname] (1) hinterlässt bei mir intensive Sinneseindrücke, (2) ist eine emotionale Marke, (3) löst körperliches Erleben aus und (4) macht mich neugierig. Die Items wurden auf 7-stufigen Ratingskalen gemessen, wobei „7“ einer hohen Ausprägung entspricht. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig und ergab insgesamt 845 gültige Antworten. Die Mehrheit der Teilnehmer war weiblich (75,3 %), unter 35 Jahren alt (51,5 %), gebildet (30,5 % besaßen einen Hochschulabschluss) und verfügte über ein Nettoeinkommen von 3.000€ oder mehr (50,2 %). Nach Rücksprache mit dem Management wurde festgestellt, dass diese Eigenschaften der gewünschten Zielgruppe gut entsprechen. Wir betrachten die Stichprobe daher als geeignet für die folgenden Analysen.

Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

193

5 Ergebnisse der empirischen Untersuchung 5.1 Der Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit dem Flagship Store auf das Markenerlebnis In einem ersten Schritt wird der Frage nachgegangen, ob die Intensität der Auseinandersetzung mit dem gesamten Flagship Store eine positive Wirkung auf das Markenerlebnis entfacht. Dazu wird zunächst ein Intensitätsindex gebildet, der sich aus den fünf Antworten bezüglich der Attraktionen ergibt. Diese Werte werden addiert und anschließend zu einem Index mit den Ausprägungen gering, mittel und hoch verdichtet. Der Einfluss der Intensität bestätigt sich für alle vier Markenerlebnis-Komponenten (F(8) = 11,79, p < 0,001). Mit zunehmender Intensität verbessern sich markenbezogene Sinneseindrücke, Emotionen, körperliches Erleben und Neugierde (vgl. Abb. 1). Die Mittelwertunterschiede zwischen allen Gruppen (z. B. geringe vs. mittlere Intensität) sind dabei für jede Markenerlebnis-Komponente jeweils signifikant (alle p < 0,05). Abb. 1: Der Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit den gesamten Attraktionen des Flagship Stores auf die Komponenten des Markenerlebnisses

7 6

geringe Intensität

mittlere Intensität

hohe Intensität

5 4 3 2 1 Sinneseindrücke

Emotionalität

Körperliches Erleben

Neugierde

Quelle: eigene Erstellung

Eingangs wurde darauf hingewiesen, dass eine erfolgreiche Inszenierung nicht nur von der Kulisse, sondern auch den Darstellern und deren Aufführung abhängt (vgl. Drengner 2014). Aus diesem Grund wird geprüft, ob der Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung auf das Markenerlebnis von der Qualität des Ladenpersonals abhängt. Dazu werden vier moderierte Regressionsanalysen durchgeführt (eine Analyse pro Markenerlebnis-Komponente). Da die Variable Intensität ordinal skaliert ist, werden

194

Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

zwei Dummyvariablen gebildet für mittlere (vs. geringe und hohe) und hohe (vs. geringe und mittlere) Intensität. Die Analysen ergeben signifikante Interaktionseffekte auf die Markenerlebnis-Komponenten Sinneseindrücke und Emotionalität, weshalb sich die weiteren Ausführungen auf diese Komponenten konzentrieren. Bezüglich der Markenerlebnis-Komponenten körperliches Erleben und Neugierde zeigen sich stabile Muster hinsichtlich des Einflusses der Intensität und Personal-Qualität (d. h. eine höhere Intensität und eine höhere Personal-Qualität führen jeweils zu einem verbesserten Markenerlebnis), die aber nicht miteinander interagieren (alle p > 0,16). Hinsichtlich der Markenerlebnis-Komponente Sinneseindrücke ist festzustellen, dass die Interaktion zwischen mittlerer Intensität und Personal-Qualität signifikant negativ ist (b = -0,18, p = 0,045). Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen geringer und hoher Personal-Qualität bei mittlerer Intensität geringer ausfällt als in den übrigen beiden Gruppen (ΔMgering = 1,10, ΔMmittel = 0,61, ΔMhoch = 1,69; vgl. Abb. 2, linke Hälfte). Die Interaktion zwischen hoher Intensität und Personal-Qualität ist hingegen signifikant positiv (b = 0,22, p = 0,049). Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen geringer und hoher Personal-Qualität bei hoher Intensität stärker ausfällt als in den übrigen beiden Gruppen (vgl. Abb. 2, linke Hälfte). Die Abbildung zeigt weiterhin, dass eine intensive Auseinandersetzung mit dem Flagship Store eine geringe PersonalQualität nicht kompensieren kann (Mgering = 3,99, Mmittel = 4,54, Mhoch = 4,28). Ist die Personal-Qualität jedoch hoch, führt eine hohe Intensität zu einem stark ausgeprägten sensorischen Markenerlebnis (Mgering = 5,08, Mmittel = 5,15, Mhoch = 5,98). Hinsichtlich der Markenerlebnis-Komponente Emotionalität ist festzustellen, dass die Interaktion zwischen mittlerer Intensität und Personal-Qualität nicht signifikant ist (b = -0,09, p = 0,282). Die Interaktion zwischen hoher Intensität und Personal-Qualität ist hingegen signifikant positiv (b = 0,40, p = 0,002). Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen geringer und hoher Personal-Qualität bei hoher Intensität stärker ausfällt als in den übrigen beiden Gruppen (ΔMgering = 0,80, ΔMmittel = 0,57, ΔMhoch = 1,87; vgl. Abb. 2, rechte Hälfte). Die Abbildung zeigt erneut, dass eine intensive Auseinandersetzung mit dem Flagship Store eine geringe Personal-Qualität nicht kompensieren kann (Mgering = 3,69, Mmittel = 4,12, Mhoch = 3,91). Eine hohe Intensität führt jedoch zu einem besonders stark ausgeprägten emotionalen Markenerlebnis, wenn die PersonalQualität hoch ist (Mgering = 4,49, Mmittel = 4,69, Mhoch = 5,78).

Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

195

Abb. 2: Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit den Attraktionen des Flagship Stores auf die Sinneseindrücke und Emotionalität in Abhängigkeit der Personal-Qualität 7 geringe Personal-Qualität 6

hohe Personal-Qualität

Sinneseindrücke

Emotionalität

geringe Intensität mittlere Intensität hohe Intensität

geringe Intensität mittlere Intensität hohe Intensität

5

4

3

2

1

Quelle: eigene Erstellung

5.2 Der Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit den Flagship-StoreAttraktionen auf das Markenerlebnis Nachdem gezeigt wurde, dass die Intensität der Auseinandersetzung mit dem Flagship Store einen positiven Einfluss auf das Markenerlebnis hat, insbesondere bei gleichzeitig hoher Qualität des Ladenpersonals, werden im Folgenden die Attraktionen separat betrachtet. Grundsätzlich bestätigt die Analyse den zuvor gewonnen Eindruck: Eine intensivere Auseinandersetzung mit einer Flagship-Store-Attraktion verbessert das Markenerlebnis in Hinblick auf alle vier Komponenten. Es lassen sich jedoch Unterschiede zwischen den einzelnen Attraktionen hinsichtlich ihrer Wirkung feststellen. Hier ergibt sich ein quasi-linearer Zusammenhang zwischen AuseinandersetzungsIntensität und Markenerlebnis für die Attraktionen Massage und Markengeschichte. Das heißt, dass eine mittlere Intensität zu einem positiveren Markenerlebnis führt als eine geringe Intensität, und dass eine hohe Intensität zur stärksten Ausprägung des Markenerlebnisses führt. Bei den Attraktionen Produktpräsentation und Individualisierung hingegen verbessert sich das Markenerlebnis erst dann, wenn die Auseinandersetzung intensiv ist. Das bedeutet, dass bspw. die Kenntnis über Individualisierungsangebote das Markenerlebnis noch nicht verbessert; vielmehr müssen die Besucher dieses Angebot tatsächlich nutzen. Bezüglich der Fanartikel ergibt sich ein differenziertes Bild: Markenbezogene Sinneseindrücke steigern sich mit zunehmender In-

196

Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

tensität, während die anderen drei Markenerlebnis-Komponenten erst bei intensiver Auseinandersetzung spürbar ansteigen. Die geschlechtsspezifische Betrachtung5 fördert weitere Unterschiede zutage (vgl. Abb. 3). So hat die Intensität der Auseinandersetzung mit der Attraktion Produktpräsentation bei männlichen Besuchern keinen Effekt auf die Ausprägungen der Markenerlebnis-Komponenten (alle p > 0,16), während bei Besucherinnen alle vier Komponenten des Markenerlebnisses gesteigert werden (alle p < 0,001). Ein ähnliches Muster zeigt sich für die Individualisierung. Die Intensität der Nutzung der Massage führt bei männlichen Besuchern jedoch zu einer Steigerung des körperlichen Erlebens (p = 0,021) und der Neugierde (p = 0,006) sowie zu einem geringfügigen Anstieg der Emotionalität (p = 0,065). Bei männlichen Besuchern führt die Intensität der Nutzung der Attraktion Markengeschichte ebenfalls zu einer Steigerung des körperlichen Erlebens (p = 0,003), der Neugierde (p = 0,005) sowie der Emotionalität (p = 0,010). Bei Besucherinnen sind erneut alle Unterschiede signifikant. Bezüglich der letzten Attraktion, Fanartikel, zeigt sich bei männlichen Besuchern erstmalig ein Zusammenhang zwischen Intensität der Auseinandersetzung und den Sinneseindrücken (p = 0,014). Bei Besucherinnen tritt dieser Zusammenhang erstmals in abgeschwächter Form auf (p = 0,089). Ansonsten ist der Zusammenhang geschlechterübergreifend signifikant (alle p < 0,017) - bis auf das körperliche Erleben bei männlichen Besuchern, das kaum durch die Intensität der Auseinandersetzung mit Fanartikeln beeinflusst wird (p = 0,115).

5

Aufgrund des hohen Anteils von Besucherinnen an der Gesamtstichprobe weichen die Darstellungen über alle Besucher kaum von denen für die weiblichen Besucher ab. Daher wurde auf eine Darstellung der Gesamtstichprobe verzichtet.

Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

197

Abb. 3: Geschlechtsspezifischer Einfluss der Intensität der Auseinandersetzung mit den einzelnen Attraktionen auf die Komponenten des Markenerlebnisses (Quelle: eigene Erstellung) Weiblich

Männlich Produktpräsentation

7 6

nicht gesehen

gesehen

7

intensiv

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

1

nicht gesehen

Sinneseindrücke

gesehen

intensiv

Neugierde Emotion- Körperliches Neugierde Erleben alität Erleben

Individualisierung 7 6

nicht gesehen

gesehen

7

intensiv

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

1

nicht gesehen

gesehen

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

intensiv

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

Massage 7 6

nicht gesehen

gesehen

7

intensiv

6

5

5

4

4

3

3

gesehen

intensiv

2

2 1

nicht gesehen

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

1

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

Markengeschichte 7 6

nicht gesehen

gesehen

7

intensiv

6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

1

nicht gesehen

gesehen

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

intensiv

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

Fanartikel 7 6

nicht gesehen

gesehen

intensiv

7 6

5

5

4

4

3

3

2

2

1

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

1

nicht gesehen

gesehen

Sinneseindrücke Sinnes-

Emotionalität Emotion-

eindrücke

alität

intensiv

Körperliches Neugierde Körperliches Neugierde Erleben Erleben

198

Steffen Jahn, Waldemar Toporowski, Till Dannewald, Tim Nierobisch

Geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen aber nicht nur hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Nutzungsintensität und Markenerlebnis. Gerade bei intensiver Auseinandersetzung mit den Attraktionen fällt das Markenerlebnis bei Besucherinnen höher aus als bei männlichen Besuchern. Abbildung 4 stellt diesen Unterschied grafisch dar. Bezogen auf die einzelnen Attraktionen zeigt sich, dass der größte Markenerlebnis-Unterschied zwischen den Geschlechtern bei intensiver Nutzung der Produktpräsentation entsteht, am geringsten ist der Unterschied bei den Fanartikeln ausgeprägt. Über alle Attraktionen hinweg entstehen die größten Unterschiede bei der Emotionalität (insbesondere getrieben durch Produktpräsentation und Markengeschichte), die geringsten bei Neugierde. Abb. 4: Geschlechterspezifische Unterschiede hinsichtlich des Markenerlebnisses bei intensiver Auseinandersetzung mit den Attraktionen

1,5

Produktpräsentation Individualisierung Massage

1,0

Markengeschichte Fanartikel

0,5

0,0 Sinneseindrücke

Emotionalität

Körperliches Erleben

Neugierde

Quelle: eigene Erstellung

6 Diskussion und Implikationen Die Analyse von 845 Besuchern eines Flagship Stores deutet auf das Potenzial einer erlebnisorientierten Ladengestaltung für die Markenwahrnehmung hin. Gleichzeitig konnte der vorliegende Beitrag Bedingungen herausarbeiten, die diese Wirkung abschwächen. So reicht es beispielsweise nicht aus, sich nur oberflächlich mit den Attraktionen eines Flagship Stores auseinander zu setzen. Erst die intensive Auseinandersetzung führt zu positiven Wirkungen auf das Markenerlebnis. Betreiber von Flagship Stores müssen folglich darauf achten, Besucher aktiv einzubinden. Dies könnte beispielsweise durch eine noch bessere Integration interaktiver Attraktionen erfolgen. Im vorliegenden Anwendungsfall waren die Attraktionen Individualisierung

Erlebnisorientierte Markeninszenierung in Flagship Stores

199

und Massage interaktiv, die Gestaltungsmöglichkeiten der Konsumenten jedoch begrenzt. Vor diesem Hintergrund vermag es kaum zu überraschen, dass beide Attraktionen hinter Produktpräsentation und Markengeschichte zurücklagen. Ein weiterer Befund ergibt sich im Hinblick auf die Personal-Qualität. Entscheidend für positive Markenerlebnisse innerhalb des Flagship Stores ist das Zusammenwirken von intensiver Auseinandersetzung mit den Attraktionen und einer hohen PersonalQualität. Ein großer Vorteil von Flagship Stores gegenüber anderen Geschäften ist die Präsenz geschulten Personals (vgl. Gensler/Neslin/Verhoef 2017). Betreiber sollten es daher nicht versäumen, genügend Personal vor Ort zu haben, das engagiert, empathisch und mit den Attraktionen bestens vertraut ist. Der dritte wichtige Befund der vorliegenden Untersuchung bezieht sich auf die beobachteten Geschlechtsunterschiede. Aus Abbildung 4 geht hervor, dass im Kontext einer Kosmetikmarke nicht nur weibliche Besucher in der Mehrheit waren und ein positiveres Markenerlebnis hatten. Vielmehr reagieren Geschlechter auf einzelne Attraktionen unterschiedlich. Die Zurschaustellung von Fanartikeln führte bspw. kaum zu Unterschieden im sensorischen und intellektuellen Markenerlebnis. Im Gegensatz dazu ergaben sich große Unterschiede im emotionalen Markenerlebnis. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass die Ergebnisse maßgeblich vom Untersuchungsgegenstand (d. h. Kosmetik als traditionell bei Frauen beliebter Kategorie) beeinflusst wurde. Nichtsdestotrotz gilt es für Betreiber von Flagship Stores zu beachten, ob die Attraktionen nur eine bestimmte Zielgruppe oder eine größere Bandbreite von Kunden ansprechen sollen. Je nach strategischer Ausrichtung ist es nötig, entsprechende Attraktionen auszuwählen.

7 Fazit Diese Untersuchung trägt zu einem besseren Verständnis der In-Store-Attraktionen bei, die einen Flagship Store zu einem erlebnisorientierten Marken-Kontaktpunkt machen. Darüber hinaus eröffnen die Ergebnisse der empirischen Untersuchung der Unternehmenspraxis Anhaltspunkte für die Schaffungen von Erlebnispfaden. In diesem Sinne leistet die vorliegende Untersuchung einen Beitrag zur erfolgreichen Markeninszenierung in Flagship Stores.

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201

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Susanne Doppler, Adrienne Steffen Die Rolle des Involvements für die wahrgenommene Erlebnisqualität von B2B Veranstaltungsbesuchen – Erkenntnisse für die markeninszenierende Livekommunikation 1

2

3

4

Einleitung 1.1

Die Rolle des Kundenerlebnisses als Wettbewerbsvorteil

1.2

Die Rolle des Involvements auf B2B-Veranstaltungen

1.3

Zusammenhang Kundenerlebnis, Involvement und Erlebnisqualität

1.4

Fragestellung und Ziele

Methode 2.1

Datenerhebung

2.2

Annahme über Involvementkonstellationen

Ergebnisse 3.1

Stichprobenübersicht

3.2

Bedeutung der Entscheidung

3.3

Emotionales Involvement

3.4

Kognitives Involvement

3.5

Zusammenhang zwischen kognitivem und emotionalem Involvement

3.6

Erlebniswert

3.7

Zusammenhang zwischen kognitivem Involvement und Erlebniswert

Diskussion und Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis Anhang: Impressionen von den drei B2B-Veranstaltungen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 C. Zanger (Hrsg.), Events und Marke, Markenkommunikation und Beziehungsmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6_9

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

207

1 Einleitung 1.1 Die Rolle des Kundenerlebnisses als Wettbewerbsvorteil Das Thema „Customer Experience Management“ (CEM) hat seit den Mid-80ern immer mehr an Bedeutung gewonnen (vgl. Garg et al. 2012; Steffen 2012, S. 2). Ende der 90er prägten Pine/Gilmore (1998) die Forschung mit der Erkenntnis, dass Unternehmen sich mit ihrem Kundenerlebnis einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können, maßgeblich (vgl. Johnston/Kong 2011). Diesen Gedanken haben bereits Shaw/Ivens (2005, S. 13) aufgegriffen und das Kundenerlebnis sogar als langfristigen Wettbewerbsvorteil betitelt. Bei zunehmender Wettbewerbsintensität leistet das Markenerlebnis einen entscheidenden Beitrag zur Differenzierung und Profilierung (vgl. Kirchgeorg/Ermer 2012, S. 251), wobei ein als hoch zu bewertendes Differenzierungspotenzial voraussetzt, dass die wahrgenommene Erlebnisqualität und damit der emotionale Nutzen des Kundenerlebnisses hoch ist (vgl. Jüttner et al. 2012, S. 8). Die existierende CEM Literatur hat sich in der Vergangenheit überwiegend mit dem B2C Kontext wie z. B. der Unterhaltungsindustrie, dem Handel und dem Tourismus beschäftigt (vgl. Voeth/Loos 2012, S. 372). 69 Prozent der Konsumenten stimmten zu, dass die Hälfte des Kundenerlebnisses durch Emotionen hervorgerufen wird (vgl. Shaw/Ivens 2005, S. 7). Es verwundert daher nicht, dass im B2C-Marketing Kontext bereits sehr viel mit der Emotionalisierung von Kundenerlebnissen durch bewusste und unbewusste Mechanismen gearbeitet wird (vgl. Robier 2016, S.73), wohingegen es ungleich schwieriger ist, Fakten zu emotionalisieren (vgl. Robier, 2016, S. 75), die im B2B Kontext mit extensiven Kaufentscheidungskonstellationen (vgl. KröberRiel/Gröppel-Klein 2015, S. 461, Felser 2015, S. 156) aber eine große Rolle spielen (vgl. Doppler 2016, S. 43). Bisher gibt es nur wenig Literatur zur Erforschung des B2B-Kundenerlebnisses. „Untersuchungen, die sich den Besonderheiten des CEM bei B2B-Services widmen, stellen in der Literatur bislang die Ausnahme dar“ (vgl. Voeth/Loos 2012, S. 372). Nach Jüttner et al. (2012, S. 8) ist neben der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität eine hohe Erlebnisqualität Voraussetzung für langfristige Kundenbeziehungen. Diese haben im B2B-Servicekontext wegen der meist individuellen Kundenanforderungen eine besondere Bedeutung (vgl. Voeth/Loos 2012, S. 371f.). Insbesondere in Märkten austauschbarer Dienstleistungen und mit hoher Wettbewerbsintensität kann eine emotionale Differenzierung daher erfolgskritisch sein (vgl. Jüttner et al. 2012, S. 8).

208

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

Laut Umfrage des AUMA haben Messen in der B2B Markenkommunikation eine bemerkenswerte Bedeutung. So bewerteten 74 Prozent befragter Unternehmen Messen in der B2B Kommunikation als zentrales Kommunikationsinstrument (28 %) bzw. als gleichrangiges Instrument zu anderen Kommunikationsmaßnahmen (46 %) (vgl. AUMA 2017, S. 20). Um die erforderlichen Budgets erfolgreich einzusetzen, wird Unternehmen geraten, entsprechende Involvementkonstellationen vor, während und nach der Messepräsenz zu aktivieren (vgl. Doppler 2016, S. 46) und die Marke über das Messeerlebnis des Besuchers mit einer als hoch bewerteten Erlebnisqualität zu verknüpfen. 1.2 Die Rolle des Involvements auf B2B-Veranstaltungen Involvement beschreibt den Grad der wahrgenommenen persönlichen Wichtigkeit oder des wahrgenommenen persönlichen Interesses, „der durch einen oder mehrere Stimuli hervorgerufen wird, also die Ich-Beteiligung der Person gegenüber Objekten [z. B. Marken] oder Sachverhalten [z. B. physisches und soziales Umfeld, Zeitpunkt].“ (vgl. Pepels 2013, S. 46) und gilt als Maß für die kognitive Kontrolle einer Kaufentscheidung (Felser 2015, S. 11). Als Oberbegriff für verschiedene Konzepte wie Aufmerksamkeit, Ich-Beteiligung und Identifikation, stellt das Involvement die Weichen bei Kaufentscheidungen (Felser 2015, S. 111). Das Konzept des Involvements trägt der Tatsache Rechnung, dass emotionale und kognitive Prozesse beim Individuum komplex ineinander spielen und berücksichtigt daher beide Dimensionen, differenziert aber in der Ausprägung bzw. Stärke des kognitiven und emotionalen Involvements. Daraus ergeben sich nach KröberRiel/Gröppel-Klein (2015, S. 463; Felser 2015, S. 156ff.) vier Konstellationen des Involvements, die wiederum zu entsprechenden Kaufentscheidungstypen führen: habitualisierte, impulsive, limitierte und extensive Kaufentscheidungen (siehe Abb. 1). B2B Veranstaltungen sind ein geeignetes Kommunikationsinstrument vor allem für Anbieter von erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen mit typischerweiser langen Sales-Zyklen (vgl. Doppler 2016, S. 40ff.). Sie unterliegen extensiven Entscheidungskonstellationen, einhergehend mit starken emotionalen und kognitiven Prozessen (vgl. Kröber-Riel/Gröppel-Klein 2015, S. 463; Felser 2015, S.156f.). Diese Konstellation führt dazu, dass die Teilnehmer bereit sind, sich zu engagieren und sich intensiv mit der im Rahmen der Messe erlebten Produkt-, Unternehmens- oder Dienstleistungsinszenierung zu beschäftigen und sich mit komplexen, unsicheren, innovativen Sachverhalten auseinanderzusetzen (vgl. Kröber-Riel/Gröppel-Klein 2015,

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

209

S. 470f.). Die Zeit selbst gilt als wichtigste Unterscheidungsdimension bei den Arten des Involvements: ein über eine länger Zeit bestehendes Involvement wird als persönliches Involvement bezeichnet (Felser 2015, S. 112). Abb. 1: Involvement-Konstellationen nach Kröber-Riel/Gröppel-Kein (2015, S. 463), adaptiert nach Doppler (2016, S. 29)

B2B: • Relativ lange Saleszyklen • Hohe Bereitschaft, sich auch mit komplexen Themen auseinander zu setzen

Kognitives Involvememt

+

-

-

Limitierte Kaufentscheidungen

Extensive Kaufentscheidungen

Habitualisierte Kaufentscheidungen

Impulsive Kaufentscheidungen

Emotionales Involvement

+

Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Doppler (2016, S. 29)

1.3 Zusammenhang Kundenerlebnis, Involvement und Erlebnisqualität Das Kundenerlebnis auf B2B Messen bezieht sich auf alle direkten und indirekten Kontaktpunkte mit der Messe; und zwar vor, während und nach einem Event (siehe Abb. 2). Während die wahrgenommene Dienstleistungsqualität funktionale Ansprüche adressiert, wie z. B. die Präsenz von und Gespräche mit relevanten Anbietern, erfasst die Erlebnisqualität vor allem den emotionalen Nutzen für den Kunden. Die Erlebnisqualität, die sich in emotionalem Nutzen ausdrückt, geht einher mit einem hohen emotionalen Involvement und kann als Differenzierungsmerkmal für Unternehmen im B2B Sektor angenommen werden (vgl. Jüttner et al. 2012, S. 8).

210

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

Abb. 2: Zusammenhang Kundenerlebnis, Involvement und Erlebnisqualität

Quelle: eigene Erstellung nach Bruhn (2015, S. 460ff.); Jüttner et al. (2012, S. 8)

1.4 Fragestellung und Ziele Die vorliegende Studie geht davon aus, dass Business Teilnehmer von B2B Veranstaltungen vor allem extensive Entscheidungen treffen, die einer entsprechenden hohen kognitiven und emotionalen Entscheidungskonstellation bei persönlichem Involvement bedürfen. Diese Annahme wird im Rahmen der Studie überprüft. Darauf aufbauend untersucht die Studie die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Involvement und der wahrgenommenen Erlebnisqualität bei B2B Messebesuchen gibt. Die Studie verfolgt dabei nachfolgende Forschungsziele:  Evaluation des Grades des kognitiven Involvements als auch des emotionalen Involvements.  Aussagen zur Korrelationen von Involvementkonstellationen und Erlebnisqualität.  Aussagen zur Korrelation von speziell emotionalem Involvement und Erlebnisqualität als Differenzierungsmerkmal.  Erkenntnisse für die markeninszenierende Livekommunikation.

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

211

Die vorliegende Studie fokussiert sich auf den B2B Messebesuch und betrachtet daher den physischen Live Kontakt vor Ort.

2 Methode 2.1 Datenerhebung Die Erhebung der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung, dem kognitiven Involvement und der Erlebnisqualität des Messebesuches erfolgte auf Basis von folgenden Skalen: die deutsche Übersetzung der Involvement Skala in Anlehnung an Zaichowsky (1994, in: Held 2009), die deutsche Übersetzung der PANAS Skala (zu Deutsch PANAVA) (vgl. Schallberger 2005) zur Messung der "Qualität des Erlebens in Arbeit und Freizeit", die deutsche, im Kontext veränderte Experiential Value Scale (EVS) zur Messung des Erlebniswerts nach Mathwick/Malhotra/Rigdon. (2001) und Brakus/Schmitt/Zarantonello (2009). Die PANAVA lag bereits in deutscher Übersetzung vor. Die anderen beiden Skalen wurden inhaltlich dem Messekontext angepasst und übersetzt. Döring und Bortz (2015, S. 105) empfehlen etablierte Messinstrumente mit hoher Reliabilität zu nutzen. Durch die Verwendung eben dieser fällt die Gütebetrachtung bei der Verwendung bereits als zuverlässig erwiesener Skalen positiv aus. Außerdem kann von einer validen Messung ausgegangen werden, da sich insbesondere Zaichowsky’s Involvement Skala und die PANAVA Skala mehrfach bewährt haben (vgl. Schallberger 2005). Aufgrund der Studienzielsetzung wurde die Erlebnisqualität nur während der Messe gemessen. Es fand keine Vor- bzw. Nachbetrachtung des Erlebnisses statt. Drei unterschiedliche B2B-Messen wurden für die Datenerhebung ausgewählt. Die Locations fand am 07.03.2017 im Rosengarten in Mannheim statt (siehe Anhang). Hierbei handelt es sich um eine regionale Fachmesse für Marketingfachleute, Eventmanager, Veranstaltungs- und Tagungsplaner. Auf der Locations präsentieren sich zahlreiche regionale Aussteller z. B. Dienstleister, Veranstaltungstechniker, Caterer, Hotels und Tagungsstätten. Ein Vortragsprogramm begleitet die Messe (vgl. Locations, k. D.). Am 06.04.2017 wurde auf der nationalen Messe Prolight & Sound erhoben, die auf dem Frankfurter Messegelände stattfand. Die Prolight & Sound ist eine bedeutende internationale Messe der Technologien und Services für Entertainment, Integrated Systems und Creation. Sie „bietet einen umfassenden Überblick über Produkte und Dienstleistungen der Veranstaltungsbranche“. Viele „Betreiber von Veran-

212

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

staltungsstätten, Lichtdesigner, Bühnenbildner, Sound-Experten und Eventplaner zählen zu den Fachbesuchern“ (vgl. Prolight & Sound, k. D.). Die dritte Erhebung erfolgte auf dem Mittelstandsforum am 05.07.2017 auf dem Internationalen Congresscenter Stuttgart (siehe Anhang). Diese Veranstaltung wird vom Staatsministerium, diversen Banken und weiteren Förderinstituten des Landes Baden-Württemberg gefördert. Geschäftsführer, Vorstände und Firmeninhaber von Mittelständischen Unternehmen können sich über neue Entwicklungen zum Thema Finanzierung, Akquise, digitales Marketing und Internationalisierung in unterschiedlichen Plena und an Messeständen informieren (vgl. Convent, k. D.). Die Teilnehmer wurden von beiden Forscherinnen und Studierenden persönlich angesprochen und um die Beantwortung des schriftlichen Fragebogens vor Ort gebeten. Auf dem Mittelstandsforum wurden am Ausgang außerdem 40 frankierte Briefe verteilt. Die Teilnehmer wurden gebeten, an der schriftlichen Befragung teilzunehmen und den Brief zurückzusenden. Die Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS 24. Die Abbildungen 5 - 7 im Anhang zeigen beispielhafte Eindrücke von den jeweiligen B2B-Veranstaltungen. 2.2 Annahme über Involvementkonstellationen Nach der Datenerhebung wurden vor der Auswertung nun Annahmen über die Involvementkontellationen auf den drei B2B-Veranstaltungen getroffen (siehe Abb. 3). Auf dem Mittelstandsforum wurde durch die relative simple Standgestaltung im Messeformat und durch den Workshop-Charakter eine vergleichsweise niedrigere emotionale Ansprache als auf der Prolight & Sound erwartet. Da das Publikum überwiegend aus Geschäftsmännern zwischen ca. 40-60 Jahren bestand, diese meist selbständig waren und zu Fortbildungszwecken die Workshops besuchten, wurde ein vergleichsweise hohes Involvement ggü. den Inhalten der B2B-Veranstaltung vermutet. Auf der Locations gab es im Vergleich zum Mittelstandsforum auch einige Messestände mit Erlebniskomponenten (z. B. einem digitalen Cocktailshaker, einem Virtual Reality Simulator, ein Model mit Full Body Painting, und die Möglichkeit ein Foto mit einem Falkner und einem Greifvogel zu machen). Daher wurde ein etwas höheres emotionales aber niedrigeres kognitives Involvement als auf dem Mittelstandsforum angenommen. Auch auf der Locations wurde ein eher niedrigeres emotionales Involvement im Vergleich zur Prolight & Sound vermutet.

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

213

Abb. 3: Annahme über Involvementkonstellationen

Quelle: eigene Erstellung in Anlehnung an Doppler (2016, S. 29)

Die Prolight & Sound sticht in Bezug auf den wahrgenommenen Erlebnischarakter heraus. Auf der Messe gab es u. a. riesige Bildschirm- und Lautsprecherwände, eine Live Sound Arena auf dem Außengelände und als besonderes Highlight für viele Besucher, eine Licht- und Soundshow im Festzelt. Man konnte daher von einem vergleichsweise hohen emotionalen Involvement ausgehen und einem, bedingt durch die Komplexität der ausgestellten Dienstleistungen und Güter, hohen kognitiven Involvement.

3 Ergebnisse Die Ergebnisse liefern Einsichten in die Erlebnisqualität von B2B-Veranstaltungen aus Sicht der Teilnehmer dieser B2B-Veranstaltungen. Des Weiteren stellt die Studie gegenüber, wie die Teilnehmer von drei ausgewählten B2B-Veranstaltungen einerseits ihre Entscheidungskonstellation entlang der Dimensionen emotionales und kognitives Involvement selbst einschätzen, und außerdem, wie sich die Einschätzung des kognitiven und emotionalen Involvements auf die Erlebnisqualität auswirkt. 3.1 Stichprobenübersicht Insgesamt wurden 230 Teilnehmer persönlich befragt (siehe Tab. 1). Davon waren 85,6 % Fachbesucher.

214

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

Tab. 1: Stichprobenübersicht Locations Anzahl

(%)

Prolight &Sound

Mittelstandsforum

Anzahl

Anzahl

(%)

(%)

Gesamt An-

(%)

zahl Funktion Privatbesucher

5

8,3 %

26

25,2 %

2

3,0 %

33

14,4 %

Fachbesucher

55

91,7 %

77

74,8 %

64

97,0 %

196

85,6 %

Alter unter 20 Jahre

1

1,6 %

15

14,3 %

1

1,5 %

17

7,4 %

20 - 35 Jahre

29

47,5 %

50

47,6 %

10

15,4 %

89

38,5 %

36 - 50 Jahre

15

24,6 %

27

25,7 %

23

35,4 %

65

28,1 %

51 - 65 Jahre

16

26,2 %

13

12,4 %

26

40,0 %

55

23,8 %

über 65 Jahre

0

0,0 %

0

0,0 %

5

7,7 %

5

2,2 %

männlich

22

36,1 %

74

70,5 %

47

73,4 %

143

62,2 %

weiblich

39

63,9 %

31

29,5 %

17

26,6 %

87

37,8 %

Gesamt

61

100,0 %

105

100,0 %

64

100,0 %

230

100,0 %

Geschlecht

Quelle: eigene Erstellung

Der Anteil der Fachbesucher war auf dem Mittelstandsforum besonders hoch mit 97,0 % bzw. 91,7 % auf der Locations. Der Grund warum auf der Prolight & Sound ein Viertel der Teilnehmer Privatbesucher waren, lag wahrscheinlich daran, dass hier generell eine jüngere Zielgruppe (14,3 % waren unter 20) vorzufinden war, die eventuell eine Location für Privatveranstaltungen gesucht haben. Das im Vergleich älteste Publikum wurde auf dem Mittelstandsforum angetroffen (40,0 % waren 51-65 Jahre alt und 7,7 % über 65 Jahre). Insgesamt wurden mehr Männer (62,2 %) als Frauen (37,8 %) befragt. Die Zusammensetzung der Stichprobe entspricht dabei den Beobachtungen vor Ort, wonach an allen drei B2B-Veranstaltungen insgesamt mehr Männer als Frauen teilnahmen, so dass die Gewichtung ein gutes Abbild der Realität darstellt. 3.2 Bedeutung der Entscheidung Die Bedeutung der Entscheidung wurde mit einem semantischen Differential in Anlehnung an Zaichowsky (1994) mit einer 7-fachen Likert Skala gemessen (1 positiv wichtig bis 7 negativ- unwichtig). 5 Items wurden getestet und ein Gesamtmittelwert gebildet (siehe Tab. 2).

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

215

Tab. 2: Die Bedeutung der zu treffenden Entscheidung auf den drei Messen Locations

Prolight &

Mittelstands-

Gesamt

M

Sound

forum

M

M

M

Sind wichtig

3,09

2,99

3,68

Bedeuten mir sehr viel

3,44

3,25

3,74

3,21* 3,44

Sind mir viel wert

3,13

3,18

3,63

3,30

Sind von großem Belang

3,56

3,42

3,83

3,57

Sind relevant

2,93

3,83

3,65

3,09***

Mittelwert (Bedeutung der Entscheidung)

3,24

3,15

3,70

3,33*

(α=.925)

Quelle: eigene Erstellung (ANOVA zwischen den Gruppen, *** p < .001; ** p < .01; *

p < .05)

Der ANOVA-Test des Gesamtmittelwertes zeigte signifikante Unterschiede zwischen den drei Teilnehmergruppen (MLocations = 3,24, SDLocations = 1,21; MProlight & Sound = 3,15, SD MProlight & Sound = 0,99; MMittelstandsforum = 3,7, SD Mittelstandsforum = 1,61 p = .023). Entscheidungen, die auf der Prolight & Sound getroffen werden, erscheinen den Teilnehmern daher vergleichsweise bedeutend. Insbesondere das Item, das die Relevanz der Entscheidung misst, unterschied sich deutlich signifikant zwischen den 3 Teilnehmergruppen (MLocations = 2,93, SDLocations = 1,41; M Prolight & Sound = 2,83, SD MProlight & Sound = 1,14; MMittelstandsforum = 3,65, SD Mittelstandsforum = 1,61, p = .001). Die auf der Prolight & Sound getroffenen Entscheidungen scheinen daher im Vergleich zu den anderen beiden B2B-Veranstaltungen von besonderer Relevanz für die Teilnehmer zu sein. 3.3 Emotionales Involvement Auch das emotionale Involvement wurde mit einem semantischen Differential auf einer 7-er Likert Skala gemessen (1 positiv - glücklich bis 7 negativ- unglücklich). Insgesamt beinhaltet die Skala 10 Items, die die momentbedingte Emotionen abbilden. Es wurden die einzelnen Dimensionen abgebildet und ein Gesamtindex erstellt (siehe Tabelle 3). Die gemessenen Cronbachs alpha-Werte sind nicht zufriedenstellend auf Basis des in der Literatur meist zitierten Grenzwertes von α = .8 (vgl. Döring/Bortz 2015, S. 443) oder auch α = .7 (vgl. Palant 2001, S. 6; Bryman/Bell 2011, S. 159). Da die Cronbachs alpha-Werte der Emotionalitätsdimensionen auch nach einer explorativen Faktorenanalyse nicht besser wurden, wurde die Originalskala mit folgendem Ergebnis beibehalten:

216

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

Tab. 3: Die gefühlte Emotionalität auf den drei Messen Locations

Prolight &

Mittel-

Sound

stands-

Gesamt

forum Energiegeladen

2,85

3,15

3,06

3,04

Hellwach (müde rekodiert)

2,88

3,70

3,02

3,29***

Hoch motiviert (lustlos rekodiert)

2,72

2,62

2,70

2,67

Begeistert

2,79

2,62

3,09

2,80

Affekt positiv (PA) (α=.672)

2,78

3,04

2,92

2,94

Entspannt (gestresst rekodiert)

2,59

3,09

2,66

2,83

Friedlich

2,13

2,31

2,59

2,34

Ruhig

2,48

3,54

2,49

2,96

Sorgenfrei (besorgt rekodiert)

2,02

2,10

2,20

2,11

Affekt negativ (NA) (α=.650)

2,30

2,76

2,48

2,56

Zufrieden

2,03

2,08

2,15

2,09

Glücklich (unglücklich rekodiert)

2,77

2,24

2,68

2,50**

Affekt Valenz (VA) (α=.424)

2,41

2,17

2,39

2,30

Emotionalität Gesamt

2,51

2,66

2,61

2,61

Quelle: eigene Erstellung (ANOVA zwischen den Gruppen, *** p < .001; ** p < .01; *

p < .05)

Sowohl auf Ebene der einzelnen Items, wie auch der Ebene der Emotionsdimensionen gab es überraschenderweise nur vereinzelt signifikante Unterschiede zwischen den Teilnehmern auf den drei B2B-Veranstaltungen. Die Teilnehmer der Prolight & Sound waren müder (M

Prolight & Sound

= 2,62, SD M

Prolight & Sound

= 1,57; M

Locations

=2,88,

SD Locations = 1,42; M Mittelstandsforum = 3,02, SD Mittelstandsforum = 1,35, p = .001), aber auch glücklicher im Vergleich zu den Teilnehmern auf den anderen beiden B2BVeranstaltungen (M SD

Locations

Prolight & Sound

= 1,25; M

= 2,24, SD M

Mittelstandsforum

= 2,68, SD

Prolight & Sound

Mittelstandsforum

= 1,24 ; M

Locations

=2,77,

= 1,37, p = .02). Insgesamt

betrachtet wurde die Emotionalität auf den B2B-Veranstaltungen sehr ähnlich mit Mittelwerten um 2,6 bewertet ((M Prolight & Sound = 2,66, SD MProlight & Sound = 0,80; MLocations =2,2, SDLocations = ,75; MMittelstandsforum = 2,61, SD Mittelstandsforum = ,64, p = .458). 3.4 Kognitives Involvement Das kognitive Involvement wurde auf einer 7-er Likert Zustimmungsskala gemessen 1 (stimme überhaupt nicht zu bis 7 stimme voll und ganz zu). Es wurde die intellektuelle Dimension der Brand Experience Scale (BES) (vgl. Brakus/Schmitt/Zarantonello 2009) genutzt. Sie bildet auf der 7er Likert-Skala die intellektuelle Dimension ab und wird mit 3 Items gemessen (siehe Tab. 4). Eine Realibitätsanalyse zeigte, dass auch

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

217

diese Skala den Grenzwert von α = .8 nicht erreicht. Durch Weglassen des zweiten Items hätte die interne Realibität der Skala auf einen Wert von α = .7 verbessert werden können. Es wurde aber entschieden, die drei Items für die Analyse zu belassen, um das Originalkonstrukt beizubehalten. Tab. 4: Das kognitive Involvement auf den drei B2B-Veranstaltungen Loca-

Prolight

Mittel-

tions

& Sound

stands-

Gesamt

Auf diesem Messebesuch gehe ich viele Denkprozesse ein.

3,97

4,83

4,43

4,49**

Dieser Messebesuch erfordert Denkleistung.

4,20

4,94

4,60

4,65*

Dieser Messebesuch stimuliert meine Fähigkeit, bestimmte

4,07

4,25

4,19

4,18

4,08

4,68

4,40

4,44**

forum

Probleme zu lösen. Mittelwert kognitives Involvement (α=.637)

Quelle: eigene Erstellung (ANOVA zwischen den Gruppen, *** p < .001; ** p < .01; *

p < .05)

Die Itemwerte des kognitiven Involvements zeigen, dass sich das kognitive Involvement auf den drei B2B-Veranstaltungen ähnelte, aber trotzdem signifikant unterschiedlich war. Ein ANOVA-Mittelwertvergleich zwischen den Gruppen zeigte signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten des kognitiven Involvements (M Prolight & Sound = 4,68, SD M Prolight & Sound = 1,22; M Locations =4,08, SD Locations = 0,94; M Mittelstandsforum = 4,40, SD Mittelstandsforum = 1,21, p = .005). 3.5 Zusammenhang zwischen kognitivem und emotionalem Involvement Die Annahmen bezüglich der Involvementkonstellationen wurden somit nur bedingt bestätigt. Bezüglich des emotionalen Involvements wurden auf den drei B2BVeranstaltungen kaum Unterschiede gemessen. Nur das kognitive Involvement unterschied sich statistisch signifikant, wobei die Prolight & Sound Messe das höchste kognitive Involvement erzeugte (siehe Abb. 4).

218

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

Abb. 4: Vorgefundene Involvementkonstellationen

Quelle: eigene Erstellung

3.6 Erlebniswert Die Experiential Value Scale (EVS) wurde zum Messen der "Qualität des Erlebens in Arbeit und Freizeit" verwendet und bildet so den Erlebniswert ab. Hierbei handelt es sich um eine 7er Likert-Zustimmungsskala (1 stimme überhaupt nicht zu bis 7 stimme voll und ganz zu). Tab. 5 zeigt die gemessenen Items mit den jeweiligen Erlebnisdimensionen.

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

219

Tab. 5 Das wahrgenommene Erlebnisempfinden auf den drei B2B-Veranstaltungen Locations

Prolight & Sound

Mittelstandsforum

Gesamt

Die Messeauftritte der Aussteller sehen attraktiv aus.

5,03

4,96

4,21

4,77 **

Die Messeauftritte der Aussteller sind ansprechend gestaltet.

4,98

4,95

4,26

4,77 **

Ich mag die Art und Weise wie Aussteller ihre Messestände gestalten.

4,97

4,76

4,05

4,62***

Mittelwert Visual Appeal (α=.949)

4,99

4,88

4,17

4,72**

Erlebnisdimensionen

Diese Messe ist sehr kurzweilig.

4,52

4,13

4,28

4,27

Die Begeisterung auf der Messe ist ansteckend.

4,22

4,30

3,69

4,11*

Auf dieser Messe werde ich nicht nur über Produkte informiert, sie unterhält mich auch.

4,61

4,59

3,89

4,40*

Mittelwert Entertainment Value (α=.673)

4,42

4,36

3,98

4,27

Dieser Messebesuch bietet mir die Möglichkeit, von Alltagsaufgaben zu entkommen.

4,15

4,12

3,94

4,08

Auf dieser Messe fühlt man sich wie in einer anderen Welt.

3,48

3,90

3,20

3,59*

Ich bin auf dieser Messe so eingebunden, dass ich alles andere vergesse.

3,20

3,50

2,92

3,26

Mittelwert Escapism (α=.768)

3,63

3,85

3,35

3,65

Ich mag den Besuch auf dieser Messe an sich und nicht nur wegen der Produkte über die ich mich hier informiere.

4,25

4,47

3,94

4,26

Ich besuche diese Messe aus reinem Vergnügen.

2,62

3,68

3,41

3,32*

Mittelwert Intrinsic Enjoyment (α=.357)

3,43

4,08

3,67

3,79*

Dieser Messebesuch ist eine produktive Art, meine Zeit zu nutzen.

4,88

4,87

4,21

4,68**

Dieser Messebesuch erleichtert meine Arbeit.

4,97

4,35

3,94

4,39***

Dieser Messebesuch passt gut in meinen Terminplan.

4,78

5,35

4,44

4,94

Mittelwert Efficiency (α=.226)

4,88

4,86

4,20

4,67**

Dieser Messebesuch hat für mich einen wirtschaftlichen Wert.

4,75

4,90

4,55

4,76

Insgesamt bin ich mit den Angeboten auf der Messe zufrieden.

5,05

5,87

4,58

5,28

Die von mir investierten Kosten rentieren sich langfristig.

4,66

5,47

4,68

5,04

Die von mir investierte Zeit rentiert sich langfristig.

4,93

5,77

4,65

5,23

Mittelwert Economic Value (α=.798)

4,79

5,55

4,63

5,09

Wenn ich an diese Messe denke, denke ich an Exzellenz.

3,98

4,90

3,70

4,32

Diese Messe ist die wichtigste Fachmesse auf diesem Gebiet.

3,87

4,98

3,80

4,35***

Mittelwert Service Excellence (α=.589)

3,90

4,94

3,75

4,33***

Gesamt (α=.874)

4,25

4,40

4,00

4,25 *

Quelle: eigene Erstellung (ANOVA zwischen den Gruppen, *** p < .001; ** p < .01; *

p < .05)

Vergleichsweise hohe Werte wurden für den ökonomischen Wert (M= 5,08), für die visuelle Dimension (M = 4,72), für die Effizienz (M = 4,67) und für den Vergnü-

220

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

gungswert (Entertainment Value: M = 4,27) gemessen. Der ANOVA Test zeigt insgesamt beim Gesamtmittelwert einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (M Prolight & Sound = 4,40, SD M Prolight & Sound = ,90 ; M Locations =4,25, SDLocations = ,87; M Mittelstandsforum = 4,0, SD Mittelstandsforum = ,72, p = .028). Außerdem waren die Skalenwerte für intrinsisches Involvement, visuelle Ansprache, Effizienz und Service Exzellenz signifikant unterschiedlich zwischen den Veranstaltungen (siehe Tab. 5). Obwohl die Erlebnisdimensionen im Einzelnen Cronbachs alpha-Werte unter .7 aufweisen, so ist die interne Realibität insgesamt gut mit einem Cronbach alpha-Wert von .874. Durch das Löschen zweier Items hätten die Cronbachs alpha-Werte der Einzeldimensionen verbessert werden können. Das Entfernen des Items „Die Messe ist sehr kurzweilig“ beim Entertainment Value, hätte den alpha-Wert von .673 auf .759 verbessert. Löschen des Items „Dieser Messebesuch passt gut in meinen Terminplan“ hätte den Cronbachs alpha-Werte von .226 auf ein zufriedenstellendes Niveau von .712 gebracht. Auf eine nachträgliche Anpassung der Skala wurde aber auch hier, wie beim kognitiven Involvement verzichtet, um die Originalkonstrukte beizubehalten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse jedoch, dass die verwendeten Skalen keine interne Konsistenz aufweisen. Insgesamt betrachtet scheint die Skala außerdem durch die geringe Validität für den Kontext ungeeignet zu sein. Die Experiential Value Scale wurde im Original für den Online Kontext entwickelt und scheint trotz der Kontextanpassung für die Messung des Erlebniswertes aufgrund mangelnder Validität auf B2B-Veranstaltungen nur bedingt geeignet zu sein. 3.7 Zusammenhang zwischen kognitivem Involvement und Erlebniswert Zur Erreichung des Forschungsziels wurde außerdem der Zusammenhang zwischen Involvement und Erlebniswert nach Pearson gemessen. Die Stärke der Korrelation wurde anhand von Akkerboom (2010, S. 108) bewertet. Es wurde nur ein schwache Korrelation zwischen kognitivem Involvement und Erlebnisqualität (r= .427, p < .001) gefunden. Die Korrelation zwischen emotionalem Involvement und Erlebnisqualität war mit r= -.297 und p < .001 sogar negativ und sehr schwach. Es scheint daher keinen Zusammenhang zwischen dem Involvement und Erlebniswert zu geben. Außerdem wurde die Korrelation der einzelnen Erlebnisdimensionen überprüft. Auch hier gibt es viele signifikante aber keine besonders starken Korrelationen zwischen den

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

221

Konstrukten (siehe Tab. 6). Da der Gesamterlebniswert aus den einzelnen Erlebnisdimensionen gebildet wird, gibt es hier starke und zu erwartende Korrelationen. Entertainment Value und Visual Appeal (r = .613, p < .001) sowie Economic Value und Efficiency (r = .639, p < .001) korrelieren miteinander. Es besteht somit ein Zusammenhang zwischen der Attraktivität der Messestände und dem gefühlten Entertainment. Des Weiteren scheinen die Effizienz und der wirtschaftliche Wert (Economic Value) ähnliche Konstrukte zu messen, da zwischen den beiden Dimensionen eine mäßige Korrelation besteht (r = .638, p = .000). Noch höhere Korrelationen mit dem Erlebniswert insgesamt haben die Dimensionen Entertainment Value (r = .772, p < .001) und Service Exzellence (r = .696, p < .001). Das sollte bei der Messung in Folgestudien berücksichtigt werden, indem evtl. Items anderer Skalen der Servicequalität bzw. beim Entertainment berücksichtigt werden. Tab. 6: Korrelationsmatrix Korrelation der Mittelwerte nach Pearson Emotionalität Kognitives Involvement Visual Appeal Entertainment Value Escapism Intrinsic Enjoyment Efficiency Economic Value Service Excellence Erlebniswert Gesamt

Emotionalität 1

Kognitives Involvement

Visual Appeal

Entertainment Value

Escapism

Intrinsic EfficiEnjoyency ment

Economic Value

Service Excellence

Erlebniswert Gesamt

-,219**

-,193**

-,255**

-,187**

-0,087

-0,044

-,231**

-,248**

-,297**

1

,238**

,327**

,170*

,132*

,255**

,483**

,426**

,473**

1

,613**

,231**

,242**

0,084

,411**

,266**

,665**

1

,407**

,339**

0,100

,397**

,398**

,772**

1

**

0,048

0,064

,476

**

,655**

1

0,071

0,009

,399**

,636**

1

**

**

,635**

**

,587**

1

,696

,521

Quelle: eigene Erstellung, Korrelation *** p < .001; ** p < .01; *

,638

1

,364

,352

**

1

p < .05)

4 Diskussion und Schlussfolgerungen Ausgangslage der in diesem Beitrag beschriebenen Studie war die These, dass bei zunehmender Wettbewerbsintensität das Markenerlebnis einen entscheidenden Beitrag zur Differenzierung und Profilierung leistet (vgl. Pine/Gilmore 1998; Johnston/Kong 2011; Kirchgeorg/Ermer 2012, S. 251). Der emotionalen Aktivierung wird dabei eine große Bedeutung beigemessen (vgl. Shaw/Ivens 2005, S. 7), bzw. sie erzeugt eine hohe Erlebnisqualität (vgl. Jüttner 2008, S. 8). Die Ergebnisse der vorliegenden Untesu-

222

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

chung deuten darauf hin, dass dabei jedoch die Aktivierung eines emotionalen Involvements nicht ausreicht, um eine hohe Erlebnisqualität zu erzielen. Die gemessene Involvementkonstellation korreliert nicht mit der gemessenenen Erlebnisqualität. Dabei lassen die gemessenen Werte für Escapism (3,65 / 7), Service Excellence (4,33 / 7) und Entertainment (4,27 / 7) den Hinweis zu, dass noch deutlicher Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Erzielung eines Wettbewerbsvorteils durch einen emotionalen Nutzen. Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass der Fokus bei B2B Veranstaltungen nach wie vor auf der kognitiven und zunehmend auch emotionalen Aktivierung liegt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass in der Markeninszenierung auf Messen in der Konzeption das Augenmerk nicht nur auf der kognitiven und emotionalen Aktivierung der Teilnehmer liegen sollte. Um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, sollten Unternehmen in der Markeninszenierung auf B2B Messen verstärkt Aspekte der Erlebnisqualität berücksichtigen, vor allem Aspekte des Entertainment und Escapism („dem Alltag entfliehen“). Insgesamt betrachtet scheint die verwendete Skala für die gemessene Erlebnisqualität für den Kontext von B2B Veranstaltungen ungeeignet zu sein. In Folgestudien sollten zudem evtl. Items anderer Skalen der Servicequalität bzw. beim Entertainment berücksichtigt werden.

Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

223

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224

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

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Involvement und Erlebnisqualität von B2B Messebesuchern

Anhang: Impressionen von den drei B2B-Veranstaltungen Abb. 5: Locations Mannheimer Rosengarten

Quelle: eigenes Foto Abb. 6: Prolight & Sound Messe Frankfurt

Quelle: eigenes Foto

225

226 Abb. 7: Mittelstandsforum Stuttgart

Quelle: eigenes Foto

Susanne Doppler, Adrienne Steffen

Sören Bär, Jonathan Geyer Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen 1

2

Problemstellung: Die Ambivalenz gegenüber Event-Innovationen 1.1

Das Trend-Paradoxon auf dem Eventmarkt

1.2

Ein neuer Weg: Über Markentrends zu innovativen Eventkonzeptionen

1.3

Eine Typologie von Event-Innovationen nach dem Neuheitsgrad

Die Nutzung etablierter Markentrends für die Inspiration und die Entwicklung neuartiger Eventideen 2.1

Das Pop-up-Phänomen: Live-Kommunikation in Verbindung mit temporären Markeninszenierungen im Raum

2.1.1 Pop-up-Spaces: Die Zwischennutzung zum Prinzip erhoben 2.1.2 Pop-up-Stores: Ladengeschäfte mit episodischem Charakter 2.1.3 Eine echte Event-Innovation: „Lexus kommt in die Stadt“ 2.1.4 Die „Mazda Lounge“ in Düsseldorf und Berlin 2.2

Das Blue Ocean-Prinzip in der Live-Kommunikation: Markeninszenierungen auf branchenfremden Events

2.2.1 Die Blue Ocean-Strategie – Vermeidung von Konkurrenzkampf durch Kreation oder gezielte Suche neuer Märkte 2.2.2 Großevents als Plattformen für Side Events: Die Präsentation der Marke Mazda auf nicht-automobilen Messen 2.3

Live-Led Integrated Brand Experiences: Live-Kommunikation als zentraler Bestandteil crossmedialer und vernetzter Multi-Channel-Kampagnen

2.3.1 Live-Led Integrated Brand Experiences als vernetzte Multi-ChannelKampagnen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 C. Zanger (Hrsg.), Events und Marke, Markenkommunikation und Beziehungsmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6_10

228

Sören Bär, Jonathan Geyer 2.3.2 Live Communication als Lead Channel: Fiat 500X - find your secret x-place

2.4

Marke und Service 4.0 – Live-Kommunikation zur Emotionalisierung von abstrakten und erklärungsbedürftigen komplexen Dienstleistungen

2.4.1 Die Besonderheiten komplexer Dienstleistungen 2.4.2 Aus Digital wird Analog: Das DIGILOGE Event “Hello, I am Max!“ 3

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen

229

1 Problemstellung: Die Ambivalenz gegenüber Event-Innovationen 1.1 Das Trend-Paradoxon auf dem Eventmarkt Trends üben einen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung von Eventkonzeptionen aus. Insbesondere gesellschaftliche und technologische Entwicklungen werden von den Auftraggebern bzw. Kunden ebenfalls beobachtet und bewusst wahrgenommen, so dass sie deren Integration in die geplanten Events zuweilen selbst vorschlagen. Agenturen müssen demgemäß trendbewusst agieren, um den Vorstellungen der Kunden entsprechen zu können. Basieren Eventideen beispielsweise in erster Linie auf technologischen Neuerungen, so werden diese als Technology Push-Innovationen eingeordnet und meist erfolgreich in Eventkonzeptionen implementiert. Allerdings ist die Position der Auftraggeber in Bezug auf Event-Innovationen durchaus ambivalent. Gegenüber radikalen Innovationen bzw. Marktneuheiten verhalten sie sich oft eher zurückhaltend, weil sie bei noch nicht erprobten Eventideen einen Misserfolg befürchten und deshalb das Investitionsrisiko nicht selten scheuen. Üblicherweise sind es eher Unternehmen in Branchen, die selbst häufig Produkt- und Dienstleistungsinnovationen auf den Markt bringen, welche von den Agenturen innovative Eventkonzeptionen erwarten. Die Innovationsneigung der Unternehmen hängt also in nicht unerheblichem Maße von der Branchenzugehörigkeit ab. Im Rahmen einer explorativen qualitativen Untersuchung zum Innovationsmanagement in Agenturen für Live-Kommunikation äußerten Experten führender Eventagenturen, dass insbesondere die Automobilbranche innovative Eventkonzepte fordert und dies auch in den Briefings zum Ausdruck bringt. Danach folgten die IT-, die Mode-, die Medien- sowie die Finanzdienstleistungsbranche. Neben der Innovationsorientierung und -intensität in der Branche und der damit verknüpften Innovationsaffinität spielt es offenbar auch eine wesentliche Rolle, wie hoch die verfügbaren Eventbudgets sind und inwieweit Eventmarketing in die Unternehmenskommunikation integriert ist. (vgl. Bär/Baldig 2017, S. 185). Je höher das verfügbare Eventbudget, desto größer und aufwändiger soll ein Event in der Regel gestaltet werden. Größe und Aufwand lassen sich u. a. anhand der Teilnehmerzahl, der Eventlocation, der Programmpunkte und der eingeladenen Prominenten und Künstler bewerten. Mit der Größe und dem beabsichtigten Aufwand des Events scheint auch der Anspruch zu steigen, eine innovative Eventidee und eine originelle Eventkonzeption umzusetzen (vgl. Bär/Baldig 2017, S. 187).

230

Sören Bär, Jonathan Geyer

Wenn es sich auch bei den Eventideen, die den Auftraggebern von den Eventagenturen vorgeschlagen werden, eigentlich um speziell auf den jeweiligen Kunden zugeschnittene Lösungen und keine Standards handeln sollte, werden Konzeptionen, die in ähnlicher Form bereits bei anderen Unternehmen Erfolg hatten, doch von den Kunden häufig wohlwollend betrachtet. Das ist ein Paradoxon und ein Widerspruch: Einerseits wünschen sich Unternehmen ein einmaliges, individuelles Event entsprechend ihren Vorstellungen, zum anderen verhalten sie sich risikoavers, lehnen bahnbrechende Neuheiten meist ab und bevorzugen stattdessen eine sichere Variante. Werden innovative Konzeptionen anderer Agenturen oder eigene bereits realisierte Ideen erneut genutzt, handelt es sich meist um eine Adaption und leichte Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden oder um eine sich stark am Original orientierende Imitation bzw. Nachahmung. In diesen Fällen liegt möglicherweise eine Unternehmensneuheit oder ein Me-too-Event, jedoch keine echte Innovation vor. 1.2 Ein neuer Weg: Über Markentrends zu innovativen Eventkonzeptionen Dennoch stehen Agenturen für Live-Kommunikation unter dem Druck, neue Eventkonzeptionen hervorzubringen. Auch sehr erfolgreiche Events sind nur begrenzt wiederholbar, denn auf Marktneuheiten wird die Eventbranche schnell aufmerksam. Die Adaption und Anpassung originärer Eventideen durch Wettbewerber kann aufgrund des fehlenden Patentrechtes für Innovationen in der Live Communication nicht verhindert werden. Der Lebenszyklus einer Marktneuheit ist im Vergleich zu anderen Branchen, in denen ein Schutzrecht existiert, sehr kurz. Nachahmungen und Abwandlungen von Ideen sind deshalb auf dem Eventmarkt üblich. Ein verhältnismäßig neuer Weg, zu innovativen Eventkonzeptionen zu gelangen, ist das Aufgreifen von bereits existierenden Markentrends. Diese können als Inspirationen für neuartige Eventideen genutzt werden. Damit berücksichtigen die Eventagenturen das beschriebene Paradoxon des gleichzeitigen Verlangens nach individuellen und neuen Lösungen in Verbindung mit der Zurückhaltung gegenüber radikalen, revolutionären Ideen auf der Kundenseite. Die Markentrends haben sich bereits etabliert, bevor sie als Inspiration für Event-Innovationen dienen. Sie sind deshalb schon verhältnismäßig gut wissenschaftlich erforscht, so dass Publikationen zugänglich und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch den Eventauftraggebern bekannt sind. Damit kann den erwähnten ambivalenten Bedürfnissen der Kunden Rechnung getragen werden. Zum einen erhalten sie ein innovatives und auf ihre speziellen Bedürfnisse angepasstes Eventkonzept und zum anderen bietet ihnen die Inspiration der Event-Innovation durch einen bekannten Markentrend ein gewisses Maß an Sicherheit. Sie nehmen ein

Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen

231

deutlich vermindertes Investitionsrisiko wahr, weil die Markentrends bereits von der wissenschaftlichen Community und der Öffentlichkeit anerkannt wurden. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges eines auf einem derartigen Markentrend basierenden Events signifikant. In der vorliegenden Untersuchung werden die Markentrends Pop-up-Spaces, Blue Ocean-Strategie, Live-Led Integrated Brand Experience sowie Marke und Service 4.0 betrachtet und in Bezug auf ihre Eignung zur Inspiration neuartiger Events analysiert. 1.3 Eine Typologie von Event-Innovationen nach dem Neuheitsgrad Kreativität und Innovation sind für die Differenzierung von Konkurrenten unabdingbar. Event-Innovationen können zum einen auf neuartigen Ideen und Komponenten basieren oder aber durch die Neukombination bereits existierender Ideen entstehen. Sie bieten entweder eine Lösung zur Befriedigung neuer bzw. latenter Bedürfnisse oder erfüllen vorhandene Wünsche auf neuartige Weise. Unterscheidet man nach dem Neuheitsgrad, kann zunächst prinzipiell zwischen revolutionären und evolutionären Event-Innovationen differenziert werden. Revolutionäre Event-Innovationen bringen radikale Neuerungen mit sich. Sie führen zu einer spürbaren Veränderung der Eventlandschaft. Evolutionäre Event-Innovationen beschreiben dagegen eine kontinuierliche Verbesserung vorhandener Eventkonzeptionen oder -prozesse. Laufende Anpassungen führen zu einem fortwährenden Innovationsprozess (vgl. Wahren 2004, S. 15). Hinsichtlich des Neuheitsgrades lässt sich alternativ zwischen radikalen und inkrementellen Event-Innovationen unterscheiden (vgl. Benedix 2003, S. 13). Radikale Event-Innovationen sind mit fundamentalen Veränderungen verbunden. Die Agentur für Live-Kommunikation kreiert damit neue Erfolgspotenziale (vgl. Totterdell et al. 2002, S. 359). Es ist somit eine starke inhaltliche Überschneidung zwischen radikalen und revolutionären Event-Innovationen zu verzeichnen. Inkrementelle Event-Innovationen entstehen durch die Auswertung von Erkenntnissen und stellen schrittweise Anpassungen und Veränderungen dar. Sie können eine Verbesserung der Wettbewerbssituation bewirken. Sie nutzen erworbenes Wissen und ähneln evolutionären Event-Innovationen stark (vgl. Benedix 2003, S. 13). Daraus resultiert eine Abstufung dreier Ausprägungen von Event-Innovationen: Echte Event-Innovationen sind gänzlich originäre Eventideen und -konzeptionen, die eine völlig neuartige Nutzenstiftung ermöglichen. Das Eventdesign ist in dieser Form

232

Sören Bär, Jonathan Geyer

zuvor noch nie am Markt aufgetreten und somit eine absolute Neuheit. Die entwickelnden Agenturen für Live-Kommunikation agieren als Pioniere auf dem Markt. Dies erfordert Mut und Risikobereitschaft, da eine erhöhte Gefahr des Scheiterns besteht. Im Erfolgsfall werden derartige Marktneuheiten meist sehr rasch von Konkurrenten aufgenommen, adaptiert und angepasst. Es handelt sich üblicherweise um revolutionäre oder radikale Event-Innovationen. Quasi-neue Events sind ebenfalls neuartig, knüpfen jedoch an bereits existierenden Eventideen und -konzeptionen an, um deren wesentliche Komponenten zu übernehmen und zu verbessern bzw. abzuwandeln oder neu zu definieren. Ein quasi-neues Event stellt damit keine Marktneuheit dar, sondern geht oft als Unternehmensneuheit aus echten Event-Innovationen hervor. Quasi-neue Events erlauben durch die Anpassung an die konkreten Erfordernisse einer Aufgabenstellung oder eines Unternehmens dennoch eine wirksame Differenzierung von der Konkurrenz. Die mit der Entwicklung einer echten Innovation verbundenen Nachteile - hoher Zeitaufwand, komplexe kreative Prozesse sowie Einsatz beträchtlicher finanzieller und personeller Ressourcen werden vermieden. Aufgrund der bereits erfolgreichen Erprobung der adaptierten Eventkonzeption existiert auch ein deutlich geringeres Investitionsrisiko als bei Marktneuheiten. Me-too-Events stellen hingegen Imitationen dar, die ein originäres Event vollständig oder teilweise kopieren. Der hohe Entwicklungsaufwand der Innovation muss nicht betrieben werden. Der Erfolg stellt sich jedoch nur ein, wenn die Qualität des Originals annähernd erreicht wird. Imitationen sind auf dem Eventmarkt angesichts fehlender Markteintrittsbarrieren an der Tagesordnung. Konkurrenten ahmen erfolgreiche Eventideen nach, indem sie diese mit eigenen Innovationen kombinieren.

2 Die Nutzung etablierter Markentrends für die Inspiration und die Entwicklung neuartiger Eventideen 2.1 Das Pop-up-Phänomen: Live-Kommunikation in Verbindung mit temporären Markeninszenierungen im Raum 2.1.1 Pop-up-Spaces: Die Zwischennutzung zum Prinzip erhoben Bei Pop-up-Spaces (to pop up = plötzlich auftauchen) handelt es sich um eine vergleichsweise junge Form der Rauminszenierung und der Kommunikation im öffentlichen Raum. Pop-up-Spaces findet man an ungewöhnlichen Orten und in besonderen Locations, um Besuchern für eine begrenzte Zeit exklusive Erlebnisse zu bereiten. Wie

Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen

233

bei einem mobilen Marktstand besteht eine große Flexibilität und Dynamik, so dass sie dort entstehen können, wo sich die jeweilige Zielgruppe bevorzugt aufhält, und deren Hot-Spots ganz gezielt aufgesucht werden. Deshalb treten sie in urbanen Räumen ebenso auf wie im Zusammenhang mit Events, im kulturellen und im kommerziellen Kontext. Dieses Konzept der zeitlichen Begrenzung wird im Dienstleistungssektor neben Pop-up-Stores mittlerweile auch durch Pop-up-Hotels, -Cafés, -Restaurants, Bars und Ausstellungen genutzt (vgl. Kiedaisch 2016, S. 71). Die Besucher nehmen die exklusive Gelegenheit zur Teilnahme an Events, zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen, zum Konsumieren und zum Kauf von Waren wahr, weil sie wissen bzw. ihnen suggeriert wird, dass diese Chance kurze Zeit später nicht mehr existieren wird. Auch Städte haben das sich bietende Potenzial inzwischen für sich entdeckt. Im Zuge der Gentrifizierung werden ganze Stadtviertel umgebaut und saniert. Die steigenden Mieten ziehen zahlungskräftige Bevölkerungsschichten an, welche die ursprünglichen Bewohner – darunter oft Künstler - verdrängen. Während dieser Prozesse entstehen Pop-up-Spaces, die zeitlich begrenzt genutzt werden können. Die Pop-up-Spaces sorgen zudem für eine Belebung von verlassenen Locations, scheinbar verlorenen Plätzen und weniger im Fokus stehenden Stadtbezirken, Quartieren und Gebäuden. Aufsehenerregende Events und spektakuläre Aktionen können zu deren deutlicher Aufwertung führen (vgl. Kiedaisch 2016, S. 71). Man kann Pop-up auch als ein neues Geschäftsmodell auffassen. Unternehmen, die sich keine langfristigen Mietverträge für Präsenzen in hochkarätigen Lagen leisten können, erhalten dadurch die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen zumindest temporär zu präsentieren. Der Immobilienmarkt hat sich längst auf den Trend und die zunehmende Nachfrage eingestellt: Es werden immer mehr Räumlichkeiten und Locations ausdrücklich für eine Pop-up-Nutzung zur Miete angeboten. Pop-up-Café Zum 250-jährigen Jubiläum der Goldstadt Pforzheim wurde ein Pop-up-Café in der Pforzheimer Fußgängerzone etabliert, in dem vom 07. April bis zum 10. September 2017 Besucher verweilen und alle Informationen zum Jubiläumsjahr „250 Jahre Goldstadt“ erhalten konnten. Dafür wurde eine leerstehende Tchibo-Filiale in der Innenstadt genutzt. In das Projekt waren mehrere Partner eingebunden. Studenten entwickelten eine Konzeption für die Ausstattung im Innen- und Außenbereich, und die Sparkasse Pforzheim Calw überließ die Räumlichkeiten. Eine Brauerei und die Bäcker-

234

Sören Bär, Jonathan Geyer

Innung stellten die Kühl- und Kuchentheke, ein Café die Kaffeemaschine und den Kaffee, das Theater Pforzheim die Stühle und ein Einrichtungsstudio Teile der Thekenausstattung zur Verfügung, während die Tische bei IKEA gekauft wurden. Als leitende Betreiberin an fünf Tagen in der Woche von Mittwoch bis Sonntag fungierte eine Konditorin. Das Pop-up-Café stieß auf große Resonanz (vgl. Zoller 2017). Pop-up-Restaurants und -Bars Pop-up-Restaurants und -Bars basieren auf verschiedenartigen Konzeptionen. In Hamburg entstand das Pop-up-Restaurant „Willkommen, um zu bleiben“ für drei Wochen im Sommer als Interimslösung in den Räumen des Restaurants „FuH“, während dessen eigentliche Betreiber sich im Urlaub befanden. In München nutzte Pepe Aurich vom „Narah“ die Popularität der legendären Diskothek „P1“ und die bekannte Tatsache, dass die mehr oder minder prominenten Gäste auf der Terrasse der Diskothek ohnehin gern nachts ihren Hunger stillten, als Synergieeffekt und servierte ihnen dort Speisen vom Monolith-Grill. Das Frankfurter Popup-Restaurant „NM57“ wurde hingegen von den Betreibern des permanenten Restaurants „Margarete“ bis zum Abriss eines Bürogebäudes in dessen Innenhof als Mix aus Feierabend-Bar und Grill installiert. Ein Dresdner Sommelier vermietet seine „Weinpinte“ im Dreimonatsrhythmus an Interessenten, die in den Räumlichkeiten vorübergehend ihre jeweilige Idee einer Weinbar realisieren dürfen – mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Deutschlands erstes permanentes Pop-up-Restaurant „Laden ein“ existiert seit Anfang 2016 in Köln. Der Trend zur Abwechslung wurde zum Prinzip erhoben: Im vierzehntägigen Wechsel übernimmt ein anderer Koch die Küche. Ambitionierte Hobbyköche, Food-Truck-Besitzer oder Quereinsteiger können in der Location testen, ob sie den Restaurantalltag bewältigen können. Das Risiko wird dadurch minimiert, dass zu Beginn immer ein professioneller Koch vor Ort ist. Für einige temporäre Gastgeber ist das Pop-up-Restaurant das Sprungbrett zur Gründung eines eigenen Restaurants. So entstand die “Mashery“ in Köln einige Monate nach der episodischen Präsenz der Gründer im „Laden ein“. Die Beliebtheit von Pop-up-Restaurants wird von der Wiener Ernährungswissenschaftlerin und Trendforscherin Hanni Rützler auch auf die Popularität der Sharing-Kultur in Großstädten zurückgeführt. Das Teilen der Location für ein Restaurant folgt dieser Entwicklung. Kommen noch ein interessantes Thema und hochwertige frischeorien-

Markentrends als Inspirationen für neuartige Eventkonzeptionen

235

tierte Speisen dazu, bestehen gute Erfolgsaussichten (vgl. Souron 2018). Zudem wird dem Streben der Konsumenten nach Abwechslung – Variety Seeking – und nach Neuem – Novelty Seeking - entsprochen. Pop-up-Hotel Die ehemaligen Räumlichkeiten der Bayerischen Staatsbank in der KardinalFaulhaber-Straße 1 im Zentrum von München wurden im Sommer 2017 zur Location für das wohl bekannteste Beispiel eines Pop-up-Hotels - “The Lovelace“. Aufgrund der Verzögerung des Neubaus eines geplanten Luxushotels wurden drei Etagen und 4.800 Quadratmeter der früheren Bankräume übernommen und zu einem innovativen Hotel umgestaltet. Neben 35 Hotelzimmern in den ehemaligen Büros der Bankangestellten werden den Gästen und den Münchnern aber auch Bars, kleine Geschäfte und ein Café angeboten. Im dritten Stock des Gebäudes befindet sich die größte Hotelbar mit einem mehr als 35 Meter langen golden verkleideten Tresen. Insgesamt gibt es in der dritten Etage vier Bars und zwei Studios, die auch für Events gemietet werden können. In den darunter befindlichen Stockwerken sind verschiedene Pop-up-Stores und ein Barbershop eingezogen. Zudem finden jeden Tag Veranstaltungen wie Modenschauen, Filmvorführungen und Konzerte statt. Für die lediglich zwei Jahre Zwischennutzung von 2017 bis 2019 wurde von den Betreibern mehr als eine Million Euro für Umbaukosten kalkuliert, was für die Lukrativität des Unterfangens spricht (vgl. Moser 2017). Pop-up-Galerien Die Zwischennutzung temporär leerstehender Räume ist auch in der Kunstszene verbreitet. Leere Gewerbeflächen, aber auch Wohnungen, die von den Städten verwaltet werden und saniert werden sollen, stehen dafür zur Verfügung. Mehrere Großstädte fördern die vorübergehende Nutzung sogar und vergeben die Räume für wenig Geld an Künstler, die meist nur die Betriebskosten zahlen müssen. Berlin ist ein Vorreiter für dieses Modell. Bereits von Januar 2014 bis März 2015 konnte der Projektraum JWD („janz weit draußen“) in Hohenschönhausen von einer Gruppe von Künstlern als Werkstatt für Ausstellungen, Kursangebote und andere Projekte genutzt werden. Die Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE hatte den Raum für Studierende der Kunsthochschule Berlin-Weißensee ausgeschrieben. Im März 2016 eröffnete die Pop-up-Galerie “Shaping Clouds“ für drei Monate bis Ende Juni 2016 in sanierungsbedürftigen Räumen vor deren Renovierung ihre erste Ausstellung in Neu-

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kölln und präsentierte die Werke von vier befreundeten Künstlern im turnusmäßigen Wechsel (vgl. Bruch 2016). In Hamburg bot die „Hamburg Kreativ Gesellschaft“ für den Zeitraum von April 2013 bis Juni 2016 Pop-up-Spaces zu sehr günstigen Mieten an. Es handelt sich um eine von der Stadt ins Leben gerufene und getragene Einrichtung zur Förderung der Kreativwirtschaft. Die Räume werden im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens vergeben und können dann für einen Zeitraum von einer bis zu vier Wochen zum Preis von 25 Euro pro Woche genutzt werden (vgl. Bruch 2016). In Leipzig sind die „Wächterhäuser“ ein Zwischennutzungsmodell, das der Verein HausHalten e. V. gemeinsam mit der Stadt Leipzig durchführt und welches vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) gefördert wird. Hauseigentümer werden von den Kosten ihres Hauses entlastet und finanzieren dafür die Inbetriebnahme auf minimalem Standard. Die städtebaulich wichtigen Gebäude an stadtbildprägenden Einund Ausfallstraßen sind aufgrund von Lärmbelastung und unterlassener Instandhaltung häufig von Leerstand bedroht. Durch die Nutzung des Hauses können Witterungsschäden begrenzt und Vandalismus weitgehend verhindert werden. Die Nutzer sichern die Substanz und den architektonischen Wert des von ihnen bezogenen Gebäudes und sorgen gleichzeitig für eine Belebung des Viertels. Von den Hauswächtern werden kulturelle Veranstaltungen durchgeführt, so genannte Wächterläden betrieben und soziale Angebote unterbreitet (vgl. Stadt Leipzig 2018). 2.1.2 Pop-up-Stores: Ladengeschäfte mit episodischem Charakter Pop-up-Stores sind Ladengeschäfte, die nur temporär - also für eine stark begrenzte Zeit - bestehen. Sie haben ihren Ursprung im vorübergehenden Charakter mobiler Händler (Marciniak/Budnarowska 2009, S. 2; Pick/Kenning 2012, S. 52; Hurth/Krause 2010, S. 33) und bedienen sich der Psychologie der künstlichen Verknappung (Cialdini 2002, S. 328; Häusel 2002, S. 175; Hurth 2006, S. 85) sowie der Exklusivität (vgl. von Rosenstiel/Neumann 2002, S. 156; Hurth/Krause 2010, S. 37). Dadurch erhöht sich die Attraktivität der Innenstädte (vgl. Hurth/Krause 2010, S. 37). Die temporären Läden zeichnen sich zuweilen durch spektakuläre Marken- und Produktinszenierungen im Rahmen von Events aus. Für Marken bietet sich die Chance, Interesse zu wecken und ein breites Marktsegment anzuziehen. Durch den episodischen Charakter der

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Stores können zudem langfristige Mietverträge vermieden und Kosten begrenzt werden. Die Idee zu Pop-up-Stores geht auf Vacant-Geschäftsführer Russel Miller zurück. Er kündigte 1999 in Tokio an, sein Modegeschäft kurzfristig zu schließen, um den Warenbestand auffüllen zu können. Er sah sich daraufhin unerwartet einem regelrechten Kundenansturm ausgesetzt. Russel nutzte diese Erkenntnis, um fortan temporäre Läden an permanent wechselnden Standorten zu eröffnen und sein festes Geschäft zu schließen. Somit entstand 2000 in New York der erste Vacant Pop-up-Store. Der Erfolg war so überzeugend, dass andere Unternehmen nachzogen. In Deutschland hatten Pop-up-Stores im Jahre 2004 Premiere, als die japanische Modemarke „Comme des Garçons“ ein damals als “Guerilla Store“ bezeichnetes Geschäft in Berlin im Hinterhof eines ehemaligen Buchladens eröffnete (Horyn 2004; Hutter 2013, S. 38). Durch Pop-up-Stores lassen sich sowohl Umsatzziele durch den kurzfristigen Abverkauf von Produkten als auch kommunikationspolitische Ziele durch Markeninszenierungen erreichen. Je deutlicher ein derartiges temporäres Geschäft in Bezug auf seine Lage, die Einrichtung und das Design vom Gewohnten abweicht, desto stärker sind der Überraschungseffekt und die Wirkung. Der Pop-up-Store stellt eine Balance zwischen der permanenten Präsentation von Markenerlebniswelten (z. B. in Brandlands oder Flagship Stores) und der zeitlich eng begrenzten Markeninszenierung im Zuge von Verkaufsshows dar. Durch aufsehenerregende Events in den Pop-up-Stores werden beide Ziele erreicht. Bei der Gestaltung von Pop-up-Stores ist die Markenaffinität des Ladendesigns zu beachten. Während nahezu alle frühen Formen der Temporary Stores im Stile des Guerilla-Marketing improvisiert wirkten, nicht selten ohne Ankündigung entstanden (vgl. Hutter 2013, S. 38) und damit auch den episodischen und provisorischen Charakter des Ladens unterstrichen, zeichnen sich neuere Varianten oft durch herausragende Architektur und ausgesuchte Designelemente aus. Es ist somit zwischen Guerilla-Pop-upStores und Exklusiv-Pop-up-Stores zu differenzieren. Dreidimensionale Markeninszenierung beinhaltet demzufolge eine markenaffine Gestaltung des Ladendesigns und einen attraktiven Standort sowie die typische produktbezogene Verknappung (Baumgarth/Kastner 2012, S. 35). Sie basiert entscheidend auf erlebnisorientierten, aufsehenerregenden und interaktiven Events (Barth 2008; Binder 2008; Zanger 2008; Kirchgeorg/Springer/Brühe 2007) und wird durch den Einsatz von Instrumenten des viralen Marketing zur Erreichung strategischer Marken- und kurzfristiger Absatzziele unter-

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stützt (Langner 2009; Hurth/Krause 2010, S. 39; Marciniak/Budnarowska 2009, S. 4; Niehm et al. 2007, S. 3). 2.1.3 Eine echte Event-Innovation: „Lexus kommt in die Stadt“ Bei echten Innovationen in der Eventbranche handelt es sich um originäre Eventkonzeptionen, die eine völlig neuartige Eventidee enthalten. Eventkreation und -gestaltung sind in dieser Form bisher noch nie am Markt aufgetreten und somit eine Marktneuheit. Innovativ ist die Idee, Pop-up-Stores nicht nur in erstklassiger Lage in der Innenstadt aufzubauen, sondern auch eine an diesen Standorten üblicherweise nicht anzutreffende Branche und ihre Produkte über aufsehenerregende Events zu präsentieren. Am 01. Dezember 2015 eröffnete der japanische Premium-Automobilhersteller Lexus in Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Autohaus Yvel im DuMont-Carré in der Kölner Innenstadt unter dem Motto „Lexus kommt in die Stadt“ auf einer Fläche von 250 m² den europaweit ersten exklusiven Pop-up-Store in Form eines Showrooms. Die belebte Breite Straße wurde am Eröffnungstag zum Anziehungspunkt für Autofans, die zum Auftakt die Gelegenheit wahrnahmen, die neuesten Fahrzeugmodelle - den Lexus RX und den Lexus GS F - anzuschauen und sich individuell beraten zu lassen. In moderner und entspannter Lounge-Atmosphäre bestand die Möglichkeit, Informationen über aktuelle und neue Lexus-Modelle zu erhalten. Der Lexus Pop-up-Store in der Kölner Innenstadt repräsentierte die Marke in branchenunüblicher A-Lage. Dadurch sollten insbesondere Kunden angesprochen werden, die sonst nicht bewusst die Marke Lexus wählen und deren Autohäuser gezielt aufsuchen würden. Lexus verfolgte das Ziel, seine Markenwahrnehmung zu erhöhen und einen prägenden Eindruck zu hinterlassen. Der neue Pop-up-Store stellte zugleich symbolisch die Rückkehr der Marke Lexus nach Köln dar (vgl. Deutsches Institut für Marketing 2015.). Die Lexus Markenwelt bot sich den Besuchern über eine Videowand mit vier 55 Zoll großen Bildschirmen dar. Den Interessenten wurde in der Configuration Area die besondere Chance geboten, sich ein individuelles Auto zu konfigurieren, denn mit einem Mausklick ließ sich ein Konfigurator öffnen, mit dem jedes beliebige Lexus-Modell nach den persönlichen Vorlieben zusammengestellt und gestaltet werden konnte. Der Private Consultation Room stand hingegen für Beratungen durch erfahrene Mitarbeiter zur Verfügung. Weiterhin konnten Probefahrten mit den gewünschten Modellen vereinbart werden, und die Fahrzeuge standen dafür unmittelbar bereit. Das Rahmenprogramm offerierte neben Live-Musik auch ein ausgesuchtes Büffet. Ein nahezu identisches Konzept wurde gleichzeitig in Hannover realisiert (vgl. Lexus 2015).

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Am 18. August 2016 eröffnete Lexus auch in Chemnitz einen weiteren Pop-up Store und damit den dritten Standort nach Köln und Hannover. Bis Ende Dezember 2016 wurden die neuesten Fahrzeugmodelle in der im Zentrum der City gelegenen Inneren Klosterstraße präsentiert. Der Store sollte seinen Besuchern eine Art Ruhezone im hektischen Shopping-Alltag bieten und die Flanierenden zum Verweilen in bequemen Ohrensesseln einladen. Dafür wurde ein zur Luxusmarke Lexus affines ansprechendes Ambiente mit dezenten Braun- und Crèmetönen sowie akzentuierten hochwertigen weißen Lackmöbeln gewählt. Damit orientierte sich der Pop-up-Store optisch am Stil der eleganten Showroom-Konzeption für die Lexus Händler-Foren (vgl. Lexus 2016). 2.1.4 Die „Mazda Lounge“ in Düsseldorf und Berlin Am 4. April 2017 wurde die „Mazda Lounge“ als Pop-up-Store in der Düsseldorfer Schadowstraße eröffnet. Ziel des Autoherstellers aus dem japanischen Hiroshima war es, seine wichtigsten Modelle und die Marke auf unkonventionelle Weise bei neuen Zielgruppen bekanntzumachen. Erstmals bot sich den Besuchern die Chance, inmitten einer stark frequentierten Einkaufsstraße und außerhalb der normalen Verkaufssituation die neuen Fahrzeuge kennenzulernen. Zunächst war das neue Modell RF des legendären Roadsters MX-5 zu sehen. Gleichzeitig fand in der „Mazda Lounge“ ein exklusives Vorabpremieren-Event zur Präsentation des neuen Mazda CX-5 mit insgesamt 600 geladenen Gästen statt. Dieses Auto zeigte Mazda in der letzten Store-Woche in Düsseldorf bis zum 28. April - etwa einen Monat vor der offiziellen Handelspremiere am 19./20. Mai 2017. Die Lounge zog dann in die Bundeshauptstadt Berlin und präsentierte der gleichen Anzahl exklusiv geladener Gäste in der Friedrichstraße vom 04. bis zum 29. Mai 2017 ebenfalls den neuen Mazda CX-5. In der Mall Q205 erfolgte die Umsetzung in einer Location mit einem anderen Charakter, denn der urbane Sichtbeton aus Düsseldorf wurde durch eine weiße Decke und gefliesten Boden ersetzt. Insgesamt konnten in den „Mazda Lounges“ in Düsseldorf und Berlin jeweils rund 6.000 interessierte Besucher willkommen geheißen werden (vgl. Full Moon 2017a). Die modern gestaltete „Mazda Lounge“ war jeweils von Montag bis Samstag von 10 bis 20 Uhr geöffnet und bot allen Interessierten die Möglichkeit, sich über Fahrzeuge und Marke zu informieren. In angenehmer Atmosphäre konnten die Besucher außerdem einen BOSE Soundsimulator testen, sich eine Barista-Kaffeespezialität zubereiten lassen oder eine Erinnerung in Form eines 120-Grad-Fotos mitnehmen (vgl. MAZDA 2017). Mit der „Mazda Lounge“ wurde laut Dino Damiano, Marketingdirektor von Mazda Motors Deutschland, das Ziel verfolgt, die potenziellen Kunden dort abzuho-

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len, wo sie sich gerade aufhielten und nicht mit einer Fahrzeugpräsentation rechnen konnten. Mit dem Marketingtool der „Mazda Lounge“ sollten die Konsumenten außerdem überrascht und ihnen eine neue Facette der Marke Mazda gezeigt werden (vgl. BlachReport 2017). Abb. 1: Die MAZDA LOUNGE vom 04. - 28.04.2017 in Düsseldorf

Quelle: Full Moon Group

Die temporären Präsenzen von Mazda an exklusiven und hochfrequentierten innerstädtischen Touchpoints generierten eine hohe Aufmerksamkeit und ermöglichten die Wahrnehmung der Marke durch eine sehr breite Zielgruppe. Durch den vorübergehenden Charakter der Pop-up-Stores war nicht nur Exklusivität gegeben, sondern es boten sich auch einzigartige Bühnen für die Deutschlandpremiere des neuen Mazda CX-5. Der Erfolg konnte verbucht werden, weil der Pop-up-Store „Mazda Lounge“ 2017 an die Qualität des Originals „Lexus kommt in die Stadt“ aus den Jahren 2015 und 2016 anknüpfte und die beispielgebende Eventkonzeption des Konkurrenten durch Mazda und die Agentur Full Moon mit eigenen Innovationen kombiniert wurde.

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2.2 Das Blue Ocean-Prinzip in der Live-Kommunikation: Markeninszenierungen auf branchenfremden Events 2.2.1 Die Blue Ocean-Strategie – Vermeidung von Konkurrenzkampf durch Kreation oder gezielte Suche neuer Märkte Die von W. Chan Kim und Renee Mauborgne (Kim/Mauborgne 2005b) entwickelte Blue Ocean-Strategie basiert auf der Idee, den Konkurrenzkampf in kompetitiven Märkten, so genannten Red Oceans, zu vermeiden, und stattdessen neue Märkte - Blue Oceans - selbst zu kreieren bzw. gezielt zu suchen. Die rote Färbung des Ozeans geht dabei sinnbildlich auf „blutige“ Kämpfe zwischen vielen Haien - den Mitbewerbern zurück, während in „Blauen Ozeanen“ derartige Schlachten nicht stattfinden. Red Oceans sind demzufolge durch hohe Konkurrenzintensität geprägte gesättigte Märkte, wobei die Wettbewerber weitgehend austauschbare Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Die neuen Blue Ocean-Märkte sollen sich stattdessen durch einen nichtexistierenden Wettbewerb bzw. keinen relevanten Konkurrenzkampf auszeichnen. Die wesentlichen Komponenten der Blue Ocean-Strategie entstanden an der INSEAD Business School. Schon im Jahr 1997 legten Kim und Mauborgne in ihrem Aufsatz “Value innovation: The strategic logic of high growth“ (Kim/Mauborgne 1997) dar, dass Blue Ocean-Geschäftsmodelle ein hohes Wachstum und einen überdurchschnittlichen Return on Investment aufweisen. Durch innovative Wertschöpfung gelingen die Generierung neuer Nachfrage und die damit einhergehende Akquisition neuer Kunden. Aus der Eliminierung bzw. Reduktion von Wettbewerbsfaktoren resultieren zudem Kosteneinsparungen bzw. die Optimierung von Kostenstrukturen. Kim und Mauborgne konzentrierten sich somit zunächst auf die damit verbundene Nutzeninnovation (Value Innovation, vgl. Kim/Mauborgne 1999, S. 83ff.; vgl. Kim/Mauborgne 2005c) Über mehr als 15 Jahre hinweg hatten die beiden Forscher empirische Untersuchungen zu über 100 führenden Unternehmen angestellt und einige Beispiele von Unternehmen gefunden, die mit der Eroberung zuvor ungenutzter Teilmärkte erfolgreich waren und sich dadurch dem bis dato herrschenden intensiven Wettbewerb entzogen (vgl. Kim/Mauborgne 2004, S. 76ff.). Die simultane Verfolgung von Differenzierungs- und Niedrigkostenstrategie bzw. Kostenführerschaft „Blaue Ozeane” entstehen, wenn die Aktivitäten eines Unternehmens in einem bestimmten Bereich sowohl seine Kostenstruktur als auch sein Nutzenversprechen gegenüber den Konsumenten positiv beeinflussen. Dies scheint auf den ersten Blick wi-

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dersinnig zu sein, doch durch die Elimination oder Reduzierung des Branchenwettbewerbs lassen sich Kosteneinsparungen erzielen. Der Kundennutzen wird durch die Kreation neuer, in der Branche bisher noch nicht existierender Angebote erhöht. Im Laufe der Zeit können die Kosten durch Economies of Scale weiter reduziert werden, da mit einem überlegenen Nutzen auch hohe Verkaufsvolumina verbunden sind. Die Kreation von Blue Oceans ist mit der simultanen Kostensenkung und der Stiftung eines höheren Kundennutzens verbunden. Damit wird ein Wertschöpfungssprung sowohl für die Unternehmung als auch für ihre Kunden erreicht. Da der Kundennutzen aus dem von dem Unternehmen offerierten Preis-Leistungs-Verhältnis resultiert und sich der Unternehmensgewinn aus der Differenz aus Preis und Kosten ergibt, lässt sich die Nutzeninnovation als Eckpfeiler der Blue Ocean-Strategie nur erreichen, wenn das gesamte System aus Leistung, Preis und Kosten gut aufeinander abgestimmt ist (vgl. Kim/Mauborgne 2005a, S. 16f.). Die Charakteristika der Blue Ocean-Strategie im Vergleich zur Red Ocean-Strategie sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Tab. 1: Red Ocean- vs. Blue Ocean-Strategie Red Ocean-Strategie

Kriterium

Wettbewerb im existierenden Markt

Markt

Konkurrenz besiegen

Vorhandene Nachfrage ausweiten

Sich dem Nutzen-KostenZusammenhang unterwerfen

Blue Ocean-Strategie Kreation neuer Märkte

Wettbewerb

Wettbewerb vermeiden bzw. irrelevant werden lassen

Nachfrage

Neue Nachfrage kreieren und ansprechen

Austausch/Zusammenhang zwischen Nutzen und Kosten

Aufbrechen des Nutzen-KostenZusammenhangs

Wettbewerbsstrategie

Gesamtsystem der Unternehmensaktivitäten auf die Verfolgung der Strategien der Differenzierung und niedrigen Kosten ausrichten

Gesamtsystem der Unternehmensaktivitäten auf die strategische Entscheidung zwischen Differenzierung und niedrigen Kosten ausrichten

Quelle: Kim/Mauborgne 2004, S. 76

Die Blue Ocean-Strategie kombiniert mit einer konsequenten Differenzierung und der Kostenführerschaft somit zwei der von Michael Everett Porter postulierten Wettbewerbsstrategien, die zuvor als eigentlich unvereinbar galten (vgl. Porter 1980).

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Eine Anwendung in der Eventbranche - Die Blue Ocean-Strategie des Cirque du Soleil Cirque du Soleil wurde 1984 von dem Straßenkünstler Guy Laliberté und dessen Mitstreitern Daniel Gauthier sowie Gilles Ste-Croix gegründet. Das Zirkus-Geschäft befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Niedergang und hatte mit Zuschauerrückgängen und steigenden Kosten zu kämpfen. Alternative Formen der Unterhaltung Sportevents, Fernsehen und Videospiele - stellten eine starke Konkurrenz dar. Die Kinder, traditionelle Hauptzielgruppe des Zirkus, widmeten sich lieber ihren PlayStations, statt in den Zirkus zu gehen. Zudem kämpften Tierschützer gegen den Einsatz von Tieren in den Shows - seit jeher ein integraler Bestandteil des Zirkus. Auf der Angebotsseite diktierten Künstlerstars, auf die Ringling und andere Zirkusunternehmen beim Kampf um die Zuschauer setzten, ihre Gagen und Bedingungen. Zudem würde jeder neue Wettbewerber beim Markteintritt gegen Ringling Bros. and Barnum & Bailey – den weltgrößten Zirkus - als formidablen Platzhirsch kämpfen müssen, der für den Großteil des vorherigen Jahrhunderts die Branchenstandards gesetzt hatte (vgl. Kim/Mauborgne 2004, S. 71). Der Cirque du Soleil erfand deshalb quasi eine neue Branche, indem Elemente des traditionellen Zirkus mit Komponenten aus dem anspruchsvollen Theater kombiniert wurden. Innerhalb von nur 20 Jahren erreichte der Cirque du Soleil Erträge, für die Ringling Bros. and Barnum & Bailey ein Jahrhundert benötigt hatte, um sie zu generieren. Wie gelang es dem Cirque du Soleil, seine Erträge in einem eher unattraktiven Umfeld auf das 22-fache zu steigern? Der Slogan für eine der ersten Produktionen im Jahre 1987 verrät es in gewisser Weise: “We reinvent the circus.” - “Wir erfinden den Zirkus neu.”. Der Cirque du Soleil führte den Wettbewerb nicht innerhalb der Beschränkungen der existierenden Branche und versuchte auch nicht, Besucher von Ringling und den anderen Zirkusunternehmen abzuziehen. Stattdessen wurde ein neuer Markt kreiert, indem Marktlücken erkannt wurden, in denen sich kein Wettbewerber zuvor bewegte und wo somit auch kein Konkurrenzkampf stattfand. Dadurch wurden völlig neue Zielgruppen angezogen, die bislang keine traditionellen Zirkusbesucher waren - Erwachsene und Theater-, Opern- und Ballettanhänger, deren Zahlungsbereitschaft für die neue, beispiellose Form der Unterhaltung um ein Vielfaches höher war als der übliche Preis für ein Zirkusticket (vgl. Kim/Mauborgne 2004, S. 71). Zur Neudefinition des Kundennutzens durch die Erstellung einer neuen Wertschöpfungskurve haben Kim und Mauborgne das “Four Actions Framework” entwickelt. Um den traditionellen Trade-off zwischen Differenzierung und Kostenreduzierung

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aufzubrechen, müssen vier Schlüsselfragen aufgeworfen werden, welche die Branchenlogik und das bisherige Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen (vgl. Kim/Mauborgne 2005 d, S. 113f.)  Eliminate: Welche der Faktoren, die in der Branche als gesetzt gelten, sollten eliminiert werden?  Reduce: Welche Faktoren sollten auf Werte deutlich unter Branchenstandard reduziert werden?  Raise: Welche Faktoren sollten deutlich über den Branchenstandard hinaus gesteigert werden?  Create: Welche von der Branche bisher niemals angebotenen Faktoren sollten geschaffen werden? Abb. 2: Eliminate-Reduce-Raise-Create Grid: The Case of Cirque du Soleil Eliminate

Raise

Star performers

Unique venue

Animal shows Aisle concession sales Multiple show arenas Reduce

Create

Fun and humour

Theme

Thrill and danger

Refined environment Multiple productions Artistic music and dance

Quelle: Kim/Mauborgne 2005a, S. 36

Um gleichzeitig Kosten zu reduzieren und den Kundennutzen zu steigern, ließ der Cirque du Soleil kostenintensive Elemente des traditionellen Zirkus, wie Tierdressuren und die Verkäufe von Getränken und Snacks in den Aufgängen, weg. Zudem wurde auf Künstlerstars und multiple Show-Arenen in der Form dreier Ringe verzichtet. Nur drei Elemente des klassischen Zirkus wurden beibehalten - das Zirkuszelt, die klassischen Akrobatikshows und die Clowns, wobei statt Slapstick eher auf anspruchsvollen, bezaubernden Humor gesetzt wurde. Hingegen erlaubten die eingesparten Kosten die

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Einbindung anspruchsvoller Unterhaltungselemente aus dem Broadway-Theater - jährlich wechselnde Themenshows, bezaubernde Sets, Live-Musik, Ballett und Tanz sowie ein glamouröses Zelt. Indem der Cirque du Soleil die besten Elemente aus Zirkus und Theater vereinte, kreierte er einen neuen Markt und einen neuen Zirkus - den Cirque Nouveau, dessen Zielgruppe nicht mehr in erster Linie Familien mit Kindern sind, sondern Erwachsene, die für hochklassiges Entertainment auch bereit sind, höhere Eintrittspreise zu zahlen (vgl. Kim/Mauborgne 2004, S. 76f.). 2.2.2 Großevents als Plattformen für Side Events: Die Präsentation der Marke Mazda auf nicht-automobilen Messen Die Nutzung von Großevents - Leitmessen verschiedener Branchen - als Plattformen für erlebnisorientierte Side-Events sowie unterhaltsame und publikumswirksame Aktionen ist ein innovativer Ansatz. Diese von dem Automobilhersteller Mazda seit 2014 verfolgte neuartige Messestrategie unter dem Motto „MAZDA Live“ sah die überraschende Präsentation des Modellportfolios mit einem modularen Standkonzept im nicht-automobilen Umfeld auf Design-, Lifestyle- und Technologiemessen mit jeweils über 500.000 Besuchern vor (vgl. Mazda 2016). Die somit quasi konkurrenzlosen Auftritte wurden mit wechselnden publikumswirksamen Attraktionen verknüpft. Damit konnte zum einen eine hohe Reichweite erzielt und zum anderen die Wettbewerbsintensität auf Automobilmessen vermieden werden. Mit dieser Anwendung der Blue Ocean-Strategie wurde eine neue Richtung in der Live-Kommunikation eingeschlagen. Um die Markenwahrnehmung von Mazda zu fördern, entwickelte die Agentur Full Moon eine neue, unkonventionelle Konzeption. Mit kreativen Aktionsmodulen auf den non-automotive Messen „photokina“, “Eurobike“ und „Internationale Funkausstellung IFA“ wurde ein markenbasiertes Messekonzept, das durch überraschende Aktivierungstools die Erlebbarkeit der Mazda-Markenwelt steigerte, entwickelt. Im Mittelpunkt der fast 250 Quadratmeter großen Messestände stand ein interaktives Element, das die Verknüpfung zur jeweiligen Messe herstellte (vgl. Full Moon 2017b). Fahrradmesse “Eurobike“ in Friedrichshafen Die Premiere fand vom 31. August - 04. September 2016 auf der Fahrradmesse “Eurobike“ in Friedrichshafen statt. MAZDA fungierte wie in den Jahren zuvor wiederum als Automobilpartner der “Eurobike“. An einem Stand im Freigelände der Messe präsentierte Mazda die Fahrzeuge CX-3 und CX-5 sowie den Roadster MX-5. Um eine thematische Verknüpfung zwischen Fahrrädern und Autos herzustellen und eine aktive

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Beteiligung der Standbesucher und auch die Interaktion mit ihnen zu fördern, wurde mit dem „Fahrrad-DJ“ ein Side Event als exklusives Messe-Highlight präsentiert. Die Eventidee bestand darin, dass jeweils zwei Personen ein Team bildeten und auf zwei parallel stehenden Fahrrädern durch gleichmäßiges Fahren ein Autoradio zum Spielen bringen konnten. Durch aufeinander abgestimmtes Radfahren hatten die Teams die Chance, Songs aus der Mazda MX-5-Soundbox in der richtigen Geschwindigkeit abzuspielen und zu erraten. Zum Sieger wurde das Radfahrerpaar gekürt, das innerhalb einer vorgegebenen Zeit die meisten Lieder richtig erkannte. (vgl. Eurobike 2016). Das von der Agentur BBDO Live als Roadshow konzipierte bekannte Event "smart DJ" gewann im Jahr 2012 Gold in der Kategorie "Best Consumer Event" bei den EVA AWARDS (heute FAMAB AWARDS) und ebenfalls Gold beim European Best Event Award. Bei dieser echten Event-Innovation ging es für die Teilnehmer darum, mit dem Kleinwagen “smart fortwo electric drive“ auf einem überdimensionalen Schallplattenteller im Kreis zu fahren. Durch die Fahrgeschwindigkeit konnte die Abspielgeschwindigkeit der Songs variiert werden. Damit gelang es, die Stärken des Fahrzeugs Wendigkeit, Antrittsschnelligkeit und geringe Fahrgeräusche – wirksam darzustellen. Durch den Einsatz des Autos als fahrbarer Plattenspieler wurde eine emotionale Verbindung von Musik mit einer rationalen technischen Komponente des “smart fortwo electric drive“ hergestellt - der stufenlosen Beschleunigung. Das Spiel erlangte große Berühmtheit durch den Premieren-Einsatz in der populären Fernsehshow „Schlag den Raab“ von Stefan Raab auf Pro7 (vgl. BBDO 2013). Stefan Raab spielte es aufgrund der Beliebtheit gleich zweimal - in den Sendungen 42 und 55 - gegen seine Herausforderer. Sieger des Spiels wurde, wer innerhalb von vier Minuten die meisten Songs korrekt nennen konnte. Bei Punktgleichheit entschied, wer den letzten Song eher erraten hatte. Mit dem "Fahrrad-DJ" wurde von der Agentur Full Moon ein Aktivierungsmodul entwickelt, welches sich sinnvoll in die Messethematik integrierte. Der Erfolg des "Fahrrad-DJ" basierte somit auf einer zur Fahrradmesse "Eurobike" affinen Kreation und Umsetzung.

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Abb. 3: MAZDA Fahrrad-DJ

Quelle: Full Moon Group

Internationale Funkausstellung IFA in Berlin Auf der Internationalen Funkausstellung IFA in Berlin, der globalen Leitmesse für Consumer Electronics und Home Appliance, wurde vom 02. - 07. September 2016 das speziell entwickelte “CARaoke“-Modul in einem Mazda CX-3 in Szene gesetzt. Bei diesem Side-Event konnten die Besucher aus einer Playlist ihren Lieblingssong auswählen und unmittelbar im Ausstellungsfahrzeug zur Musik singen sowie ihren persönlichen Videoclip zu dieser Performance drehen. Es handelte sich um eine echte Event-Innovation. Sofort im Anschluss daran bestand Gelegenheit, das Musikvideo herunterzuladen und in sozialen Netzwerken zu teilen. Zudem wurden die VIPShuttles für die Mitarbeiter des Fernsehsenders ARD ebenfalls von Mazda gestellt. Dafür war Mazda in Halle 2.2 unmittelbar neben dem stark frequentierten ARD-Stand platziert (vgl. Mazda 2016).

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Abb. 4: CARaoke im Mazda CX-3 auf der Internationalen Funkausstellung IFA in Berlin

Quelle: Full Moon Group

Fotografie-Messe „photokina“ 2016 in Köln Die „photokina“ kann als die bedeutendste Messe der Welt für Fotografie angesehen werden und besitzt den Status der Leitmesse für die Fotografie- und Video-Branche. Dies entspricht dem Selbstverständnis der Messe und kommt auch in den gewählten Untertiteln “World of Imaging“ und “Imaging Unlimited“ zum Ausdruck. Fast 1.000 nationale und internationale Ausstellerunternehmen präsentieren ihre neuen Produkte und setzen die Trends in Bezug auf Bildaufnahme, -bearbeitung, -speicherung und ausgabe. Des Weiteren werden auf der Messe zukunftsweisende Technologien vorgestellt, die den Markt in den nächsten Jahren erobern und dominieren werden. Um seinen Auftritt auf der „photokina“ vom 20. - 25. September 2016 in Köln möglichst eindrucksvoll zu gestalten, dem Charakter der Messe gerecht zu werden, Fachbesucher anzusprechen und hohe Besucherzahlen von Endkonsumenten am eigenen Messestand zu erreichen, präsentierte der japanische Automobilhersteller Mazda eine interaktive 360 Grad-Photobooth (mobiler Fotostudio-Aufbau) zusammen mit dem neuen Modell RF (Retractable Fastback) der legendären Roadster-Ikone MX-5. Die Besucher konnten sich im Mazda MX-5 RF fotografieren lassen. Um die Teilnehmer attraktiv in Szene zu setzen und ihnen dennoch einen problemlosen Einstieg in das

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Auto zu ermöglichen, wurden 48 Spiegelreflexkameras eingesetzt und in einem speziell geneigten Traversenring angebracht. Mit Hilfe dieser Kameras konnte quasi jeder Winkel des “World Car of the Year“ festgehalten werden. Die Verwendung spezieller Weitwinkelobjektive sorgte dafür, dass das neue MX-5 RF-Modell“, auch siegreich im Wettbewerb um das “World Car Design of the Year“, trotz des begrenzten Durchmessers im Video von allen Seiten gut gesehen werden konnte. Nachdem die vorab dafür registrierten Besucher im Fahrzeug fotografiert worden waren, errechnete eine Software unmittelbar im Anschluss aus der Aufnahme einen 360°Videoclip, der in einen von Mazda bereits vorproduzierten Film integriert wurde. Dieser Clip stand schon kurz nach dem Fotoshooting auf der speziell für das Event eingerichteten Microsite zum Download und zum Teilen bereit. Den Teilnehmern wurde vor Ort ein Fotoausdruck überreicht, der einen individuellen Link und den QR-Code zum direkten Aufruf der Website per Smartphone-Scan enthielt. Zudem konnten sie sich den Download-Link per E-Mail zusenden lassen. Daraufhin stand den Besuchern ihr persönliches 360°-Digitalvideo zum Download zur Verfügung. Zusammenfassung Fasst man die neuartige Mazda-Messestrategie unter dem Motto „MAZDA Live“ zusammen, so lässt sich feststellen, dass die Auftritte auf den klassischen Messen der Automobilbranche zugunsten aktiver Beteiligung an branchenfremden Themenmessen reduziert wurden. Entertainment, interaktive Integration der Standbesucher durch attraktive Aktionsmodule und kompetente Beratung traten an die Stelle von statischen Standpräsentationen und reinen Präsenzen. Dadurch ließen sich Kosten reduzieren und stattdessen verfügbare Gelder in die Konzeption von außergewöhnlichen Side Events mit kreativen Aktionsmodulen investieren. Mazda vermied die hohe Konkurrenzintensität auf Branchenmessen und generierte ein höheres Maß an Aufmerksamkeit durch die Markeninszenierung auf nicht-automobilen Themenmessen.

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Abb. 5: Eliminate-Reduce-Raise-Create Grid: Die Messestrategie “MAZDA live” Eliminate

Raise

Statische Standpräsentationen

Branchenfremde Themenmessen

Reine Präsenz

Entertainment Interaktivität Beratung Einbindung der Standbesucher

Reduce

Create

Auftritte auf Branchenmessen

Side Events

Kosten für Standgebühren

Attraktive Aktionsmodule Musik Fotografie Video

Quelle: Eigene Darstellung.

2.3 Live-Led Integrated Brand Experiences: Live-Kommunikation als zentraler Bestandteil crossmedialer und vernetzter Multi-Channel-Kampagnen 2.3.1 Live-Led Integrated Brand Experiences als vernetzte Multi-ChannelKampagnen Mit Live Communication streben Unternehmen eine Emotionalisierung ihrer Marken durch direkte Interaktion mit den Besuchern, Inszenierung und aktive Beteiligung der Rezipienten an (vgl. Kirchgeorg/Springer/Brühe 2009, S. 17). Die Verbindung des realen und virtuellen Event-Erlebens, der Live Communication mit der Virtual Communication durch die mediale Begleitung sowie die Vor- und Nachbereitung in Social Media wurde vor einiger Zeit wegen der Verknüpfung analoger und digitaler Elemente als „Hybrides Event“ (vgl. Altenstrasser 2011; Hartmann 2012, S. 25; Bär 2012, S. 62; Bär/Einhorn 2013, S. 176) charakterisiert. Die Vernetzung mit virtuellen Teilnehmern via Live Stream lässt eine weltweite Verbreitung des Live-Ereignisses mithilfe des Smartphones zu (vgl. Behrendt 2010, S. 16). Die hohe Kontaktintensität der Live Communication wird durch die große Reichweite der Online- und Mobile-Kanäle sowie der sozialen Netzwerke ergänzt.

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In Zeiten ultimativer Konnektivität durch die Allgegenwärtigkeit mobiler Endgeräte ist das Zusammenspiel von Live und Virtual Communication zum Standard geworden. Die digitale Transformation stellt an Live Communication die Anforderung, Content zu kreieren und für die mediale Verwertung bereitzustellen, um damit in Dialog mit Anspruchsgruppen zu treten und Communities entstehen zu lassen sowie zu vernetzen (vgl. Huber 2016, S. 68). Dies gelingt durch die Kreation und Inszenierung eines außergewöhnlichen Erlebnisses, welches die Marke emotionalisiert und die Rezipienten interaktiv beteiligt (vgl. Kirchgeorg/Springer/Brühe 2009, S. 17). Dafür ist eine harmonische Verknüpfung verschiedener Kommunikationskanäle und -instrumente erforderlich, um persönliche, direkte, aktive, multisensorische und interaktive Erfahrungen zu bieten (vgl. Zanger 2001, S. 833). Vernetzte Multi- bzw. Omni-Channel-Kampagnen mit Live-Kommunikation, insbesondere Events, als integralem Bestandteil, werden zuweilen auch als 360 Grad- oder Cross-Events bezeichnet, weil sie eine Vielzahl oder sogar alle technisch möglichen Kommunikationskanäle bespielen, diese Kanäle crossmedial verknüpfen sowie über transmediales Storytelling die Konvergenz der Kanäle und Medien fördern. Auf diese Weise soll eine ganzheitliche Markenerfahrung erreicht werden, was den Begriff der Integrated Brand Experience (vgl. Huber 2016, S. 68f.) oder -Campaigns hervorbrachte. Events sind ein zentraler Bestandteil derartiger kommunikativer Kampagnen und werden mit den Kanälen Online, Mobile, Social Media und Print verknüpft, wodurch eine hohe Kontaktintensität (vgl. Kirchgeorg/Springer/Brühe 2009, S. 21) erreicht und der Dialog zwischen Unternehmen und Eventteilnehmern gefördert wird. Integrated Brand Experiences regen somit zum Teilen realer oder virtueller Erlebnisse an und generieren und/oder erreichen auf diese Weise eine Community. Oft bildet Live Communication dabei nicht nur einen von zahlreichen aufeinander abgestimmten Kanälen der Kampagne, sondern Events stellen das wesentliche Element das Zentrum - der Integrated Brand Experience dar. Das Event sorgt für den Content bzw. produziert den Erzählstoff, der über alle weiteren relevanten Kanäle schon im Vorfeld, aber vor allem im Nachfeld kommuniziert werden kann und so für eine Verlängerung des Live-Ereignisses über den eigentlichen Zeitraum hinaus sorgt. Zudem wird eine Ausweitung über die engen geographischen Grenzen der Eventlocation hinweg erreicht, denn es können auch Zielgruppen angesprochen werden, die das Event zwar nicht selbst unmittelbar vor Ort besuchen bzw. besucht haben, sich aber für die mediale Vor- und Nachbereitung interessieren.

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Das Prinzip, dass Live Communication als führender Kanal innerhalb der Kommunikationskampagne fungiert, fand in dem von der führenden Agentur VOK DAMS geprägten Begriff “Live Campaigning“ Berücksichtigung (vgl. Altenstrasser/Putzig 2014). Allerdings werden mit dieser Bezeichnung „Live-Kampagnen“ assoziiert, der vernetzte und integrierte Charakter der Kampagne lässt sich daran nicht erkennen. Deshalb wird hier für eine crossmediale integrierte Kommunikationskampagne, mit der eine ganzheitliche Markenwahrnehmung angestrebt wird und in der Live Communication die führende Rolle einnimmt und somit den Lead Channel bildet, der Begriff Live-Led Integrated Brand Experience gewählt. 2.3.2 Live Communication als Lead Channel: Fiat 500X - find your secret x-place Full Moon entwickelte für den Launch des neuen Fiat 500X in Zusammenarbeit mit Partneragenturen eine multimediale Kommunikationskampagne mit innovativem Artwork. Live Communication bildete das zentrale und führende Element, denn die „find your secret x-place“-Kampagne ging auf deutschlandweite Promotion- und Eventtour. Insgesamt fanden in 36 Städten Events statt, auf denen nicht nur der neue Fiat 500X Interesse weckte, sondern auch das Abendprogramm mit exklusiven Live-Auftritten von renommierten Acts die Besucher begeisterte (vgl. FAMAB 2015, S. 100). In urbaner Szenografie wurden in 30 Städten eigens produzierte Promotion-Container installiert. Im Mittelpunkt des Geschehens vor Ort stand das so genannte CarInfotainment - die Verbindung von Information und Entertainment in Bezug auf Autos. Angestrebt wurde ein begeisternder Mix aus abwechslungsreicher Unterhaltung, Information und Beratung. Gewinnspiele weckten das Interesse der Konsumenten. Mit Oculus-Rift-Brillen konnte das virtuelle 3D-Fahrerlebnis im neuen Fiat 500X getestet werden. Ihren Höhepunkt fanden die Events in abendlichen Unplugged-Konzerten auf den Containerdächern mit angesagten Indie-Bands. Für die zusätzlichen sechs Top-Events wurde als dramaturgischer Höhepunkt der Musiker Jan Delay gewonnen. Über eine Online-Registrierung auf der eigens dafür konzipierten Fiat 500X Microsite konnten Eventtickets in der jeweiligen Stadt reserviert werden. Allerdings wurde erst bei einer Registrierung von 5.000 Personen der bis dahin geheim gehaltene Standort des Fiat 500X Ticket-Mobils bekanntgegeben, an dem die jeweils ersten 1.500 Personen ihr Ticket für die exklusive Live-Performance von Jan Delay erhielten (vgl. Full Moon 2015).

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Abb. 6: Kampagne “find your secret x-place” zum Launch des FIAT 500X

Quelle: Full Moon Group

So wurden mit den Events und durch die direkte Interaktion mit den Besuchern die wesentlichen Ziele der Kampagne erfüllt: Die Aktion „find your secret x-place“ schuf exklusive Momente für die Eventteilnehmer. Eine optimale Produktpräsentation gelang durch die direkte Interaktion mit den Besuchern vor Ort. Entscheidungsträger, Medienvertreter und insgesamt ca. 20.000 Besucher waren bei den Konzerten live dabei. Den Besuchern bot sich ein Mix aus Information, Beratung und abwechslungsreicher Unterhaltung, wodurch man der Intention der Fiat 500XKampagne - Verbindung von Individualität und Stärke - und dem Slogan „Fiat 500X. Ein Auto mit Charakter.“ gerecht wurde. Die Full Moon Group gewann für die echte

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Innovation mit ”Fiat 500X - find your secret x-place” bei den FAMAB AWARDS 2015 Silber in der Kategorie “Best Consumer Event“ (vgl. FAMAB 2015, S. 100). 2.4 Marke und Service 4.0 – Live-Kommunikation zur Emotionalisierung von abstrakten und erklärungsbedürftigen komplexen Dienstleistungen 2.4.1 Die Besonderheiten komplexer Dienstleistungen Die Entwicklung innovativer Dienstleistungen wird heute sehr oft durch technologische Sprünge getrieben. Derartige Technology Push-Innovationen sind meist hochkomplex und nicht tangibel. Es bereitet angesichts des damit eingeführten neuen technischen Standards demzufolge zunächst große Mühe, deren Bedeutung und einzigartige Vorteile einleuchtend darzustellen. Intangible und erklärungsbedürftige Dienstleistungen lassen sich somit dadurch charakterisieren, dass es sehr schwierig ist, die Funktions- und Wirkungsweise und damit auch die Anwendungen und Consumer Benefits dieser Services transparent und nachvollziehbar zu beschreiben. Für die potenziellen Nutzer bzw. die anwendenden Unternehmen lassen sich Einsatzmöglichkeiten, Nutzen und Vorteile der Dienstleistungen ohne Erläuterungen und vor allem Demonstrationen der Funktionsweise kaum wahrnehmen. Damit ein Bedarf überhaupt entsteht bzw. die Konsumenten ihren latent existierenden Bedarf erkennen können, müssen ihnen das Alleinstellungsmerkmal - Unique Selling Proposition (USP) - und die Bedeutung für sie selbst oder ihr Unternehmen plausibel erklärt werden. Es gestaltet sich oft schwierig und langwierig, Dienstleistungen mit einem hohen Erklärungsbedarf erfolgreich zu etablieren. Dies erfordert die aktive Forcierung eines Lernprozesses bei der Zielgruppe. Schwierige Lernprozesse sind jedoch mit hohem Aufwand verbunden und benötigen viel Energie. Das menschliche Gehirn arbeitet überwiegend energiesparend und greift vorzugsweise auf gespeichertes Wissen zu. Die meisten Prozesse laufen unbewusst bzw. implizit und damit quasi automatisch ab (vgl. Häusel 2016, S. 99ff.). Die geistigen Anstrengungen im Zuge der Auseinandersetzung mit einer neuen, komplexen Dienstleistung werden deshalb gern vermieden. Es ist demzufolge eine Incentivierung erforderlich, damit die Zielgruppe motiviert und bereit ist, sich mit einer neuen Dienstleistung auseinanderzusetzen. Komplexe intangible Services sind meist nicht vollständig darstellbar und erfordern eine wenigstens teilweise Materialisierung (vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 281). Sie verlangen nach einer Visualisierung tangibler Leistungselemente (vgl. Lovelock/Wirtz 2007, S. 159) und sind durch fehlende objektive Kriterien zur Leistungsbeurteilung

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gekennzeichnet, so dass durch Emotionalisierung eine positive Beeinflussung der Leistungswahrnehmung anzustreben ist (vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 281). 2.4.2 Aus Digital wird Analog: Das DIGILOGE Event “Hello, I am Max!“ Als eines der führenden Aufzugsunternehmen der Welt hat die „thyssenkrupp Aufzüge GmbH“ MAX entwickelt - die erste cloudbasierte Wartungslösung, die vorausschauenden und intelligenten Service ermöglicht. Digitale Informationen werden gespeichert, ausgewertet und bereitgestellt, so dass Störungen erkannt und behoben werden, bevor es zum Ausfall eines Aufzuges kommt. Ziel war es, die Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Effizienz von Aufzügen auf eine neue Stufe zu heben. Aufgrund der Digitalisierung und Entmaterialisierung dieser Wartungslösung war der Abstraktionsgrad sehr hoch. Es bestand die Gefahr, dass die Vertriebsmitarbeiter MAX als eine Art “Black Box“ wahrnehmen, in der sich komplexe und abstrakte Vorgänge vollziehen, die sie nicht begreifen können. Eine Möglichkeit zur Materialisierung und Emotionalisierung abstrakter Services besteht in der analogen Widerspiegelung digitaler Daten. Dies erfordert die Integration von Daten und Informationen in die Eventdramaturgie und –inszenierung sowie die unmittelbare Interaktion mit den Eventteilnehmern. Eine markenaffine Kommunikationskonzeption und Infotainment - die erlebnisorientierte Kombination von Entertainment und Informationsvermittlung – wirken unterstützend. Für die zweitägige interne Produkteinführung von MAX in der „thyssenkrupp Aufzüge GmbH“ als Konferenz mit Abendevent und Workshops waren eine Eventkonzeption und die Umsetzungsstrategie zu entwickeln. Dabei stellte es eine besondere Herausforderung dar, einen digitalen Service überzeugend im Raum zu kommunizieren. Um die Zielgruppe zur Auseinandersetzung mit der neuen Dienstleistung motivieren zu können, mussten die 115 Vertriebsmitarbeiter zunächst selbst davon überzeugt und begeistert werden. Dies setzte voraus, dass ihnen verständlich gemacht werden kann, wie MAX funktioniert. Die Agentur Full Moon kreierte und konzipierte deshalb für den internen Product Launch ein neuartiges Eventformat, welches den Nutzen eines intangiblen Gutes analog erlebbar präsentierte: Das DIGILOGE EVENT wurde speziell zur Umsetzung dieser Idee entwickelt. Bei diesem Format, in dessen Realisierung die mittels einer im Vorfeld durchgeführten Umfrage digital gesammelten Teilnehmerdaten maßgeblich eingeflossen sind, handelt es sich um eine Marktneuheit und somit eine echte Event-Innovation. Beim Digilogen Event wird die digitale Welt real

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spürbar: Für die Datenerhebung unter den Vertriebsmitarbeitern von thyssenkrupp Aufzüge wurde eine Online-Befragung in Verbindung mit einem Anmeldetool programmiert. Über die Teilnehmerplattform gaben die Mitarbeiter von thyssenkrupp online über vierzig persönliche Präferenzen an, die anschließend in die analoge Eventrealisierung einflossen. Diese digitalen Daten wurden im Anschluss an die Erhebung nach dem Big Data-Prinzip gefiltert, ausgewertet und für die Kreation verschiedenster analoger Event-Bausteine genutzt: Die Sitzplananordnung erfolgte entsprechend der höchsten Anzahl von persönlichen Gemeinsamkeiten. Die Gemeinsamkeiten der an einem Tisch sitzenden Teilnehmer wurden zusätzlich auf Tischkarten dargestellt. Für die Zusammensetzung der Workshops wurden ebenfalls die Präferenzangaben der Teilnehmer herangezogen. Die Lieblingsspeisen und -getränke der Teilnehmer fanden sich im Buffet wieder, ihre Lieblingssongs flossen in das Abendprogramm ein. Darüber hinaus wurden Serviettenringe mit persönlichen Zitaten und Lanyards mit individuellen Ablaufplänen erstellt. Dadurch gelang die Kreation eines Eventformats mit dem Fokus auf einer intelligenten Datennutzung – eine Analogie zur Funktionsweise von MAX (vgl. Full Moon 2017c). Abb. 7: “Hello, I am MAX!” Tisch- und Menükarten

Quelle: Full Moon Group

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Zusätzlich wurde eine begleitende Kommunikationskampagne mit dem übergreifenden Claim “Hello, I am MAX!“ entwickelt und umgesetzt. Um eine persönliche Zielgruppenansprache zu ermöglichen, wurde MAX personifiziert: Die Wartungslösung erhielt damit ein Gesicht und stellte sich den Gästen als reale Person vor. Dies steigerte die Identifikation und wurde durch ein haptisches Mailing an die Mitarbeiter unterstützt. Von der Vorab- bis zur Nachfeldkommunikation fand sich sowohl online als auch offline das eigens konzipierte Kampagnendesign wieder (vgl. Full Moon 2017d). Am ersten Tag stand im Porsche-Werk und im Porsche-Museum der praktische Bezug zum Thema „Innovation und Industrie 4.0“ im Vordergrund. Im Rahmen des Abendprogramms wurde dieses Thema durch den Keynote-Speaker Dr. Christian Friedl, Leiter Produktionsorganisation der Porsche AG, aufgegriffen und durch Peter Eckert, CEO der thyssenkrupp Aufzüge GmbH, sowie Felix Bader, CHRO der thyssenkrupp Aufzüge GmbH, auf die aktuelle Thematik übertragen. Durch den Showact „Lichtfaktor“ wurde MAX sichtbar gemacht. Am zweiten Tag konnten die Gäste in praktischen Workshops die Präsentation von MAX erleben. In der abschließenden Podiumsdiskussion tauschten die Gäste ihre ersten Eindrücke mit den Fachabteilungen und der Geschäftsführung aus und führten Feedback-Gespräche (vgl. Full Moon 2017d). Die Full Moon Group wurde für das Digiloge Event „Hello, I am MAX!“ als WINNER beim German Design Award 2018 in der Kategorie “Excellent Communications Design“ ausgezeichnet (vgl. German Design Award 2017).

3 Zusammenfassung Event-Innovationen sind von außen sichtbare Aushängeschilder für Agenturen für Live-Kommunikation, sie sind Gegenstand der Geschäftskontakte mit den Kunden und garantieren ihnen den Umsatz und damit das Fortbestehen. Es besteht somit das Erfordernis, fortwährend neue Eventideen und -konzeptionen zu entwickeln. Angesichts eines fehlenden Schutzrechtes für Innovationen in der Eventbranche kann die Übernahme erfolgreicher Eventideen durch Konkurrenten nicht vermieden werden. Zudem sind Events singuläre Ereignisse und nur eingeschränkt wiederholbar, da originäre Konzepte der Eventbranche nicht lange verborgen bleiben. Die Lebens- und Innovationszyklen laufen in der Live-Kommunikation stark beschleunigt ab. Die Etablierung von Event-Innovationen ist mit dem Kreationsprozess jedoch nicht abgeschlossen und wird durch die Ambivalenz der Auftraggeber zusätzlich erschwert.

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Das Paradoxon besteht darin, dass die Kunden zwar einerseits ein einmaliges, individuelles Event erwarten, zum anderen aber das Floprisiko vermeiden wollen und deshalb doch eher auf bereits erfolgreich erprobte Konzeptionen als auf radikale Neuerungen setzen. Diesem Problem kann durch die Nutzung bereits etablierter Markentrends als Inspirationsquelle für innovative Eventideen begegnet werden, weil man auf diese Weise sowohl den Wunsch nach neuartigen Konzepten als auch das Sicherheitsbedürfnis der Auftraggeber erfüllt. Im vorliegenden Aufsatz wurden exemplarisch die Markentrends Pop-up-Spaces, Blue Ocean-Strategie, Live-Led Integrated Brand Experience sowie Marke und Service 4.0 hinsichtlich ihrer Inspirationskraft untersucht. Die korrespondierenden erfolgreichen Events wiesen jeweils differenzierte Mechaniken und einen unterschiedlichen Neuheitsgrad auf. Darüber hinaus handelte es sich auch um verschiedenartige Eventkategorien. Der Erfolg der Events in den Pop-up-Stores „Mazda Lounge“ in Düsseldorf und Berlin basierte auf einer Weiterentwicklung bereits erprobter Pop-up-Innovationen. Es handelte sich für Mazda um eine Unternehmensneuheit, die bei der Zielgruppe große Zustimmung fand. Die neuartige Mazda-Messestrategie „MAZDA Live“ bestach durch eine intelligent konzipierte erstmalige Anwendung der Blue Ocean-Strategie im Eventbereich. Entertainment, interaktive Integration der Standbesucher durch attraktive Aktionsmodule und kompetente Beratung im Zuge von Side Events auf nicht-automobilen Themenmessen verschafften der Markeninszenierung konkurrenzlose Aufmerksamkeit. Die „find your secret x-place“-Kampagne zum Launch des Fiat 500X stellte eine gelungene Live-Led Integrated Brand Experience im Rahmen eines Consumer Events dar. Live Communication als Lead Channel stellte den Content für alle verknüpften Kanäle während der deutschlandweiten Promotion- und Eventtour bereit. Erfolgsgarant war die Kombination exklusiver Live-Auftritte renommierter Acts mit kompetentem Car-Infotainment. Mit dem DIGILOGEN EVENT wurde für das Mitarbeiter-Event der thyssenkrupp Aufzüge GmbH zum internen Launch der Aufzuglösung MAX eine echte Marktneuheit entwickelt. Das Besondere des neuartigen Eventformats besteht in der analogen Erlebbarkeit einer komplexen und erklärungsbedürftigen digitalen Dienstleistung. Die Auswertung erhobener digitaler Teilnehmerdaten diente der Kreation verschiedener analoger Event-Bausteine, welche die Funktionsweise von MAX symbolisierten.

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Die Auswahl der Markentrends ist nicht erschöpfend und könnte fortgesetzt werden. Von Interesse ist, ob Agenturen für Live-Kommunikation künftig dieses Prinzip für die Entwicklung von Event-Kreationen regelmäßig anwenden werden. Die Vorgehensweise bietet den Agenturen interessante Anregungen und den Auftraggebern eine gewisse Sicherheit, so dass sich Vorteile für beide Seiten erkennen lassen.

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Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten: Eine Analyse anhand von B2B- und B2C-Fallbeispielen 1

Einleitung

2

Theoretische Grundlagen

3

2.1

Marken, Events und Marketingevents

2.2

Erlebnisorientierung und die Relevanz von Crossmedialität

Analyse von Fallbeispielen 3.1

Fallbeispiel B2C: Image- und Bekanntheitssteigerung der Marke Sparda Bank West am Standort Hagen mithilfe eines B2C-Eventkonzepts

3.1.1

Ausgangslage

3.1.2

Konzeption und Durchführung

3.1.3

Umgesetzte Maßnahmen vor dem Event

3.1.4

Ergebnisse und Werbewirkungskontrolle der Maßnahmen

3.1.5

Kritische Betrachtung des Eventkonzepts

3.2

Fallbeispiel B2B: Präsentation des neuen Porsche Panamera vor ausgewählten Geschäftskunden

3.2.1

Ausgangslage

3.2.2

Konzeption und Durchführung

3.2.3

Umgesetzte Maßnahmen

3.2.4

Kritische Betrachtung des Eventkonzepts

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018 C. Zanger (Hrsg.), Events und Marke, Markenkommunikation und Beziehungsmarketing, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23285-6_11

268 4

5

Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel Diskussion

4.1

Kritische Reflexion der Fallbeispiele in Bezug auf die theoretischen Grundlagen

4.2

Praktische Handlungsimplikationen

4.3

Forschungsimplikationen

Fazit

Literaturverzeichnis

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

269

1 Einleitung Eventmarketing ist ein erlebnisorientiertes Kommunikationsinstrument, das in Theorie und Praxis immer stärkere Aufmerksamkeit erlangt. Die Einsatzmöglichkeiten und Wirkungsbedingungen werden wahrgenommen, wissenschaftlich untersucht und praktisch als eigenständiges Kommunikationsinstrument eingesetzt. Events sind heutzutage obligatorische Marketingmaßnahmen für Unternehmen, um ihre Marken zu vermarkten (vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2015, S. 776ff.). Dabei ist die Beschränkung der Kommunikation einer Marke auf einen einzelnen Medienkanal für die Vermarktung eines Events schon lange nicht mehr gefragt. Das AIDA-Modell1 hat ausgedient, ebenso wie andere Push-Systeme (vgl. Thinius/Untiedt 2017, S. 50). Vielmehr ist eine crossmediale Vermarktung von Events gang und gäbe. Der Nutzer will hierbei eingebunden werden, er will das Event im Idealfall im Vorfeld, währenddessen und danach auch in der digitalen Welt erleben. Emotionales Eventmanagement sowie die Idee des hybriden Events als Content-Geber sind somit Konzepte, die immer mehr an Relevanz gewinnen (vgl. Dams/Luppold 2016), da sie diesen Anspruch aufgreifen. Ziel dieses Beitrages ist es daher, anhand von zwei ausgewählten Fallbeispielen der Hagener Agentur Event Experience GmbH aufzuzeigen, wie unterschiedliche Unternehmenstypen (eine Bank im B2C-Bereich und ein Autohaus im B2B-Bereich) angestrebte Marketingziele mit Eventkonzepten auf Basis einer crossmedialen Vermarktungsstrategie umsetzen. Anhand dieser Fallbeispiele werden Erfolgsfaktoren für die Konzeption und Vermarktung von Events im crossmedialen Marketingmix abgeleitet. Durch eine kritische Reflexion der umgesetzten Events werden zudem Verbesserungen, Herausforderungen und somit Grenzen der Konzeptionierung und der Realisierung aufgezeigt, die zweifelsohne bei vorhandenen Budgetbeschränkungen bestehen.

2 Theoretische Grundlagen Im Folgendem soll ein Überblick zu den theoretischen Grundbegriffen Marken, Events und Marketingevents erfolgen sowie eine Beschreibung der hier verwendeten Definition von Crossmedialität.

1

Dieses strukturiert den Prozess der Kommunikationswirkung in die vier Stufen Attention, Interest, Desire und Action (Aufmerksamkeit, Interesse, Begierde und Handlung).

270

Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

2.1 Marken, Events und Marketingevents Events dienen der Kommunikation von Marken, die als Assets zu begreifen sind (vgl. Graeve 2007, S. 11 f.). Sie sind der Produktpolitik eines Unternehmens zuzuordnen und ermöglichen eine Differenzierung der Unternehmensprodukte/-leistungen von anderen Konkurrenten. Sie stellen damit einen wettbewerbsdifferenzierenden Wert dar und erfüllen für verschiedene Anspruchsgruppen unterschiedliche Zwecke. Für den Nachfrager im Speziellen ermöglicht die Marke Identifikation und Vereinfachung eines Kaufentscheidungsprozesses, da sie eine Orientierungshilfe zur Qualitätsbewertung liefert (vgl. Hermann/Huber 2013, S. 317ff.). Eine Marke ist die Bündelung von spezifischen Unternehmensfähigkeiten, sie macht das Unternehmen für den Markt sichtbar (vgl. Wirtz/Göttgens 2004, S. 5). Der Wert einer Marke definiert sich über die Kenntnis der Marke, ihrer Produkte beim Zielpublikum und die Identifikation mit ihr. Sowohl die Kundenbeziehungen als auch eine Marke selbst wird maßgeblich durch Marketingkommunikation gestaltet (vgl. Pfannenberg 2007, S. 1). Abbildung 1 verdeutlicht den dahinterstehenden Prozess, der im Verlauf des Artikels auf das Eventmarketing bezogen werden soll. Abb. 1: Prozess und Ziele der Marketingkommunikation

Quelle: eigene Erstellung

Die leistungsbezogene Kommunikation des Unternehmens zählt zu den Aufgaben der Marketingkommunikation. Im Speziellen ist dies die Kommunikation in Bezug auf das Image von Produkten und Dienstleistungen (vgl. Pfannenberg 2007, S. 2). Ho-

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

271

ward und Sheth (1969) beschreiben in einem Erklärungsmodell, das auch Meffert et al. (2015, S. 134) aufgreifen, dass der Nachfrager, also der (potenzielle) Kunde auf der Suche nach dem perfekten Angebot für seine Bedürfnisse ist. Diese Suche wird von diversen Aspekten beeinflusst, wie beispielsweise Informationen zu Qualität und Preis des Produkts oder der Dienstleistung. Daraus bildet sich die Aufmerksamkeit für ein Produkt oder eine Dienstleistung (vgl. Meffert et al. 2015, S. 134). Die Aufmerksamkeit für die Marke ist die Basis für die Markenbekanntheit und damit für eines der primären Ziele der Marketingkommunikation (vgl. Pfannenberg 2007, S. 2). Die Zielgruppe baut Wissen über das Produkt oder die Dienstleistung auf (vgl. ebd.). Wie Howard und Sheth (1969, S. 30) verdeutlichen, sind diese als Lernkonstrukte zu begreifen, wobei die Kaufmotive und die Motiverfüllung durch den Kauf die positive Einstellung zum Produkt oder zur Dienstleistung beeinflussen. Dadurch sammelt der Käufer Erfahrungen und gleicht diese mit dem kommunizierten Kundennutzen des Unternehmens ab (vgl. Pfannenberg 2007, S. 2). Daraus entsteht die Glaubwürdigkeit der Marke. Ebenso entsteht die Bereitschaft, das Produkt oder die Dienstleistung weiterzuempfehlen, was wiederum Einfluss auf das Image insgesamt (vgl. ebd., S. 3) hat. Hieraus entsteht nicht nur das Image, sondern auch die gesamte Kundenzufriedenheit in der Zielgruppe. Image und Kundenzufriedenheit wiederum beeinflussen sowohl die Kundenbindung als auch die positive Einstellung zu einem Kauf. Schlussendlich führt dies zu einer Steigerung der Kaufintention und letztendlich zu einer Erhöhung der Nachfrage (vgl. ebd.). Dieser geschilderte Prozess ist durch Marketingkommunikation bestimmt und lässt sich im Speziellen durch die Kommunikation über Eventmarketing gestalten. Dies kann verstanden werden als alle Bestandteile der modernen Kommunikation, die zu einem Erlebnis beitragen (vgl. Sistenich 1999, S. 60). Eventmarketing, wie es hier verstanden werden soll, ist eine erlebnisorientierte Umsetzung von Marketingzielen. So kann Eventmarketing als integrierter Bestandteil eines ganzheitlichen Marketingkonzepts eines Unternehmens gelten (vgl. Zanger/Sistenich 1996, S. 233ff.). Es dient der „Präsentation des Kommunikationsobjektes in erlebnisorientierter Form“ (Kirchgeorg/Springer/Brühe 2009, S. 142ff.). Das daraus entstehende Marketingevent ist demnach eine Veranstaltung, die in das Marketing und die Kommunikationsplanung eingebettet wird (vgl. Graeve 2007, S. 15f.). Weiter kann es als eigenständige, multisensuale und erlebnisorientierte Inszenierung von Ereignissen definiert werden (vgl. Kirchgeorg et al. 2009, S. 139).

272

Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

Hierbei werden diverse Formen des Eventmarketings unterschieden (vgl. Meffert et al. 2015, S. 679). Das Event ist aber nicht nur selbst Marketingtool, sondern wird zunehmend begleitet durch crossmediale Elemente. 2.2 Erlebnisorientierung und die Relevanz von Crossmedialität Der typische Konsument wird erlebnisorientierter, sodass ein Trend zur „Entmaterialisierung des Konsums“ entsteht (vgl. Kroeber-Riel 2003, S. 124ff.). Das Eventmarketing begegnet mit seiner Multisensualität und dem Erlebnischarakter genau diesen Entwicklungen und spricht den Kunden im Kontext von Marketingmaßnahmen gezielt an. Ein Erlebnis ist unwillkürlich mit Emotionen verknüpft - der erlebnisorientierte Konsument schätzt und sucht folglich emotional erlebbare Individualität (vgl. Weinberg/Diehl 2001, S. 187). Insbesondere Social-Media-Plattformen ermöglichen eine Emotionalisierung, da sie visuelle und auditive Reize setzen können und somit eine besondere Qualität von Multisensualität bieten (vgl. Zanger 2013, S. 7). Auf diesen digitalen Plattformen tauschen Nutzer Ideen, Inhalte (Content) oder Gedanken aus und stellen Beziehungen untereinander her. Dies geschieht in Form von Texten, Bildern, Audios oder Videos (vgl. Urban/Carjell 2016, S. 294). Diese Arten der persönlichen Kommunikation lassen sich so im Sinne des Online-Marketings und als Element des Eventmarketings nutzen. Zanger (2013, S. 8) beschreibt ausführlich die Chancen von Social Media in der Anwendung für Eventmarketing:  Integration des Kunden in den Eventmarketingprozess  Erhöhung der Reichweite des Events  zeitliche Ausdehnung durch Nutzung der Pre- und Post-Phase  räumliche Ausdehnung durch Nutzung unterschiedlichster Kanäle  Ansprache von neuen Zielgruppen  Entwicklung und Festigung von Kundenbeziehungen Das Event ist somit nicht nur selbst Kommunikationskanal einer Marke, sondern nutzt selbst komplexe Kommunikation zur Vermarktung, die mithilfe von Content möglich wird.

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

273

Das Eventmarketing hat eine Vielzahl verschiedener Verbindungen von Events und Social Media entwickelt. Diese lassen sich nach Zanger (2013, S. 9) je nach Intensität der Verbindung differenzieren. Reale Events werden auf Social-Media-Plattformen übertragen. Eine intensivere Ausformung der Nutzung von Social Media im Kontext von Events ist durch die Idee des hybriden Events beschrieben worden (vgl. Dams/Luppold 2016; Altenstrasser/Putzig 2013): Das reale Event wird durch Social Media im Vor-, Haupt-, und Nachfeld begleitet (vgl. Zanger 2013, S. 9ff.). So ist eine Ausrichtung auf die Mitbestimmung und eine Interaktion durch den Einbezug sozialer Medien ein grundlegender Aspekt, woraus sich eine „Mischform aus Live-Events und virtueller Kommunikation“ ergibt (Dams/Luppold 2016, S. 1). Es entstehen nicht nur Verbindungen zwischen dem Event und Medienkanälen, vielmehr wird die virtuelle Interaktion unterstützt. Dadurch werden die Nutzer bzw. Kunden permanent eingebunden. Aber dies ist kein reiner Selbstzweck, sondern vielmehr die aus dem Engagement entstehende Emotionalität in Verbindung mit dem Event, wie sie Zanger (2015) für Events als absolut relevant beschreibt. Dabei ist aber nicht nur die individuelle Emotion relevant, sondern vielmehr die kollektive Emotion, die das Event bei der gesamten Zielgruppe erzeugt (vgl. Zanger 2015, S. 49ff.). Die kollektive Empfindung kann nicht nur während des Events geweckt werden. Mit entsprechenden Maßnahmen ist dies auch im Vorfeld des Events oder im Nachhinein möglich. Als Grundvoraussetzung hierfür kann der Ansatz von Knoll (2016, S. 1ff.) herangezogen werden, der besagt, dass nicht Teilnehmer, sondern Akteure generiert werden sollten. Auch wenn das Prinzip von Knoll eher auf Tagungen und Kongresse angewendet oder auch daraus entwickelt wurde, kann es hier Erwähnung und Anwendung finden, denn das grundsätzliche Prinzip der Partizipation ist auch jenes des hybriden Events. Um diese Partizipation zu generieren, kann das „live-marketing-getriebene“ Eventmarketing (vgl. Altenstrasser/Putzig 2014) ein Erfolg versprechender Ansatz sein. Eine weitere Form sind die virtuellen Events, die ausschließlich im digitalen Raum stattfinden. Dazwischen gibt es zahlreiche Mischformen, und die Grenzen sind fließend. In diesem Artikel liegt der Fokus nicht auf der klaren Abgrenzung. Vielmehr geht es darum, einen allgemeinen crossmedial ausgerichteten Eventansatz zu beschreiben. Nach der Darstellung von zwei Fallbeispielen sollen in Anlehnung an Abbildung 1 mögliche Erfolgsfaktoren des crossmedialen Eventmarketing aufgezeigt werden.

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Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

3 Analyse von Fallbeispielen Anhand der folgenden zwei Fallbeispiele wird die Relevanz der Verknüpfung von sozialen Medien und Eventkommunikation bzw. Vermarktung eines Produktes durch Events verdeutlicht. Zusätzlich wird die Planung und Durchführung kritisch reflektiert, um Erfolgsfaktoren, aber auch personelle, strukturelle und organisatorische Grenzen aufzuzeigen. Zur Aufbereitung der beiden Fallbeispiele wurden die Aktivitäten in den sozialen Medien des Veranstalters nochmals retrospektiv analysiert. Des Weiteren waren die Autoren Lothar Winnen und Alexander Wrobel Teil des Organisationsteams beider Events. Es wurden zudem sämtlicher Schriftverkehr sowie interne Präsentationen und Unterlagen zum Event durchgearbeitet, um das Fallbeispiel inhaltlich umfassend und korrekt wiedergeben zu können. 3.1 Fallbeispiel B2C: Image- und Bekanntheitssteigerung der Marke Sparda Bank West am Standort Hagen mithilfe eines B2C-Eventkonzepts 3.1.1 Ausgangslage Die Sparda Bank West hat sich Ende 2015 dazu entschlossen, die regionale Vermarktung ihrer Marke verstärkt durch Eventmarketing- und Eventsponsoring-Maßnahmen im Raum Hagen zu unterstützen. Mit emotionaler Kundenkommunikation hatte das Unternehmen bereits zuvor durch Events und Sponsoringmaßnahmen positive Effekte erzielt. Zudem hat das Unternehmen mit seiner dezentralen Eventabteilung in NRW das seit einigen Jahren in der Branche diskutierte und bereits vielfach gelebte Konzept des hybriden Events (vgl. Dams/Luppold 2016; Altenstrasser/Putzig 2013) verfolgt. Die von Dams und Luppold (2016) propagierte Verknüpfung von sozialen Medien und Events sollte Vorbild für das hier aufgestellte Eventkonzept sein. Das vorgestellte Fallbeispiel dient daher der exemplarischen Verdeutlichung, wie operative und Erfolg versprechende crossmediale Maßnahmen im zeitlichen Verlauf der Eventphasen geplant und umgesetzt werden können. Die Agentur Event Experience GmbH aus Hagen hat den Zuschlag für die vom Kunden definierte Projektdurchführung am Standort Hagen erhalten, da sie über eine ausgewiesene Online-Marketing-Kompetenz zur Vermarktung von B2B- und B2C-Events verfügt. Auf Basis des Eventkonzepts eines hochwertigen Schlagerevents für rund

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

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1.000 Gäste mit bekannten Künstlern, die in den sozialen Medien erfolgreich vertreten sind, sollten folgende Ziele erreicht werden:  Steigerung der lokalen Markenbekanntheit der Marke Sparda Bank  Verfestigung eines positiv aufgeladenen Images durch Besetzung von Attributen wie modern, zeitgemäß, jugendlich  direkte und indirekte Gewinnung potenzieller Neukunden durch eventbegleitende Maßnahmen  Sicherstellung des Eventerfolgs mit rund 1.000 Gästen durch eine crossmediale Vermarktung  Einhaltung des vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Gesamtwerbebudgets Die Zielgruppe der Sparda Bank am Standort Hagen (und Umkreis von 15 km) sind Privatkunden im Alter von 18 bis 49 Jahren. Zur optimalen Zielerreichung sollten sämtliche Marketingmaßnahmen in die SocialMedia-Aktivitäten (Facebook und Instagram) des Eventveranstalters eingebunden werden. 3.1.2 Konzeption und Durchführung Für die Phasen der Eventbewerbung, -durchführung und -nachbereitung wurden folgende Maßnahmen definiert und geplant, die eine crossmediale Vermarktung ermöglichen sollten. Das Event wurde somit zum Anlass und Content-Geber für eine gezielte, zeitlich befristete Kommunikationskampagne für die Sparda Bank. Hierzu wurden die in Tabelle 1 dargestellten Künstler engagiert. Die Künstler wurden nicht nur hinsichtlich ihrer Bekanntheit und Passung zum Eventinhalt ausgewählt, sondern auch hinsichtlich ihrer Reichweite in den sozialen Medien.

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Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

Tab. 1: Darstellung der Künstler in den sozialen Medien im Januar 2016 Name

Follower Facebook

Abonnenten Instagram

Menderes

430.000

61.000

Norman Langen

95.000

1.500

Willi Herren

73.000

4.050

Quelle: eigene Erstellung

3.1.3 Umgesetzte Maßnahmen vor dem Event In den Tabellen 2, 3 und 4 werden die kommunikativen Maßnahmen aufgeführt, die vor, während und nach dem Event durchgeführt wurden. Abbildung 2 zeigt exemplarisch einen Facebook-Post des Künstlers Menderes, der auf der Facebook-Seite des Veranstalters veröffentlicht wurde. Es wurden rund 50.000 Personen bei knapp 5.800 Videoaufrufen erreicht. Abbildung 3 veranschaulicht, wie die Teilnehmer von einem Künstler eingebunden werden. Abb. 2: Einbindung des Künstlers Menderes in die Eventbewerbung

Quelle: https://business.facebook.com/EventExperience/videos/1193929620658387/

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

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Abb. 3: Impression des Events: Begeisterte Teilnehmer

Quelle: eigene Erstellung (interner Fotobestand der Agentur) Tab. 2: Umgesetzte Maßnahmen vor dem Event Maßnahme

Zweck

Verknüpfung mit den Zielen des Auftraggebers

Integration des Markennamens in den Eventnamen Sparda Schlager Nacht

Steigerung der Markenbekanntheit

Imagetransfer: Verknüpfung Eventimage mit Markenimage

Organisation eines Meet & Greet mit den ausgewählten Künstlern Menderes, Norman Langen, Willi Herren

Generierung von relevantem Content für die sozialen Medien, um Reichweiten zu optimieren

Imagetransfer: Verknüpfung des modernen, jugendlichen Images der Künstler mit der Marke

Durchführung eines Gewinnspiels für ein Meet & Greet zwischen Künstlern und Besuchern

Generierung von relevantem Content für die sozialen Medien, um Reichweiten in der relevanten Zielgruppe zu optimieren

Imagetransfer: Verknüpfung des Künstler-Images mit der Veranstaltung und dem Namensgeber Sparda Bank

vertragliche Abstimmung mit den Künstlern zur mehrmaligen Bewerbung des Events über die sozialen Medien

Um das Event bei den Zielgruppen zu bewerben, posten die Künstler Videobeiträge und Ankündigungen in den sozialen Medien.

Imagetransfer: Verknüpfung des Künstler-Images mit der Veranstaltung und dem Namensgeber Sparda Bank

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Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

Einrichtung einer Vorverkaufsstelle in einer ausgewählten Filiale der Sparda Bank

Durch ein exklusiv rabattiertes EarlyBird-Ticket sollen die Gäste in die Räumlichkeiten des Auftraggebers gelockt werden.

Steigerung der Markenbekanntheit

Anzeigenschaltung in der lokalen Tageszeitung der Funke Mediengruppe

Erzeugung von Aufmerksamkeit

unmittelbare Vermarktung des Events, Steigerung der Markenbekanntheit

Anzeigenschaltung und redaktioneller Beitrag im Eventmagazin Coolibri

Förderung der crossmedialen Vermarktung: Verweis auf Präsenz in den sozialen Medien wie Facebook und Veranstalter-Website

unmittelbare Vermarktung des Events, Steigerung der Markenbekanntheit

Verteilung von Werbemitteln wie Roll-ups, PVC-Banner, Plakate, Flyer an sechs Vorverkaufsstellen

Crossmediale Vermarktung und Verknüpfung des Events: Auf allen Werbemitteln findet sich der Verweis auf die Veranstalter-Website und teils der direkte Link zur Facebook-Seite wieder.

unmittelbare Vermarktung des Events, Steigerung der Markenbekanntheit

Verknüpfung des OnlineTicketsystems Ticketscript mit der Veranstalter-Website und der Funktion „Kauf von Tickets“ auf Facebook

Gäste können direkt von Facebook auf die Ticketseite zum Kauf von Tickets weitergeleitet werden.

unmittelbare Vermarktung des Events

Integration der Vermarktung des Events in zwei E-Mail-MarketingKampagnen und eine Dialogpost-Kampagne

Integration der Präsenz in den sozialen Medien in eigens designtem EMail-Newsletter/Postwurfsendung wird mit Eventflyer und SpardaBank-Flyer zur Neukundengewinnung verknüpft

crossmediale Vermarktung des Events mit Verlinkung auf Künstler-Website und Facebook-Seite

Vermarktung des Events durch Zukauf von Reichweite und Schaltung von Werbeanzeigen bei Facebook und Google AdWords

Sowohl die Facebook-Veranstaltung als auch ausgewählte Posting-Beiträge bei Facebook werden für ein Gesamtbudget von 500 Euro beworben. Eigens designte Werbebanner werden für eine Google-AdWords-Kampagne und eine Facebook-Kampagne erstellt (zusätzlich 900 Euro)

crossmediale Vermarktung des Events

Neukundengewinnung

Ein Kontingent von 80 Karten wird an gewonnene Neukunden in den drei Monaten vor dem Event ausgegeben.

Die Maßnahme unterstützt sowohl die Neukundengewinnung als auch die Kundenbindung.

Quelle: eigene Erstellung

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

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Tab. 3: Maßnahmen bei dem Event Maßnahme

Zweck

Verknüpfung mit den Zielen des Auftraggebers

Fotobox: Mit dem Logo der Sparda Bank gebrandete Porträtaufnahmen werden direkt vor Ort gedruckt und dem Gast mitgegeben.

Ausgewählte mit dem Sparda-BankLogo gebrandete Porträtaufnahmen werden nach der Veranstaltung in den sozialen Medien kommuniziert.

Steigerung der Markenbekanntheit, Imagetransfer, Verknüpfung der positiven Emotion des Gastes mit dem Event und dem Namensgeber

Maskottchen im SpardaBank-Outfit

emotionale, motivierende Ansprache der Gäste, Motivation für gemeinsame Fotos, Generierung von Inhalten und Fotos für soziale Medien

Imagetransfer

Verteilung von SpardaBank-Werbeartikeln wie T-Shirts, Strohhüte und sechs übergroße gebrandete Luftballons

Generierung von Content und großflächigen Foto- und Videoaufnahmen der Gäste im emotionalen Zustand

Steigerung der Markenbekanntheit, Imagetransfer

Branding aller Mitarbeiter auf dem Event mit eigenen Sparda-Bank-T-Shirts

Veranstalter-, Gastro- und Vertriebsteam der Sparda Bank erhalten unterschiedlich farbige Sparda-Bank-TShirts

Steigerung der Markenbekanntheit, Imagetransfer

eigener Sparda-BankMessestand zur Ausgabe von Werbeartikeln und Realisation eines Gewinnspiels

Generierung von Kundendaten über ein vor Ort veranstaltetes Gewinnspiel

Steigerung der Markenbekanntheit, Kundenbindung, Kundengewinnung

Generierung von Content aus dem Backstage-Bereich („Blick hinter die Kulissen“)

Steigerung der Markenbekanntheit, Imagetransfer, Kundenbindung

Sparda-Bank-VIP-Area für ausgewählte Kunden und Künstler Quelle: eigene Erstellung

Tab. 4: Maßnahmen nach dem Event Maßnahme

Zweck

Verknüpfung mit den Zielen des Auftraggebers

Nachberichtsfilm

Konzeption eines ein-minütigen Nachberichtsfilms zur nachträglichen Eventkommunikation

Nachhaltige Steigerung der Markenbekanntheit, Imagetransfer

Foto-Upload auf Veranstalter-Website und bei Facebook

Ausgewählte Fotos werden nicht nur während des Events, sondern vor allem nach dem Event bei Facebook hochgeladen. Weitere Fotos gibt es auf der Veranstalter-Website.

Steigerung der Markenbekanntheit, Imagetransfer

Quelle: eigene Erstellung

280

Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

3.1.4 Ergebnisse und Werbewirkungskontrolle der Maßnahmen Anhand relevanter ausgewählter Kennzahlen wurde der Eventerfolg beurteilt. Aufgrund der crossmedialen Vermarktung und Kommunikation des Events konnten deutlich mehr Personen erreicht werden als die reine Zielgruppe (1.000 Gäste) vor Ort. Die Ergebnisse werden kurz skizziert: 

Der Veranstalter erreichte 86.000 Personen durch 33 eigene Postings in den sozialen Medien.



Dank der Integration der Künstler und Social Influencer wurden rund 100.000 Personen durch die Postings der integrierten Künstler bei Facebook und Instagram im Vorfeld oder während des Events erreicht (Reichweite vorsichtig geschätzt).



Es wurden mindestens 50.000 Personen durch klassische Marketingmaßnahmen in Printmedien und den Einsatz der Werbemittel in den Vorverkaufsstellen erreicht (Reichweite geschätzt).



Es konnten drei redaktionelle Beiträge im Radio, der örtlichen Tagezeitung und in einem Eventmagazin realisiert werden.



Rund 80 neue Kontaktadressen wurden für die Sparda Bank generiert.



Schätzungsweise 100 Personen haben die Sparda Bank besucht, um Tickets zu kaufen.



Die Sparda Bank konnte nach Angaben gegenüber dem Veranstalter einige neue Kunden gewinnen (genaue Anzahl ist nicht bekannt).



Die Werbeausgaben des Auftraggebers pro erreichter Person (gesamte Reichweite) lagen bei deutlich unter 0,10 Euro.

Aus Sicht des Auftraggebers ist das Event als Erfolg zu werten, da mit einem vertretbaren Werbebudget eine große Anzahl von Gästen und Mediennutzern erreicht wurden. Das Fallbeispiel zeigt daher, dass mittelständisch geprägte Unternehmen, auch mit kleineren oder mittleren Budgets, im B2C-Bereich Mehrwerte aus crossmedial vernetzten Eventmarketingmaßnahmen erzielen können. Die tatsächlichen Kosten solcher Eventmaßnahmen sind dabei nicht höher anzusehen als z. B. die Planung, Konzeption und Durchführung von Messeauftritten.

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

281

3.1.5 Kritische Betrachtung des Eventkonzepts Aufgrund von Budgetbeschränkung wurden bestimmte Maßnahmen, die eine crossmediale Vermarktung unterstützt hätten, nicht durchgeführt. Diese dienen aber als Empfehlung für eine mögliche erneute Auflage des Events mit einer Ausweitung der maximalen Besucherkapazität in einer anderen Location auf ca. 2.000 Gäste. Es wird empfohlen, einen professionellen Film-Teaser für die sozialen Medien zur Eventankündigung drehen zu lassen. 360-Grad-Aufnahmen vor Ort während des Aufbaus, des Events, und des Abbaus dürften die Reichweite in den sozialen Medien deutlich steigern. Die Live-Berichterstattung in den sozialen Medien mit Interviews der Künstler dürfte die Reichweite erneut steigern, da vor allem interessierte Personen erreicht werden, die an der Veranstaltung aus örtlichen oder zeitlichen Gründen nicht teilnehmen konnten. Die Konzeption einer eigenen Veranstaltungs-Website würde zur besseren Vermarktung des Events hinsichtlich SEO (Suchmaschinenoptimierung) und SEA (Suchmaschinenwerbung) dienen. Die Integration einer Social-Media-Wall vor Ort eröffnet zudem die Möglichkeiten einer direkteren Interaktion zwischen Besuchern, Veranstaltern, Künstlern und Nicht-Teilnehmern. Auch eine Vor-Ort-Befragung der Gäste hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem Veranstaltungsablauf sollte erfolgen. Diese zusätzlichen Maßnahmen hätten jedoch das Budget deutlich ansteigen lassen. Das Fallbeispiel zeigt zudem auf, dass die Grenzen zwischen klassischem Sponsoring und Eventmarketing verschwimmen bzw. verschwimmen müssen. Denn je stärker der vermeintliche Sponsor in den Eventablauf und in die sozialen Medien eingebunden wird, desto eher wird er vom Gast auch als Mitveranstalter wahrgenommen. Dies erhöht einerseits die Markenwahrnehmung, anderseits aber auch das Risiko, dass ein negativer Imagetransfer stattfindet, sofern das Event nicht wie gewünscht abläuft. 3.2 Fallbeispiel B2B: Präsentation des neuen Porsche Panamera vor ausgewählten Geschäftskunden Das folgende Fallbeispiel soll veranschaulichen, wie Potenziale typisch ablaufender Business-Events oftmals nicht erkannt bzw. genutzt werden, um Events und ihre Botschaften crossmedial zu vermarkten. 3.2.1 Ausgangslage Ein Porsche-Zentrum in Hagen beabsichtigte, den neuen Porsche Panamera am 3.11.2016 im Rahmen eines Business-Events zu präsentieren. Diese Präsentation erfolgte vor dem offiziellen deutschlandweiten Verkaufsstart vor rund 100 ausgewählten

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Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

(potenziellen) Kunden. Die Eventorganisation wurde deutschlandweit den jeweiligen Händlern übertragen, die wiederum regionale Eventagenturen mit der Konzeption und Durchführung betrauten. Die Agentur Event Experience GmbH aus Hagen wurde mit dem Projekt beauftragt und führte das Event am Schloss Hohenlimburg in Hagen durch. Die Ziele des Events waren folgende: 

Bindung der eingeladenen Stammkunden an die Marke und das regionale Autohaus durch die Konzeption eines exklusiven, hochwertigen Events, das durch seine starke Emotionalisierung in Erinnerung bleibt



Gewinnung potenzieller zahlungskräftiger Neukunden unter den Teilnehmern



Generierung von hochwertigem Bild- und Videomaterial zur Vermarktung des Events und der Fahrzeuge für die sozialen Medien und klassische Werbekanäle des Autohauses



Motivation der Teilnehmer zum Besuch des Autohauses und Test der neuen Fahrzeuge

Die Zielgruppe der Eventteilnehmer ist mit der Zielgruppe des Autohauses deckungsgleich. Eingeladen wurden überwiegend zahlungskräftige Bestands- und potenzielle Neukunden aus dem unmittelbare regionalen Einzugsbereich der Stadt Hagen (Umkreis von 10 km) zwischen 35 und 59 Jahren. Die meisten Teilnehmer waren männliche Geschäftskunden, d. h. Führungskräfte oder Unternehmer. Ein Corporate-Event-Design wurde zentral von Porsche zur Verfügung gestellt. Eine weitere Vorgabe bestand darin, eine exklusive Location auszuwählen, die zur Marke Porsche passt. Die Ausstattung der Räumlichkeiten und die Eventszenerie sollten hochwertig sein. 3.2.2 Konzeption und Durchführung Die Eventagentur entwickelte ein aufeinander abgestimmtes Sound-, Licht- und Videokonzept, um die Autos optimal im Außenbereich des Schlosses zu inszenieren. Die Gäste wurden zunächst persönlich vom Gastgeber empfangen und gastronomisch versorgt. Den Hauptprogrammpunkt stellte eine ca. 20-minütige Show dar, deren zeitlich aufeinander abgestimmte Inhalte den Aufbau einer passenden Event-Dramaturgie förderten. Zunächst fand eine Feuershow im Außenbereich vor den verhüllten Fahr-

Crossmediale Vermarktung von öffentlichen Eventformaten

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zeugen statt. Dieses Showelement wurde weiter aufgewertet, indem ein Fassadenläufer (ausgebildeter Industriekletterer) die angestrahlte Fassade eines Turmes hinabstieg. Zum Höhepunkt wurde ein genehmigungspflichtiges Feuerwerk initiiert. Zum Finale wurden die Autos durch Hostessen enthüllt und die Szenerie für die Gäste freigegeben. Durch die gezielte Ansprache aller Sinne konnten die Gäste und ihre Begleiter mit starken positiven Emotionen konfrontiert werden. Das Erleben positiver Emotionen in Gruppen kann in diesem Kontext die Übermittlung der gewünschten kommunikativen Botschaft des Events fördern bzw. erleichtern (vgl. Wolf/Jackson 2014; Wrobel/Winnen 2014). 3.2.3 Umgesetzte Maßnahmen Im Folgenden werden kurz die Maßnahmen der Eventagentur skizziert, die eine crossmediale Vermarktung bzw. Kommunikation des Events an Nicht-Teilnehmer in den sozialen Medien ermöglichen sollte. Eine Drohne filmte das Gelände vor und während des Events. Auf Basis dieses Drohnenflugs und der Videoaufnahmen eines professionellen Kameramanns vor Ort wurden zahlreiche Videoimpressionen der Produktpräsentationen einschließlich der inszenierten Enthüllung der Fahrzeuge und des genehmigungspflichtigen Feuerwerks aufgezeichnet. Hierdurch konnte hochwertiger Videocontent für einen Nachberichtsfilm generiert werden, der in den sozialen Medien verwendet wurde. Ein professioneller Fotograf erzeugte hochwertiges Bildmaterial, das der Gestaltung von Broschüren dienen sollte. Die Autos wurden im Rahmen der beschriebenen konzipierten Show präsentiert. Die gesamte Show wurde durch eine fest installierte 360-Grad-Kamera aufgezeichnet und als Live-Aufnahme in das soziale Netzwerk Facebook gestreamt (siehe Abb. 4).

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Christine Piepiorka, Lothar Winnen, Alexander Wrobel

Abb. 4: Facebook-Live-Aufnahme vom 04.11.2016

Quelle: https://business.facebook.com/eventexperience/videos/1296242463760435/

3.2.4 Kritische Betrachtung des Eventkonzepts Das Ziel, dass das Event eine crossmediale Kommunikation bewirken sollte, ist nicht optimal erreicht worden. Im Hinblick auf die Empfehlungen des Eventansatzes nach Dams und Luppold (2016) fehlte es bei diesem Event beispielsweise an einer klaren Berichterstattung in den sozialen Medien vor, während und nach dem Event. Das Platzieren eines Nachberichtsfilms und einer 360-Grad-Aufnahme bei Facebook ist nicht ausreichend, um das Event und seine Botschaft wiederholt im Rahmen einer

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kleinen Live-Kampagne in Erinnerung zu rufen. Um die Reichweite des Events weiter zu steigern, hätten z. B. umfangreiche Bild- und Videoaufnahmen während und nach dem Event in den sozialen Medien platziert werden müssen. Das Event hätte somit als idealer Content-Geber für soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram dienen können. Nebenbei hätte das Autohaus auch seine Präsenz in den sozialen Medien durch das Event weiter ausbauen können. Hierzu hätte man Gäste vor Ort aktiv auf die Social-Media-Auftritte hinweisen und zum Folgen der Seiten motivieren können. Der Auftraggeber hat jedoch – aus prinzipiell nachvollziehbaren Gründen – Foto- und Videoaufnahmen der Gäste nicht zugelassen, da es sich um eine ausgewählte Zielgruppe handelte. Trotz dieser starken Teilnehmerselektion hätte man dennoch versuchen sollen, die crossmedialen Potenziale eines solchen Events zu nutzen. Dazu hätte man z. B. Kundenmeinungen und emotional aufgeladenes Bildmaterial in die sozialen Medien zurückspielen können. Auf eine ausführliche Berichterstattung in den sozialen Medien wurde vor allem deshalb verzichtet, weil dies kontraproduktiv für Kunden gewesen wäre, die an dem Event nicht teilnehmen konnten. Eine Gewinnspielaktion im Vorfeld, bei der sich alle Kunden des Autohauses um freie Plätze hätten bewerben können, hätte dies verhindert und den exklusiven Charakter des Events etwas abgeschwächt. Auf den Einladungen hätte man darauf hinweisen können, dass vor Ort Bild- und Videomaterial von kleinen Personengruppen erstellt würde. Ein wesentlicher Grund für die Nicht-Ausschöpfung der genannten Potenziale liegt sicherlich im eingeschränkten Budget für das Event. Möglicherweise ist dem Auftraggeber aber auch das grundsätzliche Potenzial der Präsenz in den sozialen Medien nicht bewusst gewesen. Somit muss sich auch die Eventagentur als Auftragnehmer kritisch damit auseinandersetzen, ob der Kunde hinsichtlich der Wirkungen von Events in den sozialen Medien optimal beraten wurde.

4 Diskussion 4.1 Kritische Reflexion der Fallbeispiele in Bezug auf die theoretischen Grundlagen Eine detaillierte Reflexion der einzelnen Fallbeispiele wurde bereits vorgenommen. Daher erfolgen nun Optimierungsvorschläge im Sinne eines optimalen crossmedialen Events auf Grundlage des bereits dargestellten theoretischen Prozesses der Marketingkommunikation (vgl. Abb. 1).

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In beiden Fallbeispielen wurde aufgrund des eingeschränkten Budgets auf bestimmte Maßnahmen, die einer crossmedialen Vermarktung gedient hätten, verzichtet. Bei der Schlager Nacht würden ein Film-Teaser für Social Media sowie ein After-Movie das Marketing im Bewegtbildbereich optimieren. Während des Events kann eine LiveBerichterstattung oder Social-Media-Wall das Event aufwerten und eine ergänzende Verlagerung in den digitalen Raum darstellen. Teilnehmer vor Ort können somit über Gewinnspiele oder Musikabstimmungen aktiv eingebunden werden. Auch Mediennutzer, die nicht vor Ort sein können, könnten einbezogen werden oder das Event zumindest passiv verfolgen. So wäre eine stärkere Interaktion zwischen Besuchern, Veranstaltern, Künstlern und Nicht-Teilnehmern möglich. Auch bei der Produktpräsentation des Porsche Panamera gibt es Optimierungspotenzial. Hier ist zusammenfassend zu sagen, dass Agenturen ihre Auftraggeber nachdrücklicher von der Notwendigkeit crossmedialer Vermarktung im Vorfeld und Nachgang des Events überzeugen müssen. Denn bei dem vorgestellten Fallbeispiel hat der Auftraggeber das Potenzial des Video- und Bildmaterials für einen zielgerichteten Einsatz in den sozialen Medien nicht ausgeschöpft. Die Fallbeispiele zeigen insgesamt, dass der Erfolg von öffentlichen Events durch den Einbezug einer crossmedialen Kommunikationsstrategie gesteigert werden kann. Für Eventagenturen ist die Verzahnung von Events und sozialen Medien – und somit die aktive Einbindung des Kunden in die digitale Kommunikation – ein bedeutender Erfolgsfaktor des Events an sich. Voraussetzung hierfür ist sicherlich ein entsprechendes Budget, die digitale Kompetenz der beteiligten Eventagentur und die Fähigkeit, den Kunden aktiv in die Kommunikation und Content-Generierung rund um das Event einzubinden. Die Annahme, dass der intensive Einsatz von Crossmedialität einen Erfolgsfaktor darstellt, kann durch die Erkenntnisse aus den Fallbeispielen bestätigt werden. Fünf Erfolg versprechende Faktoren lassen sich identifizieren: Interaktion fördern, individuelle und auch kollektive Emotionen erwecken, Mehrwerte generieren, mehrere OnlineKanäle abgestimmt nutzen (vgl. Abb. 5). Eine Mischform aus Live-Events und virtueller Kommunikation wird durch die Nutzung von Crossmedialität und eine Ausrichtung auf die Mitbestimmung und das Mitmachen des Kunden als virtuelle Interaktion unterstützt. Dies ist nur durch die Einbindung unterschiedlicher Kanäle möglich, insbesondere durch Social-Media-

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Marketing, da ein Rückkanal möglich ist. Nach Zanger (2015) ist die permanente Einbindung der Nutzer/Kunden relevant, also die Interaktion vor, während und nach dem Event. Hierbei muss ein Mehrwert generiert werden (in der Pre-Phase z. B. eine App zur Veranstaltung mit inhaltlichem Mehrwert), der jedoch nicht durch klassische Werbebotschaften entsteht. Aber die Interaktion ist nicht nur Selbstzweck, sondern in Bezug auf die aus dem Engagement entstehende Emotionalität zu verstehen (vgl. Zanger 2015). Nicht nur die individuelle Emotion ist relevant, sondern auch die kollektive Emotion, die das Event bei der Gesamtheit seiner Zielgruppe erzeugt (vgl. Zanger 2015, S. 49ff.). Durch das crossmediale Zusammenspiel von Interaktion und Emotion, das einen Mehrwert generiert, entstehen nicht nur Teilhaber, sondern Teilnehmer, wie auch Knoll (2016, S. 1ff.) empfiehlt. Die fünf genannten Aspekte sind für ein erfolgreiches Eventmarketing-Konzept derart relevant, dass sie als Ergänzung des in Abbildung 1 vorgestellten Prozesses von Marketingkommunikation in Bezug auf Events zu visualisieren sind (Abb. 5).

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Abb. 5: Faktoren crossmedialer Events in Bezug auf den Prozess und die Ziele von Marketingkommunikation

Quelle: eigene Erstellung, in Anlehnung an Pfannenberg (2007), Meffert et al. (2015)

Demnach entsteht ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Aspekte, die letztendlich durch den Einsatz eines crossmedial gestalteten Eventmarketings zur Steigerung der Nachfrage eines Produktes oder einer Dienstleistung führen. 4.2 Praktische Handlungsimplikationen Bei beiden Fallbeispielen fehlten wichtige in Abbildung 5 aufgeführte Aspekte. Die jeweiligen kritischen Betrachtungen der Events verdeutlichen dies. Insbesondere die konsequente Integration der Kommunikation vor, während und nach dem Event wurde nicht erfüllt, obwohl die theoretischen Erkenntnisse dies nahelegen. Eine aktive Einbindung des Kunden – also die Förderung der Interaktion – wurde nur teilweise erreicht. Dadurch werden auch nur geringe kollektive Emotionen zu dem realen Event in den sozialen Medien geweckt.

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Dams und Luppold (2016) stellen mögliche Instrumente vor, um diesen Problemen zu begegnen. In der Pre-Phase des Events ist die Einbindung bestehender Plattformen, aber auch die Entwicklung individueller Plattformen denkbar. Weiterhin ist die Entwicklung einer App sinnvoll. Während des Events kann dann auf diesen Plattformen die Idee der Event-Walls umgesetzt werden: Digitale Wände können von den Teilnehmern vor Ort durch Touchscreens und Kameras bedient werden und so Content geschaffen werden. Dieser kann dann ebenso für soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter freigegeben werden. Ebenso seien aber auch Smartphone-Anwendungen mit eingebundener Augmented Reality denkbar: Ein Teilnehmer vor Ort kann ein Produkt oder eine Aktivität über die App verlinken, dessen Standort dann andere über eine Augmented-Reality-Funktion in der App finden können. Nach dem Event schlagen die Autoren Flashmobs, Dokumentation durch Film und Video sowie Diskussionsforen vor. Trotz ihrer Limitationen zeigen die beiden Fallbeispiele sehr deutlich das Potenzial von Social-Media-Marketing mit Events zur Erreichung der Kommunikationsziele von Marken auf. Eventveranstalter – aber auch Eventsponsoren – sollten folglich ein strukturiertes Konzept zur crossmedialen Kommunikation vor, während und nach dem Event entwickeln bzw. einfordern. Denn Social-Media-Marketing ist ein eigenes herausforderndes Themenfeld, das nicht nebenbei geplant und durchgeführt werden kann. Allerdings gilt es zu bedenken, dass jedes Event andere Rahmenkontexte hat und somit anders gestaltet werden kann und muss. Die identifizierten Erfolgsfaktoren (siehe Abb. 5) können als Rahmenfaktoren dienen, die je nach Event individuell ausgestaltet werden müssen. 4.3 Forschungsimplikationen Um hier weitere konkrete Aufschlüsse zu erhalten, wäre weitere Forschung mithilfe eines Mixed-Methods-Ansatzes denkbar, d. h. einer Kombination aus qualitativer Einzelfallanalyse und quantitativen Verfahren (vgl. Hussy/Schreier/Echterhoff 2013, S. 285), wie eine Umfrage unter Eventbesuchern zur Wirkung der eingesetzten Maßnahmen eines crossmedialen Events mit den entsprechenden hier vorgeschlagenen Erfolgsfaktoren (vgl. Abb. 5). Außerdem ist eine Analyse weiterer Fallbeispiele mit unterschiedlichen Zielgruppen und Formaten zur abschließenden Betrachtung der genannten Erfolgsfaktoren sinnvoll.

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5 Fazit Anhand der theoretischen Überlegungen und der Analyse der ausgeführten Fallbeispiele lassen sich Erfolgsfaktoren für die Planung der Eventkommunikation identifizieren, die ebenso auf andere Marketingevents angewendet werden können und sollten. Hierzu ist ein Zusammenspiel der in Abbildung 5 erwähnten Aspekte notwendig. Die konsequente Personal- und Zeitplanung ist entscheidend, um die Phasen der Planung, Umsetzung und Nachbereitung von crossmedialen Eventmarketing-Maßnahmen erfolgreich durchlaufen zu können, denn gute Inhalte und kreative Konzepte benötigen Zeit und können nicht immer strikt nach Plan entstehen. Es ist demnach aus der Content-Perspektive zwingend erforderlich, dass ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen für die Kampagnenplanung einkalkuliert werden. Um nicht nur Content anzubieten und das AIDA-Modell zu bedienen, ist eine konsequente und vor allem kreative Einbindung des Nutzers/Kunden essenziell. Hierzu kann die Identifizierung und Einbindung von Micro-Influencern (Künstler, Sponsoren, Medienpartner, VIPs) in die crossmediale Vermarktung sinnvoll und bezahlbar sein. Hierbei können vor allem Bewegtbild-Formate unterstützen: Videos, nicht im Sinne simpler After-Movies, sondern im Sinne kleiner Erzähleinheiten, die fokussiert, zeitlich passend eingesetzt werden können. Eine ganz klare Abgrenzung der crossmedialen Inhalte von den klassischen Marketingkommunikations-Inhalten ist hierbei zu beachten: So können nur exklusive, emotionale oder besonders informative Mehrwerte als zielführend bezeichnet werden.

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Saskia Frank Konzept, Kuration und Inszenierung – Wissenschaftsevents und ihre Rolle in der universitären Markenkommunikation 1

Wissenschaft als Erlebnis

2

Wissenschaft für alle?

3

Wissenschaftsnächte und Markenbildung

4

Beteiligung als Arbeitsprinzip

5

Wissenschaftevent mit Musikfestival

6

Kuratieren von Wissenschaftsevents: Zentrales Leitthema

7

Inszenieren von Wissenschaftsevents: Atmosphäre durch Lichtkonzept

8

Effekte und Folgen von Kuration und Inszenierung

Literaturverzeichnis

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Konzept, Kuration und Inszenierung

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1 Wissenschaft als Erlebnis Spätestens seit der Veröffentlichung des soziologischen Buches „Erlebnisgesellschaft“ von Gerhard Schulze 1992 ist ein Terminus in der Öffentlichkeit angekommen, der umschreibt, dass es ein industriell-konsumorientiertes Glücksversprechen gibt (vgl. Schulze 1996). Sei es im Sport oder beim Einkaufen, das innere Erleben ist eine feste Kategorie, man könnte sogar von einer Erlebniskultur sprechen. Unterschiedliche Gruppierungen haben, so Schulze, unterschiedliche Erlebnismuster. Die von ihm erstellte fünfstufige Hierarchisierung vom Akademiker- bis zum Arbeitermilieu ist heute nicht mehr aktuell, da zwischenzeitlich eine starke Ausdifferenzierung von Gruppen und Gruppierungen stattgefunden hat. Selbstverwirklichung und Glück sind zu wichtigen Metaphern des öffentlichen Diskurses seit Anfang der 1990er Jahre geworden, die sich mit der Implementierung sozialer Medien und der damit verbundenen Möglichkeit der Kuration des eigenen Lebens mittels Pinterest oder Instagram konsequent weiter entwickelt haben. Durch die Chance der digitalen Teilhabe können nicht nur Mode, Food oder etwa Veranstaltungen „geliked“ werden, sondern auch Bildungsinstitutionen wie Universitäten. Studierende haben seit längerer Zeit bereits neben Rankings die Möglichkeit, in den sozialen Medien mittels der Anzahl der Freunde einer Universität den möglichen Sympathiewert der zukünftigen Alma Mater abzuleiten. Studierende, Mitarbeitende oder Alumni teilen wiederum ihre Erlebnisse auf Instagram und Facebook mit einer größeren Öffentlichkeit und sind somit wichtige Multiplikatoren für die Universitäten. Studium und Wissenschaft erhalten gesteigerten Erlebnischarakter und sind damit Teil der weiterhin anhaltenden Individualisierungs- und Selbstverwirklichungstendenz. Ein weiterer Ausläufer dieser Tenzdenz ist die Etablierung von Wissenschaftsevents an den deutschen Hochschulen. Wissenschaft bleibt nicht mehr im „Elfenbeinturm“, sondern öffnet sich und nimmt dafür populäre Formate und Medien als Unterstützung. Forschung und Lehre wird zum individuellen Erlebnis.

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Abb. 1: Wissenschaft zum Anfassen, TU-Night 2017

Quelle: TU Braunschweig/Ngu

2 Wissenschaft für alle? Nur wenige Jahre nach der Veröffentlichung der Thesen von Gerhard Schulze zur „Erlebnisgesellschaft“ ist das Memorandum „Dialog Wissenschaft und Gesellschaft“ entstanden. Unterzeichnet wurde das Papier von großen deutschen Stiftungs- und Forschungsinstitutionen.1 Während Gerhard Schulze 1992 in seiner soziologischen Perspektivierung eine konsumorientierte nach Glück und Selbstverwirklichung strebende Gesellschaft zeichnet, verpflichten sich die Forschungseinrichtungen in dem Memorandum den Dialog zwischen Wissenschaft, Forschung, Technologie und Öffentlichkeit zu stärken. Das Memorandum zielt auf eine größtmögliche Akzeptanz und eine Verknüpfung von Wissenschaft und Gesellschaft. Nur ein Jahr nach der Veröffentlichung des Memorandums findet im Jahr 2000 erstmals der „Wissenschaftssommer“ im Bonn statt, organisiert von „Wissenschaft im Dialog gGmbH“, eine Einrichtung, die zeitgleich mit der Veröffentlichung des Memorandums 1999 gegründet wurde. Die Einführung des Wissen1

https://www.wissenschaft-imdialog.de/fileadmin/user_upload/Ueber_uns/WiD_dokumente/Push_Memorandum_1999.pdf, abgerufen am 04.01.2018.

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schaftssommers gründet sich wiederum auf dem Erfolg des Wissenschaftsfestivals in Edinburgh 1989. Als erstes nationales Wissenschaftsfestival war der Wissenschaftssommer in Bonn Vorbild für die Etablierung von Wissenschaftsvents in Deutschland generell (vgl. Münder 2012).2 Im Anschluss an das Format „Lange Nacht der Museen“3 1997 in Berlin wurde das Konzept 2001 erfolgreich mit über 60.000 Besuchern auf die Wissenschaft übertragen. Inzwischen nehmen an der Berliner Langen Nacht 70 wissenschaftliche Einrichtungen teil.4 Lange Nächte der Wissenschaft gibt es genauso wie die der Museen in zahlreichen Städten in Deutschland, teilweise finden diese Langen Nächte jährlich, manchmal auch in größeren zeitlichen Abständen statt. Ziel dieser Großevents ist die niedrigschwellige Vermittlung von Wissenschaft und die Popularisierung von Forschungsergebnissen. Formate wie diese entsprechen den Prinzipien und Kategorien des Memorandums, des Public Understanding of Science, kurz PUSH, eine aus England stammende Idee. Akzeptanz von Wissenschaft und Forschung sollte durch niedrigschwellige Erfahrungsmöglichkeiten und die Entwicklung von Selbstkonzepten ermöglicht werden. Dieser Ansatz läßt sich auch auf die Thesen von Gerhard Schulze beziehen.

3 Wissenschaftsnächte und Markenbildung Die Langen Nächte der Wissenschaft sind Verbund-Events mit stadtbezogenem Charakter. Die Wissenschaftseinrichtungen werden als Teil der jeweiligen Stadt wahrgenommen. Extra eingerichtete Buslinien bringen die Besucher5 von einem Standort zum nächsten, so dass viele Stadtteile einbezogen werden. Damit werden die Langen Nächte der Wissenschaft zu einem sichtbaren städtischem Ereignis. Dieser städtische Ereignischarakter hat Konsequenzen auf die Markenbildung: weniger die einzelnen Institutionen sind als Marke sichtbar, sie treten zugunsten des Verbundprojekts und des 2

Zu Gründung des Wissenschaftssommers in Bonn und das Vorbildfestival in Edinburg vgl. Herbert Münder (2012).

3

https://www.lange-nacht-der-museen.de/de/ueber-die-lange-nacht/

4

https://www.langenachtderwissenschaften.de

5

Im Hinblick auf eine besser Übersichtlichkeit und Lesbarkeit wird im vorliegenden Beitrag auf eine explizite Unterscheidung geschlechtsspezifischer Personenbezeichnungen verzichtet. Die gewählte männliche Form schließt dabei eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein.

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intrinsischen Motivs der Vermittlung von Wissenschaft, Forschung und Technologie zurück. Das Format „Lange Nacht der Wissenschaft“ ist daher als Marke zu betrachten6, denn die 70 beteiligten Einrichtungen können sich mit ihren unterschiedlichen Leitbildern und Markenkonzepten nicht umfassend präsentieren. Dennoch stärken sie mit ihrer Teilnahme den Wissenschaftsstandort. Genauso verhält es sich mit den anderen Langen Nächten der Wissenschaft in Deutschland. Zentrale Motivation der Besucher ist die Möglichkeit, hinter die Kulissen der einzelnen Einrichtungen zu schauen. Mit der Programmgestaltung im Detail haben die beteiligten Forschungseinrichtungen zwar die Möglichkeit ihre Institution als Marke zu stärken, allerdings steht das Gemeinschaftsprojekt aller Einrichtungen im Vordergrund. Bei der Vielzahl beteiligter Einrichtungen ist eine individuelle Markenführung nur im Detail möglich. Organisiert werden stadtweite Lange Nächte der Wissenschaft meist von einer Agentur oder einer übergreifend arbeitenden Einrichtung. Wissenschaftsnächte einer einzelnen Einrichtung, einer einzelnen Universität oder Hochschule werden nur vereinzelt veranstaltet, in wenigen Fällen sogar jährlich. Tage der offenen Türen, die ähnlich ressourcenintensiv und vergleichbar mit Wissenschaftsnächten sind, gibt es vergleichsweise öfter. Resultierend aus der aus dem angelsächsischen Raum stammenden Public Understanding Of Science-Bewegung (PUSH) veranstaltete 2004 die Technische Universität Braunschweig erstmals einen als Campusfest konzipierten Tag der offenen Tür, den „TU-Day“. „Ein Tag Uni für alle“ lautete die grundsätzliche Idee. Gleich der erste TUDay war ein sehr großer Erfolg mit geschätzten 20.000 Besuchern. Der TU-Day war zunächst als einmalige Veranstaltung angelegt, wurde aber aufgrund des Erfolges wiederholt veranstaltet. Bei der Bewerbung um die Auszeichnung Braunschweigs als „Stadt der Wissenschaft“7 mit ihrer gewachsenen Forschungslandschaft und einer hohen Innovationsrate8 spielte die Größe und Qualität des TU-Day als Format der Wis-

6

Die Ausführungen beziehen sich auf eine Gespräch mit Susann Morgner, con gressa GmbH Berlin, die als Agentur federführend die Lange Nacht der Wissenschaft Berlin und Potsdam konzipiert und organisiert. Vgl. auch die Bestandsaufnahme des Formats: Lange Nacht der Wissenschaften ( 2012).

7

https://www.braunschweig.de/wirtschaft_wissenschaft/wissenschaftsportal/sdw2007.html

8

https://www.braunschweig.de/wirtschaft_wissenschaft/wissenschaftsportal/forschungsstandort. html

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senschaftsvermittlung zwischen einer Universität und der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle für die Bewerbung. Abb. 2: Universitätsplatz, Blick auf das Altgebäude mit Projektion am First, TU-Night 2017

Quelle: TU Braunschweig/Olschewski

4 Beteiligung als Arbeitsprinzip In den Folgejahren lag die Herausforderung in der Verstetigung dieses jährlich geplanten ressourcenintensiven Großevents, bei dem über 1.500 universitäre Mitarbeiter aus Wissenschaft und Verwaltung beteiligt sind. Das Programm blieb von Jahr zu Jahr nahezu gleich und die interne Motivation und Bereitschaft baute zunehmend ab.9 Auch die Besucherzahlen gingen in den Folgejahren vermehrt zurück, was auf eine Konzeptschwäche und Unklarheit der Zielgruppen schließen ließ.

9

Zur Frage der Verstetigung vgl. den Vortrag Saskia Frank: Wissenschaft für alle? Oder: Wie hält man eine „alte“ Veranstaltung jung?, gehalten auf dem 6. Forum Wissenschaftskommunikation, Karlsruhe 2013.Vgl. den Tagungsbericht von Blank (2013).Der Titel des Vortrags lehnt sich an Hilmar Hoffmanns Thesem zu „Kultur für alle“ aus den 1970er Jahren an. Vgl. Hilmar Hoffmann (1979). Vgl. die Dokumentation des 6. Forums Wissenschaftskommunikation „Fokus Zielgruppe. Wen erreicht Wissenschaftskommunikation?“, Karlsruhe 2013. https://www.wissenschaft-imdialog.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Forum_Wissenschaftskommunikation/Dokumente/17_ FWK9_Doku_Webversion.pdf, 04.01.2018.

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Nach dem zeitgleichen sehr großen Erfolg der deutschlandweiten Institutionen übergreifenden Langen Nächten der Wissenschaft erschien eine deutliche Formatänderung des TU-Day angebracht. Da die Mitarbeiter aus der Wissenschaft und Verwaltung entscheidenden Anteil am Gelingen des „Tags der offenen Tür“ bzw. einem neuen Großformat haben, sind hochschulöffentliche Beteiligungsworkshops eingeführt worden. In den Workshops haben sich die Mitarbeiter nach einem längeren Prozess entschieden, das Format der Wissenschaftsnacht anstelle des Tages der offenen Tür einzuführen. In internen Umfragen wurden die Mitarbeiter nach Ziel und Zielgruppen befragt. Nachdem die erste Wissenschaftsnacht 2012 ein sehr großer unerwarteter Erfolg war mit erneut geschätzten 20.000 Besuchern (vergleichbar wie beim Tag der offenen Tür), entschieden sich die Mitarbeiter 2014 für eine Verstetigung der Wissenschaftsnacht. Der interne Akzeptanzprozess des Formatwechsels vollzog sich über mehrere Jahre. Nachtatmosphäre und Wissenschaft schienen zunächst zwei divergierende Bereiche zu sein. Inzwischen ist die TU-Night ein Format mit Zukunftsperspektive. Abb. 3: Kommunikationsprozess im Rahmen des Beteiligungsmanagements

Quelle: TU Braunschweig/Senft

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Vor allem fünf Gründe waren intern bei dieser Bottom-up-Entscheidung zum Formatwechsel vorrangig: „Wir-Gefühl zeigen und stärken“, „Blick über den eigenen Tellerrand“, „Aufklärung zu und Beteiligung an kritischen Themen“, „Anlass eigener Reflektion“, „Dialog mit Öffentlichkeit“ und „Offener Umgang mit der Wissenschaft“.10 Obwohl davon auszugehen ist, dass die von den Mitarbeitern selbst genannten Punkte auch auf einen „Tag der offen Tür“, also den TU-Day, zutreffen, gibt es auf den zweiten Blick Unterschiede, insbesondere das genannte „Wir-Gefühl“. Die Tatsache, dass sich die TU Braunschweig an einem Abend als Gesamtes der Öffentlichkeit präsentiert, scheint ein wesentlicher Unterschied zu sein. Offensichtlich trägt das Gesamtkonzept der TU-Night dazu bei, intern identitätsstiftender zu wirken als das Tagesformat. Die Gründe hierfür werden in Kürze in einer Umfrage einer Fokusgruppe genauer untersucht. Anzunehmen ist jedoch, dass die Möglichkeit interner Mitarbeiterbeteiligung für eine stärkere eigene Identität sorgt. Die Tatsache, dass solch ein Event nicht präsidial verordnet, sondern dass die Durchführung jährlich neu verhandelbar ist, ermöglicht den Mitarbeitern einen eigenen größeren Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung. Auch die Frage ob die TU Braunschweig überhaupt die Ressourcen für dieses Event bereitstellen sollte, welches bei den Wissenschaftlern deutlich Kräfte bindet, wird im Dreijahrestakt neu evaluiert. Selbstverständlich ist nicht allen 1.500 an der TU-Night mitwirkenden Mitarbeitern deutlich, dass die TU-Night auf der Basis eines hochschulöffentlichen Beteiligungsmanagements stattfindet. Dennoch wirken die direkt an dem Prozess Beteiligten wie emotionale Multiplikatoren, die die anderen Kollegen „anstecken“, ein Begriff der sowohl auf Teams als auch auf die Besucher anwendbar ist (vgl. Paulsen/Kauffeld, 2016). Die Mitarbeiter wirken also selbst stark identitätsstiftend und sind damit auch wesentlicher Teil der Markenidentität des Events. Die eigene interne Position und Haltung gegenüber der Veranstaltung reflektiert auch auf die Öffentlichkeit. Anders als bei einer „klassischen“ Langen Nacht der Wissenschaft, bei der mehrere Einrichtungen innerhalb einer Stadt am gleichen Abend ihre Türen öffnen, präsentiert sich die TU Braunschweig als Einzeleinrichtung. Deshalb ist einerseits eine stärkere Identifikation der Mitarbeiter mit der Wissenschaftsnacht möglich, denn damit steht die Forschung und Lehre der gesamten Universität ausschließlich im Zentrum. Ande10 Die Liste wurde in einem Beteiligungsworkshop 2016 von den Mitarbeitern erarbeitet.

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rerseits ist diese Identifikation auch nötig, damit die Marke TU Braunschweig in der Marke TU-Night aufgehen kann – und andersherum. Mitarbeiter sind die wichtigsten Markenbotschafter, sie treten an diesem einem Abend im Jahr in den direkten Dialog mit der Öffentlichkeit. Folgerichtig ist das Beteiligungsmanagement im Kontext der TU-Night grundlegend für den Auf- und Ausbau der Marke TU-Night. Eine Institutionen übergreifende Veranstaltung wie etwa die Lange Nacht der Wissenschaft in Berlin verfolgt weitgreifendere Standortziele. Abb. 4: Universitätsplatz, Blick auf die Bühne, TU-Night 2015

Quelle: TU Braunschweig/Teich

5 Wissenschaftsevent mit Musikfestival Ein weiterer wesentlicher Baustein der Markenidentität der TU-Night ist das spezielle Veranstaltungsformat. Zwar können die Mitarbeiter einige wichtige Entscheidungen hinsichtlich des Zeitrahmens oder einzelner Formataspekte treffen, aber die Entwicklung des Elementarformats liegt in den Händen der Stabsstelle Presse und Kommunikation, also dem projektleitenden Team. Der Charakter des Formats wird bestimmt durch zwei Bereiche: Die TU-Night ist ein Wissenschaftsevent mit einem Musikfestival. Über 200 Programmpunkte zeigen Wissenschaft zum Anfassen, Mitmachen, Zuhören und regen zu Diskussionen an. Auf zwei Bühnen treten regionale und auch über-

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regional bekannte aktuelle Bands auf, ein DJ-Event mit Professorinnen und Professoren runden das Festival ab. Durch das Musikprogramm erhält die Veranstaltung einen Festivalcharakter. Dieses Konzept ist ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen in Deutschland und Europa. 75 % der Besucher sind unter 30 Jahre, die weiteren Prozente verteilen sich auf Familien sowie Wissenschaftsinteressierte über 45 Jahre. Der Hauptteil des Publikums sind Studierende. Die Studierenden sind Multiplikatoren und wirken genauso wie die Mitarbeiter als Markenbotschafter sowohl regional als überregional. Durch die Inhalte und das zentrale Motto der TU-Night erhalten die Studierenden die Möglichkeit, die Breite von Forschung und Lehre über das eigene Studium hinaus kennen zu lernen.

6 Kuratieren von Wissenschaftsevents: Zentrales Leitthema Neben der Identifikation der Mitarbeiter sowie der Studierenden, die maßgeblich zur Markenkommunikation beitragen, gibt es ein Formatspezifikum, dass in mehrfacher Hinsicht die Markenidentität grundiert. Nachdem in den ersten Jahren der TU-Night lediglich ein unspezifisches Oberthema gewählt wurde, erarbeiten die Mitarbeiter in den Beteiligungsworkshops nun das zentrale Leitthema für das Event. 2016 lautete das Thema „Zukunft Mensch – wie leben wir morgen?“ und 2017 „Wissenschaft weltoffen“. Beide Themen sind nicht plakativ gemeint, sondern verfolgen klare Ziele: Mit dem zentralen Motto möchte die TU Braunschweig die Öffentlichkeit diskursiv und emotional ansprechen.

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Abb. 5: Entwicklung der Nutzung von Mottos. Seit 2016 Mottofindung in Beteiligungsworkshops

Quelle: TU Braunschweig/Senft

Neben diesem Aspekt tritt ein weiterer hervor: mit dem zentralen Motto wird auch politisch und durchaus kritisch Haltung bezogen. Das Thema „Wissenschaft weltoffen“ wurde im Frühherbst 2015 ausgewählt als die Flüchtlingsthematik in Deutschland große Aufmerksamekeit erfuhr. Nun könnte davon ausgegangen werden, dass die TUNight als Wissenschaftsevent mit Musikfestival aufgrund des deutschlandweiten Alleinstellungsmerkmals auch ohne zentrales Motto ausreichend Kommunikationsmöglichkeit über und mit Themen möglich macht. Der Musikfestivalanteil ließ jedoch in den ersten Jahren den Wissenschaftsanteil bei der jüngeren Zielgruppe zurücktreten. Damit erhielt das Event einen nicht erwünschten Charakter als Partyevent - sollte es doch vor allem auf die Marke TU Braunschweig als forschungsstarke Institution hinweisen. Mit der Einführung eines wissenschaftlichen Leitthemas seit 2016 wurde der wissenschaftliche Anteil der Veranstaltung gestärkt und ausgebaut, so dass der Dialog mit der wissenschaftsinteressierten Öffentlichkeit intensiviert werden konnte.

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Abb. 6: Raster für die Findung eines zentralen wissenschaftlichen Mottos

Quelle: TU Braunschweig/Senft

Die in den Beteiligungsworkshops erarbeiteten Mottos folgen einem Qualitätsraster: das Motto soll „Interesse wecken“, „Unterthemen ermöglichen“, „Kompetenz spiegeln“, „Dialoge fördern“, „Botschaften vermitteln“, „Emotionen hervorrufen“ und „Position beziehen“.11 Mit dem zentralen Leitthema „Wissenschaft weltoffen“ wollten die Mitarbeiter zum einen das übergreifende Denken und Arbeiten von Forschung und Wissenschaft darstellen. Zum anderen nimmt das Motto auch Gedanken aus der aktuellen Internationalisierungsstrategie auf. Nicht zuletzt positioniert sich die TU Braunschweig damit gesellschaftlich. Das Mottoprogramm ist jedoch nicht als Gegenpol zum Musikprogramm zu betrachten, sondern als synergetischer Teil eines Ganzen. Da das sich an aktuelle Musiktrends orientierende Bühnenprogramm dynamischer Teil des Eventkonzepts ist, kann das Wissenschaftsprogramm dadurch ohne starke Popularisierung auskommen. Wissenschaft ist komplex und nicht immer sofort zugänglich und einsichtig. Eine jährliche Wissenschaftsveranstaltung für die Besucher aktuell und interessant zu gestalten, ist kaum möglich ohne zu stark eventisierend zu wirken, wohingegen mit dem Musikanteil das Programm stark populär gestaltet werden kann. Beide Teile verknüpfen sich miteinander und wirken konstruktiv aufeinander. 11 Diese Katgeorien wurden in einem Beteiliigungsworkshop 2016 von den Mitarbeitern erarbeitet.

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Abb. 7: Visuelle Leitidee für das Motto „Wissenschaft weltoffen“

Quelle: TU Braunschweig/Burghardt und Tank

7 Inszenieren von Wissenschaftsevents: Atmosphäre durch Lichtkonzept Das Motto wird visualisiert, im Fall von „Wissenschaft weltoffen“ in Form einer Weltkugel. Von der Weltkugel ausgehend wird das Kommunikationskonzept geplant. Die visualisierte Leitidee und die Botschaften durchziehen die strategische Kommunikationsplanung bis hin zum Social Media Konzept. Auf der Veranstaltung selbst wird die visuelle Leitidee Teil der Eventinszenierung. Die Projektion auf das Altgebäude ist Teil eines Lichtkonzepts, mit dem die Gebäude und das Gelände illuminiert werden. Neben dem Musikprogramm sorgen diese Inszenierungen für positive Stimmungen und Atmosphäre. In den Besucherumfragen ist das Atmosphärische einer der am häufigsten genannten positiven Aspekte. Die das Atmosphärische begleitende Stimmung stärkt zudem das bereits beschriebene interne „WirGefühl“. Durch den Einsatz bewusst geplanter Lichtelemente und die Steuerung der Atmosphäre wird das „Wir-Gefühl“ nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch bei den Studierenden und dem restlichen Publikum gestärkt.

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Eine weitere Stärke des zentralen Mottos liegt in der Neu-Kontextualisierung von Forschung und Lehre. Die Wissenschaftler reflektieren ihre Themen und Ansätze für die TU-Night. Da die Mottos zum Teil auch introspektiven Charakter haben, befassen sich die Programmpunkte auch mit Universität und Wissenschaft als Teil der Gesellschaft. Abb. 8: Atmosphäre durch geplante Lichtinszenierung, TU-Night 2013

Quelle: TU Braunschweig/Rottig

8 Effekte und Folgen von Kuration und Inszenierung Die Effekte und Folgen von Kuration und Inszenierung sind jedoch auch kritisch zu hinterfragen. Die Ausgangsfrage, im Sinne des „Public Understanding of Science“ eine öffentliche Akzeptanz von Wissenschaft und Forschung zu erreichen, ist sicherlich mit dem Konzept der TU-Night positiv zu beantworten. Das Event unterstützt die Marke TU Braunschweig und bildet eine eigene Untermarke. Auch im Gegenspiel funktioniert die Markensynergie. Um den Dialog in einer ausdifferenzierten Gesellschaft intensiv zu gestalten bedarf es Wissenschaftsevents genauso wie kleinere Dialogveranstaltungen, die flexibel auf aktuelle gesellschaftliche Themen reagieren können. Die aktive Beteiligung der Universitäten am öffentlichen Diskurs ist dabei grundlegend. Jährlich wiederkehrende Großveranstaltungen sind dabei ein wichtiger Baustein, da sie die Möglichkeit bieten, auch kleinere Publikumsformate innerhalb des Events zu testen. Die Einführung des wissenschaftlichen Mottos ist dabei wesentlich, um inhaltliche Akzente zu setzen. Die Lichtinszenierungen sind dabei kein Selbstzweck, sondern unterstützen die Inhalte. Mit der jährlichen Mottofindung in den Beteiligungsworkshops werden die Ziele des Dialogs von Wissenschaften und Öffentlich-

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Saskia Frank

keit jeweils neu definiert und reflektiert. Die Frage, wie weit eine Universität eine Eventisierung von Wissenschaft zulässt ist damit Teil des jährlichen Aushandelns in den internen Beteiligungsworkshops. Die Tatsache, dass in den internen Umfragen das „Wir-Gefühl“ als Motivation für die TU-Night genannt wurde, läßt im Anschluss an die Gedanken von Gerhard Schulzes Buch „Erlebnisgesellschaft“ darauf schließen, dass auch die Möglichkeit der internen Beteiligung und die Wahrnehmung der eigenen Person als Teil eines atmosphärischen Ganzen Ausdruck einer Erlebniskultur ist, wie sie von Schulze beschrieben wurde. Die Teilhabe der Öffentlichkeit an Wissenschaft und Forschung ist eine Kategorie, die zwar von Schulze in seinen Ausführungen noch nicht mitgedacht wurde, aber sicherlich ein Ausdruck von dem Wunsch nach Indiviualisierung und Ausdiffernzierung ist, die rückgebunden wird an den Wunsch nach Gemeinschaft. Der Aspekt der internen Beteiligung wurde in den ersten Konzepten zu wissenschaftlichen Großevents noch nicht mitgedacht, da die übergreifenden Langen Nächte nicht nur auf eine Institution bezogen waren. Als Einzelveranstaltung schafft aber die interne Beteiligung die Möglichkeit, die Marke einer Universität nachhaltig zu stärken. Und auf der Basis einer starken Marke kann wiederum ein starkes Wissenschaftsevent konzipert werden. Abb. 9: Synergetischer Aufbau der Marke TU-Braunschweig und der Marke TU-Night

Quelle: TU Braunschweig/Senft

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Literaturverzeichnis BLANK. S. (2013): Großevents evaluieren, in: Dokumentation des 6. Forums Wissenschaftskommunikation „Fokus Zielgruppe. Wen erreicht Wissenschaftskommunikation?“, Karlsruhe 2013, S. 21 bis 24., online verfügbar unter: https://www.wissenschaft-im-dialog.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Forum_ Wissenschaftskommunikation/ Dokumente/17_FWK9_Doku_Webversion.pdf, zuletzt abgerufen am: 04.01.2018. HOFFMANN, H. (1979): Kultur für alle. Perspektiven und Modelle, Frankfurt/Main 1979. LANGE NACHT DER WISSENSCHAFTEN E.V. (2012) (HRSG.): Frischer Wind für die Klügste Nacht des Jahres. Standortbestimmung und Ermittlung von Entwicklungspotenzialen der Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin und Potsdam, Berlin 2012. MÜNDER, H. (2012): Voneinander lernen: das Netzwerk der europäischen Sciencefestivals (Eusea), in: Dernbach, B.; Kleinert, C.; Münder, H. (Hrsg.): Handbuch Wissenschaftskommunikation, Wiesbaden 2012, S. 93-97. PAULSEN, H. F. K.; KAUFFELD, S. (2016): Ansteckungsprozesse in Gruppen. Die Rolle von geteilten Gefühlen für Gruppenprozesse und -ergebnisse. Gruppe. Interaktion. Organisation, in: Zeitschrift für angewandte Organis ationspsychologie, 47. Jg., 2016, Nr. 4, S. 357-364. SCHULZE, G. (1996): Die Erlebnisgesellschaft: Kultursoziologie der Gegenwart, 6. Aufl., Frankfurt/Main 1996.