Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf: Optionale Rechtsangleichung auf der Grundlage fines funktionalen Rechtsvergleichs 3161471423, 9783161603228, 9783161471421

Die Funktionsfähigkeit des EG-Binnenmarktes wird durch unterschiedlich ausgestaltete Sachmängel-Regelungen in den Kaufre

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Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf: Optionale Rechtsangleichung auf der Grundlage fines funktionalen Rechtsvergleichs
 3161471423, 9783161603228, 9783161471421

Table of contents :
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Problemstellung
a) Das Bedürfnis für eine Harmonisierung der kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistung innerhalb der EU
b) Die Bestimmung des Regelungsinhalts einer kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistung auf der Ebene der EU
2. Die Rechtsvergleichung als methodischer Ansatz
3. Gang der Untersuchung
A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelgewährleistung durch Warenverkäufer in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz
I. Strukturierung und Eingrenzung
1. Die Funktion der Sachmängelgewährleistung
a) Das gemeinsame Interesse der Kaufvertragsparteien an Gewährleistungsregelungen
b) Die Funktionsbereiche der eigentlichen und der ergänzenden Gewährleistung
aa) Ausgleich der unmittelbaren Äquivalenzverschiebung als eigentliche Gewährleistung
bb) Ausgleich der weiteren Vermögensnachteile des Käufers als ergänzende Gewährleistung
(1) Sicherung des Erfüllungsinteresses
(2) Haftung für Integritätsschäden
2. Die Stellung der Sachmängelgewährleistung innerhalb des Schuldrechts und ihr Verhältnis zu konkurrierenden Regelungen
a) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu allgemeinen Regelungen für Vertragsstörungen
aa) Gewährleistung und Nichterfüllung
bb) Gewährleistung und Schlechterfüllung im weiteren Sinn
b) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu Regelungen bezüglich des Vertragsabschlusses
aa) Irrtum des Käufers
bb) Arglistige Täuschung durch den Verkäufer
cc) Fehlerhafte Aufklärung durch den Verkäufer
c) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu Regelungen des allgemeinen Deliktsrechts und der Produkthaftung
d) Ergebnis
II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Gewährleistungsregelungen
1. Umfang und Aufbau des Untersuchungsbereichs
a) Differenzierung nach Rechtsquellen
b) Strukturierung nach Rechtskreisen
c) Aufteilung nach Gewährleistungsfunktionen
2. Die eigentliche Gewährleistung: Ausgleich von Äquivalenzverschiebungen
a) Ursachen der Äquivalenzverschiebung: Mängel der Kaufsache
aa) Abweichungen von der vertragsgemäßen Qualität
(1) Konkrete Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Kaufsache
(a) Subjektiver Fehlerbegriff
(b) Besonderer Verwendungszweck
(c) Abweichung von zugesicherten Eigenschaften
(d) Ergebnis
(2) Auslegungsregeln und ergänzende Bestimmungen bezüglich der Beschaffenheit der Kaufsache
(a) Üblicher Verwendungszweck
(b) Fehlerhaftes Informationsverhalten der Verkäuferseite bezüglich der Kaufsache
(aa) Angaben des Verkäufers zur Kaufsache
(bb) Angaben der Lieferanten des Verkäufers zur Kaufsache
(cc) Die Übergabe eines Musters als Information durch den Verkäufer
(dd) Fehlerhafte Aufklärung durch den Verkäufer
(c) Ergebnis
(3) Geringfügige Abweichungen
(4) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Abweichung
bb) Abweichungen von der vertragsgemäßen Klassifikation („aliud“)
cc) Abweichungen von der vertragsgemäßen Quantität
b) Ausschluß der Äquivalenzverschiebung: Informationen des Käufers über Mängel bei Vertragsabschluß
aa) Kenntnis des Käufers von Mängeln
bb) Erkennbarkeit von Mängeln für den Käufer
(1) Anforderungen an das Verhalten des Käufers hinsichtlich der Aufdeckung von Mängeln
(2) Einschränkungen des Gewährleistungsausschlusses durch das Verhalten des Verkäufers
c) Behebung der Äquivalenzverschiebung: Erfüllung, Aufhebung und Anpassung der Leistungspflichten
aa) Nachgeholte Erfüllung der Leistungspflicht des Verkäufers („Nachbesserung“ und „Ersatzlieferung“)
(1) Nachbesserung
(a) Mangelbeseitigung durch den Verkäufer
(b) Ersatz der Reparaturkosten des Käufers
(c) Ergebnis
(2) Ersatzlieferung
(a) Lieferung einer mangelfreien Kaufsache durch den Verkäufer
(b) Ersatz der dem Käufer entstandenen Kosten eines Deckungskaufes
(c) Ergebnis
bb) Aufhebung der beiderseitigen Leistungspflichten („Wandelung“)
(1) Fortfall der Leistungspflichten
(2) Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen
(a) Rückzahlung des Kaufpreises
(b) Rückgabe der Kaufsache
(3) Ausgleich fehlgeschlagener Aufwendungen des Käufers
(4) Ergebnis
cc) Anpassung der Leistungspflicht des Käufers („Minderung“)
(1) Herabsetzung des Kaufpreises und Rückzahlung des überzahlten Betrages
(2) Umfang der Preisherabsetzung
(3) Ergebnis
dd) Das Verhältnis der Möglichkeiten einer Behebung der Äquivalenzverschiebung zueinander
(1) Die Notwendigkeit einer Auswahl zwischen den Möglichkeiten
(2) Die Bestimmung der Alternativen
(3) Ergebnis
3. Die ergänzende Gewährleistung: Ausgleich der weiteren Vermögensnachteile des Käufers
a) Voraussetzungen der Ausgleichspflichten
aa) Garantie des Verkäufers auf Ausgleichszahlungen
(1) Strikte Kausalhaftung
(2) Kausalhaftung mit Entlastungsmöglichkeit
(3) Verschuldensunabhängige Haftung unter besonderen Umständen („Zusicherung“)
bb) Verschuldensabhängige Pflicht des Verkäufers zu Ausgleichszahlungen
(1) Einfaches Verschulden des Verkäufers
(2) Qualifiziertes Verschulden des Verkäufers
cc) Ergebnis
b) Ausschluß der Ausgleichspflichten
c) Inhalt der Ausgleichspflichten
aa) Generelle Begrenzungen des Ausgleichs
(1) Verursachung des Schadens
(2) Unmittelbarkeit des Schadens
(3) Voraussehbarkeit des Schadens
(4) Intensität des Verkäuferverschuldens
(5) Schadenserhöhendes Käuferverschulden
(6) Ergebnis
bb) Umfang der ersatzfähigen Vermögensnachteile des Käufers
(1) Sicherung des Dispositionsinteresses
(2) Haftung für Integritätsschäden
d) Ergebnis
III. Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechtsordnungen vorgegebenen Gewährleistungsregelungen
1. Die Funktion von Grenzen für Gewährleistungsabsprachen durch die Kaufvertragsparteien
a) Einschränkung der Gewährleistung
aa) Allgemeine vertragsrechtliche Gesichtspunkte
bb) Besonderheiten bei der Verwendung vorformulierter Vertragsbedingungen
cc) Die spezielle Situation bei Verbraucherkäufen
b) Erweiterung der Gewährleistung
2. Grenzen vertraglicher Einschränkungen der Gewährleistung
a) Allgemeine kauf- und vertragsrechtliche Grenzen
b) Spezielle vertragsrechtliche Grenzen bei vorformulierten Vertragsbedingungen
aa) Grenzen vorformulierter Gewährleistungsbeschränkungen für sämtliche Kaufverträge
bb) Grenzen vorformulierter Gewährleistungsbeschränkungen für Verbraucherverträge
(1) Die Freizeichnungsgrenzen der EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln (93/13/EWG)
(2) Über die EG-Richtlinie 93/13/EWG hinausgehende Freizeichnungsgrenzen in den jeweiligen Rechtsordnungen
cc) Ergebnis
c) Zwingendes Verbraucherkaufrecht
d) Ergebnis
3. Grenzen vertraglicher Ausdehnung der Gewährleistung
a) Allgemeine vertragsrechtliche Grenzen
b) Spezielle vertragsrechtliche Grenzen bei vorformulierten Vertragsbedingungen
c) Ergebnis
B. Regelungen des Prozeßrechts zur Durchsetzung der Sachmängelgewährleistung gegenüber Warenverkäufern in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz
I. Der Einfluß verfahrensrechtlicher Bestimmungen auf die Funktion der Sachmängelgewährleistung
1. Die Verknüpfung von materiellen und prozessualen Regelungen unter Kosten- und Anreizgesichtspunkten für die Kaufvertragsparteien
2. Auswahl der die Durchsetzung der Gewährleistung wesentlich beeinflussenden Verfahrensbestimmungen
II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung
1. Der Gerichtsstand für die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen nach den nationalen und internationalen Zuständigkeitsregeln
a) Die möglichen Gerichtsstände der Sachmängelgewährleistung
aa) Beklagtensitz
bb) Vertragsbezug
(1) Ort des Vertragsabschlusses
(2) Ort der Vertragserfüllung
(a) Erfüllungsort der primären Vertragspflichten
(b) Erfüllungsort sekundärer Vertragspflichten
(3) Zwischenergebnis
cc) Verbrauchersitz
b) Das Verhältnis zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung
c) Ergebnis
2. Die Fristen für die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen und ihre Auswirkungen im Prozeß
a) Die zeitliche Begrenzung für die Durchsetzung der Gewährleistung
aa) An den Kenntnisstand des Käufers hinsichtlich Sachmängeln anknüpfende Fristen (Mängelanzeige)
(1) Von der Anzeigeverpflichtung erfaßte Mängel
(a) Durch eine Untersuchung festzustellende Mängel
(b) Ohne weiteres erkennbare Mängel
(c) Erkannte Mängel
(d) Zwischenergebnis
(2) Form und Inhalt der Mängelanzeige
(3) Länge der Anzeigefrist
(4) Ergebnis
bb) An bestimmbare Ereignisse anknüpfende Fristen (Verjährungs- und Ausschlußfristen)
(1) Länge der Verjährungs- und Ausschlußfristen
(2) Beginn der Verjährungs- und Ausschlußfristen
cc) Ausnahmen von der zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung
(1) Verhaltensverstöße des Verkäufers
(2) Erhebung von Sachmängelansprüchen zur Verteidigung gegen Forderungen des Verkäufers
dd) Ergebnis
b) Die prozessualen Besonderheiten der zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung
aa) Die Verteidigung des Verkäufers mit Gewährleistungsfristen gegen Sachmängelansprüche des Käufers
bb) Die Anforderungen an die Einhaltung von Gewährleistungsfristen durch den Käufer
cc) Ergebnis
3. Die Bezifferung von Sachmängelansprüchen im Klageantrag
a) Ausnahmen vom Bestimmtheitserfordernis bei Gewährleistungsklagen
aa) Notwendigkeit unbezifferter Klageanträge bei bestimmten Sachmängelrechtsbehelfen
bb) Zulässigkeitserfordernisse für unbezifferte Klageanträge
(1) Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Bezifferung
(2) Angabe einer Größenordnung statt genauer Bezifferung
cc) Zwischenergebnis
b) Möglichkeiten einer Änderung der Bezifferung von Gewährleistungsklagen während des Verfahrens
c) Ergebnis
4. Die Änderung des Inhalts von Sachmängelansprüchen während des Prozesses
a) Möglichkeiten zur Ausübung des Käuferwahlrechts bezüglich der Sachmängelrechtsbehelfe im Prozeß
b) Zulässigkeit von klageändernden Rechtsbehelfswechseln
c) Ergebnis
5. Die prozessualen Auswirkungen unterschiedlicher Formen der Erhebung von Sachmängelansprüchen
a) Die klageweise Durchsetzung einer Umgestaltung des Kaufvertrages aufgrund von Sachmängeln
b) Die Erhebung von Sachmängelansprüchen zur prozessualen Verteidigung gegen Forderungen des Verkäufers
aa) Berücksichtigung von Amts wegen durch das Gericht
bb) Erhebung einer Einrede
cc) Antrag im Wege einer Widerklage
c) Ergebnis
6. Beweislast und Beweismaß für Sachmängelansprüche
a) Die Beweislastverteilung zwischen Käufer und Verkäufer
aa) Vorliegen eines Sachmangels
bb) Zeitpunkt des Sachmangels
cc) Verschulden des Verkäufers
b) Die Auswirkung des Beweismaßes auf die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen
c) Ergebnis
7. Zusammenfassung
ΙII. Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechtsordnungen vorgegebenen Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung
1. Grenzen für Schiedgerichtsvereinbarungen in Kaufverträgen
2. Grenzen für Gerichtsstandvereinbarungen
3. Grenzen für Abreden über Gewährleistungsfristen
4. Grenzen für Vereinbarungen über Beweislast und Beweismaß
a) Beweislastverträge
b) Beweismaßverträge
5. Zusammenfassung
C. Regelungen für die Sachmängelgewährleistung durch Warenverkäufer auf der Ebene der Europäischen Union
I. Der Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung
1. Auswirkungen der Unterschiede einzelstaatlicher Gewährleistungsregeln für Sachmängel auf den Binnenmarkt der EG
a) Das Ausmaß der ermittelten Unterschiede zwischen den nationalen Gewährleistungsrechten
b) Die Intensität des Einflusses von Regelungsunterschieden bei der Sachmängelgewährleistung auf den Binnenmarkt der EG
2. Der Einfluß internationaler Rechtsvereinheitlichung auf die Regelungsunterschiede bei der Sachmängelgewährleistung
a) Die Vereinheitlichung des europäischen Internationalen Privatrechts
b) Die Vereinheitlichung des Internationalen Kaufrechts
c) Die Vereinheitlichung von Grundregeln des Vertragsrechts
II. Die Auswirkungen rechtsangleichender Maßnahmen der EG auf den Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung
1. Vorüberlegungen im Verbraucherrecht der EG
2. Regelungen zum Kauf von Verbrauchsgütern auf EG-Ebene
a) Das Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien
b) Die Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf
D. Vorschläge für eine künftige Europäische Sachmängelgewährleistung beim Kauf
I. Das Verfahren zur Entwicklung eines Europäischen Gewährleistungsrechts für Sachmängel
II. Die Inhalte eines Europäischen Gewährleistungsrechts für Sachmängel
1. Materiell-rechtliche Regelungen
2. Verfahrensbezogene Regelungen
Fazit
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht

68 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Klaus J. Hopt und Hein Kötz

ARTIBUS INGHgN

Andreas Schwartze

Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf Optionale Rechtsangleichung auf der Grundlage eines funktionalen Rechtsvergleichs

Mohr Siebeck

Andreas Schwartze: Geboren 1956; Studium der Rechtswissenschaften in Hannover und am

Europäischen Hochschulinstitut Florenz; 1990 LL.M. und Promotion; 1991-97 wiss. Assistent an der Universität Hannover; 1997 Habilitation; 1997-99 Lehrstuhlvertretung an der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung des Fachbereichs Rechtswissenschaften der Universität Hannover gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schwartze, Andreas:

Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf : optionale Rechtsangleichung auf der Grundlage eines funktionalen Rechtsvergleichs / Andreas Schwartze. 1. Aufl. - Tübingen : Mohr Siebeck, 2000 (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht ; Bd. 68) ISBN 3-16-147142-3 / eISBN 978-3-16-160322-8 unveränderte eBook-Ausgabe 2022

© 2000 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und straf­ bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde gedruckt von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier der Papierfabrik Niefern und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden.

ISSN 0720-1141

Vorwort Die Herausbildung eines Binnenmarktes innerhalb des Gebiets der Europäi­ schen Union erfordert eine entsprechende Fortentwicklung derjenigen rechtlichen Regelungen, auf denen die Transaktionen der Marktteilnehmer beruhen. In der vorliegenden Arbeit werden die Chancen und Gefahren der Erarbeitung eines derartigen „Europäischen Privatrechts“ für den wichtigen Teilbereich des Kaufrechts am Beispiel der Sachmängelgewährleistung un­ tersucht. Letztendlich geht es dabei um die Frage, ob die differenziert aus­ gestalteten nationalen Regelungssysteme der Mitgliedstaaten zu einer pan­ europäischen Version verschmelzen bzw. durch eine solche ersetzt werden sollen, oder ob sich Alternativen zu dieser traditionellen Art der Rechts­ angleichung aufzeigen lassen.

Die Untersuchung wurde im Sommersemester 1997 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Hannover als Habilitationsschrift angenommen. Für die Druckfassung wurde sie bezüglich des Fort schreitens der EG-Gesetzgebung, vor allem aufgrund der in diesem Jahr verabschie­ deten Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, sowie in einigen rechtsverglei­ chenden Passagen aktualisiert. Ich danke Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Hilmar Fenge, der mich während meiner Tätigkeit an seinem Lehrgebiet mit der „Europäischen Rechts­ praxis“ vertraut gemacht, mir das Zivilprozeßrecht nahegebracht und mich jederzeit in meiner Entwicklung gefördert hat. Mein Dank gilt ebenfalls Herrn Professor Dr. Dr. Christian Kirchner, ohne dessen hilfreiche Anre­ gung und Kritik nebst ständiger aufmunternder Begleitung die Arbeit nicht in dieser Weise hätte vollendet werden können. Dank schulde ich auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die finanzielle Förderung der Drucklegung sowie den Direktoren des Max-Planck-Instituts für ausländi­ sches und internationales Privatrecht einschließlich Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Ulrich Drobnig für die Aufnahme der Arbeit in die In­ stitutsreihe. Ich widme das Werk meiner Familie für ihre liebevolle Unterstützung.

Hannover, im Oktober 1999

Andreas Schwartze

Inhaltsübersicht

1

Einleitung .................................................................................................

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelgewährleistung durch Warenverkäufer in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz ............................................................................ 25 I. Strukturierung und Eingrenzung ............................................ 25 II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Gewährleistungsregelungen 65 III. Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechts­ ordnungen vorgegebenen Gewährleistungsregelungen ......... 335

B. Regelungen des Prozeßrechts zur Durchsetzung der Sachmängel­ gewährleistung gegenüber Warenverkäufen! in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz................................................................... 444 I. Der Einfluß verfahrensrechtlicher Bestimmungen auf die Funktion der Sachmängelgewährleistung .............................................. 445 II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung ............. 452 III. Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechts­ ordnungen vorgegebenen Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung ................................. 561 C. Regelungen für die Sachmängelgewährleistung durch Warenverkäufer auf der Ebene der Europäischen Union ........................................ 583

I. II.

Der Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung . 583 Die Auswirkungen rechtsangleichender Maßnahmen der EG auf den Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung . 605

D. Vorschläge für eine künftige Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf ............................................................................ 616 I. Das Verfahren zur Entwicklung eines Europäischen Gewährleistungsrechts für Sachmängel................................. II. Die Inhalte eines Europäischen Gewährleistungsrechts für Sachmängel .....................................................................

616 623

Fazit ...........................................................................................................

632

Literaturverzeichnis ..................................................................................

633

Sachregister ..............................................................................................

657

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...............................................................................................

V

Abkürzungsverzeichnis .......................................................................

XIX

Einleitung 1. Problemstellung ......................................................................... 3 a) Das Bedürfnis für eine Harmonisierung der kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistung innerhalb der EU .......................... 3 b) Die Bestimmung des Regelungsinhalts einer kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistung auf der Ebene der EU ................. 10 2. Die Rechtsvergleichung als methodischer Ansatz ........................ 16 3. Gang der Untersuchung ................................................................ 20

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelgewährleistung durch Warenverkäufer in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz I. Strukturierung und Eingrenzung

1.

....................................................

25

Die Funktion der Sachmängelgewährleistung ................. 25 Das gemeinsame Interesse der Kaufvertragsparteien an Gewährleistungsregelungen ........................................... 27 b) Die Funktionsbereiche der eigentlichen und der ergänzenden Gewährleistung ..................................... 30

a)

aa) Ausgleich der unmittelbaren Äquivalenzverschiebung als eigentliche Gewährleistung ............................................. 31 bb) Ausgleich der weiteren Vermögensnachteile des Käufers als ergänzende Gewährleistung ....................................... 34 (1) Sicherung des Erfüllungsinteresses...................................... 34 (2) Haftung für Integritätsschäden............................................. 37

2.

Die Stellung der Sachmängelgewährleistung innerhalb des Schuldrechts und ihr Verhältnis zu konkurrierenden Regelungen

38

a) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu allgemeinen Regelungen für Vertragsstörungen ............. aa) Gewährleistung und Nichterfüllung.................................................... bb) Gewährleistung und Schlechterfüllung im weiteren Sinn ................

b) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu Regelungen bezüglich des Vertragsabschlusses............ aa) Irrtum des Käufers ............................................................................... bb) Arglistige Täuschung durch den Verkäufer ....................................... cc) Fehlerhafte Aufklärung durch den Verkäufer ....................................

41

42 46 47 47 53 55

c)

Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu Rege­ lungen des allgemeinen Deliktsrechts und der Produkthaftung 58 d) Ergebnis........................................................................ 62 II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Gewährleistungsregelungen ... 65 1.

a) b) c)

Umfang und Aufbau des Untersuchungsbereichs.................... Differenzierung nach Rechtsquellen ........................... Strukturierung nach Rechtskreisen ............................. Aufteilung nach Gewährleistungsfunktionen ..............

65 65 66 71

2. Die eigentliche Gewährleistung: Ausgleich von Äquivalenzverschiebungen ........................................................ 72 a) Ursachen der Äquivalenzverschiebung: Mängel der Kaufsache aa) Abweichungen von der vertragsgemäßen Qualität ............................ 74 (1) Konkrete Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Kaufsache 7 5 (a) Subjektiver Fehlerbegriff ................................................... 76 (b) Besonderer Verwendungszweck ........................................ 79 (c) Abweichung von zugesicherten Eigenschaften ................. 85 (d) Ergebnis .............................................................................. 89 (2) Auslegungsregeln und ergänzende Bestimmungen bezüglich der Beschaffenheit der Kaufsache.............................................. 89 (a) Üblicher Verwendungszweck .............................................. 89 (b) Fehlerhaftes Informationsverhalten der Verkäuferseite bezüglich der Kaufsache................................................... 94 (aa) Angaben des Verkäufers zur Kaufsache ....................... 94 (bb) Angaben der Lieferanten des Verkäufers zur Kaufsache 98 (cc) Die Übergabe eines Musters als Information durch den Verkäufer................................................. 101 (dd) Fehlerhafte Aufklärung durch den Verkäufer ............. 103 (c) Ergebnis ............................................................................... 104 (3) Geringfügige Abweichungen ................................................... 105 (4) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Abweichung............................ 109 bb) Abweichungen von der vertragsgemäßen Klassifikation („aliud“) . . 112 cc) Abweichungen von der vertragsgemäßen Quantität .......................... 117

72

b) Ausschluß der Äquivalenzverschiebung: Informationen des Käufers über Mängel bei Vertragsabschluß .......................... aa) Kenntnis des Käufers von Mängeln ................................................... bb) Erkennbarkeit von Mängeln für den Käufer ....................................... (1) Anforderungen an das Verhalten des Käufers hinsichtlich der Aufdeckung von Mängeln ....................................................... (2) Einschränkungen des Gewährleistungsausschlusses durch das Verhalten des Verkäufers .......................................................

120 121 126

126 131

c) Behebung der Äquivalenzverschiebung: Erfüllung, Aufhebung und Anpassung der Leistungspflichten................................... 134 aa) Nachgeholte Erfüllung der Leistungspflicht des Verkäufers („Nachbesserung“ und „Ersatzlieferung“)..................................... (1) Nachbesserung ........................................................................ (a) Mangelbeseitigung durch den Verkäufer.............................. (b) Ersatz der Reparaturkosten des Käufers..............................

135 137 137 148 (c) Ergebnis.......................................................................................... 155 (2) Ersatzlieferung ............................................................................ 158 (a) Lieferung einer mangelfreien Kaufsache durch den Verkäufer 158

Ersatz der dem Käufer entstandenen Kosten eines Deckungskaufes............................................................. (c) Ergebnis ............................................................................... bb) Aufhebung der beiderseitigen Leistungspflichten („Wandelung“) . . (1) Fortfall der Leistungspflichten................................................... (2) Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen ....................... (a) Rückzahlung des Kaufpreises ........................................... (b) Rückgabe der Kaufsache..................................................... (3) Ausgleich fehlgeschlagener Aufwendungen des Käufers ....... (4) Ergebnis .................................................................................... cc) Anpassung der Leistungspflicht des Käufers („Minderung") .... (1) Herabsetzung des Kaufpreises und Rückzahlung des überzahlten Betrages ....................................................... (2) Umfang der Preisherabsetzung ................................................ (3) Ergebnis .................................................................................... dd) Das Verhältnis der Möglichkeiten einer Behebung der Äquivalenzverschiebung zueinander .......................................... (1) Die Notwendigkeit einer Auswahl zwischen den Möglichkeiten (2) Die Bestimmung der Alternativen ....................................... (3) Ergebnis .................................................................................... (b)

3. Die ergänzende Gewährleistung: Ausgleich der weiteren Vermögensnachteile des Käufers ......... a) Voraussetzungen der Ausgleichspflichten ..............................

170 173 174 176 189 189 195 211 219 220 221 228 237 239 239 241 249 249 252

aa) Garantie des Verkäufers auf Ausgleichszahlungen ....................... (1) Strikte Kausalhaftung .................................................. (2) Kausalhaftung mit Entlastungsmöglichkeit ................. (3) Verschuldensunabhängige Haftung unter besonderen Umständen („Zusicherung“) .................................................................... bb) Verschuldensabhängige Pflicht des Verkäufers zu

255 255 258

.......................................................................................

Einfaches Verschulden des Verkäufers ........................ Qualifiziertes Verschulden des Verkäufers ................... ...............................................................................................

265 266 272 276

b) Ausschluß der Ausgleichspflichten ......................................... c) Inhalt der Ausgleichspflichten ...............................................

278 285

aa) Generelle Begrenzungen des Ausgleichs ............................................ (1) Verursachung des Schadens ........................................ (2) Unmittelbarkeit des Schadens ..................................... (3) Voraussehbarkeit des Schadens ................................... (4) Intensität des Verkäuferverschuldens ......................... (5) Schadenserhöhendes Käuferverschulden .................... (6) Ergebnis ......................................................................... bb) Umfang der ersatzfähigen Vermögensnachteile des Käufers .......... (1) Sicherung des Dispositionsinteresses ........................... (2) Haftung für Integritätsschäden .....................................

287 288 290 294 301 305 309 311 312 323

Ausgleichszahlungen

(1) (2) cc) Ergebnis

d) Ergebnis

..................................................................................

261

331

III. Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechtsordnungen vorgegebenen Gewährleistungsregelungen .............................. 335 1. Die Funktion von Grenzen für Gewährleistungsabsprachen durch die Kaufvertragsparteien .............................................. 336 a) Einschränkung der Gewährleistung .......................... 337 aa) Allgemeine vertragsrechtliche Gesichtspunkte ............................... 337 bb) Besonderheiten bei der Verwendung vorformulierter Vertragsbedingungen ................................................................. 342 cc) Die spezielle Situation bei Verbraucherkäufen .................................. 346

b)

2.

Erweiterung der Gewährleistung

............................

349

Grenzen vertraglicher Einschränkungen der Gewährleistung. 351 a) Allgemeine kauf- und vertragsrechtliche Grenzen ... 351 b) Spezielle vertragsrechtliche Grenzen bei vorformulierten Vertragsbedingungen .......................................................... 382

aa) Grenzen vorformulierter Gewährleistungsbeschränkungen für sämtliche Kaufverträge ....................................................... 391 bb) Grenzen vorformulierter Gewährleistungsbeschränkungen für Verbraucherverträge .............................................................. 405 (1) Die Freizeichnungsgrenzen der EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln (93/13/EWG) ......................... 407 (2) Über die EG-Richtlinie 93/13/EWG hinausgehende Freizeichnungsgrenzen in den jeweiligen Rechtsordnungen ... 410 cc) Ergebnis ............................................................................................ 413

c) d) 3.

Zwingendes Verbraucherkaufrecht .......................... 415 Ergebnis ........................................................................ 423 Grenzen vertraglicher Ausdehnung der Gewährleistung . 425 a) Allgemeine vertragsrechtliche Grenzen .......... 425 b) Spezielle vertragsrechtliche Grenzen bei vorformulierten Vertragsbedingungen ...................................................... 437 c) Ergebnis ............................................................................. 442

B. Regelungen des Prozeßrechts zur Durchsetzung der Sachmängelgewährleistung gegenüber Warenverkäufen! in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz I. Der Einfluß verfahrensrechtlicher Bestimmungen auf die Funktion der Sachmängelgewährleistung .......................................................

445

1. Die Verknüpfung von materiellen und prozessualen Regelungen unter Kosten- und Anreizgesichtspunkten für die Kaufvertragsparteien .....................................................................

2. Auswahl der die Durchsetzung der Gewährleistung wesentlich beeinflussenden Verfahrensbestimmungen .............................. II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung ...................

447

450 452

1. Der Gerichtsstand für die Durchsetzung von Sachmängel­ ansprüchen nach den nationalen und internationalen Zuständigkeitsregeln ................................................................... 452 a) Die möglichen Gerichtsstände der Sachmängelgewährleistung aa) Beklagtensitz .................................................................................. bb) Vertragsbezug .................................................................................. (1) Ort des Vertragsabschlusses ................................................... (2) Ort der Vertragserfüllung ........................................................

454 455 456 457

454

(a) Erfüllungsort der primären Vertragspflichten ................. (b) Erfüllungsort sekundärer Vertragspflichten .................... (3) Zwischenergebnis .................................................................. cc) Verbrauchersitz ................................................................................

b) c)

458 461 463 466

Das Verhältnis zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung . Ergebnis ................................................................... 472

2. Die Fristen für die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen und ihre Auswirkungen im Prozeß ............................................ a) Die zeitliche Begrenzung für die Durchsetzung der Gewährleistung ...................................................................

469

473

473

aa) An den Kenntnisstand des Käufers hinsichtlich Sachmängeln anknüpfende Fristen (Mängelanzeige) ........................................ (1) Von der Anzeigeverpflichtung erfaßte Mängel ................... (a) Durch eine Untersuchung festzustellende Mängel ....... (b) Ohne weiteres erkennbare Mängel ................................... (c) Erkannte Mängel ............................................................. (d) Zwischenergebnis ............................................................. (2) Form und Inhalt der Mängelanzeige ...................................... (3) Länge der Anzeigefrist ............................................................. (4) Ergebnis .................................................................................... bb) An bestimmbare Ereignisse anknüpfende Fristen (Verjährungs- und Ausschlußfristen) ...................................... (1) Länge der Verjährungs- und Ausschlußfristen ................... (2) Beginn der Verjährungs- und Ausschlußfristen ................... cc) Ausnahmen von der zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung . . . (1) Verhaltensverstöße des Verkäufers ........................................... (2) Erhebung von Sachmängelansprüchen zur Verteidigung gegen Forderungen des Verkäufers .................................................. dd) Ergebnis ............................................................................................

474 478 478 480 482 484 485 487 491 492 493 496 499 500

503 506

b) Die prozessualen Besonderheiten der zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung ................................................................... 506 aa) Die Verteidigung des Verkäufers mit Gewährleistungsfristen gegen Sachmängelansprüche des Käufers ............................................... 507 bb) Die Anforderungen an die Einhaltung von Gewährleistungsfristen durch den Käufer ..................................................................................... 512 cc) Ergebnis .................................................................................................. 515

3.

a)

Die Bezifferung von Sachmängelansprüchen im Klageantrag .... 516 Ausnahmen vom Bestimmtheitserfordernis bei Gewährleistungsklagen .................................................................519

aa) Notwendigkeit unbezifferter Klageanträge bei bestimmten Sachmängelrechtsbehelfen ......................................................... 519 bb) Zulässigkeitserfordernisse für unbezifferte Klageanträge ................ 522 (1) Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Bezifferung ............ 522 (2) Angabe einer Größenordnung statt genauer Bezifferung ....... 524 cc) Zwischenergebnis ................................................................................ 525

Möglichkeiten einer Änderung der Bezifferung von Gewährleistungsklagen während des Verfahrens .................... 526 c) Ergebnis ..................................................................... 528

b)

4. Die Änderung des Inhalts von Sachmängelansprüchen während des Prozesses .............................................................. 529 a) Möglichkeiten zur Ausübung des Käuferwahlrechts bezüglich der Sachmängelrechtsbehelfe im Prozeß ................................... 530 b) Zulässigkeit von klageändernden Rechtsbehelfswechseln .... c) Ergebnis ..................................................................... 533

531

5. Die prozessualen Auswirkungen unterschiedlicher Formen der Erhebung von Sachmängelansprüchen .................................... 535 a) Die klageweise Durchsetzung einer Umgestaltung des Kaufvertrages aufgrund von Sachmängeln ........................ 536 b) Die Erhebung von Sachmängelansprüchen zur prozessualen Verteidigung gegen Forderungen des Verkäufers ............. 538 aa) Berücksichtigung von Amts wegen durch das Gericht ..................... bb) Erhebung einer Einrede ................................................................... cc) Antrag im Wege einer Widerklage ...................................................

c) 6.

a)

Ergebnis

538 539 541

.....................................................................

543

Beweislast und Beweismaß für Sachmängelansprüche ......... 543 Die Beweislastverteilung zwischenKäufer undVerkäufer .... 545 aa) Vorliegen eines Sachmangels ......................................................... bb) Zeitpunkt des Sachmangels .............................................................. cc) Verschulden des Verkäufers ..............................................................

546 549 552

b) Die Auswirkung des Beweismaßes auf die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen ................................................. 553 c) Ergebnis ....................................................................... 556

7.

Zusammenfassung..................................................................... 559

UI. Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechtsordnungen vorgegebenen Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung .......................................................... 561 1.

Grenzen für Schiedgerichtsvereinbarungen in Kaufverträgen

.... 562

2.

Grenzen für Gerichtsstandvereinbarungen

3.

Grenzen für Abreden über Gewährleistungsfristen

4.

a) b) 5.

......................... ............

568

572

Grenzen für Vereinbarungen über Beweislast und Beweismaß . .577 Beweislastverträge ................................................ 577 Beweismaßverträge ................................................ 580

Zusammenfassung

...............................................................

581

C. Regelungen für die Sachmängelgewährleistung durch Warenverkäufer auf der Ebene der Europäischen Union I. Der Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung ......

583

1.

Auswirkungen der Unterschiede einzelstaatlicher Gewähr­ leistungsregeln für Sachmängel auf den Binnenmarkt der EG .... 583 a) Das Ausmaß der ermittelten Unterschiede zwischen den nationalen Gewährleistungsrechten ....................................... 584 b) Die Intensität des Einflusses von Regelungsunterschieden bei der Sachmängelgewährleistung auf den Binnenmarkt der EG . . 588

2.

Der Einfluß internationaler Rechtsvereinheitlichung auf die Regelungsunterschiede bei der Sachmängelgewährleistung ......... 592 a) Die Vereinheitlichung des europäischen Internationalen Privatrechts ................................................................................ 592 b) Die Vereinheitlichung des Internationalen Kaufrechts . 596 c) Die Vereinheitlichung von Grundregeln des Vertragsrechts . . . 600

II. Die Auswirkungen rechtsangleichender Maßnahmen der EG auf den Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung ............. 605 1. 2.

Vorüberlegungen im Verbraucherrecht der EG .................... 605 Regelungen zum Kauf von Verbrauchsgütern auf EG-Ebene .... 609 a) Das Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien ......... 609 b) Die Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf ............ 612

D. Vorschläge für eine künftige Europäische Sachmängelgewährleistung beim Kauf I. Das Verfahren zur Entwicklung eines Europäischen Gewährleistungs­ rechts für Sachmängel ......................................................................... 616

II. Die Inhalte eines Europäischen Gewährleistungsrechts für Sachmängel 623

1.

Materiell-rechtliche Regelungen

2.

Verfahrensbezogene Regelungen

........................................... 623 ............................................ 628

Fazit ...........................................................................................................

632

Literaturverzeichnis ..................................................................................

633

Sachregister ..............................................................................................

657

Abkürzungen a.A. a.a.O. ABGB ABIEG AbzG AC A.C. AcP a. E. a. F. AfL

anderer Ansicht am angegebenen Ort Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte Law Reports, Appeal Cases Arresten van het Hof van Cassatie (Belgien) Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Lov om Aftaler og andre Retshandler paa Formuerettens Omraade (Dänemark) AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen AK Astikos Kodikas (Griechenland) AllE.R. All England Law Reports ALR (Preußisches) Allgemeines Landrecht Alt. Alternative AmJCompL American Journal of Comparative Law AmJIntL American Journal of International Law Anh. Anhang AnwBl Anwaltsblatt ÄndE Geänderter Vorschlag einer EG-Richtlinie Corte d‘Apello App. Arm Armenopoulos Art. Artikel AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage Aussenwirtschaft Die Aussenwirtschaft AvtL Lag om avtal och andra rättshandlingar pä förmögenhetsrättens omrde (Schweden)

B BayObLG BB Bd. Begrdg Beih. Beil.

BG BGB BGB-GE

Baron Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater Band Begründung Beiheft Beilage Bundesgericht (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bürgerliches Gesetzbuch Gutachten-Entwurf

XX BGB-KE

BGBl. BGE BGH BGHZ B.O.E. Bull. Bull.Civ.

BT-Dr. BW bzw. C.A. CalLRev

Cass. Cass.Civ. Cass.Comm. CceC CceCom CceProcC

CdeC CdeCons CdeJud CdeProcC CgoC CgoCom Ch.D. cic CISG

Civ. Comm. Cour d‘ App

Abkürzungen Bürgerliches Gesetzbuch Schuldrechtskommissions-Entwurf Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichts (Schweiz) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Boletin Oficial des Estado Bulletin Bulletin des arrets de la Cour de cassation, chambres civiles Bundestags-Drucksache Burgerlijk wetboek (Belgien, Niederlande) beziehungsweise Court of Appeal California Law Review Cour de Cassation, Corte Suprema di Cassazione Cour de Cassation, Chambre Civile Cour de Cassation, Chambre Commerciale Codice civile (Italien) Codice di Commercio (Italien) Codice di procedura civile (Italien) Code civil (Frankreich, Luxemburg) Code de la consommation (Frankreich) Code Judiciaire (Belgien) Code de procedure civile (Frankreich) Codigo civil (Spanien, Portugal) Codigo de comercio (Spanien) Chancery Division culpa in contrahendo Convention on Contracts for the International Sale of Goods (United Nations) Tribunal civil Tribunal de commerce Cour d‘ Appel

Dir. Giur. Diss. D.P. DR DSIR

Doctrine Deutsches Autorecht Der Betrieb derselbe (Autor) das heißt Diritto e Giurisprudenza Dissertation Dalloz Periodique Deutsches Recht Dalloz Sirey Informations Rapids

E e.a. ebd. ECLG ed.

Entscheidung et alii ebenda European Consumer Law Group edition; editor

D. DAR DB ders. d.h.

Ed. EG EGBGB EGV EKG E.R. EU EuGH EuGVÜ

EuGVÜ II-E EurLJourn Eur-Princ EurRevPrivL EuVÜ

EuZW EvBl EWG EWir EWS Exch

Edizione Europäische Gemeinschaften) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen English Reports Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Entwurf eines überarbeiteten Gerichtsstand- und Vollstreckungsübereinkommen European Law Journal Principles of European Contract Law European Review of Private Law Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Evidenzblatt der Rechtsmittelentscheidungen, in: ÖJZ (Österreich) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Court of Exchequer

ff. Fn. FS

folgende (Seite) Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht fortfolgende (Seiten) Fußnote Festschrift

gern. Gen. Ed. Ges. Giur.it Giust.civ. GKG GRURInt

gemäß General Editor Gesetz Giurisprudenza italiana Giustizia civile Gerichtskostengesetz Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil

H HarvLRev HGB HGB-A HL H.L.C. HR Hrsg. HS HTWidG

Höjesteret Harvard Law Review Handelsgesetzbuch Handelsgesetzbuch (Österreich) House of Lords Clark’s Reports, House of Lords Hoge Raad der Nederlanden Herausgeber Halbsatz Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften

f. FernUSG

XXII

Abkürzungen

IECL I.L.R.M. I.L.T.R. Int.Bus.L. IntCompLQu IntJournLegProf IntRevLaw&Econ IPR IPrax LR. i.S.d. i.V.m.

International Encyclopedia of Comparative Law Irish Law Reports Monthly Irish Law Times Reports International Business Lawyer The International and Comparative Law Quarterly International Journal of the Legal Profession International Review of Law and Economics Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Irish Reports im Sinne des in Verbindung mit

J JA JAP JB1 J.B.L. JConsPol JContrL JCP JhrbJgZivRWiss JhrbWirtWiss JITE JLaw&Econ JLegStud JLEO JN JNPÖ JournPolEcon J.T. Jur. Liege JuS JZ

Justice Juristische Arbeitsblätter Juristische Ausbildung und Praxisvorbereitung Juristische Blätter Journal of Business Law Journal of Consumer Policy Journal of Contract Law Juris-Classeur Periodique Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaften Journal of Institutional and Theoretical Economics Journal of Law and Economics Journal of Legal Studies The Journal of Law, Economics, & Organization Jurisdiktionsnorm (Österreich) Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie Journal of Political Economy Journal des Tribunaux

K.B. KbL Kfz KOM KonsKpL KpL KppL KSchG KulutSL

King’s Bench Reports Lov om Kob (Dänemark) Kraftfahrzeug Dokumente der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Konsumentenköplag (Schweden) Köplag (Schweden) kauppalaki (Finnland) Konsumentenschutzgesetz (Österreich) kuluttajansuojalaki (Finnland)

LawQuartRev LCU LEC LJ L.J. Ls. Ltd.

The Law Quarterly Review Ley general para la defensa de los consumidores y usarios (Spanien) Ley de Enjuiciamiento Civil (Spanien) Lord Justice Law Journal Leitsatz Limited

Jurisprudence de Liege

Juristische Schulung Juristen-Zeitung

M. & W. MDR MichLRev ModLRev MsS. m.(w.)N.

Meeson & Welsby’s Exchequer Reports Monatsschrift für deutsches Recht Michigan Law Review Modem Law Review Manuskriptseite mit (weiteren) Nachweisen

n. NdsRpfl n.F. NJ NJW NoB Nr.

numero Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung

Neue Juristische Wochenschrift Nomiko Vima Nummer

ProdHftG ProdHftRil

Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte EG-Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte

0. OGH ÖJZ OLG OLGE 0L OR Ord. ORDO

oben Oberster Gerichtshof (Österreich) Österreichische Juristen-Zeitung Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen stre Landsret Obligationenrecht (Schweiz) Order Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft

P. par. Pas. PHI PreskrL PW

Law Reports, Probate Division Paragraph Pasicrisie Produkthaftung International Preskriptionslag (Schweden) positive Vertragsverletzung

Q.B.(D.) QuartJEcon

Law Reports, Queens Bench (Division) Quarterly Journal of Economics

Nederlandse Jurisprudentie

r. rule RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rättegängsbalken (Schweden) RB R.C.J.B. Revue Critique de Jurisprudence beige Revue de droit commercial beige R.D.C. Rdnr. Randnummer regulation reg. Rev.Eur.dr.cons. Revue Europeenne de Droit de la Consommation Rev.trim.dr.civ. Revue trimestrielle de droit civil Reichsgericht RG RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Riv.dir.comm. Rivista di diritto commerciale Riv.trim.dir.proc.civ. Rivista trimestrale di diritto e procedura civile RIW Recht der Internationalen Wirtschaft

Rpl Rs. R.S.C. R.W. Rv Rz.

Retsplejeloven (Dänemark) Rechtssache Rules of the Supreme Court (England) Rechtskundig Weekblad Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering (Niederlande) Randziffer

S. ScanStudLaw sec. SFS SGA-GB SGA-IRL SGSSA SJZ sig.

s. u. SZ

Seite Scandinavian Studies in Law section Svensk författningssamling Sale of Goods Act (Großbritannien) Sale of Goods Act (Irland) Sale of Goods and Supply of Services Act (Irland) Schweizerische Juristen-Zeitung Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften siehe oben Statute of Limitations Spalte Stanford Law Review Stand Sentencia Tribunal Supremo Staatswissenschaft und Staatspraxis siehe unten Sammlung Zivilrecht des österreichischen Obersten Gerichtshofes

T.S.

Tribunal supremo (Spanien)

s. 0. SoL Sp. StanLRev Std. STS StWissStPrx

unten unter anderem / und andere Uniform Commercial Code (USA) University of California Davis Law Review Unfair Contract Terms Act 1977 (England) UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts Ugeskrift for Retsvaesen UNVerjÜ UN-Verjährungsübereinkommen U.Pa.J.Int’lEcon.L.University of Pennsylvania Journal of International Economic Law UTCC-GB Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994 (England) UTCC-IRL European Communities (Unfair Terms in Consumer Contracts) Regulations 1995 (Irland) unter Umständen u.U. UWG-CH Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Schweiz) u. u. a. UCC U.C.DavisLRev UCTA UD-Princ UfR

V.

VarL VbrKfRil VbrKfRil-E VbrKlsRil VbrKlsRil-E

VerbrKredG

von, vom / versus laki varallisuusoikeudellisista oikeustoimista (Finnland) EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf Entwurf einer EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen Entwurf einer EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen Verbraucherkreditgesetz

VersR vgl. Vol. VuR

Versicherungsrecht vergleiche Volume Verbraucher und Recht

WB1 W.L.R. WM WPg WuW

Wirtschaftsrechtliche Blätter Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wirtschaft und Wettbewerb

YaleLJ

Yale Law Journal

ZEuP Zff. ZfRV ZG ZGB ZHR

Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Ziffer Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zeitschrift für Gesetzgebung Zivilgesetzbuch (Schweiz) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zivilprozeßordnung Zivilprozeßordnung (Österreich) Zivilprozeßgesetzbuch (Griechenland) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Zeitschrift für Zivilprozeß

ZIP

ZPO ZPO-A ZProzGB ZvglRWiss ZWS ZZP

Innerhalb der Europäischen Union (EU) erfaßt das Recht der Europäischen Gemeinschaft (EG), die im Zentrum der europäischen Integration steht, in zunehmenden Maße nicht nur das öffentliche Recht sondern auch zentrale Bereiche des Privatrechts der Mitgliedstaaten. Die Ursache liegt darin, daß privatrechtliche Regelungen, die den Handlungsspielraum der Individuen beschränken, sich ebenso wie öffentlich-rechtliche Restriktionen auf die vier wirtschaftlichen Grundfreiheiten des EG-Vertrages (EGV) - den Frei­ en Warenverkehr (Art. 9, 30 EGV), den Freien Personenverkehr (Art. 48, 52 EGV), die Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 EGV) sowie die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art. 73 a, b EGV) - auswirken können. Durch die Grundfreiheiten wird der Binnenmarkt geschaffen, auf dem jede künst­ liche Beeinflussung der Mobilität von Produkten sowie Produktionsfakto ­ ren zwischen den Mitgliedstaaten vermieden werden soll, so daß ein „Raum ohne Binnengrenzen “ (Art. 7 a II EGV) entsteht, der einem nationalen Markt möglichst nahekommt. In diesem einheitlichen Wirtschaftsraum er­ scheinen daher unterschiedliche rechtliche Bestimmungen der Mitglied­ staaten als potentielle Störungen, die innerhalb eines nationalen Marktes in der Regel nicht auftreten. Derartige Beeinträchtigungen des Binnenmarktes durch einzelstaatliche Regelungsunterschiede sind durch die EG in mehreren Schritten verringert worden. Zunächst wurden als augenfälligste Hindernisse des damals noch im Vordergrund stehenden Gemeinsamen Marktes Zölle und Mengenbe­ schränkungen beseitigt (Art. 9 I, 30, 34 I EGV), welche den grenzüber­ schreitenden Warenverkehr belasteten. Danach gerieten „Maßnahmen glei­ cher Wirkung“ (Art. 30, 34 I EGV) in das Blickfeld, die zwar nicht an den Grenzübertritt der Ware anknüpften, aber als öffentlich-rechtliche Produkt­ standards den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtig­ ten. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt hatte, daß nicht nur nach der Herkunft der Waren unterscheidende sondern auch un­ terschiedslos angewendete rechtliche Regelungen den Binnenmarkt behin-

dem konnten1 wurden auch privatrechtliche Bestimmungen als Störfakto­ ren erkannt, wie etwa das Recht des unlauteren Wettbewerbs2 oder die Produkthaftung3. 4 Geht man in dieser Entwicklung, die den Kreis der vom EG-Recht er­ faßten Regelungsunterschiede immer größer zieht, noch einen Schritt wei­ ter, dann ist zu fragen, ob nicht generell Differenzen auch zwischen rein zivilrechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten mit wirtschaftlichen Auswirkungen, neben dem Haftungsrecht also vor allem das Vertragsrecht, Beschränkungen für den Binnenmarkt verursachen können oder aber zu­ mindest dessen Funktionieren beeinflussen. Auch wenn die Auswirkung der nationalen Zivilrechte auf die wirtschaftliche Integration nicht so stark ist, daß die Grundfreiheiten unmittelbar anzuwenden sind, wäre in diesem Falle die EG befugt und gehalten, Maßnahmen der Rechtsangleichung, etwa ge­ mäß Art. 100 a EGV, vorzunehmen, um die Verwirklichung des Binnen­ marktes zu fördern. Dies ist der europarechtliche Ausgangspunkt der in den letzten Jahren mit zunehmender Intensität geführten Diskussion um ein Europäisches Zivilrecht und, als wesentlichen Bestandteil davon, um ein Europäisches Vertragsrecht4,. Mit der vorliegenden Arbeit soll anhand eines konkreten Teilgebietes des Vertragsrechts5, nämlich des Kaufrechts6, und dort wiederum für den Be­ reich der Sachmängelgewährleistung des Verkäufers das Für und Wider

1 EuGH v. 20.2.1979, Rs. 120/78 - „Cassis de Dijon“, Sig. 1979, S. 649 ff. ' 2 EuGH v. 22.1.1981, Rs. 58/80 - „Dansk Supermarked", Sig. 1981, S. 181 ff 3 Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitglied­ staaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte 85/374/EWG (ProdHftRil) v. 25.7. 1985, AB1EG 1985 L 210/29 ff. 4 Dazu umfassend die Referate der Abteilung Zivilrecht auf der 25. Tagung der Ge­ sellschaft für Rechtsvergleichung 1996 in Jena, veröffentlicht in Weyers, Europäisches Vertragsrecht, 1997, mit dem Generalreferat von Kirchner, S. 103 ff. Zum Projekt einer europäischen Vertragsrechtskodifikation vgl. auch Gandolfi, Riv.trim.dir.proc. civ. 1995, S. 1073 ff. 5 Das Vertragsrecht verkörpert einen wesentlichen Teil des unter Binnenmarkt­ aspekten relevanten „wirtschaftsnahen Privatrechts“, Tilmann, JZ 1991, S. 1023, für den internationalen privaten Wirtschaftsverkehr ist es von „zentraler Bedeutung“, Herdegen, Wirtschaftsrecht, 1995, S. 141. Damit erscheint es als erfolgversprechender Kandidat für Rechtsangleichungsbestrebungen, Berger, ZVglRWiss 1995, S. 228. 6 Die exemplarische Bedeutung dieses Vertragstyps betont bereits Süss, Wesen, 1931, S. 1: „Daß der Kauf das wichtigste Gebiet oder mindestens eines der wichtigsten Gebiete des bürgerlichen und Handelsrecht ist, bedarf keiner Erläuterung.“ Eine „EG­ Kaufrechtskodifikation“ als Kern eines Europäischen Privatrechts befürwortet Tilmann, in: Müller-Graff, Privatrecht, 1993, S. 488, 490.

einer Angleichung oder Vereinheitlichung nationaler zivilrechtlicher Rege­ lungen auf europäischer Ebene untersucht werden7. Dazu ist vor allem her­ auszuarbeiten, in welchem Maße eine Harmonisierung der mitgliedstaatli­ chen Gewährleistungsregelungen im Kaufrecht unter dem Gesichtspunkt der europäischen Integration notwendig oder sinnvoll erscheint und auf welche Weise sie in die Wege geleitet werden könnte (unten l.a). Gleichzeitig soll aber auch versucht werden, Kriterien für die inhaltliche Ausgestaltung einer „Europäischen Sachmängelgewährleistung“ zu entwikkeln (unten l.b). Diese sollen dann, nachdem geklärt worden ist, in welcher Form eine Maßnahme auf EG-Ebene in diesem Bereich erfolgen könnte, in entsprechende Anregungen münden.

L Problemstellung a) Das Bedürfnis für eine Harmonisierung der kaufrechtlichen Sachmängelge^ährleistung innerhalb der EU

Um den Harmonisierungsbedarf im Bereich der nationalen Regelungen be­ züglich der Lieferung mangelhafter Kaufsachen zu ermitteln, soll der Frage nachgegangen werden, in welchem Maße sich unterschiedliche Regelungen der Sachmängelgewährleistung in den Mitgliedstaaten der EU negativ auf das Integrationsziel der Errichtung eines Binnenmarktes auswirken. Häu­ fig wird davon ausgegangen, daß ein derartiger einheitlicher Wirtschafts­ raum auch eines einheitlichen, zumindest aber eines koordinierten Vertrags­ rechts bedarf8, doch es mangelt in der Regel an einer differenzierten Be­ 7 Für eine Beschränkung auf derart abgegrenzte Bereiche bei der Frage nach der Rechtsangleichung, vor allem weil die Vor- und Nachteile leichter zu überschauen sind als für ein „Europäisches Zivilgesetzbuch“, Joerges, ZEuP 1995, S. 197, ähnlich R.Schulze, ZEuP 1993, S. 473; weitergehend Blaurock, in: Starck, Rechtsverein­ heitlichung, 1992, S. 115, der jegliche umfassenden Harmonisierungsmaßnahmen ab­ lehnt. Gegen einen „European Civil Code“ dezidiert Legrand, ModLRev 1997, S. 44 ff. Zum Widerstand gegen den Integrationsprozeß im Bereich des Privatrechts Caruso, EurLJourn 1997, S. 3 ff 8 So etwa Drobnig, FS Steindorff, 1990, S. 1145, der diese Annahme auch gegen­ über Gegenbeispielen wie etwa den USA verteidigt, SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 33. Skeptisch dagegen etwa Reich, ZEuP 1994, S. 386, unter Bezugnahme auf die EG-Richtlinie über mißbräuchliche Vertragsklauseln („historisch kaum belegbar“), ähnlich schon v.Savigny, Beruf, 1814, S. 41: „Daß durch diese Verschiedenheit [der Landesrechte] die Rechtspflege selbst leide und der Verkehr erschwert werde, hat man häufig gesagt, aber keine Erfahrung spricht dafür ...“.

gründung dieser Annahme. Daher ist vorab zu klären, wodurch verschieden ausgestaltete nationale Bestimmungen für die Lieferung mangelhafter Kaufsachen die wirtschaftlichen Zielsetzungen der EG beeinflussen. Von den vier Grundfreiheiten des EG-Vertrages wird durch die kaufrecht­ lichen Sachmängelregelungen fast ausschließlich der Freie Warenverkehr betroffen, da Kaufverträge die wichtigste rechtliche Grundlage für den Vertrieb von Produkten zwischen Herstellern und Endabnehmern darstel­ len9. Die Regelungen des freien Warenverkehrs gelten jedoch nur für den Verkauf von beweglichen körperlichen Gegenständen, so daß auf die in vielen Rechtsordnungen bestehenden speziellen Bestimmungen zum Grund­ stückskauf10 nicht einzugehen ist11. Aufgrund der Binnenmarktkonzeption steht der internationale oder zwi­ schenstaatliche Kauf im Vordergrund, bei dem Käufer und Verkäufer in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind12. Die Europäische Kommissi­ on stellt dabei, wegen ihrer Beschränkung auf die Perspektive des zu schützenden Verbraucherkäufers, solche „grenzüberschreitenden Kaufge­ schäfte“ bzw. „grenzüberschreitenden Transaktionen“ in den Mittelpunkt, durch die der Käufer eine Kaufsache bei einem Verkäufer in einem anderen Mitgliedstaat erwirbt13. Dadurch werden die Rechte des Käufers aus dem freien Warenverkehr betont14. Ebenso kann man jedoch aus der Sicht des in

9 Daneben kommen Werklieferungsverträge, wie nach Art. 3 I CISQ oder Finanzie­ rungs-Leasingverträge in Betracht. Für eine Anwendung der EG-Grundfreiheiten auf diese rechtlichen Grundlagen wirtschaftlicher Transaktionen auch v.Wilmowsky, JZ 1996, S. 591. 10 Dazu etwa Basedow, Reform, 1988, S. 20 f. Der zunehmende grenzüberschrei­ tende Erwerb von Zweitwohnungen und Ferienhäusern innerhalb der EU betrifft dage­ gen allenfalls die Freizügigkeitsprinzipien des EG-Vertrags. 11 So auch die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (VbrKfRil) v. 25.5.1999, AB1EG 1999 L 171/12 ff., in Art. 1 II b). Ebenso schon die Beschränkung auf Waren bei Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 55. 12 Eine entsprechende Abgrenzung nimmt auch Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 50, vor; zur Ablehnung der Warenbewegung als Kriterium a.a.O., S. 52, diese war als zusätzliches Merkmal jedoch in Art. 1 I a), c) EKG enthalten. Auch das UN­ Kaufrecht stellt allein auf die Niederlassung der Vertragsparteien in verschiedenen Staaten ab, Art. 11 CISG 13 EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 6, 88. 14 Ausdrücklich für die Möglichkeit des Einkaufs in einem anderen Mitgliedstaat als „passive“ Warenverkehrsfreiheit EuGH v. 7.3.1990, Rs. 362/88 - „GB-INNO-BM“, Sig. 1990, S. 686 (691, Rdnr. 8). Ebenso nun Erwägungsgrund (2) Satz 3 VbrKfRil.

einem Mitgliedstaat ansässigen Verkäufers dessen Interesse und Berechti­ gung hervorheben, seine Waren in anderen Mitgliedstaaten zu vertreiben. Für beide Vertragsparteien fuhren Abweichungen einer auf den Kauf­ vertrag anzuwendenden fremden Sachmängelregelung gegenüber der als bekannt vorausgesetzten heimischen zunächst zu einer erhöhten Unsicherheit15, die sowohl die möglichen Ansprüche auf Seiten des Käufers16 wie die zu erwartenden Verpflichtungen auf Seiten des Verkäufers bei der Lie­ ferung einer mangelhaften Kaufsache17 betrifft. Das bedeutet, daß der Kaufvertragspartei, die nach den Regeln des Internationalen Privatrechts einem ihr fremden Gewährleistungsrecht unterliegt, neben der Last einer unter Umständen erforderlich werdenden Prozeßführung im Ausland zu­ sätzlicher Aufwand für die Prognose der möglichen Rechtsfolgen ent­ steht18. Da diese Kosten bei einem Kauf auf dem nationalen Markt eines 15 Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 36, spricht von einer „Verwirrung ... durch die Vielheit der nationalen Kaufrechte“, aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht verur­ sacht eine derartige „Tauschunsicherheit“ Informationskosten, Schmidt-Trenz, Au­ ßenhandel, 1990, S. 74, 169, 233, ähnlich Bernholz/Faber, RabelsZ 1986, S. 41, Streit/Mangels, ORDO 1996, S. 75, Schmidtchen, RabelsZ 1995, S. 71 f., dazu auch Herdegen, Wirtschaftsrecht, 1995, S. 141. Generell auf Rechtsunterschiede bezo­ gen etwa E.Stein, AmJIntL 1964, S. 29, Schmeder, Rechtsangleichung, 1978, S. 14, zu den dabei entstehenden Informations- und Beratungskosten Buxbaum/Hopt, Legal Harmonization, 1988, S. 201 f. Allgemein zu den Vorteilen einer gesteigerten Rechts­ sicherheit durch vereinheitlichtes Recht Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 24, Kropholler, Einheitsrecht, 1975, S. 9 f., vom ökonomischen Standpunkt sehr zurück­ haltend H. Schmidt, in: European Business Law, 1991, S. 54: „uniform regulations may result in some savings“. 16 Die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 12, spricht insoweit von „juristischen) Hemmnissen“ sowie der Notwendigkeit einer „Stärkung des Vertrauens ... um die Sicherheit der Verbraucher hinsichtlich der ihnen zustehen­ den Rechte zu festigen“, ähnlich Erwägungsgrund (5) VbrKfRil. Auch die Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen 93/13/EWG (VbrKlsRil) v. 5.4.1993, AblEG 1993 L 95/29 ff., bezieht sich auf Unkenntnis über Rechtsvorschriften, Erwägungsgründe Abs. 5 Satz 1. Tatsächlich stehen nach Umfra­ gen unter Verbrauchern innerhalb der EU Schwierigkeiten mit Umtausch oder Repara­ tur bei außerhalb des eigenen Landes erworbenen Waren mit 52 % an erster Stelle der Vorbehalte gegen Käufe im Ausland, Eurobarometer, Umfrage Nr. 39, 1993. 17 So etwa allgemein zum Vertragsrecht Lando, RabelsZ 1992, S. 263, ders., in: Müller-Graff, Privatrecht, 1993, S. 474. 18 Auf diese Transaktionskosten, allerdings nur der Verbraucher, verweisen Joerges/Brüggemeier, in: Müller-Graff, Privatrecht, 1993, S. 260. Weimer, Grundfragen, 1995, S. 98 f., geht umgekehrt von einem „ökonomischen Nutzen ein­ heitlicher Sachnormen aufgrund „vollständige(r) Gewißheit über den materiell­ rechtlichen Regelungsgehalt“ aus. Ähnlich Kegel, Internationales Privatrecht, 1995, S. 805: „Wer im Ausland sein Recht suchen muß, braucht mehr Zeit, Kraft und Geld als im Inland; er ... findet sich im fremden Recht ... nur mühsam zurecht.“ Zu den

Mitgliedstaates nicht anfallen, fuhren unterschiedliche nationale Regeln über die Gewährleistung für Sachmängel dazu, daß der grenzüberschrei­ tende Kauf innerhalb der EU nicht unter Binnenmarktbedingungen stattfindet19 Dieses Informationsdefizit und die sich daraus ergebenden Mehrbela­ stungen bestehen bei allen rechtlichen Gewährleistungsbestimmungen, die nicht ausdrücklich im Kaufvertrag aufgeführt oder bei den Vertragsver­ handlungen zwischen den Parteien erörtert werden20, also sowohl für zwin­ gende wie gerade auch für dispositive Regelungen. Neben diesen, durch die bloße Verschiedenartigkeit der Rechtsnormen ausgelösten Informationsproblemen wirkt sich auf grenzüberschreitende Kaufverträge zusätzlich auch die Unterschiedlichkeit nationaler Rechtsfol­ gen der Lieferung mangelhafter Ware aus. Wenn die mitgliedstaatlichen Rechtsregeln die Verantwortung für Sachmängel zwischen den Parteien unterschiedlich verteilen, können etwa die Ansprüche des Käufers aus der Gewährleistung unter Anwendung des ihm fremden Rechts am Sitz des Verkäufers, wie es die Grundregel des Europäischen Vertragsrechtsüber­ einkommens (EuVÜ)21 22 vorsieht (Art. 4II 1 EuVÜ, gleichlautend Art. 28 II 1 EGBGB), weitergehend sein als nach seinem Heimatrecht. Durch diese Verpflichtung trägt der Verkäufer im Ausland eine entspre­ chend höhere Belastung als ein inländischer Verkäufer unter ansonsten gleichen Umständen tragen würde. Verkäufer unterliegen damit je nach ihrem Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten bezüglich gleicher Waren un­ terschiedlichen „Verkaufskostenii22. Der weitergehenden GewährleistungsInformationsproblemen bei der Berechnung der Nettoerträge einer Rechtsarbitrage auch Koop, in: Europa, 1996, S. 59. 19 Die EG-Kommission nimmt bei Verbrauchern sogar an, daß diese - wohl auf­ grund prohibitiv hoher Informationskosten - von Auslandskäufen innerhalb der EU abgehalten werden, da die „für den Verbraucher entscheidende Frage die Unkenntnis der ausländischen Rechtsvorschriften“ sei, die ihn „zögern“ lasse, „große Einkäufe außerhalb seines Herkunftslandes zu tätigen“, EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchs­ gütergarantien, 1993, S. 93, ebenso Erwägungsgründe Abs.5 Satz 2 VbrKlsRil. 20 Selbst bei „verhandelten“ Regelungen bleibt darüber hinaus unklar, inwieweit sie durchsetzbar sind, vgl. Streit/Mangels, ORDO 1996, S. 75 f, zu den unterschiedli­ chen prozessualen Voraussetzungen u. B. 21 Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht v. 19.6.1980, BGBl 1986 II 810 ff., in Deutschland eingefügt als Art. 27 ff. EGBGB. Dazu ausführlich u. C.I.2.a). 22 EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 94. In den Erwä­ gungsgründen des Vorschlags zur EG-Produkthaftungsrichtlinie (ProdHftRil-E), ABl.EG 1976 C 241/9 ff, wurden entsprechend die „unterschiedlichen Kostenbelastun­ gen der Wirtschaft in den verschiedenen Mitgliedstaaten“ durch „unterschiedlich stren­ ge Haftungsregeln“ herausgestellt, ebenso Wandt, Produkthaftung, 1995, S. 439

ansprüchen ausgesetzte ausländische Verkäufer wird also gegenüber seinem inländischen Pendant benachteiligt23, vor allem dann, wenn es für die Käu­ fer nicht oder nur schwer erkennbar ist, daß einem aufgrund zusätzlicher Kosten höheren Kaufpreis entsprechend weitergehende Gewährleistungsan­ sprüche gegenüberstehen. Findet dagegen das heimatliche Recht des Käufers Anwendung, wie es bei einem Verbraucherkäufer das insoweit vereinheitlichte europäische In­ ternationale Privatrecht unter den Bedingungen des Art. 5 II, III EuVÜ, gleichlautend Art. 29 I, II EGBGB, vorsieht, dann muß ein Verkäufer für den Warenvertrieb in verschiedenen Mitgliedstaaten seine Vereinbarungen jeweils auf die national unterschiedlichen Gewährleistungsfolgen abstim­ men, wodurch sich seine Vertragsabschlußkosten erhöhen24. Die aufgezeigten diskriminierenden Effekte werden ganz überwiegend durch Unterschiede der zwingenden einzelstaatlichen Sachmängelregelun­ gen innerhalb der EU verursacht. Die Differenzen im dispositiven Ge^vährleistungsrecht der nationalen Rechtsordnungen führen zwar nicht un­ mittelbar zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Verkäufern bzw. Käufern mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten, da die Risikoverteilung für die Lieferung mangelhafter Ware zwischen den Partei­ en nicht abschließend festgelegt wird25, aber es entstehen zusätzliche Ko­ sten für den Vertragsabschluß, da je nach dem zugrundeliegenden Rege­ lungsvorschlag des nationalen Gesetzgebers mehr oder weniger detaillierte (Rdnr. 1048), 441 (Rdnr. 1054). Skeptisch gegenüber einer spürbaren Kostenbelastung von Herstellern durch Produkthaftungsregelungen dagegen Schmidt-Salzer, Kom­ mentar EG-Richtlinie I, 1988, Einl. Rdnr. 73. 23 Für diese Art der Diskriminierung wird häufig der unscharfe Begriff der „Wett­ bewerbsverzerrung“ verwendet, so auch von der EG-Kommission, Grünbuch Ver­ brauchsgütergarantien, 1993, S. 106, Erwägungsgrund (3) VbrKfRil, ebenso Erwä­ gungsgründe Abs. 2 2.HS VbrKlsRil. 24 EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 94, Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 118. ökonomisch betrachtet entgehen ihm die Vorteile von „economies of scale" bezüglich seiner Rechtsangelegenheiten, Kitch, in: European Business Law, 1991, S. 40 f. Ähnlich als „discourage Standardization“ Trubek, in: Consumer Law, 1987, S. 3: „The more variations among the laws ... the more costly for a seller to supply all markets“. 25 Eine mittelbare Diskriminierung könnte allerdings dadurch enstehen, daß der Partei, für die die vorgesehene Regelung ungünstig ist, eine „Änderungslast“ auferlegt wird, welche um so schwerer wiegt, je weniger Ausweichmöglichkeiten ihr hinsichtlich anderer Vertragspartner zur Verfügung stehen. Unter anderen, hauptsächlich verfas­ sungsrechtlichen Gesichtspunkten und mit einem Blick auf eine entsprechende Ausle­ gung der US-amerikanischen (Interstate-) Commerce Clause weitergehend für eine unmittelbare Anwendung der EG-Grundfreiheiten auch auf dispositives Recht v.Wilmowsky, Kreditsicherungsrecht, 1996, S. 41, ebenso ders., JZ 1996, S. 596.

Abweichungen in den Kaufvertrag aufgenommen werden müssen26. Damit wird das wichtige Ziel des abdingbaren Rechts beeinträchtigt, die Parteien von den Kosten der Ausarbeitung eines vollständigen, sämtliche Unwäg­ barkeiten erfassenden Vertrags zu entlasten27.

Bei den allein einem nationalen Recht unterliegenden innerstaatlichen Wa­ renkäufen entfallen die für „fremde“ Rechtsordnungen angeführten beson­ deren Informationsschwierigkeiten bezüglich ihres Inhalts28. Unterschiedli­ che Regelungsinhalte in den Mitgliedstaaten verursachen jedoch Differen­ zen zwischen den innerhalb dieser nationalen Rechtsräume jeweils entste­ henden Vertragskosten einschließlich der Abschlußkosten. Damit beeinflus­ sen einzelstaatliche Regelungsunterschiede den Ablauf und die Gestaltung des Warenvertriebs im Bereich der EU, denn sowohl Käufer wie Verkäufer können aufgrund ihrer durch die Freizügigkeit innerhalb des Binnenmarktes erleichterten Mobilität durch bloßen Ortswechsel statt durch einen zwi­ schenstaatlichen Kauf dessen innerstaatliche Entsprechung und damit die dort geltenden Rechtsregeln wählen29. Auf diese Weise treten die kauf­ rechtlichen Gewährleistungsregelungen der Mitgliedstaaten in Konkurrenz zueinander, wodurch ein Anpassungsdruck auf die nationalen Gesetzgeber erzeugt werden kann, diese Regelungen zu ändern30. Welches Ergebnis eine 26 Ähnlich Basedow, FS Mestmäcker, 1996, S. 354 f., ders., Vertragsrecht, 1996, S. 12 f. 27 Zu dieser Reduktion von Transaktionskosten durch „Normalbedingungen“ (nor­ mal terms) etwa Posner, Economic Analysis, 1977, S. 69 (deutsch in Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, 1993, S. 189), der insoweit dispositive Gesetzesbestimmungen mit AGB vergleicht, zu dispositivem Recht auch Craswell, StanLRev 1991, S. 363-364, Eger, in: Wirtschaftsrecht, 1993, S. 163, Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 345 f. 28 Natürlich kann es auch bei inländischen Normen erhebliche Kosten verursachen, deren Inhalt festzustellen, aber generell liegt die Informationsschwelle erheblich nied­ riger. 29 Dies gilt auch für Verbraucherkäufe im Ausland, denn in diesem Fall finden nicht nach Art. 5 II, III EuVÜ die zwingenden Regelungen des Käuferwohnsitzes Anwen­ dung. Daher stellt auch die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 104, darauf ab, in welchem Land der Kunde ein Erzeugnis kauft. Die Verkäu­ fer müßten allerdings ihre Vertriebsstruktur entsprechend ändern, etwa durch die Gründung von Filialen in anderen Mitgliedstaaten. 30 Aus der EG-Perspektive wird eine derartige Entwicklung eher negativ bewertet, so etwa Erwägungsgründe ProdHftRil-E (s. o. Fn. 22): „Entscheidungen, wo eine Ware veräußert wird, sollen von wirtschaftlichen, nicht von rechtlichen Erwägungen be­ stimmt werden“. Generell zum Ausnutzen eines „Rechtsgefälles“ Taschner/GBE, EWG-Vertrag, 1991, Rdnr. 1 vor Art. 100-102. Zu der weitergehenden Befürchtung eines Wettbewerbs der Mitgliedstaaten um die (für die Unternehmen) günstigsten

derartige „Harmonisierung von unten“ für das Gewährleistungsrecht hat, hängt vor allem von den Präferenzen der Parteien ab, sowie davon, inwie­ weit den unterschiedlichen Kosten und Preisen auch die Vor- oder Nach­ teile der jeweiligen rechtlichen Regelung gegenübergestellt werden31. Im Ergebnis fuhren damit unterschiedliche nationale Regelungen der Sach­ mängelgewährleistung beim Kaufvertrag zu Informationsproblemen für die Vertragsparteien sowie zu Benachteiligungen zwischen Käufern bzw. Ver­ käufern aus verschiedenen Mitgliedstaaten. Andererseits werden unter Um­ ständen Anpassungsprozesse bezüglich dieser rechtlichen Regelungen aus­ gelöst. Die daraus für den Binnenmarkt entstehenden Nachteile können zwar durch die Setzung einheitlicher oder aneinander angepaßter Regelungen dieses Bereichs der nationalen Kaufrechte im Wege der Rechtsangleichung auf EG-Ebene abgebaut werden. Der damit bezweckten Harmonisierungs­ funktion32 der Rechtsangleichung sind jedoch die Schwächen rechtsanglei­ chender Maßnahmen gegenüberzustellen. Diese hängen zwar stark von Art und Form ihrer Durchführung ab, umfassen aber generell neben dem Auf­ wand der rechtsharmonisierenden Regelveränderung selbst33 34 vor allem die Verluste an Flexibilität für zukünftig notwendig werdende Regelanpassungen34 . Für die Frage der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung einer EGMaßnahme zur Verringerung der Regelungsunterschiede zwischen den na­ rechtlichen Rahmenbedingungen Schwartz, FS Hallstein, 1965, S. 474 (478, 487), dazu aus ökonomischer Sicht Siebert/Koop, Aussenwirtschaft 1990, S. 443 ff. 31 Negative Folgen eines Regelungswettbewerbs sind unter dem Stichwort „race to the bottom" ursprünglich anhand des, augenscheinlich attraktiven, Gesellschaftsrechtes des US-amerikanischen Bundesstaates Delaware äußerst kontrovers diskutiert worden, dazu Kitch, in: European Business Law, 1991, S. 43 ff., ähnlich auf die EG bezogen Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Europäische Union, 1993, S. 384, unter Bezugnah­ me auf Umweltschutzstandards sowie steuerliche Vorschriften. Dagegen aus ökonomi­ scher Sicht etwa Koop, in: Europa, 1996, S. 58/59. 32 Dazu Schwartze, Bankenrechnungslegung, 1991, S. 115. 33 Einschließlich der Umstellungskosten aller bisher an die hergebrachte Regelung gewöhnten Betroffenen auf die Neuregelung, Kitch, in: European Business Law, 1991, S. 41 f., Neuhaus/Kropholler, RabelsZ 1981, S. 82, als Kosten gestiegener Rechtsun­ sicherheit Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 120, als friction und transition costs ders., U.C.DavisLRev 1998, S. 688 f., weniger differenziert Basedow, FS Mestmäcker, 1996, S. 358. 34 Behrens, RabelsZ 1986, S. 6 f., H.Schmidt, in: European Business Law, 1991, S. 58, Schmidt-Trenz, Außenhandel, 1990, S. 301, Koop, in: Europa, 1996, S. 57/58, als Erhaltung von Such- und Lernpotentialen bei Kirchner, in: Europäisches Vertrags­ recht, 1997, S. 118/119, ders., U.C.DavisLRev 1998, S. 691.

tionalen Gewährleistungsrechten lassen sich aus den vorangegangenen Überlegungen allerdings keine Anhaltspunkte gewinnen35. Zu diesem Zweck muß auf die materielle Zielsetzung von Sachmängelregelungen36 im Sinne einer Regulierungsfunktion der Rechtsangleichung eingegangen wer­ den.

b) Die Bestimmung des Inhalts einer kaufrechtlichen Gewährleistungsre­ gelung für Sachmängel auf der Ebene der EU

Sollten die noch zu ermittelnden Unterschiede zwischen den mitgliedstaat­ lichen Sachmängelregelungen für Kaufverträge eine Harmonisierung im Rahmen der EG grundsätzlich als insgesamt vorteilhaft erscheinen lassen, dann stellt sich unabhängig von Art und Form der Rechtsangleichung37 die weitere, viel schwieriger zu beantwortende Frage, wie eine derartige Maß­ nahme inhaltlich ausgestaltet werden sollte38. Anders als etwa bei den Freien Warenverkehr hemmenden Zöllen und Kontingentierungen kommt ein Außerkraftsetzen der mitgliedstaatlichen Gewährleistungsvorschriften für grenzüberschreitende Kaufverträge auf­ grund einer unmittelbaren Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des EG-Vertrags durch den EuGH39 nicht in Betracht. Dadurch würden die von den nationalen Gesetzgebern bezweckten Funktionen der Sachmän­ gelbestimmungen in einem Maße beeinträchtigt, daß es von den Vertrags­ parteien selbst nicht entsprechend kompensiert werden könnte. Aus der Sicht der EG dürften derartige Regelungsfunktionen im Allgemeininteresse „zwingende Erfordernisse^ darstellen, die auch etwaige Binnenmarktbe­ schränkungen rechtfertigen würden40, und damit eine „positive“ Anglei­ chung erforderlich machen.

35 Ähnlich Taupitz, Privatrechtsvereinheitlichung, 1993, S. 6. 36 Dazu Schwartze, Bankenrechnungslegung, 1991, S. 115. Allgemein zur Doppel­ funktionalität des Gemeinschaftsprivatrechts Klauer, Europäisierung, 1998, S. 25 ff. 37 Dazu u. D.I. 38 Zur „inhaltlichen Rechtsverbesserung“ durch Einheitsrecht allgemein Weimer, Grundfragen, 1995, S. 106 ff. Kropholler, Einheitsrecht, 1975, S. 13, hält allenfalls „Impulse zu einer moderneren Regelung“ für realistisch. 39 Reich, Verbraucherrecht, 1995, S. 48, sieht in dieser Marktöffnung ebenfalls eine, wenn auch „negative“, Integration. 40 Allgemein erstmals EuGH „Cassis de Dijon“ (s. o. Fn. 1). Zur Frage, ob Funktio­ nen des Vertragsrechts als zwingendes Erfordernis gelten, hat der EuGH noch nicht ausdrücklich Stellung genommen, da er bisher noch keine derartig starke Einwirkung von vertragsrechtlichen Regelungen auf die Grundfreiheiten angenommen hat, EuGH

Will man sich nicht allein darauf beschränken, aus den in den Mitgliedstaa­ ten bereits vorhandenen Sachmängelregelungen einen „Durchschnitts­ Standard“ festzulegen oder den (kleinsten) gemeinsamen Nenner aufzusu­ chen41, dann gilt es Kriterien zu bestimmen, an Hand derer man die Wir­ kungsweise unterschiedlicher Ausgestaltungen der kaufrechtlichen Ge­ währleistung bewerten kann, so daß Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Regelungen einschätzbar wird42. Dies ist notwendig, weil es sich im Ergebnis bei einer gezielten Rechtsangleichung43 um eine Rechtsreform auf europäischer Ebene handelt, bei der ebenso wie bei der legislatorischen Fortentwicklung des Rechts innerhalb nationaler Rechtsordnungen die rechtspolitische Zielsetzung einer inhaltlichen Qualitätssteigerung (oder zumindest Qualitätserhaltung) in Rede steht44: Die Anstrengungen bezüg­ lich einer Harmonisierungsmaßnahme der EG sind nur dann sinnvoll, wenn die Summe aus Harmonisierungsvorteilen45 und den Vorteilen einer „ver­

v. 24.1.1991, Rs. C-339/89 - Alsthom, Sig. 1991-1, S. 107, EuGH v. 13.10.1993, Rs. 93/92 - CMC Motorradcenter, JZ 1994, S. 623. 41 Soweit die Rechtsregeln der Mitgliedstaaten übereinstimmen kann man sie als „gemeineuropäisches Recht“ bezeichnen, so R.Schulze, ZEuP 1993, S. 445, 463; zu diesem Begriff auch Broggini, ZfRV 1997, S. 221 ff. Zum Teil sind diese im Vertrags­ recht auf der Ebene allgemeiner Rechtsgrundsätze durch die „Principles of European Contract Law“ (Eur-Princ), Lando/Beale, Part I, 1995, über Europa hinausgreifend durch die „Principles of International Commercial Contracts“ (UD-Princ), UNIDROIT, 1994, im einzelnen u. C.I.2.C), in der Art der US-amerikanischen Restatements zu­ sammengestellt worden, Bonell, ZfRV 1996, S. 154, aber darüber hinaus sollte, je­ denfalls bei den European Principles, auch die „beste und zweckmäßigste Regelung“ gesucht werden, Remien, ZVglRWiss 1988, S. 120. 42 Optimistischer Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 24/25, die hinsichtlich der Rechtsvereinheitlichung meinen, eine „beste Variante“ aus verschiedenen nationalen Problemlösungen bestimmen zu können, oder auch „ein aus der Vergleichung gewon­ nenes Neues, das besser und praktikabler ist als alle existenten Lösungen“. Zugrunde liegt dem der „better-law-approach" der Rechtsvergleichung, a.a.O., S. 32: „Frage nach der besseren Lösung“, „gelangen ... zu einem besseren Recht“. Zum Einfluß der ent­ sprechenden Doktrin im US-amerikanischen Kollisionsrecht Jayme, in: Österreichs Stellung, 1989, S. 182. 43 Zur Unterscheidung von einer „gewachsenen“ Harmonisierung des Rechts aus­ führlich Taupitz, Privatrechtsvereinheitlichung, 1993, S. 27 ff. 44 Den rechtsfortbildenden Charakter der Rechtsvereinheitlichung betont Behrens, RabelsZ 1986, S. 23 ff., allerdings unter Hinweis auf die inhaltlichen Einschränkungen durch notwendige (politische) Kompromisse. 45 S. o. a). Diese Vorteile können in geringerem Maße auch auf nationaler Ebene entstehen, wenn man als Harmonisierung das „Einfangen“ sich ausdifferenzierender Rechtsprechung ansieht, wie es in Deutschland etwa im AGB-Gesetz von 1976 erfolgt

besserten“ Regelung die durch die Rechtsangleichung entstehenden Nach­ teile46 überwiegen. Auch bei dieser Abwägung spielt die Art und Weise der Rechtsangleichung eine wichtige Rolle, denn sie kann die drei Parameter Angleichungsvorteile, Vorteile aus einer Qualitätssteigerung, Anglei­ chungsnachteile - in unterschiedlicher Weise beeinflussen. So begrenzt eine europäisch einheitliche Mindestregelung zwar die Harmonisierungsnach­ teile47, enthält unter Umständen auch die wesentlichen Vorteile der Anglei­ chung, trägt jedoch nur in geringem Maße - in einem Teil des betroffenen Gebietes - zu einer Qualitätssteigerung bei. Einen wichtigen Bezugspunkt für die Beurteilung unterschiedlicher rechtli­ cher Regelungen stellt ihre Funktion dar. Aus der Sicht der Rechtsverglei­ chung geht es dabei um die Frage, welches in der Lebenswirklichkeit vor­ gefundene Problem ein ins Auge gefaßter Regelungskomplex lösen soll48. Es wird also davon ausgegangen, daß ein bestimmter Interessenkonflikt in allen zu vergleichenden Rechtsordnungen besteht, und daß alle nationalen Gesetzgeber diesen als regelungsbedürftig erachten. Damit wird ein ge­ meinsamer Zweck der das Problem erfassenden unterschiedlichen einzel­ staatlichen Regelungen ermittelt, der als Vergleichskriterium dient. Nun kann versucht werden, die Eignung der verschiedenen Rechtsnormen zur Erfüllung dieses Zwecks zu beurteilen. Zur Bestimmung der Norminhalte einer rechtsangleichenden Maßnahme der EG ist ebenfalls auf die gemeinsame Funktion des zu harmonisierenden Regelungskomplexes in den betroffenen Rechtsordnungen abzustellen, da die Zielsetzung auf der europäischen Ebene insoweit keine Veränderung erfährt49. Zusätzlich sind über den konkreten Interessenkonflikt hinausgehende Auswirkungen der Regelungen mit einzubeziehen50. ist, und wie es sich in den Common Law-Staaten meist in den Acts und Statutes wider­ spiegelt. 46 S. o. a), beiFn. 31. 47 Sowohl die Änderungskosten wie die Flexibilitätsverluste sind geringer, dazu im einzelnen u. D.I. 48 So unter dem Aspekt der funktionalen Rechtsvergleichung Zweigert/Kötz, Ein­ führung, 1996, S. 11. Ähnlich für ein Abstellen auf die Funktionen des Sachrechts zur Bestimmung des (räumlich) besten Rechts im IPR eingehend Wandt, Produkthaftung, 1995, S. 246 ff. 49 Die europäische Dimension der Zielsetzung besteht in der Harmonisierungsfunk­ tion zugunsten des Binnenmarktes, s. o. a). 50 Zur Berücksichtigung derartiger Folgewirkungen bei der Gesetzgebung im Hin­ blick auf Effektivität und Effizienz Deckert, ZG 1995, S. 240 ff. Grundlegend für eine

Als allgemeine Funktion des Privatrechts und besonders des Vertragsrechts wird generell die Ermöglichung eigenverantwortlichen Handelns des Indi­ viduums unter dem Gesichtspunkt der Privatautonomie angesehen51. Zu diesem Zweck werden durch die Rechtsordnungen einerseits bestimmte Instrumente und Verfahren bereitgestellt, wobei es ausreicht, daß die Ak­ teure die Möglichkeit haben, darauf zurückzugreifen. Andererseits werden auch Schranken gegen unerwünschte Auswirkungen privaten Handelns errichtet52. Die Auswahl der Kriterien für eine funktionale Bewertung ver­ schiedenartiger rechtlicher Lösungen richtet sich auch danach, welcher dieser beiden grundlegenden Zielsetzungen eine Rechtsregel zuzuordnen ist: Im Bereich des handlungsermöglichenden dispositiven Rechts, von dem die Beteiligten abweichen dürfen, können vertragsrechtliche Regelungen danach beurteilt werden, inwieweit sie dem von den Parteien (vermutlich) vereinbarten Vertragsinhalt nahekommen, so daß auf sie ohne weiteres zu­ rückgegriffen werden kann53. Dadurch wird der Abschluß von Verträgen erleichtert und gefördert, weil dann die Parteien nicht die ganze Last „voll­ ständiger“, also detailliert ausgearbeiteter, Vereinbarungen tragen müssen und durch derartige „Reserveregelungen“ ihren Aufwand in der Phase des Vertragsschlusses senken54. Der Bereich der handlungsbeschränkenden zwingenden Vorschriften, mit denen in die privatautonome Gestaltung der Parteien eingegriffen wird, läßt sich ebenfalls an den unter idealen Umständen von den Vertragspart­ nern vereinbarten Bedingungen messen. Derartige Eingriffe in die Privat­ autonomie sind nur in solchen Fällen gerechtfertigt, in denen die Beteilig­ ten das von ihnen gewünschte Ergebnis auf dem Verhandlungswege typi­

Gesamtbetrachtung der Auswirkungen „sozialer Arrangements“ Coase, JLaw&Econ 1960, S. 44 (deutsch in Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, 1993, S. 183). 51 Dazu etwa Flume, Rechtsgeschäft, 1979, S. 10 ff., Bydlinski, Privatautonomie, 1967, S. 126 ff, L.Raiser, JZ 1958, S. 1 ff, als Teil des übergeordneten Ziels der Frei­ heitssicherung etwa bei Kausch, in: Einführung, 1991, S. 29, Kirchner/Schwartze, „Recht“, in: Lexikon, 1993, Sp. 878 f. Unter Bezug auf den Austausch von Eigentums­ rechten Behrens, Grundlagen, 1986, S. 125. Aus rechtsvergleichender Perspektive Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 314 ff, v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 13 f. (sec. 16). 52 Zu dieser „Zweipoligkeit“ des Zivilrechts etwa v.Wilmowsky, Kreditsicherungs­ recht, 1996, S. 32 f., ebenso ders., JZ 1996, S. 591 f., Kirchner, Antrittsvorlesung Berlin, 1994, MsS. 8 ff. 53 So für „product warranties“ beim Kauf Craswell, StanLRev 1991, S. 364. 54 Zu dieser Funktion dispositiven Vertragsrechts o. Fn. 27.

scherweise nicht erreichen können55. Aus diesem Grund muß der Gesetz­ geber dann eine hypothetische Vereinbarung simulieren. Eine weitere zentrale Funktion des Vertragsrechts liegt in der Möglich­ keit, die Einhaltung eines Vertrages zu erzwingen, denn dadurch werden aufwendigere Formen der individuellen Absicherung gegen das Risiko des Unterlaufens eingegangener Verpflichtungen vermieden56. Dazu reicht es jedoch nicht aus, materielle Ansprüche der Vertragsparteien auf Durchfüh­ rung des Geschäfts rechtlich anzuerkennen, sondern es muß, zumindest als Druckmittel, ein Verfahren zur Feststellung und Durchsetzung, d.h. letzt­ endlich zur Vollstreckung vertraglicher Versprechen vorgesehen werden, wie es der Zivilprozeß - einschließlich der Zwangsvollstreckung - dar­ stellt57. Damit rücken bei der hier angestrebten funktionalen Betrachtung auch die Verfahrensregeln des Zivilprozeßrechts in das Blickfeld, soweit sie sich in einem Streit um die Feststellung von Gewährleistungsansprüchen für die mangelhafte Lieferung von Waren auswirken.

Ohne bereits im einzelnen auf die innerhalb der beschriebenen generellen Funktion des Vertragsrechts bestehenden besonderen Zielsetzungen der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften einzugehen, die sinnvollerwei­ se erst als Grundlage für die Untersuchung der konkreten rechtlichen Si­ tuation in den Mitgliedstaaten zu erarbeiten sind58, können jedenfalls zwei Bewertungsebenen unterschieden werden: Zum einen berührt das Vertrags­ recht primär die Rechtspositionen der jeweiligen Vertragspartner, so daß auf deren Interessen und damit darauf abzustellen ist, welche Regelung diese idealerweise vereinbaren würden. Auf dieser Ebene wäre zu fragen, wie sich bestimmte Rechtsfolgen bei der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache auf Verkäufer oder Käufer auswirken59. Zum anderen dürfen jedoch die Anreizwirkungen auf das Verhalten von Vertragsparteien nicht

55 In ökonomischer Terminologie liegt dann ein Marktversagen vor, so für „a man­ datory rule to constrain sellers" Craswell, StanLRev 1991, S. 363, allgemein dazu Kirchner, WuW 1992, S. 584 ff. 56 So etwa Coase, Firm, 1988, S. 10, Posner, Economic Analysis, 1986, S. 80 f. (in der Fassung von 1977, S. 66, deutsch in Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, 1993, S. 186 f.). Zu den Vorteilen einer durch Vertragsrecht erzeugten Tauschsicherheit auch Schmidt-Trenz, Außenhandel, 1990, S. 192 f. 57 Zu dieser „Vorbeugefunktion“ auch die EG-Kommission, Grünbuch Zugang der Verbraucher zum Recht, 1993, S. 8. 58 S. u. A.1.1. 59 Dabei handelt es sich um die einzelwirtschaftliche Perspektive.

außer acht gelassen werden, vielmehr sind insoweit ergänzende Folgenab­ schätzungen vorzunehmen60. Daher kann auch bei der Frage nach einem besonderen Schutz für Ver­ braucher61, auf die sich derzeit auf EG-Ebene die Maßnahmen zur Anglei­ chung des Vertragsrechts und auch die Harmonisierung der kaufrechtlichen Gewährleistung62 konzentrieren, nicht nur die Verbesserung der Situation für die eine Vertragspartei, im hier untersuchten Bereich für einen Ver­ braucherkäufer, betrachtet werden63. Vielmehr müssen für diese Fälle ebenfalls die der anderen Vertragsseite, hier dem - gewerblichen - Ver­ käufer entstehenden Kosten erfaßt werden. Damit würde auch berücksich­ tigt, daß die Verstärkung des Verbraucherschutzes innerhalb der EG, wie unter anderem an der gebräuchlichen Form der Mindeststandard­ Angleichung erkennbar wird, nicht im Vordergrund steht, sondern neben dem Binnenmarkt- oder Harmonisierungsaspekt ein Sekundärziel dar­ stellt64, auch wenn Art. 100 a III EGV insoweit von einem „hohen Schutz­ niveau“ ausgeht und mittlerweile durch Art. 129 a EGV eine eigene Kom­ petenz für den Verbraucherschutz geschaffen wurde65.

Um zu bestimmen, ob und welche Harmonisierungsmaßnahmen der EG im Bereich der kaufrechtlichen Sachmängelbestimmungen für den Binnen­ markt erforderlich oder förderlich wären, ist daher zum einen das Ausmaß der Unterschiede zwischen den entsprechenden nationalen zivilrechtlichen Regelungen zu ermitteln und zum anderen abzuschätzen, wie sich die ver­ schiedenartigen Vorschriften der Mitgliedstaaten auf die Funktion der Ge­ währleistung auswirken. Nur auf dieser Basis können sowohl der Bereich

60 Derartige Kosten- und Anreizüberlegungen ermöglichen eine gesamtwirtschaftli­ che Betrachtung. 61 Zum Verbraucherkauf im einzelnen u. A.III.2.c). 62 Art. 1 VbrKfRil, dazu auch EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergaran­ tien, 1993, S. 106 ff. 63 So aber ausdrücklich die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 106: „dem europäischen Verbraucher effizienten Schutz zu gewährleisten“, etwas schwächer nunmehr Erwägungsgrund (2) Satz 3 VbrKfRil: „angemessene ein­ heitliche Mindestvorschriften“, aber auch dort Erwägungsgrund (24): „noch höhere(s) Verbraucherschutzniveau“; ebenso Erwägungsgründe Abs. 6 VbrKlsRil: „Um ... den Bürger in seiner Rolle als Verbraucher beim Kauf von Waren ... zu schützen ...“. TONNER, JZ 1996, S. 537, 540. 65 Mit anderer Tendenz Reich, ZEuP 1994, S. 393 f, der zumindest einen Grundsatz des „bestmöglichen Verbraucherschutzes“ als „gemeinschaftlichen Mehrwert an Schutz“ festlegen will.

einer Rechtsangleichung wie ihre inhaltliche Ausgestaltung ermittelt wer­ den.

2. Die Rechtsvergleichung als methodischer Ansatz

Die Herausarbeitung von Unterschieden (oder auch Gemeinsamkeiten) zwischen normativen Problemlösungen verschiedener Rechtsordnungen ist das traditionelle Arbeitsfeld der Rechtsvergleichung. Da mit der vorliegen­ den Untersuchung ein konkretes Sachproblem behandelt werden soll, näm­ lich die Lieferung mangelhafter Ware beim Kaufvertrag, müssen im Wege einer ,^[ikrovergleichun^\ die sich mit einzelnen Rechtsinstituten oder Interessenkonflikten beschäftigt66, die auf dieses Sachproblem derzeit an­ zuwendenden rechtlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten der Europäi­ schen Union einander gegenübergestellt werden67. Dabei sind aufgrund der notwendigen Unterscheidung in zwingende und abdingbare Normen68 über die eigentlichen Gewährleistungsbestimmungen des Kaufrechts hinaus auch solche Regelungen einzubeziehen, die die in­ haltliche Vertragsfreiheit der Parteien einschränken, und damit indirekt zwingendes Recht erzeugen, vor allem die Vorschriften bezüglich vorfor­ mulierter Vertragsklauseln oder Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Schließlich soll über die materielle Rechtslage hinaus auch ein Blick auf die Durchsetzbarkeit der kaufrechtlichen Gewährleistungsanspüche geworfen werden69, so daß ergänzend auf bestimmte zivilprozessuale Normen einge­ gangen werden muß.

66 So die Einteilung bei Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 4/5, die als Beispiel u. a. die Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte anführen. Zu den Schwierig­ keiten einer derartigen „Institutionenvergleichung“ Schanze, in: Handlexikon II, 1974, S. 363. 67 Zur Rechtsvergleichung als Voraussetzung für Rechtsvereinheitlichung bzw. Rechtsangleichung etwa Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 23, CONSTANTINESCO, Rechtsvergleichung II, 1972, S. 421 ff., Schanze, in: Handlexikon II, 1974, S. 365, Coing, NJW 1981, S. 2603, Mansel, JZ 1991, S. 530, konkret zum Europäischen Ver­ tragsrecht Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 106. Selbst der Rechts­ historiker R.Schulze, ZEuP 1993, S. 464, 467, hält in bezug auf eine europäische Rechtsharmonisierung die Vergleichung des aktuellen Rechtszustandes für ausschlag­ gebend, während historische Aspekte nur eine Hilfsfunktion erfüllen könnten. 68 S. o. l.a), bei Fn. 25. 69 S. o. l.b), beiFn. 57.

Im Bereich des materiellen Sachmängelrechts geht es dabei zunächst um eine Bestandsaufnahme, ähnlich wie sie - allerdings räumlich und dem Ge­ genstände nach weiter ausgreifend - Ernst Rabel vor über 40 Jahren zur Vorbereitung des Einheitlichen Kaufgesetzes erarbeitet hat70, oder wie sie in gedrängter Form die EG-Kommission für die damaligen zwölf Mitglied­ staaten im Hinblick auf eine Angleichung des Verbraucherkaufs zusammen­ gestellt hat71. Dabei werden der eigentlichen Vergleichung keine Länderberichte vor­ angestellt, wie dies durchaus noch üblich ist72, sondern es sollen die jewei­ ligen nationalen Rechtssätze sämtlicher fünfzehn Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der EU sowie ergänzend der Schweiz zu konkreten Pro­ blembereichen unmittelbar einander gegenübergestellt und ihrem Rege­ lungsgehalt nach detailliert verglichen werden73. Um die Möglichkeiten alternativer Problemlösungen besser erkennen zu können, sollen darüber hinaus nicht nur einschlägige nationale Reformüberlegungen, wie etwa die deutsche Schuldrechtsreform, sondern auch das internationale Einheits­ 70 Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), dort „Haftung wegen Sachmangels“ S. 101­ 282, wobei die Kaufregelungen „in allen Ländern der Erde“, Vorwort zu Rabel, Waren­ kauf I, 1936 (1964), dazu auch das Gesetzesverzeichnis a.a.O., S. 1 ff., einbezogen werden sollten. 71 EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, Abschnitt III.A., S. 21-58. Andere Beispiele aus dem Bereich des Kaufrechts sind etwa das im Zusam­ menhang mit der deutschen Schuldrechtsreform erstattete Gutachten von Basedow, Die Reform des deutschen Kaufrechts, 1988, in dem aus dem Gebiet der EU neben Deutschland Österreich, Frankreich, Italien, die Niederlande, England und der skandi­ navische Raum sowie außerdem die Schweiz Erwähnung finden, oder das für die Rechtspraxis gedachte Sammelwerk, herausgegeben durch Graf von Westphalen, Handbuch des Kaufvertragsrechts in den EG-Staaten, 1992, das über die damaligen Mitgliedstaaten hinaus auch von Österreich, der Schweiz sowie dem UN-Kaufrecht berichtet. Sehr viel kürzer wird das Gewährleistungsrecht bei Whincup, Contract Law and Practice, 1992, behandelt, wo sich auf S. 115-126 die englische Regelung findet und auf S. 139-146 Anmerkungen zur deutschen, französischen, italienischen, spani­ schen, dänischen und niederländischen Rechtslage. 72 Auch Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 42, empfehlen dies noch als „be­ währte“ Methode. 73 Auf diese Weise geht in dem hier behandelten Gebiet ebenfalls Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 101 ff., vor, während er die Pflichten des Verkäufers in Warenkaufl, 1936 (1964), S. 139 ff., zunächst noch nach „Systemen“ darstellt und erst danach, S. 313 ff., die „Rechtsvergleichung“ vornimmt. Gleichfalls rein problemorientiert ver­ fährt etwa Basedow, Reform, 1988. Die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgüter­ garantien, 1993, S. 21 ff, stellt dagegen unter sieben grundlegenden Problembereichen jeweils kurz die Rechtslage in den verschiedenen Mitgliedstaaten dar, eine ähnliche untergeordnete länderspezifische Gliederung findet sich bei Treitel/IECL, Remedies, 1976.

kaufrecht (UN-Kaufrechtsübereinkommen, Haager Einheitliches Kauf­ recht), die neu entwickelten Europäischen und Internationalen Vertrags­ grundregeln (Principles of European Contract Law, UNIDROIT-Principles of International Commercial Contracts) sowie Vorschläge und Endfassung eines EG-Verbraucherkaufrechtes (Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, Richtlinie über Verbrauchsgüterkauf) einbezogen werden. Für eine derartige Bestandsaufnahme bietet sich als Ausgangspunkt die jeweilige Gesetzeslage an. Auch in den Common Law-Rechtsordnungen England und Irland existiert diese Rechtsquelle im Bereich des Kaufrechts. Die Analyse der betreffenden gesetzlichen Regelungen ist jedoch durch dazu ergangene zentrale Gerichtsentscheidungen zu ergänzen, zumindest wenn durch die Rechtsprechung Zweifelsfragen geklärt oder Regelungslükken geschlossen werden. Auf Beiträge aus der Rechtswissenschaft soll dagegen nicht systematisch zurückgegriffen werden, sondern nur dann, wenn es zur Klärung der Rechtslage erforderlich sein sollte. Während die Judikatur immer auch erkennen läßt, welche Probleme in der Rechtspraxis als lösungsbedürftig erscheinen, fehlt theoretischen Abhandlungen über­ wiegend dieses empirische Element. Zudem ist schwer einschätzbar, in welchem Maße Lehrmeinungen die Rechtsentwicklung in den einzelnen Rechtsordnungen beeinflussen74. Wenn auch eine Makrovergleichung der EU-Rechtsordnungen nicht Ge­ genstand dieser Untersuchung sein kann, so sollen doch methodische Überlegungen und Ergebnisse dieser Art der Rechtsvergleichung ergänzend herangezogen werden, um die Darstellung übersichtlicher zu gestalten und eine gewisse Konzentration des Materials zu ermöglichen. Dabei muß auf Erwägungen hinsichtlich der den hier zu betrachtenden Rechtsordnungen zugrundeliegenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht näher ein­ gegangen werden, denn insoweit kann in Westeuropa von einer recht star­ ken Übereinstimmung ausgegangen werden. Trotzdem wird eine Einteilung der dort bestehenden nationalen Rechte in ,J(echtskreisey\ „Rechtssysteme“ oder „Rechtsfamilien“ aufgrund anderer Kriterien vorgenommen, und diese könnte auch bei der vorliegenden Arbeit eine gewisse Hilfestellung bieten, um eventuelle „repräsentative“ Rechtsordnungen 75 in den Vordergrund zu

74 Zur unterschiedlichen Berücksichtigung akademischer Stellungnahmen in der englischen, deutschen und französischen Rechtsprechung Kötz, in: FS Merryman, 1990, S. 183 ff. 75 Dazu Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 62.

stellen und nicht in sämtliche sechzehn nationalen Rechte in gleicher Tiefe eindringen zu müssen76. 77 Die vergleichende Gegenüberstellung verschiedener rechtlicher Regelungen im Sinne einer Ermittlung und Darstellung von Unterschieden trägt zwar dazu bei, daß ein etwaiger Harmonisierungsbedarf innerhalb der EU11 deutlicher erkennbar wird. Aussagen über den Inhalt der einbezogenen Re­ gelungen sind jedoch nur anhand eines Vergleichsmaßstabs möglich, an dem die Wirkung dieser Unterschiede beurteilt werden kann. Gerade im Hinblick auf eine Verringerung von Regelungsdifferenzen bei Aufrechter­ haltung oder Verbesserung des Regelungsgehalts ist es sinnvoll, auf die Funktion der betrachteten Rechtsnormen abzustellen78. Nur anhand einer zuvor ermittelten gemeinsamen Zwecksetzung kann beurteilt werden, wel­ che der nationalen - oder übernationalen - Lösungen in der Sprache der funktionalen Rechtsvergleichung „zweckmäßiger und gerechter“ ist79. Betrachtet man die Bestimmungen über die Behandlung von Sachmän­ geln bei Kaufverträgen unter den zentralen Funktionen des Vertrags­ rechts80, so sind sie generell an dem auszurichten, was die Vertragsparteien vernünftigerweise vereinbaren würden. An erster Stelle steht dabei die Si­ cherung ihrer Erwartung auf - vertragsgemäße - Durchführung des Ver­ einbarten, denn nur unter dieser Voraussetzung werden sie auf weitere Vertrauensschutzmaßnahmen verzichten und vom Instrument des Vertrages Gebrauch machen. Sowohl private Vertragsbestimmungen wie auch diese simulierende vertragsrechtliche Regelungen erzeugen daher Anreize zur Vertragserfüllung, zum einen durch Verhinderung bewußter Vertragsbrüche und zum anderen durch Verringerung der Risiken ungewollter Vertrags­ verletzungen81. Legt man weiterhin ein rationales Handeln der Parteien 76 Dazu näher u. A.II.l.b). 77 Dazu o. l.a). Aus anderer Perspektive geht es um die Feststellung eines „gemein­ samen Kerns“ der Rechtsordnungen, so etwa Berger, ZVglRWiss 1995, S. 228. 78 Dazu bereits o. l.b), nach Fn. 48. Zur Funktion rechtlicher Regelungen als „tertium comparationis“ noch Zweigert/Kötz, Einführung I, 1984, S. 48. 79 So Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 46. Mit dieser Wertungsfrage nach dem „besseren“ Recht verläßt man den engeren Bereich der Rechtsvergleichung und begibt sich in rechtspolitische Erwägungen - Rabel, in: Aufsätze III, 1967, S. 3, bezeichnet sie als „Rechtskritik“ -, die jedoch auch bei der Frage nach einer übernationalen Rechtssetzung im Zentrum stehen. 80 Dazu o. l.b), nach Fn. 51. 81 Posner, Economic Analysis, 1986, S. 85 (in der Fassung von 1977, S. 68 f., deutsch in Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, 1993, S. 188 f.), Köndgen/v.Randow, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 124.

zugrunde, welches sich beim Kaufvertrag als Umsatzgeschäft in erster Li­ nie auf dessen wirtschaftliche Konsequenzen richtet, dann ist zu vermuten, daß Käufer und Verkäufer diejenigen Gewährleistungsregeln wählen wür­ den, die die obengenannten Anreizfunktionen mit dem insgesamt geringsten Aufwand verwirklichen, da sie damit ihren gemeinsamen Vorteil maximie­ ren82. Daher ist zunächst die konkrete Funktion der jeweiligen Gewährlei­ stungsregel im Rahmen der genannten allgemeinen Zielsetzung des Ver­ tragsrechts zu bestimmen und danach der mit der Ausgestaltung dieser Re­ gel verbundene Aufwand für die Vertragsparteien. Den augenfälligsten Be­ standteil des Gesamtaufwandes stellt die beim Verkäufer durch die Sach­ mängelgewährleistung erzeugte Belastung dar83, denn diese greift unmittel­ bar in dessen wirtschaftliche Situation ein84. Die Verkäuferbelastung be­ wirkt auf der anderen Seite jedoch nicht unbedingt eine Entlastung des Käufers in gleichem Umfang, so daß auch dessen jeweilige Position zu be­ rücksichtigen ist.

3, Gang der Untersuchung

Im ersten Kapitel (unten A.), welches die Regelungen des materiellen Rechts behandelt, die sich auf das Problem der Lieferung einer mangelhaf­ ten Kaufsache beziehen, muß zunächst die Funktion der Sachmängelgey^ährleistung bei Kaufverträgen im Einzelnen herausgearbeitet werden (unten A.I.I.). Außerdem ist das Verhältnis der speziell auf diese Fälle zu­ geschnittenen Gewährleistungsregeln zu anderen möglichen Rechtsbehel­ fen in den jeweiligen Rechtsordnungen zu klären: In erster Linie geht es dabei um die Abgrenzung der kaufrechtlichen Schlechtleistung zu anderen Vertragsverletzungen wie Nicht- oder Spätleistung, aber auch zu Vertrags­ schlußmängeln wie Irrtum oder Täuschung sowie zu haftungsrechtlichen Ansprüchen aus Delikt oder aus der Produkthaftung (unten A I.2.).

82 Dies ist der Maßstab, mit dem vertragsrechtliche Vorschriften beurteilt werden können, dazu Köndgen/v.Randow, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 124 f., wobei die Verteilung der Kooperationsvorteile dem Preissystem überlassen wird, a.a.O., S. 125. 83 Ähnlich zu den durch Schadenskompensation, aber auch durch Schadensvermei­ dung, entstehenden Kosten Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 101 ff., Calabresi, Costs, 1970, S. 26 ff. 84 Wirtschaftliche Auswirkungen des Sachmangels selbst entstehen dagegen primär beim Käufer, spiegeln sich aber nur zum Teil in der Belastung des Verkäufers.

Auf dieser Grundlage werden dann zunächst die in den verschiedenen Rechtsordnungen vorzufindenden besonderen Ge^ährleistungsbestimmungen für Kaufverträge, d.h. die gesetzlichen Vorschriften, teilweise in ihrer Interpretation durch die jeweilige höchstrichterliche Rechtsprechung, ein­ ander gegenübergestellt und anhand ihrer Funktion beurteilt (unten A ll ). Über diesen Gesamtbestand speziell sachmängelbezogener Regelungen hinaus soll jedoch auch ermittelt werden, welche davon für die Kaufver­ tragsparteien in den verschiedenen Rechtsordnungen zwingend gelten und welche von ihnen abgeändert werden können (unten A.IIL). Dies ist zum einen erforderlich, weil durch diesen Teil der Gewährleistungsbestimmun­ gen der Binnenmarkt der EG stärker betroffen wird als durch dispositive Regelungen85, und zum anderen, weil das zwingende Recht danach beur­ teilt werden muß, ob ein Eingriff in die Vertragsfreiheit gerechtfertigt ist, da die Parteien untereinander nicht zu den gewünschten Gewährleistungs­ vereinbarungen gelangen können86. 87Damit wird das rechtsvergleichende Blickfeld um solche Normen erweitert, welche die Vereinbarungen der Parteien über die Risikozuordnung bei der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache einschränken und damit indirekt zwingendes Recht schaffen. Neben Bestimmungen des allgemeinen Kaufrechts sowie insbesondere des Verbraucherkaufs spielen dabei zunehmend auch die Regelungen für vor­ formulierte Vertragsklauseln oder Allgemeine Geschäftsbedingungen eine Rolle*7.

In einem zweiten Kapitel (unten B.) werden Vorschriften der EUMitgliedstaaten einander gegenübergestellt, die sich auf die Klärung von Streitigkeiten wegen der Lieferung mangelhafter Ware im gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahren beziehen. Damit sollen in erster Linie die Auswirkungen materiell-rechtlicher Sachmängelregelungen der Mitglied­ staaten auf den EG-Binnenmarkt eingeschätzt werden, d.h. inwieweit sich Unterschiede hinsichtlich der Möglichkeiten für die Feststellung und Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen im Rahmen nationaler ge­

85 Dazu o. l.a), bei Fn. 25. 86 Dazu o. l.b), bei Fn. 55. 87 Diese Problematik wurde bislang eher am Rande dargestellt, wie bei Rabel, Wa­ renkauf II, 1958 (1967), S. 182-198, bei BASEDOW, Reform, 1988, S. 81-85. Für die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 23, scheint es zwar eine zentrale Fragestellung zu sein, aber tatsächlich wird dazu nur ungenau und in einzelnen Absätzen auf den S. 24-30 Stellung genommen.

richtlicher Verfahren auswirken88. Eine Ausdehnung der Erörterungen auf sämtliche, die Durchsetzungschancen der Parteien beeinflussende, verfah­ rensrechtliche Unterschiede kann jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit sein, so daß eine Beschränkung auf sachmangelspezifische Prozeßnormen erfolgen soll, bei denen enge Zusammenhänge mit der Ausgestaltung des materiellen Rechts bestehen und die die kaufrechtliche Gewährleistung in besonderem Maße beeinflussen. Aus diesem Grunde ist zunächst der Ein­ fluß zivilprozessualer Regelungen auf die Funktion des Gewährleistungs­ rechts zu bestimmen (unten B.I.), bevor die als relevant erachteten Rege­ lungen dann dargestellt und in ihren Auswirkungen beurteilt werden (unten B.II). Ähnlich wie bei der Erarbeitung der materiellen Rechtslage in den ver­ schiedenen Rechtsordnungen ist auch hinsichtlich der zivilverfahrensrecht­ lichen Bestimmungen zusätzlich der Bereich des zwingenden Rechts zu klären, indem untersucht wird inwieweit die Parteien durch Vereinbarungen von den prozessual bedeutsamen Normen abweichen können (unten B.IIL). Im dritten Kapitel (unten C.) soll schließlich ermittelt werden, welche Maßnahmen hinsichtlich der kaufrechtlichen Gewährleistung für Sachmän­ gel auf EU-Ebene sinnvoll erscheinen. Dazu sind die Auswirkungen der Unterschiede zwischen den zuvor untersuchten materiellen und verfahrens­ bezogenen Regelungen der Mitgliedstaaten auf den Binnenmarkt herauszu­ arbeiten (unten C.I.I.). Dabei ist auch zu untersuchen, inwieweit Rechts­ vereinheitlichungen auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts - des­ sen Fragestellungen im Übrigen im Rahmen dieser Arbeit nicht vertieft werden - durch das Europäische Schuldvertragsübereinkommen89, des in­ ternationalen gewerblichen Kaufrechts durch das Wiener UN-Übereinkommen90 sowie von Vertragsgrundregeln91 zur Verringerung des Har­ monisierungsbedarfs beitragen (unten C.I.2.).

88 In den bisher vorliegenden Darstellungen wurden verfahrensrechtliche Bestim­ mungen fast gänzlich übergangen, so etwa bei Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958) ders., Warenkauf I, 1964 (1936), geht nur sehr kurz auf die „Stellung des Gerichts“ ein, S. 66 f. Basedow, Reform, 1988, ebenso bei Treitel/IECL, Remedies, 1976. In Graf v.Westphalen, Handbuch, 1992, wird ausführlicher allein die Frage von Ge­ richtsstandvereinbarungen dargestellt. Die EG-Kommission hat sich auf die „Frage nach der Beweislast“ beschränkt, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 56-58. 89 S. o. Fn. 21. 90 United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods v. 11.4.1980, BGBl.1989 II 588 ff., in Deutschland seit dem 1.1.1991 in Kraft. 91 S. o. Fn. 41.

Nach einer Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Regelun­ gen und Überlegungen auf EG-Ebene, die den Bereich der kaufrechtlichen Gewährleistung betreffen (unten C.II.), sind abschließend Anregungen für die künftige Gestaltung eines Europäischen Gewährleistungsrechts beim Warenkauf sowohl bezüglich der Form (unten D L) wie auch des Inhalts (unten D.II.) zu unterbreiten.

Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelgewährleistung durch WarenVer­ käufer in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz

I. Strukturierung und Eingrenzung Bislang ist ganz allgemein von „den“ Sachmängelregelungen oder auch von „der“ Gewährleistung gesprochen worden, worunter sämtliche auf den Fall der Lieferung einer mangelhaften Ware anwendbaren Bestimmungen ver­ standen wurden. Bevor verschiedene nationale Bestimmungen einander gegenübergestellt werden können, ist daher genauer zu bestimmen, welche dieser Regelungen in einen Vergleich einzubeziehen sind. Dazu ist - ausgehend vom deut­ schen Recht - zu ermitteln, welche Zwecke mit der Sachmängelgewährlei­ stung verfolgt werden, so daß das gemeinsame Problem deutlich wird, welches in allen einzubeziehenden Rechtsordnungen den jeweiligen Lösun­ gen zugrunde gelegt werden kann1. Zunächst ist also die Funktion der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften herauszuarbeiten (unten 1.). In einem zweiten Schritt ist der auf diese Weise definierte Regelungsbe­ reich dann von anderen, konkurrierenden Rechtsgebieten abzugrenzen (unten 2.), mit denen unter Umständen andere Funktionen verfolgt werden und die in die Untersuchung nicht einbezogen werden können.

1. Die Funktion der Sachmängelgewährleistung

Im weitesten Sinne wird im deutschen Recht unter der „Gewährleistung wegen Mängel der Sache“2 verstanden, daß der Verkäufer für die Qualität 1 ZWEIGERT/KÖTZ, Einführung, 1996, S. 11 2 So im deutschen BGB die Überschrift zum 2. Unterabschnitt (§§ 459 ff. BGB) des Titels „Kauf. Tausch“, ebenso in Österreich ausdrücklich in § 922 ABGB: „ ... so leistet er Gewähr“, sowie in der Schweiz in der Überschrift zu Art. 197 ff. OR.

der von ihm verkauften Sache verantwortlich ist3. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dem Verkäufer das Risiko von Sachmängeln aufzuerlegen und nicht mehr dem Käufer, wie es in allen älteren Rechtsordnungen dem römisch-rechtlichen Prinzip „caveat emptor" entsprach4, wird dabei im Grundsatz nicht mehr hinterfragt. Das wird auch dadurch deutlich, daß als Grund für die „Haftung“5 des Verkäufers ein „Vertrauen auf die Mangel­ freiheit“ durch den Käufer6, eine „Verfehlung der Zwecke des Käufers“7 oder auch die „enttäuschte Erwartung des Käufers“8 angenommen wird, ohne darauf einzugehen, warum das Vertrauen begründet, die Zweckver­ fehlung zu berücksichtigen oder die Erwartung berechtigt ist. Diskutiert wird dagegen, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer für welche Folgen der Lieferung einer mangelhaften Sache einsteht, denn der Inhalt der Verantwortung des Verkäufers ist bei den jeweiligen Rechts­ behelfen des Käufers - Wandelung oder Minderung nach § 462 BGB, bei Gattungssachen zusätzlich Ersatzlieferung nach § 480 I BGB, unter Um­ ständen Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 463, 480 II BGB oder auch Ersatz für Mangelfolgeschäden aus positiver Vertragsverletzung - ganz unterschiedlich. Der häufig erörterte „Rechtsgrund“ der Sachmän­ gelgewährleistung9 dient daher weniger als Rechtfertigung für einen allge­ mein akzeptierten Gläubigerschutz, sondern eher als Maßstab für dessen Umfang10.

3 So noch ESsER/SCHMIDT, Schuldrecht I, 1984, S. 318, ähnlich Schlechtriem, Schuldrecht BT, 1995, S. 30: „Verantwortung des Käufers“. In Österreich Koziol/ Welser, Grundriß I, 1992, S. 253: „Einstehenmüssen des Schuldners“. 4 Dazu etwa Zimmermann, Obligations, 1990, S. 307, Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 102, zum frühen deutschen Recht Wendel, Entwicklung, 1994, S. 33 ff., 42. 5 So ausdrücklich § 459 I 1, II BGB: „Der Verkäufer ... haftet“, ebenso Art. 197 I, II OR, als „Sachmängelhaftung“ ein eingeführter Begriff, etwa bei HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 1 f. vor § 459. Diese Bezeichnung, mit der üblicherweise Schadensersatz­ regelungen wegen - meist schuldhafter - Pflichtverletzung verbunden werden, dazu etwa Thiedig, in: Handlexikon I, 1974, S. 178, paßt bei Wandlung oder Minderung nicht ganz, weshalb WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 2 vor § 459, die „Haftung“ insoweit als Hinnahme dieser Rechtsbehelfe durch den Verkäufer deutet. 6 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 3 vor § 459 ff. 7 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 4 zu § 459. 8 Esser/Weyers, Schuldrecht II, 1991, S. 31, ähnlich Larenz, Schuldrecht II/l, 1986, S. 36: „berechtigte Erwartung des Käufers getäuscht“. 9 So bereits im Titel Süss, Wesen und Rechtsgrund der Gewährleistung für Sach­ mängel, 1931, außerdem etwa Baumann, AcP 1987, S. 519 ff, Herberger, Rechtsna­ tur, 1974, S. 24 ff., ähnlich Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 161: „Haftungs­ grund“. 10 In diesem Zusammenhang wird er auch bei der Abgrenzung zu konkurrierenden Ansprüchen benutzt, dazu u. 2.

Will man jedoch von einem am Zweck des Vertragsrechts orientierten Ansatz her die Funktion der Gewährleistungsbestimmungen ermitteln11, so ist zu fragen, welche Vereinbarungen Käufer und Verkäufer vernünftiger­ weise in ihre Verträge aufnehmen würden, denn nur insoweit sind gesetzli­ che Regelungen für den Inhalt von Verträgen aus der Sicht der Parteien nützlich. Damit steht im Vordergrund, welchen gemeinsamen Vorteil^2 den Vertragsparteien Regelungen bieten, die den Verkäufer bestimmte Auswir­ kungen der Lieferung einer mangelhaften Sache tragen lassen.

a) Das gemeinsame Interesse der Kaufvertragsparteien an Gewähr­ leistungsregelungen Wenn man beurteilen will, welche Bestimmungen bezüglich der Lieferung mangelhafter Ware für beide Seiten eines Kaufvertrages vorteilhaft sind, kann man sich nicht an den unmittelbaren Rechtsfolgen der Gewährleistung orientieren, denn diese begünstigen den Käufer, belasten andererseits aber den Verkäufer, und stellen sich damit für den einen als Vorteil, für den anderen als Nachteil dar. Eine Verantwortung des Verkäufers für die Qua­ lität der Kaufsache löst jedoch weitere Wirkungen aus, vor allem auf das Verhalten der Beteiligten. Diese lassen sich danach unterscheiden, ob der Verkäufer die Mängel kennt und bewußt mangelhafte Ware liefert, ob er die Mängel hätte erkennen müssen und daher fahrlässig handelt oder ob die Mängel nicht erkennbar sind und die Lieferung mangelhafter Ware damit unvermeidbar ist. Erstens reduziert eine Einstandspflicht des Verkäufers dessen Anreize zu vorsätzlichen Schlechtlieferungen13, indem ihm die daraus entstehenden Vorteile entzogen werden. An einer solchen Regelung sind offensichtlich die Käufer interessiert, weil sie ansonsten regelmäßig die Lieferung man­ gelhafter Sachen befürchten müßten. Auf der anderen Seite sind derartige Garantien aber auch für die Verkäufer vorteilhaft, denn hinsichtlich von den 11 S. o. Einleitung l.b), bei Fn. 48. 12 Zu diesem Ziel vertragsrechtlicher Regelungen Polinsky, Introduction, 1989, S. 129. Normalerweise werden die Vertragsparteien diesen Vorteil bei der Bewertung von Leistung und Gegenleistung, also vor allem bei der Preisgestaltung, berücksichti­ gen. Die Verhandlungsposition auf dem jeweiligen Markt entscheidet dabei über die konkrete Verteilung zwischen den Parteien, so etwa Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 207. 13 So etwa Köndgen/v.Randow, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 124, allgemein zur Verhinderung willkürlicher Vertragsbrüche durch „Vertragshaftung“.

Käufern nicht entdeckbarer Mängel können sie nur auf diese Weise Ver­ trauen in die Qualität ihrer Ware erzeugen und in bezug auf Qualitätsun­ terschiede konkurrieren14. Das Vertrauen des Käufers in die Einhaltung der Qualitätsangaben des Verkäufers bezüglich der Kaufsache beeinflußt auf diese Weise die Chancen des Verkäufers, das Geschäft überhaupt durchzu­ fuhren15. Die Schaffung von Käufervertrauen konkretisiert damit das all­ gemeine Ziel des Vertragsrechts, die Erwartung in die vertragsgemäße Durchführung von Vereinbarungen zu sichern und die Inanspruchnahme von Verträgen zu fordern16. 17 Zweitens beeinflußt die Belastung des Verkäufers mit dem Sachmängel­ risiko dessen Anstrengungen zur Vermeidung der Lieferung mangelhafter KaufSachen11, denn er wird sinnvollerweise nur in dem Maße Mittel zur Prävention, d.h. als bloßer Händler in erster Linie zur Überprüfung der Kaufsache aber auch in bezug auf die Auswahl seiner Lieferanten, aufwen­ den, wie diese seine aufgrund eines Sachmangels zu erwartenden Ausgaben nicht überschreiten. Bei derartigen vermeidbaren Schlechtlieferungen wer­ den rational handelnde Vertragsparteien allerdings daran interessiert sein, demjenigen die Risiken (und damit die dadurch verursachten Kosten) zu­ zuweisen, der ihren Eintritt am günstigsten verhindern oder ihre Folgen am besten mildern kann, weil dadurch die Gesamtkosten des Geschäfts niedrig gehalten werden18. Die Kaufvertragsparteien werden daher Regelungen, die dem Verkäufer die Verantwortung für vermeidbare Sachmängel auferlegen, nur befürworten, soweit dieser unter normalen Umständen das Risiko der Lieferung mangelhafter Ware besser beherrschen kann als der Käufer. Bei einem reinen (Zwischen-)Händler, der nicht auf die Kaufsache einwirkt, ist dies dann anzunehmen, wenn er den kostengünstigeren Zugang zu den Informationen besitzt, die die Beschaffenheit der Kaufsache betreffen19. 14 Posner, Economic Analysis, 1986, S. 81 (in der Fassung von 1977, S. 66 f., deutsch in: ASSMANN/KIRCHNER/SCHANZE, Ökonomische Analyse, 1993, S. 186), zur Signalisierung von Qualitätsunterschieden durch Garantien auch SCHFER/OTT, Lehr­ buch, 1995, S. 391, Priest, YaleLJ 1981, S. 1303. Das Problem der „adverse selection" stellt auch Eger, in: Wirtschaftsrecht II, 1993, S. 174, heraus, grundlegend dazu Akerlof, QuartJEcon 1970, S. 488 ff. 15 Craswell, StanLRev 1996, S. 495. 16 Zu dieser allgemeinen Funktion des Vertragsrechts s. o. Einleitung l.b), bei Fn. 56. 17 Dazu etwa Köndgen/v. RANDOW, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 124. 18 Grundlegend Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 327 ff, als rechtspolitische For­ derung bei Behrens, Grundlagen, 1986, S. 159. 19 Für eine solche Annahme generell etwa Posner, Economic Analysis, 1986, S. 90 (in der Fassung von 1977, S. 74, deutsch in: Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomi­ sche Analyse, 1993, S. 194), Trimarchi, ZHR 1972, S. 133, für produzierende Ver­

Drittens versichert der Verkäufer mit der Gewährleistung für Sachmän­ gel den Käufer gegen unvermeidbare Qualitätsabweichungen20. Auch hier ist davon auszugehen, daß rational handelnde Vertragsparteien demjenigen die Versicherungsaufgabe zuweisen, der sie mit dem geringsten Aufwand erfüllen kann21, denn die Versicherungsprämie geht ebenfalls in die zwi­ schen den Parteien zu verteilenden Gesamtkosten des Vertrages ein22. Grundsätzlich ist eine Versicherung gegen Sachmängelfolgen durch den Verkäufer dann kostengünstiger als durch den Käufer, wenn der Käufer sich risikoscheu, der Verkäufer sich dagegen risikoneutral verhält, denn dann wird der Verkäufer eine niedrigere Versicherungsprämie verlangen als der Käufer zu zahlen bereit wäre23. Nur wenn man von Verbrauchern an­ nimmt, daß sie sich regelmäßig risikoavers verhalten24, ist für sie als Käufer gegenüber vermutlich risikoneutralen gewerblichen Verkäufern eine vom Verhalten des Verkäufers unabhängige Absicherung gegen Sachmängel wirtschaftlich sinnvoll. Gäbe es keine entsprechenden gesetzlichen Regelungen für diese drei Ziel­ setzungen der Gewährleistung, so würden rational handelnde Vertragspar­ teien jeweils Klauseln mit den obengenannten Wirkungen vereinbaren. Dadurch wird jedoch mehr Aufwand verursacht, als wenn sie auf vorge­ fundene Bestimmungen zurückgreifen können25. käufer Eger, in: Wirtschaftsrecht II, 1993, S. 173, allgemein für Schuldner gegenüber Gläubigem Behrens, Grundlagen, 1986, S. 167. Ähnlich schon Müller-Erzbach, in: FS H.Lehmann, 1937, S. 147 f., neuerdings pauschal HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 3 vor § 459, nach dem der Verkäufer „näher dran“ sei, das Sachmängelrisiko zu tragen. Differenzierend Koller, Risikozurechnung, 1979, der einerseits die abstrakte Beherrschbarkeit der Qualitätsabweichung durch den Verkäufer betont, S. 148 ff, andererseits aber dem Käufer ebenfalls eine, wenn auch geringere, Beherrschbarkeit durch Überprüfung der Sache zuschreibt, S. 116 f., 118, ähnlich für Mangelfolgeschä­ den Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 389. 20 Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 388. Zur Versicherungsfunktion ausdrücklicher Garantiebedingungen Priest, YaleLJ 1981, S. 1298, 1308, Taupitz, AcP 1996, S. 141, unter Bezug auf Eigenschaftszusicherungen auch Köndgen/v.Randow, in: Allokati­ onseffizienz, 1989, S. 124. 21 Priest, YaleLJ 1981, S. 1308. 22 Damit ist jedoch nicht gesagt, daß diese Kosten über den Preis voll dem Käufer angelastet werden, so aber Alessi/Staaf, IntRevLaw&Econ 1987, S. 12, dazu auch Taupitz, AcP 1996, S. 141. 23 Craswell, StanLRev 1996, S. 495, Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 388, eben­ so Henning, JhrbWirtWiss 1995, S. 84. 24 Diesen Fall behandelt Henning, JhrbWirtWiss 1995, S. 76 ff. 25 S. o. Einleitung l.a), bei Fn. 26. Bereits Süss, Wesen, 1931, S. 52, hält gesetzli­ che Regelungen bezüglich der Lieferung mangelhafter Sachen für rechtspolitisch geboten, weil sonst das Kaufgeschäft mit Zusicherungen, Garantien und anderen Ne­

b) Die Funktionsbereiche der eigentlichen und der ergänzenden Gewährleistung Die eben geschilderten drei Funktionselemente gesetzlich vorgesehener Gewährleistungsregelungen - Vertrauenssignal, Vermeidungsanreiz, Versi­ cherung - können jedoch nicht in gleicher Weise den verschiedenen Rechtsbehelfen zugeordnet werden, da diese sich in ihren Wirkungen stark unterscheiden. Damit wird zunächst eine weitere Differenzierung nach den Rechtsfolgen der Sachmängelbestimmungen notwendig.

Die Ausgestaltung der unterschiedlichen dem Käufer zur Verfügung ste­ henden Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts erscheint, besonders im Vergleich der verschiedenen Rechtsordnungen, als „überaus kompliziert“26. Die Aktionsmöglichkeiten gegen Vertragsstörungen können jedoch grund­ sätzlich auf drei Arten zurückgeführt werden, nämlich auf ErfüllungsanSprüche27, (Schadens-)Ersatzansprüche sowie Vertragsbeendigungsansprü­ che28. Im Gewährleistungsrecht für Kaufverträge entspricht dem Erfül­ lungsanspruch die nachgeholte vertragsgemäße Lieferung der Ware durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung29, wenn man auf die Aufrechterhaltung der primären Vertragspflichten abstellt aber auch die Anpassung der Ge­ genleistung durch Minderung des Kaufpreises30. Bei den Ersatzansprüchen finden sich im Kaufrecht sowohl solche, die die ursprüngliche Leistung substituieren, als auch solche, die nur ergänzend dazu in Betracht kommen.

benabreden überlastet würde. Zum römischen Recht Zimmermann, Obligations, 1990, S. 311, nach dem ausdrückliche Garantien oder Stipulationen beim Verkauf von Skla­ ven derart üblich wurden, daß die Aedilen diese in ihr Edikt aufnahmen. 26 So Basedow, Reform, 1988, S. 61, der sogar sieben verschiedene Rechtsfolgen der Gewährleistung unterscheidet: Zurückweisung der Ware, Nachlieferung, Nachbes­ serung, Wandlung, Minderung, Schadensersatz, Kostenerstattung für Deckungskauf. 27 Anders WiedemANN/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 27 Vor § 275, da die Erfüllung im deutschen Recht unabhängig von einer Vertragsverletzung bestehe. Für die nachge­ holte Erfüllung im Kaufrecht, dazu s. u. A.II.2.C) aa), gilt dies jedoch nicht, da sie einen Sachmangel erfordert. 28 Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 3 (sec. 1). Im Common Law steht dagegen traditionell eine Zweiteilung in den als „legal remedy" vorrangigen Schadensersatz sowie die der Billigkeit entsprechende „equitable remedy“ auf Erfüllung (specific performance) im Vordergrund, dazu etwa Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 296 f, während „rejection" oder „rescission" als Sonderfall gilt. 29 Es ist aber auch eine Einordnung als nicht auf Geld gerichteter Ersatzanspruch möglich, Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 3 (sec. 1). 30 WiedemANN/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 92 Vor § 275, schafft dafür eine eigene Kategorie der „Anpassung des Vertrages“.

Schließlich wird die Vertragsbeendigung bei Sachmängeln durch die Wandlung oder durch andere rücktrittsähnliche Rechtsbehelfe ermöglicht. Eine derart auf den dogmatischen Hintergrund des jeweiligen Rechtsbehelfs abstellende Gliederung erscheint für einen Rechtsvergleich, wegen der unterschiedlichen Konzeption der Gewährleistung in den hier betrachteten Rechtsordnungen, jedoch nicht differenziert genug. Daher soll zusätzlich versucht werden, den verschiedenartigen Rechtsfolgen der Sachmängelan­ sprüche unterschiedliche Funktionen im Gesamtsystem der kaufrechtlichen Gewährleistung zuzuordnen, je nachdem ob sie einen Äquivalenzausgleich bewirken, die Erfüllungsperspektive insgesamt ins Blickfeld nehmen oder auf den Integritätsschutz des Käufers abstellen31.

aa) Ausgleich der Äquivalenzverschiebung als eigentliche Gewährleistung

Im deutschen Recht stellt die Möglichkeit des Käufers, nach § 462 BGB den Kaufpreis herabzusetzen (Minderung) oder den Vertrag rückgängig zu machen (Wandelung), die „eigentliche“ Gewährleistung32 dar, die sich nach übereinstimmender Ansicht unmittelbar auf den Ausgleich der Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung richtet33: Die Höhe des Kaufpreises wurde vom Käufer im Hinblick auf die von ihm - berechtigterweise - angenommene Beschaffenheit der Sache akzeptiert34, so daß bei einer Abweichung von dieser Beschaffenheit das von den Partei­ en angestrebte Leistungsgleichgewicht verfehlt wird.

31 Danach unterscheiden auch Esser/Schmidt, Schuldrecht 1/2, 1993, S. 20, ähnlich differenziert Baumann, AcP 1987, S. 519, 524, 525, nach mehreren Rechtsgründen der Gewährleistung. 32 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, 1984, S. 318, sprechen vom „Kern der Gewährlei­ stung“, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 17 zu § 459, bezogen auf § 459 I BGB vom „Normalfall der Sachmängelhaftung“. 33 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 4 zu § 459, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 15 vor § 459 ff, unter Bezug auf den „Grundgedanken des synallag­ matischen Vertrages“ HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 19 zu § 459, Larenz, Schuld­ recht II/l, 1986, S. 68: „angenommenes Gleichwertverhältnis besteht nicht“, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 133, ebenso in Österreich Koziol/Welser, Grundriß I, 1992, S. 253. Zur Herleitung aus der naturrechtlichen „aequalitas" Wesenberg/Wesener, Privatrechtsgeschichte, 1985, S. 151. 34 Larenz, Schuldrecht IVI, 1986, S. 37, Süss, Wesen, 1931, S. 53, ähnlich Walter, Kaufrecht, 1987, S. 133, nach dem die Parteien „bestimmte Eigenschaften der Kaufsache zugrundegelegt“ haben.

Das durch einen Sachmangel verursachte Ungleichgewicht der Kaufver­ tragsleistungen wird, wie bereits im römischen Recht angelegt35, auf zwei Arten ausgeglichen36: 37Entweder wird durch die Minderung gern. § 462 2.Alt BGB der an einer mangelfreien Leistung orientierte Kaufpreis entsprechend der Mangelhaftigkeit reduziert (Anpassung der Gegenleistung\ oder es werden durch die Wandelung gern. § 462 1.Alt BGB so­ wohl die Pflicht zur Verschaffung der Kaufsache wie die Zahlungspflicht aufgehoben bzw. in Rückübertragungsansprüche umgewandelt (Anpassung beider Leistungen). Aus dieser Perspektive stellt auch die Ersatzlieferung beim Gattungskauf gern. § 480 I BGB oder die in Deutschland im Kauf­ recht nicht gesetzlich vorgesehene Nachbesserung eine Ausgleichsregelung dar, denn in diesem Fall wird als dritte Möglichkeit die mangelhafte Lei­ stung des Verkäufers der Gegenleistung angepaßf\ Gemeinsam ist diesen Rechtsbehelfen, daß sie unabhängig von einem Verschulden bzw. Sorg­ faltsverstoß des Verkäufers eingreifen und damit eine unbedingte Ein­ standspflicht oder „Garantie“ des Verkäufers darstellen38. Auf diese Weise wird allein dem unmittelbaren Äquivalenzinteresse des Käufers an einer seiner (Gegen-)Leistung entsprechenden Leistung des Verkäufers Rech­ nung getragen39 und damit das Synallagma des Austauschvorgangs ge­ wahrt.

Mit diesen Regelungen wird in jedem Fall erreicht, daß dem Verkäufer aus willkürlicher Schlechtleistung keine Vorteile entstehen, denn er muß den 35 Dazu Girard/v.Mayr, Geschichte, 1908, S. 611 ff., auch zur Entwicklung vom alten bürgerlichen Recht hin zum Edikt der kurulischen Ädilen, Kaser, Privatrecht I, 1971, §131 II, Zimmermann, Obligations, 1990, S. 311 ff., HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 6 f. vor § 459, Wendel, Entwicklung, 1994, S. 25 ff. 36 Ebenso Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 117: „nach der einen oder anderen Richtung hin auszugleichen“, ähnlich Süss, Wesen, 1931, S. 54 f. 37 Dem steht nicht entgegen, daß der Anspruch auf Ersatzlieferung gern. § 480 I BGB nur klarstellen soll, daß der Käufer weiterhin den ursprünglichen Erfüllungsan­ Spruch geltend machen kann, so etwa BGH v. 26.10.1960, NJW 1961, S. 117, BGH v. 10.1.1958, MDR 1958, S. 232, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 2 zu §480, Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 95 f., denn auch dieser sichert allein das Interesse an der eigentlichen Leistung und damit das Äquivalenzverhältnis. 38 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, 1984, S. 318. So auch die Formulierung in den romanischen Rechtsordnungen: in Frankreich und Belgien „garantie des defauts de la chose vendue“ / „vrijwaring voor gebreken van de verkochte zaak“, Art. 1641 ff. CdeC/BW, in Italien „garanzie per i vizi della cosa venduta“, Art. 1490 ff. CceC, in Spanien „saneamiento por los defectos“, Art. 1484 ff. CgoC. 39 „receiving the promised performance“ wird auch bei Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 29 (sec. 51), als besonderer Teil des Erfüllungsinteresses („expectation inte­ rest“) hervorgehoben.

„ungerechtfertigt“ erhaltenen Teil des Kaufpreises herausgeben40, seine Leistung entsprechend in Ordnung bringen, oder er verliert sogar das ge­ samte Geschäft. Für Verkäufer, die über die Qualität der Ware informiert sind, werden dadurch die Anreize beseitigt, ihre Informationen gegenüber unwissenden Käufern zurückzuhalten41. Insofern wird das Vertrauen des Käufers darin gestärkt, daß die Kaufsache den Angaben des Verkäufers entspricht42. Darüber hinaus versichert der Verkäufer durch die genannten Rechtsbe­ helfe den Käufer auch gegen unvermeidbare Äquivalenzeinbußen, da die obengenannten Gewährleistungsansprüche verschuldensunabhängig sind und nicht etwa verlangt wird, daß der Verkäufer den Sachmangel gekannt hat oder hätte kennen müssen. Geht man aber davon aus, daß der Käufer sich zur Zahlung des Kaufpreises in der vereinbarten Höhe nur im Hinblick auf den Erhalt einer mangelfreien Kaufsache verpflichtet hat, ist eine der­ artige Versicherung notwendiger Bestandteil des Kaufvertrages43. Von den die Leistungspflichten der Parteien angleichenden Sachmängel­ regelungen geht dagegen kaum ein Anreiz für den Verkäufer aus, besonde­ re Anstrengungen zu unternehmen, um eine Lieferung mangelhafter Ware zu vermeiden. Der Verkäufer steht sich im Ergebnis bei Inanspruchnahme von Wandelung, Minderung oder nachgeholter Erfüllung durch den Käufer kaum schlechter, als wenn er den Mangel vorher aufgedeckt und offenge­ legt oder beseitigt hätte: In diesem Fall hätte er entsprechend der Minde­ rung die Sache nur zu einem niedrigeren Preis verkaufen können, das Ge­ schäft wäre entsprechend der Wandelung gar nicht zustande gekommen44 oder er hätte die Verbesserung bzw. Ersatzbeschaffung nur zu einem frühe­ ren Zeitpunkt vornehmen müssen.

40 So fuhrt Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 43 (sec. 67), die Minderung darauf zurück, daß der Verkäufer ungerechtfertigt bereichert („unjustifiably enriched") sei. 41 Wehrt, ZWS 1993, S. 96, 99, der für die Rechtsbehelfe der deutschen Sachmän­ gelgewährleistung darüberhinaus sogar einen Anreiz des Verkäufers zur Offenlegung feststellt. 42 S. o. a), bei Fn. 14. 43 Ohne eine derartige Absicherung der Erfüllung wäre der Vertrag sinnlos, ebenso Friedmann, LawQuartRev 1995, S. 629: „Contracts are made in order to be performed“, unter Bezug auf Cehave NV v. Bremer Handelsgesellschaft mbH (1976) 3 All E.R. 739 C.A. 44 Die Pflicht zum Ersatz der Vertragskosten, § 467 Satz 2 BGB, dazu u. II.2.C) bb) (3), erzeugt allerdings eine gewisse Anreizwirkung zur Vermeidung dieses Rechtsbe­ helfs.

bb) Ausgleich der weiteren Vermögensnachteile des Käufers als ergänzende Gewährleistung Über den Ausgleich des Äquivalenzinteresses hinaus kann der Käufer auf­ grund von Gewährleistungsbestimmungen einen - ergänzenden - Geldaus­ gleich für weitere Beeinträchtigungen durch die Lieferung mangelhafter Ware verlangen. Dazu gehören zum einen Ersatzansprüche, die den Käufer wirtschaftlich so stellen, als ob er eine mangelfreie Kaufsache zur Verfü­ gung gehabt hätte, und zum anderen solche, die Beeinträchtigungen am Bestand seiner Rechtsgüter ausgleichen sollen.

(1) Sicherung des Erfüllungsinteresses

Die Möglichkeit des Käufers, unter den zusätzlichen Voraussetzungen einer Zusicherung oder eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers nach § 463 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu erhalten, kann als eine Art „ergänzende“ Gewährleistung45 bezeichnet werden. Damit sollen über das unmittelbare Äquivalenzinteresse des Käufers an einer mangelfreien Kaufsache hinausgehende Vermögensverluste ausgeglichen werden. Ge­ genstand des Schadensersatzanspruchs ist also das volle Erfüllungsinteres­ se des Käufers, welches neben dem Interesse an der versprochenen Lei­ stung selbst - der mangelfreien Kaufsache - auch das Interesse an einer bestimmten Verwendung dieser Leistung umfaßt46. Die Einschränkung der beabsichtigten Verwendung verursacht Nutzungsausfall oder auch entgan­ genen Gewinn. Außerdem können alle Aufwendungen des Käufers einbe­ zogen werden, die er aufgrund des Sachmangels vornimmt, soweit sie nicht bereits über das Äquivalenzinteresse abgedeckt sind47. Den beiden Varianten dieser weitergehenden Einstandspflicht des Ver­ käufers im deutschen Recht werden unterschiedliche Zielsetzungen zuge­ schrieben. Die Zusicherung bestimmter Eigenschaften der Kaufsache nach 45 Nach WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 463, handelt es sich um einen „besonders qualifizierten Fall der Gewährleistung“, während HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 128 zu § 459, darin eine „Erweiterung der Haftung“ sieht, ähnlich bereits Süss, Wesen, 1931, S. 57: „Heraufsetzung der Leistung des Verkäufers“. Auch Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 129, 130, versteht § 463 BGB als Gewährleistungs­ anspruch. Ähnlich auf der Basis des römischen Rechts Zimmermann, Obligations, 1990, S. 319: „extended liability“. 46 Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 29 (sec. 51), erkennt darin die Unterscheidung zwischen dem eigentlichen Schaden (damnum emergens) und den entgangenen Vortei­ len (lucrum cessans). Medicus, in: FS Kern, 1968, S. 325, beschreibt es als das, „was der Vertrag zusätzlich bringen soll“. 47 Bei Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 30 (sec. 53), als „incidential damages“, die er weder dem „expectation“ noch dem „reliance interest“ zurechnet.

§ 463 Satz 1 BGB wird allgemein als vertragliche „Garantie“ angesehen48, wobei es allerdings - abgesehen von den unterschiedlichen Rechtsfolgen schwierig ist, diese Art des verschuldensunabhängigen Einstehens des Verkäufers von seiner ebenfalls verschuldensunabhängigen Verantwortung für Fehlerfreiheit gern. § 462 BGB zu unterscheiden49. Eine Ursache für die Doppelgleisigkeit dieser Regelungen liegt in ihrer Herkunft aus dem römi­ schen Recht, denn während Wandlung und Minderung von den Aedilen kraft ihrer (Markt-)Polizeigewalt vorgeschrieben wurden50, konnte sich der Verkäufer auch schon damals durch eine ausdrückliche und formelle Erklä­ rung, die Stipulation51, rechtsgeschäftlich auf die Richtigkeit bestimmter Angaben verpflichten52. Der entscheidende Unterschied zwischen der „ein­ fachen“ Garantie des Verkäufers für die vereinbarten Eigenschaften der Kaufsache, die er mit jedem Kaufvertrag übernimmt, und der besonderen Garantie aufgrund einer Zusicherung liegt daher in der Intensität der Er­ klärung'. Der Verkäufer macht bei der Zusicherung mit Nachdruck deut­ lich, daß er die Verantwortung für mehr als den üblichen bloßen Ausgleich des unmittelbaren Äquivalenzinteresses übernimmt53. Die Rechtsprechung kleidet diese Voraussetzung in die Formel, es müsse erkennbar sein, daß der Verkäufer für alle Folgen des Fehlens einer Eigenschaft einstehen wolle54. Die Erweiterung des Umfangs der Einstandspflicht auf das gesamte Erfül­ lungsinteresse des Käufers führt dazu, daß der Verkäufer einen entspre­ 48 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 139 zu § 459, Rdnr. 2 zu § 463, Honsell/ Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 463, Baumann, AcP 1987, S. 526. Diese Einord­ nung prägt auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, vgl. Motive II, 1888, S. 225, Mugdan, Materialien II, 1899, S. 126, Jakobs/Schubert, Beratung II, 1978, S. 137 f. Abschwächend WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 3 zu § 463: „Garantie­ ähnlichkeit“. 49 Dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 9 Vor § 459. Jakobs, Ordnung, 1985, S. 132 ff., leitet daraus die Grundregel einer Haftung des Verkäufers nach § 459 II, 463, 480 II BGB ab und sieht die Gewährleistung nach § 462 BGB als Ausnahme an. 50 Girard/v.Mayr, Geschichte, 1908, S. 613. Wendel, Entwicklung, 1994, S. 27, bezeichnet sie aus heutiger Sicht als quasi öffentlich-rechtlich. 51 Insbesondere als stipulatio duplae, dazu Girard/v. Mayr, Geschichte, 1908, S. 612, Kaser, Privatrecht I, 1971, § 131 I. 52 Dazu auch Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 133, Wendel, Entwicklung, 1994, S. 26. Zu dicta und promessa Medicus, in: FS Kern, 1968, S. 317, Zimmer­ mann, Obligations, 1990, S. 319. 53 Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 124 ff. 54 BGH v. 13.12.1995, NJW 1996, S. 836 (837), BGH v. 5.7.1972, BGHZ 59, S. 158 (160), RG v. 5.10.1939, RGZ 161, S. 330 (337), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 56 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 139 zu § 459.

chend hohen Anreiz hat, die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache zu vermeiden. Die besonderen Anforderungen einer Zusicherung können dabei auch als Hinweis an den Verkäufer angesehen werden, eine Abwägung zwischen dem Risiko sowie seinen Möglichkeiten, es zu beherrschen, vor­ zunehmen55. Hinsichtlich nicht vermeidbarer mangelhafter Lieferungen bietet § 463 Satz 1 BGB darüber hinaus dem Käufer eine Versicherung durch den Ver­ käufer, in diesem Fall auch gegen Nachteile, die über das Interesse an der Kaufsache selbst hinausgehen. Dabei bewirkt die Zusicherung, daß der Käufer nur dann in diesem Umfang über den Kaufpreis abgesichert wird, wenn es in besonderer Weise erkennbar geworden ist. Als Grund für die verschärfte Einstandspflicht eines arglistig handelnden Verkäufers nach § 463 Satz 2 BGB wird überwiegend eine besondere Abschreckung von derart unredlichem Verhalten angeführt56. Auch dieser Zweig der Sachmängelgewährleistung kann auf das römische Recht zu­ rückgeführt werden, wo mit der actio empti eine Sanktion gegen den Ver­ käufer zur Verfügung stand, der wissentlich eine fremde oder dinglich belastete Sache verkauft hatte57. Die Funktion dieser Regelung ist daher auf eine stärkere Zurückdrängung von willkürlichen oder geplanten Lieferungen mangelhafter Kaufsa­ chen gerichtet, während sie bei nur vermeidbaren sowie bei unvermeidba­ ren Mängeln nicht zur Anwendung kommt.

55 Auch wenn die Zusicherung keiner besonderen Form bedarf, erfüllt sie ähnlich wie Formvorschriften insofern eine Informations- und Warnfunktion für den Verkäufer, so daß ihre „stillschweigende“ Variante nur in eng begrenzten Ausnahmefallen, so auch BGH v. 28.2.1996, WM 1996, S. 1007, BGH v. 20.3.1996, WM 1996, S. 1592, in Frage kommt. 56 Motive II, 1888, S. 229, Mugdan, Materialien II, 1899 (1979), S. 126, Jakobs/ Schubert, Beratung II, 1978, S. 138: „mit empfindlichen Nachtheilen zu bedrohen“, Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 128: „besondere Treuewidrigkeit“, Baumann, AcP 1987, S. 524: „dolose Einwirkung des Verkäufers“, ähnlich Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 35 (sec. 58), gegen derartige Strafzwecke im Zivilrecht Süss, Wesen, 1931, S. 88. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 3 zu § 463, sieht dagegen in der Haftung auf das Erfüllungsinteresse die regelmäßig angemessene Sanktion, so daß die Regelung des § 462 BGB als Milderung zugunsten des Verkäufers erscheint. 57 Kaser, Privatrecht I, 1971, § 13114. Allerdings haftete der Verkäufer zu dieser Zeit nur auf das negative Interesse, zusätzlich aber auch für Mangelfolgeschäden, Wendel, Entwicklung, 1994, S. 29. Auf die Verbindung zur allgemeinen dolusHaftung verweist Medicus, in: FS Kem, 1968, S. 317.

(2) Haftung für Integritätsschäden

Ein weiterer Bereich der Sachmängelregelungen erfaßt die Verantwortung desVerkäufers für Gefahren58, die von der mangelhaften Sache vor allem für andere Sachen aber auch für Personen ausgehen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine ergänzende Gewährleistung, auch wenn die durch den Sachmangel entstehenden sogenannten Begleit- oder Mangelfolgeschäden59 an anderen Rechtsgütern des Käufers vom Erfüllungsinteresse des Käufers unterschieden werden60. Sie sind vom Verkäufer nach § 463 BGB zumin­ dest dann zu ersetzen, wenn die Zusicherung auch diese Risiken erfassen sollte61. Im Falle der Arglist neigt die überwiegende Ansicht in der Litera­ tur hinsichtlich dieses Integritätsinteresses ebenfalls zum Schadensersatz aus § 463 BGB62. In der Praxis werden derartige Fälle jedoch von der positiven Vertragsverletzung erfaßt63, die bereits bei einfachem Verschul­ den eingreift, so daß die gesetzliche Regelung dort keine Rolle spielt. Soweit Zusicherung bzw. Arglist für den Ersatz der Integritätsschäden vorausgesetzt werden, bleibt es bei den obengenannten Zielsetzungen der Regelungen, also der Abschreckungs- sowie der Versicherungsfunktion. Die Ergänzung durch die Verschuldensanforderungen der positiven Ver­ tragsverletzung wirkt dagegen auch auf vermeidbare Lieferungen mangel­ hafter Waren und schafft Anreize für den Verkäufer, die Kaufsache zu überprüfen und eventuelle Mängel offenzulegen, da er ansonsten für die 58 Esser/Schmidt, Schuldrecht I, 1984, S. 447, sprechen noch von „Sachgefahren“. 59 Dieser Begriff ist schon deshalb mißverständlich, weil auch Nutzungsausfall so­ wie entgangener Gewinn erst als Folge des Mangels, allerdings allein im Vermögen des Käufers, entstehen. 60 BGH v. 16.9.1987, BGHZ 101, S. 337 (339), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 42 zu § 463, Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 131, 133, ausdrücklich als „übererfüllungsmäßiges Interesse“ bei Fikentscher, Schuldrecht, 1992, S. 267, 435. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 31 (sec. 53), bezeichnet diese Schäden als spezielle „consequential damages“. Ähnlich HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 22 ff. Anh § 463, der das Erfüllungsinteresse jedoch, wie BGH v. 2.6.1980, BGHZ 77, S. 215 (218), mit dem Äquivalenzinteresse gleichsetzt, ebenso noch Esser/Schmidt, Schuldrecht I, 1984, S. 446 f. Nach Medicus, in: FS Kem, 1968, S. 329 f, wird durch die Differen­ zierung des Erhaltungsinteresses der Bereich des Erfüllungsinteresses enger. 61 BGH v. 5.7.1972, BGHZ 59, S. 158 (161/162), BGH v. 29.5.1968, BGHZ 50, S. 200 (203 f), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 29 zu § 463, Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 60 zu § 463. 62 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 31 zu § 463, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 55 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 65 zu § 463. 63 Dagegen nicht die unmittelbaren Mangelschäden, BGH v. 9.2.1994, WM 1994, S. 1119 (1121), BGH v. 25.1.1989, WM 1989, S. 575 (577), BGH v. 16.9.1987, BGHZ 101, S. 337 (339), BGH v. 2.6.1980, BGHZ 77, S. 215 (217), WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 42 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 22 ff.

daraus entstehenden negativen Folgen einzustehen hat. Von der Gesamtsi­ tuation des Vertrages aus betrachtet lohnt es sich für die Parteien aller­ dings nur dann, dem Verkäufer überhaupt derartige Anreize zu vermitteln, wenn dieser grundsätzlich gegenüber dem Käufer die Schadensursachen besser erkennen kann.

2, Die Stellung der Sachmängelgewährleistung innerhalb des Schuldrechts und ihr Verhältnis zu konkurrierenden Regelungen Sucht man nach einer allgemeinen schuldrechtlichen Einordnung für die von den Sachmängelregelungen in den verschiedenen Kaufrechten erfaßten Fälle, so kann man darin unter vertragsrechtlichen Gesichtspunkten64 einer­ seits ein Problem des Vertragsschlusses sehen, weil der Käufer - im Nach­ hinein betrachtet - einem Vertrag zugestimmt hat, den er im Wissen um die Fehlerhaftigkeit der Ware so nicht geschlossen hätte, andererseits ein Pro­ blem der Vertragsdurchführung, weil die Leistung des Verkäufers nicht mit den Vereinbarungen zwischen den Parteien übereinstimmt65. In den kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften wird die Lieferung mangelhafter Kaufsachen von allen hier betrachteten Rechtsordnungen bis auf Portugal66 - als Störung der Durchführung des Kaufvertrages und nicht des Vertragsabschlusses behandelt67. Dies wird besonders deutlich in den Ländern, die - wie die Common Law Staaten - nur einen einheitlichen Vertragsstörungsbegriff kennen68, oder die umgekehrt - wie die skandinavischen Rechte - aus den Sachmängelbe64 Eine Zuordnung zum Deliktsrecht wird dagegen allein für den Bereich der ergän­ zenden Gewährleistung erwogen, vor allem soweit es um Integritätsschäden geht, dazu u. c). 65 Diese beiden Möglichkeiten unterscheidet auch Basedow, Reform, 1988, S. 22. Bei genauerer Betrachtung fuhrt das dazu, daß sämtliche Abweichungen der Durchfüh­ rung des Vertrages von den vertraglichen Abmachungen auch auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages zurückgeführt werden können, jedenfalls wenn sie so gravierend sind, daß die jeweils andere Seite in Kenntnis dieser Umstände den Vertrag vermutlich nicht eingegangen wäre. 66 Dort schließen sich die Gewährleistungsregelungen an das Irrtumsrecht an, s. u. b) aa), bei Fn. 134. 67 Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 107, hält diese Zuordnung für die „gesün­ deste“. 68 So werden in England und Irland Sachmängel als Fälle des Vertragsbruchs ange­ sehen („breach of contract“), auch wenn in den Sale of Goods Acts dieser Staaten etwas spezieller von „breach of condition/warranty" die Rede ist, ähnlich als „breach of a term“ etwa bei Forde, Commercial Law, 1990, S. 23.

Stimmungen der Kaufgesetze einen Oberbegriff der Vertragsstörung entwikkeln69. Es gilt aber auch dort, wo die Gewährleistung den Regelungen für andere Abweichungen von der geplanten Vertragsdurchführung gleichge­ stellt wird70. Nicht so klar scheint diese Einordnung in den übrigen Staaten,

welche die kaufrechtlichen Sachmängelregelungen als Sonderfall stark von allgemeinen Bestimmungen für Vertragsverletzungen trennen71. Aber auch

dort werden die Sachmängelregelungen letztendlich dem Bereich der Ver­ tragsstörungen zugeordnet72, wobei - vor allem im deutschen Recht - nur

69 So im dänischen Recht zusammen mit Verzug und Rechtsmangel als Vertragsver­ letzung („mislighodelse"), Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 82, oder im schwedi­ schen Recht als Vertragsbruch („kontraktsbrott"). Zur Entwicklung derartiger allge­ meiner Prinzipien Kellner, in: Introduction, 1988, S. 243. 70 So ausdrücklich in den Niederlanden, wo nach dem neuen Zivilgesetzbuch Män­ gel der Kaufsache zu den besonderen Folgen der Nichterfüllung der Verkäuferpflichten („bijzondere gevolgen van niet-nakoming van de verplichtigen van de verkoper") in den Art. 7:20 ff. BW fuhren, die die (allgemeinen) Folgen der Nichterfüllung („gevol­ gen van het niet nakomen van een verbintenis") in den Art. 6:74 ff. BW ergänzen. Im Ergebnis gilt dies auch für Österreich, denn dort wird die Gewährleistung für alle gegenseitigen Verträge, wenn auch dem Wortlaut nach nur für die entgeltliche Überlas­ sung von Sachen, also für Kauf und Tausch, in den §§ 922 ABGB einheitlich geregelt, Koziol/Welser, Grundriß Schuldrecht AT II, 1992, S. 253, und nicht nur als Rege­ lung einer Leistungsstörung aufgefaßt, a.a.O., S. 252, sondern weitergehend als Nicht­ erfüllungsanspruch, DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 1, 2 zu § 922. 71 In Deutschland „Gewährleistung wegen Mängel der Sache“ §§ 459 ff. BGB ge­ genüber Unmöglichkeit und Verzug §§ 275, 279 ff, 323 ff. BGB, ebenso in Griechen­ land (Sachmangel, Art. 534 ff AK, gegenüber Unmöglichkeit und Verzug, Art. 335 ff, 362 ff, 380 ff. AK), ähnlich in Portugal („coisas defectuosas“, Art. 913 ff. CgoC, gegenüber „impossibilidade" und „mora“, Art. 804 ff, 813 ff. CgoC). In Frankreich und Belgien Gewährleistung wegen Fehlern der Sache („garantie des defauts de la chose vendue“ / „vrijwaring voor gebreken van de verkochte zaak“, Art. 1641 ff. CdeC/ BW, gegenüber Nichterfüllung „inexcution" l „niet nakoming“, Art. 1146 ff. CdeC/ BW), ebenso in Italien („garanzie per i vizi della cosa venduta”, Art. 1490 ff. CceC, gegenüber „inadempimento", Art. 1218 ff. CceC), in Spanien („saneamiento por los defectos“, Art. 1484 ff. CgoC, gegenüber „incumplimiento", Art. 1124 CgoC) sowie in der Schweiz („Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache“, Art. 197 ff. OR, gegen­ über „Folgen der Nichterfüllung“, Art. 97 ff. OR). 72 In Deutschland als Fall der Schlechtleistung, einem besonderen Typ der Lei­ stungsstörung, so etwa Fikentscher, Schuldrecht, 1992, S. 258 f., 421 f., oder als Durchführungshindernis, so noch Esser/Schmidt, Schuldrecht I, 1984, S. 301, 318, ähnlich Baumann, AcP 1987, S. 519, der, allerdings nur in § 459 I BGB, eine „Sankti­ on für nichtvertragsgemäße Leistung“ sieht. Weitergehend Flume, Eigenschaffsirrtum, 1948 (1975), S. 35 ff, der zwar keine Erfüllungspflicht des Verkäufers zur Lieferung einer mangelfreien Sache annimmt, aber trotzdem den „breach of contract“, a.a.O., S. 41, einer speziellen Leistungspflicht mit besonderen Rechtsfolgen, ausdrücklich als Vertragsverletzung HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 19 vor § 459. Ebenso etwa in Italien als schlechte Durchführung („cattiva esecuzione“) des Vertrages bzw. Pflicht­

umstritten bleibt, ob sie einen Fall der Nichterfüllung in besonderer Weise erfassen, weil der Verkäufer eine Pflicht zur mangelfreien Lieferung ver­ letzt, oder ob sie auf eine eigenständige Vertragsstörung abzielen73.

Auch in den verschiedenen Vereinheitlichungsprojekten zum internationa­ len Kauf- und Vertragsrecht werden Sachmängel den Vertragsstörungen zugeordnet. Nach dem Internationalen Kaufrecht war und ist der Verkäufer nicht nur

verpflichtet, die Ware zu liefern (Art. 30 CISG, früher Art. 18 EKG), son­

dern er hat außerdem eine den Anforderungen des Vertrages entsprechende bzw. vertragsgemäße Ware zu liefern (Art. 35 I CISG, früher Art. 19 I, 33 I EKG). Allerdings unterscheiden sich die Rechtsfolgen eines Verstoßes

gegen die „Vertragsmäßigkeit der Ware" (conformity of the goods) zum

Teil von denen einer unterbliebenen „Lieferung der Ware“ (delivery of the

goods). In den Europäischen Vertragsgrundregeln wird noch weitergehend ein einheitlicher Begriff der Nichterfüllung zugrunde gelegt, Art. 3.101 EurPrinc74; ebenso in den Unidroit-Principles of International Commercial

Contracts, Art. 7.1.1 UD-Princ (non-performance), wo ausdrücklich die fehlerhafte Erfüllung (defective performance) einbezogen wird75.

Weil es sich in allen untersuchten Rechtsordnungen bei den Sachmängelbe­ stimmungen um Sonderregeln für einen bestimmten Fall der Abweichung der tatsächlichen von der vereinbarten Durchführung eines Vertrages han­ delt, taucht in den Rechtsordnungen, in denen allgemeine Vorschriften für

Verletzung („violazione dell’impegno"), Bianca, vendita, 1993, S. 703 (n. 317), 710 (n. 320). 73 Diese Frage nach der „Rechtsnatur“ der Gewährleistung wird in Deutschland von der Erfüllungstheorie im ersten Sinne beantwortet, so Graue, Lieferung, 1964, S. 278 ff., Herberger, Aufgabe, 1974, S. 76 ff, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 169 ff. vor § 459. Dieser steht die Gewährleistungstheorie gegenüber, dafür Süss, Wesen, 1931, S. 10 ff, Larenz, Schuldrecht II/l, 1986, S. 68, Esser/Weyers, Schuld­ recht II, 1993, S. 31, dazu m.w.N. WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 145 ff. vor § 459; in Österreich eindeutiger im Sinne der Erfüllungstheorie, s. o. Fn. 70, zum Streitstand in der Schweiz Honsell/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 vor Art. 192-210, in Griechenland Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 86 f., in Italien Bianca, vendita, 1993, S. 703 f. (n. 317). Zu den praktisch wichtigsten Auswirkungen auf die Abgrenzung zwischen Gewährleistung und allgemeinem Leistungsstörungsrecht u. a). 74 Lando/Beale, Principles I, 1995, S. 120. 75 UNIDROIT, Principles, 1994, S. 156.

Vertragsstörungen existieren76, die Frage der Abgrenzung dieser beiden Regelungsbereiche auf (unten a.). Aufgrund des Bezugs zum Zustande­ kommen des Vertrages sind außerdem etwaige Konkurrenzen zu den in allen Rechtsordnungen vorzufindenden Irrtumsregeln sowie zum Verschul­ den bei Vertragsschluß zu beachten (unten b.). Soweit dem Verkäufer eine Pflichtverletzung anzulasten ist, können über das Vertragsrecht hinausge­ hend grundsätzlich auch haftungsrechtliche Ansprüche in Betracht kom­ men (unten c.). Zwar sollen im weiteren in erster Linie die kaufrechtlichen Spezialbe­ stimmungen bezüglich der Sachmängel in den verschiedenen Rechtsord­ nungen einander gegenübergestellt werden, so daß auf andere Regelungen nur eingegangen wird, soweit sie diese ergänzen. Die Frage einer Harmoni­ sierung der genannten anderen Bereiche des allgemeinen Zivilrechts kann dagegen nicht Gegenstand dieser Untersuchung sein77. Im folgenden soll allerdings ein Überblick gegeben werden, inwieweit auf das Problem der Lieferung mangelhafter Kaufsachen Regelungen au­ ßerhalb des Gewährleistungsrechts angewendet werden, um zu klären, ob dadurch die binnenmarktrelevanten Unterschiede zwischen den Rechtsord­ nungen vergrößert werden. Außerdem kann auf diese Weise die Wirksam­ keit einer auf das Kaufrecht begrenzten Rechtsangleichung eingeschätzt werden78. a) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu allgemeinen Regelungen für Vertragsstörungen

Zu einer Überschneidung der kaufrechtlichen Gewährleistungsbestimmun­ gen mit generellen Vorschriften für Leistungsstörungen bei Verträgen kann es vor allem in zwei Bereichen kommen: Zum einen ist zu fragen, ob eine mangelhafte Lieferung als Nichterfüllung behandelt werden soll (unten aa.),

76 Dazu gehören vor allem die oben in Fn. 71 aufgeführten Rechte, aber auch Öster­ reich und die Niederlande. 77 Zu den Vertragsverletzungsregeln unter dem Begriff der Nichterfüllung Kapitel 3 und 4 Eur-Princ, Lando/Beale, Principles I, 1995, S. 120 ff., 152 ff., zum Irrtum Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 260 ff., sowie Art. 3.4 ff. UD-Princ, UNIDROIT, Prin­ ciples, 1994, S. 68 ff., zum Deliktsrecht v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 362 ff. 78 Für die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 23, sind „Fragen im Zusammenhang mit der Haftung für fehlerhafte Produkte ... und ... mit der Übergabeobliegenheit“ zwar „von Interesse“, behandelt werden jedoch nur die „garan­ tierechtlichen Rückgriffsmöglichkeiten".

zum anderen, ob in diesem Fall allgemeine Regelungen für die Schlechter­ füllung zur Anwendung kommen (unten bb.). aa) Gewährleistung und Nichterfüllung

Die Anwendung genereller Rechtsbehelfe wegen einer ausgebliebenen Ausführung des Vertrages, also bei Nichterfüllung, neben der eigentlichen Sachmängelhaftung wird teilweise kaum problematisiert. Dies ist in England und Irland sowie in den skandinavischen Rechtsord­ nungen der Fall, da dort ein einheitlicher bzw. weitgehend abgestimmter Vertragsstörungsbegriff existiert79.

Schwierigkeiten ergeben sich dagegen in den mitteleuropäischen und ro­ manischen Vertragsrechten aufgrund ihrer starken Trennung von Gewähr­ leistung und allgemeinem Leistungsstörungsrecht.

Da Nichterfüllungsregeln nur dann geltend gemacht werden, wenn dadurch dem Käufer über die kaufrechtlichen Rechtsbehelfe hinausgehende An­ sprüche aus der Lieferung einer mangelhaften Sache zustehen, wirkt sich das allgemeine Leistungsstörungsrecht nur insoweit auf die hier zu ermit­ telnden Unterschiede zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen aus. Die allgemeinen Bestimmungen für die völlig unterbliebene Vertragserfül­ lung unterscheiden sich vor allem in zwei wichtigen Punkten von der kauf­ rechtlichen Gewährleistung 80: Erstens unterliegen die Nichterfüllungsan­ sprüche einer im Vergleich zum Kaufrecht81 82 erheblich längeren Verjährungsfrisf2. Auf der Rechtsfolgenseite bieten sie zweitens regelmäßig einen

79 Vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 25, Zimmermann, JZ 1995, S. 481, s. o. Fn. 68, 69. 80 Außerdem besteht bei der Nichterfüllung keine Rügepflicht, wie sie im schweize­ rischen und italienischen Kaufrecht oder beim deutschen, österreichischen sowie spanischen Handelskauf für Ansprüche aus Sachmängeln vorgesehen wird, dazu aus­ führlich u. B.II.2.a) aa). Sie wird jedoch überwiegend entweder generell, so nach der schweizerischen Rechtsprechung für den Nichterfüllungs-Schadensersatz des Art. 97 OR, HoNSELL/KommSchw PrivR, OR I, 1992, Rdnr. 6 Vorbem zu Art. 197-210, oder für den wichtigsten Fall der Falschlieferung, so beim deutschen und österreichischen Handelskauf, jeweils § 378 HGB, übertragen. 81 Dazu u. B.II.2.a) bb) (1). 82 Sie reicht von 30 Jahren in Deutschland (§ 195 BGB) sowie Frankreich und Bel­ gien (Art. 2262 CdeC/BW), über 20 Jahre in Portugal (Art. 309 CgoC) und 15 Jahre in Spanien (Art. 1124 CgoC) bis zu 10 Jahren in der Schweiz (Art. 127 OR) und in Italien (Art. 2936 CceC).

Erfüllungsanspruch, der bei Sachmängeln selten durch Nachbesserung83, häufiger, so etwa in fast allen mitteleuropäischen Rechten bei Gattungs­ käufen, über eine Ersatzlieferung84 zu erreichen ist. Wird also eine Anwen­ dung der Nichterfüllungsbestimmungen auf Sachmängelfälle zugelassen, so werden diese beiden in den aufgeführten Kaufrechten bestehenden Be­ schränkungen der Gewährleistung durchbrochen. Von der Rechtsprechung wird dies in verschiedenen Ländern jedoch auf zwei Bereiche beschränkt. Nur in Österreich wird eine volle Konkurrenz beider Regelungen zugelas­ sen85.

Zum Teil werden die Nichterfüllungsregelungen nur angewendet, bis die Kaufsache sich im Bereich des Käufers befindet. Dies geschieht in Deutschland vor dem Gefahrübergang86, 87 ebenso in Griechenlantf’1, und es geschah früher in Österreich bis zur Annahme der Lei­ stung88. Auf diese Weise soll eine zeitliche Abgrenzung zwischen Nichter­ füllung und Gewährleistung erfolgen89. Dadurch wird vor allem erreicht, daß die längeren Verjährungsfristen der Nichterfüllungsregelungen sich

83 In Österreich als „Verbesserung“ nach § 932 I 1 ABGB, in Portugal als Reparatur („reparao") nach Art. 914° CgoC, durch Sondergesetze bei Verbraucherkäufen außer­ dem in Griechenland, Art. 5 IV Ges. 2251/1994, und Spanien, Art. 11 LCU. Zur Nach­ besserung eingehend u. II.2. c) aa) (1). 84 In Deutschland, Griechenland und der Schweiz jeweils bei Gattungskäufen (§ 480 I BGB, Art. 559 Satz 1 AK, Art. 206 I OR), in Portugal nach Art. 914° CgoC dagegen generell. Zur Ersatzlieferung eingehend u. II.2.c) aa) (2). 85 OGH v. 7.3.1990, JB1 1990, S. 648, OGH v. 17.5.1990, JB1 1990, S. 792. 86 Dieser erfolgt in der Regel gern. § 446 BGB bei Übergabe, nur beim Versen­ dungskauf wird er gern. § 447 BGB vorverlegt. BGH v. 14.12.1960, BGHZ 34 S. 32 (34) - zum Grundstückskauf, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 182 ff. vor § 459, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 3, 82 zu § 459, dazu auch Schaper/Kandelhard, NJW 1997, S. 837 ff. 87 Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 144. 88 OGH v. 11.5.1983, JB1 1985, S. 743 (745), Koziol/Welser, Grundriß SchuldR AT II, 1992, S. 267, a.A. E.A.Kramer, JB1 1972, S. 401. Gewährleistungsansprüche können erst nach der Übergabe der Kaufsache erhoben werden, DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 4 zu § 922. Im Ergebnis auch in Frankreich, Belgien, Italien und Spanien, da Nicht-Übereinstimmung („non-conformite“) nur bei Ablehnung der Ware geltend gemacht werden kann. 89 Vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 26. Ähnlich früher die französischen Gerichte, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 43. Im portugiesischen Recht werden die Nichterfüllungsregeln dagegen gern. Art. 918° CgoC dann angewendet, wenn der Mangel erst nach Vertragsschluß - aber vor Übergabe der Sache - auftritt, vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 46.

nicht auswirken, da die kurzen Durchsetzungszeiträume des Kaufrechts frühestens mit der Lieferung der Kaufsache beginnen90.

Der durch das allgemeine Leistungsstörungsrecht während des Zeitraums zwischen Vertragsschluß und Lieferung der Kaufsache entstehende Erfül­ lungsanspruch des Käufers bereitet in Österreich kaum Probleme, da er auch nach diesem Zeitraum in der Verbesserung aufgrund § 922 ABGB weiter existiert. In Deutschland wird dem Käufer dagegen zwar vor Über­ gabe der Sache die Einrede des nichterfüllten Vertrages zugestanden91, je­

denfalls soweit es sich um behebbare Mängel handelt92, aber der Verkäufer ist beim Stückkauf zur Erfüllung nicht verpflichtet, da er wegen des fehlen­

den Nachbesserungsanspruchs im Gewährleistungsrecht auch über die Nichterfüllungsvorschriften dazu nicht gezwungen werden soll93. Damit

wird durch die Übernahme dieser Beschränkung der Sachmängelgewährlei­ stung in das Nichterfüllungsrecht94 die Umgehung der kaufrechtlichen Re­

gelungen verhindert.

Zum Teil wird auch versucht, eine sachliche Abgrenzung zu finden, die sich vor allem an dem Ausmaß der Abweichung von der vereinbarten Er­ füllung des Kaufvertrages orientiert: Je stärker die Differenz der gelieferten Kaufsache zur vertragsgemäßen Beschaffenheit, desto eher liege Nichter­ füllung vor. Vor allem in den romanischen Privatrechten Frankreichs, Belgiens, Italiens

und Spaniens wird dem Käufer durch eine Einordnung stark fehlerhafter,

90 In Deutschland § 477 I BGB, in Österreich § 933 I ABGB, dazu im einzelnen u. B.II.2.a) bb) (2). Auch eine fehlende Rügepflicht wirkt sich aus diesen Gründen kaum aus. 91 So etwa BGH v. 14.7.1978, NJW 1979, S. 33 - zum Unternehmenskauf, RG v. 28.9.1907, RGZ 66, S. 332 (333), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 24 Vor § 459 ff. A.A. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 237 Vor § 459, der insoweit auf die fehlende Nachbesserungsverpflichtung im Kaufrecht abstellt und die Gewährleistungs­ regelungen damit im Ergebnis für vorrangig hält. 92 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 459, Peters, JZ 1978, S. 94, Gillig, Nichterfüllung, 1984, S. 201 ff. 93 BGH v. 3.11.1989, NJW 1990, S. 901 - zum Grundstückskauf, Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 3, 5 zu § 459, damit entfällt auch die Anwendung des § 326 BGB, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 235 a, 245 Vor § 459. 94 Dies soll auch für § 460 BGB sowie die Erheblichkeit des Mangels gern. § 459 I 2 BGB gelten, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 459. Die Methode wird als „einwirkende Anspruchskonkurrenz“ bezeichnet, die einen Mittelweg zwi­ schen dem Vorrang der lex specialis sowie der „freien“ Anspruchskonkurrenz darstellt, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 180 Vor § 459, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 52 zu Art. 45.

völlig untauglicher oder nicht übereinstimmender Kaufsachen als Falschlie­ ferung nach Übergabe der Sache ein Erfüllungsanspruch gewährt, und es werden zu dessen Gunsten die kurzen Verjährungsfristen umgangen95. Auch

in Deutschland und Österreich wird teilweise ähnlich argumentiert.

Da es sich hier jedoch um eine Frage der Voraussetzungen der kaufrechtli­ chen Gewährleistung handelt, die eng mit dem Mangelbegriff zusammen­ hängt, soll die Abgrenzung zwischen peius und aliud dort eingehender behandelt werden96. Als weitere Möglichkeit der Abstimmung von Nichterfüllungs- und Ge­ währleistungsregeln kommt eine strikte Trennung beider Bereiche in Be­ tracht. So wird in den Niederlanden zwischen der nicht erfolgten Lieferung als echter Nichterfüllung und einer nicht dem Vertrag entsprechenden Lieferung

der Kaufsache (Art. 7:17 I BW) unterschieden. Damit wird einerseits er­ reicht, daß ab Übergabe der Kaufsache nur noch die besonderen Rechtsre­ geln der Vertragswidrigkeit, vor allem die Rügepflicht sowie die kurze Verjährung, anwendbar sind97. Außerdem werden die Unsicherheiten einer sachlichen Abgrenzung zwischen fehlerhafter und falscher Lieferung ver­ mieden, da beide als nicht vertragsgemäß gelten (Art. 7:17 III BW).

Ebenso trennt das internationale Kaufrecht zwischen der eigentlichen Lie­

ferpflicht („Obligation to deliver") nach Art. 31 CISG und ihrer vertrags­

gemäßen Durchführung („deliver ... required by the contract") gern. Art. 35

CISG. Danach gilt die Falschlieferung, wenn auch weniger deutlich (Art.35 I CISG: „Ware ... die in ...[ihrer] Art ... den Anforderungen des Vertrages entspricht66 / „which are of the ... description required66)98, eben­ falls als nicht vertragsgemäß.

Die in bestimmten Rechtsordnungen durch die Anwendung von Nichterfullungsbestimmungen hervorgerufenen Erweiterungen der auf die Liefe­ rung mangelhafter Waren anwendbaren Rechtsfolgen sind damit sehr ge­ ring: Sie betreffen entweder nur den Zeitraum vor der Lieferung der Kauf­ sache oder allein sehr schwere Mängel. Für die hier interessierenden bin­ nenmarktbezogenen Unterschiede zwischen den mitgliedstaatlichen 95 Näher u. II.2.c) aa) (1) (a), (2) (a). 96 S. u. II.2.a) bb). 97 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 173, in: Handbuch, 1992, S. 737. 98 Dazu Huber, RabelsZ 1979, S. 483 f.

Rechtsordnungen verschiebt sich das Bild nur hinsichtlich der Durchset­ zungszeiträume etwas, denn die Verjährungsfristen für Nichterfüllungsan­ Sprüche sind um einiges länger als die für Gewährleistungsrechte. Die Möglichkeit eines Erfüllungsanspruchs entspricht dagegen im Kern dem, was in vielen Kaufrechten als Mangelbeseitigung oder Ersatzlieferung bereits vorgesehen ist.

bb) Gewährleistung und Schlechterfüllung im weiteren Sinne

Neben dem Verhältnis der Gewährleistungsbestimmungen zu den Nichter­ füllungsregelungen bereitet, vor allem im deutschen, etwas weniger auch im griechischen Recht, die Frage der Abgrenzung der speziellen Sachmän­ gelansprüche zu den dort entwickelten allgemeinen Tatbeständen der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung Schwierigkeiten. In Deutschland wird die Schlechterfüllung generell vom durch die Recht­

sprechung übernommenen Institut der positiven Vertragsverletzung erfaßt.

Damit wird der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz bei einem Sach­ mangel über die Fälle der Zusicherung und Arglist (§ 463 BGB) hinaus grundsätzlich auch auf das einfache Verschulden des Verkäufers erweitert, jedoch im Umfang auf den Ersatz von Mangelfolgeschäden beschränkt".

In Griechenland wird die positive Vertragsverletzung zwar ebenfalls aner­ kannt, führt jedoch nicht zu einer entsprechenden Erweiterung der Sach­

mängelhaftung, da der Verkäufer, außer bei einer Zusicherung, bereits bei normalem Verschulden bezüglich der Kenntnis des Mangels Schadensersatz leisten muß (Art. 53 AK). Da Art. 543 Satz 2 AK - ähnlich wie § 463 BGB*100 - auch den Mangelfolgeschaden abdeckt101, ist sie auch insoweit nicht notwendig.

Somit werden nur in Deutschland die allgemeinen Schlechterfüllungsregeln

bei Mangelfolgeschäden neben der Gewährleistung angewendet, wodurch die Begrenzung der ergänzenden Gewährleistung auf zusichemdes und arg­ listiges Verhalten des Verkäufers überspielt wird102.

In den anderen Rechtsordnungen wird die Anwendung einer derartigen allgemeinen Schadensersatznorm für eine schuldhafte Störung der Ver" Dazu o. l.b) bb) (2). 100 Je nach dem Inhalt der Zusicherung, nicht unumstritten bei Arglist, WESTER­ MANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 29 ff., s. o. l.b) bb) (2). 101 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 112, Bruegel, in: Unterneh­ mensrecht, 1997, S.126, a.A. Chaldoupis Rdnr. 106, in: Handbuch, 1992, S. 519 f. 102 Zur Abgrenzung vom Deliktsrecht u. c), zur positiven Vertragsverletzung im ein­ zelnen u. II.3.a) bb) (1).

tragsdurchfuhrung im Bereich der Sachmängelhaftung nicht erforderlich, weil dort die jeweiligen Gewährleistungsregelungen des Kaufrechts sowohl bei einfachem Verschulden des Verkäufers wie für Mangelfolgeschäden eingreifen103. Mit der Anwendung der positiven Vertragsverletzung auf die Lieferung mangelhafter Kaufsachen wie in Deutschland wird zwar die kaufrechtliche Gewährleistung erheblich erweitert, da die strengen Voraussetzungen für die ergänzende Gewährleistung durchbrochen werden. Zwischen den ein­ bezogenen Rechtsordnungen werden dadurch jedoch kaum zusätzliche Unterschiede erzeugt, sondern eher bestehende Differenzen gemildert, da in den meisten anderen Kaufrechten niedrigere Anforderungen an Scha­ densersatzansprüche des Käufers für Mangelfolgeschäden gestellt werden.

b) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu Regelungen bezüglich des Vertragsabschlusses Die einen rationalen Vertragsschluß absichernden rechtlichen Bestimmun­ gen können in drei Bereichen mit den Gewährleistungsregelungen konkur­ rieren. Erstens kann die fehlende Kenntnis des Käufers vom Mangel der Kaufsache als Irrtum behandelt werden (unten aa.), zweitens besteht die Möglichkeit, daß der Verkäufer den Käufer durch arglistige Täuschung von der Aufdeckung des Mangels abgehalten hat (unten bb.), und drittens kann dem Verkäufer eine in sonstiger Weise fehlerhafte Aufklärung über die Kaufsache vor Vertragsschluß vorgeworfen werden (unten cc.).

aa) Irrtum des Käufers

Alle hier betrachteten Rechtsordnungen sehen Verträge, die nur deshalb so abgeschlossen werden, weil zumindest eine Vertragspartei zu diesem Zeit­ punkt wesentliche Umstände falsch einschätzt, als unwirksam an, zumin­ dest dann, wenn diese Partei den Vertrag nicht durchführen will104. Die

103 So etwa im österreichischen Recht gern. § 932 ABGB, OGH v. 17.5.1990, JB1 1990, S. 792 (794), vgl. insgesamt Basedow, Reform, 1988, S. 31. Im einzelnen u. II.3.a) bb) (1), c) bb). . 104 Im Falle eines Irrtums sind die Rechtshandlungen entweder von vornherein un­ wirksam, so in Spanien (Art. 1265 CgoC), in den skandinavischen Staaten (Art. 32, 33 Vertragsgesetze), in England und Irland sowie in der Schweiz (Art. 23 OR: „unver­ bindlich“), oder sie können durch das Gestaltungsrecht der Anfechtung, so in Deutsch­ land (§ 142 BGB), Österreich (§ 872 ABGB) und den Niederlanden (Art. 6:228 BW),

meisten Irrtumsregelungen erfassen, entweder ausdrücklich105 oder in der Interpretation der Rechtsprechung106, auch die Fälle einer Abweichung der gelieferten von der bei Vertragsschluß vom Käufer angenommenen Qualität der Kaufsache107 und überschneiden sich insoweit mit den Gewährleistungs­ regeln.

Hinsichtlich der Rechtsfolgen bieten die Irrtumsbestimmungen keine Er­ weiterung für den Käufer, denn allenfalls entspricht die Unwirksamkeit oder Beseitigung des Vertrages der kaufrechtlichen Vertragsauflösung. In der Regel dürften die Irrtumsregelungen den Käufer jedoch eher schlechter stellen als die Gewährleistung, wenn er etwa wie in Deutschland

nach § 122 BGB Schadensersatz an den Verkäufer leisten muß, statt nach § 467 Satz 2 BGB eine Erstattung zu erhalten, oder die Anfechtung hin­ sichtlich eines bereits gezahlten Kaufpreises nur zu einem Bereicherungsan­

spruch nach § 812 BGB und nicht wie bei der Wandelung gern. §467 Satz 1 BGB iVm. §§ 346 ff. BGB zum sichereren Rückgewährschuldver­ hältnis fuhrt108.

Allerdings werden auch hier besondere Beschränkungen des Sachmängel­ rechtsbehelfs unterlaufen, was sich vor allem auf die zeitliche Einschrän­ kung durch die kurzen Verjährungsfristen auswirkt109. Bei den Irrtumsbestimmungen beginnt in der Regel die Frist nicht schon mit der Lieferung der Sache110, sondern erst mit der Kenntnis des Irrtums111, al­

bzw. durch Gerichtsurteil, so in Griechenland (Art. 154 AK), Frankreich und Belgien (Art. 1117 CdeC/BW) sowie Italien (Art. 1441 CceC), beseitigt werden. 105 So in Deutschland § 119 II BGB, ganz ähnlich in Griechenland Art. 142 AK, in Italien Art. 1429 Zff. 2 CceC („qualitä“) und in Spanien Art. 1266 I CgoC. 106 So in der Schweiz der „Grundlagenirrtum“ nach Art. 24 Zff.4 OR oder in Frank­ reich und Belgien der „erreur substantielle“ nach Art. 1110 I CdeC/BW („la substance meme de la chose“). 107 Im Ergebnis dürfte dies auch für das niederländische Zivilrecht gelten, obwohl dort - neben Informationspflichtverletzungen - nur noch der gemeinsame Irrtum zu Anfechtung berechtigt, Art. 6:228 I c BW. 108 Zu dieser Wandlungsfolge u. II.2.c) bb) (2) (a). 109 Darüber hinaus werden auch Rügefristen oder die Einschränkung bei Fahrlässig­ keit des Käufers gern. § 460 Satz 2 BGB umgangen. Soweit die Vertragsauflösung nur bei besonders schweren, wesentlichen Sachmängeln zugelassen wird, wie in Skandina­ vien und den Common Law Staaten, oder dem Ermessen des Richters unterstellt wird, wie in der Schweiz und Griechenland, dazu im einzelnen u. II.2.c) bb) (1), dürften die Irrtumsvorschriften ähnliche Hürden errichten. Nur in Österreich wird darüber hinaus­ gehend die Beschränkung der Wandelung auf unbehebbare Mängel (§ 932 I ABGB) durchbrochen.

so hier der Entdeckung des Mangels, und sie läuft - abgesehen vom deut­ schen Recht, wo der Irrtum unverzüglich geltend gemacht werden muß meist erheblich länger als die besondere kaufrechtliche Verjährungsfrist112 110. 111

Gerade diese erhebliche Verbesserung für den Käufer, eine Vertragsaufhe­ bung gegenüber dem Verkäufer auch nach längerer Zeit noch durchsetzen zu können, führt in vielen Rechtsordnungen die Gerichte dazu, Sachmän­ gel- und Irrtumsvorschriften für nebeneinander anwendbar zu halten113. 114 Dies ist vor allem der Fall in den romanischen Rechtsordnungen FrankreichsU4, Belgiens115, Italiens116 117 und118 Spaniens111, aber auch in den mitteleu­

ropäischen Rechten Österreichs11^ sowie der Schweiz119.

110 So immer noch die überwiegende Regelung bei der kaufrechtlichen Gewährlei­ stung, anders nur im niederländischen sowie auch im französischen und belgischen Recht, dazu im einzelnen u. B.2.a) bb) (2). Beim Irrtum ebenso allein das spanische Recht, Art. 1301 II CgoC. 111 So in Deutschland § 121 BGB, in der Schweiz Art. 31 OR, in Griechenland Art. 157 AK, in Frankreich und Belgien Art. 1304 CdeC/BW, in Italien Art. 1442 I CceC, in Irland sec. 72 SoL, in den Niederlanden Art. 3:52 BW. 112 Besonders groß ist der Unterschied in Frankreich und Belgien mit 5 Jahren ge­ genüber der kurzen Frist („bref dölai“), aber auch in Italien (5 Jahre gegenüber einem Jahr) sowie in Spanien (4 Jahre gegenüber 6 Monaten) und in Griechenland (2 Jahre gegenüber 6 Monaten), geringer dagegen etwa in den Niederlanden (3 Jahre gegenüber 2 Jahren). Kein Unterschied besteht insoweit in der Schweiz (jeweils 1 Jahr). 113 So für das französische und das schweizerische Recht Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 93 f., vgl. auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 268 f. 114 Civ. v. 28.6.1989, Bull. 1989 I, n. 268, vgl. nur Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 81, ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 158. 115 Herbots, Contract, 1995, S. 234 (n. 485). 116Cass. v. 16.4.1984, n. 1424, Cass. v. 1.4.1976, n. 1151, Cass. v. 9.6.1972, n. 1781, vgl. Pescatore/Ruperto, CceC II, 1987, n. 6 II, III zu Art. 1497, Cian/ Trabucchi, Commentario, 1989, III. 1 zu Art. 1497, Bianca, vendita, 1993, S. 1056, allerdings gegen die Rechtsprechung den Ausschluß der Irrtumsanfechtung befürwor­ tend, vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 127, ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 158. Anders Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 268, der jedoch allein auf die überholte Entscheidung Cass. v. 14.10.1960, n. 2732, verweist. 117 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 82 f. 118 OGH v. 21.4.1982, SZ 55 Nr. 51, OGH v. 8.10.1975, JB1 1976, S. 646 (647), DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 16 zu § 922, Koziol/Welser, Grundriß I, 1992, S. 267, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 161. Auch hier sind Teile der Literatur anderer Ansicht, etwa E.A.Kramer, JB1 1971, S. 301, Honsell, JB1 1989, S. 205 ff. 119 BG v. 7.6.1988, BGE 114 II S. 131 (138), HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 9 Vor Art. 197-210, der auf die überwiegende Ablehnung in der Literatur verweist.

Um die Nachteile für den Verkäufer abzuschwächen, wird in diesem Be­ reich teilweise ebenfalls versucht, Beschränkungen der Sachmängelrechts­ behelfe auf die Irrtumsregelungen zu übertragen. Dies ist besonders deutlich in Frankreich, wo zwischenzeitlich die „kurze Frist“ des Art. 1648 CdeC von der Rechtsprechung auch beim Substanz­ irrtum zugrunde gelegt wurde120, mittlerweile aber wieder im Sinne einer uneingeschränkten Anspruchskonkurrenz entschieden wird121. Im niederländischen Kaufrecht wird durch Art. 7:23 II BW klargestellt,

daß Ansprüche aufgrund nicht vertragsgemäßer Lieferung der kurzen Ver­

jährungsfrist unterliegen, womit auch der Anspruch auf „Vernichtbarkeit" wegen Irrtums erfaßt werden soll122. Ähnlich wird in Österreich zwar nicht die Verjährungs- aber die han­

delsrechtliche Rügefrist des § 377 HGB auf die Irrtumsanfechtung er­ streckt123.

Die Alternative besteht auch hier darin, die Gewährleistungsregelungen als abschließende Sonderregelung für die mangelhafte Lieferung von Kaufsa­ chen aufzufassen und eine Anwendung der Irrtumsvorschriften damit völlig auszuschließen. Auf diese Weise löst die Rechtsprechung in Deutschland das Konkurrenz­ problem124, allerdings läßt sie vor Gefahrübergang, wo der Unterschied der Verjährungsfristen nicht zum Tragen kommt125, die Irrtumsanfechtung zu126.

120 Dazu noch HUBER/Schlechtriem, CISQ 1990, Rdnr. 82 zu Art. 45, allerdings schon unter Verweis auf die Rechtsprechungsänderung. 121 Vgl. Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 82 f., VALCRCEL Schnüll, Haftung, 1994, S. 57, Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 268. Eine ähnliche Ansicht findet sich in der griechischen Literatur, vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 141. 122 Castermans, in: T&C BW III, 1994, N. 4 zu Art. 7:23, vgl. auch Kötz, Ver­ tragsrecht I, 1996, S. 267. Damit wird im Ergebnis auch die Anzeigepflicht des Art. 7:23 I BW auf den Irrtum erstreckt. 123 OGH SZ 48 Nr. 56, JB1 1959, S. 455, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 139. 124 BGH v. 9.10.1980, BGHZ 60, S. 216 (218), BGH v. 18.12.1954, BGHZ 16, S. 54 (57), dazu Westerm ANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 83 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 187 Vor § 459. 125 Ebenso HüBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 192 Vor § 459. 126 BGH v. 14.12.1960, BGHZ 34, S. 32 (37) - zum Grundstückskauf, RG v. 22.11. 1932, RGZ 138, S. 354 (356 f.) unter überwiegender Ablehnung durch die Literatur, dazu HONSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 31 Vor §§ 459 ff., WestermANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 83 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 192 Vor § 459.

Ebenso wird in Griechenland für die Zeit nach Gefahrübergang die An­ fechtung wegen Eigenschaftsirrtums ausgeschlossen127. 128 In England und Irland ist eine Common Law Regel wie die des „mistake“128, nach sec. 62 II SGA-GB / SGA-IRL grundsätzlich nicht neben den

Kaufrechtsregeln anwendbar, wenn sie mit diesen unvereinbar („inconsi-

stent“) ist. Im Ergebnis wird die Vereinbarkeit regelmäßig verneint, denn ein Irrtum, der sich auf die Qualität der Kaufsache bezieht, fuhrt nicht da­ zu, daß der Vertrag nichtig ist129. Allenfalls ein gemeinsamer Irrtum von

Käufer und Verkäufer könnte neben den kaufrechtlichen Vorschriften be­ rücksichtigt werden, aber dafür wird verlangt, daß aufgrund der von beiden

Parteien fälschlicherweise angenommenen Qualität die Ware wesentlich verschieden („essentially different“) von der gelieferten sein würde130, so daß eine Irrtumsanfechtung praktisch nur bei einer Identitätsabweichung und damit allein bei der Falschlieferung möglich wäre131.

Schließlich wird auch in den skandinavischen Staaten die Unwirksam­ keit des Kaufvertrages132 bei Sachmängeln ausgeschlossen und der Ge­

währleistung der Vorrang gegeben133.

Einen vollkommen anderen Weg, der aber im Ergebnis ebenfalls die Ge­ währleistung als Sonderregelung behandelt, welche die Irrtumsanfechtung verdrängt, geht das portugiesische Zivilrecht. In Portugal existiert kein eigenständiger Rechtsbehelf der Wandlung, son­ dern der Käufer kann nur nach Art. 913° i.V.m. Art. 905°, 251° CgoC den

127 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 139, dort auch zu abweichenden Literaturmeinungen, S. 140 f., Bruegel, in: Untemehmensrecht, 1997, S. 125. 128 Sie ist erst spät aus dem kontinentaleuropäischen Recht „importiert“ worden, Zimmermann, Obligations, 1990, S. 618 ff., vgl. auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 264. 129 Für England Sealy 3-018, in: Benjamin’s Sale of Goods, 1992, S. 132, Atiyah, Sale of Goods, 1995, S. 181 f., vgl. auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 268. Für Irland DOCKRELL IRE-023, in: Remedies, 1993, IRE-18. 130 Bell v. Lever Bros (1932) AC 161 HL per Atkin LJ. 131 Ähnlich Sealy 3-021, in: Benjamin’s Sale of Goods, 1992, S. 134, Dockrell IRE-023, in: Remedies, 1993, IRE-18. Ablehnend auch Collins, Contract, 1993, S. 133 f. 132 Diese könnte, da die eigentlichen Irrtumsregeln sich auf den Erklärungsirrtum beschränken (§32 der jeweiligen Vertragsgesetze), allenfalls aufgrund § 33 der Ver­ tragsgesetze angenommen werden, der die Kenntnis des Verkäufers von den vom Käufer falsch eingeschätzten Umständen und im übrigen einen Verstoß gegen redliches Verhalten voraussetzt, dazu Hellner, in: Introduction, 1988, S. 240. 133 Vgl. auch Basedow, Reform, 1988, S. 24.

Kaufvertrag wegen Irrtums anfechten134, wobei er zum einen die Irrtums­

voraussetzungen, zum anderen allerdings auch die Fristen des Gewährlei­ stungsrechts zu beachten hat135. Damit wird der Sachmangel als besonderer Fall des Irrtums eingeordnet136.

Während bei der Abgrenzung zwischen Gewährleistung und Nichterfüllung verschiedene übernationale Vereinheitlichungsprojekte eine Abstimmung der beiden Regelungsbereiche vorgenommen haben und die Gewährlei­ stungsregelungen im Ergebnis als Teil der Nichterfüllung ausgestalten137, schließen sie die Rechtsbehelfe wegen Irrtums aus, soweit sie sich ebenfalls auf Sachmängel gründen, und erzeugen insoweit eine eindeutig vorrangige kaufrechtliche Sonderregelung138. So hat das frühere Haager Einheitliche Kaufrecht in Art. 34 EKG „alle anderen auf die Vertragswidrigkeit der Sache gestützten Rechte“ des Käu­

fers ausgeschlossen, womit in erster Linie die einfache Irrtumsanfechtung gemeint war139. Das geltende Einheitliche UN-Kaufrecht hat dagegen keine derartige ausdrückliche Regelung getroffen, so daß die Abgrenzung nach dem „kauf­ rechtlichen“ Anwendungsbereich des Einheitsrechts zu bestimmen ist140. Ei­

ne derartige autonome Auslegung nach dem Zweck des CISG ist jedoch mit Unsicherheiten behaftet, da im Ergebnis die jeweiligen nationalen Lösungen der Konkurrenzfragen prägend zu sein scheinen, wie sich gerade bei der Frage der Irrtumsanfechtung erkennen läßt141.

Demgegenüber wird neuerdings in den UNIDROIT-Vertragsprinzipien aus­ drücklich die Irrtumsanfechtung ausgeschlossen, wenn ein Rechtsbehelf we­

134 Früher war dies der einzige Sachmängelrechtsbehelf, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1958(1967), S. 116. 135 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 19, 23. 136 Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 19, bezeichnet das portugiesische Gewähr­ leistungsrecht undeutlich als „gemischtes System“. 137 S. o. vor a). 138 Für diese Lösung des Konkurrenzproblems bei einer zukünftigen EG-Regelung auch Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 59. 139Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 2 zu Art. 34 EKG 14OHUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 50/51 zu Art. 45. 141 Dazu noch HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 86 zu Art. 45, wo in Fn. 142 fast allein deutsche Autoren angeführt werden, während die gegenteilige Ansicht einer freien Konkurrenz aus österreichischer Perspektive - wie dort im nationalen Recht, dazu o. Fn. 118 - befürwortet wird.

gen Nichterfüllung geltend gemacht werden kann oder hätte geltend gemacht werden können (Art. 3.7 UD-Princ)142.

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf läßt diese Frage dagegen ungeregelt.

Auch die in einigen Rechtsordnungen zugelassene Anwendung der Irrtums­ regelungen auf die Lieferung mangelhafter Sachen beeinflußt damit die Wirkungen des Gewährleistungsrechts entscheidend nur hinsichtlich der Fristen für die Durchsetzung der Ansprüche. Diese weichen allerdings von den kaufrechtlichen Durchsetzungszeiträumen weniger stark ab als die Fristen für die Nichterfüllungsansprüche, so daß sie sich auf die Unter­ schiede zwischen den Rechtsordnungen weniger stark auswirken.

bb) Arglistige Täuschung durch den Verkäufer Die Konkurrenz allgemeiner Regelungen über die arglistige Täuschung mit den Gewährleistungsbestimmungen wird, anders als bei den Irrtumsrege­ lungen, in den hier betrachteten Rechtsordnungen ganz überwiegend zugelassen^3. Dazu trägt sicherlich bei, daß die kurzen Verjährungsfristen als Hauptnachteil des Sachmängelrechts für den Käufer bei arglistigem Ver­ halten des Verkäufers häufig nicht anzuwenden sind144 und damit die oben 142 UNIDROIT, Principles, 1994, S. 73 f., mit der Begründung, daß die Nichterfül­ lungsregelungen besser geeignet und flexibler als die drastische Lösung der Aufhebung des Vertrages seien. 143 So in Deutschland für § 123 BGB, BGH v. 2.2.1990, BGHZ S. 110, 220 (222), BGH v. 12.11.1957, NJW 1958, S. 177, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 204 Vor § 459, in Österreich für § 870 ABGB, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 161, in der Schweiz für Art. 28 OR, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 12 Vor Art. 197-210, in Frankreich und Belgien jeweils für Art. 1116 CdeC/BW, Ferid/ Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 646, in Italien für Art. 1439 CceC, Cass. v. 24.5.1968, n. 1573, Bianca, vendita, 1993, S. 1057 f. (N. 453), in Spanien für Art. 1300 CgoC, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 79, in England für „fraudulent misrepresentation", Atiyah, Introduction, 1995, S. 441. In Portugal wird dagegen konsequenterweise auch die Arglist-Anfechtung aufgrund von Sachmängeln im Gewährleistungsrecht, Art. 913° CgoC, geregelt, vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 23 f. 144 So in Deutschland § 477 I 1 2.HS BGB, ebenso in Griechenland Art. 557 AK, in der Schweiz Art. 210 III OR („absichtliche Täuschung“), in Dänemark § 54 a.E. KbL („handlet svigagtig"), weitergehend schon bei grober Fahrlässigkeit in Schweden § 33 KpL, § 23 KonsKpL („grovt vrdlöst") sowie Finnland § 33 KppL. Dagegen wird in Italien durch Art. 1495 II CceC nur die kurze Anzeigefrist aufgehoben, ebenfalls in Portugal nach Art. 916° CgoC. In den Niederlanden läuft die kurze Frist so lange nicht, wie der Käufer seine Rechte wegen vorsätzlichen Verhaltens („opzet“) des Ver­ käufers nicht ausüben kann, Art. 7:23 III BW, ähnlich kann in Portugal die Verjährung

angeführte Umgehungsmöglichkeit für diese Beschränkung der Rechts­ durchsetzung aufgrund zeitlich erweiterter Anfechtungsmöglichkeiten entfällt145. Auch die bei der arglistigen Täuschung die Beseitigung des Vertrages ergänzende Rechtsfolge eines Schadensersatzes146 stellt keinen Vorteil für den Käufer dar, da in den Gewährleistungsrechten jedenfalls bei bewußtem Verschweigen eines Mangels durch den Verkäufer ebenfalls immer ein Schadensersatzanspruch des Käufers besteht147. Aber selbst wenn der Käufer durch die Berufung auf arglistige Täuschung Vorteile gegen­ über den Sachmängelbestimmungen erlangt148, wird dem Verkäufer diese Erschwerung aufgrund seines vorwerfbaren Verhaltens zugemutet149. Auch im internationalen Kauf- und Vertragsrecht werden die Bestimmun­ gen über arglistige Täuschung, anders als die Irrtumsregelungen, neben der Gewährleistung für anwendbar gehalten. So sollte ein über die bloße „Vertragswidrigkeit“ i.S.d. Einheitlichen Haa­ ger Kaufrechts hinausgehendes vorsätzliches oder arglistiges Verhalten des Verkäufers weiterhin auch nach dem entsprechenden nationalen Recht durch Anfechtung sowie Schadensersatzansprüche sanktioniert werden können150. 151

Das gleiche gilt nach dem UN-Kaufrecht}5}.

aufgrund von Täuschung suspendiert werden, vgl. Lopes Dias Rdnr. 53, in: Handbuch, 1992, S. 858. Dazu im einzelnen u. B.II.2.a) cc) (1). 145 Tatsächlich können dadurch teilweise die Fristen bei der arglistigen Täuschung sogar kürzer als bei der Gewährleistung ausfallen, wie etwa in Deutschland nach § 124 BGB (1 Jahr nach Entdeckung der Täuschung) gegenüber § 195 BGB (30 Jahre) und ebenso in der Schweiz nach Art. 311 OR. 146 Überwiegend aus Delikt, teilweise auch aus culpa in contrahendo, vgl. dazu Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 317 f. 147 So in Deutschland § 463 Satz 2 BGB, zur Gegenüberstellung zum deliktischen Schadensersatzanspruch WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 86 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 207 Vor § 459, sowie in Dänemark § 42 II KbL, während in anderen Rechtsordnungen bereits die bloße Kenntnis oder sogar die fahrläs­ sige Unkenntnis des Verkäufers zu Schadensersatzansprüchen des Käufers führt, dazu u. II.3.a)bb)(l). 148 In Deutschland vor allem dann, wenn der Käufer aufgrund von § 351 BGB nach Gewährleistungsrecht nicht wandeln kann, weil der BGH die parallele „Saidotheorie“ beim Bereicherungsausgleich nach einer Anfechtung bei Arglist nicht anwendet, dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 209 f. Vor § 459. 149 So erscheint etwa in Deutschland die Berufung des arglistigen Verkäufers auf die Beschränkungen der Sachmängelhaftung als treuwidriges Verhalten, Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 86 zu § 459. 150Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 5 zu Art. 34 EKG 151 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 55 zu Art. 45.

In den UNIDROIT Principles werden Ansprüche aus einer arglistigen Täuschung, Art. 3.8 UD-Princ, im Gegensatz zum Irrtum nicht durch

Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung ausgeschlossen, so daß sie neben der Gewährleistung anwendbar bleiben dürften.

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf bezieht auch insoweit keine Stellung.

Obwohl die Regelungen über die arglistige Täuschung weitgehend neben Gewährleistungsbestimmungen für anwendbar gehalten werden152, erwei­ tern sie die Rechte des Käufers wegen der Lieferung einer mangelhaften Sache nur unwesentlich. Damit wirken sie sich auf die Unterschiede zwi­ schen den Rechtsordnungen kaum aus. cc) Fehlerhafte Aufklärung durch den Verkäufer Ein weiteres potentielles Konfliktfeld besteht zwischen der Gewährleistung und der Haftung für vorvertragliches Fehlverhalten (culpa in contrahendo), soweit ein Verschulden des Verkäufers hinsichtlich der Informationen über die Kaufsache vorliegt und der Käufer daraus Ansprüche auf Schadenser­ satz, unter Umständen auch auf Beseitigung des Vertrages, geltend machen könnte. Dem Verkäufer kann entweder fahrlässige Falschinformation über die Kaufsache im Sinne eines aktiven Fehlverhaltens vorgeworfen werden153 oder aber die ebenfalls mindestens fahrlässige Verletzung einer Aufklä­ rungspflicht bei Passivität154.

152 Ablehnend Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 58, die statt dessen in diesem Fall eine sofortige uneingeschränkte Inanspruchnahme sämtlicher Gewährleistungrechte durch den Käufer befürworten. 153 Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zu den Irrtumsfällen, da ein Irrtum des Käufers durch den Verkäufer „veranlaßt“ wurde. In anderen Rechtsordnungen, wie in Österreich (§ 871 ABGB) und den Niederlanden (Art. 6:228 a BW), wird diese Fall­ gruppe teilweise ebenfalls als Irrtum behandelt, teilweise, wie in Frankreich (Art. 1382 CdeC), deliktischen Schadensersatzfolgen, oder, wie in England durch den Misrepre­ sentation Act 1967, einer besonderen Haftung unterworfen, vgl. Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 284 f., die im Ergebnis entsprechend derjenigen aus „tort“ bemessen wird, Collins, Contract, 1993, S. 185 f, vgl. dazu auch Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 77 ff. 154 Diese Fallgruppe wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz durch culpa in contrahendo erfaßt, vgl. Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 309, in Frankreich dagegen ebenfalls durch den deliktischen Anspruch des Art. 1382 CdeC, vgl. St.Lorenz, ZEuP 1994, S. 232.

Abgesehen von einer Umgehung der kurzen Verjährungsfristen der kauf­ rechtlichen Gewährleistung155, die auch hier in Betracht kommt, ist der Schadensersatzanspruch aufgrund Verschuldens vor Vertragsschluß vor allem in den Rechtsordnungen für den Käufer interessant, die diesen im Kaufrecht strengeren Voraussetzungen unterwerfen. Dazu gehört in erster Linie Deutschland^ wo allein noch - neben der Zusi­ cherung - die Arglist des Verkäufers (§ 463 Satz 2 BGB) vorausgesetzt wird156. Dort schließt die Rechtsprechung in Übereinstimmung der Abgren­

zung zu den Irrtumsregeln eine parallele Anwendung der culpa in contra­ hendo bei Lieferung einer mangelhaften Sache grundsätzlich aus157. Eine Ausnahme wird - wie in den anderen Konkurrenzsituationen - nur vor Ge­ fahrübergang zugelassen158. Sofern darüberhinaus Verschulden bei der

Vertragsanbahnung auf Sachmängelfalle angewendet wurde, ist jedenfalls die kurze Verjährungsfrist des § 477 BGB darauf ausgedehnt worden159.

155 Daneben kann es wiederum zum Ausweichen vor Rügefristen oder zur Nichtbe­ achtung eines (grob) fahrlässigen Verhaltens des Käufers, wie etwa bei § 460 Satz 2 BGB, kommen, so zum deutschen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 215 Vor §459. 156 In Dänemark besteht diese dem Gesetz nach beim Stückkauf verlangte Vorausset­ zung (§ 42 II a.E. KbL) praktisch nicht mehr, dazu im einzelnen u. II.3.a) bb) (2). In den Staaten, wo für den Schadensersatz die positive Kenntnis des Verkäufers vom Mangel verlangt wird, werden zum Teil, wie in Frankreich über Art. 1382 CdeC, ergänzende Schadensersatzansprüche zugelassen. In England kann der Schadensersatz­ anspruch aufgrund von misrepresentation nur dem Umfang nach über den Ersatz wegen Vertragsbruchs hinausgehen, Collins, Contract, 1993, S. 186, 206. 157 BGH v. 30.1.1991, WM 1991, S. 1041 (1043), BGH v. 27.11.85, BGHZ 96, S. 302 (311), BGH v. 16.3.1973, BGHZ 60, S. 319, ebenso schon RG v. 11.3.1932, RGZ 135, S. 339 (346), dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 211 vor § 459, Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 89 zu § 459, 36 zu § 463. 158 BGH v. 25.6.1982, WM 1982, S. 960 (961), ablehnend HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 216 Vor § 459. Die Anwendung von cic bei vorsätzlichem Handeln des Verkäufers stellt dagegen kaum eine Erweiterung zur Arglisthaftung nach § 463 Satz 2 BGB dar. Die Abgrenzung zur Haftung des Verkäufers für fehlerhafte Beratung hin­ sichtlich der Verwendungsmöglichkeiten der Kaufsache, BGH v. 31.1.1962, NJW 1962, S. 1196, dazu auch WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 39 zu § 463, ist dagegen weniger problematisch, da in diesen Fällen eine über die Lieferung vertrags­ gemäßer Ware hinausgehende Nebenpflicht verletzt wird, ähnlich HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 224 vor § 459. 159 BGH v. 19.10.1964, NJW 1965, S. 148 (150), RG v. 19.6.1930, RGZ 129, S. 280 (282) - zum Grundstückskauf, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 26 zu § 477, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 18 zu § 477.

Auch in Griechenland wird die Anwendung der dort ausdrücklich geregeregelten „Haftung aus den Verhandlungen“ (Art. 197, 198 AK) auf Sachmängel ausgeschlossen160.

In England wird für den Schadensersatz wegen misrepresentation dagegen zumindest Verschulden vorausgesetzt (sec. 2 (1) Misrepresentation Act),

welches bei einem Schadensersatz wegen breach of contract nicht erforder­ lich ist161. Daher wird dem Käufer die Wahl zwischen diesen beiden Rege­

lungsbereichen überlassen162

Während im einheitlichen internationalen Kaufrecht Ansprüche aus vorver­ traglichem Verschulden, ähnlich wie die Irrtumsregeln, ausgeschlossen werden, soweit die Regelungen zur Vertragswidrigkeit der Ware eingrei­ fen, finden sich in den Vertragsgrundregeln keine entsprechenden Regelun­ gen. Bereits im Haager Einheitlichen Kaufrecht wurde Art. 34 EKG als An­ sprüche aus vorvertraglicher Haftung ausschließend interpretiert163. Das UN-Kaufrecht wird nach seinem Zweck entsprechend ausgelegt164.

In den UNIDROIT-Principles ist für Vertrags Verhandlungen „in schlech­ tem Glauben“ zwar der Ersatz des Vertrauens schadens vorgesehen Art. 2.15 II UD-Princ), aber eine Abgrenzung zu den Vertragsstörungen wird, anders als beim Irrtum, nicht getroffen. Sie ist auch nicht unbedingt

erforderlich, weil der Schadensersatzanspruch bei Nichterfüllung nach die­

sen Grundregeln nicht einmal Verschulden voraussetzt (Art. 7.4.1 UDPrinc)165 und daher von den Vertragsparteien bevorzugt werden dürfte. Mit

der Vertragsaufhebung nach Irrtumsregeln könnten dagegen die Einschrän­ kungen des Beendigungsrechts im Nichterfüllungsfall (Art. 7.3.1 I UDPrinc) unterlaufen werden.

160 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S.145, Bruegel, in: Unterneh­ mensrecht, 1997, S. 125. A.A. Karassis, Culpa, 1978, S. 134 f., bei Anpassung der cicAnsprüche an die Gewährleistungsregelungen. 161 S. u. 3,a) aa) (1). 162 Treitel, Contract, 1995, S. 347, vgl. dazu Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 87 f. 163 Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 4 zu Art. 34, die allerdings vor allem darauf abstellen, daß aufgrund der auf jegliche Vertragswidrigkeit ausgedehnten Schadensersatzhaftung kein Bedarf mehr für cic besteht. 164 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 56 zu Art. 45, der zudem wegen Art. 35 II b CISG die Beratung des Verkäufers über die Verwendung der Ware allein vom Übereinkommen erfaßt hält. 165 So auch ausdrücklich nach den Erläuterungen, UNIDROIT, Principles, 1994, S. 194.

Während sich im ersten Teil der European Principles of Contract Law noch keine Bestimmung zum Verschulden bei Vertragsschluß fand, ist im zweiten Teil nunmehr eine fast identische Regel wie in den UnidroitGrundregeln vorgesehen (Ersatz für Verluste aus „contrary to good faith and fair dealing" geführten Verhandlungen, Art.2:301 Eur-Princ), auch hier

ohne Abgrenzung zu den Regelungen über Vertragsstörungen. Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf enthält für dieses Konkur­

renzproblem dagegen keine Lösung.

Auch die Anwendung des Verschuldens bei Vertragsschluß auf die Infor­ mation über eine Kaufsache erzeugt zwischen den Rechtsordnungen keine größeren Unterschiede^. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß einige Kaufrechte diesen Bereich der Verletzung von Aufklärungspflichten aus­ drücklich den Gewährleistungsregeln zuordnen166 167. 168 c) Das Verhältnis der Gewährleistung für Sachmängel zu Regelungen des allgemeinen Deliktrechts und der Produkthaftung

Auch bei deliktischen Ansprüchen in den verschiedenen Rechtsordnungen stellt sich die Frage, inwieweit durch ihre Anwendung neben der Gewähr­ leistung deren Beschränkungen durchbrochen werden.

In erster Linie geht es hier ebenfalls um eine in vielen Fällen gegenüber den kurzen kaufrechtlichen Verjährungszeiträumen verlängerte Durchsetzungsfristxesi. Behandelt man dagegen in dieser Hinsicht vertragliche Schadensersatzan­

sprüche aufgrund von Sachmängeln entsprechend den deliktischen Rechts­ behelfen, wie in Österreich (Art. 1489 ABGB) oder in England nach dem

166 Für eine Klarstellung in einer zukünftigen EG-Regelung jedoch Schnyder/ Straub, ZEuP 1996, S. 58. 167 S. u. II.2.a) aa) (2) (b) (dd). 168 So auch van Rossum, EurRevPrivL 1995, S. 549, 556. Dies gilt für den Anfang der Frist, die im Deliktsrecht regelmäßig erst mit Kenntnis des Schadens, d.h. in diesem Falle auch des Mangels, zu laufen beginnt, wie für die Länge der Frist, die von drei Jahren, wie in Deutschland gern. § 852 BGB und in Österreich gern. § 1489 ABGB, über fünf Jahre, so in Italien nach Art. 2947 CceC und in den Niederlanden nach Art. 3:310 BW, bis zu 10 Jahren, so in Frankreich nach Art. 2270 I CdeC, dauert. Allgemein zu diesem Bereich der Konkurrenzproblematik v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 450 ff.

Limitation Act 1980, dann wird das Konfliktpotential bereits erheblich re­ duziert169.

Als weitere Besonderheiten der Gewährleistungsregelungen, die durch die Anwendung des Deliktsrechts umgangen werden, bleiben allerdings Rüge­ fristen bzw. Ausschlüsse durch Mangelkenntnis des Käufers, sofern sie nicht auf deliktische Ansprüche übertragen werden170. Soweit die deliktischen Schadensersatzansprüche, wie regelmäßig, Ver­ schulden erfordern, entspricht diese Voraussetzung vielfach der des kauf­ rechtlichen Schadensersatzanspruchs171. Dies gilt jedoch nicht in England und Irland, wo die Ansprüche aufgrund

Vertragsbruchs als Garantiehaftung vollkommen verschuldensunabhängig sind172.

Die Produkthaftung verlangt zwar nach der EG-Produkthaftungsrichtlinie und den entsprechenden Regelungen in den Mitgliedstaaten173 nur einen schwächeren Verschuldensstandard bis hin zur strikten Haftung, aber sie erfaßt nicht bereits die Lieferung mangelhafter Ware174 sondern stellt dar­ über hinausgehende Anforderungen an die Fehlerhaftigkeit der Sache, so daß ihre Anwendung neben der Gewährleistung bei einem die Kaufsache herstellenden Verkäufer unbestritten sein dürfte175.

169 Als rechtpolitische Forderung auch bei Schlechtriem, in: Gutachten II, 1981, S. 1658. Eine Erstreckung der kurzen Verjährung auf parallele Deliktansprüche wird dagegen in der Regel abgelehnt, so in Deutschland BGH v. 24.5.1976, BGHZ 66, S. 315 (319), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 29 zu § 477, in der Schweiz, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 7 Vor Art. 197, sowie in Griechenland, vgl. v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 454. 170 Ablehnend etwa in Deutschland BGH v. 16.9.1987, BGHZ 101, S. 337 (343), an­ ders teilweise die Literatur, etwa Schwark, AcP 1979, S. 77 ff., ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 217. Eine Übertragung befürwortend dagegen in der Schweiz BGE 67 II S. 137, ebenfalls kritisiert, dazu HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 7 Vor Art. 197. 171 Dazu u. II.3.a) bb). In Deutschland ist insoweit nicht nur § 463 Satz 2 BGB son­ dern auch die ergänzende positive Vertragsverletzung zum Vergleich heranzuziehen. 172 Im Gegensatz zur in der Regel in Betracht kommenden negligence, Forde, Commercial Law, 1990, S. 94 (1.226). Dies dürfte, neben der bereits erwähnten identi­ schen Verjährung in beiden Rechtsgebieten, der Grund dafür sein, daß die Konkurrenz von Gewährleistung und Deliktshaftung in diesen Staaten praktisch bedeutungslos ist, Atiyah, Sale of Goods, 1995, S. 500, vgl. auch Basedow, Reform, 1988, S. 34. 173 Vgl. dazu Hill-Arning/Hoffmann, Produkthaftung, 1995. 174 Zu den Ausnahmen im skandinavischen Recht u. Fn. 191, 192. 175 So für das deutsche Produkthaftungsgesetz etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 273 vor § 459, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 7 Vor § 459, für

Im Ergebnis gilt eine derartige freie Anspruchskonkurrenz mit der Ge­ währleistung nicht nur für die Produkthaftung, sondern auch hinsichtlich der deliktsrechtlichen Ansprüche in vielen hier betrachteten Rechtsordnun­ gen176. Soweit es sich um die Schäden an der verkauften Sache selbst han­ delt, werden Ansprüche aus dem allgemeinen Haftungsrecht jedoch ganz überwiegend ausgeschlossen177. Die einzige grundlegende Ausnahme stellt das französische Recht dar, wo

die vertraglichen Ansprüche - und damit auch die Sachmängelgewährlei­ stung - deliktische Ansprüche verdrängen („non cumul des responsabili-

ts"), weil die Deliktsnormen sehr weit gefaßt sind und dem Schädiger die günstigere vertragliche Regelung erhalten werden soll178. 179 Ein180 entsprechen­ der, aber weniger strikter Grundsatz wird auch im belgischen^19 sowie im spanischen130 Recht angewendet.

die schweizerische deliktische Produkthaftung HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 8 vor Art. 197. 176 Bezogen auf reine Vermögensschäden dargestellt für das deutsche, griechische, italienische, portugiesische, dänische, niederländische, englische und irische Recht bei v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 415 ff. Vgl. auch van Rossum, EurRevPrivL 1995, zum englischen, S. 541 f., zum französischen, S. 546 ff, und zum niederländischen, S. 554 f., Recht. 177 Für die EG-Produkthaftung wird diese Abgrenzung ausdrücklich bestimmt, Art. 9 I b) ProdHftRil, in Deutschland § 1 I 2 ProdHftG. Anders wird neuerdings in Österreich auch der Mangelschaden einbezogen, OGH v. 17.5.1990, JB1 1990, S. 792, OGH v. 3.2.1994, JB1 1994, S. 477 f., vgl. Posch, PHI 1994, S. 149, allerdings sind dort vertraglicher und außervertraglicher Schadensersatz in § 1295 ABGB einheitlich geregelt. Für die Schweiz HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1991, Rdnr. 8 vor Art. 197, für England Kellam/Wesch, PHI 1996, S. 185 f., 192 f., v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 441. Die sogenannten „weiterfressenden“ - besser: überspringenden Mängel als umstrittene Fälle des deutschen Rechts, grundlegend BGH v. 24.11.1976, BGHZ 67, S. 359 (365), werden von der Rechtsprechung praktisch als Mangelfolge­ schäden an der verkauften Sache behandelt, da nur dann eine Eigentumsverletzung vorliegt, im Ergebnis ähnlich Katzenmaier, NJW 1997, S. 490: „entfernter Mangelfol­ geschaden“. Zu diesem Sonderproblem in anderen Rechtsordnungen vgl. v.Bar, De­ liktsrecht I, 1996, S. 442 f. Auch in Schweden und Dänemark soll jeweils das Kauf­ recht Anwendung finden, Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 257, 298. 178 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht I, 1986, 2 O 43, v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 429 ff. Zu den unterschiedlichen Rechtsfolgen vertraglicher und deliktischer Haftung vgl. Ferid/Sonnenberger, a.a.O., 2 O 22. 179 Vgl. Hill-Arning/Hoffmann, Produkthaftung, 1995, S. 34, v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 435 f. 180 Vgl. v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 433 f.

In ähnlicher Weise galt der Vorrang des Vertragsrechts früher im italie­ nischen Recht181, während die neuere Rechtsprechung eine parallele An­

wendung der beiden Regelungsbereiche zuläßt182. Damit wird nicht mehr, wie in Frankreich, auf die Verkäuferinteressen abgestellt, sondern es wer­ den zugunsten des Käufers eventuell weitergehende deliktische Ansprüche zugelassen183,184 so ebenfalls in Deutschland^, in Griechenland^5 sowie in

der Schweiz^6.

Auch das internationale Kaufrecht läßt ein Nebeneinander vertraglicher und deliktischer Ansprüche zu. Sowohl das frühere Haager Einheitskaufrecht wie das derzeitige UN­

Kaufrecht regeln allein (kauf-)vertragliche Ansprüche (Art. 8 Satz 1 EKG, Art. 4 Satz 1 CISG), so daß deliktische Ansprüche des nationalen Rechts und auch solche aus der Produkthaftung parallel anwendbar bleiben187. 188 189

Eine andere Art der Abgrenzung wird dort versucht, wo Schadensersatz­ ansprüche entweder grundsätzlich außerhalb des Gewährleistungsrechts angesiedelt werden dies geschieht in Österreich^ und in den Niederlanden^9 -

181 Nach Cass. v. 9.2.1965, n. 205, kam eine Anwendung des Deliktsrechts neben Art. 1494 CceC nicht in Betracht, Bianca, vendita, 1993, S. 988 (n. 437), vgl. auch Valcärcel Schnüll, 1994, S. 126, Petri, Produkthaftung, 1998, S.58 ff. 182 Cass. 1986/ n. 4833, Cass. 1988/ n. 4089, befürwortend auch Bianca, vendita, 1993, S. 989 (n. 437). 183 So anhand eines Vergleich mit einem geschädigten Dritten HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 259 Vor § 459. 184 WESTERMANN/MünchKomm, 1995, Rdnr. 91 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 258 Vor § 459. 185 Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 146, Bruegel, in: Unternehmens­ recht, 1997, S. 125. 186 BG v. 16.3.1964, BGE 90 II S. 86 (88), HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 7 Vor Art. 197. 187 Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 21 zu Art. 8 EKG, Rdnr. 11 zu Art. 41 EKG, Rdnr. 5 zu Art. 89 EKG, HERBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 23 zu Art. 4, HUBER/Schlechtriem, a.a.O., Rdnr. 58 zu Art. 45, MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 14 zu Art. 5. Der völlige Anwendungsausschluß für Personenschäden in Art. 5 CISG, dazu Handelsgericht Zürich v. 26.4.1995, UNILEX, E. 1995-15-1, betrifft daher nur noch vertragliche nationale Ansprüche, so auch der Sinn der Vorschrift nach ihrer Entstehungsgeschichte, HERBER/Schlechtriem, a.a.O., Rdnr. 1 zu Art. 5. 188 § 932 I 2 ABGB zieht für die Haftung des „Übergebers“ auf Schadensersatz die allgemeinen Haftungsregeln heran, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 82 ff. zu § 932. 189 Art. 7:22 BW läßt eine Ergänzung der speziellen Gewährleistungsrechtsbehelfe des Art. 7:21 BW durch andere Rechte und Ansprüche ausdrücklich zu.

oder zumindest die Schäden an anderen Rechtsgütern des Verkäufers vom (Kauf-)Vertragsrecht überhaupt nicht erfaßt, sondern nur nach Delikts­ recht ausgeglichen werden190 191 - 192 so in Dänemark^91 und Sch\^edenX92.

Auf diese Weise wird eine Überschneidung zwischen den Sachmängelre­ gelungen und der außervertraglichen Haftung grundsätzlich vermieden.

Eine Erweiterung der Möglichkeiten des Käufers, den Verkäufer aufgrund der Lieferung einer mangelhaften Sache in Anspruch zu nehmen, bietet auch die Anwendbarkeit des Deliktsrechts vor allem aufgrund längerer Verjährungsfristen. Nur insoweit dürften sich auch die Unterschiede zwi­ schen den Rechtsordnungen etwas verstärken.

d) Ergebnis

Eine entscheidende Ursache für die Anwendung von Rechtsbehelfen außer­ halb des Gewährleistungsrechts auf die Lieferung mangelhafter Sachen liegt in deren zugunsten des Käufers wirkenden längeren Verjährungsfri­ sten. Eine Anhebung der kurzen kaufrechtlichen Fristen würde daher dazu fuhren, daß das Ausweichen aus dem Sachmängelrecht mangels Anreiz stark zurückginge. Das gilt in ähnlicher Weise für andere Begünstigungen des Käufers, et­ wa durch Erfüllungsansprüche aufgrund von Nichterfüllungsregelungen gegenüber Kaufrechten, die die Nacherfüllung einschränken, oder durch niedrigere Verschuldensvoraussetzungen für Schadensersatzansprüche gegenüber strengeren kaufrechtlichen Anforderungen: Eine Ausweitung der 190 Ähnlich die rechtspolitische Forderung, den Schutz „vertragsfremder Rechtsgü­ ter“ durch cic in das Deliktsrecht einzugliedern, Medicus, in: Gutachten I, 1981, S. 488 (494), dazu die Nachweise bei Picker, AcP 1983, S. 376 („genuines Delikts­ recht“). 191 Der Verkäufer haftet für derartige Mangelfolgeschäden allein aus „produktans­ var“ ähnlich wie ein Hersteller, Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 110 f., Jorgen­ sen, FS Zajtay, 1982, S. 276, vgl. auch Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 296 f. 192 Nach § 67 I 2 KpL werden an irgendetwas anderem als der verkauften Ware ent­ stehende Schäden nicht aufgrund des Kaufgesetzes ersetzt, während beim Konsumen­ tenkauf immerhin Sachschäden ersetzt werden, die an anderem Eigentum des Käufers oder eines anderen Mitglieds seines Haushalts entstehen, § 31 KonsKpL (soweit es in erster Linie privaten Zwecken dient, ähnlich Art. 9 I b) i), ii) ProdHftRil, § 1 I 2 ProdHftG), vgl. dazu Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 256 f. Anders dagegen in Finn­ land, wo ausdrücklich als indirekter Verlust auch Schäden an anderen Gütern als der verkauften Ware ersetzt werden, § 67 II Zff. 4 KppL. Dazu im einzelnen u. II.3.c) bb) (2).

Ansprüche auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung im Gewährleistungs­ recht bzw. eine Senkung des kaufrechtlichen Haftungsmaßstabes beim Schadensersatz nivelliert die Unterschiede zu den allgemeinen Rechtsbe­ helfen und verringert die Notwendigkeit, über die Konkurrenzfragen ent­ scheiden oder eine Abgrenzung der Rechtsbehelfe vornehmen zu müssen. Gelingt eine derartige Koordination der Rechtsfolgen nicht, dann spricht die Rechtssicherheit für eine scharfe Trennung der kaufrechtlichen Ge­ währleistung von den anderen Regelungsbereichen. Die Parallelität mehre­ rer ähnlich wirkender Rechtsbehelfe mit unterschiedlichen Voraussetzun­ gen vermindert die Voraussehbarkeit der Rechtsfolgen, die für beide Ver­ tragspartner äußerst wichtig ist193. Stellt man auf die gemeinsamen Interessen der Vertragsparteien ab, dann kann gefragt werden, ob sie für die Fälle der mangelhaften Lieferung einer Kaufsache neben Gewährleistungsregeln zum Beispiel eine zusätzli­ che Möglichkeit vorsehen würden, den Vertrag wegen Irrtums zu beseiti­ gen. Eine derartige Vereinbarung würde nicht nur unnötigen Aufwand verursachen, sondern bei unterschiedlichen Anwendungskriterien, wie etwa zeitlichen Ausübungsbeschränkungen, außerdem noch Unsicherheit erzeu­ gen. Besteht also bereits eine vertragliche Regelung für derartige Fälle, dann ist eine weitere Bestimmung nicht sinnvoll194. Dies spricht ebenfalls dagegen, eine weitere gesetzliche Regelung heranzuziehen.

Bei der Abgrenzung der Gewährleistung zur Nichterfüllung und zu den Irrtumsregelungen ist davon auszugehen, daß die Sachmängelvorschriften jeweils eine Sonderregelung dar stellen195, denn die Funktionen dieser Re­ gelungsbereiche sind nahezu deckungsgleich. Vergleicht man dagegen die Zielsetzung der Sachmängelgewährleistung, die in erster Linie dem Äquivalenz- oder Leistungsinteresse dienen soll196, mit der der Delikts- und Produkthaftung, die vor allem dem Bestand be­ 193 Rechtsunsicherheit fuhrt zu erhöhten Kosten der Risikobeherrschung, so etwa Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 120. 194 Zum Irrtum ähnlich Collins, Contract, 1993, S. 130, der davon ausgeht, daß je­ de Partei ihr Irrtumsrisiko selbst trägt, sofern es im Vertrag nicht anders geregelt ist. In großer Übereinstimmung damit auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 293, allerdings geht es nicht allein um einen „Vorrang des Vertrages“ gegenüber gesetzlichen Regelun­ gen, denn auch die Irrtumsregeln können als vertragliche Vereinbarungen entstehen. 195 So gegenüber den Irrtumsregelungen Herberger, Rechtsnatur, 1974, S. 190 ff., zumindest im Hinblick auf den wichtigsten Problembereich der Rüge- und Verjäh­ rungsfristen auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 267. 196 Dazu o. l.b) aa).

stimmter Rechtsgüter und damit dem Integritätsinteresse verpflichtet ist197, so wird deutlich, daß auf die Anwendung dieser Regelungsbereiche zumin­ dest neben der eigentlichen Gewährleistung kaum verzichtet werden kann198. Der Funktionsunterschied spricht aber eigentlich auch dagegen, die Haftung für Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers überhaupt mit dem kaufvertraglichen Sachmängelrecht durch eine ergänzende Gewährlei­ stung zu erfassen, zumindest wenn das Deliktsrecht eine angemessene Regelung bereitstellt199. Daher ist zu erwägen, bei einer eventuellen Har­ monisierung der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung derartige Schadenser­ satzansprüche nicht mit einzubeziehen200. 201 202 Die rechtsvergleichende Gegenüberstellung der kaufrechtlichen Gewährlei­ stungsregelungen in Westeuropa soll daher den hier an den deutschen Sachmängelbestimmungen entwickelten Funktionen folgen, wobei das Schwergewicht auf der eigentlichen Gewährleistung als speziell auf den Kaufvertrag zugeschnittener Regelung liegt. Die ergänzende Gewährlei­ stung wird demgegenüber im Bereich des Erfüllungsinteresses stark von den allgemeinen Nichterfüllungsregelungen, im Bereich des Integritätsin­ teresses vom Delikts- und Produkthaftungsrecht beeinflußt, so daß eine eventuelle Rechtsangleichung ohne Abstimmung mit diesen Rechtsgebieten nur schwer möglich ist.

197 Diese Gegenüberstellung nimmt auch Schlechtriem, Gutachten II, 1981, S. 1660, 1662, vor. 198 Ebenso Schlechtriem, a.a.O., S. 1660. 199 So in Dänemark und Schweden, s. o. Fn. 191, 192. Auch für das UN-Kaufrecht war beantragt, neben den Personenschäden Sachschäden ebenfalls aus der Anwendung herauszunehmen, Denkschrift zum Übereinkommen, BT-Drucks. 11/3076 v. 7.10.1988, S. 41, dazu auch MAGNUs/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 3 zu Art. 5. Nicht nur in Deutschland wird allerdings die Notwendigkeit einer vertraglichen Haftung häufig gerade mit Defiziten des Deliktsrechts begründet, vgl. allgemein dazu v.Bar, Deliktsrecht I, 1996, S. 410. 200 Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf beschränkt sich noch weitergehend auf die engere Gewährleistungsfunktion des Äquivalenzausgleichs durch Instandsetzung/Ersatzleistung, Minderung sowie Vertragsauflösung, Art. 3 II VbrKfRil, und läßt nationale Schadensersatzregelungen vollkommen unberührt. 201 Dazu o. l.b) aa). 202 Dazu o. l.b) bb).

II. In den Rechtsordnungen vorgegebene Gewährleistungsregelungen

1. Umfang und Aufbau des Untersuchungsbereichs a) Differenzierung nach Rechtsquellen

Ausgehend vom gemeinsamen Interesse der Vertragsparteien an Gewähr­ leistungsregelungen sollen im folgenden diejenigen jeweiligen Bestimmun­ gen zur Sachmängelgewährleistung in den Rechtsordnungen der EU sowie der Schweiz dargestellt und in ihrer Funktion verglichen werden, die die Kaufvertragsparteien in ihre Vereinbarungen einbeziehen können oder müssen203. Auch wenn auf diese Weise von den beteiligten Rechtssubjekten ausge­ gangen wird, stehen die von der jeweiligen Legislative erlassenen gesetzli­ chen Bestimmungen im Vordergrund, denn zumindest auf nationaler Ebene sind diese den Akteuren ohne allzu großen Aufwand zugänglich. Die Rechtsprechung hat diesen Normen jedoch vielfach eine aus dem Wortlaut nicht ohne weiteres erkennbare Bedeutung gegeben, oder sie hat das Gesetzesrecht durch eigene richterrechtliche Regelungen ergänzt. Obwohl die Ergebnisse dieses Prozesses der Interpretation und Fortent­ wicklung des Rechts durch die Gerichte für die betroffenen Vertragspartei­ en erheblich schwieriger zu ermitteln sind als der Gesetzeswortlaut, soll hier davon ausgegangen werden, daß die Parteien sich unter Rationalitäts­ gesichtspunkten darüber informieren und zumindest die höchstrichterlichen Entscheidungen ebenfalls bei Vertragsschluß ins Kalkül einbeziehen, selbst wenn außerhalb der Common Law Staaten204 unterinstanzliche Gerichte daran nicht unmittelbar gebunden sind205. Auch aus diesem Grunde ist die nationale Rechtslage nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften in ihrer Interpretation durch die Judikative darzustellen. Dagegen kann wissenschaftlichen Ansichten und Lehrmeinungen in der Fachliteratur kaum eine direkte Wirkung auf das Verhalten der Rechtsan­ wender zugesprochen werden, sondern allenfalls ein vermittelter Einfluß über die Rechtsprechung sowie durch rechtspolitische Einflußnahme auf 203 Die Trennung in ergänzende und vorgeschriebene Vertragsregelungen wird unter A.III. vorgenommen, wo die zwingenden Gewährleistungsregelungen herausgearbeitet werden. In dem vorliegenden Abschnitt werden dagegen zunächst sämtliche in den Rechtsordnungen vorfindlichen Sachmängelregelungen unterschiedslos behandelt. 204 Zur dortigen Bindungswirkung von Präjudizien etwa Zweigert/Kötz, Einfüh­ rung, 1996, S. 253 ff. 205 Gleichwohl werden obergerichtliche Urteile faktisch weitgehend beachtet, Cappelletti, Process, 1989, S. 52, zum deutschen Recht Ankermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 3 vor § 511.

die Gesetzgebung, so daß auch aus diesem Grund auf eine umfassende Darstellung dieses Bereichs im vorgegebenen Rahmen verzichtet werden kann206. Auf die Kautelarpraxis der Kaufvertragsparteien wird, abgesehen von dem ihnen zur Verfügung stehenden Spielraum, der sich aus dem Bereich des abdingbaren Rechts ergibt207, in dieser Arbeit nicht eingegangen, da die dafür notwendigen rechtstatsächlichen Untersuchungen ein eigenes For­ schungsprojekt erfordern208.

b) Strukturierung nach Rechtskreisen

Obwohl die Einteilung der nationalen Rechtsordnungen in solche mit stär­ keren und mit schwächeren Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten proble­ matisch erscheint, besonders wenn damit generelle Aussagen über ein gesamtes Rechtssystem oder wesentliche Teile desselben beabsichtigt sind, kann eine derartige Systematisierung nach Rechtskreisen für die Struktu­ rierung dienlich sein und für die Informationsbeschaffung entlastend wir­ ken209, sofern sie auf einen konkreten Bereich der Rechtsordnungen bezo­ gen wird. Gerade das Vertragsrecht und insbesondere das Kaufrecht bieten als traditionelle Regelungsbereiche des Privatrechts Zuordnungskriterien vor allem nach ihrem Entstehungszeitraum. So gilt die im Bereich des Privatrechts zwischen den Rechtsordnungen des „Common Law“ - in Europa also England und Irland - sowie denen des „Civil Law“ - in Europa die kontinentalen Rechte - gezogene starke Tren­ nungslinie210 211 nicht nur bezüglich des in den beiden erstgenannten Rechts­ ordnungen noch weitgehend der Rechtsprechung überlassenen Vertrags­ rechts, sondern diese Einteilung ist in anderer Weise auch bezüglich des gesetzlich festgeschriebenen Kaufrechts gerechtfertigt: Der englische Sale of Goods Act (SGA-GB) von 1893 galt lange Zeit auch in IrlancP}X und ist

206 Dazu bereits o. Einleitung 2., bei Fn. 74. 207 Dazu unten A.III. 208 Ebenso Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 108. 209 So etwa Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 62. Mittlerweile abgeschwächt von Kötz, ZEuP 1998, S. 504: „bescheidene(r) Nutzen ... erste große Orientierung“. 210 Zur Begründung Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 68 ff., die hauptsächlich die historische Herkunft sowie die juristische Denkweise anführen. Eine ausführliche Darstellung der Unterschiede beider Systeme gibt Samuel, ZEuP 1995, S. 375 ff. 211 Diesen Stand behandelt noch Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. XVIII.

in beiden Staaten fast parallel212 213 modifiziert worden, wobei sich dadurch im Bereich der Gewährleistung nur unwesentliche Unterschiede zwischen den beiden Kaufgesetzen ergaben. Erst aufgrund der neuesten Veränderungen in England durch den Sale and Supply of Goods Act 1994213, haben sich die beiden Common Law Rechtsordnungen im Bereich des Kaufrechts weiter auseinanderentwickelt. Auf dem Kontinent wird darüber hinaus üblicherweise eine Dreiteilung vorgenommen in den romanischen, den deutschen oder mitteleuropäischen sowie den nordischen oder skandinavischen Rechtskreis214. Innerhalb der romanischen Rechtsfamilie weisen wiederum im Privatrecht Frankreich als durch den Code Civil (CdeC) von 1803 prägende Rechtsordnung sowie Belgien mit seinem Burgerlijk Wetboek (BW) von 1804 aufgrund ihrer dem - französischen - Gesetzeswortlaut nach identischen Zivilrechtskodi­ fikationen die engsten Verbindungen auf, besonders bezüglich der im we­ sentlichen unveränderten kaufrechtlichen Bestimmungen, selbst wenn die Auslegung durch die nationalen Gerichte teilweise zu Unterschieden ge­ führt hat215. Im Kern gilt dies auch für Luxemburg6, wobei gerade im Kaufrecht allerdings der dem französischen Code Civil entsprechenden Gesetzestext in den achtziger Jahren verändert worden ist217. Auch das Schuldrecht des spanischen Codigo Civil (CgoC-E) von 1889 besitzt eine große Ähnlichkeit mit dem des französischen Code Civil218, 219 was damit auch auf das allgemeine Kaufrecht zutrifft. Allerdings bestehen anders als in den drei obengenannten romanischen Rechten in Spanien Sonderregelungen für den Handelskauf im Codigo de Comercio (CgoCom) von 1885219. In den anderen drei ursprünglich stark am französischen Code Civil orientierten

212 In England durch den Sale of Goods Act 1979, in Irland durch den Sale of Goods and Supply of Services Act 1980 (SGA-IRL). 213 In Kraft seit dem 1.3.1995, vgl. dazu etwa Diedrich, VuR 1995, S. 407 f. 214 So etwa zum Kaufrecht Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 19 ff., allgemein auch Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 73 ff., 130 ff., 270 ff., Schlosser, Grund­ züge, 1993, S. 169 ff. 215 Vgl. dazu Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 99. 216 Vgl. Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 21. 217 Gesetz über den rechtlichen Schutz der Verbraucher vom 25.8.1983 sowie Gesetz vom 15.5.1987, vgl. Thiel/Mersch Rdnr.l, in: Handbuch, 1992, S. 648. 218 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 106, zur Entstehungsgeschichte IBÄN, Einführung, 1995, S. 164 f. 219 Spezielle Regelungen für Verbraucherkäufe finden sich zwar nicht nur in Spani­ en sondern auch in Frankreich, Belgien sowie Luxemburg, dazu u. III.2.c), aber diese modernen Entwicklungen in Sonderbereichen tragen zur Einteilung der Rechtskreise nichts bei, sie brechen eher deren Grenzen auf.

Privatrechtsordnungen unter den Mitgliedstaaten der EU, nämlich Italien220, Portugal221 und den Niederlanden222, lassen zwischenzeitlich erfolgte voll­ ständige Neuschöpfungen der Zivilgesetzbücher eine Zuordnung zum ur­ sprünglichen romanischen Rechtskreis problematisch erscheinen. Bei der ältesten Kodifikation der zweiten Generation, dem italienischen Codice Civile (CceC) von 1942, dürfte dies - jedenfalls für das Schuldrecht223 und damit auch für den Kaufvertrag - noch relativ leicht fallen; bei dem darauf folgenden portugiesischen Codigo Civil (CgoC-P) von 1967 macht es aufgrund der deutschen sowie schweizerischen Einflüsse schon erheblich größere Schwierigkeiten224, 225 und bei der neuesten westeuropäischen Zivil­ rechtskodifikation überhaupt, dem niederländischen (Nieuw) Burgerlijk Wetboek (BW) mit seinen schuldrechtlichen Büchern 3 (Allgemeines Ver­ mögensrecht), 6 (Allgemeines Schuldrecht) und 7 (Besonderes Schuld­ recht) von 1992225, ist es wohl völlig ausgeschlossen226. Dem „deutschen“227 228 - oder, da die Rückführung auf eine zentrale Rechtsordnung noch viel weniger gelingt als innerhalb der romanischen Rechtsfamilie, besser mitteleuropäischen2^ - Rechtskreis gehören in der 220 Codice Civile von 1866, vgl. Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 103, Kindler, Einführung, 1993, S. 74/75. 221 Der Codigo Civil von 1867 war, wenn auch nicht im Stil sowie der Systematik nach so doch in inhaltlicher Hinsicht, an den französischen Rechtsinstituten orientiert, vgl. Zweigert/Kötz, Einführung I, 1984, S. 125 f. 222 Burgerlijk Wetboek von 1838, de Groot, ZEuP 1998, S. 544, Kisch, in: Intro­ duction, 1978, S. 37, vgl. auch Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 100. 223 Dort sind nach Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 104, „die gemeinsamen Grundlinien ... leicht erkennbar“. 224 So auch Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 107. 225 Das Kaufrecht gehört dabei zu den bereits geltenden Abschnitten des Siebten Buchs. Die übrigen Bücher sind entweder schon vorher in Kraft getreten, wie das Personen- und Familienrecht, oder sollen später folgen, wie das Erbrecht, vgl. etwa Remien, ZEuP 1994, S. 188, Hondius, AcP 1991, S. 381, zur Entwicklung seit 1992 de Groot, ZEuP 1998, S. 548 ff. 226 Hondius, AcP 1991, S. 395, rechnet es eher zum deutschen, d.h. mitteleuropäi­ schen, Rechtskreis, Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 101, betonen die Nähe zum Common Law, für de Groot, ZEuP 1998, S. 546, ist dagegen die „allgemeine Orientie­ rung ... noch immer französisch“, nur teilweise inspiriert von „schweizerischem, italienischem und deutschem Recht“. Für das Kaufrecht werden auch starke Ähnlich­ keiten mit dem Haager Einheitlichen Kaufgesetz (EKG) von 1964, Castermans/ Nieuwenhuis, T&C BW III, 1994, N.l zu Titel 1, vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 2, in: Handbuch, 1992, S. 687, bzw. mit dem UN-Kaufrecht, vgl. Zwei­ gert/Kötz, Einführung, 1996, S. 101, angeführt. 227 So immer noch Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 130. 228 So bereits Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 20, Schlosser, Grundzüge, 1993, S. 170.

EU mittlerweile zwei nach ihren ursprünglichen Kodifikationen recht ei­ genständige Privatrechte an, nämlich das deutsche mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) von 1896, sowie das österreichische, mit dem erheblich älteren Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) von 1811, wobei zumindest das Allgemeine Schuldrecht in Österreich 1916 dem deutschen BGB angenähert wurde229 und außerdem die Regelungen zum Handelskauf durch die in Österreich 1938 erfolgte Übernahme des deutschen Handels­ gesetzbuchs (HGB) von 1897 immer noch übereinstimmen. Außerdem muß man Griechenland mit dem Astikos Kodikas (AK) von 1940, dessen Vor­ schriften gerade im Bereich des Schuldrechts ganz überwiegend aus dem deutschen BGB stammen, diesem Rechtskreis zuordnen230. Schließlich ist als weitere eigenständige Variante dieser Rechtssysteme auch das schwei­ zerische Obligationenrecht (OR) von 1911 mit einzubeziehen, denn die Schweiz ist zwar weder Mitglied der EU noch des Europäischen Wirt­ schaftsraums (EWR), aber in ihren Handelsbeziehungen eng mit den sie umgebenden Mitgliedstaaten der EU verknüpft231. 232 Die allgemein schon ausgeprägte rechtssystematische Verwandtschaft zwischen den EU-Staaten des nordischen Rechtskreises1^ ist im Vertrags­ recht sowie im Kaufrecht besonders eng, denn die jeweiligen Vertragsge­ setze in Dänemark233, Schweden234 und Finnland235 beruhen ebenso auf einem gemeinsamen Gesetzgebungsprojekt der nordischen Staaten236 wie die ursprünglichen Kaufgesetze in Dänemark und Schweden. Von letzteren ist allerdings nur das dänische Lov om Kob (KbL) von 1906 unter Ergän­ zung von verbraucherschützenden Bestimmungen im Jahre 1979237 noch in Geltung, während in Schweden das neue Köplag (KpL) von 1990238 sowie in Finnland das kauppalaki (KppL) von 1987 wiederum an einem gemein­ 229 Vgl. Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 20. 230 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 155 f., die daneben auch Anklänge an das schweizerische sowie Spuren des französischen bzw. italienischen Rechts fest­ stellen. 231 Unter anderem bleibt sie über das Abkommen der European Free Trade Associa­ tion (EFTA), ABIEG 1972 L 300, mit der EU verbunden. 232 Vgl. dazu etwa Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 272 ff. 233 Lov om Aftaler og andre Retshandler paa Formuerettens Omraade (AftL) von 1917. 234 Lag om avtal och andra rättshandlingar pä förmögenhetsrättens omräde (AvtL) von 1915. 235 laki varallisuusoikeudellisista oikeustoimista (VarL)/Lag om rättshandlingar pä förmögenhetsrättens omräde von 1929. 236 Vgl. Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 25. 237 Gesetz Nr. 147 vom 4.4.1979. 238 Lag 1990:931 als Nachfolger des Lag om köp och byte af lös egendom von 1905.

samen Reformvorschlag der nordischen Länder auf der Grundlage des UN­ Kaufrechts ausgerichtet sind239. Schweden hat außerdem im Gegensatz zu den anderen beiden Staaten ebenfalls 1990 ein eigenes neues Konsumentköplag (KonsKpL)240 erlassen, während Finnland die Verbraucherkaufvor­ schriften in Kapitel 5 des Konsumentenschutzgesetzes von 1978241 erst 1994 reformiert hat242.

An diesem Überblick wird deutlich, daß eine Gruppierung der nationalen kaufrechtlichen Gewährleistungsregelungen allein nach Rechtskreisen in bezug auf die Normtexte wenig aufschlußreich ist, da sich diese gerade in letzter Zeit innerhalb der hergebrachten Rechtsfamilien durch die jeweilige Gesetzgebung teilweise stark auseinanderentwickelt haben. Auch aus die­ sem Grund scheint es nicht angezeigt, die Untersuchung des materiellen Rechts auf einzelne ausgewählte Rechtsordnungen zu beschränken243, denn für einen konkreten Bereich wie die kaufrechtliche Gewährleistung wird sich allenfalls nach der Gegenüberstellung der verschiedenen Regelungen eine Aussage über signifikante Unterschiede und damit über eventuelle „repräsentative“ Rechtsordnungen treffen lassen. Trotzdem kann und soll nicht in sämtliche 16 Rechte in gleicher Tiefe eingedrungen werden, sondern insofern werden sich Unterschiede etwa aus der Eigenständigkeit oder auch der Aktualität244 der rechtlichen Lösungen, der „Spürbarkeit“ von Unterschieden, aber auch dem Vorhandensein von und dem Zugang zum Material ergeben müssen. Zudem begünstigen der aufgrund einer gemeinsamen Herkunft, die meist ähnliche juristische Denkweisen und Methoden herausgebildet hat245, bestehende Zusammen239 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 253, RING/OLSEN-RING, Einführung, 1999, S.78 f. 240 Es ersetzt das Konsumentköplag von 1973. 241 kuluttajansuojalaki (KulutSL), N:o 38 v.20.1.1978. 242 laki kuluttajansuojalain muuttamisesta, N:o 16 v.6.1.1994, Suom.Säädösk. 1994, S. 33. 243 Anders dagegen Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 40 f., die zu „weiser Be­ schränkung" raten und im vorliegenden Fall eines „klassischen“ Zivilrechtsproblems neben Deutschland die Schweiz, England, Frankreich und Italien sowie möglichst noch Dänemark und Schweden einbeziehen würden. 244 Insoweit sind auch anstehende Reformprojekte, wie etwa die Schuldrechtsreform in Deutschland, dazu Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Abschluß­ bericht, 1992, oder die - zunächst aufgeschobene, vgl. Reidinger, JAP 1996/97, S. 260 - Gewährleistungsnovelle in Österreich, Bundesministerium für Justiz, GZ 7.012/ 509-1.2/1995, mit einzubeziehen. 245 Zu diesen Kriterien für eine Ordnung nach Rechtskreisen Zweigert/Kötz, Ein­ führung, 1996, S. 68 ff.

halt sowie die größere Sprachverständlichkeit innerhalb der oben genann­ ten Gruppen den Meinungsaustausch in Rechtspflege und Rechtswissen­ schaft, so daß unter den Rechtsordnungen eines der genannten Rechtskrei­ se vorsichtige Vermutungen hinsichtlich der Funktion oder einer Auslegung der jeweiligen Regelungen durch Gerichte und Lehre möglich werden, die im Rahmen dieser Arbeit nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit er­ mittelt werden kann246.

c) Aufteilung nach Gewährleistungsfunktionen Die kaufrechtlichen Sachmängelregelungen sollen nach den bereits heraus­ gearbeiteten Funktionsbereichen der eigentlichen und der ergänzenden Gewährleistung247 aufgeteilt und getrennt behandelt werden. Dabei werden jeweils die Voraussetzungen für die Verantwortung des Verkäufers, beson­ dere Ausschlußtatbestände vor allem auf Seiten des Käufers und die mögli­ chen Rechtsfolgen unterschieden. Die zeitlichen Grenzen der Gewährlei­ stung aufgrund von Untersuchungs-, Rüge-, Verjährungs- oder Verwir­ kungsfristen sollen dagegen im Zusammenhang mit den prozessualen Be­ stimmungen erörtert werden248, da sie in der Regel auf die Durchsetzbarkeit der Sachmängelansprüche abzielen. Dies gilt ebenso für nationale Eigenar­ ten bei der Durchführung bestimmter Rechtsbehelfe, wie etwa Wandelung oder Minderung, die teilweise im Wege eines Gestaltungsrechtes ausgeübt werden können, teilweise jedoch einer vertraglichen Vereinbarung oder einer richterlichen Entscheidung bedürfen249.

246 Eine derartige Hilfskonstruktion wird im Bereich des Internationalen Privat­ rechts dann vorgeschlagen, wenn das eigentlich anzuwendende nationale Recht im Prozeß nicht zu ermitteln ist, so etwa Heldrich, FS Ferid, 1978, S. 217, allgemein zur Ermittlung ausländischen Rechts in den hier einbezogenen Rechtsordnungen Schwartze, FS Fenge, 1996, S. 127 ff. 247 S. o. I.l.b). 248 S. u. B.II.2.a). 249 Dazu im einzelnen unten B.II.5.a).

2.

Die eigentliche Gewährleistung: Ausgleich von Äquivalenzverschiebungen

Geht man davon aus, daß die Gewährleistungsregelungen für Sachmängel beim Kauf in erster Linie auf eine fehlende Übereinstimmung der Sachlei­ stung des Verkäufers mit der Geldleistung des Käufers abzielen250, dann ist zunächst zu fragen, nach welchen Kriterien ein derartiges Ungleichgewicht in den verschiedenen Rechtsordnungen festgestellt wird (unten a.). Daraus ergibt sich die Grundlage der Verantwortung des Verkäufers für die Liefe­ rung einer mangelhaften Sache, denn auch die ergänzende Gewährleistung knüpft daran an251. Neben Abweichungen in der Qualität der Kaufsache (unten aa.) sind dabei auch Diskrepanzen in der Klassifikation (unten bb.) sowie in der Quantität (unten cc.) der Ware mit einzubeziehen, vor allem um festzustellen, inwieweit diese nach den Gewährleistungsbestimmungen behandelt werden oder aber anderen Regeln folgen. Weiterhin ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen Informationen oder Informationsmöglichkeiten des Käufers über die tatsächliche Be­ schaffenheit der Ware dazu führen, daß von einem Ungleichgewicht zwi­ schen Kaufpreis und Kaufsache nicht mehr ausgegangen werden kann (unten b.). Schließlich sind die verschiedenen Rechtsbehelfe zu behandeln, mit de­ nen der Käufer die nach dem Kaufvertrag gegenseitigen Leistungen wieder in das beabsichtigte Gleichgewicht bringen kann (unten c.). a) Ursachen der Äquivalenzverschiebung: Mängel der Kaufsache

Ein nachträglich, nämlich bei der Vertragsdurchführung auftretendes Un­ gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung252 kann ganz allgemein immer dann angenommen werden, wenn die Leistung nicht so erbracht wird, wie es den Vereinbarungen zwischen den Parteien entspricht. Als Grundfall des Sachmangels ist dabei die vom vertraglich Vereinbarten

250 Dazu oben I.l.b) aa). 251 Dazu unten 3.a). 252 Im Gegensatz zum ursprünglichen Mißverhältnis der gegenseitigen Leistungen, das durch den Vertragsschluß selbst entsteht, so etwa in Deutschland § 138 II BGB, weitergehend der österreichische § 934 ABGB (laesio enormis), beide Elemente ver­ bindend in Italien Art. 1448 CceC, ähnlich nun auch in den Vertragsgrundregeln „gross disparity“ nach Art. 3.10 UD-Princ, UNIDROIT, Principles, 1994, S. 77 f. Allgemein rechtsvergleichend dazu Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 198 ff.

abweichende Beschaffenheit der Kaufsache anzusehen, die an erster Stelle behandelt werden soll (unten aa.).

Daneben kommen jedoch auch fehlende Übereinstimmungen der Kaufsache mit dem Vertrag in anderer Weise in Betracht, vor allem Abweichungen von der vereinbarten Art der Ware (unten bb.) sowie Mengenabweichun­ gen (unten cc.). Gerade in den neueren Gewährleistungsregelungen, die generell auf die Vertragsgemäßheit der Kaufsache abstellen253, 254 werden auch diese Fallgrup­ pen als Sachmängel eingeordnet. So muß in den Kaufgesetzen Schwedens und Finnlands die Ware auch in

bezug auf Art und Menge mit dem Vertrag übereinstimmen (§ 17 I KpL / KppL: „Varan skall i fräga om art, mängd ... stämma overens", ebenso

§ 16 I 1 KonsKpL), gleichfalls entspricht im Kaufrecht der Niederlande ei­

ne andersartige Sache (Art. 7:17 III 1 BW: „een zaak van een andere soort") oder eine Abweichung des Gelieferten in Anzahl, Maß oder Gewicht

(Art. 7:17 III 2 BW: „het afgeleverde in getal, maat of gewicht ... afwijkt") nicht dem Vertrag. Aber auch in Dänemark wird die Lieferung eines Ge­ genstandes anderer Beschaffenheit als Mangel angesehen (§ 76 I Zff.4 KbL: „genstanden ... af anden ... beskaffenhed"254) und bei einer zu geringen Lie­

fermenge (§ 50 Satz 1 KbL: „hvor den leverede mngde er for ringe“) wer­ den die Sachmängelregelungen entsprechend angewendet.

Damit schließen sich diese Rechtsordnungen dem internationalen Kauf­ recht an, das einen derartig weiten Begriff der Übereinstimmung der Ware mit dem Vertrag vorgegeben hat (Art. 35 I CISG: „goods which are of the

quantity ... and description required by the contract“ / „Ware ..., die in Menge ... und Art ... den Anforderungen des Vertrages entspricht“, ähnlich bereits Art. 33 I a) EKG: „a larger or a smaller quantity of the goods than he contracted“ / „eine Menge ..., die größer oder kleiner als die von ihm vertraglich versprochene ist“ und Art. 33 I b) EKG: „goods of a different

kind“ / „eine Sache anderer Art“).

Eine grundsätzliche Einbeziehung der Artabweichung sowie der Quanti­ tätsabweichung in die Sachmängelgewährleistung ist außerdem mit der

Schuldrechtsreform für das deutsche Kaufrecht vorgesehen (§ 435 II BGB-

253 Dazu u. aa), vor (1). 254 Die Mangeldefinition des § 76 KbL bezieht sich eigentlich nur auf den Verbrau­ cherkauf („forbrugerkob“), wird aber in Ermangelung eines gesetzlich näher bestimm­ ten allgemeinen Fehlerbegriffs generell im Kaufrecht verwendet, vgl. nur Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 299, Vaagt, RIW 1990, S. 890.

KE: „Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere

Sache oder eine zu geringe Menge liefert

Weil in anderen Rechtsordnungen eine derartige Gleichstellung der Ver­ tragsabweichungen noch nicht erfolgt ist, bleibt eine gesonderte Behand­ lung der Falschlieferung sowie der Minder- oder Mehrlieferung erforder­ lich.

aa) Abweichungen von der vertragsgemäßen Qualität Die Funktion der eigentlichen Gewährleistung besteht darin, die gegenüber der geplanten Vertragsdurchführung zuungunsten des Käufers aufgetretene Verschiebung des Äquivalenzverhältnis zwischen seiner Geldleistung und der Sachleistung des Verkäufers zu beheben255. Wenn man auf diese Weise auf den Austauschzweck des Kaufvertrags und damit auf die beabsichtigte Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung als Ziel des Geschäfts abstellt, dann kann man nur anhand der Vereinbarungen der Parteien beur­ teilen, ob die gelieferte Sache einen Mangel aufweist256. 257 Daher wird in neueren Regelungen über die kaufrechtliche Gewährlei­ stung meist ausdrücklich der Vertrag als vorrangiger Maßstab für die Be­ urteilung einer Qualitätsabweichung der Kaufsache bestimmt. So muß nach dem niederländischen Kaufrecht die Sache dem Vertrag ent­

sprechen (Art. 7:17 I BW: „aan de overeenkomst beantwoorden"), eine der­ artige Übereinstimmung mit dem Vertrag wird auch in den gleichlautenden

Kaufgesetzen Schwedens und Finnlands verlangt (§17 I KpL/KppL: „stämma överens med vad som följer av avtalet"), in Schweden ebenso im Konsumentenkaufgesetz (§ 16 I 1 KonsKpL). Alle diese Regelungen orientieren sich auch hier am internationalen Kauf­ recht151, das für diesen Mängelbegriff das Vorbild lieferte (Art. 35 I CISG:

„goods which are ... required by the contract“ / „Ware ... die ... den An­ forderungen des Vertrages entspricht“, Art. 19 I EKG: „goods which con­

form with the contract“/ „einer vertragsgemäßen Sache“).

Letzthin hat auch die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf die Ver­ tragsmäßigkeit als Grundvoraussetzung übernommen (Art. 2 I VbrKfRil:

„Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Verbraucher dem Kaufvertrag gemäße 255 Dazu o. I.l.b) aa). 256 So ausdrücklich auch HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 20 zu § 459, zum Feh­ lerbegrif des deutschen BGB. Aus rechtsvergleichender Sicht stellt Basedow, Reform, 1988, S. 44 f., einen Vorrang des Vertrages fest. 257 Zum Einfluß des CISG von 1980 in Schweden und Finnland sowie in den Nie­ derlanden o. l.b).

Güter zu liefern.“). Damit wurden ausdrücklich die noch in den Vorüberle­ gungen favorisierten „berechtigten Erwartungen“ des Käufers258 ersetzt259.

Als Mangel wird damit das Defizit des gelieferten tatsächlichen Gegen­ stands gegenüber der geschuldeten hypothetischen Kaufsache und somit die - zu Lasten des Käufers gehende - Differenz zwischen „IstBeschaffenheit“ und „Soll-Beschaffenheit“ der Ware angesehen. Im folgen­ den interessieren allein Kriterien für die Bestimmung der Soll­ Beschaffenheit, während der Zustand der gelieferten Sache eine bloße Tatsachenfeststellung erfordert und rechtlich weniger problematisch ist260.

Die Soll-Beschaffenheit der Kaufsache ist in erster Linie den konkreten Vereinbarungen der Parteien zu entnehmen, da nur auf diese Weise deren Präferenzen berücksichtigt werden können. Sofern die Kaufvertragspartei­ en, wie wohl in den meisten alltäglichen Fällen, keine ausdrücklichen Abre­ den über die Beschaffenheit der Kaufsache getroffen haben261, aus denen sich erkennen läßt, welches die vertragsgemäße Qualität sein soll, müssen ergänzend objektive Kriterien herangezogen werden, aus denen dies im Regelfall entnommen werden kann. (1) Konkrete Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Kaufsache Kaum eines der bestehenden nationalen Sachmängelrechte orientiert sich in der Weise am konkreten Kaufvertrag, daß es auf ausdrückliche Vereinba­ rungen zwischen den Parteien abstellt. Neuere Entwürfe im nationalen Bereich und auf internationaler Ebene verwenden dagegen dieses Kriteri­ um. So stellt der Entwurf der deutschen Schuldrechtskommission für die Sach­

mängelfreiheit in erster Linie auf „die vereinbarte Beschaffenheit“ der Sa­ che ab (§ 435 I 1 BGB-KE)262. Ebenso deutlich, wenn auch negativ formu­ liert, wird der Vorrang ausdrücklicher Vereinbarungen der Parteien sowohl

258 EG-Kommission, GrünbuchVerbrauchsgütergarantien, 1993, S. 109. 259 Nach Abs. 1 der Begründung zu Art. 2 VbrKfRil-E („Die Verbrauchsgüter müs­ sen dem Kaufvertrag entsprechen“) aufgrund „einer Vielzahl von Einwänden“ der „Gewerbetreibenden“. Dazu auch Medicus, ZIP 1996, S. 1926. 260 Zum Zeitpunkt des Mangels jedoch u. (4), zu den daraus folgenden Beweispro­ blemen u. B.I1.6.a) bb). 261 So etwa Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Abschlußbericht, 1992, S. 202. 262 Damit soll klargestellt werden, daß nur der subjektive Fehlerbegrif, dazu gleich u. (a), heranzuziehen ist, Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Ab­ schlußbericht, 1992, S. 199, 201.

von den UNIDRO1T Contract-Principles (Art. 5.6 UD-Princ: „Where the quality of performance is neither fixed by, nor determinable from, the contract ...") als auch von den Europäischen Vertragsgrundregeln (Art. 2.105

Eur-Princ: „Legt der Vertrag die Güte der Leistung nicht fest ...“) heraus­

gestellt. Der Vorläufer für alle diese Regelungen findet sich allerdings im Common Law, denn in England und Irland wird die Gewährleistung von vorn­

herein allein an die vertraglichen Vereinbarungen, seien es nun „express“ oder „implied terms", geknüpft263, 264 wie es dem generellen Prinzip des Ver­

tragsbruchs („breach of contract") entspricht.

Üblicherweise wird stattdessen ein subjektiver Fehlerbegriff verwendet, werden besondere Verwendungszwecke der Kaufsache unterschieden oder Eigenschaftzusicherungen herangezogen.

(a) Subjektiver Fehlerbegrif In vielen Rechtsordnungen, vor allem in den mitteleuropäischen und roma­ nischen Kaufrechten, steht noch der Fehler oder Mangel der Sache als Bewertungskriterium für die Sollbeschaffenheit der Ware im Vordergrund. Als Defekt der Kaufsache wird die Qualitätsabweichung in Deutschland (§ 459 I 1 BGB: „Fehler“), ebenso in Griechenland (Art. 534 AK), ähnlich

in der Schweiz (Art. 197 I OR: „körperliche Mängel“), in Frankreich und Belgien sowie Luxemburg (Art. 1641 CdeC/BW: „defauts“ / „gebreken"),

in Italien (Art. 1490 I CceC: „vizi“), in Spanien (Art. 1484 l.HS CgoC: „defectos“), in Portugal (Art. 913° I CgoC: „vicio“) und in Dänemark

(§ 42 I KbL: „mangel“) bestimmt. Das österreichische Gewährleistungsrecht bezieht sich zwar positiv vor allem auf die Eigenschaften der Sache (§ 922 ABGB)264, kennt aber auch den Begriff der „Mängel“ (§ 923 ABGB).

Durch die Rechtsprechung wurde jedoch überwiegend eine subjektive, d.h. von den Vereinbarungen der Parteien ausgehende Auslegung des Fehlerbe­ griffs entwickelt. Dabei wird meist an Formulierungen in den Regelungen angeknüpft, die hinsichtlich des Gebrauchs oder der Verwendung der Kaufsache auf die Vereinbarungen der Parteien abstellen.

263 Vgl. sehr anschaulich dazu Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1050 f. 264 Zur Zusicherung von Eigenschaften dagegen u. (c).

Dies ist in den Rechtsordnungen eindeutig, die neben objektiven Kriterien265 266 auch subjektive Maßstäbe verwenden, wie etwa in Deutschland^ wo es un­

ter anderem auf den „nach dem Vertrage vorausgesetzten“ Gebrauch an­ kommt (§ 459 I 1 BGB), sowie in Österreich für die „ausdrücklich bedun­ genen“ Eigenschaften bzw. die Verwendung „der getroffenen Verabredung

gemäß“ (§ 922 ABGB), in Dänemark für die Beschaffenheit nach dem Vertrag (§ 76 I Zff. 4 KbL: „beskaffenheit ... ifolge aftalen"), ebenso in Portugal, wo der Bestimmungszweck (Art. 913° I CgoC: „fim a que e de-

stinada“) ausdrücklich zunächst vertraglich bestimmt werden (Art. 913° II CgoC: „Quando do contrato näo resulte o fim ...")266.

soll

Auf diese Weise hat die deutsche Rechtsprechung dem subjektiven Feh­ lerbegriff den Vorzug gegeben267, wonach dann ein Fehler vorliegt, wenn „der tatsächliche Zustand der Sache von dem im Kaufvertrag vereinbarten abweicht“268; auch die Literatur stimmt dem fast ohne Ausnahme zu269.

Ebenso läßt die österreichische Judikatur die Gewährleistungsvorschriften bereits dann eingreifen, wenn die als Erfüllung hingegebene Leistung hinter der vertraglich geschuldeten zurückbleibt270. Auch in Dänemark werden die

vertraglichen Vereinbarungen in den Vordergrund gestellt271,272 ebenso in Portugal212.

Weniger Anhaltspunkte im Gesetztestext bieten dagegen die Kaufrechte, die nur ganz allgemein auf die Zweckbestimmung der Ware abstellen, ohne 265 Dazu u. (2) (a). 266 Zum derart subjektiv bestimmten besonderen Verwendungszweck u. (b). 267 Dazu ausführlich HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 20 ff. (22) vor § 459, auch WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 8 ff. (11) zu § 459, mindestens seit RG v. 11.3.1932, RGZ 135, S. 340 (342). 268 BGH v. 22.2.1984, BGHZ 90, 198 (202). 269 So etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 35 f. vor § 459, Flume, Eigen­ schaftsirrtum, 1948, S. 109 ff, Larenz, Schuldrecht II/l, 1986, S. 38, EssER/WEYERS, Schuldrecht II, 1991, S. 33, GMüller, JZ 1988, S. 383 f. Auch die Vertreter eines subjektiv-objektiven Fehlerbegriffs, wie etwa WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 9 zu § 459, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 18,29 zu § 459, Fikentscher, Schuldrecht, 1992, S. 425 f., Walter, Kaufrecht, 1987, S. 142 f., gehen in erster Linie von den Vereinbarungen der Parteien aus und greifen nur in Ergänzung auf objektive Kriterien zurück. Die Gegenansicht des objektiven Fehlerbegriffs wird fast ausschließlich von Knöpfle, JZ 1978, S. 121 ff, NJW 1987, S. 801 ff, vertreten. 270 OGH v. 17.11.1981, ÖJZ 1982, S. 183(184), OGH v. 10.10.1990, JB1 1991, S. 383 (384). Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 254, bezeichnen die Ausrichtung an einem bestimmten Vertrag als „konkreten“ Fehlerbegriff. 271 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 95 f., vgl. auch Bloth, Haftung, 1993, S. 299, Vaagts, RIW 1990, S. 890. 272 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 21.

eine Unterscheidung nach objektiven und subjektiven Maßstäben zu tref­ fen. Dies gilt nicht nur in den älteren romanischen Rechtsordnungen, die wie Frankreich und Belgien sowie Luxemburg auf den Gebrauch abstellen, für den man die Sache bestimmt hat (Art. 1641 CdeC / BW: „ä l’usage auquel on la destine" / „tot het gebruik waartoe men ze besternt“), ebenso in Italien (Art. 1490 I CceC: „all’uso a cui e destinato“) und Spanien (Art. 1484

l.HS CgoC: „el uso a que se la destina“), sondern auch in der Schweiz für

die „Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche“ (Art. 922 OR). Das griechische Kaufrecht verzichtet im Gegensatz zu seinem deutschen Vor­ bild völlig auf eine Erwähnung der Zweckbestimmung und stellt unbestimmt nur auf die Tauglichkeit der Sache ab (Art. 534 AK)273.

Trotzdem wird auch in diesen Rechtsordnungen der Sachmangel häufig anhand der Vereinbarungen der Parteien bestimmt. Im Ergebnis wird etwa in Frankreich zumindest auch auf den Verwen­ dungszweck abgestellt, der Eingang in den Vertrag gefunden hat274. In Bel­ gien reicht bereits der dem Verkäufer erkennbare Gebrauch aus275. In der

Schweiz wird ebenfalls der vertraglich vorausgesetzte Gebrauch herangezo­ gen276,277 ebenso durch die überwiegende Rechtsprechung in Griechenland111.

Gravierende Unterschiede zu den ganz überwiegend auf den konkreten Verwendungszweck abstellenden Rechtsordnungen weisen nur die Kauf­ rechte auf, in denen vorwiegend noch objektive Kriterien zur Bestimmung eines Sachmangels verwendet werden. Dazu gehört das italienische Recht, in dem die Rechtsprechung allein die fehlerhafte Produktion, Fertigung, Gestaltung und Haltbarkeit sowie ähnli­ che Unvollkommenheiten und Verfälschungen der Sache gelten läßt und ei­

273 Es erwähnt außerdem den Wert der Sache, dazu u. (b). 274 So WENNER/SCHODEL Rdnr. 124, in: Handbuch, 1992, S. 452, vgl. auch Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 73, ähnlich Rohs/Weber Rdnr. 6, in: Produkthaftungshand­ buch, 1991, S. 415, sowie Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 10, zum außerge­ wöhnlichen Gebrauch. Nach Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 597, kann allerdings nicht entschieden werden, ob die Rechtsprechung dem subjektiven oder dem objektiven Fehlerbegriff folgt, da sie die Eignung der Sache als Tatfrage prüft. 275 Cass. v. 18.11.1971, A.C. 1972, S.274, vgl. auch M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 28 ff. 276 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 197, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 142, in: Handbuch, 1992, S. 929. 277 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 89, Bruegel, in: Unternehmens­ recht, 1997, S. 117, Chaldoupis Rdnr. 84, in: Handbuch, 1992, S. 513.

nen nicht artgemäßen Verwendungszweck nicht berücksichtigt278. Außerdem

gilt es für das spanische Kaufrecht, das als Fehler nur objektive Unter­ schiede zu anderen Sachen derselben Art gelten läßt279, weniger für das bel­ gische, wo nur zunächst auf die normale Benutzung der Sache abgestellt wird280.

(b) Besonderer Verwendungszweck Alle einbezogenen Rechtsordnungen stellen als Kriterium zur Feststellung einer Qualitätsabweichung unter anderem auf die Nutzung oder Verwen­ dung der Kaufsache durch den Käufer ab. Neben dieser Gebrauchstaug­ lichkeit wird in einigen wenigen Kaufrechten allerdings auch der Wert der Sache erwähnt. Diese Regelung stammt aus dem deutschen Recht (§ 459 I 1 BGB: „Fehler(n) ..., die den Wert ... aufheben oder ... mindern“) und wurde sowohl in der Schweiz (Art. 197 I OR: „Mängel ..., die ihren Wert ... aufheben oder

... mindern“) wie in Italien (Art. 1490 I CceC: „vizi ... ehe ... diminuiscano ... il valore“) und in Griechenland (Art. 534 AK) übernommen281. Im­ plizit wird sie auch in Dänemark angewendet282.

Da der Wert als solcher nicht berücksichtigt werden kann, ohne in das von den Parteien ausgehandelte Preis-Leistungs-Verhältnis einzugreifen, kom­ men nur wertbildende Faktoren in Betracht, die die Sache nach dem Ver­

278 Cass. v. 19.7.1983, n. 4980, in: PESCATORE/RUPERTO, Codice II, 1987, n. 2 zu Art. 1490, Cass. v. 23.3.1982, no. 1839, Cass. v. 3.12.1970, no. 2544, Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, II. 1 zu Art. 1490, Bianca, vendita, 1993, S. 885 Fn. 1 (n. 402), vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 96 f., A. Kramer, Abwicklungs­ störungen, 1996, S.48 f., Basedow, Reform, 1988, S. 46, zur Rechtsprechung vor der 1942 erfolgten Neuregelung Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 114 f. Allerdings sollen bei der Beurteilung, ob die Sache mit dem „Normalen“ übereinstimmt, auch besondere im Vertrag vorgesehene Zwecke einbezogen werden, Bianca, vendita, 1993, S. 887 (n. 402). 279 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 62. Auch hier sollen jedoch abwei­ chende Vereinbarungen möglich sein, vgl. Marti Rdnr. 116, in: Handbuch, 1992, S. 1020. 280 Vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 22 f., Moons Rdnr. 120, in: Handbuch, 1992, S. 105. 281 Aus damaliger Sicht konnte daher Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 112, die Einbeziehung des Wertes als „vorzugsweise benutzte Definition“ bezeichnen. 282 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 299, Steinrücke Rdnr. 150, in: Hand­ buch, 1992, S. 175.

trag aufweisen muß283. In diesen Fällen stellt die Wertminderung der Kauf­ sache ebenfalls einen subjektiven Maßstab dar. Als objektives Kriterium erscheint der Wert der Kaufsache jedoch, wenn man sich am Kaufpreis orientiert und aus seiner Höhe Rückschlüsse auf eine „angemessene “ Qualität der Ware zieht284. Eine derartige Tendenz besteht im dänischen Kaufrecht285 und wird eben­

falls in Österreich befürwortet286. Sie ergibt sich auch aus Formulierungen im englischen und im irischen Kaufgesetz zur Bestimmung der zufrieden­

stellenden Qualität (sec. 14 II A SGA-GB: „taking account of ... the price

(if relevant)“) oder im Bereich des geschäftlichen Verkehrs der handelsübli­ chen Qualität (sec. 14 III SGA-IRL: „reasonable to expect having regard to ... the price (if relevant)“)287.

Diese Regelung scheint auch die Europäische Kommission zum Vorbild ihres Vorschlags einer EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf genommen

zu haben (Art. 2 II d) VbrKfRil-E: „angesichts ... des gezahlten Preises ... zufriedenstellend“)288. In der endgültigen Fassung der Richtlinie wird dage­ gen der Maßstab nur noch an der „bei Gütern der gleichen Art“ üblichen

Qualität und Leistung (Art. 2 II d) VbrKfRil) ausgerichtet und damit prak­ tisch auf wertbildende Faktoren abgeschwächt.

Letztendlich läuft ein am Preis orientierter und damit enger objektiver Wertmaßstab darauf hinaus, den Parteien entweder den Marktpreis der verkauften Ware vorzuschreiben oder einen „gerechten“ Preis für die Kauf­ sache zu bestimmen. Dies sollte im Interesse beider Parteien vermieden werden.

283 Zum deutschen Recht BGH v. 3.7.1992, WM 1992, S. 1997 (1998) - zum Grund­ stückskauf, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 62 f. zu § 459, ebenso ablehnend zum Wert der Kaufsache in der Schweiz Corte Civile v. 18.11.1965, BGE 91 II 353 (355), HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 197. 284 Ablehnend HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 63 zu § 459 285 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 299, Steinrücke Rdnr. 147, in: Hand­ buch, 1992, S. 175, aber wohl nur wenn ein einheitlicher Marktpreis feststellbar ist, vgl. Steinrücke Rdnr. 150, a.a.O., S. 176. 286 Koziol/Welser, Grundriß AT SchuldR II, 1992, S. 254, ebenso zur Höhe des Preises als stillschweigende Zusicherung Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 131. 287 Vgl. dazu Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 128 ff. 288 Dazu auch Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, S. 373. Bereits nach den Vor­ überlegungen sollte der Preis als einer der zu berücksichtigenden Umstände behandelt werden, EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 110.

Bezüglich der Verwendung wird in erster Linie in den meisten Rechtsord­ nungen ebenfalls die vertragliche Vereinbarung der Parteien zu ermitteln gesucht, indem ein bestimmter, konkreter Gebrauch der Kaufsache heran­ gezogen wird. Auf die vertraglich vorausgesetzte Gebrauchstauglichkeit der Kaufsache stellen ausdrücklich die bereits erwähnten Kaufrechte Deutschlands, Öster­ reichs, Dänemarks und Portugals2^9 ab.

Nach dem niederländischen Recht darf der Käufer ebenso diejenigen Ei­ genschaften erwarten, die für einen besonderen Gebrauch erforderlich sind („eigenschappen die nodig zijn voor een bijzonder gebruik"), welcher durch den Vertrag vorgesehen ist („bij de overeenkomst is voorzien"), Art. 7:17 II 2 2.HS BW. In gleicher Weise wurde früher im internationalen Kaufrecht auf den ver­

traglich vorhergesehenen (Verwendungs-)Zweck abgestellt (Art. 33 I e)

EKG: „qualities for some particular purpose expressly or impliedly con-

templated by the contract“ / „für einen im Vertrag ausdrücklich oder still­ schweigend vorgesehenen besonderen Gebrauch“). Im deutschen Kaufrecht soll es nach dem Entwurf der Schuldrechts­ kommission auch in Zukunft in erster Linie auf die „nach dem Vertrag vor­

ausgesetzte ... Verwendung“ (§ 435 I 2 BGB-KE) ankommen.

Einige Rechtsordnungen verwenden jedoch einen strengeren Maßstab, indem sie bereits den dem Verkäufer erkennbaren Verwendungszweck ausreichen lassen. Nach den Kaufgesetzen Schwedens und Finnlands muß die Ware für dieje­ nigen besonderen Zwecke („för det särskilda ändamäl“) geeignet sein, für

die die Waren zu gebrauchen bestimmt waren („varan va avsedd att anvndas“), die der Verkäufer bei Vertragsabschluß erkennen mußte („säljaren ... mäste ha insett"), § 17 II Zff.2 KpL/KppL, ebenso § 16 II Zff.2 KonsKpL. Ähnlich gilt, allerdings nur gegenüber geschäftlich handelnden Verkäu­

fern („seller sells goods in the course of a business"), eine angemessene Eignung für einen besonderen Verwendungszweck („reasonably fit for ... purpose“) nach dem englischen und dem irischen Kaufgesetz als verein­ bart, wenn der Käufer diesen dem Verkäufer mitgeteilt hat („the buyer ...

makes known to the seller ... any particular purpose for which the goods

are being bought“), sec. 14 III SGA-GB, sec. 14 IV SGA-IRL.

289 S. o.(l) (a)

In diese Richtung scheint auch das belgische Kaufrecht zu tendieren, wenn es verlangt, daß der Käufer eine besondere Verwendung mitteilt290.

Die Regelung im derzeitigen internationalen Einheitskaufrecht stellt - wie die Sale of Goods Acts, denen sie nachgebildet ist291 - auf die Mitteilung an den Verkäufer ab (Art. 35 II b) CISG. „fit for any particular purpose ...

made known to the seller“ / „für einen bestimmten Zweck [ge]eignet, der dem Verkäufer ... zur Kenntnis gebracht wurde“). Schon nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission sollte auch

bei Kaufverträgen über Verbrauchsgüter die Eignung zum „vom Verbrau­ cher angestrebten Zweck“ ausschlaggebend sein, wenn dies „dem Verkäufer

zur Kenntnis gebracht“ wurde (Art. 2 II c) VbrKfRil-E). In der endgültigen

Fassung der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf wird allerdings zu­ sätzlich verlangt, daß diesem „der Verkäufer zugestimmt hat“ (Art. 2 II b) VbrKfRil)292.

Während also nach den älteren Sachmängelregelungen - und nun auch wieder nach der EG-Vorgabe - individuelle Verwendungszwecke des Käufers nur dann zu Gewährleistungsansprüchen fuhren, wenn darüber eine vertragliche Absprache getroffen wurde293, die allerdings auch stillschwei­ gend erfolgen kann294, reicht es nach den meisten neueren Bestimmungen295 290 Vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 29. 291 Huber, RabelsZ 1979, S. 480. 292 Damit wird nun eine vertragliche Einigung wie unter anderem nach deutschem Recht verlangt, zum Verzicht darauf in der Entwurfsfassung Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, S. 373. 293 Auch nach der Rechtsprechung reicht eine Kundgabe des Verwendungszwecks durch den Käufer meist nicht aus, so im deutschen Recht BGH v. 28.3.1984, NJW 1984, S. 2289 f., BGH v. 18.12.1954, BGHZ 16, 55 (56), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 12 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 69 zu § 459, ebenso in Österreich OGH v. 16.1.1985, JB1 1985, S. 620, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 6a zu § 923, und in Italien, Bianca, vendita, 1993, S. 886 Fn. 5 (no. 402), unter Verweis auf eine abweichende untergerichtliche Entscheidung. Ebenso nach der Entste­ hungsgeschichte des Haager Einheitlichen Kaufrechts, Mertens/Rehbinder, Kauf­ recht, 1975, Rdnr. 18 zu Art. 33. 294 Zum deutschen Recht BGH v. 25.1.1961, BB 1961, S. 305, Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 12 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 69 zu § 459, zum österreichischen Recht DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 5, 6 zu § 923, ausdrücklich im früheren Einheitskaufrecht Art. 33 I e) EKG: „impliedly contemplated", dazu Mertens/Rehbinder, Kaufrecht, 1975, Rdnr. 18 zu Art. 33. Auch nach den Vorstellungen der Schuldrechtskommission soll eine „konkludente Übereinstimmung“ ausreichen, Abschlußbericht, 1992, S. 202. 295 In einigen Rechtsordnungen auch nach der Rechtsprechung, so in Dänemark, vgl. Steinrücke Rdnr. 149, in: Handbuch, 1992, S. 175, Vaagt, RIW 1990, S. 890 nach Fn. 35 (statt „Verkäufer“ muß es dort wohl „Käufer“ heißen), teilweise in Frank­

schon aus, wenn der Verkäufer über die Absichten des Käufers informiert ist oder sogar, wie in Skandinavien, wenn er es hätte sein müssen296. Aller­ dings wird auf einen deutlichen Konsens der Parteien nur verzichtet, wenn der Käufer auf die Sachkenntnis und das Urteilsvermögen des Verkäufers vertraute oder vernünftigerweise vertrauen konnte. So in England und Irland die - dort negative - Formulierung in sec. 14 III SGA-GB297 / sec. 14 IV SGA-IRL, nahezu gleichlautend Art. 35 II b) CISG: „the buyer does (did) not rely, or ... it is (was) unreasonable for him

to rely, on the (seller’s) skill and judgement of the seller“, ebenso in Schwe­

den und Finnland (§ 17 II Zff.2 KpL/KppL, § 16 II Zff.2 KonsKpL). Im Vorschlag einer EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wurde dage­ gen gefordert, daß „der Käufer auf die Erklärungen des Verkäufers nicht

vertraute“ (Art. 2 II c) VbrKfRil-E). Dadurch sollte die Verantwortung des Verkäufers für die Zweckeignung der Ware nur in Ausnahmefallen ausge­ schlossen sein.

Dies dürfte unter anderem dann nicht mehr der Fall sein, wenn der Käufer gegenüber dem Verkäufer über - erheblich - weitergehende Sachkenntnis verfugt298.

Die Grenzen zwischen diesen beiden Regelungsansätzen werden weitge­ hend aufgehoben299, wenn für eine vertragliche Einigung schlüssiges Ver­ halten in der Form ausreicht, daß der Verkäufer den vom Käufer darge­ reich, vgl. Valcärcel SCHNOLL, Haftung, 1994, S. 6, Ferid/Sonnenberger, Zivil­ recht II, 1986, 2 G 597, für einen Eingang in den Vertrag aber die Rechtsprechung bei Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 73. 296 Zu diesem Unterschied zwischen EKG und CISG STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 24 zu Art. 35, unter Hinweis auf die Schwierigkeiten, Kenntnis nachzu­ weisen, ScHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 21 zu Art. 35. 297 Dazu bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 167, der diese Bedingung im Sinne einer stillschweigenden Vereinbarung interpretiert. Vgl. auch Kircher, Voraus­ setzungen, 1998, S. 154 ff. 298 So die Erwägungen zum Erlaß der schwedischen Regelung, vgl. Bloth, Pro­ dukthaftung, 1993, S. 266. Nach anderer Ansicht muß der Käufer eine geringere Sachkunde besitzen, STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 24 zu Art. 35, schwä­ cher jetzt ScHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 23 zu Art. 35, bzw. ein „tech­ nologisches Gefälle“ bestehen, Huber, RabelsZ 1979, S. 481. Letzteres ist wiederum aus den Erwägungen zum US-amerikanischen Uniform Commercial Code (UCC) entnommen, vgl. Hyland, in: Einheitliches Kaufrecht, 1987, S. 321. 299 Dies gilt nicht für die Beweislastverteilung, allgemein dazu u. B.II.6.a), denn bei einer vertraglichen Einigung müßte der Käufer im Streitfall auch die Zustimmung des Verkäufers nachweisen, ansonsten genügt der Beweis der eigenen Bekanntgabe des Verwendungszwecks.

legten Vorstellungen über dessen Verwendungszweck der Sache nicht widerspricht300, denn damit sind auch die Voraussetzungen der bloßen Kenntniserlangung erfüllt301. Trotzdem wird deutlich, daß der Verzicht auf eine vertragliche Vereinbarung letztendlich bedeutet, daß die Gewährlei­ stungsregelungen auch auf den vorvertraglichen Bereich erstreckt wer­ den302. Allerdings steht der Verkäufer in dort nur für vorsätzliches Verhal­ ten ein, wenn man seine positive Kenntnis vom speziellen Verwendungs­ zweck voraussetzt, bzw. für grobe Fahrlässigkeit, wenn man wie in den schwedischen und finnischen Kaufgesetzen „kennen müssen“ ausreichen läßt303. Eine Regelung, die auf die bloße Kenntnisgabe des Verwendungszwecks gegenüber dem Verkäufer abstellt, ist vorteilhaft, weil der Käufer grund­ sätzlich den besseren Zugang zu Informationen über die Nutzung der Sache in seinem Bereich besitzt304. Es ist sinnvoll, daß diese Informationen dem Verkäufer bekannt werden, denn er kann in der Regel besser einschät­ zen, ob die Kaufsache für eine bestimmte Verwendung geeignet ist305, zumindest wenn er - wie in den obengenannten Regelungen vorausgesetzt wird - sachkundiger als der Käufer ist. Wird dagegen eine vertragliche Einigung verlangt, so kann der Verkäufer sich gegenüber der Mitteilung eines besonderen Gebrauchs durch den Käufer indifferent verhalten, so daß die Eignung der Kaufsache nicht geklärt wird, und entweder Vertragsko­ sten nutzlos aufgewendet werden oder der Käufer das Risiko eines für ihn unnützen Vertrages eingeht. Reicht aber schon die Bekanntgabe des Ver­ wendungszwecks durch den Käufer für eine Einstandspflicht des Verkäu­ fers aus, dann hat letzterer einen Anreiz, seine Informationen über die Eignung der Sache offenzulegen, so daß ein für beide Vertragsparteien vorteilhafter Vertrag Zustandekommen kann.

300 Dazu WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 12 zu § 459. 301 Ein Hinweis des Verkäufers auf eine mögliche Untauglichkeit zum vom Käufer beabsichtigten Gebrauch dürfte die Gewährleistung auch in diesen Fällen ausschließen, vgl. zur französischen Rechtsprechung Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 598 Fn. 145. 302 Die deutsche Schuldrechtskommission scheint diese Möglichkeit trotz des Wort­ lauts von § 435 II S. 1 BGB-KE offen lassen zu wollen, Abschlußbericht, 1992, S. 202. 303 Noch weitergehend nach § 2-315 UCC („reason to know“), was Hyland, in: Einheitliches Kaufrecht, 1987, S. 320, als „tort-like construction" bezeichnet. 304 Bezogen auf die Intensität der Nutzung auch Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 391 f. 305 Dazu o. I.l.a).

Eine weitere Frage ist dann, wie deutlich die Information für den Ver­ käufer erkennbar sein muß. Hält man es für ausreichend, daß sich dem Verkäufer der besondere Verwendungszweck der Kaufsache „aufdrängt“ oder vermutet man insoweit die Kenntnis des Verkäufers, wie in Schweden oder Finnland, dann reduziert sich der Anreiz für den Käufer, dem Ver­ käufer darüber klare und verständliche Informationen zu verschaffen. (c) Abweichung von zugesicherten Eigenschaften

In Ergänzung zum ursprünglich eher objektiv verstandenen Fehlerbegrif haben vor allem die jüngeren mitteleuropäischen und romanischen Kauf­ rechte die in der Regel an eine Zusicherung des Verkäufers geknüpften und damit an einem subjektiven Kriterium ausgerichteten Eigenschaftsabwei­ chungen als Gewährleistungsgrund aufgenommen306. Auf eine Zusicherung stellen dabei die deutsche Regelung (§ 459 II BGB: „die zugesicherten Eigenschaften“) sowie gleichlautend die schweizerische

(Art. 197 I OR), die griechische (Art. 535 AK) und auch die dänische Be­ stimmung (§ 42 II KbL: „egenskaber, som mä anses tilsikrede") ab, ähnlich

das österreichische (§ 922 ABGB: „die ausdrücklich bedungenen ... Eigen­ schaften“), das italienische (Art. 1497 I CceC: „le qualita promesse“) und

das portugiesische Recht (Art. 913° I CgoC: „qualidades asseguradas").

In Italien und Portugal werden darüberhinaus auch die für den bestim­ mungsgemäßen Gebrauch wesentlichen bzw. notwendigen Eigenschaften er­

faßt (Art. 1497 I CceC: „[le qualita] essenziali per l’uso a cui e destinata“, Art. 913° I CgoC: „[qualidades] necessärias para a realizao daquele

fim“). Diesen Formulierungen ist jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Bestimmung des Gebrauchs objektiv erfolgt oder sich auch aus den Ver­ einbarungen der Parteien ergeben kann. Dagegen wird in Österreich zusätzlich ausdrücklich auf die objektiv be­

stimmbaren Eigenschaften abgestellt (§ 922 ABGB: „die gewöhnlich dabei vorausgesetzten Eigenschaften“).

Die älteren romanischen Rechte beschränken sich dem Wortlaut nach zwar bei der Gewährleistung auf Fehler der Kaufsache, aber wenn die Parteien zusätzliche Vereinbarungen, etwa über bestimmte Sacheigenschaften, treffen, stehen dem Käufer ebenfalls Ansprüche zu, wenn diese nicht einge­ halten werden.

306 Vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 46, 49

In Frankreich wird die Zusicherung von Eigenschaften grundsätzlich immer

noch als eigenständige Garantieabrede neben dem Kaufvertrag angesehen, deren Nichteinhaltung die allgemeinen Folgen der Nichterfüllung auslöst307. Die Abgrenzung zu den Sachmängeln bereitet erhebliche Schwierigkeiten308,

wobei die Rechtsunsicherheit noch dadurch verstärkt wird, daß die Gerichte teilweise auch bei „non-conformit" die Gewährleistungsregeln anwen­ den309. Auch das spanische Recht sieht bei Eigenschaftsvereinbarungen bezüg­ lich eines bestimmten Zwecks Ansprüche wegen Nichterfüllung vor310.

Dagegen hat die Rechtsprechung in Belgien für bestimmte Verwen­

dungszwecke notwendige Eigenschaften mittlerweile der Gewährleistung unterstellt311.

Im Ergebnis ermöglichen die Regelungen über Eigenschaftsabweichungen auch in den Rechtsordnungen eine Anwendung der Gewährleistungsrechts­ behelfe bei Vereinbarungen der Parteien über die Beschaffenheit der Sache, die - wie etwa Italien oder Belgien - ansonsten noch einen objektiven Fehlerbegriff verwenden312. Allerdings schreibt in Italien Art. 1497 I CceC bei Eigenschaftsabweichun­

gen die Anwendung der Nichterfüllungsregeln vor („secondo le disposizioni generali sulla risoluzione per inadempimento"), so daß dem Wortlaut nach eine Übereinstimmung mit dem französischen und spanischen Recht besteht.

Die Rechtsprechung läßt jedoch über einen Schadensersatzanspruch auch

307 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 20 f., WENNER/SCHODEL Rdnr. 133, in: Handbuch, 1992, S. 454, auch zu gegenläufigen Tendenzen der Rechtsprechung Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 592, 598, als Haftungsverschärfung a.a.O., 2 G 636, sowie bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 144. 308 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 541. 309 So bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 144, 147. 310 Vgl. Marti Rdnr. 117, in: Handbuch, 1992, S. 1021, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 66, 76 ff. 311 Cass. v. 18.11.1971, Pas. 1972 I, 258 („defaut intrinseque /extrinsiek gebrek“), vgl. Moons Rdnr. 121, in: Handbuch, 1992, S. 121, der allerdings weiterhin die An­ wendung der Nichterfüllungsregeln befürwortet. Ähnlich Herbots, Contract, 1995, S. 234 (n. 484). 312 In diesem Sinne, bezogen auf die italienische Regelung, auch Basedow, Reform, 1988, S. 46.

die Minderung zu313, wodurch sich ebenfalls eine Tendenz zur Gleichstel­ lung von Fehler und Eigenschaftsabweichung zeigt314.

Eine Anwendung der allgemeinen Nichterfüllungsregeln auf diesen Bereich der Eigenschaftsabweichungen führt dagegen zu Abgrenzungsproblemen, soweit gegenüber der Gewährleistung abweichende Rechtsfolgen beste­ hen315, und dadurch zu Rechtsunsicherheiten, die sinnvollerweise vermieden werden sollten. Auf der anderen Seite verliert die gesonderte Erwähnung von Eigen­ schaft sab weichungen neben dem Fehler mit zunehmender Anwendung eines subjektiven Fehlerbegriffs fast völlig ihre Berechtigung. Sie hat nur noch dann eine eigenständige Funktion, wenn Eigenschaften in Rede stehen, die nicht unmittelbar mit der körperlichen Beschaffenheit der Kaufsache ver­ bunden sind und daher von einem materiellen oder physischen Fehlerbe­ griff, auch wenn er subjektiv verstanden wird316, nicht erfaßt werden317. In dieser Weise beschränkt die deutsche Rechtsprechung den Fehler nach § 459 I BGB auf die Beschaffenheit der Kaufsache und bezieht zwar über

die rein physischen Eigenschaften auch tatsächliche, rechtliche und wirt­ schaftliche Umstände aus der Umgebung der Sache mit ein318, jedoch nur dann, wenn sie dem Kaufgegenstand „selbst unmittelbar innewohnen, von 313 Cass. v. 10.1.1981, no. 247, vgl. Petri, Produkthaftung, 1998, S. 54, Alexan­ Produkthaftung, 1993, S. 34, PATTI/CUBEDDU Rdnr. 153, in: Handbuch, 1992, S. 627. 314 Dafür auch Stimmen in der Literatur, etwa Bianca, vendita, 1993, S. 891 (n. 403), vgl. auch Valcarcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 136, m.w.N. 315 Dazu o. I.2.a) aa). 316 Die Unterscheidung eines materiellen und eines funktionalen Fehlerbegriffs, da­ zu auch BASEDOW, Reform, 1988, S. 46, überschneidet sich allerdings weitgehend mit der nach subjektiven, s. o. (a), und objektiven Kriterien. Das liegt daran, daß die materiellen Defizite vielfach objektiv bestimmbar sind, unter rechtshistorischen Aspek­ ten Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 111, während die Funktion einer Kaufsache häufig von den Absichten des Käufer abhängt und dann im Vertrag ihren Ausdruck finden muß. 317 Eine ganz andere Frage ist es, ob an die Zusicherung von Eigenschaften besonde­ re Rechtsfolgen geknüpft werden, wie in Deutschland und zum Teil in Griechenland, dazu u. 3.a) aa) (3). 318 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 18 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 23 ff. zu § 459. Ob das Reichsgericht früher einen physischen Feh­ lerbegriff vertreten hat, so etwa HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 38 f. zu § 459, WESTERMANN/MünchKomm, a.a.O., ebenso Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 113, a.A. HUBER/Soergel, a.a.O., Rdnr. 21, kann angesichts der eindeutigen Entwicklung der Rechtsprechung offen bleiben. der,

ihm ausgehen“319. Allerdings handelt es sich hierbei um Ausnahmefalle, im

Kernbereich stimmen Beschaffenheit gern. § 459 I BGB und Eigenschaft nach § 459 II BGB überein320.

Auch in Österreich werden zum Teil Sachmängel nur dann bejaht, wenn sie dem Kaufgegenstand „körperlich anhaften“321. In der Schweiz be­

schränkt sich die Gewährleistung nach dem Gesetzeswortlaut ganz ähnlich auf „körperliche ... Mängel“ (Art. 197 I OR), während „wirtschaftliche Mängel“ von den zugesicherten Eigenschaften erfaßt werden322. 323

Mit dem Abgehen von einem physischen, objektiven Fehlerbegriff23 wird eine Unterscheidung zwischen Fehler und Eigenschaft zunehmend für unnötig, aus Sicht des Vorrangs der vertraglichen Vereinbarung sogar für störend gehalten324 und in neueren Gewährleistungsregelungen nicht mehr verwendet. Auch nach dem Entwurf der Schuldrechtskommission soll in Deutschland

zukünftig nur noch auf die Beschaffenheit der Kaufsache abgestellt werden,

§ 435 I 1 BGB-KE, allerdings wird auch weiterhin eine Interpretation im Sinne der Kaufsache unmittelbar physisch anhaftender Eigenschaften er­ möglicht325, obwohl das dann im übrigen anwendbare allgemeine Leistungs­

319 So BGH v. 24.4.1996, WM 1996, S. 1635 (1637), ablehnend für eine fehlende oder abgelaufene Herstellergarantie bei Neufahrzeugen; früher ähnlich hauptsächlich für die Ertragsfähigkeit in den hier nicht behandelten Bereichen des Unternehmens­ kaufs, BGH v. 12.11.1969, NJW 1970, S. 653 (655), sowie des Grundstückserwerbs, BGH v. 8.2.1980, NJW 1980, S. 1456 (1457), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 34 ff. zu § 459. 320 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 38 zu § 459, ähnlich HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 36 f. zu § 459. 321 Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 253 322 BG v. 24.10.1961, BGE 87 II S. 244 (245), HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 197. 323 Dieser prägt vor allem noch die romanischen Kaufrechte, wie in Frankreich, wo der Mangel der Kaufsache selbst anhaften muß, vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 601, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 11 f., und in Italien, Bianca, vendita, 1993, S. 892 f. (n. 404): „inesattezze materiali". 324 So die deutsche Literatur, vor allem für eine ausdehnende Auslegung der „Be­ schaffenheit“, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 18 zu § 459, Schack, AcP 1985, S. 338 f., Larenz, Schuldrecht II/l, 1986, S. 43 f., Esser/Weyers, Schuld­ recht II, 1991, S. 39, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 155 ff, zum Kauf von Mitglied­ schaftsrechten Flume, Eigenschaftsirrtum, 1948 (1975), S. 188 f., HUBER/Soergel, BGB, 1986, Rdnr. 18 zu § 459, dagegen nun für eine restriktive Interpretation der „Eigenschaft“ HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 41 zu § 459. 325 Kommission zu Überarbeitung des Schuldrechts, Abschlußbericht, 1992, S. 202.

störungsrecht nur „weitgehend“ mit den Gewährleistungsregeln überein­

stimmt.

(d) Ergebnis Den Kaufvertragsparteien sollte durch die gesetzliche Bestimmung bezüg­ lich der Qualitätsabweichung der Ware deutlich gemacht werden, daß es in erster Linie ihre Aufgabe ist, die Anforderungen an die Beschaffenheit der Kaufsache zu bestimmen, weil sie selbst am besten beurteilen können, auf welche Kriterien es ihnen ankommt bzw. welche Eigenschaften die Sache besitzt326. Eine Anwendung der Gewährleistungsregelungen auf konkrete Vereinbarungen sichert daher das Vertrauen des Käufers in die Einhaltung jeglicher vertraglicher Abreden327. 328 Eine Differenzierung nach Fehlern und Eigenschaften ist somit nicht mehr notwendig, wenn sie in dieser Weise subjektiv bestimmt werden. (2) Auslegungsregeln und ergänzende Bestimmungen bezüglich der Beschaffenheit der Kaufsache

Für den Fall, daß eine ausdrückliche oder konkludente konkrete Vereinba­ rung der Parteien über die Soll-Beschaffenheit der Kaufsache nicht zu erkennen ist, müssen Auslegungsregeln vorgesehen werden, aus denen im Vorhinein entnommen werden kann, was außerdem als Qualitätsabrede angesehen wird bzw nach welchen Maßstäben die Beschaffenheit der Kaufsache beurteilt werden soll. Abgesehen von dem nur noch wenig verwendeten objektiv verstandenen Fehlerbegriff28 oder den noch selteneren objektiv bestimmbaren Eigen­ schaften stellen die Rechtsordnungen zum Teil auf die normalerweise ge­ bräuchliche Verwendung der Kaufsache ab, zum Teil knüpfen sie in ver­ schiedener Weise an das Informationsverhalten des Verkäufers an.

(a) Üblicher Verwendungszweck Das traditionelle objektive Kriterium zur Ermittlung eines Sachmangels ist der gewöhnliche Gebrauch, der - zumindest in Ergänzung zu anderen

326 Ähnlich bewertet HUBER/Soergel, BGB,1991, Rdnr. 36 Vor § 459, den Vorrang der autonomen Entscheidungen der Parteien gegenüber einem von außen aufoktroyier­ ten Maßstab als prinzipiellen Vorzug. 327 Zu dieser Funktion der Gewährleistung o. I.l.a). 328 S. o. (1) (a).

Maßstäben - auch in neueren Gewährleistungsregelungen noch verwendet wird. So bezieht sich die deutsche Sachmängelregelung auf den „gewöhnlichen Gebrauch“ (§ 459 I 1 BGB), die österreichische auf die „gewöhnlich dabei

vorausgesetzten Eigenschaften“ sowie auf die Verwendung gemäß „der Natur des Geschäfts“ (§ 922 ABGB), ebenso die niederländische auf die Eigenschaften, die für den normalen Gebrauch erforderlich sind (Art. 7:17 II 2 l.HS BW: „eigenschappen ... die voor een normaal gebruik ... nodig zijn“)329. Auch im früheren internationalen Kaufrecht wurde die Vertragsmäßigkeit der Kaufsache über den „gewöhnlichen Gebrauch“ konkretisiert, der neben der „kaufmännischen Verwendung“ stand (Art. 33 I d) EKG: „qualities ne-

cessary for their ordinary or commercial use“). Nach dem Entwurf der Schuldrechtskommission soll im deutschen Recht

auch weiterhin auf „die gewöhnliche Verwendung“ abgestellt werden (§ 435 I 2 BGB-KE). In Portugal wird dagegen etwas genauer von der üblichen Funktion einer

Sache derselben Art (§ 913° II CgoC: „funo normal das coisas da mesma

categoria“) ausgegangen, ebenso in Schweden und Finnland von den Zwekken, für die Waren derselben Art normalerweise verwendet werden (§ 17 II

Zff.l KpL/KppL: „för det ändamäl för vilket varor av samma slag i allmänhet används“, gleichlautend § 16 II Zff. 1 KonsKpL). Dieses differen­

ziertere Kriterium verwenden auch das englische und das irische Kaufrecht

(sec. 14 II B (a), VI SGA-GB / sec. 14 III SGA-IRL: „fit(ness) for ... purposes for which goods of that (the) kind ... are commonly bought (sup­ plied)", wobei es in beiden Rechtsordnungen gegenüber einem geschäftli­

chen Verkäufer zunächst die handelsübliche Beschaffenheit („merchantable quality“, sec. 14 II SGA-GB 1979 / SGA-IRL) und neuerdings in England

die zufriedenstellende Beschaffenheit („satisfactory quality“, sec. 14 II SGA-GB 1994) bestimmt.

Auch hier entspricht das derzeitige Einheitskaufrecht fast völlig dem Vor­

bild der Sale of Goods Acts (Art. 35 II a) CISG: „fit for the purposes for

which goods of the same description would ordinarily be used“ / „Zwecke ... für die Ware der gleichen Art gewöhnlich gebraucht wird“). Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf schließt sich hier - wie es auch beim besonderen Verwendungszweck nach dem Entwurf der Richtlinie 329 Zusätzlich wird verlangt, daß der Käufer deren Vorliegen nicht zu bezweifeln brauchte.

geplant war - dieser Gruppe von Regelungen an (Art. 2 II b) VbrKfRil: „die Zwecke ..., für die Güter der gleichen Art gewöhnlich gebraucht wer­ den“).

Das dänische Kaufgesetz spricht dagegen ganz pauschal von der Brauch­ barkeit nach den vorliegenden Umständen (§ 76 I Zff. 4 KbL: „brugbarhed ... ifolge ... de foreliggende omstaendigheder“).

Die übrigen, vor allem romanischen, Rechtsordnungen stellen allgemein auf den vorausgesetzten bzw. bestimmungsgemäßen Gebrauch oder die Taug­ lichkeit ab, wodurch in jedem Fall die üblichen, normalen Verwendungen nach objektiven Maßstäben erfaßt werden330.

Die objektiven Maßstäbe variieren natürlich sehr stark je nach den regio­ nalen oder örtlichen Verhältnissen sowie nach dem sachlichen Umfeld des Vertrages. In Deutschland soll über den Inhalt des gewöhnlichen Gebrauchs „die Ver­

kehrsanschauung mit Rücksicht auf die örtliche und sonstige Lebensan­ schauung“ entscheiden331, 332 ähnlich die „Verkehrsauffassung“ nach der Rechtsprechung in Österreich322.

Aus diesem Grunde müssen sie sehr offen und damit flexibel formuliert werden. Der „gewöhnliche“, „übliche“, „normale“ oder „durchschnittliche“ Gebrauch ist dabei der kleinste gemeinsame Nenner, wobei in den meisten neueren Sachmängelregelungen durch Heranziehung des Verwendungs­ zwecks vergleichbarer Waren versucht wird, einen genaueren Bezugspunkt zu bestimmen333. Da die objektiven Umstände nur „hilfsweise“ zum Tragen kommen, also nur dann, wenn die Parteien keine andere Regelung getroffen haben, han-

330 S. o. (1) (a), dort auch zur Ausdehnung auf subjektive Zwecke. 331 RG v. 4.12.1908, RGZ 70, 82 (85), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 66 zu § 459. 332 OGH v. 7.1.1960, JB1 1960, S. 492, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 8 zu § 922. 333 In diese Richtung auch bereits für das geltende deutsche Recht Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 13 zu § 459: „Zugehörigkeit zu einer bestimmten Art“.

92

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmüngelgewährleistung

delt es sich um sinnvolle dispositive Bestimmungen^, die die Parteien von den Kosten eines vollständigen Vertrages entlasten334 335. Ein besonderes objektives Kriterium im Rahmen des üblichen Gebrauchs336 stellt die durchschnittliche Qualität dar, wie sie von gesetzlichen Bestim­ mungen außerhalb des Gewährleistungsrechts, nämlich für die Erfüllung generell, häufig bei Gattungssachen vorgeschrieben wird. In Deutschland schuldet der Verkäufer einer „der Gattung nach bestimmten Sache“ mindestens eine Sache von „mittlerer Art und Güte“ (§ 243 I BGB, speziell für Handelsware § 360 HGB), ebenso in Griechenland (Art. 289 II AK) sowie in Österreich (§ 360 HGB)337, ähnlich in der Schweiz (Art. 71 II OR: „nicht ... unter mittlerer Qualität“), in Frankreich und Belgien sowie Luxemburg (Art. 1246 CdeC/BW: „ne seras pas tenu ... de la donner de la

meilleure espece; mais il ne pourra l’offrir de la plus mauvaise“ / „niet verplicht de beste soort te geven; doch hij mag ook ... niet de slechtste aan-

bieden“), Italien Art. 1178 CceC: „qualita non inferiore alla media“) und Spanien (Art. 1167 CgoC: „no podrä exigirla de la calidad superior, ni el

dendor entregalar de la inferior“). Auch das neue niederländische Schuld­ recht hält daran fest, der Schuldner dürfe dann, wenn innerhalb der angege­ benen Gattung ein Qualitätsunterschied besteht („binnen de aangeduide soort verschil in kwaliteit"), nicht weniger als gute durchschnittliche Qua­ lität liefern (Art. 6:28 BW: „niet beneden goede gemiddelde kwaliteit“). Im internationalen Kaufrecht wird die Durchschnittsqualität bei Gattungs­ käufen vom gewöhnlichen Gebrauch erfaßt338. Auf den allgemeinen Maßstab der Durchschnittsqualität, allerdings nicht nur bei Gattungsschulden sondern bei allen Leistungen, beschränken sich

sowohl die Europäischen Vertragsgrundregeln (Art. 2.105 Eur-Princ: „ei­ ne Leistung mindestens durchschnittlicher Güte“) wie die UN1DROITPrinciples (Art. 5.6 UD-Princ: „a quality that is ... not less than average“).

334 Aber auch diese lassen sich letztendlich auf den Vertrag zurückfuhren, so auch HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 20 zu § 459, gegen einen „subjektiv-objektiven“ Fehlerbegriff. 335 Dazu o. Einleitung l.b), bei Fn. 27. 336 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 68 zu § 459. 337 Für die allgemeine Anwendung REiscHAUER/Rummel, Rdnr. 5 zu § 922. 338 ScHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 15 zu Art. 35, zum früheren Ein­ heitskaufrecht Mertens/Rehbinder, Kaufrecht, 1975, Rdnr. 16 zu Art. 33 EKG

Mit diesem sehr allgemein gehaltenen Kriterium wird gegenüber dem übli­ chen Verwendungszweck kaum eine genauere Bestimmung ermöglicht, so daß im Bereich der Gewährleistung darauf verzichtet werden kann339. Dies gilt in gleicher Weise für ähnlich offene Beschaffenheitsstandards, die nur auf eine ganz generell umschriebene Qualität abstellen. Dazu gehört die irische und früher auch in England geltende „merchantable

quality“ (sec. 14 II SGA-GB 1979, sec. 14 III SGA-IRL), die sogar mit der

geringstmöglichen Qualität erfüllbar ist, welche noch irgendeinen üblichen Gebrauch ermöglicht340, 341 wie342 auch die jetzt im englischen Kaufrecht gelten­ de „satisfactory quality“ (sec. 14 II SGA 1994)341. Diese Generalklauseln

werden allerdings unter anderem durch den gewöhnlichen Gebrauch näher eingegrenzt . In ähnlicher Weise wie das neue englische Kaufrecht sah der Vorschlag ei­

ner EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf noch vor, daß die Waren „in Bezug auf Qualität ... zufriedenstellend sind“ (Art. 2 II d) VbrKfRil-E).

Letztendlich sollte die dispositive Regelung für die Bestimmung der Soll­ Beschaffenheit der Kaufsache derjenigen entsprechen, die die Parteien unter normalen Umständen vereinbaren würden343. Der übliche Verwen­ dungszweck entspricht dieser Forderung, weil er derjenige ist, den der Käufer seinen Erwartungen normalerweise zugrundelegt, sofern er nicht besondere Verwendungszwecke offenlegt, und von dem deshalb auf der anderen Seite auch der Verkäufer ausgehen muß. Ebenso wie beim besonderen Verwendungszweck344 wird im Ergebnis die Kenntnis des Verkäufers von der üblichen Verwendung, die hier jedoch 339 Basedow, Reform, 1988, S. 47, verweist auf eine geringe praktische Bedeutung. 340 Henry Kendall & Sons (a firm) v. William Lillico & Sons Ltd. (1968) 2 All E.R. 444 (449, 450) H.L per Reid L.J., vgl. auch Jenkins/Henshall/Holland Rdnr. 80, in: Handbuch, 1992, S. 398, kritisch dazu aus irischer Sicht Forde, Commercial Law, 1990, Ch.l, S. 50(1.116). 341 Dieser Begriff, näher dazu Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 304 ff, wurde gerade im Hinblick auf die niedrigen Standards der Vermarktungsfähigkeit eingeführt, vgl. Diedrich, VuR 1995, S. 406. 342 Dazu oben (2) (a). Vor der Änderung der Kaufgesetze in England 1973 sowie in Irland 1980 gab es dagegen keine nähere Beschreibung der „merchantable quality“, Forde, Commercial Law, 1990, Ch.l, S. 45, so daß der Rechtsprechung jegliche An­ haltspunkte fehlten, B.S. Brown and Son Ltd. v. Craiks Ltd. (1970) 1 All E.R. 823 (825) H.L. per Reid L.J.: „I do not think that it is possible to frame, except in the vaguest terms, a definition of merchantable quality ...“. Anders dagegen in § 2-314 I, II UCC, vgl. Hyland, in: Einheitliches Kaufrecht, 1987, S. 316 ff. 343 Dazu o. Einleitung l.b), I.l.a). 344 Dazu o. (1) (b).

- unwiderleglich - vermutet wird, als ausreichende Voraussetzung für die Gewährleistung angesehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es sinnvoll, das Kriterium der üb­ lichen Verwendung etwas näher durch einen Verweis auf den Verwen­ dungszweck gleichartiger Waren zu präzisieren. (b) Fehlerhaftes Informationsverhalten der Verkäuferseite bezüglich der Kaufsache

Während beim besonderen Verwendungszweck auf die Erklärungen des Käufers abgestellt wird und es beim üblichen Verwendungszweck über­ haupt keiner Äußerungen bedarf, kann als dritte Möglichkeit für die Be­ stimmung der Beschaffenheit der Kaufsache, wenn im Vertrag dazu nichts vereinbart ist, an die Äußerungen des Verkäufers während des Vertrags­ schlusses angeknüpft werden. Einige Rechtsordnungen verlangen ein aktives Verhalten des Verkäu­ fers, welches darin besteht, daß er den Käufer über die Beschaffenheit der Kaufsache informiert oder ihm zu diesem Zweck ein Muster überläßt. Ein Teil der Kaufrechte rechnet darüberhinaus dem Verkäufer auch das Infor­ mationsverhalten seiner Lieferanten zu. Andere verpflichten den Verkäufer noch weitergehend zur Aufklärung über die Beschaffenheit der Kaufsache, so daß bereits Passivität zur Einstandspflicht führen kann. (aa) Angaben des Verkäufers zur Kaufsache In einem Teil der Kaufrechte wird ausdrücklich festgelegt, daß die Sache den Angaben, Bezeichnungen oder Beschreibungen durch den Verkäufer entsprechen muß. Die älteste Regelung dieser Art findet sich im englischen und im irischen

Kaufgesetz, nach denen die Ware im Fall eines Kaufs nach Beschreibung („sale of goods by description“)345 mit dieser Beschreibung übereinstimmen

muß (sec. 13 I SGA-GB / SGA-IRL: „the goods will (shall) correspond with the description“), und zwar unabhängig davon, ob der Kauf unter Pri­ vatleuten oder im Geschäftsverkehr stattfindet346. Dabei wird in Irland aus­

drücklich bestimmt, daß auch Warenetiketten oder andere Begleitinforma­ tionen als Beschreibung der Sache angesehen werden können (sec. 13 III

345 Dazu näher Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 276 ff. 346 Zum englischen Recht Beale v. Taylor (1967) 3 All E.R. 253 C.A., betreffend ei­ nen privaten Kfz-Verkauf, vgl. Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1051, Jenkins/Hen SHALL/HOLLAND Rdnr. 79, in: Handbuch, 1992, S. 397.

SGA-IRL: „a reference to goods on a label or other descriptive matter ac-

companying goods“). Ähnlich wird in Dänemark - eigentlich nur für den Verbraucherkauf ge­ dacht, aber im Ergebnis generell angewendet347 348 - eine Kaufsache dann als

fehlerhaft angesehen, wenn sie nicht der Bezeichnung entspricht, unter der sie verkauft wurde (§ 76 I Zff.l l.HS KbL: „ikke svarer til den betegnelse, hvorunder den er solgt")348. Dies gilt ebenfalls dann, wenn derartige Anga­ ben auf der Verpackung, in Annoncen oder in anderen Mitteilungen erfolgen

(§ 76 I Zff.2 KbL: „oplysninger ... pä varens indpakning, i annoncer eller i andre meddelelser").

An diesen Regelungen orientiert sich anscheinend die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf, nach der die Güter „mit der vom Verkäufer abgege­

benen Beschreibung übereinstimmen“ (Art. 2 II a) 1 .HS VbrKfRil) und au­ ßerdem „gegebenenfalls die insbesondere in der Werbung oder bei der Eti­ kettierung gemachten öffentlichen Äußerungen des Verkäufers ... in Be­ tracht gezogen werden“ (Art. 2 II d) VbrKfRil) müssen.

Die Formulierung des schwedischen und des finnischen Kaufrechts ver­

wendet zwar nicht mehr den Begriff der Beschreibung der Ware, aber die Kaufsache muß ganz allgemein mit den Angaben - über die Eigenschaften

oder die Nutzung der Ware - übereinstimmen, die der Verkäufer vor Ver­ tragsabschluß gemacht hat (§18 1 KpL/KppL, § 19 I KonsKpL: „uppgifter

... som säljaren har lämnat ... före köpet“).

Damit werden einseitige Erklärungen des Verkäufers, ähnlich wie beim besonderen Verwendungszweck einseitige Erklärungen des Käufers349, als gewährleistungsbegründend angesehen, ohne daß die Verkäuferangaben über die Kaufsache Inhalt des Kaufvertrages geworden sein müssen350. Sie 347 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 102. 348 Das dänische Kaufgesetz erstreckt die Gewährleistung darüberhinaus ausdrück­ lich auch auf die Fälle, in denen der Verkäufer im übrigen unrichtige oder irreführende Angaben gemacht hat (§ 76 I Zff.l 2.HS: „slgeren i ovrigt ... har givet urigtige eller vildledende oplysniger"), welche in anderen Rechtsordnungen durch cic oder ähnliche Schadensersatzregeln erfaßt werden, dazu o. I.2.b) cc). 349 S. o. (1) (b). 350 Nach dem englischen und irischen Recht gilt die „description“ allerdings als Vertragsbestandteil, während andere Äußerungen als bloße „representation“ behandelt werden, Oscar Chess Ltd. v. Williams (1957) 1 All E.R. 325 C.A., Forde, Commercial Law, 1990, Ch.l, S. 22 (1.053), S. 40 f. (1.097), Dockrell IRE-046, in: Remedies, 1993, IRE-37, für die der Verkäufer in England allein nach dem Misrepresentation Act 1967 verantwortlich ist, vgl. Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1052, 1056, in Irland entsprechend nach sec. 43-46 SGSSA.

müssen jedoch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch wirksam und dürfen noch nicht korrigiert worden sein. Eine Berichtigungsmöglichkeit des Verkäufers wird ausdrücklich im däni­ schen Kaufrecht festgelegt, nach dem der Käufer sich nicht auf unrichtige

oder irreführende Angaben berufen kann, wenn sie spätestens bei Abschluß

des Kaufvertrages berichtigt worden sind (§ 76 II KbL: „senest ved indgäelsen af aftalen om kbet er rettet“), ebenso im schwedischen und finni­

schen Kaufgesetz bei rechtzeitiger Berichtigung der Angaben in deutli­ cher351 Form (§ 18 III KpL/KppL, § 19 III KonsKpL: „uppgiftema har rättats i tid pä ett tydligt sätt“).

Auch nach der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird der Ver­ käufer „nicht gebunden“, wenn er „nachweist, daß die betreffende Äuße­

rung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berichtigt war“ (Art. 2 IV 2. Alt. VbrKfRil).

In anderen Rechtsordnungen entfalten einseitige Mitteilungen des Verkäu­ fers dagegen nur dann eine Wirkung, wenn sie zumindest konkludent in den Kaufvertrag einbezogen worden sind. Nach dem deutschen Kaufrecht stellen einseitige Erklärungen des Verkäu­

fers, die nicht in den Vertrag eingehen, keine Beschaffenheitsvereinbarun­ gen dar, die zu Gewährleistungsansprüchen fuhren352. Aufgrund der Mög­ lichkeit einer stillschweigenden Einbeziehung derartiger Verkäuferangaben in den Kaufvertrag353, bei der keine ausdrückliche Zustimmung des Käufers verlangt wird, unterscheidet sich die Rechtslage jedoch nicht wesentlich von

351 Grundsätzlich soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine Berichtigung in der Form ausreichen, in der die ursprüngliche Angabe erfolgte, ohne daß es auf die tatsächliche Kenntnis des Käufers ankommt, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 266, ganz ähnlich in Dänemark, a.a.O., S. 300 Fn. 40. 352 Nach WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 18 zu § 459, ist eine „Ab­ rede“ nötig, ähnlich HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 60 zu § 459: „Beschaffenheits­ vereinbarung muß sich aus dem Vertrag ergeben“. Erst recht kann es sich dabei nicht um Zusicherungen handeln, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 56 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 155 f. zu § 459. Anders Schack, AcP 1985, S. 356, der - ganz im Sinne der oben angeführten Rechtsordnungen - jede tatsächliche Erklärung („Wissenserklärung“) des Verkäufers von einer den Kaufentschluß hervor­ rufenden Bedeutung als Zusicherung ansehen will, während Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 331 ff, in diesen Fällen einen quasi-vertraglichen Anspruch befürwortet. 353 BGH v. 18.12.1981, NJW 1981, S. 1268 (1269) - zum Gebrauchtwagenkauf, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 60 ff. zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 156 f. zu § 459.

der in den obengenannten Staaten354. Auf diese Weise können auch Annon­ cen und andere Werbeangaben des Verkäufers relevant werden355.

Auch in Griechenland muß zumindest die Zusicherung Vertragsbe­ standteil geworden sein, was jedoch auch stillschweigend möglich ist356.

Werbeanpreisungen oder übertreibende Eigenschaftsdarstellungen genügen dafür zwar nicht357, aber auch in diesen Fällen ist die Aussage des Verkäu­

fers nach Treu und Glauben auzulegen358

In Österreich sind konkludente Zusicherungen von Eigenschaften der Kaufsache ebenfalls notwendig aber auch ausreichend359, in Bezug auf Werbeaussagen scheint die Rechtsprechung jedoch sehr zurückhaltend zu sein360. Die Rechtsprechung zum schweizerischen Kaufrecht läßt dagegen, ähn­

lich wie es die zuvor genannten Rechtsordnungen ausdrücklich bestimmen, bereits jede Erklärung des Verkäufers über Sacheigenschaften, die den Kaufentschluß des Käufers bestimmt hat, ausreichen361.

Die Unterschiede bei der Bewertung von Beschaffenheitsangaben des Verkäufers zwischen den Rechtsordnungen sind im Ergebnis jedoch nicht sehr groß, da die Grenze zwischen stillschweigender Einbeziehung in den Vertrag und einseitig bleibenden Verkäufermitteilungen kaum zu erkennen ist. Außerdem werden ohne Unterschied Werbeangaben des Verkäufers

354 Ebenso bei der einseitigen Bekanntgabe des Verwendungszwecks durch den Käufer, s. o. (1) (b). 355 In der Regel allein als Warenbeschreibung, nicht als Zusicherung, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 170 zu § 459, aber eben nur, wenn auf die Werbung Bezug genommen wird oder der Käufer in den Vertragsverhandlungen noch einmal darauf hinweist, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 63 zu § 459, HUBER/Soergel, a.a.O., Rdnr. 156 zu § 459. Dazu auch aus ökonomischer Perspektive M.LEHMANN, NJW 1981, S. 1233 (1238 f.). 356 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 93, Bruegel, in: Unternehmens­ recht, 1997, S. 118, Chaldoupis Rdnr. 84, in: Handbuch, 1992, S. 513. 357 Vgl. Bruegel, in: Untemehmensrecht, 1997, S. 118. 358 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 94. 359 OGH v. 13.11.1986, JB1 1987, S. 315, Koziol/Welser, Grundriß AT SchuldR II, 1992, S. 254, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 130. 360 Befürwortend aber bei Prospektangaben, hier in einem Reisekatalog, OGH v. 13.11.1985, JB1 1986, S. 245. Zur Abgrenzung der bloßen Anpreisung s. u. Fn. 365. Für eine Berücksichtigung von Werbebotschaften de lege ferenda Lurger, Solidarität, 1998, S. 63, 82. 361 BG v. 2.3.1976, BGE 102 II S. 97 (100), dabei wird die Zusicherung als bloße Wissenserklärung verstanden, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 14 zu Art. 198, vgl. auch Keller-Schwegler, Rdnr. 150, in: Handbuch, 1992, S. 932.

generell nur dann berücksichtigt, wenn sie über bloße „reklamehafte" An­ preisungen hinausgehen362. Dies gilt sowohl in den Kaufrechten, die die Einbeziehung in den Vertrag verlangen, wie in Deutschland63, in Griechenland6^, in Österreich365 oder

in der Schweiz366,367 als 368 auch dort, wo die Angaben des Verkäufers als ausrei­

chend angesehen werden, wie in England und Irland61, in Dänemark so­

wie in Schweden369 370 und Finnland.

(bb) Angaben der Lieferanten des Verkäufers zur Kaufsache

Eine signifikante Ausdehnung des Verantwortungsbereichs des Verkäufers erfolgt jedoch in den Rechtsordnungen, die diesem neuerdings auch Anga­ ben eines in der Absatzkette vorausgehenden Verkäufers bzw. des Her­ stellers zurechnen. So wird nach dem Verbraucherabschnitt des dänischen Kaufgesetzes die

Kaufsache auch dann als fehlerhaft angesehen, wenn ein vorhergehendes Glied in der Vertriebskette („et tidligere salgsled") Angaben über die Ware gemacht hat (§ 76 I Zff. 2 KbL), selbst wenn der Verkäufer nicht wußte und auch nicht wissen konnte, daß die Angabe des Dritten unrichtig ist 37°. In Schweden und Finnland finden nicht nur für Verbraucherkäufe (§ 19 II 1

KonsKpL) sondern bei sämtlichen Käufen die Gewährleistungsregeln auch dann Anwendung, wenn jemand anderes als der Verkäufer, wie ein vorher­ gehendes Glied in der Vertriebskette oder auch jemand für Rechnung des

Verkäufers („som nägon annan än säljaren, i tidigare säljled eller for sälja-

362 So rechtsvergleichend bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 151 f. 363 Allgemeine Angaben deuten eher auf unverbindliche Anpreisungen, dazu BGH v. 12.5.1959, NJW 1959, S. 1489 - „kaum gebraucht“ als Zusicherung,, BGH v. 21.6.1967, BGHZ 48, S. 118 (120), WESTERMANN/MünchKomm, 1995, Rdnr. 60 zu § 459, auch zur Herleitung aus dem römischen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 169 f. zu § 459. 364 S. o. Fn. 356. 365 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 12 zu § 923, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 130, zur Anpreisung als „neuwertig“. 366 BG v. 30.11.1962, BGE 88 II S. 410 (416), HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 16 zu Art. 198. 367 In England führt reine Reklame auch nicht zu Haftung aus Misrepresentation, vgl. Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1056. Für eine Einbeziehung von Anzeigen in den Begriff der description etwa Beale v. Taylor (1967) 3 All E.R. 253 C.A. Vgl. auch Dickie, J.B.L. 1997, S. 168. 368 UfR 1975.84 H., vgl. Steinrücke Rdnr. 148, in: Handbuch, 1992, S. 175, Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 300. 369 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 266. 370 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 99.

rens räkning“), unzutreffende Angaben über die Ware gemacht hat (§ 18 II

1 KpL/KppL). Dies gilt jedoch ausdrücklich nicht, wenn der Verkäufer die

Angaben weder kannte noch kennen mußte (§ 18 II 2 KpL/KppL: „säljaren

varken kände till esller borde ha känt till uppgiftema“). Für den Konsumentenkauf behandelt auch das niederländische Kauf­ recht Mitteilungen, die durch oder für einen vorherigen - gewerblichen oder beruflichen - Verkäufer der Sache erfolgen („mededelingen die door of ten behoeve van een vorige verkoper van die zaak") als Mitteilungen des Ver­ käufers, aber nur wenn der Verkäufer sie kannte oder kennen mußte („kende ... behoorde te kennen“, Art. 7.18 BW).

Der (End-)Verkäufer hat in allen Fällen die Möglichkeit, die Angaben bis zum Vertragsabschluß richtig zu stellen (§ 76 II KbL, § 18 III KpL/KppL und § 19 III KonsKpL)371 bzw. ihnen zu widersprechen

(Art. 7:18 a.E. BW: „duidelijk heeft weersproken“), wozu er jedoch nur Gelegenheit hat, wenn ihm die Angaben Dritter bekannt sind. Auch hier orientiert sich die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf an diesen Vorschriften, denn sie bezieht ebenfalls die „öffentlichen Äußerun­

gen ... des Herstellers oder dessen Vertreters“ (Art.2 II d) VbrKfRil) mit ein372. Der Verkäufer ist gleichfalls nicht verantwortlich, wenn er „nach­

weist, daß die betreffende Äußerung zum Zeitpunkt des Verkaufs an den Verbraucher berichtigt war“ (Art. 2 IV 2.Alt VbrKfRil).

In den Rechtsordnungen, die eine Einbeziehung von Beschaffenheitsanga­ ben in den Vertrag oder zumindest eine eigene Äußerung des Verkäufers

verlangen, ist der Verkäufer dagegen für Angaben Dritter nur dann ver­ antwortlich, wenn er sie sich bewußt zu eigen macht.

Entsprechend zurückhaltend ist etwa die Rechtsprechung in Deutschland, die allerdings die Werbung des Herstellers zumindest als Konkretisierung einer Eigenschaftsangabe des Verkäufers zuläßt373.

Außerhalb des Kaufrechts wird dem deutschen Käufer nach § 13 al 2 UWG jedoch seit 1986 zumindest die Möglichkeit gegeben, vom Vertrag

371 S. o. (aa). 372 Diesen „weite(n) Fehlerbegriff“ kritisiert der Rechtsausschuß des Bundesrates, Empfehlungsvorschlag v. 23.10.1996, Zff.2.a), dazu Medicus, ZIP 1996, S. 1926. 373 BGH v. 21.6.1967, BGHZ 48, S. 118 (120), für eine „besondere Gestaltung der Werbung“, insoweit zustimmend zur „begleitenden Marke“ Teichmann, JuS 1968, S. 318 f., der ansonsten darin bereits eine systemwidrige Zurechnung fremder Äuße­ rungen sieht, a.a.O., S. 315. Einschränkend zur Zusicherung auch bei einer Gebrauchs­ anweisung BGH v. 18.12.1981, NJW 1981, S. 1269 (1270), WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 63 zu § 459.

zurückzutreten, wenn die Herstellerwerbung im Sinne des § 4 UWG irre­ führend oder unwahr ist, allerdings auch hier nur dann, wenn der Verkäufer „die Unwahrheit der Angabe kannte oder kennen mußte oder sich die Wer­ bung ... durch eigene Maßnahmen zu eigen gemacht hat“. Damit wird im Vergleich zur Gewährleistung aber nur einer der Rechtsbehelfe ermög­ licht374.

Die skandinavischen Kaufrechte, das niederländische Bürgerliche Gesetz­ buch sowie die Europäische Kommission gehen damit nicht nur insoweit über den Kaufvertrag hinaus, als sie vorvertragliche Gesichtspunkte in die Gewährleistung mit einbeziehen, sondern sie stellen außerdem auf das Verhalten nicht am Kaufvertrag beteiligter Dritter ab. Den Bezugspunkt bieten dabei die in der Vertriebskette verknüpften Kaufverträge, deren Parteien - ähnlich wie in manchen Staaten bei der Produkthaftung375 - als gegenüber dem Endabnehmer zumindest wirtschaftlich miteinander verbun­ den angesehen werden, so daß der unmittelbare Vertragspartner des Käu­ fers in gewissem Umfang auch für seine Vorgänger einstehen muß376. Die Verantwortung des Verkäufers für Angaben Dritter wird jedoch be­ grenzt, denn derartige Informationen werden nur dann Grundlage einer Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache, wenn beide Parteien die Angaben kannten. Der Verkäufer muß also z.B. über die Werbung des Herstellers informiert sein, wobei vor allem wegen der Beweisschwierig­ keiten hinsichtlich positiver Kenntnis auch der objektivierte Standard des „Kennen müssen“ in Betracht kommt377, aber auch der Käufer muß diese Angaben gekannt und auf den Vertrag bezogen haben. Die skandinavischen Kaufrechte stellen auf die Information des Käufers ab,

indem sie nur Angaben berücksichtigen, von denen anzunehmen ist, daß sie auf den Abschluß des Kaufvertrages eingewirkt haben (§18

II

1

374 Kritisch zur fehlenden Abstimmung mit dem Gewährleistungsrecht Basedow, Reform, 1988, S. 49, der auch auf den unterschiedlichen Beginn der Verjährungsfrist, nach § 13 a II 2 UWG ab Vertragsschluß, verweist. 375 Zu den vertraglichen Ansprüchen wegen eines Produktfehlers in Österreich vgl. etwa Wandt, Produkthaftung, 1995, S. 77, in Frankreich vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 651 ff., Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 36 ff, in Belgien Herbots, Contract, 1995, S. 233 (n. 481), sowie M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 122 ff. 376 In den skandinavischen Staaten gilt dies auch für Produktfehler, da dort der Ver­ käufer für diese ebenfalls haftet, vgl. RING/OLSEN-RING, Einführung, 1999, S. 82. 377 Unter dieser Bedingung könnte sich etwa der Vertragshändler nicht darauf beru­ fen, er kenne die Werbeaussagen eines mit ihm vertraglich verbundenen Herstellers nicht.

KpL/KppL, § 19 II 1 KonsKpL: „som kan antas ha inverkat pä köpet") bzw. daß sie für die Beurteilung der Sache durch den Käufer Bedeutung hatten (§ 76 I Zff.1 a.E. KbL: „betydning for koberens bedmmelse af gen­

standen“). In den Niederlanden wird dagegen nur vorausgesetzt, daß die Angaben öffentlich bekannt gemacht worden sind (Art. 7:18 BW: „zijn openbaar ge­

maakt"), so daß eine Kenntnis des Käufer vermutet werden kann. Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf geht zunächst von „öffentli­ chen Äußerungen“ aus (Art. 2 II d) VbrKfRil), berücksichtigt diese aber sowohl dann nicht, wenn der Verkäufer „die betreffende Äußerung nicht kannte und vernünftigerweise nicht davon Kenntnis haben konnte“ (Art. 2 IV 1 .Alt VbrKfRil), als auch wenn „die Kaufentscheidung nicht durch die betreffende Äußerung beeinflußt sein konnte“ (Art. 2 IV 3.Alt

VbrKfRil).

Diese Einschränkung fuhrt dazu, daß der Unterschied zu den Rechtsord­ nungen, die Werbeangaben auch stillschweigend in den Vertrag einbezie­ hen378, recht gering ausfällt379. (cc) Die Übergabe eines Musters als Information durch den Verkäufer Eine besondere Form der Information des Käufers über die Kaufsache stellt die Übergabe einer Probe oder eines Musters durch den Verkäufer dar, anhand dessen der Käufer die Beschaffenheit der Ware beurteilen kann. Dieses Verfahren macht nur dann Sinn, wenn der Käufer davon ausgehen kann, daß der Kaufgegenstand der Probe entspricht, so daß zumindest eine entsprechende stillschweigende Erklärung des Verkäufers vermutet werden kann380. Im deutschen Kaufrecht wird der „Kauf nach Probe“ gesetzlich dahinge­ hend ausgelegt, daß im Zweifel durch die Übergabe eines Musters nicht nur

eine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache geschlossen wor­ den ist, sondern „die Eigenschaften der Probe ... als zugesichert anzusehen“ sind (§ 494 BGB, § 360 HGB). Ob aber eine derartige Vereinbarung zu-

378 S. o. (aa). 379 So zum Entwurf einer EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf auch Medicus, ZIP 1996, S. 1926 f. 380 Schon Rabel, Warenkauf II, 1958 (1957), S. 155, geht rechtsvergleichend von einer Vereinbarung bzw. Zusicherung aus, ebenso legt heute die Schuldrechts­ kommission eine Beschaffenheitsvereinbarung zugrunde, Abschlußbericht, 1992, S. 202. Basedow, Reform, 1988, S. 47, ordnet diese Fälle dagegen den objektiven Qualitätsmaßstäben zu.

standegekommen ist, kann nur nach dem jeweiligen Vertragsinhalt ermittelt werden, so daß Warenproben auch anderen Zwecken, wie etwa der Wer­ bung, dienen können381. Ähnlich wird beim „Kauf nach Muster“ in der

Schweiz grundsätzlich davon ausgegangen, daß „die Sache mustergemäß sei“ (Art. 222 III OR). Im griechischen Kaufrecht wird dagegen nur der

„Kauf auf Probe“ als bedingtes Geschäft (Art. 563 Satz 1AK - entspre­ chend § 495 BGB) behandelt382. In Italien wird bei einem Kauf nach Muster („vendita su campione“) an­ genommen, daß dieses ausschließlicher Maßstab für die Beschaffenheit der

Ware („esclusivo paragone per la qualita della merce“) sein soll, und daß

jegliche Abweichung ein Recht zur Vertragsaufhebung verleiht („qualsiasi difformita attribuisce ... il diritto alla risoluzione del contratto", Art. 1522 I CceC). Im portugiesischen Kaufrecht wird ähnlich wie im deut­ schen Recht der Verkauf nach Muster („Venda sobre amostra“) regelmäßig als Zusicherung der Eigenschaften des Musters verstanden (Art.919° CgoC-

P: „o vendedor assegura a existencia ... de qualidades iguais äs da amostra“). Die Kaufgesetze Schwedens und Finnlands behandeln die Abweichung

von einem Muster wie andere Abweichungen vom vertraglich Vereinbarten, denn die Sache muß in der Regel die Eigenschaften haben, auf die der Ver­

käufer durch die Vorlage von Proben oder Modellen hingewiesen hat (§17 1 Zff. 3 KpL/KppL, § 16 I Zff. 3 KonsKpL: „egenskaper som säljaren har

hänvisat till genom att lägga fram prov eller modell“).

In den Kaufgesetzen Englands und Irlands wird ebenfalls angenommen, daß bei einem Verkauf nach Probe („sale by sample“)383 die Gesamtheit der Ware

mit

der

Probe

in

der

Beschaffenheit

übereinstimmen

muß

(sec. 15 II a) SGA-GB / SGA-IRL: „an implied condition that the bulk shall correspond with the sample in quality“). Deshalb kann der Käufer auch da­

von ausgehen, daß „the goods will be free from any defect, which would not be apparent on reasonable examination of the sample“ (sec. 15 II c SGAGB).

Auch in den Niederlanden wird die Kaufsache als nicht vertragsmäßig angesehen, wenn sie nicht mit dem Muster oder Modell übereinstimmt, daß

dem Käufer gezeigt oder gegeben worden ist („aan de koper een monster of model getoond of verstrekt"), allerdings gilt dies ausdrücklich nicht, wenn

381 BGH v. 7.10.1987, WM 1987, S. 1460 (1461), BGH v. 26.11.1957, NJW 1958, S. 138 f., HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 2 zu § 494. 382 Dazu vgl. Bruegel, in: Unternehmensrecht, 1997, S. 133. 383 Dazu näher Bridge, Sale of Goods, 1997, S.342 ff.

es nur als Beispiel gegeben wurde („bij wijze van aanduiding werd ver­

strekt“, Art. 7:17 IV BW). Im geltenden internationalen Kaufrecht dient die Vorlage einer Probe

ebenfalls als Kriterium für die vereinbarte Beschaffenheit der Ware (Art. 35 II c) CISG: „the qualities of goods which the seller has held out to the buyer as a sample or model“ / „die Eigenschaften einer Ware, die der

Verkäufer dem Käufer als Probe oder Muster vorgelegt hat“), ebenso be­ reits nach dem früheren Einheitskaufrecht (Art. 33 I c) EKG: „the qualities of a sample or model which the seller has handed over or sent to the buyer“ / „einer dem Käufer ausgehändigten oder übersendeten Probe oder ... Mu­

ster ... entspricht“), wo allerdings ausdrücklich die Vorlegung zur Ansicht ohne Übernahme einer Verpflichtung ausgeschlossen wurde. Auch die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf stellt unter anderem auf die Mustergemäßheit ab (Art. 2 II a) 2.HS VbrKfRil: „Eigenschaften

des Gutes ..., das der Verkäufer dem Verbraucher als Probe oder Muster vorgelegt hat“).

Die meisten Rechtsordnungen stellen damit die Grundregel auf, daß sich bei einer Proben- oder Musterübergabe die Beschaffenheit der Kaufsache nach diesem Teststück richtet, es sei denn, die Vertragsparteien legen der Probe einen anderen Zweck zugrunde. Eine derartige dispositive Regel ist dann sinnvoll, wenn sie in der Mehrzahl der Fälle den Vorstellungen der Parteien entspricht und diese sie ohne weiteres übernehmen können. Dient eine Warenprobe dagegen in der Praxis überwiegend bloßen Werbe- oder ähnlichen Zwecken, dann würde die gegenteilige Bestimmung unnötige Vertragskosten verursachen. Die Schuldrechtskommission stellt bei ihrem Vorschlag, § 494 BGB zu streichen, dagegen allein darauf ab, daß die abdingbare Regelung nicht die Feststellung erspart, ob abweichende Ver­ einbarungen getroffen wurden, läßt aber die Häufigkeit derartiger Über­ prüfungen offen384.

(dd) Fehlerhafte Aufklärung durch den Verkäufer Strenge Anforderungen an den Verkäufer stellen die Rechtsordnungen, die ihn dazu verpflichten, den Käufer von sich aus über wichtige Umstände hinsichtlich der Beschaffenheit der Sache aufzuklären. Nach dem dänischen Kaufgesetz greift die Gewährleistung, wiederum ei­ gentlich nur bei Verbraucherkäufen, auch dann ein, wenn der Verkäufer es

384 Abschlußbericht, 1992, S. 243

versäumt hat, Angaben über Verhältnisse zu machen, die für die Beurtei­ lung der Sache von Bedeutung waren (§ 76 I Zff. 3 KbL: „forsomt at give ... oplysning om forhold, der haft betydning for ... bedommelse af genstan­ den“), soweit der Verkäufer sie kannte oder kennen mußte. Ähnlich wird im schwedischen Verbraucherkaufgesetz verlangt, daß der

Verkäufer den Käufer über Umstände - im Hinblick auf Eigenschaft oder Nutzung der Ware - unterrichtet, soweit der Käufer dies berechtigterweise erwarten kann (§ 16 II Zff. 2 KonsKpL: „upplysa köparen om ett sädant

förhällande ... som köparen med fog künde räkna med att bli upplyst om“).

Auch hier nur soweit der Verkäufer die Umstände kannte oder kennen mußte.

Mit diesen Bestimmungen werden Fälle erfaßt, die in den mitteleuropäi­ schen Rechtsordnungen als Verschulden bei der Vertragsanbahnung einge­ ordnet werden und in anderen Staaten, wie Frankreich, deliktischen Rege­ lungen unterfallen385. Die rechtliche Behandlung unterscheidet sich auch in den Voraussetzungen kaum: In allen Fällen wird zunächst eine Pflicht zur Aufklärung verlangt, die sich in der dänischen Regelung aus der Bedeutung der Angaben für die Beurteilung der Ware, nach der schwedischen Formu­ lierung aus der berechtigten Erwartung des Käufers auf Unterrichtung ergibt. Auch ein erforderliches Verschulden des Verkäufers liegt vor, wenn er die Information besitzt (Vorsatz) oder besitzen müßte (grobe Fahrläs­ sigkeit). Durch die gesetzliche Ausgestaltung einer speziellen Fallgruppe der culpa in contrahendo, nämlich der Verletzung einer Aufklärungspflicht bezüglich der Kaufsache, werden Konkurrenzprobleme der Gewährlei­ stungsregelungen im Verhältnis zu den allgemeinen Vertragsregeln386 ver­ mieden. (c) Ergebnis

Ein für den Normalfall ausreichendes objektives Kriterium zur Bestimmung der Soll-Beschaffenheit der Kaufsache in den Fällen, in denen die Parteien darüber nichts in den Vertrag aufnehmen, ist der übliche Verwendungs­ zweck der Ware, der beiden Parteien bekannt ist und von dem diese daher ausgehen können. Weniger eindeutig kann die Einbeziehung des Informationsverhaltens des Verkäufers bewertet werden. Da in diesen Fällen auf das Umfeld des 385 Dazu o. I.2.b) cc). 386 S. o. I.2.d).

Vertragsabschlusses abgestellt wird, ergeben sich Unsicherheiten, welche Informationen berücksichtigt werden sollen und welche nicht. Diese Unsi­ cherheit wird dann vergrößert, wenn Angaben Dritter ins Auge gefaßt werden, weil dann nicht einmal klar ist, ob die Vertragspartner davon Kenntnis hatten oder haben mußten. Je weiter man sich von konkreten Angaben des Verkäufers entfernt, desto mehr handelt man sich die Un­ schärfen einer Art „Geschäftsgrundlage“ bezüglich der Beschaffenheit der Kaufsache, von der beide Parteien ausgehen, ein.

(3) Geringfügige Abweichungen Die einbezogenen Rechtsordnungen unterscheiden sich auch insoweit, als sie teilweise bei unwesentlichen Sachmängeln die Gewährleistungsrechte des Käufers ausschließen, teilweise keine derartige Regelung für Baga­ tellfälle vorsehen. Die wirtschaftlich erheblichen Auswirkungen dieses Unterschieds liegen weniger darin, daß geringfügige Äquivalenzverschie­ bungen unterschiedlich behandelt werden, denn es geht jeweils nur um unbedeutende Beträge. Vielmehr wirkt auch hier vor allem die Rechtsun­ sicherheit belastend, da nur schwer geklärt werden kann, welche Mängel unerheblich sind. Der Ausschluß unerheblicher Sachmängel soll vor allem Streitigkeiten zwischen den Parteien vermeiden, deren Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht. Einen Anreiz für den Käufer zu sorgfältigem Handeln vermittelt er dagegen nicht, da es sich nicht um einen in jedem Falle beim Käufer verbleibenden Selbstbehalt handelt387.

Die mitteleuropäischen und auch die romanischen kaufrechtlichen Ge­ währleistungsregelungen schließen die Einstandspflicht des Verkäufers aus, wenn die Abweichung der gelieferten Sache vom Vereinbarten unerheblich ist, also kaum ins Gewicht fallt. Im deutschen Kaufrecht wird auf diese Weise die Fehlerhaftigkeit der

Kaufsache ausgeschlossen, wenn nur eine „unerhebliche Minderung des

Wertes oder der Tauglichkeit“ vorliegt (§ 459 I 2 BGB). Sichert der Ver­ käufer dagegen Eigenschaften zu, so sind auch unerhebliche Abweichungen zu berücksichtigen388. Für die Erheblichkeit wird vor allem die Verkehrsauf­

387 So aber die Regelung einer „Selbstbeteiligung“ in Art. 9 I b) ProdHftRil, in Deutschland entsprechend § 11 ProdHftG. 388 RG v. 22.10.1931, RGZ 134, S. 84 (88) - zum Grundstückskauf, allerdings kann bei geringfügigen Abweichungen ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht kommen, dazu auch WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 59 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 137 zu § 459.

fassung herangezogen389, also ein objektives Kriterium; ähnlich ebenso,

wenn eine leichte Behebbarkeit des Mangels zur Unerheblichkeit fuhrt390.

Teilweise wird auch darauf abgestellt, ob ein Käufer in Kenntnis des Feh­ lers den vollen Kaufpreis gezahlt hätte391. Nach den Vorstellungen der Schuldrechtskommission soll die Einschränkung der Gewährleistung bei

unerheblichen Fehlern dagegen in Deutschland in Zukunft entfallen (§ 435 BGB-KE)392. Im österreichischen Recht wird die Gewährleistung nur bei einer „unerhebliche(n) Minderung des Wertes“ ausgeschlossen (§ 932 II ABGB)393,

worunter die Rechtsprechung allein Schönheitsfehler, d.h. ganz unwesentli­

che Mängel, die kein vernünftiger Mensch als Nachteil empfindet, ver­ steht394. Bei der Zusage von Eigenschaften sind auch hier unerhebliche Mängel zu berücksichtigen395.

In der Schweiz sollen Gewährleistungsansprüche wie in Deutschland nur bei Mängeln in Betracht kommen, die Wert oder Tauglichkeit der Sache

„erheblich mindern“ (Art. 197 I OR), während die Zusicherung einer Eigen­ schaft auch unerhebliche Abweichungen erfaßt396. Diese positive Formulierung wurde auch für das griechische Kaufrecht gewählt (Art. 534 AK: „die den Wert oder die Tauglichkeit ... wesentlich

mindern“), nach dem die Eigenschaftszusicherung davon ebenfalls nicht er­ faßt wird397. In den älteren romanischen Rechten findet sich noch keine ausdrückliche Bestimmung über die Berücksichtigung unerheblicher Mängel. In Frank­ reich und Belgien sowie Luxemburg wird jedoch an den Gesetzeswortlaut

angeknüpft, nach dem ein Mangel nur dann vorliegt, wenn der Gebrauch der Sache derart vermindert ist, daß der Käufer die Sache nicht oder nur zu ei­ 389 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 27 zu § 459. 390 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 77 zu § 459. 391 So etwa BGH v. 14.2.1996, NJW 1996, S. 1337, zum erhöhten Benzinverbrauch eines Kfz, noch deutlicher im Kommentar dazu Tiedtke, EWiR 1996, S. 643 (644). 392 Begründet im Abschlußbericht, 1992, S. 204. 393 Eine ganz andere Abgrenzung betrifft wesentliche und unwesentliche bzw. Haupt- und Nebenmängel, nach denen die möglichen Rechtsfolgen unterschieden wer­ den, dazu etwa Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 142 f. 394 OGH v. 3.12.1986, WB1 1987, S. 37 (38) - zum Werkvertrag, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 19a zu § 932, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 256, Apathy, JB1 1975, S. 577, der ähnlich wie im deutschen Recht auf das Schika­ neverbot verweist. 395 OGH v. 29.4.1953, SZ 26/113, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 2 zu § 923. 396 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 197. 397 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 85, in: Handbuch, 1992, S. 513.

nem geringeren Preis gekauft hätte (Art. 1641 a.E. CdeC / BW: „l’acheteur ne l’aurait pas acquise, ou n’en aurait donne qu’un moindre prix" / „dat de koper ... de zaak niet of slechts voor een mindere prijs zou hebben ge­

kocht“, Art. 1484 CgoC-E: „el comprador, no la habria adquirido o habria

dado menos precio“). Auf diese Weise wird auch in Frankreich eine gewis­

se Schwere des Mangels gefordert, so daß leicht zu behebende Mängel nicht der Gewährleistung unterfallen398, ebenso in Belgien399 400 und ganz ähnlich in SpanienAQß. Auch in Portugal wird aufgrund des verlangten Einflusses auf

den Verwendungszweck (Art. 913° CgoC-P) ein gravierender Mangel ver­ langt401. 402

Im italienischen Kaufrecht wird dagegen - ähnlich wie in Österreich darauf abgestellt, ob der Wert der Sache in nennenswerter Weise vermindert

ist (Art. 1490 I a.E. CceC: „diminuiscano in modo apprezzabile il valore")40. Diese Voraussetzung wird jedoch auch für die Verminderung des Gebrauchs angenommen403, obwohl das Gesetz insoweit nur verlangt, die

Sache müsse ungeeignet (Art. 1490 I CceC: „inidonea“) sein. Auch bei der Eigenschaftsabweichung verlangt der Codice Civile, daß die von den Ge­ bräuchen festgelegte Toleranzschwelle überschritten wird (Art. 1497 I a.E.

CceC: „il difetto die qualita ecceda i limiti di tolleranza stabiliti dagli usi“). Wie in den mitteleuropäischen Rechtsordnungen soll dies jedoch nach der Rechtsprechung nicht für zugesicherte Eigenschaften gelten, sondern sich

nur auf die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch erforderlichen Eigen­ schaften beziehen404.

In Dänemark soll für Bagatellmängel der Verkäufer ebenfalls keine Ver­ antwortung tragen, obwohl das Gesetz dazu nichts sagt405.

398 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 597, Flesch, Mängelhaf­ tung, 1994, S. 73, Valcärcel Schnüll, 1994, S. 6 f., Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 197, unter Bezug auf die Lehre zu den „defauts graves". 399 Vgl. Moons Rdnr. 120, in: Handbuch, 1992, S. 105. 400 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 65, Marti Rdnr. 116, in: Hand­ buch, 1992, S. 1020. 401 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 21. 402 Davon zu unterscheiden ist die geringe Bedeutung der Nichterfüllung (Art. 1455 CceC: „l'inadempimento ... ha scarsa importanza"), die allein den Rechtsbehelf der Vertragsaufhebung ausschließt. 403 Bianca, vendita, 1993, S. 886 Fn. 8 (n. 402), vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 96. 404 Cass. 1977 / n. 4923, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 131. 405 Vgl. Steinrücke Rdnr. 165, in: Handbuch, 1992, S. 179.

Auch das frühere internationale Kaufrecht hat dementsprechend „Abwei­ chungen

...

außer Betracht“ gelassen, wenn „sie unerheblich sind“

(Art. 33 II EKG: „No difference ... shall be taken into consideration where it is not material“).

Die übrigen hier einbezogenen Rechtsordnungen kennen dagegen keine derartigen generellen Einschränkungen der Gewährleistung bei geringfügi­ gen Abweichungen, sondern schließen nur bestimmte Rechtsfolgen bei weniger schwerwiegenden Mängeln aus406. Neuerdings wird im englischen Recht bei geschäftlichen Verkäufen für die

zufriedenstellende Qualität sogar ausdrücklich gefordert, daß die Sache frei von geringfügigen Fehlern ist (sec. 14 II B c) SGA-GB 1994: „freedom

from minor defects“). Dies Qualität beruht auf der Kritik an dem bisherigen Maßstab der vermarktbaren, der minder schwere Mängel dann nicht erfaßte, wenn die Ware gleichwohl weiterveräußert werden konnte407.

Soweit eine eigenständige Funktion des Ausschlusses der Gewährleistung von Bagatellmängeln darin gesehen wird, daß die Gerichte von Rechts­ streitigkeiten über derart geringfügige Qualitätsabweichungen entlastet werden408, sollte eine Regelung eher im Prozeßrecht erfolgen, da dort genauer auf Streitwerte oder ähnliche Kriterien bezug genommen werden könnte. Im materiellen Vertragsrecht geht es dagegen um die Interessen der Parteien, die an einer Geringfügigkeitsschwelle nur interessiert sein dürften, wenn dadurch unverhältnismäßiger Aufwand vermieden wird. Der Aufwand für die Gewährleistung ist jedoch je nach Rechtsbehelf sehr un­ terschiedlich409, so daß eine allgemeine Bagatellklausel zu undifferenziert wirkt. Außerdem wird durch eine objektivierte Bestimmung der Erheblich­ keit unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen ein bestimmter, von den Parteien ex ante schwierig einzuschätzender Bereich von Äquivalenz­ verschiebungen nicht mehr berücksichtigt, es sei denn die Vertragspartner bestimmen die Beschaffenheit in qualifizierter Form durch eine Zusiche­

406 Zu dieser Unterscheidung auch Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 178. Im Einzelnen dazu bei den jeweiligen Rechtsbehelfen u. A.II.2.C). 407 Zu den Erwägungen der Law Commission Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 309 f., s. o. (2) (a). 408 So der Bezug auf den römischen Rechtssatz „minima non curat praetor“ etwa in den Motiven zum BGB, Bd. II, 1888, S. 225. 409 Dazu im einzelnen u. c).

rung410. Dies alles spricht dafür, keine generelle Erheblichkeitsgrenze vorzusehen410 411. (4) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Abweichung

Auf die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Verkäufer die Verantwortung dafür trägt, daß die Kaufsache vertragsgemäß ist, geben die einbezogenen Rechtsordnungen zwei verschiedene Antworten. Die Mehrzahl der mitteleuropäischen und alle skandinavischen Kauf­ rechte sowie das niederländische Kaufrecht und damit etwa die Hälfte der behandelten nationalen Regelungen bestimmen als Termin die tatsächliche Übergabe oder Lieferung der Ware. In Deutschland wird zwar ausdrücklich zunächst auf den Gefahrübergang

abgestellt (§ 459 I BGB: „zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käu­ fer übergeht“), aber dieser erfolgt regelmäßig bei „Übergabe“ (§ 446 I 1 BGB), beim Versendungskauf reicht bereits die Auslieferung an die Trans­ portperson (§ 447 I BGB). Eine identische Regelung gilt in Griechenland, wo Art. 534 AK auf den Gefahrübergang verweist, Art. 522 I AK für die­ sen die Übergabe festlegt und Art. 524 AK die Ausnahme beim Versen­

dungskauf regelt. Auch in Österreich entscheidet sich die Rechtsprechung für den Zeitpunkt des Gefahrübergangs412, welcher regelmäßig nach § 1064 i.V.m. § 1051 ABGB mit Übergabe der Sache eintritt413. Nach dänischem Kaufrecht ist grundsätzlich ebenfalls der Zeitpunkt in

Betracht zu ziehen („det tidspunkt at tage i betragtning“), zu dem die Ge­

fahr auf den Käufer überging („da faren gik over pä koberen“, § 44 KbL), wodurch es darauf ankommt, wann die Lieferung stattgefunden hat (§17 1 KbL: „levering har fundet sted“). Ganz ähnlich beziehen sich das schwedi­ sche und das finnische Kaufgesetz bei Zivilkäufen auf den Risikoübergang

(„när risken för varan gä över“, § 21 I 1 KpL/KppL), der regelmäßig bei Ablieferung der Waren erfolgt (§ 13 I KpL/KppL: „när varan avlämnas“). Für den schwedischen Verbraucherkauf wird dagegen direkt die Abliefe­

410 Dazu auch Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Abschlußbe­ richt, 1992, S. 204. 411 Ähnlich die Erwägungen vor Erlaß des UN-Kaufrechts, wonach die Bedeutung eines Mangels ohnehin nur anhand der vertraglichen Vereinbarungen - oder anhand von (Handels-)Bräuchen, darauf verweist auch MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 11 zu Art. 35 - beurteilt werden könne, STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 4 zu Art. 35. 412 OGH v. 15.9.1970, JB1 1971, S. 305, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 5 zu § 922. 413 Gschnitzer, SchuldR AT, 1991, S. 132.

rung festgelegt (§ 20 I 1 KonsKpL: „när den avlämnas“), so daß der Ge­ fahrübergang keine Rolle spielt.

Schließlich wird auch in den Niederlanden davon ausgegangen, daß der Verkäufer bis zur Ablieferung der Kaufsache für Abweichungen in der Qualität einsteht414, was dem normalen Gefahrübergang entspricht

(Art. 7:10 I BW: „risico van de koper van de aflevering af"). Diese nationalen Regelungen stimmen mit dem internationalen Kaufrecht überein. Danach trägt der Verkäufer die Verantwortung für eine Vertrags­ widrigkeit, „die im Zeitpunkt des Übergangs der Gefahr auf den Käufer be­

steht“ („which exists at the time when the risk passes to the buyer“, Art. 361 CISG, ebenso bereits Art. 35 I 1 EKG). Zwar wird auf den Käufer

abgestellt, da die Gefahr übergeht, „sobald er die Sache übernimmt“ („when

he takes over the goods“, Art. 69 I l.Alt CISG). Aber diesem Wechsel der Sachherrschaft entspricht auf der anderen Seite die Übergabe durch den Verkäufer415. Im früheren Einheitskaufrecht war noch ausdrücklich die „Lieferung der Sache“ („delivery of the goods“, Art. 97 I EKG) festgelegt. Für den Versendungskauf reicht - ähnlich wie im deutschen und griechi­ schen Kaufrecht - bereits die Übergabe an den „Beförderer“ („carrier“, Art. 67 I CISG) aus.

Auch die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf erstreckt die Verant­

wortung des Verkäufers ausdrücklich nur auf solche Vertragswidrigkeiten, „die zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsgutes“416 bestehen (Art. 3 I VbrKfRil). Die deutsche Schuldrechtsreform läßt den Zeitpunkt zwar ungeregelt, geht aber unter normalen Umständen ebenfalls vom Termin der Übergabe der Kaufsache aus417.

Der andere Teil der nationalen Gewährleistungsregelungen, vor allem die romanischen Rechte, die Common Law Staaten sowie die Schweiz, weist dem Verkäufer die Verantwortung nur für solche Sachmängel zu, die bis zum Abschluß des Kaufvertrages entstanden sind.

414 CASTERMANS/Nieuwenhuis, T&C BW III, 1994, N.l zu Art. 7:17, vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 168, in: Handbuch, 1992, S. 736. 415 HAGER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 3 zu Art. 69. 416 Im Entwurf hieß es noch „Übergabe der Sache an den Verbraucher“ (Art 3 I VbrKfRil-E). 417 Abschlußbericht, 1992, S. 197. Nach dem Vorentwurf sollte es dagegen bei der bestehenden Anknüpfung an den Gefahrübergang bleiben, § 459 I BGB-GE, Huber, in: Gutachten I, 1980, S. 682.

In der Schweiz wird zwar ebenfalls der Gefahrübergang als ausschlag­ gebend angesehen418, aber dieser erfolgt bei Stückschulden schon „mit dem Abschlusse des Vertrages“ (Art. 185 I OR). Bei Gattungssachen muß erst

noch „ausgeschieden“ (Art. 185 II l.HS OR), also konkretisiert, werden. Beim Versendungskauf wird - wie in den meisten Rechtsordnungen - auf

die Abgabe zur Versendung abgestellt (Art. 185 II 2.HS OR). In Frankreich muß der Sachmangel regelmäßig zum Zeitpunkt des Ver­

tragsabschlusses, zu dem auch der Eigentumsübergang erfolgt, vorhanden sein419; nur bei Gattungssachen verschiebt sich der Termin auf die Konkre­ tisierung420. Das gleiche gilt in Belgien421 sowie in Luxemburg422. Auch in Italien wird ein Vorliegen des Mangels („preesistenza del difetto“) vor dem Abschluß des Kaufvertrages verlangt423, es sei denn, die Sache muß erst konkretisiert werden, ebenso in Spanien424 und in Portugal425.

Auch in England und Irland bestimmt, vor allem wegen der Betonung des vertraglichen Charakters der Gewährleistung426, der Kaufabschluß427, zu welchem Zeitpunkt ein Sachmangel vorliegen muß. Das entspricht in diesen

Rechtsordnungen ebenfalls dem Zeitpunkt des Eigentumsübergangs (sec. 18 Rule 1 SGA-GB / SGA-IRL: „for the sale of specific goods ... the property ... passes to the buyer when the contract is made“).

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Regelungsvarianten liegt darin, ob ein nach Vertragsabschluß auftretender Sachmangel den spezi­ ellen Gewährleistungsregeln unterworfen wird, wie es die erstgenannten 418 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 11 zu Art. 197, vgl. auch KELLER/SCHWEGLER Rdnr. 148, in: Handbuch, 1992, S. 931. 419 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 602, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 5. 420 Vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 44. 421 Herbots, Contract, 1995, S. 233 (n. 482), vgl. auch M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 35. 422 Vgl. Thiel/Mersch Rdnr. 107, in: Handbuch, 1992, S. 673. 423 Cass. v. 17.5.1974, n. 1438, Bianca, vendita, 1993, S. 896 (n. 406), der auf den damit eintretenden Eigentumsübergang („trasferimento di diritto“) abstellt, vgl. auch Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S. 50, Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 27. 424 Vgl. Valcärcel Schnüll, 1994, S. 62, Marti Rdnr. 67 f., in: Handbuch, 1992, S. 1004. 425 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 21. 426 Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 129. 427 Reynolds 11-056, in: Benjamin’s Sale of Goods, 1992, S. 487, für die „description“ nach sec. 13 SGA, während für die „merchantable quality“ je nach den Umstän­ den auch der Zeitpunkt der Lieferung in Betracht kam. Dazu auch Lambert v. Lewis (1982) 1 All E R. 1185 (1191) H.L., per Diplock L.J.

Kaufrechte vorsehen, oder ob der Verkäufer dafür nur nach allgemeinen vertraglichen oder auch deliktischen Standards428 Verantwortung trägt. Damit handelt es sich rechtsvergleichend betrachtet um ein zeitlich be­ grenztes Konkurrenzproblem zwischen diesen Regelungsbereichen429, des­ sen Auswirkungen nicht sehr groß sein dürften. Die tiefere Ursache für die Regelungsdifferenzen liegt im unterschiedli­ chen Zeitpunkt des Eigentumsübergangs der Kaufsache in den jeweiligen Rechtsordnungen - zum einen erst bei Übergabe, zum anderen bereits bei Vertragsschluß - an den die Risikozuordnung in allen Kaufrechten in glei­ cher Weise430 anknüpft. Ob bezüglich der Eigentumsübertragung eine Rechtsangleichung sinnvoll und deren Verwirklichung aussichtsreich ist, scheint derzeit eher zweifelhaft. Dies kann jedoch offenbleiben, da es wirtschaftlich vernünftig ist, die Sachgefahr demjenigen zuzuweisen, der den Gegenstand in seiner Obhut hat und damit die Risiken besser beherrschen kann als andere431. Unabhän­ gig vom Eigentumsübergang sollte daher den Verkäufer die Verantwortung für Sachmängel bis zur Übergabe der Ware treffen, wie es die neueren Regelungen vorsehen432, da bis zu diesem Ereignis zu vermuten ist, daß die Ursache des Mangels beim Verkäufer liegt, von ihm zu verhindern oder zumindest zu entdecken war. bb) Abweichung von der vertragsgemäßen Klassifikation (aliud)

Wenn eine ganz andere als die vereinbarte Sache geliefert wird, entstehen für die Anwendung der Sachmängelbestimmungen im Kaufrecht besondere Probleme. Dabei ist in allen Rechtsordnungen unbestritten, daß gerade in diesen Fällen die Leistung der Gegenleistung in offensichtlicher Weise nicht entspricht. Es geht allein darum, mit welchen Regelungen die ur­ sprünglich beabsichtigte Gegenseitigkeit der Vertragsleistungen erreicht werden soll. Die neueren der hier betrachteten Rechtsordnungen ordnen diese Fall­ gruppe ausdrücklich dem Regelungskomplex „Gewährleistung^ oder einem einheitlich ausgestalteten Vertragsstörungsrecht zu. 428 Dazu Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 129 Fn. 137. 429 Allgemein dazu o. I.2.a), c). 430 Darauf stellt Basedow, Reform, 1988, S. 53, ab. 431 So differenziert zum deutschen § 446 BGB Koller, Risikozurechnung, 1979, S. 153 ff. Micklitz, EuZW 1997, S. 232, stellt darauf ab, daß der Käufer damit selbst den Zeitpunkt bestimmen könne, ebenso ders., EuZW 1999, S. 486. 432 Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 130, ordnet bereits die Anknüpfung an den von der Übereignung getrennten Gefahrübergang den „modernen Systemen“ zu.

Entsprechende Bestimmungen finden sich in den skandinavischen Kaufge­

setzen Schwedens, Finnlands und Dänemarks, im Kaufrecht der Nieder­ lande und ebenso im internationalen Einheitskaufrecht433.

Es gilt im Ergebnis auch in England und Irland, wo diese „vollständige Verfehlung der Vertragserfüllung“ als Abweichung von der Beschreibung der Kaufsache nach sec. 13 I SGA behandelt wird434.

In den übrigen, meist älteren Kaufrechten wird sie dagegen als Nichter­ füllung^ angesehen und dementsprechend weichen ihre Voraussetzungen und Rechtsfolgen von denen der Gewährleistung etwas ab435. Im deutschen Kaufrecht wird die Lieferung einer anderen als der verein­

barten Sache als Nichterfüllung behandelt, so daß vor allem die kurze Ver­

jährung des § 477 BGB nicht anwendbar ist und der Käufer unmittelbar die Lieferung einer vertragsgemäßen Sache verlangen kann436, 437 ähnlich 438 in Griechenlancf31 sowie in Österreich43^. In Frankreich, Belgien, Luxemburg und Spanien stellt die Falschliefe­

rung keinen versteckten Mangel dar, so daß sie als nicht konforme Liefe­ rung ebenfalls zu den Nichterfüllungsregelungen fuhrt439. Auch in Italien

werden tiefgreifende Abweichungen der Sache der Nichterfüllung gleichge­ stellt440.

In diesen Rechtsordnungen muß daher die Schlechtlieferung (peius) von der Falschlieferung (aliud) nach allgemeinen Kriterien abgegrenzt werden, um die unterschiedlichen Rechtsfolgen im konkreten Fall bestimmen zu 433 Dazu oben vor aa). 434 Zum englischen Recht Reynolds 11-004, in: Benjamin's, Sale of Goods, 1992, S. 456. 435 S. o. I.2.a) aa). 436 BGH v. 9.10.1991, BGHZ 115, S. 286 (295), BGH v. 4.12.1968, NJW 1969, S. 788, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 21 zu § 459, Huber /Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 107 f. Vor § 459, BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 7 zu § 378. In der Literatur wird teilweise auch der Vorrang des Sachmängelrechts vertreten, v.Caemmerer, in: FS M.Wolff, 1952, S. 17, Seibert, MDR 1983, S. 178, Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 124 Vor § 459, Singer, ZIP 1992, S. 1067. 437 Vgl. VOURVOURI, Sachmängelhaftung, 1998, S. 91. 438 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 131. 439 Zu Frankreich FERID/SONNENBERGER, Zivilrecht II, 1986, 2 G 536, zu Belgien vgl. Moons Rdnr. 111, in: Handbuch, 1992, S. 102, zu Luxemburg Thiel/Mersch Rdnr. 93, in: Handbuch, 1992, S. 669, zu Spanien Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 77. 440 Bianca, vendita, 1993, S. 899 ff., vgl. auch Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S. 87 f., Patti/Cubeddu Rdnr. 140, in: Handbuch, 1992, S. 623.

können. Würde man dagegen die unterschiedlichen Ansprüche für neben­ einander anwendbar halten, so könnten die Beschränkungen der Gewähr­ leistung, vor allem durch die kürzeren Verjährungsfristen, vom Käufer umgangen werden441. Eine derartige offene Konkurrenz wird allein von der Rechtsprechung in der Schweiz befürwortet442.

Beim Spezieskauf gibt es kaum Abgrenzungsschwierigkeiten für die Fal­ schlieferung, denn die bloße Verwechslung der vom Käufer bezeichneten Sache durch den Verkäufer ist eindeutig als („Identitäts“-)aliud zu erken­ nen und damit der Kategorie der Nichterfüllung zuzuordnen443. 444 Wenn 445 die konkrete Sache dagegen „als eine andere“ gekauft worden ist („Qualifikations"-aliud)444, handelt es sich bei Zugrundelegung eines subjektiven Fehlerbegriffes445 um eine Abweichung von der vertraglichen Beschaffenheits­ Vereinbarung, so daß Gewährleistungsrecht anzuwenden ist446. Bei einem Gattungskauf kann die Falschlieferung dagegen nur schwer als Sachmangel qualifiziert werden, sofern die Lieferung aus einer anderen Gattung als krasser Fehler zu erkennen und insofern als Nichterfüllung qualifizierbar ist. Genau wie beim Spezieskauf gilt dies ohne weiteres jedoch nur für (offensichtliche) Verwechslungsfälle 447, bei denen dann auch den Interessen des Verkäufers an einem Rückruf der irrtümlich gelieferten 441 Dazu o. 1.2.a) aa). 442 In der Literatur wird eine aliud-Lieferung dagegen teilweise als Nichterfüllung, KELLER/SCHWEGLER Rdnr. 144, in: Handbuch, 1992, S. 930, behandelt, so daß der ursprüngliche Erfüllungsanspruch fortbesteht und die Rüge- und Verjährungsfristen der Gewährleistung (Art. 201, 210 OR) nicht anwendbar sind, teilweise als Schlechterfül­ lung, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 197. 443 In Deutschland BGH v. 20.12.1978, NJW 1979, S. 811, WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 15 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 132 Vor § 459, für die Schweiz HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 197. 444 Dazu BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 9 zu § 378. 445 Dazu o. aa) (1) (a). 446 Im deutschen Recht BGH v. 1.6.1976, BGHZ 96, S. 214 (218), RG v. 8.6.1920, RGZ 99, S. 147 (148) WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 14, 16 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 133 Vor § 459, Flume, Eigenschaftsirrtum, 1948, S. 114 f., v.Caemmerer, in: FS M.Wolff, 1952, S. 18, nun auch Fikentscher, Schuld­ recht, 1992, S. 426. Teilweise wird eine Anwendung der Irrtumsvorschriften vorgezo­ gen, so etwa noch Fikentscher, Schuldrecht, 1985, S. 437 ff., oder sogar eine Wahl zwischen anfänglicher Unmöglichkeit (§ 306 BGB) und den §§ 459 ff. BGB, J. Schmidt, JZ 1989, S. 984. In Italien nimmt die Rechtsprechung bei Spezieskäufen dagegen bereits eine Falschlieferung an, wenn die Sache unter dem vereinbarten Ni­ veau liegt, vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 138, in: Handbuch, 1992, S. 623 Fn. 57. 447 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 129 Vor § 459.

Ware Rechnung getragen werden muß448. In allen anderen Fällen läßt sich die Frage der Abgrenzung von Schlecht- und Falschlieferung nicht rechts­ sicher beantworten, denn die Einteilung in Gattungen, Untergattungen, Arten und Unterarten ist mehr oder weniger willkürlich und es bestehen fließende Übergänge449. Daher hat sich eine ausufernde Kasuistik herausge­ bildet450, die für konkrete Fälle von Rechtsordnung zu Rechtsordnung zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen gelangt451. Als gemeinsames Ele­ ment wird allerdings erkennbar, daß eine Falschlieferung umso eher ange­ nommen wird, je stärker die gelieferte Sache von den Vereinbarungen der Parteien abweicht. Nach deutschem Recht muß es sich um eine erhebliche Abweichung han­ deln, die die Kaufsache als einer anderen Gattung angehörig erscheinen läßt452 und die Ware für den Vertragszweck vollkommen ungeeignet macht453. Dabei wird an die Regelung des § 378 HGB angeknüpft: Der Käu­ fer ist bei - beidseitigen - Handelskäufen454 auch dann zur Untersuchung

und Rüge gern. § 377 HGB angehalten, wenn „eine andere als die bedun­

gene Ware" geliefert wird, es sei denn die Ware weicht „offensichtlich von der Bestellung so erheblich“ ab, daß eine „Genehmigung des Käufers als

ausgeschlossen“ vermutet werden kann. Die Rechtsprechung ordnet die Untersuchungs- und Rügepflicht den Gewährleistungsregelungen zu, so daß

handelsrechtlich nur eine genehmigungsunfähige Falschlieferung als Nicht­ erfüllung gilt455, nimmt aber in der Regel bei einer Falschlieferung auch an, daß diese genehmigungsunfähig ist456. Das zusätzliche Kriterium der Ge­

448 Nur insoweit ist eine Grenzziehung notwendig, BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 11 zu § 378. 449 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 21 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 128 zu § 459, rechtsvergleichend Basedow, Reform, 1988, S. 27. 450 So vor allem in Deutschland, dazu die Fallgruppen bei BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 14 ff. zu § 378, aber auch in Österreich, der Schweiz und Italien, vgl. dazu m.w.N. Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 124. 451 So etwa die Nachweise bei Basedow, Reform, 1988, S. 27. 452 BGH v. 30.4.1975, NJW 1975, S. 2011, eine bloße Abweichung von der „Art“ der Sache reicht dagegen nicht aus, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 115 Vor § 459. 453 BGH v. 16.5.1984, NJW 1984, S. 1955, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 21 zu § 459. 454 Für andere Fälle wird dies offengelassen, so etwa BGH v. 23.11.1988, NJW 1989, S. 218 (219), dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 111 Vor § 459. 455 BGH v. 9.10.1991, BGHZ 115, S. 286 (294/295), RG v. 18.12.1914, RGZ 86, S. 90 (92), HoPT/Baumbach, HGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 378 HGB, EMMERiCH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 29 zu § 378, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 110 vor § 459. 456 Obwohl viel dafür spricht, daß eigentlich nur Fälle einer versehentlichen Fehl­ lieferung gemeint sind, mit der kein vernünftiger Kaufmann einen Erfüllungsversuch

nehmigungsfähigkeit bei der Falschlieferung erleichtert damit die Zuordung der Rechtsfolgen keineswegs457, zumal äußerst umstritten bleibt, ob es auch außerhalb des Handelskaufs anwendbar ist458. Ebenso wird in Österreich

für die Anwendung der Nichterfüllungsregeln eine erhebliche Abweichung

vorausgesetzt, die sich auf die mit der deutschen Vorschrift identische Re­ gelung des § 378 HGB-A bezieht459. Auch in der Schweiz werden nur krasse Abweichungen als Falschlieferung angesehen460. Umgekehrt formuliert sol­

len nach einem Teil der Literatur in Griechenland nur geringe Abweichun­ gen der Sachmängelhaftung unterfallen461. Ähnlich behandelt das italienische Recht allein tiefgreifende Abwei­ chungen462 als „aliud pro alio", wobei in der Rechtsprechung allerdings we­ niger die Gattungszuordnung eine entscheidende Rolle spielt, sondern viel­

mehr die Frage, ob die Ware für den wirtschaftlichen Zweck des Vertrages völlig unbrauchbar ist463. Auch nach spanischem Kaufrecht wird bei völli­

ger Unbrauchbarkeit der Ware Nichterfüllungsrecht angewendet464.

Damit geht es in diesen Rechtsordnungen im Kern darum, ob auf ein be­ sonders grobes und deutliches Mißverhältnis zwischen Leistung und Ge­ genleistung andere Regelungen anzuwenden sind als auf weniger schwer­ wiegende Ungleichgewichte. Der deutlichste Unterschied besteht auch hier in der Länge des Verjährungszeitraums (sowie teilweise in ergänzenden Rügefristen), wobei aber gerade bei ins Auge fallenden Abweichungen die Einhaltung der Fristen durch den Käufer keine Probleme aufwerfen dürf­ vornehmen würde, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 113 vor § 459, Brüggemann/ Staub, HGB, 1983, Rdnr. 76 zu § 378. 457 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 128 Vor § 459, hält die doppelte Abgrenzung für „hochkompliziert und schwierig“. Ähnlich EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 2 zu § 378, der von einer bloßen Verschiebung der Schwierigkeiten auf eine andere Ebene ausgeht, während HoPT/Baumbach, HGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 378, die Abgrenzung der Genehmigungsfähigkeit für leichter als die der Falschlieferung hält. 458 Dazu HoPT/Baumbach, HGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 378, EMMERiCH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 30 zu § 378. 459 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 131. 460 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 206. 461 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 91. 462 „diversitä radicale“, Bianca, vendita, 1993, S. 899 (n. 407), Cass. v. 12.2.1988, n. 1530, Cass. v. 25.5.1971, n. 1571. 463 Bianca, vendita, 1993, S. 904 ff: „destinazione economico-sociale", vgl. auch Patti/Cubeddu Rdnr. 138 ff, in: Handbuch, 1992, S. 623, Basedow, Reform, 1988, S. 28, sowie bereits Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 125 Fn. 112: Abweichung von der „ökonomisch-sozialen Bestimmung“. 464 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 66, 77.

te465. Auf der anderen Seite können die Vertragsparteien nicht zuverlässig prognostizieren, wann eine so erhebliche Störung des Leistungsgleichge­ wichts vorliegt, daß die Gewährleistungsregeln keine Anwendung finden. Die deutsche Rechtsprechung orientiert sich zwar in erster Linie am verein­

barten Vertragszweck, berücksichtigt ergänzend allerdings auch die Ver­ kehrsauffassung466, so daß die subjektiven Elemente der Abgrenzung zwi­ schen Schlecht- und Nichterfüllung durch ein objektives Kriterium begrenzt werden467. Ebenso verfahrt die schweizerische Rechtsprechung468, und auch

das österreichische Recht rekurriert auf die Verkehrsanschauung469. Ähnli­ ches gilt für die oben erwähnten Kriterien des italienischen und spanischen Rechts.

Auch die Rechtssicherheit spricht daher für eine Gleichstellung von Schlecht- und Falschlieferung bezüglich der Rechtsfolgen, außer in den Fällen, wo ohne jeden Zweifel für beide Parteien überhaupt kein Bezug mehr zur geschuldeten Kaufsache erkennbar ist. Dementsprechend soll es nach der Schuldrechtskommission in Zukunft in

Deutschland wie ein Sachmangel behandelt werden, „wenn der Verkäufer eine andere Sache ... liefert, es sei denn, daß sie als Erfüllung offensichtlich nicht in Betracht kommt“ (§ 435 II BGB-KE)470.

cc) Abweichung von der vertragsgemäßen Quantität Auch wenn im Rahmen eines Kaufvertrages statt der geschuldeten Menge weniger geliefert wird {Minderlieferung”), fragt sich, ob dadurch eine der verursacht Qualitätsabweichung vergleichbare Verschiebung des Äquiva­ lenzverhältnisses wird, deren Behebung durch die Rechtsbehelfe der Sach­ mängelgewährleistung erfolgen kann. Alle hier einbezogenen europäischen Rechtsordnungen sehen in der Min­ derlieferung grundsätzlich einen Verstoß gegen die Pflichten des Verkäu­ fers aus dem Kaufvertrag. Ebenso wie die Falschlieferung wird diese Fall­ 465 So auch HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 122 Vor § 459. 466 BGH v. 23.11.1988, NJW 1989, S. 218(219). 467 Dazu Walter, Kaufrecht, 1987, S. 258. 468 „Verwendungszweck“ und „Verkehrsauffassung“, BGE 69 II S. 97. 469 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 131. 470 Abschlußbericht, 1992, S. 202 f. Die Ausnahme bei offensichtlich fehlendem Leistungsbezug war in den Fällen, wo die Nichtleistung vernünftigerweise nicht be­ zweifelt werden konnte, nach dem Projet auch für das EKG vorgesehen, Rabel, Wa­ renkauf II, 1958 (1967), S. 126.

gruppe der Pflichtverletzung in einigen neueren Kaufrechtsregelungen speziell der Gewährleistung zugeordnet. Abgesehen von den bereits erwähnten skandinavischen Kaufgesetzen

Schwedens, Finnlands und Dänemarks, dem Kaufrecht der Niederlande sowie dem internationalen Einheitskaufrecht^ gilt diese Lösung auch in Österreich, denn dort wird als Rechtsbehelf im Rahmen der Gewährleistung ausdrücklich

der „Nachtrag des

Fehlenden“

erwähnt

(§ 932 1 1 a.E.

ABGB). Wenn danach jedoch keine Ergänzungslieferung erfolgt, kann der

Käufer nicht auf die übrigen Sachmängelrechtsbehelfe - vor allem die Min­ derung - übergehen, sondern nur den Rücktritt von der Teilleistung (§918 ABGB) erklären471 472. 473

Die Mehrzahl der einbezogenen Kaufrechte behandelt diese Fälle der Ver­ tragsstörung dagegen als (teilweise) Nichterfüllung. Nach deutschem Kaufrecht hat der Käufer einen Anspruch auf restliche Erfüllung473, er kann aber aufgrund von § 266 BGB die Teilleistung auch voll­

ständig zurückweisen. Die Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB ist gemäß § 378 HGB hier ebenfalls zu beachten, sofern nicht eine geneh­ migungsunfähige Minderlieferung vorliegt; aber auch bei Genehmigungsfahigkeit sind nicht die Sachmängelvorschriften anwendbar474. Ganz ähnlich

wird in der Schweiz eine zu geringe Menge als teilweise Nichterfüllung an­ gesehen475,476 ebenso in Griechenland^16. Auch im französischen Recht stellt die Lieferung einer geringeren Men­ ge keinen Fehler sondern eine Nichterfüllung des Vertrages dar477, ebenso nach italienischem Kaufrecht478 479 sowie in Spanien419.

Im Ergebnis wird auch im englischen und irischen Kaufrecht eine Min­ derlieferung („a quantity of goods less than ... contracted to seil“) wie eine 471 Dazu o. vor aa). 472 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 18 zu § 923, vgl. auch Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 260. 473 BGH v. 27.6.1990, MDR 1991, S. 236, Ls. a), dazu auch WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 25 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 48 zu § 459, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 260. 474 EMMERiCH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 31 zu § 378. 475 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 9 zu Art. 197. 476 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 90. 477 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 9. Basedow, Reform, 1988, S. 29, sieht dahinter die Beschränkung der Gewährleistung auf „vices Caches“ (Art. 1642 CdeC), wodurch die regelmäßig offensichtlichen Quantitätsmängel von vornherein aus diesem Bereich ausgeschlossen seien. 478 Bianca, vendita, 1993, S. 889 (n. 403): „parziale mancanza della prestazione“. 479 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 62.

Nichtlieferung behandelt480, denn der Käufer hat ausdrücklich die Möglich­ keit, diese zurückzuweisen („the buyer may reject them"), ansonsten akzep­ tiert er sie als Vertragserfüllung und muß den vollen Kaufpreis zahlen („he

must pay for them at the contract rate“, sec. 30 I SGA-GB/SGA-IRL). In

England ist seit kurzem eine Ablehnung außerhalb des Verbraucherkaufs

(„a buyer who does not deal as a consumer“) nicht zulässig, wenn die Ab­

weichung so gering ist, daß eine Zurückweisung unangemessen erscheint („if the shortfall ... is so slight that it would be unreasonable", sec. 30 II A

SGA-GB 1994). Die Rechtsprechung ist jedoch bereits vorher von einer ähnlichen Geringfügigkeitsgrenze ausgegangen481.

Dies gilt jedoch nur für Abweichungen von der Gesamtmenge der Ware, nicht für Abweichungen einzelner oder aller Stücke etwa in Maß oder Gewicht, die wiederum allein dem Gewährleistungsrecht unterfallen482.

Wird von einer Kaufsache andererseits zuviel geliefert {Mehrlieferung^), so stellt dies den seltenen Fall dar, daß sich Leistung und Gegenleistung zu Lasten des Verkäufers nicht im Gleichgewicht befinden. Die Gewährlei­ stungsregelungen, welche auf eine Abweichung zu Lasten des Käufers zugeschnitten sind, passen auf diesen Fall daher eigentlich nicht. Trotzdem löst in Schweden und Finnland sowie in den Niederlanden und auch im internationalen Kaufrecht jede Mengenabweichung die Gewährlei­

stung aus, während dies nach dem dänischen Kaufgesetz nur für eine nach unten abweichende Menge (§ 50 Satz 1 KbL) gilt483. Eine Beschränkung auf die Minderlieferung sieht auch der Entwurf der

Schuldrechtskommission für das

zukünftige deutsche

Kaufrecht vor

(§ 435 II BGB-KE: „eine zu geringe Menge liefert“).

480 So auch Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 128. 481 Zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, Ch. 1, S. 34 (1.080). 482 Zum deutschen Recht WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 25 zu § 459, BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 31 zu § 378, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 260 f., zum griechischen Recht vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 90, in Österreich als „unechte“ Quantitätsmängel bei Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 255, zur Schweiz HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 9 zu Art. 197, zu Frankreich vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 9. Zum UN-Kaufrecht HuBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 2 zu Art. 51, Magnus/ Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 5 zu Art. 51, rechtsvergleichend bereits Rabel, Warenkauf, 1958, S. 127. 483 Dazu o. vor aa).

Für den zuviel gelieferten Teil besteht vielmehr ein vertragsloser Zustand, in dem weder eine Abnahme- noch eine Zahlungspflicht für den Käufer vorliegt. Dies ergibt sich in England und Irland aus sec. 30 II SGA-GB / SGA-IRL, denn der Käufer darf, anders als bei der - geringfügigen - Minderlieferung,

auch allein den überschießenden Teil ablehnen („the buyer may ... reject the rest"). Auch nach dem früheren Haager Einheitskaufrecht konnte „der Käufer

die Menge, die über die vereinbarte Menge hinausgeht, zurückweisen“

(Art. 47 EKG). In Deutschland wird entsprechend auf die Zusendung unbestellter Ware . 484 . verwiesen

Im Bereich der Quantitätsabweichungen treten somit ähnliche Abgren­ zungsschwierigkeiten auf, wie bei der Falschlieferung. Auch hier ist es daher sinnvoll, die Minderlieferung den Gewährleistungsregelungen zuzu­ ordnen, es sei denn, es handelt sich offensichtlich um eine derart große Abweichung, daß der Käufer sie - als Teillieferung - auch nicht als Ver­ such einer Erfüllung zu akzeptieren braucht484 485.

b) Ausschluß der Äquivalenzverschiebung: Informationen des Käufers über Mängel bei Vertragsabschluß Führt man die eigentliche kaufrechtliche Gewährleistung, wie es hier ge­ schieht, auf eine Abweichung der gelieferten Ware vom vertraglich Verein­ barten zurück486, dann kommt es für den Inhalt des Vertrages darauf an, welche Informationen der Käufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Kaufsache besitzt. Weiß er von vornherein, daß die Ware nicht den Vereinbarungen ent­ spricht, dann wäre es auch für ihn, nicht nur für den Verkäufer, sinnvoller, die Kosten einer späteren Inanspruchnahme der Gewährleistungsregelun­ gen zu vermeiden und den Kaufvertrag nicht abzuschließen, oder aber dessen Bedingungen zu verändern. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte er dann entweder den Kaufpreis entsprechend niedriger ansetzen oder auf eine verbesserte Gegenleistung hinwirken, anstatt dies erst nach Vertragsab484 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 53 zu § 459, BROGGEMEIER/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 27 zu § 378, allerdings unter Hinweis auf die im Handelsrecht eintretende Auf­ bewahrungspflicht, dazu auch Walter, Kaufrecht, 1987, S. 261. 485 So auch der Entwurf der Schuldrechtskommission, § 435 II BGB-KE. 486 S. o. I.l.b) aa), II.2.a) aa).

Schluß auf dem kostenträchtigen Weg der Erhebung und Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen zu versuchen1. Ein Ausschluß der Gewährlei­ stung bei Kenntnis des Käufers vom Mangel (unten aa.) vermindert damit die Anreize für den Käufer, seine Informationen über die Kaufsache zurückzuhalten. Dadurch kann bereits auf dem Verhandlungswege ein beide Parteien zufriedenstellender Vertrag erreicht werden. Die bloße Möglichkeit einer Kenntnis des Käufers von Mängeln der Kaufsache ist dagegen anders zu bewerten, denn dabei wird vorausgesetzt, daß er die Ware vor Vertragsabschluß in Augenschein nimmt oder sogar untersucht und damit zumindest gewisse Anstrengungen zur Aufdeckung von Sachmängeln unternimmt. Daher ist es nur dann sinnvoll, die Gewähr­ leistungsrechte bereits bei Kenntnismöglichkeit des Käufers auszuschlie­ ßen, wenn dieser mangelrelevante Informationen über die Kaufsache günstiger erlangen kann als der Verkäufer. Von dieser Situation vor dem Abschluß des Kaufvertrages zu unter­ scheiden sind Gewährleistungsregelungen, die auf die Informationsmög­ lichkeiten des Käufers nach dem Vertragsabschluß, entweder bei Übergabe oder in einem bestimmten Zeitraum im Anschluß daran, abzielen und entsprechende Untersuchungs- oder Rügepflichten festlegen. In diesen Fällen kann durch Vertragsverhandlungen eine Äquivalenzabweichung nicht mehr vermieden werden, sondern es stellt sich nur noch die Frage, unter welchen Umständen deren Ausgleich verlangt werden kann2. aa) Kenntnis des Käufers von Mängeln

Fast alle hier betrachteten Kaufrechte schließen Ansprüche des Käufers auf Gewährleistung wegen Sachmängeln aus, wenn diesem die Mängel der Kaufsache bei Vertragsabschluß bekannt sind. In einem Teil der Rechts­ ordnungen wird dies ausdrücklich bestimmt. Nach der Formulierung des deutschen Kaufrechts enfällt eine Verantwor­ tung des Verkäufers, „wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes kennt“ (§ 460 Satz 1 BGB), ebenso in der Schweiz (Art. 200 I OR:

„Mängel, die der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat“) und in Grie­

chenland (Sachmängel, die der Käufer bei Abschluß des Vertrages kannte, Art. 536 I AK, gleiches gilt für die zugesicherten Eigenschaften, Art. 536 II

AK). Dabei wird jeweils positive Kenntnis des Käufers vorausgesetzt, die

1 Köhler, JZ 1989, S. 763. 2 Aus diesem Grund werden sie im prozessualen Teil behandelt, s. u. B.II. 2.a) aa).

auch die Bedeutung des Mangels gerade im Hinblick auf Gewährleistungs­ ansprüche umfassen muß3.

Auch das italienische Kaufrecht schließt die Gewährleistung aus, wenn

der Käufer zum Zeitpunkt des Vertrages die Mängel der Sache kannte (Art. 1491 l.HS CceC: „se al momento del contratto il compratore conosceva i vizi della cosa"). In Portugal soll dies ebenfalls gelten4, obwohl eine entsprechende Vorschrift fehlt. Eine ausdrückliche Regelung findet sich außerdem im internationalen Ein­

heitskaufrecht (Art. 35 III CISG: „if at the time of the conclusion of the contract the buyer knew ... such lack of conformity" / „wenn der Käufer bei Vertragsabschluß diese Vertragswidrigkeit kannte", gleichlautend5 frü­ her Art. 36 EKG) sowie in der Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft

zum Verbrauchsgüterkauf (Art. 2 III VbrKfRil: „wenn der Verbraucher

zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von der Vertragswidrigkeit

hatte“). Auch nach der Schuldrechtskommission soll die deutsche Regelung insoweit erhalten bleiben (§ 442 I BGB-KE:

ausgeschlossen, wenn (der

Käufer) den Mangel bei Vertragsschluß kennt“).

Andere Gewährleistungsbestimmungen stellen dagegen nicht auf den schwierig zu fassenden subjektiven Kenntnisstand des Käufers sondern auf die objektivierbare Offenkundigkeit der Mängel ab. Wenn in Österreich „die Mängel einer Sache in die Augen“ fallen

(§ 928 Satz 1 ABGB), so hat der Käufer keine Gewährleistungsansprüche. Dazu gehören in jedem Fall die dem Käufer bei Vertragsabschluß bekannten Mängel6. In Zukunft soll ausdrücklich auf die „bei der Vertragsschließung“ augenfälligen Mängel abgestellt werden7.

3 Zum deutschen Recht BGH v. 13.5.1981, NJW 1981, S. 2640 (2641), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 4 zu § 460, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 16 zu § 460; zum schweizerischen Recht BGE II 66 S. 137, vgl. HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 200; zum griechischen Recht Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 118.. 4 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 21. 5 Allerdings nicht anwendbar auf Quantitätsabweichungen und Falschlieferungen, kritisch dazu Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 4 zu Art. 36. 6 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 1 zu § 928, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 134. 7 Entwurf für eine Reform der Gewährleistung 1995, § 928 Satz 1 ABGB-E. Diese Ergänzung wird teilweise als überflüssig angesehen, so etwa Terlitza, JAP 1994/95, S. 267. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach geltendem Recht P.Bydlinski, JB1 1993, S. 56.

Ähnlich wird in Frankreich und Belgien sowie in Luxemburg die Ge­ währleistung bei offenbaren oder sichtbaren Mängeln ausgeschlossen

(Art. 1642 l.HS CdeC/BW: „vices apparents" / „gebreken die zichtbaar zijn“)8, ebenso lautet die Regelung im spanischen Kaufrecht (Art. 1484 a.E. CgoC: „los defectos manifiestos o que estuvieren a la vi­ sta"), wobei die individuelle Kenntnis des Käufers selbst bei objektiv ver­ borgenen Mängeln die Verantwortung des Verkäufers ausschließt9. Aller­ dings unterscheiden diese Regeln nicht zwischen der Kenntnis bei Vertrags­

abschluß und bei Lieferung der Ware, so daß der Käufer in Frankreich sei­ ne Ansprüche erst verliert, wenn er bei Übergabe einen ihm bekannten

Mangel nicht rügt bzw. die Sache nicht zurückweist10. Das dänische Kaufgesetz verwendet einen engeren Begriff der Offen­ sichtlichkeit, denn es schließt die Berufung auf Sachmängel nur aus, wenn

diese bei einer Untersuchung vor Abschluß des Kaufvertrages mit Sicher­ heit entdeckt worden wären (§47 KbL: „ved ... undersgelse burde vre opdaget-) und der Käufer diese Untersuchung vorgenommen („koberen ...

undersogt saigsgenstanden“) oder sie trotz Aufforderung des Verkäufers

ohne triftigen Grund unterlassen hat („uden skellig grund undladt at efterkomme slgerens opfordering“). Aber auch hier werden dem Käufer ohne Untersuchung bekannt gewordene Mängel einbezogen11. Dies wird im schwedischen und finnischen Kaufgesetz nun klargestellt, wonach der Käu­

fer sich auch nicht auf Abweichungen berufen darf, von denen vermutet

werden muß, daß er sie zur Zeit des Kaufs gekannt hat (§ 20 I KpL/KppL: „vad han mäste antas ha känt till vid köpet“). Im englischen und irischen Kaufgesetz wird noch enger die Verantwor­ tung des Verkäufers für eine zufriedenstellende bzw. handelsgemäße Be­ schaffenheit nur dann ausgeschlossen, wenn der Käufer die Ware vor Ver­ 8 Zum dabei angelegten objektiven Maßstab vgl. Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 74, Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 594 f., Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 14 ff., zum belgischen Recht Moons Rdnr. 120, in: Handbuch, 1992, S. 105. 9 Zum französischen Recht vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 595, ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 172; bei einem gewerblichen Verkäufer, der innerhalb des gleichen Berufszweiges tätig ist wie der Verkäufer, wird die Kenntnis von Mängeln sogar grundsätzlich vermutet, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 19 f. 10 Auch in diesen Fällen stehen ihm nur die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung zu, da es sich nicht um einen verborgenen Mangel sondern um eine „chose non conforme“ i.S.d. Art. 1610 f. CdeC handelt, vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 593, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 14. Zu Rüge- und Untersuchungs­ pflichten u. B.II.2.a) aa). 11 So bereits Almen, Kaufrecht II, 1922, S. 80 f.

tragsabschluß tatsächlich untersucht hat12 und die Mängel dadurch hätte entdecken müssen (sec. 14 II C b) SGA-GB 1994 / sec. 14 II b) SGA-IRL:

„the buyer examines the goods before the contract is made, (...) which that examination ought to (have) reveale(d)"). Ohne Untersuchung gilt dies nur dann, wenn der Verkäufer den Käufer besonders auf Mängel hinweist

(sec. 14 II C a) SGA-GB 1994 / sec. 14 II a) SGA-IRL: „specifically drawn to the buyer’s attention before the contract is made“), so daß auch die durch den Verkäufer bewirkte Kenntnis des Käufers zählt.

Nur in zwei Rechtsordnungen, dabei in einer nur für den Verbraucherkauf, wird die Kenntnis des Käufers bzw. die Offensichtlichkeit des Mangels vor Vertragsschluß nicht als Ausschlußgrund erwähnt. In den Niederlanden wird eine generelle Rügepflicht für den Käufer aufge­

stellt, wonach er seine Ansprüche zu jedem Zeitpunkt immer dann verliert,

wenn er nicht innerhalb angemessener Zeit nach Entdeckung der Vertrags­ widrigkeit dem Verkäufer davon Kenntnis gibt (Art. 7:23 I 1 BW: „binnen

bekwame tijd nadat hij dit heeft ontdekt"). Da diese Vorschrift während der Vertragsverhandlungen ebenfalls anzuwenden ist13, hat der Käufer auch in

diesem Zeitraum dem Verkäufer eine entsprechende Mitteilung zu machen. Eine gleichlautende „Beschwerde“-Verpflichtung besteht nach dem schwedischen Verbraucherkaufrecht (§23 I 1 KonsKpL: „inom skälig tid

efter det att han märkt").

Die Begründungen für eine Vorschrift, die den über die Kaufsache infor­ mierten Käufer von der Berufung auf Gewährleistungsansprüche aus­ schließt, sind unterschiedlich. Nach einer Ansicht gibt der Käufer still­ schweigend zu erkennen, daß er den ihm bekannten Mangel in seine Vertragsabschlußüberlegungen einbezogen hat und die Sache in der ihm bekannten Beschaffenheit zu dem vereinbarten Preis erwerben will14, so daß Ware und Preis nach den Vorstellungen des Käufers gleichwertig sind.

12 Damit wurde eine Einschränkung des „caveat emptor“-Prinzips vorgenommen, bei dem bereits die Möglichkeit zur Untersuchung durch den Käufer ausreichte, vgl. Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 314. 13 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 153, in: Handbuch, 1992, S. 732. 14 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 3 zu § 460, der in diesem Zusammenhang auch von „verzichten“ spricht, was jedoch dogmatisch zunächst ein Entstehen der Gewährleistungsanspüche voraussetzen würde, daher kritisch Köhler, JZ 1989, S. 762. Ähnlich im österreichischen Recht die Interpretation als Auslegungsregel bezüglich des vermuteten Parteiwillens, P.Bydlinski, JB1 1993, S. 565, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht, 1992, S. 262.

Im Regelfall, soweit es um offenkundige Mängel geht15, von denen auch der Verkäufer Kenntnis hat, ist eine derartige Interpretation des Vertrages möglich, denn dann stimmen die Erklärungen der Parteien zum Vertrags­ schluß überein. Bei allein dem Käufer zufällig bekannt gewordenen Mängeln kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, daß der Ver­ käufer die Ware als eine mangelhafte verkauft16. Weiß der Verkäufer nichts von dem Mangel, den der Käufer kennt, dann ist auch zweifelhaft, ob die Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten ein unzulässiges wider­ sprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) des Käufers darstellt17, denn ein geschütztes Vertrauen des Verkäufers auf das Unter­ lassen von Mängeleinwänden durch den Käufer konnte gar nicht entste­ hen18. Eine Wirkung des Gewährleistungsausschlusses bei Mangelkenntnis des Käufers liegt darin, daß dieser seine Information gegenüber dem Verkäufer offenlegen muß, damit der Mangel für das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung berücksichtigt werden kann19. Eine nachträgliche Berück­ sichtigung, wie sie die Gewährleistungsrechte bieten, ist nicht mehr möglich. Damit besteht ein Anreiz für den Käufer, den Vertrag insoweit „vollständig'* auszugestalten und Unsicherheiten zu vermeiden20. Man muß dann jedoch auch dem Verkäufer die Möglichkeit geben, sich auf dieser Grundlage für oder gegen einen Vertragsabschluß zu entscheiden, so daß ein einseitiger Vorbehalt des Käufers nicht ausreichen kann, um Gewährlei­ stungsansprüche zu erzeugen21. 15 So etwa in Österreich, Frankreich und Belgien sowie Spanien. 16HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 3 zu § 460, Köhler, JZ 1989, S. 762. In diesen Fällen hilft auch die Ablehnung einer berechtigten Erwartung des Käufers nicht weiter, so etwa BGH v. 3.3.1989, JZ 1989, S. 796 - Grundstückskauf, EssER/WEYERS, Schuld­ recht II, 1991, S. 46, denn die Berechtigung kann sich nur aus dem Vertrag ergeben. 17 So BGH JZ 1989, S. 796, Richardi, AcP 1969, S. 390, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 460, HUBER/Soergel BGB, Rdnr. 3 zu § 460, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 214. 18 Köhler, JZ 1989, S. 762. 19 EssER/WEYERS, Schuldrecht II, 1991, S. 46: „vernünftiges Informationsverhalten als ‘Obliegenheit’“. 20 Ähnlich Köhler, JZ 1989, S. 763, der die Einsparung der Kosten einer Durchset­ zung der Gewährleistung in den Vordergrund stellt. 21 So im deutschen Recht, anders als bei § 464 BGB, HoNSELL/Staudinger BGB, 1995, Rdnr. 14 zu § 460, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 460, HUBER/SOERGEL, BGB, 1991, Rdnr. 12 zu § 460, dazu auch E.Koch, NJW 1989, S. 1658 ff. Nach dem niederländischen und schwedischen Recht reicht dagegen eine Mitteilung des Käufers aus.

bb) Erkennbarkeit von Mängeln für den Käufer

Während die Kenntnis des Käufers vom Mangel nahezu in allen hier einbezogenen Rechtsordnungen berücksichtigt wird22, wirken für den Käufer erkennbare Sachmängel in den verschiedenen Kaufrechten in jeweils unterschiedlicher Weise auf seine Gewährleistungsrechte ein.

Zunächst sind die Einschränkungen der Gewährleistung durch dem Käufer nicht bekannte aber von ihm feststellbare Mängel zu erörtern (unten (1).). Auf dieser Grundlage geht es dann um die Ausnahmen von diesem Ge­ währleistungsausschluß bei einem dem Verkäufer vorwerfbaren Verhalten (unten (2).). (1) Anforderungen an das Verhalten des Käufers hinsichtlich der Aufdekkung von Mängeln

In einigen Kaufrechten wird dem Käufer allein grob fahrlässige Unkennt­ nis angelastet, während einfache Fahrlässigkeit seine Gewährleistungsan­ sprüche nicht ausschließt. So wird in Deutschland die Gewährleistung grundsätzlich ausgeschlossen,

wenn dem Käufer ein Mangel „infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ge­ blieben“ ist (§ 460 Satz 2 1 .HS BGB)23. Damit muß er in besonders schwe­ rer Weise die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen ha­ ben24, wobei seine Fachkenntnis besonders berücksichtigt wird25. Die glei­

che Regelung findet sich im griechischen Kaufrecht (Art. 537 l.HS AK), wo ebenfalls auf die Sachkunde des Verkäufers abgestellt werden soll26.

Auch nach italienischem Recht werden nur Mängel ausgeschlossen, die leicht erkennbar waren (Art. 1491 l.HS CceC: „i vizi erano facilmente ri-

conoscibili"), und daher vom Käufer nur geringe Sorgfaltsanstrengungen erfordern27. Dabei ist ebenfalls auf die persönlichen Fähigkeiten des Käu­ 22 So auch BASEDOW, Reform, 1988, S. 57, ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 173, für die kontinentalen Rechtssysteme. 23 Der Redaktorenentwurf der 1. Kommission sah noch die strengere „Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit“ vor, vgl. Wendel, Entwicklung, 1994, S. 65 ff. 24 Ausführliche Fallgruppenbildung bei HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 8 ff. zu § 460. 25 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 460, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 20 zu § 460, etwa bei einem Gebrauchtwagenkauf durch einen gewerb­ lichen Händler ohne genauere Untersuchung, OLG Hamburg v. 22.10.1970, MDR 1971, S. 134 (135), OLG Celle v. 13.11.1973, NdsRpfl 1974, S. 83. 26 Vgl. VOURVOURI, Sachmängelhaftung, 1998, S. 121, ohne Nachweise. 27 Bianca, vendita, 1993, S. 913 (n. 410): „un minimo sforzo diligente“, vgl. auch A.Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S. 52 .

fers abzustellen28. Ganz ähnlich finden in Spanien die Gewährleistungsre­ geln keine Anwendung, wenn der Käufer den Mangel leicht hätte erkennen

müssen (Art. 1484 2.HS CgoC: „el comprador ... debia facilmente co­ nocerlos“). Hier wird ausdrücklich auf die berufliche Sachkunde des kon­

kreten Käufers abgestellt („comprador es un perito ... por razon de su oficio o profesion“)29. 30 Auch die schwedische und finnische Formulierung, nach der der Verkäu­

fer nur für Fehler entlastet wird, von denen vermutet werden muß, daß sie der Käufer kannte (§20 KpL/KppL3°), spricht für einen niedrigen Sorgfalt­ standard31 . Im internationalen Einheitskaufrecht wird im Ergebnis ebenfalls auf ein

grob fahrlässiges Verhalten des Käufers abgestellt (Art. 35 III CISG: „the buyer ... could not have been unaware“ / „der Käufer ... darüber nicht in Unkenntnis sein konnte“32, ebenso bereits Art. 36 EKG33). Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf verwendet als Gewährlei­

stungsausschluß die Formulierung „wenn der Verbraucher vernünftigerwei­ se nicht in Unkenntnis darüber sein konnte“ (Art. 2 III VbrKfRil). Damit

wird deutlicher als noch im Richtlinien-Entwurf („der Verbraucher ... mußte (die Vertragswidrigkeit) kennen“, Art. 3 I a.E. VbrKfRil-E, in der

Begründung bereits als „konnte darüber nicht in Unkenntnis sein“ erläu­ tert34), daß ebenfalls nur ein grob fahrlässiges Verhalten des Verkäufers in

Betracht kommt35.

28 Cass. v. 28.6.1969, n. 2361, Bianca, vendita, 1993, S. 913 Fn. 1 (n. 410); eine Tendenz zur Objektivierung vermutet Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 101. 29 Vgl. dazu Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 63. 30 S. o. aa). 31 Die Orientierung dieser Kaufgesetze am UN-Kaufrecht, dazu o. l.b), stützt diese Interpretation, da nach dem CISG ebenfalls grobe Fahrlässigkeit verlangt wird, s. nächste Fn. 32 Zur Einstufung als grobe Fahrlässigkeit STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 32 zu Art. 35, MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 47 zu Art. 35 („grobes Verschulden“, a.a.O., Rdnr. 48), für „mehr als grobfahrlässig“ dagegen ScHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 34 zu Art. 35. 33 Nach dem ursprünglichen Vorschlag sollte es schon ausreichen, daß der Käufer die Mängel hätte erkennen können, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 6 zu Art. 36. 34 Abs. 2 Begründung zu Art. 3 I VbrKfRil-E, zusätzlich wird dies dort dann noch dem offenkundigen Mangel gleichgestellt. 35 Ebenso die Interpretation von Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, S. 374.

Meist wird einem derart niedrigen Sorgfaltstandard auch entnommen, daß den Käufer keine allgemeine Pflicht zur Untersuchung der Kaufsache treffe36.

Von anderen Kaufrechten wird der Käufer strenger behandelt, da er bei der Erkennbarkeit von Mängeln die allgemein üblichen Sorgfaltsanforderun­ gen zu beachten hat. In Österreich sind augenfällige Mängel i.S.d. § 928 ABGB nach der Recht­ sprechung solche, die mit gewöhnlicher Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können37, während diese Anforderung in der Schweiz ausdrücklich festgelegt ist (Art. 200 II OR: „Mängel, die der Käufer bei Anwendung ge­ wöhnlicher Aufmerksamkeit hätte kennen sollen“)38.

Das französische^ belgische und luxemburgische Zivilgesetzbuch entla­

sten den Verkäufer auch in den Fällen, in denen sich der Käufer vom Man­ gel selbst überzeugen bzw. diesen wahrnehmen konnte (Art. 1642 CdeC/BW: „dont l’acheteur a pu se convaincre lui-mme" / „die de koper zelf heef kunnen waarnemen"). Dafür wird durchschnittliche Sorgfalt bei einfacher Untersuchung verlangt39. Ebenso soll in Portugal ein Verstoß des

Käufers gegen die übliche Sorgfalt ausreichen40.

Schwieriger sind die Sorgfaltsanforderungen in den Kaufrechten einzuord­ nen, die sich an den durch eine Untersuchung erkennbaren Mängeln orientieren, ohne jedoch zu bestimmen, unter welchen Umständen der Käufer gehalten ist, die Sache in Augenschein zu nehmen.

36 Zum deutschen Recht schon die Motive II, 1888, S. 226, RG v. 19.1.1931, RGZ 131, S. 343 (353) - Grundstückskauf, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 7 zu § 460, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr.7 zu § 460, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 7 zu § 460; zum griechischen Recht vgl. Vourvouri, Sachmängel­ haftung, 1998, S. 120. In Italien ist allenfalls eine oberflächliche Untersuchung notwendig, Bianca, vendita, 1993, S. 913 (n. 410), vgl. auch A.Kramer, Abwick­ lungsstörungen, 1996, S. 52. 37 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 6 zu § 928. 38 In der Praxis werden jedoch keine allzu hohen Sorgfaltsanforderungen gestellt, so daß eine Annäherung an die grobe Fahrlässigkeit stattfindet, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 3 zu Art. 200. 39 Zum französischen Recht vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 594 Fn. 140, sowie Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 16 f., die sogar leichte Fahrlässigkeit des Käufers für ausreichend hält; zum belgischen Recht vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 36. In Luxemburg wird auch auf die Sachkunde des Käufers abgestellt, vgl. Thiel/Mersch Rdnr. 105, in: Handbuch, 1992, S. 672, ebenso in Belgien, vgl M. Weber, Produkthaftung, 1996, S. 37 ff. 40 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 21.

Das schwedische und das finnische Kaufgesetz stellen - zusätzlich zur oben erwähnten angenommenen Kenntnis des Käufers (§ 20 I KpL/KppL) auf die Mängel ab, die bei einer Untersuchung festgestellt werden müssen

(§ 20 II KpL/KppL: „vad han borde ha märkt vid undersökningen"). Der Käufer darf allerdings eine Aufforderung des Verkäufers zur Untersuchung nicht ohne triftigen Grund unterlassen (§20 II 2. Alt. KpL/KppL: „utan godtagbar anledning underlätit att följa säljarens uppmaning att undersö-

ka“), wodurch der Verkäufer die Sorgfaltsanforderungen erhöhen kann. Diese Regelung entspricht völlig der dänischen Bestimmung in § 47 KbL41. 42 Auch nach englischem und irischem Kaufrecht sind nur die Mängel re­ levant, die bei einer Untersuchung entdeckt werden müssen (sec. 14 II C b) SGA-GB / sec. 14 II a) SGA-IRL)42. Der Verkäufer kann den Käufer aber nicht - wie nach den skandinavischen Kaufgesetzen - zu einer Untersu­

chung veranlassen, sondern nur auf die Mängel, die ihm bekannt sind, be­ sonders hinweisen (sec. 14 II C a) SGA-GB / sec. 14 II a) SGA-IRL).

Die Regelung eines Gewährleistungsausschlusses bei erkennbaren Mängeln zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fehlt derzeit in nur zwei der einbezogenen Rechtsordnungen, in einer davon jedoch allein beim Ver­ braucherkauf. In den Niederlanden hat der Käufer Vertragsabweichungen innerhalb an­ gemessener Zeit, nachdem er diese vernünftigerweise hätte entdecken müs­

sen (Art. 7:23 II BW: „redelijkerwijs had behoren te ontdekken"), dem Verkäufer mitzuteilen43. Das gleiche gilt im schwedischen Verbraucher­ kaufrecht (§ 23 I 1 KonsKpL: „borde ha märkt feiet“).

Für das zukünftige deutsche Kaufrecht schlägt die Schuldrechtskommission

vor, ausdrücklich nur noch auf die Kenntnis des Käufers und nicht mehr auf die Erkennbarkeit von Sachmängeln abzustellen44.

Der Ausschluß der Gewährleistungsrechte bei Erkennbarkeit des Mangels steuert in einigen Rechtsordnungen indirekt die Anforderungen an den Käufer, die Kaufsache nqx Vertragsabschluß in Augenschein zu nehmen. 41 S. o. aa). 42 S. o. aa). 43 Zu den Untersuchungs- und Rügepflichten im einzelnen u. B.IL2.a) aa). 44 Abschlußbericht, 1992, S. 226. Danach wurde auch erwogen, daneben einen Gewährleistungsausschluß bei „evidenten“, also offensichtlichen Mängeln einzufuhren, was aber zu einer unerwünschten Untersuchungspflicht des Käufers geführt hätte. In Österreich soll es dagegen auch nach dem revidierten Entwurf zur Gewährleistungsre­ form beim Ausschluß für erkennbare Mängel bleiben, vgl. Grünberger, in: Reform, 1998, S. 87 f.

Soweit dem Käufer nur grob fahrlässiges Verhalten schadet, muß er zwar keine Untersuchung im engeren Sinne durchfuhren, aber er hat zumindest die Augen offenzuhalten45. Dagegen ist er bei höheren Sorgfaltsstandards gehalten, die Ware tatsächlich zu überprüfen. Nach den skandinavischen Kaufgesetzen kann darüberhinaus in der Regel der Verkäufer bestimmen, ob der Käufer eine Untersuchung vornehmen muß. Das englische und irische Kaufrecht schließlich kennt überhaupt keine Untersuchungspflicht.

Anders als bei dem Käufer bekannten Mängeln hat eine auf erkennbare Mängel bezogene Regelung nicht nur den Sinn, daß der Käufer den Verkäufer vor Vertragsabschluß über etwaige Mängel informiert, sondern sie erzeugt zusätzlich Anreize für den Käufer, sich diese Informationen erst zu beschaffen, da er ansonsten seine Gewährleistungsrechte verliert. Vom gemeinsamen Interesse der Vertragsparteien aus betrachtet ist eine Untersuchung der Beschaffenheit der Ware durch den Käufer jedoch nur dann sinnvoll, wenn dieser sie mit weniger Aufwand durchfuhren kann als der Verkäufer. Davon kann jedoch nicht generell ausgegangen werden45 46, weshalb in vielen Rechtsordnungen die Anforderungen an den Käufer von dessen gewerblicher Stellung, seiner Fachkenntnis oder Ähnlichem abhängig gemacht werden47. Ganz deutlich ist insoweit die spanische Regelung, die die Erkennbarkeit des Mangels nur berücksichtigt, wenn der Käufer ein „Experte“ ist48. Da es aber auf einen Vergleich zu den Fähig­ keiten des Verkäufers ankommt, wäre eine Formulierung sinnvoller, daß die Gewährleistung auch für solche Mängel ausgeschlossen wird, die der Käufer leichter erkennen konnte als der Verkäufer. Die Feststellung, daß der Nachweis der Erkennbarkeit eines Mangels durch den Käufer aufgrund objektiver Merkmale vom Verkäufer in der Regel leichter zu erbringen ist als der Nachweis der positiven Kenntnis des Käufers, kann dagegen nicht dazu fuhren, in einer derartigen ^ßeweiser-

45 So zum deutschen Recht die Motive II, 1888, S. 226. 46 Nach Köhler, JZ 1989, S. 764, ist dagegen typischerweise der Verkäufer in der Lage, eine Mängeluntersuchung der Kaufsache kostengünstiger durchfuhren als der Käufer. Allerdings wird daraus nicht die Konsequenz gezogen, den Gewährleistungs­ ausschluß bei Erkennbarkeit des Mangels durch den Käufer ganz aufzugeben. 47 So ausdrücklich zwar nur in Spanien, nach der Rechtsprechung jedoch auch in Deutschland, Italien, Frankreich, und wohl auch in Griechenland, ebenso nach der deutschen - Auslegung des UN-Kaufrechts, STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 33 zu Art. 35, ähnlich nun SCHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 35 zu Art. 35: „Position des Käufers zu berücksichtigen“. 48 S. o. bei Fn. 29.

leichterungUA9 den eigentlichen Grund für die Regelung zu sehen. Zwar wird dem Verkäufer seine Verteidigung gegen Ansprüche des Käufers dadurch vereinfacht, aber nicht weil der Beweis der positiven Kenntnis erleichtert wird, sondern weil ein ergänzender Tatbestand ebenfalls zum Gewährleistungsausschluß führt. Für eine Beweiserleichterung hinsichtlich der Kenntnis genügt es, entweder auf offenkundige Mängel abzustellen oder eine Vermutung ausreichen zu lassen, wie es im schwedischen und im finnischen Kaufgesetz bestimmt wird49 50. (2) Einschränkungen des Gewährleistungsausschlusses durch das Verhalten des Verkäufers

Die Erkennbarkeit des Sachmangels durch den Käufer bei Vertragsab­ schluß greift in vielen Rechtsordnungen dann nicht durch, wenn auf der anderen Seite der Verkäufer eine Zusicherung der Mangelfreiheit abgege­ ben hat. Ausdrücklich aufrechterhalten wird die Gewährleistung trotz Erkennbarkeit

des Mangels bei einer Zusicherung des Verkäufers in Deutschland (§ 460 Satz 2 BGB: „sofern (der Verkäufer) nicht die Abwesenheit des Fehlers zu­ gesichert hat"), Griechenland (es sei denn, daß der Verkäufer das Fehlen des Sachmangels zugesichert hat, Art. 537 2.HS l.Alt. AK), Österreich

(§ 928 ABGB: „außer dem Falle ... einer ausdrücklichen Zusage“) und der Schweiz (Art. 200 II 2.HS OR: „Für Mängel ... haftet der Verkäufer nur dann, wenn er deren Nichtvorhandensein zugesichert hat“), ebenso in Itali­

en (Art. 1491 2.HS CceC: „il venditore abbia dichiarato ehe la cosa era esente da vizi“). Im niederländischen Kaufrecht läuft entsprechend die Rügefrist nicht

schon ab Entdeckbarkeit sondern erst ab der tatsächlichen Entdeckung des Mangels, wenn der Sache eine Eigenschaft fehlt, die sie dem Käufer zufolge

besaß (Art. 7:23 I 2 BW: „een eigenschap ... die deze volgens de verkoper

bezat“). Von der Rechtsprechung wird eine derartige Rückausnahme in Däne­ mark anerkannt51, ähnlich im Ergebnis in Frankreich, wenn der Verkäufer die Haftung für offenbare Mängel außerhalb der Gewährleistung durch ei­ nen besonderen Garantievertrag übernimmt52.

49 So HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 4 zu § 460, ebenso WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 460, kritisch Köhler, JZ 1989, S. 764. 50 § 20 I KpL/KppL, s. o. aa), nach Fn. 11. 51 Vgl. Steinrücke Rdnr. 129, in: Handbuch, 1992, S. 170 f. 52 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 236.

Auch das internationale Kaufrecht soll so auszulegen sein, daß die Zusi­ cherung von Fehlerfreiheit durch den Verkäufer die Erkennbarkeit des Feh­ lers durch den Käufer verdrängt53.

Differenzierter wird das Bild, wenn man die Aufrechterhaltung der Sachmängelrechte des Käufers aufgrund schuldhaften Handelns des Verkäufers betrachtet, da die Verschuldensanforderungen unterschiedlich streng sind. In den mitteleuropäischen Kaufrechten - sowie in Dänemark - schadet dem Verkäufer auch insoweit nur arglistiges Handeln. Die Arglist des Verkäufers wird ausdrücklich im deutschen (§ 460 Satz 2 BGB: „wenn (der Verkäufer) den Fehler arglistig verschwiegen hat“), im

griechischen (das Vorhandensein des Sachmangels arglistig verschwiegen hat, Art. 537 2.HS 2.Alt.AK) und im österreichischen Recht (§ 928 Satz 1 ABGB: „außer im Falle arglistigen Verschweigens des Mangels“) verlangt, ebenso im dänischen Kaufgesetz (§ 47 KbL: „medmindre steigeren har

handlet svigagtigt"). Außerdem wird arglistiges Verhalten des Verkäufers auch in der Schweiz berücksichtigt54.

Ebenso soll das internationale Einheitskaufrecht auszulegen sein55.

Dagegen reicht in drei neueren Kaufrechten grobe oder sogar einfache Fahrlässigkeit des Verkäufers aus. Bereits bei (grob) fahrlässigem Verhalten des Verkäufers verändert das nie­

derländische Kaufrecht den Beginn der Rügefrist: Wenn der Verkäufer Tatsachen kannte oder hätte kennen müssen, diese aber nicht mitgeteilt hat (Art. 7:23 12 BW: „feiten die hij kende of behoorde te kennen doch die hij niet heef meegedeeld"). Ebenso verzichtet das schwedische Verbraucher­

kaufgesetz völlig auf eine Beschwerde des Käufers hinsichtlich der Ver­ tragswidrigkeit, wenn der Verkäufer grob fahrlässig handelt („säljaren har handlat grovt värdslöst“) oder gegen Treu und Glauben verstößt („i strid mot tro och heder“, § 24 KonsKpL).

Noch weitergehend erhält nach schwedischem und finnischem Kaufrecht trotz eines bei einer Untersuchung erkennbaren Fehlers ganz allgemein jeder

53 ScHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 37 zu Art. 35, zur früheren Rege­ lung ebenso Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 10 zu Art. 36 EKG 54 BGE 66 II S. 138, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 200. 55 MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 52 zu Art. 35.

Verstoß des Verkäufers gegen Treu und Glauben (§ 20 II a.E. KpL/KppL:

„inte säljaren har handlat i strid mot tro och heder“) dem über den Mangel informierten Käufer die Gewährleistungsansprüche.

Damit kennen nur wenige der einbezogenen Rechtsordnungen keine Einschränkung des durch erkennbare Mängel ausgelösten Gewährlei­ stungsausschlusses. In England und Irland wirkt sich das Fehlen einer derartigen Bestimmung nur dann aus, wenn der Käufer die Sache untersucht56. Er hat aber immer

die Möglichkeit, sich auf den Verkäufer zu verlassen und die Ware nicht zu untersuchen57, nicht nur bei einer Zusicherung des Verkäufers oder wenn

dieser Mängel verschweigt. Die EG-Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie enthält trotz der Einbeziehung erkennbarer Mängel keine Einschränkung dieses Gewährleistungsausschlus­

ses aufgrund Verkäuferverhaltens, was umso mehr verwundert als sie auf den Schutz des Verbraucher-Käufers zielt58.

Geht man davon aus, daß die Erkennbarkeits-Regel für den Käufer Anreize zur Informationsbeschaffung über die Kaufsache setzt, dann sind beide Arten der Einschränkung dieser Regel grundsätzlich sinnvoll. Mit einer Zusicherung hinsichtlich bestimmter Eigenschaften oder der Fehlerfreiheit der Kaufsache bringt der Verkäufer in den Rechtsordnungen, die diese von der bloßen Beschaffenheitsangabe unterscheiden59, zum Ausdruck, daß der Käufer sich in besonderem Maße auf diese Angaben verlassen kann60. Damit wird gerade bezweckt, daß der Käufer von eigener Informationsbeschaffung entlastet wird, so daß jede Untersuchungsver ­ pflichtung des Käufers dem widersprechen würde61. Bei der Berücksichtigung eines arglistigen Verschweigens des Verkäu­ fers kommt es weniger darauf an, daß das Verschulden des vorsätzlich 56 S. o. bei Fn. 12. 57 Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 315. 58 Präambel Abs. 4 VbrKfRil-E: „Mindestsockel von ... Rechten für die Verbrau­ cher“. 59 S. o. a) aa) (1) (c). 60 Zum deutschen Recht WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 10 zu § 460, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 5 zu § 460. 61 So auch WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 10 zu § 460, Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 5 zu § 460, Köhler, JZ 1989, S. 764. Wird die Beschaffen­ heitsangabe der Zusicherung gleichgestellt, wie nach dem Entwurf der Schuldrechts­ kommission, dann kann die Erkennbarkeits-Regel ganz aufgegeben werden, Abschluß­ bericht, 1992, S. 226.

handelnden Verkäufers größer ist als das des (grob) fahrlässig handelnden Käufers62, sondern daß der Anreiz zur Offenlegung von Informationen für den Käufer ins Leere geht, weil dem Verkäufer der Mangel bereits bekannt ist63. Trotz für den Käufer erkennbarer Vertragsabweichungen sollte daher schon dann die Gewährleistung erhalten bleiben, wenn der Verkäufer davon weiß. So wird es im niederländischen Kaufrecht sowie im schwedi­ schen Verbraucherkaufrecht - allerdings dort hinsichtlich des Beginns der Rügefrist bzw. des Rügeerfordernis - ausdrücklich bestimmt64, und in anderen Rechtsordnungen entspricht es einer Aufweichung des Arglistbegriffs65.

c) Behebung der Äquivalenzverschiebung: Erfüllung, Aufhebung und Anpassung der Leistungspflichten Weicht die tatsächlich gelieferte Kaufsache von den vertraglichen Vorga­ ben ab66 und konnte der Käufer diese Abweichung mangels Kenntnis oder Erkennbarkeit vor Vertragsschluß nicht in die Vereinbarung mit einbezie­ hen67, dann kann das von den Parteien ursprünglich als äquivalent angese­ hene Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auf verschiedenen Wegen hergestellt werden. Zum einen kann der Verkäufer die Defizite seiner Leistung beseitigen, indem er dem Käufer nachträglich eine den Vereinbarungen entsprechende Kaufsache verschafft. Damit wird der Kaufvertrag, allerdings verzögert, ordnungsgemäß erfüllt, so daß das beabsichtigte Gleichgewicht zum Kaufpreis als Gegenleistung des Käufers gewahrt bleibt. Zum zweiten können die Parteien ihre gegenseitigen Leistungspflichten fortfallen lassen, indem sie den Vertrag aufheben. Auf diese Weise wird die Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung 62 So aber HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 5 zu § 460, der in der Berufung des Verkäufers auf den Haftungsausschluß sogar eine zweite Arglist sieht. Ähnlich WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 10 zu § 460, der allgemein auf die Haftungsverschärfung bei Arglist verweist, sowie ScHWENZER/Schlechtriem, CISG» 1995, Rdnr. 37 zu Art. 35, die den Käufer in diesem Fall für schutzwürdiger hält. 63 Im Ergebnis ebenso Köhler, JZ 1989, S. 764, der allerdings daraus den unnöti­ gen Schluß zieht, der Verkäufer sei „nicht schutzbedürftig“ und handele „auf eigene Gefahr“. 64 Wenn wie dort auch das „Kennen müssen“ des Verkäufers zu berücksichtigen ist, dann wird davon ausgegangen, daß sich dieser typischerweise besser informieren kann als der Käufer. Diese Annahme ist bei Verbraucherkäufen plausibler als generell bei Kaufverträgen. 65 Zum deutschen Recht u. 3.a) bb) (2). 66 Dazu im einzelnen o. a). 67 Dazu im einzelnen o. b).

unterbrochen, so daß die Äquivalenz keine Rolle mehr spielt. Zum dritten kann die Leistung des Käufers an die Abweichung der Verkäuferleistung angepaßt werden, indem der Kaufpreis reduziert wird. Im Ergebnis wird dadurch die Gegenleistung auf das niedrigere Erfüllungsniveau der Leistung abgesenkt, so daß auf dieser Basis ein neues Leistungsgleichge­ wicht entsteht. Im folgenden sind diese drei unterschiedlichen Möglichkeiten für die Behebung einer Äquivalenzverschiebung durch Sachmängel in den einzel­ nen Rechtsordnungen genauer zu analysieren (unten aa., bb., cc.). Daran anschließend soll auch ermittelt werden, inwieweit es sich um gleichwertige Alternativen handelt, bei denen dem Käufer die Wahl zwischen den entsprechenden Rechtsbehelfen überlassen werden kann (unten dd.). aa) Nachgeholte Erfüllung der Leistungspflicht des Verkäufers („Nachbesserung“ und „Ersatzlieferung“)

Sieht man in der Leistung einer mangelhaften Kaufsache eine jedenfalls nicht vertragsgemäß erfolgte Erfüllung, dann stellt sich die Frage, ob der Käufer verlangen kann, daß die Mängel beseitigt oder behoben werden und auf diese Weise der Verkäufer nachträglich die von ihm geschuldete Leistung „in Ordnung bringen“ muß. Unabhängig von der Entscheidung, ob die Lieferung einer mangelhaften Sache bereits grundsätzlich als Erfüllung anzusehen ist oder nicht68, erfolgt eine den Vereinbarungen und Erwartun­ gen der Parteien entsprechende Durchführung des Vertrages erst mit einer mangelfreien Leistung, so daß eine Behebung des Mangels zur endgültigen und korrekten Vertragserfüllung führt und zum Ausgleich der Äquivalenz­ verschiebung grundsätzlich geeignet ist. Wie bei sämtlichen nicht in Geld zu erbringenden Leistungen ist auch bei der Mängelbehebung als Natura­ lerfüllung die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß sie von niemandem oder jedenfalls nicht vom Verkäufer durchgeführt werden kann. Beide Arten der „Unmöglichkeit" begrenzen damit die Nacherfüllung und sind in entspre­ chende Regelungen aufzunehmen. Mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen einer konkret nachgeholten Erfüllung für den Verkäufer ist außerdem zu entscheiden, welche Belastung ihm zugemutet werden sollte. 68 Zu diesem Streit zwischen Gewährleistungstheorie und Nichterfüllungstheorie in Deutschland etwa WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 459, Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 145 ff. Vor § 459, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 7 ff. Vor §§ 459, der ihn als „unergiebig“ bezeichnet und aus ihm „keine praktischen Konsequenzen“ erkennen kann, a.a.O., Rdnr. 10.

Zur Mangelbeseitigung 69 70 oder Nacherfüllung1Q zählt zum einen die standsetzung der konkreten Kaufsache, die im deutschen Recht „Nachbesserung“ bezeichnet wird (§ 476 a BGB)71, und zum anderen Austausch der mangelhaften durch eine mangelfreie Sache, den man „Ersatzlieferung“ bezeichnen kann72.

In­ als der als

Stellt man allein darauf ab, daß der Käufer letztendlich eine vertragsgemä­ ße Kaufsache erhält, ohne zu unterscheiden, ob die Mangelbehebung durch den Verkäufer oder durch einen Dritten erfolgt, dann fuhrt ein vom Verkäufer zu erbringender Ausgleich der dem Käufer entstehenden Kosten für die Reparatur der Kaufsache oder für den Kauf einer gleichartigen Ware ebenfalls zu einer Aufwertung der Verkäuferleistung. Wirtschaftlich entspricht daher ein Aufwendungs- oder Schadensersatzanspruch mit diesem Inhalt der Nacherfüllung durch den Verkäufer selbst. Anders als bei der spezifischen Erfüllung ist bei einer derartigen Geldleistung die Lei­ stungserbringung dem Verkäufer regelmäßig möglich. Nur wenn der Mangel objektiv unbehebbar ist, scheidet auch ein konkret an den Kosten

69 So die zusammenfassende Bezeichnung etwa in Graf von Westphalen, Hand­ buch, 1992, jeweils unter VI.3. 70 So die Formulierung nach dem Entwurf der deutschen Schuldrechtskommission, § 438 I BGB-KE. 71 In Zukunft soll es „Mangelbeseitigung“ heißen (§ 438 I BGB-KE), in Österreich wird sie als „Verbesserung“ bezeichnet (§ 932 I 1 ABGB), in Skandinavien als „Abhelfen“ („avhjälper“, § 34 KpL/KppL, bzw. „afhjlper", § 78 I 2 l.HS KbL), in den Niederlanden als „(Wieder-)Herstellung“ (Art. 7:21 I b) BW: „herstel"), in Portugal sowie auf englisch im Einheitskaufrecht und in den Vertragsgrundregeln „Reparatur“ („reparao", Art. 914° l.HS CgoC, „repair“, Art. 46 III 1 CISG, Art. 7.2.3 Satz 1 UDPrinc) und noch im EG-Entwurf „Instandsetzung“ (Art. 3 IV 1 VbrKfRil-E), nach der Richtlinie nun ebenfalls „Nachbesserung“ (Art. 1II f), 3 II, III VbrKfRil). 72 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 2, 17 ff. zu §480, WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 480, ebenso in der EG-Richtlinie (Art. 3 II, III VbrKfRil). Teilweise wird auch von „Nachlieferung“ gesprochen, Westermann/ MünchKomm, a.a.O., Rdnr. 4 zu § 480, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 2, 5 zu § 480, Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 252, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 255 f, Fikentscher, Schuldrecht, 1992, S. 440, aber dieser Begriff sollte der Ergänzungslie­ ferung bei zu geringer Liefermenge vorbehalten bleiben. In den Niederlanden und Portugal wird der Rechtsbehelf ebenfalls Ersetzung genannt („vervanging", Art. 7:211 c) BW, „substituio", Art. 914° l.HS CgoC), ähnlich noch im EG-Entwurf („Ersatzleistung“, Art. 3 IV VbrKfRil-E), im internationalen Kaufrecht und den Vertragsgrundregeln „Ersatz(ware)“ („Substitute goods“, Art. 46 II CISG, „replacement“, Art. 7.2.3 UD-Princ); in den skandinavischen Kaufrechten heißt es dagegen „Austauschlieferung“ („omlevering", § 43 I KbL, „omleverans", §§ 34 II KpL/KppL).

einer Reparatur bzw. eines Deckungskaufs bemessener Schadensersatz aus73. Das Problem, welche wirtschaftliche Belastung dem Verkäufer zuge­ mutet werden sollte, tritt bei derartigen indirekten gegenüber einer direkten Mangelbehebung durch den Verkäufer dagegen in verstärkter Weise auf: Bekommt der Käufer seine Aufwendungen für die Mangelbehebung voll ersetzt, dann besteht für ihn kein Anreiz, eine kostengünstige Reparatur oder Austauschlieferung zu wählen. Anders als bei einer unmittelbar durch den Verkäufer durchgeführten Nacherfüllung hat dieser es nicht mehr in der Hand, den Umfang der Aufwendungen zu begrenzen. Aus diesem Grund verursacht die Kostenerstattung für eine Mangelbehebung durch Dritte dem Verkäufer in der Regel eine höhere Belastung als eine selbst durchgeführte Nachbesserung74. Ein Schadensersatzanspruch in Höhe der dem Käufer entstandenen Kosten einer Mängelbehebung bietet schließlich eine mögliche Alternative in den Fällen, in denen der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert. Darüberhinaus kommen aber auch die übrigen Rechtsbehelfe des Gewähr­ leistungsrechts, also Vertragsaufhebung bzw. Preisreduzierung, in Be­ tracht, wenn die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung fehlschlägt. Für diese Fälle ist allgemein zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Käufer von der ursprünglich verlangten Mangelbeseitigung abgehen kann.

(1) Nachbesserung

(a) Mangelbeseitigung durch den Verkäufer Einen gesetzlichen Anspruch auf direkte, d.h. durch den Verkäufer veranlaßte Abhilfe der Äquivalenzabweichung75 sehen für sämtliche Kaufverträge derzeit76 nur fünf der betrachteten nationalen Rechte vor, die allerdings ganz unterschiedlichen Rechtskreisen angehören. In allen

73 Läßt man die Ersatzlieferung auch bezüglich gleichwertiger Sachen zu, dazu u. (2) (a), so könnte der Geldersatz allerdings danach bemessen werden. 74 So auch Köhler, JZ 1984, S. 399. 75 Vertragliche Absprachen, wie sie etwa in § 476 a BGB erwähnt werden, sind als Ausdehnung der gesetzlichen Gewährleistung anzusehen, dazu u. III. 3. 76 Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 251, erwähnt allein Österreich, während noch früher ein Nachbesserungsrecht anscheinend weiter verbreitet war, so etwa im Preußischen Allgemeinen Landrecht, §§ 325, 331 I 5 ALR, dazu auch Walter, Kaufrecht, 1987, S. 140. Basedow, Reform, 1988, S. 65, nennt neben dem österreichi­ schen ABGB das ZGB der damals noch existierenden DDR und verweist im übrigen auf die damals noch im Entwurfsstadium befindlichen skandinavischen und niederländi­ schen Regelungen.

Regelungen werden über das Vorliegen eines Sachmangels hinaus zusätzli­ che Voraussetzungen verlangt. Unter den mitteleuropäischen Rechtsordnungen gewährt allein das österrei­ chische Recht einen Anspruch auf „Verbesserung" (§ 932 I 1 ABGB). Er wird ausdrücklich begrenzt auf die Fälle, in denen der Mangel „behoben werden kann“, dort gilt er aber sowohl für wesentliche, d.h. den ordentli­ chen Gebrauch verhindernde, wie auch für unwesentliche Mängel77. Außer­ dem kann die Verbesserung in analoger Anwendung des § 1167 ABGB nur

gefordert werden, wenn sie keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfor­ dert78. 79 Innerhalb des romanischen Rechtskreises kennt nur das portugiesische

Kaufrecht eine ausdrückliche Nachbesserungspflicht des Verkäufers (Art. 914° l.HS CgoC: „reparao da coisa")79. Sie erfaßt gerade auch den nicht wesentlichen Irrtum des Käufers, der nicht zu einer Anfechtung be­ rechtigt80. Allerdings kann Nachbesserung nicht verlangt werden, wenn der

Verkäufer den Mangel nicht kannte (Art. 914 ° 2.HS CgoC: „se o vendedor desconhecia sem culpa o vicio“), wodurch der Anspruch, ganz entgegen den Regelungen in anderen Staaten, verschuldensabhängig ausgestaltet ist und den Verkäufer schwächer einstehen läßt81. Auch nach dem schwedischen und dem finnischen Kaufgesetz kann der

Käufer verlangen, daß der Verkäufer die Vertragswidrigkeit beseitigt („säljaren avhjälper feiet“), aber nur wenn dies ohne unangemessene Kosten

oder Nachteile für den Verkäufer erfolgen kann („utan oskälig kostnad eller olägenhet för säljaren“, § 34 I KpL/KppL). Außerdem muß der Käufer grundsätzlich dem Verkäufer mit der Mängelreklamation oder in einer an­ gemessenen Zeit danach („med att han reklamerar eller inom skälig tid dä-

77 Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 256, 258, 260. 78 OGH v. 4.10.1989, JB1 1990, S. 461 (462) - zum Werkvertrag, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 149. 79 In Frankreich kann der Verkäufer derzeit nur bei dem hier nicht behandelten Erwerb zu errichtender Gebäude („vendeur d'un immeuble ä construire“, Art. 1642-1 I CdeC) durch eine Verpflichtung zur Nachbesserung den anderen Rechtsbehelfen des Käufers entgehen (Art. 1642-1 II CdeC: „si le vendeur s'oblige ä reparer le vice“), vgl. Sonnenberger/Ferid, Zivilrecht II, 1986, 2 G 830. 80 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 26. 81 Die Funktionsgarantie nach den Kaufrechten Italiens (Art. 1512 CceC: „garanzia di buon funzionamento") sowie Portugals (Art. 921° CgoC: „garantia de bom funcionamento") erfordert eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien und wird daher nicht zur gesetzlichen Gewährleistung gerechnet. Außerdem betrifft sie die Haltbarkeit der Sache und damit den Spezialfall eines bei Lieferung noch nicht einmal im Keim vorhandenen Defekts, der hier nicht behandelt werden kann.

refter") mitteilen, daß er Nachbesserung verlangt (§ 35 Satz 1 KpL/ KppL)82. Das neue niederländische Bürgerliche Gesetzbuch sieht ebenfalls ein Recht des Käufers auf „Herstellung“ der gelieferten Sache vor („herstel van

de afgeleverde zaak"), wenn der Verkäufer dies vernünftigerweise erfüllen kann (Art. 7:21 I b) BW: „mits de verkoper hieraan redelijkerwijs kan voldoen“). Dadurch soll eine Reparatur der Kaufsache nicht nur dann ausge­ schlossen werden, wenn sie nicht möglich ist, sondern bereits wenn sie be­ triebswirtschaftlich dem Verkäufer nicht zumutbar ist83. Außerdem sollen

nach den Gesetzesmaterialien die Kosten der Wiederherstellung in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Sache stehen84. 85Beim Konsumen­ tenkauf kann der Verkäufer statt Nachbesserung auch Ersatzlieferung -

oder sogar Rückgabe des Kaufpreises - wählen (Art. 7:21 II 1 BW: „ver­ koper bevoegd tussen vervanging of teruggave van de koopprijs te kiezen"). In ganz ähnlicher Weise wie in Skandinavien und den Niederlanden formu­

liert auch das geltende internationale Einheitskaufrecht einen Anspruch

des Käufers auf Nachbesserung (Art. 46 III 1 CISG: „to remedy the lack of conformity by repair“ / „die Vertragswidrigkeit durch Nachbesserung zu

beheben“), wenn dies nicht „unter Berücksichtigung aller Umstände unzu­ mutbar“ ist („unreasonable having regard to all circumstances")85. Weitere Voraussetzung ist auch hier eine besondere Mitteilung an den Verkäufer zu­

sammen mit der Mängelanzeige oder innerhalb einer angemessen Frist da­ nach (Art. 46 III 2 CISG). Das frühere Einheitskaufgesetz beschränkte die „Behebung der Vertragswidrigkeit“ („remedying defects in the goods“)

zwar nur auf durch den Verkäufer behebbare Mängel („vorausgesetzt, daß der Verkäufer hierzu in der Lage ist“ / „provided the seller is in a position to remedy the defects“)86, aber die Nachbesserung konnte allein für „vom

82 Einer solchen Mitteilung bedarf es wiederum nicht, wenn der Verkäufer grob fahrlässig oder entgegen Treu und Glauben gehandelt hat, § 35 Satz 2 KpL/KppL: „säljaren har handlat grovt värdslöst eller i strid mot tro och heder“. 83 CASTERMANS/Nieuwenhuis, in: T&C BW III, 1994, N. 3 zu Art. 21. 84 Ebd., vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 176, in: Handbuch, 1992, S. 738. 85 Unzumutbarkeit wird vor allem dann vorliegen, wenn dem Verkäufer durch die Reparatur unverhältnismäßige Kosten entstehen, HuBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 58 zu Art. 46, bzw. diese „unwirtschaftlich“ ist, MAGNUS/Staudinger, UN­ Kaufrecht, 1994, Rdnr. 61 zu Art. 46. ScHNYDER/STRAUB/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 97 zu Art. 46, verlangen dagegen, daß die Kosten die Verwendungsein­ schränkung weit übertreffen. 86 Damit war eine wirtschaftliche Abwägung nicht entscheidend, Mertens/ Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 8 zu Art. 42.

Verkäufer zu erzeugende oder herzustellende Sachen)" („goods to be produced or manufactured by the seller“, Art. 42 I a) EKG) geltend gemacht werden. Auch die internationalen Vertragsgrundregeln gehen ausdrücklich

(Art. 7.2.3 Satz 1 UD-Princ: „The right to performance includes in appropriate cases the right to require repair“) oder generell (Art. 4.102 I Eur-

Prine: „Erfüllung ... einschließlich der Abhilfe für eine mangelhafte Lei­

stung“) von einem Nachbesserungsanspruch aus. Dabei unterliegt dieser spezielle Erfüllungsanspruch den allgemeinen Einschränkungen und kann nicht verlangt werden, wenn er unmöglich ist (Art. 7.2.2 a) UD-Princ, Art. 4.102 II a) Eur-Princ), den Schuldner unangemessen belastet (Art.7.2.2 b) UD-Princ, Art.4.102 II b) Eur-Princ) oder auch wenn der

Gläubiger vernünftigerweise Erfüllung „aus einer anderen Quelle“ erhalten

kann (Art. 7.2.2 c) UD-Princ, Art. 4.102 II d) Eur-Princ). Außerdem hat

der Gläubiger den Anspruch innerhalb angemessener Zeit nach Kenntnis bzw. Kenntnismöglichkeit von der Nichterfüllung vom Verkäufer zu verlan­ gen (Art. 7.2.2 e) UD-Princ, Art. 4.102 III Eur-Princ).

Nach den Vorstellungen der Schuldrechtskommission soll in Zukunft auch im deutschen Recht ein Anspruch auf „Nacherfüllung“ bestehen, den

der Verkäufer grundsätzlich durch Mangelbeseitigung erfüllen muß (§ 438 I BGB-KE)87, es sei denn, sie ist „nur mit unverhältnismäßigen Aufwendun­

gen möglich“ (§ 438 III BGB-KE). Diese aus dem für den Werkvertrag geltenden § 633 II 2 BGB übernommene Wendung88 schließt die Nachbesse­ rungsverpflichtung aus, wenn der Aufwand des Verkäufers in keinem Ver­ hältnis zum Vorteil des Käufers steht89.

Darüberhinaus sehen einige Rechtsordnungen eine ausdrückliche Nachbes­ serungspflicht des (gewerblichen) Verkäufers gegenüber einem Verbrau­ cher als Käufer vor. In Dänemark ist seit 1980 der Verkäufer bei einem Verbraucherkauf ver­ pflichtet, den Mangel zu beseitigen (§ 78 I 2 l.HS KbL: „Koberen kann ... forlange, at slgeren afhjlper mangelen"). Auch hier wird der Nachbesse­

rungsanspruch jedoch ausgeschlossen, wenn er bei dem Verkäufer unver­ hältnismäßige Kosten oder wesentliche Nachteile verursacht (§ 78 I 2 2.HS

87 Nur bei vertretbaren Sachen kann er stattdessen Ersatz liefern, Abschlußbericht, 1992, S. 212. 88 Abschlußbericht, 1992, S. 213. 89 So zu § 633 II BGB etwa RG v. 31.5.1907, RGZ 66, S. 167 (168) - 20.000 RM Kosten zu 8.000 RM Vorteil, BGH v. 4.7.1996, ZIP 1996, S. 1905, dazu auch Schübel, ZIP 1994, S. 1333.

KbL: „uforholdsmssig omkostning eller vsentlig ulempe"). Beim Gat­ tungskauf („artsbestemte kb") kann der Verkäufer stattdessen Ersatzliefe­ rung leisten („omlevering“, § 78 I 3 KbL). Bis auf das Wahlrecht des Ver­

käufers bei Gattungssachen gilt eine identische Regelung nach schwedi­ schem Verbraucherkaufrecht (§ 26 I KonsKpL), die mit dem allgemeinen

schwedischen - und auch dem finnischen - Kaufgesetz (§ 34 I KpL) über­

einstimmt, allerdings vom Käufer keine besondere Mitteilung verlangt.

Das spanische Recht bietet dem Konsumentenkäufer nach dem Verbrau­ cherschutzgesetz vonl98490 91 demgegenüber 92 ein uneingeschränktes Recht zur Beseitigung von ursprünglichen Fehlern und Mängeln (Art. 11 III a) LCU:

„La reparacion ... de los vicios o defectos ...“). Auch das griechische Verbraucherschutzgesetz von 199491 geht, aller­

dings im Rahmen einer dem Händler vorgeschriebenen Garantie, in Art. 5 IV 1 l.HS bei Gütern von langer Lebensdauer, d.h. dauerhaften Kon­ sumgütern i.S.d. Art. 5 I Ges. 2251/19949, grundsätzlich von einer Män­

gelbehebung durch den Verkäufer aus. Eine Einschränkung dieses Rechtes

im Interesse des Verkäufers ist nicht erkennbar. In Frankreich sollte nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf zur Umset­ zung der EG-Produkthaftungsrichtlinie der Käufer gegenüber einem ge­ werblichen Verkäufer ein Recht auf Nachbesserung unter der Vorausset­ zung erhalten, daß dieses Verlangen nicht offenkundig unvernünftig ist („manifestement deraisonable“, Art. 1644-1 Projet de loi)93.

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf berechtigt den Käufer ebenfalls dazu, „Nachbesserung94 des Verbrauchsgutes“ (Art. 3III 1

VbrKfRil, ebenso bereits nach dem Entwurf „Instandsetzung der Sache“, Art. 3 IV 1 VbrKfRil-E) zu verlangen, „sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist“. Als „unverhältnismäßig“ gilt eine Nachbesserung, deren Kosten im Vergleich „mit der alternativen Abhilfemöglichkeit“ - da­ mit kann nur die Ersatzlieferung gemeint sein - „unzumutbar wären“

(Art. 3 III 2 VbrkfRil). Als Kriterien für die Feststellung der Unverhältnis­ mäßigkeit werden ausdrücklich der „Wert(s), den das Verbrauchsgut ohne 90 Ley General para la defensa de los Consumidores y Usarios (LCU) 26/1984 v. 19.7.1984, B.O.E. v. 24.7.1984. 91 Gesetz 2251/1994 v. 16.11.1994. 92 Chaldoupis Rdnr. 87, in: Handbuch, 1992, S. 514 Fn.92, spricht nur von „Ge­ brauchsgütern“. 93 Vgl. Sonnenberger/Ferid, Zivilrecht IV/1, 1993, 2 G 604, Sonnenberger, Handelsrecht, 1991, S. 311. 94 Nach der Definition in Art. 1II f) VbrKfRil ist darunter die „Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes“ zu verstehen.

die Vertragswidrigkeit hätte“ (Art. 3 III 2 1. Unterabsatz VbrKfRil), die „Bedeutung der Vertragswidrigkeit“ (Art. 3 III 2 2.Unterabsatz VbrKfRil) sowie die Möglichkeit eines Rückgriffs auf „die alternative Abhilfemöglich­

keit

ohne

erhebliche

Unannehmlichkeiten

für

den

Verbraucher“

(Art. 3 III 2 3.Unterabsatz VbrKfRil) aufgeführt.

Zum wesentlichen Inhalt dieser gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Nachbesserungsansprüche gehört es, daß der Verkäufer vollständig die Kosten der von ihm durchzuführenden Reparatur trägt, auch wenn dies in den erwähnten Regelungen nur selten ausdrücklich bestimmt wird. Das schwedische und das finnische Kaufgesetz weisen darauf hin, daß die

Abhilfe durch den Verkäufer ohne Kosten für den Käufer erfolgen muß

(§ 34 I KpL/KppL: „avhjälper feiet utan kostnad för köparen“), ebenso für Verbraucherkäufer in Schweden, denen aber außerdem keine wesentlichen

Unannehmlichkeiten entstehen dürfen (§ 26 II KonsKpL: „väsentlig olägen­

het för köparen“). Fast gleichlautend verlangt die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf nicht nur eine „unentgeltliche Nachbesserung“95, sondern diese soll zudem „ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen“ (Art. 3

III 1 VbrKfRil). Das spanische Verbraucherschutzgesetz bestimmt ausdrücklich nur die ko­

stenlose Beseitigung der Mängel (Art. 11 III a) LCU: „La reparacion totalmente gratuita ...“). Auch der Vorschlag der deutschen Schuldrechtskommission legt aus­ drücklich allein fest, daß der „Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen ... zu tragen hat“ (§ 438 II BGB-KE)96.

In anderen Rechtsordnungen wird dies dem allgemeinen Grundsatz entnommen, daß der Schuldner die Aufwendungen für die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten selbst tragen muß97.

95 In Art. 3 IV VbrKfRil wird außerdem - ähnlich wie in § 476 a Satz 1 BGB klargestellt, daß von „unentgeltlich“ die „für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes notwendigen Kosten, insbesondere Versand-, Arbeits­ und Materialkosten“ umfaßt werden. 96 Streitigkeiten werden anscheinend vor allem bei den Transport- und Wegekosten erwartet, die im Kommissionsentwurf entsprechend dem geltenden § 476 a Satz 1 BGB ausdrücklich hervorgehoben werden. In Österreich wird dieses Problem dadurch zu lösen versucht, daß die Verbesserung bei Verbraucherkäufen an dem Ort erfolgen muß, wo die Kaufsache übergeben wurde, oder unter zusätzlichen Voraussetzungen auch dort, wo sie sich gewöhnlich befindet, § 8 I Zff. 1, 2 KonsSchG.

Allein in Portugal wird die Nachbesserungsverpflichtung also an ein (Informations-) Verschulden des Verkäufers geknüpft, wodurch der Anreiz zur Vermeidung von Sachmängeln in den Vordergrund gestellt wird, während der Käufer gegen unvermeidbare Beschaffenheitsabweichungen damit nicht versichert wird97 98.

Natürlich kann die Reparatur der Kaufsache überall nur dann verlangt werden, wenn sie tatsächlich möglich - der Mangel also behebbar - ist99. Darüberhinaus wird versucht, die - wirtschaftliche - Belastung des Verkäufers aufgrund der Nachbesserung in Grenzen zu halten. Dabei wurde ursprünglich davon ausgegangen, daß der Verkäufer als Händler allein eine Warenverteilungsfunktion besitzt und regelmäßig nur der Hersteller auf die Bearbeitung der Ware eingerichtet ist100. Folgerichtig wurde die Nachbesserung teilweise nur gegenüber Verkäufern zugelassen, die gleichzeitig Produzenten waren, aber auch dann nur, wenn sie selbst zur Reparatur in der Lage waren101. In anderen Rechtsordnungen wurde eine flexible Grenze für die Belastung des Verkäufers gezogen, während in neueren Regelungen - vor allem zum Verbraucherkauf - teilweise auf eine derartige Beschränkung ganz verzichtet wird102. Der Maßstab des dem Verkäufer vernünftigerweise nicht mehr Zumut­ baren103 wird meist offengelassen und allenfalls generalklauselartig als

97 So zum UN-Kaufrecht HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 90 zu Art. 46, im Ergebnis auch zum früheren Haager Kaufrecht Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 10 zu Art. 42 EKG, zur vereinbarten Nachbesserung im deutschen Recht Köhler, JZ 1984, S. 399. 98 Zu diesen Zielsetzungen der Gewährleistungsregelungen o. I.l.a). " So ausdrücklich § 932 I ABGB, Art. 7.2.2 a) UD-Princ, Art. 4.102 II a) EurPrinc, Art. 3 III 1 VbrKfRil, zum deutschen Recht unter Bezug auf die vereinbarte Nachbesserung HUBER/Soergel, BGB. 1991, Rdnr. 67 zu § 462. 100 So schon die Argumentation zur Ablehnung eines Nachbesserungsrechtes in den Beratungen zum BGB, Protokolle I, 1897, S. 682 ff., vgl. auch Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 9 zu § 462, ebenso Süss, Wesen, 1931, S. 59. 101 So im früheren Internationalen Kaufrecht, Art. 42 I a) EKG, im Anschluß daran ähnlich Huber, in: Gutachten I, 1981, § 461 a I 2 BGB-GE: wenn der Verkäufer die Nachbesserung „mit eigenen Mitteln nicht bewirken kann“. 102 So in Portugal sowie in den Verbraucherkaufregelungen Griechenlands, Spaniens und der EG. 103 Darauf stellen die Niederlande sowie das UN-Kaufrecht ab, ähnlich die EGRichtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sowie das Projet in Frankreich.

„unangemessen“ bzw. „unverhältnismäßig“ beschrieben104. Rechtsprechung und Literatur konkretisieren diese Kriterien meist, indem sie auf die dem Verkäufer entstehenden Kosten abstellen105.

Die Angemessenheit oder Verhältnismäßigkeit einer Nachbesserung durch den Verkäufer kann mindestens auf drei Arten bestimmt werden: Erstens gegenüber der Kaufsache, zweitens gegenüber anderen Möglichkeiten des Äquivalenzausgleichs und drittens gegenüber einer Reparatur durch den Käufer. Im ersten Fall wird meist auf das Verhältnis zum Wert der KaufSa­ che abgestellt106. Geht man davon aus, daß die Nachbesserung das durch den Sachmangel verschobene Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung ausgleichen und daß dieses im gemeinsamen Interesse beider Kaufvertragsparteien möglichst kostengünstig erfolgen soll, dann stellt jedoch eher die Wertdifferenz zwischen der mangelhaften und einer vertragsgemäßen Kaufsache107 einen Maßstab für die Angemessenheit der Nachbesserungskosten dar: Übersteigt der Reparaturaufwand des Verkäu­ fers die dadurch erreichbare Werterhöhung, dann ist es objektiv betrachtet günstiger, den Äquivalenzausgleich auf anderem Wege herbeizufuhren. Eine derartige Begrenzung der Gewährleistungskosten liegt im gemeinsa­ men Interesse beider Kaufvertragsparteien108. Auf diese Weise wird die Relation zur Kaufsache der zweiten Art, die Angemessenheit der Nachbesserung zu bestimmen, angenähert: Der Mangelbeseitigungsaufwand wird in das Verhältnis zur Durchführung anderer Rechtsbehelfe des Käufers gesetzt. Mit dieser Methode wird zusätzlich berücksichtigt, daß eine Verpflichtung des Verkäufers zur Nachbesserung für beide Parteien nur dann sinnvoll ist, wenn eine Repara­ tur durch den Verkäufer weniger Aufwand erfordert als die Durchführung eines anderen Rechtsbehelfs. Als günstigere Alternative der Mängelbehe­ bung kommt vor allem die Lieferung einer mangelfreien Sache durch den 104 So in den skandinavischen Rechtsordnungen und in Österreich, außerdem in beiden internationalen Vertragsgrundregeln sowie im Entwurf der deutschen Schuld­ rechtskommission, insoweit zustimmend Schübel, ZIP 1994, S. 1339. 105 Ausdrücklich wird dies jedoch nur in den skandinavischen Rechtsordnungen sowie in der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf bestimmt. 106 So nach Art. 3 III 2 VbrKfRil sowie den Regelungsbegründungen sowohl in den Niederlanden wie in dem Entwurf der Schuldrechtskommission. Auch Basedow, Reform, 1988, S. 75, setzt den „Wert der geschuldeten fehlerfreien Sache“ als Obergrenze. 107 Ähnlich Basedow, Reform, 1988, S. 75: „angemessene(s) Verhältnis zu dem Minderwert der gelieferten Sache“. 108 Dazu o. I.l.a).

Verkäufer in Betracht109. Aus diesem Grund wird in Gewährleistungsrege­ lungen teilweise ausdrücklich vorgesehen, daß der Verkäufer bei mangel­ haften Gattungssachen bzw. vertretbaren Sachen auch Ersatz liefern kann, statt die Nachbesserung durchzufuhren110. Weitergehend soll dagegen nach den Vertragsgrundregeln der Europäischen Vertragsrechtskommission sowie von UNIDROIT jede vernünftigerweise aus einer anderen Quelle vom Käufer zu realisierende Erfüllung berücksichtigt werden. Damit kann auch der Aufwand der Reparatur oder der Lieferung einer mangelfreien Sache durch Dritte den Kosten der Nachbesserung durch den Verkäufer gegenübergestellt werden, was zu einer Senkung der die Vertragsparteien belastenden Kosten fuhrt und daher ökonomisch sinnvoll ist. Die dritte Art einer Abwägung der wirtschaftlichen Folgen der Nachbes­ serung für die Parteien bezieht schließlich die Fälle ein, in denen der Käufer den Mangel günstiger beheben kann als der Verkäufer. Unter dieser Voraussetzung, die aber bisher kaum ins Blickfeld geraten ist111, wäre es ebenfalls nicht sinnvoll, den Verkäufer zur Nachbesserung zu verpflichten.

Zusätzlich sehen einige Rechtsordnungen112 eine besondere Mitteilung über das Nachbesserungsverlangen des Käufers an den Verkäufer vor, nach dessen Ausbleiben letzterer sich nicht mehr auf die Vornahme einer Reparatur einstellen muß. Bei der Nachbesserung ist, anders als bei der Ersatzlieferung 113 oder auch der Vertragsauflösung, allerdings nicht zu

109 So jetzt erstmals Art. 3 III 2 VbrKfRil mit dem Vergleich zu „der alternativen Abhilfemöglichkeit“. Zum Einheitskaufrecht stellt HuBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 58 zu Art. 46, auf das Verhältnis zur Ersatzlieferung ab. Ablehnend für das Werkvertragsrecht BGH v. 4.7.1996, ZIP 1996, S. 1906. Zur Alternative der Preismin­ derung Faber, JB1 1999, S. 428. 110 Derzeit gilt eine derartige Regelung nur in Dänemark und in den Niederlanden jeweils beim Konsumentenkauf, implizit auch im UN-Kaufrecht, HuBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 66 zu Art. 46, ebenso bereits ebd., 1990, Rdnr. 97 zu Art. 46, ScHNYDER/STRAUB/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 108 zu Art. 46, nach der Schuldrechtskommission zukünftig auch in Deutschland. Befürwortend für die vertraglich vereinbarte Nachbesserung nach deutschem Recht auch Köhler, JZ 1984, S. 398. 111 HuBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 58 zu Art. 46, der ebd., 1990, Rdnr. 88, als Beispiel noch die Behebung „trivialer“ Fehler erwähnt. Die ansonsten in diesem Bereich sehr differenzierte Regelung der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf kann eine derartige Abwägung nicht vorsehen, da sie Schadensersatzansprüche nicht erfaßt. 112 Schweden und Finnland sowie das UN-Kaufrecht. 113 Zur Ersatzlieferung u. (2).

erkennen, warum diese den Verkäufer mit zunehmendem Zeit ablauf stärker belasten sollte.

In anderen Rechtsordnungen, die keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen bezüglich eines Nachbesserungsrechtes des Käufers kennen, wird teilweise durch Rechtsprechung und Literatur ein solcher Anspruch zu begründen versucht. In den romanischen Rechtsordnungen bietet sich der Weg über die nicht konforme Lieferung an. Auf diese Weise kommen die Nichterfüllungsregeln zur Anwendung, so daß als Erfüllungsanspruch unter Umständen auch die Mangelbeseitigung in Betracht kommt. In Frankreich gesteht die Rechtsprechung dem Käufer aus Art. 1610 i.V.m.

Art. 1184 II 2 l.HS CdeC überwiegend ein Nachbesserungsrecht zu, gerade bei leichten oder unwesentlichen Mängeln114. Besonders bei Handelskäufen

werden im Falle von geringfügigen Abweichungen im Rahmen der „non-

conformit" bereits seit einiger Zeit dem Verkäufer Nachbesserungspflich­ ten auferlegt115. Diese Möglichkeit wird auch im belgischen Recht116 sowie

parallel im spanischen Recht aus dem Erfüllungsanspruch des Art. 1124 II 1 CgoC117 befürwortet. In Italien ist eine derartige Anwendung

der Nichterfüllungsregelungen sehr umstritten118.

Eine indirekte Nachbesserungspflicht des Verkäufers kann auch über einen Schadensersatzanspruch begründet werden, sofern ein Vorrang der Naturalrestitution vor dem Geldersatz anerkannt wird, wie in den meisten Rechtsordnungen - abgesehen von England und Irland119. Damit könnte der Verkäufer zur ordnungsmäßigen Erfüllung zwar nicht im Wege der Primärleistung, aber doch der sekundären Ersatzleistung gezwungen werden.

114 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 604, 2 G 625, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 46. 115 Cass.Comm. v. 8.6.1978, Bull.Civ. IV Nr. 186, S. 152, vgl. Sonnenberger, Handelsrecht, 1991, S. 308. 116 Vgl. Moons Rdnr. 125, in: Handbuch, 1992, S. 106. 117 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 79, Marti Rdnr. 118, in: Hand­ buch, 1992, S. 1021. 118 Befürwortet wird sie besonders bei einem Verschulden des Verkäufers, insgesamt dazu Bianca, vendita, 1993, S. 1009 f. (n. 439), vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 137 f. 119 Vgl. dazu ZWEIGERT/KÖTZ, Einführung, 1996, S. 467.

In Deutschland wird ein derartiges Vorgehen nach § 249 Satz 1 BGB überwiegend abgelehnt120. Außerdem wird auch auf diesem Wege dann allein Geldersatz geschuldet, wenn „die Herstellung nur mit unverhältnis­ mäßigen Aufwendungen möglich ist“ (§ 251 II BGB).

Im italienischen Zivilrecht wird die Begründung eines Reparaturanspru­ ches dagegen - sofern die Instandsetzung tatsächlich möglich ist - in der Form eines Schadensersatzes durch Wiederherstellung (Art. 2058 I CceC: „la reintegrazione in forma specifica, qualora sia in tutto o in parte possi­ bile") mittlerweile teilweise befürwortet121. Auch dieser Anspruch wird je­

doch auf Geldersatz beschränkt, wenn er den Schuldner übermäßig belastet (Art. 2058 II CceC: „eccessivamente onerosa per il debitore“).

Eine weitere Möglichkeit, einen Nachbesserungsanspruch des Käufers anzuerkennen, liegt in der entsprechenden Anwendung des Werkvertrags­ rechts. Die Rechtsprechung ist insoweit jedoch sehr zurückhaltend, nur in der Literatur wird dieser Ansatz teilweise unterstützt122. Aber auch auf diesem Wege kann die Beseitigung der Mängel nicht verlangt werden, wenn sie wie in Deutschland „einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert“ (§ 633 II 3 BGB) oder wie in der Schweiz dem Unternehmer

„übermäßige Kosten verursacht“ (Art. 368 II OR). In Italien wird die Mangelbeseitigung beim Werkvertrag dagegen nicht derartig eingeschränkt (Art. 1668 I CceC: „i vizi siano eliminati a spese dell’appaltatore").

Soweit es dagegen um ein Nachbesserungsrecht des Verkäufers geht, werden die Regelungen für Werkverträge eher herangezogen123.

120 Pieper, JuS 1962, S. 461 f., Köhler, JZ 1984, S. 396, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 54 zu § 463, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 23 zu § 463, auch Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 447. Differenziert WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 23 zu § 463, der bei einer dem Verkäufer „ohne weiteres zumut­ baren“ Reparatur den Naturalersatz befürwortet. Zu diesem Problem bei der Unmög­ lichkeit der Primärleistung auch WiedemANN/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 40 zu § 325. 121 Bianca, vendita, 1993, S. 1011 (n. 439), vgl. auch Patti/Cubeddu Rdnr. 143, in: Handbuch, 1992, S. 624. 122 So etwa im schweizerischen Recht, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 205 m.w.N., in Italien nur für den Verkauf von noch zu erstellenden Bauwerken, Bianca, vendita, 1993, S. 1012 (n. 439). 123 In Deutschland auch bei vertretbaren Sachen Larenz, Schuldrecht II/1, 1986, S. 376, ablehnend - auch für Software - HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 11 zu § 462. Zum Nachbesserungsrecht des Verkäufers im einzelnen u. dd) (2).

Auch die Gewährung der Nachbesserung über den Einfluß von Treu und Glauben auf das Schuldverhältnis bezieht sich fast ausschließlich auf die diesbezügliche Berechtigung des Verkäufers, die Kaufsache in Ordnung zu bringen124. Im schweizerischen Recht scheint diese dort auf Art. 2 ZGB gestützte An­

sicht dagegen auch für ein Nachbesserungsrecht des Käufers „im Vordrin­ gen“125, teilweise ähnlich in Griechenland unter Bezugnahme auf Art. 173, 200 AK126.

Bei einer derartigen Anwendung „gewährleistungsfremder“ Regelungen tauchen zum einen Schwierigkeiten der Abgrenzung zu den Sachmängel­ vorschriften127 auf. Zum anderen sind die Kriterien, nach denen der Verkäufer zur Nachbesserung verpflichtet wird, vielfach unklarer als bei den zuvor erläuterten ausdrücklichen Bestimmungen. Aus diesen Gründen erscheint es ratsam, die Nachbesserung in die Gewährleistungsregelungen für Kaufverträge aufzunehmen. (b) Ersatz der Reparaturkosten des Käufers

Im Regelfall wird in den Rechtsordnungen, die dem Käufer keinen An­ spruch auf Nachbesserung durch den Verkäufer geben, über den Schadens­ ersatzanspruch dem Käufer der Geldausgleich für eine von ihm selbst oder von Dritten durchgeführte Reparatur zugestanden. So wird nach deutschem Kaufrecht, welches auch vor Gefahrübergang kei­ nen gesetzlichen Nachbesserungsanspruch des Käufers anerkennt128, eine

Eigenreparatur durch den Käufer über den kaufrechtlichen Schadensersatz nach § 463 BGB abgedeckt129.

124 Zum deutschen Recht WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 462, der Treu und Glauben im Ausnahmefall jedoch auch zugunsten des Käufers anwenden will, a.a.O, Rdnr. 9 zu § 462. Köhler, JZ 1984, S. 396, befürwortet in den Fällen, in denen die ausdrücklich genannten Rechtsbehelfe der §§ 459 ff. BGB das Äquivalenzinteresse des Käufers nicht befriedigen, immer eine entsprechende Vertragsauslegung, ebenso HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 13 zu § 462, weiter­ gehend Peters, JZ 1978, S. 94 ff. 125 So HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 205 m.N. 126 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 87, in: Handbuch, 1992, S. 514. 127 Zur Konkurrenz mit den Nichterfüllungsregelungen o. 1.2.a) aa). 128 S. o. (a). 129 BGH v. 23.6.1989, BGHZ 108, S. 156 (160), ebenso WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 22 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 53 zu § 463, a.A. OLG Koblenz v. 18.10.1990, NJW-RR 1991, S. 847 (848). Zum Verhält-nis von Reparaturkosten und Minderung u. cc) (1).

Auch in Griechenland werden die Aufwendungen zur Nachbesserung der Ware durch den Käufer vom sogenannten kleinen Schadensersatzanspruch erfaßt130

In der Schweiz, wo ein unmittelbarer gesetzlicher Nachbesserungsan­ spruch von der Rechtsprechung ebenfalls abgelehnt wird131, werden dem Käufer die ihm entstandenen Reparaturkosten teilweise über den Schadens­ ersatz aufgrund von Nichterfüllung (Art. 97 OR) zugesprochen132.

Das französische Recht gewährt dem Käufer ebenfalls einen Anspruch auf Ersatz der von ihm aufgewandten Instandsetzungskosten, allerdings nur

soweit diese nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen und der Verkäufer nicht gegenüber anderen Rechtsbehelfen des Käufers schlechter gestellt wird; sind die Nachbesserungskosten dagegen im Verhältnis zum Minde­

rungsanspruch überhöht, so ist der Schadensersatzanspruch des Käufers entsprechend zu reduzieren133. Nach dänischem Kaufrecht werden - außerhalb des Verbraucherkaufs dem Käufer die Reparaturkosten ebenfalls nur erstattet, soweit sie nicht un­ verhältnismäßig sind134.

In den Common Law Staaten England und Irland kann in der Regel aus­ schließlich ein Anspruch auf Schadensersatz für die Nachbesserungskosten

durchgesetzt werden, da der Erfüllungsanspruch („specific performance“)

dem Käufer nur in seltenen Ausnahmen zugestanden wird. Dazu muß dem Gericht ein Schadenersatzanspruch bei spezifischen oder festgelegten Wa­ ren (sec. 52 I SGA-GB / SGA-IRL: „specific or ascertained goods“), also im Ergebnis bei Stückschulden, als nicht ausreichend erscheinen135. Da der Käufer die mangelhafte Ware nicht zurückweist, handelt es sich um den Schadensersatz nach sec. 53 I b) SGA-GB / SGA-IRL, der sich in erster

Linie („prima facie“) nach dem Wertverlust aufgrund des Mangels bemißt (sec. 53 III SGA-GB / sec. 53 V SGA-IRL: „the difference between the value of the goods at the time of delivery to the buyer and the value they

would have had if they had fulfilled (answered to) the warranty“). Mangels eines Marktes für die defekte Kaufsache kann dieser Betrag auch dadurch

130 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 104, in: Handbuch, 1992, S. 519. 131 BG v. 28.5.1969, BGE 95 II S. 119 (126), s. o. (a). 132 BG v. 2.6.1981, BGE 107 II S. 161 (165 f.), HoNSELL/KommSchweizPrivR, ORI, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 205, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 155, in: Hand­ buch, 1992, S. 934. 133 Vgl. Wenner/Schödel Rdnr. 137, in: Handbuch, 1992, S. 456. 134 Vgl. Steinrücke Rdnr. 180, in: Handbuch, 1992, S. 183. 135 Zum Erfordernis eines unzureichenden Geldersatzes Cohen v. Roche (1927), 1 KB 169.

bestimmt werden, welche Kosten erforderlich sind, um die Ware auf den vertraglichen Qualitätsstandard zu bringen136. Dabei wurde die Rückerstat­

tung meist auf den Umfang des Wertverlustes begrenzt, wenn die Mangel­ beseitigungskosten gegenüber der Differenz zwischen mangelhafter und mangelfreier Kaufsache unverhältnismäßig waren137. Derzeit wird jedoch eine Tendenz beobachtet, die Reparaturkosten auch bei einem großen Un­ terschied zur Wertdifferenz zu erstatten, wenn dies für den Käufer ange­ messen ist138. 139 140

In Irland ist darüberhinaus ausdrücklich vorgesehen, daß ein Verbrau­ cherkäufer („where the buyer deals as consumer“), der vom Verkäufer zu­ nächst die Beseitigung der Vertragsverletzung verlangt (sec. 53 II b SGA 1980: „a request to the seller that he ... remedy the breach“), bei deren

Ablehnung den Mangel selbst beseitigen und vom Verkäufer die dadurch

verursachten Kosten verlangen kann (sec. 53 II ii SGA-IRL 1980: „have the defect ... remedied elsewhere and maintain an action against the seller for the cost thereby incurred by him")139. Ein Unterschied zum normalen Scha­

densersatz aus sec. 53 I b) SGA besteht darin, daß nach dem allein auf die

dem Käufer entstandenen Kosten abstellenden Wortlaut in jedem Fall die vollen Reparaturkosten zu ersetzen sind. Eine Begrenzung des Ersatzes, et­ wa durch den Wert der Sache 140, entfallt daher.

Soweit die Mängelbehebung durch den Käufer nach den gewährleistungs­ rechtlichen Schadenersatzbestimmungen abgewickelt wird, sind grundsätz­ lich die zusätzlichen Anforderungen, neben besonderen Zusicherungen vor allem die an das Verschulden des Verkäufers, zu berücksichtigen. Diese sind in den einbezogenen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich141.

136 Minster Trust, Ltd. v. Traps Tractors, Ltd. (1954) 3 All E.R. 136 (156) Q.B.D, per Devlin J, Harris 17-051, in: Benjamin's Sale of Goods, 1992, S. 875. 137 Tito v. Waddell (No.2) (1977) 3 All E.R 129 (319) Ch.D., Treitel, Contract, 1995, S. 855 ff, dazu auch Friedmann, LawQuartRev 1995, S. 649. 138 Ruxley Electronics and Construction Ltd. v. Forsyth (1995) 3 All E.R. 268 (275) H.L., Friedmann, LawQuartRev 1995, S. 650 m.w.N; zum Verhältnis zur EGVerbrauchsgüterkauf-Richtlinie Beale/Howells, JContrL 1997, S. 34. Auch die Ein­ schränkung, daß dem Käufer die Mangelbeseitigungskosten bereits angelastet worden sind bzw. er deren Zahlung zumindest beabsichtigt, Treitel, Contract, 1995, S. 854, ist damit aufgehoben worden. 139 Dazu Schuster, in: Doing Business, Chapt.9, 1992, S. 44; diese Möglichkeit wird von Conrads-Hassel Rdnr. 89, in: Handbuch, 1992, S. 565, nicht erwähnt. 140 Oder auch aufgrund der Voraussehbarkeits-Regel für den Schadensersatz, dazu u. 3.c) aa) (3). 141 Dazu u. 3.a).

So gilt in Deutschland der strenge Verschuldensmaßstab des § 463 Satz 2 BGB, in der Schweiz ist normales Verschulden des Verkäufers Vorausset­ zung142, und in Frankreich ist nach Art. 1645 CdeC Kenntnis des Verkäu­ fers vom Mangel erforderlich. Die Verschuldensanforderungen in Däne­ mark sind relativ niedrig, da den Verkäufer beim Gattungskauf nur unvor­

hersehbare Ereignisse entlasten (§43 III KbL) und beim Stückkauf bereits

jedes unredliche Verhalten ausreicht (§ 80 I 1 KbL). In England und Irland schließlich haftet der Verkäufer grundsätzlich ohne jedes Verschulden auf Schadensersatz.

Damit stellt diese Form der indirekten Nachbesserung den Käufer in den meisten Rechtsordnungen, abgesehen von England und Irland, schlechter als ein unmittelbarer Nachbesserungsanspruch, wie er in den zuvor erwähnten Kaufrechten besteht.

Die Rechtsordnungen, die einen gesetzlichen Nachbesserungsanspruch kennen, müssen zusätzlich entscheiden, in welchem Verhältnis dieser zu einem möglichen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Reparaturkosten steht. In den meisten dieser Kaufrechte soll der Verkäufer zunächst die Gelegenheit bekommen, innerhalb einer Nachfrist die Mängel der Ware zu beheben, so daß ihm ein Nachbesserungsrecht eröffnet wird143. Eine durch den Käufer veranlaßte Reparatur innerhalb dieses Zeitraums mit der Folge eines Kostenersatzes durch den Verkäufer würde dem zuwiderlaufen. Ein Schadensersatzanspruch kommt daher, ebenso wie andere Rechtsbehelfe, erst nach verzögerter oder fehlgeschlagener Nacherfüllung in Frage, wie es die deutsche Rechtsprechung in Anlehnung an das Werkvertragsrecht (§ 633 III BGB) bei der vereinbarten Nachbesserung vorsieht144. Teilweise werden die Nachbesserungskosten dem Käufer in diesen Fäl­ len ausdrücklich zugesprochen. Im schwedischen und finnischen Kaufgesetz wird der Verkäufer, der seine Verpflichtungen auf Fehlerbeseitigung nicht erfüllt („säljaren inte fullgör

sin skyldighet att avhjälpa feiet“), zum Ersatz der dem Käufer daraus ent­

standenen Kosten verpflichtet, allerdings nur soweit diese gerechtfertigt sind („till ersättning för forsvarliger kostnader", § 34 III KpL/KppL). Er­

142 Es sei denn, man sieht den verschuldensunabhängigen Art. 208 II OR als Grundlage an, so rechtsvergleichend Basedow, Reform, 1988, S. 75. 143 Anders dagegen etwa im deutschen Kaufrecht, wo eine ohne Zustimmung des Käufers durchgeführte Nachbesserung dessen Wandelungsrecht unberührt läßt, BGH v. 19.6.1996, NJW 1996, S. 2647 f. 144 BGH v. 10.4.1991, NJW 1991, S.1882 (1883), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 17 zu § 462, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 13 zu § 462.

folgt die Nachbesserung nicht innerhalb einer angemessenen Zeit nach der Reklamation („inom skälig tid efter reklamationen"), so kann der Käufer nur einen Preisabzug fordern (§ 37 I KpL/KppL: „fr köparen kräva prisavdrag")145. Verbraucherkäufer können in Schweden bereits dann, wenn die

Nachbesserung nicht innerhalb angemessener Zeit nach der Reklamation er­

folgt (§28 1 KonsKpL), den Ersatz der Fehlerbeseitigungskosten verlangen,

soweit diese nicht unangemessen hoch sind („oskäligt hög") oder soweit sie durch eine Preisminderung abgedeckt werden („täcks genom ... erhäller ett prisavdrag“, § 28 II KonsKpL). Hat der Käufer also Nachbesserung ver­ langt, so muß er erst ihr Ausbleiben bzw. als Verbraucher den Ablauf eines

angemessenen Zeitraums abwarten, bevor er den Ersatz der Reparaturko­ sten verlangen kann. Das gilt grundsätzlich auch, wenn der Käufer keine

Nachbesserung geltend macht, denn der Verkäufer ist ausdrücklich berech­

tigt, den Fehler auf eigene Kosten zu beseitigen (§ 36 I KpL/KppL, § 27 I KonsKpL: „rätt att pä egen bekostnad avhjälpa feiet“)145 146. Eine Beseitigung des Fehlers durch den Käufer kommt nur dann in Frage, wenn von ihm mit Rücksicht auf die Umstände („med hänsyn till omständigheterna") gerechterfertigterweise eine Abwarten nicht verlangt werden konnte („inte skäligen

künde krävas att köparen skulle awakta avhjälpande", § 36 II KpL/KppL, § 27 II KonsKpL).

Eine ganz ähnliche Regelung gilt für den dänischen Verbraucherkauf.

Auch dort kann der Käufer dann, wenn die verlangte Abhilfe durch den Verkäufer nicht in angemessener Zeit erfolgt („ikke dette inden rimelig

tid“), den Fehler auf Rechnung des Verkäufers beseitigen lassen („lade mangelen afhjlpe for slgerens regning“), wenn dies ohne unverhältnis­

mäßige Kosten möglich ist („dette kan ske uden uforholdsmaessige omkostninger“, § 78 III 2 KbL). Ebenso hat der Verkäufer das Recht, die Ab­ hilfe selbst durchzufuhren, wenn sie innerhalb angemessener Zeit („inden

rimelig tid“) und ohne Kosten oder wesentliche Nachteile für den Käufer („uden omkostninger eller vsentlig ulempe for koberen“, § 79 Satz 2 KbL)

145 Außerdem kann der Kaufvertrag auch aufgehoben werden („häva köpet"), § 37 I KpL/KppL. 146 Dem Käufer dürfen dadurch allerdings keine wesentlichen Nachteile entstehen (§ 36 I KpL/KppL, § 27 I KonsKpL: „utan väsentlig olägenhet för köparen“) und keine Kosten (§ 27 I KonsKpL: „utan kostned“) bzw. für letztere darf nicht das Risiko bestehen, daß diese nicht ersetzt werden (§ 36 I KpL/KppL: „utan risk för att köparen inte far sina egna kostnader ersatta av säljaren“). Beim schwedischen Verbraucherkauf wird zusätzlich gefordert, daß die Nachbesserung innerhalb angemessener Zeit möglich ist (§ 27 I KonsKpL: „kan ske inom skälig tid“).

möglich ist. Außerhalb des Verbraucherkaufs können Reparaturkosten nur im Wege des Schadensersatzes verlangt werden147. Auch das niederländische Kaufrecht bestimmt für Konsumentenkäufe,

daß der Käufer berechtigt ist, die Nachbesserung durch einen Dritten vor­ nehmen zu lassen („koper bevoegd het herstel door een derde te doen plaatsvinden") und die Kosten dafür dem Verkäufer anzulasten („de kosten

daarvan op de verkoper te verhalen"), wenn dieser nicht innerhalb angemes­

sener Zeit nach schriftlicher Aufforderung nachbessert („niet binnen een redelijke tijd nadat ... schriftelijk is aangemaand", Art. 7:21 III BW). Eine Begrenzung des ersetzbaren Reparaturaufwandes ist nicht ausdrücklich

vorgesehen. Ein Käufer, der nicht als Verbraucher handelt, hat dagegen nur

die Möglichkeit, sich vom Gericht zur Vornahme der für die Erfüllung not­

wendigen Maßnahmen auf Kosten des Verkäufers ermächtigen zu lassen (Art. 3:299 BW). Im übrigen hat der Verkäufer kein Nachbesserungsrecht, sondern der Käufer kann seine Reparaturkosten im Wege des Schadenser­ satzes bereits ab Verzug des Verkäufers geltend machen148, allerdings ist dafür Verschulden des Verkäufers erforderlich149.

In anderen eine Nachbesserungspflicht vorsehenden Rechtsordnungen werden die Kosten einer Reparatur der mangelhaften Kaufsache durch den Käufer zwar nicht besonders erwähnt, aber von den Schadensersatzansprü­ chen mit erfaßt, wobei allerdings deren zusätzliche Voraussetzungen vorliegen müssen. Das österreichische Recht läßt die Eigenreparatur durch den Käufer unter Belastung des Verkäufers mit dem daraus entstehenden Aufwand immer dann zu, wenn die Mangelbeseitigungskosten im Wege der Minderung des Kaufpreises geltend gemacht werden150. Ein Schadensersatz für die über den Kaufpreis hinausgehenden Reparaturaufwendungen kommt nur dann in Frage, wenn der Verkäufer mit der „Verbesserung“ in Verzug gerät151. Da­ 147 Vgl. Steinrücke Rdnr. 180, in: Handbuch, 1992, S. 183. 148 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 181, in: Handbuch, 1992, S. 739, zu den Verzugsvoraussetzungen a.a.O., Rdnr. 87 f., S. 713 f. 149 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 96, in: Handbuch, 1992, S. 716. 150 OGH v. 27.10.1976, JB1 1977, S. 489 (491), Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 147 f., Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 258. 151 OGH v. 27.8.1980, JB1 1982, S. 486 (487), Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 70 zu § 932, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 149, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 258, vgl. auch Heller Rdnr. 138, in: Handbuch, 1992, S. 820. Beim Verbesserungsaufwand handelt es sich um einen nach § 932 I 2 ABGB ersetz­ baren Mangelfolgeschaden, OGH v. 31.8.1978, JB1 1979, S. 259 (260), OGH v. 4.6.1971, JB1 1972, S. 149 (150) - jeweils zum Werkvertrag, Dittrich/Tades,

mit wird dem Verkäufer zwar nicht gegenüber der Minderung, aber gegen­

über dem Schadensersatz zunächst ein Recht zur Nachbesserung zugestan­

den, ebenso ausdrücklich gegenüber der Wandlung, die überhaupt nur in

Fällen unbehebbarer Mängel gesetzlich vorgesehen ist (§ 932 I 1 ABGB:

„Mangel von der Art, daß er nicht mehr behoben werden kann ... so kann der Übernehmer die gänzliche Aufhebung des Vertrages ... fordern“)152. Im internationalen Kaufrecht werden die Nachbesserungskosten des Käu­ fers grundsätzlich als ersatzfähiger Schaden angesehen153. Früher war aus­

drücklich bestimmt, daß der Käufer erst mit dem Ablauf einer angemesse­ nen Frist nach seinem Erfüllungsverlangen andere Rechtsbehelfe154 geltend

machen konnte (Art.42 II EKG)155, was implizit auch für das UN-Kaufrecht angenommen wird156. Aufgrund des Nachbesserungsrechtes des Verkäufers

(„the seller may ... remedy at his own expense any failure" / „kann der Verkäufer einen Mangel ... auf eigene Kosten beheben“)157, soweit es den

Käufer nicht belastet („without unreasonable delay and without causing ...

unreasonable inconvenience or uncertainty of reimbursement" / „keine un­ zumutbare Verzögerung ... und ... weder unzumutbare Unannehmlichkeiten

noch Ungewißheit über die Erstattung“, Art. 48 I 1 CISG), kann der Käufer auch dann nicht ohne weiteres selbst reparieren (lassen), wenn er zuvor kei­ ne Nacherfüllung gefordert hat158.

a.a.O., E 93 zu § 932. Mittlerweile wird dagegen auch der Ersatz fiktiver Nachbesse­ rungskosten aus den Nichterfüllungsregelungen zugesprochen, OGH v. 4.2.1993, JB1 1993, S. 786 (787). 152 Erfolgt die Verbesserung jedoch nicht innerhalb angemessener Frist oder verwei­ gert der Verkäufer sie, dann wird das Wandlungsrecht anerkannt, OGH v. 9.6.1977, JB1 1978, S. 374 (376), Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 149, vgl. auch Heller Rdnr. 138, in: Handbuch, 1992, S. 821. 153 So zum früheren Recht Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 12 zu Art. 82 EKG, soweit die Kosten „im Rahmen des Angemessenen“ bleiben. 154 Die Vorschrift erwähnt ausdrücklich nur die „Rechte aus den Artikeln 43-46“, also nicht den Schadensersatz nach Art. 82 ff. EKG 155 Ebenso für Handelsverträge Art. 7.2.5 I UD-Princ: „who has required perfor­ mance ... and ... has not received within a reasonable period of time may invoke another remedy“. 156 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 67 zu Art. 46. Deutlicher Magnus/ Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 66 zu Art. 46. 157 Die Europäischen Vertragsgrundregeln lassen „ein erneutes, vertragsgerechtes Angebot“ dagegen nur zu, wenn „die Verzögerung nicht derart ist, daß sie eine wesentliche Nichterfüllung darstellt“, Art. 3.104 Eur-Princ. 158 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 93 zu Art. 46. Dies gilt nicht für das frühere Einheitskaufrecht, das kein Nachbesserungsrecht des Verkäufers vorgesehen hatte.

Auch nach den Vorstellungen der deutschen Schuldrechtsreform muß in

Zukunft der Käufer das Fehlschlägen der Nachbesserung abwarten, bevor er die Reparatur der Kaufsache selbst vornehmen und dafür Schadensersatz verlangen kann (§ 441 BGB-KE)159.

Die wirtschaftliche Belastung des Verkäufers durch die Nachbesserung wird auch bei seiner Verpflichtung zum Ersatz von Mangelbeseitigungsko­ sten in einigen Rechtsordnungen dadurch berücksichtigt, daß nur die verhältnismäßigen159 160 oder angemessenen161 Reparaturkosten ersetzt werden. Dies entspricht im wesentlichen den Regelungen für direkte Nachbesse­ rungsansprüche162. Zusätzlich zu den dort erörterten Kriterien für die Bestimmung der Verhältnismäßigkeit sollte aufgrund der Beauftragung eines Dritten außerdem darauf abgestellt werden, ob der Käufer eine besonders teure Mangelbeseitigung ausführen läßt oder sich im Rahmen des am Markt üblichen Reparaturaufwandes hält.

(c) Ergebnis Die betrachteten Rechtsordnungen unterscheiden sich bezüglich der Nachbesserung zunächst einmal in den grundlegenden Voraussetzungen: Während die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen - bis auf die portu­ giesische - eine verschuldensunabhängige Verantwortung des Verkäufers vorsehen, erfordert die Belastung des Verkäufers mit den Reparaturkosten des Käufers über Schadensersatzvorschriften in der Regel - eine wichtige Ausnahme stellt das Common Law in England und Irland dar - ein Verschulden des Verkäufers. Dieser Unterschied wirkt sich dann weniger aus, wenn Nachbesserungskosten auch durch die generell verschuldens­ unabhängige Minderung des Kaufpreises abgedeckt werden163, wobei die Höhe des Kaufpreises allerdings den Umfang des Reparaturkostenersatzes begrenzt. Dies entspricht in etwa den Beschränkungen direkter Nachbesse­ rungsansprüche auf verhältnismäßige Aufwendungen, soweit diese am Wert der Kaufsache ausgerichtet werden, wenn man davon ausgeht, daß Sachwert und Kaufpreis sich nicht wesentlich unterscheiden. 159 Dabei muß er dem Verkäufer zunächst immer eine Frist zur Nacherfüllung einräumen, Abschlußbericht, 1992, S. 211. 160 So die Rechtsprechung in Frankreich sowie die gesetzliche Vorschrift zum dänischen Verbraucherkauf. 161 So in Schweden und Finnland sowie früher im EKG 162 S. o. (a). 163 Ähnlich wirkt eine Drohung des Käufers mit der Minderung, HuBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 74 zu § 462, zu diesem Rechtsbehelf u. cc).

Damit ist jedoch noch nichts darüber gesagt, ob ein Nachbesserungsrecht des Käufers gesetzlich vorgesehen werden sollte. Dies ist nur dann sinnvoll, wenn eine derartige Regelung im Normalfall den Interessen beider Parteien entspricht, da diese ansonsten beim Vertragsschluß nicht entlastet werden, sondern ihnen im Gegenteil ein höherer Aufwand für die Änderung der vorgegebenen Bestimmung entsteht. Zwar ist die Nachbesserung grundsätzlich geeignet, die Äquivalenzver­ schiebung aufgrund des Sachmangels zu beheben, aber es bleibt zu fragen, ob eine Mangelbeseitigung durch den Verkäufer vorgegeben werden sollte, oder ob es sinnvoller ist, dem Käufer eine von ihm vorgenommene Reparatur zu vergüten bzw. ihn auf andere Rechtsbehelfe zu verweisen. Letzteres wäre dann vorzuziehen, wenn für den Verkäufer die Nachbesse­ rung „in natura“ kostspieliger ist als alternative Lösungen, denn dann steigt der Gewährleistungsaufwand für beide Parteien164. In Deutschland wurde gegen eine gesetzliche Nachbesserungsverpflich­ tung des Verkäufers traditionell vorgebracht, Warenverteilung und Warenbearbeitung seien unterschiedliche Funktionen, die nicht beide gleichermaßen vom Handel wahrgenommen werden könnten165. Diese Argumentation geht davon aus, daß der Verkäufer selbst im Regelfall den Sachmangel nicht bzw. nicht kostengünstig beseitigen kann. Abgesehen davon, daß diese Ansicht mittlerweile bestritten wird166, überzeugt das auch insofern nicht, als es nicht nur darum geht, ob der Händler die Kaufsache eigenhändig reparieren kann, sondern auch darum, ob er über das Angebot an Reparaturleistungen Dritter unter Umständen besser informiert ist als 164 Zur Vermeidung einer derart „ineffizienten“ Vertragsdurchführung Schwartz, YaleLJ 1990, S. 369, 371. 165 S. o. (a), bei Fn. 100. Ganz anders dagegen die Gründe für eine Ablehnung der „specific performance“ im Common Law, wo im Vordergrund stehen soll, daß ein Urteil auf Geldersatz schneller und leichter durchzusetzen ist als eines auf Naturalerfüllung, und die Realisierung eines Geldanspruchs den Schuldner weniger hart trifft, TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 33 (sec. 31). 166 So gehen KONDGEN/V.RANDOW, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 123, davon aus, daß der Verkäufer eine Nachbesserung regelmäßig besser besorgen kann als ein Dritter, der mit der Kaufsache „weniger vertraut“ ist. Ähnlich hält Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 23 zu § 463, die Nachbesserung durch den Verkäufer als „in der Regel im Vergleich um Geldersatz wirtschaftlichere Lösung“, ohne dies aber näher zu begründen, wörtlich ebenso Köhler, JZ 1984, S. 396, allgemeiner S. 393: „zumeist kostengünstiger als die Gewährleistung“. Auch Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 393 f., erscheint die Nachbesserung (wie die Nachlieferung) dort wo sie möglich ist „überwiegend als kostengünstigste Lösung(en)“, ähnlich Alessi/Staaf, IntRevLaw&Econ 1987, S. 10.

der Käufer167, 168 so daß ihm aus diesem Grunde die gegenüber dem Käufer günstigere Nachbesserungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Bei gewerbli­ chen Verkäufern spricht aufgrund ihrer Verbindungen zu den Herstellern der Waren sowie wegen ihrer Erfahrung durch eine Vielzahl von Gewähr­ leistungsfallen einiges für einen derartigen InformationsvorteilX6&, beson­ ders gegenüber Konsumentenkäufern, die in der Regel nicht über entspre­ chende Kenntnisse oder Skalenvorteile verfügen. In den Fällen des Verbraucherkaufs erscheint daher eine gesetzliche Nachbesserungsverpflichtung zu Lasten des Verkäufers sinnvoll169. Um die Sachverhalte auszuscheiden, in denen die Nachbesserungsvorteile aus­ nahmsweise beim Käufer liegen, könnte die Mängelbeseitigung ausge­ schlossen werden, wenn sie dem Käufer offensichtlich mit geringerem Aufwand möglich ist als dem Verkäufer. In diesem Fall müßten der Verkäufer dem Käufer allerdings die Kosten dafür erstatten. In den anderen Fallgestaltungen außerhalb des Verbraucherkaufs liegen die Informationsvorteile des Verkäufers zwar nicht auf der Hand, aber man kann auch nicht typischerweise davon ausgehen, daß der Käufer günstiger selbst nachbessern kann. Hier könnte daher umgekehrt dem Verkäufer ein Recht auf Nachbesserung allein dann eingeräumt werden, wenn diese für den Verkäufer weniger Aufwand erfordert als für den Käufer. Die bisher in den Gewährleistungsbestimmungen teilweise getroffenen Regelungen bieten dem Verkäufer dagegen nur die Möglichkeit einer Entlastung von einer grundsätzlichen Nachbesserungspflicht, wenn die ihm entstehenden Kosten sich als unverhältnismäßig bzw. unzumutbar erweisen170, was dafür spricht, daß allein eine erheblich stärkere Belastung des Verkäufers

167 Dazu Basedow, Reform, 1988, S. 67. 168 Ähnlich HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 58 zu Art. 46, der auf die zumutbare Möglichkeit des Verkäufers verweist, die Reparatur durch seinen Lieferanten oder eine Vertragswerkstatt durchzufuhren. 169 Tatsächlich wird sie in diesen Konstellationen auch vielfach vereinbart, dazu die Beispiele in Rehbinder, Kaufrecht, 1979, sowie die Feststellungen der Schuld­ rechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 25. 170 So ausdrücklich die skandinavischen Staaten sowie die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf, ähnlich die Niederlande, das UN-Kaufrecht, die Vertragsgrund­ regeln sowie die deutsche Schuldrechtskommission, ebenso die Rechtsprechung in Österreich, Frankreich, Italien, s. o. (a). In Deutschland wird teilweise eine entspre­ chende Anwendung des § 633 II3 BGB befürwortet, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 67 zu § 462, wobei die „Unverhältnismäßigkeit“ nach dieser Vorschrift restriktiv als „Unzumutbarkeit“ nach Treu und Glauben interpretiert wird, BGH v. 26.10.1972, BGHZ 59, S. 365 (368), BGH v. 4.7.1996, ZIP 1996, S. 1906.

berücksichtigt wird171 und sich geringere Vorteile des Käufers bei einer von ihm durchgeführten Nachbesserung kaum auswirken können. Die Frage, in welchen Fällen die Nachbesserung die für die Kaufver­ tragsparteien günstigste Alternative im Verhältnis zu anderen Möglichkei­ ten des Äquivalenzausgleichs, wie Vertragsaufhebung oder Preisreduzie­ rung, bietet, soll für alle Rechtsbehelfe gemeinsam in einem eigenen Abschnitt erörtert werden172. 173 In diesem Zusammenhang ist auch das Recht des Verkäufers zu behandeln, andere Gewährleistungsrechte des Käufers durch das Angebot bzw. die Durchführung einer Nachbesserung zu verhindern.

(2) Ersatzlieferung (a) Lieferung einer mangelfreien Kaufsache durch den Verkäufer

Der Austausch einer defekten Kaufsache durch fehlerfreie Ware wird in den meisten hier betrachteten Kaufrechten ausdrücklich als Rechtsbehelf des Käufers vorgesehen, ganz überwiegend jedoch nur bei GattungssachenX13, Dagegen sind Österreich, die romanischen Rechtsordnungen (mit Ausnahme Portugals und für Verbraucherkäufe mittlerweile auch Spaniens) sowie die Common Law Staaten bei der Ersatzlieferung generell noch zurückhaltend. Das deutsche Kaufrecht sieht einen besonderen Ersatzlieferungsanspruch des Käufers vor, der jedoch nur für den Kauf von „der Gattung nach be­

stimmten Sachen“ gilt (§ 480 I 1 BGB). Damit wird der Verkäufer nicht für verpflichtet gehalten, bei einem Stückkauf den Vertrag - nachträglich - et­ wa mit einer gleichwertigen „vertretbaren“ Sache zu erfüllen174. Überwie­

gend wird darüber hinausgehend davon ausgegangen, daß ein nachträglicher Austausch bei Stückschulden überhaupt nicht möglich ist, da die als be­

stimmte Sache verkaufte Ware den Vertragsgegenstand darstellt und damit - gegen den Willen des Verkäufers - nicht austauschbar ist.

Der Anspruch auf Ersatzlieferung entfallt auch bei Gattungssachen,

wenn diese nicht möglich ist, etwa weil die gesamte Gattung fehlerhaft bzw. ungeeignet ist175 oder die Produktion eingestellt wurde176. Eine unzumutbare Belastung des Verkäufers durch einen Austausch der Kaufsache beseitigt

171 So zum deutschen Werkvertragsrecht auch Schübel, ZIP 1994, S. 1333, anders jedoch für den Kaufvertrag nach § 438 III BGB-KE, a.a.O., S. 1336. 172 S. u. dd). Vgl. dazu auch Faber, JB1 1999, S. 428. 173 Vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 252 f. 174 HuBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 17 zu § 480. 175 BGH v. 29.5.1968, BGHZ 50, S. 200 (206). 176 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 34 zu § 480.

dagegen erst dann den Anspruch des Käufers, wenn ein derart krasses Miß­ verhältnis der Aufwendungen des Verkäufers zum Interesse des Käufers an der Nacherfüllung vorliegt, daß die Durchsetzung der Ersatzlieferung rechtsmißbräuchlich im Sinne von § 242 BGB wäre177.

In Zukunft soll nach dem Vorschlag der Schuldrechtskommission der Verkäufer in Deutschland auch bei „vertretbare(n) Sachen“ verpflichtet sein, „eine mangelfreie Sache (zu) liefern“ (§ 438 1 2 BGB-KE), er kann allerdings stattdessen auch nachbessern („nach seiner Wahl“). Begrenzt

wird dieser Anspruch des Käufers wie der auf Nachbesserung dadurch, daß der Verkäufer eine „nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen mög-

lich(e)“ Nacherfüllung verweigern kann (§ 438 III BGB-KE). Das griechische Kaufrecht folgt hier seinem deutschen Vorbild und gibt dem Käufer - in einer leicht abweichenden Formulierung - eine Berechti­

gung, „den Ersatz der Sache durch eine andere“ zu verlangen (Art. 559 Satz 1 AK)178. Wie im deutschen Recht gilt dieser Anspruch nur bei Gat­ tungssachen. Ein unwesentlicher Mangel rechtfertigt aufgrund von Art. 543

AK ebenfalls keine Ersatzlieferung.

Auch das schweizerische Recht kennt einen Anspruch auf Ersatzlei­ stung, nach dem der Käufer „andere währhafte Ware derselben Gattung“

fordern kann (Art. 206 I OR). Anders als es der Wortlaut des Gesetzes na­ helegt, besteht dieser Anspruch nicht schon bei der „Lieferung einer be­

stimmten Menge vertretbarer Sachen“, sondern nach der Rechtsprechung nur bei Gattungsware179. 180 Im dänischen Kaufgesetz ist ebenfalls ausdrücklich festgehalten, daß der

Käufer Ersatzlieferung verlangen kann § 43 I KbL: „krve omlevering"), auch hier jedoch nur, wenn es sich um nach ihrer Art bestimmte Sachen („genstande besternte eller art“) handelt. Die Nachlieferung wird ausdrück­ lich ausgeschlossen, wenn der Mangel als unwesentlich anzusehen ist (§ 43 II KbL: „manglen anses som uvsentlig")18°. Diese Bagatellklausel 177 BGH v. 2.10.1987, NJW 1988, S. 699 (700), dazu auch HuBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 276 f. zu § 433. 178 Die ausdrückliche Erwähnung in der griechischen Bestimmung, daß die Ersatz­ sache nicht nur mangelfrei sein sondern auch die zugesicherten Eigenschaften haben muß, stellt keine inhaltliche Abweichung zum deutschen Recht dar, da dort der Begriff des Mangels sowohl Fehler der Kaufsache wie die Zusicherung von Eigenschaften umfaßt. 179 BG (I. Corte Civile) v. 30.1.1968, BGE 94 II S. 26 (34): „un’altro ‘specie"", HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 206. 180 Zur allgemeinen Beschränkung der Gewährleistung bei geringfügigen Abwei­ chungen o. a) aa) (3).

wird - wie der Ausschluß des Rechts zur Vertragsaufhebung181 - bei unwe­

sentlichen Mängeln jedoch in den Fällen wirkungslos, wo der Verkäufer arglistig handelt (§ 43 II KbL: „slgeren har handlet svigagtigt"), darüber­ hinaus aber auch bereits dann, wenn der Verkäufer den Mangel gekannt hat, als er noch ohne übermäßigen Aufwand einen mangelfreien Gegenstand hätte anschaffen können (Art. 43 II KbL: „har kendt manglen pä et sädant

tidspunkt, at han uden urimelig opofrelse havde kunnet skaffe mangelfri genstand“). Damit wird bei geringfügigen Fehlern ausdrücklich auf die Be­

lastung des Verkäufers durch die Ersatzlieferung - oder genauer: durch die dafür notwendige Nachbeschaffung - abgestellt. Das schwedische und das finnische Kaufrecht geben dem Käufer eben­ falls das Recht, eine Austauschlieferung zu fordern („köparen har rätt att kräva omleverans"), allerdings nur bei einem Vertragsbruch von dem Ver­ käufer mindestens erkennbarer („säljaren insäg eller borde ha insett") we­ sentlicher Bedeutung („avtalsbrottet är av väsentlig betydelse", § 34 II 1 KpL/KppL)182. Außerdem ist die Austauschlieferung wie jede Erfüllung

ausgeschlossen, wenn gern. § 23 I 2 KpL/KppL für den Verkäufer ein un­ überwindbares Hindernis vorliegt („hinder som han inte kan övervinna") oder er nicht angemessene Aufopferungen erbringen müßte („uppoffringar

som inte är rimliga"). Die Ersatzbeschaffung wird zwar nicht auf Gattungs­ sachen beschränkt, aber sie wird ausgeschlossen für Ware, die beim Kauf vorhanden war („vara som fanns vid köpet“), wenn sie aufgrund ihrer Ei­ genschaften und nach den vermuteten Voraussetzungen der Parteien

(„egenskaper och ... vad parterna mäste antas ha förutsatt“) nicht durch an­

dere Ware ersetzt werden kann („inte kan ersättas med nägon annan vara“, § 34 II 3 KpL/KppL). Im übrigen gilt die besondere Anzeigepflicht des § 35 KpL/KppL auch für die Austauschlieferung. Auch das portugiesische Kaufrecht gewährt dem Käufer einen Anspruch

auf Ersetzung (Art. 914° CgoC-P: „substituio da coisa“), der zwar nicht davon abhängig ist, ob die Parteien einen Gattungskauf beabsichtigten, aber

nur für vertretbare Sachen („tiver natureza fungivel") gilt. Außerdem muß die Ersatzlieferung notwendig („se for necessärio“) sein, etwa weil eine Nachbesserung nicht möglich oder - aufgrund der Schwere des Mangels nicht ausreichend erscheint183. Dieser Rechtsbehelf erfordert, wie die Nach­

181 Dazu u. bb) (1). 182 Diese Einschränkung gilt in gleicher Weise für die Vertragsaufhebung, § 39 I KpL/KppL, dazu u. bb) (1). 183 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 25.

besserung184, allerdings Kenntnis oder verschuldete Unkenntnis des Verkäu­ fers vom Mangel184 185. Die niederländische Regelung sieht ebenfalls ein Recht des Käufers vor, eine Ersetzung der gelieferten Sache zu verlangen (Art. 7:21 I c) BW: „ver-

vanging van de afgeleverde zaak"). Dieser Anspruch wird überhaupt nicht mehr auf „ersetzbare“ Ware beschränkt, sondern erstreckt sich auf sämtli­

che Kaufgegenstände. Damit handelt es sich um eine echte Ersatzlieferung, die bei einem Stückkauf nur die Verschaffung eines gleichwertigen Gegen­ standes umfassen kann. Dieser Rechtsbehelf des Käufers ist - ähnlich wie im dänischen Recht - bei geringfügigen Mängeln ausgeschlossen (Art. 7:21 I c) BW: „tenzij de afwijking van het overeengekomene te gering is om dit te rechtvaardigen“). Die Formulierung „zu gering ..., um dies zu

rechtfertigen“ deutet darauf hin, daß auf das Verhältnis des Käuferinteres­

ses an einer mangelfreien Sache gegenüber der Belastung des Verkäufers durch die Nachlieferung abgestellt werden soll186.

Im geltenden internationalen einheitlichen Kaufrecht ist ebenfalls ein An­ spruch auf „Ersatzlieferung“ („delivery of Substitute goods“, Art. 46 II CISG) vorgesehen, der zwar nicht ausdrücklich auf den Gattungskauf bezo­

gen wird, aber beim Spezieskauf aufgrund der Beschränkung der Lei­ stungspflicht des Verkäufers auf die konkret bezeichnete Sache für nicht anwendbar gehalten wird187. Der Rechtsbehelf ist, wie der der Vertragsauf­ hebung188, nur bei einer „wesentliche(n) Vertragsverletzung“ („fundamental

breach of contract“) zulässig und erfordert außerdem wie Nachbesserung und Wandlung eine besondere „Anzeige“ an den Verkäufer („a request for

Substitute goods“). Im früheren Haager Einheitskaufrecht war die „Liefe­ rung anderer vertragsmäßiger Sachen“ („delivering other goods which are

in conformity with the contract“, Art. 42 I c) l.HS EKG) dagegen aus­

184 Dazu o. (1) (a). 185 Eine Ersetzungspflicht ohne Verschuldensanforderung („independentemente de culpa sua“) sieht das portugiesische Recht nur bei einer besonderen Garantie für das gute Funktionieren („garantia de bom funcionamento") gern. Art. 921° I CgoC vor. 186 Im Entstehungsverfahren der Vorschrift wurden vor allem die Fälle erwähnt, in denen eine Wiederherstellung der Sache, zur Nachbesserung im einzelnen o. (1) (a), besonders einfach ist oder in denen der Käufer die Sache lange Zeit benutzt hat, die Wiederherstellung einfach ist und der Verkäufer diese anbietet, Castermans/ Niewenhuis, in: T&C BW III, 1994, S. 22, vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 177, in: Handbuch, 1992, S. 738. 187 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 23 zu Art. 46, MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 33 zu Art. 46, a.A. v.Hoffmann, in: Einheitliches Kauf­ recht, 1987, S. 295. 188 Dazu u. bb) (1).

drücklich auf „Gattungssachen“ („unascertained goods“) beschränkt. Im übrigen wurde sie auch dann ausgeschlossen, wenn ein „Deckungskauf den Gebräuchen entspricht und in angemessener Weise möglich ist“ („the

purchase of goods in replacement is in conformity with usage and reasonably possible", Art. 42 I c) 2.HS EKG). Die internationalen Vertragsgrundregeln behandeln die Ersatzlieferung

ebenso wie die Nachbesserung als Erfüllung, entweder ausdrücklich (Art. 7.2.3 Satz 1 UD-Princ: „The right to performance includes in appro-

priate cases the right to require ... replacement“) oder implizit (Art. 4.102 I Eur-Princ: „Erfüllung ... einschließlich der Abhilfe für eine mangelhafte Leistung“), so daß dieser Rechtsbehelf bei Unmöglichkeit, unangemessener Belastung des Verkäufers oder anderweitiger Erfullungsmöglichkeit189 190 ent­ fällt.

Für Verbraucherkäufe räumen weitere Rechtsordnungen ein Ersatzliefe­ rungsrecht ein. Ist dieser Rechtsbehelf bereits generell bei Kaufverträgen vorgesehen, so wird er teilweise zugunsten der Verbraucherkäufer geringe­ ren Einschränkungen unterworfen. Dies gilt allerdings nicht für das dänische Kaufrecht, in dem für den Kon­

sumentenkauf § 78 I 1 KbL auf die allgemeine Regelung des § 43 KbL verweist, so daß die Ersatzlieferung einheitlich behandelt wird. Dagegen wird im schwedischen Konsumentenkaufgesetz die Ersatzliefe­ rung, genau wie die Nachbesserung, nur dann ausgeschlossen, wenn dem

Verkäufer dadurch unangemessene Kosten oder Unnannehmlichkeiten ent­ stehen (§ 26 II KonsKpL).

In Griechenland ist ein Verbraucher, der neue dauerhafte Konsumgüter kauft, zumindest dann immer berechtigt, die Lieferung einer neuen und

gleichartigen Sache zu verlangen, wenn der Verkäufer die Nachbesserung verweigert oder verzögert (Art.5 IV 1 Ges. 225 1/1994)190.

In anderen Rechtsordnungen wird die Pflicht des Verkäufers zur Ersatzlie­ ferung auf Verbraucherkäufe beschränkt. In Spanien wird im Rahmen der vorgeschriebenen kommerziellen Garantie

des Lieferanten dieser nur dann verpflichtet, dem als Konsument handeln­ den Käufer einen Gegenstand mit identischen Eigenschaften („objeto adqui-

rido por otro de identicas caracteristicas“) zu verschaffen, wenn die Nach­

besserung nicht erfolgreich („la reparaciön efectuada no fuera satisfacto189 Dazu o. (1) (a). 190 Früher Art. 33 II Ges. 1961/1991.

ria") war (Art. 11 III b) LCU). Der Verkäufer kann stattdessen aber auch den Kaufpreis zurückzahlen („la devolucion del precio pagado").

Auf EG-Ebene können nach der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie in Zukunft

Verbraucher ebenfalls „Ersatzlieferung“ verlangen, allerdings nur „sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig191 ist“ (Art.3 III 1 VbrKfRil). Im Entwurf der Richtlinie war die Einschränkung durch die Unverhältnis­

mäßigkeit noch nicht enthalten, stattdessen war die „Ersatzleistung“ ab Übergabe der Sache192 „auf ein Jahr befristet“ (Art. 3 IV 2 VbrKfRil-E).

Inhalt der Ersatzlieferung ist der Austausch der nicht vertragsgemäßen gegen eine vertragsgemäße Kaufsache. Ebenso wie bei der Nachbesserung trägt der Verkäufer alle damit verbundenen Kosten. Nach deutschem Kaufrecht hat die Kosten der Ersatzlieferung, einschließ­ lich des Rücktransports der fehlerhaften Ware wie bei der Wandlung193, in jedem Fall der Verkäufer zu tragen194. Dagegen bleibt es bezüglich der Ko­

sten der Erstlieferung bei der ursprünglich vorgesehenen Verteilung, denn den Ersatz der gesamten Vertragskosten nach § 467 Satz 2 BGB bezieht § 480 I 2 BGB nicht mit ein, weil der Vertrag bestehen bleibt195. In Zukunft soll nach den Vorstellungen der Schuldrechtskommission die Pflicht des Verkäufers zu Übernahme aller bei der Ersatzlieferung anfallen­

den Kosten wie für die Nachbesserung ausdrücklich vorgesehen werden

(§ 438 II BGB-KE). Auch nach niederländischem Kaufrecht hat der Verkäufer grundsätzlich die

zuerst gelieferte Sache zurückzunehmen, ohne daß dem Käufer daraus Ko­ sten entstehen196, so daß der Rücktransport ebenfalls vom Verkäufer zu

zahlen ist197. In Schweden und Finnland - ebenso noch im EG-Entwurf - fehlt für die

Austauschlieferung, anders als für die Nachbesserung, zwar die Erwähnung 191 Dazu o. nach Fn. 94. 192 Das folgt aus Art. 3 I VbrKfRil-E. 193 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 39 zu § 480, zur Wandelung u. bb). 194 Als analoge Anwendung des § 476 a BGB etwa BGH v. 23.1.1991, NJW 1991, S. 1604 (1606), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 6 Zu § 476 a. Teilweise wird dies auch aus der Verweisung des § 480 I 2 BGB auf § 476 a BGB entnommen, so HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 22 zu § 480. 195 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 18 zu § 480. 196 So aus der Entstehungsgeschichte herleitend CASTERMANS/Nieuwenhuis, in: T&C BW III, 1994, S. 22. 197 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 180, in: Handbuch, 1992, S. 739, die generell die Kosten der Zurücknahme dem Verkäufer anlasten.

der Unentgeltlichkeit für den Käufer, aber daraus kann wohl kaum entnom­ men werden, daß der Verkäufer Kosten der Ersatzlieferung dem Käufer an­ lasten kann.

Die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie der EG sieht - wie bei der Nachbesse­

rung - ausdrücklich ein „unentgeltliche“ Ersatzlieferung vor (Art. 3 III 1 VbrKfRil), wobei auch für diesen Rechtsbehelf die Definition der Unent­ geltlichkeit in Art. 3 IV VbrKfRil gilt198. Außerdem soll auch die Ersatzlie­ ferung „ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen“

(Art. 3 III 3 VbrKfRil).

Eine zusätzliche Schwierigkeit bereitet bei der Ersatzlieferung die Rückga­ be der fehlerhaften Sache durch den Käufer. Teilweise wird ausdrücklich festgelegt, wann der Verkäufer darauf einen Anspruch hat. Da die Ersatz­ lieferung insoweit der Vertragsaufhebung gleicht, wird meist auf deren Rückabwicklungsregeln verwiesen199. In Deutschland hat der Käufer über die Anwendung der Wandelungsregeln (§ 480 I i.V.m. §§ 467 Satz 1, 346 BGB) die zunächst gelieferte mangel­

hafte Sache sowie gern. § 347 Satz 2 BGB die aus ihr gezogenen Nutzungen zurückzugeben. Auch die Rückgabehindemisse werden nach Wandelungsbzw. Rücktrittsrecht behandelt. Eine parallele aber direkte Verweisung auf die Rücktrittsvorschriften

sieht der Entwurf der Schuldrechtskommission vor (§ 438 IV BGB-KE). Ebenso wird in Griechenland über eine Verweisung auf die Wande­ lungsvorschriften klargestellt, daß der Käufer die ursprünglich gelieferte Kaufsache einschließlich der aus ihr gezogenen Nutzungen herauszugeben hat (Art. 559 Satz 2 AK i.V.m. Art. 547 Satz 1 AK) und welche Folgen bei

Rückgabestörungen eintreten (Art. 548, 549 AK). Auch im schwedischen und finnischen Kaufrecht wird die Austauschlie­ ferung der Vertragsaufhebung gleichgestellt. Bezüglich der Rückgabe der Kaufsache wird allerdings nur geregelt, daß der Käufer das Empfangene

einbehalten darf („far köparen hälla inne vad han har tagit emot“), bis die

Austauschlieferung vorgenommen wird („till dess att omleverans sker“, § 64 III KpL/KppL, § 43 III KonsKpL). Die Herausgabe von Erträgen und Vorteilen aus der Ware wird dem Wortlaut nach nur für die Aufhebung des

Vertrages festgelegt (§ 65 I KpL/KppL, § 44 I KonsKpL), die Behandlung

198 S.o. bei Fn. 95. 199 Zu den Hindernissen für die Rückgabe s. u. bei der Wandelung bb) (2) (b).

der Rückgabehindemisse wird dagegen gemeinsam für beide Rechtsbehelfe geregelt (§ 66 KpL/KppL, § 45 KonsKpL)200. In den Niederlanden kann der Verkäufer nur im Ausnahmefall eine Ge­ brauchsvergütung vom Käufer verlangen, indem er sich auf Redlichkeit und Billigkeit oder auf ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 6:212 BW) be­ ruft201. Das Problem einer verhinderten Rückgabe der mangelhaften Kauf­

sache aufgrund ihrer Zerstörung oder Verschlechterung beim Käufer wird unmittelbar bei der Ersetzung geregelt: Die Ersatzlieferung wird ausge­

schlossen, wenn der Käufer nicht wie ein sorgfältiger Schuldner für die Er­

haltung der Kaufsache gesorgt hat („niet als een zorgvuldig schuldenaar voor het behoud ervan heeft gezorgd") und die (zuerst gelieferte) Kaufsache gar nicht mehr oder nur mit Wertverlust an den Verkäufer zurückgegeben

werden kann („de zaak ... teniet of achteruit is gegaan", Art. 7:21 I c) BW). Diese Regelung ersetzt den in anderen Rechtsordnungen - wie in

Deutschland und Griechenland - teilweise üblichen Verweis auf die Rück­

abwicklung bei der Wandlung, also auf einen Rechtsbehelf, der nach nie­ derländischem Kaufrecht nicht (mehr) existiert202. Besonders hervorzuheben ist jedoch die ausdrückliche zeitliche Beschränkung der Verantwortung des Käufers auf die Periode, in der dieser redlicherweise mit der Rückabwick­ lung rechnen mußte (Art. 7:21 I c) BW: „na het tijdstip dat de koper redelijkerwijze met ongedaanmaking rekening moet houden"), die in anderen

Rechtsordnungen nicht ausgesprochen wird. Die Herausstellung des sorg­ fältigen Schuldners („zorgvuldig schuldenaar“) als Maßstab für das Ver­ halten des Käufers dürfte dagegen kaum Abweichungen gegenüber den übli­

cherweise zugrundegelegten Verschuldenskategorien enthalten, da diese in der Regel ebenfalls auf den Schuldner abstellen203. Während im UN-Kaufrecht die Erstattung der Gebrauchsvorteile durch den

Käufer ausdrücklich bestimmt wird (Art. 84 II a) CISG, früher Art. 81 II a)

EKG), wird die Verpflichtung des Käufers zur Rückgabe der Kaufsache

selbst nicht ausdrücklich festgelegt, aber diese ergibt sich aus der Regelung der Rückgabehindemisse204. Dort werden gemeinsam die Einschränkungen der Ersatzlieferung und der Vertragsaufhebung für die Fälle geregelt, in de­

nen es dem Käufer „unmöglich ist, die Ware im wesentlichen in dem Zu­

200 Dazu bei der Aufhebung der beiderseitigen Leistungspflichten u. bb) (2) (b). 201 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 180, in: Handbuch, 1992, S. 739. 202 Der Käufer hat nur die Möglichkeit, nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht zurückzutreten, Art. 6:265 BW, im einzelnen bei der Wandelung u. bb) (1). 203 So etwa in Deutschland § 276 I 1 BGB: „Der Schuldner hat ... zu vertreten.“ 204 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 53 zu Art. 46.

stand zurückzugeben, in dem er sie erhalten hat“ („impossible ... to make

restitution of the goods substantially in the condition in which he received

them", Art. 82 I CISG). Im früheren Haager Einheitskaufrecht war eine

Anwendung der Einschränkungen für die Vertragsaufhebung gern. Art. 79 EKG auf die Ersatzlieferung dagegen noch umstritten205.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen den ausdrücklich vorgesehenen Ersatzlieferungsansprüchen in den verschiedenen Rechtsordnungen beste­ hen danach in folgendem. Allein das portugiesische Kaufrecht verwendet wie bei der Nachbesse­ rung ein Verschuldenskriterium und stellt damit höhere Anforderungen als die anderen Rechtsordnungen. Auf der anderen Seite berücksichtigt es aber die Belastung des Verkäufers nur dadurch, daß dieser auf die Nachbesse­ rung ausweichen kann, es sei denn, diese ist nicht möglich oder nicht ausreichend206. 207 Die traditionelle Beschränkung der Ersatzlieferung auf Gattungssachen2Q1 berücksichtigt, daß der Verkäufer aufgrund des Vertragsinhalts weiß, daß sich seine Lieferverpflichtung noch nicht auf ein bestimmtes Stück beschränkt. Außerdem steht ihm in diesen Fällen normalerweise ein weiteres Stück der verkauften Warenart zur Verfügung oder er kann es sich zumindest einfach beschaffen, weshalb auf weitere Einschränkungen dieses Rechtsbehelfs bei unverhältnismäßiger oder unangemessener Belastung des Verkäufers - abgesehen von Extremfällen208 - verzichtet wurde. Wird dem Käufer ein weitergehender Ersatzlieferungsanspruch auch bei vertretbaren Sachen zugestanden 209, 210 so ist der Verkäufer darüber­ hinaus bei allen objektiv „ersetzbaren“ Waren grundsätzlich verpflichtet, die mangelhafte gegen eine mangelfreie Kaufsache auszutauschen, auch wenn er keine weiteren Stücke davon zur Verfügung haben sollte. In diesen Fällen ist es daher erforderlich, wie bei der Nachbesserung eine Begrenzung der Belastung des Verkäufers vorzusehen 210. Dies gilt erst 205 So Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 2 zu Art. 80 EKG. 206 S. o. bei Fn. 183. 207 So in Deutschland, Griechenland, in der Schweiz nach der Rechtsprechung, in Dänemark sowie im Internationalen Kaufrecht. 208 Wie in Deutschland aufgrund des § 242 BGB. 209 So in Portugal, nach dem Entwurf der Schuldrechtskommission in Deutschland, wohl auch in Schweden und Finnland, so RING/OLSEN-RING, Einführung, 1999, S. 84. 210 Wie in allen Rechtsordnungen der vorigen Fußnote, jedoch nicht in Portugal. Für die Berücksichtigung unverhältnismäßiger Aufwendungen bei der Ersatzlieferung für vertretbare Sachen auch Schübel, ZIP 1994, S. 1339, Fn.104.

recht für die Bestimmungen, in denen auf eine Differenzierung nach dem Kaufgegenstand völlig verzichtet wird211. Das Problem des Einzelstücks, für das der Verkäufer keinen gleichwertigen Ersatz beschaffen kann, wird bereits dadurch gelöst, daß ein unmöglicher Austausch generell nicht verlangt werden kann212, zumindest wenn man es ausreichen läßt, daß der Verkäufer die Ersatzleistung nicht erbringen kann. In einigen Rechtsordnungen wird darüberhinaus die Ersatzlieferung nur zugelassen, wenn die Äquivalenzabweichung wesentlich ist213. Daraus wird deutlich, daß bei diesem Rechtsbehelf grundsätzlich eine stärkere Bela­ stung des Verkäufers als durch die anderen Käuferansprüche der Vertrags­ aufhebung und der Preisreduzierung angenommen wird, so daß er nur bei schwereren Vertragsstörungen in Frage kommt. Aus diesem Grund wird zusätzlich teilweise verlangt, daß der Verkäufer über eine Inanspruchnah­ me der Ersatzlieferung rechtzeitig informiert wird214, so daß er sich in seinem Verhalten darauf einstellen kann. Eine durch Zeitablauf steigende Belastung wird - ähnlich wie bei der Vertragsaufhebung - vor allem darin gesehen, daß der Verkäufer die mangelhafte Ware zurücknehmen muß215. Daran wollte auch die Europäische Kommission anknüpfen, indem sie die Ersatzlieferung - wie die Auflösung des Vertrages - im Entwurf der Verbrauchsgüter-Richtlinie zeitlich auf ein Jahr ab Übergabe der Sache beschränken wollte, während die anderen Rechtsbehelfe, also Nachbesse­ rung und Minderung, bis zum Ablauf von zwei Jahren möglich sein sollten.

211 Während Schweden, die EG-Richtlinie sowie die Vertragsgrundregeln eine derartige Beschränkung vorsehen, fehlt sie in den Niederlanden, im griechischen Verbraucherkaufrecht sowie noch im EG-Entwurf. In den beiden letzten Fällen dürfte durch die Anwendung der Regelung allein auf neue, dauerhafte Konsumgüter (Art. 5 III 1 Ges. 2251/1994, früher Art. 33 I 1 Ges. 1961/1991) bzw. Verbrauchsgüter (Art. 1 II b) VbrKfRil-E) allerdings implizit deren Ersetzbarkeit vorausgesetzt sein. 212 So ausdrücklich in Schweden und Finnland (wo im Sinne einer „subjektiven Unmöglichkeit“ auf den Käufer abgestellt wird), nach der EG-Richtlinie, in den Vertragsgrundregeln sowie nach der deutschen Rechtsprechung. 213 So in den skandinavischen Kaufrechten, in den Niederlanden sowie nach dem UN-Kaufrecht. Eine weniger starke Beschränkung wird durch den generellen Aus­ schluß aller Gewährleistungsansprüche bei unerheblichen Mängeln vorgenommen - zu diesen geringfügigen Abweichungen o. a) aa) (3) -, der etwa in Deutschland und Griechenland auch für die Nachlieferung gilt. 214 Ebenso wie bei der Nachbesserung im schwedischen und finnischen Kaufrecht sowie im CISG 215 Zum UN-Kaufrecht HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 68 zu Art. 46, der zusätzlich auch die Gefahr von Preissteigerungen für die Ersatzware anführt.

Auf diese Weise sollten die Schwierigkeiten der Rückabwicklung bei langer Nutzungsdauer begrenzt werden216. In Österreich, in den meisten Kaufrechten romanistischer Tradition - außer Portugal sowie für den Verbraucherkauf Spanien - sowie in den Common Law Staaten gibt es dagegen keine ausdrücklichen Bestimmungen für die nachträgliche Vertragserfüllung durch Ersatzlieferung. Nach der österreichischen Rechtsprechung wird allerdings ein Ersatzliefe­

rungsanspruch bei Gattungssachen in analoger Anwendung aus der „Ver­ besserung“ gern. § 932 I ABGB217 hergeleitet218, wobei der Verkäufer je­

doch die Möglichkeit hat, statt des Austauschs des fehlerhaften Stückes eine Ausbesserung desselben vorzunehmen219. 220 221 In Frankreich22^ und Belgien22^ wird dem Käufer von der Rechtspre­ chung über die Nichterfüllungsregeln neben dem Anspruch auf Nachbesse­ rung222 auch Ersatzlieferung zugesprochen, ähnlich auch in Spanien223.

In Italien verneint die höchstrichterliche Rechtsprechung nach wie vor einen Anspruch des Käufers auf ordnungsmäßige nachträgliche Erfüllung

aus Art. 1453 I CceC („quando uno dei contraenti non adempie le sue obbligazioni, l’altro pud ... chiedere l’adempimento“), wenn die Kaufsache mangelhaft ist224. Damit wird die Mängelgewährleistung der Art. 1490 ff.

CceC als Spezialregelung angesehen, die die allgemeinen Rechtsbehelfe ausschließt225. In der Literatur wird dagegen - jedenfalls für den Gattungs­ 216 Abs. 5 der Begründung zu Art. 3 IV VbrKfRil-E. Kritisch dazu Medicus, ZIP 1996, S. 1928, der in der Dauer des Gebrauchs der Kaufsache keine zusätzlichen Schwierigkeiten sieht. 217 Zur Nachbesserung o. (1) (a). 218 OGH v. 28.2.1973, JB1 1973, S. 616, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 69a, 69b, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 260 219 Welser, JB1 1982, S. 585 ff. Umgekehrt hat der Verkäufer jedoch nicht das Recht, statt der Verbesserung einen Austausch der mangelhaften gegen eine mangel­ freie Sache vorzunehmen, OGH v. 5.5.1954, JB1 1954, S. 539, vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 77. 220 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 604, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 46. 221 Vgl. Moons Rdnr. 73, in: Handbuch, 1992, S. 91. 222 Dazu o. (1) (a). 223 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 79. 224 Cass. v. 18.3.1970, n. 726, Cass. v. 5.8.1985, n. 4382, zur generellen Abgren­ zung zwischen Gewährleistung und Nichterfüllung o. I.2.a) aa). 225 Nur wenn der Verkäufer eine besondere „Gewährleistung für die gute Ge­ brauchsfähigkeit“ („garanzia die buon funzionamento") übernimmt, kann das Gericht ihm eine Frist setzen, um die Sache auszutauschen (Art. 1512 II CceC: „II giudice ... puo assegnare al venditore un termine per sostituire ... la cosa“).

kauf („vendita di cose generiche") - zunehmend ein Ersatzlieferungsan­ spruch des Käufers befürwortet226. Im englischen und irischen Kaufrecht kommt ein Nachlieferungsan­

spruch selbst bei Gattungssachen nicht in Frage, da die Gerichte spezifische

Erfüllung („specific performance“) allenfalls dann zusprechen können, wenn es sich um „specific or ascertained goods“ handelt (sec. 52 I SGA). Gemeint ist dabei nur die Erfüllung mit der konkret bestimmten Sache, kei­ nesfalls aber mit einer anderen, so daß sie gerade bei Gattungskäufen nicht in Betracht kommt227.

Im Ergebnis unterscheiden sich bei der Ersatzlieferung vor allem die Common Law Rechtsordnungen von den übrigen Kaufrechten, während die romanischen Zivilrechte, abgesehen von Italien, jedenfalls bei Eigenschafts­ abweichungen und krassen Fehlern über die Nichterfüllung diesen Rechts­ behelf ebenfalls gewähren. Sieht man rechtsangleichend eine Ersatzliefe­ rung vor, dann bereitet dies in erster Linie dem englischen und irischen Rechtssystem Probleme, weil dort der Erfüllungszwang im Verhältnis zum normalen Interesse des Gläubigers für den Schuldner als derart belastend gilt, daß er nur in engen Ausnahmen zugelassen wird228. Aus diesem Grund wurden im Einheitlichen Kaufrecht die Erfüllungsansprüche dahingehend eingeschränkt, daß sie nur dort verlangt werden können, wo sie auch nach dem nationalen Recht gewährt werden (Art. 28 CISG, ähnlich bereits Art. 16 EKG)229. Damit kann auf Grundlage des Internationalen Kaufrechts in England oder Irland eine Nachbesserung oder Ersatzlieferung230 *nicht durchgesetzt werden. Bei einer Rechtsangleichung unter Binnenmarkt­ aspekten wäre ein derartiger Vorbehalt, etwa als Richtlinien-Wahlrecht für die Mitgliedstaaten, problematisch, wenn dem Käufer nicht wirtschaftlich gleichwertige Möglichkeiten zur Verfügung stünden. Diese könnten unter anderem in einem den gleichen Voraussetzungen wie die Ersatzlieferung 226 Bianca, vendita, 1993, S. 1013 f. (n. 440), der einen Anspruch auf Ersatzliefe­ rung nach dem bestehenden italienischen Gewährleistungssystem ablehnt, vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 123. 227 So zu „generic goods“ auch TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 17 (sec. 31). 228 Dazu TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 19 (sec. 32). 229 In den Vertragsgrundregeln wird das Erfüllungsverlangen nur noch ausgeschlos­ sen, wenn „die Erfüllung rechtswidrig ... wäre“ (Art. 4.102 II a) Eur-Princ) bzw. rechtlich unmöglich ist („impossible in law“, Art. 7.2.2 a) UD-Princ). 230 Auch diese Rechtsbehelfe werden als Erfüllungsansprüche behandelt, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 12 zu Art. 28, KAROLLUS/Honsell, UN-Kauf­ recht, 1997, Rdnr. 7 zu Art. 28, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 3 zu Art. 16.

unterliegenden, d.h. vor allem verschuldensunabhängigen, Schadensersatz­ anspruch auf Ausgleich der Kosten für einen Deckungskauf liegen, wie ihn die Common Law Kaufrechte vorsehen231. (b) Ersatz der dem Käufer entstandenen Kosten eines Deckungskaufes In den meisten Rechtsordnungen kann der Käufer wirtschaftlich die Wirkung einer Ersatzlieferung dadurch erreichen, daß er die Kosten eines von ihm selbst durchgeführten Zweitkaufs bei einem Dritten dem Verkäufer als Schadensersatz in Rechnung stellt. Voraussetzung ist dafür allerdings regelmäßig, daß die Leistungspflichten des ursprünglichen Kaufvertrags beseitigt werden, indem dieser aufgehoben wird, und daß eventuelle zusätzliche Anforderungen für den Schadensersatzanspruch, also in den meisten Rechtsordnungen etwa Verschulden, vorliegen. In Deutschland kann der Käufer im Rahmen eines „großen“ Schadenser­ satzanspruchs, bei dem die Kaufsache zurückgegeben wird und der damit die Situation der Wandelung232 zugrundelegt, die Kosten eines Deckungsge­ schäfts geltend machen233. Letztendlich geht es dabei, da der ursprüngliche Kaufpreis - sofern er bereits gezahlt wurde - ebenfalls einen Teil des Scha­

densersatzes darstellt, allein um die Mehrkosten dieser Ersatzbeschaf­ fung234. In Österreich können die Kosten einer im Wege der Ersatzvornahme

vom Käufer durchgeführten Verbesserung ebenfalls als Schadensersatz nach § 932 I 2 ABGB verlangt werden, wenn die Naturalrestitution „untun­ lich“ (§ 1323 ABGB) ist235.

Auch in Frankreich wird sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Literatur dem Käufer die Möglichkeit gegeben, einen Austausch der mangelhaften Sache selbst vorzunehmen und die entstehenden Kosten - so­

weit sie verhältnismäßig sind - vom Verkäufer als Schadensersatz zu ver­ langen236, allerdings wohl nur bei neuen und vertretbaren Sachen237.

232 S. u. bb) (1). 233 RG v. 11.7.1902, RGZ 52, S. 150 (152/153), vgl. WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 24 zu § 463, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 63 zu § 463. 234 HuBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 51 zu § 463. 235 Koziol/Welser, Grundriß SchuldR II, 1992, S. 271. 236 Zur Nachbesserung s. o. (1) (b). 237 Vgl. WENNER/SCHODEL Rdnr. 136, in: Handbuch, 1992, S. 456. Früher mußte in Frankreich dagegen zunächst das Auflösungsurteil abgewartet werden oder zumindest die gerichtliche Ermächtigung für ein „droit de remplacement" nach Art. 1144 CdeC, vgl. Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 468 f.

In England und Irland können die Kosten eines Ersatzkaufs durch den Käufer ebenfalls allgemein als Schadensersatzposten, entweder nach sec. 51 I SGA oder nach sec. 53 I b SGA geltend gemacht werden238. An­ ders als für die selbst durchgeführte Nachbesserung239 gibt das irische

Kaufrecht dem Käufer jedoch im Falle der Ablehnung der Nachbesserung oder Nachlieferung durch den Verkäufer nicht ausdrücklich das Recht, ei­ nen Deckungskauf durchzufuhren, dessen Kosten vom Verkäufer zu erstat­

ten sind.

Teilweise wird eine konkrete Berechnung des Schadensersatzes bei einem geregelten Deckungskauf zugelassen. In Dänemark verweist § 45 KbL hinsichtlich der Berechnung des Schadens­ ersatzes bei Vertragsaufhebung aufgrund eines Mangels ausdrücklich auf

§ 25 KbL. Danach kann der Käufer den Kaufpreis für einen Deckungskauf („daekningskob“) ohne weiteres dann als Schaden ersetzt verlangen, wenn die Ersatzbeschaffung auf einem Warenmarkt durch einen autorisierten Makler getätigt wird („marked for varen, ved autoriseret slger", § 25 Satz 2 KbL). Ansonsten ist der Differenzbetrag zum Marktpreis gleicharti­

ger Güter zu ersetzen (§ 25 1 KbL: „prisen for genstande af samme art og godhed som de solgte pä leveringstiden overstiger kobesummen“).

Gegen einen derart formalisierten Deckungskauf240 kann der Verkäufer keine Einwendungen, etwa hinsichtlich der Höhe des Preises vorbringen, während bei einem freihändigen Ersatzkauf der Käufer dessen Angemes­ senheit nachweisen muß241. Im schwedischen und finnischen Kaufgesetz wird zwar auf die Formalisie­

rung der Ersatzbeschaffung verzichtet, aber der Kaufpreis eines Deckungs­

kaufs („täckningsköp") wird nur dann zur Berechnung des Schadensersat­

zes herangezogen, wenn die Ersatzbeschaffung mit Sorgfalt („med om­ sorg“) und in angemessener Zeit nachdem der Kauf aufgehoben wurde

238 Zum englischen Recht Harris 17-052, in: Benjamin's Sale of Goods, 1992, S. 875. Nach sec. 51 III SGA kommt allerdings in erster Linie der Markt- oder Tages­ preis („market or current price“) in Betracht. 239 Sec. 53 II ii SGA-IRL, s. o. (1) (b). 240 Ähnlich kann nach italienischem Recht bei vertretbaren Sachen („cose fungibili“) der Käufer durch eine besonders autorisierte Person (Art. 1515 II CceC: „a mezzo di una persona autorizzata") auf Kosten des Verkäufers Ersatz kaufen lassen (Art. 1516 I CceC: „fare aquistare ... a spese del venditore“), allerdings ausdrücklich nur im Falle der Nichterfüllung. 241 Vgl. Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 470.

(„inom skälig tid efter det att köpet hävdes", § 68 KpL/KppL, § 33 Satz 1

KonsKpL) durchgeführt wurde. Ebenso steht in den Niederlanden dem Käufer als Schadensersatz immer der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem des Deckungs­

kaufs zu („komt hem het verschil toe tussen de overeengekomen prijs en die

van de dekkingskoop"), wenn er dabei in angemessener Weise vorgegangen ist („hij daarbij redelijk te werk gegaan“, Art. 7:37 BW). Vorausgesetzt wird auch hier nach Art. 7:36 I l.HS BW die Auflösung des Kaufes („In geval van ontbinding van de koop ...“). Ansonsten steht dem Käufer auch

hier der Unterschied zum Tagespreis der Ware zu (Art. 7:36 I 2.HS BW. „de schadevergoeding gelijk aan het verschil tussen de in de overeenkomst bepaalde prijs en de dagprijs“).

Dies entspricht völlig der Regelung im früheren Einheitskaufrecht, wonach der „Unterschied zwischen dem im Vertrag vereinbarten Preis und dem

Preis des Deckungskaufs“ („the difference between the contract price and the price paid for the goods bought in replacement“) als Schadensersatz ge­ fordert werden konnte, wenn der Deckungskauf „in angemessener Weise vorgenommen“ („in a reasonable männer“, Art. 85 EKG) wurde. Nach dem derzeitigen Internationalen Kaufrecht wird zusätzlich nur ausdrücklich

hervorgehoben, daß der Deckungskauf auch „innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Aufhebung“ („within a reasonable time after avoid-

ance“, Art. 75 CISG) erfolgen muß. Daran schließen sich sowohl die Europäischen Vertragsgrundregeln

(Art. 4.505 Eur-Princ: „Vertrag aufgehoben und innerhalb angemessener Frist und in angemessener Weise ein Deckungsgeschäft vorgenommen“) wie die UNIDROIT-Principles (Art. 7.4.5 UD-Princ: „terminated the contract and ... made a replacement transaction within a reasonable time and in a

reasonable männer“) an.

Ähnliche Regelungen bestehen für die Nichterfüllung im Bereich des Han­ delskaufes. So etwa im schweizerischen Recht, wo „im kaufmännischen Verkehr“ als Schaden die Preisdifferenz dann geltend gemacht werden kann, wenn der Käufer „sich einen Ersatz für die nicht gelieferte Sache in guten

Treuen erworben hat“ (Art. 191 II OR), sowie nach deutschem bzw. öster­ reichischem Handelsrecht für den Fixkauf, wenn „durch einen ... Handels­ makler“ (§ 376 IIIHGB) gekauft wurde.

Der Schadensersatzanspruch wird, auch soweit er die Erstattung der Kosten eines Deckungskaufes betrifft, in fast allen Rechtsordnungen strengeren Anforderungen unterworfen, als die direkte Ersatzlieferung

durch den Verkäufer. Nur in England und Irland kann der Käufer bei einem Sachmangel ohne weiteres Schadensersatz verlangen, so daß der Unter­ schied zu den Rechtsordnungen, die eine direkte Ersatzlieferung vorsehen, gering ist.

Da der Verkäufer sein Kostenrisiko bei einer Verpflichtung zum Ersatz der Kosten eines Deckungskaufes noch weniger übersehen kann, als bei der selbst durchzuführenden Ersatzlieferung, sollten beide Rechtsbehelfe nach den gleichen Kriterien begrenzt werden. Verzichtet werden kann jedoch auf eine Einschränkung auf Gattungssachen oder vertretbaren Sachen, da es beim Geldersatz nicht mehr darauf ankommt, ob der Verkäufer die Ware vorrätig hat oder sie sich besorgen kann. (c) Ergebnis

Auch im Falle der Ersatzlieferung spricht - wie bei der Nachbesserung242 viel dafür, den Verkäufer nur dann auf konkrete Erfüllung haften zu lassen, wenn er die Ersatzsache kostengünstiger beschaffen kann als der Käufer. Handelt es sich um einen Gattungskauf dann kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß der Verkäufer entweder weitere Stücke der Gattung vorrätig hat oder daß er sie sich über die ihm vertrauten Liefe­ rungsbeziehungen relativ einfach beschaffen kann. Dabei kann man darauf abstellen, daß er dazu auch bei der mangelhaften Sache in der Lage war, für die er insoweit eine entsprechende Verpflichtung übernommen hat243. Dieser Einschätzung folgen die meisten Gesetzgeber (und die Rechtspre­ chung) in den betrachteten Rechtsordnungen, wenn sie, anders als bei der Nachbesserung, den Nachlieferungsanspruch des Käufers bei Gattungssa­ chen nicht wegen unverhältnismäßiger Belastung des Verkäufers ein­ schränken. Dehnt man jedoch die Nachlieferungsverpflichtung auf objektiv aus­ tauschbare, vertretbare Sachen aus, bei denen also eine Ersatzlieferung nur noch grundsätzlich möglich ist, dann ist es nicht mehr in dem Maße wie beim Gattungskauf wahrscheinlich, daß der Verkäufer einen gleichartigen Gegenstand ohne Weiteres liefern kann244, denn unter Umständen besaß er nur das vom Käufer erworbene Stück. In diesen Fällen führen die Kauf­

242 S. o. (1) (c). 243 Zum deutschen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 314 f. zu § 433. 244 Das kann etwa durch Vertragshändlerbindungen oder ähnliche Verpflichtungen bezüglich des Warenbezuges verursacht werden.

rechte konsequenterweise eine Angemessenheitsgrenze entsprechend der Nachbesserung für die Belastung des Verkäufers ein. Bei Einzelstücken wie Schmuck, Antiquitäten aber auch gebrauchten Sachen ist dagegen der Austausch gegen einen gleichwertigen Ersatz gar nicht möglich. Es käme allenfalls eine Lieferung ähnlicher Ware in Betracht, die aufgrund der Äquivalenzbeziehung zwischen Preis und Kaufsache jedoch absolut gleichwertig sein müßte, was große Schwierig­ keiten bei der Bewertung erwarten läßt. Auch bei dieser Art der Nacherfüllung ist es angemessen, den gewerblichen Verkäufer aufgrund seines Informationsvorsprungs über die Beschaffungs­ quellen der Ware gegenüber Verbraucherkäufern grundsätzlich auf Ersatzlieferung haften zu lassen, allerdings nur bei vertretbaren Sachen, um die es bei Konsumgeschäften jedoch in der Regel geht. Über eine Liefe­ rung ähnlicher oder gleichwertiger Ware anstelle eines fehlerhaften Einzel­ stücks müßten die Parteien dagegen Verhandlungen fuhren, die an den Neuabschluß eines Kaufvertrags heranreichen, so daß die Ersatzbeschaffung durch den Verkäufer kaum weniger Aufwand erfordern dürfte als wenn der Käufer sich bei einem Dritten eindeckt. In diesen Fällen würde daher ein Kostenersatz für den Deckungskauf ausreichen.

bb) Aufhebung der beiderseitigen Leistungspflichten („Wandelung”) Eine Behebung der durch einen Sachmangel ausgelösten Äquivalenzverschie­ bung zwischen Leistung und Gegenleistung kann auch dadurch erfolgen, daß die Bindung an die Durchführung der beiderseitigen Leistungen beseitigt wird. Dabei geht es vor allem darum, daß der Käufer aufgrund der nicht vertragsgemäßen Leistung des Verkäufers seine darauf bezogene Gegenlei­ stung nicht mehr erbringen muß, also für eine mangelhafte Sache den verein­ barten Kaufpreis nicht zu zahlen braucht. Zu diesem Zweck enthalten alle einbezogenen Rechtsordnungen die Möglich­ keit der Lösung vom Vertrag aufgrund eines Sachmangels. Die kontinentalen Rechtsordnungen - abgesehen von Portugal und neuerdings den Niederlanden

- sehen traditionellerweise eine besondere Art der Aufhebung des Vertrages durch einen speziellen kaufrechtlichen Rechtsbehelf neben der Minderung vor. Ursprünglich war diese im deutschen Recht als „Wandelung” bezeichnete Beseitigung der gegenseitigen Leistungspflichten beim Kaufvertrag einer der Ausnahmefalle, in denen die Rechtsordnungen überhaupt ein gesetzliches Auflösungsrecht für Verträge zuließen245. Mittlerweile ist die Anwendung dieses Rechtsbehelfs jedoch auf weitere Vertragstypen ausgedehnt worden246. 247 Die Common Law Staaten halten sich dagegen in dieser Beziehung auch weiterhin zurück und lassen nur ein zeitlich eng begrenztes und besonderen Anforderungen unterliegendes Annahmeverweigerungsrecht zu247. In den übrigen Rechtsordnungen wird die Auflösung des Vertrages als allgemeiner Rechtsbehelf bei Leistungsstörungen anerkannt, so daß auch zu erwägen ist, ob nicht auf ein besonderes kaufrechtliches Wandelungsrecht verzichtet werden kann.

Zunächst ist zu klären, unter welchen besonderen Voraussetzungen der Rechtsbehelf der Vertragsaufhebung in den verschiedenen Rechtsordnungen zur Verfügung steht (unten (1).): Zwar hat der Verkäufer seine Leistung nicht vertragsgemäß, aber doch zum Teil erbracht, so daß sich die Frage stellt, ob der Käufer jeden, auch geringfügigen Sachmangel zum Anlaß nehmen kann, um seine Gegenleistung endgültig abzulehnen. Setzen die nationalen Kauf­ rechte die Schwelle für die Vertragsaufhebung in verschiedener Weise fest, so steht dem Käufer eine unterschiedliche Auswahl an Rechtsbehelfen bei einem Sachmangel zur Verfügung. Dadurch wird auch die Situation des Verkäufers und damit der den Vertrag insgesamt betreffende Gewährleistungsaufwand beeinflußt. Bei den Rechtsfolgen der Vertragsaufhebung stehen die Rückabwicklungs­ pflichten beider Parteien im Vordergrund (unten (2).). Diese können aufgrund einer unterschiedlichen rechtlichen Konstruktion entweder als besondere schuldvertragliche Ansprüche oder als bloße Bereicherungsrechte ausgestaltet sein und sich dadurch auch wirtschaftlich unterscheiden. Außerdem muß bei Ereignissen, welche die bereits beim Käufer befindliche Kaufsache so verän­ dern, daß eine Rückgabe erschwert oder unmöglich wird, entschieden werden, 245 RABEL, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 236. Zur grundlegenden römischen actio redhibitoria vgl. Zimmermann, Obligations, 1990, S. 317, Kaser, Römisches Privat­ recht, 1972, S. 169. 246 In Deutschland etwa auf den Werkvertrag nach § 634 I, IV BGB, während bei der Miete ein entsprechendes Kündigungsrecht (§ 542 BGB) eingeführt wurde, ähnlich später für den Reisevertrag § 651 e I BGB. 247 Dazu im einzelnen u. (1).

ob die Vertragsaufhebung durchgeführt werden kann und, im Zusammenhang damit, welcher Vertragsseite derartige Hindernisse zuzurechnen sind. Schließlich ist zu klären, ob der Käufer über die Rückleistung seiner an den Verkäufer bereits erbrachten Zahlungen hinaus einen Anspruch auf Erstattung der von ihm darüber hinaus im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag aufge^endeten Beträge geltend machen kann (unten (3).).

Die Art und Weise, wie die Vertragsaufhebung in den verschiedenen Rechts­ ordnungen durchzufuhren ist, wird dagegen im Zusammenhang mit der Rechtsdurchsetzung im Zivilprozeß behandelt248.

(1) Fortfall der Leistungspflichten Die überwiegende Mehrzahl der einbezogenen nationalen Rechtsordnungen sieht ein spezielles kaufrechtliches Recht zur Lösung vom Vertrag vor. Seine Ausübung wird jedoch in zahlreichen Kaufrechten zwei Arten von Voraus­ setzungen unterworfen und damit eingeschränkt: Zum einen wird an das Ausmaß der Äquivalenzabweichung angeknüpft und der Rechtsbehelf bei weniger schwerwiegenden Mängeln der Kaufsache ausgeschlossen. Zum anderen werden spezielle zeitliche Vorgaben für die Inanspruchnahme der Wandelung bestimmt. Ein Teil der einbezogenen Rechtsordnungen stellt bei der Vertragsaufhebung keine Anforderungen an die Schwere des Sachmangels. So hat in Deutschland der Käufer bei Sachmängeln ein Recht auf „Rückgän­

gigmachung des Kaufes (Wandelung)” (§462 l.Alt BGB), auch bei einem Gattungskauf, wie sich aus § 480 I 1 BGB ergibt249. Statt speziell die Wande­

lung einzuschränken, schließt das deutsche Recht die Gewährleistung des Ver­

käufers generell aus, wenn der Fehler der Kaufsache nur unerheblich ins Ge­ wicht fallt (§ 459 I 2 BGB). Davon werden aber allein Bagatellfalle betrof­ fen250. Früher hat die Rechtsprechung außerdem in seltenen Ausnahmefallen 248 Dazu u. B.II.5.a). 249 Außerdem sind besondere Regelungen für den (einheitlichen) Verkauf mehrerer Sachen vorgesehen: In der Regel soll sich die Wandelung nur auf die mangelhaften Teile erstrecken, außer bei „als zusammengehörend verkauften” Sachen, die außerdem nicht ohne Verlust getrennt werden können (§ 469 BGB); Haupt- und Nebensachen werden bei einem Mangel der Hauptsache insoweit als zusammengehörig angesehen (§ 470 BGB). Bei einer Wandelung bezüglich eines Teils der Sachen wird der Gesamtkaufpreis wie bei der Minderung nach der relativen Methode herabgesetzt (§ 471 BGB). 250 Diese Methode befürwortend RABEL, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 242, dazu auch beim Fehlerbegriff o. a) aa) (3).

unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben bei Zurücktreten des Käuferinteresses die Wandelung untersagt251.

Die romanischen Rechtsordnungen sehen überwiegend ebenfalls keine generelle Einschränkung der Rückabwicklung des Kaufvertrages bei Sach­ mängeln vor252. Die französische sowie die luxemburgische und die belgische Regelung be­

stimmen nur die weitere Rechtsfolge der Vertragsbeendigung, nämlich daß der

Käufer die Sache zurückgeben und sich den Preis zurückerstatten lassen kann (Art. 1644 CdeC / BW: „de rendre la chose et de se faire restituer le prix” / „de

zaak terug te geven en zieh de prijs te doen terugbetalen"), setzen damit aber den Fortfall der ursprünglichen Leistungspflichten voraus. Der Anspruch des

Käufers auf Rückerstattung des Kaufpreises wird gesetzlich nicht einge­ schränkt. Auch aus der Formulierung des Art. 1641 CdeC, der Verkäufer hafte nur, wenn der Käufer die Sache in Kenntnis des Mangels nicht gekauft oder für

sie nur einen geringeren Preis gezahlt hätte („ou qui diminuent tellement cet usage, que l’acheteur ne l’aurait pas acquise, ou n’en aurait donne qu’un moindre prix”) wird überwiegend nicht entnommen, daß die Aufhebung des Vertrags nur im ersten Fall möglich sein soll253. Allerdings wird bei einfachen Mängeln, die leicht nachgebessert werden können, die Rückabwicklung des Kaufvertrages zunächst ausgeschlossen254, und im Bereich des Handelsrechts vertritt teilweise

auch die Rechtsprechung die weitergehende Ansicht, die Vertragsaufhebung sei auf schwere Mängel beschränkt255. 256 In Spanien kann der Käufer bei Sachmängeln vom Vertrag zurücktreten (Art. 1486 CgoC: „desistir del contratto")256. Dieses Recht des Käufers wird nicht begrenzt.

251 RG v. 6.6.1905, RGZ 61, S. 92 (94), dazu auch RABEL, Warenkauf I, 1958 (1967), S. 241. Aus neuerer Zeit OLG Hamm v. 25.6.1987, NJW-RR 1988, S. 1461 (1462), wo die Weiterbenutzung durch den Käufer nach Erkennen des Sachmangels eine Rolle spielte, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 4 zu § 462. 252 Vgl. bereits RABEL, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 238. 253 Zum französischen Recht vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 605, so auch schon Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 239. Anders dagegen in Luxemburg, vgl. THIEL/MERSCH Rdnr. 111, in: Handbuch, 1992, S. 674. 254 Vgl. Wenner/Schödel Rdnr. 141, in: Handbuch, 1992, S. 457, nach denen auch entsprechende Handelsbräuche zu diesem Ergebnis fuhren können. 255 Cass. Comm. v. 6.3.1990, Bull.civ. IV, Nr. 75, vgl. Valcärcel Schnüll, Haf­ tung, 1994, S. 21. Vgl. auch v.Mehren/Gordley, Civil Law, 1977, S. 1118. 256 Der Rücktritt bezüglich einer Mehrzahl von Kaufsachen wird ausdrücklich nur für Tiere geregelt, Art. 1491 CgoC, auf den Art. 1492 CgoC für andere Sachen jedoch Bezug nimmt.

Auch nach italienischem Kaufrecht kann der Käufer bei mangelhaften

Kaufsachen grundsätzlich die Auflösung des Vertrags verlangen (Art. 1492 I

CceC: „il compratore puö domandare ... la risoluzione del contratto"). Fehlen der Kaufsache zugesicherte oder wesentliche Eigenschaften, so bestimmt das

Gesetz wörtlich nahezu das gleiche (Art. 1497 I CceC: „il compratore ha diritto di ottenere la risoluzione del contratto”). Die Auflösung des Kaufvertrages wird bei Sachmängeln allerdings ausgeschlossen, wenn sich dies in bestimmten Fäl­ len aus den Gebräuchen ergibt (Art. 1492 I CceC: „salvo ehe, per determinati

vizi, gli usi escludano la risoluzione”). In ähnlicher Weise wird für das Fehlen von Eigenschaften bestimmt, daß die Aufhebung des Vertrages nur dann zuläs­

sig ist, wenn der Eigenschaftsfehler die von den Gebräuchen festgelegte Tole­ ranzschwelle überschreitet (Art. 1497 I CceC: „purche il difetto di qualita ecce-

da i limiti di tolleranza stabiliti dagli usi”). Damit wird die Aufhebung des Ver­ trages nur in diesen Fällen stärker eingeschränkt, als durch die für alle Rechts­ behelfe geltende Voraussetzung einer nennenswerten Wertminderung aufgrund

des Sachmangels (Art. 1490 I CceC: „diminuiscano in modo apprezzabile il valore")257. Hat daher der Fehler bzw. die fehlende Eigenschaft die allgemeine Bagatellgrenze überschritten, so muß der Verkäufer in der Regel Gewähr leisten

und damit grundsätzlich auch eine Auflösung des Vertrages gelten lassen. Ob letztere zusätzlich von der Schwere des Sachmangels abhängig gemacht werden kann richtet sich nach der äußerst umstrittenen Anwendbarkeit des Art. 1455

CceC, der bei der Nichterfüllung die Aufhebung des Vertrages bei geringer Be­ deutung („scarsa importanza") ausschließt257 258. 259

Zwei Rechtsordnungen begrenzen zwar die Möglichkeit des Käufers, eine Vertragsaufhebung zu verlangen, stellen dies jedoch in das Ermessen des Gerichts159. Dadurch können die Vertragsparteien von vornherein nur schwer einschätzen, ob dieser Rechtsbehelf im konkreten Fall zugelassen wird oder nicht. Die griechische Regelung orientiert sich bezüglich des Grundtatbestandes am deutschen Kaufrecht, auch wenn es nicht beschreibt, was unter der „Wandelung

257 S. o. beim Fehlerbegriff a) aa) (3). 258 Ablehnend etwa die Urteile in CIAN/TRABUCCHI, Codice Civile, 1989, Anm. 1.1, II.2 zu Art. 1492, während Bianca, vendita, 1993, S. 950 (n. 422), jedenfalls bei einfachen Nacherfüllungsmöglichkeiten die Vertragsaufhebung ausschließen will, dazu auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 104, A.Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S. 61. 259 Davon ist die alleinige Befugnis des Gerichts zu unterscheiden, die Vertragsauf­ hebung durchzufuhren, wie etwa in Frankreich, dazu näher u. B.II.5.a).

des Kaufes” (Art. 540 AK) zu verstehen ist260. Dagegen wird es - abweichend von der deutschen Regelung - dem Ermessen des Richters überlassen, ob er der

Wandelungsklage den Erfolg versagen will, weil die Wandelung „den Umstän­ den ... nach nicht gerechtfertigt ist” (Art. 542 AK), und statt dessen nur Minde­ rung zuspricht261. Das für sich schon recht unscharfe Abwägungskriterium der

„Umstände” wird durch den ausdrücklich eingeräumten Ermessensspielraum der Gerichte noch dehnbarer262. Dabei wird unter Heranziehung anderer Gene­ ralklauseln wie Treu und Glauben (Art. 288 AK) sowie Rechtsmißbrauch (Art. 281 AK) neben der Erheblichkeit des Mangels vor allem die verbleibende

Nutzungsmöglichkeit der fehlerhaften Sache durch den Käufer sowie eine un­ verhältnismäßige Belastung des Verkäufers herangezogen; unter dem letzten

Gesichtspunkt werden unter anderem ein geringer Wert der Kaufsache sowie hohe Transportkosten berücksichtigt263. 264 Im Kauffecht der Schweiz ist gleichermaßen geregelt, daß der Käufer „mit der Wandelungsklage den Kauf rückgängig” machen kann (Art. 205 I OR)264. Begrenzt wird das Wandelungsrecht durch eine ähnlich unscharfe Billigkeits­ norm265 wie nach griechischem Recht: Bei einer Wandelungsklage „steht es dem

260 Dafür scheint es ihr wichtig festzuhalten, daß jeder Fehler zu einem eigenen Wandelungsanspruch führt, auch wenn sie zu unterschiedlichen Zeiten entdeckt werden (Art. 541 AK). Die Bestimmungen für die Wandelung bei einem Verkauf mehrerer Sachen entsprechen ebenfalls weitgehend der deutschen Regelung (Art. 551, 552 AK), allerdings wird die Berechnung der Herabsetzung des Gesamtkaufpreises bei einer teilweisen Wandelung - parallel zur Minderung - nicht ausdrücklich nach der relativen Methode vorgeschrieben. 261 Vgl. Bruegel, in: Untemehmensrecht, 1997, S. 120. 262 Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 239, spricht mit Bezug auf derartige Regelungen von elastischen Formeln. 263 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 103, Chaldoupis Rdnr. 94, in: Handbuch, 1992, S. 516. 264 Hinsichtlich einer Mehrheit von Kaufsachen bestehen ebenfalls besondere Bestimmmungen: So bezieht sich die Wandelung grundsätzlich nur auf die fehlerhaften Stücke, Art. 209 I OR, es sei denn eine Absonderung von den nicht mangelhaften Teilen ist nicht „ohne erheblichen Nachteil” möglich, Art. 209 II OR. Anders als in Deutschland und Griechenland kommt es für die Zusammengehörigkeit der Sachen nicht auf die Vereinbarung der Parteien an, sondern diese ergibt sich aus objektivierten Kriterien wie der Verkehrsauffassung, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 209. Für Haupt- und Nebensachen entspricht die Regelung der deutschen, nur gilt sie ausdrücklich auch dann, wenn „für die Nebensache ein besonderer Preis festgesetzt” wird (Art. 209 III OR). Eine Berechnungsart für die Herabsetzung des Gesamtkaufpreises bei einer Teil-Wandelung wird genausowenig festgelegt, wie für die Minderung. 265 So Keller-Schwegler Rdnr. 160, in: Handbuch, 1992, S. 937, Honsell/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 6 zu Art.205, spricht von einem „eher vagen Massstab”.

Richter frei, bloss Ersatz des Minderwertes zuzusprechen, sofern die Umstände

es nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen” (Art. 205 II OR). Auch hier macht die Rechtsprechung die Wandelung vor allem vom Vorliegen we­ sentlicher Mängel266 und von der Verhältnismäßigkeit zwischen Verkäufer­ nachteilen und Käufervorteilen bei einer Aufhebung des Vertrages267 abhängig. Die Weiterbenutzung der Kaufsache durch den Käufer nach Erkennen der Män­ gel schließt nach der Rechtsprechung gleichfalls die Wandelung aus, weil darin ein konkludenter Verzicht auf diesen Rechtsbehelf gesehen wird268.

Die skandinavischen Kaufrechte sehen in ihren besonderen Regelungen über die Auflösung des Vertrages bei Sachmängeln dagegen ausdrücklich eine Ausschluß bei unwesentlichen Mängeln vor, ebenso wird es nun in der EGRichtlinie zum Verbrauchsgüterkauf geregelt. Nach dem dänischen Kaufgesetz kann sowohl bei einem Stück wie bei einem

Gattungskauf der Kauf aufgehoben werden (§§ 42 1 1, 43 I KbL: „kan koberen

haeve kobet”). Dies gilt gern. § 78 I KbL gleichermaßen für den Verbraucher­ kauf269. Eine Vertragsauflösung ist jedoch nicht möglich, wenn der Mangel als unwesentlich anzusehen ist (§§ 4212, 43II KbL: „manglen anses som uvsentlig"). Dabei kommt es, wie bei der verspäteten Leistung (§21 II KbL), zwar in erster Linie auf die Beurteilung durch den Käufer an, aber der Verkäu­ fer kann die Bedeutung des Mangels für den Käufer dem bei Verträgen dieser Art Üblichen entnehmen, es sei denn aus dem konkreten Vertrag ergibt sich

Abweichendes270. Indirekt wird - ähnlich wie etwa in Italien - auf besondere

Gebräuche abgestellt: So werden bei einem Handelskauf teilweise höhere An­ forderungen an die Wesentlichkeit gestellt oder es werden bestimmte für die Vertragsaufhebung vorausgesetzte prozentuale Mindestwerte angenommen271. Als Gegenausnahme, die wiederum den Ausschluß des Rechtsbehelfs ein­ schränkt, wird, ähnlich wie beim Gewährleistungsausschluß wegen Mängel­

266 BG v. 30.1.1968, BGE 94 II S. 26 (35), vgl. HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 6 zu Art. 205. 267 Honsell, a.a.O., vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 160, in: Handbuch, 1992, S. 937. 268 BG v. 23.3.1979, BGE 105 II S. 90 (91). 269 Es werden außerdem Regelungen über die Vertragsaufhebung bei Sachgesamt­ heiten getroffen: Wie in Deutschland, Griechenland und der Schweiz sieht das dänische Recht bei einer Lieferung „in Posten” vor, daß die Vertragsaufhebung sich nur auf die einzelne mangelhafte Lieferung bezieht, es sei denn es besteht ein Zusammenhang der Lieferungen oder es ist zu erwarten, daß auch die nachfolgenden Lieferungen mangelhaft sind, § 46 KbL. 270 Vgl. Steinrücke Rdnr. 88, in: Handbuch, 1992, S. 158. 271 Vgl. Steinrücke Rdnr. 161, in: Handbuch, 1992, S. 179.

kenntnis des Käufers272, an das Verhalten des Verkäufers angeknüpft: Trotz ei­

nes unwesentlichen Mangels ist die Wandelung möglich, wenn der Verkäufer

arglistig gehandelt hat (§ § 42 12, 43 II KbL: „medmindre steigeren har handlet

svigagtigt"). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verkäufer die Ent­ deckung des Mangel bewußt verhindert. Auch nach dem schwedischen und dem finnischen Kaufgesetz darf der Kauf aufgehoben werden (§ 39 I KpL/KppL: „köparen far häva köpet”), ebenso nach

dem schwedischen Konsumentenkaufgesetz (§ 29 KonsKpL). Eine Aufhebung

kommt jedoch auch hier generell nur in Betracht, wenn der Vertragsbruch von einer wesentlichen Bedeutung für den Käufer ist („avtalsbrottet är av väsentlig betydelse för honom") und außerdem der Verkäufer diese erkannt hat oder hätte

erkennen

müssen

(„säljaren

insäg

eher

borde

ha

insett

detta",

§ 39 I KpL/KppL). Damit wird die Beurteilung durch den Käufer ausdrücklich nur insoweit berücksichtigt, wie der Verkäufer darüber informiert war oder es hätte sein müssen, während eine derartige Einschränkung der Wesentlichkeit für den Verbraucherkauf nicht vorgesehen ist.

Das Vorbild für die ebengenannte neuere skandinavische Regelung war augen­ scheinlich das Internationale Kaufrecht, das sowohl heute (Art. 49 I CISG) wie

früher (Art. 43 Satz 1 l.HS EKG) die „Aufhebung des Vertrages” („declare the

contract avoided") vorsieht bzw. vorgesehen hat. Erforderlich ist in jedem Fall

eine „wesentliche Vertragsverletzung” („fundamental breach of (the) contract”, Art. 49 I a) CISG, früher Art. 43 Satz 1 a.E. EKG), die bei einem behebbaren Fehler in der Regel nicht vorliegt273. 274

In der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird gleichfalls bestimmt, daß der Käufer die „Vertragsauflösung” verlangen kann (Art. 3 II, V VbrKfRil)274,

jedoch nicht „bei einer geringfügigen Vertragswidrigkeit” Art. 3 VI VbrKfRil).

Im Entwurf der Richtlinie war eine inhaltliche Einschränkung der Vertragsauf­

lösung dagegen noch nicht vorgesehen, statt dessen sollte es den Mitgliedstaaten zur Wahl gestellt werden, bei „geringfügigen Vertragswidrigkeiten” nur be­ stimmte Rechtsbehelfe zur Verfügung zu stellen (Art. 3 IV 3 VbrKfRil-E), wo­

272 S. o. b) bb) (2). 273 Es sei denn, die Mangelbehebung schlägt fehl, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 13 zu Art. 49, ähnlich Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 9 zu Art. 11 EKG 274 Im Richtlinien-Entwurf wurde dieser Rechtsbehelf teilweise auch als „Wande­ lung” (Erwägungsgründe Abs. 7 VbrKfRil-E) und sogar als „Kündigung des Vertrages” (Abs. 2 der Begründung zu .Art. 3 IV VbrKfRil-E) bezeichnet, was auf einer nicht abgestimmten Übersetzung beruht haben dürfte.

durch derartige Beschränkungen auf nationaler Ebene weiterhin möglich geblie­ ben wären275.

Auch in den europäischen Common Law Staaten ist die Zurückweisung der Kaufsache nur bei einem schwerwiegenden Sachmangel zulässig. Nach dem englischen und dem irischen Kaufgesetz kann die Ware zurückge­ wiesen276 277 und der Vertrag als unverbindlich angesehen werden (sec. 11 III SGA-

GB / sec. 11 II SGA-IRL: „a right to reject the goods and treat the contract as repudiated")277, wenn eine wesentliche Vertragsbestimmung (sec. 11 III SGAGB / sec. 11 II SGA-IRL: „a condition, the breach of which may give rise to a right to treat the contract as repudiated") verletzt worden ist. Neben einer con­

dition kann aber auch eine unausgesprochene („innominate") Rücktrittsberech­

tigung oder neuestens sogar eine „warranty", deren Verletzung jedoch so schwerwiegend ist, daß sie an die Wurzeln des Vertrages geht278, eine Zurück­ weisung der Kaufsache rechtfertigen. Da ein Sachmangel gern. sec. 13-15 SGA-GB / SGA-IRL regelmäßig die Verletzung einer „implied condition” dar­ stellt, war die Zurückweisung in diesen Fällen kaum eingeschränkt. Neuerdings

wird in England aber dieser Rechtsbehelf außerhalb von Verbraucherkäufen („if the buyer does not deal as a consumer”) nicht mehr zugelassen, wenn die Ab­ weichung so gering ist, daß es für den Käufer unangemessen wäre, die Ware

zurückzuweisen („the breach is so slight that it would be unreasonable for [the buyer] to reject [goods]”, sec. 15 AI b) SGA-GB 1994). Zusätzlich sieht das irische Kaufgesetz für Verbraucherkäufe bei einer Wei­

gerung des Verkäufers, die Mängel zu beseitigen, oder bei einem Scheitern der Nachbesserung bzw. Nachlieferung (sec. 53 II a), b) SGA-IRL279) vor, daß der Käufer die Ware auch bei Verletzung einer nur unwesentlichen Vertragsbedin­ gung (warranty) zurückweisen und den Vertrag auflösen kann (sec. 53 II (i)

SGA-IRL: „to reject the goods and repudiate the contract”).

275 Nach den Vorüberlegungen der EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgüter­ garantien, 1993, S. 114, war bei „kleineren Mängeln” an eine Beschränkung der Rechtsbehelfe auf die Preisreduzierung gedacht. 276 Insofern setzt sich das anfängliche Zurückweisungsrecht fort, Basedow, Reform, 1988, S. 70. 277 Allerdings nur bis zum Zeitpunkt der Annahme („acceptance"), die in der Regel erst erfolgt, wenn der Käufer die Sache eine angemessene Zeit bzw. ohne guten und ausreichenden Grund behält, ohne die Zurückweisung zu erklären (sec. 35 IV SGA-GB: „after the lapse of a reasonable time” / sec. 35 SGA-IRL: „without good and sufficient reason”). Zur Annahme im einzelnen u. B.II.2.a) aa), vor (1). 278 Vgl. zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, S. 79, unter Verwei­ sung auf Bunge Corp. v. Tradex Ltd. (1981) 1 W.L.R. 711. 279 Zur Mängelbeseitigung o. aa) (1) (a).

Neuere Regelungen begrenzen meist die Vertragsaufhebung grundsätzlich auf schwere Vertragsstörungen. Sofern keine spezieller kaufrechtlicher Rechtsbe­ helfbesteht, werden dadurch auch Sachmängel erfaßt. Im Burgerlijk Wetboek der Niederlande kann auch im Falle einer mangelhaften Lieferung der allgemein für Leistungsstörungen vorgesehenen Rechtsbehelf der

Vertragsaufhebung (Art. 6:265 I BW: „om de overeenkomst ... te ontbinden") in Anspruch genommen werden. Auf die Einfügung eines besonderen Wande­

lungsanspruchs in das Kaufrecht wurde dagegen verzichtet. Die Aufhebung des Vertrages ist generell dann nicht möglich, wenn die Abweichung der Leistung

aufgrund ihrer besonderen Art oder ihrer geringen Bedeutung diese nicht recht­ fertigt (Art. 6:265 I BW: „tenzij de tekortkoming, gezien haar bijzondere aard

of geringe betekenis ... niet rechtvaardigt"). Im Falle einer mangelhaften Kauf­

sache kommt es daher auch hier auf die Schwere des Mangels an, aber es kön­

nen außerdem andere Elemente der Vertragsabweichung eine Rolle spielen. In ähnlicher Weise sehen die Europäischen Vertragsgrundregeln sowie die UNIDROIT-Principles für sämtliche Fälle der Vertragsverletzung das Recht

zur „Aufhebung des Vertrags” (Art. 4.303 I Eur-Princ) bzw. „to terminate the

contract” (Art. 7.3.1 I UD-Princ) vor. Vorausgesetzt wird dabei jeweils, daß

„die Nichterfüllung ... wesentlich” ist (Art. 4.301 I Eur-Princ) bzw. daß „the failure ... to perform ... amounts to a fundamental non-performance”

(Art. 7.3.1 I UD-Princ). Als Kriterien für die Wesentlichkeit werden dabei in gleicher Weise unter anderem angesehen: Wenn „die Nichterfüllung der betrof­

fenen Partei in erheblichem Maße nimmt, was sie nach dem Vertrag erwarten durfte” und die andere Partei dies mindestens erkennen konnte (Art. 3.103 b) Eur-Princ, ebenso Art. 7.1.3 II a) UD-Princ), oder wenn „die Nichterfüllung vorsätzlich geschieht” (Art. 3.103 c) Eur-Princ, etwas weitergehend Art. 7.1.3 II c) UD-Princ: „intentional or reckless"). Die UNIDROIT-Principles

stellen außerdem darauf ab, ob die nichterfüllende Partei aufgrund der Vorbe­

reitung oder der Erfüllung unverhältnismäßige Verluste erleidet („suffer disproportionate loss as a result of the preparation or performance”, Art. 7.3.1 II e)

UD-Princ).

Auch die Schuldrechtskommission „verzichtet auf eine eigenständige ge­ setzliche Regelung der Wandelung”280 und gibt dem Käufer das Recht „vom Vertrag zurückzutreten” (§ 439 I BGB-KE). Ausgeschlossen wird dieser Rechtsbehelf auch in Zukunft jedoch nur bei „unerheblichen” Störungen (§ 323 III Zff. 1 BGB-KE).

280 Abschlußbericht, 1992, S. 215

Die stärkste Beschränkung für die Aufhebung der gegenseitigen Leistungs­ pflichten aufgrund eines Sachmangels nehmen diejenigen Kaufrechte vor, die verlangen, daß der Mangel unbehebbar ist und den Gebrauch der Kaufsache ausschließt. Das portugiesische Kaufrecht verweist in Art. 913.° I CgoC für Sachmängel auf die vorangehenden Vorschriften („prescrito na seco precedente"), in denen

die Annullierung aufgrund eines Irrtums geregelt wird (Art. 905 ° CgoC: „anulabilidade")281. Durch diese Anfechtung wird der Vertrag ex tune vernichtet

(Art. 251.° CgoC). Sie ist aber nur zulässig, wenn eine starke Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit der Sache sowie deren nicht vollständige Behebbar­ keit vorliegt281 282. Aus den Irrtumsvorschriften ergibt sich außerdem, daß die Feh­ lerfreiheit wesentliche Voraussetzung für den Abschluß des Vertrages gewesen sein muß (Art. 251.° CgoC) und daß der Verkäufer diese Wesentlichkeit minde­ stens kennen mußte (Art. 247.° CgoC)283. 284

Nach dem österreichischen Gewährleistungsrecht kann „der Übernehmer die

gänzliche Aufhebung des Vertrages verlangen” (§ 932 1 1 ABGB)284. Diese ist ausdrücklich nur möglich, wenn der Mangel „nicht mehr behoben werden kann und ... den ordentlichen Gebrauch der Sache verhindert” (§ 932 I 1 ABGB). Damit muß der Mangel nicht allein wesentlich sondern zudem unmöglich zu be­ seitigen sein285. Dies deutet daraufhin, daß der Verkäufer, der nach österreichi­

schem Kaufrecht grundsätzlich auf Mangelbeseitigung („Verbesserung”) haftet, nach Möglichkeit mit diesem ihn in der Regel gegenüber der Wandelung weni­ ger belastenden Rechtsbehelf konfrontiert werden soll286. Wenn der Käufer die Sache trotz Kenntnis des Mangels benutzt, schließt die Rechtsprechung aller­

dings - ähnlich wie in Griechenland, wo jedoch bereits die mögliche Nutzung ausreicht287 - ebenfalls die Wandelung aus288, weil dann davon ausgegangen

wird, daß der Mangel nicht wesentlich ist.

281 S. o. I.2.b) aa). 282 Vgl. Frölich-Pereira, 1994, Haftung, S. 18 f. 283 Vgl. Frölich-Pereira, 1994, Haftung, S. 22. 284 Für einen aus mehreren Sachen bestehenden Kaufgegenstand entscheidet die Rechtsprechung in etwa den deutschen Regelungen entsprechend, DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 30 ff. zu § 932. 285 Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht, 1992, S. 257. Zur Herleitung aus der deutschrechtlichen Hauptmängeltheorie vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 112, 239. 286 Ähnlich Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 242. Zur Nachbesserung o. aa) (1) (a). 287 S. o. nach Fn. 262. 288 OGH v. 19.3.1975, JB1 1976, S. 98 (99 f.).

Nur wenige nationale Kaufrechte setzen dagegen für die Vertragsaufhebung zeitliche Vorgaben. In Deutschland kann der Verkäufer seine Belastung dadurch, daß er sich länge­

re Zeit darauf einrichten muß, die Kaufsache gegebenenfalls noch zurückzu­ nehmen289, 290 verrringern, indem er dem Käufer -„unter dem Erbieten zur Wan­

delung” - eine angemessene Frist für die Ausübung des Rechtsbehelfs setzen,

nach deren Ablauf die Wandelung endgültig ausgeschlossen ist (§ 466 BGB).

Nach der deutschen Schuldrechtsreform soll wie nach geltendem Recht der Verkäufer dem Käufer „für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine angemesse­

ne Frist bestimmen” können (§ 323 V 1 BGB-KE). Allerdings kann der Käufer

nach deren Ablauf selbst wiederum dem Verkäufer eine Frist zur (Nach-)Erfüllung setzen und danach zurücktreten (§ 323 V 2 BGB-KE).

Wie in Deutschland kann der Verkäufer in Griechenland dem Käufer die

Wandelung anbieten und eine angemessene Frist setzen, nach deren Ablauf eine

Aufhebung des Vertrages entfallt (Art. 546 AK). In Schweden und Finnland ist es dagegen außerhalb des Verbraucherkaufes

erforderlich, daß die Vertragsaufhebung dem Verkäufer rechtzeitig, d.h. inner­ halb angemessener Zeit („inte inom skälig tid”) nach Bemerken des Fehlers bzw. nach der Zeit für die Nacherfüllung, mitgeteilt wird (§ 39II 1 KpL/KppL)290. Damit soll - ähnlich wie in Deutschland und Griechenland, wo

allerdings der Verkäufer die Iniative ergreifen muß - erreicht werden, daß der Verkäufer sich rechtzeitig auf eine Rücknahme der Kaufsache einstellen kann.

Ebenso muß im Internationalen Kaufrecht der Käufer die Aufhebung des Ver­ trages innerhalb einer angemessenen - früher: kurzen - Frist („„within a

reasonable time”, früher: „promptly”) nach Erkennen der Vertragswidrigkeit bzw. nach deren Anzeige erklären (Art. 49II b) CISG, Art. 43 Satz 2 EKG). Auch beide Vertragsgrundregeln verlangen die Ausübung der Vertragsbe­ endigung „binnen angemessener Frist” nach Kenntnis oder Kennenmüssen der Nichterfüllung (Art. 4.303 II Eur-Princ, ebenso Art. 7.3.2 II UD-Princ).

Nach dem Vorschlag für eine EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sollte dagegen eine absolute Frist gesetzt werden, denn die Vertragsauflösung sollte

im Gegensatz zur Instandsetzung und zur Minderung statt zwei Jahre nur ein Jahr lang geltend gemacht werden können (Art. 3 IV 2 VbrKfRil-E).

289 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 462. Konkret belastend sollen die notwendigen Bemühungen für Rücktransport und Weiterverkauf sowie der steigende Wertverlust der Kaufsache sein, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 1 zu § 462. 290 Dies entspricht der Regelung für die Nachbesserung, s. o. aa) (1) (a). Ebenso wie dort wird auf die rechtzeitige Mitteilung verzichtet, wenn der Verkäufer grob fahrlässig oder gegen Treu und Glauben gehandelt hat, § 39 II 2 KpL/KppL.

Insgesamt überwiegen damit, besonders unter den moderneren Rechtsordnun­ gen, solche Kaufrechte, die eine Vertragsauftiebung nur bei schwerwiegenden Äquivalenzabweichungen zulassen291, gegenüber jenen, die auch bei weniger gravierenden Sachmängeln die Wandelung ermöglichen und allenfalls eine generelle Bagatellgrenze für die Verantwortung des Verkäufers vorsehen. Bei näherer Betrachtung lassen sich hinter dem Begriff der Wesentlichkeit jedoch unterschiedliche Bewertungskriterien erkennen, die sich teilweise auf die Beeinträchtigung des Käufers durch den Sachmangel, teilweise auf die Belastung des Verkäufers durch die Vertragsaufhebung und teilweise auch auf die Möglichkeit alternativer Rechtsbehelfe beziehen. Im Vordergrund steht bei der Begrenzung der Vertragsaufhebung der Gedan­ ke, den Vertrag bzw. die daraus entstehenden Leistungspflichten möglichst aufrechtzuerhalten und die Vertragsaufhebung nur als letztes Mittel, eben bei schwerwiegenden Vertragsstörungen, zuzulassen292. Wirtschaftlich macht dieser „Vorrang des Vertrages” nur dann Sinn, wenn die Auflösung des Vertrages im Falle eines Sachmangels für die Parteien belastender ist als andere Möglichkeiten des Äquivalenzausgleichs. Als Nachteil der Vertragsaufhebung wurde schon früh vom gesamtwirtschaftlichen Standpunkt aus angeführt, daß für den Rücktransport der Kaufsache Kosten anfallen293. Dieser Aufwand entsteht jedoch regelmäßig ebenfalls bei der Nacherfüllung, wenn die Ware entweder gegen eine Ersatzlieferung ausgetauscht oder zur Reparatur gebracht wird294. Auch bei der Reduzierung des Kaufpreises geraten entsprechende Aufwendungen nur deshalb aus dem Blickfeld, weil sie im Bereich des Käufers entstehen, wenn er die mangelhafte Kaufsache beseitigen, austauschen oder reparieren läßt. Im Ergebnis fallen Transportkosten für die mangelhafte Ware

291 So in Österreich und der Schweiz, in den skandinavischen Rechten, in den Niederlanden, in England für den Verbraucherkauf und in Frankreich sowie Italien teilweise nach Rechtsprechung und Literatur; ebenso im Internationalen Kaufrecht sowie nach den Vertragsgrundregeln. Nach dem EG-Vorschlag sollten derartige Regelungen auch weiterhin im einzelstaatlichen Recht möglich sein. 292 So zum Einheitskaufrecht HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990 Rdnr. 19 zu Art. 45, V.CAEMMERER, in: FS Coing Bd. II, 1982, S. 50 f. 293 Vgl. mit ausdrücklichem Bezug auf „ernste volkswirtschaftliche Erwägungen” Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 240. Auch Basedow, Reform, 1988, S. 71, verweist auf den Rückabwicklungsaufwand, ebenso HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 55 zu Art. 46, vgl. auch Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 202; zur griechi­ schen Rechtsprechung s. o. nach Fn. 262. Aus ökonomischer Sicht handelt es sich dabei um Transaktionskosten, Henning, JhrbWirtWiss 1995, S. 90 f. 294 Sollte die Kaufsache beim Verkäufer nachgebessert werden, dürften durch die Anfahrtswege der Reparierenden eher noch höhere Kosten entstehen.

nur dann nicht an, wenn die Mängel so gering sind, daß auf ihre Behebung verzichtet werden kann. Aus modernerer ökonomischer Sicht ist aber darauf zu verweisen, daß beide Vertragspartner nach der Lösung vom ersten Kaufvertrag jeweils ein zweites Geschäft durchfuhren müssen, um ihre ursprünglich beabsichtigten Ziele zu erreichen: Der Käufer wird einen Kaufvertrag über die gewünschte mangelfreie Sache mit einem anderen Vertragspartner abschließen, während der Verkäufer die zurückerhaltene mangelhafte Sache - unter Umständen nach Reparatur erneut anbietet295. Dadurch entstehen zusätzliche Vertragskosten, um neue Leistungsbeziehungen herzustellen, die bei den anderen Rechtsbehelfen wegen der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses nicht anfallen296. Die Lösung der Parteien vom Vertrag entwertet damit die von ihnen bereits investierten Aufwendungen für den Abschluß, aber auch für eine bereits begonnene Durchführung, der Austauschbeziehung. Sie sollte daher nur zugelassen werden, wenn der Ausgleich der Äquivalenzverschiebung zwischen den Kaufvertragsparteien auf andere Weise nicht möglich ist oder vermutlich erheblich höhere Kosten verursacht297. Als gegenüber der Vertragsaufhebung günstigerer Rechtsbehelf wird in vielen Rechtsordnungen die Nachbesserung angesehen, was im Verhältnis zu allen anderen Käuferansprüchen in der Einräumung eines Mängelbeseitigungs­ rechtes des Verkäufers zum Ausdruck kommt298. Ausdrücklich wird die Nachbesserung gegenüber der Wandelung nur beim Verbraucherkauf vorgezo­ gen299. Im Gegensatz zu diesen Regelungen, bei denen der Verkäufer entschei­ den kann, ob für ihn im konkreten Fall die Mängelbehebung oder die Aufhe­ bung des Vertrages günstiger ist, steht eine generelle Bevorzugung der 295 In den Fällen, in denen die Sache nicht oder nur schwer weiterverkäuflich ist, entstehen zusätzliche Vermögensnachteile für den Verkäufer, Köhler, JZ 1984, S. 394. 296 Auf die Transaktionskosten für eine derartige effiziente „endgültige” Güterver­ teilung durch eine „Umtauschaktion” verweist auch Wehrt, ZWS 1993, S. 91, der insoweit Wandelung und Nachlieferung gleichsetzt. Ähnlich bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958). S. 240, der darauf hinweist, die Waren sollten „möglichst rasch in den Umlauf kommen”. 297 Nur in besonderen Fällen, etwa bei fallenden Marktpreisen, ist zusätzlich die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß der Käufer den Sachmangel nutzt, um sich von einem für ihn unvorteilhaft gewordenen Vertrag zu lösen, vgl. bereits Rabel, Waren­ kauf II, 1958 (1967), S. 240, wodurch er faktisch die Kosten seines Motivirrtums auf den Verkäufer bzw. im Endeffekt auf den Warenpreis abwälzt, Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 394. 298 Dazu u. dd) (2). 299 Dabei besteht nach dänischem Kaufrecht für den Verkäufer die Möglichkeit, die Vertragsaufhebung durch Nachbesserung zu vermeiden, während in Irland der Käufer die Nachbesserung zunächst verlangen muß.

Nachbesserung: Teilweise soll jede - objektiv - leichte oder einfache Mängel­ beseitigung die Vertragsaufhebung ausschließen300, teilweise wird die Lösung vom Vertrag allein bei unhebbaren bzw. nicht vollständig behebbaren Mängeln zugelassen301. Mit diesem Versuch einer objektiven Bestimmung werden aber nur die Fälle erfaßt, in denen der Vorteil der Nachbesserung oder der Vorteil der Wandelung üblicherweise auf der Hand liegen, nicht die weniger eindeuti­ gen Fallgestaltungen. Dafür wäre es erforderlich, auf die konkrete Belastung des Verkäufers durch die Wandelung abzustellen, wie es bei der Nacherfüllung häufig geschieht302. Bei der Vertragsaufhebung stellt dieses Kriterium eher die Ausnahme dar303. Im Ergebnis kann ein weithin uneingeschränktes Aufhebungsrecht des Käufers wie etwa in Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien damit die Gewährleistung für den Verkäufer verteuern und letztendlich beide Parteien belasten. Beschränkungen der Vertragsaufhebung auf „wesentliche” Äquiva­ lenzverschiebungen304 stellen jedoch meist zu unscharf auf die Beeinträchti­ gungen des Käufers ab und vernachlässigen dabei, daß auch in diesen Fällen eine andere Form des Äquivalenzausgleichs weniger Aufwendungen erfordern kann und damit beide Parteien entlastet werden.

Regelungen, die bei Arglist5 oder Vorsatz bzw. sogar grober Fahrlässigkeit des Verkäufers306 307 die Aufhebung des Vertrages durch den Käufer in jedem Falle zulassen, lasten dadurch dem Verkäufer unter Umständen höhere Kosten als bei der Inanspruchnahme anderer Rechtsbehelfe an. Damit wird derartiges Verhalten sanktioniert, und die Anreize für Verkäufer, bewußt mangelhafte Ware zu liefern, sinken308.

300 So nach Rechtsprechung bzw. Literatur in Frankreich und Italien. 301 So in Österreich bzw. Portugal. 302 Dazu o. aa). 303 Ausdrücklich wird es nur in den UNIDROIT-Principles, nach der Rechtspre­ chung in Griechenland und der Schweiz sowie für Extremfälle (Unzumutbarkeit) in Deutschland verwendet. 304 So in Skandinavien, den Common Law Staaten, der EG-Richtlinie sowie im Internationalen Kaufrecht, generell bei der Vertragsauflösung auch in den Niederlan­ den sowie in den beiden Vertragsgrundregeln. 305 So in Skandinavien. 306 So in den Vertragsgrundregeln. 307 In anderen Rechtsordnungen wird eine ähnliche Wirkung durch Schadensersatz­ ansprüche des Käufers erreicht, wie etwa in Deutschland nach § 463 Satz 2 BGB, wenn die Berechnung des Ausgleichs auf der Basis der Rückgabe der Kaufsache möglich ist („großer Schadensersatz“). 308 Zu dieser Funktion der Gewährleistung o. I.l.a).

Die Einhaltung einer besonderen Frist für die Inanspruchnahme der Vertrags­ aufhebung, welche entweder vom Verkäufer gesetzt werden kann309 oder in jedem Fall ab Erkennbarkeit des Mangels310 bzw. ab Lieferung der Kaufsache läuft311, ist dann sinnvoll, wenn die Durchführung dieser Art des Äquiva­ lenzausgleichs mit dem Ablauf der Zeit zunehmend aufwendiger wird. Da die oben erwähnten Transaktionskosten wenig zeitabhängig sind, steht eher die Schwierigkeit der Rückabwicklung, vor allem durch einen steigenden Wert­ verlust der Kaufsache, im Vordergrund312. 313 Das314 spricht dafür, neben einer schnellen Entscheidung des Käufers nach Erkennbarkeit des Mangels zusätz­ lich eine absolute Frist ab Übergabe der Ware zu verlangen, wie noch nach dem EG-Richtlinienvorschlag zum Verbrauchsgüterkauf13.

(2) Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen

Wenn die primären Vertragspflichten entfallen, kann auch der auf ihrer Grundlage begonnene oder durchgeführte Austausch der Leistungen nicht mehr aufrechterhalten werden, so daß als weitere Rechtsfolge der Vertragsauf­ hebung die Rückzahlung des vom Käufer gezahlten Kaufpreises (unten (a).) bzw. die Rückgabe der vom Verkäufer gelieferten Kaufsache (unten (b).) in das Blickfeld gerät. (a) Rückzahlung des Kaufpreises Sämtliche hier betrachteten Rechtsordnungen verpflichten den Verkäufer zur Rückgabe des bereits erhaltenen Kaufpreises, allerdings aufgrund unterschied­ licher dogmatischer Konstruktionen. Dabei wird ganz überwiegend eine schuldvertragliches Abwicklungsverhältnis vorgesehen, welches für den Käufer vorteilhafter ist, als der teilweise noch verwendete BereicherungsausgleichP^.

309 So in Deutschland und Griechenland. 310 So in Schweden und Finnland, im Internationalen Kaufrecht sowie ähnlich in England und Irland. Auch im römischen Recht war die actio redhibitoria von der Erkennbarkeit des Fehlers an befristet, allerdings auf sechs Monate, vgl. Zimmer­ mann, Obligations, 1990, S. 317 f. 311 So noch nach dem EG-Vorschlag zum Verbrauchsgüterkauf. 312 Ähnlich Abs. 5 der Begründung zu Art. 3 IV VbrKfRil-E, wonach „die Auflö­ sung des Kaufvertrages ... im Laufe der Zeit um so unzweckmäßiger werden, als sich die Nutzungsdauer verlängert“. Skeptisch Medicus, ZIP 1996, S. 1928. 313 Zu den Verjährungs- und Ausschlußfristen u. B.II.2.a) bb). 314 So zum deutschen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 6 zu § 467: „mildere Regeln des Bereicherungsrechts”.

In den mitteleuropäischen Kaufrechten sowie in den Niederlanden wird überwiegend eine vertragliche oder vertragsähnliche Rückabwicklung vorgesehen. Das deutsche Recht legt die Verpflichtung des Verkäufers zur Rückgabe der bereits erhaltenen Leistungen in § 467 Satz 1 BGB durch eine Verweisung auf die für das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften fest­ gelegt. Danach hat der Verkäufer den gezahlten Kaufpreis zu erstatten, denn aufgrund des ausdrücklich angeführten § 346 Satz 1 BGB haben die Parteien „einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.” Diese Konstruktion

der Rückabwicklung führt dazu, daß der Kaufvertrag durch die Wandelung nicht vollständig beseitigt, sondern in ein Rückgewährschuldverhältnis umge­ staltet wird315. Der zurückzuzahlende Kaufpreis ist vom Verkäufer außerdem ab

Empfang zu verzinsen (§ 347 Satz 3 BGB), allerdings nur in der gesetzlichen

Höhe von 4 % (§ 246 BGB) bzw. bei Handelskäufen von 5 % (§ 352 HGB). Auch nach dem Entwurf der Schuldrechtskommission soll es im deutschen

Recht bei den allgemeinen Rücktrittsfolgen bleiben, die nunmehr ausdrücklich auch bei gesetzlichen Rücktrittsrechten für anwendbar erklärt werden (§ 346 I

BGB-KE). Auf eine spezifizierte Zinspflicht wird dort für Geldleistungen je­

doch verzichtet, statt dessen wird darauf abgestellt, was der Schuldner bei ei­ genüblicher Sorgfalt (§ 347 II 2 BGB-KE) hätte erzielen können316. Das griechische Recht verweist dagegen hinsichtlich der Rechtsfolgen der

Wandelung nicht wie sein deutsches Vorbild auf die Rücktrittsvorschriften, sondern regelt die Durchführung der Wandelung in einer speziellen Bestimmung

des Kaufrechts. Inhaltlich besteht jedoch kein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht, denn nach Art. 547 Satz 2 AK hat der Verkäufer ebenfalls den Kaufpreis einschließlich der Zinsen herauszugeben. Da außerdem entsprechende

Rückgabepflichten des Käufers bestimmt werden (Herausgabe der Sache sowie der aus ihr gezogenen Nutzungen, Art. 547 Satz 1 AK317) entsteht auch hier ein

spezielles kaufrechtliches318 Rückgewährschuldverhältnis319. Das österreichische Gewährleistungsrecht regelt die Folgen der Aufhebung

des Vertrages nicht speziell. Da durch die vollzogene Wandlung die gegenseiti­ 315 Aus diesem Grunde sind die bereicherungsrechtlichen Vorschriften nicht an­ wendbar, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 14 a zu § 467. 316 Abschlußbericht, 1992, S. 190. 317 Dazu u. b). 318 Die Rechtsprechung wendet Art. 547 AK nicht nur bei der Wandelung sondern in allen Fällen an, in denen ein Kaufvertrag rückgängig gemacht wird, OLG Athen 2397 / 1968, NoB 1969, S. 428. 319 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 95, in: Handbuch, 1992, S. 516, bei Vourvouri, Sach­ mängelhaftung, 1998, S. 101, als „Abwicklungsverhältnis“, vgl. auch Bruegel, in: Untemehmensrecht, 1997, S. 120.

gen Rechte und Pflichten der Parteien rückwirkend erlöschen320, hat der Verkäu­

fer den bereits gezahlten Kaufpreis herauszugeben. Anders als bei der Irr­

tumsanfechtung, wo auch die dinglichen Wirkungen beseitigt werden, bleibt die Eigentumsübertragung bei der Aufhebung wegen eines Sachmangels wirksam,

so daß wie in Deutschland und Griechenland ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises besteht321. In der Schweiz wird wiederum in den Kaufvertragsvorschriften die Durch­

führung der Wandelung im Einzelnen geregelt. Danach hat der Verkäufer „den gezahlten Verkaufspreis samt Zinsen322 zurückzuerstatten” (Art. 208 II OR). Streit besteht nur darüber, ob es sich dabei um einen - besonders geregelten Bereicherungsanspruch handelt323 oder um einen andersartigen, der ungerecht­

fertigten Bereicherung jedoch ähnlichen Anspruch324. Im niederländischen Recht folgt schon aus der Anwendung der allgemeinen Be­

stimmungen zur Vertragsauflösung auch im Fall von Sachmängeln der Kaufsa­ che (Art. 6:265 BW), daß die Rückgewährpflicht des Verkäufers hinsichtlich des vom Käufer gezahlten Kaufpreises diesen Regeln zu entnehmen ist. Darin

wird ein schuldrechtlicher Anspruch vorgesehen, die erhaltenen Leistungen zu­

rückzugeben (Art. 6:271 Satz 2 BW. „een verbintenis tot ongedaanmaking van de reeds door hen ontvangen prestaties").

Innerhalb der romanischen Rechtsordnungen sind die unmittelbar aus der Wandelung abgeleiteten Rechtsfolgen nahezu identisch, abgesehen von Portugal. Hier wird die Rückzahlung des Kaufpreises meist speziell bestimmt, was für ein vertragliches Abwicklungsverhältnis spricht. Nach französischem Recht hat der Verkäufer den Preis zurückzuerstatten

(Art. 1644 CdeC: „restituer le prix”), ebenso auf der Grundlage gleichlautender

Gesetzesvorschriften in Luxemburg sowie in Belgien (Art. 1644 BW: „de prijs

te doen terugbetalen”). Die seit der Zahlung angefallenen Zinsen werden nicht

genannt, aber sie könnten in Frankreich bei einer weiten Auslegung der durch

320 DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 26 zu § 932. 321 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 144, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht, 1992, S. 257. 322 Hier handelt es sich ebenfalls um die gesetzlich vorgeschriebenen Zinsen, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 208, nach Art. 73 I OR also in Höhe von 5%. 323 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 163, in: Handbuch, 1992, S. 938, mit dem Argument der Kausalität des Eigentumsübergangs, dazu BG v. 17.2.1983, BGE 109 II S. 26 (30). 324 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 208.

den Kauf entstandene Kosten nach Art. 1646 CdeC vom Käufer zurückzuer­ statten sein325. Auch das italienische Kaufrecht regelt ausdrücklich, daß der Verkäufer im

Falle der Aufhebung des Vertrages den bereits gezahlten Preis zurückzugeben hat (Art. 1493 CceC: „il venditore deve restituire il prezzo”). Dabei handelt es

sich nicht um eine Entschädigungsverpflichtung, sondern nur um die Konse­ quenz aus dem Fortfall des Anspruchs, welcher der Leistung zugrundeliegt326. Allerdings ist dies für die Zinsen ab Zahlung durch den Käufer umstritten327: Zinsen hat der Verkäufer aufjeden Fall zu entrichten, wenn ihm diese durch den Käufer gern. Art. 1499 CceC für die nutzbringende Überlassung der Kaufsache

vor der Kaufpreiszahlung gezahlt wurden, oder er kann sie als Verzugszinsen ab Auflösung des Kaufvertrages verlangen328. Teilweise wird aber für den Zinsentgang ähnlich wie bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ent­ sprechend Art. 2033 CceC auf den Zeitpunkt der Zahlung abgestellt329. Das spanische Recht verpflichtet den Verkäufer im Falle des Rücktritts vom

Vertrag ausdrücklich zur Erstattung der vom Käufer gezahlten Kosten

(Art. 1486 I CgoC-E: „abonandosele los gastos que pago”), wozu in erster Li­ nie der entrichtete Kaufpreis gehört. Dagegen wird in Portugal der Kaufvertrag durch die Anfechtung entsprechend der Irrtumsregeln rückwirkend vollkommen beseitigt (Art. 251.° CgoC-P)330. Damit ist alles das, was bereits geleistet worden ist, zurückzugeben331. Es dürfte sich hier also um einen zumindest bereicherungsähnlichen Anspruch handeln.

Ähnlich wie die bisher betrachteten romanischen Rechtsordnungen regeln auch die skandinavischen Kaufrechte die Rückabwicklungsfolgen der Vertragsauf­ 325 Ohne Bezug auf eine Rechtsgrundlage auch Wenner/Schödel Rdnr. 139, in: Handbuch, 1992, S. 457. Zum Ersatz fehlgeschlagener Aufwendungen im übrigen u. (3). Ausdrücklich werden die Zinsen nur bei der Schadensersatzpflicht des Art. 1645 CdeC erwähnt. 326 Bianca, vendita, 1993, S. 974, 976 (n. 438), also liegt praktisch ein Bereiche­ rungsanspruch vor. 327 Dafür aber noch der Vorschlag für die Regelung des Schuldrechts im Codice Civile, nach Bianca, vendita, 1993, S. 974 Fn. 1 (n. 438). 328 Bianca, vendita, 1993, S. 674. Für den unverschuldet eine mangelhafte Sache leistenden Verkäufer entspricht dies der Zurückforderung einer Nichtschuld gern. Art. 2033 CceC, wonach derjenige, der gutgläubig die Zahlung erhielt, Zinsen erst vom Tag der Anspruchserhebung an zahlen muß, und nur der Bösgläubige diese bereits vom Tag der Zahlung an zu leisten hat. 329 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 103. 330 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 23. 331 Vgl. Lopes Dias Rdnr. 21, in: Handbuch, 1992, S. 851.

hebung in spezieller Weise, wobei ebenfalls eine eher vertragsähnliche Konstruktion der Rückzahlungsverpflichtung gewählt wird.

Nach dem dänischen Kaufgesetz werden die Rückabwicklungsansprüche selbst nicht herausgestellt. Die Rückzahlung des bereits entrichteten Kaufpreises kann

der Käufer bereits deshalb verlangen, weil durch die Vertragsaufhebung der Kaufvertrag beseitigt wird332. Diese bereicherungsähnliche Rechtsfolge wird dadurch vertraglich ausgestaltet, daß für die gegenseitige Rückerstattung eine

Zug-um-Zug-Verpflichtung bestimmt wird: Der Käufer ist nicht berechtigt, den

Kaufpreis zurückzubekommen, wenn er nicht ebenfalls das Empfangene zu­ rückliefert (§ 57 I KbL: „koberen ikke berettigt til at fa kobesummen tilbage, medmindre han tilbageleverer det modtagne”). Das schwedische und das finnische Kaufgesetz sehen dagegen unmittelbar

vor, nach Aufhebung des Kaufes dürfe jede Partei fordern, daß die Gegenpartei zurückgewährt, was sie entgegengenommen hat (§ 64 II 1 KpL/KppL: „far var-

dera parten kräva att motparten lämnar tillbaka vad han har tagit emot”, ebenso § 43 II KonsKpL). Der Verkäufer, der die Zahlung zurückerstatten muß („säl­ jaren skall lämna tillbaka betalningen"), hat auch Zinsen ab Entgegennahme der

Zahlung zu entrichten („ränta frän den dag han tog emot betalningen”, § 65 II KpL/KppL, § 44 II KonsKpL).

In den Sale of Goods Acts der europäischen Common Law Rechtsordnungen wird dagegen über die Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen nichts gesagt.

In England und Irland muß die Verpflichtung des Verkäufers, den Kaufpreis zurückzuzahlen, aus dem Case Law entnommen werden. Daraus ergibt sich,

daß im Falle der Zurückweisung der Ware durch den Käufer die Verpflichtung

zur Gegenleistung entfallt. Somit fehlt dem Kaufvertrag mm die notwendige consideration, so daß er unwirksam wird und für die Kaufpreiszahlung keine Rechtsgrundlage mehr besteht333. Auf den bereits entrichteten Kaufpreis ist aus

diesem Grunde eine Art Bereicherungsanspruch anzuwenden.

Auch das internationale Kauf- und Vertragsrecht sieht besondere Rückzah­

lungsregeln vor, läßt aber die Zuordnung des Anspruchs zum Vertrags- oder Bereicherungsrecht offen.

332 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 106, vgl. auch Steinrücke Rdnr. 163, in: Handbuch, 1992, S. 179. 333 Zum englischen Recht Atiyah, Sale of Goods, 1995, S. 455, zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, S. 79. Vgl. auch Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 268.

Die Regelung des Internationalen Kaufrechts entspricht auch in dieser Frage

der in den schwedischen und finnischen Kaufgesetzen: Jede Partei kann bei

Aufhebung des Vertrages „Rückgabe des von ihr Geleisteten” fordern („restitu­

tion / the return ... of whatever ... supplied or paid under the contract”, Art. 81II2 CISG / Art. 78 II EKG)334. Dabei wird der Zins „vom Tag der Zahlung an” („interest ... from the date on which the price was paid / of pay­ ment”, Art. 84 I CISG / Art. 811 EKG) ausdrücklich eingeschlossen. Nur das frühere Einheitskaufrecht setzte dafür auch einen Zinssatz - ein Prozent über dem Diskontsatz - fest (Art. 83 EKG)335. Nach den Europäischen Vertragsgrundregeln wird die „Rückerstattung von

Geld” bei Aufhebung des Vertrages besonders bestimmt (Art. 4.307 Eur-Princ),

während die UNIDROIT Principles in diesem Fall nur generell die Rückerstat­

tung des Geleisteten vorsehen (Art. 7.3.6 I UD-Princ: „either party may Claim restitution of whatever it has supplied”). In der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird die Rechtsfolge der „Ver­ tragsauflösung” gern. Art. 3 II, V VbrKfRil nicht bestimmt. Nur aus der Be­ gründung des Richtlinien-Vorschlags ist zu entnehmen, daß bei der „Kündi­ gung (!) des Vertrags” der gezahlte Preis zurückzuerstatten ist336.

Damit sehen alle einbezogenen Rechtsordnungen bei der Aufhebung des Vertrages eine Rückerstattung des Kaufpreises vor. Abweichungen zwischen den nationalen rechtlichen Regelungen entstehen aber dadurch, daß diese Rechtsfolge unterschiedlichen Beschränkungen unterworfen wird, je nachdem ob sie, wie in der Mehrzahl der Fälle, als vertragliche Rückabwicklung angesehen wird oder als meist etwas schwächer ausgestalteter337 Bereiche­ rungsanspruch338. Unsicherheiten des Bereicherungsrechts mindern den Wert des Ausgleichsanspruchs für den Käufer und beeinträchtigen damit die Wirk­ samkeit der Vertragsaufhebung. Um dies zu vermeiden ist es sinnvoll, für die Vertragsaufhebung im Fall eines Sachmangels eine spezielle vertragliche Verpflichtung des Verkäufers zur Rückzahlung des Kaufpreises vorzusehen. Zur Klarstellung sollte auch eine Regelung zur Erstattung der dem Käufer entgangenen Zinsen hinzugefugt werden. Vom Standpunkt einer Wiederher334 Für eine Qualifikation als vertraglichen Anspruch, allerdings mit Anklängen an die Bereicherung, WEBER/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 15 zu Art. 81. 335 Im UN-Kaufrecht muß dagegen über das IPR die anwendbare Zins-Regel be­ stimmt werden, MAGNUs/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 10 zu Art. 84. 336 Begründung Abs. 2 zu Art. 3 IV VbrKfRil-E. 337 Rechtsvergleichend etwa zu den Fallgruppen der „Entreicherung" Zweigert/ Kötz, Einführung, 1996, S. 585 ff. 338 So in der Schweiz, in Portugal, England und Irland sowie in Italien.

Stellung des vor Vertragsschluß bestehenden Zustandes kann dabei nicht nur auf die vom Verkäufer erlangten oder vermuteten Zinsvorteile abgestellt werden339. Eine Pauschalregelung sollte jedoch keine absolute Zinshöhe festlegen, sondern an das allgemeine Zinsniveau anknüpfen, wie es früher im EKG bestimmt war und nun auch im Vorschlag einer EG-Richtlinie zum Zahlungsverzug im Handelsverkehr vorgesehen ist340. (b) Rückgabe der Kaufsache Der Käufer hat in der Regel bei der Inanspruchnahme der Gewährleistung die Ware bereits erhalten, es sei denn er hat sie aufgrund des Mangels zurückge­ wiesen. In diesen Fällen folgt die Herausgabe der gelieferten Ware grundsätz­ lich den gleichen Regeln, die für die Rückzahlung des Kaufpreises erörtert wurden341. Den dort aufgeführten Zinsansprüchen steht die Erstattung von Nutzungen und Gebrauchsvorteilen der Kaufsache durch den Käufer gegen­ über, die vielfach ausdrücklich geregelt wird. In Deutschland hat der Käufer nach §§ 467 Satz 1 i.V.m. 347 Satz 2, 987 BGB

Ersatz für gezogene oder schuldhaft nicht gezogene Nutzungen zu leisten, in Griechenland die gezogenen Nutzungen herauszugeben (Art. 547 Satz 1 2.HS AK). Auch in der Schweiz hat der Käufer die Sache „nebst dem inzwischen be­ zogenen Nutzen” (Art. 208 I OR) zurückzugeben. Nach dem Entwurf der Schuldrechtskommission sollen in Deutschland auch in Zukunft „die gezogenen

Nutzungen” herausgegeben werden (§ 346 I BGB-KE), während im übrigen nur

noch für die nach eigenüblicher Sorgfalt möglichen Nutzungen Ersatz geleistet werden muß (§ 347 I BGB-KE).

Auch in den romanischen Kaufrechten wird die Herausgabe der gezogenen Früchte durch den Käufer von der Rechtsprechung verlangt342.

Ebenso muß der Käufer nach dem schwedischen und finnischen Kaufgesetz ausdrücklich den Ertrag, den er mit der Ware erzielt hat („den avkastning av

varan som han har fatt”) herausgeben oder angemessenen Ersatz für einen ande­

ren Nutzen der Ware zahlen („skälig ersättning om han har haft annan nytta av varan”, § 65 I KpL/KppL, § 44 I KonsKpL).

339 So aber HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 1 zu § 467. 340 Art. 3 I e) des Geänderten Vorschlags einer Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Handelsverkehr, AB1EG 1998 C 374/4, legt 8 Prozentpunkte über dem Repo-Satz der Europäischen Zentralbank fest. Für eine derartige relative Zinshöhe auch Kindler, Zinsansprüche, 1996. 341 S.o. (a). 342 Zum französischen Recht vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G616.

Ähnlich schuldet der Käufer nach dem Internationalen Kaufrecht „den Gegen­ wert aller Vorteile, die er aus der Ware ... gezogen hat” („all benefits which he has derived from the goods”, Art. 84II CISG, ebenso früher Art. 81II EKG).

Bei der Rückabwicklung der Sachleistung ergeben sich dann Probleme, wenn der Käufer dem Verkäufer die Ware nicht oder nur verschlechtert zurückge­ ben kann. In diesen Fällen kann entweder die Aufhebung des Vertrages ganz ausgeschlossen oder ein Wertausgleich vorgesehen werden. Die einbezogenen Rechtsordnungen unterscheiden sich außerdem erheblich danach, welcher der Vertragsparteien sie bestimmte Risiken einer Zerstörung oder einer Beschädigung der Kaufsache zuweisen. Ein großer Teil der hier betrachteten Rechtsordnungen beläßt dem Käufer die Möglichkeit zur Aufhebung des Kaufvertrags auch dann, wenn er die Kauf­ sache nicht oder nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand zurückgegen kann. Dabei wird vorausgesetzt, daß ihm die Störung der Rückgabe nicht anzulasten ist. Damit sehen diese Kaufrechte den Verkäufer als für die Ursache der Rückabwicklung letztendlich verantwortlich an343. Die mitteleuropäischen Rechtsordnungen treffen diesbezüglich eine nach zahlreichen Fallgruppen differenzierte Regelung. Das deutsche Recht verweist in § 467 Satz 1 BGB hinsichtlich der Durchfüh­

rung der Wandelung auf die Regeln des vertraglichen Rücktrittsrechtes. Dort ist bestimmt, der Rücktritt werde „nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gegen­ stand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist” (§ 350 BGB). Dem Untergang gleichbehandelt wird eine wesentliche Ver­

schlechterung, wie §351 Satz 1 BGB verdeutlicht, der den Rücktritt aus­

schließt, wenn derartig gravierende Rückgabestörungen vom Käufer „verschul­

det” werden. Eine unwesentliche Verschlechterung, die der Käufer zu verant­

worten hat, führt dagegen nur zu einem Schadensersatzanspruch für den Ver­ käufer (§ 347 Satz 1 i.V.m. § 989 BGB). Da diese Regelungen an vertraglich vereinbarten und damit „vorhersehba­

ren” Rücktrittsgründen ausgerichtet sind, ist es äußerst umstritten, welcher Ri­ sikobereich dem von einem Sachmangel unerwarteterweise betroffenen Käufer damit zugewiesen wird. Die durch den Sachmangel ausgelöste Zerstörung oder

Verschlechterung der Sache gilt jedenfalls als Zufall, weil sie nicht auf ein Ver­ schulden des Käufers im Sinne des § 351 Satz 1 BGB zurückzuführen ist344. 343 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 247. 344 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 63 zu § 467, unter Hinweis auf § 467 Satz 1 2.HS BGB. Dazu auch v.Caemmerer, in: FS Larenz, 1973, S. 627 f.

Auch eine Verschlechterung durch die Benutzung der Kaufsache ist, solange

dadurch nicht besondere Gefahren für sie entstehen und somit zumindest fahr­ lässiges Handeln des Käufers anzunehmen ist, nicht als schuldhaft anzusehen345. Dasselbe gilt entgegen der Grundregel des § 352 BGB ausdrücklich für die

Umgestaltung der Kaufsache etwa durch Verarbeitung, und entsprechend auch für den Verbrauch346, wenn der Mangel sich erst zu diesem Zeitpunkt gezeigt hat (§ 467 Satz 1 2.HS BGB). Das bedeutet andererseits, daß jede Veränderung

der Sache durch den Käufer in Kenntnis des Mangels die Wandelung aus­ schließt. Auch daraus kann aber nicht entnommen werden, daß bereits die bloße Benutzung - und damit die allenfalls abstrakte Möglichkeit einer Veränderung der Kaufsache - durch einen „bösgläubigen” Käufer zum Verlust des Wande­ lungsrechts fuhrt, selbst wenn dadurch eine Verschlechterung oder Zerstörung eintritt, die die Rückgabe verhindert347, denn insofern stellt das Gesetz nur auf

Verschulden oder Nichtverschulden des Käufers bezüglich des Untergangs oder der Verschlechterung der Sache, nicht aber bezüglich der Mangelkenntnis ab348.

Die Verfügung des Käufers über die Sache durch Weiterveräußerung schließt zwar allein die Wandelung noch nicht aus349, aber die Unmöglichkeit

der Herausgabe durch Verschulden (dazu gehört auch die Umgestaltung trotz Mangelkenntnis) des Abnehmers (§ 353 I BGB). Insofern wird dem Käufer nur

das Verschulden seines Vertragspartners zugerechnet, während ein zufälliger Untergang beim Zweitkäufer, vor allem infolge des Sachmangels, den Wande­ lungsanspruch nicht berührt. Ansonsten wird der Rücktritt immer dann ausge­

345 BGH v. 11.7.1958, NJW 1958, S. 1773 f., Larenz, Schuldrecht 1/1, 1987, S. 409, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 4 f. zu § 467, will davon die „übermä­ ßige Nutzung” unterscheiden, weitergehend HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 467: jedes „freie(s) Verhalten” des Käufers als Verschulden, selbst wenn „mit aller Sorgfalt” gehandelt wurde, ebenso noch Larenz, Schuldrecht 1/1, 1982, S. 378 f. Zur Weiterbenutzung nach Kenntnis des Wandelungsrechts als Grund für die Verwirkung der Gewährleistungsansprüche BGH v. 2.2.1994, NJW 1994, S. 1004 (1005). 346 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 7 zu § 467, v.Caemmerer, in: FS Larenz, 1973, S. 632. 347 BGH v. 16.6.1971, NJW 1971, S. 1810 f. Anders noch RG v. 3.7.1934, RGZ 145, S. 79 (83 f.), ab Wandelungsbegehren des Käufers, dagegen dezidiert HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 73 zu § 467, mit dem Argument, nicht der Käufer durch die Benutzung sondern der Verkäufer durch Untersagung derselben handele widersprüch­ lich, wenn er in die Wandelung einwilligen müsse. 348 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 19 zu § 467. 349 RG v. 8.2.1902, RGZ 50, S. 188 (190), WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 7 zu § 467. Dies galt jedoch nach gemeinem Recht und war auch in den Entwürfen des BGB noch so vorgesehen, vgl. Raisch, in: FS Duden, 1977, S. 404.

schlossen, wenn der Käufer sich die Kaufsache tatsächlich nicht wiederbeschaf­ fen kann350. Im schweizerischen Recht ist ausdrücklich geregelt, daß „Wandelung auch dann begehrt werden (kann), wenn die Sache infolge ihrer Mängel ... untergegangen

ist”, aber darüberhinaus bleibt auch bei jedem zufälligen Untergang die Wan­ delungsmöglichkeit erhalten (Art. 207 I OR)351. Wie im deutschen Recht hat der Verkäufer dagegen keine Vertragsaufhebung zu befurchten, wenn die Rückgabe der Sache „durch Verschulden des Käufers” unmöglich wird352 oder wenn sie

„weiter veräußert oder umgestaltet” worden ist (Art. 207 III OR). Obwohl auf die Mangelkenntnis des Käufers nicht abgestellt wird, soll - wie in Deutschland - die Wandelung zulässig bleiben, wenn sich der Mangel erst bei der Umge­ staltung zeigt353. Ab Zustimmung des Verkäufers zur Wandelung hat der Käufer

dann eine besondere Obhutspflicht für die Kaufsache354.

Die Common Law Rechtsordnungen Europas stellen zwar für die Zulässigkeit der Vertragsaufhebung nicht darauf ab, ob die Rückgabe der Sache noch möglich ist oder nicht, sondern fragen danach, ob der Käufer durch sein Verhalten zu erkennen gibt, daß er grundsätzlich den Vertrag aufrechterhalten will („acceptance”). Damit weisen sie aber im Ergebnis das Risiko zufälliger Rückgabestörungen der Kaufsache ebenfalls dem Verkäufer zu. Das englische und das irische Kaufgesetz sehen zunächst jede Handlung des Käufers an den gelieferten Waren, die mit dem Eigentum des Verkäufers unver­

einbar ist (sec. 35 I b) SGA-GB/ sec. 35 SGA-IRL: „when the goods have been

delivered to [the buyer] and he does any act in relation to them which is inconsistent with the ownership of the seller") als Annahme („acceptance”) der Sache

350 So RG v. 8.2.1902, RGZ 50, S. 188 (190), dafür auch HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 75 zu § 467, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 7 zu § 467, Raisch, in: FS Duden, 1977, S. 407. 351 Aufgrund des Kausalitätsprinzips für die Eigentumsübertragung entspricht diese Regelung dem allgemeinen Grundsatz, nach dem der Eigentümer - also nach Auflö­ sung des Vertrages wiederum der Verkäufer - die Sachgefahr trägt, vgl. Keller­ Schwegler Rdnr. 164, in: Handbuch, 1992, S. 938, ähnlich mit Bezug auf Art. 185 ORBG v. 17.2.1983, BGE 109 II S. 26 (30). 352 Der Gebrauch der Sache spielt nur insofern eine Rolle, als er nach Bekanntwer­ den des Mangels entweder als (stillschweigender) Verzicht des Käufers auf Wandelung angesehen werden oder zur Verwirkung dieses Rechtsbehelfs führt, BG v. 23.3.1979, BGE 105 II S. 90 (91). 353 So HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 207, allein mit Hinweis auf § 467 Satz 1 2.HS BGB. 354 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 164, in: Handbuch, 1992, S. 938, unter Hinweis auf BG v. 17.2.1983, BGE 109 II S. 29 f.

an, die eine Aufhebung des Vertrages ausschließt („Where ... the buyer has accepted the goods ... the breach of a [any] condition to be fulfilled by the seller

can only be treated as a breach of warranty, and not as a ground for rejecting the goods and treating the contract as repudiated”, sec. 11 IV SGA-GB / sec. 11III SGA-IRL). Damit behält der Käufer grundsätzlich das Recht, den

Vertrag als aufgelöst anzusehen, auch wenn die Kaufsache durch einen Man­ gel355 oder durch Zufall356 untergeht, denn in diesen Fällen hat er keine den Ver­ käufer beeinträchtigende Handlung vorgenommen. Dagegen stellt die Weiter­ veräußerung357, egal ob die Rückgabe noch möglich ist358, und auch die Verar­

beitung der gelieferten Ware ein Verhalten des Käufers dar, welches das Ei­ gentum des Verkäufers an der Sache beeinträchtigt359 und die Rückabwicklung ausschließt.

Darüberhinaus gilt auch schon das bloße Behalten der Waren durch den

Käufer ohne eine Erklärung des Zurückweisens (sec. 35 LV SGA-GB / sec. 35 SGA-IRL: „he retains the goods without intimating to the seller that he has rejected them”) als Annahme360. Dadurch wird das Risiko des Verkäufers, bei zu­

fällig eintretender Rückgabebeeinträchtigung den Vertrag trotzdem rückab­ wickeln zu müssen, zumindest zeitlich eingeschränkt. Der Hinweis auf eine an­

gemessene Zeitspanne im englischen Kaufgesetz (sec. 35 IV SGA-GB: „after

the lapse of a reasonable time”) steht im Zusammenhang mit der Untersu­

chungsmöglichkeit des Käufers: Erst nachdem er eine zumutbare Gelegenheit zur Überprüfung der Sache hatte, kann von einer Annahme ausgegangen wer­ den, wie es im irischen Kaufgesetz nun ausdrücklich bestimmt wird (sec. 34 I SGA-IRL: „[the buyer] is not deemed to have accepted them until he has had a reasonable opportunity of examining them”)361, während das englische Kaufge­ setz die „reasonable opportunity of examining the goods“ (sec. 35 V SGA-GB)

355 Zum englischen Recht Adam v. Newbigging, 13 A.C. 308 (1888), vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 246. 356 Zum englischen Recht Chapman v. Withers (1888), 57 L.J. Q.B. 457, vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 248, anders Reynolds 12-043, in: Benjamin’s Sale of Goods, 1992, S. 533, vgl. auch Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 100. 357 Zum englischen Recht Bridge, Sale of Goods, 1997, S.172 f., zum irischen Recht Hardy & Co v. Hillerns & Fowler (1923) 2 K.B. 490. 358 Vgl. dazu Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 250. 359 Jedenfalls soweit es erfolgt, nachdem der Käufer Gelegenheit hatte, die Ware zu untersuchen, wie es das irische Kaufrecht ausdrücklich vorsieht (sec. 34 I SGA-IRL). 360 Dazu näher u. B.II.2.a) aa) (1) (d). 361 Vgl. Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 101. Im übrigen ist die Prüfung auf Fehler nach irischem Recht als ausreichender Grund (sec. 35 SGA-IRL: „without good and sufficient reason”) dafür anzusehen, daß der Käufer die Sache (noch) behält, allerdings sind hier auch andere Rechtfertigungen möglich, die eine Annahme ausschließen, Forde, Commercial Law, 1990, S. 81.

als ein Kriterium unter mehreren heraushebt. Damit wird der Zeitraum, in dem

der Verkäufer das Risiko trägt, die Sache nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückzuerhalten, relativ kurz gehalten, wodurch die Belastung des

Kaufvertrages mit diesem Risiko niedrig bleibt.

Auch alle skandinavischen Rechtsordnungen lasten vom Käufer nicht herbei­ geführte Rückgabestörungen bei der Vertragsaufhebung dem Verkäufer an362. Das dänische, das schwedische und das finnische Kaufgesetz sehen in ihren

Regelungen zur Aufhebung des Kaufes zwar vor, daß der Käufer die Kaufsache in wesentlich demselben, unveränderten Zustand zurückgeben muß, wie er sie

erhalten hat (§ 57 I KbL: „tilbageleverer det modtagne i vsentlig samme stand ... hvori det var ved leveringen" / § 66 I KpL/KppL, § 45 I KonsKpL: „om han kan lämna tillbaka varan väsentligen oförändrad"). Die Vertragsaufhebung

bleibt aber in allen diesen Rechtsordnungen möglich, obwohl die Sache unter­

geht oder verändert wird, wenn dies auf ein zufälliges, nicht vom Käufer abhän­ gendes Ereignis (§ 58 KbL: „genstanden er gäet til gründe eller forandret ... skyldes en haendelig begivenhed" / § 66 II Zff. 1 KpL/KpL, § 45 II Zf. 1

KonsKpL: „varan har förstörts ... förhallande som inte beror pä köparen") oder auf die Beschaffenheit der Sache selbst zurückzuführen ist (§58 KbL: „gen­ standens egen beskaffenhed" / § 66 II Zff. 1 KpL/KpL, § 45 II Zff. 1

KonsKpL: „sin egen beskaffenhet"). Letzteres gilt vor allem, wenn Mängel zum Untergang fuhren. Eine aufgrund einer Untersuchung der Sache durch den Käu­ fer erforderliche Veränderung der Sache schadet ebenfalls nicht (§58 KbL: „foranstaltninger, som udkrvedes til dens undersgelse" / § 66 II Zff. 2 KpL/KppL, § 45 II Zf. 2 KonsKpL: „atgärd som har varit behövlig för att un-

dersöka om varan”). Wohl angesichts der Schwierigkeiten, die andere Rechtsordnungen mit der Einordnung der schlichten Benutzung der Sache haben363, wird im dänischen Kaufgesetz ausdrücklich festgelegt, daß alle Maßnahmen, die vor Entdeckung

oder Entdeckbarkeit des Mangels vorgenommen werden, d.h. auch jeder Ge­

brauch der Kaufsache, die Aufhebung des Vertrages nicht verhindern („foran­

staltninger, ... som er trufne inden den mangel ... er opdaget eller burde vre opdaget”, Art. 58 KbL). Im schwedischen und finnischen Kaufgesetz wird noch präziser dem Käufer die Verwendung für einen vorausgesetzten Gebrauch vor

Mangelkenntnis bzw. Kennen müssen ausdrücklich gestattet (§ 66 II Zff. 3

362 Vgl. bereits RABEL, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 247. 363 Dazu o. bei Fn. 347 zum deutschen und u. nach Fn. 385 zum italienischen Recht. RABEL, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 250, spricht diesbezüglich von einer „originellen Bestimmung”.

2.A lt KpL/KppL, § 45 II KonsKpL: „för förutsatt bruk innan han markte eller borde ha märkt det fei”), außerdem außerhalb des Verbraucherkaufs die Wei­ terveräußerung im normalen Geschäftsgang (§ 66 II Zff. 3 l.Alt KpL/KppL:

„varan ... har sälts vidare i vanlig ordning”). Bei einer Verschlechterung der

Ware hat der Käufer in diesen beiden Rechtsordnungen immer daß Recht, die Aufhebung des Kaufes zu ermöglichen, indem er dem Verkäufer den Wertver­ lust der Ware ersetzt (§ 66 III KpL/KppL: „om köparen ersätter säljaren den

minskning i varans”). Diese skandinavischen Regelungen entsprechen weitgehend dem Internationa­ len Kaufrecht^ nach dem die Vertragsaufhebung zunächst ebenfalls ausge­ schlossen wird, wenn es dem Käufer „unmöglich ist, die Ware im wesentlichen

in dem Zustand zurückzugeben, in dem er sie erhalten hat” („if it is impossible

... to make restitution of the goods substantially in the condition in which he received them”, Art. 82 I CISG, ebenso Art. 79 I EKG: „in dem Zustand ... in

dem er sie erhalten hat” / „in the condition in which he received them”, mit einer Bagatellausnahme in Art. 79 II e) EKG: „Verschlechterung ... unbedeutend” / „deterioration ... unimportant”). Die Vertragsaufhebung bleibt jedoch ebenfalls

möglich, wenn die Rückgabestörung „nicht auf einer Handlung oder Unterlas­ sung des Käufers beruht” („not due to [the buyers] act or omission", Art. 82 II a) CISG, ebenso bereits Art. 79 II d) EKG), wobei die Verursachung durch den Sachmangel darunter fallt364, wenn sie eine Folge „der ... Untersu­ chung” ist („as a result of the examination", Art. 82 II b) CISG, ebenso bereits

Art. 79 II b) EKG), und schließlich wenn sie „der normalen Verwendung” vor

Erkennen oder Erkennbarkeit des Fehlers entspricht („in the course of normal use”, Art. 82 II c) 2.Alt CISG, ebenso bereits Art. 79 II c) EKG365) bzw. durch den Verkauf „im normalen Geschäftsverkehr” verursacht wurde („have been

sold in the normal course of business", Art. 82 II c) 1 .Alt, insoweit noch nicht im EKG enthalten).

Das neue niederländische Burgerlijk Wetboek schließt das Aufhebungsrecht des Käufers bei Sachmängeln in keinem Fall mehr aufgrund von Beeinträchti­ gungen der Rückgabe der Kaufsache aus. Vielmehr verpflichtet es den Käufer 364 LESER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 19 zu Art. 82. Im früheren Haager Kaufrecht war diese Fallgruppe noch gesondert aufgeführt (Art. 79 II a) EKG: „infolge der Vertragsverletzung ... untergegangen oder verschlechtert” / „perished or deteriorated as a result of the defect”). 365 Allerdings wurde der Zeitraum bis zur tatsächlichen Entdeckung des Mangels erfaßt, andererseits galt die Regel nur für den Verbrauch oder die Veränderung eines Teils der Sache, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 13 zu Art. 79 EKG

zu einem Wertersatz, Jedoch nicht bei zufälligen Rückgabestörungen. Ähnlich verfahren die europäischen und internationalen Vertragsgrundregeln sowie das deutsche Reformvorhaben. Nach niederländischem Recht belastet bereits der zufällige Untergang oder die zufällige Verschlechterung der Sache den Verkäufer, denn nach den auch auf die Rückgabepflichten anzuwendenden allgemeinen Leistungsstörungsre­ geln366 haftet der Käufer für seine unzulängliche Leistung - hier: die Rück­

gabe der Kaufsache - nicht, wenn sie nicht durch sein Verschulden verursacht

worden ist (Art. 6:75 BW: „een tekortkoming kan de schuldenaar niet worden toegerekend, indien zij niet is te wijten aan zijn schuld”). Liegt dagegen ein

schuldhaftes Verhalten des Käufers zugrunde, kann der Verkäufer auch inso­ weit Schadensersatz verlangen (Art. 6:74 BW)367. Das Verschulden des Käu­ fers ist in diesen Fällen jedoch besonders geregelt. Zwar kann er grundsätzlich nach der Ablieferung mit der Sache „tun und lassen was er will”368, 369 so daß Beeinträchtigungen aufgrund der bloßen Benutzung der Sache durch den Käu­

fer ihn nicht belasten. Aber er muß dann, wenn er beabsichtigt, die Sache nach Empfang abzulehnen (Art. 7:29 I BW: „heeft de koper de zaak ontvangen doch is hij voornemens deze te weigeren”), sowie von dem Zeitpunkt, von dem

an er vernünftigerweise damit rechnen muß, daß er die Sache zurückzugeben

hat (Art. 7:10 IV BW: „van het ogenblik af dat hij redelijkerwijs rekening moet houden met het feit dat hij de zaak zal moeten teruggeven") sich wie ein

sorgfältiger Schuldner um den Erhalt der Sache kümmern („als een zorgvuldig schuldenaar voor het behoud ervan zorgen")369. Führt eine Verletzung dieser

gesteigerten Sorgfaltspflicht dazu, daß die Rückgabe der Sache unmöglich gemacht wird, so hat der Verkäufer ebenfalls einen Anspruch auf Schadenser­ satz gegen den Käufer370. Die Weiterveräußerung der Kaufsache durch den Käufer wird nicht speziell geregelt. Die Veränderung oder Umarbeitung der

Kaufsache durch den Käufer wird dem Verkäufer nicht angelastet, denn letzte­

366 Vgl. BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 182, in: Handbuch, 1992, S. 739. 367 Die Verpflichtung zur Vergütung des Wertes der Sache nach Art. 6:272 I BW tritt dagegen dem Wortlaut nach nur ein, wenn die Art der empfangenen Leistung („de aard van de prestatie”) ihre Rückgabe ausschließt, wie es für bestimmte Leistungen im deutschen Recht § 346 Satz 2 BGB festlegt, in Zukunft § 346 II Zff. 1 BGB-KE: „Rückgewähr ... nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen”. 368 So ausdrücklich CastermANs/Nieuwenhuis, T&C BW III, 1994, N. 5 zu Art. 7:10: „De koper mag na aflevering doen en laten met de zaak wat hij wil." 369 Ebenso allgemein Art. 6:273 BW, nach dem derjenige, der eine Leistung em­ pfangen hat und vernünftigerweise die Möglichkeit einer Vertragsaufhebung voraus­ sieht, wie ein sorgfältiger Schuldner für die Möglichkeit der Rückgabe sorgen muß. 370 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 184, in: Handbuch, 1992, S. 740.

rer muß entweder dafür entschädigt werden oder der Käufer muß die Sache in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen (Art. 3:123 BW). Auf eine ähnliche Weise will auch die Schuldrechtskommission in Zukunft im deutschen Recht den Rücktritt nicht mehr wie bisher in bestimmten Fällen ausschließen, sondern bei Rückgabestörungen durch Wertersatzansprüche

kompensieren. Dabei ist für Veräußerung, Belastung und Verbrauch der Sa­

che wie bisher nach § 353 BGB immer der Käufer verantwortlich und hat

Wertersatz zu leisten (§ 346 II Zff. 2 BGB-KE), bei Umgestaltung und Ver­ arbeitung wie bisher nach § 352 i.V.m. § 467 Satz 1 2.HS BGB nur dann

nicht, wenn der Mangel erst dabei zutage tritt (§ 346 II Zff. 2 i.V.m. § 346 III

Zff. 1 BGB-KE). Hinsichtlich Untergang und Verschlechterung soll aus­ drücklich geregelt werden, daß „die durch den bestimmungsgemäßen Ge­

brauch entstandene Abnutzung außer Betracht” bleibt (§ 346 II Zff. 3 BGB­ KE), d.h. dafür kein Wertersatz geschuldet wird. Im übrigen soll es für ge­ setzliche Rücktrittsrechte, wie für die hier behandelte Sachmängelgewährlei­ stung, dabei bleiben, daß zufällige Ereignisse zu Lasten des Verkäufers gehen, wobei der Verschuldensmaßstab für den rücktrittsberechtigen Käufer auf die eigenübliche Sorgfalt reduziert wird (§ 346 III Zff. 3 BGB-KE: „die Ver­

schlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl

dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten an­

zuwenden pflegt”). Die Vertragsgrundregeln sehen zwar bei Rückabwicklimgsstörungen nach ei­ ner Vertragsaufhebung ebenfalls einen bloßen Wertausgleich vor (Art. 4.308

Eur-Princ: „kann eine Partei, die eine Leistung erbracht hat, die nicht zurück­ gegeben werden kann ... die Zahlung eines angemessenen Betrages für den Wert verlangen”, Art. 7.3.6 I 2 UD-Princ: „If restitution in kind is not possi-

ble or appropriate allowance should be made in money whenever reasonable"), legen aber die Voraussetzungen dafür nicht genauer fest.

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sieht dagegen überhaupt keine

Regelungen für Rückabwicklungshindernisse bei einer „Vertragsauflösung” (Art. 3 II, VVbrKfRil) vor.

Das griechische und das österreichische Kaufrecht sowie die meisten romani­ schen Rechtsordnungen schränken gegenüber den eben dargestellten Regelun­ gen das Recht des Käufers auf Rückabwicklung des Vertrages weitergehend ein, indem sie die Vertragsaufhebung bereits bei einem die Kaufsache betref­ fenden zufälligen Rückgabehindernis ausschließen'^ bzw. den Käufer in die371 Dazu auch V.CAEMMERER, in: FS Larenz, 1973, S. 630.

sen Fällen zum Wertersatz verpflichten. Damit folgen sie einem Grundsatz, nach dem die Vertragsauflösung nicht dazu fuhren dürfe, dem „Verursacher” auch solche Risiken aufzuerlegen, die nicht mit dem Grund für die Aufhebung verbunden sind372. Im griechischen Recht wird die Wandelung bereits ausgeschlossen, wenn die Sache „aus Zufall ganz oder zum großen Teil unter- oder verlorengegangen oder wesentlich verschlechtert” ist, da der Käufer dann nur noch Minderung

verlangen kann (Art. 549 I AK). Der Verkäufer muß die Wandelung ebenfalls nicht akzeptieren, wenn „die Sache ganz oder zum großen Teil vom Käufer um­

gebildet oder veräußert wurde” (Art. 549 II AK), unabhängig von der Mangel­ kenntnis des Käufers373 oder von einem Verschulden des Abnehmers des Käu­

fers. Dadurch wird der Verkäufer praktisch von sämtlichen Risiken, denen die Sache beim Käufer ausgesetzt ist, entlastet. Allerdings gilt dies nicht für den

Untergang oder die Verschlechterung der Sache aufgrund des Fehlers, denn in diesem Fall bleibt der Käufer ausdrücklich zur Wandelung berechtigt (Art. 548

AK). Das österreichische Recht schließt die Aufhebung des Vertrages nach der Rechtsprechung nicht nur aus, wenn der Käufer schuldhaft handelt, etwa indem er die Sache beschädigt374, sondern bereits dann, wenn er die Sache trotz Kennt­

nis des Mangels benutzt375, und erst recht dann, wenn er in Kenntnis des Man­

gels die Rückgabe unmöglich macht376. Damit wird vor allem daran angeknüpft, daß der Käufer mit der Rückgabe der Sache rechnen muß, seit er von dem Mangel wußte. Die vom Käufer nicht verschuldeten Risiken für die Kaufsache vor diesem Zeitpunkt, sei es durch Verarbeitung, zufällige Beschädigung, zu­

fälligen Untergang oder auch Weiterveräußerung, lassen den Aufhebungsan­ spruch zwar bestehen377, aber der Wertverlust ist dem Verkäufer zu vergüten378. Im französischen Kaufrecht, und ebenso im luxemburgischen, wird zu­ nächst klargestellt, daß bei einem durch den Mangel verursachten Untergang der

Sache der Verkäufer den Verlust trägt und die sich aus der Wandelung ergeben­

den Ansprüche zu erfüllen hat (Art. 1647 I CdeC: „Si la chose ... a peri par suite de sa mauvaise qualite, la perte est pour le vendeur”). Dies gilt gleichlau­ 372 So rechtsvergleichend Bianca, vendita, 1993, S. 967 (n. 428), ähnlich HONSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 467. 373 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 102 f. 374 OGH v. 22.9.1971, JB1 1972, S. 531 (533). 375 OGH v. 19.3.1975, JB1 1976, S. 98 (99 f.). 376 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 48 zu § 932. Nach anderer Ansicht kann der Käufer zwar wandeln, aber muß Ersatz leisten, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht, 1992, S. 257, Kerschner, JB1 1988, S. 546 f. 377 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 35 ff. zu § 932. 378 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 144.

tend nach dem belgischen Wetboek (Art. 1647 I BW: „Indien de zaak ... is teniet gegaan ten gevolge van haar siechte hoedanigkeid, is het verlies voor re­

kening van de verkoper"). Ein zufälliger Verlust durch den Untergang der Sache geht dagegen zu Lasten des Käufers (Art. 1647 II CdeC/BW: „Mais la perte

arrivee par cas fortuit sera pour le compte de l’acheteur" / „Maar het verlies door toeval veroorzaakt is voor rekening van de koper”). Daraus ist zu entneh­ men, daß sämtliche Rückgabehindernisse, zu denen der Verkäufer nichts beige­ tragen hat - also die „sachmangelunabhängigen” die Rückabwicklung des Vertrages ausschließen379, wozu auch die Weiterveräußerung durch den Käufer

gehört380. Auch die bloße Verwendung der Sache liegt, spätestens nach Kenntnis des Mangels, im Risikobereich des Käufers381. Das italienische Recht bestätigt ebenfalls ausdrücklich, daß ein Untergang

der Kaufsache infolge der Mängel die Aufhebung des Vertrages nicht hindert (Art. 1492 III l.HS CceC: „Se la cosa consegnata e perita in conseguenza dei vizi, il compratore ha diritto alla risoluzione del contratto"). Jeder zufällige

Untergang, und natürlich erst recht der vom Käufer verschuldete, läßt dagegen nur noch die Minderung zu382, ebenso jede Veräußerung383 und jede Verarbei­ tung durch den Verkäufer384 385 (Art. 1492 III 2.HS CceC: „se invece e perita per

caso fortuito o per colpa del compratore, o se questi l’ha alienata o trasformata, egli non puö domandare ehe la riduzione del prezzo")385. Über den Gesetzes­

379 Ob auch heute dadurch noch die Minderung ausgeschlossen wird, vgl. RABEL, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 248, ist mittlerweile in der französischen Lehre sehr umstritten, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 32, ablehnend Wenner/ Schödel Rdnr. 142, in: Handbuch, 1992, S. 457. 380 Vgl. zu Frankreich Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 606, zu Luxemburg Thiel/Mersch Rdnr. 111, in: Handbuch, 1992, S. 674. 381 Zum belgischen Recht etwa Cour d‘App. Bruxelles v. 31.10.1968, Pas. 1969, II, S. 20 (bereits verbrauchte Wandfarbe), Cour d‘App. Gand v. 22.10.1970, R.W 1970/71, S. 893, sowie Cour d‘App. Lige v. 10.11.1982, Jur.Liege 1983, S. 153 (jeweils Weiterbenutzung eines Kfz nach Mangelkenntnis). 382 Darin ist das Prinzip der Unmöglichkeit der Rückgabe der Sache verkörpert, Bianca, vendita, 1993, S. 965 (n. 428). 383 Bei der Veräußerung kommt es also nicht, wie nach deutschem Recht, auf die Unmöglichkeit der Rückgabe an, Bianca, vendita, 1993, S. 962 (n. 427), unter Hinweis auf die abweichenden früheren Ansichten in der Literatur, sondern auf die endgültige Ingebrauchnahme. 384 Die Rechtsprechung schränkt den Ausschluß durch Veräußerung und Verarbei­ tung jedoch etwas ein, indem sie dabei zumindest einen stillschweigenden Verzicht des Käufers auf die Wandelung fordert, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 105 m.w.N. 385 Die Minderung bleibt in diesen Fällen also - anders als nach der dem französi­ schen Recht folgenden früheren italienischen Regelung, Art. 1504 II CceC von 1865, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 248 - zulässig.

wortlaut hinausgehend behandelt die Rechtsprechung jedoch bereits jede end­ gültige oder dauerhafte Nutzung der Sache wie einen Weiterverkauf oder eine Umgestaltung386, oder anders: „alienazione" und „transformazione" sind nur

Regelbeispiele für den endgültigen Gebrauch. Der „einfache” Gebrauch dagegen schließt die Vertragsaufhebung noch nicht aus, vor allem weil er meist durch die Notwendigkeit einer Erprobung bzw. einer Überprüfung auf Mängel oder auch aus Gründen der Schadensminderung durch den Käufer gerechtfertigt ist387. Obwohl in Italien diese Ausschlußgründe nur bei der Haftung für Mängel gere­

gelt sind, werden sie sowohl auf das Fehlen von Eigenschaften (Art. 1497

CceC) wie auch auf die Falschlieferung, für die als Nichterfüllung die Aufhe­ bung gern. Art. 1453 CceC gilt388, angewendet389, so daß auch in diesen Fällen

eine Vertragsaufhebung mangels Rückgabemöglichkeit entfallt. Auch das spanische Recht stellt zunächst klar, daß der Untergang der Kauf­

sache infolge der Sachmängel („la cosa vendida se perdiere por efecto de los vicios ocultos") die Rückabwicklung („restituir el precio”) nicht ausschließt, egal

ob der Verkäufer den Mangel kannte (Art. 1487 Satz 1 CgoC) oder nicht (Art. 1487 Satz 2 CgoC)390. Wie in Frankreich, Belgien und Italien wird auch in Spanien der zufällige Untergang der verkauften Sache dem Käufer zugerechnet,

ebenso wie dessen Verschulden (Art. 1488 I 1 .HS CgoC: „Si la cosa vendida ... pierde despues por caso fortuito o por culpa del comprador”). In diesem Fall

muß der Verkäufer nämlich nur noch den Teil des Kaufpreises zurückzahlen, der nach Abzug des Wertes der Sache zum Zeitpunkt des Untergangs verbleibt

(Art. 1488 I 2.HS CgoC: „podrä este reclamar del vendedor el precio que pago, con la rebaja del valor que la cosa tenia al tiempo de perderse"). Dies entspricht

wirtschaftlich aber nicht etwa der Minderung nach der relativen Methode, bei der zunächst der Wert der fehlerfreien Sache in Relation zum Kaufpreis gesetzt wird391, denn dann wäre der geminderte Kaufpreis vor der Rückzahlung abzu-

386 Bianca, vendita, 1993, S. 961 (n. 427), Fn. 5 a.E., vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 106, Patti/Cubeddu Rdnr. 151, in: Handbuch, 1992, S. 626. 387 Cass. v. 6.7.1966, n. 1780, vgl. PESCATORE/RUPERTO, Codice II, 1987, N. 8 VI zu Art. 1492, Cass. v. 17.11.1978, n. 5361, vgl. Bianca, vendita, 1993, S. 961 (n. 427). Noch weitergehend soll die Schadensminderungspflicht auch die Umgestaltung und sogar die Veräußerung rechtfertigen, Cass. v. 23.11.1966, n. 2793. Die bloße Nutzung der Kaufsache kann darüberhinaus aber auf einen stillschweigenden Verzicht des Käufers auf Wandelung hindeuten, Bianca, vendita, 1993, S. 961. 388 Zu dieser Abgrenzung o. a) bb). 389 Vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 151, in: Handbuch, 1992, S. 626. 390 Die Unterscheidung bezweckt nur, in Parallele zu Art. 1486 II CgoC, den bös­ gläubigen Verkäufer auch auf Schadensersatz haften zu lassen. 391 Dazu u. cc) (2).

ziehen. Vielmehr wird der Käufer so gestellt, als ob der Kaufvertrag gar nicht abgeschlossen worden wäre und der dem Verkäufer mit dem Verlust der Sache entstandene Schaden - durch eine Verrechnung mit dem gezahlten Kaufpreis zu ersetzen ist392. Im Ergebnis geht das spanische Recht also von einer Beibe­ haltung der Wandelungsmöglichkeit bei einem Untergang der Kaufsache aus, kompensiert aber den Verkäufer für den Wertverlust hinsichtlich der Kauf­ sache393. Die Umwandlung oder Verarbeitung der Sache gilt jedoch nicht als Untergang, so daß in diesen Fällen die Vertragsaufhebung ausgeschlossen ist394. Vergleicht man die Regelung der Rückgabehindernisse im Falle der Vertrags­ aufhebung in den einbezogenen Rechtsordnungen, so kann man als Gemein­ samkeit zunächst festhalten, daß eine durch den Sachmangel ausgelöste Verschlechterung oder Zerstörung der Kaufsache regelmäßig dem Verkäufer angelastet wird, weil der Käufer trotzdem den Vertrag aufheben kann395. Für die Veränderung der Sache aufgrund einer Untersuchung auf Mängel wird dies nur teilweise so bestimmt396. Unterschiede in Bezug auf eine ungleichgewichtige Rückabwicklung des Vertrages werden vor allem dadurch verursacht, daß die meisten Kaufrechte auch bei einem zufälligen Hindernis für die Rückgabe der Kaufsache die Aufhebung des Vertrages ohne weiteres zulassen397, während einige Kaufrechte den Zufall dem Käufer anlasten. Bei der ersten Gruppe, deren Regelungen gewisse Übereinstimmungen mit dem römischen Recht aufweisen, wo der Käufer nur bei Verschulden für eine Verschlechterung verantwortlich war398, ist das Risiko für den Verkäufer größer, daß er den Kaufpreis zurückzahlen muß ohne daß ihm die Gegenleistung in vollem Umfang zurückerstattet wird. Eine geringere Belastung durch diese Folge der Vertragsaufhebung trägt der Verkäufer in den Rechtsordnungen, die jede zufällige Störung der Rückgabe der Kaufsache dem Käufer anlasten399. Teilweise gehen die nationalen Rege­ 392 Dies entspricht der bei der Minderung mit Recht nicht mehr angewendeten zweiten Art der Differenzmethode, s. u. cc) (2). 393 Eine derartige Lösung wurde bei der Entstehung des deutschen BGB für den Fall des vom Käufer verschuldeten Rückgabehindernisses erwogen, aber aufgrund der Schwierigkeiten bei der Bewertung der Kaufsache nur für den Viehkauf (§ 487 II BGB) durchgeführt, vgl. Motive II, 1888, S. 231. 394 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 70. 395 Ebenso TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 143 (sec. 182). 396 So in den skandinavischen Rechtsordnungen, im Internationalen Kaufrecht sowie im Ergebnis auch in England und Irland. 397 So die mitteleuropäischen Rechte mit Ausnahme von Griechenland, die skandi­ navischen Kaufgesetze, das englische und das irische Kaufgesetz sowie im Ergebnis das niederländische Recht. 398 Vgl. Zimmermann, Obligations, 1990, S. 317. 399 So in Griechenland sowie in den romanischen Kaufrechten.

lungen noch darüberhinaus, indem sie bereits den endgültigen oder dauerhaften Gebrauch der Sache - auch wenn keine Rückgabeschwierigkeiten auftreten ausreichen lassen, die Vertragsauflösung auszuschließen 400. In den europäi­ schen Common Law Staaten wird dieser Rechtsbehelf für den Käufer am weitestgehenden eingeschränkt, denn es genügt bereits das bloße Behalten der Sache, jedenfalls nach dem Zeitraum, der für eine Erkennbarkeit der Mängel ausreicht, dem Verkäufer die Rückabwicklung des Vertrages zu ersparen. Damit trägt in den jeweiligen Rechtsordnungen der Verkäufer bei einer Vertragsaufhebung ein sehr unterschiedliches Risiko für einen Verlust bis in Höhe des Kaufpreises bzw. des Wertes der Kaufsache. In dem Bereich der durch den Käufer im weitesten Sinne „verursachten” Rückgabehindemisse401 werden in einigen Rechtsordnungen diejenigen herausgegriffen, die aufgrund einer üblichen Verwendung der Kaufsache eintreten. So wird die Vertragsaufhebung durch Beeinträchtigungen der Kaufsache aufgrund bestimmungsgemäßen oder normalen Gebrauchs, jedenfalls vor Entdeckbarkeit des Mangels, überwiegend nicht beschränkt. Dagegen schließt die Weiterveräußerung, obwohl sie im gewerblichen Bereich ebenfalls eine übliche Verwendung darstellt, eine Aufhebung des Vertrages meist aus402, nur teilweise ist sie bis zur Entdeckbarkeit des Mangels zulässig403. Fragt man nach der Regelung, die vernünftige Parteien sinnvollerweise vereinbaren würden, so ist zunächst zu berücksichtigen, daß es grundsätzlich wirtschaftlich günstiger ist, wenn derjenige die Verantwortung für eine Sache trägt, der die auf sie einwirkenden Risiken besser steuern kann404. Das ist im Regelfall der Besitzer der Sache, nqx allem weil er über die Gefahren, denen die Sache ausgesetzt ist, besser informiert ist und schneller reagieren kann, als ein „ferner” Dritter. Aus diesem Grund wird etwa im deutschen Recht gern. § 446 I 1 BGB die Preisgefahr an die tatsächliche Sachherrschaft und nicht an das Eigentum geknüpft405. Das würde dafür sprechen, dem Käufer für den Fall 400 So in Italien. 401 TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 144 (sec. 182), spricht von Fällen, die weder als „Verschulden” noch als „Zufall” beschrieben werden können. 402 So in Deutschland, der Schweiz, Griechenland, Frankreich und Belgien sowie England und Irland. 403 So in den skandinavischen Kaufrechten, im Internationalen Einheitskaufrecht sowie wohl auch in Österreich. 404 Die zugrundeliegende ökonomische Figur des „cheapest cost avoider” bzw. „cheapest insurer” entwickelte Calabresi, Costs, 1972, S. 136, sowie ders., 78 HarvLRev 1965, S. 713 ff. (deutsch in: Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, 1993, S. 253), dazu auch Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 187 f. 405 Dazu Hager, Gefahrtragung, 1982, S. 69 ff.

der Rückabwicklung des Vertrages auch die zufälligen Ereignisse anzulasten, die die Herausgabe der Kaufsache ab Übergabe beeinträchtigen406. In Deutsch­ land entspräche dies der Risikoverteilung bei Störungen im primären Lei­ stungsverhältnis, jedenfalls soweit es die Unmöglichkeit betrifft (§ 323 BGB). Im Rahmen der Gewährleistung ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Verkäufer die Aufhebung des Vertrages letztendlich durch die Lieferung einer mangelhaften Sache verursacht hat407, so daß diese Situation nicht mit dem Gefahrübergang bei einer ordnungsgemäßen Leistung gleichgestellt werden kann408. Damit wird die eben erwähnte Transaktionskostenerwägung hinsicht­ lich des kostengünstigsten Risikoträgers erweitert und der Verkäufer als derjenige angesehen, der schon das Eingreifen der Gewährleistung und damit in der Folge die Rückabwicklung am besten hätte vermeiden können. Neben der Zuordnung zufälliger Rückgabehindemisse bleibt noch zu klären, ob der Bereich der vom Käufer durch Gebrauch, Veränderung oder Veräuße­ rung der Sache veranlaßten Beeinträchtigungen der Kaufsache in jedem Fall diesem zuzurechnen sind, weil sie sich in seiner „Sphäre” abspielen. Dem ist zu entgegnen, daß es dem Käufer im Normalfall gestattet sein muß, die gelieferte Ware so zu verwenden, wie er es beabsichtigt hat, weil er nicht davon ausgehen braucht, daß ein Sachmangel vorliegt und daher unter Umständen eine Rückabwicklung des Vertrages notwendig wird409. Das ändert sich allerdings dann, wenn der Käufer den Mangel kennt oder erkennen mußte, weil er nun auch mit der Rückgabe der Kaufsache rechnen muß, wenn der Vertrag aufgrund des Mangels aufgehoben werden sollte410. Von diesem Zeitpunkt an kann die übliche Verwendung der Kaufsache nicht mehr zugelas­ sen werden, wenn sie deren Rückgabe verhindert oder erschwert, weil die drohende Rückgabeverpflichtung eine Verwendung der Kaufsache „als eigene” 406 In diesem Sinne der Vorschlag der Schuldrechtskommission zum vorbehaltenen Rücktritt, § 346 III Zff. 2 BGB-KE, ebenso de lege ferenda HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 12 zu § 467. 407 Auch nach Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 247, ist der Verkäufer insoweit „für den Tatbestand der Wandlung verantwortlich”. Anders beim vertraglichen Rück­ tritt, dessen Regelung etwa in Deutschland zugrundeliegt, zu den Bedenken gegen § 350 BGB auch Mugdan, Materialien II, 1899, S. 728. 408 Vielmehr handele es sich um einen „aufgedrängten” Gefahrübergang, weil die Gefahr nur bei vertragsmäßiger Lieferung übergehen könne, dazu auch V.CAEMMERER, FS Larenz, 1973, S. 631. Ähnlich die Schuldrechtskommission, die darauf abstellt, der Verkäufer dürfe bei nicht ordnungsgemäßer Leistung nicht darauf vertrauen, daß der Gefahrübergang endgültig sei, Abschlußbericht, 1992, S. 188. 409 In diesem Sinne auch die Schuldrechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 187: „übertragene(r) Gegenstand endgültig Bestandteil ihres Vermögens”. 410 LESER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 27 zu Art. 82, spricht von einer „potentielle(n) Rückgabepflicht”.

ausschließt411. Daher wird in einigen Rechtsordnungen bei einer normalen Verwendung der Kaufsache nach Bekanntwerden bzw. Erkennbarkeit des Sachmangels die Vertragsauflösung ausgeschlossen412, auch wenn eine vom Käufer nicht verschuldete Rückgabestörung eintritt, oder von diesem Zeit­ punkt an eine gesteigerte Obhutspflicht des Käufers verlangt413. Eine derartige Regelung könnte auch deshalb sinnvoll sein, weil der Käufer durch die Belastung mit dem erhöhten Risiko der Rückgabehindemisse einen Anreiz erhält, den Zeitraum bis zur Rückgabe der Kaufsache an den Verkäufer möglichst kurz zu halten: Dann wird er baldmöglichst nach Kenntnis des Sachmangels vom Verkäufer Wandelung verlangen und diesem dadurch die Gelegenheit geben, die Kaufsache schnellstens zurückzuerhalten, indem er der Wandelung zustimmt414. Dadurch wird der Käufer dazu angehalten, seinen Rückabwicklungsanspruch möglichst schnell geltend zu machen, was sowohl für die Disposition des Verkäufers als auch in bezug auf die Aufklärung des Sachverhalts günstig ist415. Dieser Effekt wird allerdings auch durch spezielle Fristen für die Vertragsaufhebung erreicht416. Schließlich ist zu beurteilen, ob die Vertragsaufhebung auch dann ausge­ schlossen werden sollte, wenn der Käufer durch Verwendung oder Behalten der Sache über einen bestimmten Zeitraum, ohne daß er die Rückabwicklung verlangt, beim Verkäufer den Eindruck erweckt, daß keine Wandelung mehr erfolgen werde. Während das italienische Recht den endgültigen Gebrauch als hinreichend ansieht, kann in England und Irland bereits der Zeitablauf allein zum Ausschluß der Rückabwicklung des Vertrages genügen. Im Gegensatz zu dem eben erwähnten Fall, in dem der Käufer den Sachmangel kennt und den Gebrauch fortsetzt, wird hier davon ausgegangen, daß der Käufer etwaige Mängel entweder bei der Benutzung hätte erkennen müssen oder im eigenen Interesse die Sache hätte untersuchen sollen417. Damit wird der Sorgfaltsmaß­ 411 Zu dem damit verbundenen Aspekt der Verwirkung im Sinne eines venire contra factum proprium HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 71 zu § 467, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 16 f. zu § 467. 412 Österreich, Schweden, Finnland und Dänemark, ebenso im Internationalen Kaufrecht; in Deutschland nur für den Fall der Umgestaltung der Kaufsache und nur bei Kenntnis des Mangels, § 467 Satz 1 a.E BGB. 413 So in den Niederlanden. 414 Ähnlich zur Gefahrerhöhung während dieses Zeitraums HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 23, 52 zu § 467. 415 Zu diesen Vorteilen von Rügepflichten und Verjährungsfristen allgemein u. B.II.2. Es geht daher nicht, wie HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 72 zu § 467, meint, um „einen besonderen Schutz des Verkäufers”, für den er „keinen Anlaß” sieht. 416 Dazu o. (1). 417 So in England und Irland der Hinweis auf die zumutbare Untersuchungsmög­ lichkeit jeweils in sec. 34 I SGA.

stab für den Käufer erheblich heraufgesetzt. Die Vertragsaufhebung wird in diesen Fällen unabhängig davon eingeschränkt, ob die - an den Verkäufer zurückzugebende - Kaufsache beeinträchtigt ist und dadurch dem Verkäufer bei der Rückabwicklung zusätzliche Risiken entstehen oder nicht. Damit liegt eine grundsätzliche zeitliche Beschränkung dieses Rechtsbehelfs vor, die unter anderen Kriterien zu bewerten, aber wegen im Zeitablauf zunehmender Rückabwicklungsprobleme zu befürworten ist418.

(3) Ausgleich fehlgeschlagener Aufwendungen des Käufers Die Beseitigung der Leistungspflichten sowie die Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen durch die Aufhebung des Kaufvertrags beheben zwar die unmittelbare Äquivalenzverschiebung, aber nicht die Belastung des Käufers mit den Aufwendungen für das fehlgeschlagene Geschäft. Deshalb wird teilweise verlangt, der Käufer müsse so gestellt werden, als ob er den Vertrag über die mangelhafte Sache nicht abgeschlossen hätte419. Ein derartiges „Wiederherstellungs-Interesse”420 wird in den meisten Rechtsordnungen durch Ausgleichspflichten des Verkäufers abgedeckt. Diese können die durch die Vertragsaufhebung nutzlos gewordenen Aufwendungen erfassen, aber auch durch die Rückabwicklung entstandene Begleitverluste, welche üblicherweise dem Vertrauensinteresse zugerechnet werden421. In das vollständige Vertrauensinteresse, welches bei der Lösung vom Vertrag ebenfalls in Betracht kommt422, werden jedoch weitere Folgewirkungen einbezogen, vor allem ein entgangener Gewinn des Käufers423, so daß an dieser Stelle allein der engere Bereich des Ersatzes fehlgeschlagener Aufwendungen behandelt werden soll. 418 S. u. B.II.2.a) aa) (1) (d). 419 So in Deutschland ausdrücklich schon die Erwägung des Gesetzgebers, Motive II, 1888, S. 230, und die ständige Rechtsprechung, etwa BGH v. 16.9.1981, BGHZ 81, S. 298 (307), dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 1 f. zu § 467, Honsell/ Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 467. Auch im schweizerischen Kaufrecht wird dieses Prinzip der restitutio in integrum, zum römischen Ursprung vgl. etwa Zimmermann, Obligations, 1990, S. 317, anerkannt, HoNSELL/Komm-SchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 208. 420 Als „restitution interest" bei Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 28 (sec. 50), der darunter jedoch etwas enger nur die Rückerstattung der an den Vertragspartner geflossenen Vorteile versteht. Eine Tendenz zur Restitution beobachtet rechtsverglei­ chend bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 245. 421 So etwa WiEDEMANN/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 76 Vor § 275. Auch Treitel/ IECL, Remedies, 1976, S. 28 (sec. 50), verweist auf starke Überschneidungen dieser beiden Ausgleichsprinzipien. 422 Rechtsvergleichend dazu Muscheler, AcP 1987, S. 350 ff. 423 Dazu u. 3.c) bb) (1).

In den betrachteten Rechtsordnungen wird in unterschiedlicher Weise versucht, entweder durch besondere Ausgleichszahlungen oder im Wege des Schadens­ ersatzes der Situation des Käufers, wie sie vor Vertragsabschluß bestand, nahezukommen. Während spezielle Regelungen zum Außvendungsersatz allein die - kaufrechtliche - Vertragsaufhebung voraussetzen, wird der Ausgleich über Schadensersatzansprüche normalerweise zusätzlichen Anforderungen, vor allem einem Verschulden des Verkäufers, unterworfen. Die meisten der älteren Kaufrechte sehen eine besondere Kostenerstattung in Form eines Aufwendungsersatzes vor. In Deutschland hat der Verkäufer „dem Käufer auch die Vertragskosten zu er­ setzen” (§ 467 Satz 2 BGB). Damit erhält der Käufer gleichsam einen Teil­ schadensersatz424, der nicht auf einem Verschulden des Verkäufers beruht, son­ dern damit gerechtfertigt wird, daß dieser die Wandelung des Vertrages durch die Lieferung einer mangelhaften Sache zumindest verursacht hat425. Die vom Gesetzgeber beabsichtigten Ziele bleiben unklar426, es scheint ihm vor allem um eine Übernahme der damaligen Rechtsprechung427 gegangen zu sein. Als Ver­

tragskosten hat der Verkäufer dem Käufer sämtliche von diesem für den Kauf­

vertrag getätigten Aufwendungen zu ersetzen. Dazu gehören über den Kaufpreis

hinaus zum einen die Kosten für den Vertragsabschluß selbst, z.B. die Zahlun­ gen an Mittelspersonen wie Makler oder Bevollmächtigte428, die Aufwendungen für Kommunikationshilfen wie Post, Telefon, oder auch für Transportmittel429,

sowie die für die Form des Vertrages aufgewendeten Beträge wie Beurkundungs- und Vertragserstellungskosten. Zum anderen werden davon die Aufwen-

424 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 13, 103 zu § 467, Walter, Kaufrecht, 1987, S. 190, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 10 zu § 467: „Schadensersatz­ ähnlichkeit”, ebenso Schuldrechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 217, BGH v. 21.12.1984, NJW 1985, S. 2697. 425 Im Ergebnis beruht auch der Vertrauensschadenersatz gern. § 119 I BGB unab­ hängig vom Verschulden auf der Verursachung der Vertragsbeseitigung durch den Anfechtenden. Dem von HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 103 zu § 467, Fn. 3, als Parallelbestimmung herangezogenen § 13 II 2 VerbrKredG, der - wie früher § 2 I 1 AbzG - dem zurücktretenden Verkäufer Ersatz „für die infolge des Vertrages gemach­ ten Aufwendungen” zuspricht, liegt dagegen Verzug des Käufers und damit echtes Verschulden zugrunde. 426 In den Motiven II, 1888, S. 232, wird lediglich auf „Eigentümlichkeiten” gegen­ über dem üblichen Rücktritt verwiesen. 427 RG v. 1.7.1899, RGZ 44, S. 250 zum preußischen ALR, so HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 103 zu § 467. 428 OLG Kiel v. 3.6.1904, OLGE 10, S. 176. 429 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 104 zu § 467, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr.34 zu § 467.

düngen für die Vertragsdurchführung bzw. Vertragserfüllung umfaßt430, z.B.

Transportkosten sowie Einbau- oder Montagekosten431, und teilweise sogar

noch die Untersuchungskosten432. 433 Die Grenze zu den überwiegend nicht als

Vertragskosten angesehenen Aufwendungen des Käufers, etwa für die Einlei­ tung der Rückabwicklung433 oder für die Finanzierung434, ist sehr unscharf, zu­ mal wenn man als Sinn der Wandelung die Wiederherstellung des vor Vertrags­ abschluß bestehenden Zustandes ansieht435. Um dies zu erreichen wäre es ei­ gentlich notwendig, sämtliche anläßlich des Kaufvertrages vom Käufer veran­ laßten und nach der Wandelung nutzlos gewordenen Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen436. Neben den Vertragskosten hat der Verkäufer jedoch

nur noch gern. § 347 Satz 2 i.V.m. §§ 994 II, 683 BGB die vom Käufer auf die Kaufsache gemachten notwendigen Verwendungen zu erstatten437. Dagegen be­

treffen die dem Käufer aufgrund des Vertrauens auf den Kaufvertrag darüber­ hinaus entgangenen Vermögensvorteile eine hypothetisch ohne Abschluß des

Vertrages bestehende Lage und überschreiten damit den tatsächlichen Status quo ante438. Auch in Zukunft soll der Verkäufer nach den Vorstellungen der Schuld­

rechtskommission bei einem Rücktritt aufgrund eines Mangels der Kaufsache dem Käufer die Vertragskosten ersetzen (§ 439III BGB-KE).

430 Insofern könnte man mit HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 13 zu § 467, von der Erstattung eines „Bruttokaufpreises" sprechen. 431 BGH v. 9.3.1983, BGHZ 87, S. 104 (108), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 35 zu § 467, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 105 ff. zu § 467, mit der Ein­ schränkung, daß der Verkäufer entsprechende Verpflichtungen übernommen hat oder sie notwendigerweise mit dem Kaufvertrag verbunden sind, a.A. Roussos, BB 1986, S. 12 f. 432 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 35 zu § 467. Ablehnend jedoch WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 10 zu § 467, weil dadurch die Rückabwicklung vorbereitet wird. 433 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 113 zu § 467, mit zahlreichen Nachweisen abweichender unterinstanzlicher Rechtsprechung. Dazu auch Deckers, NJW 1997, S. 158 ff. 434 Vertragskosten bejahend jedoch Walter, Kaufrecht, 1987, S. 190. 435 S. o. bei Fn. 419. 436 Anders Deckers, NJW 1997, S. 160, der auf die Kaufpreisgestaltung abstellt, jedoch übersieht, daß auch das Risiko einer Rückabwicklung von den Parteien zumindest implizit mit einbezogen wird. 437 Nach Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 35 (sec. 58), geht dieser Ausgleich über das Vertrauensinteresse hinaus und erfaßt eigentlich Folgeschäden („consequential loss"). 438 Dagegen will Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 246, anscheinend sogar noch über das volle negative Interesse hinausgehen und bei der Wandelung auch den Erfüllungsschaden ersetzen.

In Griechenland hat der Verkäufer gern. Art. 547 Satz 2 AK die „Nebenko­

sten” zu ersetzen. Darunter sind die für den Kaufvertrag neben dem Kaufpreis anfallenden Aufwendungen (etwa Notar- oder Registerkosten) zu verstehen, so daß wie in Deutschland die Kosten für den Abschluß des Vertrages439 sowie für

weitere vertragsnotwendige Maßnahmen (etwa für Lieferung oder Versand, für

Makler oder auch für Sachverständige) vom Verkäufer zu tragen sind. Außer­ dem hat der Verkäufer - wie nach der deutschen Regelung - gern. Art.547 Satz 2 AK ausdrücklich auch die vom Käufer auf die Sache gemachten Auf­ wendungen zu ersetzen.

In allen romanischen Rechten mit Ausnahme von Portugal wird der Verkäufer bei der Vertragsaufhebung ebenfalls zur Rückzahlung der nutzlos gewordenen Aufwendungen des Käufers verpflichtet. Darüber hinaus gehende Verluste hat der Verkäufer nur unter zusätzlichen Verschuldensanforderungen im Wege eines echten Schadensersatzanspruchs auszugleichen440. In Frankreich sowie in Luxemburg muß der Verkäufer die dem Erwerber durch den Kauf entstandenen Kosten ersetzen (Art. 1646 CdeC: „ä rembourser ä

l’aqureur les frais occasionnes par la vente”). Dazu werden vor allem die Auf­ wendungen des Käufers für den Vertragsabschluß, für die Abnahme sowie für die Aufbewahrung der Sache gezählt; Voraussetzung sind immer nutzlos er­

brachte Zahlungen, während der entgangene Gewinn als nicht vom Kostenbe­ griff erfaßt gilt441. Außerdem sind dem Käufer die für die Sache verauslagten

notwendigen Verwendungen zu ersetzen442.

In Belgien wird dem Käufer nach einer gleichlautenden Regel der Ersatz der durch den Kauf entstandenen Kosten (Art. 1646 BW: „tot vergoeding aan de koper van de door de koop veroorzaakte kosten”) auferlegt. Dazu zählen allein die typischen Vertragskosten, wie etwa für Beurkundung oder Registrierung443.

In Italien hat der Verkäufer dem Käufer die für den Kauf rechtmäßig gelei­

steten Kosten und Zahlungen zu ersetzen (Art. 1493 I CceC: „rimborsare al 439 Anders als das deutsche Recht, das in § 449 BGB nur für den Fall besonderer Formanforderungen bei Grundstücken und Schiffen die Registrierungskosten dem Käufer zuweist, legt Art. 527 AK für die Kosten der Schriftform als Grundregel eine hälftige Verteilung auf beide Parteien fest. 440 Dazu u. 3.bb) (1). 441 Vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 243, Muscheler, AcP 1987, S. 351. Mangelfolgeschäden werden, nachdem die Rechtsprechung früher auch diese als „Kosten” angesehen hatte, vgl. Rabel, a.a.O., Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 34 (sec. 57), von dieser Vorschrift nicht erfaßt, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 28. 442 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 617. 443 Vgl. Moons Rdnr. 131, in: Handbuch, 1992, S. 107.

compratore le spese e i pagamenti legittimamente fatti per la vendita”)444. Damit sind zunächst, wie in den bisher angeführten Rechtsordnungen, durch die Ver­

tragsauflösung nutzlos gewordene Aufwendungen gemeint, vor allem die unter

Verweisung auf Art. 1475 CceC dort erwähnten Kosten des Kaufvertrags („le spese del contratto di vendita”) oder die als andere Nebenkosten gern. Art. 1510 II CceC bezeichneten Beförderungskosten („le spese del trasporto"), die nach diesen Vorschriften ursprünglich zu Lasten des Käufers gehen. Da je­ doch aus der Regel des Art. 1493 I CceC das allgemeine Prinzip entnommen

wird, daß derjenige, der die Ursache für die Undurchführbarkeit des Vertrages setzt, dem anderen Teil die unnütz aufgewendeten Kosten ersetzen soll445, fallen

darunter auch die notwendigen und nützlichen Aufwendungen des Käufers auf die Kaufsache446. Nach spanischem Kaufrecht sind dem Käufer beim Rücktritt die Kosten zu erstatten die er gezahlt hat (Art. 1486 I CgoC: „abonändosele los gastos que pago”), also neben dem Kaufpreis auch andere Zahlungen, die er im Zusam­ menhang mit dem Kaufvertrag geleistet hat.

In den übrigen Rechtsordnungen werden die fehlgeschlagenen Aufwendungen des Käufers nur durch besondere Schadensersatzansprüche erfaßt, die auf ein Verschulden des Verkäufers verzichten. Deshalb unterscheidet sich diese Art der Regelung kaum von den bisher erörterten, in denen der Ersatz von Aufwendungen allein von der Vertragsaufhebung abhängt. In der Schweiz hat der Verkäufer bei der Vertragsaufhebung neben den „Pro­ zesskosten”447 ohne Verschulden „den Schaden zu ersetzen, der dem Käufer

durch die Lieferung fehlerhafter Ware unmittelbar verursacht worden ist” (Art. 208 II a.E. OR). Auf den ersten Blick scheint das hier ebenfalls wirkende

Prinzip der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch die Wande­ lung448 sehr weitgehend verstanden zu werden, weil der Verkäufer nicht nur -

wie in den Kaufrechten der erstgenannten Gruppe - bestimmte Kosten, also

fehlgeschlagene Aufwendungen des Käufers, tragen muß, sondern darüberhin­

444 Anders als in Frankreich gilt diese Regelung ausdrücklich nur für die Wande­ lung, nicht etwa anteilig auch für die Minderung, Bianca, vendita, 1993, S. 975 (n. 433). 445 So ausdrücklich Bianca, vendita, 1993, S. 975 (n. 433). 446 Bianca, a.a.O., vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 103, A.Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S.62. 447 Darunter fallen nach der Rechtsprechung allein die aus einem Zweitprozeß des Käufers mit seinem Abnehmer resultierenden Aufwendungen, BG v. 17.11.1953, BGE 79 II S. 376 (381 f.), anders etwa für das deutsche Recht RG v. 23.10.1902, RGZ 52, S. 347 (348). 448 HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1, 6 zu Art. 208.

ausgehenden Schadensersatz zu leisten hat. Der Haftungsumfang des Verkäu­ fers bei der Wandelung nach schweizerischem Recht ergibt sich jedoch aus der - sehr umstrittenen449 - Auslegung des Begriffs „unmittelbar verursachter” Schaden. Unmittelbar durch den Mangel verursacht ist ohne Zweifel die Nutzlo­

sigkeit sowohl der Vertragsabschlußkosten, der Transportkosten sowie der Ko­ sten für die Überprüfung der Kaufsache; dagegen wird ein entgangener Gewinn, bei dem als weitere Ursache zumindest noch ein möglicher günstiger Folgever­ trag des Käufers hinzutreten muß, überwiegend nicht zum unmittelbaren Scha­ den gerechnet450. Insofern wird also auch nicht das volle negative Interesse er­ setzt451. Zusätzlich hat der Verkäufer dem Käufer nach Art. 208 II OR auch

„die Verwendungen" zu ersetzen, zu denen außer den notwendigen auch nützli­ che Aufwendungen auf die Kaufsache zählen452. Auch wenn es in den Sale of Goods Acts Englands und Irlands nicht aus­ drücklich bestimmt wird453, ist der Verkäufer ohne weiteres, d.h. vor allem ver­

schuldensunabhängig454, neben der Aufhebung des Vertrages zum Schadenser­ satz verpflichtet455, in diesem Fall entsprechend sec. 51 SGA wie bei einer

Nichtlieferung. Dazu gehören auch die anläßlich des Vertrages aufgewandten Ausgaben456, welche in der Regel als voraussehbar angesehen werden457. Im schwedischen und im finnischen Kaufgesetz wird der Ersatz für Ausga­

ben („ersättning för utgifter") ebenfalls vom Schadensersatzanspruch erfaßt

(§ 67 I KpL/KppL, § 32 I KonsKpL). Da diese Bestandteile des Schadens nicht als indirekte Schäden i.S.d. § 67 II KpL/KppL angesehen werden, hat der Ver­ käufer sie dem Käufer immer zu ersetzen, wenn der Sachmangel nicht auf einem

unvorhersehbaren und unvermeidbaren Ereignis gern. § 27 I, II KpL/KppL be­

ruht (§ 40 I KpL/KppL, § 30 I, II KonsKpL). Damit wird auch hier nicht auf

449 HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 8 zu Art. 208. 450 HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 8 zu Art. 208, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 170, in: Handbuch, 1992, S. 941. 451 Zur Beschränkung auf „Auslagen” vgl. auch Muscheler, AcP 1987, S. 353. 452 HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 208, weitergehend sogar für verschönernde Verwendungen Keller-Schwegler Rdnr. 171, in: Handbuch, 1992, S. 941. 453 Entgegen Basedow, Reform, 1988, S. 76, sieht sec. 53 I SGA ausdrücklich nur vor, daß der Käufer durch die Verletzung einer bloßen warranty allein nicht zur Zurückweisung der Ware berechtigt ist, statt dessen aber passiv Minderung oder aktiv Schadensersatz geltend machen kann. 454 Zum Haftungsmaßstab beim Schadensersatz u. 3.a). 455 Zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, S. 79, 82. 456 Zum englischen Recht Harris 17-085, in: Benjaminas Sale of Goods, 1992, S. 903, zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, S. 83. 457 Dazu u. 3.c) aa) (3).

ein Verschulden des Verkäufers sondern allein auf die Beeinflußbarkeit im Sin­ ne einer Kontrolle abgestellt458.

Ebenso wird der Kostenersatz nach einer Vertragsaufhebung vom Internatio­ nalen Einheitskaufrecht behandelt. Als Schadensersatz nach Art. 74 CISG

(früher Art. 86 EKG) können auch Aufwendungen geltend gemacht werden, die bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Vertrages ebenfalls angefallen wären459.

Fraglich kann allerdings sein, ob die vereitelten Dispositionen für den Verkäufer voraussehbar460 waren, wie es Art. 74 Satz 2 CISG (früher Art. 86 EKG) ver­ langt. Zum Schadensersatz ist der Verkäufer auch hier immer verpflichtet, wenn

nicht ein Hinderungsgrund außerhalb seines Einflußbereiches vorliegt, der un­ vorhersehbar und unvermeidbar ist (Art. 791 CISG, früher Art. 74 I EKG)461. Auch nach den Vertragsgrundregeln ist Schadensersatz neben der Vertrags­

aufhebung möglich (Art. 7.3.5 II UD-Princ, Art. 3.102 Eur-Princ). Dafür

kommt es nicht auf ein Verschulden an, sondern insoweit entschuldigen eben­

falls nur unvorhersehbare und unvermeidbare Ereignisse (Art. 7.4.1, 7.1.7 I UD-Princ, Art. 4.5011, 3.108 Eur-Princ).

In einigen Rechtsordnungen wird der Ersatz fehlgeschlagener Aufwendungen allein über einen Nerschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch ersetzt. Dabei sind die Anforderungen an das schuldhafte Verhalten des Verkäufers unterschiedlich streng462. In Dänemark kann eine Erstattung der dem Käufer entstandenen Kosten allen­

falls über den auch neben der Aufhebung des Vertrages immer möglichen Scha­

densersatz (§ 45 KbL) verlangt werden. Dafür ist beim Stückkauf die Zusiche­

rung oder ein Verschulden des Verkäufers erforderlich (§ 42 II KbL), während beim Gattungskauf keine derartigen Voraussetzungen nötig sind (§ 43 III KbL). In diesem Rahmen hat der Verkäufer bei der Aufhebung des Vertrages die Ko­ sten der Mängelfeststellung463 sowie des Transports464 zu ersetzen. Die Ver­

tragskosten müssen nur dann ausgeglichen werden, wenn der Käufer seine 458 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 269. 459 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 13 zu Art. 74, MAGNUs/Staudinger, UN­ Kaufrecht, 1994, Rdnr. 53 zu Art. 74, SCHÖNLE/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 16 zu Art. 74, allerdings soll dann nur nach dem Vertrauensinteresse abgerechnet werden können. Ausdrücklich für die Abschlußkosten des ursprünglichen Geschäfts Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 3 zu Art. 86 EKG 460 S. u. 3.c) aa) (3). 461 Diese Beschränkung gilt nicht für die anderen Rechtsbehelfe, Art. 79 V CISG, ebenso früher Art. 74 III EKG. 462 Dazu u. 3.a). 463 UfR 1963.280 H., dazu Norager-Nielsen/Theilgard, Kobeloven, 1993, S. 784. 464 UfR 1972.62 H., dazu Norager-Nielsen/Theilgard, Kobeloven, 1993, S. 819.

Schadensberechnung auf das negative Interesse ausrichtet und damit auf den entgangenen Gewinn verzichtet465. In Portugal kann der Käufer neben der Anfechtung des Vertrages Schadens­

ersatz geltend machen, wobei ein Verschulden des Verkäufers vorausgesetzt

wird (Art. 915.° CgoC-P). Er erfaßt bereits im Regelfall, d.h. auch wenn kein arglistiges Verhalten vorliegt, den entstandenen Schaden („danos emergentes", Art. 909.° CgoC-P)466 und damit die beim Käufer veranlaßten Kosten. Nach niederländischem Zivilrecht ist der Verkäufer bei der Aufhebung des Vertrages unter der zusätzlichen Voraussetzung eines ihm zurechenbaren Ver­

haltens (Art. 6:74 I BW: „schuldenaar ... worden toegerekend”) verpflichtet, Schadensersatz zu leisten (Art. 6:277 BW). Dazu gehören in jedem Fall die angemessenen - Kosten einer Untersuchung zur Feststellung des Schadens467

(Art. 6:96 II b) BW: „redelijke kosten ter vaststelling van schade”). Vertragsko­ sten können dann einbezogen werden, wenn sie als erlittene Verluste (Art. 6:96 I BW: „geleden verlies”) gelten. In Österreich muß der Verkäufer nur dann für die fehlgeschlagenen Auf­ wendungen aufkommen, wenn er diese Schäden verschuldet hat (§ 932 12 ABGB)468. Diese Regelung gilt auch neben der Wandelung469.

Der auffälligste Unterschied der Ausgestaltung des Ersatzes fehlgeschlagener Aufwendungen des Käufers bei der Vertragsaufhebung ist der zwischen besonderen Aufwendungsersatzregelungen und der Einordnung dieses Problems in den Bereich des Schadensersatzes. Bedeutung gewinnt die zweite Variante jedoch nur in den Rechtsordnungen, in denen der Schadensersatz besonderen Voraussetzungen, vor allem einem Verschulden des Verkäufers, unterliegt. Dort trägt der Verkäufer bei einer Aufhebung des Vertrages ein geringeres Kostenrisiko als in den Rechtsordnungen, in denen er - egal ob als Schadens- oder Aufwendungsersatz - unabhängig von seinem Verhalten Vertragskosten, Aufwendungen auf die Kaufsache und ähnliche Ausgaben des Käufers im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag zu erstatten hat. Geht man davon aus, daß die Aufhebung des Kaufvertrages im Falle eines Sachmangels die durch diesen verursachte Äquivalenzstörung zwischen Leistung und Gegenleistung beheben soll470, dann reicht es nicht aus, nur die 465 466 467 468 469 470

Vgl. Steinrücke Rdnr. 179, in: Handbuch, 1992, S. 183. Vgl. dazu Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 34 f. Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 188, in: Handbuch, 1992, S. 741. Dazu vgl. Muscheler, AcP 1987, S. 355 f. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 82 a zu § 932. S. o. I.l.b)aa).

durch Erfüllungshandlungen zwischen den Parteien erfolgte Vermögensver­ schiebung rückgängig zu machen, sondern dem Käufer sind auch die Ausgaben zu ersetzen, die er anläßlich des aufgehobenen Vertrages getätigt hat und die nun nutzlos geworden sind. Nur unter dieser Voraussetzung hat er die Chance, durch einen zweiten Kauf ohne Verluste das zu erreichen, was er bereits durch den ersten Kauf erreichen wollte. Daher sollten sämtliche im Vertrauen auf den Bestand des Kaufvertrages erfolgten Aufwendungen des Käufers ohne weitere Voraussetzungen, vor allem unabhängig von einem Verschulden des Verkäu­ fers, bei einer Vertragsaufhebung vom Verkäufer ausgeglichen werden471. Trägt der Verkäufer allerdings in diesem Maße das wirtschaftliche Risiko des Käufers, dann stellt sich die Frage, ob nicht die fehlgeschlagenen Aufwen­ dungen des Käufers nur insoweit auszugleichen sein sollen, wie sie notwendig und sinnvoll sind472. Ansonsten besteht ein Anreiz für den Käufer, ohne Verlustrisiken hohe Investitionen im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vorzunehmen. Die Verwendung des Begriffs „Vertragskosten" und ähnlicher Bezeichnungen in den Rechtsordnungen, die eine ausdrückliche Regelung vornehmen, beschränkt den Ausgleich von vornherein auf solche Kosten, die dem Käufer regelmäßig entstehen und durch die Lösung vom Vertrag ihren Zweck verlieren473. 474 Wenn eine derartige objektive inhaltliche Begrenzung nicht vorgenommen wird, reicht zur Vermeidung übermäßiger Investitionen des Käufers ein Abstellen auf die Voraussehbarkeit414 der Aufwendungen durch den Verkäufer aus475. 476 (4) Ergebnis

Alle hier einbezogenen Rechtsordnungen geben dem Käufer im Falle eines Sachmangels grundsätzlich ein Recht zur Lösung vom Vertrag416 und ver­ 471 Ebenso hinsichtlich der Vertragskosten Schuldrechtskommission, Abschlußbe­ richt, 1992, S. 217, mit der Begründung als „interessegerecht”. 472 Dazu Stoll, in: FS Duden, 1972 S. 653. Aus der Rechtsprechung etwa OLG München v. 22.2.1989, DAR 1989, S. 187, wonach Rechtsanwaltskosten nicht ersetzbar sind, wenn der Gewährleistungsfall „keine rechtliche schwierige Lage” war. 473 In erster Linie handelt es sich dabei um die Aufwendungen, die zum Erwerb der Kaufsache nötig waren, während der Folgeaufwand zur Ausnutzung oder Verwertung der Kaufsache kaum berücksichtigt wird. Diese Unterscheidung in „essential reliance” und „incidential reliance” treffen FULLER/PERDUE, 46 YaleLJ 1936, S. 78 f., ablehnend dazu Stoll, in: FS Duden, 1977, S. 655. 474 Dazu u. 3.c) aa) (3). 475 Gegen eine Beschränkung auf objektiv vernünftigerweise erforderliche Aufwen­ dungen Stoll, in: FS Duden, 1977, S. 656. 476 Die deutsche Schuldrechtskommission rechnet es daher zum „Grundbestand der Käuferrechte”, Abschlußbericht, 1992, S. 215. Ähnlich v.Mehren/Gordley, Civil Law, 1977, S. 1108, die die Beendigung des Vertrages („termination”) zu den drei

pflichten die Vertragsparteien damit auch zur Rückabwicklung beiderseits bereits erbrachter Leistungen. Unterschiede bestehen jedoch in drei Bereichen. Erstens wird das bei jeder Beendigung der primären Leistungspflichten eines Vertrages auftretende Problem, ob dieser Rechtsbehelf angemessen ist und nicht etwa zu Lasten des Vertragspartners übermäßig starke Auswirkun­ gen hat477, auf verschiedene Weise zu lösen versucht. Dadurch werden die Möglichkeiten zur Aufhebung des Vertrages durch den Käufer im Falle eines Sachmangels in einigen Kaufrechten gegenüber anderen erheblich einge­ schränkt. Zweitens wird ein weiteres Grundproblem der Vertragsbeendigung, die Durchführung der nachfolgenden Rückabwicklung, uneinheitlich gelöst: Die Verantwortung für die Herausgabe der dem Käufer bereits gelieferten mangelhaften Kaufsache hindernden Ereignisse wird in den Rechtsordnungen unterschiedlich verteilt. Trägt der Verkäufer das Risiko, den Kaufpreis herausgeben zu müssen, ohne daß er den vollen Gegenwert der von ihm erbrachten Leistung zurückerhält, so belastet ihn dies erheblich478. 479 Damit erhöht sich auch der Gesamtaufwand der Gewährleistung. Drittens sehen einige Rechtsordnungen den Ausgleich fehlgeschlagener Aufwendungen des Käufers nur im Wege eines an das Verschulden des Verkäufers geknüpften Schadensersatzanspruchs vor. Dadurch wird gegenüber anderen Kaufrechten der Wert eines Anspruchs des Käufers auf Wandelung verringert, der Verkäufer entlastet und der Gewährleistungsaufwand insgesamt vermindert.

cc) Anpassung der Leistungspflicht des Käufers („Minderung”)

Als klassischer Rechtsbehelf79 des Käufers im Falle der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache, mit dem das von den Kaufvertragsparteien ursprüng­ lich beabsichtigte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wiederhergestellt werden kann, gilt auch die Aufrechterhaltung des Vertrages, d.h. der Käufer behält die mangelhafte Kaufsache, unter Reduzierung des Kaufpreises entsprechend der durch den Mangel verursachten Wertminderung der Kaufsache. Geht man von der vertraglichen Austauschbeziehung der

grundlegenden Rechtsbehelfen bei Vertragsstörungen zählen, ebenso Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 3 (sec. 1). 477 Vgl. dazu v.Mehren/Gordley, Civil Law, 1977, S. 1117. 478 Vgl. auch v.Mehren/Gordley, Civil Law, 1977, S. 1119, der darin einen „windfall" (-profit) für den Käufer sieht. 479 Zur Herleitung aus der actio quanti minoris des römischen Rechts vgl. Zimmer­ mann, Obligations, 1990, S. 318, Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 232.

Parteien aus, dann muß versucht werden, den Preis zu bestimmen, den diese hypothetisch - vereinbart hätten, wenn die mangelhafte Ware Gegenstand des Kaufvertrages gewesen wäre480.

Die Berechnung der Kaujpreisherabsetzung wird in den einbezogenen Rechtsordnungen allerdings unterschiedlich geregelt, so daß zu ermitteln ist, ob die Zielsetzung einer hypothetischen Preisvereinbarung damit jeweils erreicht wird (unten (2).). Zunächst sind jedoch Inhalt und Voraussetzungen des Rechtsbehelfs genauer zu beschreiben (unten (1).). Die Art und Weise der Durchführung der Minderung, insbesondere die Befugnis des Richters, diese auch gegen den Willen des Verkäufers festzuset­ zen, wenn eine derartige Änderung der Kaufpreisvereinbarung nicht einver­ nehmlich von den Beteiligten vorgenommen wird, soll im Zusammenhang mit der Rechtsdurchsetzung im Zivilprozeß behandelt werden481.

(1) Herabsetzung des Kaufpreises und Rückzahlung des überzahlten Betrages Die Herabsetzung des Kaufpreises findet sich in fast allen hier betrachteten Rechtsordnungen482 als Spezialregelung für Kaufverträge^3, bei der abgesehen vom Erfordernis der Äquivalenzabweichung484 - keine weiteren Voraussetzungen verlangt werden. In den Kaufrechten der europäischen Common Law Staaten sowie der Niederlande kann eine Teilrückzahlung des Kaufpreises dagegen nur als Schadensersatz erfolgen, so daß es auf zusätzliche Anforderungen ankommen kann.

Unter den Kaufrechten mit speziellen Minderungsbestimmungen wird entweder die Anpassung der Vertragsleistung des Käufers oder die Herausgabe eines vom Käufer zuviel gezahlten Betrages geregelt, aber im Ergebnis fuhrt die Minderung jeweils beide Rechtsfolgen herbei.

480 So zum deutschen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 1 zu § 472. 481 S. u. B.II.5.a). 482 In den mitteleuropäischen Rechtsordnungen als „Minderung“ (Deutschland, Griechenland, Österreich) bzw. „Ersatz des Minderwertes“ (Schweiz), in Italien, Portugal und nach den Einheitlichen Kaufgesetzen als Reduzierung („reduzione“, „reduo", „reduce“), in Spanien, Schweden, Finnland und Dänemark als Abzug bzw. Abschlag („rebejar“, „avdrag“, „afslag“). 483 Mittlerweile wird dieser Rechtsbehelf in leicht abgewandelter Form auch für andere Typen von Austauschverträgen vorgesehen, in Deutschland etwa für den Mietvertrag, § 537 I BGB, für den Werkvertrag, § 633 I BGB, und für den Reisever­ trag, § 651 d I BGB. 484 S. o. a), b).

Nur nach einer Rechtsordnung werden dem Käufer bei einer solchen Lei­ stungsanpassung auch die Vertragskosten erstattet. Im französischen Recht wird dem Käufer über Art. 1646 CdeC wie bei der Wandelung485 auch bei der Minderung in jedem Fall ein Teil der ihm durch den

Kauf entstandenen Kosten und damit ein Vertrauensschaden zugesprochen486. Somit wird die Minderung als teilweise Vertragsauflösung angesehen.

Die mitteleuropäischen Rechtsordnungen stellen überwiegend die Reduzierung des Kaufpreises in den Vordergrund. In Deutschland sieht § 462 2.Alt BGB die „Herabsetzung des Kaufpreises” vor,

die dort auch als „Minderung” bezeichnet wird. Aufgrund von § 480 I 1 BGB

steht dieser Anspruch dem Käufer auch bei einem Gattungskauf zu. Obwohl

dies nicht ausdrücklich geregelt ist, wird der Verkäufer unmittelbar aus der ge­ mäß § 465 BGB vollzogenen487 Minderung für verpflichtet gehalten, einen be­ reits gezahlten zu hohen Kaufpreis entsprechend der Herabsetzung teilweise wieder zurückzuerstatten488. Auch nach dem Vorschlag der Schuldrechtskommission soll es im deutschen

Recht dabei bleiben, daß der Käufer „mindern" kann (§ 440 I 1 BGB-KE). In

Zukunft wird für den Fall einer bereits erfolgten Zahlung des Kaufpreises je­ doch besonders geregelt, daß „der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten” ist

(§ 440 IV 1 BGB), wodurch ein eigenständiger schuldrechtlicher Anspruch ent­ steht489. Das griechische Zivilgesetzbuch hat in Art. 540 AK im Ergebnis die deut­

sche Vorschrift übernommen, auch wenn es knapper nur von der „Minderung des Kaufpreises” spricht, ohne zu beschreiben, was damit gemeint ist. Es wird aber davon ausgegangen, daß der Kaufvertrag hinsichtlich der Höhe des Kauf­ preises modifiziert wird490.

485 Dazu o. c) bb) (3). 486 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 619, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 28, Wenner/Schödel Rdnr. 142, in: Handbuch, 1992, S. 457. 487 Dazu u. B.II.5.a). 488 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 17 zu § 465. Wenn man die Vertrags­ anpassung konsequent weiterdenkt, müßte eigentlich allein eine Rückzahlung aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung (§812 12 BGB) in Betracht kommen, da die Rechts­ grundlage für die Kaufpreiszahlung nunmehr - zum Teil - entfallen ist, so nach griechischem Recht vgl. Chaldoupis Rdnr. 99, in: Handbuch, 1992, S. 517. Zur Frage, auf welchen Teil des Kaufpreises die Minderung zu beziehen ist, Peters BB 1983, S. 1954. 489 Abschlußbericht, 1992, S. 220. 490 Vgl. Bruegel, in: Unternehmensrecht, 1997, S. 121.

Ebenso ist der Gesetzgeber in Österreich verfahren, wo § 932 1 1 ABGB ei­

ne „angemessene Minderung des Entgelts” vorsieht. Damit wird ein Recht auf Änderung des Vertrages gewährt und nicht etwa eine Art Schadensersatz491. Das schweizerische Kaufrecht regelt im Gegensatz zu den bisher aufgeführ­

ten Rechtsordnungen ausdrücklich nur die Rückzahlung des zuvielgezahlten Kaufpreises als „Ersatz des Minderwertes der Sache” (Art. 205 I OR). Trotz dieses Wortlauts geht es jedoch nicht um einen Schadensersatzanspruch, son­

dern nach der Rechtsprechung auch hier um die Herabsetzung des Kaufpreises zur Wiederherstellung des Gleichgewichts der gegenseitigen Leistungen492.

In den älteren romanischen Kaufrechten wird allein die Rückzahlung des Kaufpreises geregelt, während in den neueren Bestimmungen die Reduzierung des Kaufpreises ausdrücklich vorgesehen wird. In Frankreich sowie in Luxemburg wird herausgehoben, daß der Käufer die mangelhafte Kaufsache behalten kann („de garder la chose”) und einen Teil des Preises herausverlangen kann („et de se faire rendre une partie du prix”,

Art. 1644 2.Alt CdeC).

Diese Regelung gilt gleichlautend in Belgien (Art. 1644 2.Alt BW: „de zaak te behouden en zieh een gedeelte van de prijs te doen terugbetalen").

Das italienische Recht bestimmt dagegen nicht mehr ausdrücklich, daß der Käufer die mangelhafte Kaufsache behalten kann, sondern gibt ihm die Mög­ lichkeit, eine Herabsetzung des Preises zu verlangen (Art. 1492 I 2.Alt. CceC: „la reduzione del prezzo”). Nach dem Wortlaut des Art. 1497 I CceC kann der

Käufer beim Fehlen von zugesicherten Eigenschaften zwar nur die Aufhebung des Vertrages verlangen, aber zumindest in der Literatur wird die Preisreduzie­ rung auch auf unzutreffende Beschaffenheitsvereinbarungen angewendet493,

während die Rechtsprechung dies überwiegend ausschließt494.

Im spanischen Zivilgesetzbuch wird dem Käufer ebenfalls die Möglichkeit

gegeben, einen verhältnismäßigen Betrag des Preises abzuziehen (Art. 1486 I 2.Alt. CgoC: „rebejar una cantidad proporcional del precio”). Auch in Portugal kann aufgrund der Verweisung in Art. 913.° CgoC-P der Käufer, der trotz des Mangels die Sache gekauft hätte, allerdings zu einem ge­

491 Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 259. 492 BG v. 10.2.1959, BGE 85 II S. 192 (193). 493 Bianca, vendita, 1993, S. 954 (n. 424), vgl. auch Patti/Cubeddu Rdnr. 153, in: Handbuch, 1992, S. 627. 494 Cass. v. 13.11.1969, n. 3695, abweichend Cass. v. 10.1.1981, n. 247, bei PescaTORE/RUPERTO, Codice II, 1987, n. 51, III zu Art. 1497, vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 136.

ringeren Preis („igualmente adquirido os bens, mas por preo inferior”), den Preis herabsetzen („reduo do preo", Art. 911.° CgoC-P)495.

In den skandinavischen Kauffechten wird ebenfalls als zentraler Rechtsbehelf des Käufers bei Sachmängeln eine Herabsetzung des Kaufpreises vorgesehen. Nach dänischem Recht kann der Käufer eine verhältnismäßige Herabsetzung

(„forholdsmssigt afslag”) des Kaufpreises sowohl beim Stückkauf (§ 42 I 1

2.Alt KbL) wie beim Gattungskauf (§ 43 I 3.Alt KbL) verlangen. Für den Ver­ braucherkauf verweist § 78 I KbL auf die genannten Vorschriften, so daß sich auch insoweit keine Unterschiede ergeben. Das schwedische und das finnische Kaufgesetz geben dem Käufer ebenfalls

das Recht, einen Preisabzug zu fordern („kräva prisavdrag", § 37 I l.Alt KpL/ KppL, ebenso § 28 I KonsKpL).

Schließlich bewahren auch das Internationale Kaufrecht, die Europäischen Vertragsgrundregeln sowie der EG-Vorschlag zum Verbrauchsgüterkauf den besonderen Rechtsbehelf der Minderung. Das geltende Einheitskaufrecht läßt den Käufer „den Preis ... herabsetzen”

(„reduce the price”, Art. 50 Satz 1 CISG, früher Art. 46 EKG), unabhängig da­

von „ob der Kaufpreis bereits gezahlt ist oder nicht”. Daraus wird auch ent­ nommen, daß der Verkäufer einen überzahlten Betrag zurückzuzahlen hat495 496. Die Kommission für Europäisches Vertragsrecht gibt der Partei, „die eine

... nicht vertragsgemäße Leistung annimmt”, ebenfalls das Recht, den Preis zu „mindern” (Art. 4.401 I 1 Eur-Princ). Hat sie „bereits einen den geminderten Preis übersteigenden Betrag gezahlt”, dann muß die andere Partei diesen „Über­ schuß” zurückzahlen (Art. 4.401 II Eur-Princ). Auch die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf gesteht dem Käufer wei­

terhin ein Recht zur „angemessenen Minderung des Kaufpreises” (Art. 311, V VbrKfRil) zu.

In den Rechtsordnungen, die keine ausdrückliche Regelung der Kaufpreisher­ absetzung kennen, kommt als Alternative mit ähnlichen wirtschaftlichen 495 Nur bei teilbaren Leistungen kann außerdem die Anfechtung auf den mangel­ haften Teil des Kaufvertrags beschränkt werden, vgl. Lopes Dias Rdnr. 22, in: Handbuch, 1992, S. 852, so daß nur noch der mangelfreie Teil der Ware bezahlt werden muß. 496 HüBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 16 zu Art. 50. Nach früheren Haager Kaufrecht sollte die Rückabwicklungsregelung für die Vertragsaufhebung, Art. 78 II EKG, entsprechend anzuwenden sein, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 4 zu Art. 46 EKG

Wirkungen allein ein Schadensersatzanspruch in Frage. Dieser unterscheidet sich jedoch zum Teil in den Voraussetzungen von der Minderung, so wenn er an ein Verschulden des Verkäufers geknüpft wird, und fuhrt auch dem Umfang nach nicht zu identischen Ergebnissen wie jene497. In den Common Law Staaten England und Irland kann der Käufer aktiv, d.h. in eigener Initiative, nur Schadensersatz verlangen (sec. 53 I b) SGA-GB / SGA-

IRL: „maintain an action against the seller for damages"). Da dessen Umfang

sich in erster Linie nach dem Minderwert der mangelhaften Sache richtet

(sec. 53 III SGA-GB / sec. 53 V SGA-IRL), wird der Käufer wirtschaftlich so gestellt, als ob er in dieser Höhe seinen bereits gezahlten Kaufpreis zurückbe­ kommt498.

Der Käufer kann sich gegen die Kaufpreisforderung des Verkäufers aller­ dings mit einer Verringerung oder der Aufhebung des Preises verteidigen499 (sec. 53 I a) SGA-GB / SGA-IRL: „set up against the seller the breach of warranty in diminuition or extinction of the price”). Früher war ausdrücklich fest­

gelegt, daß dies nur „by way of recoupment" möglich war, worunter verstanden wurde, daß der Vertrag angefochten wurde und stattdessen eine quasivertragli­ che Pflicht zum Ausgleich des erhaltenen Wertes entstand500. Auch heute hat im Ergebnis der Käufer nur den tatsächlichen Wert der mangelhaften Kaufsache zu

bezahlen. Das niederländische Bürgerliche Gesetzbuch kennt keinen Minderungs­ anspruch mehr, wie er sich noch im bis 1992 geltenden, an den französischen

Code Civile angelehnten Kaufrecht fand (Art. 1546 BW a.F.). Daher kann der Käufer nur nach den allgemeinen Vorschriften Schadensersatz gern. Art. 6:87 BW an Stelle der Erfüllung verlangen. Dabei wird - anders als im Common Law - ein Verschulden des Verkäufers gefordert501.

497 Dazu näher bei der Berechnung der Preisherabsetzung, s. u. (2). 498 Von dieser Situation des entrichteten Kaufpreises geht sec. 53 III SGA-GB aus, Harris 17-047, in: Benjamin’s Sale of Goods, 1992, S. 872; ähnlich der „kleine Schadensersatz” nach § 463 BGB in Deutschland. Allgemein zum Schadensersatzum­ fang s. u. 3.c). 499 Zu den Verteidigungsmöglichkeiten nach Ablauf der Verjährungspflicht in anderen Rechtsordnungen s. u. B.II.5.b). 500 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 234 mit Verweis auf den der gesetzli­ chen Regelung zugrundeliegenden Fall Mondei v. Steele (1841) 8 M. & W. 858. 501 Im Einzelnen zum Haftungsmaßstab beim Schadensersatz u. 3.a). Nur bei teilba­ ren Leistungen kann ebenfalls nach den allgemeinen Vorschriften gern. Art. 6:265 I BW der Kaufvertrag teilweise aufgelöst („om de overeenkomst ... gedeeltelijk te ontbinden") werden, und entsprechend werden die gegenseitigen Leistungen vermin­ dert (Art.6:270 BW: „evenredige vermindering"), vgl. auch Basedow, Reform, 1988, S. 73.

Anders als die Vertragsaufhebung wird das Minderungsrecht des Käufers in nahezu allen betrachteten Rechtsordnungen nicht von besonderen Vorausset­ zungen, wie etwa einem wesentlichen Sachmangel, abhängig gemacht502. Nur zwei Gewährleistungsrechte beschränken die Preisreduzierung in besonderer Weise: Die Minderung soll gerade bei äußerst schwerwiegenden Mängeln ausgeschlossen sein. Nach dem Wortlaut der österreichischen Regelung ist bei nicht mehr zu behe­

benden und den ordentlichen Gebrauch der Sache verhindernden Mängeln allein die Wandelung zulässig (§ 932 I ABGB). Damit sollte anscheinend verhindert werden, daß der Käufer über die Minderung, in diesem Falle „auf Null”, die wenn auch unbrauchbare - Sache ohne Kaufpreiszahlung behalten kann503.

Ähnlich wird in der Schweiz ausdrücklich geregelt, daß der Käufer nur noch Wandelung, also nicht mehr Minderung, verlangen kann, wenn „der geforderte

Minderwert den Betrag des Kaufpreises [erreicht] ”(Art. 205 III OR). Auch hier

wird dadurch, daß der Käufer die völlig wertlose mangelhafte Sache zurückzu­ geben hat, vermieden, daß er sie ohne jede Bezahlung behält504. Nach deutschem Recht kann der Minderungsbetrag dagegen durchaus den Kaufpreis erreichen505. Allerdings muß in diesem Fall der Käufer - nach Treu

und Glauben - die Kaufsache zurückgeben506.

Ein derartiger Ausschluß der Preisherabsetzung im Extremfall widerspricht dem bei der Minderung geltenden Prinzip der Leistungsanpassung. Ist die Kaufsache wertlos, dann wird der Käufer vollständig von der Entrichtung des Entgelts befreit. Damit entspricht die Gegenleistung der Leistung, weitere

502 Es gelten jedoch die generellen Einschränkungen der Gewährleistung bei ge­ ringfügigen Sachmängeln, dazu o. a) aa) (3). 503 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 146, dazu auch OGH v. 15.10.1998, JB1 1999, S. 115 (116), wo ausdrücklich eine Minderung unter den Verkehrswert der Kaufsache bejaht wird. Ähnlich Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 235 f., differenzierend Jabornegg, JB1 1976, S.184, 195 ff. Zu den Reformbestrebungen Grünberger, in: Reform, 1998, S. 77 ff. 504 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, Rdnr. 9 zu Art. 205. Entgegen dieser Ansicht ist ein derartiges Verhalten des Käufers jedoch bei Anwendung der relativen Berechnungsmethode ebenfalls möglich, da eine völlige Wertlosigkeit der Sache auch dann den Kaufpreis auf Null reduziert. 505 RG v. 22.2.1926, JW 1926, S. 1541 (1542), zum Werkvertrag BGH v. 29.10.1964, BGHZ 42, S. 232 (234). 506 So Walter, Kaufrecht, 1987, S. 198, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 472, HONSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 11 zu § 467. Ablehnend etwa HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 14 zu § 472, der insoweit kein schützenwertes Interesse des Käufers anerkennt.

Rechtsfolgen werden nicht erzeugt. Ob der Käufer gleichwohl noch irgend­ etwas mit der Sache anfangen kann, ist für die Minderung irrelevant507. Sogar das englische und das irische Kaufrecht lassen als Verteidigung des Käufers ausdrücklich ein völliges „Erlöschen” des Kaufpreises zu (sec. 53 I a) SGA-GB / SGA-IRL: „extinction of the price”), ohne daß die wertlose Sache herausgegeben werden muß508, obwohl in diesen Rechtsordnungen eher eine Pa­ rallele zur Vertragsaufhebung zu erkennen ist.

Unter den heutigen Bedingungen der Massenproduktion und -distribution verkehrt sich die in Österreich und der Schweiz ursprünglich wohl zu Gunsten des Verkäufers vorgesehene Herausgabe der wertlosen Kaufsache eher in einen Nachteil. Da eine Wiederherstellung bei völliger Unbrauchbarkeit der Ware meist unwirtschaftlich sein dürfte, steht eher die Befreiung von einer durch die Kaufsache erzeugten Belastung im Vordergrund, welche mit - im Falle der notwendigen Entsorgung zunehmenden - Kosten verbunden ist509. Der Verkäufer würde durch die Zurückgabe der wertlosen Kaufsache durch den Käufer daher in vielen Fällen stärker belastet als ohne eine derartige Regelung510. Es ist daher nicht sinnvoll, den Käufer zu einer Rückgabe der Sache an den Verkäufer zu zwingen, wenn er sie noch verwenden kann. Um sich von einer unbrauchbaren Kaufsache zu befreien, kann der Vertrag aufgehoben und die Leistungen können rückabgewickelt werden511. In diesem Fall wird der Verkäufer nicht nur für berechtigt sondern auch für verpflichtet gehalten, die Ware zurückzunehmen512. 507 Andernfalls würde man für den Wert der Sache auf die subjektive Bewertung durch den Käufer abstellen, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 235. 508 Vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 235. 509 Diese Überlegung dürfte auch hinter der äußerst seltenen Ausnahme im französi­ schen Recht stehen, nach der die Minderung ausgeschlossen sein soll, wenn die Kaufsache eine Gefahr - wohl für den Käufer - darstellt, vgl. WENNER/SCHODEL Rdnr. 142, in: Handbuch, 1992, S. 457. 510 HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 14 zu § 472, verweist allgemein auf die Kosten für die Beseitigung der Sache. 511 S. o. bb). 512 In Deutschland wird dies aus einer entsprechenden Anwendung des § 433 II BGB hergeleitet, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 36 zu § 467, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 128 zu § 467, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 11 zu § 467, RG v. 5.2.1904, RGZ 57, S. 12 (15), RG v. 19.1.1909, RGZ 70, S. 198 (199). Die Kosten des Rücktransports vom Erfüllungsort der Rücknahmepflicht des Verkäu­ fers, als der der Erfüllungsort der Rückgabepflicht des Käufers angesehen wird, BGH v. 9.3.1983, BGHZ 87, S. 104 (109), also in der Regel der Sitz des Käufers oder der vertragsgemäße Bestimmungsort, RG v. 16.6.1903, RGZ 55, S. 105 (112), BGH v. 20.11.1961, MDR 1962, S. 399 (400), Schack, Erfüllungsort, 1985, Rz. 213, hat daher der Verkäufer ebenfalls zu tragen, so HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 39

(2) Umfang der Preisherabsetzung Unterschiede zwischen den betrachteten Rechtsordnungen ergeben sich vor allem aufgrund verschiedener Berechnungsarten für die Herabsetzung des Kaufpreises. Dabei ist es weniger von Bedeutung, daß die älteren romanischen Rechts­ ordnungen die Bestimmung des Minderungsbetrages Sachverständigen überlassen513. So für das französische und luxemburgische Kaufrecht Art. 1644 CdeC („teile

qucelle sera arbitree par experts"), gleichlautend im belgischen Art. 1644 BW („welk gedeelte door deskundigen zal worden bepaald") und ähnlich im spani­

schen Art. 14861 CgoC („a juico de peritos”).

Im Zweifel muß nämlich auch in den anderen Staaten spätestens dann, wenn ein Gericht entscheiden soll, der Minderwert im Wege einer Beweisaufnahme regelmäßig durch Experten beurteilt werden514. Direkt ausschlaggebend für die Höhe der Preisreduzierung ist vor allem die Frage, ob das von den Parteien vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bei der Herabsetzung des Kaufpreises weiterhin berücksichtigt werden soll, oder ob allein der festgestellte Minderwert der Kaufsache auszugleichen ist. Wenn man die Minderung als eine Anpassung der vertraglichen Leistungs­ pflichten ansieht, mit der das durch den Mangel gestörte ursprünglich beab­ sichtigte Leistungsgleichgewicht wiederhergestellt werden soll, dann ist eine proportionale oder „relative'515 Berechnung der Preisreduktion notwendig, um die ursprünglich zum Ausdruck gekommene individuelle Bewertung der Parteien aufrechtzuerhalten516, denn dabei wird der Kaufpreis in dem Verhält­ nis herabgesetzt, in dem die mangelfreie Kaufsache zur mangelhaften Sache steht. Dies hat allerdings nur dann eine Bedeutung, wenn der Kaufpreis von dem Wert der mangelfreien Sache abweicht, denn dann muß sich entweder der zu § 467, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 113 zu § 467. Zur Rücknahmepflicht im österreichischen Recht Koziol/ Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 257. 513 Früher wurde die Minderung teilweise auch in das Ermessen des Gerichts ge­ stellt, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 232. 514 So für den Sollwert der mangelfreien Sache Peters, BB 1983, S. 1952, unter Hinweis auf die damit verbundenen Kosten. 515 So HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 4 zu § 472, ebenso die Bezeichnung in der griechischen Literatur, vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 106, Bruegel, in: Untemehmensrecht, 1997, S. 121. Vgl. auch Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 232. 516 In diesem Sinne zum deutschen Recht WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 472: „subjektives Äquivalenzverhältnis ... bleibt maßgeblich”.

Verkäufer im Interesse des Käufers ein „schlechtes” Geschäft weiterhin entgegenhalten lassen, oder ein „gutes” Geschäft wirkt zu Gunsten des Verkäufers. Im letzten Fall kann der Käufer jedoch häufig auf die Wandelung ausweichen517 und damit dem Verkäufer seinen Vorteil nehmen. Nach der absoluten Berechnungsmethode wird dagegen entweder die Wertdifferenz zwischen mangelfreier und mangelhafter Kaufsache vom Kaufpreis abgezogen518 oder der Kaufpreis auf den Wert der mangelhaften Kaufsache herabgesetzt519. Während die erste Variante dieser Berechnungsart sich noch am ursprünglichen Kaufpreis orientiert und im Ergebnis einen Ersatzanspruch5^ bezüglich des Minderwertes mit diesem verrechnet, sieht die zweite Variante vollkommen vom vereinbarten Äquivalenzverhältnis ab und stellt eine Art Bereicherungsausgleich dar. Ebenfalls aufgrund der Einordnung der Minderung als Anpassung der Lei­ stungspflicht des Verkäufers ist bezüglich der Bewertung der Kaufsache, sowohl im mangelfreien wie im mangelhaften Zustand, auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen521, 522 denn damit wird die Situation fingiert, als ob die Parteien den Kaufvertrag über die mangelhafte Sache geschlossen hätten.

Die Mehrzahl der Rechtsordnungen sehen für die Bestimmung des Minde­ rungsbetrages sowohl die Verhältnisrechnun^22 wie auch den Zeitpunkt des Vertragschlusses vor. Das deutsche Kaufrecht schreibt als eine von wenigen Rechtsordnungen den

Berechnungsmodus präzise vor: Nach § 472 I BGB soll der geminderte Preis zum Kaufpreis in demselben Verhältnis stehen, wie der tatsächliche Wert der

Sache im mangelhaften zu dem gedachten Wert im mangelfreien Zustand. Nur wenn davon auszugehen ist, daß sich Kaufpreis und Wert der mangelfreien

Kaufsache decken, kann der Minderwert einfach vom Preis abgezogen wer­

517 Es sei denn, diese ist ausgeschlossen, etwa bei einem unwesentlichen Mangel, dazu o. bb) (1). 518 HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 3 zu § 472, vgl. auch Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 232, der diese Methode im preußischen ALR erkennt. Dies steht wohl auch der römisch-rechtlichen actio quanti minoris nahe, nach der eine derartige Wertdifferenz verlangt werden konnte, vgl. Zimmermann, Obligations, 1990, S. 318. 519 HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 3 zu § 472, vgl. auch Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 232. 520 Die Ähnlichkeit zum Schadensersatzanspruch sieht, ohne Unterscheidung der beiden absoluten Berechnungsmethoden, auch Basedow, Reform, 1988, S. 72. 521 HUBER/Schlechtriem, CISQ 1990, Rdnr. 4 zu Art. 50. 522 So bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 233, unter Bezugnahme auf die „neuere Lehre”.

den523. Für die Bemessung des Wertes der Sache kommt es auf den objektiven Verkehrswert an, nicht aber auf die subjektive Bewertung durch den Käufer524.

Dessen besonderen Interessen soll bereits durch die Berücksichtigung des Kauf­ preises in der Verhältnisrechnung Genüge getan werden525. Als vereinfachte

Bemessung der Wertdifferenz läßt die Rechtsprechung grundsätzlich den Ansatz der Reparaturkosten zu, setzt aber auch in diesem Fall die relative Methode voraus526. Nach dem Wortlaut des § 472 I BGB ist die „Zeit des Verkaufs”, al­ so der Vertragsabschluß, bei der Wertermittlung zugrundezulegen. Obwohl in das griechische Kauffecht eine dem § 472 BGB entsprechende Vorschrift nicht übernommen worden ist, soll die Minderung ebenfalls nach der

relativen Methode berechnet werden, wobei - wie im deutschen Recht - der ob­ jektive Verkehrswert der Sache bei Vertragsschluß zugrundezulegen ist527. Auch das österreichische Recht kennt keine ausdrückliche Regelung zur Be­

rechnungsweise der Minderung. Das Ziel, die Wertrelation zwischen Leistung und Gegenleistung auffechtzuerhalten528, fuhrt die Rechtsprechung jedoch eben­ falls zur relativen Methode529 und zur Bewertung zum Zeitpunkt des Vertrags­

abschlusses530. Die Verbesserungskosten können nur dann als Minderungs­ betrag angesetzt werden, wenn der Verkäufer die Mangelbehebung ablehnt531. Nach dem Wortlaut der Regelung in der Schweiz soll dem Käufer eigentlich nur der „Ersatz des Minderwertes” zustehen (Art. 205 I 2.Alt OR). Das würde

bedeuten, daß der Kaufpreis um die Differenz zwischen dem Wert der Kauf­

sache im mangelfreien Zustand und ihrem Wert unter Berücksichtigung des Mangels herabgesetzt wird532. Die Berechnungsweise des Minderungsbetrages 523 Ob die Übereinstimmung von Preis und Wert „prima facie” vorausgesetzt werden kann, ist streitig, dafür etwa HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 8 zu § 472, für eine Vermutung Peters, BB 1983, S. 1952. 524 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 7 zu § 472, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 5 zu § 472. Der „Liebhaberwert” einer Sache wird daher nur berücksichtigt, wenn er sich auf dem Markt niederschlägt, OLG Oldenburg v. 28.6.1982, BB 1982, S. 1754. 525 Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 233. 526 BGH v. 17.9.1971, DB 1971, S. 2252 - zum Grundstückskauf. 527 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 106 f., Chaldoupis Rdnr. 100, in: Handbuch, 1992, S. 518 m.w.N. A.A. Bruegel, in: Unternehmensrecht, 1997, S. 121, nach der auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs abzustellen ist. 528 Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 259. 529 OGH v. 6.10.1982, JB1 1984, S. 203 (294), OGH v. 15.10.1998, JB1 1999, S. 115 (116), Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 59 zu § 932, Heller Rdnr. 139, in: Handbuch, 1992, S. 821. 530 OGH v. 8.5.1957, JB1 1957, S. 454. 531 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 61, 62 zu § 932. 532 Für eine derartige Entscheidung des Gesetzgebers HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 8 zu § 205.

war in der Schweiz von Anfang an umstritten533, mittlerweile hat sich bei den Gerichten ebenfalls die proportionale Berechnung durchgesetzt534. Nach der

Rechtsprechung können die Kosten für die Behebung des Mangels über die

Minderung geltend gemacht werden, wobei vermutet wird, daß der Minderwert und die Mangelbeseitigungskosten identisch sind535. Zeitpunkt für die Bewer­ tung ist zwar der Gefahrenübergang536, der jedoch anders als nach deutschem und griechischem Recht bereits bei Vertragsabschluß (Art. 185 OR) erfolgt537.

Im italienischen Zivilgesetzbuch findet sich ebenfalls keine Vorschrift, wie die Minderung zu berechnen ist. Für die Herabsetzung des Preises (Art. 1492 I 2.Alt. CceC) muß nach dem Gesetzeswortlaut die Wertminderung durch den Mangel (Art. 1490 I CcC: „ne diminuiscano ... il valore") herangezogen wer­

den, was für die Entscheidung bezüglich der absoluten oder der relativen Me­ thode jedoch nichts beiträgt. In der italienischen Literatur und in der Rechtspre­ chung hat sich im Ergebnis ebenfalls die verhältnismäßige Berechnungsmethode durchgesetzt538. Als Zeitpunkt für die Wertermittlung müßte aufgrund der Beto­

nung der von den Parteien ursprünglich vorgesehenen Wertrelation539 der Ver­

tragsabschluß zugrundegelegt werden540. Das spanische Kauffecht legt ausdrücklich fest, daß der Käufer im Falle ei­ ner mangelhaften Kaufsache einen verhältnismäßigen Betrag des Preises abzie­ hen kann (Art. 1486 I 2.Alt. CgoC: „una cantidad proporcional del precio”).

Damit wird die relative Berechnungsart der Minderung vorgesehen, denn als Bezug für die Relation kommen nur die Fehler der verkauften Sache in Be­ tracht541.

533 Zunächst hielt auch die Rechtsprechung an der absoluten Methode fest, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 233. 534 BG v. 26.4 1955, BGE 81 II S. 210 - zum Grundstückskauf, BG v. 30.11. 1962, BGE 88 II S. 410 (414), vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 175, in: Handbuch, 1992, S. 943. 535 BG v. 5.6.1985, BGE 111 II S. 162 (163). 536 BGE 45 II 661. 537 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 233. 538 Cass. v. 26.3.1969, n. 981, Cass. v. 21.7.1984, n.4276, bei PESCATORE/RUPERTO, Codice II, 1987, N. 3 III, IV zu Art. 1492, nach Bianca, vendita, 1993, S. 954 (n. 424) als „modo proporzionale" unter Bezug auf das von den Parteien angestrebte Aus­ tauschverhältnis („al fine di salvaguardare il nesso di equivalenza soggettiva posto dalle parti”). 539 Cass. 1985 / n. 4388: „ristabilendo l’eqilibrio economico della prestazioni contrattuali", Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, III. 1 zu Art. 1492. 540 So für die Bewertung eines Tauschobjekts als Leistung bzw. Gegenleistung Bianca, vendita, 1993, S. 955 (n. 424), „al momento del contratto". 541 So auch Mart! Rdnr. 120, in: Handbuch, 1992, S. 1022.

Auch das dänische Kaufrecht sieht bereits nach seinem Wortlaut, der eine

verhältnismäßige Herabsetzung der Kaufsumme vorschreibt (§42 I 1 2.Alt, § 43 I 3. Alt. KbL: „forholdsmssigt afslag"), die proportionale Berechnung des Preisabschlags vor. Obwohl im Gesetz nichts dazu bestimmt wird, soll als Zeit­ punkt für die Wertfeststellung jedoch - anders als in den bisher aufgeführten

Rechtsordnungen - der Zeitpunkt der Lieferung der Kaufsache zugrundegelegt werden542. Im schwedischen und finnischen Kaufgesetz wird - wie in Deutschland - die

verhältnismäßige Berechnungsweise der Herabsetzung des Kaufpreises genau festgelegt: Das Verhältnis zwischen dem herabgesetzten und dem vereinbarten

Preis („förhällandet mellan det nedsetta och det avtalsenliga priset”) soll dem Verhältnis zwischen dem Wert der Ware im fehlerhaften und im vereinbarten

Zustand entsprechen („förhällandet ... mellan varans värde i felaktigt och i avtalsenligt skick”, § 38 KpL/KppL). Der Berechnung ist der Zeitpunkt bei der Ablieferung („tidpunkten för avlämnandet", § 38 KpL/KppL) zugrundezulegen.

Im schwedischen Verbraucherkaufgesetz wird dagegen viel allgemeiner ein Preisabschlag, der dem Sachmangel entspricht („prisavdrag som svarar mot fe­ iet”, § 28 I KonsKpL), festgelegt.

Das Internationale Einheitskaufrecht schreibt ebenfalls ausdrücklich die pro­ portionale Berechnungsmethode vor (Art. 50 Satz 1 CISG, früher Art. 46

EKG). Im geltenden UN-Kaufrecht wird für die Wertansätze nunmehr auch

ausdrücklich auf den „Zeitpunkt der Lieferung” abgestellt („at the time of the delivery”, Art. 50 Satz 1 CISG), obwohl in den Vorentwürfen noch der Ver­ tragsabschluß, wie früher im Haager Einheitskaufrecht (Art. 46 EKG: „Zeit­ punkt des Vertragsabschlusses” / „at the time of the conclusion of the contract”), herangezogen wurde543.

Die Europäischen Vertragsgrundregeln sehen gleichfalls die proportionale Berechnung der Minderung vor, stellen aber in neuartiger Weise auf die „Zeit

des Leistungsangebots” ab (Art. 4.401 Eur-Princ), also auf einen Zeitpunkt noch vor dem Vertragsschluß.

Eine absolute Berechnungsmethode für die Minderung wird dagegen in einem Teil der romanischen Rechtsordnungen und neuerdings wieder im deutschen Reformentwurf bevorzugt.

542 Vgl. schon Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 233. Daher haben Norwegen und Finnland, deren Kaufgesetze damals dem dänischen entsprachen, diese Regel in das UN-Kaufrecht eingebracht, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Fn. 26 zu Art. 50. 543 Huber/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 4 zu Art. 50.

Das französische, das luxemburgische und das belgische Kaufrecht bleiben be­ züglich der Bestimmung des Minderungsbetrages äußerst vage, denn sie spre­ chen nur von einem Teil des Preises”, den der Käufer herausverlangen kann

(Art. 1644 2.Alt CdeC / BW: „une partie du prix" / „een gedeelte van de

prijs"). Die Verweisung auf den Mangelbegriff spricht eigentlich eher für eine relative Berechnungsmethode, denn dort wird für die Minderung des Gebrauchs darauf abgestellt, daß der Käufer für die mangelhafte Sache nur einen geringe­ ren Preis bezahlt hätte (Art. 1641 CdeC / BW: „aurait donne qu’un moindre

prix” / „de ... zaak voor een mindere prijs zou hebben gekocht”), so daß inso­

weit festzustellen wäre, welchen Kaufpreis der Käufer für die mangelhafte Sa­

che gezahlt hätte. Bei dieser hypothetischen Betrachtung dürfte die Relation des tatsächlich vereinbarten Kaufpreises zum Wert der Kaufsache nicht außer Acht gelassen werden. Tatsächlich wird aber in Frankreich, Luxemburg und Belgien die Differenzmethode bevorzugt, nach der der vereinbarte Kaufpreis um die Wertminderung der Sache aufgrund des Mangels herabgesetzt wird544. In Portugal bemißt sich die Minderung nach dem Grad der Beeinträchtigung der Kaufsache durch den Sachmangel545, also nach der Wertminderung. Damit

handelt es sich ebenfalls um die am Kaufpreis ausgerichtete absolute Berech­

nungsmethode. In Zukunft soll nach den Vorstellungen der Schuldrechtskommission auch in

Deutschland bei der Minderung „der Kaufpreis um den Betrag herabgesetzt [werden], um den der Mangel den Wert der Sache, gemessen am Kaufpreis, mindert” (§ 440 III 1 BGB-KE). Damit handelt es sich nicht mehr um eine rela­ tive Berechnung546, sondern - wie in den zuvor genannten vier romanischen

Kaufrechten - um eine absolute Methode, denn es wird nur der Minderwert vom Kaufpreis abgezogen. Damit soll die Berechnung des Minderungsbetrages „ein­ fach und praktikabel” werden547. Als Zeitpunkt der Bewertung soll der Ver­ tragsabschluß bestehen bleiben (§ 440 III2 BGB-KE). Es wird außerdem erst­

mals ausdrücklich eine Schätzung der Preisreduzierung zugelassen (§ 440 III 3 BGB-KE)548.

544 Vgl. zum französischen Recht FERID/SONNENBERGER, Zivilrecht, 1986, 2 G 619, ebenso in Luxemburg, vgl. Thiel/Mersch Rdnr. 113, in: Handbuch, 1992, S. 674. Teilweise wird dem Käufer auch Vertragskostenersatz entsprechend Art. 1646 CdeC gewährt, vgl. WENNER/SCHÖDEL Rdnr. 142, in: Handbuch, 1992, S. 457, was für die Konstruktion als Vertragsaufhebung spricht. 545 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 33. 546 So aber Abschlußbericht, 1992, S. 219. 547 Abschlußbericht, 1992, S. 219. 548 Eine gerichtliche Schätzung wird in Deutschland bereits für zulässig gehalten, BGH v. 26.6.1980, BGHZ 77, S. 320 (326) - zum Werkvertrag (Kreuzfahrt), ebenso in

Auf EG-Ebene wird dagegen die Art und Weise der Minderung offengelassen. Die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie sieht nur vage eine „angemessene“ Minde­

rung vor (Art. 3 II, V VbrKfRil).

In den Rechtsordnungen, die keine spezielle Regelung für die Reduzierung des Kaufpreises549 sondern nur Schadensersatzansprüche vorsehen, ist eine relative Bestimmung des Herabsetzungsbetrages nicht möglich. Sofern der Kaufpreis wirtschaftlich nur auf diese Weise verringert werden kann550, wird die Differenz des Wertes der Sache im mangelfreien Zustand zu dem Wert der mangelhaften Sache zugrundegelegt551. Zur Berechnung kommt nur der Zeitpunkt der Verursachung des Schadens und damit die tatsächliche Lieferung der mangel­ haften Ware in Betracht552. Für das englische und irische Recht ist diese Vorgehensweise ausdrücklich festgelegt und als Bewertungszeitpunkt wird die Lieferung der Kaufsache be­ stimmt (sec. 53 III SGA-GB bzw. sec. 53 V SGA-IRL: „the difference between

the value of the goods at the time of delivery to the buyer and the value they would have had if they had fulfilled / answered to the warranty”). Die gleiche Form der absoluten Berechnung gilt, wenn der Käufer sich gern. sec. 53 I a)

SGA-GB / SGA-IRL gegen die Kaufpreisforderung des Verkäufers mit deren Verringerung verteidigen will553.

Um diese Wertdifferenz reduziert sich dann im Ergebnis der Kaufpreis, der nur noch als Ausgangspunkt einer derartigen absoluten Berechnungsweise eine Rolle spielt554. Der Unterschied zwischen der überwiegend zugrundegelegten relativen Berechnung der Minderung und einem absoluten Bewertungsmaßstab wirkt sich immer nur dann aus, wenn der von den Parteien vereinbarte Kaufpreis Italien nach der Rechtsprechung, Cass. 1985 / n. 5297, vgl. Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, III.4 zu Art. 1492, auf der Grundlage des Art. 1226 CceC, der in etwa dem deutschen § 287 ZPO entspricht, sowie in Portugal, vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 33. 549 Jedenfalls soweit es um die Möglichkeit einer aktiven Herabsetzung geht, zur Verteidigung gegen die Kaufpreisforderung des Verkäufers nach englischem und irischen Recht s. o. (1), aus Verfahrenssicht dazu u. B.II.5.b). 550 So in England und Irland sowie in den Niederlanden, s. o. (1). 551 Auf den Zusammenhang zwischen Schadensersatzberechnung und absoluter Berechnungsart verweist auch HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 3 zu Art. 50. 552 So auch Basedow, Reform, 1988, S. 72. 553 S. o. (1). 554 Zur englischen Berechnungsweise vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 235.

nicht mit dem objektiven Wert der Kaufsache übereinstimmt. Soweit der Käufer statt der Minderung unter den gleichen Voraussetzungen auch den Vertrag auflösen kann555, begünstigt die relative Berechnung allein den Käufer, der den Vorteil eines „guten Geschäftes” bei einem gegenüber dem Wert der Sache geringeren Kaufpreis durch die Wahl der Minderung aufrecht erhalten kann, während er sich bei einem „schlechten Geschäft” vom Kaufvertrag lösen wird. Die Auswirkungen der unterschiedlich Bestimmung des Minderungs­ betrags verringert sich allerdings in dem Maße, wie davon ausgegangen wird, daß im Regelfall der Kaufpreis dem Wert der Sache entspricht556. Eine weiterer Unterschied läßt sich bei der Preisherabsetzung in den ver­ schiedenen Rechtsordnungen dabei beobachten, welcher Zeitpunkt für die Bewertung der Kaufsache und damit für die Festsetzung des Minderwertes zugrundegelegt wird. Dabei wird noch überwiegend auf den Vertragsabschluß, teilweise aber auch auf die Lieferung der Kaufsache abgestellt. Solange der Sollwert und der Istwert der Ware zum gleichen Zeitpunkt bewertet werden, treten wegen der meist parallelen Entwicklung des Wertes mangelfreier und mangelhafter Sachen kaum Unterschiede auf57. Überhaupt dürften nur bei sehr langfristigen Lieferverträgen oder spekulativen Geschäften signifikante Unterschiede durch verschiedene Bewertungszeitpunkte auftreten558. Je früher der Zeitpunkt angesetzt wird, desto weitergehend werden spätere Wert­ schwankungen ausgeschaltet. Als Neuerung legen die Europäischen Vertrags­ grundregeln mit dem Leistungsangebot den frühesten Zeitpunkt fest, so daß bereits eine Wertveränderung bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unberücksichtigt bleibt, während am anderen Ende als spätester Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung innerhalb eines Zivilprozesses in Frage kommt559.

Fragt man danach, welche Berechnungsweise der Minderung wirtschaftlich sinnvoll ist, so ist festzustellen, daß die Herabsetzung des Kaufpreises 555 Zur Vertragsaufhebung o. bb). 556 Nach der deutschen Rechtsprechung muß dies jedoch besonders festgestellt werden, BGH v. 17.9.1971, DB 1971, S. 2252, anders etwa in der Schweiz, wo eine entsprechende „natürliche Vermutung” angenommen wird, BG v. 5.6.1989, BGE 111 II S. 162 f., vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 175, in: Handbuch, 1992, S. 944. Für eine derartige Vermutung nach deutschem Recht Peters, BB 1983, S. 1552, ähnlich als Ergebnis „prima facie” bei HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 8 zu § 472. Zu den prozessualen Konsequenzen einer gegen diese Vermutung dem Käufer auferlegten Darlegungs- und Beweislast u. B.II.6.a). 557 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 5 zu § 472, Peters, BB 1983, S. 1954. 558 Ähnlich Basedow, Reform, 1988, S. 73. 559 Peters, BB 1983, S. 1954.

grundsätzlich nur dann eine Berechtigung als eigenständiger Rechtsbehelf gegenüber einem Schadensersatzanspruch besitzt, wenn damit das von den Parteien ursprünglich vorgesehene Austauschverhältnis aufrechterhalten wird560. Das bedeutet aber, daß der Sollwert der Kaufsache entsprechend dem subjektiven Ansatz bei der Bestimmung der Vertragsabweichung 561 in erster Linie an den Vereinbarungen der Parteien auszurichten ist562, so daß die durch den Kaufpreis ersichtliche Zahlungsbereitschaft des Käufers den zutreffenden Anhaltspunkt darstellt. Dementsprechend müßte dann als herabgesetzter Kaufpreis bestimmt werden, welchen Betrag der Käufer für die mangelhafte Ware gezahlt hätte bzw. auf welchen Preis sich die Parteien in diesem Fall geeinigt hätten. Im Nachhinein ist diese Summe jedoch nicht zu ermitteln, da Käufer und Verkäufer ein Interesse haben, den von ihnen hypothetisch akzeptierten Kaufpreis zu ihrem Vorteil niedriger bzw. höher anzugeben. Ex post kann daher nur ein objektiver Maßstab herangezogen werden, der auf feststellbare Wertfaktoren abstellt. Um aber den ursprünglichen Vereinbarun­ gen der Parteien wenigstens nahe zu kommen, kann vermutet werden, daß der hypothetisch vereinbarte Kaufpreis sich zum objektiv bestimmten Wert der mangelhaften Ware so verhalten würde, wie der wirkliche Kaufpreis zum objektiv ermittelten Sollwert. Die relative Berechnungsweise, die in den meisten betrachteten Kaufrechten erfolgt, stellt damit eine „second best“Lösung dar. Um die erheblichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Sollwertes und des tatsächlichen Wertes der Kaufsache zu verringern erscheint es jedoch sinnvoll, für den ersten Wert grundsätzlich den Kaufpreis zugrundezulegen und für den zweiten Wert in der Regel die Mangelbeseitigungskosten563. Abweichungen zugunsten einer der Parteien im Einzelfall hätte diese dann darzulegen und zu beweisen. Eine Schätzung, wie sie teilweise zugelassen wird, wäre dann unter Umständen noch hinsichtlich des Wertes der mangel­ haften Sache erforderlich.

560 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 3 zu Art. 50, sieht daher - im UN­ Kaufrecht - eine geringe praktische Bedeutung der Minderung. Unterliegt der Schadensersatzanspruch allerdings strengeren Anforderungen als die Minderung, wie etwa in Bezug auf das Verschulden des Verkäufers in Deutschland und anderen kontinentalen Rechtsordnungen, zum Haftungsmaßstab beim Schadensersatz u. 3.a), so könnte die Preisreduzierung als erleichterte Form der Schadenskompensation verstan­ den werden, vgl. dazu auch Basedow, Reform, 1988, S. 73. 561 Dazu o. a) aa) (1). 562 Gegen einen objektiven, am Verkehrswert orientierten Sollwert im deutschen Recht auch Peters, BB 1983, S. 1952. 563 Dafür im deutschen Recht Peters, BB 1983, S. 1953.

Bezüglich des Zeitpunktes der Bewertung scheint auf den ersten Blick der Wert der Kaufsache bei Vertragsabschluß den Äquivalenzvorstellungen der Parteien am besten zu entsprechen. Im Normalfall werden die Vertragspartner diesen Wert wohl auch zumindest für die geschuldete Ware zugrundelegen564. Da aber das wirtschaftliche Ergebnis sich erst bei der Durchführung des Vertrages verwirklicht, werden sowohl Verkäufer als auch Käufer den voraussichtlichen Wert zum Zeitpunkt der beabsichtigten Lieferung zu prognostizieren versuchen und in ihr Leistungsangebot einbeziehen. Anders als in den erwähnten skandinavischen Regelungen, im Einheitskaufrecht und in den Common Law Staaten vorgesehen kommt es dabei nicht auf den tatsächli­ chen Lieferungszeitpunkt an, sondern auf den vertraglich vorgesehenen Liefertermin^ denn nur dieser kann als Prognosegrundlage dienen. Sofern keine verspätete Leistung vorliegt, sind beide Zeitpunkte identisch. Soll nun ermittelt werden, was die Parteien vernünftigerweise vereinbart hätten, wenn sie zur Zeit des Vertragsschlusses die mangelhafte Sache ihrem Leistungsangebot zugrundegelegt hätten, dann muß berücksichtigt werden, daß sie für diesen Fall ebenfalls den Wert der Kaufsache zum Zeitpunkt der ins Auge gefaßten Lieferung eingeschätzt hätten. Insofern unterstützt eine Bewertung zum vereinbarten Liefertermin am besten den Charakter der Minderung als Vertragsanpassung565. (3) Ergebnis Das Recht des Käufers auf eine Herabsetzung des Kaufpreises im Falle eines Sachmangels wird in den kontinentalen Rechtsordnungen traditionellerweise vorgesehen, nur in der neuesten westeuropäischen zivilrechtlichen Kodifikati­ on, dem niederländischen Burgerlijk Wetboek, ist es nicht mehr enthalten. Auch das Einheitskaufrecht hat dieses „traditionsreiche Rechtsinstitut”566 über­ nommen. Dagegen hat der Käufer in den Kaufrechten des Common Law allein einen Anspruch auf Schadensersatz, der der Kaufpreisforderung entgegenge­

564 Davon geht ebenfalls Huber, in: Gutachten I, 1981, S. 884, aus, der selbst bei unterschiedlichen Zeitpunkten für die Bewertung der geschuldeten sowie der geliefer­ ten Ware an der Vertragsabschlußbewertung auf jeden Fall festhalten will. 565 Für diese Möglichkeit auch Peters, BB 1983, S. 1954, für das CISG auch MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 21 zu Art. 50: „Lieferzeitpunkt ergibt sich ... aus dem Vertrag”. Anders HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 5 zu § 472, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 10 zu Art. 50, der als Bewertungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien den Zeitpunkt der Lieferung befürwortet. 566 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 1 zu Art. 50.

halten bzw. mit ihr aufgerechnet werden kann567. Sieht man von der besonde­ ren Berechnungsweise des Preisabschlages ab, dann entspricht dieser Rechts­ behelf wirtschaftlich in etwa einem verschuldensunabhängigen Schadensersatz für die durch den Sachmangel verursachte Wertminderung der Kaufsache568, man könnte insoweit von einer zwangsweise verrechneten Schadensersatzfor­ derung sprechen. Auf diese Weise wird auf dem Kontinent der verschärften Voraussetzungen unterliegende eigentliche Schadensersatzanspruch ergänzt569, so daß im Ergebnis auch in diesem Bereich kaum Unterschiede zum verschuldensunab­ hängigen Schadensersatzanspruch der europäischen Common Law Staaten bestehen. Allerdings ist festzuhalten, daß die Höhe des Kaufpreises den Rechtsbehelf begrenzt und damit allein die unmittelbare Äquivalenzverschie­ bung ausgeglichen wird. Zwar stellt die Minderung aufgrund fast vollständig fehlender über den Sachmangel selbst hinausgehender Voraussetzungen570 den einfachsten, andererseits aber auch einen in seiner Wirkung äußerst begrenzten Rechtsbe­ helf des Käufers dar571. Die rechtlichen Ausgestaltung der Preisreduzierung entweder durch einen zu verrechnenden Schadensersatzanspruch oder durch eine die Zahlungsverpflichtung unmittelbar beschränkende Minderung in den Rechtsordnungen der EU bewirkt allein jedoch noch keine Unterschiede, die sich auf das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes auswirken können. Differenzen ergeben sich zwar dadurch, daß die Preisreduzierung bei der Minderung anders berechnet wird als ein Schadensersatzanspruch, aber in der Praxis wird die relative Berechnung der Minderung durch die Gleichsetzung des Kaufpreises mit dem Sollwert immer mehr an eine schadensersatzähnliche Bemessung des Minderwertes angeglichen, so daß eine Rechtsangleichung auch insoweit kaum notwendig erscheint.

567 Dazu auch TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 42 f. (sec. 67), der die „price reduction” als Ersatzanspruch in Geld („substitutionary relief in money”) einordnet. 568 Aus diesem Grunde wurde zum UN-Kaufrecht auch erwogen, die Minderung abzuschaffen und die Aufrechenbarkeit des Schadensersatzes klarzustellen, Huber/ Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 3 zu Art. 50. 569 Ähnlich Basedow, Reform, 1988, S. 73. 570 Abgesehen vom besonderen Fall der Preisreduzierung auf Null im österreichi­ schen und schweizerischen Recht, s. o. (2). 571 Ähnlich zum deutschen Recht Peters, BB 1983, S. 1951.

dd) Das Verhältnis der Möglichkeiten einer Behebung der Äquivalenz­ verschiebung zueinander

Im Folgenden soll geklärt werden, wie sich die bisher aufgezeigten Wege zur Behebung des durch einen Sachmangel verursachten Leistungsungleich­ gewichtes zueinander verhalten (unten (1).) und auf welche Weise zwischen sich ausschließenden Rechtsbehelfen entschieden wird (unten (2).). (1) Die Notwendigkeit einer Auswahl zwischen den möglichen Rechtsbehelfen Die bisher erörterten drei Wege, eine durch einen Sachmangel verursachte Verschiebung des Gleichgewichts der Leistungen im Kaufvertrag zu beheben, nämlich die nachgeholte Erfüllung, die Aufhebung der Leistungspflichten sowie die Anpassung des Kaufpreises, schließen sich gegenseitig aus, weil das Leistungsgefüge von ihnen in unterschiedlicher Weise verändert wird. Für das Verhältnis von Wandelung und Minderung bzw. Wandelung und Nacherfül­ lung folgt dies bereits daraus, daß die Aufhebung der Leistungspflichten und ihre, unter Umständenangepaßte, Durchführung logisch nicht zu vereinbaren sind572.

Daher lassen fast alle Rechtsordnungen diese Rechtsbehelfe ausdrücklich nur alternativ zu. In Deutschland ist Wandelung oder Minderung möglich (§ 462 BGB) oder auch

Nachlieferung statt dieser Rechtsbehelfe (§ 480 I 1 BGB), ebenso in Griechen­ land (Art. 540 AK bzw. Art. 559 AK), ähnlich in der Schweiz Wandelungs­ klage oder Minderungsklage (Art. 205 I OR), in Österreich dagegen Minderung oder Verbesserung (§ 932 1 1 ABGB).

In Frankreich, Luxemburg und Belgien werden Vertragsaufhebung und Preisherabsetzung in Art. 1644 CdeC / BW alternativ gegenübergestellt, in Ita­

lien in Art. 1492 I CdeC und in Spanien in Art. 1486 I CgoC. Das portugiesi­

sche Kaufrecht geht bei der Anfechtung (Art. 913.° CgoC-P), der Reparatur oder Ersetzung (Art. 914.° CgoC) sowie der Preisreduzierung (Art. 911.°

CgoC-P) schon von unterschiedlichen Voraussetzungen aus. Auch die skandinavischen Kaufgesetze stellen Vertragsaufhebung und

Preisherabsetzung (§ 42 I KbL, § 37 I KpL / KppL, § 28 I KonsKpL) bzw. Nacherfüllung (§ 43 I KbL, § 30 Satz 1 KpL/KppL, § 22 Satz 1 KonsKpL) ge­

genüber, weniger deutlich im niederländischen Kaufrecht (Art. 7:21 I BW ent­ hält nur die Nacherfüllung, Art. 7:22 BW läßt andere Rechte, etwa die Ver­ tragsaufhebung, zu).

572 So auch Basedow, Reform, 1988, S. 76.

Im englischen und irischen Kaufgesetz ergibt sich die Alternative zwischen

Zurückweisung der Ware und der dem Käufer entgegenzuhaltenden Preisredu­

zierung aus sec. 53 I SGA-GB /SGA-IRL. Nach dem Internationalen Einheitskaufrecht werden Nacherfüllung, Ver­

tragsaufhebung und Minderung nebeneinander gestellt (Art. 45 I a) CISG, frü­ her Art. 411 EKG). Nur die Nacherfüllung wird ausdrücklich gegenüber

Rechtsbehelfen abgegrenzt, die „mit diesem Verlangen unvereinbar” sind („inconsistent with this requirement", Art. 46 I CISG), wozu sowohl die Vertrags­ aufhebung wie die Minderung gehören573. Aber auch die beiden letzteren

Rechtsbehelfe sind nicht miteinander vereinbar574, worauf früher noch besonders hingewiesen wurde („Der Käufer, der weder die Erfüllung des Vertrages erlangt

noch die Aufhebung des Vertrages erklärt hat, kann den Preis ... herabsetzen”,

Art. 46 EKG). Die Europäischen Vertragsgrundregeln sehen dagegen ausdrücklich nur

vor, daß „Rechtsbehelfe, die miteinander vereinbar sind, ... kumuliert werden

(dürfen)” (Art. 3.102 Satz 1 Eur-Princ). Nach dem Entwurf der deutschen Schuldrechtskommission werden die

Rechte auf Nacherfüllung (§ 438 BGB-KE), Rücktritt (§ 439 BGB-KE) und Minderung (§ 440 BGB-KE) ohne gegenseitige Bezüge nebeneinander gestellt. In der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird dagegen die grundsätz­ liche Alternativität deutlich (Art. 3 II VbrKfRil: „entweder ... Nachbesserung

oder Ersatzlieferung ... oder ... Minderung des Kaufpreises oder ... Vertrags­ auflösung”).

In diesem Bereich sind vom Ergebnis, daß eine Kumulierung eines der erwähnten Rechtsbehelfe mit einem anderen nicht möglich ist, kaum Unter­ schiede zwischen den Rechtsordnungen zu erkennen. Soweit eine Kombination der Nacherfüllung mit der Preisreduzierung befürwortet wird575, geht es allein um den Fall einer erneut fehlerhaften Nachbesserung oder Ersatzlieferung, so daß eigentlich ein Wechsel zu einem anderen Rechtsbehelf stattfindet576.

573 SCHNYDER/STRAUB/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 45 zu Art. 46, Huber/ Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 10 zu Art. 46. Ebenso ohne ausdrückliche Regelung früher nach dem Haager Kaufrecht, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 9 zu Art. 41. 574 MAGNUs/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 31 zu Art. 50, Huber/ Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 18 zu Art. 50. 575 Basedow, Reform, 1988, S. 76, möglich nun auch nach Art. 3 V 3. Unterabsatz VbrKfRil, dazu Amtenbrink/Schneider, VuR 1999, S. 298, Tonner, BB 1999, S. 1772, a.A. Hänlein, DB 1999, S. 1644. 576 Ähnlich etwa nach Art. 7.2.5 I UD-Princ.

(2) Die Bestimmung der Alternativen Wenn jeweils nur eine der Möglichkeiten zur Behebung eines Äquivalenz­ ungleichgewichtes durchgeführt werden kann, muß entschieden werden, auf welche Weise eine Auswahl zwischen ihnen getroffen wird. Überwiegend und traditionellerweise wird die Wahl der Rechtsbehelfe, zwischen Vertragsaufhebung und Preisreduzierung auch heute noch fast ausschließlich, dem Käufer überlassen 11. So kann in Deutschland „der Käufer“ Wandelung oder Minderung „verlangen“

(§ 462 BGB) und ebenfalls Ersatzlieferung beim Gattungskauf (§ 480 I 1 BGB). Dabei soll es auch nach dem Reformentwurf der Schuldrechtskommissi­ on bleiben (Jeweils „der Käufer kann ... verlangen“, §§ 438 I 1, 439 I, 440 I 1

BGB-KE). Ebenso wird das Wahlrecht des Käufers in Griechenland („Der Käufer ist berechtigt ... zu verlangen”, Art. 540, 559 Satz 1 AK) und Öster­ reich („kann der Übernehmer ... fordern”, § 932 1 1 ABGB) ausgedrückt, ähn­

lich in Portugal („comprador tem o direito", Art. 914° l.HS CgoC-P, „lhe ca-

berä o direito”, Art. 911.° I CgoC-P), Dänemark (kan koberen”, §§ 42 I 1, 43 I KbL), Schweden und Finnland („far köparen”, § 30 Satz 1 KpL/KppL, § 22 KonsKpL), England und Irland („he [the seller] may”, sec. 53 I SGA-GB / SGA-IRL) sowie den Niederlanden („kan de koper eisen”, Art. 7:21 I BW).

Auch das Internationale Einheitskaufrecht formuliert in dieser Weise („kann

der Käufer die ... vorgesehenen Rechte ausüben” / „the buyer may exercise the rights”, Art. 45 I CISG, ähnlich bereits Art. 41 EKG), ähnlich die UNIDROIT-

Principles („the other party may require”, Art. 7.2.2, „a party may terminate", Art. 7.3.1 UD-Princ) sowie die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf („hat der Verbraucher Anspruch auf4, Art. 3 II VbrKfRil)577 578. Deutlicher ist der Gesetzeswortlaut in der Schweiz („so hat der Käufer die Wahl”, Art. 205 I OR), in Frankreich und Belgien („l’acheteur a le choix” / „heeft de koper de keus”, Art. 1644 CdeC / BW), in Italien („il compratore puö

domandare a sua scelta", Art. 1492 CceC) und in Spanien („el comprador podra optar”, Art. 1486 I CgoC). Ähnlich wird in den Europäischen Vertrags­

grundregeln ausdrücklich festgelegt, daß „die betroffene Partei von jedem der

... vorgesehenen Rechtsbehelfe Gebrauch machen” kann (Art. 3.101 I, II EurPrinc).

577 So rechtsvergleichend auch Basedow, Reform, 1988, S. 77 578 Ebenso die Begründung Abs. 1 Satz 1 zu Art. 3 IV VbrKfRil-E: „hat der Ver­ braucher die Wahl”, sowie bereits die Vorüberlegungen, EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 114.

Damit wird in erster Linie auf die Interessen des Käufers abgestellt, der sich den Rechtsbehelf aussuchen kann, der aus seiner Sicht die Äquivalenzverschie­ bung am besten beseitigt. Im Regelfall dürfte ihm eine gelungene Mängelbehe­ bung durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung den weitestgehenden Aus­ gleich bieten. Dagegen trifft ihn bei der Vertragsaufhebung zumindest die Unsicherheit hinsichtlich eines dann notwendigen zweiten Kaufvertrages579, eventuell aber auch ein Teil der anläßlich des ersten Vertrages aufgewendeten Kosten, während ihm eine Preisreduzierung sicherlich den engsten Rahmen steckt. Das Wahlrecht ermöglicht aber auch bei vom Regelfall abweichenden Sachverhalten den für den Käufer bestmöglichen Äquivalenzausgleich. Eine uneingeschränkte Wahlmöglichkeit des Käufers zwischen den drei Rechtsbehelfen würde es diesem jedoch auch überlassen, die durch die Gewährleistung ausgelöste Belastung des Verkäufers zu bestimmen. Dabei birgt vor allem die nachzuholende Erfüllung ein hohes Risiko für den Verkäu­ fer, denn die dafür erforderlichen Aufwendungen - besonders bei der Nachbes­ serung - können den Kaufpreis der Ware, der bei der Preisreduzierung die Grenze bildet, oder diesen zuzüglich fehlgeschlagener Aufwendungen, wie bei der Vertragsaufhebung, erheblich übersteigen. Aus diesem Grund beschränken viele Rechtsordnungen das Wahlrecht des Käufers nach objektiven Krite­ rien'80, vor allem in bezug auf die Mängelbeseitigung581, aber auch hinsichtlich der Vertragsaufhebung582. Soweit diese Kriterien sich an der Belastung des Verkäufers orientieren - auch wenn sie wie die Unangemessenheit oder Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung nur besonders hohe Aufwendungen des Verkäufers erfassen oder wie die Beschränkung der Ersatzlieferung auf Gattungskäufe verdeckt und pauschal von niedrigen Kosten in diesen Fällen ausgehen - begrenzen sie den Gewährleistungsaufwand zum Vorteil beider Parteien. Einen ähnlichen Effekt bewirkt auch ein in den betrachteten Rechtsordnungen zunehmend vorgesehenes Wahlrecht des Verkäufers, das allerdings fast aus­ nahmslos auf die Nacherfüllung beschränkt wird. In der Schweiz ist „der Verkäufer berechtigt, sich durch sofortige Lieferung währhafter Ware derselben Gattung und Ersatz allen Schadens von jedem wei­

teren Ansprüche des Käufers zu befreien” (Art. 206 II a.E. OR). Vorausgesetzt

579 Die für die Suche des Käufers nach einem neuen Vertragspartner entstehenden Kosten werden nicht ausgeglichen. 580 Basedow, Reform, 1988, S. 77, spricht von „objektiven Abgrenzungen”. 581 Dazu o. aa) (1) (a), (2) (a). 582 Dazu o. bb) (1).

wird zwar nicht nur die Ersatzlieferung ohne zeitliche Verzögerung, sondern auch der Ersatz aller Schäden, aber dabei geht es allein um die Befreiung von

Schadensersatzansprüchen. Dem Wortlaut nach ist dieses Recht des Verkäufers zwar auf die Fälle beschränkt, in denen „die Sachen dem Käufer nicht von ei­

nem anderen Orte her zugesandt worden sind” (Art. 206 II 1 .HS OR), also auf Platzkäufe. Mittlerweile haben sich die Transportverhältnisse jedoch geändert, so daß in den meisten Fällen auch bei Distanzkäufen ohne Verzögerung Ersatz geliefert werden muß und die Regelung auch dann angewendet wird583. Ebenso auf die Ersatzlieferung beschränkt wird in den Common Law

Rechtsordnungen Englands und Irlands das Recht zur zweiten Andienung des Verkäufers, das allerdings innerhalb der Leistungszeit erfolgen muß584. Auch in den skandinavischen Kaufgesetzen ist ein Nacherfüllungsrecht des Käufers vorgesehen. In Dänemark muß der Käufer sich mit der Abhilfe eines Mangels oder einer Ersatzlieferung zufrieden geben, wenn sich der Verkäufer

dazu erbietet („tilbyder slgeren ... ma koberen dermed lade sig noje”), aller­

dings nur wenn es vor Ablauf der Frist geschehen kann, die der Käufer zur Lie­ ferung abwarten muß („det kan ske inden udlobet af den tid, da han er pligtig at

afvente levering") und wenn es ihm offenbar keine Kosten oder Unannehmlich­ keiten verursacht („ikke kan medfore omkostning eher ulempe”, § 49 I KbL).

Außerdem bleiben Schadensersatzansprüche unberührt (§ 49 II KbL). Ebenso wird im schwedischen und finnischen Kaufgesetz das Recht des Verkäufers

(„hat säljaren rätt") auf Fehlerbeseitigung oder Austauschlieferung vorgesehen, wenn es ohne wesentliche Unannehmlichkeiten für den Käufer („utan väsentlig olägenhet för köparen”) und ohne daß Risiko geschehen kann, daß er seinen ei­ genen Aufwand nicht ersetzt bekommt („utan risk ... inte far sina egna

kostnader ersatta”, § 36 I KpL/KppL). Nach schwedischem Verbraucherkauf­ recht dürfen überhaupt keine Kosten, und ebenfalls keine wesentlichen Unan­

nehmlichkeiten, beim Käufer entstehen („utan kostnad eher väsentlig olägenhet för köparen”, § 271 KonsKpL). Während nach allgemeinem Kaufrecht als Zeit­

raum nur darauf abgestellt wird, ob vom Käufer mit Rücksicht auf die Umstän­ de („med hänsyn till omständigheterna") vernünftigerweise verlangt werden konnte, die Nacherfüllung abzuwarten ("inte skaligen künde krävas att köparen skulle avvakta", § 36II KpL/KppL, ebenso § 27 II KonsKpL), muß beim Ver­ braucherkauf außerdem das Angebot des Verkäufers zur Mängelbehebung ohne

Verzögerung nach der Beschwerde des Käufers erfolgen („när köparen re­

583 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 206, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 157, in: Handbuch, 1992, S. 936. 584 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 254, Basedow, Reform, 1988, S. 65, Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 193 ff.

klamerar utan uppskov erbjuder") und die Maßnahme innerhalb angemessener Zeit danach stattfinden können („kan ske inom skälig tid efter reklamationen",

§ 27 I KonsKpL). Im Grundsatz entspricht die schwedische und finnische Regelung auch hier dem

UN-Kaufrecht'. Das Recht zur Mangelbehebung des Verkäufers darf dem Käu­

fer weder „unzumutbare Unannehmlichkeiten / unreasonable inconvenience"

(ebenso früher „unverhältnismäßige Unannehmlichkeiten / unreasonable incon­ venience”, Art. 44 I EKG) noch „Ungewißheit über die Erstattung seiner Aus­ lagen / uncertainty of reimbursement ... of expenses advanced" (früher „unver­

hältnismäßige ... Kosten / unreasonable expense", Art. 44 I EKG) bereiten und auch keine „unzumutbare Verzögerung / unreasonable delay” (früher bis zum Ablauf einer vom Käufer gesetzten „Nachfrist von angemessener Dauer / addi­ tional period of time of reasonable length", Art. 44 II EKG) nach sich ziehen (Art. 48 I 1 CISG). Schadensersatzansprüche des Käufers bleiben ebenfalls un­

berührt (Art. 48 I 2 CISG). Nach dem Wortlaut („vorbehaltlich des Artikels

49” / „subject to article 49”, Art. 48 I 1 CISG) gilt das Nacherfüllungsrecht des

Verkäufers jedoch nicht gegenüber der Vertragsaufhebung, also vor allem wenn eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt585. Das Haager Einheitskaufrecht gab der Vertragsaufhebung dagegen nur dann den Vorrang, wenn die Behebung

eines wesentlichen Mangels eine Verspätung verursachte, die ebenfalls als we­ sentliche Vertragsverletzung anzusehen war (Art. 43 Satz 1 i.V.m. Art. 44 I EKG)586. In den Vertragsgrundregeln wird das „Heilungs”-Recht der nichterfüllenden Partei unterschiedlich stark ausgestaltet. Die Grundregeln der Kommission für

Europäisches Vertragsrecht lassen unter der Voraussetzung, daß das „Angebot

der Leistung als nicht vertragsgerecht zurückgewiesen wird” ein „erneutes, ver­ tragsgerechtes Angebot” nur dann zu, wenn die dadurch entstehende Verzöge­ rung keine wesentliche Nichterfüllung darstellt (Art. 3.104 Eur-Princ)587, also

585 Unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 5, 7, 17 zu Art. 48, SCHNYDER/STRAUB/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 29 f. zu Art. 48. 586 Dazu Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 4, 8 zu Art. 43/44 EKG. 587 Außerdem wird ein erneutes Angebot zugelassen, wenn bei Zurückweisung die Leistung noch nicht fällig ist, ebenso Art. 37 Satz 1 CISG („bis zu dem für die Lieferung festgesetzten Zeitpunkt”). Im Ergebnis wird in den Rechtsordnungen, die wie das deutsche Kaufrecht auf das Vorliegen eines Sachmangels bei Gefahrübergang abstellen (§ 459 I BGB), dem Verkäufer bis zu diesem späteren Zeitpunkt das Recht auf Mängelbehebung eingeräumt, zum deutschen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 184, 186 vor § 459, Rdnr. 79, 84 f. zu § 459, WestermANN/Münch-Komm, BGB,

ähnlich wie nach dem Haager Einheitskaufrecht. Die UNIDROIT-Principles

ermöglichen dagegen „eure by non-performing party” allgemein immer dann,

wenn sie den Umständen nach angemessen ist („appropriate in the circumstances”, Art. 7.1.4 I b) UD-Princ) und die andere Seite kein berechtigtes Interesse

zur Verweigerung hat (”no legitimate interest in refusing eure“, Art. 7.1.4 I c)

UD-Princ), wodurch noch über Unannehmlichkeiten und Kosten hinaus die In­

teressen des Gläubigers, hier des Käufers, berücksichtigt werden. Der zeitliche Ablauf wird durch eine Nachricht über Art und Zeitpunkt der Behebung ohne unzulässige Verzögerung („without undue delay“, Art. 7.1.41a) UD-Princ)

sowie ihre sofortige Durchführung („eure is effected promptly“, Art. 7.1.4 I d) UD-Princ) bestimmt. Der Gläubiger behält ausdrücklich Schadensersatzansprü­ che (Art. 7.1.4 V UD-Princ). In Österreich sollen nach dem Entwurf für eine Gewährleistungsreform5^

nur noch bei unbehebbaren Mängeln, die „auf wirtschaftlich vertretbare Weise nicht behoben werden” können, Vertragsaufhebung - aber dann auch Minde­ rung588 589 - in Betracht kommen (§ 932 1 1 ABGB-E), während bei behebbaren

Mängeln der Übernehmer nur „die Verbesserung ... fordern” kann (§ 932 II

ABGB-E). Damit soll dem Verkäufer grundsätzlich zunächst Mangelbeseiti­ gung ermöglicht werden590. Obwohl der Vorrang der Nacherfüllung vor den an­ deren Rechtsbehelfen festgeschrieben wird, handelt es sich auch hier um ein Nacherfüllungsrecht auf Seiten des Verkäufers, denn dieser kann „die Behebung

ablehnen”, wodurch ein „an sich” behebbarer Mangel zu einem unbehebbaren wird (§ 932 III Zff. 1 l.Alt ABGB-E). Ähnlich wie in den bisher behandelten Regelungen entfallt das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers zum einen, wenn

der Mangel „innerhalb angemessener Frist überhaupt nicht oder nur mangel­ haft” behoben wird (§ 932 III Zff. 1 2.Alt ABGB-E) und zum anderen, wenn

„die Behebung für den Unternehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles unangemessen nachteilig wäre” (§ 932 III Zff. 2 ABGB-E)591.

1995, Rdnr. 5 zu § 459, dazu o. a) aa) (4). Dieses Verkäuferrecht bleibt auch nach Zurückweisung fehlerhafter Ware durch den Käufer bestehen, da dieser dadurch nicht in den einen Gefahrübergang auslösenden Gläubigerverzug gerät, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 6 zu § 480, ebenso Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 82 f. zu § 459, Ernst, NJW 1997, S. 898. 588 Bundesministerium für Justiz GZ 7.012/509-1.2/1995. 589 In diesen Fällen wird nach herrschender Ansicht wegen Wertlosigkeit der Sache derzeit keine Preisherabsetzung zugelassen, s. o. cc) (1). 590 Erläuterungen zum Entwurf, S. 18, 24 f, dazu auch Grünberger, in: Reform, 1998, S. 79 f., 88 f. Skeptisch zur Aufgabe der Parallelität von Nachbesserung und Minderung Terlitza, JAP 1994/95, S. 270. 591 Zur Kritik an dieser geplanten Billigkeitsklausel, die im Vorentwurf auf den Begriff „unzumutbar“ abstellte, Grünberger, in: Reform, 1998, S. 89.

Nach der Schuldrechtskommission soll im deutschen Kaufrecht in Zukunft

dadurch ein „Recht zur zweiten Andienung” für den Verkäufer entstehen, daß

der Käufer regelmäßig eine Frist zur Nacherfüllung einräumen muß, bevor er vom Vertrag zurücktreten (§ 439 I i.V.m. § 323 I BGB-KE) oder mindern (§ 440 I 1 BGB-KE, „nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfül­ lung bestimmten angemessenen Frist”) kann592. Das Verkäuferrecht auf Nacher­ füllung wird daher dann ausgeschlossen, wenn eine Nachfristsetzung des Käu­

fers nicht erforderlich ist: Die Interessen des Käufer werden dabei nur in Abwä­

gung mit denen des Verkäufers berücksichtigt („aus besonderen Gründen unter

Abwägung der beiderseitigen Interessen”, § 323 II Zff. 3 BGB-KE), wobei die­ ser „Auffangtatbestand” absichtlich so formuliert ist, daß „den Gerichten ent­ sprechende Bewertungsspielräume” zustehen593. Der vom Verkäufer für das

Nacherfüllungsrecht einzuhaltende Zeitraum wird durch die vom Käufer zu be­ stimmende angemessene Frist festgelegt, deren (ungebührliche) Überschreitung als „Fehlschlägen” der Nacherfüllung angesehen wird594, so daß danach keine

weitere Nachfrist erforderlich ist (§§ 439 II, 440 12 BGB-KE) und damit kein

Nacherfüllungsrecht mehr besteht. Kommt es dem Käufer besonders auf die rechtzeitige Leistung an595, dann ist keine Nachfristsetzung erforderlich (§ 323 II Zff. 2 BGB-KE), und der Verkäufer ist zur notwendigerweise mit ei­ ner Verzögerung verbundenen Nacherfüllung nicht berechtigt596. In der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird dem Verkäufer nun­

mehr ebenfalls die Möglichkeit einer Nacherfüllung eingeräumt, denn der Ver­

braucher kann „zunächst“ nur Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangen, es sei denn, diese wäre unmöglich oder unverhältnismäßig597 (Art. 3 III 1 VbrKfRil). Wie in den skandinavischen Kaufgesetzen und im internationalen Kaufrecht wird dabei für diese Nacherfüllung sowohl eine angemessene Frist

wie auch die Vermeidung erheblicher Unannehmlichkeiten für den Verbraucher

verlangt (Art. 3 III 3 VbrKfRil). Minderung oder Vertragsaufhebung kann der Verbraucher erst in zweiter Linie verlangen, wenn entweder die Behebung des Mangels nicht in der zu Gunsten der Verbraucherkäufer bestimmten Weise er­

folgt und damit fehlschlägt, oder zu Gunsten des Verkäufers der Anspruch gar nicht erst entstehen konnte (Art. 3 V VbrKfRil). Die EG-Kommission hatte

592 Abschlußbericht, 1992, S. 211. 593 Abschlußbericht, 1992, S. 169. 594 Abschlußbericht, 1992, S. 217. 595 Dies ist bei einem Fixgeschäft anzunehmen, Abschlußbericht, 1992, S. 168. 596 Hierin liegt eine Parallele zum Haager Einheitskaufrecht, da die durch die Nacherfüllung verspätete Leistung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellen würde, die die sofortige Aufhebung des Vertrags ermöglicht. 597 Dazu o. aa) (1) (a).

schon in ihren Vorüberlegungen dem Verkäufer ein sehr umfangreiches Wahl­

recht zugesprochen: Danach sollte ihm immer die Möglichkeit zur Nacherfül­ lung eingeräumt werden, bei deren Fehlschlägen sowie gegenüber einem Ver­ langen auf Preisminderung zusätzlich aber auch die Vertragsaufhebung598. Im

Richtlinien-Entwurf wurde dem Verbraucher dagegen eine nur zeitlich einge­ schränkte Wahlfreiheit zugesprochen (Art. 3 IV VbrKfRil-E).

Nur eine der einbezogenen Rechtsordnungen gibt dem Verkäufer ein nicht ausschließlich auf die Nacherfüllung bezogenes Wahlrecht. Nach niederländischem Kaufrecht hat der Verkäufer bei einem Konsumenten­ kauf das Recht, die vom Käufer verlangte Nacherfüllung auf die Ersetzung der Sache zu beschränken oder stattdessen den Kaufpreis zurückzugeben (Art. 7:21

II1 BW). Voraussetzung ist auch hier, daß der Verkäufer sich innerhalb kurzer Zeit entscheidet („verkoper is gehouden deze keuze binnen körte tijd te doen")

und seine Verpflichtung anschließend innerhalb angemessener Zeit erfüllt („zijn verplichting binnen redelijke tijd na te körnen”, Art. 7:21 II 2 BW).

In anderen Kaufrechten wird ein Nacherfüllungsrecht des Verkäufers allenfalls unter besonderen Umständen, meist unter Bezugnahme auf Treu und Glauben oder entsprechende Prinzipien, befürwortet599. So wird in Deutschland ein Nachbesserungsrecht des Verkäufers „ausnahms­

weise” zugelassen, ein Recht auf Ersatzlieferung ist dagegen kaum erkennbar. Auf jeden Fall muß der Verkäufer sich frühzeitig zu einer erfolgversprechenden

Nacherfüllung, die den Käufer nicht beeinträchtigen darf, ohne weiteres bereit erklären600.

598 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 114, befürwortend ECLG in ihrer Stellungnahme Zff. 13, JConsPol 1994, S. 365. 599 Vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 64, 66, sowie zur Nachbesserung bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 252. 600 Zur Nachbesserung BGH v. 17.9.1971, WM 1971, S. 1382 (1383) - zum Grund­ stückskauf, RG v. 6.11.1917, RGZ 91, S. HO (112 f.), RG v. 23.11.1915, RGZ 87, S. 335 (337), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 11,12 zu §462, Westermann/ MünchKomm, 1995, Rdnr. 8 zu § 462, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 73 zu § 462, befürwortend Peters, JZ 1978, S. 92 f., weitergehend Köhler, JZ 1984, S. 393 f. Zur Ersatzlieferung BGH v. 5.10.1966, NJW 1967, S. 33 (34) - offenlassend, RG v. 6.6.1905, RGZ 61, S. 92 (94), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 8, 9 zu § 480, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 6 ff. zu § 480, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 4 zu § 480, befürwortend Ballerstedt, FS Nipperdey, 1955, S. 280 f.

Nach derzeitigem österreichischen Gewährleistungsrecht kann der Veräuße­

rer die Minderung nicht durch eine Verbesserung abwenden, allerdings muß unter Umständen vom Erwerber eine Nachfrist gesetzt werden601.

In Italien wird in der Literatur zum Teil ein Recht des Verkäufers auf Nach­ besserung oder Ersatzlieferung aus dem Gesichtspunkt des redlichen Verhaltens

innerhalb eines Schuldverhältnisses (Art. 1175 CceC: „Il debitore e il creditore devono comportarsi secondo le regole della correttezza") befürwortet602.

Gibt man dem Verkäufer die Möglichkeit, die Rechtsbehelfe auszuwählen, so würde damit erreicht, daß die Gewährleistungsmaßnahme mit dem geringstem Aufwand durchgeführt wird603. Andererseits gleichen Nacherfüllung, Vertrags­ aufhebung und Preisreduzierung die Äquivalenzverschiebung für den Käufer in unterschiedlicher Weise aus. Im Regelfall dürfte die Nacherfüllung für den Käufer jedoch die günstigste Alternative darstellen, jedenfalls wenn sie ohne große Verzögerung und ohne zusätzlichen Aufwand für den Käufer erfolgen kann604. Nur unter dieser Annahme ist es sinnvoll, dem Verkäufer das Recht zu geben, seine Verantwortung für die Lieferung einer mangelhaften Sache auf diese Art des Rechtsbehelfs zu beschränken: Dann wird die Funktion der Gewährleistung nicht beeinträchtigt und der Verkäufer, der den von ihm zu erbringenden Aufwand für die Rechtsbehelfe am besten einschätzen kann, wird die Nacherfüllung immer dann wählen, wenn sie kostengünstiger ist als die anderen Alternativen. Wird dagegen dem Verkäufer - wie in den Niederlanden - ermöglicht, die Rückzahlung des Kaufpreises zu wählen, also praktisch eine Minderung auf Null, dann kann er sich auf eine für den Käufer im Regelfall ungünstigere Maßnahme beschränken, die nicht unbedingt zu einem vollen Äquivalenzausgleich führt und insoweit die zentrale Gewährleistungsfunktion nicht erfüllt605.

601 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 147. Zum Reformvorschlag o. bei Fn. 588. 602 Bianca, vendita, S. 1015 f. (n. 440). 603 Ablehnend gegenüber umfangreichen Verkäuferwahlrechten, auch wegen der entstehenden Rechtsunsicherheit, SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 53, ähnlich ECLG, Opinion, JConsPol 1998, S. 94 (Zff. 14). 604 Anders Wendel, Entwicklung, 1994, S. 210, vor allem bei „Bedarfsgütern des sofortigen Ge- und Verbrauchs”, wobei er allerdings davon ausgeht, daß der Käufer „unbestimmte Zeit abzuwarten” hat und er sich die gewünschte Ware unmittelbar woanders besorgen kann. 605 Ähnlich zur Vertragsaufhebung SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 54, 56, die dem Verkäufer allerdings bei unzumutbarer Nacherfüllung das Recht zum Preisnachlaß einräumen wollen, a.a.O., S. 54.

(3) Ergebnis

Die neueren Kaufrechte beschreiten mit dem auf die Nacherfüllung be­ schränkten Wahlrecht des Verkäufers einen Mittelweg zwischen der Wahlfrei­ heit des Käufers in Bezug auf die Rechtsbehelfe, die insofern sinnvoll ist, als dieser die Erforderlichkeit von Ausgleichsmaßnahmen am besten einschätzen kann, und der Wahlfreiheit des Verkäufers, die zu einer Ausrichtung am Aufwand der Gewährleistung fuhrt und diesen niedrig hält. Ähnlich wie die Wahlmöglichkeiten des Käufers durch objektivierte Kriterien im Interesse des Verkäufers und damit auch zugunsten eines niedrigen Gesamtaufwandes der Gewährleistung eingeschränkt werden, werden auch die Wahlmöglichkeiten des Verkäufers im Interesse des Käufers begrenzt, da die durch den Verkäufer angebotene Nacherfüllung den Käufer in zeitlicher und materieller Hinsicht nicht belasten darf Die Unterschiede in Bezug auf den Gewährleistungsaufwand zwischen den Rechtsordnungen, die eine Nacherfüllungspflicht des Verkäufers vorsehen, aber kein entsprechendes Nacherfüllungsrecht des Verkäufers kennen606, gegenüber denen, die beides verbinden, sind jedoch relativ gering'. Nur in den Fällen, in denen der Käufer seine Vorteile aus der Nacherfüllung nicht erkennt und daher diesen Rechtsbehelf nicht verlangt, kommt es ohne ein Wahlrecht des Verkäufers nicht zu dessen Durchführung, wenn diese Art des Äquiva­ lenzausgleichs die kostengünstigste ist. Verlangt dagegen der Käufer die Nacherfüllung, so wird ein rational handelnder Verkäufer in den meisten Fällen zustimmen, wenn diese Art der Gewährleistung weniger aufwendig ist als die anderen Alternativen, so daß es eines Verkäuferwahlrechts nicht bedarf. 3. Die ergänzende Gewährleistung: Ausgleich der weiteren Vermögensnachteile des Käufers In diesem Abschnitt sollen die Möglichkeiten des Käufers behandelt werden, über die Behebung des gestörten Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung hinaus Ersatz für weitere Benachteiligungen zu erhalten, die als Folge des Sachmangels eintreten können.

606 Bei der Nachbesserung Österreich und Portugal, über die Nichterfüllungsregeln auch Frankreich, für den Verbraucherkauf auch Spanien und Griechenland sowie noch der EG-Richtlinienvorschlag, bei der Ersatzlieferung zusätzlich Deutschland und Griechenland.

Bisher wurden als abgrenzbare Posten des Erfüllungsinteresses die Erstat­ tungsansprüche des Käufers für eine von diesem durchgeführte Behebung der Sachmängel607 oder als Wertausgleich für den Mangel an der Kaufsache608 behandelt, und außerdem das Interesse des Käufers an der Wiederherstellung des vor Vertragsschluß bestehenden Zustandes durch Rückerstattung der erbrachten Leistungen sowie zusätzlichen Ausgleich der nutzlos gewordenen Aufwendungen bis hin zum vollen Vertrauensschadenersatz 609. Im folgenden geht es nun um weitergehende Schadensersatzansprüche, die den Käufer so stellen sollen, als ob die Kaufsache mangelfrei gewesen wäre. Zu diesem Teil des positiven Interesses bzw. des durch die Nichterfüllung entstandenen Schadens gehören im weitesten Sinne sowohl die aus der ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erwarteten Vorteile des Käufers als engeres Erfüllungsinteresse610, als auch durch die fehlerhafte Kaufsache verursachte Verluste, nqt allem als Sach- und Personenschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers, als dessen Integritätsinteresse 611.

Der mögliche Umfang dieser vom Sachmangel verursachten Vermögensnach­ teile des Käufers macht besonders deutlich, daß dem Verkäufer mit einer derartigen Verpflichtung - wie bei jeglichem Schadensersatzanspruch - ein äußerst schwierig zu kalkulierendes Risiko angelastet wird. Der Umfang der Ausgleichsansprüche hängt im wesentlichen von Umständen ab, die im Bereich des Käufers liegen und die der Verkäufer typischerweise nicht zuverlässig beurteilen kann612. So kommt es für die aus dem Vertrag fließenden Vorteile des Käufers allein darauf an, auf welche Weise er die Kaufsache zu nutzen gedenkt. Auch das Ausmaß der Gefahr, daß die Lieferung mangelhafter Ware Sach- oderPersonenschäden beim Käufer verursacht, wird stark vom Ge­ 607 S. o. bei der Nacherfüllung, 2.c) aa) (1) (b), (2) (b). 608 S. o. bei der Preisreduzierung, 2.c) cc) (2). 609 S. o. bei der Vertragsaufhebung, 2.c) bb) (2) (a) und (3). Diese Art des Vermö­ gensausgleichs spielt dort die entscheidende Rolle und wird überwiegend als mit der Aufrechterhaltung des Vertrages nicht vereinbar angesehen, so noch HUBER/Schlechtriem, CISQ 1990, Rdnr. 3 zu Art. 74. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 269, bezeichnet das negative Interesse sogar als „Attribut der Wandlung”. 610 Im englischen klarer gekennzeichnet als „expectation interest", also „Erwar­ tungs-interesse”, vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 260, FULLER/PERDUE, YaleLJ 1936, S. 54, 57 ff. Zur Sicherung des Erfüllungsinteresses u. c) bb) (1). 611 Als „consequential damage”, also Folgeschaden, bei Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 30 (sec. 53), der auch Regreßansprüche Dritter dazu rechnet. Zur Haftung für Integritätsschäden u. c) aa) (2). 612 Koller, Risikozurechnung, 1979, S. 238. Ähnlich liegt es auch beim Kosten­ ersatz für die vom Käufer veranlaßte Nacherfüllung im Wege der Reparatur, s. o. 2.c) aa) (1) (b), oder des Deckungskaufes, s. o. 2.c) aa) (2) (b).

brauch der Kaufsache sowie im Bereich der Sachschäden vom Wert der beim Käufer befindlichen und der mangelhaften Sache ausgesetzten Gegen­ stände beeinflußt. Kann der Verkäufer den Umfang des von ihm zu tragenden Risikos jedoch nicht einschätzen, so hat er auch keine Anhaltspunkte, in welchem Ausmaß ein schadensvermeidender Aufwand für ihn wirtschaftlich sinnvoll wäre1. 2Er wird daher entweder zu wenig präventiv tätig werden, wodurch die Schadensfälle insgesamt steigen oder mit zu hohen Kosten die Sach­ mangelgefahren abwehren, was sich gesamtwirtschaftlich ebenfalls negativ auswirkt. Auf der anderen Seite bestehen bei einem unbegrenzten Ersatzanspruch für den Käufer keine Anreize, überhöhte Aufwendungen in Bezug auf den Kauf zu vermeiden oder selbst zur Schadensvermeidung beizutragen. Diesen Besonderheiten der ergänzenden Gewährleistung kann zum einen dadurch Rechnung getragen werden, daß sie gegenüber der eigentlichen Gewährleistung generell zusätzlichen Voraussetzungen hinsichtlich des Haftungsmaßstabes unterworfen wird. Zum anderen können die Aus­ gleichspflichten in ihrem Umfang beschränkt werden. Daher soll zunächst dargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen die obengenannten Beeinträchtigungen des Käufers durch Sachmängel vom Verkäufer auszugleichen sind, also vor allem, inwieweit gegenüber der eigentlichen Gewährleistung1 zusätzliche Erfordernisse aufgestellt werden (unten a.). In diesem Zusammenhang ist auch zu ermitteln, welche Um­ stände die Ausgleichspflicht des Verkäufers ausschließen, wobei es auch hier auf Abweichungen gegenüber den allgemeinen Gewährleistungsaus­ schlüssen3 ankommt (unten b.). Außerdem ist der Inhalt der Schadensersatzansprüche bei Sachmängeln zu erörtern (unten c.). Dabei ist zunächst nach generellen Begrenzungen des Schadensersatzumfangs zu fragen; anschließend soll die Einbeziehung der wichtigsten Schadensposten des Erfüllungsinteresses und des Integri­ tätsinteresses behandelt werden.

1 Ähnlich bezüglich einer „optimalen” Gefahrenabwehr und notwendiger Rückstel­ lungen Koller, Risikozurechnung, 1979, S. 238 2 Dazu o. 2. a) 3 Dazu o. 2. b)

a) Voraussetzungen der Ausgleichspflichten

Die Möglichkeiten eines Käufers, bei der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache vom Verkäufer Schadensersatz über den Sachmangel selbst hinaus zu erlangen, unterscheiden sich in den verschiedenen Kaufrechten vor allem dahingehend, inwieweit die Einflußmöglichkeiten des Verkäufers auf den Sachmangel oder das Verhalten des Verkäufers berücksichtigt werden, also in Bezug auf den Haftungsmaßstab^. Teilweise wird ange­ nommen, daß der Verkäufer für die Mangelfreiheit der Ware ohne weiteres oder zumindest unter bestimmten Umständen garantiert und im Ergebnis verschuldensunabhängig auf Schadensersatz haftet (unten aa.), teilweise wird er nur zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist, wobei Art und Intensität des Verschuldensvorwurfs in den Rechtsordnungen wiederum unterschiedlich festgelegt werden (unten bb ). Unübersichtlich wird das Bild dadurch, daß in manchen Staaten diese beiden Grundformen des Haftungsmaßstabs gemeinsam verwendet wer­ den4 5, zum Teil in einer auf den Kaufgegenstand bezogenen Abgrenzung6.

Soweit ein unterschiedlicher Haftungsmaßstab für unmittelbare bzw. direkte Schäden („Mangelschäden”) und mittelbare bzw. indirekte Schäden („Mangelfolgeschäden”) vorgesehen wird7, sind an dieser Stelle nur die Folgeschäden zu behandeln, da der unmittelbare Mangelschaden die Äquivalenzverschiebung zwischen Leistung und Gegenleistung betrifft und daher zur eigentlichen Gewährleistung zählt8. Daher ist auf die Rechtsord­ nungen einzugehen, die eine Differenzierung nach diesem Kriterium vornehmen. Das schweizerische Kaufrecht läßt den Verkäufer für einen Schaden, der „durch die Lieferung fehlerhafter Ware unmittelbar verursacht worden ist” (Art. 208 II OR) ohne jede weitere Voraussetzungen Schadensersatz leisten, wodurch der Bereich des Schadens an der Sache selbst einer strikten Kau­ salhaftung unterliegt9. Außerdem soll nach der Rechtsprechung durch den

4 So etwa Basedow, Reform, 1988, S. 56 5 Wie in Deutschland nach § 463 BGB die Zusicherung als besondere Garantie, s. u. aa) (3), neben der Arglist als speziellem Verschulden, s. u. bb) (2), sowie außerdem der schlichte Verschuldensmaßstab bei der positiven Vertragsverletzung, s. u. bb) (1) 6 So nach Stück- und Gattungskauf in Griechenland, s. u. bb) (1), bb) (2), und Dänemark, s. u. aa) (2), bb) (1). 7 Zur Unmittelbarkeit des Schadens u. c) aa) (2). 8 Dazu o. 2. 9 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 6 zu § 208, vgl. auch Keller­ Schwegler Rdnr. 69, in Handbuch, 1992, S. 940.

Ersatz des unmittelbaren Schadens der Käufer bei der Wandelung in die Po­

sition versetzt werden, die er innegehabt hätte, wenn der Vertrag gar nicht zustandegekommen wäre10, so daß das negative Interesse des Käufers zu ersetzen ist. Allerdings wird es nur zum Teil abgedeckt, denn Schadens­

posten, die nur als mittelbar durch den Mangel verursacht angesehen wer­ den können, wie etwa entgangener Gewinn, sind allein unter Verschuldens­ gesichtspunkten auszugleichen11. Dies ist der „weitere(n) Schaden”, d. h. der durch zusätzliche Ursachen getrennte Mangelfolgeschaden, Art. 208 III OR12.

nach

Ähnlich wird im schwedischen und finnischen Kaufgesetz der indirekte

Verlust („indirekt förlust") von der verschuldensunabhängigen Ersatzpflicht des Verkäufers nach § 40 I KpL/KppL ausgenommen (§ 40 II KpL/KppL). Zu den indirekten oder Folgeschäden zählen ausdrücklich13 sowohl Nutzungsentgang (§ 67 II Zff. 2 KpL/KppL: „förlust till följd av att varan inte

kan utnyttjas pä avsett sätt” wie entgangener Gewinn (§ 67 II Zff. 3 KpL/KppL: „utebliven winst”)14, in Finnland auch der Schaden an einem

anderen Gut als der verkauften Ware (§ 67 II Zff. 4 KppL), sowie ähnliche, schwer voraussehbare Schäden (§ 67 II Zff. 4 KpL / § 67 II Zff. 5 KppL:

„annan liknande förlust, om den varit svär att förutse”). Diese hat der Ver­ käufer nur bei einem Verschulden auf seiner Seite sowie bei einer besonde­

ren Zusicherung (§ 40 III KpL /KppL: „försummelse pä säljarens sida eller ... vad säljaren särskilt har utfäst") zu ersetzen15. Damit bleiben als direkte

Verluste des Käufers vor allem die Mangelschäden sowie unmittelbar ent­ standene Aufwendungen und Preisunterschiede übrig (§ 67 I 1 KpL/KppL: „utgifter, prisskillnad"). Diese sind vom Verkäufer immer zu erstatten, es

sei denn, er kann sich auf ein außerhalb seiner Kontrolle liegendes Ereignis

berufen (§ 40 I 1 KpL/KppL i.V.m. § 27 I KpL/KppL). Im deutschen Kaufrecht werden zwar auch „eigentlicher Mangelscha­ den” und „Mangelfolge- oder Begleitschaden” unterschieden, allerdings

sollen - gegenläufig wie in der Schweiz und Schweden bzw. Finnland - die

10 So BG v. 14.12.1937, BGE 63 II S. 401 (403). 11 BG v. 17.11.1953, BGE 79 II S. 376 (379), HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 8 zu Art. 208, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 170, 171, in Hand­ buch, 1992, S. 941. Zu diesen Rechtsfolgen der Wandelung o. 2. bb) (3). 12 Dazu u. bb). 13 Nur die hier angegebenen Schadensarten gelten als mittelbare Schäden, während nicht erwähnte Posten als unmittelbar anzusehen sind, vgl. Woschnagg, RIW 1992, S. 120 14 Auch der Regreßschaden dürfte zu den indirekten Schäden zählen. 15 Dazu u. bb).

unmittelbaren Schäden nur nach den strengeren Voraussetzungen des § 463 BGB (Zusicherung oder Arglist) vom Verkäufer ersetzt werden, während für Folgeschäden über die positive Vertragsverletzung bereits bei einfachem Verschulden gehaftet wird16. Damit wird die Möglichkeit des Käufers einge­

schränkt, zu Lasten des Verkäufers statt der Nacherfüllung den Ersatz der Kosten des Deckungskaufs bzw. der Reparaturkosten zu verlangen17 oder bei der Vertragsaufhebung auch den entgangenen Gewinn geltend zu ma­ chen18, denn diese Schadensposten sind als Mangelschäden nur nach §§ 463, 480 II BGB zu ersetzen19.

Nach griechischem Kaufrecht wird dagegen von den Art. 543, 544 AK auch der Mangelfolgeschaden erfaßt20.

Die wirtschaftliche Belastung des Verkäufers durch die Sachmängelge­ währleistung ist grundsätzlich umso höher, je niedriger die Anforderungen an seine Schadensersatzpflicht gesetzt werden, weil sich da durch sein Risiko erhöht, vom Käufer in Anspruch genommen zu werden. Damit steigen auch die auf den Kaufvertrag insgesamt entfallenden, von beiden Parteien zu tragenden Gewährleistungskosten. Die unterschiedlichen Haftungsmaßstäbe lassen aber auch unterschiedli­ che Zielsetzungen der auf Schadensersatz gerichteten Gewährleistungsre­ gelungen erkennen. Während verschuldensunabhängige Schadensersatzan­ sprüche den Käufer über die eigentliche Gewährleistung hinaus auch gegen die weiteren durch den Sachmangel verursachten Vermögensverluste versichern, erzeugt ein Abstellen auf Sorgfaltsverstöße des Verkäufers im Rahmen des einfachen Verschuldens Anreize für diesen, seine Anstrengun­ gen zur Vermeidung von Sachmängeln zu erhöhen. Soweit sich dagegen die Schadensersatzhaftung auf vorsätzliches oder arglistiges Verhalten des Verkäufers beschränkt, wird allein die bewußte Lieferung mangelhafter Ware sanktioniert21.

16 Westerm ANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 21 ff. Anh § 463. 17 Dazu o. 2.c) aa) (1) (b), (2) (b). 18 Dazu o. 2.c) bb) (3). 19 Vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 23, 28 zu Anh § 463. 20 Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 112. Zu den Besonderheiten des Gat­ tungskaufs Bruegel, in: Untemehmensrecht, 1997, S. 130. 21 Zu diesen Zielsetzungen o. I.l.a).

aa) Garantie des Verkäufers auf Ausgleichszahlungen Die verschuldensunabhängige Verpflichtung des Verkäufers zum Ausgleich der beim Käufer entstandenen weiteren Vermögensnachteile tritt in den einbezogenen Rechtsordnungen in drei Varianten auf: Erstens als strikte Kausalhaftung (unten (1).), zweitens als durch Entlastungsmöglichkeiten bei außergewöhnlichen Umständen abgeschwächte Form der Kausalhaftung (unten (2).), und drittens als verschuldensunabhängige Haftung unter der zusätzlichen Voraussetzung eines besonderen Verhaltens des Verkäufers (unten (3).). (1) Strikte Kausalhaftung Nur die europäischen Common Law Rechtsordnungen lassen den Verkäufer in jedem Fall eines Sachmangels verschuldensunabhängig auf Schadenser­ satz haften. Nach dem englischen und irischen Kaufgesetz enthält jeder Kaufvertrag eine stillschweigende Vertragsbedingung („implied term”, sec. 13 I, 14 II

SGA-GB, „implied condition”, sec. 13 1, 14 II SGA-IRL), daß die Kaufsa­

che keine Sachmängel hat. Damit besteht immer eine Zusicherung oder Ga­ rantie des Verkäufers für die vertragsgemäße Beschaffenheit der Ware22, so daß bei einer Abweichung davon ohne weiteres eine Schadensersatzpflicht

des Verkäufers entsteht (sec. 53 I b) SGA-GB / SGA-IRL: „maintain an action against the seller for damages for the breach”). Mangelschäden und Mangelfolgeschäden werden zwar nicht unterschiedlichen Verschuldensan­

forderungen unterworfen - wie in der Schweiz, Schweden bzw. Finnland oder Deutschland23 -, aber letztere sind nur zu ersetzen, wenn sie voraus­ sehbar waren24. Völlig uneingeschränkt haftet der Verkäufer daher nach den Kaufgesetzen nur für den direkt und natürlicherweise bei einem gewöhnli­

chen Geschehensablauf durch die mangelhafte Lieferung verursachten

Schaden (sec. 53 II SGA-GB / sec. 53 IV SGA-IRL: „loss directly and naturally resulting, in the ordinary course of events, from the breach”)25, d. h. für den Mangelschaden oder für „general damage”26.

22 Vgl. Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1057. Im Common Law wird der Vertrag generell als Garantieversprechen verstanden, vgl. Zweigert/Kötz, Einführung, 1996, S. 501. 23 S. o. vor aa). 24 Dazu u. c) aa) (3). 25 Diese Unterscheidung des Schadensbegriffs wird bei Jenkins/Henshall/ Holland Rdnr. 5, in Handbuch 1992, S. 400, nicht deutlich. 26 Vgl. dazu bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 283.

Allein gewerbliche Verkäufer werden nach der Rechtsprechung in einigen romanischen Rechtsordnungen einer strikten Haftung für Sachmängel unterworfen. Obwohl in Frankreich, Luxemburg und Belgien nach dem Wortlaut des

Art. 1645 CdeC / BW nur der Verkäufer auf Schadensersatz haftet, der den Mangel der Kaufsache kennt („si le vendeur connaissait les vices de la cho­ se” / „indien de verkoper de gebreken van de zaak gekend heft”)27, wird bei

gewerblich tätigen Verkäufern ein strengerer Haftungsmaßstab zugrunde­ gelegt.

Im französischen Kaufrecht werden berufsmäßige Händler wie auch Hersteller der Kaufsache faktisch einer strikten Haftung28 unterworfen, denn die höchstrichterliche Rechtsprechung29 geht bei ihnen generell davon

aus, daß sie aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung Mängel der Kaufsache kannten30. Obwohl zunächst wohl nur an eine Umkehrung der Beweislast

oder eine Vermutung zugunsten des Käufers gedacht war, wird in der Praxis ein Gegenbeweis des Verkäufers nicht mehr zugelassen31, so daß eine ver­

schuldensunabhängige Haftung auch gegenüber beruflich tätigen Käufern entstanden ist32. Die belgische Rechtsprechung nimmt - bereits länger als die französi­

schen Gerichte - ebenfalls eine „presomption de mauvaise foi” an, wenn der

27 Dazu näher u. bb) (2). 28 Vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 56, ähnlich sprechen Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 622, von einer „rein objektiven Haftung”. 29 Vgl. etwa Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 25, sowie Flesch, Mängel­ haftung, 1994, S. 78 f., jeweils mit zahlreichen Nachweisen. Zum Umweg der extrem weiten Auslegung des Begriffs „les frais occasionns par le vente” in Art. 1646 CdeC durch die ältere französische Rechtsprechung vgl. Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 243. 30 So bereits Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 255, vgl. auch WENNER/SCHÖDEL Rdnr. 47, in Handbuch, 1992, S. 458. Die Argumentation geht auf Pothier, contrat de vente, 1847, Nr. 214 zurück, der für alle Gewerbetreibenden formulierte: „Personne ne doit professer publiquement un art, s‘il n’a toutes les connaissances necessaires pour bien l’exercer.", und speziell auf Händler bezogen: „S‘il n‘est pas fabricant, il doit exposer en vente que de bonnes marchandises: il doit s‘y connaitre et n‘en dbiter que de bonnes.” 31 Vgl. die Nachweise bei Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 25 Fn. 4, sowie Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 622, Wenner/Schödel Rdnr. 147, in: Handbuch, 1992, S. 458, und bereits Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 256. 32 Nur gegenüber Händlern der gleichen Branche wird dieser strenge Haftungsmaß­ stab nicht angewandt, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 26.

Verkäufer Hersteller oder Händler ist33. Anders als in Frankreich bleibt es

jedoch bei einer bloßen Vermutung, gegen die ein Entlastungsbeweis des Verkäufers möglich ist34. Der Nachweis einer derartigen unvermeidbare Un­ kenntnis („ignorance invincible" / „onoverwinnelijke onwetenheid") ist je­ doch äußerst schwierig, denn er wird von den Gerichten selten akzeptiert35.

Man kann allerdings eine Abstufung je nach der Rolle des Verkäufers im Absatzsystem erkennen, so daß Hersteller besonders streng beurteilt wer­

den, während vor allem nicht spezialisierte Einzelhändler aufgrund ihrer weitaus geringeren Möglichkeiten zur Mangelermittlung sich leichter entla­ sten können36. In der neueren Rechtsprechung wird der Entlastungsbeweis auch in diesem Bereich aber insoweit verschärft, als ein aktives Verhalten des Verkäufers verlangt wird37. Auch die vermutete Haftung nach belgi­

schem Recht knüpft allein an die - gewerbliche - Stellung des Verkäufers an, während die Rolle des Käufers ohne Bedeutung ist: selbst wenn der Käufer den Kaufvertrag (oder auch Werkvertrag) zu gewerblichen Zwecken abgeschlossen hat, wird dem Verkäufer böser Glauben unterstellt38. Auch in Spanien wollen Teile der Literatur - ähnlich wie in Belgien und

Frankreich - den sachkundigen Verkäufer strengeren Anforderungen unter­

33 Die belgische Leitentscheidung ist Cass. v. 4.5.1939 („Ateliers du Kremlin"), Pas. 1939,1, S. 223, wo es heißt: „ ... der Händler, der dem Käufer ein Produkt aus ... seinem Handel liefert, ist verpflichtet, sich vorher zu versichern, daß die Sache, die er verkauft, nicht mit versteckten Mängeln behaftet ist“, Herbots, Contract, 1995, S. 234 (n. 483), vgl. auch M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 50 ff. 34 So ausdrücklich Cass. v. 13.11.1959 („Tange”), Pas. 1960, S. 313, Cass. v. 6.10.1961, Pas. 1962, S. 152, Herbots, a.a.O., vgl. auch Moons, Rdnr. 133, in: Handbuch, 1992, S. 108, M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 52, 56 ff. 35 Cass. v. 6.5.1977, Pas. 1977, S. 907, vgl. Moons Rdnr. 133, a.a.O. Im Ergebnis wirkt wohl nur ein „state of the art”-Einwand, Herbots, a.a.O. 36 So etwa Comm. Verviers v. 10.2.1976, Jur. Lige 1977-78, S. 69: „L‘obligation d‘assurer 1‘examen minutieux de 1‘objet vendu ... ne peut pratiquementetre impose ä un detaillant dont la competence et les moyens techniques sont forcement restreints", nun auch Cass. v. 7.12.1990 („De Winter”), R.D.C. 1991, S. 221: „ ... dat de bewijslast van de absoluut onnaspeurbare aard van het gebrek ... met minder gestrengheid moet worden beoordeeld waar het de professionele kleinhandelaar betreft.”, vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 66 ff. 37 Cass. v. 7.12.1990, R.D.C. 1991, S. 221: „ ... positieve daad van de verkoper ...”. Zur Beweislast im übrigen ausführlich u. B.II.6 a). 38 So ausdrücklich Cour d’App. Lige v. 19.11.1991, Pas. 1992 II, S. 205: „Le vendeur professionnel, meme s‘il contracte avec un acheteur professionnell, est presume connaitre les döfauts, meme Caches, de la chose qu‘il vend.”

werfen und von dessen Kenntnis bzw. Kennenmüssen ausgehen , was vor allem den herstellenden Verkäufer („fabricante-vendedor") betrifft39 40. Um­

stritten ist allerdings, ob es sich dabei um eine bloße Verschuldensvermu­ tung („presuncion de dolo”) handelt, oder ob entsprechend der Behandlung des sachkundigen Käufers in Art. 1484 CgoC eine strikte Haftung für sol­ che Mängel besteht, die der Verkäufer aufgrund seines Amtes oder Berufes leicht hätte erkennen müssen41.

Im Ergebnis wird dadurch, daß auch gegenüber beruflich und gewerblich tätigen Käufern der von der französischen und belgischen Rechtsprechung entwickelte strenge Haftungsmaßstab gilt, der Verkäufer bei den meisten Kaufverträgen in diesen Ländern einer verschuldensunabhängigen Haftung unterworfen. Eine Tendenz zu einer derartigen strengen Behandlung des Verkäufers ist auch in der spanischen Rechtslehre zu erkennen42.

(2) Kausalhaftung mit Entlastungsmöglichkeit

In einigen Rechtsordnungen wird die verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers dadurch gemildert, daß er sich für außergewöhnliche Umstände, die sich außerhalb seiner Vorstellung oder seiner Kontrolle befinden, entlasten kann. In Dänemark haftet der Verkäufer beim Gattungskauf auch ohne die sonst

erforderliche Zusicherung grundsätzlich auf Schadensersatz, selbst wenn ihn kein Verschulden trifft (Art. 43 III KbL: „selv om han er uden skyld”43). Allerdings ist er gemäß § 24 KbL, auf den § 43 III KbL verweist, nicht für

ganz besonders außergewöhnliche und zufällige Umstände verantwortlich, die er bei Abschluß des Kaufes nicht in Betracht ziehen mußte („ikke ... ved kobets afslutning burde have taget dem i betragtning"), wie zufälliger Un­

39 So etwa Garcia Cantero, in: Comentarios, 1980, S. 380: „ ... que el vendedor debo conocerlos por ser un perito o experto ...”, vgl. auch Piltz, in: Wirtschaftsrecht, 1991, S. 220. 40 Vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 109 f. 41 Dazu Garcia Cantero, a.a.O., Fn. 72, vgl. auch Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 69 f. 42 In den Beratungen zum deutschen BGB wurde in der zweiten Kommission ein ähnlicher Antrag gestellt, nach dem der gewerbliche Käufer für solche Mängel haften sollte, „auf welche sich die für das Gewerbe erforderliche besondere Sachkunde bezieht” (§ 385 a), Mugdan II, 1899 (1979), S. 670. Diese Regelung wurde jedoch abgelehnt, weil sie „ zu weit” ginge, vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 39 vor § 459. 43 Dies gilt ebenso für den Verbraucherkauf, da § 80 II KbL auf diese Vorschrift verweist.

tergang der ganzen Gattung oder Partie („hndelig undergang af alle gen­ stände af den art eller parti”), Krieg, Einfuhrverbot oder dergleichen („krig, indforselsforbud eller lignende”)44. Da ein außerordentliches Ereignis allein

noch nicht ausreicht, sofern es bekanntermaßen von Zeit zu Zeit eintritt oder wirtschaftlich kalkulierbar ist45, handelt es sich um eine nur wenig ge­

milderte strikte Haftung für Gattungskäufe.

In Schweden wird neuerdings eine ähnliche Regelung ohne Unterschei­ dung nach Stück- und Gattungskäufen für Verbraucherkäufe vorgesehen.

Nach § 30 I KonsKpL haftet der gewerbliche Verkäufer gegenüber einem

privaten Käufer immer auf Schadensersatz, wenn er nicht nachweisen kann, daß der Sachmangel auf einem Hindernis außerhalb seiner Kontrolle beruht („hinder utanför hans kontroll”). Für den Haftungsausschluß wird weiterhin

vorausgesetzt, daß man vernünftigerweise nicht erwarten konnte, daß der

Verkäufer beim Kauf mit einem derartigen Hindernis rechnen mußte („inte skäligen künde förväntas ha räknat med vid köpet”), und er auch dessen

Folgen nicht vernünftigerweise hätte vermeiden oder überwinden können („vars fjölder han inte skäligen künde ha undervikit eller övervunnit"). Als Beispiele für tatsächliche Hindernisse wurden in der Gesetzesbegründung

ebenfalls Kriege, Im- und Exportverbote, aber auch Naturkatastrophen, Explosionen oder Arbeitskämpfe genannt46, mithin Fälle „höherer Gewalt”. Da das Hindernis außerhalb der Kontrolle des Verkäufers liegen muß,

kommt es nicht auf dessen Verschulden an, sondern die bloße Möglichkeit der Beeinflussung reicht für die Schadensersatzpflicht aus. In gleicher Wei­

se haftet in Schweden und Finnland jeder Verkäufer nach den allgemeinen Kaufgesetzen für die direkten Verluste des Käufers (§§ 40 I, 27 I KpL / KppL)47

Eine strikte Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz mit Entlastungs­ möglichkeit für außergewöhnliche Ereignisse ist ebenso im Einheitlichen Internationalen Kaufrecht vorgesehen. Nach Art. 45 I b) CISG kann der Käufer ohne weiteres „Schadensersatz ... verlangen”, so daß eine „Garan­ tiehaftung” vorliegt48 (ebenso früher Art. 41 II EKG: „kann ferner Scha-

44 Vgl. Steinrücke Rdnr. 83, in: Handbuch, 1993, S. 156. 45 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 302. 46 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 269. 47 Dazu o. vor aa). 48 MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdn. 18 zu Art. 45, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 37 zu Art. 45, ScHNYDER/STRAUB/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 70 zu Art. 45.

260

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelge^währleistung

densersatz verlangen”49). Dem Verkäufer wird aber in Fällen, die „auf ei­ nem außerhalb [seines] Einflußbereichs liegenden Hinderungsgrund beru­

hen”, und bei denen „vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte” den

Hinderungsgrund „bei Vertragsabschluß in Betracht zu ziehen” oder ihn oder „seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden” (Art. 79 I CISQ na­

hezu gleichlautend früher Art. 74 I EKG), die Schadensersatzpflicht (Art. 79 V CISG, Art. 74 III l.HS EKG) erspart. Bei Sachmängeln kommt eine Entlastung durch derartige Umstände wohl nur dann in Betracht, wenn der Mangel objektiv durch zumutbare Untersuchungen des Verkäufers nicht

zu entdecken war und auch durch eine sorgfältige Auswahl und Kontrolle des Vorlieferanten nicht vermieden worden wäre50.

Ganz ähnlich wird der Verantwortungsbereich des Schuldners in den Vertragsgrundregeln beschrieben, die eine grundsätzliche Schadensersatz­

pflicht festlegen (Art. 4.501 Eur-Princ, Art. 7.4.1 UD-Princ). Nach Art. 7.1.7 I der UNIDROIT Principles wird die Nichterfüllung einer Partei nur entschuldigt, wenn sie nachweist, daß sie auf einem Hindernis beruht, wel­

ches sich außerhalb ihrer Kontrolle befindet („impediment beyond its con­ trol") und nicht erwartet werden konnte, daß sie es zum Zeitpunkt des Ver­

tragsschlusses in Rechnung stellte („taken ... into account at the time of the conclusion of the contract”) oder es bzw. seine Konsequenzen vermied oder

überwand („to have avoided or overcome it or its consequences"). Die For­

mulierung in Art. 3.108 I der Europäischen Vertragsgrundregeln ist wört­

lich nahezu identisch. Während Art. 7.1.7 IV UD-Princ das Recht zur Ver­ tragsaufhebung von der Entlastungsmöglichkeit ausdrücklich ausnimmt,

wird nach Art. 4.303 IV Eur-Princ der Vertrag in Fällen eines außerge­ wöhnlichen Leistungshindemisses automatisch aufgehoben.

Die Entlastungsmöglichkeiten für den Verkäufer orientieren sich zum einen an der Voraussehbarkeit. Allerdings wird sie hier nicht, wie bei der Begrenzung des Schadensersatzumfangs51, auf die möglichen Folgen der Lieferung einer mangelhaften Sache bezogen, welche im Bereich des Käufers entstehen, sondern auf deren Ursachen, die im Bereich des Verkäufers oder eines in der Vertragskette Vorangehenden liegen. Hinzu­ kommen muß aber außerdem, daß das nicht vorhersehbare Ereignis vom Verkäufer auch nicht in zumutbarer Weise beeinflußbar ist. 49 Zur verschuldensunabhängigen Haftung auf Schadensersatz vgl. Mertens/Reh Binder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 11 zu Art. 42 EKG 50 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 47 zu Art. 79. 51 Dazu u. c) aa) (3).

Die Einschränkung der verschuldensunabhängigen Haftung bei höherer Gewalt zielt überwiegend auf die Nichterfüllung, wie man etwa an den Fallbeispielen zum dänischen und schwedischen Recht erkennen kann. Mit Sachmängeln muß ein Verkäufer dagegen grundsätzlich rechnen, so daß es nur noch, nach dem zweiten Kriterium der zumutbaren Steuerbarkeit, darauf ankommt, inwieweit er die Lieferung einer mangelhaften Sache vermeiden konnte, etwa durch eine Untersuchung der Ware, oder ob er deren Folgen vermeiden konnte, unter Umständen auch durch den Ab­ schluß einer Versicherung. (3) Verschuldensunabhängige Haftung unter besonderen Umständen („Zusicherung”)

Eine Reihe von Rechtsordnungen sehen für Schadensersatzansprüche des Käufers bei Sachmängeln dann von jeglichem Verschulden des Verkäufers ab, wenn dieser in besonderem Maße hat erkennen lassen, daß er eine über den Ausgleich der unmittelbaren Äquivalenzverschiebung hinausgehende Verantwortungfür die Mangelfreiheit übernimmt. Im deutschen Kaufrecht haftet der Verkäufer im Falle einer Zusicherung

auf Schadensersatz: „Fehlt der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft” (§ 463 Satz 1 BGB), so wird dem Käufer unab­ hängig von jedem Verschulden des Verkäufers52 Schadensersatz zugespro­ chen. Gleiches gilt für die Zusicherung der Fehlerfreiheit der Kaufsache53.

Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, daß diese strikte Haftung beim Spezieskauf nicht eintritt, wenn die Zusicherung beim Abschluß des Kaufver­

trages zutreffend war, jedoch danach (bis zum Gefahrübergang) die zuge­

sicherte Eigenschaft verloren geht: In diesen Fällen bleibt es bei einer nur verschuldensabhängigen Haftung des Verkäufers nach allgemeinem Lei­ stungsstörungsrecht54. Mit dem notwendigerweise abweichenden Zeitpunkt

des Gefahrübergangs gilt diese Garantiehaftung des Verkäufers auch beim Gattungskauf (§ 480 II BGB). Entsprechend dem deutschen Vorbild bestimmt auch das griechische Zi­

vilgesetzbuch bei einer Zusicherung des Verkäufers eine verschuldensunab-

52 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 2 zu § 463, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 3 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 14 zu § 463. 53 Auch dies ist nach § 460 Satz 2 BGB („sofern er nicht die Abwesenheit des Fehlers zugesichert hat”) eine zusicherungsfähige Eigenschaft, BGH v. 4.11.1981, WM 1982, S. 130 - Zusicherung Unfallfreiheit Gebrauchtwagen, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 143 zu § 459. 54 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 9 zu § 463.

262

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelgeyvährleistung

hängige, objektive Haftung55 sowohl für den Stück- wie für den Gattungs­ kauf (Art. 543 Satz 1, 561 AK). Fällt eine zugesicherte Eigenschaft zwi­

schen Vertragsabschluß und Gefahrübergang fort, so haftet der Verkäufer ausdrücklich auch hier nur für sein Verschulden (Art. 544 l.Alt AK).

Das dänische Kaufgesetz läßt den Verkäufer beim Stückkauf dann strikt auf Schadensersatz haften, wenn dem Gegenstand bei Kaufabschluß Eigen­ schaften fehlen, die als zugesichert anzusehen sind (§ 42 II KbL: „savnede

genstanden ved kobets slutning egenskaber, som mä anses tilsikrede"). Für den Verbraucherkauf gilt eine identische Regelung, allerdings wird dort nicht ausdrücklich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abgestellt (§ 80 Zff. 4 KbL: „genstanden savner egenskaber, som mä anses tilsikre­

de”), so daß der Verkäufer anscheinend auch für den späteren Wegfall von zugesicherten Eigenschaften ohne Verschulden haftet. Das gleiche gilt in Schweden und Finnland nach allgemeinem Kaufrecht

für den Schadensersatz des Verkäufers hinsichtlich indirekter Schäden. Denn diese muß der Verkäufer nicht nach der Garantiehaftung mit Entla­

stungsmöglichkeit des § 40 I KpL/KppL ersetzen (§ 40 II KpL/KppL), son­

dern unter anderem nur dann, wenn die Ware beim Kauf („vid köpet”) von dem abweicht, was der Verkäufer besonders versprochen hat („frän vad säljaren särskilt har utfäst", § 40 III KpL/KppL). Anders als nach den frü­ heren Kaufgesetzen, welche der oben beschriebenen dänischen Regelung

entsprachen, haftet der Verkäufer nicht schon, wenn eine Eigenschaft als

zugesichert angesehen werden kann, sondern erst bei einem ausdrücklichen Versprechen. Damit sollen fingierte Garantien ausgeschlossen werden56.

Im französischen Kaufrecht werden außerhalb des gewerblichen Kaufs57 besondere Zusicherungen nicht erwähnt, aber auf derartige Abreden werden die allgemeinen Nichterfüllungsregeln angewendet58. 59 In Frankreich verkörpern Garantieerklärungen des Verkäufers bezüglich be­

stimmter Eigenschaften der Kaufsache einen eigenständigen Vertrag neben dem Kaufvertrag, und das Fehlen dieser Eigenschaften wird als Nichterfül­ lung angesehen („chose non conforme ä la chose vendue")79. Der Verkäufer

55 OLG Thessaloniki 138/1978, Arm LB 1978, S. 432, bei Chaldoupis Rdnr. 102, in: Handbuch, 1993, S. 518. 56 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 271. 57 S. o. (1). 58 Ebenso in Spanien, in Belgien dagegen die Gewährleistungsbestimmungen, allgemein dazu o. a) aa) (1) (c). 59 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 636, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 20 f. Bei bestimmten, vor allem immateriellen Eigenschaften werden

hat daher nach den allgemeinen Leistungsstörungsregeln wegen Verletzung seiner „Obligation de delivrance” (Art. 1603 CdeC) Schadensersatz zu lei­ sten (Art. 1611 CdeC). Dabei kann er sich nur durch zufällige Ereignisse, die ohne sein Verschulden eingetreten sind, entlasten („cause etrangere”, Art. 1147 CdeC), denn bei der Lieferpflicht handelt es sich um eine „Obli­ gation de resultat”60.

Damit fuhren besondere Zusicherungen in Frankreich ebenfalls zu einer strikten Haftung des Verkäufers, allerdings mit einer Entlastungsmöglich­ keit für außergewöhnliche und unvermeidbare Vorfälle („höhere Gewalt”).

Die in anderen Rechtsordnungen vorgesehenen Zusicherungen des Ver­ käufers bieten dem Käufer zwar eine besonderen Grundlage für Gewährlei­ stungsansprüche61, erleichtern diese aber nicht durch eine Haftungsver­ schärfung. Sie ergänzen allein den Begriff des Sachmangels und verändern nicht den Haftungsmaßstab für Ersatzansprüche. Das österreichische Kaufrecht behandelt das Fehlen einer zugesagten Ei­ genschaft zwar als wesentlichen Mangel62, für den der Verkäufer einstehen

muß (§ 923 ABGB: „Wer also der Kaufsache Eigenschaften beilegt, die sie nicht hat, und die ausschließlich oder ... stillschweigend bedungen worden sind, ... der hat dafür zu haften”), aber es erweitert die Ansprüche des Käu­

fers nicht gegenüber der Haftung des Verkäufers für Fehler der Sache. Schadensersatz kann der Käufer daher auch für das Fehlen einer zugesi­

cherten Eigenschaft nur bei Verschulden des Käufers geltend machen. In der Schweiz fallt die zugesicherte Eigenschaft ebenfalls unter den Mangelbegriff (Art. 197 I OR: „Der Verkäufer haftet dem Käufer ... für die

zugesicherten Eigenschaften”), so daß in diesen Fällen keine über das all­

gemeine Gewährleistungsrecht hinausgehende Haftung besteht. Auch beim Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft kann der Käufer den unmittelbaren

Schaden immer, den weiteren Schaden jedoch nur nach Verschuldensge­ sichtspunkten geltend machen. In Italien wird die Verantwortung für zugesagte Eigenschaften („le qualitä promesse”) zwar dem Wortlaut nach von der Gewährleistung getrennt auch die Irrtumsregeln mit der Folge der Nichtigkeit für anwendbar gehalten, vgl. Wenner/Schödel Rdnr. 133, in: Handbuch, 1992, S. 454. 60 Vgl. Muthig, Haftung, 1993, S. 100, Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 551. Diese Qualifizierung wird in Spanien nicht vorgenommen, so daß der entsprechende Art. 1105 CgoC nicht anwendbar ist, weil der Verkäufer nur bei Verschulden (Art. 1101 CgoC) auf Schadensersatz haftet. 61 So in Österreich, der Schweiz, Italien und Portugal, s. o. 2.a) aa) (1) (c). 62 Vgl. Heller Rdnr. 134, in: Handbuch, 1993, S. 819.

und den Nichterfüllungsregeln unterstellt („secondo le disposizioni generali sulla risoluzione per inadempimento", Art. 1497 I CceC). Hinsichtlich des Schadensersatzes ist aufgrund von Art. 1218 CceC jedoch ebenfalls das Verschulden des Verkäufers erforderlich, was allerdings vermutet wird. Auch das portugiesische Kaufrecht stellt in Art. 913.° I CgoC die zuge­

sicherten Eigenschaften („qualidades asseguradas") neben den Mangel („vicio”), so daß der Verkäufer in diesem Fall ebenfalls nur Schadensersatz leisten muß, wenn ihm die fehlende Qualität bekannt sein mußte63.

In Belgien gibt es zwar - wie in Frankreich - ebenfalls keine speziellen

Bestimmungen über die Haftung des Verkäufers für Zusicherungen. Anders als dort wurde durch die belgische Rechtsprechung aber der in beiden

Rechtsordnungen gleichlautende subjektive Fehlerbegriff des Kaufrechts (Art. 1641 BW: „tot het gebruik waartoe men ze besternt”) auch auf die Zu­ sicherung von Eigenschaften erstreckt64. Der Verkäufer haftet damit für Zu­ sicherungen in gleicher Weise wie für Sachmängel, also nur bei positiver Kenntnis - hier des Verwendungszwecks. Dieser qualifizierte Verschul­

densmaßstab wird bei dem üblicherweise vorauszusetzenden normalen Ge­ brauch allerdings in Richtung einer strengeren Haftung verschoben.

In Spanien fehlt es zwar ebenfalls - wie in Frankreich und Belgien - an

einer besonderen Haftungsregel für Zusicherungen des Verkäufers. Der Ver­ käufer haftet hier jedoch - wie in Frankreich - wegen Nichterfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung gern. Art. 1124 CgoC65 bereits bei jedem Ver­

schulden auf Schadensersatz (Art. 1101 CgoC). Bei einfacher Fahrlässig­ keit hat er allerdings nur die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses voraus­

sehbaren Schäden, die zwangsläufig durch die Nichterfüllung eintreten (Art. 1107 CgoC), zu ersetzen. Für darüberhinausgehende Schäden und

Nachteile, die erkennbar aus der Nichterfüllung herrühren, ist er nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verantwortlich (Art. 1107 CgoC), so daß insoweit kaum eine Sonderstellung der Zusicherung gegenüber Sachmän­ geln, für die er bei Verschweigen auf Schadensersatz haftet66, zu erkennen

ist.

63 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 34, Lopes Dias Rdnr. 47, in: Hand­ buch, 1992, S. 857. 64 Vgl. Moons Rdnr. 121, in: Handbuch, 1992, S. 105. 65 Das spanische Tribunal Supremo verlangt allerdings, daß der übergebene Gegen­ stand für den Bestimmungszweck völlig untauglich bzw. daß der Käufer objektiv unzufrieden ist, STS v. 6.4.1989, dazu o. 2.a) (1) (c). 66 Dazu u. bb) (2).

Das Erfordernis einer besonderen Erklärung des Verkäufers für eine strenge Haftung auf Schadensersatz bei einem Sachmangel begrenzt dessen Risiko. Diese Haftungsbegrenzung wird jedoch dadurch unterlaufen, daß ausdrücklich - wie in Dänemark - oder durch die Rechtsprechung - wie in Deutschland - konkludente oder sogar „stillschweigende^ Zusicherungen zugelassen bzw, fingiert werden. Auf der anderen Seite wird häufig konkret darauf abgestellt, für welche Schäden der Verkäufer mit der besonderen Garantieerklärung im Einzelfall einstehen wollte, d.h. es wird nach dem Schutzzweck der Zusicherung differenziert. Im Ergebnis legen gesetzliche Regelungen über eine Zusicherung damit nicht viel mehr fest, als die selbstverständliche Befugnis der Parteien, über den legislativ vorgegebenen Umfang hinaus Verantwortung für Sachmängel zu übernehmen67. Dies wird im UN-Kaufrecht besonders deutlich, wo derartige Garantieab­ sprachen zwar nicht geregelt sind, aber dazu fuhren können, daß die Ein­

schränkungen der Garantiehaftung nach Art. 79 CISG beseitigt werden, und sich die Einstandspflicht des Verkäufers damit erhöht68.

bb) Verschuldensabhängige Pflicht des Verkäufers zu Ausgleichszahlungen Das Fehlverhalten des Verkäufers wird üblicherweise auf seine Information über einen der Ware anhaftenden Sachmangel bezogen69. Der Fall eines von einem reinen Händler herbeigeführten Sachmangels70, der bei nur „verteilenden” Verkäufern selten auftreten dürfte, wird dagegen ausdrück-

67 Dazu u. III. 68 So schon STUMPF/Schlechtriem, CISG» 1990, Rdnr. 21 zu Art. 35, ebenso jetzt STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 62 zu Art. 79. 69 Für Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 255, 257, handelt es sich dabei um Verschulden bei oder „im Vertragsschluß”. 70 Dies entspräche eigentlich dem bei Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 257, unterschiedenen „Verschulden in der Erfüllung”. Ein herstellender Verkäufer hat bei einer fehlerhaften Produktion dagegen regelmäßig den Sachmangel schuldhaft herbei­ geführt, zum deutschen Recht BGH v. 25.1.1989, WM 1989, S. 575 (577), BGH v. 16.9.1987, BGHZ 101, S. 337 (339), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 8 Anh § 463.

lieh kaum geregelt71. In den generell ein Verschulden des Verkäufers verlangenden Rechtsordnungen72 wird er jedoch ebenfalls mit erfaßt. Die auf das Verhalten des Verkäufers abstellenden Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche sind in den einzelnen Kaufrechten sehr unter­ schiedlich ausgestaltet. Man kann jedoch Regelungen mit dem allgemeinen umfassenden Verschuldensmaßstab, der Fahrlässigkeit einschließt (unten (1).), von solchen trennen, die strengere Anforderungen an das Fehlver­ halten des Verkäufers stellen (unten (2).).

(1) Einfaches Verschulden des Verkäufers Der allgemeine Verschuldensmaßstab findet zunächst in den Rechtsordnun­ gen Anwendung, die für Schadensersatzansprüche des Käufers bei einem Sachmangel generell ein Fehlverhalten des Verkäufers verlangen. In den mitteleuropäischen Kaufrechten gilt dies allerdings derzeit nur für Man­ gelfolgeschäden. Im deutschen Recht muß der Verkäufer jedenfalls die sogenannten Mangel­ folgeschäden73, d.h. die Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers74, 75

bereits bei einer „schuldhaften Schlechtlieferung” ersetzen, obwohl er nach dem Gesetzes wortlaut keiner derartigen Haftung unterliegen sollte. Das

Reichsgericht hat jedoch schon recht schnell nach dem Inkrafttreten des BGB entschieden, daß der Verkäufer auch bei der Lieferung einer mangel­

haften Sache grundsätzlich für jedes fahrlässige Verhalten haftet . An dem

Instrument der positiven Vertragsverletzung hat dann auch der BGH in ständiger Rechtsprechung festgehalten, allerdings den Schadensersatzan­ spruch des Käufers auf Mangelfolgeschäden begrenzt. Im Ergebnis besteht

in Deutschland für diese Art der Schäden bei der Lieferung mangelhafter

Gattungssachen faktisch eine schlichte Verschuldenshaftung, denn hier ist

71 Nur in den skandinavischen Kaufrechten werden schuldhaft herbeigeführte Män­ gel - in Dänemark beim Stückkauf, § 42 II KbL, sowie beim Verbraucherkauf, § 80 I Zff. 5 KbL - bzw. auf Fahrlässigkeit beruhende Fehler - in Schweden und Finnland für indirekte Schäden, § 40 III KpL/KppL - abgestellt, außerdem im griechischen Kaufrecht, Art. 544 2.Alt. AK, s. u. bei Fn. 99. 72 So derzeit in Deutschland für Mangelfolgeschäden über pW, in den Niederlan­ den sowie nach der Schuldrechtsreform in Deutschland zukünftig ausdrücklich (§ 441 I 1, § 280 I BGB-KE), s. u. bei Fn. 98. 73 Dazu etwa BGH v. 2.6.1980, BGHZ 77, S. 215 (217). 74 BGH v. 16.9.1987, BGHZ 101, S. 337 (339 f.), BGH v. 2.3.1991, WM 1991, S. 854 (858). Dazu ausführlich HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 51 ff. vor § 459. 75 RG v. 13.6.1902, RGZ 52, S. 18 (19). Dazu Medicus, in: FS für Kern, 1968, S. 318.

dem Verkäufer jedenfalls eine Verschulden bei der Auswahl vorzuwerfen76. Bei einem Spezieskauf wird dem Verkäufer - von Ausnahmefallen besonde­

rer Aufklärungs- oder Untersuchungspflichten abgesehen - dagegen schlicht fahrlässige Unkenntnis von Mängeln nicht angelastet77, da ihn ansonsten ei­ ne generelle Untersuchungspflicht der Ware träfe. Fahrlässiges Verhalten hinsichtlich der Fehler, die der Verkäufer hätte erkennen können, wird daher nur beim Gattungskaufberücksichtigt78. Das griechische Kaufrecht folgt der deutschen Regelung nur beim Gat­

tungskauf: Da dort für den Schadensersatzanspruch aufgrund Art. 561 AK Arglist vorausgesetzt wird79, 80 nicht 81 aber beim Stückkauf, wird bezüglich der Mangelfolgeschäden ebenfalls eine schlichte Verschuldenshaftung aus

positiver Vertragsverletzung für notwendig gehalten . Nach österreichischem Recht steht der Verkäufer unabhängig von den (eigentlichen) Gewährleistungsansprüchen82 „für den verschuldeten Scha­ den” ein (§ 932 I 2 ABGB). Dieser Schaden soll nach der Rechtsprechung

sowie nach älteren Meinungen in der Literatur - wie in Deutschland - nur den Begleit- oder Mangelfolgeschaden umfassen83, was jedoch zunehmend kritisiert wird84. Verschulden des Verkäufers liegt zum einen dann vor, wenn

dieser den Mangel kannte oder kennen mußte, zum anderen dann, wenn er den Mangel schuldhaft nicht beseitigt hat85. Ebenso verpflichtet das schweizerische Kaufrecht den Verkäufer dazu,

„den weitem Schaden zu ersetzen, sofern er nicht beweist, dass ihm keiner­ lei Verschulden zur Last falle” (Art. 208 III OR). Diese Vorschrift gilt auf­

grund ihrer systematischen Stellung als dritter Absatz im Rahmen der Vor­

schriften über die Rückabwicklung des Kaufes nur für den Fall der Wande­

76 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 49 vor § 459, beim Verkauf durch den Herstel­ ler unter Umständen auch eine Verschulden bei der Produktion. 77 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 66 vor § 459. 78 Für eine generelle Haftungserweiterung auf Fehler, die der Verkäufer hätte erken­ nen können, plädiert Flume, JZ 1990, S. 550. 79 S. u. (2). 80 Dort reicht es aus, daß der Verkäufer den Fehler kennen mußte, Art. 543 Satz 2 AK, s. u. bei Fn. 109. 81 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 106, in: Handbuch, 1993, S. 519, 520. 82 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, § 932 E 82a. 83 OGH v. 20.5.1981, JB1 1982, S. 318, OGH v. 30.4.1975, JB1 1975, S. 600, vgl. Heller Rdnr. 142, in: Handbuch, 1993, S. 822, Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 257. 84 Koziol/Welser, Grundriß AT SchR II, 1992, S. 270, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 152 f, Welser, JB1 1976, S. 127. 85 OGH v. 17.5.1990, JB1 1990, S. 792 (794), Koziol/Welser, Grundriß AT SchR II, 1992, S. 271.

lung86. Sie entspricht jedoch der generellen Regelung des allgemeinen Lei­

stungsstörungsrechts, wonach der Schuldner, „kann die Erfüllung der Ver­ bindlichkeit ... nicht gehörig bewirkt werden, ... für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten [hat], ... sofern er nicht beweist, dass ihm kei­

nerlei Verschulden zur Last fallt” (Art. 97 I OR). Die schweizerische Recht­ sprechung wendet daher diese allgemeine Bestimmung auch in Fällen man­ gelhafter Lieferung an87,88vor allem um die Lücke bei der Minderung zu schließen. Bezüglich des Verschuldens nach Art. 208 III OR wird von der

Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt, daß es nicht nur die Informations­

situation bei Kaufvertragsabschluß betrifft, sondern auch andere vorwerf­

bare Handlungen des Verkäufers bei der Vertragserfüllung, wie etwa un­

sachgemäße Lagerung, erfaßt , jedoch keine allgemeine Untersuchungs­ pflicht des Verkäufers besteht89. Für das Verschulden gemäß Art. 97 OR gilt ein objektiviert-typischer Fahrlässigkeitsmaßstab, der auf die durch­ schnittlichen Sorgfaltsanforderungen eines Schuldners abstellt90.

Während die mitteleuropäischen Rechtsordnungen damit derzeit den Haftungsmaßstab an der Art des Schadens ausrichten und nur bezüglich Mangelfolgeschäden einheitlich auf ein Verschulden des Verkäufers abstellen, gewähren nur wenige Kaufrechte dem Käufer generell einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch. Nach dem niederländischen Schuldrecht wird bezüglich des Schadenser­

satzanspruchs des Käufers wegen einer mangelhaften Kaufsache auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht verwiesen (Art. 7:22: „onverminderd alle andere rechten of vorderingen"). Dieses setzt nach seiner Grundregel vor­ aus, daß der Schuldner, also hier der Verkäufer, sich für die Unzulänglich­

keit der Leistung nicht entlasten kann (Art. 6:74 I: „tenzij de tekortkoming

de schuldenaar niet kan worden toegerekend"), was ihm - abgesehen von abweichenden Regelungen durch Gesetz, Vertrag oder Verkehrsauffassung -

nur möglich ist, wenn ihn kein Verschulden trifft (Art. 6:75. „indien zij niet is te wijten aan zijn schuld”). Im Falle einer bloß mangelhaften Leistung ist 86 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 7 zu Art. 208, der allerdings eine - wohl analoge - Anwendung neben Minderung oder Nachbesserung befürwortet, vgl. unter Bezug auf einen „großen Teil der Lehre” m.w.N. auch Keller-Schwegler Rdnr. 176, in: Handbuch, 1993, S. 944. 87 BG v. 28.5.1969, BGE 95 II S. 119 (125), BG v. 26.4.1956, 82 II S. 136 (139), Wiegand/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 28 zu Art. 97. 88 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 172, in: Handbuch, 1993, S. 942. 89 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 10 zu Art. 208. 90 WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 42 zu Art. 97.

neben dem Verschulden jedoch weiter Voraussetzung, daß der Schuldner sich in Verzug befindet91, 92 denn allein im Fall einer unmöglichen Leistung ist dies nicht mehr erforderlich (Art. 6:74 II: „Voor zover nakoming niet reeds

blijvend onmogelijk is”). Dadurch wird der Verschuldensmaßstab etwas ge­ mildert, denn der Verkäufer kann durch rechtzeitige Nachbesserung oder

Ersatzlieferung eine Haftung auf Schadensersatz vermeiden. In Zukunft soll auch in Deutschland nach dem Entwurf der Schuldrechts­

kommission der Käufer bei einem Sachmangel immer Schadensersatz ver­

langen können, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat

(§ 441 I 1 i.V.m. § 280 I BGB-KE). Da der Verschuldensstandard nicht ge­ regelt wird, sondern auch insoweit die Ergebnisse der Rechtsprechung über­ nommen werden sollen, wird die bisher aus der positiven Vertragsverletzung

hergeleitete Haftung des Verkäufers in das Gesetz aufgenommen, allerdings nach dem Willen der Kommission auf den „eigentlichen Mangelschaden” • 92 erweitert .

Andere Rechtsordnungen grenzen die Art des Verschuldens ein und beziehen sich entweder auf ein Fehlverhalten des Verkäufers hinsichtlich der Information über die Kaufsache oder hinsichtlich einer Verursachung des Mangels. Für die Herbeiführung des Mangels wird dabei auf den einfachen Verschuldensbegriff abgestellt. Im dänischen Kaufrecht muß der Verkäufer beim Stückkauf sowie bei ei­ nem Verbraucherkauf Schadensersatz leisten, wenn er den Mangel nach Ab­

schluß des Kaufvertrages durch sein Verschulden verursacht hat („manglen

efter kobets indgäelse (er) forärsaget ved slgerens forsmmelse", §§42 II, 80 I Zff. 5 KbL).

Nach dem schwedischen und finnischen Kaufgesetz besteht ein An­ spruch des Käufers auf Ersatz auch der indirekten Verluste, wenn der Feh­

ler der Sache auf einem Verschulden auf Seiten des Verkäufers beruht („om feiet ... beror pä försummelse pä säljarens sida”, § 40 III KpL/KppL). Die

Formulierung „auf Seiten des Verkäufers” verdeutlicht, daß der Verkäufer auch das Verschulden seiner Gehilfen zu vertreten hat93.

91 Dies gilt jedoch nicht bei einer positiven Vertragsverletzung, durch die Schäden an Person oder Vermögen des Gläubigers verursacht wurden, vgl. HARTKAMP, AcP 1991, S. 408. 92 Abschlußbericht, 1992, S. 222. 93 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 270.

Nach der griechischen Regelung haftet der Verkäufer, wenn sich zwi­ schen Vertragsabschluß und Gefahrübergang infolge seines Verschuldens ein Fehler zeigt (Art. 544 2.Alt. AK).

Einige Rechtsordnungen beziehen auch beim Informationsverschulden des Verkäufers die Fahrlässigkeit mit ein und gehen damit insoweit von dem üblichen einfachen Verschuldensbegriff aus. Diesen Weg geht das italienische Kaufrecht, indem es den Verkäufer auf

Schadensersatz haften läßt, wenn er nicht beweist, daß er die Mängel der Sache ohne Verschulden nicht gekannt hat (Art. 1494 I CceC: „se non prova di avere ignorato senza colpa i vizi della cosa”). Abgesehen von der Schwierigkeit, daß sich der Verkäufer auch hier entlasten muß94, haftet er für jede ihm zurechenbare Unkenntnis von Mängeln, so daß es darauf an­ kommt, welchem Sorgfaltstandard er im Einzelfall unterliegt95. In Art. 1494 II CceC wird ausdrücklich klargestellt, daß der Verkäufer auch

die von den Mängeln der Sache herrührenden Schäden („i danni derivati dai vizi della cosa”) zu ersetzen hat. Wenn damit die normalen deliktischen An­

sprüche gemeint sind, die sich von vornherein nicht auf den Mangel selbst sondern nur auf Mangelfolgeschäden richten96, dann gelten in diesem Be­ reich die üblichen deliktischen Verschuldensvoraussetzungen, während Art. 1494 I CceC durch die Verschuldensvermutung97 den Verkäufer einer

etwas strengeren Haftung unterwirft.

Das griechische Zivilgesetzbuch knüpft beim Stückkauf die Haftung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung ebenfalls an jegliches Verschulden des

Verkäufers bezüglich der Information des Käufers. Anders als in Deutsch­

land haftet der Verkäufer einer konkreten Kaufsache - unabhängig von zu­ gesicherten Eigenschaften - bereits, wenn er „beim Abschluß des Kaufes

den Fehler, mit dem die verkaufte Sache behaftet war, kannte oder kennen mußte” (Art. 543 Satz 2 AK). Nach der Rechtsprechung ist der Verkäufer bereits bei leichter Fahrlässigkeit verantwortlich98. Anders als nach dem der

94 Zur Beweislast ausführlich u. B.II.6.a) cc). 95 So soll etwa bei vom Hersteller verpackten Produkten, Cass. v. 25.5.1964, n. 1270, oder bei nur durch technisch aufwendige Kontrollen zu entdeckenden Fehlern kein Sorgfaltsverstoß vorliegen, vgl. Valcärcel Schnüll, 1994, S. 111. Ein Groß­ händler hat jedoch zumindest Stichproben zu überprüfen, ebenso ein Einzelhändler beim Vertrieb industrieller Massenprodukte, Cass. v. 30.8.1991, n. 9277, vgl. auch Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 31 f. 96 Vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 163, in: Handbuch, 1993, S. 629. 97 Cass. v. 11.5.1984, n. 2891. 98 Vgl. OLG Thessaloniki 1353/1977, Arm LB 1978, S. 33, bei Chaldoupis Rdnr. 102, in: Handbuch, 1993, S. 518.

Regelung zugrundeliegenden deutschen Recht wird auch der Mangel­ folgeschaden von dieser Bestimmung erfaßt".

Das portugiesische Recht läßt den Verkäufer bei einem Sachmangel dann nicht auf Schadensersatz („indemnizao") wegen eines einfachen Irrtums („simples erro”) i.S.d. Art. 909.° CgoC haften, wenn diesem der

Mangel der Sache oder deren fehlende Qualität ohne Verschulden nicht be­ kannt war (Art. 914.° CgoC: „se o vendedor desconhecia sem culpa o vicio

ou a falta de qualidade de que a coisa padece”, auf den Art. 915.° CgoC verweist)99 100. Bezüglich des aus dem Vertrag entstandenen Schadens (Art. 909.° CgoC: „danos emergentes do contrato") haftet der Verkäufer al­ so im Ergebnis für jegliches Verschulden bei der Aufklärung über Mängel der Kaufsache. Das schwedische und das finnische Kaufrecht beziehen das Informati­

onsverschulden des Verkäufers ebenfalls mit ein, denn für indirekte Verluste haftet er nicht nur, wenn er den Mangel selbst, sondern auch wenn er den

Verlust bzw. Schaden verschuldet hat (§ 40 III Kpl/KppL: „om ... förlusten beror pä försummelse pä säljarens sida”), was auf fehlerhafter Information

des Käufers beruhen kann.

Das dänische Verbraucherkaufrecht wendet den einfachen Verschul­ densmaßstab dagegen nur bei einem aktiven Verhalten des gewerblichen

Verkäufers an. Bei irreführenden Angaben („vildledende oplysninger”), die der Verkäufer nicht als richtig ansehen durfte („som han ikke havde fje til at anse for korrekte”, § 80 I Zff. 2 KbL) und die damit fahrlässig gegeben wurden, kann der Käufer Schadensersatz verlangen101. Auf Angaben eines Dritten, die der Verkäufer sich zu eigen macht, soll er sich allerdings in der

Regel verlassen können, so daß die grundsätzliche Einstandspflicht des Ver­ käufers aus § 76 I Zff. 2 KbL102 hinsichtlich des Schadensersatzes einge­

schränkt wird103.

Damit sind es vor allem die neueren Kaufrechte, die das einfache Verschul­ den des Verkäufers in Bezug auf die Information des Käufers für eine 99 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 112, Chaldoupis Rdnr. 105, in: Handbuch, 1993, S. 519. 100 Vgl. Lopes Dias Rdnr. 47, in: Handbuch, 1993, S. 857. In Art. 911° CgoC wird nur klargestellt, daß der Schadensersatz auch neben der Minderung verlangt werden kann, vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 34 f. 101 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 108, vgl. auch Steinrücke Rdnr. 173 f., in: Handbuch, 1992, S. 182. 102 Dazu o. 2.a) aa) (2) (b) (bb). 103 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 303.

Verpflichtung zum Schadensersatz ausreichen lassen, wie etwa die italieni­ sche und die portugiesische, sowie im Bereich des Stückkaufs die griechi­ sche Regelung. Aber erst in jüngster Zeit wird darüberhinaus jedes Verschulden des Verkäufers als ausreichend angesehen, wie in den Nieder­ landen sowie nach dem Entwurf der deutschen Schuldrechtsreform.

(2) Qualifiziertes Verschulden des Verkäufers

In einigen Rechtsordnungen wird der Schadensersatzanspruch des Käufers aufgrund eines Sachmangels verschärften Anforderungen unterworfen. Dabei wird entweder vorsätzliches Handeln des Verkäufers verlangt, wenn er den Mangel positiv kennen muß, oder sogar eine böswillige Absicht, wenn allein auf arglistiges Verhalten abgestellt wird. Zwischen diesen beiden Formen des qualifizierten Verschuldens ist das bloße Verschweigen von Mängeln anzusiedeln. Bei den älteren romanischen Rechtsordnungen wird die positive Kenntnis des Verkäufers vom Mangel für eine Schadensersatzpflicht als ausreichend angesehen. Vorbild für derartige Regelungen ist der französische Code Civil, der dem Käufer einen Schadensersatzanspruch aufgrund eines Fehlers der Kaufsa­ che dem Wortlaut nach nur bei Kenntnis des Verkäufers vom Mangel der

Kaufsache zugesteht (Art. 1645 CdeC: „Si le vendeur connaissait les vices

de la chose ...”). Dabei wird ausdrücklich auf die Informationslage beider Parteien abgestellt, denn der Verkäufer ist nur dann „bösgläubig”, wenn er den ihm bekannten Mangel gegenüber einem Käufer, der diesen nicht kennt, nicht offenbart. Damit haftet der Verkäufer nicht, wenn er davon ausgehen konnte, daß der Käufer von dem Fehler wußte. Erfaßt wird daher im Ergeb­ nis das Verschweigen eines Mangels durch den Verkäufer. Die Recht­

sprechung überschreitet die Begrenzung des Gesetzeswortlautes auf positive

Kenntnis jedoch dadurch, daß sie schuldhafte Nichtkenntnis des Verkäufers dann genügen läßt, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Mangels erkennbar sind und der Verkäufer sich grob fahrlässig verhält104.

104 So die erweiternde Auslegung des Art. 1151 CdeC, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 24. Teilweise wird auch eine deliktische Haftungsgrundlage (Art. 1382 CdeC) in Entsprechung zur deutschen culpa in contrahendo, dazu St.Lorenz, ZEuP 1994, S. 232, angenommen, vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 255, sowie Ficker, Schadensersatzhaftung, 1962, S. 25.

Eine dem Gesetzeswortlaut nach identische Regelung sieht, neben LuxemburgiQ5, das belgische Recht vor: Art. 1645 BW geht ebenfalls von der

Kenntnis des Verkäufers aus (“Indien de verkoper de gebreken van de zaak gekend heftso daß nur der bösgläubige Veräußerer auf Schadensersatz haftet105 106.

Ausdrücklich auf das Verschweigen von Sachmängeln stellt neben dem spanischen Kaufrecht auch das dänische Verbraucherkaufrecht ab. Das insoweit vom französischen Code Civile beeinflußte spanische Kauf­

recht verlangt für den Schadensersatzanspruch des Käufers zunächst, daß

der Verkäufer die Mängel der Kaufsache kannte (Art. 1486 II CgoC: „Si el vendedor conocia los vicios o defectos ocultos de la cosa vendida ...”). Es

fordert aber - anders als die französisch/belgische Regelung - neben der Kenntnis ausdrücklich auch, daß der Verkäufer dem Käufer den Mangel nicht offenbart (Art. 1486 II CgoC: „y no los manifesto al comprador”), al­ so ein Verschweigen des Verkäufers107. Damit wird explizit auf die Infor­ mationslage der Kaufvertragsparteien abgestellt.

In Dänemark haftet der gewerbliche Verkäufer gegenüber Verbraucher-

käufem, wenn er es versäumt hat („slgeren har forsomt”), dem Käufer Angaben über Mängel zu machen, die er kannte oder hätte kennen müssen

(„give koberen oplysning om en mangel, som han kendte eller burde kende”, § 80 I Zff. 3 KbL). Da den Verkäufer keine Untersuchungspflicht trifft, sondern er nur bei begründeten Zweifeln an der Mangelfreiheit den Käufer informieren muß108, fuhrt allein grob fahrlässiges Verhalten zur Haftung.

Den engsten Verschuldensbegriff stellt die Arglist dar, der in diesem Zusammenhang109 nur von vier der betrachteten Kaufrechtsregelungen verwendet wird. Die deutschen Gesetzesbestimmungen setzen für einen Anspruch des Käu­ fers auf Schadensersatz - abgesehen von dem Fall der zugesicherten Eigen­

schaft - grundsätzlich sowohl beim Stück- wie beim Gattungskauf das arg­ 105 Vgl. Thiel/Mersch Rdnr. 114, in: Handbuch, 1992, S. 674. 106 Zur Vermutung der Kenntnis bei gewerblichen Verkäufern sowohl im französi­ schen wie im belgischen Recht o. aa) (1). 107 Ein arglistiges Verhalten des Verkäufers wie nach deutschem Recht ist jedoch entgegen Adomeit/Frühbeck, Einführung, 1993, S. 67, nicht erforderlich. 108 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 303. 109 Zur Einschränkung des Ausschlusses der eigentlichen Gewährleistung bei Arg­ list o. 2.b) bb) (2), zur Begrenzung vertraglicher Haftungsausschlüsse durch Arglist u. III.2.a).

listige Verschweigen eines Fehlers durch den Verkäufer voraus (§ 463 Satz 2, § 480 II BGB110). Die Rechtsprechung hat die Anwendung

dieser Bestimmung in Analogie auf das arglistige Vorspiegeln von Eigen­ schaften ausgedehnt111. Beide Fallgruppen stellen auf die Informationssi­

tuation beim Kauf ab und setzen voraus, daß der Verkäufer vom Fehler bzw. vom Nichtvorliegen einer Eigenschaft positive Kenntnis besitzt und -

insoweit von der Unkenntnis des Verkäufers ausgehend - den Käufer nicht informiert (durch Unterlassen der Aufklärung) oder aber desinformiert (durch aktive Falschaufklärung). Etwas abgeschwächt werden die Anforde­

rungen an die Information des Käufers dadurch, daß eine ohne Anhalts­

punkte „ins Blaue hinein” gemachte unrichtige Angabe nach der Rechtspre­ chung bereits arglistig sein kann112. Die Gerichte setzen für das Vorliegen von Arglist außerdem noch voraus, daß der Verkäufer den Käufer durch sein Verhalten zum Abschluß des Kaufvertrages bewegen will113. Damit ge­ hen sie über die bloße Kenntnis plus Verschweigen bzw. Vorspiegeln als

Tatbestandsmerkmale hinaus. Dagegen wird eingewandt, dieses zusätzliche Erfordernis werde vom Gesetz nicht verlangt114, zumal der erste Entwurf des BGB nur auf Kenntnis und Verschweigen abstellte115 und erst der zweite Entwurf „Arglist” einfügte, um den guten Glauben des Verkäufers in die Mangelkenntnis des Käufers auszuschließen116. Dabei wird jedoch über­ sehen, daß ein subjektives Element erforderlich ist, um das bloße Schweigen von dem in unredlicher (Täuschungs-) Absicht gewollten Verschweigen ab­

110 Ein Unterschied zwischen beiden Normen besteht nur hinsichtlich des maßge­ benden Zeitpunktes: Während § 463 BGB für die bestimmte verkaufte Sache auf den Vertragsabschluß abstellt, kann § 480 II BGB nur auf die konkrete gelieferte Sache und damit auf den Gefahrübergang zielen, dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 4 zu § 463. 111 So schon RG v. 28.3.1906, RGZ 63, S. 110 (113) - zum Grundstückskauf. Die Vorspiegelung von Fehlerfreiheit wird dagegen bereits vom Tatbestand des arglistigen Verschweigens erfaßt, HUBER/Soergel, 1991, Rdnr. 26 zu § 463. 112 BGH v. 16.3.1977, NJW 1977, S. 1055 - Gebrauchtwagen, BGH v. 21.1.1975, BGHZ 63, S. 382 (388) - Gebrauchtwagen, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 463. 113 Der Verkäufer soll also wissen oder damit rechnen, „daß der Vertragsgegner bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte“, BGH v. 19.3.1992, BGHZ 117, S. 363 (368), BGH v. 20.3.1987, NJW 1987, S. 2511 (S. 2512), HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 25 zu § 463, Westermann/ MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 463. 1,4 So etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 25 zu § 463, Rdnr. 4 zu § 477. 115 E I § 396 Abs. 2. 116 MUGDAN II, 1899 (1979), S. 677. Ähnlich wird nach schweizerischem Recht die Arglist gern Art. 199 OR ausgelegt, vgl. Rabel, Warenkauf, 1967 (1958), S. 185.

zugrenzen. Beide Positionen werden allerdings dadurch angenähert, daß

arglistiges Verhalten des Verkäufers meist vermutet wird, wenn - nach ob­ jektiver Einschätzung - die Schwere oder Erheblichkeit117 des Fehlers den Käufer vom Vertragsschluß abgehalten hätte bzw. daß der Verkäufer sich

nur entlasten kann, wenn er die Bedeutungslosigkeit seines Verhaltens für den Kaufentschluß des Käufers nachweist. Das griechische Recht folgt nur im Bereich des Gattungskaufes seinem

deutschen Vorbild. Anders als beim Stückkauf haftet der Verkäufer - außer für zugesicherte Eigenschaften - in diesen Fällen nur für arglistiges Ver­ schweigen eines Fehlers auf Schadensersatz (Art. 561 AK)118.

Im Gegensatz dazu knüpft das dänische Recht die Gewährung von Schadensersatz nur beim Stückkauf - abgesehen vom Fall der Zusicherung oder schuldhafter Mangelverursachung durch den Verkäufer - an ein argli­

stiges Handeln des Verkäufers (§ 42 II 3. Alt. KbL: „har slgeren handlet svigagtigt”). Dabei wird - anders als in Deutschland - nicht nur auf Ver­ schweigen abgestellt, sondern von vornherein jede Aktivität des Verkäufers

einbezogen. Allerdings geht es auch hier vor allem um das Informationsver­ halten des Verkäufers, der nach dänischer Auffassung insoweit eine Pflicht zur Aufklärung über Kenntnis und sogar über Verdachtsmomente bezüglich möglicher Mängel hat119. Dem Wortlaut nach wird zwar ausdrücklich noch

auf betrügerisches Verhalten abgestellt, welches in der Praxis in Skandina­ vien früher auch tatsächlich nur bei strafrechtlich relevanten Sachverhalten angenommen wurde120. Mittlerweile haben Rechtsprechung und Lehre den

eigentlichen Arglistbegriff jedoch auf schlichtes Verschulden erweitert, so daß nicht nur bewußte Täuschungen sondern auch einfaches, also bereits fahrlässiges, Verschweigen121 zum Schadensersatzanspruch des Käufers

führen122. Damit haftet in Dänemark der Verkäufer bei einem normalen Stückkauf faktisch nach den gleichen Grundsätzen wie bei dem durch Spe­

zialregelungen erfaßten Verbraucherkauf, wo bereits jedes unredliche Ver­ halten (§ 80 I Zf. 1 KbL: „slgeren har handlet ... med almindelig hder-

117 Hier ist wohl nicht die Erheblichkeit des § 459 I 2 BGB gemeint, wie Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 25 zu § 463, annimmt. 118 Genau wie im deutschen Recht wird auch hier notwendigerweise der maßgeb­ liche Zeitpunkt für das Verschweigen des Verkäufers auf den des Gefahrübergangs verschoben, Art. 561 AK. 119 Lookofsky, ScandStudLaw 1983, S. 12. 120 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1958, S. 186, Almen, Kaufrecht II, 1922, S. 254 121 Lookofsky, ScanStudLaw 1983, S. 128. 122 Lookofsky, ScandStudLaw 1983, S. 112, 129, vgl. auch Steinrücke Rdnr. 173, in: Handbuch, 1992, S. 182.

lighed”) ausreicht123. Durch diese Rechtsentwicklung ist das Merkmal der Arglist als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch des Käufers im

dänischen Recht letztendlich überflüssig geworden, vielmehr reicht einfa­ ches Verschulden aus. Das portugiesische Kaufrecht läßt den Verkäufer nur dann auf das volle negative Interesse haften, das heißt auf die Schäden, die der Käufer nicht erlitten hätte, wenn der Kaufvertrag nicht zustandegekommen wäre („prejuizo que (comprador) näo sofreria se a compra e venda näo tivesse sido

celebrada", Art. 908.° CgoC), wenn der Vertrag wegen Arglist („dolo”) des Verkäufers aufgehoben wird (Art. 913.° i.V.m. Art. 908.° CgoC). Einen entgangenen Gewinn erhält der Käufer daher nur bei arglistigem Verhalten des Verkäufers erstattet, während er bei einfachem Verschulden des Verkäu­ fers allein den entstandenen Schaden liquidieren kann124.

In den Rechtsordnungen, die dem Gesetzeswortlaut nach ein qualifiziertes Verschulden voraussetzen, geht der Trend in der richterlichen Fortent­ wicklung des Rechts zu einer Herabsetzung der jeweiligen Verschuldens­ standards. Dies geschieht zum Teil dadurch, daß nur bestimmte Schadens­ bereiche den verschärften Anforderungen unterworfen werden, wie etwa in Portugal der entgangene Gewinn oder aufgrund der nur einfaches Ver­ schulden erfordernden positiven Vertragsverletzung nur noch die Mangel­ schäden im deutschen Recht. Zum Teil werden auch die Anforderungen selbst aufgeweicht, wie in Frankreich - neben dem Verzicht auf die Bösgläubigkeit des gewerblichen Verkäufers - durch die Einbeziehung der groben Fahrlässigkeit, in Deutschland durch Erklärungen des Verkäufers „ins Blaue hinein”, oder in Dänemark durch die faktische Aufgabe des Arglistkriteriums. cc) Ergebnis

Stellt man die Anforderungen an die Ausgleichspflichten des Verkäufers für die durch einen Sachmangel verursachten weiteren Vermögensnachteile des Käufers in den einzelnen Rechtsordnungen gegenüber, so ergibt sich ein äußerst differenziertes Bild: Auf einer Skala von der allen Einflüssen entzogenen Garantie des Verkäufers auf der einen Seite bis hin zur Beschränkung der Ersatzpflicht auf betrügerisches Verhalten des Verkäu­ fers auf der anderen Seite werden nahezu alle möglichen Abstufungen verwendet. Dabei hält das derzeit modernste europäische Schuldrecht in

123 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 108. 124 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 34

den Niederlanden weiterhin an einem - allerdings niedrigen, jede Fahrläs­ sigkeit einschließenden - Verschuldensmaßstab fest, ebenso die Über­ legungen zur deutschen Schuldrechtsreform. Blickt man dagegen auf rechtsvereinheitlichende Bestrebungen, wie das UN-Kaufrecht oder die Europäischen und Internationalen Vertragsgrundregeln, so kann der Eindruck entstehen, das Verschuldensprinzip befinde sich auch im Bereich des Schadensersatzes wegen Sachmängeln „auf dem Rückzug”125. In jedem Fall ergeben sich unter diesem Gesichtspunkt erhebliche Unter­ schiede zwischen den verschiedenen Gewährleistungsregelungen, welche dazu fuhren, daß die Belastung des Verkäufers durch weitere Ausgleichs­ zahlungen bzw. die Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz je nach dem anwendbaren Recht äußerst unterschiedlich ausfallen. In dieser Beziehung unterscheidet sich die ergänzende Gewährleistung erheblich von der eigentlichen Gewährleistung, deren Rechtsbehelfe in den einbezogenen Rechtsordnungen ganz überwiegend verschuldensunabhängig ausgestaltet sind.126. Die Verwendung unterschiedlicher Haftungsmaßstäbe läßt auch darauf schließen, daß mit den Schadensersatzregelungen verschiedenartige Zwecke verfolgt werden. Die Regelungen, die eine strikte Haftung des Verkäufers vorsehen, versichern damit den Käufer auch gegen die durch einen Sachmangel entstehenden weiteren Vermögensnachteile. Aus zwei Gründen ist es in diesen Fällen erforderlich, das Haftungsrisiko zu begrenzen127: Zum einen um die Versicherungsprämie kalkulierbar zu halten, zum anderen, weil der Käufer weniger Anreize erhält, seine wirtschaftlichen Risiken zu begren­ zen, wenn er sämtliche fehlgeschlagenen Investitionen vom Vertragspartner erstattet bekommt128. Dagegen üben die Regelungen, die den Verkäufer nur bei Verschulden, aber bereits bei Fahrlässigkeit, auf Schadensersatz haften lassen einen Anreiz auf den Verkäufer aus, die Lieferung einer mangelhaften Sache zu vermeiden, da er bei entsprechenden Anstrengungen keine Ausgleichszah­ lung an den Käufer zu leisten hat. Der Fahrlässigkeitsmaßstab dämpft dabei

125 So Zimmermann, JZ 1995, S. 481, befürwortend Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 212. 126 Dazu o. 2.a) aa)(2). 127 Zu den verschiedenen Wegen einer generellen Begrenzung des Schadensersatz­ umfangs u. c) aa). 128 Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 309.

die Vermeidungsanstrengungen gegenüber einer strikten Haftung, denn ein rational kalkulierender Verkäufer wird nur in dem Maße versuchen, die Lieferung einer mangelhaften Sache zu verhindern, wie die dafür aufge­ wendeten Kosten unter dem zu erwartenden Schadensersatzbetrag lie­ gen 2. Die Gewährleistungsregelungen, die bezüglich der Schadensersatzpflicht des Verkäufers auf Vorsatz oder Arglist abstellen, erzeugen nur insoweit Vertrauen des Käufers in die Einhaltung des Vertrages, wie es um bewußte Verstöße des Verkäufers gegen den Kaufvertrag geht. Damit erhalten sie die notwendigste Grundlage für den Abschluß von Verträgen aufrecht129 130. Im letzten Fall ist der Verkäufer notwendigerweise derjenige, der den Sachmangel am einfachsten verhüten kann, indem er sein bewußtes Verhalten ändert. Dagegen ist es in den anderen beiden Fällen gesamtwirt­ schaftlich nur dann sinnvoll, den Verkäufer den Schaden tragen zu lassen, wenn er die Versicherung mit weniger Aufwand vornehmen kann als der Käufer bereit wäre zu zahlen, oder wenn er die Lieferung mangelhafter Ware kostengünstiger vermeiden kann als der Käufer131. b) Ausschluß der Ausgleichspflichten

Der Ausgleich weiterer Vermögensnachteile des Käufers aufgrund eines Sachmangels wird zunächst, wie die Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewährleistung, in den Fällen ausgeschlossen, in denen aufgrund der tatsächlichen oder angenommenen Kenntnis des Käufers vom Mangel bei Vertragsabschluß gar keine Aquivalenzverschiebung zwischen den Ver­ tragsleistungen vorliegt132 und somit auf diese Weise auch keine weiteren Vermögensnachteile beim Käufer verursacht sein können. Einige Rechtsordnungen schließen auf das positive Interesse gerichtete Schadensersatzansprüche darüberhinaus dann aus, wenn der Käufer bestimmte andere Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewährleistung in Anspruch nimmt133. 129 Dazu Wehrt, ZWS 1993, S. 90, generell Behrens, Grundlagen, 1986, S. 163. 130 S. o. I.l.a). 131 Zum „cheapest cost avoider" und zum „cheapest insurer” o. 2.c) bb) (2) (b). Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 222, geht davon aus, es sei „sehr selten“, daß der Käufer überlegenes Wissen in bezug auf die Leistungsstörung habe. 132 Dazu o. 2.b). 133 Im Ergebnis geht es in diesen Rechtsordnungen um das Verhältnis der eigentli­ chen Gewährleistung zur ergänzenden Gewährleistung und um die erforderliche Wahl

Wenige Kaufrechte lassen Schadensersatzansprüche nur alternativ zu allen anderen Rechtsbehelfen zu. Das deutsche Recht schließt nach seinem Wortlaut bei Inanspruchnahme

von Wandelung und von Minderung darüberhinausgehende Ansprüche ge­ gen den Verkäufer bezüglich der Erfüllung des Vertrages aus (§ 463 BGB:

„statt der Wandlung oder Minderung Schadensersatz”), gleiches gilt bei Gattungskäufen für die Wahl der Ersatzlieferung („statt ... der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz”, § 480 II BGB). Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung im Wege des „großen Schadensersatzes“ die Kaufsache zurückgegeben und als Schaden ein Betrag in Höhe des gelei­ steten Kaufpreises zurückgefordert werden134. Damit wird im Ergebnis die

Wandelung mit dem Ausgleich des Nichterfüllungsinteresses kombiniert135, wobei auch nutzlose Aufwendungen, einschließlich der sonst bei der Wan­ delung zu ersetzenden Vertragskosten136 sowie der notwendigen Verwendun­ gen auf die Kaufsache, zu ersetzen sind137. Der Käufer kann stattdessen auch die mangelhafte Sache behalten, die entsprechende Herabsetzung des Kaufpreises aufgrund des Minderwertes der Kaufsache als Mindestschaden geltend machen138 und darüberhinaus weiteren ihm entstandenen Schaden

ersetzt verlangen139. Dieser sogenannte „kleine” Schadensersatz verbindet

des Käufers. Zur Auswahl unter den verschiedenen Möglichkeiten der eigentlichen Gewährleistung o. 2.c) dd). 134 BGH v. 8.1.1959, BGHZ 29, S. 148 (151). Dazu gehören auch, entsprechend der Regelung für die Wandelung, die seit Empfang durch den Verkäufer angefallenen Zinsen, vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 49 zu § 463. 135 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 20 zu § 463. Diese Kombina­ tionsmöglichkeit gilt aufgrund der strengen Alternativität zwischen den Rechtsbehelfen jedoch nur bis zu deren Vollzug, dazu u. B.II.4.a), 5.a), nicht aber noch nachträglich, Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 23 zu § 463. 136 Dazu o. 2.c) bb) (3). 137 BGH v. 21.4.1978, BB 1978, S. 1034 (1035), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 49 zu § 463. Macht er allerdings auch entgangenen Gewinn geltend, so wären die von ihm aufgewandten (Vertrags-)Kosten dafür erforderlich gewesen, so daß sie nicht gesondert in Rechnung gestellt werden können, BGH v. 20.12.1978, NJW 1979, S. 811 f., vgl. WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 24 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 50 zu § 463, unter Verweis auf WiEDEMANN/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 55 zu § 325. 138 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 20, 28 zu § 463. Ob hier die relative Methode des § 472 BGB zugrundezulegen ist, bleibt umstritten, dafür etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 53 zu § 463, dagegen WestermANN/MünchKomm, a.a.O. 139 RG v. 27.11.1902, RGZ 53, S. 89 (92), BGH v. 23.6.1989, NJW 1989, S. 2534 (2535).

280

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelgewährleistung

daher Minderung und zusätzlichen Schadensersatz wegen Nichterfüllung140. Dagegen scheidet eine Kombination der Ersatzlieferung mit § 463 BGB aus, da bei ordnungsgemäßer Durchführung dieses Rechtsbehelfs kein ei­ gentlicher Nichterfüllungsschaden mehr vorliegt141. Die über die eigentliche

Nichterfüllung hinausgehenden Mangelfolgeschäden sind ohne weiteres auf­

grund positiver Vertragsverletzung sowohl neben der Wandelung wie neben der Minderung142 und auch neben der Ersatzlieferung143 zu ersetzen144. Auch nach griechischem Recht kann Schadensersatz wegen Nichterfül­

lung eigentlich nur „statt der Minderung des Kaufpreises oder der Wande­

lung” (Art. 543 AK) bzw. beim Gattungskauf auch „statt ... der Leistung einer anderen Sache” (Art. 561 AK) verlangt werden. Die Wandelung er­ gänzende Ansprüche auf Ersatz des Erfüllungsinteresses können jedoch -

wie in Deutschland - als „großer Schadensersatz” geltend gemacht wer­ den14 . Stattdessen kann der Käufer auch die mangelhafte Sache behalten und nur einen „kleinen” Schadensersatz verlangen146. Damit wird auch in Deutschland und Griechenland durch die Rechtspre­ chung, jedenfalls vom wirtschaftlichen Ergebnis her, der Ausgleich weiterer

Vermögensschäden nicht durch die gleichzeitige Inanspruchnahme anderer

Rechtsbehelfe ausgeschlossen. Andere Rechtsordnungen schließen Schadensersatzansprüche zumindest dann aus, wenn der Käufer Minderung verlangt.

Das Kaufrecht der Schweiz regelt den an das Verschulden des Verkäufers geknüpften Ersatz weiterer Schäden (Art. 208 III OR), wie auch den ver­

schuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der

unmittel-

140 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 39 zu § 463. 141 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 13, 15 zu § 480, Honsell/ Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 23 zu § 480, allerdings kommt ein ergänzender Verzöge­ rungsschaden nach § 286 I BGB in Betracht. 142 Vgl. WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 45 zu § 463, Rdnr. 7 zu § 465, HONSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 85 Vorbem zu § 459. 143 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 13 zu § 480. 144 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 31 zu § 465, bezeichnet die pW allgemein als „zusätzliche(n) Rechtsbehelf4. 145 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 111 f., Bruegel, in: Unterneh­ mensrecht, 1997, S. 122, Chaldoupis Rdnr. 104, in: Handbuch, 1992, S. 519. Dies gilt beim Stückkauf auch für die Mangelfolgeschäden, so daß Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung neben der Wandelung nur für den Gattungskauf in Betracht kommen, Vourvouri, a.a.O., S. 112, Bruegel, a.a.O., S. 122, Chaldoupis Rdnr. 105 f., a.a.O. 146 Vgl. Vourvouri, a.a.O., S. 111, Chaldoupis Rdnr. 104, a.a.O.

baren Schäden (Art. 208 II OR)147, nur im Zusammenhang mit der Wande­ lung (Art. 208 I OR). Im Falle der Minderung und auch der Nachbesserung läßt die Rechtsprechung jedoch kumulativ die Anwendung des Art. 97 OR aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zu148, nach dem der Verkäufer

sich exkulpieren kann. Die Literatur befürwortet dagegen zum Teil eine analoge Anwendung des Art. 208 III OR bei der Minderung149. Ähnlich besteht nach dem Wortlaut der französischen, luxemburgischen und belgischen Regelung der Schadensersatzanspruch auf alle Schäden und

Zinsen - also auf Erfüllung sowie Mangelfolgen - nur neben der Rücker­ stattung des Preises (Art. 1645 CdeC/ BW: „outre la restitution du prix” / „niet alleen gehouden tot teruggave van de prijs”). Allerdings wird zumin­ dest im französischen Recht der Wandelungsanspruch in der Praxis nicht

notwendigerweise vorausgesetzt, so daß Schadensersatz auch neben der Minderung geltend gemacht werden kann150.

Auch die spanische Regelung beschränkt den Schadensersatz ausdrück­ lich auf die Wandelung, denn dem Käufer werden nur dann zusätzlich die Schäden und Nachteile ersetzt, wenn er sich für die Vertragsaufhebung ent­

scheidet (Art. 1486 II CgoC: „ademas se le indemnizarä de los danos y

perjuicios si optare por la rescision”). Eine Anwendung auf den Fall der Minderung ist nicht erkennbar. Das dänische Kaufrecht bestimmt das Verhältnis von Minderung und Schadensersatzanspruch nicht ausdrücklich. Verlangt der Käufer Schadens­ ersatz und will er die Sache behalten, dann wird eine Art kleiner Schadens­ ersatz in Höhe der Wertminderung festgesetzt151. Nur bestimmte zusätzliche Kosten, wie etwa für die Feststellung oder die Rüge der Mängel, für den

Transport oder für vergebliche Reparaturen können auch neben einem Min­ derungsanspruch als Schadensersatz geltend gemacht werden152.

147 Dazu o. 2.c) bb) (3). 148 BGE 63 II S. 401 (405). Nach WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 28 zu Art. 97, ist diese Konzeption allerdings verfehlt. 149 HoNSELiTKommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 7 zu Art. 208, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 176, in: Handbuch, 1992, S. 944. 150 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 619, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 22, WENNER/SCHODEL Rdnr. 145, in: Handbuch, 1992, S. 458. 151 Vgl. Steinrücke Rdnr. 178, in: Handbuch, 1992, S. 183. Allerdings wird der Kaufpreis in diesem Fall wohl nicht nach der relativen Methode herabgesetzt, da als Schadensersatz nur die Wertminderung selbst in Betracht kommt, Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 105. 152 UfR 1922.139 H, bei Norager-Nielsen/Theilgaard, Kobeloven, 1993, S. 783, vgl. Steinrücke Rdnr. 181, in: Handbuch, 1992, S. 183.

Überwiegend werden damit Schadensersatzansprüche durch die Rechtspre­ chung auch neben der Minderung zugelassen. In einigen Kaufrechten wird dies ausdrücklich vorgesehen. So ist in Italien „in jedem Fall der Verkäufer zum Ersatz des Schadens ver­

pflichtet” (Art. 1494 CceC: „In ogni caso il venditore e tenuto verso il compratore al risarcimento del danno"), d.h. sowohl bei der Aufhebung des Vertrages als auch bei der Herabsetzung des Preises153. Ebenso sieht das portugiesische Kaufrecht Schadensersatzansprüche

nicht nur bei der Aufhebung des Vertrages (Art. 913.° i.V.m. Art. 908.°, 909.° CgoC) sondern auch neben der Minderung (Art. 913 ° i.V.m. Art. 911.° I CgoC) vor. Auch das englische und das irische Kaufgesetz bestimmen ausdrücklich,

daß der Käufer nicht nur neben der Zurückweisung („rejection”) der Ware Schadensersatz verlangen kann (sec. 53 I b) SGA-GB / SGA-IRL), sondern

neben der Verringerung des Preises jedenfalls den weitergehenden Schaden geltend machen kann (sec. 53 IV SGA-GB / sec. 53 VI SGA-IRL: „The fact

that the buyer has set up ... in diminuition ... of the price does not prevent him from maintaining an action ... if he has suffered further damage”)154.

Noch weitergehend wird in einigen Kaufrechten geregelt, daß Schadenser­ satzansprüche generell neben allen übrigen Rechtsbehelfen, d.h. auch neben einer nachgeholten Erfüllung, geltend gemacht werden können. So sieht das österreichische Kaufrecht im Anschluß an die Gewährlei­ stungsrechtsbehelfe ausdrücklich vor: „In allen Fällen haftet der Übergeber

für den verschuldeten Schaden.” (§ 932 I 2 ABGB), also auch neben der Verbesserung155. Da Gewährleistung und Schadensersatz in Österreich streng getrennt werden156, wird als Schaden im Sinne des § 932 I 2 ABGB

allein der Nachteil verstanden, der erst durch den Mangel entstanden ist (Begleit- oder Mangelfolgeschaden), nicht jedoch der Mangel selbst 157. Die

153 Vgl. Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 30. 154 Dagegen verweist Basedow, Reform, 1988, S. 76, nur auf die Alternative zwi­ schen Schadensersatz und Wandelung in sec. 53 I SGA. 155 Bei dieser Regelung soll es auch nach dem Entwurf der Gewährleistungsreform von 1995 bleiben, § 932 V ABGB-E. Nach Reischauer, JB1 1995, S. 752, sollte jedoch klargestellt werden, daß Geldersatz wegen des Mangelschadens selbst gegenüber der Behebung des Mangels subsidiär ist. 156 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 13 zu § 922, E 82 zu § 932. 157 OGH v. 30.4.1975, JB1 1975, S. 600, OGH v. 20.5.1981, JB1 1982, S. 318, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 88 zu § 932, vgl. auch Heller Rdnr. 142, in: Handbuch, 1992, S. 822. Teilweise wird diese Begrenzung in der Literatur abgelehnt,

Rückzahlung des Kaufpreises kann daher nur über die „gänzliche Aufhe­ bung des Vertrages”, der geringere Wert der Kaufsache nur über die „ange­ messene Minderung des Entgelts”158 (jeweils § 932 I 1 ABGB) geltend ge­ macht werden. Da der Verkäufer jedoch unabhängig von diesen Gewährlei­

stungsansprüchen zum Schadensersatz verpflichtet ist, kann er durch eine Kombination mit der Vertragsaufhebung159 oder der Entgeltminderung im Ergebnis zu einem großen oder kleinen Schadensersatzanspruch wie nach

deutschen Recht gelangen. Das irische Kaufgesetz läßt den Schadensersatzanspruch ebenfalls aus­ drücklich neben der Ersatzlieferung bestehen (sec. 53 VI SGA-IRL). Ähnlich gewährt das niederländische Kaufrecht die besonderen Rechts­

behelfe des Art. 7:21 I BW, also vor allem Nachbesserung und Ersetzung

der Kaufsache,

„unbeschadet aller anderen Rechte und Ansprüche”

(Art. 7:22 BW), so daß ergänzend Schadensersatz nach den allgemeinen

Leistungsstörungsregeln verlangt werden kann. Dazu gehört zwar in erster Linie der Ersatz des gezahlten Kaufpreises160, aber nach Wahl des Käufers

hat der Verkäufer den Minderwert der Kaufsache zu ersetzen, wenn der Käufer die Ware behält161, so daß auch ein kleiner Schadensersatz möglich ist.

Im schwedischen und im finnischen Kaufgesetz wird ebenfalls aus­ drücklich bestimmt, daß Schadensersatz in Ergänzung ("dessutom") der an­

deren Rechtbehelfe verlangt werden kann (§30 KpL / KppL, ebenso § 22 Satz 2 KonsKpL).

Damit entspricht die neueste skandinavische Regelung auch insoweit ihrem Vorbild, dem UN-Kaufrecht. Dort wird ausdrücklich bestimmt, „der Käufer

verliert das Recht, Schadensersatz zu verlangen, nicht dadurch, daß er an­

dere Rechtsbehelfe ausübt” („not deprived of any right ... to Claim damages by exercising his right to other remedies”, Art. 45 II CISG). Damit kann der Käufer neben der Nacherfüllung Verzögerungs- sowie Folge- und Begleit-

so etwa Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 270, Welser, JB1 1976, S. 127. 158 Vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 50 zu § 932. 159 Im Ergebnis entspricht dies dem „Ersatz des durch die verschuldete Nichterfül­ lung verursachten Schadens” i.S.d. § 921 Satz 1 ABGB, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 153, der alle Nachteile erfaßt, die der Käufer durch das Unterbleiben des Leistungsaustausches erlitten hat, einschließlich der Aufwendungen für einen Deckungskauf, vgl. Heller Rdnr. 80, in: Handbuch, 1992, S. 799. 160 Vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 107, in: Handbuch, 1992, S. 720. 161 Vgl. ebd. Rdnr. 188, S. 741.

Schäden verlangen162, ähnlich neben der Minderung163, und neben der Ver­

tragsaufhebung den vollen Nichterfullungsschaden164. Im früheren Haager

Einheitskaufrecht wurde ganz ähnlich bestimmt, daß „der Käufer ferner Schadensersatz ... verlangen” kann („may also Claim damages”, Art. 41 II EKG), wodurch die Schadensersatzpflicht ebenfalls neben den in Art. 411 EKG aufgeführten Rechtsbehelfen stand.

In den Vertragsgrundregeln wird die Kombination von Schadensersatz­ forderungen mit anderen Rechtsbehelfen ebenfalls ausdrücklich zugelassen.

So heißt es in den European Principles\ „Insbesondere verliert eine Partei

ihr Recht auf Schadensersatz nicht dadurch, daß sie sich irgendeines ande­ ren Rechtsbehelfs bedient” (Art. 3.102 Satz 2 EurPrinc). Auch die UNIDROIT Principles sprechen von einem „right to damages ... in conjunction with any other remedies” (Art. 7.4.1 UD-Princ).

Der Vorschlag der deutschen Schuldrechtskommission stellt Schadens­ ersatzansprüche des Käufers gleichfalls grundsätzlich neben die übrigen Rechtsbehelfe, macht jedoch deutlich, daß der Umfang des vom Käufer zu

ersetzenden Schadens von der jeweils in Anspruch genommenen anderen Ausgleichsmöglichkeit abhängt. So können neben der nachgeholten Erfül­ lung nur die über das engere Äquivalenzinteresse des Käufers hinausgehen­ den Vermögensnachteile ausgeglichen werden (§441 I i.V.m. § 280 I BGB­

KE), die derzeit über die positive Vertragsverletzung zu ersetzen sind, wäh­ rend der den eigentlichen Mangelschaden einbeziehende „kleine” Schadens­ ersatz erst nach erfolglosem Nachbesserungs- oder Ersatzlieferungsverlan­ gen verlangt werden kann (§441 I i.V.m. § 283 BGB-KE)165. Der „große”

Schadensersatz unter Rückgabe der Kaufsache soll in Zukunft konsequen­ terweise die Durchführung des Rücktritts erfordern (§ 441 III BGB-KE), da ansonsten die Erschwernisse dieses Rechtsbehelfs166 unterlaufen werden könnten. Der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz bei einem Sachmangel wird daher kaum aufgrund der Durchführung eines anderen Rechtsbehelfs

162 SCHNYDER/STRAUB/Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 80 zu Art. 45, Huber/ Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 40 zu Art. 45. 163 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 19 zu Art. 50. 164 MAGNUs/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 24 zu Art. 45, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 41 zu Art. 45. 165 Abschlußbericht, 1992, S. 223. 166 Dazu o. 2.c)bb)(l).

ausgeschlossen167, jedenfalls soweit es um die hier zu behandelnden weiteren Vermögensnachteile des Käufers geht, die durch die eigentliche Gewährleistung nicht ausgeglichen werden. Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf überläßt es dagegen den Mit­

gliedstaaten, Schadensersatzansprüche des Käufers als ergänzende Gewähr­ leistung und ihr Verhältnis zur eigentlichen Gewährleistung festzulegen.

Derartige „andere Ansprüche ... aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschrif­ ten über die vertragliche oder außervertragliche Haftung“ werden durch die

Richtlinie „nicht berührt“ (Art. 8 I VbrKfRil).

Die Tendenz in den neueren Rechtsordnungen geht zu einer prinzipiellen Zulassung von Schadensersatzforderungen, die dann allerdings je nach ihrer Kombination mit anderen Rechtsbehelfen eine unterschiedliche Berechnungsweise erfordern. Diese differenzierte Betrachtung gilt jedoch fast ausschließlich für die Bestimmung des Äquivalenzausgleichs, während die darüberhinausgehenden Vermögensnachteile unabhängig davon erfaßt werden können. Andere Ausschlußtatbestände für die Ausgleichspflichten des Verkäufers sind nicht ersichtlich. Soweit die Verpflichtung des Verkäufers zum Schadensersatz bei mangelhafter Lieferung entweder generell oder teilweise als deliktische verstanden wird168, fehlt allein der vertragliche Ersatzanspruch, aber auf einer anderen Rechtsgrundlage findet gleichwohl eine Kompensation statt.

c) Inhalt der Ausgleichspflichten

Die Kenntnis des Verkäufers über den Umfang seiner Haftung im konkreten Fall, also etwa über die bei einem Sachmangel dem Käufer möglicherweise entstehenden Schäden, ist deshalb relevant, weil er danach das ihn bela­ stende Haftungsrisiko bemessen kann. Die Höhe der bei einer Inanspruch­ nahme durch den Käufer zu leistenden Schadensersatzzahlungen stellen in Verbindung mit der Wahrscheinlichkeit des Haftungseintritts die - unmit­ telbaren - Gewährleistungskosten des Verkäufers dar, denen er den 167 Ebenso Basedow, Reform, 1988, S. 76, nach dem „die Kumulierungsbefugnis beim Schadensersatz ... letztlich außer Frage steht”. Einschränkungen werden in Spanien und wohl auch in Belgien allein bei einer Verbindung mit der Minderung vorgenommen. 168 So in Österreich sowie bezüglich Integritätsschäden in Schweden und Dänemark, s. o. 1.2 c).

Aufwand für eine Vermeidung der Sachmängelhaftung gegenüber stellt. Der Verkäufer erhält daher ökonomisch nur insoweit einen Anreiz zur vertrags­ gemäßen Lieferung der Kaufsache, wie die dafür eingesetzten Aufwendun­ gen die Kosten für seine Haftung nicht übersteigen. Gesamtwirtschaftlich wäre es dagegen sinnvoll, einen Aufwand für die Schadensvermeidung bis zur Höhe der Summe aller eintretenden Schäden zu betreiben. Soll der Verkäufer sämtliche Schadensfolgen berücksichtigen, so ist es notwendig, sein Haftungsrisiko möglichst nahe an das Schadensrisiko des Käufers heranzuführen169. Neben den Durchsetzungschancen des Käufers170 sowie dem Haftungs­ maßstab für den Verkäufer 171 kommt es auch auf den Umfang der Haftung des Verkäufers an, der aus den genannten Anreizgesichtspunkten idealer­ weise dem beim Käufer eintretenden Schaden in voller Höhe entsprechen sollte. Ähnlich wie bei einer strikten Haftung des Verkäufers werden dadurch allerdings unerwünschte Anreize zur Schadenserhöhung bzw. zur Überinvestition beim Käufer gesetzt172. Diese Auswirkung wird dadurch verstärkt, daß der Käufer, der grundsätzlich über den in seinem Bereich oder aus seinen Handlungen zu erwartenden Schaden - jedenfalls soweit es über das Übliche hinausgehende besondere Sachverhalte betrifft - leichter zugängliche Informationen besitzt als der Verkäufer, bei einem unbegrenz­ ten Haftungsumfang diesem gegenüber keinen Anlaß zur Offenlegung hat, da er sonst eine Ablehnung des Vertragschlusses befürchten muß173 oder aber eine Anhebung des Kaufpreises durch eine Risikoprämie zugunsten des Verkäufers174. Gehen jedoch Verkäufer in Unkenntnis des vollen Haftungsrisikos für Sachmängel den Kaufvertrag ein, so halten sie zum einen in Bezug auf das Risiko zu geringe Aufwendungen zur Schadensver­ meidung für sinnvoll, zum anderen aber kann unter uninformierten Ver­ käufern nicht derjenige ermittelt werden, der das gesamte Schadensrisiko des Käufers am kostengünstigsten vermeiden oder versichern könnte.

169 Ähnlich Eisenberg, CalLRev 1992, S. 575. 170 Siehe dazu vor allem die Überlegungen zum Zivilverfahren unten B.IL 171 Dazu o. (a). 172 S. o. a) cc). 173 Ähnlich Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 56 (sec. 77), der in einer unbe­ grenzten Haftung unter anderem „a disincentive to the assumption of contractual obligations" sieht. 174 Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 56 (sec. 77), spricht von „an undue raising of charges to cover such unlimited liability” und hält damit bereits die Verteuerung an sich für schädlich.

Diese Überlegungen fuhren dazu, daß eine generelle Begrenzung des Haftungsumfangs oder eine Regel, nach der der Verkäufer nicht sämtliche Schäden des Käufers zu ersetzen hat, als Anreiz für den Käufer, seine Informationen offenzulegen, wirtschaftlich notwendig erscheint175. Die europäischen Rechtsordnungen begrenzen den Schadensersatz aller­ dings auf der Basis sehr unterschiedlicher Konzepte.

Im folgenden soll erörtert werden, in welchem Ausmaß die weiteren Vermögensnachteile des Käufers bei der Lieferung einer mangelhaften Sache in den verschiedenen Rechtsordnungen vom Verkäufer zu ersetzen sind. Dabei ist zunächst zu untersuchen, auf welche Weise der Umfang des Schadensersatzes generell beschränkt wird (unten aa.). Im Anschluß daran sind die jeweils einbezogenen Schadensposten genauer darzustellen (unten bb.).

aa) Generelle Begrenzungen des Ausgleichs Entscheidend für den Haftungsumfang des Verkäufers sind neben der Frage, ob bestimmte Schadensposten grundsätzlich erfaßt werden, vor allem Einschränkungen des Ausmaßes der Haftung. Abgesehen vom Haftungsmaßstab176, dessen Einfluß als haftungsbegründende Vorausset­ zung bereits behandelt worden ist177, geht es im Folgenden zum einen um Regelungen, die dem Verkäufer eine Einschätzung des Schadensumfangs und damit seines Haftungsrisikos ermöglichen, d.h. um adäquate Verur­ sachung, Unmittelbarkeit oder Vorhersehbarkeit des Schadens - neuer­ dings auch um den Schutzzweck des Vertrages -, oder die das Ausmaß seines Verschuldens auch bei der Haftungsausfüllung berücksichtigen178. Zum anderen werden Regelungen betrachtet, die das Verhalten des Käufers bezüglich eintretender Verluste heranziehen, d.h. Schadensminderungs­ pflichten.

175 Zu dem Zweck einer Beschränkung auf den vorhersehbaren Schaden, Informa­ tionsdefizite zu beseitigen, aus ökonomischer Sicht ausführlich Faust, Vorhersehbar­ keit, 1996, S. 205 ff. 176 Ihn nennt Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 56 (sec. 77), als eine von sieben Möglichkeiten. 177 S. o. a). 178 Diese vier „Systeme” unterscheidet bereits Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 474.

Ein den Gerichten ausdrücklich gewährter Ermessenspielraum bezüglich des Umfangs eines Schadensersatzes soll dagegen ausführlicher als prozessuale Problematik im entsprechenden Zusammenhang179 behandelt werden.

(1) Verursachung des Schadens Vor allem die mitteleuropäischen Rechtsordnungen sehen mit der adäqua­ ten Kausalität des Schadens auf ein objektives Begrenzungskriterium vor, welches allein unwahrscheinliche, vom normalen Geschehensablauf erheblich abweichende Verluste des Käufers vom Ersatz durch den Verkäufer ausschließt. In Deutschland gelten auch für den kaufrechtlichen Schadensersatz die all­ gemeinen Grundsätze der Schadensbemessung, nach denen nur solche Schä­ den ersetzt werden sollen, die adäquat-kausal durch den Sachmangel verur­ sacht worden sind180. 181 Damit 182 sind nur diejenigen Schäden des Käufers von

der Haftung des Verkäufers ausgeschlossen, die nach der allgemeinen Le­

benserfahrung bzw. aus der Sicht eines optimalen Beobachters zum Zeit­

punkt der Verletzungshandlung

außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen

und nicht dem naturgemäßen und gewöhnlichen Lauf der Dinge entspre­

chen

. Eine Begrenzungsfunktion hat das Adäquanzkriterium natürlich vor

allem bei Mangelfolgeschäden, unter diesen aber nach der herrschenden An­ sicht der Literatur nur für die Arglist-Fälle des § 463 Satz 2 BGB183 sowie für den Bereich der positiven Vertragsverletzung. Bei der Zusicherung gern.

§ 463 Satz 1 BGB wird dagegen der Schadensumfang durch Lehre und Rechtsprechung weiter eingegrenzt184, indem nur in den Schutzbereich der

179 Auch wenn dies - anders als etwa in Deutschland durch § 287 ZPO - vielfach im materiellen Recht festgelegt wird, wie etwa in Griechenland Art. 387 AK, in der Schweiz Art. 42 II, 43 I OR, in Italien Art. 1226 CceC, in den Niederlanden Art. 6:97 Satz 1 BW, vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 73 f. (sec. 99), siehe im Einzelnen unten B.II.3.a) aa). Ähnlich auch die Milderungsrechte im schweizerischen Art. 44 OR, im spanischen Art. 1103 2.HS CgoC oder nach dem niederländischen Art. 6:109 I BW. 180 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 54 zu § 463. Schon Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 474, ordnet dieses „System” der Schadensbegrenzung der deutschen Rechtsordnung - neben der schweizerischen - zu. 181 Dies betont Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 68 (sec. 93), gegenüber der Vorhersehbarkeitsregel des Common Law, dazu u. (3). 182 Vgl. schon Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 486 ff. 183 Dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 65 zu § 463. 184 So anscheinend auch Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 68 (sec. 94), allgemein zum Vertragszweck („purpose of the contract”).

ausdrücklichen Haftungsübernahme fallende Folgeschäden für ersetzbar ge­ halten werden

.

Auch nach griechischem Recht ist zunächst die Kausalität zwischen dem

Sachmangel und dem Schaden erforderlich, außerdem wird auch hier vor­ ausgesetzt, daß der Schutzzweck des Kaufvertrages den Mangel erfaßt185 186. 187 In der Schweiz wird ebenfalls für jeden vertraglichen Schadensersatzan­ spruch ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der nicht ordnungs­

gemäßen Erfüllung und dem eingetretenen Schaden verlangt

. Als adäquat

gilt dabei der „normale Geschehensablauf’ und die Beurteilung nach der „Lebenserfahrung”188.

Nach portugiesischem Recht haftet der Verkäufer gleichfalls nur für den adäquat kausal verursachten Schaden, welcher wahrscheinlich („provavelmente") eintreten würde (Art. 563.° CgoC)189. Auch das neue Burgerlijk Wetboek der Niederlande beschränkt den Er­

satz, der auf rechtlichen Verpflichtungen (Art. 6:95 BW:

„wettelijke

verplichting") beruht, auf den Schaden, der in einer Verbindung mit der Verursachung durch den Schuldner steht (Art. 6:98 BW: „schade die in ... verband staat”). Diese sehr allgemeine Voraussetzung eines Kausalzusam­

menhangs zwischen dem Schaden und dem schadensverursachenden Ereig­

nis, also bei einem Vertrag der unzulänglichen Leistung, wird dann dadurch zu präzisieren versucht, daß nur der Schaden zu ersetzen ist, der dem Schuldner als Folge des schadensverursachenden Ereignisses zugerechnet

werden kann (Art. 6:98 BW: „dat zij hem ... als een gevolg van deze gebeurtenis kan worden toegerekend”). Der Gesetzgeber wollte damit bewußt ein Kausalitätskriterium aufstellen, das nach den Umständen variiert wer­

185 BGH v. 29.5.1968, BGHZ 50, S. 200 (204). Bisher hat der BGH aber anschei­ nend noch keinen Mangelfolgeschaden abgelehnt, weil er aus dem „Schutzbereich der Zusicherung hinausfiele" HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 60 zu § 463. Eine generelle Haftung des Verkäufers für adäquat verursachte Schäden bei Zusicherung befürwortend HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 54 zu § 463. In jedem Fall ist auf den Zeitpunkt der Zusicherung und damit des Vertragsschlusses abzustellen. 186 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 105, in: Handbuch, 1992, S. 519. 187 BG v. 2.6.1981, BGE 107 II S. 238 (243 f.) - zum Transportvertrag, Wiegand/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 37 zu Art. 97, Rdnr. 16 zu Art. 99, ebenfalls bereits Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 474. 188 BG v. 11.2.1954, BGE 80 III 41 (58) 189 Nach dem früherem Zivilrecht wurde dagegen entsprechend dem französischen Vorbild, s. u. (2), nur der unmittelbare und direkte Schaden, der außerdem eine not­ wendige Folge der Vertragsverletzung darstellen mußte, ersetzt (Art. 707.° CgoC1867).

den kann und dem Richter die notwendige Freiheit läßt, die verschiedenen Faktoren je nach den Anforderungen der Situation zu gewichten190.

Mit dem Kriterium der adäquaten Kausalität wird der Haftungsumfang nur y^enig eingegrenzty da grundsätzlich allein außerhalb jeder üblichen Vorstellung befindliche Schadensfolgen vom Ersatz ausgeschlossen werden. Das niederländische Kausalitätskriterium kann dagegen in Verbin­ dung mit dem weitgehend offengehaltenen Zurechnungserfordernis auch stärkere Beschränkungen bewirken.

(2) Unmittelbarkeit des Schadens In enger Beziehung zum Erfordernis adäquater Kausalität steht als weiteres Verursachungs-Kriterium die Unmittelbarkeit des Schadens, welche tradi­ tionell in den romanischen Rechtsordnungen sowie in den Common Law Staaten verwendet wird, aber mittlerweile auch in Mitteleuropa und Skandinavien eine Rolle spielt. Danach werden indirekte Verluste, zu deren Ursache eine längere Kausalkette fuhrt, nicht oder nur unter besonderen Umständen ersetzt. Allerdings sind mittelbare Schäden nicht notwendiger­ weise unwahrscheinlich im Sinne des eben behandelten Adäquanzmaßstabs, so daß die Schadensersatzhaftung durch die Unmittelbarkeit etwas stärker beschränkt wird. In Frankreich wird die Frage danach, welche Ereignisse als Schadensursa­ chen dem Schadensersatzpflichtigen grundsätzlich zuzurechnen sind, zu­

mindest im Vertragsrecht, von der Voraussetzung geprägt, daß der zu erset­ zende Schaden eine unmittelbare und direkte Folge („une suite immediate et directe”) der Nichterfüllung darstellen muß (Art. 1151 CdeC)191. Ursprüng­

lich wurde damit tatsächlich beabsichtigt, indirekte Schäden im Vertrags­ recht nicht ersetzen zu lassen192. Die wenigen Fälle, in denen die Gerichte zur Unmittelbarkeit des Schadens Stellung genommen haben, beziehen sich

meist auf eine zusätzliche äußere Ursache, die den Schadensverlauf beein­ flußt, so daß nur eine unübliche Verlängerung der Kausalkette einen indi­ rekten Schaden erzeugt193. Im Ergebnis wird daher nach französischem

190 OOSTERVEEN/Nieuwenhuis, T & C BW II, 1994, N. 2 zu Art. 6:98. 191 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 22/23, Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 69 (sec. 95). 192 Vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 82. 193 Vgl. zu den externen Ursachen Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 69 (sec. 95), S. 72 (sec. 97), sowie Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 478 f., der bei bloß mitwir­ kenden Ursachen nicht auf die Zurechnung verzichten will. Dagegen sieht er bei einer Schadensauslösung unabhängig von der Vertragsverletzung den Kausalzusammenhang

Recht auch nicht viel mehr als eine kausale Verknüpfung verlangt, so daß typische Folgeschäden, auch wenn sie sich erst vermittelt ergeben, regelmä­ ßig vom Verkäufer zu ersetzen sind194. Die Abgrenzung zwischen direktem und indirektem Schaden bleibt allerdings notwendigerweise unscharf195,

denn auch Hilfskonstruktionen, wie die Ersetzung der „direkten Folgen” durch „notwendige Folgen”, fuhren kaum weiter196. In Belgien, wie auch in Luxemburg, wird auf der Grundlage einer gleichlautenden Regelung in Art. 1151 BW die Unmittelbarkeit von der

Rechtsprechung - wie in Frankreich - relativ weit gefaßt, denn alle notwen­

digerweise entstehenden Schäden des Käufers, auch wenn sie eigentlich in­ direkt verursacht wurden, sind vom Verkäufer zu ersetzen197. 198 Das italienische Zivilrecht folgt hinsichtlich des Haftungsumfangs im wesentlichen seinem französischen Vorbild: Auch nach dem Codice Civile

sind - mit identischem Wortlaut wie in Frankreich - nur solche Schäden er­ satzfähig, die eine unmittelbare und direkte Folge der Vertragsverletzung

darstellen (Art. 1223 2.HS CceC: „in quanto ne siano conseguenza immediata e diretta”). Die Zurechnung orientiert sich auch hier letztlich am Normalverlauf der Ereignisse, so daß nur Schäden außerhalb jeder Wahr­

scheinlichkeit nicht ersetzt werden müssen, womit im Ergebnis eine ad­ äquate Kausalität zugrundegelegt wird . Diese Auslegung wird dadurch unterstützt, daß nach der Spezialvorschrift für den kaufrechtlichen Scha­ densersatz die von den Mängeln der Sache herrührenden Schäden vom Ver­ käufer grundsätzlich zu ersetzen sind (Art. 1494 II CceC)199. Da die spanische Rechtsprechung bei Sachmängeln neben dem kauf­

rechtlichen Schadensersatzanspruch aus Art. 1486 II CgoC auch den Scha­

densersatzanspruch wegen Nichterfüllung im allgemeinen Schuldrecht (Art. 1101 CgoC) heranzieht200, sind die dortigen Regelungen über den

als unterbrochen an, was auch Art. 1147 CdeC entspräche, nach dem eine „cause trangre, qui ne peut lui tre impute" den Schuldner von der Haftung befreit. 194 Vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 82/83. 195 Nach Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 479, „ist dieses Problem unlösbar“. 196 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 69 f. (sec. 95), sowie Rabel, Waren­ kauf I, 1964 (1936), S. 478. 197 Cass v. 14.10.1985, R.C.J.B. 1985, S. 341, Cass. v. 24.6.1977, R.W. 1977-78, S. 775, Herbots, Contracts, 1995, S. 211 (n. 417). 198 Vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 106, in: Handbuch, 1992, S. 614, unter Bezug auf das volle positive Interesse des Käufers Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 112, sowie ähnlich Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 32. 199 S. o. bb) (1). Zur Übereinstimmung beider Vorschriften Bianca, vendita, 1993, S. 985 (n. 437). 200 Vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 120 ff.

Haftungsumfang unmittelbar anwendbar. Das spanische Schuldrecht ver­ wendet jedoch nicht mehr den Begriff der Unmittelbarkeit, sondern dem Verkäufer werden nur solche Schadensfolgen zugerechnet, die eine notwen­ dige Folge der Nichterfüllung darstellen (Art. 1107 I a.E. CgoC: „ ... con-

secuencia necesaria de su falta de cumplimiento"). Dies entspricht im we­ sentlichen der Interpretation des Unmittelbarkeitskriteriums in den übrigen

romanischen Rechten. Die gesetzliche Regelung in England und Irland enthält starke Anklänge an die Begrenzung auf den unmittelbaren Schaden nach den romanischen Rechtsordnungen, denn es ist grundsätzlich Schadensersatz in der Höhe zu leisten, wie er sich direkt und natürlicherweise nach dem normalen Ablauf

der Ereignisse aus der Vertragsverletzung des Verkäufers ergibt (sec. 53 II SGA-GB / sec. 53 IV SGA-IRL: „loss directly and naturally resulting, in

the ordinary course of events”). Diese Formulierung entspricht einer der beiden Grundregeln aus der englischen Leitentscheidung zur Bemessung des

vertraglichen Schadensersatzes, Hadley v. Baxendale: Danach ist der Ver­ lust ersatzfähig, der natürlicherweise, d.h. dem üblichen Verlauf der Dinge folgend, aus der Vertragsverletzung selbst entsteht („arising naturally, i e, according to the usual course of things, from such breach of contract itself")2o. Da in diesem Präjudiz nur pauschal auf die französischen Rege­

lungen zum Schadensumfang in den Art. 1149-1151 CdeC verwiesen wird201 202, bleibt zumindest unklar, wie stark es sich an die Unmittelbarkeits­ regel des Art. 1151 CdeC anlehnt203, auch wenn es in der englischen und

irischen Literatur unter dem Schlagwort der „Feme” des Schadens („remoteness of damage”) behandelt wird204. *Das Kriterium des englischen und iri­ schen Common Law entspricht wegen der Bezugnahme auf den üblichen

201 (1854) 9 Exch 341 (354) per Alderson B. Zur Übereinstimmung mit dem Sale of Goods Act Harris 16-046, in: Benjamin’s, 1992, S. 801, für Irland USSHER, in: Doing Business, 1992, Ch.9-18. 202 (1854) 9 Exch 341 (346), vgl. dazu Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 60 (sec. 83). 203 Vor allem aufgrund der zweiten Hadley-Regel, dazu u. (2), und auf der Basis der folgenden Leitentscheidung Victoria Laundry (Windsor) Ltd. v. Newman Industries Ltd. (1949) All E.R. 997, die den eigentlich aus dem Deliktsrecht stammenden Begriff der Voraussehbarkeit verwendete („to recover such part of the loss ... as was ... foreseeable as liable result from the breach”, a.a.O., 1001 per Asquith LJ), wurde dagegen lange Zeit die an Art. 1150 CdeC erinnernde Formulierung der Vorhersehbar­ keit favorisiert, Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 60 Fn. 508, vgl. auch Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 75, 83, Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1053. 204 So etwa Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 595, 598, Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 541 ff, für Irland etwa Ussher, in: Doing Business, 1992, Ch.9-17.

Geschehensablauf eher der am „notwendig” eintretenden Schaden orientier­ ten Rechtsprechung in Frankreich, Belgien und Italien bzw. dem spanischen Wortlaut und erinnert insofern ebenfalls stark an die mitteleuropäische Ad­ äquanz-Regel205. Ganz ähnlich wie dort muß nach dem Common Law der

Verlust wahrscheinlich sein bzw. eine ernsthafte Möglichkeit oder eine wirkliche Gefahr darstellen206. In den Niederlanden ist die Unmittelbarkeit des Verlustes im Rahmen der

Zurechnung des Schadens dagegen nur als ein Element unter mehreren zu

berücksichtigen. Damit wird der Schaden, der in der Kausalkette oder auch

zeitlich dichter am schädigenden Ereignis liegt, dem Schädiger eher zuge­ rechnet als ein nur mittelbar verursachter Schaden207. In Dänemark wird die Schadenskompensation für zu entfernte Schäden durch die Rechtsprechung eingeschränkt208. In Deutschland und der Schweiz sowie in Schweden und Finnland wird für

„Mangelfolgeschäden” bzw. „weitere” oder „indirekte” Schäden die Haf­ tung des Verkäufers zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber diese mittel­

baren Verluste des Käufers werden einem anderen Haftungsmaßstab unter­ worfen als die unmittelbaren Mangelschäden209. In der Schweiz sowie den beiden skandinavischen Staaten werden insoweit strengere Anforderungen

gestellt, so daß im Ergebnis eine Begrenzung des Haftungsumfangs erfolgt. Dagegen wird in Deutschland der Ersatz von Mangelfolgeschäden über die

positive Vertragsverletzung gegenüber den strengen Voraussetzungen des

206 So nach dem Victoria Laundry-Fall, a.a.O. 540 per Asquith LJ: „Nor ... need it be proved that ... a breach must necessarily result in that loss. It is enough ... it was likely so to result. It is indeed enough ... if the loss is a ,serious possibility’ or a ,real danger’.” Diese Linie ist mit einer doppelten Verneinung als „not unlikely" für Irland in Hickey & Co. Ltd. v. Roches Store (Dublin) Ltd. (No.2) per Finlay, P., (1980) I.L.R.M. 117, anerkannt worden, vgl. Ussher, in: Doing Business, 1992, Ch.9-17 f. 207 So bereits nach dem früheren Zivilrecht HR, NJ 1978, S. 84, vgl. Oosterveen/ Nieuwenhuis, T & C BW II, 1994, N. 5 a) zu Art. 6:98. Für die weiterhin erwünschte Berücksichtigung des Unmittelbarkeitprinzips im neuen niederländischen Recht spricht auch das im Gesetzgebungsverfahren herangezogene Beispiel des Verkaufs einer kranken Kuh, die die Tiere des Käufers ansteckt, vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 97, in: Handbuch, 1992, S. 717, denn es entspricht ziemlich genau dem durch zahlreiche Epochen und Rechtsordnungen zu verfolgenden „ehrwürdigen Beispiel” (Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 262), das Pothier bereits 1761 zur Erläuterung der Abgrenzung des direkten vom indirekten Schaden verwendete, vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 69 (sec. 95), Herbots, Contracts, 1995, S. 211 (n. 416). 208 Whincup, Contract, 1992, S. 266 (13.49). 209 S. o. a), vor aa).

§ 463 BGB erleichtert, so daß letztendlich eine Absenkung auf das in ande­

ren Rechtsordnungen überwiegend übliche Maß stattfindet.

Die in den romanischen Rechtsordnungen erfolgte Abschwächung des Ausschlusses mittelbarer Schäden^ wie sie auch in England und Irland zu beobachten ist, fuhrt dazu, daß die Unterschiede zur Verwendung der adäquaten Kausalität als Haftungsbegrenzung nur noch gering sind. (3) Voraussehbarkeit des Schadens

Eine stärker wirkende Eingrenzung des Schadensersatzumfangs, vor allem gegenüber der adäquaten Kausalität210 aber auch gegenüber der Unmittel­ barkeit211, bietet das Kriterium der Voraussehbarkeit. Danach sind nur solche Schäden ersetzbar, die vom Schädiger oder aber von beiden Vertragsparteien vorausgesehen wurden oder auch vorausgesehen werden konnten. Das französische Zivilgesetzbuch begrenzt den Schadensersatz nicht nur

auf die unmittelbaren Schäden, sondern darüberhinaus auf die Schadensar­ ten212, die vorausgesehen wurden oder die man (normalerweise) voraussehen konnte (Art. 1150 CdeC: „dommages et interets qui ont ete prvus ou qu‘on a pu prevoir”). Dabei wird auf den Schädiger abgestellt213, für dessen

Kenntnismöglichkeit in erster Linie ein abstrakter Sorgfaltsmaßstab zu­ grundegelegt wird, der durch konkretisierende Elemente ergänzt wird214. Als

210 So V.MEHREN/GORDLEY, Civil Law System, 1977, S. 1115, im Vergleich mit dem deutschen Adäquanzprinzip, dem sie „obviously ... considerably less protection” anlasten, ebenfalls Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 68 (sec. 93), nach dem die Adäquanz den Schadenersatzumfang weniger einschränkt als die Voraussehbarkeit, sowie STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 34 zu Art. 74. 211 Herbots, Contracts, 1995, S. 211, sieht im Erfordernis der Voraussehbarkeit eine Milderung der Unmittelbarkeit zu Gunsten des nicht mit dolus handelnden Schuldners. 212 Der Umfang des Schadens muß dagegen nicht vorhersehbar sein, vgl. die neuere Rechtsprechung bei Bittner, Schutz, 1987, S. 78/79, der auch die abweichende herrschende - Meinung in der Literatur belegt, welche sich auf frühere Entscheidun­ gen, vgl. auch bei Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 228, stützen kann. Ausführlich dazu Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 131 ff. 213 Vgl. Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 112. 214 Vgl. Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 140, Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 63 (sec. 86), sowie bereits Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 485. Damit ent­ spricht die Sorgfaltsanforderung weitgehend einem abstrakt-typisierenden Maßstab wie dem der deutschen Rechtsprechung zu § 276 BGB, oder auch der Adäquanz, vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 69 (sec. 95), nach dem die „causalite adquate" in

Zeitpunkt für die Voraussehbarkeit ist ausdrücklich auf den Vertragsschluß („lors du contrat”) abzustellen. Das französische Recht berücksichtigt je­

doch nur dann die Vorhersehbarkeit des Schadens, wenn die Vertragsverlet­ zung weder auf Vorsatz noch grober Fahrlässigkeit215 216 des Schuldners beruht (Art. 1150 CdeC: „lorsque ce n’est point par son dol que l’obligation n‘est point executee”)

. Soweit nach französischem Kaufrecht nur der bösgläu­

bige Verkäufer auf Schadensersatz haftet, bleibt die Einschränkung des Art. 1150 CdeC im Falle eines Sachmangels damit wirkungslos217. Allerdings könnte sie bei der verschuldensunabhängigen Haftung des professionellen

Verkäufers eingreifen, aber die fehlende Anwendung der Voraussehbarkeit durch die Rechtsprechung in diesem Bereich deutet eher auf das Gegenteil218. Im belgischen wie im luxemburgischen Recht gilt eine gleichlautende Vorhersehbarkeits-Regelung (Art. 1150 BW), die sich ebenfalls auf die Art des Schadens richtet219. Allerdings wird dort ihre Anwendung nur dem

Wortlaut entsprechend bei Vorsatz ausgeschlossen, jedoch nicht bei grober Fahrlässigkeit220, so daß der nicht vorsätzlich handelnde Verkäufer insoweit entlastet wird. In Italien wird parallel zur französischen und belgischen Regelung in

den Fällen, in denen kein Vorsatz („dolo”) des Schuldners vorliegt, dessen

Ersatzpflicht auf den Schaden beschränkt, der zum Zeitpunkt der Entste­ hung der Verbindlichkeit vorausgesehen werden konnte (Art. 1225 2.HS

CceC: „il risarcimento e limitato al danno ehe poteva prevedersi nel tempo in cui e sorta l’obbligazione"). Abgesehen davon, daß Art. 1225 CceC nicht mehr auf die tatsächlich vorhergesehenen sondern nur noch weitergehend

auf die vorhersehbaren Schäden abstellt, ergeben sich kaum Unterschiede zum belgischen Recht: Kann dem Verkäufer nur fahrlässige Unkenntnis des

Frankreich unter Bezug auf die Voraussehbarkeit gern. Art. 1150 CdeC zugrundegelegt wird. 215 In Frankreich stellt die Rechtsprechung die „faute lourde" dem „dol” gleich, vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 79, Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 119 ff. 216 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 57 (sec. 80), sowie bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 228. 217 Vgl. Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 108. 218 Vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 80 ff., ebenso die französische Literatur, vgl. Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 109. 219 Herbots, Contract, 1995, S. 211 (n. 417). 220 Cass. v. 18.5.1987, R.W. 1988-89, S. 1124, dazu Herbots, Contract, 1995, S. 211 (n. 417).

Mangels vorgeworfen werden, so muß er nicht vorhersehbare Schäden nicht 221 ersetzen .

Auch die spanische Regelung lehnt sich eng an das französische Recht an: Grundsätzlich sind nur solche Schäden ersatzfähig, die vorhergesehen

wurden oder zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit vorherge­ sehen werden konnten (Art. 1107 I CgoC: „son los previstos o que se hayan

podido prever al tiempo de constituirse la obligacion“). Wie in den anderen romanischen Rechtsordnungen entfallt diese Begrenzung des Schadensum­

fangs, wenn der Verkäufer vorsätzlich handelt (Art. 1107 II CgoC: „en caso

de dolo“), wobei grobe Fahrlässigkeit hier wie in Frankreich gleichgestellt wird221 222. In diesen Fällen ist über den vorhersehbaren Schaden hinaus aus­ drücklich der sich bekannterweise aus der Nichterfüllung ergebende Scha­

den („que conocidamente se derivan de la falta de cumplimiento”) zu erset­ zen223. Da der Verkäufer nur bei Kenntnis des Mangels auf Schadensersatz

haftet224, kann im Falle von Sachmängeln im Ergebnis keine Haftungsbe­ schränkung auf den vorhersehbaren Schaden eintreten, da regelmäßig Art.

1107 II CgoC anzuwenden ist. Das portugiesische Zivilrecht sieht dagegen keine Begrenzung durch die

Vorhersehbarkeit des Schadens vor. In Schweden und Finnland stellt der Gesetzgeber zwar in erster Linie auf

die Trennung in unmittelbaren und mittelbaren Schaden ab, also auf das Kriterium der Unmittelbarkeit225, aber als mittelbarer Schaden gilt gleich­ artiger Verlust, wenn er schwer vorauszusehen war („annan liknande för-

lust, om den varit svär att förutse", § 67 II Zff. 4 KpL / § 67 II Zf. 5 KppL). Dadurch wird die Voraussehbarkeit als Kriterium für die Bestim­ mung der Unmittelbarkeit eingeordnet. Damit wird an die frühere schwedi­ sche Rechtsprechung angeknüpft, die den Grundsatz aufgestellt hatte, daß

Schäden, die eine derart ungewöhnliche und unwahrscheinliche Folge des

221 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 111. 222 Vgl. Marti Rdnr. 126, in: Handbuch, 1992, S. 1024. 223 Die Anforderungen an den Nachweis derartiger Schäden werden unterschiedlich eingeschätzt: Zum Teil wird angeführt, die Rechtsprechung stelle seit langem hohe Anforderungen an die Beweisführung, vgl. Marti Rdnr. 83 Fn. 31, in: Handbuch, 1992, S. 1010, sowie bereits Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 259, zum Teil wird wegen der Formulierung „bekanntermaßen” ein Anscheinsbeweis des Käufers für ausreichend gehalten, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 78. Die praktische Bedeutung dieser Frage scheint gering zu sein, vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 131. 224 S. o. a) bb) (2).

Vertragsbruchs darstellen, daß sie vom Verkäufer vernünftigerweise nicht in Rechnung gestellt werden können, diesem nicht anzulasten sind226.

In England und Irland wird mit dem Unmittelbarkeitskriterium nur der „Normalfall” erfaßt, daß heißt es betrifft die Schäden, die nach den übli­ chen Umständen des Falles von einem objektiven Standpunkt aus zu erwar­ ten sind und von denen daher vorausgesetzt wird, daß die Parteien sie be­ rücksichtigt haben227. Für darüber hinausgehende unübliche Schäden hat

der Verkäufer als „special damage” dagegen sowohl in England wie in Ir­ land immer (nur) dann einzustehen, wenn sie nach der Rechtsordnung er­ setzbar sind (sec. 54 SGA-GB/SGA-IRL:„in any case where by the law ...

special damages may be recoverable"). Damit wird vor allem auf das Fall­ Recht verwiesen, dessen Leitfunktion in diesem Bereich vorherrschend ge­

blieben ist. Dazu gehört an vorrangiger Stelle die zweite Regel aus Hadley v. Baxendale, deren Anwendung dazu fuhrt, daß auch der Schaden zu erset­

zen ist, von dem vernünftigerweise angenommen werden kann, daß er von

beiden Parteien als eine mögliche Folge des Vertragsbruchs in Betracht ge­ zogen worden ist228, weil ihnen die besonderen Umstände bekannt waren. Dieses Element der Schadensersatzbegrenzung im Common Law erinnert

zwar stark an die Voraussehbarkeitsregel des französischen Art. 1150

CdeC, zumal auch hier auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt wird („at the time they made the contract”) und - ähnlich wie in Frankreich - nur die Art des Schadens, nicht aber dessen Umfang von den Parteien be­ rücksichtigt sein muß229. Allerdings wird im englischen Recht, auch in Ab­

grenzung von der Vorhersehbarkeit im Deliktsrecht, die vertragliche Kom­ ponente dadurch betont, daß die Schadensbemessung auf das angenommene gemeinsame Wissen und die Berücksichtigung beider Parteien abstellen soll230, so daß ein weniger strenger subjektiver Maßstab entsteht231. Im Er­

226 Vgl. Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 308. 227 Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 601. 228 (1854) 9 Exch 354 durch Alderson B: „as may reasonably be supposed to have been in the contemplation of both parties ... as the probable result of the breach“. Zu dieser „probability“ auch Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 545 ff. 229 Wroth v. Taylor (1974) 1 All E.R. 897, vgl. dazu Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 601. Zur den Auswirkung der Schadenshöhe vgl. Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 123 ff. 230 Vgl. bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 491. 231 Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 600, unter Bezug auf Coufos v. Czarnikow (The Heron II) (1969) 1 AC 350 (422) per Upjohn LJ, wo allein auf den Schädiger abgestellt wird. Hätte dagegen nur betont werden sollen, daß es nicht allein auf die Absehbarkeit des Schadens durch den Geschädigten, hier also den Käufer, sondern gerade durch den Schuldner/Verkäufer ankommt, dann wäre eine entsprechende

gebnis scheint die englische, auch in Irland akzeptierte „Erwägungs"-Regel („criterion of reasonable contemplation”232) daher die Haftung des Verkäu­ fers zwar stärker einzugrenzen als die adäquate Kausalität233, aber weniger stark als die Voraussehbarkeit nach den romanischen Rechtsordnungen. In ihrem Abstellen auf die konkrete vertragliche Beziehung kommt sie der zu­ nehmend in Deutschland angewendeten Beurteilung nach dem Schutzzweck des Vertrages nahe234.

Im niederländischen Zivilrecht soll die unbestimmte Formulierung des Art. 6:98 BW auch die Prüfung ermöglichen, inwieweit ein Schaden hätte er­ wartet werden können oder müssen235. Auf diese Weise wird an das früher

in den Niederlanden angewendete französische Voraussehbarkeitsprinzip („voorzienbaarheid”) angeknüpft23 , nach dem - jedenfalls bei ansonsten gleichen Umständen - der bei objektiver Betrachtung redlicherweise als

Folge des Ereignisses voraussehbare Schaden dem Schädiger eher zuge­ rechnet werden kann, als der nicht zu erwartende Schaden237. 238 Als Zeitpunkt,

zu dem die Vorhersehbarkeit beurteilt werden muß, gilt der Moment in dem das haftungsbegründende Ereignis stattfindet, bei Verträgen die Vertrags-

Verletzung („wanprestatie”)

238

.

Die Vorhersehbarkeitsregel wird außer in den genannten nationalen Rechtsordnungen auch im Internationalen Kaufrecht sowie in den Ver­ tragsgrundregeln verwendet. Das UN-Kaufrecht verpflichtet den Verkäufer nur für den Verlust des Käu­ fers zum Schadensersatz, den er „bei Vertragsabschluß als mögliche Folge

... vorausgesehen hat oder ... hätte voraussehen müssen” („foresaw or ought

Formulierung zu erwarten gewesen, wie sie etwa in Art. 74 Satz 2 CISG („die Vertrags­ brüchige Partei ... vorausgesehen hat”) aufgenommen worden ist, dazu s. u. bei Fn. 243. 232 Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 601, für Irland Forde, Commercial Law, 1990, S. 84, der allerdings den Ausdruck „special knowledge" verwendet. 233 So auch Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 68 (sec. 93), sowie bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 491. 234 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 68 (sec. 94). 235 Nach OosTERVEEN/Nieuwenhuis, T & C BW II, 1994, hat dieses Kriterium auch unter dem neuen Recht noch eine Funktion zu erfüllen, N. 2 zu Art. 6:98, bzw. soll ein relevanter Faktor sein, N. 5 zu Art. 6:98. Vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 97, in: Handbuch, 1992, S. 716 f. 236 Fokkema/Hartkamp, in: Introduction, 1993, S. lOlf. 237 OosTERVEEN/Nieuwenhuis, T & C BW II, 1994, N. 2, 5 zu Art. 6:98, unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des neuen BW. 238 OosTERVEEN/Nieuwenhuis, T & C BW II, 1994, N. 5 b) zu Art. 6:98.

to have foreseen", Art. 74 Satz 2 CISG, ebenso früher unter Beschränkung auf Voraussehen-Müssen Art. 82 Satz 2, 86 EKG)239. Über die konkrete Kenntnis hinaus wird darauf abgestellt, welche Schäden der Verkäufer bzw. eine verständige Person an seiner Stelle voraussehen mußte240, d.h. es wird

zu ermitteln versucht, welche Risiken der Verkäufer mit dem Kaufvertrag konkludent übernommen hat24 . Anders als in den romanischen Rechtsord­ nungen wird die Haftungsbegrenzung im UN-Kaufrecht bei Vorsatz des Schädigers allerdings nicht aufgehoben242.

Ganz ähnlich begrenzen sowohl die Europäischen Vertragsgrundregeln wie auch die UNIDROIT-Principles den bei Nichterfüllung zu ersetzenden Schaden auf den vom Haftenden vorhergesehenen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Verlust des Käufers („Schaden, den sie vorausgesehen hat oder vernünftigerweise hätte voraussehen können”, Art. 4.503 Eur-Princ,

„harm which it foresaw or could reasonably have foreseen at the time of conclusion of the contract”, Art. 7.4.4 UD-Princ). Anders als im UN­

Kaufrecht wird in beiden Regelungen jedoch nicht auf den möglichen Scha­ den abgestellt, sondern auf die „wahrscheinliche Folge” / „being likely to result”, wodurch die Haftung noch etwas stärker eingeschränkt wird243. Al­ lein nach den Europäischen Vertragsgrundregeln wird die Haftungsbegren­

zung, ähnlich wie in den romanischen Rechtsordnungen, bei Vorsatz sowie

bereits bei grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen (Art. 4.503 a.E. Eur­ Princ).

239 Zur Herleitung vor allem aus dem englischen (und US-amerikanischen), so auch MAGNUs/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 31 zu Art. 74, weniger aus dem französischen Recht, vgl. STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 4 zu Art. 74, SCHÖNLE/Honseli, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 23 zu Art. 74, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 9 Vor Art. 82, Rdnr. 5 zu Art. 82 EKG, Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 74/75. 240 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 34 zu Art. 74, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 6 zu Art. 82 EKG Dabei kann die Vorherseh­ barkeit des Umfangs des Verlustes nicht erwartetet werden, a.a.O., Rdnr. 37, Schönle/ Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, Rdnr. 22 zu Art. 74, a.A. Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 28. 241 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 37 zu Art. 74, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 6 zu Art. 82 EKG. 242 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 35 zu Art. 74. Im früheren Haager Einheitskaufrecht wurde die Haftung für vorsätzliche Schädigungen dagegen den nationalen Rechtsordnungen überlassen, Art. 89 EKG, so daß in diesen Fällen die Haftungsbegrenzung durchbrochen werden konnte, zu diesem Regelungszweck Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 4 zu Art. 89 EKG 243 Zur Parallele im englischen und US-amerikanischen Recht noch STOLL/Schlecht­ riem, CISG, 1990, Rdnr. 26 zu Art. 74.

Die deutsche Schuldrechtskommission verzichtet dagegen ausdrücklich auf eine Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Verkäufers244, obwohl im

vorausgegangenen Gutachten zu diesem Zweck die Vorhersehbarkeit des Schadens als geeignetes Kriterium vorgeschlagen wurde245. Da in Deutschland die Unterlassung der Aufklärung der anderen Seite

über „die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens” gern. § 254 II Satz 1 l.Alt BGB als mitwirkendes Verschulden des Käufers eingeordnet wird246, haftet im Ergebnis der Verkäufer nicht für derartige von ihm nicht voraus­ sehbare Verluste des Käufers, soweit sie außerhalb des Üblichen liegen247. Allerdings bezieht sich dieser Informationsanreiz nicht auf den Vertrags­ schluß, so daß der Verkäufer sein erhöhtes Haftungsrisiko nicht bei der Preisgestaltung berücksichtigen kann248. 249

Die Begrenzung des vertraglichen Schadensersatzes durch die Vorherseh­ barkeit des Schadens wird vielfach als Milderung einer verschuldensunab­ hängigen Haftung2^9 und damit als notwendiges Korrekturinstrument für diesen Haftungsmaßstab verstanden. Außer für die Garantiehaftung des Internationalen Kaufrechts gilt dies auch für die strikte Haftung des englischen und irischen Kaufrechts sowie im Ergebnis für die „Kontroll­ haftung” des schwedischen und finnischen Kaufrechts. In diesen Rechts­ ordnungen wirkt die Vorhersehbarkeit letztendlich als Limitierung des Versicherungsschutzes gegen Sachmängel, den der Verkäufer zugunsten des Käufers übernimmt. Dadurch sinken die Versicherungskosten bzw. sie bleiben kalkulierbar, was im Interesse beider Kaufvertragsparteien liegt. Unter diesem Gesichtspunkt sollte in Frankreich für die von der Rechtspre­ chung entwickelte Garantiehaftung des professionellen Verkäufers das Vorhersehbarkeitskriterium Anwendung finden, damit die in den Kaufpreis einfließende Versicherungsprämie in Grenzen gehalten wird.

244 Abschlußbericht, 1992, S. 222. 245 Huber, in: Gutachten I, 1981, S. 670 ff. (§ 281a I BGB-GE). 246 Dies gilt auch beim Kaufvertrag, denn ein Mitverschulden des Käufers ist nur insoweit nicht zu berücksichtigen, wie es auf fehlender Mangelkenntnis beruht, da hier die Regelung der §§ 460, 464 BGB vorgeht, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 15 zu § 463, Rdnr. 43 Anh § 463. 247 Zur Verbindung mit der Voraussehbarkeit bereits Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 493. 248 Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 343 f. 249 STOLL/Schlechtriem, CISQ 1995, Rdnr. 34 zu Art. 74, als „Einschränkung der Überwälzbarkeit unternehmerischer Risiken” bei König, in: Haager EKG, 1973, S. 120.

Die Begrenzung einer verschuldensabhängigen Haftung auf den vorher­ sehbaren Schaden beeinflußt dagegen den Anreiz des Verkäufers, schadensvermeidend tätig zu werden, denn dieser wird das dem Vermeidungs­ aufwand gegenüberzustellende Haftungsrisiko nicht nur nach der Wahr­ scheinlichkeit des Eintritts eines Schadens sondern auch nach dessen voraussichtlichem Umfang bemessen. Lastet man ihm auch den Ersatz für ihn unvorhersehbarer Schäden an, so kann er seine Vorsorgeanstrengungen in diesem Bereich nicht kalkulieren250 251 und es fehlen sinnvolle Anreize zur Vermeidung oder Verminderung des Sachmangelrisikos151. Geht man außerdem davon aus, daß der Schadensumfang in erster Linie von den Gegebenheiten beim Käufer bestimmt wird, so wird der Käufer durch die Vorhersehbarkeitsregel veranlaßt, bei ihm vorhandene mögliche schadens­ erhöhende Umstände offenzulegen, so daß der Verkäufer sich darauf einstellen kann. Ohne eine solche Regelung müßte der Käufer nach der Offenlegung eines erhöhten Schadensrisikos befurchten, daß der Verkäufer den Kaufpreis anhebt252 oder den Vertragsabschluß verweigert. Auch für den Bereich der verschuldensabhängigen Haftung wäre es daher, entgegen der Entscheidung der Schuldrechtskommission, wirtschaftlich sinnvoll, den Schadensersatz auf die für den Verkäufer vorhersehbare Schadenshöhe zu begrenzen. Die Versagung der Haftungsbegrenzung in den Fällen, in denen der Schädiger vorsätzlich handelt, wie sie in den meisten romanischen Rechtsordnungen besteht, führt dazu, daß bewußte Vertragsverletzungen besonders streng sanktioniert werden. Die damit bezweckte Verhaltens­ steuerung253 dient der Unterbindung gezielter Vertragsverstöße und ist insoweit sinnvoll254. Wenn die Haftungsbegrenzung bereits bei grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird, dann erstreckt sich die Abschrekkungswirkung auch auf leichtfertiges Handeln des Verkäufers. (4) Intensität des Verkäuferverschuldens Ein ganz andersartiges Kriterium für die Begrenzung des Schadensersatzes stellt auf die Schwere des Verschuldens beim Schädiger ab: Bei geringfü­ gigem oder minder schweren Fehlverhalten des Verkäufers wird das 250 Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 216, 225. 251 Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 229. 252 Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 217/218. 253 In der französischen Literatur als „Strafzweck“, dazu Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 119. 254 Auch Faust, Vorhersehbarkeit, 1996, S. 318, 323, geht davon aus, der Verkäufer werde „abgeschreckt“, allerdings sei die Wirkung nicht allzu groß.

Ausmaß seiner Verpflichtung zum Ersatz der Verluste des Geschädigten reduziert. Das österreichische Schadensrecht enthält eine solche Sonderform der Be­

grenzung des Haftungsumfangs nach der Schwere des Verschuldens, denn grundsätzlich hat der Ersatzverpflichtete dem Geschädigten „nur die eigent­ liche Schadloshaltung”, also die Kompensation des tatsächlich entstandenen

Schadens (§ 1323 Satz 2 l.HS ABGB), zu gewähren (§ 1324 Satz 1 2.HS

ABGB). Nur bei „böser Absicht” oder einer „auffallenden Sorglosigkeit”, also bei grober Fahrlässigkeit, des Schädigers hat dieser „volle Genug­ tuung” zu leisten (§ 1324 Satz 1 l.HS ABGB), d.h. auch entgangene Ge­ winne zu ersetzen (§ 1323 Satz 2 2.HS ABGB)255. Dadurch wird der Ver­

käufer in Fällen leichter und mittlerer Fahrlässigkeit von der Übernahme

des unternehmerischen Risikos des Käufers entlastet. Diese Regelung gilt allerdings nicht bei Handelsgeschäften256. Auch in der Schweiz findet das Kriterium der Schwere des Verschuldens

für die Bestimmung des Schadensersatzumfanges Anwendung, denn über

die Verweisung auf das Deliktsrecht durch Art. 99 III OR ist Art. 43 I OR auf die Vertragshaftung entsprechend anwendbar257, nach dem für die Scha­ densersatzbemessung auch auf „die Größe des Verschuldens” abzustellen ist258. Bereits diese Formulierung ist sehr viel offener gehalten als die Ab­

grenzung nach österreichischem Recht, zumal wohl nicht bereits jedes abge­ schwächte Verschulden eine Herabsetzung des Schadensersatzes rechtferti­

gen soll, sondern nur eine völlig unverhältnismäßige Beziehung zwischen Verantwortung und Belastung des Schuldners259. Die Regelung des Art. 43 I OR eröffnet dem Gericht darüberhinaus aber auch einen ausdrücklichen Ermessensspielraum, weil das Ausmaß des Verschuldens nur einen Be­

standteil der Würdigung darstellt, aufgrund der der Richter „Art und Größe des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt” (Art. 43 I OR)260. In Deutschland wurde eine allgemeine Begrenzung des Schadens nach

der Schwere des dem Verursacher vorzuwerfenden Verschuldens von der

255 Vgl. auch TREITEL/IECL, Remedies, S. 57 (sec. 79), sowie bereits Rabel, Wa­ renkauf I, 1964 (1936), S. 481. 256 Art. 8 Nr. 2 der 4. handelsrechtlichen Einführungsverordnung, vgl. Dittrich/ Tades, ABGB, 1989, S. 1566, sowie TREITEL/IECL, Remedies, S. 57 (sec. 79). 257 BG v. 19.6.1990, BGE 116 II S. 441 (446). 258 Vgl. bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 482. 259 WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 18 zu Art. 99. 260 Zu den prozessualen Konsequenzen u. B.II.3.a) aa).

Literatur zwar teilweise gefordert261, hat sich aber - anders als in Öster­

reich und der Schweiz - in der Gesetzgebung nicht durchgesetzt262.

In anderen Rechtsordnungen wird den Gerichten im Rahmen von allgemei­ nen Milderungsregeln für den Haftungsumfang die Möglichkeit gegeben, auch die Intensität des Verschuldens zu berücksichtigen. Nach spanischem Recht hat das Gericht die Möglichkeit, die Haftung für Fahrlässigkeit je nach Sachlage zu mildem (Art. 1103 CgoC), so daß auch

die Schwere des Verschuldens berücksichtigt werden kann. Diese Vorschrift räumt den Gerichten - noch stärker als in der Schweiz - einen breiten Er­ messensspielraum ein, denn zum einen ist auf die Umstände des Falles ab­

zustellen, und zum anderen besteht keine Verpflichtung, ein abgeschwächtes Verschulden bei der Bewertung mit einzubeziehen. Ähnlich kann nach schwedischem und finnischem Kaufrecht der Scha­

densersatz angepaßt werden („kan skadestandet jämkas”), wenn er unbillig

(„oskäligt”) ist, wobei vor allem auf die Möglichkeiten des Schadensersatz­ pflichtigen, die Entstehung des Schadens vorauszusehen oder zu verhindern („förutse och hindra skadans upkomst”, § 70 II KpL/KppL) abzustellen ist. Damit wird auch das Verschulden des Schädigers mit einbezogen263, aller­

dings ausdrücklich nur zusammen mit den sonstigen Umständen. Im schwe­

dischen Verbraucherkaufrecht findet sich eine nahezu identische Regelung,

allerdings wird dort genauer festgelegt, daß der Schadensersatz im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schadensersatzpflichtigen unbillig belastend sein muß („oskäligt betungande med hänsyn till den ska-

deständsskyldiges ekonomiska förhllanden", § 34 Satz 1 KonsKpL). Damit soll vor allem unbeschränkt haftenden kleineren Gewerbetreibenden bei er­ heblich über das normale Schadensrisiko hinausgehenden Beträgen die strikte Haftung erleichtert werden264. Auch hier ist das besonders erwähnte Verschulden des Verkäufers jedoch nur eines von mehreren Kriterien, so daß

die Gerichte einen weiten Ermessenspielraum besitzen.

261 So etwa ENNECCERUS/LEHMANN, Schuldverhältnisse, 1958, S. 71. 262 Obwohl 1967 eine entsprechende Regelung bereits als § 255 a eines Referenten­ entwurfes zur Änderung des BGB ausgearbeitet worden war. Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Vertragsstrafen gern. § 343 I Satz 2 BGB, dazu u. III.3.a), haben die Gerichte dagegen unter anderem auch den Verschuldensgrad des Schuldners zugrundezulegen, BGH v. 16./17.9 1974, NJW 1974, S. 2089 (2091). 263 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 273, unter Hinweis auf die Gesetzesbe­ gründung. 264 Vgl. Bloth, a.a.O.

In Dänemark haben die Gerichte auch ohne eine ausdrückliche Bestim­ mung im Kaufrecht bei Folgeschäden einen weiten Ermessensspielraum hin­

sichtlich des Umfangs von Schadensersatzzahlungen, in erster Linie unter Berücksichtigung der Schwere des Verschuldens, wodurch aber vor allem die Anforderungen an den Nachweis des Schadens beeinflußt werden265.

In den Niederlanden ist für die Zurechnung des Schadens ausdrücklich zu berücksichtigen, welche Art der Haftung vorliegt (Art. 6:98 BW: „de aard van de aansprakelijkheid”). Daraus wird abgeleitet, daß eine Verant­

wortlichkeit aufgrund schuldhaften Handelns eher zu einer Zurechnung des Schadens fuhrt als die Verletzung einer strikten Haftungsregel266. Außerdem kann der Richter - ähnlich wie in Schweden und Finnland oder in Spanien den zu entrichtenden Schadensersatz herabsetzen („matigingsrecht”), wenn

der volle Ausgleich zu klar unakzeptablen Ergebnissen fuhren würde

(Art. 6:109 I BW: „volledige schadevergoeding ... tot kennelijk onaanvaardbare gevolgen zou leiden, kan de rechter ... schadevergoeding mati­ gen”). Als ausdrücklich zu berücksichtigende Umstände erwähnt das Gesetz hier ebenfalls die Art der Haftung, darüber hinaus neben der rechtlichen

Beziehung zwischen den Parteien auch ihre finanzielle Leistungsfähigkeit (Art. 6:109 I BW: „hun beider draagkracht”). Auch wenn das Ausmaß des Verschuldens beim Schädiger nicht erwähnt wird, kann das Gericht es in­

nerhalb dieses weiten Spielraums für die Bemessung des Schadensersatzes, der durch ein generelles Bewertungsermessen noch ausgedehnt wird267, be­ rücksichtigen.

Auch in Griechenland kann der dem Gericht zur Verfügung stehende Ermessensspielraum bei der Bestimmung des angemessenen vertraglichen

Schadensersatzes gern. Art. 387 I AK („kann ... nach billigem Ermessen des

Gerichts auch Schadensersatz ... zugebilligt werden”) dazu genutzt werden, auf das Ausmaß des Verschuldens des Verkäufers einzugehen.

Allein in Österreich wird bei einem leichten Verschulden unterhalb von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der Ersatz der relativ unsicheren 265 Vgl. Steinrücke Rdnr. 182, in: Handbuch, 1992, S. 183, nach dem etwa bei grober Fahrlässigkeit geringere Anforderungen an den Schadensbeweis gestellt werden. In Italien hat das Gericht noch flexibler die Möglichkeit, bei Schwierigkeiten für den Nachweis des Schadensumfangs nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (Art. 1226 CceC). 266 OOSTERVEEN/Nieuwenhuis, T & C BW II, 1994, N. 3 zu Art. 6:98, sowie bereits auf der Grundlage des früheren Rechts HR, NJ 1975, S. 509. 267 Art. 6:97 Satz 1 BW: „De rechter begroot de schade op de wijze die het meest met de aard ervan de overeenstemming is".

erwarteten Vorteile ausgeschlossen. Andere Rechtsordnungen berücksich­ tigen das Ausmaß des Verschuldens bei der Bestimmung des Schadens­ ersatzbetrages allenfalls auf sehr unbestimmte Weise: Es ist entweder nur ein Anhaltspunkt unter anderen den Haftungsumfang bestimmenden Umständen, oder es kann allein im Rahmen eines allgemeinen Ermessens des Gerichts zur Anpassung der Schadensersatzsumme einbezogen werden, ohne jedoch besonders erwähnt zu werden. Knüpft man den Umfang des Schadensersatzes an die Schwere des Verschuldens, dann wird dadurch der Anreiz des Schädigers zur Schadens­ vermeidung beeinflußt. Senkt man den Schadensersatzbetrag bei gering­ fügigem Fehlverhalten ab, dann wird der Ersatzpflichtige entsprechend weniger Aufwand zur Vermeidung derartiger Sorgfaltsverstöße betreiben. Im Ergebnis handelt es sich also um eine Differenzierung der Prävention nach dem Schuldvorwurf und damit um eine gezielt verhaltenssteuernde Maßnahme. Deutlich wird dies im österreichischen Recht, wo Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit durch die Verpflichtung zum Ersatz auch eines entgangenen Gewinns sanktioniert werden268. Eine Ausrichtung des Umfangs der Gewährleistung am Verschulden, wie sie gleichfalls in der traditionellen Abstufung zwischen der im Regelfall verschuldensunabhängigen eigentlichen Gewährleistung und der überwie­ gend strengeren Maßstäben unterworfenen ergänzenden Gewährleistung zu erkennen ist, sollte jedenfalls aus Gründen der Kalkulierbarkeit und Rechtssicherheit nach bestimmten Schadensbereichen vorgenommen und nicht über unbestimmte Rechtsbegriffe der Rechtsprechung im Einzelfall überlassen werden.

(5) Schadenserhöhendes Käuferverschulden Eine weitere verhaltensbezogene Eingrenzung des Haftungsumfangs stellt darauf ab, ob der Geschädigte zur Vergößerung des Schadens beigetragen hat. Von der dadurch verursachten Erhöhung des Schadensersatzes wird der Ersatzpflichtige entlastet. In Deutschland haftet der Verkäufer nicht in dem Umfang, in dem der Käu­

fer es „unterlassen hat, den Schaden ... zu mindern” (§ 254 II 1 2.Alt. BGB). Auf diese Weise wird berücksichtigt, daß der Käufer die in seinem

268 Auf die Vermischung von „punishment" und „compensation” weist auch Remedies, 1976, S. 57 (sec. 79) hin. Zur vergleichbaren Wirkung der Aufhebung der Voraussehbarkeitsbegrenzung bei Vorsatz in den romanischen Rechten Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 481, dazu o. (3). TREITEL/IECL,

Einflußbereich verursachten Schäden kostengünstiger begrenzen kann als

der entfernte Verkäufer. Das griechische Recht sieht in Art. 300 AK eine gleichartige Schadens­

minderungsregel vor, die neben den anderen Regelungen zum Haftungs­ inhalt (Art. 297 ff. AK) auch im Kaufrecht Anwendung findet269. 270 In Österreich ist für den Schadensersatz aufgrund von Sachmängeln als

deliktischem Anspruch ebenfalls die Mitverschuldensregel des § 1304 ABGB anwendbar, aus der die Rechtsprechung eine Schadensminderungs9-0 pflicht herleitet . Nach schweizerischem Schuldrecht kann das Verhalten des Käufers nach Eintritt des Schadens den Umfang des Schadensersatzes beeinflussen, wenn

nach Art. 44 I OR „Umstände, für die er einstehen muß, auf die ... Ver­ schlimmerung des Schadens eingewirkt” haben271. Damit wird die Scha­

densvermeidung oder -minderung zum Merkmal der Schadensersatzbemes­ sung bestimmt, aber anders als in Deutschland nach § 254 II BGB hat der

Gesetzgeber auch hier dem Richter in der Schweiz ausdrücklich einen Er­ messensspielraum für die Herabsetzung oder Beseitigung des Schadens­

ersatzanspruchs eingeräumt (Art. 44 I OR: „so kann der Richter die Ersatz­ pflicht ermäßigen oder gänzlich von ihr entbinden“)272. 273 Im französischen, luxemburgischen und belgischen Schuldrecht existiert

keine gesetzliche Vorschrift über das Mitverschulden des Geschädigten, ebensowenig im spanischen Zivilrecht. Bezüglich des Mitwirkens bei der Entstehung des Schadens hat die französische Rechtsprechung zwar eine

Beschränkung der Haftung, teilweise angelehnt an Art. 1147 CdeC, entwik-

kelt

, aber diese wird nicht auf die Vermeidung des Schadens erstreckt

.

269 Vgl. Bruegel, in: Unternehmensrecht, 1997, S. 123. 270 DrTTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 31 ff. zu § 1304. Für die eigentlichen Ge­ währleistungsansprüche besteht nach der österreichischen Rechtsprechung dagegen keine Verpflichtung des Käufers, den Haftungsumfang des Verkäufers aktiv zu mindern, Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 1 zu § 932. 271 Diese Vorschrift ist über Art. 99 III OR ebenfalls auf die Vertragshaftung anzu­ wenden, BG v. 24.5.1991, BGE 117 II S. 156 (158), BG v. 18.11.1986, BGE 112 II S. 450 (458). 272 Im Rahmen dieser Vorschrift kann der Käufer auch gehalten sein, sich rechtzei­ tig eine Ersatzsache zu beschaffen, vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 95, in: Handbuch, 1992, S. 909. 273 Vgl. TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 82 (sec. 106), ähnlich für Fälle eines grob fahrlässigen Verhaltens Whincup, Contract, 1992, S. 268 (13.56). v.Mehren/ Gordley, Civil Law System, 1977, S. 1115, sehen die Behandlung dieses Problems in Frankreich als unklar an.

In Belgien wird in neuerer Zeit zunehmend eine Schadensminderungs­ verpflichtung aus Treu und Glauben hergeleitet274 275. Im italienischen Schuldrecht wird dem Käufer als Gläubiger - anders

als im französischen und belgischen Recht - der Ersatz für solche Schäden

versagt, die er bei Anwendung der gewöhnlichen Sorgfalt hätte vermeiden können (Art. 1227 II CceC: „i danni ehe il creditore avrebbe potuto evitare usando 1‘ordinäria diligenza”)276. 277 Damit werden dem Käufer im Rahmen des

Üblichen Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsanstrengungen zugemutet

.

Ebenso kann in Portugal der Schadensersatz reduziert oder sogar ausge­ schlossen werden („reduzida ou mesmo excluda"), wenn ein vom Geschä­ digten verschuldeter Umstand bei der Vergrößerung des Schadens mitge­

wirkt hat („um facto culposo do lesado tiver concorrido para a ... agravamento dos danos”, Art. 570.° I CgoC). Ähnlich wie in der Schweiz wird es dem Gericht ausdrücklich überlassen, ob und in welchem Umfang es den Schadensersatzanspruch vermindert („cabe ao tribunal determinar”, Art. 570.° I CgoC).

Auch in Dänemark wird vom Käufer verlangt, daß er alles tut, um den bei ihm entstehenden Verlust zu begrenzen („tabsbegraensningsreglen”)278. In

Schweden und Finnland ist das Verhalten des Geschädigten bei der gene­ rellen Minderungsmöglichkeit aus Billigkeitsgründen (§ 70 II KpL/KppL) unter den übrigen Umständen mit zu berücksichtigen279. Nach schwedi­

schem Verbraucherkauffecht wirkt im Rahmen der Reduzierung unbillig belastender Ersatzansprüche sogar die unterlassene mögliche Versicherung des Schadens auf Seiten des Käufers („örsäkringsmöjligheter pä köparens sida”, § 34 Satz 2 KonsKpL) für den Verkäufer entlastend und gilt im Er­ gebnis damit als Versäumnis der Schadensminderung.

274 So ist der Käufer nicht gehalten, einen schadenssenkenden Deckungskauf durch­ zuführen, vgl. TREITEL/IECL, Remedies, 1976, S. 83 (sec. 106), S. 76 (sec. 102). 275 Herbots, Contract, 1995, S. 212 (n. 418). 276 Eine Verpflichtung des Käufers zur Schadensminderung durch einen Deckungs­ kauf wird daraus jedoch nicht abgeleitet, vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 75. 277 Vgl. Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 70. 278 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 109: „alle rimelige foranstaltninger for at begraense tabet". Vgl. auch Whincup, Contract, 1990, S. 253 (13.49). Dazu gehört auch die rechtzeitige Vornahme eines Deckungskaufes, vgl. Steinrücke Rdnr. 87, in: Hand­ buch, 1992, S. 158. 279 So die Gesetzesbegründung in Schweden, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 273.

In England und Irland wird der Umfang des zu ersetzenden Schadens nach den Präjudizien des Common Law ebenfalls insoweit begrenzt, als der

durch ein Vertragsverletzung Geschädigte nicht solche Verluste ersetzt ver­ langen kann, die er durch angemessene Maßnahmen („reasonable Steps”) hätte vermeiden können280. Welche Schritte zur Schadensbegrenzung ange­ messen sind, bestimmt sich vor allem danach, was im Eigeninteresse des ge­ schädigten Käufers ihm unmittelbar notwendig erscheint281, und was ihm

zur fraglichen Zeit möglich ist282. Nach dem neuen niederländischen Schuldrecht wird die Ersatzpflicht des Schädigers dann reduziert, wenn Umstände zum Schaden beigetragen ha­

ben, die dem Geschädigten zugerechnet werden können (Art. 6:101 I 1 BW:

„de schade mede een gevolg is van een omstandigheid die aan de benadeelde

kan worden toegerekend, wordt de vergoedingsplicht verminderd"). Damit wird auch eine Erhöhung des Schadens durch den Käufer mit erfaßt.

Eine versäumte Schadensminderung reduziert auch nach dem Internationa­ len Kaufrecht sowie nach den Vertragsgrundregeln den Schadensersat­ zumfang. Im UN-Kaufrecht verringert sich der Schadensersatz in dem Maße, wie der

Geschädigte es versäumt, „alle den Umständen nach angemessenen Maß­ nahmen zur Verringerung ... des Verlusts ... zu treffen” („measures as are

reasonable in the circumstances to mitigate the loss”, Art. 77 Satz 1 CISG,

nahezu wortgleich früher Art. 88 Satz 1 EKG). Eine Versicherung gegen Folgeschäden gehört jedoch nicht zu den angemessenen Maßnahmen283. Sowohl in den UNIDROIT-Principles (Art. 7.4.8 I UD-Princ: „not liable

... to the extent that the harm could have been reduced by the [aggrieved] party’s taking reasonable Steps“) wie auch in den Europäischen Vertrags­ grundregeln (Art. 4.504 I b) Eur-Princ: „Schaden durch angemessene

280 Harris 16-044, in: Benjamin's, 1992, S. 806, Whincup, Contract, 1992, S. 256 (13.22) unter Bezug auf Banco de Portugal v. Waterlow (1932), AC 452, vgl. auch Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 76 (sec. 102), v.Mehren/Gordley, Civil Law System, 1977, S. 1115. Ebenso bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 289. 281 Harris, a.a.O.: („in the ordinary course of business”), Whincup, Contract, 1990, S. 256 (13.22), für Irland FORDE, Commercial Law, 1990, S. 85. 282 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 47 f. (sec. 71). Unter diesen Vorausset­ zungen ist der Käufer auch gehalten, einen Deckungskauf vorzunehmen, Harris, a.a.O., für Irland Forde, Commercial Law, 1990, S. 85, vgl. auch Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 289. 283 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 6 zu Art. 77, MAGNUs/Staudinger, UN­ Kaufrecht, 1994, Rdnr. 12 zu Art. 77.

Maßnahmen hätte vermindern können“) wird eine ganz ähnliche Schadens­

minderung vorgesehen.

In nahezu allen Rechtsordnungen wird durch eine Obliegenheit des Geschädigten zur Begrenzung seines Verlustes der Tatsache Rechnung getragen, daß jener das Schadensausmaß in der Regel eher beeinflussen kann als der Schädiger, weil der Schaden in seinem Einflußbereich entsteht. Nqt allem nach Bekanntwerden der Schadensursache, hier also des Sachmangels, können über weitere Kausalitätsketten entstehende Verluste vermieden werden. Aus diesem Grunde wird ganz allgemein vermeidbarer Schaden für „nicht entschädigungswürdig”284 gehalten. (6) Ergebnis

Bei der Begrenzung des Schadensersatzumfangs lassen sich zunächst zwei grundlegende „Systeme” erkennen: Während die mitteleuropäischen Rechtsordnungen über die Adäquanz nur eine weite Einschränkung bei der Kausalität vornehmen, dafür jedoch das Mitverschulden des Geschädigten hinsichtlich des Schadensausmaßes berücksichtigen, verwenden die romanischen Rechte mit der Unmittelbarkeit und der Voraussehbarkeit einen viel engeren Verursachungszusammenhang, beziehen aber anderer­ seits ein Verschulden des Käufers traditionell nicht mit ein. Auch die übrigen Rechtsordnungen orientieren sich vorwiegend an der Unmittelbar­ keit und Vorhersehbarkeit, schwächen diese jedoch entweder durch eine Reduzierung des Anwendungsbereichs, wie in Schweden, oder durch die Berücksichtigung der gemeinsamen Vorstellungen der Parteien, wie in England und Irland, ab285. Dafür wird wiederum das Mitverschulden des Käufers als den Umfang des Schadensersatzes begrenzend anerkannt. In den Niederlanden kann darüberhinaus auch noch die Schwere des Ver­ schuldens des Verkäufers einschränkend berücksichtigt werden, welche ansonsten nur in Österreich und der Schweiz herangezogen wird, sowie teilweise der Schutzzweck der Regelung. Als den Verkäufer durch eine Begrenzung des Schadensersatzumfangs stark entlastende Rechtsordnungen erscheinen damit die romanischen Rechte, wobei Italien über die Berücksichtigung des Mitverschuldens den 284 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 3 zu Art. 77, der allerdings Treu und Glauben im Handelsverkehr zu Begründung heranzieht, a.a.O., Rdnr. 5 zu Art. 77. 285 Auch die Grenze der Wahrscheinlichkeit wird im Common Law immer weiter herabgesetzt und entspricht nahezu der Adäquanzregel („reasonable foreseeability"), Eisenberg, CalLRev 1992, S. 609.

Verkäufer noch weitergehend freistellt. Auch in den Niederlanden ist eine derartig starke Entlastung des Verkäufers möglich, allerdings sind die Kriterien so offen gehalten, daß auch erheblich geringere Einschränkungen möglich sind. Im Mittelfeld der Schuldnerbegünstigung sind die skandina­ vischen sowie die Common Law Rechtsordnungen anzusiedeln, wobei letztere am meisten auf das Informationsverhalten der Parteien abstellen und dadurch dem Käufer andererseits größere Chancen auf Schadensersatz bieten. Die geringste Begrenzung beim Schadensersatzumfang bieten wohl die mitteleuropäischen Rechtsordnungen, wobei unter ihnen Deutschland und Griechenland dem Verkäufer die schwächste Entlastung bieten. Dieses Gesamtbild wird jedoch durch die zahlreichen Möglichkeiten der Gerichte, den Schadensersatz zu reduzieren, erheblich undeutlicher. Andererseits scheint sich die Anwendung der unterschiedlichen Regelungen auf den Umfang einzelner wichtiger Schadensposten kaum auszuwirken286. 287 Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sollte eine Haftung des Verkäufers grundsätzlich sämtliche beim Käufer eintretenden Schäden erfassen, damit der Verkäufer den sinnvollen Aufwand für die Schadensvermeidung nicht unterschätzt. Auf der anderen Seite ist es ihm nur dann möglich, eine derartige Kosten-Nutzen Rechnung vorzunehmen, wenn er von den beim Käufer möglicherweise entstehenden Schadensrisiken Kenntnis besitzt. Während er für die im Normalfall zu erwartenden Schäden regelmäßig seine Haftung einschätzen kann, muß er über darüberhinausgehende mögliche Schäden erst durch den Käufer, der insoweit besser informiert ist, in Kenntnis gesetzt werden. Nur in diesem Falle sollte daher der Käufer diese weitergehenden Schäden ersetzt bekommen. Die Adäquanzregel scheidet dabei nur die Schäden aus, die soweit au­ ßerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen, daß sie auch der Käufer nicht erwarten konnte und sie damit jenseits der Erwartungen beider Parteien blieben. Die Unmittelbarkeitsregel läßt unter Umständen auch solche Schäden unberücksichtigt, mit denen der Verkäufer eigentlich hätte rechnen müssen, nur weil sie vom Mangel räumlich oder kausal etwas entfernt liegen. Für die Informationsanreize am besten geeignet erscheint daher eine Art Voraussehbarkeitsregel2^, die allerdings, wie etwa im englischen Recht, vom Käufer durch Informationen bei Vertragsabschluß beeinflußt werden kann und daher nicht nur auf die objektive Voraussehbarkeit 286 Dazu u. bb). 287 WiEDEMANN/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 54 Vor § 275, hält dagegen auch dieses Kriterium aufgrund seiner Unschärfe für kaum geeignet.

sondern auch auf die tatsächlich vorhandene Prognosemöglichkeit abstellen sollte. Die Schwere des Verschuldens auf Seiten des Verkäufers für die Verursachung des Schadens trägt darüberhinaus nichts zu einer sinnvollen Differenzierung des Schadensersatzumfangs bei, es sei denn man will eine besondere Abschreckung des mit größerem Verschulden bei der Leistung handelnden Verkäufers erzielen, etwa für arglistiges oder vorsätzliches Verhalten. Das würde aber bedeuten, daß entweder gegenüber einem mit schlichter Fahrlässigkeit handelnden Verkäufer der Schadensersatzanspruch reduziert wird, wodurch dessen Schadensvermeidungsanstrengungen mangels voller Internalisierung ebenfalls sinken dürften, oder aber in diesen Fällen eine Art „Strafzuschlag ” erfolgt288. In jedem Fall ist jedoch zu verhindern, daß der Käufer nach Eintritt des Schadens diesen vergrößert oder zu wenig tut, um ihn gering zu halten. Aus diesem Grund ist ein entsprechendes Mitverschulden des Käufers bei der Bemessung des Schadensumfangs zu berücksichtigen. bb) Umfang der ersatzfähigen Vermögensnachteile

Sieht man von dem Mangelschaden selbst ab, der durch die Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewährleistung abgedeckt wird289, dann lassen sich zwei Bereiche zusätzlicher Schäden beim Käufer unterscheiden. Erstens geht es um die wirtschaftlichen Verluste, die durch die aufgrund des Mangels eingeschränkte oder verhinderte Verwertbarkeit der Kaufsache eintreten, seien es privater Nutzenentgang oder geschäftlicher Gewinnausfall. Als Sonderfall gehören zu diesem Schadensbereich auch von Vertragspartnern des Käufers geltend gemachte Regreßansprüche , da diese auf der Verwer­ tung der Kaufsache im Wege des Weiterverkaufs beruhen. Da die Verwer­ tung oder Benutzung der Kaufsache den Grund für den Abschluß des Kaufvertrags auf Seiten des Käufers darstellt, zählt dieser Bereich zum Erfüllungsinteresse, soll aber zur besseren Unterscheidung als Disposi­ tionsinteresse bezeichnet werden (unten (1).). Zweitens sind die Schäden zu berücksichtigen, die durch die mangelhafte Ware am Bestand der Rechtsgüter und des Vermögens des Käufers verursacht werden. Das Interesse des Käufers, durch die gekaufte Sache nicht in dieser Weise beeinträchtigt zu werden, ist unabhängig vom oben erwähnten Disposi­ tionsinteresse und wird als Integritätsinteresse bezeichnet (unten (2).).

288 Wie etwa durch „punitive damages”

Bis auf das neue niederländische Zivilrecht kennen alle einbezogenen nationalen Rechtsordnungen speziell im Kaufrecht angesiedelte Schadens­ ersatzregelungen, in Österreich sind sie etwas allgemeiner im Gewährlei­ stungsrecht zusammengefaßt. Aus den jeweiligen gesetzlichen Formulie­ rungen wird der Umfang des ersetzbaren Schadens jedoch nur teilweise erkennbar. (1) Sicherung des Dispositionsinteresses

Das über das Interesse an einer mangelfreien Kaufsache hinausgehende Erfüllungsinteresse beschränkt sich weitgehend auf etwaigen entgangenen Gewinn - stattdessen unter Umständen auf Verluste durch Regreßansprü­ che von Zweitkäufern während reiner Nutzungsentgang in der Regel als immaterieller Schaden und damit als nicht ersetzbar gilt. Im folgenden soll erörtert werden, auf welche Weise das Dispositionsinteresse des Käufers und damit der entgangene Gewinn bzw. die Regreßansprüche in den einzelnen Rechtsordnungen erfaßt werden. Die mitteleuropäischen Rechtsordnungen unterscheiden sich nur wenig hinsichtlich des Ausgleichs des Dispositionsinteresses des Käufers. Der nach dem deutschen Kaufrecht zu ersetzende „Schadensersatz wegen Nichterfüllung” (§§ 463 Satz 1, 480 II BGB) soll den Käufer so stellen, wie er stünde, wenn die zugesicherte Eigenschaft vorhanden oder der arglistig verschwiegene Fehler nicht vorhanden290 gewesen wäre. Damit hat der Ver­

käufer das positive Interesse zu ersetzen291. Dazu gehören auch der durch

einen beabsichtigten Weiterverkauf der Kaufsache erzielbare entgangene Gewinn292 oder der Nutzungsausfall293 bezüglich der verkauften Sache, wel­ che nicht über die positive Vertragsverletzung geltend gemacht werden kön­ nen294. Der entgangene Gewinn wird auch nicht generell auf den „nach dem

gewöhnlichen Laufe der Dinge oder ... mit Wahrscheinlichkeit” erwartbaren Umfang eingeschränkt, denn diese Formulierung des § 252 Satz 2 BGB soll

290 BGH v. 23.6.1989, NJW 1989, S. 2534 (2535). 291 BGH v. 29.5.1968, BGHZ 50, S. 200 (204), WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 19 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 38 zu § 463. Ebenso schon die Motive II, 1888, S. 229. 292 BGH v. 20.12.1978, NJW 1979, S. 811 f., vgl. WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 24 zu § 463, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 43 zu § 463. 293 Zu entgangenen Gebrauchsvorteilen WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 27 zu § 463. 294 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 45 zu § 463, vgl. auch Schuld­ rechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 224.

nach der Rechtsprechung dem Geschädigten allein den Beweis erleichtern, indem er nur die Wahrscheinlichkeit nachweisen muß295. Vergebliche Auf­

wendungen des Käufers für den Vertrag oder die Nutzung der Kaufsache werden zwar ebenfalls zum Erfüllungsinteresse gezählt296, aber der Käufer kann diese nicht ansetzen, soweit sie zur Durchführung des Zweitgeschäfts notwendig waren297. Grundsätzlich stellt die Rechtsprechung darauf ab, daß der Käufer diese Kosten durch die Nutzung oder Weiterveräußerung der Sa­ che im Regelfall wieder hereingeholt hätte („Rentabilitätsvermutung”), al­

lerdings kann der Verkäufer sich darauf berufen, dies sei im konkreten Fall nicht gegeben298. 299 Auch Regreßschäden aufgrund von Forderungen geschä­ digter Abkäufer werden dem Käufer nach § 463 BGB ersetzt. Nach den Vorstellungen der deutschen Schuldrechtskommission sollen

entgangener Gewinn und Nutzungsausfall in Zukunft nach den gleichen

niedrigen Verschuldensvoraussetzungen im Rahmen der kaufrechtlichen Gewährleistung geltend gemacht werden können, wie die übrigen Schadens­ posten . Im griechischen Zivilgesetzbuch wird dem Käufer ebenfalls „Schadens­ ersatz wegen Nichterfüllung” zugesprochen (Art. 543 Satz 1 AK für den Stückkauf, Art. 561 AK300 für den Gattungskauf). Nach überwiegender

Meinung hat der Verkäufer damit auch einen dem Käufer entgangenen Ge­ winn auszugleichen301.

In Österreich haftet der Verkäufer dem Wortlaut nach ganz generell „für den ... Schaden” (§ 932 I 2 ABGB). Weil bezüglich des notwendigen Ver­

schulden des Verkäufers auf die Unkenntnis des Käufers vom Sachmangel 295 BGH v. 16.3.1959, BGHZ 29, S. 397 f. Vgl. dazu auch Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 67 (sec. 92), V.MEHREN/GORDLEY, Civil Law System, 1977, S. 1115. 296 Nicht nur, soweit sie die bei der Wandelung zu erstattenden Kosten, dazu o. 2.c) bb) (3), übersteigen, also Finanzierungskosten sowie nicht notwendige, sonstige Verwendungen betroffen sind, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 49 zu § 463. 297 In diesem Sinne, aber für einen vollständigen Ausschluß nutzloser Aufwendun­ gen, WiEDEMANN/Soergel, BGB, Rdnr. 55 zu § 325. 298 BGH v. 22.7.1977, WM 1977, S. 1089 f. A.A. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 50 zu § 463. 299 Abschlußbericht, 1992, S. 224, zu den „unmittelbaren Mangelschäden”. Kritisch dazu der Zivilrechtsausschuß des Deutschen Anwaltvereins, der die Haftung auf das negative Interesse beschränken will, wenn der Verkäufer nicht vorsätzlich gehandelt hat, AnwBl 1998, S. 86. 300 Hier hat Gogos, 1951, allerdings „Schadensersatz für die Nichterfüllung” über­ setzt. 301 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 111, Bruegel, in: Unterneh­ mensrecht, 1997, S. 122, sowie mit Hinweis auf Uneinigkeiten in der Rechtsprechung Chaldoupis Rdnr. 104 ff., in: Handbuch, 1992, S. 519.

abgestellt wird, soll der Verkäufer nach der Rechtsprechung grundsätzlich

nur den Schaden zu ersetzen haben, der bei Kenntnis des Mangels nicht ent­ standen wäre, also das negative Interesse302. Entgangener Gewinn ist als positives Erfüllungsinteresse daher nur auszugleichen, wenn eine bestimmte

Eigenschaft der Kaufsache fehlt, deren Vorhandensein der Verkäufer garan­ tiert hat303. Zu den vom Verkäufer auf diesem Wege zu ersetzenden Folge­ schäden gehört grundsätzlich auch der Regreßschaden, der dem Käufer durch Ersatzansprüche seines Vertragspartners entsteht304.

In der Schweiz umfaßt der „weitere Schaden” gern. Art. 208 III OR das Erfüllungsinteresse des Käufers jedenfalls insoweit, als es um den entgan­ genen Gewinn geht305, da es sich um einen durch zusätzliche Ursachen, also

entferntere Kausalzusammenhänge, vermittelten Schaden handelt306. Anders als in Deutschland wird für die Vertragshaftung durch Art. 99 III OR aus­

drücklich auf „die Bestimmungen über das Mass der Haftung bei unerlaub­ ten Handlungen” verwiesen, und damit auch auf Art. 42 II OR307, der deutlicher als im deutschen Recht § 252 Satz 2 BGB - als Beweiserleichte­ rung für den Geschädigten zu erkennen ist308. Ebenso ist der Regreßschaden

302 OGH v. 28.11.1979, JB1 1980, S. 316 (318), Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 90 zu § 932. Dabei wird davon ausgegangen, daß der Käufer in Kenntnis des Mangels den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 153. 303 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 91 zu § 932, Koziol/Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 271. 304 Vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 103 zu § 932. 305 BG v. 17.11.1953, BGE 79 II S. 376 (379), HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 9 zu Art. 208. 306 Diese zählt auch die überwiegende Ansicht in der Literatur zu den „weiteren” Schäden, vgl. Keller-Schwegler, Rdnr. 170, in: Handbuch, 1993, S. 940. Teilweise sollen dem mittelbaren Schaden aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten sowie dem Vergleich mit anderen Haftungsnormen sämtliche Mangelfolgeschäden zugeordnet werden, Honsell/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 8, 10 zu Art. 208, während die herrschende Lehre unmittelbare Folgeschäden, d.h. solche, die ohne Einwirken weiterer Ursachen als direkte Folge des Sachmangels eintreten, verschuldensunabhän­ gig über Art. 208 II OR abwickeln will. 307 BG v. 22.2.1979, BGE 105 II 88 f., WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 38 zu Art. 97. 308 Entgangener Gewinn ist als „nicht ziffernmäßig nachweisbare[r] Schaden ... mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Maßnahmen abzuschätzen” (Art. 42 II OR). Diese Regelung entspricht bezüglich der zu berücksichtigenden Umstände teilweise wörtlich dem § 252 BGB, allerdings räumt die schweizerische Vorschrift auch hier dem Gericht ausdrücklich ein Ermessen ein und läßt außerdem die bloße Schätzung des Schadensumfanges zu. Zu den prozessualen Auswirkungen u. B.II.3.a) aa).

zu ersetzen, nämlich das durch eine Inanspruchnahme eines Abnehmers des Käufers verletzte „Haftungsinteresse”309.

Entgangener Gewinn aus einer fehlgeschlagenen Weiterveräußerung der Kaufsache sowie Regreßansprüche aus einem durchgeführten Zweit­ geschäft werden in den mitteleuropäischen Kaufrechten bis auf Österreich jeweils als Bestandteil des positiven Interesses vom Verkäufer geschuldet. In Österreich wird im Ergebnis, wie in Deutschland und teilweise in Griechenland, eine besondere Garantieübernahme des Verkäufers verlangt.

Auch in den romanischen Rechtsordnungen wird der Inhalt des Schadens­ ersatzes im Kaufrecht nicht genauer bestimmt. Im französischen, luxemburgischen und belgischen Kaufrecht ist der bös­

gläubige Verkäufer verpflichtet, dem Käufer gegenüber alle Schäden (und Zinsen) zu vergüten (Art. 1645 CdeC / BW: „de tous les dommages et int-

rets envers l’acheteur" / „tot vergoeding van alle schade aan de koper”). Ein derartig weiter Schadensbegriff erlaubt es, sämtliche Arten von Vermögens­

beeinträchtigungen des Käufers einzubeziehen, also sowohl reale Verluste wie nichtrealisierte Vorteile, welche als Bestandteile des Schadens in Art. 1149 CdeC / BW aufgeführt werden („a perte qu’il a faite”, „le gain dont il a ete prive”)310. In jedem Fall wird auch hier das Erfüllungsinteresse des

Käufers erfaßt311, als nichtrealisierter Vorteil auch der entgangene Gewinn

des Käufers312, sowie außerdem dessen Regreßschaden313. Fehlt der Kaufsa­ che eine Eigenschaft, die der Verkäufer zugesichert hat, so ist über die all­ gemeinen Leistungsstörungsregeln sowohl nach französischem wie nach

belgischem Recht dem Käufer ebenfalls das durch die nicht ordnungs­ gemäße Leistung verfehlte positive Interesse zu ersetzen (Art. 1611 CdeC / BW)314

Auch die italienische Regelung verpflichtet den schuldhaft handelnden Verkäufer ganz generell zum Ersatz des Schadens gegenüber dem Käufer (Art. 1494 I CceC: „il venditore e tenuto verso il compratore al risarci-

mento del danno”). Der Verweis auf die allgemeine Schadensersatznorm bei 309 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 10 zu Art. 208. 310 Zum französischen Recht vgl. WENNER/Schödel Rdnr. 146, in: Handbuch, 1992, S. 458, zum belgischen Recht Moons Rdnr. 132, in: Handbuch, 1992, S. 132. 311 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 34 (sec. 57), ebenfalls bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 214, zu Art. 1610 CdeC. 312 Zum französischen Recht vgl. Sonnenberger/Ferid, Zivilrecht II, 1986, 2G621. 313 Zum belgischen Recht Cass. v. 22.10.1993, A.C. 1993, S. 870. 314 Zum französischen Recht vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 46.

Nichterfüllung verdeutlicht - wie im französischen und belgischen Recht

daß sowohl ein erlittener Verlust wie ein entgangener Vorteil bzw. Gewinn erfaßt werden (Art. 1223 l.HS CceC: „la perdita subita”, „il mancato gua-

dagno”). Dazu gehören ein über die Minderung hinausgehender merkantiler

Minderwert sowie die Einbußen aufgrund eines fehlgeschlagenen Weiterver­ kaufs315. Als entgangener Vorteil ist auch der Betrag anzusetzen, um den bei einem guten Geschäft des Käufers die tatsächliche Wertminderung den nach der relativen Methode ermittelten Minderungsbetrag überschreitet316. Der

kaufrechtliche Schadensersatz erfaßt in Italien nach der Rechtsprechung damit zunächst das volle Erfüllungsinteresse („l4 interesse positivo”) des Käufers, nämlich seinen durch den Mangel unmittelbar verursachten wirt­ schaftlichen Nachteil einschließlich des entgangenen Gewinns317, da er in

die wirtschaftliche Situation gebracht werden soll, in der er sich bei Liefe­ rung einer mangelfreien Sache befunden hätte318. Auch wenn der Kaufsache eine vom Verkäufer zugesicherte oder für den bestimmungsgemäßen Ge­ brauch wesentliche Eigenschaft fehlt (Art. 1497 I CceC), hat der Verkäufer

nach den allgemeinen Vorschriften zur Nichterfüllung das positive Interesse

i.S.d. Art. 1223 CceC zu ersetzen (Art. 1453 I CceC: „salvo, in ogni caso, il risarcimento del danno”)319. 320 Das spanische Kaufrecht verpflichtet den bösgläubigen Verkäufer eben­ falls ganz generell, dem Käufer die Schäden und Nachteile zu ersetzen

(Art. 1486 II CgoC: „indemnizarä de los danos y perjuicios”). Aus den auch bei einem Sachmangel insoweit anwendbaren32 allgemeinen Vor­ schriften zur Nichterfüllung ergibt sich, daß darunter wiederum die erlitte­ nen Verluste und der vom Käufer nicht mehr zu erlangende Gewinn zu ver­

315 Vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 160, in: Handbuch, 1992, S. 629, A.Kramer, Ab­ wicklungsstörungen, 1996, S. 67 f. . 316 Bianca, vendita, 1993, S. 979 (n. 434). Im Ergebnis wird bei einem Schadenser­ satzanspruch also die absolute Berechnungsweise zugrundegelegt, dazu o. bei der Wandelung 2. c) bb) (1) (a). 317 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 111, 318 Abgelehnt wird damit der Ersatz des negativen Interesses, welches auf die Situation abstellt, in der der Käufer den Vertrag nicht oder zu einem niedrigeren Preis abgeschlossen hätte, Cass. v. 19.5.1969, Giur.it. 1979 I, 1, S. 302, Cass. v. 23.4.1964, Giust.civ. 1964, I, S. 1819, Bianca, vendita, 1993, S. 978 (n. 434), Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, n. 4 zu Art. 1494, vgl. auch Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 32. 319 Bianca, vendita, 1993, S. 985 (n. 437). 320 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 69.

stehen sind (Art. 1106 CgoC)

. Zu letzterem wird auch die Schmälerung

des Verdienstes aufgrund der Inanspruchnahme des Käufers durch seinen Abkäufer, also der sogenannte Regreßschaden, gezählt321 322. Da die völlige

Untauglichkeit des Kaufgegenstandes zum vom Verkäufer zugesicherten Zweck oder zum normalen Gebrauch in Spanien wie in den anderen romani­ schen Rechtsordnungen als Fall der Nichterfüllung angesehen wird, schul­

det der Verkäufer in diesen Fällen den Ersatz der Schäden und Nachteile im Umfang der allgemeinen Regeln (Art. 1101 CgoC). Nach portugiesischem Recht hat der arglistig handelnde Verkäufer den

Schaden zu ersetzen, den der Käufer nicht erlitten hätte, wenn der Kaufver­

trag nicht zustandegekommen wäre (Art. 913.° I i.V.m. Art. 908.° CgoC), wozu neben dem entstandenen Schaden („danos emergentes") auch hier der entgangene Gewinn („lucros cressantes") i.S.d. Art. 564 I CgoC gezählt wird323. Zu letzterem gehören alle Vorteile, die bei einem normalen Verlauf

der Dinge zu erwarten waren324. Dies gilt auch, wenn der Kaufsache eine zugesicherte oder für den bestimmungsgemäßen Gebrauch notwendige Ei­ genschaft fehlt325.

Die romanischen Rechte gehen grundsätzliche von einem sehr weiten Schadensbegriff aus, der das gesamte positive Interesse erfaßt. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen des Haftungsmaßstabes werden sowohl entgangener Gewinn wie Regreßansprüche Dritter als ersetzbar angesehen. Unter den skandinavischen Kaufrechten bestimmen die schwedische und die finnische Regelung als die beiden moderneren genauer, in welchem Umfang der Verkäufer den Schaden des Käufers zu ersetzen hat. Das dänische Kaufgesetz differenziert dagegen den Schadensersatz nicht weiter. Nach dem dänischen Kobelov kann der Käufer Schadensersatz verlangen

(für den Stückkauf § 42 II KbL: „kan koberen kraeve skadeserstatning”, ähnlich für den Gattungskauf § 43 III KbL: „Slgeren er ... pligtig at betale

321 In der Literatur wird aufgrund der Verknüpfung des Schadensersatzes mit der Wandelung dagegen auch eine Beschränkung auf das negative Interesse vertreten, vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 111, zur Gegenansicht S. 112. 322 Vgl. Mart! Rdnr. 122, in: Handbuch, 1992, S. 1023. 323 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 34 f. 324 Der entgangene Gewinn muß also zumindest höchst wahrscheinlich gewesen sein, vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 69. 325 Vgl. Lopes Dias Rdnr. 46, in: Handbuch, 1992, S. 857. Die Schadensersatzre­ gelung gilt außerdem bei einer Garantie für das gute Funktionieren der Kaufsache gern. Art. 921.° CgoC.

skadeserstatning”, ebenso bei einem Verbraucherkauf nach § 80 I, II KbL). Der Käufer hat grundsätzlich den Anspruch, so gestellt zu werden, als ob

ordnungsgemäß erfüllt worden ist, mithin ist sein Erfüllungsinteresse („opfyldelsesinteresse”) anzusetzen

. Damit hat der Verkäufer auch den

entgangenen Gewinn zu erstatten, allerdings wird in der Regel der auf dem Markt erreichbare Verkaufspreis als Obergrenze zugrundegelegt326 327. Die vom Käufer für den Vertragsabschluß und die Lieferung der Ware aufge­

wendeten Kosten können jedoch nicht gleichzeitig mit entgangenem Gewinn

geltend gemacht werden, sondern der Käufer hat nur die Möglichkeit, statt des positiven das negative Interesse („kontraktsinteresse”) zu verlangen328. Zum Erfüllungsinteresse gehören auch Leistungen des Käufers, die dieser

im Wege des Regresses aufgrund der mangelhaften Sache an seinen Abkäu­ fer zu erbringen hat329. Das allgemeine schwedische sowie finnische Kaufrecht lassen den Ver­

käufer generell auf den Ersatz des durch den Fehler der Sache enstehenden Schaden haften (§ 40 I KpL / KppL: „ersättning för den skada han lider ge­

nom att varan är felaktig"). Die indirekten Verluste („indirekt förlust”), zu denen ausdrücklich sowohl Nutzungsentgang (§ 67 II Zf. 2 KpL/KppL: „förlust till följd av att varan inte kan utnyttjas pä avsett sätt”) wie entgan­ gener Gewinn (§ 67 II Zf. 3 KpL/KppL: „utebliven winst”) zählen, hat der Verkäufer nur bei Verschulden oder Zusicherung330 zu erstatten. Nur in die­ sen Fällen bekommt der Käufer daher sein volles Erfüllungsinteresse er­ setzt, als ob der Verkäufer ordnungsgemäß erfüllt hätte331. Demgegenüber haftet in Schweden der Verkäufer bei einem Verbraucher­

kauf dem Käufer bereits ohne Verschulden für sämtliche durch den Sach­

mangel entstehenden Schäden (§ 30 I KonsKpL: „ersättning för den skada

han lider genom att varan är felaktig”), da die mittelbaren Schäden hier nicht besonders erwähnt werden. Damit wird in jedem Fall das volle Erfül­ lungsinteresse einschließlich entgangener Nutzungen des Käufers abge­

deckt, denn es sind neben Aufwendungen, Einkommensverlust sowie der

326 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 107, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 298, sowie Steinrücke Rdnr. 177, in: Handbuch, 1992, S. 182. 327 UfR 1964.74 H, bei Norager-Nielsen/Theilgaard, Kobeloven, 1993, S. 402. 328 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. HO. Anders noch Almen, Kaufrecht I, 1922, S. 379, der die Aufwendungen zumindest für den (Regel-)Fall, in dem der Käufer sie durch das entgangene Geschäft wieder hereingeholt hätte, zum Erfüllungsschaden rechnet. Zur früheren Rechtslage vgl. Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 306. 329 Vgl. schon Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 306. 330 S. o. a) aa) (2), (3). 331 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 256.

Preisdifferenz für einen Deckungskauf („utgifter, inkomsförlust, sädan prisskillnad") alle anderen Verluste aufgrund des Mangels („samt annan förlust pä grund av ... feiet”, § 32 I KonsKpL) zu ersetzen332.

In Dänemark ist also das Erfüllungsinteresse des Käufers, wozu entgange­ ner Gewinn (allerdings in der Regel unter Begrenzung auf den erzielbaren Marktpreis) wie auch Regreßansprüche von Zweitkäufern gehören, bei einem Gattungskauf regelmäßig, bei einem Stückkauf nur unter strengeren Verschuldensvoraussetzungen zu ersetzen. Dagegen haftet nach der schwe­ dischen und der finnischen Regelung der Verkäufer für entgangenen Gewinn sowie einen Regreßschaden nur bei Verschulden sowie bei einer Zusicherung. Bei einem Verbraucherkauf muß er dagegen auch in Schwe­ den verschuldensunabhängig das volle Erfüllungsinteresse ersetzen.

Ähnlich wie die romanischen Rechtsordnungen begründen auch die Kaufrechte der Common Law Staaten grundsätzlich eine sehr weitgehende Schadensersatzverpflichtung des Verkäufers. Der englische und der irische Sale of Goods Act sehen bereits bei jeder Verletzung einer unwesentlichen Vertragsbestimmung („warranty”) ein Kla­ gerecht des Käufers gegen den Verkäufer auf Schadensersatz wegen dieser

Vertragsverletzung vor (sec. 53 I (b) SGA-GB / SGA-IRL: [the buyer may] „maintain an action against the seller for damages for the breach of war­ ranty”). Grundsätzlich ist der Käufer durch den Schadensersatz in die Si­ tuation zu versetzen, in der er wäre, wenn der Vertrag - ordnungsgemäß erfüllt worden wäre333. Da als in erster Linie in Betracht kommender Scha­

den („general damage”334) nur Verluste des Käufers in Betracht kommen,

soweit sie direkt und natürlicherweise nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf durch die mangelhafte Lieferung verursacht worden sind (sec. 53 II SGA-GB, sec. 53 IV SGA-IRL: „The measure of damages . .. is the estima-

ted loss directly and naturally resulting, in the ordinary course of events, from the breach of warranty”), werden nur die unmittelbaren, normalerwei­ se zu erwartenden Folgeschäden („consequential damages”) vom Kaufrecht

erfaßt, so daß entgangener Gewinn („loss of profit”) als besonderer Scha­

332 Soweit jedoch entgangener Gewinn oder Regreßansprüche Dritter betroffen sind, können die Parteien vereinbaren, daß derartige Schäden nicht ausgeglichen werden, wenn sie innerhalb eines kommerziellen oder geschäftlichen Betriebes entstanden sind (§ 32 III KonsKpL). 333 Robinson v. Harman (1848) 1 Exch 850 (855): „... so far as money can do it to be put in the same Situation ... as if the contract had been performed." 334 Vgl. dazu bereits Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 283.

den („special damages”335) zunächst ausgeschlossen ist. Für derartige Ver­

luste des Käufers haftet der Verkäufer jedoch dann, wenn sie für ihn vor­ aussehbar waren, denn insoweit lassen die Kaufgesetze die entsprechenden Regeln des case law336 unberührt (sec. 54 SGA-GB / SGA-IRL: „Nothing

in this Act shall affect the right of the buyer ... to recover ... special da­

mages in any case where by the law ... special damages may be recoverable”). Entgangenen Gewinn des Käufers hat der Verkäufer als Folgeschaden

also nur zu ersetzen, wenn er von dessen Erzielung vernünftigerweise aus­ gehen konnte337. 338 Bei339 dem Ersatz vergeblicher Aufwendungen des Käufers für den Vertrags Schluß oder in Bezug auf die erwartete Kaufsache ist auch in England und Irland - ähnlich wie im dänischen Recht - eine Über­ schneidung mit dem Ersatz des entgangenen Gewinns zu vermeiden340, was

im englischen Recht - wie in Deutschland - auch durch die Rechtsprechung entschieden ist341. 342 Vorhersehbare Regreßschäden aufgrund der Inanspruch­ nahme des Käufers durch seine Abnehmer hat der Verkäufer ebenfalls zu .

ersetzen

342

.

Eine ganz ähnliche Schadensersatzregelung enthält das Internationale Ein­ heitskaufrecht. Grundsätzlich hat der Verkäufer den „der anderen Partei in­ folge der Vertragsverletzung entstandene(n) Verlust, einschließlich des ent­ gangenen Gewinns, zu ersetzen” („the loss, including the loss of profit, suf-

fered by the other party as a consequence of the breach”, Art. 74 Satz 1

335 Vgl. dazu Rabel, a.a.O., Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 179 f. 336 Sog. „contemplation rule", grundlegend Hadley v. Baxendale (1854) 156 E.R. 145, s. o. aa) (2), bei Fn. 208, (3), bei Fn. 234. Zur Voraussehbarkeit im Einzelnen wie auch zu den entsprechenden allgemeinen Bestimmungen in den romanischen Rechts­ ordnungen o. aa) (3). 337 Harris 17-061, in: Benjamin’s, 1992, S. 884, vgl. auch Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1054. Zu der früheren Einschränkung, die die konkrete Kenntnis des Verkäufers von einem Weiterverkaufsvertrag voraussetzte, vgl. Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 288. 338 Lloyd v. Stanbury (1971), 2 All E.R. 267 Ch.D. 339 Zum englischen Recht Harris 17-058, in: Benjaminas, 1992, S. 882, vgl. auch Nickel/Sänger, JZ 1991, S. 1054, zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, Chapt. 1, S. 83. 340 So bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 260, mit Blick auf das USamerikanische Recht. 341 Cullinane v. British „Rema” Manufactoring Co Ltd (1953), 2 All E.R. 1257 (1261) C.A., Harris 17-065, in: Benjamin’s, 1992, S. 887 f. 342 Im englischen Recht z.B. Pinnock Brothers v. Lewis & Peat Ltd. (1923), 1 K.B. 680. Vgl. zur Nichterfüllung auch Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 289. Zur Differenzierung zwischen „market loss“ und „physical damage“ Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 572 f.

CISG, ebenso schon Art. 82 Satz 1 EKG). Dazu gehört auch der Nutzungs­ ausfall343 Aber auch hier wird der Schadensersatz auf den vom Verkäufer

voraussehbaren Verlust begrenzt (Art. 74 Satz 2 CISG, ebenso schon Art. 82 Satz 2 EKG), was gerade für den entgangenen Gewinn ausschlag­ gebend sein kann344.

Die grundsätzliche volle Erstattungsfähigkeit des dem Käufer durch die Lieferung einer mangelhaften Sache entstandenen Schadens wird ebenfalls

in den beiden Varianten der Vertragsgrundregeln festgelegt (Art. 7.4.2 I 1

UD-Princ: „full compensation for harm sustained as a result of the non­ performance”, Art. 4.501 I Eur-Princ: „Ersatz für den durch die Nichter­ füllung ... entstandenen Schaden”, sowie Art. 4.502 Satz 1 Eur-Princ: „der

Betrag, der die betroffene Partei so weit wie möglich in die Lage versetzt, in der sie sich befunden hätte, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden

wäre”), die ausdrücklich auch den entgangenen Gewinn einbeziehen (Art. 7.4.2 I 2 UD-Princ: „any loss which it suffered and any gain of which it was deprived”, Art. 4.502 Satz 2 Eur-Princ: „den Verlust, den die betrof­ fene Partei erlitten hat, und den Gewinn, der ihr entgangen ist”). Die Er­

satzpflicht wird jedoch ebenfalls auf vorhersehbare Schäden begrenzt (Art. 7.4.4 UD-Princ, Art. 4.503 Eur-Princ)345.

Das niederländische Kaufrecht kennt als einzige der einbezogenen nationa­ len Rechtsordnungen nach der neuen Fassung des Bürgerlichen Gesetz­ buches keine speziell kaufrechtlichen Regelungen zum Schadensersatz­ anspruch des Käufers. In den Niederlanden hat der Käufer die Möglichkeit, aufgrund des Sach­ mangels vom im Verzug befindlichen Verkäufer346 Schadensersatz anstelle

der Erfüllung des Kaufvertrages nach den allgemeinen Leistungsstörungs­ regeln (Art. 6:74 I BW: „ledere tekortkoming ... verplicht de schuldenaar de schade die de schuldeiser daardoor lijdt te vergoeden") zu verlangen347. Die

Ersatzpflicht erfaßt im Bereich der Vermögensnachteile das positive Inter­

esse des Käufers, nämlich wie in den romanischen Kaufrechten ausdrück­ lich neben den erlittenen Verlusten auch die entgangenen Gewinne (Art.

343 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 12 zu Art. 74. 344 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 15 zu Art. 74, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 17 zu Art. 82 EKG 345 Zur Voraussehbarkeit im Einzelnen o. aa) (3). 346 Die Verzugsvoraussetzungen sind in den Art. 6:82 ff. BW geregelt. 347 Nach dem vor 1992 geltenden Recht war die Umstellung des Vertrages auf Schadensersatz nur durch ein gerichtliches Urteil möglich, vgl. Bitter/Drion/ Groenewegen Rdnr. 106, in: Handbuch, 1992, S. 719, näher u. B.II.5.a).

6:96 I BW: „zowel geleden verlies als gederfde winst”). Obwohl ein Ver­ schulden des Verkäufers vorausgesetzt wird, begrenzt auch das niederlän­

dische Recht den ersetzbaren Schaden auf die mit Blick auf die Art des Schadens dem Verkäufer zurechenbaren Verluste (Art. 6:98 BW), wobei der

entgangene Gewinn in der Reihe der zurechenbaren Arten von Vermögens­ schäden an letzter Stelle steht348.

Für den Verbraucherkauf wird in den Niederlanden ausdrücklich klarge­ stellt, daß die Lieferung einer nicht vertragsgemäßen Sache dem Käufer ge­

gen den Verkäufer ein Recht auf Schadensersatz entsprechend der

Art. 6:74 ff. bzw. Art. 6:95 ff. BW gibt (Art. 7:24 I BW: „heeft de koper jegens de verkoper recht op schadevergoeding overeenkomstig de afdelingen

9 en 10 van titel 1 van Boek 6”). Damit gelten auch in diesen Fällen die

eben für den Kauf generell angeführten Regelungen gleichermaßen.

Ein entgangener Gewinn ist damit in allen Rechtsordnungen grundsätzlich gegenüber dem Käufer bei einem Sachmangel erstattungsfähig. Allerdings werden sehr unterschiedliche Voraussetzungen verlangt: Während in Österreich dieser weitere Vermögensnachteil des Käufers nur bei einer zugesicherten Eigenschaft zu ersetzen ist, gilt dies in Deutschland und zum Teil in Dänemark sowie in Griechenland auch bei arglistig handelnden Verkäufern, in vielen anderen Rechtsordnungen reicht dagegen bereits schlichtes Verschulden des Verkäufers aus. Die überwiegend moderneren Kaufrechte, die den Verkäufer verschuldensunabhängig für derartige Verluste des Käufers haften lassen, beschränken andererseits über das Erfordernis der Voraussehbarkeit gerade die Geltendmachung des entgan­ genen Gewinns, weil dessen Berechnung mit großen Unsicherheiten verbunden ist349. Die niederländische Regelung koppelt als einzige das Verschuldenserfordernis mit einer Art Voraussehbarkeitsregel. Allein das schwedische Verbraucherkaufrecht kennt weder eine Einschränkung durch Verschuldensanforderungen noch durch Vorhersehbarkeitskriterien, allerdings dürfte bei Verbraucherkäufen der Weiterverkauf durch den Konsumenten recht selten sein und außerdem kaum der Gewinnerzielung dienen.

348 OOSTERVEEN/Nieuwenhuis, BW T & C II, 1994, N. 4 zu Art. 6:98. 349 Dazu auch STOLL/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 23 zu Art. 74, der auf das „spekulative Moment” dieses Schadenspostens hinweist, ebenso Stoll/IECL, Consequences, 1986, S. 31 (sec. 29).

(2) Haftung für Integritätsschäden Die durch einen Sachmangel verursachten Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers, d.h. an seinem Eigentum oder seiner Person, werden in den meisten Rechtsordnungen nach ganz anderen Kriterien behandelt als die übrigen Schadensposten.

Schon die mitteleuropäischen Kaufrechte unterscheiden sich untereinander in der Erfassung der Integritätsschäden. In Deutschland ist umstritten, inwieweit auch Mangelfolgeschäden als Nichterfüllungsschaden i.S.d. § 463 BGB anzusehen sind350. Die Recht­

sprechung ist mittlerweile351 dazu übergegangen, auch Schäden an anderen Rechtsgütem des Käufers aus § 463 BGB zu ersetzen, zumindest wenn die Zusicherung des Verkäufers den Käufer vor diesen Schäden schützen soll­ te352. Bei Arglist soll der Verkäufer nach der überwiegenden Meinung in der Literatur bereits für jeden adäquat verursachten Folgeschaden haften353.

Wenn man die Integritätsschäden als von § 463 BGB erfaßt ansieht, ergibt sich daraus allerdings ein hoher Haftungsmaßstab, denn nur für die nicht von § 463 BGB erfaßten Mangelfolgeschäden hat der Verkäufer aufgrund

der positiven Vertragsverletzung bereits bei einfachem Verschulden einzu­ stehen354.

In Griechenland hat der Verkäufer beim Stückkauf aufgrund von Art. 543 AK auch die mittelbar an anderen Rechtsgütem des Käufers ver­

ursachten Mangelfolgeschäden zu ersetzen, während er beim Gattungskauf - ähnlich wie in Deutschland - nur den Mangelschaden über Art. 561 AK

350 Grundsätzlich gegen eine Einbeziehung von Mangelfolgeschäden die Rechtspre­ chung einer früheren Periode, nach der nur die auch bei Nichterfüllung entstandenen Schäden als ersetzbar angesehen wurden, ablehnend dazu HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 54 zu § 463. 351 Anders etwa noch RG v. 13.11.1940, DR 1941, S. 637 f., dazu HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 61 zu § 463. 352 BGH v. 4.11.1981, NJW 1982, S. 435 f., WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 29 f. Bisher hat der BGH aber anscheinend noch keinen Mangelfolgescha­ den abgelehnt, weil er aus dem „Schutzbereich” der Zusicherung herausfiele, vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 60 zu § 463. Zugunsten einer generellen Haftung des Verkäufers für adäquat verursachte Schäden bei Zusicherung HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 54 zu § 463. Zur Einschränkung durch den Schutzzweck o. aa) (1). 353 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 54 zu § 463, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 31 zu § 463. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 65, will dagegen auch in diesem Fall auf den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht abstellen. 354 Als „Integritätsinteresse” in BGH v. 2.6.1980, BGHZ 77, S. 215 (218). Zum Haftungsmaßstab im Einzelnen o. a).

auszugleichen hat und im übrigen aus positiver Vertragsverletzung verant­ wortlich ist355. Im Ergebnis wird auch hier durch die Rechtsprechung die

Haftung des Verkäufers verschärft, denn während dieser nach Art. 561 AK - anders als nach Art. 543 AK - nur bei Arglist haftet, reicht für die positi­ ve Vertragsverletzung einfaches Verschulden aus35 .

In Österreich bleibt dagegen für die Haftung aus positiver Vertragsver­

letzung kein Raum, da gerade die Mangelfolgeschäden an anderen Rechts­ gütem des Käufers von der Haftung nach § 932 I ABGB erfaßt werden357. 358 In der Schweiz wird die Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter des Käu­

fers von der Literatur überwiegend Art. 208 II OR zugeordnet , so daß der Verkäufer derartige Schäden nach einer strikten Haftung zu ersetzen hätte. Die positive Vertragsverletzung, die in der Schweiz in Art. 97 I OR

(„Kann die Erfüllung ... nicht gehörig bewirkt werden ...”) eine gesetzliche Regelung gefunden hat359, spielt jedenfalls bei einer mangelhaften Leistung

der Kaufsache - ebenso wie in Österreich - keine Rolle, sondern nur bei der Verletzung von Nebenpflichten.

Weitere Schäden an anderen Rechtsgütern des Käufers hat der Verkäufer in allen oben betrachteten Rechtsordnungen zu ersetzen, wobei nur in Deutschland sowie teilweise - für den Gattungskauf - in Griechenland die Hilfskonstruktion der positiven Vertragsverletzung herangezogen wird. Auch die romanischen Kaufrechte beziehen die Integritätsschäden nur teilweise unmittelbar in den weit gefaßten kaufrechtlichen Schadensersatz mit ein. In Frankreich, Luxemburg und Belgien werden vom Schadensersatzan­ spruch des Art. 1645 CdeC / BW auch Schäden an anderen Rechtsgütem des Käufers erfaßt360.

355 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 105 f., in: Handbuch, 1992, S. 519 m.w.N., zur a.A. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 114. 356 Dazu beim Haftungsmaßstab o. a). 357 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 153, Koziol/Welser, Grundriß, AT Schuldrecht II, 1992, S. 269, so daß die eigentliche pW auf Schäden, die bei einer ansonsten vertragsgemäßen Lieferung eintreten, beschränkt wird, vgl. auch Heller Rdnr. 141 f., in: Handbuch, 1992, S. 821 f. 358 Dazu HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 9 zu Art. 208, der jedoch selbst die Anwendung des Art. 208 III OR befürwortet, a.a.O., Rdnr. 10 zu Art. 208. 359 WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2, 25 zu Art. 97. 360 Zum französischen Recht vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 85, sowie Ferid/ Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 621.

Nach dem für die Umsetzung der EG-Produkthaftungs-Richtlinie in Frankreich ursprünglich vorgeschlagenen Reformentwurf sollten jedoch Personenschäden sowie Schäden an anderen Sachen als der mangelhaften Kaufsache allein von der neuen, an die Deliktshaftung angefugten Produkt­

haftungsregelung der Art. 1386-1 ff. CdeC-Projet erfaßt werden und nicht mehr durch die kaufrechtliche Gewährleistung des Art. 1645 CdeC361. 362 In Italien muß der Verkäufer dem Käufer ausdrücklich auch die von den

Mängeln der Sache herrührenden Schäden ersetzen (Art. 1494 II CceC. „i danni derivati dai vizi della cosa”). Dazu zählen gerade die Schäden an den Rechtsgütem des Käufers schützt wird363.

, so daß insoweit sein Integritätsinteresse ge­

In Spanien haftet der Verkäufer dagegen für Mangelfolgeschäden an den Rechtsgütem des Käufers nicht aufgrund der kaufrechtlichen Sachmängel­ regelung des Art. 1486 II CgoC, weil diese nur das negative Interesse er­ faßt364, sondern auch insoweit nur nach den allgemeinen Leistungs störungs ­

regeln (Art. 1101 ff. CgoC)365. Da es sich bei den Integritätsschäden nicht um notwendige Folgen der Nichterfüllung i.S.d. Art. 1107 I CgoC handelt,

sind sie als „bekanntermaßen entstehende Schäden” ebenfalls nur durch den bösgläubigen Verkäufer zu ersetzen (Art. 1107 II CgoC)366. Nach dem portugiesischen Vertragsrecht werden keine Mangelfolge­ schäden ersetzt, so daß für durch den Sachmangel verursachte Schäden an anderen Rechtsgütem des Käufers nur die außervertragliche Haftung, vor

allem über das allgemeine Deliktsrecht, das durch Art. 798.° CgoC auch Mangelfolgeschäden erfaßt, in Betracht kommt367.

361 Vgl. Sonnenberger, Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 311, Ferid/ Sonnenberger, Zivilrecht IV/1, 1993, 2 G 603. 362 Zu den Schäden bei Dritten Bianca, vendita, 1993, S. 985 (n. 437) Fn. 2. 363 So etwa die Schäden in einer Wohnung aufgrund eines mangelhaften Heizkör­ pers, Cass. v. 25.10.1974, n. 3156, vgl. Alexander, Produkthaftung, 1993, S. 32. Vgl. insgesamt dazu Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 112, A.Kramer, Abwick­ lungsstörungen, 1996, S. 70, Patti/Cubeddu Rdnr. 158 ff., in: Handbuch, 1992, S. 628 f. 364 Vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 111, zu den Gegenmeinungen in der Literatur S. 112. 365 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 77. 366 Vgl. Marti Rdnr. 123, in: Handbuch, 1992, S. 1023. 367 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 47 f. Nur gegenüber einem herstellen­ den Verkäufer findet das auf der EG-Produkthaftungsrichtlinie beruhende Decreto-Lei N° 383/89 v. 6.11.1989 Anwendung (Diärio da Repüblica I., N° 255 v. 6.11.89, S. 4480 ff).

In den romanischen Rechten hat der Verkäufer Mangelfolgeschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers nur in Frankreich und Belgien sowie in Italien regelmäßig im Rahmen der Sachmängelgewährleistung zu ersetzen. In Spanien haftet er dagegen nur über die allgemeinen Nichterfüllungs­ regeln, also nicht bei jedem Sachmangel, während er in Portugal für derartige Schäden allein außervertraglich haftet.

Selbst innerhalb des skandinavischen Rechtskreises wird der Ausgleich von Integritätsschäden des Käufers, die durch eine mangelhafte Kaufsache verursacht werden, nicht einheitlich erfaßt. In Dänemark werden vom kaufrechtlichen Schadensersatzanspruch indi­

rekte oder Folgeschäden („folgeskader”) nur insoweit abgedeckt, wie es sich um Vermögensschäden handelt, denn die Schäden an anderen Rechtsgütern

des Käufers werden allein im Rahmen der Produkthaftung („produktans­ var”) ersetzt368. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsät­ zen muß jeder Verkäufer bei Verschulden für derartige Mangelfolgeschäden haften369, der „erwerbtreibende” („erhvervsdrivende”) Verkäufer darüber­ hinaus ohne eigenes Verschulden für die Produktfehler des Herstellers370. Im Zuge der Umsetzung der EG-Produkthaftungsrichtlinie ist die Haftung des

Verkäufers, der ein Produkt zu wirtschaftlichen Zwecken in den Verkehr bringt (Zwischenhändler i.S.d. § 4 III Lov 371/89), für Herstellungsfehler in § 10 des dänischen Produkthaftungsgesetzes übernommen worden371,

wodurch Personenschäden sowie Schäden an privat genutzten Gegenständen (§ 2 II Lov 371/89) erfaßt werden.

Auch in Schweden haftet der Verkäufer nach dem Kaufgesetz nicht für über die Kaufsache selbst hinausgehende Mangelfolgeschäden an anderen Sachen (§ 67 I 2 KpL. „skada pä annat än den sälda varan”), was auch für Personenschäden gilt372. Nach den allgemeinen Rechtsprechungsgrundsät-

368 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 109 f., vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 296 ff., unter Hinweis auf die Motive des Kaufgesetzes, sowie Steinrücke Rdnr. 168, 182, in: Handbuch, 1992, S. 180, 183. 369 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 111. 370 Vinding Kruse, Kobsretten, 1992, S. 111, vgl. Steinrücke Rdnr. 168, in: Handbuch, 1992, S. 180. Nach Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 134, handelt es sich dabei um eine Garantiehaftung des Zwischenhändlers, während Steinrücke Rdnr. 169, in: Handbuch, 1992, S. 181, nur eine Verschuldenshaftung mit Beweislastumkehr annimmt. 371 Zu den Hintergründen ausführlich Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 135 f. 372 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 256 f., auch zur Begründung des Gesetz­ gebers. So auch bereits die Rechtsprechung zum früheren Kaufgesetz, Hellner, in: Introduction, 1988, S. 254.

zen ist der bloße Verkäufer - anders als in Dänemark - allerdings nur bei eigenem Verschulden für Personen- und Sachschäden des Käufers verant­ wortlich373. Auch aus dem schwedischen Produkthaftungsgesetz ergibt sich für den nicht herstellenden Verkäufer eine rein subsidiäre Haftung (§ 7 SFS 1992:18). Einem Verbraucherkäufer gegenüber hat in Schweden der Verkäufer

Mangelfolgeschäden an anderen Rechtsgütem jedoch dann nach Gewährlei­ stungsregeln im Wege einer strikten Haftung zu ersetzen, wenn es sich um Eigentum des Verkäufers oder irgendeines anderen Mitglieds seines Haus­

halts handelt, das in erster Linie privaten Zwecken dienen soll (§ 31

KonsKpL: „egendom som tillhör köparen eller nägon medlem i hans hushäll

och är avsedd huvudsakligen för enskilt ändamäl”). Für andere Folgeschä­ den des Verbraucherkäufers (§ 32 II KonsKpL), vor allem für Personen­ schäden374, haftet der Verkäufer nicht nach dem Verbraucherkaufrecht, son­

dern wie im allgemeinen Kaufrecht nach deliktischen Grundsätzen. Das finnische Kaufgesetz weicht in diesem Fall ausnahmsweise einmal von der schwedischen Regelung ab und rechnet Verluste infolge eines Scha­

dens an einem anderen Gut als der verkauften Ware den indirekten Verlusten zu (§ 67 II Zff. 4 KppL), für die der Verkäufer bei Verschulden einzustehen hat.

Während die Haftung des Verkäufers für Mangelfolgeschäden an anderen Rechtsgütern des Käufers in Dänemark aus dem Kaufrecht herausgehalten wird, gilt dies in Schweden generell allein für Personenschäden und nur außerhalb des Verbraucherkaufs auch für Sachschäden. In Finnland wird dieser Bereich der Integritätsschäden dagegen vom Kaufgesetz erfaßt.

In den Common Law-Rechtsordnungen Europas werden Sach- und Personenschäden des Käufers zwar nicht ausdrücklich erwähnt, in der Regel aber unmittelbar durch die Kaufgesetze erfaßt. Das gleiche gilt für das Internationale Einheitskaufrecht sowie die Vertragsgrundregeln. Die Rechtsprechung in England und Irland ordnet Schäden an anderen Rechtsgütem des Käufers zwar als Folgeschäden („consequential da-

mages”) ein, hält diese jedoch vielfach für eine natürliche Folge des Sach­ mangels, so daß sie nach sec. 53 II SGA-GB / sec. 53 IV SGA-IRL ver­ schuldensunabhängig vom Verkäufer zu ersetzen sind. Dabei geht es nicht

373 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 128 f. Allerdings ist auch hier die Ten­ denz der Rechtsprechung zu einer Garantiehaftung zu erkennen, Hellner, in: Introduction, 1988, S. 254. 374 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 259.

darum, ob der Verkäufer im konkreten Fall die Schädigung anderer Rechts­

güter erwarten konnte, sondern ob die Art des Schadens bei einem Sach­ mangel dem normalen Verlauf der Dinge entspricht375. Je nach dem Ge­ brauchszweck der Kaufsache können zu den vom Verkäufer zu ersetzenden Mangelfolgeschäden auch Gesundheitsverletzungen gehören376, 377 die378 durch einen Mangel der Ware verursacht worden sind. In der Regel sind die An­

forderungen an die Voraussehbarkeit solcher gravierenden Folgen für Per­ sonen und auch für Sachen zwar höher als für reine Vermögensschäden

,

dies gilt jedoch nicht für bestimmte Warenarten, wie Nahrungsmittel oder Kleidung, bei denen es offensichtlich ist, daß der Käufer bei Mängeln er­ hebliche Schäden, besonders an Körper und Gesundheit, erleiden kann

.

Ganz ähnlich wird der Schadensersatz bei Beeinträchtigung des Schutz­

interesses des Käufers nach dem einheitlichen Kaufrecht geregelt. Da nahe­ zu immer bei Vertragsabschluß erkennbar ist, daß Sachmängel, die die Ge­ fährlichkeit der Kaufsache erhöhen, Schäden an anderen Rechtsgütem ver­ ursachen können379, liegt in diesen Fällen regelmäßig ein nach Art. 74 Satz

2 CISG (früher Art. 82 Satz 2 EKG) vom Verkäufer zu ersetzender Verlust vor. Die Ersatzpflicht nach dem derzeitigen Internationalen Kaufrecht gilt jedoch nur für Sachschäden, da Personenschäden aufgrund von Art. 5 CISG

weiterhin den nationalen Regelungen unterfallen. Da sowohl die Europäischen wie die Internationalen Vertragsgrund­

regeln bezüglich des Schadensersatzumfangs sehr eng an das Einheitliche

Kaufrecht angelehnt sind, dürften auch bei ihrer Anwendung Integritäts­

schäden des Käufers regelmäßig vom Verkäufer zu ersetzen sein.

375 H. Parsons (Livestock) Ltd. v. Uttley Ingham & Co. Ltd (1978) 1 All E.R. 525 C.A., dazu Forde, Commercial Law, 1990, Chapt. 1, S. 94 (1.227), Harris 17-066 / 17-068, in: Benjamin’s, 1992, S. 889 f. Zur Vorhersehbarkeit o. aa) (1). 376 Andrews v. Hopkinson (1956) 3 All E.R. 422 - Verletzung durch schadhaftes KfZ, Godley v. Perry (1960) 1 All E.R. 36 - teilweise Erblindung durch schadhaftes Katapult, ähnlich im irischen Recht Egan v. McSweeney (1950), 90 I.L.T.R. 40, wo explodierende Kohle zum Verlust eines Auges führte. 377 Vgl. Forde, Commercial Law, 1990, Chapt. 1, S. 94, zum irischen Recht. 378 Jackson v. Watson & Sons (1909) 2 K.B. 193 - Vergiftung durch einen unge­ nießbaren Dosenfisch, Harris 17-066, in: Benjamin*s, 1992, S. 890, vgl. auch Nickel/ Sänger, JZ 1991, S. 1055. 379 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 44 zu Art. 74, der deshalb meint, die Vorhersehbarkeitsregel passe in diesen Fällen schlecht. Nach Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 8, 13 zu Art. 82 EKG werden Körper- und Sachschäden grundsätzlich als vorhersehbar angesehen.

Die niederländische Regelung folgt im wesentlichen den zuletzt erwähnten Rechtsordnungen, weist jedoch - ähnlich wie teilweise in den skandinavi­ schen Kaufrechten - für den Verbraucherkauf die Ansprüche aufgrund vom Hersteller verursachter Fehler der Produzentenhaftung zu. Nach dem in den Niederlanden für alle rechtlichen Verpflichtungen, auch für die Nichterfüllung von Verträgen, geltenden Regelungen zum Umfang des Schadensersatzes in Art. 6:95 ff. BW380 sind Folgeschäden immer nur dann zu ersetzen, wenn sie derart in Verbindung mit dem schadenstiftenden

Ereignis stehen („schade die in zodanig verband staat met de gebeurtenis"), daß sie als Ergebnis dem Schädiger zugerechnet werden können (Art. 6:98

BW: „als een gevolg van deze gebeurtenis kan worden toegerekend"). Für die Zurechnung kommt es zwar - ähnlich wie im französischen Recht381 und

im Common Law - auch weiterhin auf die Frage an, ob der Schaden für den Verkäufer zu erwarten gewesen ist382, aber es soll ausdrücklich nach der Art

des Schadens (Art. 6:98 BW: „mede gezien de aard ... van de schade”) dif­ ferenziert werden. Dabei wird grundsätzlich angenommen, daß Personen-

und Körperschäden eher zugerechnet werden müssen als Sachschäden und letztere wiederum eher als weitere Vermögensschäden383, so daß Schäden an anderen Rechtsgütem des Käufers in der Regel dem Verkäufer angelastet werden und von ihm ausgeglichen werden müssen384.

Ein Verbraucherkäufer kann jedoch den Verkäufer im Falle eines Pro­

duktfehlers i.S.d. Art. 6.3.3 BW („een gebrek als bedoeld in afdeling 3 van titel 3 van boek 6”) nicht für die dort angeführten Schäden, d.h. Schäden

am Körper oder an anderen als der verkauften Sache (Art. 6:190 BW: „letselschade of schade aan een andere zaak dan het desbetreffende produkt”),

haftbar machen (Art. 7:24 II BW: „dan is de verkoper niet aansprakelijk voor schade als in de afdeling bedoeld”), es sei denn, der Verkäufer kannte

380 FOKKEMA/HARTKAMP, in: Introduction, 1993, S. 101. Der Nichterfüllung wird wiederum die mangelhafte Lieferung einer Kaufsache gleichgestellt, HARTKAMP, AcP 1991, S. 407, o. aa) (1). 381 Die Art. 1283, 1284 des alten Burgerlijk Wetboek entsprachen den Art. 1150, 1151 CdeC. 382 OOSTERVEEN/Nieuwenhuis, BW T & C II, 1994, N. 5 a) zu Art. 6:98, vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 97, in: Handbuch, 1992, S. 716 f. Zur früheren Rechtsprechung des Hooge Raad FOKKEMA/HARTKAMP, in: Introduction, 1993, S. 101. 383 OosTERVEEN/Nieuwenhuis, BW T & C II, 1994, N. 4 zu Art. 6:98. 384 Verzug des Verkäufers ist bei Mangelfolgeschäden nicht erforderlich, da diese Verluste durch eine nachgeholte ordnungsmäßige Leistung nicht beseitigt werden können und insoweit die vertragsgemäße Erfüllung endgültig unmöglich ist, HARTKAMP, AcP 1991, S. 408, vgl. auch Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 97, in: Handbuch, 1992, S. 717 Fn. 45.

den Mangel bzw. hätte ihn kennen müssen, oder er hat die Mangelfreiheit

zugesichert (Art. 7:24 II a) BW: „hij het gebrek kende of behoorde te ken­

nen”, Art. 7:24 II b) BW: „hij de afwezigheid van het gebrek heeft toegezegd”) 385. Bei Produktfehlern ist für Schäden an anderen Rechtsgütem des Verbraucherkäufers daher allein der Hersteller im Rahmen der Produzen­ tenhaftung verantwortlich386, solange kein eigenes Verschulden oder eine

Garantie des Verkäufers vorliegt. In den letzten beiden Fällen kann der Ver­ käufer jedoch die Produkthaftungsansprüche gegen den Hersteller geltend machen, die ihm der Käufer übertragen muß (Art. 7:24 III BW: „is de koper verplicht zijn rechten ... aan de verkoper over te dragen”). Zweck dieser

Vorschriften ist es, derartige Folgeschäden angemessen zwischen Verbrau­ cher, Verkäufer und Hersteller zu verteilen387.

Durch einen Sachmangel an anderen Gegenständen oder an Personen verursachte Schäden sind grundsätzlich in allen Rechtsordnungen vom Verkäufer zu ersetzen. Obwohl diese Schadensposten teilweise über die vertraglichen Regelungen des Kaufrechts, teilweise aber auch allein von der außervertraglichen Delikts- oder Produkthaftung erfaßt werden, wie in Portugal, Dänemark, in Schweden vor allem im allgemeinen Kaufrecht, in den Niederlanden dagegen nur für den Verbraucherkauf, sowie nach dem französischen projet, unterscheidet sich der Haftungsmaßstab kaum, da nur in Dänemark aufgrund der für die Produkthaftung geltenden strikten Haftung der Verkäufer ohne Verschulden haftet388. Auch die Begrenzung durch die Vorhersehbarkeit des Schadens, beson­ ders in den Common Law Staaten, den Niederlanden sowie nach den internationalen Kauf- und Vertragsregeln, wirkt sich im Bereich der Folgeschäden an anderen Rechtsgütern kaum aus. Auffällig ist, daß Integritätsschäden vielfach einer schärferen Haftung unterworfen werden als die weiteren Vermögensschäden des Erfüllungsinteresses, so etwa in Deutschland und Griechenland durch die positive Vertragsverletzung, in 385 Dies gilt nicht für die Schäden, die der Käufer aufgrund des Selbstbehalts gern. Art. 6:190 I BW nicht vom Hersteller ersetzt bekommt, Art. 7:24 II c) BW: „geen recht op vergoeding bestaat op grond van de in die afdeling [6.3.3.] geregelde franchise”. Während diese Ausnahmen bei Basedow, Reform, 1988, S. 19, nicht erwähnt werden, stellt sie andererseits Nieper, in: Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch, 1995, S. xxvii, als Regelfall dar. 386 CastermANs/Nieuwenhuis, BW T & C III, 1994, N. 3 a) zu Art. 7:24. 387 Hondius, VuR 1996, S. 299. 388 Im übrigen besteht eine - vertragliche - strikte Haftung nach dem schwedischen Verbraucherkaufrecht, befürwortet wird sie auch von der schweizerischen Literatur.

Dänemark und Schweden im Verhältnis zu Verbraucherkäufern und in den Niederlanden über die erweiterte Zurechnung389. Dadurch wird die Beeinträchtigung des Integritätsinteresses als besonders schwerwiegend für den Käufer angesehen und als vordringlich ausgleichsfähig behandelt.

d) Ergebnis Alle betrachteten Rechtsordnungen lassen den Verkäufer grundsätzlich sowohl auf das weitergehende Erfüllungsinteresse des Käufers hinsichtlich der Disposition über die Kaufsache, also vor allem auf entgangenen Gewinn, wie auf das Integritätsinteresse, also auf Personen- und Sachschä­ den, haften. Allerdings werden zwei ganz unterschiedliche Typen von Voraussetzungen verlangt. Die mitteleuropäischen und romanischen Kaufrechte sowie teilweise (für den Stückkauf) das dänische Kaufrecht setzen mindestens Verschulden des Verkäufers voraus, wobei hinsichtlich des Ausgleichs des Dispositionsinter­ esses Griechenland beim Gattungskauf, Dänemark beim Stückkauf sowie Deutschland generell den Verkäufer weniger streng nur bei Arglist haften lassen, und Österreich ihn sogar allein bei einer Garantie in diesem Umfang verantwortlich macht. Im Ergebnis gilt diese Anforderung auch für die schwedische und finnische Regelung, denn dort sind die zum positiven Interesse zählenden indirekten Schäden ebenfalls nur bei Verschulden des Verkäufers zu ersetzen. Auf der anderen Seite sehen die Common Law Staaten eine Schadenser­ satzhaftung unabhängig vom Verschulden vor, verlangen jedoch die Vorhersehbarkeit der Schäden, wodurch nicht in allen Fällen das volle Erfüllungsinteresse zu ersetzen ist. Das niederländische Recht kombiniert, ähnlich wie das französische und belgische Recht, diese beiden Vorausset­ zungen, indem es zum einen Verschulden für den Schadensersatz verlangt, darüberhinaus aber nicht zu erwartende Schäden von der Haftung des Verkäufers ausschließt. Im Ergebnis wird zwar in England und Irland ein nicht unbeträchtlicher Bereich des Erfüllungsinteresses von jeglicher Haftung des Verkäufers ausgenommen, aber der Käufer kann durch Information seines Vertragspartners den Bereich der Verantwortung des Verkäufers wesentlich gestalten, während er das Verschulden des Verkäu­ fers kaum beeinflussen kann. Daher beschränken Verschuldenskriterien die Haftung des Verkäufers stärker als an die Vorhersehbarkeit des Schadens 389 Außerdem wird sie sowohl in der schweizerischen Literatur wie nach dem französischen projet gefordert.

geknüpfte Haftungsbegrenzungen, so daß die Verkäuferhaftung auf Schadensersatz in den Common Law Staaten letztendlich dem Umfang nach als weitgehender angesehen werden muß als in den übrigen Rechtsordnun­ gen. In Deutschland fuhrt außerdem die schwierige Einordnung von unter­ schiedlichen Schadensposten in die beiden Anspruchsgrundlagen § 463 BGB und positive Vertragsverletzung zur starker Rechtsunsicherheit3^, weshalb große Teile der Literatur in Deutschland sämtliche Schäden aus einer schuldhaften mangelhaften Lieferung für ersatzfähig erklären390 391. Geht man davon aus, daß Haftungsregeln nicht nur distributiv wirken (Ausgleichsfunktion) sondern auch Anreizwirkungen erzeugen (Präven­ tionsfunktion), dann läßt sich über die Zuweisung der Haftung an die eine oder andere Partei nicht nur die Risikoverteilung ex post steuern, sondern auch die Risikovermeidung ex ante beeinflussen. Verschuldensabhängige und verschuldensunabhängige Haftung erzeugen jedoch unterschiedliche Anreize für die Verkäuferseite, den Verkauf mangelhafter Waren zu unterlassen. Nimmt man rationales und eigennütziges Handeln des Verkäufers an, dann wird dieser bei einer verschuldensabhängigen Haftungsregel die Kosten des Aufwandes zur Vermeidung der Haftung gegen den Nutzen der Einsparung des nach der Haftungsregel zu ersetzenden Betrages abwägen, und er wird nur solche Maßnahmen ergreifen, deren Kosten unter dem zu erwartenden Haftungsbetrag liegen. Der Verkäufer hat also nur insoweit einen Anreiz, risikovermeidend tätig zu werden, wie dies für ihn kostenge­ rechtfertigt möglich ist392. Dabei ergibt sich allerdings das Problem, den zukünftigen Haftungsbetrag und damit vor allem den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab rechtssicher zu bestimmen, so daß sich der Verkäufer daran orientieren kann. Für eine nach ökonomischen Effizienzmaßstäben optimale Lösung wird gefordert, daß ein Verschulden immer dann anzu­ nehmen ist, wenn die Kosten des zu erwartenden Schadens (Schadensaus­ maß multipliziert mit Schadenswahrscheinlichkeit) die Kosten der voraus­ sichtlichen Schadensverhinderung übersteigen und somit die Vermeidungs­

390 So ausdrücklich HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 56 vor § 459. 391 ESsER/WEYERS, Schuldrecht II, 1991, S. 71, Huber, AcP 1977, S. 343 f., Herrmann, AcP 1983, S. 273 f., Hager, AcP 1984, S. 434 f. 392 Wehrt, ZWS 1993, S. 90, generell bereits Behrens, Ökonomische Grundlagen, 1986, S. 163.

anstrengungen wirtschaftlich nützlich gewesen wären393. Abgesehen von den Schwierigkeiten, einen derartigen Fahrlässigkeitsbegriff bei Gerichten durchzusetzen, fuhren sämtliche Probleme bei der tatsächlichen Ermittlung der oben genannten Kosten zu einer Entwertung des Verschuldensmaßsta­ bes, so daß die mit der Haftung Belasteten nicht genug Anreiz haben, alle ökonomisch sinnvollen Vorsorgemaßnahmen zu treffen394. Demgegenüber steht der Verkäufer bei einer strikten Haftung unabhän­ gig von seinem Sorgfaltsniveau und damit vom Vermeidungsaufwand für die Risiken aus der Lieferung mangelhafter Sachen ein, im Ergebnis also auch für solche Risiken, deren Vermeidung nur mit über die erwarteten Schadenskosten hinausgehendem Aufwand zu gewährleisten wäre395. Damit besteht für den Verkäufer auch ein Anreiz, neue risikosenkende Techniken oder Organisationen zu entwickeln. Der Verbesserung der Anreizsituation auf Seiten des Verkäufers steht jedoch eine Verschlechterung auf Seiten des Käufers gegenüber, denn dieser hat bei einer strikten Haftung der Gegen­ seite zum einen ein geringeres Interesse, seinerseits schadensverhindernd tätig zu werden, zum anderen wird er dazu neigen, im Vertrauen auf die Durchführung des Vertrages überzuinvestieren, wenn er sämtliche fehlgeschlagenen Investitionen vom Vertragspartner erstattet bekommt396. Die Belastung einer Vertragspartei mit einer verschuldensunabhängigen Haftung ist darüberhinaus nur dann gesamtwirtschaftlich sinnvoll, wenn diese neue Entwicklungen kostengünstiger vorantreibt als der Käufer und somit den „cheapest innovator” dar st eilt. Vor allem wegen der Einbezie­ hung des Zeitfaktors und der Unsicherheit des Ergebnisses zukünftiger Entwicklungen ist dies weitaus schwieriger zu beantworten und deshalb wohl auch noch umstrittener als die Frage nach dem „cheapest cost avoider". Die verbleibenden Unwägbarkeiten in der ökonomischen Bewertung der beiden Haftungsmaßstäbe führen dazu, weder Verschulden noch Garantie zur einzigen Grundlage der vertraglichen Haftung für Sachmängel zu erheben, sondern ein Mischsystem zu wählen. Dies kann jedoch sowohl ein Verschuldensregime mit Garantieausnahmen sein, wie es Huber im deut­

393 Sogenannte „Learned-Hand-Formel" nach dem gleichnamigen US-amerikani­ schen Bundesrichter, vgl. z. B. Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 128 f. 394 Koller, Risikozurechnung, 1979, S. 58 ff. 395 Posner, Economic Analysis, 1986, S. 160 f. 396 COOTER/ULEN, Law and Economics, 1988, S. 309.

sehen Leistungsstörungsrecht sieht397, als auch eine strikte Haftungsregel mit Verschuldenselementen398. Stellt man die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Verschuldensmaßstabes in den Vordergrund, so spricht vieles für eine verschuldensunabhängige Grundregel399. Auf der anderen Seite könnte dem Anreizeffekt beim Käufer dadurch Rechnung getragen werden, daß dessen Mitverursachung bzw. -verschulden zu einer Entla­ stung des Verkäufers fuhrt400 und außerdem der Haftungsumfang zu Gunsten des Verkäufers - etwa auf den voraussehbaren Schaden401 eingeschränkt wird.

397 Huber, in: Gutachten I, 1980, S. 710. 398 Ebd., zum Einheitlichen Kaufgesetz (EKG), dazu auch o. a) (2). 399 Vgl. etwa Koller, Risikozurechnung, 1979, S. 61, Behrens, Grundlagen, 1986, S. 167. Ähnlich Huber, in: Gutachten, 1981, S. 724: „vertragliche Garantiehaftung”. 400 Adams, Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, 1985, S. 58. S. o. aa) (5). 401 Dafür Koller, Risikozurechnung, 1979, S. 62, COOTER/ULEN, Law and Econo­ mics, 1988, S. 309. Dazu auch o. aa) (3).

IIL Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechtsordnungen vorgegebenen Gewährleistungsregelungen

Nachdem im vorangegangenen Abschnitt zum materiellen Recht der Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf die von den jeweiligen nationalen Gesetzgebern bzw. der einzelstaatlichen Rechtsprechung aufgestellten und damit den Vertragsparteien vorgegebenen Standards ohne Unterscheidung nach zwingendem und dispositivem Recht erörtert worden sind, geht es im folgenden um den Spielraum für von den Parteien vorgenommene Vereinbarungen hinsichtlich der Verantwortung für die Lieferung fehlerhafter Kaufsachen. Die Vertragspraxis spielt für den Vergleich der nationalen Gewährleistungsregelungen in den Mitgliedstaaten der EG mit Bezug auf eine künftige Rechtsangleichung auf europäischer Ebene vor allem insoweit eine Rolle, wie die Vertragsfreiheit der Individu­ en durch gesetzliche Regelungen begrenzt oder teilweise ausgeschlossen wird: Die Unterschiede derartiger zwingender Regelungen in den nationa­ len Rechtsordnungen, denen die Parteien nicht ausweichen können, wirken sich als erhebliches Hemmnis auf den Binnenmarkt der Gemeinschaft aus und stehen daher im Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn es um eine Förderung dieses wirtschaftlichen Integrationsinstruments des EGVertrages durch eine Harmonisierung der Rechtsordnungen der Mitglied­ staaten geht1. Die Parteien können von den bisher erörterten Gewährleistungsstandards2 grundsätzlich in zwei Richtungen einvernehmlich abweichen, indem sie entweder die Einstandspflicht des Verkäufers abmildern bzw. beseitigen oder seine Verantwortlichkeit verschärfen. Diese Abweichungsmöglichkei­ ten unterliegen jeweils unterschiedlichen rechtlichen Begrenzungen. Daher soll zunächst zur Funktion derartiger Begrenzungen eines Abweichens vom gesetzlichen Regelungsmodell Stellung genommen werden (unten 1.). Sodann sollen im einzelnen die Grenzen der Optionen für die Vertragspar­ teien behandelt werden, den Verkäufer von der normativ vorgesehenen Gewährleistung für Sachmängel freizuzeichnen (unten 2 ). Im Anschluß daran geht es demgegenüber um die Grenzen der Möglichkeiten, eine

1 Dazu o. Einleitung l.a), sowie unten C.I.1.b) 2 S. o. II.

Erweiterung der gesetzlichen Ansprüche gegen den Verkäufer3 zu vereinba­ ren (unten 3.). Sowohl für die Einschränkung wie auch für die Ausdehnung der Ge­ währleistung durch Parteivereinbarung sehen die europäischen Rechtsord­ nungen Regelungen auf verschiedenen Ebenen vor. Der Schwerpunkt der einzelstaatlichen Regelungen erfaßt mittlerweile die durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) festgelegten Gewährleistungsregelungen, denn vorformulierte Vertragsklauseln verursachen besondere Probleme und werden in nahezu allen Mitgliedstaaten der EU - sowie mittlerweile auch auf europäischer Ebene4 - Sonderregeln unterworfen5. Diese Beschränkung einer speziellen Form von Gewährleistungsvereinbarungen soll von den Grenzen für individuell vereinbarte Klauseln, die entweder als allgemein geltende vertragsrechtliche oder als generelle kaufrechtliche Regelungen von den Gesetzgebern bzw. der Rechtsprechung vorgesehen werden, getrennt behandelt werden. Darüberhinaus werden in neuerer Zeit zuneh­ mend zwingende Bestimmungen erlassen, die allein für Verbraucherkäufe gelten. Diese werden abschließend als besondere kaufrechtliche Schranken der Privatautonomie untersucht.

L Die Funktion von Grenzen für Gewährleistungsabsprachen durch die Kaufvertragsparteien

Bevor auf die einzelstaatlichen Regelungen zur Begrenzung der Vertrags­ freiheit bezüglich der Sachmängelgewährleistung eingegangen wird, sollen die Gründe aufgezeigt werden, die einen derartigen Eingriff des Gesetz­ gebers bzw. der Rechtsprechung rechtfertigen können. Geht man davon aus, daß im Bereich des Vertragsrechts den Individuen eigenverantwortli­ ches Handeln zwecks Maximierung der gemeinsamen Vorteile ermöglicht werden soll, dann sind sie nur dann an gesetzliche Vorgaben zu binden, 3 In den meisten deutschen Untersuchungen zur Sachmängelhaftung wird diese zweite Variante vertraglicher Haftungsregelungen nicht, so etwa bei Basedow, Reform, 1988, S. 81 ff., Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 182 ff, oder unter Wert behan­ delt, während in vom Common Law geprägten Darstellungen die Haftungserweiterung eine wichtige Rolle spielt, vgl. etwa Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 90 ff. (sec. 119 ff). 4 Zur EG-Richtlinie bezüglich mißbräuchlicher Verbrauchervertragsklauseln (93/13/EWG) v. 5.4.1993, AblEG 1993, L 95/29-34, u. 2.b) bb) (1). 5 Zumindest im gewerblichen Verkehr kann außerdem davon ausgegangen werden, daß sich Freizeichnungen „fast durchweg in allgemeinen Geschäftsbedingungen befinden”, HUBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 62 zu Art. 45.

wenn sie typischerweise nicht in der Lage sind, das erwünschte Ergebnis auf dem Verhandlungswege zu erreichen6.

a) Einschränkung der Gewährleistung

aa) Allgemeine vertragsrechtliche Gesichtspunkte Die Beurteilung, wer in einer Vertragsbeziehung welche Risiken in welcher Höhe besser zu tragen vermag, kann aufgrund der erforderlichen Einbezie­ hung der jeweiligen Umstände im Normalfall eher von den Parteien selbst vorgenommen werden als von einem notwendigerweise generalisierenden Gesetzgeber7. Dies würde dafür sprechen, den zwischen den Betroffenen über die Sachmängelgewährleistung abgeschlossenen Vereinbarungen grundsätzlich den Vorrang vor gesetzlichen Bestimmungen zu verschaffen, und damit insoweit der Gestaltungsfreiheit hinsichtlich des Vertragsinhalts als Bestandteil der Privatautonomie Priorität gegenüber staatlichen Beschränkungen dieser Handlungsrechte einzuräumen8. Abgesehen von einer Reduzierung der Transaktionskosten der Parteien, die - wie bei dispositiven Regelungen - auch durch zwingendes Recht herbeigeführt wird, besitzen private Absprachen jedoch nur dann einen plausiblen Vorteil gegenüber öffentlichen Regulierungen, wenn - unter anderem - zwei Grundvoraussetzungen gegeben sind, die sich zum einen auf die Annahme individueller Rationalität und zum anderen auf das Umfeld des Vertrages beziehen9: Erstens müssen die Vereinbarungen den tatsächlichen Willen der Beteiligten - und damit ökonomisch ausgedrückt ihre wahren Präferenzen - widerspiegeln, denn nur dann können die darin zum Ausdruck kommenden individuellen Informationsvorteile genutzt werden10. Und zweitens dürfen die Vereinbarungen keine Beeinträchtigun­

6 S. o. Einleitung 1. b. ). 7 Behrens, Grundlagen, 1986, S. 169, spricht allgemein von der „Vermutung der Effizienz“ zugunsten einer vertraglichen Risikoallokation. Dem liegen Informations­ vorteile der Individuen auf einem Markt zugrunde. 8 Ähnlich Basedow, Reform, 1988, S. 81, mit ausdrücklichem Bezug auf die Ver­ tragsfreiheit, sowie v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 41 (sec. 48): „parties should, for the most part, be free to allocate the risks inherent in a transaction". 9 COOTER/ULEN, Law and Economics, 1988, S. 236 ff., ordnen diesen beiden Berei­ chen noch weitere Voraussetzungen zu, wie etwa das Maximierungsverhalten der Individuen oder das Vorhandensein alternativer Geschäftspartner. 10 Ähnlich im Zusammenhang mit Informationsproblemen Behrens, Grundlagen, 1986, S. 108. COOTER/ULEN, Law and Economics, 1988, unterscheiden allerdings die grundsätzliche Möglichkeit der Bildung beständiger und wohlgeordneter Präferenzen

gen für nicht in die Verhandlungen einbezogene Dritte - also ökonomisch betrachtet negative externe Effekte - erzeugen11, weil ansonsten die vermutete Aggregation der individuellen Tauschvorteile zu einer gesamt­ wirtschaftlichen Wohlfahrtssteigerung beeinträchtigt wird12. Für die hier betrachteten Einschränkungen der Gewährleistung des Verkäufers kann der zweite Gesichtspunkt vernachlässigt werden, denn Schädigungen Dritter durch mangelhafte Ware werden von der Gewährleistung des Verkäufers für Sachmängel in der Regel nicht direkt erfaßt13, so daß eine Reduzierung der Haftung nicht auf Unbeteiligte durchschlagen kann14. Einer indirekten Einbeziehung von Fremdschäden als Schadensposten in den Ersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer liegt dagegen in der Regel eine Ver­ pflichtung des Käufers gegenüber dem Dritten zugrunde, so daß trotz Einschränkung der Verkäuferhaftung jener durch den Käufer zu entschädi­ gen ist15 und auch insofern keine externen Effekte der Gewährleistungs­ beschränkung auftreten16. Damit konzentrieren sich die Überlegungen auf die oben zuerst genannte Voraussetzung für die Bevorzugung privater Vereinbarungen gegenüber

durch die Parteien, S. 237, von der vollständigen Information der Parteien im kon­ kreten Fall, S. 238 f. 11 Vom gesamtwirtschaftlichen Standpunkt aus wirken auch positive Externalitäten, d.h. Dritten ohne Kompensation zufließender Nutzen, verzerrend bei der Zuordnung von Ressourcen und fuhren damit zu Ineffizienzen, vgl. etwa Behrens, Grundlagen, 1986, S. 86. Zur Reziprozität dieser Effekte eingehend Kirchner, in: FS Ingo Schmidt, 1997, S. 39, 41 ff. 12 So Behrens, Grundlagen, 1986, S. 86, bezogen auf den Konsens aller Individuen ebd., S. 151. 13 Selbst dort, wo vertragliche Produkthaftungsregeln gelten, werden vertragsfremde Dritte nicht, wie etwa in Frankreich aufgrund der „action directe" , vgl. dazu Bittner, Schutz, 1987, S. 89 ff., 121 ff, Rohs/Weber Rdnr. 24, in: Produkthaftungshandbuch, 1991, S.423, oder kaum erfaßt, wie in Österreich nach der vor dem Produkthaftungs­ gesetz von 1988 entwickelten Rechtsprechung zur Schutzwirkung des Kaufvertrages, OGH v. 28.11.1978, JB1 1979, S. 483 f., vgl. Wandt, Produkthaftung, 1995, S. 77 14 Dies wäre in Frankreich die Konsequenz der Konstruktion eines Forderungsüber­ gangs aus dem ursprünglichen Kaufvertrag, vgl. Rohs/Weber Rdnr. 25, in: Produkt­ haftungshandbuch, 1991, S. 423, ähnlich in Österreich OGH v. 19.03.1978, SZ 51/169. 15 Genauer betrachtet könnte allerdings die Durchsetzungsfähigkeit des dem Dritten zustehenden Anspruchs durch eine Haftungsbeschränkung leiden, denn unter Umstän­ den verliert er mit der Haftung des Verkäufers eine Absicherung der Solvenz des Käufers. Auf diese äußerst vermittelte Wirkung soll jedoch hier nicht weiter eingegan­ gen werden. 16 Auch COOTER/ULEN, Law and Economics, 1988, S. 238, halten generell bei Ver­ trägen ungünstige Auswirkungen auf Dritte für wenig auffällig.

staatlichen Anordnungen, nach der sicherzustellen ist, daß die individuellen Vorstellungen in der Absprache zuverlässig zum Ausdruck gebracht werden konnten. Eine den Umständen angemessene Willensbildung wird insbeson­ dere dann verhindert, wenn eine Partei grundsätzlich nicht fähig ist, die Tragweite ihrer Entscheidung zu übersehen, wenn sie im konkreten Fall eine irrige Einschätzung vornimmt, oder wenn sie bewußt an einer zutref­ fenden Bewertung ihrer Lage gehindert wird. Diese Sachverhalte werden rechtlich von den Tatbeständen der Geschäftsunfähigkeit, des Irrtums sowie der Täuschung oder Drohung erfaßt und fuhren traditionell in allen Privatrechtsordnungen zur Unwirksamkeit oder Vernichtbarkeit der darauf gegründeten Vereinbarungen17. Dies wird auch unter ökonomischen Aspekten allgemein akzeptiert18. Derartige Fälle verzerrter Präferenzen­ bildung bzw. -artikulation gelten ganz allgemein für jede rechtlich rele­ vante Äußerung und sollen daher hier nicht weiter erörtert werden. Man kann jedoch bei einem Leistungsversprechen innerhalb eines Ver­ trages, wie es auch der Verkäufer hinsichtlich der Qualität der Kaufsache erbringt, zumindest die Entlastung von jeglicher Haftung für die korrekte Leistungserbringung als eine besondere Art der Täuschung, d.h. eine Ver­ letzung der Pflicht, die andere Seite nicht falsch zu informieren, ansehen19: 20 Steht der Versprechende nicht einmal in den Fällen ein, in denen er bewußt gegen seine Leistungspflichten verstößt, so ist er praktisch frei, seiner Vertragspflicht nachzukommen oder nicht, und es besteht in Wahrheit entgegen dem äußeren Anschein - gar keine Verpflichtung2^. Stellt man die Vertragsgestaltungsfreiheit in den Vordergrund, so wäre eine Freizeichnung für vorsätzliche Vertragsverstöße zwar dann zulässig, wenn sie ausreichend 17 In Deutschland etwa §§ 105, 119, 123 BGB, rechtsvergleichend Kötz, Vertrags­ recht I, 1996, S. 148 ff., 260 ff., 298 ff. 18 Vgl. COOTER/ULEN, Law and Economics, 1988, S. 248 ff., die eine ausführliche ökonomische Betrachtung der entsprechenden Regelungen des Common Law bieten, sowie etwa Posner, Economic Analysis, 1986, S. 104, der allerdings die Rechtferti­ gung für einen Eingriff in vertragliche Absprachen auf „fraud, incompetency and coercion" beschränken will. 19 So führt etwa in Deutschland die Vereinbarung einer unzulässigen AGB-Klausel möglicherweise zu einer Haftung aus culpa in contrahendo, BGH v. 28.5.1984, ZIP 1984, S. 1198 (1200), allerdings wird hier etwas enger auf die Täuschung über die Wirksamkeit der Klausel abgestellt. 20 So unter Bezug auf das Common Law, wo die vertragliche Leistung grundsätzlich als garantiert angesehen wird, v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 42 (sec. 49). In den meisten kontinentalen Rechten erscheint der Widerspruch zwischen dem bloßen Versprechen einer Leistung und seiner Zurücknahme durch einen Haftungsausschluß weniger kraß. So könnte etwa in Deutschland zumindest eine Naturalobligation vorliegen.

deutlich zum Ausdruck bringt, daß eigentlich gar keine Verpflichtung vorliegt21, und damit jede Täuschung darüber ausgeschlossen ist. Aber auch bei einer eindeutig formulierten Haftungsbefreiungsklausel spricht immer noch für eine bewußte Irreführung, daß der Versprechende nicht von vornherein jede Verpflichtung klar ablehnt und gar keinen Vertrag ein­ geht22. Ein Haftungsausschluß für vorsätzliche Vertragspflichtverletzungen führt daher zu einem Geschäft, in dem die Interessen des Verspre­ chensempfängers nicht angemessen zum Ausdruck kommen können und damit zu einer Fehlallokation von Ressourcen, so daß die Durchsetzung eines derartigen Vertrages zumindest nicht mit staatlicher Hilfe unterstützt werden sollte. Im Grunde würde es zwar ausreichen, dem gesamten Vertrag aufgrund des vollständigen Haftungsausschlusses seine Wirkung abzusprechen. Will man jedoch erreichen, daß derartige Vereinbarungen gar nicht erst getrof­ fen werden, so daß gesamtwirtschaftlich die dafür aufzuwendenden Transaktionskosten vermieden werden23, oder daß sogar ein Anreiz zum Abschluß von den Zielen beider Parteien dienenden Verträgen24 vermittelt wird, dann muß man denjenigen beeinflussen, in dessen Interesse das Zustandekommen des Vertrages mit einem Haftungsausschluß liegt, in diesem Fall also den Versprechenden. Sowohl die Steuerung der Intensität des Anreizes als auch die Beschränkung auf den notwendigen Umfang des staatlichen Eingriffs in die privaten Vereinbarungen25 wird am besten 21 Dies war die traditionelle englische Position, etwa Atkin, L.J., in The Cap Palos (1921), P. 458 (471 f.): „a contractor may ... make a valid contract that he is not to be liable for any failure to perform his contract, including even wilful default; but he must use very clear words to express the purpose ...”, vgl. v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 42 f. (sec. 49). 22 Vgl. v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 42 (sec. 49), der dieser Sichtweise zuschreibt, daß „exculpation clauses applied to intentional breach are inherently deceptive."

23 Hier könnte man außerdem argumentieren, daß durch eine derartige „Scheinver­ pflichtung" das Instrument des Vertrages als solches entwertet und in gewisser Weise mißbraucht würde, so daß das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen untergraben werden könnte. Dies entspräche in etwa der Ablehnung des „efficient breach” als ebenfalls bewußte Vertragsverletzung. 24 Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 230, bezeichnen derartige Vereinba­ rungen als perfekte Verträge 25 Vgl. Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 233, die bei bestimmbaren Unvollkommenheiten der vertraglichen Absprachen einen dementsprechend präzisen regulativen Eingriff in die private Vereinbarung fordern, der dazu führt, daß dem Vertrag nur eine selektive Durchsetzbarkeit („„selective enforcement"), also ohne die zu den Imperfektionen führenden Klauseln, zugestanden wird. Diese Methode liegt unter anderem auch dem deutschen § 6 I AGBG zugrunde.

dadurch gewährleistet, daß nur die Haftungsausschlußklausel nicht zur Wirksamkeit gelangt, der Vertrag im übrigen jedoch gültig ist, so daß den Versprechenden die volle Einstandspflicht trifft. Diese gegenüber der Unwirksamkeit des gesamten Geschäfts in der Regel stärkere Belastung des Schuldners trägt dazu bei, daß unerwünschte Freizeichnungen weniger häufig verwendet werden. Die unbedingte Aufrechterhaltung des Einstehens für vorsätzliches vertragswidriges Verhalten wird darüberhinaus gestützt durch den Zweck der Gewährleistung, soweit man auf ihre Funktion als Vertrauenssignal26 sowie auf ihre Präventionsfunktion27 abhebt. Vor diesem Hintergrund ist die Unterbindung willkürlicher Vertragsverletzungen ein unverzichtbares Element des Vertragsrechts28. 29Außerdem erscheint der vorsätzlich Han­ delnde in jedem Fall als derjenige, der die Verwirklichung des Risikos am einfachsten, nämlich durch das bloße Unterlassen seines Entschlusses zur Tat, und damit am kostengünstigsten hätte vermeiden können, so daß aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen in jedem Falle ihm die Haftung aufzuerlegen ist . Die unterlassene Unterrichtung des Käufers bezüglich der einer Ware zuzuschreibenden Eigenschaften oder ihr anhaftender Fehler stellt einen Sonderfall derartiger Täuschungen bei Kaufverträgen dar: Hätte der Verkäufer seinen Vertragspartner darüber aufgeklärt, daß eine dem Käufer wichtige Eigenschaft der Kaufsache nicht vorliegt oder sie einen Mangel besitzt, dann hätte dieser keinesfalls auf eine Verantwortung des Verkäufers verzichtet30, sondern unter diesen Bedingungen den Vertrag im Zweifel eher nicht abgeschlossen. Eine Zustimmung zum Gewährleistungsausschluß ist also nur deshalb erfolgt, weil der Käufer vom Verkäufer nicht darüber informiert worden ist, daß seine Präferenzen in der Vereinbarung nicht hinreichend berücksichtigt werden konnten. Auch hier ist bereits der 26 Dazu o. I.1.a). 27 Dazu o. I.l.a), sowie o. 3.c) cc). 28 Ebenso Commission on European Contract Law, Principles I, 1995, S. 148, da es ansonsten eine „restriction on the binding force of the contract” wäre. 29 Für den hier behandelten Bereich der mangelhaften Leistung ist anders als bei der alternativ verwendbaren Nichtleistung auch nicht ersichtlich, welche Vorteile der Verkäufer daraus über die Haftungsentlastung hinaus ziehen sollte, so daß eine „effiziente” Vertragsverletzung nicht in Betracht kommt. 30 Ähnlich P.Bydlinski, JB1 1993, S. 568/569, der die Gewährleistungseinschrän­ kung dahingehend auslegen will, daß sie sich nicht auf dem Verkäufer bekannte Mängel erstreckt, weil dann offensichtlich ist, daß der Käufer unter diesen Umständen seine Rechte nicht aufgeben will.

vorvertragliche Entscheidungsprozeß auf Seiten des Käufers durch den Verkäufer beeinflußt worden, so daß unter diesen Umständen eine Ein­ schränkung der Haftung des Verkäufers nicht zulässig sein sollte. Der Verkäufer kann nämlich in den Fällen, in denen ihm ein Mangel bekannt ist oder er vom Fehlen einer Eigenschaft weiß, auf die es dem Käufer erkenn­ bar ankommt, den Abschluß eines nicht den Vorstellungen des Käufers dienenden Vertrages sehr einfach verhindern. Es wäre also aus den bereits oben angeführten Gründen ebenfalls kontraproduktiv, wenn sich der Verkäufer insoweit entlasten könnte. bb) Besonderheiten bei der Verwendung vorformulierter Vertrags­ bedingungen

Die oben angeführten Überlegungen gelten für alle Arten von gewährlei­ stungsbeschränkenden Vereinbarungen, seien sie individuell ausgehandelt oder durch vorformulierte Bedingungen getroffen. Es fragt sich jedoch, ob nicht an die Wirksamkeit von auf spezielle Weise, nämlich durch Allgemei­ ne Geschäftsbedingungen oder vorformulierte Vertragsbestandteile, zustande gekommene Freizeichnungen strengere Anforderungen zu stellen sind. Auch in diesen Fällen bleibt es bei dem Grundsatz, daß ein Eingriff in die Vertragsfreiheit nur in Betracht kommt, wenn die notwendigen Voraus­ setzungen für eine freiwillige und an den individuellen Präferenzen ausgerichtete Zustimmung einer Seite nicht vorliegen31. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterscheiden sich vom individuell vereinbarten Vertragsinhalt vor allem dadurch, daß sie von der einen Seite bereits vor der Aufnahme der Vertragsverhandlungen ausgestaltet worden sind und dann gegenüber der anderen Partei zur Grundlage der eigentlichen Vereinbarung gemacht werden32. Durch das Vorformulieren der Vertrags­ bedingungen wendet die eine Seite zwar Kosten auf, gewinnt dadurch aber - neben der Einsparung zukünftiger Vertragskosten - vor allem einen Informationsvorteil bezüglich des Inhalts dieser Klauseln gegenüber der anderen Seite. Dieser kann eigentlich nur dadurch wettgemacht werden, 31 Dazu o. aa). 32 So etwa die Definition von AGB in Deutschland nach § 1 I AGBG als „vorformu­ liert” sowie „gestellt”. Das Merkmal „für eine Vielzahl von Verträgen” bezieht sich zwar auf die „Allgemeinheit“ der Geschäftsbedingungen, spielt jedoch für das Verhältnis zweier konkreter Vertragspartner nur insofern eine Rolle, als der generali­ sierende Charakter der Klauseln die konkrete Vertragssituation nicht erfassen kann. Ökonomisch wird damit die Einsparung von Transaktionskosten durch Skalenerträge bei der mehrfachen Verwendung ins Spiel gebracht, dazu u. bei Fn. 34.

daß der Verhandlungspartner ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Aufwand für die Überprüfung und eventuelle Änderung der „fremden“ Geschäftsbedingungen betreibt33. Gesamtwirtschaftlich werden durch AGB also zunächst einmal zusätzliche Transaktionskosten verursacht, die nur insoweit sinnvoll sind, wie sie zur Vermeidung von später bei der Vertrags­ durchführung möglicherweise auftretenden Kosten dienen. Die immer wieder angeführte Einsparung von Abschluß- und Verhandlungskosten34 tritt auf Seiten des Verwenders vor allem ein, wenn er die ausgearbeiteten Geschäftsbedingungen mehrfach gebraucht und dadurch die dafür einmal aufgewandten Kosten je Benutzung mit zunehmendem Einsatz immer geringer werden (economies of scale). Auf der Seite der anderen Vertrags­ partei entstehen nur dann keine Informationskosten, wenn diese keinen Überprüfungsaufwand betreibt. Bei der ungeprüften Übernahme von AGB können jedoch andererseits für diese Vertragsseite Kosten durch eine nicht erwartete Belastung mit Vertragsrisiken auftreten35. Eine an den Transakti­ onskosten ausgerichtete gesetzliche Regelung müßte also dafür sorgen, daß sowohl der Formulierungsaufwand des Verwenders wie der Überprüfüngsaufwand des Gegenübers minimiert wird. Bezogen auf haftungsbeschränkende AGB-Klauseln bei Verträgen, für die eine gesetzliche - dispositive - Regelung existiert36, wie bei den hier zu erörternden Kaufverträgen, ergibt sich daraus folgendes: Die auf Seiten des Verwenders eingesetzten Kosten zur Abänderung der vom Gesetzgeber 33 Darauf weist auch Kötz, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 191, sowie Kötz/ MünchKomm, BGB, 1993, Rdnr. 3 Einl. AGBG, hin. Ähnlich auch Haas, Haftungs­ freizeichnungsklauseln, 1991, S. 53, der von „Informationslasten” spricht, sowie Behrens, Grundlagen, 1986, S. 171: „kann ... der Verwender der anderen Partei ... zusätzliche Informationskosten zuschieben.” 34 So etwa KöTZ/MünchKomm, BGB, 1993, Rdnr. 1 Einl. AGBG, Kötz, Vertrags­ recht I, 1996, S. 210. Ähnlich Behrens, Grundlagen, 1986, S. 171, Posner, Economic Analysis, 1986, S. 102 f., oder auch Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 48: „prinzipiell legitime(r) Rationalisierungszweck ”. 35 Die Geringfügigkeit dieser Kosten gegenüber den „prohibitiv hohen Transakti­ onskosten” für die Informationsbeschaffung bezüglich der AGB stellt für Kötz, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 191 f., sowie KöTZ/MünchKomm, BGB, 1993, Rdnr. 3 Einl. AGBG, Rdnr. 6 b zu § 9 AGBG, Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 213, den Grund für die überwiegende Hinnahme von AGB dar. Differenzierter, aber mit gleichem Ergebnis Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 52. 36 Bei nicht geregelten neuartigen oder bei vom gesetzlichen Typus stark abwei­ chenden Verträgen sind AGB - als Ersatz für fehlendes dispositives Gesetzesrecht - für die Vollständigkeit des Vertrages erforderlich, so daß die dafür aufgewendeten Kosten entsprechend den Gesetzgebungskosten als grundsätzlich notwendig anzusehen sind.

vorgesehenen Haftungsbestimmungen sind gesamtwirtschaftlich nur in dem Maße sinnvoll, wie sie die vertraglichen Risiken so verteilen, daß gegen­ über dem dispositiven Recht geringere Risikovermeidungs- oder -beherr­ schungskosten entstehen37. Ist das dispositive Recht wiederum derart ausgestaltet, daß es für den Normalfall die aus den vertraglichen Risiken entstehenden Kosten minimiert und damit dem rational verstandenen gemeinsamen Interesse beider Parteien am nächsten kommt38, so sollten Abweichungen nur dann vereinbart werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine spezielle Risikoverteilung (einschließlich der für sie aufgewandten Kosten) vorteilhaft erscheinen lassen. Die Schwierigkeit ist allerdings, daß auch in diesem Fall die Parteien selbst gegenüber dem Gesetzgeber bzw. dem Richter über die besseren Informationen hinsichtlich des für ihre konkrete Situation zutreffenden Gewährleistungsregimes verfügen. Der Gesetzgeber kann jedoch zunächst eine grundsätzliche Einschätzung vornehmen und den Richter diese in Zweifelsfällen näher überprüfen lassen: Bei individuell ausgehandelten Vereinbarungen ist, abgesehen von den hier nicht näher behandelten Fällen von Zwang, Täuschung sowie Drohung oder Irrtum, unter rational handelnden Parteien eine für diese gegenüber dem dispositiven Recht günstigere Regelung zu vermuten. Bei der Aufstellung vorformulierter Klauseln erhält der Verwender dagegen einen Anreiz, in dem Maße in Informationsvorteile zu investieren, daß die Gegenseite die für einen Ausgleich notwendigen Überprüfungskosten scheut, zumal wenn sie im Gegensatz zum Verwender diese Aufwendungen nicht auf zahlreiche Vertragsabschlüsse verteilen kann. Ein derartiger Aufwand ist für den Verwender bis zur Höhe der durch die Haftungsbeschränkung bewirkten Risikoentlastung ertragreich, so daß der Anreiz mit dem Ausmaß der Haftungsentlastung steigt. Ein Abweichen von der gesetzlichen Risikover­ teilung wird aufgrund der auf diese Weise verursachten Informationsassymmetrie nicht unbedingt von der Zustimmung der anderen Partei getragen, so daß eine Vermutung zugunsten der Überlegenheit der vertrag­ lichen Regelung nicht mehr in Frage kommt. In diesem Fall müßte vor der Anwendung der Haftungsbeschränkung zunächst überprüft werden39, ob berechtigte Gründe für die Abweichung vom dispositiven Recht bestehen oder ob dieses herangezogen werden sollte. 37 Behrens, Grundlagen, 1986, S. 171, sowie Kötz, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 193, 195. 38 Dazu o. A.I.l.a). 39 Dadurch kann die Information der Gegenseite praktisch nachgeholt werden.

Der Gesetzgeber kann aus Vereinfachungsgründen (und damit ebenfalls zur Vermeidung von Kosten40) bestimmte Abweichungen von den Vor­ schriften des dispositiven Rechts herausgreifen, bei denen eine Verände­ rung der gesetzlichen Risikoverteilung nur in den seltensten Fällen ge­ rechtfertigt erscheint. Nach den oben erwähnten Anreizen für die Investi­ tion in Informationsvorteile durch den Verwender sind dies vor allem solche, die ihn stark entlasten. Die durch die Vorformulierung entstehende Informationsasymmetrie allein reicht aber nicht aus, um bestimmte Klau­ seln in jedem Fall zu untersagen, denn das würde bedeuten, daß sie unter keinen Umständen eine ökonomisch sinnvolle Risikoverteilung erzeugen können. In diesem Fall müßten sie jedoch auch als Individualklauseln wirkungslos sein. Durch eine Inhaltskontrolle von AGB wird daher übermäßiger Formulierungsaufwand auf Seiten des Verwenders verhindert, indem der Anreiz für gesamtwirtschaftlich nicht sinnvolle private Haftungs­ regelungen durch das Risiko ihrer Ungültigkeit vermindert wird. Zusätzlich können die Überprüfungskosten der Gegenpartei durch gesetzliche Vorschriften reduziert werden. Dafür bietet sich vor allem an, bestimmte Standards für die Information über die AGB sowie bezüglich ihrer formalen Gestaltung festzulegen41. Auf diese Weise wird außerdem erreicht, daß der Verwender nicht in Desinformation investiert.

Statt des hier zugrundegelegten Informationsmodells wird zur Rechtferti­ gung von staatlichen Eingriffen gegenüber vorformulierten Vertragsbedin­ gungen teilweise ein anderer Typ von Marktversagen herangezogen, nämlich ein (wirtschaftliches) Übergewicht des Verwenders gegenüber der anderen Partei bis hin zu einer Monopolstellung42. Auch wenn im Einzelfall oder innerhalb bestimmter Branchen43 eine Machtstellung von AGB­ Verwendern vorliegt oder der Kunde keine Möglichkeiten eines Vertrags­ abschlusses unter vorteilhafteren Bedingungen hat, so ist dies keinesfalls

40 Siehe zu den durch die gerichtliche Klärung der Rechtslage entstehenden Kosten u. B.I.l. 41 Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 56 ff. 42 So hat das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung seit RG v. 8.1.1906, RGZ 62, S. 264 (266), bei der Verwendung von AGB das mißbräuchliche Ausnutzen einer monopolartigen Machtstellung geprüft. Ein derartiges Machtgefälle wird in Deutsch­ land vielfach noch heute angenommen, vgl. U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 3 Einl. AGBG 43 So etwa die, allerdings unter staatlicher Aufsicht stehenden, „Konditionenkartel­ le” im Banken- und Versicherungsbereich.

die Regel und auch nicht das signifikante Problem bei der Vorformulierung von Vertragsbedingungen44. Im Bereich des Kaufrechts kann jedenfalls eine generell überlegene Marktstellung von AGB-verwendenden Verkäufern gegenüber Käufern nicht angenommen werden, ganz davon abgesehen, daß speziell marktbezogene rechtliche Regelungen, wie etwa das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, einen funktionierenden Wettbewerb eher gewährleisten können als auf Vertragsbedingungen bezogene Bestimmungen. cc) Die spezielle Situation bei Verbraucherkäufen Die bisherigen Erörterungen haben keine Unterscheidung nach den an den Vereinbarungen beteiligten Akteuren getroffen, sondern sie gelten für alle Arten von Vertragspartnern, seien sie nun geschäftlich bewandert oder privat unbekümmert. Es ist jedoch zu fragen, ob bezüglich der Zustimmung zu Gewährleistungsausschlüssen nach einem bei bestimmten Personenkrei­ sen zu vermutenden Informationsstand differenziert werden kann. Eine besondere Aufmerksamkeit erhält die Vereinbarung von Freizeichnungs­ klauseln zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. Als Begründung für eine „Sonderbehandlung”45 46 derartiger Geschäfte wird eine grundsätzliche Ungleichgewichtslage^ zwischen diesen beiden Typen von Vertragsparteien angeführt. Worin diese Asymmetrie liegt, bleibt überwiegend undeutlich und hängt vor allem von der Definition des Verbrauchers ab, die nicht nur international sondern auch innerhalb der einzelnen nationalen Rechte sehr uneinheitlich ist47. Vielfach wird als Verbraucher pauschal der sozial Schwächere oder ein wirtschaftlich Unterlegener bezeichnet48. Damit wird jedoch kein kennzeichnendes Ungleichgewicht gegenüber der Gruppe der gewerblichen oder professio­ nellen Akteure beschrieben, denn auch bei diesen können derartige Defizite individuell vorliegen, und andererseits muß es bei Verbrauchern nicht unbedingt der Fall sein. Ein genereller „Schutz des [jeweils] Schwäche­ 44 So auch Adams, BB 1989, S. 783, sowie Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 48, Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 212. 45 Im Sinne eines „Sonderprivatrechts”, wie es bei Dauner-Lieb, Verbraucher­ schutz, 1983, behandelt wird. 46 Bei Lurger, Solidarität, 1998, S. 77 f, etwa als personenbezogenes Element. 47 Dazu Teske, in: Recht und Ökonomie, 1985, S. 17 f., unter Hinweis auf das eher zufällige Herausgreifen der unterschiedlichsten Problemlagen unter dem Etikett „Verbraucherschutz”. Zum Verbraucherbegriff im einzelnen u. 2. b) bb). 48 T.Schneider, BB 1974, S. 764 ff, vgl. dazu auch Lohmann, Verbraucherschutz, 1992, S. 46.

ren"49 im Bereich des Vertragsrechts kann daher nur auf die konkrete Verhandlungsposition im Einzelfall abstellen49 50 und nicht pauschal alle Verbraucherverträge erfassen. Dies gilt auch für eine unterlegene Markt­ position, die im kaufmännischen Verkehr gleichermaßen auftreten kann, und die im übrigen durch eine Vertragskontrolle nicht zu beseitigen ist51. Die Einordnung des Verbrauchers als privat und damit nicht gewerblich oder professionell Handelnder52 deutet an, daß es wohl vor allem um fehlende Erfahrung in den jeweils betroffenen Geschäften geht, die die andere Seite dagegen besitzt53. Darin zeigt sich ein Informationsvorsprung, der allerdings auf unterschiedliche Weise Zustandekommen kann: Als unspezifischer Vorteil kann Gewerbetreibenden ihre geschäftliche Erfah­ rung in allen, also auch in ihren privaten, Angelegenheiten nützen54, aber dies gilt in ähnlicher Weise auch für die berufliche Übung nicht selbständig Tätiger und stellt damit kein Abgrenzungsmerkmal dar55. Ein spezifischer Wissensvorteil des beruflich Handelnden wird dagegen in erster Linie auf der Vielzahl von gleichartigen Transaktionen beruhen, die er innerhalb seiner Sparte durchführt56. Ein spezifischer Informationsnachteil besteht also auf der anderen Seite immer für die Partei, die nicht in ihrem besonde­ ren beruflichen Tätigkeitsfeld agiert, also auch bei Gewerbetreibenden, wenn sie private Verträge eingehen, oder wenn derartige Geschäfte nicht im Zentrum ihrer Tätigkeit stehen und damit selten vorkommen. Damit löst 49 So bezeichnenderweise v.Hippel, Schutz, 1982, im Titel seiner Monographie. 50 Dabei handelt es sich vor allem um Abweichungen von der im Vertragsrecht vorausgesetzten individuellen Rationalität in Bezug auf stabile, wohlgeordnete Präferenzen, unbeschränkte Wahlfreiheit sowie Maximierungsverhalten, vgl. die Übersicht bei Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 241, dazu o. aa), nach Fn. 9, ähnlich auch Lehmann, in: Recht und Risiko, 1988, S. 381. 51 So in Bezug auf AGB auch Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 226. 52 Im einzelnen u. 2. b) bb). Früher wurde dagegen zwischen Konsum- und Produk­ tionssphäre unterschieden, vgl. etwa Teske, in: Recht und Ökonomie, 1985, S. 20 f., wobei aber nicht klar wurde, welches die „strukturellen Unterschiede” zwischen diesen beiden Bereichen waren, die sich auf die Tauschakte auswirken. 53 Ebenso auch Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 227, ähnlich Lurger, Solidarität, 1998, S. 76. Zu dieser Informationsasymmetrie aus ökonomischer Perspektive Lohmann, Verbraucherschutz, 1992, S. 39 ff. 54 Unter Umständen wirkt sich darüberhinaus ihre geschäftliche Übung in ökono­ misch rationalem Verhalten auch auf ihre Präferenzenbildung und ihr Maximierungs­ verhalten im privaten Bereich aus. 55 Auch Williamson, JITE 1995, S. 49, läßt das Argument der Informationsasym­ metrie nur für „some goods and Services and/or for some consumer groups” gelten. 56 So auch mit Hinweis auf Skalenerträge Magoulas, in: Recht und Ökonomie, 1985, S. 44 f., während private Akteure als „small-scale-participants” angesehen werden, McKaay, Economics, 1980, S. 213.

sich aber der Verbraucherbegriff auf, und ein informationelles Gleich­ gewicht zwischen den Parteien könnte allenfalls noch bei Handelsgeschäf­ ten innerhalb derselben Branche angenommen werden.

Bezieht man diese Überlegungen nun auf die hier zu behandelnde kaufver­ tragliche Situation des Auftretens von Sachmängeln, so stellt man fest, daß sich der Verkäufer bezüglich der Kenntnis von Fehlern und Eigenschaften der Ware im Normalfall von vornherein bereits in einer besseren Situation befindet als der Käufer, was dazu fuhrt, daß ersterer Sachmängelfolgen in der Regel günstiger verhindern kann als letzterer57. Gerade aus diesem Grund ist es sinnvoll, ihm prinzipiell die Haftung zuzuweisen. Trotzdem muß es für die Parteien, in den oben erwähnten allgemeinen Grenzen58, zulässig sein, eine andere Einschätzung der Informationslage vorzunehmen. Daran ändert sich wenig, wenn der Verkäufer gewerblich oder beruflich tätig ist und damit seine Informationssituation weiter verbessert, denn dadurch werden seine Informationskosten nur stärker gesenkt und sein Vorteil graduell verstärkt59. Daraus kann man allenfalls ableiten, daß es in diesen Fällen noch problematischer wäre, den Verkäufer von der Haftung zu entlasten. Aus diesem Grunde könnte man versuchen, die Schwelle für eine vom dispositiven Recht zugunsten des gewerblichen Verkäufers abweichende Regelung bei Verträgen mit privaten Käufern zu erhöhen. Dies könnte dadurch geschehen, daß der Verkäufer die Abweichung zu begründen und ihren Sinn im Zweifel nachzuweisen hätte. Auch bei derartigen „Verbraucherkaufverträgen” sollte es aber möglich sein, Haftungseinschränkungen vorzunehmen, denn in den Fällen, wo im Einzelfall der Käufer den besseren Informationszugang besitzt60, etwa in Bezug auf die Verwendung der Ware oder auf das Schadensrisiko61, kann sich der nur verstärkende Erfahrungsvorteil des gewerblichen Verkäufers kaum mehr auswirken62. Legt man dagegen die Gewährleistung des gewerblichen oder professionellen Verkäufers unabdingbar fest, so schafft man für Verbraucher im Ergebnis eine Zwangsversicherung gegen Sach­ 57 Dazu o. I. a). 58 S. o. aa). 59 So hinsichtlich AGB auch Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 227. 60 Auch Williamson, JITE 1995, S. 49, sieht Informationsasymmetrien in beiden Richtungen. 61 So etwa mit Bezug auf die Produkthaftung Schwartz, JITE 1995, S. 33 62 Allenfalls ist an eine optimierte pauschale Einschätzung derartiger häufiger auftretenden Risiken durch den Verkäufer zu denken, die ihn eventuell zum überlege­ nen Versicherer macht.

mängel, noch dazu mit festgelegtem Leistungsinhalt, mit allen daraus entstehenden negativen Folgen.

b) Erweiterung der Gewährleistung

Auch bei der vertraglichen Ausdehnung der Gewährleistung gelten die bereits zur Gewährleistungsbeschränkung63 angeführten Überlegungen, daß den individuellen Vereinbarungen Vorrang gegenüber generellen Anord­ nungen des Gesetzgebers einzuräumen ist, jedenfalls soweit die dort genannten Voraussetzungen hinsichtlich individueller Rationalität und hinsichtlich des ökonomischen Umfeldes vorliegen. Der vollständigen Freizeichnung des Verkäufers64 steht auf der anderen Seite die Übernahme einer unbegrenzten Einstandspflicht für alle Ver­ tragsstörungen durch den Verkäufer zugunsten des Käufers gegenüber. Eine derartig weitgehende Garantie könnte insoweit problematisch sein, als der Präventionszweck der Gewährleistungsregeln es erfordert, demjenigen das Risiko zuzuweisen, der es am günstigsten vermeiden oder versichern kann. Zumindest bezüglich der Vermeidung ist aber der Verkäufer dann nicht mehr der geeignetste Risikoträger, wenn die Sache erst im Bereich des Käufers mangelhaft wirdy so daß eine Garantieübernahme für derarti­ ge Beeinträchtigungen nicht sinnvoll wäre. Allerdings kommt eine derartig weite Haftungsausdehnung in der Praxis wohl nur als besondere Garantie, etwa für die Haltbarkeit der Kaufsache, vor65, welche sich grundlegend von der Verantwortung für von Anfang an vorhandene Sachmängel unterschei­ det und daher hier nicht behandelt werden soll. Damit geht es um die Erweiterung des Gewährleistungsumfangs zum einen über den - meist auf das Gewöhnliche oder Voraussehbare - begrenzten gesetzlichen Schadensersatz hinaus, zum anderen um zusätzliche, besonde­ ren Präventionszwecken dienende Beträge („Strafzuschläge”). Befürwortet man aus Gründen des Anreizes zur Risikoinformation durch den Käufer eine Begrenzung des Schadensersatzes66, so könnte eine darüberhinausge­ hende individuelle Schadensersatzverpflichtung, etwa als Schadenspau­ schale, dazu führen, daß der Verkäufer insoweit uninformiert bleibt. 63 S. o. a). 64 S. o. a) aa). 65 Dazu etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 203, 206 zu § 459,

66 S. o. II.3 c) aa).

Normalerweise würde er in diesem Fall von einem durchschnittlichen Risiko ausgehen und bei Vorliegen eines ungewöhnlichen Risikos in die Schadensvermeidung unterinvestieren. Die Vereinbarung einer Abweichung von der Grundregel auf Initiative des Käufers wird ihm jedoch eher signalisieren, daß die Gefahr eines überdurchschnittlichen Schadens wahrscheinlich ist67 und er daher größere Anstrengungen zur vertragsge­ mäßen Leistung unternehmen muß. Eine derartige Erweiterung der Gewährleistung stellt daher eine Versicherung gegen ungewöhnliche Schadensrisiken des Käufers dar und ist dann sinnvoll, wenn der Verkäufer dafür der bestmögliche Versicherer ist68, wovon die Parteien bei einer derartigen Vereinbarung ausgehen.

Während in den eben angeführten Fällen der Verkäufer für den vollen, d.h. den tatsächlich eingetretenen, und nicht nur für den nach der jeweiligen vorgegebenen Haftungsregel ersetzbaren Schaden einsteht, geht die Vereinbarung einer Vertragsstrafe darüber hinaus, indem sie unabhängig von dem entstandenen Schaden eine weitergehende geldliche Verpflichtung vorsieht. Ihr Sinn liegt darin, dem Schuldner, also hier dem Verkäufer über die volle Kompensation eventuell auftretender Verluste hinaus - einen zusätzlichen Anreiz zu Einhaltung des Vertrages zu geben69. Dadurch wird es jedoch für ihn betriebswirtschaftlich sinnvoll, zur Schadensvermeidung Kosten bis in Höhe der Vertragsstrafe aufzuwenden, die, gemessen an den eigentlichen Schadensrisiken, zu hoch und damit gesamtwirtschaftlich wenig nutzbringend sind70. Diese Einschätzung trifft aber nur zu, soweit man den Aufwendungen des Schuldners allein die wirtschaftlich meßbaren Schäden gegenüber stellt. Wenn man dagegen zusätzlich eine besonders hohe subjektive Bewertung ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Gläubiger berücksichtigt, ändert 67 Auf diese Weise kann der Käufer seine Informationen über besondere Verhältnisse für sich behalten, vgl. dazu KöNDGEN/V.RANDOW, in: Allokationseffizienz, 1989, S. 239/240, mit Bezug auf die Vorhersehbarkeitsregel und die Vertragsstrafe. Aber auch ein derartiges „signaling" kann zu unerwünschten Ergebnissen führen, Hermalin/ Katz, JLEO 1993, S. 233. 68 So Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 293, zwar mit Bezug auf Straf­ klauseln, zu denen sie nach US-amerikanischem Recht aber bereits jede Schadenser­ satzvereinbarung oberhalb eines vernünftigerweise voraussehbaren Ausgleichs zählen. Eine weitere Grenze wird in den USA durch den tatsächlichen Schaden gezogen, Restatement (Second) of Contracts § 356 (1981), UCC § 2-718 I (1989). 69 Zur vertrauensschaffenden Wirkung einer Strafklausel Posner, Economic Analy­ sis, 1986, S. 116. 70 So Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 295.

sich das Bild: Unter diesen Umständen ist die Strafklausel die einzige Möglichkeit, derartige von einer gesetzlichen Schadensersatzregelung nicht erfaßte Verluste, etwa immaterieller Art, abzusichern. Dies ist wiederum dann wirtschaftlich vernünftig, wenn der Schuldner insoweit als der bessere Versicherer anzusehen ist71, oder er den Schaden ohne weiteres vermeiden konnte, weil er bewußt handelte72. Für diese Fälle sollten Vertragsstrafen deshalb zulässig bleiben. Kann der Käufer, so etwa in der Regel bei vertretbaren Sachen, dagegen kein besonderes Interesse an der konkreten Erfüllung geltend machen, stellt eine alternative (Ersatz-)Erfüllung gegenüber Strafklauseln die bessere Lösung dar73.

2. Grenzen vertraglicher Einschränkungen der Gewährleistung a) Allgemeine kauf- und vertragsrechtliche Grenzen

Ein großer Teil der hier einbezogenen Rechtsordnungen enthält Regelun­ gen, die die Vereinbarung von Gewährleistungsausschlüssen bei Kaufver­ trägen einschränken74, indem sie sie in besonderen Fällen, vor allem bei Arglist oder Vorsatz sowie bei einer besonderen Garantie des Verkäufers, für unzulässig erklären. Darüberhinaus finden sich in den Vertragsrechten dieser Rechtsordnungen ähnliche Vorschriften für sämtliche Verträge75, die die Haftung des Schuldners bei Vorsatz, teilweise auch schon bei grober Fahrlässigkeit, zwingend ausgestalten. In der Mehrzahl der Rechtsordnun­ gen, die weder kaufvertragliche noch allgemein schuldvertragliche Ein­ schränkungen von Gewährleistungsausschlüssen kennen, erzielt die jeweilige Rechtsprechung ähnliche Ergebnisse, indem sie Generalklauseln zur Sittenwidrigkeit oder Unangemessenheit bei der Überprüfung von Vereinbarungen über die Einschränkungen der Gewährleistung für Sach­ mängel heranzieht. Die mitteleuropäischen Kaufrechte kennen - bis auf Österreich mit dem ältesten unter den hier betrachteten Zivilgesetzbüchern dieses Rechtskrei­

71 COOTER/ULEN, Law and Economics, 1988, S. 293. 72 So Posner, Economic Analysis, 1986, S. 116, für opportunistisches Handeln, was die (arg)„listige” Verfolgung eigener Interessen bezeichnet, Williamson, Institutionen, 1990, S. 34. 73 Cooter/Ulen, Law and Economics, 1988, S. 610 (Anm. 7.20), s. o. II. 2. c) aa). 74 Vgl. schon Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 182 f. 75 Vgl. schon Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 362 f.

ses - spezielle Vorschriften, die bei einem besonders schwerwiegendem Fehlverhalten des Verkäufers hinsichtlich seiner Informationspflichten, nämlich bei einem arglistigen Verschweigen eines Fehlers, einen Gewähr­ leistungsausschluß untersagen. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch allgemeine vertragsrechtliche Regelungen, durch die Haftungsbeschrän­ kungen für vorsätzliches Verhalten ausgeschlossen werden, während grobe Fahrlässigkeit unterschiedlich behandelt wird. Außerdem wird dort, wo eine Zusicherung des Verkäufers als eigen­ ständige Grundlage für die Gewährleistung dient, die Zurücknahme dieser Haftungszusage durch eine gegenläufige Vertragsklausel in der Regel für unzulässig gehalten. Das deutsche Kaufrecht bestimmt, daß jede „Vereinbarung, durch welche

die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sa­ che erlassen oder beschränkt wird”, nichtig ist, „wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt” (§ 476 BGB). Dies gilt auch für den Gat­ tungskauf, auf den § 476 BGB entsprechend anzuwenden ist (§ 480 I 2 BGB)76. Voraussetzung für die Unwirksamkeit der Haftungsbeschränkung

ist damit, daß der Verkäufer den Mangel kennt oder im Sinne eines beding­ ten Vorsatzes mit seinem Vorhandensein rechnet77, und ihn, obwohl er von der Unkenntnis des Käufers ausgehen muß - insofern also arglistig78 -,

nicht offenbart. Fahrlässiges Verhalten, auch wenn es einen groben Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten darstellt, reicht dagegen nicht aus79. Das von

der Rechtsprechung dem arglistigen Verschweigen in den Haftungsfolgen gern. § 463 BGB gleichgestellte arglistige Vorspiegeln von Eigenschaften80

76 Als Zeitpunkt, zu dem die Arglist vorliegen muß, kommt bei Gattungssachen aber nicht nur der Vertragsabschluß sondern auch der Zeitpunkt der Konkretisierung, also meist der Lieferung, hinzu, da der Verkäufer keinen Gegenstand zur Vertragserfüllung bestimmen soll, von dessen Mangelhaftigkeit er ausgehen muß, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 41 zu § 476. 77 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 8 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 24 zu § 476, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 24 zu § 476. 78 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 7 zu § 476. Bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 185, weist darauf hin, daß die Praxis in Deutschland kaum über die bloße Kenntnis hinausgehende Erfordernisse für die Arglist verlangt. Zu den Unterschieden gegenüber der arglistigen Täuschung gern. § 123 BGB etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 2 zu § 476, zur Abgrenzung von der Gewährleistung o. I.2.b) bb). 79 RGZ 62, S. 300 (302), und in neuerer Zeit BGH v. 16.3.1977, NJW 1977, S. 1055, WESTERMANN/MünchKomm, 1995, Rdnr. 8 zu § 463. Die Grenze zwischem bedingten Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ist jedoch schwer zu bestimmen, vgl. die Rechtspre­ chungsnachweise bei HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 26 zu § 476. 80 Dazu o. II.3.a) bb) (2).

ist in gleicher Weise dem Freizeichnungsverbot des § 476 BGB zu unter­ werfen81. Die Schuldrechtsreform will es bei dieser Begrenzung von Einschrän­

kungen kaufrechtlicher Gewährleistung auf Fälle der Arglist belassen

(§ 445 a.E. BGB-KE: „wenn [der Verkäufer] den Mangel arglistig ver­ schweigt”). Es soll nur klargestellt werden, daß allein die Freizeichnung, aber nicht der gesamte Vertrag unwirksam wird (§ 445 BGB-KE: „Auf eine Vereinbarung ... kann sich der Verkäufer nicht berufen ...”)82.

Außerdem kann nach dem deutschen Schuldrecht generell „die Haftung wegen Vorsatzes ... nicht im voraus erlassen werden” (§ 276 II BGB)83. Damit muß vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an der Verkäufer bereits für jedes vorsätzlich vertragswidrige Verhalten einstehen84. Im Bereich der

Sachmängel geht es dabei in erster Linie um Handlungen des Verkäufers, die zwischen Kaufabschluß und Gefahrübergang einen Mangel verursachen, oder um das Verschweigen von Mängeln, die der Verkäufer in dieser Zeit

erkennt. Auf grob fahrlässiges Verhalten ist § 276 II BGB dagegen eben­ falls nicht anwendbar, so daß der Verkäufer insoweit seine Verantwortung beschränken kann85. Eine Verschärfung dieser Regelung hat die Schuld­ rechtskommission ausdrücklich abgelehnt86.

Die Haftung des Verkäufers für die Zusicherung einer Eigenschaft wird ebenfalls von § 476 BGB erfaßt, denn dort wird pauschal auf die „Ge­

währleistung wegen Mängel der Sache” bezug genommen bzw. vom „Ver­ schweigen eines Mangels” ausgegangen, so daß der Mangelbegriff des

§ 459 BGB anzuwenden ist, der neben dem Fehler auch die Zusicherung beinhaltet. Wenn daher der Verkäufer dem Käufer eine Eigenschaft der

81 So schon RG v. 1.11.1913, RGZ 83, S. 241 (243), WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 16 zu § 476, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 16 zu § 476, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 24 zu § 476. 82 Abschlußbericht, 1992, S. 232. 83 Damit wird wie in § 476 BGB nicht nur die völlige Freizeichnung erfaßt, sondern auch eine summenmäßige Begrenzung oder die Verkürzung von Verjährungsfristen, vgl. v.Westphalen Rdnr. 299, in: Handbuch, 1992, S. 314. 84 Das Verhalten vor Vertragsschluß könnte dagegen grundsätzlich einem Haftungs­ ausschluß im Vertrag unterworfen werden, weil etwaige Schadensersatzansprüche bereits entstanden sind und diese Entlastung nicht „im Voraus” erfolgen würde. Voraussetzung wäre aber auch hier, daß der Gläubiger darüber nicht weniger informiert ist als der Schuldner, weil sonst keine echte Zustimmung erfolgt. 85 So bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 363, zur Haftung des Verkäufers bei Unmöglichkeit. Der historische Gesetzgeber wollte eine „unhaltbare Beschränkung der Privatautonomie” verhindern, für die kein „genügendes praktisches Bedürfnis” bestünde, Motive II, 1888, S. 31. 86 Abschlußbericht, 1992, S. 124.

Kaufsache zusichert, die nach seiner Kenntnis gar nicht vorhanden ist, so

kann er seine Haftung nicht ausschließen oder beschränken . Man kann

hinsichtlich der Zusicherung von Eigenschaften jedoch auch generell die Frage stellen, ob die von den Parteien beabsichtigte Garantiefunktion der Verkäufererklärung noch einen Sinn ergibt, wenn sie durch einen Haftungs­ ausschluß für wirkungslos erklärt wird87 88. Die Rechtsprechung versucht häufig, eine der beiden widersprechenden Vereinbarungen durch Auslegung

zu beseitigen, und zwar die aufgrund ihrer Allgemeinheit oder ihrer man­ gelnden Hervorhebung schwieriger zuzuordnende bzw. erkennbare Erklä­ rung89. 90 Damit wird im Ergebnis auf die notwendige Information der Partei­

en über den Vertragsinhalt abgestellt, dem sie zustimmen, damit ein ihren Präferenzen entsprechender Vertrag Zustandekommen kann . Eine bloße Einschränkung der Haftung aus Zusicherung widerspricht dagegen nicht

unbedingt der Funktion dieser Art von Garantieübernahme, so daß sowohl

ihre Höhe begrenzt als auch bestimmte Schadensposten (wie entgangener Gewinn oder Folgeschäden) ausgeschlossen werden können. Teilweise wird wohl sogar der Ausschluß jeglichen Schadensersatzes gern. § 463 Satz 1

bzw. § 480 II BGB für zulässig gehalten, so daß der Käufer nur noch Wan­ delung oder Minderung geltend machen kann91. Diese letztere, sehr gravie­

rende Beschränkung der Haftung macht jedoch wenig Sinn, da die Zusiche­ rung damit im Ergebnis nicht mehr „wert” ist, als eine bloße Eigenschafts­ bestimmung im Kaufvertrag, und sie somit überflüssig wird92.

87 BGH v. 30.11.1990, NJW 1991, S. 912 - zum Grundstückskauf, BGH v. 30.01.1985, BGHZ 93, S.338 (342) - zum Grundstückskauf, WESTERMANN/Münch­ Komm, BGB, 1995, Rdnr. 17 zu § 476, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 201 zu § 459. 88 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 134 zu § 459, dazu o. l.a) aa). Honsell/ Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 29 zu § 476, hält dagegen Zusicherungen generell für von Haftungsausschlüssen nicht betroffen. 89 So z.B. eine nur konkludent erklärte Zusicherung gegenüber einem ausdrückli­ chen Haftungsausschluß, BGH v. 10.12.1980, WM 1981, S. 224 (225), oder die generelle Freizeichnung gegenüber einer speziellen Zusicherung, BGH v. 10.10.1977, WM 1977, S. 1351 (1352). Auch in den Motiven zum BGB wird das Verhältnis zwischen einer Zusicherung und einem „Erlaß oder einer Beschränkung der Haft­ pflicht” als „Tatfrage” eingeordnet, Motive II, 1888, S. 238. HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 29 zu § 476, sieht dagegen immer die Zusicherung als „das Konkretere” gegenüber einem Haftungsausschluß an. 90 WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 17 zu § 476, verlangt daher eine Klarstellung über den Gewährleistungsausschluß. Dazu im einzelnen o. l.a) aa). 91 So etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 192 zu § 459, nach dem der Schadens­ ersatz mit der „Zusicherung nicht begriffsnotwendig verbunden” ist. 92 Ähnlich lehnt WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 17 zu § 476, eine Zusicherung ab, für die die Gewährleistung ausgeschlossen wird.

Das griechische Kaufrecht hat die deutsche Regelung nahezu wörtlich

übernommen, allerdings ausdrücklich klargestellt, daß die Untersagung der Freizeichnung für beide Fälle des Sachmangels gilt, nämlich „wenn der Verkäufer den Fehler der Sache oder das Fehlen der zugesicherten Eigen­ schaft arglistig verschweigt” (Art. 538 AK). Damit wird auch bei der Zusi­ cherung verlangt, daß der Verkäufer Kenntnis vom Nichtvorliegen ihrer

Voraussetzungen hat, so daß eine derartige Garantie nicht generell einer Freizeichnung widerspricht. Wie im deutschen Recht wird ein Haftungsaus­ schluß für grobe Fahrlässigkeit grundsätzlich für wirksam gehalten, obwohl

das griechische Vertragsrecht die Freizeichnung von der Haftung nicht nur für Vorsatz, sondern weitergehend auch für grobe Fahrlässigkeit (Art. 332 I

AK: „Jede im Voraus getroffene Vereinbarung, welche die Haftung wegen

Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit ausschließt oder beschränkt, ist nich­ tig”) verbietet. Die Anwendung dieser Regelung soll jedoch durch die Spe­ zialvorschrift für Kaufverträge (Art. 538 AK) ausgeschlossen werden, so daß in Kaufverträgen eine Haftungsbeschränkung für grob fahrlässiges Verhalten grundsätzlich zulässig ist93. Dies kann allerdings nur für den be­

sonderen Anwendungsbereich des Art. 538 AK gelten, also soweit es Infor­ mationspflichten bis zum Vertragsabschluß betrifft. Darüberhinaus können im Einzelfall auch die allgemeinen Maß Stäbe der

guten Sitten (Art. 178 AK: „Ein gegen die guten Sitten verstoßendes Rechtsgeschäft ist nichtig”)94 und des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 288 AK)95 auf individuell vereinbarte Gewährleistungsbeschränkun­ gen Anwendung finden96. Schließlich darf die grobe Fahrlässigkeit nicht un­

sanktioniert bleiben, wenn ein Mangelfolgeschaden Leben oder Gesundheit des Käufers beeinträchtigt97.

93 So Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 125, Bruegel, in: Unternehmens­ recht, 1997, S. 124 Fn. 80, Chaldoupis Rdnr. HO, in: Handbuch, 1992, S. 521. 94 Nur bei einem „auffälligen Mißverhältnis” kommt speziell das Ausbeutungsverbot des Art. 179 AK in Betracht. 95 Die Grenze des Rechtsmißbrauchs (Art. 281 AK: „offenbar die von Treu und Glauben oder den guten Sitten oder vom sozialen oder wirtschaftlichen Zweck des Rechts gezogenen Grenzen überschreitet” ) wird dagegen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Bereich des Vertragsabschlusses für nicht einschlägig gehalten, Areopag Urt. 33/1987, NoB 1988, S. 324 ff. Diese Ansicht ist aber auch in der Judikative umstritten, vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 125, Chaldoupis Rdnr. 36 Fn. 46, in: Handbuch, 1992, S. 496. 96 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 125, Chaldoupis, in: Handbuch, 1992, Rdnr. HO. 97 Vgl. Chaldoupis, in: Handbuch, 1992, Rdnr. 111.

Auch im schweizerischen Kaufrecht wird - in Übereinstimmung mit der Formulierung im deutschen BGB - die „Wegbedingung” der Verkäuferhaf­

tung untersagt, „wenn der Verkäufer dem Käufer die Gewährsmängel arg­ listig verschwiegen hat” (Art. 199 OR). Von der Rechtsprechung wird zwar eine Aufklärungspflicht des Verkäufers verlangt98, aber diese soll immer

dann anzunehmen sein, wenn dem Verkäufer verborgene, d.h. dem Käufer nicht sichtbare, Mängel der Sache bekannt sind99. Wie im deutschen Recht soll der Verkäufer nur dann nicht arglistig handeln, wenn er annehmen

durfte, daß dem Käufer der Fehler bekannt oder dieser für ihn erkennbar ist100. Eine Kausalität zwischen dem Verschweigen des Mangels und dem Vertragsabschluß ist daher für Art. 199 OR nicht erforderlich101. Wie in Deutschland wird das arglistige Vorspiegeln von Eigenschaften dem arg­ listigem Verschweigen von Mängeln gleichgestellt102. „Ungültig”, wie

Art. 199 OR formuliert, ist ausdrücklich nur

die Vereinbarung über die

„Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht”, so daß eine bloße Teilnichtigkeit des Kaufvertrages vorliegt103. Etwas weitergehend erklärt auch das allgemeine schweizerische Ver­

tragsrecht „eine zum voraus getroffene Verabredung” über den Ausschluß der Haftung für Vorsatz („rechtswidrige Absicht”) sowie grobe Fahrlässig­ keit für nichtig (Art. 100 I OR)104. Die Nichtigkeit trifft auch hier, wie sich bereits aus dem Wortlaut ersehen läßt, allein die Freizeichnungsabrede, aber

98 BG v. 22.05.1990, BGE 116 II S. 431 (434). 99 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 951, in: Handbuch, 1992, S. 951. 100 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 185. Mißverständlich ist die Formu­ lierung, der Verkäufer müsse absichtlich getäuscht haben, vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 186, in: Handbuch, 1992, S. 950, unter Bezug auf BG v. 17.05.55, BGE 81 II S. 138 (141), da Art. 199 OR weniger voraussetzt als der dem deutschen § 123 BGB entsprechende Art. 28 I OR, nach dem „ein Vertragsschließender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsschluß verleitet worden” sein muß. 101 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 186, in: Handbuch, 1992, S. 951. 102 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 5 zu Art. 119, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 186, in: Handbuch, 1992, S. 950. 103 Damit spielt der in Art. 20 II OR vorausgesetzte Willen der Parteien - hier des Verkäufers - auf einen Vertragsschluß auch ohne den nichtigen Teil keine Rolle, vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 186, in: Handbuch, 1992, S. 951. Eine Vernichtung des gesamten Vertrages würde dagegen den Zweck des Art. 199 OR vereiteln, BG v. 12.05.1970, BGE 96 II S. 18 (20). 104 Als unzulässiger Haftungsausschluß wird dabei auch die Begrenzung der Ein­ standspflicht auf eine bestimmte Summe verstanden, BG v. 14.09.1976, BGE 102 II S. 256 (264), BG v. 24.10.1989, BGE 115 II S. 474 (479), WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 100.

III.2. Grenzen vertraglicher Einschränkungen der Gewährleistung

357

nicht den ganzen Vertrag105. Das Verhältnis des sämtliche Freizeichnungs­ klauseln betreffenden Art. 100 OR zum nur auf Kaufverträge anwendbaren Art. 199 OR, der allein das arglistige Verschweigen des Verkäufers behan­ delt, wird - ähnlich wie in Griechenland - von der Rechtsprechung wohl grundsätzlich im Sinne eines Vorranges der Spezialvorschrift beurteilt106. 107 Aber auch hier gilt die Verdrängung der allgemeineren Bestimmung nur für

den Bereich der Täuschung vor bzw. bei Vertragsabschluß

.

Auf eine Zusicherung des Verkäufers ist - wie im deutschen Recht -

Art. 199 OR ebenfalls anzuwenden, da es dort um das Verschweigen von

„Gewährsmängeln” geht, zu denen nach Art. 197 I OR auch das Fehlen von zugesicherten Eigenschaften gehört. Eine Zusicherung von Eigenschaften,

von denen der Verkäufer weiß, daß sie nicht vorliegen, verdrängt daher auf

jeden Fall einen Haftungsausschluß. Aber auch die schweizerische Recht­ sprechung sieht darüberhinaus in einer gleichzeitigen Zusicherung und Frei­

zeichnung eine widersprüchliche Erklärung des Verkäufers, so daß der

Haftungsausschluß von der Zusicherung verdrängt wird und nur für sonsti­ ge Mängel gilt108. Eine bloße Beschränkung der Zusicherungshaftung ist dagegen wie im deutschen Recht grundsätzlich zulässig, so daß etwa Scha­ densersatzansprüche bei der Zusicherung ausgeschlossen werden können109. 110

Neben diesen konkreten Einschränkungen kommen auch noch die allge­ meinen Gültigkeitsregelungen in Betracht11 , wozu in erster Linie ein Ver-

105 Damit wird Art. 20 II OR ausgeschlossen, der eine Gesamtnichtigkeit vorsieht, wenn der Vertrag „ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre”. Bemerkenswert ist außerdem, daß die Rechtsprechung eine Reduktion der Klausel auf den zulässigen Kern vornimmt, WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 100. 106 BG v. 21.06.1983, BGE 109 II S. 213 (215), BG v. 9.11.1965, BGE 91 II S. 344 (348), WiEGAND/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 3 zu Art. 100, Honsell/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 199. 107 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 187, in: Handbuch, 1992, S. 952. Daher ist zutreffend, daß grobfahrlässiges Verschweigen dem Verkäufer nicht schadet, so HoNSELL/KommSchweizPrivR, 1992, Rdnr. 1 a.E. zu Art. 199. 108 BG v. 21.03.1983, BGE 109 II S. 24 (25). Diese Lösung wird auch auf Art. 2 ZGB gestützt, weil das Vertrauen des Käufers auf die Zusicherung bei einem vollstän­ digen Haftungsausschluß entwertet wird und die Freizeichnung damit gegen Treu und Glauben verstößt. Im übrigen sind auch nach schweizerischem Recht Freizeichnungs­ klauseln restriktiv zu interpretieren, BG v. 9.11.1965, BGE 91 II S. 344 (349), d.h. im Zweifel zu ungunsten des Verwenders (contra proferentem) auszulegen, Honsell/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 3 zu Art. 199. 109 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 192, in: Handbuch, 1992, S. 954. 110 BGv. 8.10.1968, BGE 94 II S. 197 (208).

stoß der Freizeichnung gegen die guten Sitten gehört111: So beeinträchtigt

ein Ausschluß der Haftung für Körperschäden im voraus das Persönlich­ keitsrecht (Art. 19 II OR) und ist, weil er „gegen die guten Sitten verstösst” (Art. 20 I OR), nichtig112. Außerdem kann ein Haftungsausschluß auch

Treu und Glauben widersprechen, wenn er einen offenbaren Rechtsmiß­

brauch im Sinne von Art.2 ZGB darstellt. Die Rechtsprechung wendet diese Regelung im Bereich des Kaufvertrages unter anderem bei Haftungsaus­

schlüssen für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften an, die sie als wider­ sprüchliches Verhalten bewertet, jedenfalls wenn sie einen vollständigen Ausschluß der Haftung beinhalten oder dem Zweck der Zusicherung nicht entsprechen113. Im österreichischen Gewährleistungsrecht findet sich dagegen keine aus­

drückliche Bestimmung, nach der ein Ausschluß oder eine Einschränkung

der Schuldnerhaftung generell untersagt wird. Vielmehr wird in § 929 ABGB klargestellt, daß derjenige keinen „Anspruch auf Gewährleistung” hat, der „ausdrücklich darauf Verzicht getan hat”, ein Ausschluß der Sach­ mängelhaftung daher grundsätzlich zulässig ist114. Die österreichische Rechtsprechung und Literatur hält jedoch im Fall der Arglist einen Gewährleistungsausschluß für unzulässig115. Dies wird allein

aus der Anwendung des allgemeinen Maß Stabes der Sittenwidrigkeit

111 Nur selten dürfte dagegen ein Haftungsausschluß dazu fuhren, daß „ein offenba­ res Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung” (Art. 21 I OR) vorliegt, vgl. dazu HuGUENiN/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 5 zu Art. 21, Keller-Schwegler Rdnr. 190, in: Handbuch, 1992, S. 953, so daß bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen der Käufer noch innerhalb eines Jahres erklären könnte, daß er „den Vertrag nicht halte” (Art. 211 OR). 112 HuGUENiN/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 44 zu Art. 20, J.Schmid, in: Bedeutung, 1996, S. 58, vgl. auch Keller-Schwegler Rdnr. 189, in: Handbuch, 1992, S. 953. In diesen Fällen entfällt allerdings der gesamte Vertrag, wenn „anzunehmen ist, daß er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre” (Art. 20 II OR). 113 BGv. 21.03.1983, BGE 109 II S. 24 (25), anders BGE 73 II S. 223, vgl. Keller­ Schwegler Rdnr. 192, in: Handbuch, 1992, S. 954. 114 Soweit in § 928 Satz 1 ABGB festgelegt ist, daß der Verkäufer für offene, d.h. erkennbare Mängel („fallen die Mängel einer Sache in die Augen”) im „Falle arglistigen Verschweigens des Mangels” haftet, verschärft diese dem deutschen § 460 Satz 2 BGB sehr ähnliche Regelung bei arglistigem Verhalten nur die Haftung des Verkäufers, sie sagt jedoch nichts darüber aus, ob eine abweichende Parteivereinbarung bei Arglist möglich ist. 115 P.Bydlinski, JB1 1993, S. 568. Zumindest die Aufhebung des Vertrages ist trotz Gewährleistungsverzichts bei absichtlichem Verschweigen eines Mangels möglich, OGH v. 22.09.1971, JB1 1972, S. 531, OGH v. 4.03.1982, JB1 1984, S. 432, Dittrich/ Tades, ABGB, 1989, E 12 zu § 929, E 15a zu § 923.

(Art. 879 I ABGB: „Ein Vertrag, der ... gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig”) hergeleitet, da auch eine allgemein auf vertragliche Freizeichnun­ gen bezogene Bestimmung im Schuldrecht fehlt116. Der Bereich der groben Fahrlässigkeit wird dagegen nur insoweit einbezogen, wie es sich um einen „sehr groben Verstoß” gegen die Sorgfaltspflichten handelt117. Bei „fabriks­

neuen” Waren wird die völlige Freizeichnung von jeglicher Gewährleistung grundsätzlich als sittenwidrig angesehen118. Hat der Verkäufers die Mangelfreiheit der Kaufsache zugesichert, so

wirkt ein Haftungsausschluß grundsätzlich nicht, jedenfalls soweit die Zusi­ cherung reichen soll119. Auch bei der Zusicherung bestimmter Eigenschaften haftet der Verkäufer trotz Verzichts des Käufers auf die Gewährleistung120. 121 122 Wie in Deutschland entsteht auch in Österreich das Problem, ob man den Gewährleistungsausschluß grundsätzlich restriktiv interpretieren soll12 oder aber die Zusicherung

.

In den mitteleuropäischen Kaufrechten wird überwiegend ausdrücklich, in Österreich nur durch die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit, eine Haftungseinschränkung dann für unzulässig erklärt, wenn der Verkäufer in Bezug auf die Information des Käufers arglistig gehandelt hat. Zwar werden an die Arglist keine allzu hohen Anforderungen gestellt, wenn etwa in Deutschland bereits bedingter Vorsatz ausreicht, aber grobe Fahrlässig­ keit des Verkäufers beeinträchtigt den Gewährleistungsausschluß grund­ sätzlich nicht, es sei denn es kommen zusätzliche Merkmale hinzu, die zu einem Verstoß gegen die guten Sitten fuhren. Gewährleistungsausschlüsse sind auch bei einer Zusicherung in jedem Fall dann nicht zulässig, wenn der

116 Die Rechtsprechung beurteilt jedoch grundsätzlich bei vorsätzlichen Schädigun­ gen einen Haftungsausschluß als sittenwidrig, vgl. auch Heller Rdnr. 152, in: Handbuch, 1992, S. 826, sowie bereits Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 363. 117 So Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 363, unter Bezug auf eine Entscheidung zur „besonders schwere(n), auffallenden) Sorglosigkeit”. Es müssen also andere Umstände hinzukommen, die dazu fuhren, daß die grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleichzustellen ist, vgl. Heller Rdnr. 152, in: Handbuch, 1992, S. 826. 118 OGH v. 7.10.1980, SZ 53/128, zumindest die Verbesserung müsse verlangt werden können. 119 OGH v. 27.10.1976, JB1 1977, S. 489, Apathy, JB1 1975, S. 575, Koziol/ Welser, Grundriß AT Schuldrecht II, 1992, S. 269. 120 OGH v. 22.09.1971, JB1 1972, S. 531, OGH v. 5.03.1980, JB1 1981, S. 203, vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 13 zu § 929, E 15 zu § 923. 121 So etwa OGH v. 6.11.1986, JB1 1987, S. 383. Da eine Einschränkung der Ver­ käuferhaftung eher als deren Ausschluß möglich ist, kommt auch eine Auslegung in diese Richtung in Betracht, vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 8 zu § 929. 122 P.Bydlinski, JB1 1993, S. 569.

Verkäufer sie bewußt falsch abgibt, wobei nur das griechische Kaufrecht dazu ausdrücklich Stellung nimmt. In allen Rechtsordnungen geht die Tendenz der Rechtsprechung jedoch dahin, für den Bereich der Zusiche­ rung grundsätzlich eine gegenläufige Haftungsbefreiung auszuschließen. Eine Haftungsbegrenzung wird bei der Zusicherung dagegen regelmäßig für zulässig gehalten. Über das Informationsverschulden des Verkäufers hinaus wird der Aus­ schluß der Haftung bereits für Vorsatz in den hier betrachteten mitteleuro­ päischen Rechtsordnungen im Vertragsrecht generell für unzulässig gehalten; in Österreich wird dies allerdings wie im Gewährleistungsrecht nur durch die Rechtsprechung abgesichert. Schon bei grob fahrlässigem Verhalten gilt dies in Griechenland sowie in der Schweiz, während in Österreich die Gerichte das Verbot auf besonders grobe Fahrlässigkeit beschränken und in Deutschland für individuelle Freizeichnungen insoweit keine Einschränkung besteht. Trotz spezieller Regelungen werden vor allem in Griechenland sowie in der Schweiz auch die generellen Kriterien der guten Sitten oder von Treu und Glauben zur Kontrolle von Haftungs­ einschränkungen herangezogen, wodurch vor allem vom Verschulden unabhängige Begrenzungen, etwa für die Haftung für Körperschäden in der Schweiz, aufgestellt werden.

Der Code Civile in seiner französischen und in der gleichlautenden luxemburgischen sowie belgischen Fassung als ursprüngliche romanische Rechtsordnung sieht noch keine ausdrückliche Einschränkung des Aus­ schlusses der kaufrechtlichen Gewährleistung vor, nur in Belgien gibt es eine allgemeine Beschränkung für sämtliche vertraglichen Haftungsaus­ schlüsse. Die Rechtsprechung läßt im Ergebnis aber in diesen Ländern schon die Kenntnis des Verkäufers vom Mangel für die Unzulässigkeit von Freizeichnungen ausreichen und scheint damit etwas strengere Anforderun­ gen als die mitteleuropäischen Kaufrechte aufzustellen123. In Spanien wird eine derartige Regelung im Gesetz genauer formuliert, und außerdem wird generell die Entlastung bei Vorsatz untersagt, während in Italien - ähnlich wie in den Rechtsordnungen Mitteleuropas - im Kaufrecht als besonders grobes Fehlverhalten die Bösgläubigkeit des Verkäufers verlangt wird, allgemein jedoch schon grobfahrlässiges Verhalten schadet. Auch das portugiesische Kaufrecht stellt für die Begrenzung von Haftungsausschlüs­ sen in erster Linie auf den Vorsatz des Verkäufers ab. 123 Bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 185, bezweifelt allerdings erheb­ liche Unterschiede zu den mitteleuropäischen Kaufrechten.

Im französiseheny luxemburgischen und belgischen Kaufrecht wird ein Gewährleistungsausschluß ausdrücklich zugelassen (Art. 1643 CdeC/BW:

„il n’ait stipule qu’il ne sera oblige ä aucune garantie" / „hij ... bedüngen heef dat hij tot geen vrijwaring zal zijn gehouden”), allerdings nur für den Fall, daß der Verkäufer die versteckten Mängel nicht gekannt hat („vices

Caches, quand meme il ne les aurait pas connus" / „verborgen gebreken, zelfs wanneer hij die niet gekend heeft"). Daraus wird entnommen, daß eine Freizeichnung für dem Verkäufer bekannte Mängel nicht zulässig ist124. Die Rechtsprechung verschärft diese Regelung noch dadurch, daß sie bei pro­

fessionellen Verkäufern, jedenfalls soweit der Kaufvertrag dem Gewerbe des Verkäufers zuzurechnen ist125, die Kenntnis der Mängel im französischen

Recht fingiert bzw. im belgischen Recht vermutet126. 127 In Luxemburg 128 ist eine

derartige Vermutung für gewerbliche Verkäufer in das Gesetz aufgenommen worden (Art. 1645 II CdeC-Lux). Damit wird für diese Gruppe von Verkäu­

fern ein Haftungsausschluß unmöglich

bzw. außerordentlich erschwert

.

Während das im französischen Recht auch dann gilt, wenn dem gewerbli­ chen Verkäufer ein professioneller Käufer gegenübersteht129 - es sei denn, sie haben bezüglich der Mängelkenntnis sowie der Einschätzung des Risikos die gleichen Voraussetzungen, weil sie der gleichen Branche angehören

124 Vgl. zum französischen Recht VALCRCEL Schnüll, Haftung, 1994, S. 13, Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 634, zum belgischen Recht Cass. v. 28.2.1980 („Schelde”), R.C.J.B. 1983, S. 223, vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 103, zum luxemburgischen Recht Thiel/Mersch Rdnr. 117, in: Handbuch, 1992, S. 675. 125 Zum französischen Recht Cass.Civ. v. 10.10.1978, DS 1979 IR 60, dies gilt auch für Gelegenheitskäufe, Cass.Civ. v. 14.12.1970, BullCiv 1970 IV Nr. 345, anders Wenner/Schödel Rdnr. 153, in: Handbuch, 1992, S. 460. 126 Zum französischen Recht vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 26, Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 634, zum belgischen Recht vgl. Moons Rdnr. 133, in: Handbuch, 1992, S. 108, im einzelnen o. II.3.a) aa) (1). 127 Zum französischen Recht vgl. Wenner/Schödel Rdnr. 151, in: Handbuch, 1992, S. 459, ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 185. 128 Herbots, Contract, 1993, S. 234 (N. 486). An die Widerlegung der Bösgläubig­ keitsvermutung im belgischen Recht durch den Nachweis der „Unentdeckbarkeit” des Mangels werden sehr hohe Anforderungen gestellt, so daß nur selten Freizeichnungs­ klauseln aus diesem Grund anerkannt werden, so etwa Cour d‘App. v. 5.02.1969, J.T. 1969, S. 298. 129 Vgl. Wenner/Schödel Rdnr. 152, in: Handbuch, 1992, S. 459, Rohs/Weber Rdnr. 17, in: Produkthaftungshandbuch, 1991, S. 120. Nach Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 27, ist dies noch streitig, aber zumindest für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist kein Gewährleistungsausschluß möglich.

(„professionel de la meme spcialit")13°

wird in Belgien der gewerbliche

Verkäufer einer nicht ganz so strengen Haftung unterworfen, denn generell

wird die Unwirksamkeit der Freizeichnung nur gegenüber Endverbrauchern angenommen130 131, während dies gegenüber anderen Gewerbetreibenden nur ein kleiner Teil der Rechtsprechung vertritt132. Damit liegt in Belgien be­ züglich der professionellen Verkäufer im Ergebnis keine generelle Grenze

für Haftungsbeschränkungen sondern eher eine spezielle Regelung für Ver­ braucherkäufe133 vor. Im französischen Recht wird die Haftung des Verkäufers für bekannte

bzw. bei gewerblichen Verkäufern für sämtliche Mängel auch dem Umfang nach für zwingend erklärt, da selbst Haftungsbeschränkungen, etwa auf Nachbesserung, in diesen Fällen für unzulässig gehalten werden134. Die belgische Rechtsprechung sieht dagegen zumindest unter Gewerbetreiben­ den bloße Haftungsbeschränkungen überwiegend als zulässig an135. 136 Bezüglich allgemeiner vertraglicher Haftungsfreizeichnungen ist darüber hinaus in Belgien die Generalklausel des Handelspraktiken-Gesetzes136 an­

130 Cass.Civ. v. 30.10.1978, dazu Anm. SONNENBERGER/SCHWEINBERGER, RIW 1981, S. 62 f., und Cass.Comm. v. 9.06.1978, JCP 1979 II 19178, vgl. Sonnenberger, Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 312. Auf die Lieferung einer falschen Sache („chose non-conforme") wird dieser Grundsatz jedoch nicht angewendet, Cass.Civ. v. 20.12.1988, JCP ed E 1990 II 226 (15738), so daß in diesen Fällen der Haftungsaus­ schluß nicht greift. Der Begriff „meme specialite” wird dabei einschränkend ausgelegt, so daß praktisch eine identische gewerbliche Tätigkeit vorliegen muß, vgl. WennerSchödel Rdnr. 152, in: Handbuch, 1992, S. 459, was dazu führt, daß die Zulassung der Freizeichnung „letzlich keine Bedeutung hat”, so Muthig, Haftung, 1993, S. 88. 131 So z.B. Cour d‘App. Mons v. 12.07.1985, R.D.C. 1986, S. 518, Cour d’App. Liege v. 19.11.1991, Pas. 1992 II, S. 205, vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. HO. 132 Comm. Turnhout v. 21.05.1975, R.W. 1976-77, 2.097, Comm. Liege v. 07.01.1956, Jur. Liege, 1955-56, S. 203, vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 111 f. 133 Zur neuartigen Einschränkung von Freizeichnungen der professionellen Verkäu­ fer gegenüber Konsumenten in Belgien durch die Regelung des Handelspraktiken­ Gesetzes vom 14.07.1991 (u. Fn. 136) im einzelnen u. c). 134 So etwa Cass.Comm. v. 20.07.1973, BullCiv 1973 IV Nr. 264 S. 236, Cass. Comm. v. 17.12.1973, JCP 1975, 17912, vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 634, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 26/27. 135 Cour d‘App. Liege v. 7.3.1956, Jur. Liege 1956-57, S. 25, ähnlich Cass. v. 13.11.1959, Pas. 1960 I, S. 313. Bei gebrauchten Sachen sind Haftungsbeschränkungen auch durch gewerbliche Verkäufer regelmäßig zulässig, z.B. Cass. v. 15.9.1978, R.W. 1978-79, S. 1909, Cour d'app. Gand v. 30.03.1981, Pas. 1981 II, 95, zu Gebraucht­ wagenverkäufen. 136 „Wet betreffende de handelspraktijken en de voorlichting en bescherming van de consument” (WHP) / „loi sur le pratiques du commerce et sur 1‘Information et la protection du consommateur” (Gesetz über die Handelspraktiken sowie die Aufklärung

zuwenden, nach der jede Klausel widerrechtlich ist, die ein offensichtliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Verpflichtungen der Parteien

bewirkt (Art. 31 WHP: „een kennelijk onevenwicht schept tussen de rechten

en plichten van de partijen") . Damit dürfte eine Freizeichung des Verkäu­ fers für grobe Fahrlässigkeit nicht mehr zulässig sein137 138. In Frankreich werden derartige Haftungsbeschränkungen zwar nicht

ausdrücklich geregelt, aber zumindest vorsätzliches Verhalten („dol") des Freizeichnenden wird von der Rechtsprechung als Verstoß gegen den „ordre public” oder die guten Sitten („bonnes moeurs”, Art. 6 CdeC)139, für un­

gültig gehalten140. Hierunter fallt vor allem der Haftungsausschluß für Kör­

perschäden141, 142 aber diese Wertung gilt gleichermaßen auch für den Aus­

schluß der Haftung für grobe Fahrlässigkeit als schweres Verschulden („faute lourde")4. Eine bloße Begrenzung der Haftungsumme ist in Frank­ reich dagegen regelmäßig wirksam143,144 seit 1975 kann gern. Art. 1152 CdeC jedoch eine Schadenspauschale angehoben werden, wenn sie außergewöhn-

ich niedrig ist

.

Das spanische Kaufrecht lehnt sich bezüglich der Grenzen von Haftungs­ ausschlüssen eng an das französische Recht an. Auch nach Art. 1485 II

und den Schutz der Verbraucher) vom 14.7.1991, Moniteur beige v. 29.08.1991, S. 18712 ff. 137 Anders als früher in Frankreich ist ein „Aufzwingen” der Klausel und ein wirt­ schaftliches Übergewicht des Verwenders nicht nötig, so daß konsequenterweise die Generalklausel für Geschäfte aller Personenkreise gilt und damit einen allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsatz darstellt, vgl. auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 219. Dies folgt auch daraus, daß nicht vom Verbraucher die Rede ist, wie bezüglich spezieller Klauselverbote in Art. 32 WHP, sondern neutral von „den Parteien“. 138 Ebenso Cass. v. 25.9.1959, R.C.J.B. 1960, S. 10, dazu Herbots, Contract, 1995, S. 148 (N. 260), vgl. auch Moons Rdnr. 136, in: Handbuch, 1992, S. 109, anders noch Cass. v. 29.9.1972, Pas. 1973 I, S. 124. 139 Teilweise auch als Verstoß gegen Art. 174 CdeC, nach dem eine Verpflichtung nicht unter einer allein vom Verhalten der sich verpflichtenden Partei abhängigen Bedingung erfolgen kann, wobei, entgegen dem Wortlaut, nicht die gesamte Verpflich­ tung sondern nur die Haftungsausschlußklausel für nichtig erklärt wird, vgl. v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 42 (sec. 49). 140 Vgl. bereits Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 363. Ebenso früher zum belgi­ schen Recht Cass. v. 25.9.1959, J.T. 1960, S. 115. 141 Vgl. Muthig, Haftung, 1993, S. 108. 142 Cass.civ. v. 29.6.1948, D. 1948, S. 435, vgl. auch Basedow, Reform, 1988, S. 82, Wenner /Schödel Rdnr. 155, in: Handbuch, 1992, S. 460, v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 43/44 (sec. 49), ebenso bereits Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 363. 143 Vgl. schon Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 363 Fn. 3. 144 v.Mehren/IECL, General View, 1982, S. 44 (sec. 49).

CgoC kann ausdrücklich ein Haftungsausschluß als Gegenstück zur Haf­

tung wegen verborgener Mängel des Art. 1485 I CgoC vereinbart werden („estipulado lo contrario”), aber nur wenn der Verkäufer diese Mängel nicht gekannt hat („el vendedor ignorara los vicios”). Die Tendenz in Lehre und Rechtsprechung geht jedoch dahin, auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Verkäufers eine Haftungsbefreiung abzulehnen145. Da die Sachkunde und damit der Sorgfaltstandard bei gewerblichen Verkäufern höher anzuset­ zen sein dürfte als bei privat Handelnden, wird diese Gruppe in Spanien ei­

ner verschärften Haftung ausgesetzt, die allerdings weit weniger streng ist

als in Belgien oder gar in Frankreich. Das spanische Schuldrecht kennt ebenfalls eine besondere Regelung für die Haftungsfreizeichnung, diese sieht jedoch ausdrücklich nur vor, daß die Haftung für Vorsatz nicht ausgeschlossen werden kann, weil der Verzicht darauf, diesen Anspruch geltend zu machen, nichtig ist (Art. 1102 Satz 2

CgoC). Die Rechtsprechung hat aber bereits vor Erlaß des Codigo Civil entschieden, daß ein Ausschluß der Haftung für grobe Fahrlässigkeit eben­ falls nicht zugelassen werden kann146. Darüberhinaus werden vertragliche

Haftungsbeschränkungen teilweise auch als Verstoß gegen die Moral oder

die öffentliche Ordnung (Art. 1255 CgoC) bzw. gegen die Erfordernisse von Treu und Glauben (Art. 7 I CgoC) angesehen. Das italienische Kaufrecht bestimmt - im Gegensatz zum älteren Code Ci­

vile in Frankreich, Luxemburg und Belgien - in Art. 1490 II CceC aus­

drücklich, daß eine Vereinbarung hinsichtlich eines Ausschlusses und auch einer Beschränkung der Gewährleistung („il patto con cui si esclude o si li­ mita la garanzia”) wirkungslos ist („non ha effetto"), wenn der Verkäufer in „schlechtem Glauben” oder besser bösgläubig („in mala fede") dem Käufer

Mängel der Sache verschweigt. „Verschweigen” bedeutet auch hier, daß es einer verschleiernden Handlung des Verkäufers nicht bedarf147. Ähnlich wie in den mitteleuropäischen Rechten ist eigentlich ein arglistiges Verhalten des

145 Vgl. Marti Rdnr. 128, in: Handbuch, 1992, S. 1025. 146 STS v. 2.7.1875, vgl. Marti Rdnr. 128, in: Handbuch, 1992, S. 1025. 147 App. Roma v. 19.1.1971, Giur. it. 1972 I 2, S. 776, vgl. Bianca, vendita, 1993, S. 919 Fn. 2 (n. 413). Außerdem wird daraus entnommen, daß die Vorschrift sich nur auf eine bestimmte und gegenwärtige Sache bezieht, so daß bei noch herzustellenden oder zu individualisierenden Sachen Art. 1490 II CceC nicht anwendbar ist, Bianca, vendita, 1993, S. 921 (n. 413). Die Rechtsprechung läßt darüberhinaus für zukünftige Sachen einen Haftungsausschluß nicht zu, weil der Käufer diese zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht untersuchen kann, Cass. v. 23.7.1983, n. 5075, vgl. MASTELlone ITA-042, in: Remedies, 1993, ITA-30.

Verkäufers notwendig148, obwohl jedes Unterlassen des Hinweises auf einen

Mangel zumindest dann nicht in gutem Glauben erfolgt, wenn davon auszu­ gehen ist, daß er dem Käufer nicht bekannt ist149. Da sich im italienischen

Codice Civile - gegenüber dem französisch/belgischen Text - die ausdrück­ liche Regelung findet, daß Jegliche Abmachung, die im voraus die Haftung

des Schuldners für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausschließt oder ein­ schränkt”, nichtig ist (Art. 1229 CceC: „E nullo qualsiasi patto ehe esclude o limita preventivamente la responsabilitä del debitore per dolo o per colpa

grave”), soll nach der Rechtsprechung neben der im Kaufrecht allein maß­ gebenden Arglist auch grobfahrlässiges Verhalten des Verkäufers seine Entlastung unmöglich machen150.

Die Beschränkung des Haftungsausschlusses gilt sowohl für Fehler wie für fehlende zugesicherte (oder wesentliche) Eigenschaften gern. Art. 1497 CceC151, aber nicht für die Nichterfüllung, wie sie etwa bei der Lieferung einer völlig abweichenden Sache vorliegt152. 153

Über die ausdrückliche Einschränkung von Haftungsfreizeichnungen hinaus prüft auch die italienische Rechtsprechung teilweise einen Verstoß gegen die Grundwertungen der Rechtsordnung1 , wodurch die Gewährlei­

stungsvereinbarung ebenfalls nichtig wird (Art. 1354 I CceC: „condizione

... contraria ... all’ordine pubblico o al buon costume”).

Nach dem portugiesischen Kaufrecht haftet der Verkäufer auf Nachbesse­ rung und Ersatzlieferung sowie auf Schadensersatz von vornherein nur dann, wenn er den Mangel oder das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft

148 Bianca, vendita, 1993, S. 920 (n. 413), spricht von einem arglistigen Verhalten des Verkäufers („il comportamento malizioso del venditore"). Vgl. auch Patti/ Cubeddu Rdnr. 165, in: Handbuch, 1992, S. 630, die insoweit darauf verweisen, daß dahinter als allgemeiner Rechtsgrundsatz die Verweigerung der Billigung eines arglistigen Verhaltens (pactum de dolo praestando) stehe. 149 Bianca, vendita, 1993, S. 920 (n. 413), der aber anscheinend bei einem leicht erkennbarer Fehler in der Regel die Kenntnis des Käufers annimmt. 150 App. Napoli v. 10.4.1956, Dir. giur. 1956, S. 644, vgl. Bianca, vendita, 1993, S. 919 (n. 413). 151 Bianca, vendita, 1993, S. 921 (n. 413). 152 Bianca, vendita, 1993, S. 921 Fn. 13 (n. 413). Bei Gebrauchtwaren wird nicht etwa ein - unter Umständen sogar stillschweigender - Verzicht des Käufers auf jegliche Gewährleistung zugelassen, sondern Freizeichnungsklauseln werden als Vereinbarung über die vertragsmäßige Beschaffenheit der Sache angesehen, bei der die auf normalem Gebrauch beruhende Abnutzung, aber nicht weitergehende Mängel, einbezogen werden können, Cass. v. 9.4.1974, Giur. it. 1974 I 1, S. 147, vgl. auch Patti/Cubeddu Rdnr. 168, in: Handbuch, 1992, S. 631. 153 Vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 170, in: Handbuch, 1992, S. 632.

kannte oder schuldhaft nicht kannte (Art. 914.° 2.HS, 915.° CgoC)154. Be­

züglich der Vertragsaufhebung und wohl auch der Minderung können die Parteien jedoch etwas anderes bestimmen (Art. 912.° I CgoC: „estipulao

das partes em contrario”), es sei denn, der Verkäufer hat mit Vorsatz („com dolo”) gehandelt und die Klauseln haben außerdem das Ziel, ihn zu begün­

stigen („visem a beneficia-lo"). Damit wird die gesetzliche Haftung, wie in den meisten anderen Rechtsordnungen, im Ergebnis bei Arglist der Ver­ tragsfreiheit entzogen, denn die Absicht der Begünstigung des Verkäufers wirkt zusammen mit dem Vorsatz sehr ähnlich. Aufgrund der Verweisung auf Art. 912.° CgoC sowohl für den Fehler wie für zugesicherte (und not­

wendige) Eigenschaften (Art. 913 ° I CgoC) ist auch bei der Zusicherung Vorsatz sowie Begünstigungsabsicht erforderlich, um eine Haftungsbe­

schränkung als unwirksam zu behandeln.

Zwar wird in Frankreich, Belgien und Spanien auf die Arglist verzichtet, indem schon bei der Kenntnis des Verkäufers vom Mangel diesem die Freizeichnung versagt wird, aber der Unterschied zu den reduzierten Arglistanforderungen in Mitteleuropa oder auch zum Vorsatz mit Begün­ stigungsabsicht in Portugal ist marginal und betrifft vor allem Fragen der Beweisbarkeit. Weitergehende Einschränkungen von Gewährleistungsaus­ schlüssen werden durch die Rechtsprechung in Spanien und in Italien schon bei grob fahrlässigem Verhalten des Verkäufers^ in Belgien bezüglich gewerblicher Verkäufer gegenüber Verbraucherkäufern regelmäßig ohne Verschuldenserfordernis, sowie in Frankreich und Luxemburg für gewerbli­ che Anbieter immer ohne Verschuldenserfordernis festgelegt. Damit unterliegen vor allem die geyverblichen Verkäufer in Frankreich, Luxem­ burg und Belgien einer weitaus schärferen zwingenden Sachmängelge­ währleistung als in den anderen Rechtsordnungen. Selbst in den Rechtsordnungen mit ausdrücklichen gesetzlichen Rege­ lungen zur Haftungsbeschränkung, wie Italien und Spanien, werden zusätzlich noch die Generalklauseln bezüglich guter Sitten und Treu und Glauben angewendet, ohne daß allerdings klar wird, auf welche Kriterien außer einem Verschulden des Verkäufers dabei abgestellt wird. In Frank­ reich und Belgien wird auf diese Weise für Körperschäden eine zwingende Haftung abgeleitet.

In den skandinavischen Kaufrechten existieren, abgesehen von der Be­ handlung einer besonderen Beschaffenheitsklausel, keine speziellen 154 Dazu o. II.2.C) aa), II.3.a) bb).

Regelungen über die Begrenzung von Freizeichnungen bei der Gewährlei­ stung, ebensowenig gibt es allgemeine Bestimmungen bezüglich vertragli­ cher Haftungsbeschränkungen. Stattdessen werden die Generalklauseln der Vertragsgesetze angewandt, um zu überprüfen, ob die allgemeinen Grenzen der Billigkeit überschritten werden. Im dänischen Kaufrecht wird nur für die ausbleibende Leistung („forsinkel-

se”) beim Gattungskauf darauf hingewiesen, daß der Verkäufer zum Scha­ densersatz verpflichtet ist, auch wenn ihm kein Verschulden vorzuwerfen ist („ikke kan tilregnes ham”), es sei denn daß er sich Befreiung hiervon Vor­

behalten hat („han har forbeholdt sig fritagelse derfor”, § 24 KbL). Nach dieser Bestimmung, auf die § 43 III KbL für die Schadensersatzpflicht beim Sachmangel einer Gattungssache verweist, kann der Verkäufer jedenfalls für nicht schuldhaftes Verhalten seine Haftung auf Schadensersatz ausschlie­ ßen155. Im übrigen legt das dänische Kaufrecht ausdrücklich fest, daß seine Bestimmungen nur Anwendung finden, wenn sich aus den vertraglichen Ab­

sprachen nichts anderes ergibt (§11 KbL: „for sä vidt ikke andet er udtrykkelig aftalt, eher mä anses for indeholdt i aftalen"). Diese liberale Ein­

stellung entspricht auch der früheren Praxis nach dem gemeinsamen skandi­ navischen Kaufrecht. Diese wendete § 48 KbL entsprechend an156, der für einen Verkauf durch Versteigerung („salg ved auktion”) die Gewährleistung wegen eines Sachmangels ausschließt („kan koberen ikke päberäbe sig, at genstanden lider af nogen mangel”), aber nicht bei einem betrügerischen

Verhalten des Verkäufers („slgeren handlet svigagtigt"). Damit sollte erst eine solche strafbare Handlung, wie sie nach damaligem Verständnis vor­ lag157, vertragliche Haftungsausschlüsse ebenfalls wirkungslos machen. Darüber hinaus sind allein die allgemeinen vertragsrechtlichen Grenzen für

Freizeichnungsklauseln zu beachten. Zu diesen gehören die Grundsatzurteile der dänischen Gerichte für die

Auslegung von Verträgen, nach denen davon ausgegangen wird, daß die Parteien versucht haben, ein in Bezug auf ihre Ziele und Interessen sowie

auf die öffentliche Ordnung angemessenes und übliches Ergebnis zu errei­ chen, so daß unübliche sowie schikanöse Klauseln als nicht von der Zu­ stimmung zum Vertrag umfaßt angesehen werden, wenn sie nicht klar und

155 Beim Stückkauf ist eine entsprechende Vorschrift nicht nötig, da der Verkäufer dort nach § 42 II KbL nur bei schuldhaften Verhalten, bei Arglist sowie bei einer Zusicherung auf Schadensersatz haftet, dazu o. 1.3.a). 156 Vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 185 f. 157 Almen, Kaufrecht II, 1922, S. 254.

deutlich gegenüber der anderen Partei hervorgehoben wurden158. Daher wird

bei einer vertraglichen Abweichung von den gesetzlichen Regelungen, be­ sonders bei Haftungsfreizeichnungen, eine sehr eindeutige Formulierung ge­

fordert, so daß zu allgemein gehaltene oder unverständliche Klauseln un­ wirksam sind159.

Die Generalklausel des dänischen Vertragsgesetzes gibt darüberhinaus­ gehend160 161 den162 Gerichten die Möglichkeit, einen Vertrag bereits dann ganz

oder teilweise aufzuheben, wenn es unbillig („urimeligt") wäre oder gegen

redliche Handlungsweise („redeiig handlemde") verstoßen würde, ihn gel­ tend zu machen (§ 36 I AftL16). Auch wenn diese Vorschrift vor allem den Schutz unterlegener Vertragsparteien, und damit in erster Linie von Ver­ brauchern, bezweckt, wird sie auch auf Vereinbarungen zwischen Gewer­ betreibenden angewandt16 . Sie soll besonders Haftungsfreizeichnungen kontrollieren163. 164 Im Ergebnis betrachtet die Rechtsprechung in Dänemark

Haftungsausschlüsse für vorsätzliches Handeln - sowohl bei Vertragsab­ schluß wie während der Durchführung - als unwirksam 164, überwiegend wird auch grobe Fahrlässigkeit entsprechend behandelt165. Unter diesen Verschuldensvoraussetzungen ist auch keine Haftungsbegrenzung der Höhe nach oder für Folgeschäden möglich166. Im Bereich des Verbraucherkaufs wird außerdem bestimmt, daß ein Vor­

behalt, die Sache werde in ihrer vorhandenen Beschaffenheit verkauft („den

158 Madsen, ScandStudLaw 1984, S. 95, vgl. auch Steinrücke Rdnr. 28, in: Hand­ buch, 1992, S. 114, UfR 1971 (H), 600. Derartige unklare Klauseln werden außerdem immer zum Nachteil des Verfassers interpretiert, Jorgensen, VersR 1983, SonderBeil. S. 46. 159 Vgl. Steinrücke Rdnr. 37, in: Handbuch, 1992, S. 143, wobei die Anforderun­ gen an die Klarheit und Eindeutigkeit umso höher werden, je weiter die Haftungsbe­ schränkung reichen soll, Vaagt, RIW 1990, S. 892. 160 Madsen, ScandStudLaw 1984, S. 95, spricht von einer „verstärkten“ und „offe­ nen“ Kontrolle durch § 36 AftL. 161 Eingefugt durch Gesetz v. 12.6.1975, Lov Nr. 250, Lovtidende 1975 A, S. 722 f. Die guten Sitten (§33 AftL) werden dagegen von der Rechtsprechung nur sehr selten herangezogen, um bestimmte Vertragsbestimmungen für nicht durchsetzbar zu erklären, vgl. Jorgensen, VersR 1983, SonderBeil. S. 47. 162 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 320/321. 163 Vgl. Steinrücke Rdnr. 39, in: Handbuch, 1992, S. 144. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 321, verweist jedoch insoweit auf fehlende Rechtspraxis. 164 UfR 1956 (0L), S. 565, vgl. Vaagt, RIW 1990, S. 892. 165 UfR 1950 (H), S. 65, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 321, Vaagt, RIW 1990, S. 892, Steinrücke Rdnr. 185, in: Handbuch, 1992, S. 184. 166 Vgl. Steinrücke Rdnr. 185, 187, 193, in: Handbuch, 1992, S. 184, 186.

er og forefindes", § 77 Satz 1 KbL), die Berufung auf Sachmängel nicht ausschließt167. 168 Im schwedischen und finnischen Kaufrecht wird nur eine konkrete Rege­ lung hinsichtlich der Einschränkung von Gewährleistungsrechten getroffen. Sie betrifft den Verkauf von Waren „in ihrer vorhandenen Beschaffenheit” („befintligt skick")168 oder mit ähnlichen Einschränkungen („allmänt för-

behäll”). Derartige Vertragsklauseln sind - entgegen den vertraglichen Ab­ sprachen - nach § 19 I Zf. 1 KpL / KppL nicht vertragsgemäß, wenn sie

nicht mit der Beschreibung der Qualität übereinstimmen, die der Verkäufer

vor dem Kauf abgegeben hat („inte överensstämmer med sädana uppgifter ... som säljaren har lämnat före köpet"), soweit angenommen werden kann, daß diese den Vertrag beeinflußt hat („kan antas ha inverkat pä köpet”)169. Will der Verkäufer also für seine Angaben bezüglich der Kaufsache nicht einstehen, so hat er dies trotz „befintligt skick” ausdrücklich zu erklären170.

Damit wird das Verhältnis von Gewährleistungausschlüssen gegenüber be­ sonderen, zusicherungsähnlichen Erklärungen geregelt. Derartige als Be­

schränkung der Gewährleistung gemeinte Klauseln wirken nach § 19 I

Zf. 2 KpL / KppL außerdem nicht, wenn der Verkäufer es vor dem Kauf unterlassen hat, den Käufer über wesentliche Eigenschaften der Kaufsache

zu informieren („säljaren före köpet har underlätit att upplysa köparen om ett sädant väsentligt förhällande”), von denen angenommen werden kann, daß der Verkäufer sie kannte („han mäste antas ha känt”), wenn der Käufer erwarten durfte darüber informiert zu werden („köparen med fog künde rä-

kna med att bli upplyst om”) und außerdem das Unterlassen sich auf den

Kauf ausgewirkt hat („underlätenheten kan antas ha inverkat pä köpet”).

Diese Bestimmung nimmt zum großen Teil das in anderen Kaufrechten ge­ regelte arglistige oder bewußte Verschweigen des Verkäufers in sich auf,

allerdings betrifft sie nicht nur Fehler, sondern sämtliche Eigenschaften der 167 Zu dieser Regelung in Schweden und Finnland u. im folgenden. 168 Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 309, übersetzt „wie es steht und liegt”, Wojtaschek, Kaufgesetz, 1987, S. 49, „im befindlichen Zustand”. „Wie gesehen”, so Woschnagg, RIW 1992, S. 119, trifit es dagegen nicht ganz, weil dadurch wohl nur erkennbare Mängel ausgeschlossen werden, vgl. schon Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 192, während hier eher eine „as is”-Klausel gemeint ist, a.a.O., S. 191. 169 Im US-amerikanischen Recht wird dagegen nur eine ausdrückliche Zusicherung („express warranty”) von der „as is”-Klausel nicht betroffen, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 192. 170 Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 309. Der schwedische Gesetzgeber ging nach den Erwägungen zum Regierungsentwurf des neuen Kaufrechts davon aus, daß pauschale Haftungsauschlüsse vom Käufer nicht ausreichend ernst genommen würden, vgl. Woschnagg, RIW 1992, S. 119.

Kaufsache, die für den Käufer wesentlich sind. Dem Verkäufer schadet au­ ßerdem auch grobe Fahrlässigkeit, denn er muß nicht nur ihm bekannte Tat­ sachen aufdecken, sondern er trägt auch die Verantwortung für Tatsachen, die er erkennen mußte171. 172 Aufgrund der Untersuchungspflicht des Käufers (§ 20 II KpL

) werden allerdings nur solche Eigenschaften von der Auf­

klärungspflicht des Verkäufers erfaßt, die dem Käufer bei einer ordnungs­ gemäßen Begutachtung der Kaufsache verborgen geblieben wären173, nur

für diese wirkt auch der pauschale Haftungsausschluß nicht.

Zusätzlich wird den Gerichten durch § 19 I Zff. 3 KpL / KppL ein weiter Ermessensspielraum zur Begrenzung von Beschaffenheits- und ähnlichen Klauseln eingeräumt, denn diese entlasten den Verkäufer nicht davon, daß

die Waren von einer erheblich schlechteren Beschaffenheit sind („väsentligt sämre skick”), als es der Käufer berechtigterweise in Bezug auf den Preis und andere Umstände erwarten durfte („köparen med hänsyn till varans pris och övriga omständigheter med fog har kunnat förutsätta"). Unabhängig

vom Verschulden des Verkäufers wird hier allein auf ein offensichtliches Mißverhältnis vor allem zwischen Kaufpreis und Kaufsache abgestellt174,

welches in anderen Rechtsordnungen allenfalls über Wucherbestimmungen unter zusätzlichen subjektiven Voraussetzungen als generelle Schranke ver­ traglicher Vereinbarungen herangezogen wird.

Im übrigen stellen auch das schwedische und das finnische Kaufgesetz unter der Überschrift „Vertragsfreiheit” („avtalsfrihet") ausdrücklich klar, daß ihre Bestimmungen keine Anwendung finden, wenn aus Verträgen etwas

anderes folgt (§3 KpL / KppL: „man annat följer av avtalet"), so daß

Haftungsbeschränkungen innerhalb der generellen vertragsrechtlichen Gren­ zen zulässig sind175. Diese ergeben sich wiederum aus den Generalklauseln der Vertragsgeset­

ze, die auf Haftungsausschlußklauseln angewandt werden. In Schweden läßt § 36 I 1 AvtL - gegenüber der dänischen Regelung leicht abgewandelt - seit 171 Einfache Fahrlässigkeit, nach der der Verkäufer den Umstand kennen konnte, wirkt sich dagegen nicht auf den Haftungsausschluß aus, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 309. 172 Dazu u. B.II.2.a) aa) (1) (a). 173 Vgl. Woschnagg, RIW 1992, S. 119. 174 Vgl. Woschnagg, RIW 1992, S. 119. 175 Von einem weiten Veränderungsspielraum der Parteien gegenüber dem schwedi­ schen Kaufgesetz gehen auch Blonde/Pehrson SWE-033, in: Remedies, 1993, SWE19, aus, ähnlich Kellner, in: Introduction, 1988, S. 255, noch zum alten Kaufgesetz. Dagegen ist es nach Woschnagg, RIW 1992, S. 117, erklärtes Ziel des Kaufgesetzes von 1990 gewesen, AGB weitgehend überflüssig zu machen, weshalb viele in vertragli­ chen Vereinbarungen getroffene Regelungen in die Gesetzgebung eingeflossen sind.

1976176 die Aufhebung oder Anpassung einer Vertragsklausel zu, wenn die­

se unbillig erscheint. Auch in das finnische Vertragsgesetz ist 1982176 177 178 eine

den anderen nordischen Rechtsordnungen sehr ähnliche Generalklausel auf­ genommen worden, nach der eine Vertragsbedingung angepaßt oder aufge­

hoben werden kann, wenn sie unbillig ist oder ihre Anwendung zu unbilli­ gen Ergebnissen fuhren würde (Art.36 I 1 VarL)178. Auch wenn in Schwe­ den ausdrücklich der Schutz für Verbraucher oder andere im Vertragsver­ hältnis unterlegene Personen - deutlicher als im dänischen Recht179 180 - be­

sonders berücksichtigt werden soll (§ 36 II AvtL), findet diese Regelung allgemeine Anwendung, gerade bei Haftungsfreizeichungen auch im kauf­ männischen Bereich

. Die Frage, ob die Nichtigkeit den gesamten Vertrag

betrifft oder nur die unzulässige Klausel darin, wird im schwedischen und

finnischen Vertragsrecht ausdrücklich geregelt: In den Fällen, wo die Klau­

sel eine derartige Bedeutung für den Vertrag hat, daß eine Aufrechterhal­ tung des ursprünglichen Vertrages im übrigen billigerweise nicht verlangt

werden kann, kann der gesamte Vertrag für nicht durchsetzbar erklärt wer­ den, wenn er nicht in anderer Beziehung angepaßt wird (§36 I 2 AvtL / Art. 36 II VarL)181. Die schwedische Rechtsprechung hat auf der Grundlage

dieser vertragsrechtlichen Generalklausel das Prinzip entwickelt, daß eine

Freizeichnung für vorsätzliche Handlungen oder gar Arglist nicht erlaubt ist182. Nach den Materialien zum Vertragsgesetz soll dies bei Personen­ schäden auch für grobe Fahrlässigkeit gelten183.

Nach dänischem Recht fuhrt das Fehlen besonderer kaufrechtlicher Bestimmungen für Gewährleistungsbeschränkungen dazu, daß über die allgemeinen vertragsrechtlichen Regelungen nicht nur Vorsatz sondern auch grobe Fahrlässigkeit bei der Information des Käufers derartige Klauseln unwirksam macht. Dies gilt in ähnlicher Weise für Schweden und Finnland. In diesen beiden Ländern werden im allgemeinen Kaufrecht, in

176 SFS 1976:185. 177 Gesetz 956/1982. 178 Für Verbraucherverträge existiert dagegen schon seit 1978 eine besondere Gene­ ralklausel, die die Unangemessenheit als Kriterium verwendet, Abschnitt 4 Art. 1 KulutSL, dazu u. c). 179 Aber auch dort wird der entsprechenden Regelung dieser Schutzzweck zuge­ schrieben, Madsen, ScandStudLaw 1984, S. 92. 180 Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 311. 181 Bisher hat diese Möglichkeit allerdings kaum praktische Bedeutung erhalten, Hellner, in: Introduction, 1988, S. 241. 182 Blonde/Pehrson SWE-033, in: Remedies, 1993, SWE-19. 183 Bloth, Produkthaftung, 1993, S .311.

Dänemark im Verbraucherkaufrecht, für den besonderen Fall des Kaufs einer Sache „so wie sie beschaffen ist,f sowohl der Umfang der Informa­ tionspflicht des Verkäufers auf sämtliche Eigenschaften der Kaufsache ausgedehnt als auch die entsprechenden Anforderungen an den Verkäufer auf grobe Fahrlässigkeit erweitert, so daß alle beschränkenden Klauseln unter dem Vorbehalt vollständiger Information über die Eigenschaften bei einer vom Käufer durchzuführenden Untersuchung nicht erkennbar sind. Für wesentliche Abweichungen von den berechtigten Erwartungen des Käufers kann der Verkäufer sich durch eine solche Klausel überhaupt nicht freizeichnen. Die Kaufgesetze der europäischen Common Law-Rechtsordnungen sehen nur eine Generalklausel zur Inhaltskontrolle von Verträgen vor, die den Gerichten einen weiten Ermessensspielraum bei der Beurteilung von Vertragsvereinbarungen gibt, welche die Gewährleistung für Sachmängel beschränken. Außerdem finden sich, auch wenn das allgemeine Vertrags­ recht kaum in Gesetzen niedergelegt ist, über generelle Prinzipien des Case Law hinaus im englischen Unfair Contract Terms Act Einschränkungen der Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen in Verträgen. Zunächst stellen die Kaufgesetze Englands und Irlands ausdrücklich fest,

daß jede aus einem Warenkaufvertrag als gesetzliche Folge entstehende Haftung durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen oder verändert

werden kann (sec. 55 I SGA-GB / SGA-IRL: „where any ... liability would arise under a contract of sale of goods by implication of law, it may be ne-

gatived or varied by express agreement”). Die Sachmängelgewährleistung des Verkäufers aufgrund der sec. 13, 14 und 15 SGA kann aber generell nur

ausgeschlossen oder beschränkt werden, wenn es angemessen ist. Dies er­ gibt sich in Irland seit 1980 aus dem Sale of Goods Act (sec. 55 IV SGA-

IRL: „any term ... exempting from all or any of the provisions of section 13, 14 or 15 ... shall ... not be enforceable unless it is shown184 185 that it is

fair and reasonable"

. In England richtet es sich dagegen nach dem Unfair

184 Die Beweislast trägt damit derjenige, der sich auf den Haftungsausschluß beruft, ebenso in England sec. 11 V UCTA, allgemein dazu u. B.II.6.a). 185 Die Untersagung jeglicher Befreiung des Verkäufers (sec. 12 III SGA-IRL), in dem Maße für Ersatzteile und einen angemessenen Kundendienst zu sorgen, wie er es im Angebot, in der Beschreibung oder in der Werbung angegeben hat (sec. 12 I SGAIRL 1980: „spare parts and an adequate after sale Service will be made available ... as are stated in an öfter, description or advertisement by the seller”), interessiert hier nicht weiter, da nicht die Verantwortung für einen Sachmangel betroffen ist, sondern eine

Contract Terms Act (UCTA) 1977 (sec. 6 III UCTA: „the liability ... can be excluded or restricted by reference to a contract term, but only in so far as the term satisfies the requirement of reasonableness"186).

Die Regelungen des englischen Unfair Contract Terms Act 1977 richten

sich gerade gegen Haftungsbefreiungen, wobei ausdrücklich nicht danach

unterschieden wird, ob eine Pflicht versehentlich oder vorsätzlich verletzt worden ist (sec. 1 IV UCTA: „it is immaterial for any purpose ... whether the breach was inadvertent or intentional”). Vielmehr ist allgemein der Aus­ schluß und die Beschränkung der Haftung für jede Fahrlässigkeit, durch die

ein Verlust oder ein Schaden entsteht, nur zulässig, wenn sie angemessen ist (sec. 2 II UCTA: „a person cannot so exclude or restrict his liability for negligence except in so far as the term or notice satisfies the requirement of

reasonableness"). Nach den im Anhang 2 des Unfair Contract Terms Act aufgeführten Leitlinien für die Anwendung des Angemessenheits-Tests („„Guidelines" for application of resonableness test“) ist dabei unter ande­

rem zu berücksichtigen die Verhandlungsmacht der Parteien (Schedule 2

UCTA (a): „strength of bargaining positions of the parties”), ein Anreiz für die Einwilligung in die Klausel sowie eine alternative Vertragsmöglichkeit ohne eine derartige Klausel (Schedule 2 (b): „an inducement to agree to the

term, or ... an opportunity of entering into a similar contract, but without having to accept a similar term”) sowie die Kenntnis der Klausel (Schedule 2 UCTA (c): „customer knew or ought reasonably to have known of the existence and extent of the term”). Damit ähnelt dieses Kriterium der Ange­ messenheit sehr stark den Generalklauseln der skandinavischen Rechtsord­

nungen und stimmt zum Teil mit dem Maßstab der Sittenwidrigkeit der

mitteleuropäischen und auch der romanischen Rechte überein. Im Ergebnis

wird damit nach englischem Recht prinzipiell auch die Freizeichnung für normale oder sogar leichte Fahrlässigkeit richterlicher Kontrolle unterwor­

fen.

freiwillige nachvertragliche Betreuung der verkauften Sache. Ebensowenig soll auf­ grund ihres speziellen Anwendungsbereichs sowie ihrer Nähe zu einer deliktischen Gefährdungshaftung die nach sec. 13 II SGA-IRL für den Verkäufer eines Kraftfahr­ zeugs vorgesehene zwingend Garantie der Freiheit von gefährlichen Defekten („that ... the vehicle ... is free from any defect which would render it a danger to the public, including persons travelling in the vehicle”) näher betrachtet werden. 186 Obwohl die „fairness” dort nicht ausdrücklich aufgenommen ist, besteht im Ergebnis kein Unterschied zum irischen Recht, da in England sec. 11 I UCTA das „requirement of reasonableness” näher erläutert als „that the term shall have been a fair and reasonable one”.

Die Kriterien, die für die Prüfung der Angemessenheit des Ausschlusses der kaufrechtlichen Gewährleistung zugrundegelegt werden, sind die glei­

chen, die auch allgemein für Haftungsausschlüsse aufgrund von sec. 2 II UCTA gelten187; allerdings ist die Überprüfung auf reasonableness bei Kaufverträgen im Gegensatz zur allgemein wirkenden Generalklausel der

sec. 2 II UCTA nicht auf die geschäftliche Haftung beschränkt (sec. 6 IV UCTA: „The liabilities ... are not only the business liability ..., but include

those arising under any contract of sale of goods”). In Irland werden identi­ sche Kriterien für die Ermittlung von „Fair and Reasonable Terms” in Kaufverträgen mangels eines allgemein geltenden Unfair Contract Terms

Act in einem Anhang (Schedule) zum Sale of Goods and Supply of Services Act 1980 aufgeführt, allerdings ist mangels bekanntgewordener Entschei­

dungen noch nicht ganz klar, wie die Rechtsprechung diese Erwägungen anwenden wird188. Im Ergebnis soll als unangemessen vor allem das Aus­ nutzen einer beherrschenden oder monopolistischen Stellung gegenüber kleinen Kunden gelten189. 190

Darüberhinausgehend wird im englischen Recht ausdrücklich jede ver­

tragliche Einschränkung der Haftung ausgeschlossen, soweit Tod oder Kör­ perverletzung mindestens fahrlässig verursacht wurde (sec. 2 I UCTA: „A person cannot... exclude or restrict his liability for death or personal injury resulting from negligence"). Die Beschränkung von Freizeichnungen in sec. 2 I und II UCTA gilt jedoch nur für die geschäftliche Haftung (sec.l III

UCTA: „section(s) 2 apply ... only to business liability”), also nicht für durch Privatleute aufgestellte Haftungsausschlüsse. Als Haftungsausschluß sieht das englische Recht auch Klauseln an, die

die Haftung oder ihre Durchsetzung beschränken (sec. 13 I a) UCTA: „making the liability or its enforcement subject to restrictive or onerous conditions”), auch wenn sie sich auf Beweis- oder Prozeßregeln beziehen (sec. 13 I c): „excluding or restricting rules of evidence or procedure")19°. Ganz ähnlich ordnet das irische Kaufrecht Klauseln als Freizeichnungen ein, die nur beschränkend wirken, auch wenn sie allein die Ausübung eines Käuferrechtes beeinträchtigen (sec. 55 VI SGA-IRL: „a term which ... has

the effect of excluding or restricting ... the provisions ... or the exercise of a

right conferred”). Damit fallen auch Begrenzungen des Haftungsumfangs

187 Schedule 2 zum UCTA 1977. 188 Vgl. Forde, Commercial Law, 1990, S. 61 (Nr. 1. 146). 189 Vgl. zum englischen Recht Nickel/Saenger, JZ 1991, S. 1056, zum irischen Recht Ussher 9-28, in: Doing Business, 1992. 190 Zu den prozessualen Aspekten im einzelnen u. B.

sowie zeitliche Beschränkungen der Verkäufergewährleistung unter den Angemessenheits-Test191.

In Irland gibt es jedoch keine derart umfassende gesetzliche Regelung

„unfairer Vertragsbedingungen“ wie in England, so daß generell „die Lau­ terkeit oder Unlauterkeit eines Vertrages keine Angelegenheit ist, mit der sich das Gericht beschäftigen sollte”192.

Neben diesen gesetzlichen Regelungen bestehen sowohl in England wie in Irland außerdem von der jeweiligen Rechtsprechung entwickelte Prinzi­ pien des Common Law zur Beurteilung von Freizeichnungsklauseln. In Ir­ land wird die Gültigkeit dieser Rechtsregeln auch für das Kaufrecht aus­ drücklich festgehalten (sec. 55 V SGA-IRL: „shall not prevent the court

from holding, in accordance with any rule of law, that a term ... to exclude or restrict ... is not a term of the contract”193). Über das auf den - infor­

mierten - Vertragsschluß abstellende Kriterium der Kenntnis (und mögli­ chen Einschätzung der Auswirkungen) der Klausel194 sowie eine Auslegung

zu Lasten des Begünstigten („contra proferentem”)195 hinaus kommt vor allem die sogenannte „doctrine of fundamental breach” zur Anwendung. Sie beruht auf der Überlegung, daß eine Vertragsklausel, die den gesamten In­ halt des Versprechens der einen Partei aufhebt, dazu fuhrt, daß überhaupt kein Vertrag existiert196. Deshalb haben die englischen Gerichte197 die

Wirksamkeit von exemption clauses insoweit beschnitten, als jene die Haf­ tung für ganz zentrale Verpflichtungen des Vertrages ausschließen198. Dazu 191 Vgl. zum englischen Recht NICKEL/SAENGER, JZ 1991, S. 1056, zum irischen Recht Forde, Commercial Law, 1990, S .60 (Nr. 1.144). 192 O’Hanlon J in British Leyland Exports Ltd. v. Brittain Manufacturing Ltd., (1981) I. R. 335 (345 f.): „the faimess or unfairness of the contract is not a matter with which the Court should concern itself’, vgl. auch Forde, Commercial Law, 1990, S. 26 f. (Nr. 1.061). 193 Ussher 9-29, in: Doing Business, 1992. 194 Vgl. allgemein Jenkins/Henshall/Holland Rdnr. 90, in: Handbuch, 1992, S. 401. Dazu gehört vor allem eine klare Formulierung, besonders bei der Freizeich­ nung für schwerwiegende Vertragsverletzungen, zum „fundamental breach” u. im folgenden, sowie für Fahrlässigkeit, Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 164. Auf die Kenntnis stellt auch Schedule 2 (c) UCTA ab. 195 Dazu etwa Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 164. 196 Ussher 9-26, in: Doing Business, 1992. 197 Beginnend mit Karsales (Harrow) Ltd. v. Wallis (1956) 2 All E.R. 866 C.A. In diesem Fall ging es um die Übergabe eines auf Abzahlung („hire purchase“) gekauften Kraftfahrzeugs, das dermaßen beschädigt war, daß es nicht mehr als solches angesehen werden konnte, vgl. Ussher 9-26, in: Doing Business, 1992. 198 Dazu die Darstellung bei Forde, Commercial Law, 1990, S. 27 (Nr. 1.062), nach dem die Verpflichtung mehr als eine „condition” sein müsse. Ähnlich die deutsche Lehre von den Kardinalpflichten, s. u. Fn. 216.

gehört vor allem die Lieferung einer von den Vereinbarungen gänzlich ab­ weichenden Sache199, also eines aliud. Mittlerweile betrachtet die englische Rechtsprechung den fundamental breach jedoch als bloße Auslegungsregel,

so daß auch bei wesentlichen Vertragspflichten eine Freizeichnung dann möglich ist, wenn sie angemessen erscheint, etwa weil die Parteien eine der­ artige Aufweichung des Vertrags versprechens gerade beabsichtigten200. Die Auffassung vom fundamental breach ist auch von den irischen Ge­ richten übernommen worden201, dort wurde aber von Anfang an klargestellt,

daß ein Ausschluß der Haftung auch für grundlegende Vertragsverletzungen dann zulässig ist, wenn die Klausel dies unzweifelhaft klarstellt202. Ebenso wurde in Irland auch die Abschwächung der Freizeichnungskontrolle nach der „fundamental breach”-Doktrin aus England übernommen203, so daß zwischen diesen beiden Common Law Rechtsordnungen insoweit keine deutlichen Unterschiede zu erkennen sind. Als Haftungsausschluß ist in die­ sem Zusammenhang durch den irischen Supreme Court auch die Aufstel­

lung einer sehr kurzen Klagfrist angesehen worden, die eigentlich nur eine Einschränkung der Haftung darstellt204.

Anders als die kontinentalen Rechtsordnungen stellen England und Irland bei der Überprüfung von Freizeichnungen nicht auf den Verschuldensgrad ab, wie es überhaupt im vertraglichen Bereich für die Haftung auf ein Verschulden gar nicht ankommt205. Im englischen Recht wird gegenüber Gewährleistungsvereinbarungen ein sehr offener Angemessenheits-Test vorgenommen, nur bei geschäftlich Handelnden ist für Körperschäden eine zwingende Haftung vorgesehen. Außerdem werden in England und Irland grundlegende Vertragspflichten durch Haftung abgesichert, allerdings 199 Zum irischen Recht Ussher 9-26, in: Doing Business, 1992, vgl. auch CONRADSHassel Rdnr. 100, in: Handbuch, 1992, S. 570. 200 Suisse Atlantique Socit d’Armement Maritime S.A. v. N.V. Rotterdamsche Kolen Centrale (1967) 2 All E.R. 61 H.L., noch eindeutiger Photo Production Ltd. v. Securicor Transport Ltd. (1980) 1 All E. R. 556 H.L., vgl. V.MEHREN/IECL, General View, 1982, S. 43 (sec. 49). 201 So etwa vom Supreme Court in Clayton Love & Sons Dublin Ltd. v. British and Irish Steam Packet Co. Ltd. (1966/1970) 104 I. L. T. R. 157, vgl. die Darstellung bei Ussher 9-26, in: Doing Business, 1992, sowie bei Dockrell IRE-057, in: Remedies, 1993, IRE-46 . 202 Forde, Commercial Law, 1990, S. 27 f. (Nr. 1.063). 203 Western Meats Ltd. v. National Ice and Cold Storage Co. Ltd. (1982) I.L.R.M. 99, vgl. Ussher 9-27, in: Doing Business, 1992. 204 Vgl. Forde, Commercial Law, 1990, S. 60, unter Bezug auf den Clayton Love­ Fall, s. o. Fn. 201. 205 Dazu o. II.3.a) aa) (1).

wendet die Rechtsprechung diese fundamental-breach-Doktrin zunehmend zurückhaltender an.

Das neue niederländische Kaufrecht kennt keine generelle Begrenzung des Haftungsausschlusses für die Sachmängelgewährleistung, sondern nur spezielle Regelungen für „Standardbedingungen“206 sowie für Verbraucher­ käufe207. 208 Ebenso fanden sich im niederländischen Recht - wie in seinem französischen Vorbild - keine allgemeinen Bestimmungen für die vertrag­ liche Freizeichnung von der Haftung, und auch im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch ist keine derartige Regelung aufgenommen worden. Daher werden individuelle Haftungsbeschränkungen auch weiterhin allein nach Generalklauseln beurteilt. Da die Haftung des Verkäufers für Sachmängel nach dem neuen Burgerlijk

Wetboek in den Niederlanden sich nicht mehr allein auf versteckte Mängel

bezieht, wie es im früheren Recht in der Folge des französischen Gesetzes­ rechts vorgesehen war, ist es äußerst zweifelhaft, ob die in der Rechtspre­ chung zum Teil vertretene Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses für

dem Verkäufer bekannte versteckte Mängel

in dieser Weise noch Gültig­

keit besitzt. Auf jede Verbindlichkeit („„verbintenis") ist jedoch zunächst Art. 6:2 I

BW anzuwenden, nach dem die beteiligten Parteien sich redlich und billig

zu verhalten haben. Für Verträge wird außerdem noch einmal besonders klargestellt, daß sie nicht nur die vereinbarten Wirkungen erzeugen, sondern darüberhinaus auch solche, die aus den Anforderungen von Redlichkeit und Billigkeit folgen (Art. 6:248 I BW: „Een overeenkomst heeft niet alleen de door partijen overeengekomen rechtsgevolgen, maar ook die welke ... uit ...

de eisen van redelijkheid en billijkheid voortvloeien"). Die ursprüngliche, mit dem französischen Code Civile übereinstimmende

bona fides-Bestimmung, nach der Verträge in gutem Glauben durchgeführt werden sollten, ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur sehr zu­ rückhaltend zur Einschränkung von vertraglichen Absprachen verwendet worden209. Sie lebt fort in dem auf alle Rechtsgeschäfte anzuwenden Krite­ rium der guten Sitten (Art. 3:40 I BW). Ein Ausschluß der Haftung für vor­

206 Dazu u. b). 207 Dazu u. c). 208 Hof Leeuwarden v. 20.10.1948, NJ 1950, S. 519, Hof’s-Gravenhage v. 23.2.1973, NJ 1973, S. 343, vgl. BrTTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 189, in: Hand­ buch, 1992, S. 741. 209 Fokkema/Hartkamp, in: Introduction, 1993, S. 96.

sätzliches Handeln wird im allgemeinen als Verstoß gegen diesen Grundsatz

angesehen, während es bei grober Fahrlässigkeit von zusätzlichen Merk­ malen des Falles abhängt

.

Vom internationalen Einheitskaufrecht werden Gewährleistungsausschlüsse genausowenig erfaßt wie andere Haftungsfreizeichnungen. In den Ver­ tragsgrundregeln wird dagegen auf Angemessenheit oder Fairness abge­ stellt, in ihrer europäischen Variante wird darüberhinaus auch bei Vorsatz die Einschränkung der Vertragshaftung ausgeschlossen. Im UN-Kaufrecht wird ausdrücklich festgelegt, daß es keine Anwendung

auf „die Gültigkeit... einzelner Vertragsbestimmungen” findet („the validity

of ... any of [the contracts] provisions", Art. 4 a) CISG, ebenso bereits Art. 8 Satz 2 EKG)210 211. Dies betrifft, neben Fragen der Geschäftsfähigkeit und von Willensmängeln aufgrund von Irrtum oder Drohung, auch Frei­ zeichnungen von der Gewährleistung oder der sonstigen vertraglichen Haf­ tung212. 213 Damit besteht eine Lücke im Einheitlichen Kaufrecht, die durch die Anwendung des nach den Regeln des Internationalen Privatrechts jeweils heranzuziehenden nationalen Rechts zu schließen ist21 . In den Europäischen Vertragsgrundregeln wird den Parteien ausdrücklich

gestattet, „im vorhinein [zu] vereinbaren, ihre Haftung für Nichterfüllung

zu beschränken oder auszuschließen”, aber nicht „für den Fall der vorsätz­

lichen Nichterfüllung” und auch nicht, wenn dies „unangemessen” ist (Art. 3.109 Eur-Princ). Die UNIDROIT-Principles schränken eine „clause which limits or excludes one party's liability for non-performance” zwar

ebenfalls ein, aber nur wenn diese grob ungerecht („grossly unfair”) im

210 Vgl. BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 189, in: Handbuch, 1992, S. 741. 211 Diese Fragen sollen in einem eigenen Übereinkommen geregelt werden, UNIDROIT-Draf of a Law for the Unification of Certain Rules relating to Validity of Contracts of International Sale of Goods, UNCITRAL-Yearbook 1977 (VIII), S. 104 ff., vgl. Huber/ Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 4, 10 zu Art. 4. 212 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 67 zu Art. 45, STOLL/Schlechtriem, a.a.O., Rdnr. 47 zu Art. 74, Rdnr. 63 zu Art. 79, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 29 zu Art. 8 EKG. Ein Vorschlag zur Einschränkung von Haftungsfreizeichnungen bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit wurde abgelehnt, Eörsi, AmJCompL 1983 (31), S. 348. 213 HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 67 zu Art. 45, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 29 zu Art. 8 EKG Für eine Orientierung am Schutzzweck mit dem Ergebnis einer Anwendung des am Sitz der zu schützenden Partei geltenden Rechts STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 47 zu Art. 74, Rdnr. 64 zu Art. 79

Hinblick auf den Vertragszweck („purpose of the contract”) ist (Art. 7.1.6

UD-Princ).

Soweit die hier betrachteten Rechtsordnungen, vor allem die mitteleuropäi­ schen sowie die romanischen Rechte, spezielle Begrenzungen von Ge­ währleistungsausschlüssen im Kaufrecht kennen, stellen sie auf Informa­ tionspflichten des Verkäufers gegenüber dem Käufer bezüglich der Kaufsache ab. Dabei wurde ursprünglich nur böswilliges oder arglistiges Handeln sanktioniert, mittlerweile genügt der Rechtsprechung aber selbst in Staaten mit derart hohen Anforderungen überwiegend einfacher oder sogar bedingter Vorsatz, im Ausnahmefall, so in Italien oder Spanien, auch bereits grobe Fahrlässigkeit. Damit liegen die Anforderungen an den Verkäufer im Kaufrecht überwiegend niedriger als im allgemeinen Vertragsrecht dieser Rechtsordnungen. Dort ist im Ergebnis nur noch selten die Freizeichnung für grobe Fahrlässigkeit durch individuelle Vereinbarungen zulässig, wie in Deutschland und Portugal, der Trend geht in der gerichtlichen Praxis aber auch dort dahin, dies ebenfalls zu unter­ sagen. Die Europäischen Vertragsgrundregeln sehen den gemeinsamen Nenner allerdings noch beim Vorsatz. Allein für gewerbliche Verkäufer verlangen Frankreich, Luxemburg und (gegenüber Verbrauchern) Belgien strengere Maßstäbe, da sie in diesem Bereich eine zwingende bzw. nur im Ausnahmefall einschränkbare Haftung vorsehen. Schweden und Finnland schränken nur den Sonderfall von Beschaffenheitsklauseln stärker ein, da dann bereits einfache Fahrlässigkeit bzw. eine erhebliche Abweichung von der Käufererwartung die Haftungs­ beschränkung unwirksam macht. Die übrigen Rechtsordnungen, neben Österreich also die skandinavi­ schen Staaten214, England und Irland sowie die Niederlande, verzichten demgegenüber auf besondere kaufrechtliche Bestimmungen für Gewährlei­ stungsbeschränkungen. Dort werden die Standards aus dem allgemeinen Vertragsrecht angewendet, d. h. Freizeichnungen von der Sachmängelge­ währleistung können nur nach den generellen Maßstäben der Sittenwidrig­ keit oder der Unangemessenheit beurteilt werden. Letztendlich gelangen die Gerichte in diesen Staaten im wesentlichen aber ebenfalls bereits bei grober Fahrlässigkeit zur Unwirksamkeit derartiger Vertragsabreden. Trotzdem bleibt sehr undeutlich, wo bei der Anwendung dieser unbe­ stimmten Rechtsbegriffe die Grenze der Zulässigkeit verläuft. Dies gilt

214 Abgesehen von der Ausnahme der „befintlig skick”-Klauseln, s. o. bei Fn. 168

ebenso für die in die Vertragsgrundregeln aufgenommenen ähnlich weiten Kriterien, auch wenn die UNIDROIT-Principles eine konkretere Erheblich­ keitsschwelle einfuhren. Mit einer Zusicherung oder besonderen Garantie wird ein Haftungsaus­ schluß, nicht aber eine Haftungsbeschränkung, überwiegend für unverein­ bar angesehen. Es wird jedoch häufig versucht, die Reichweite der beiden gegenläufigen vertraglichen Abreden aufeinander abzustimmen. In England und Irland wird durch das Case Law zusätzlich der Haf­ tungsausschluß für die Verletzung besonders wichtiger Vertragspflichten ausgeschlossen. Unter diesem Aspekt kann auch die Sonderstellung der Haftung für Personenschäden betrachtet werden, die in einigen Rechtsord­ nungen, wie in Griechenland, der Schweiz, Frankreich und England, strengeren Beschränkungsgrenzen unterliegt.

Während der Ausschluß und auch die Beschränkung der Gewährleistung bei vorsätzlichem oder gar arglistigem Verhalten des Verkäufers mit der Funktion der Verantwortung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Sachen unvereinbar erscheint215, gilt dies nicht in gleicher Weise für grobe Fahrlässigkeit des Verkäufers. Das Argument einer Beeinträchtigung des Vertragsabschlusses durch eine Art Täuschung kann in diesem Fall nicht angewendet werden, da selbst bei groben Verstößen gegen den Sorgfalts­ maßstab, um die es hier vor allem geht, zunächst eine Verpflichtung des Schuldners, wenn auch nur hinsichtlich äußerst geringer Leistungsanstren­ gungen, entstanden ist216. In diesen Fällen könnte also unter ökonomischen Aspekten nur beurteilt werden, ob die individuell vorgenommene Risiko­ verteilung wirtschaftlich sinnvoll ist. Auch hier gilt zunächst die Vermu­

215 Ausführlich o. a) aa). Ähnlich Commission on European Contract Law, Principles I, 1995, S. 148, die ansonsten „an incentive not to perform" annimmt. In diesem Sinne auch HUBER/Soergel, BGB, 1990, Rdnr. 2 zu § 476: „eklatanter und nicht hinzunehmender Mißbrauch der Vertragsfreiheit”, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 476: „grob treuwidrig”, ähnlich Flume, JZ 1990, S. 550 f. 216 Anders in Deutschland - allerdings für eine AGB-Klausel, zu deren besonderer Problematik u. b) - wohl bei sogenannten „Kardinalpflichten” etwa der BGH, NJW 1973, S. 1878, der Haftungsausschlüsse sogar für leichtes Verschulden dann als unzulässig ansieht, wenn Fahrlässigkeiten vorliegen, „die eine ordnungsgemäße Erfüllung ... von vornherein ausschließen und deren Nichtvorhandensein jeder Auftraggeber als selbstverständlich ansieht.” Ähnlich die belgische Rechtsprechung für Individualklauseln, die dem Vertrag seinen Zweck nehmen („ ... si la clause enlverait tout effect utile au contract”, Cass. v. 23.11.1911, Pas. 1912 I, S. 566), vgl. Cornelis, Anm. zu Cass. v. 22.3.1979, R.C.J.B. 1981, S. 189. Zum Schutz derartig bedeutsamer Pflichten nach englischem und irischem Recht o. nach Fn. 195.

tung, daß die Parteien im konkreten Einzelfall ihre jeweiligen Nutzen und Kosten selbst am besten einschätzen können, so daß eine „objektive” Beurteilung sehr viel schwieriger ist. Stellt man jedoch wiederum auf den Präventionszweck von Gewährleistungsregelungen ab217, 218 dann erscheint es zumindest für den Bereich der groben Fahrlässigkeit problematisch, den Vertragsparteien die Möglichkeit eines Ausschlusses ihrer Verantwortung einzuräumen. Denn wenn man grob fahrlässiges Verhalten als Unterlassung der einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen sowie der Maßnahmen, die in der speziellen Situation jedem einleuchten mußten, auffaßt21s, dann bedeutet dies, daß ein Verhalten unterblieben ist, das ohne großen Auß^and erkennbar zu einer kostengünstigen Vermeidung des Schadens geführt hätte219. Der grob fahrlässig Handelnde kann daher die Verwirklichung des Risikos in den meisten Fällen mit geringeren Kosten verhindern als der Geschädigte220, zumindest deshalb, weil er über eine geeignete Maßnahme besser informiert war als die Gegenseite, so daß es in der Regel wirtschaft­ lich kaum sinnvoll wäre, ihn aus der Haftung zu entlassen221. Schließt der Verkäufer seine Gewährleistung auch für Zusicherungen oder besondere Garantien aus, dann täuscht er den Käufer ähnlich wie bei der Freizeichnung für vorsätzliches Verhalten über seine Vertragsbindung, denn in Wahrheit liegt gar keine vom Käufer durchsetzbare oder mit Sanktionen zu belegende Verpflichtung vor. Da es die Vertragsparteien jedoch in der Hand haben, sowohl den Schutzbereich der Zusicherung wie die Reichweite des Gewährleistungsausschlusses zu bestimmen, können diese beiden gegensätzlichen Vertragsbestandteile durch Auslegung 217 Dazu im einzelnen o. I.l.a), I.3.c) cc). Wilhelmsson, JConsPol 1993, S. 446, statuiert dagegen ganz allgemein eine Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages als „absolutes”, so a.a.O., S. 445, vertragliches Recht. 218 So die deutsche Rechtsprechung seit RG v. 26.1.1937, RGZ 163, S. 104 (106), BGH v. 11.5.1953, BGHZ 10, S. 14 (16). Sehr ähnlich die schweizerischen Gerichte, die von einem außer acht lassen dessen ausgehen, was jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen hätte einleuchten müssen, BG v. 20.5.1969, BGE 95 II S. 333 (340), BG v.2.6.1981, BGE 107 II S. 161 (167). 219 Ähnlich Kötz, VersR 1983, Jubiläumsbeil. S. 149, der allerdings davon ausgeht, daß zuvor grundsätzlich derjenige mit der Haftung belastet worden ist, der zur günstigeren Risikovermeidung in der Lage war, a.a.O., S. 148. 220 Haas, Haftungsfreizeichnungsklauseln, 1991, S. 157. Dazu auch Koller, ZIP 1986, S. 1098, der für diese Fälle allgemein den Präventionsgedanken als besonders wichtig anführt. Dies ist nur dann nicht anzunehmen, wenn wiederum die andere Vertragsseite vorsätzlich oder fahrlässig handelt. 221 Sollte der Geschädigte die für den Haftenden auf der Hand liegende Maßnahme allerdings mit weniger Aufwand durchführen können, dann müßte eine Information durch den Schuldner ausreichen, um ihn von der Haftung zu entlasten.

„synchronisiert” werden, so daß der Haftungsausschluß die Zusicherung nicht erfaßt222. Die in einigen Rechtsordnungen vorgenommene Begrenzung des Ge­ währleistungsausschlusses bei der Verletzung wesentlicher Vertragspflich­ ten und auch bei Personenschäden knüpft dagegen an die Schwere der Beeinträchtigung auf Seiten des Geschädigten an. Im Ergebnis steht dahinter auch in diesen Fällen das bei Vorsatz oder einer besonderen Garantieübernahme erörterte Argument, es könne nicht angenommen werden, daß der Vertragspartner einem derartig gravierenden Haftungsaus­ schluß zu seinen Lasten zustimmt. Anders als unter den oben genannten Voraussetzungen wird hier jedoch eine objektive Bewertung erforderlich, daß entweder im konkreten Fall eine wesentliche Vertragspflicht verletzt wurde oder generell Personenschäden stärker beeinträchtigen als Sach­ schäden223. Werden die Freizeichnungsmöglichkeiten der Parteien in diesen Fällen eingeschränkt, so wird ihnen eine abweichende Bewertung auch unter besonderen Umständen untersagt. b) Spezielle vertragsrechtliche Grenzen bei vorformulierten Vertrags­ bedingungen

In allen hier betrachteten Rechtsordnungen gibt es mittlerweile gesetzliche Regelungen, die auf eine besondere Situation beim Vertragsschluß abzielen und die Wirksamkeit von vorformulierten Vertragsklauseln oder Allgemei­ nen Geschäftsbedingungen (AGB) zum Gegenstand haben. Schon der Anwendungsbereich derartiger Bestimmungen ist jedoch nicht einheitlich ausgestaltet224, denn teilweise betreffen sie nur Verbraucherverträge, teilweise werden auch individuell ausgehandelte Vertragsbestandteile erfaßt. Durch europäisches Recht wurde bisher allein der Bereich der gegenüber Verbrauchern verwendeten vorformulierten Vertragsklauseln angeglichen.

In den meisten Rechtsordnungen werden nicht ausgehandelten Gewährlei­ stungsbeschränkungen generell, also für sämtliche Verträge, Grenzen 222 So als Regelfall P.bydlinski, JB1 1993, S. 569, der auch die Übereinstimmung der Arglist- und der Zusicherungsfalle betont. 223 So etwa Chr.Huber, Schadensberechnung, 1995, S. 262, der die Gesundheit neben dem menschlichen Leben - als „das wertvollste Rechtsgut” einordnet und dessen „besondere Wertigkeit” im österreichischen Recht berücksichtigt sieht. 224 Rechtsvergleichend zu den beiden folgenden Differenzierungen Kötz, Vertrags­ recht I, 1996, S. 218-222.

gesetzt. Diese allgemeineren Regelungen sollen an erster Stelle erörtert werden (unten aa.). Einige wenige Rechte koppeln den Schutz gegenüber Vorformulierungen dagegen schon immer mit dem Verbraucherschutz, was dazu fuhrt, daß derartig restriktive Anforderungen nur bei Verträgen zwischen gewerblichen Verkäufern und privaten Käufern gelten, aber nicht wenn es sich entweder um private Verkäufer oder um gewerbliche Käufer handelt. Betreffen diese verbraucherschützenden Regelungen gleichwohl allein vorformulierte und nicht auch individuelle Vertragsklauseln, sollen sie im vorliegenden Zusammenhang untersucht werden (unten bb.) Soweit jedoch der Verbraucher auch vor Individualvereinbarungen geschützt wird und somit die vom Gesetzgeber bzw. der Rechtsprechung vorgegebene kaufrechtliche Gewährleistung gegenüber jeglicher vertraglichen Absprache indirekt für zwingend erklärt wird, handelt es sich im Kern um unabding­ bare Regelungen für sämtliche Verbraucherkäufe, die in einem weiteren Unterabschnitt zusammengefaßt behandelt werden225. 226 Bezüglich vorformu­ lierter Vertragsbedingungen ist im Bereich der Verbraucherverträge bereits eine weitgehende Angleichung der nationalen rechtlichen Regelungen durch die EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucher­ verträgen (VbrKlsRil)226 erfolgt (unten (1).), daher ist insoweit vor allem auf die gleichwohl weiterhin bestehenden Unterschiede zwischen den nationalen Bestimmungen einzugehen (unten (2).).

Bevor auf den Inhalt der Regelungen eingegangen wird, soll der sachliche Anwendungsbereich der nationalen Regelungen bezüglich mißbräuchlicher Vertragsklauseln erörtert werden. Dabei können drei Regelungsvarianten unterschieden werden. Zum einen werden sämtliche vorformulierten Vertragsbestandteile erfaßt, wie es die EG-Richtlinie 93/13 vorsieht. Dies gilt damit in gleicher Weise auch für die Umsetzungen dieser Angleichungsmaßnahme in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen, soweit sie nicht über den Standard der Richtlinie hinausgehen227. Die EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln bezieht jede Vertrags­ klausel ein, „die nicht im einzelnen ausgehandelt wurde” (Art. 3 I VbrKls-

225 Derartige Regelungen finden sich außerdem als kaufrechtliche Sonderregelungen vor allem im skandinavischen und niederländischen Recht, s. u. c). 226 Richtlinie 93/13/EWG v. 5.4.1993, ABIEG 1993, L 95/29-34. 227 So bezieht sich die Regelung in Frankreich auch nach der Umsetzung weiterhin auf Individualklauseln, s. u. c).

Ril). Darunter ist der Vertragsinhalt zu verstehen, der „im voraus abgefaßt wurde”(Art. 3 II VbrKlsRil).

Die Europäischen Vertragsgrundregeln beziehen sich mittlerweile gleich­ falls auf „a term which has not been individually negotiated" (Art. 4:110:

Eur-Princ n.F ).

Die Transformationsregelungen in den meisten Rechtsordnungen überneh­ men diese Beschreibung zumindest sinngemäß. In Deutschland § 24 a Zf. 2 AGBG („vorformulierte Vertragsbedingungen auch ... , wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind”)228, in

Griechenland Art. 2 Zff. 1 Ges.2251/1994 („Bedingungen, die im voraus für eine unbestimmte Zahl von künftigen Verträgen formuliert wurden”)229,

in Italien Art. 1469-ter IV CceC („Non ... le clausole ... ehe siano stati oggetto di trattativa individuale”)230, in Spanien Art. 10-bis I LCU231 („estipulaciones no negociadas individualmente"), in Portugal Art. l.° I Decr.Lei 220/95232 233 („cläusulas contratuais gerais elaboradas sem previa negociao individual, que proponentes ou destinatarios indeterminados"), in Schweden § 10 AvtKonsL („avtalsvillkor som har utarbetats i förvag")233.

England und Irland geben die EG-Richtlinie wörtlich wieder („term ...

not been individually negotiated”, „drafted in advance”, reg. 3 I, III UTTCGB234 / reg. 3 I, IV UTCC-IRL235).

228 Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19.07.1996, BGBl. IS. 1013. 229 Gesetz 2251/1994 vom 15.11.1994, Gesetzblatt Nr. 191 v. 16.11.1994, zur Ände­ rung des Verbraucherschutzgesetzes 1961/1991, dazu ausführlich Mentis, in: FS Fenge, 1996, S. 289 ff. Dies galt ebenso bereits nach der vorausgehenden Regelung (Art. 22 1 Ges. 1961/1991). 230 Legge 52/1996, Art. 25, Gazzetta Ufficiale vom 10.2.1996, n. 34, S. 19, dazu der Überblick von MICKLITZ/BRUNETTAD’USSEAUX, ZEuP 1998, S. 104 ff. 231 Eingefugt durch das „Ley sobre Condiciones Generales de la Contratacion“ (LCGC) 7/1998 vom 13.4.1998, B.O.E. v. 14.4.1998. Art. 10 LCU a.F. stellte auf den „caracter general“ der Klauseln ab. 232 Decreto-Lei 220/95 vom 31.8.1995, Diär.Rep. I - A 1995 N.° 201 v. 31.8.1995, S. 5469. Bereits früher waren alle Klauseln betroffen, die im Voraus für die Verwen­ dung gegenüber einem unbestimmten Kreis von Geschäftspartnern ausgearbeitet wurden (Art. l.° Decr.-Lei 446/85: „elaboradas de antemäo, que proponentes ou destinatarios indeterminados” ). 233 „Lag om avtalsvillkor i konsumentförhällanden” v. 1.1.1995, SFS 1994:1512-02. 234 Die englischen „Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994” (UTCC-GB), Statutory Instruments 1994/3159, HSIS 262, S. 7611, als nachgeordneter legislativer Akt am 8.12.1994 erlassen vom Handels- und Industrieminister aufgrund des European Communities Act 1972, in Kraft seit dem 1.7.1995.

Dagegen wird mit dem zweiten Regelungstyp in anderen Rechtsordnungen - aufgrund der Rechtsangleichung durch die EG fast nur noch außerhalb von Verbraucherverträgen - ein „Massengeschäft” im Sinne von echten „allgemeinen” Geschäftsbedingungen verlangt235 236. Das deutsche AGB-Gesetz bezieht sich ursprünglich nur auf solche „vor­

formulierten Vertragsbedingungen”, die „für eine Vielzahl von Verträgen” gedacht sind (§11 AGBG). Auf ein konkretes Vertrags Verhältnis237 238 zuge­ schnittene vorformulierte Bedingungen werden dagegen nicht einbezogen

.

Das österreichischen Recht sieht zwar besondere Regelungen für „All­ gemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter” (§§ 864 a, 879 III ABGB) vor, aber der Gesetzgeber hat bewußt auf eine Definition dieser Art von vertraglichen Vereinbarungen verzichtet239. Vielfach wird eine Anleh­ nung an § 1 I AGBG des deutschen Rechts befürwortet240. In der Schweiz werden unter AGB ebenfalls vorformulierte Klauseln ver­

standen, die für eine Vielzahl von Einzelverträgen verwendet werden sol­ len241. Das italienische Recht sieht - neben der Neuregelung für Verbraucher­

vertragsklauseln - auch weiterhin besondere Regelungen für AGB („condizioni generali”) vor, die „durch einen der Vertragspartner im voraus aufge­ stellt” sein müssen (Art. 1341 I CceC: „predisposte da uno dei contraen-

235 Die irischen „European Communities (Unfair Terms in Consumer Contracts) Regulations 1995” (UTCC-IRL), Statutory Instruments 27/1995, als ministerielle Verordnung auf der Grundlage sec. 2 II EurCommAct 1972 erlassen. 236 Wirtschaftlich bedeutet dies, daß der Verwender die dafür aufgewendeten Kosten auf mehrere Verträge verteilen kann. Der Gegner kann dies in der Regel - selbst wenn er als Gewerbetreibender häufig derartige Verträge schließt - nicht, es sei denn es kommt auf der Grundlage identischer AGB zu mehreren Transaktionen zwischen den Parteien. Dadurch ist es für den Verwender günstiger, den Vertrag im Vorhinein zu entwerfen, als für die Gegenseite, ihn zu überprüfen, und es wird ein Anreiz zum Aufbau von Informationsvorteilen geschaffen, dazu s. o. 1. a) bb). 237 Nach der Rechtsprechung gilt dies auch bei Bedingungen für zwei bis vier Verträge, denn eine Vielzahl soll in der Regel erst bei drei bis fünf Verträgen vorliegen, BGH v. 29.06.1981, NJW 1981, S. 2344 (2345), U. STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 11 zu § 1 AGBG, KöTZ/MünchKomm, BGB, 1993, Rndr. 6 zu § 1 AGBG 238 Dafür jedoch etwa Kramer, ZHR 1982, S. 110 ff, mit ausführlicher Begründung ablehnend dagegen U. STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 28 Vor § 8 AGBG 239 Kiendl, JB1 1995, S. 93 Fn. 57. 240 Kiendl, JB1 1995, S. 93, vgl. auch Heller Rdnr. 32, in: Handbuch, 1992, S. 780. 241 Vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 38, in: Handbuch, 1992, S. 882.

ti”)242

Die Rechtsprechung verlangt hier ebenfalls die Bestimmung zur

Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen243.

In Spanien erfaßt die Neuregelung durch das Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen244 als „condiciones generales de la contratacion“ nunmehr alle vorformulierten Klauseln, sofern sie zum Zwecke der Auf­

nahme in eine Vielzahl von Verträgen verfaßt wurden (Art. 1 I LCGC: „incorporadas a una pluralidad de contratos“). Damit wird die zuvor verwen­ dete, auf die Gesamtheit aller Verträge abstellende strengere Formel245 dem

in anderen Rechten meist verwendeten Kriterium der Vielzahl von Anwen­ dungen angepaßt. Auch in den Niederlanden werden unter den im Abschnitt 3 im Fünften

Titel (Verträge im Allgemeinen) des Sechsten Buches geregelten Allgemei­ nen Bedingungen („algemene voorwaarden”) nach der gesetzlichen Definiti­

on schriftliche Bestimmungen verstanden, die aufgestellt wurden, um in eine Mehrzahl von Verträgen aufgenommen zu werden (Art. 6:231 a) BW:

„schriftelijke bedingen die zijn opgesteld teneinde in een aantal overeenkomsten te worden opgenomen"). Damit wird ähnlich wie im deutschen

Recht die Absicht einer zahlreichen Anwendung der Vertragsklauseln verlangt246.

In England ist sec. 3 UCTA auch weiterhin anzu wenden, wenn „one of [the contracting parties] deals ... on the other’s written Standard terms of 242 Gleichgestellt wird nach Art. 1342 I CceC die Verwendung von Formblättern und Vordrucken („moduli o formulari"), bei denen es sich aber nur um eine andere äußere Form von AGB handelt, die im Vertrag selbst enthalten sind. 243 Cass. v. 12.09.1979, n. 1412, Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, Nr. 2 zu Art. 1341, vgl. auch Patti/Cubeddu Rdnr. 34, in: Handbuch, 1992, S. 596. 244„Ley sobre Condiciones Generales de la Contratacion“ (LCGC) 7/1998 vom 13.4.1998, B.O.E. v. 14.4.1998. 245 Nach dem Verbraucherschutzgesetz („Ley General para la defensa de los Consumidores y Usuarios“ (LCU) 26/1984 vom 19.7.1984, B.O.E. v. 24.7.1984, als „Allge­ meines Gesetz zum Schutz der Verbraucher und Benutzer” übersetzt in v.Hippel, Verbraucherschutz, 1986, S. 401 ff.), in der ursprünglichen Fassung waren „Allgemei­ ne Klauseln, Bedingungen und Vereinbarungen” solche, die „vorher und einseitig zu dem Zweck verfaßt” sind, „sie auf alle Verträge anzuwenden, die von dieser Partei abgeschlossen wurden” (Art. 10 II LCU a.F.: „aplicarlas a todos los contratos“). Dieses Erfordernis wurde allerdings wohl nicht sehr strikt angewendet, darauf deutet der laxe Umgang mit dem zweiten Kriterium des Art. 10 II LCU hin, nach dem die Klausel für den Verbraucher unvermeidbar sein mußte („no puede evitar“), vgl. Meyer/Sande, in: Handels-und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 192. 246 So spricht Hartkamp, AcP 1991, S. 403, von einer „Vielzahl”. Auch nach den Gesetzgebungsmaterialien sollen erst 4-5 Anwendungsfalle ausreichen, vgl. de Buhr „algemene voorwaarden”, 1994, S. 21, BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 34 Fn. 13, in: Handbuch, 1992, S. 697

business”. Eine Erläuterung zum Anwendungsbereich dieser Regelung fin­ det sich allerdings nirgends247.

In den Internationalen Vertragsgrundregeln werden ebenso „Standard terms” definiert als „prepared in advance for general and repeated use” so­ wie „actually used without negotiation" (Art. 2.19 III UD-Princ).

Bei der dritten Regelungsvariante tritt die Vorformulierung bzw. fehlende Aushandlung völlig in den Hintergrund, denn dort werden auch individuell ausgehandelte Vertragsbestandteile nach ähnliche Kriterien überprüft wie in anderen Rechtsordnungen ABG oder vorformulierte Klauseln248. 249 In Frankreich wurde von Anfang an weniger das spezielle Problem Allge­ meiner Geschäftsbedingungen („conditions generales”, „clauses prrdigees”) in den Blick genommen, als vielmehr ganz allgemein das der miß­ bräuchlichen Vertragsklauseln („clauses abusives")249. Auch wenn bei der Stellung von vorformulierten Bedingungen einiges dafür spricht, daß der Verwender seine Verhandlungsmacht ausnutzt, und damit mißbräuchliche Klauseln vielfach als conditions generales auftreten250, hatte die französi­

sche Regelung vor allem den Schutz der schwächeren Vertragspartei zum Ziel, als die der Verbraucher - und darüber hinaus der im konkreten Fall nicht beruflich Handelnde251 - gegenüber einem Gewerbetreibenden angese­

hen wurde. Diesen Ansatz hat der französische Gesetzgeber auch bei der Umsetzung der EG-Richtlinie durch das Änderungsgesetz zum Code de la Consommation (CdeCons)252 insofern beibehalten, als weiterhin alle - auch

individuell vereinbarte - Klauseln („les clauses”) in Verträgen zwischen

247 Damit bleibt unter anderem unklar, ob auch von Dritten aufgestellte Bedingun­ gen darunter fallen, oder inwieweit eine Abänderung durch Verhandlungen zu berücksichtigen ist, so Furmston, in: Cheshire, 1991, S. 182, der daher das Schweigen des Gesetzes für unglücklich hält. 248 Eine entsprechende Regelung wollte auch die EG-Kommission in ihrem ur­ sprünglichen Richtlinien-Vorschlag treffen (Art. 1), ABIEG 1991, C 326/111, und sie hat dieses Ziel noch im Geänderten Vorschlag (Art. 4), ABIEG 1992, C 73/7 ff., neben der Kontrolle vorformulierter Klauseln verfolgt. 249 Vgl. Berger-Walliser, RIW 1996, S. 459, Sonnenberger, RIW 1990, S. 165, Sonnenberger Rdnr. II 23, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 56. 250 Nach Sonnenberger, RIW 1990, S. 166, geht es „vor allem” um AGB. Ähnlich Witz/Wolter, ZEuP 1993, S. 364. 251 Für eine Einbeziehung von Gewerbetreibenden, die außerhalb ihres Spezialge­ bietes handeln, in diese Gruppe Cass.Civ. v. 27.4.1987, JCP 1987 II 20893, vgl. Sonnenberger Rdnr. II 23, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 57. 252 Loi nr. 95-96 concernant le clauses abusives et la presentation des contrats et regissant diverses activites d’ordre economique et commercial v. 1.2.1995, Journal Officiel v. 2.2.1995, S. 1755.

Gewerbetreibenden und nicht beruflich Tätigen bzw. Verbrauchern („nonprofessionels ou consommateurs", Art. L 132-1 I CdeCons) der Inhalts­ kontrolle unterliegen253. Das belgische Recht sieht ebenfalls keine besonderen Regelungen für AGB vor, denn es schränkt durch die Änderung des HandelspraktikenGesetzes254 nicht nur die Verwendung mißbräuchlicher Bedingungen

(„voorwaarden”) ein, sondern auch entsprechende Klauseln („bedingen”), mit denen demgegenüber individuell vereinbarter Vertragsinhalt bezeichnet wird (Art. 32 Satz 1 WHP), und schafft damit in diesem Bereich zwingen­ des Recht255.

Ähnlich werden im finnischen Recht sämtliche Bestimmungen in Ver­ brauchsgüter betreffende Verträgen („avtalsvillkor”) über § 36 VarL hinaus einer generellen Kontrolle unterworfen (Kap. 3 § 1 KulutSL)256.

Da diese Art von Regelungen gegenüber Verbrauchern zwingendes Recht erzeugen, sind sie als besondere Bestimmungen für Verbraucherkäufe zu behandeln257.

Die Information über den Inhalt des Vertrages spielt zwar bei dessen nicht individuell ausgehandelten Bestandteilen eine besondere Rolle, soll aber als allgemeine und grundlegende Voraussetzung für die Wirksamkeit von Verträgen hier nicht näher behandelt werden. Im übrigen wird diese Frage, häufig im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Geschäftsbedingungen in den Vertrag, in den Rechtsordnungen nahezu einheitlich geregelt. Ein Transparenzgebot gelangte fast nur durch die Umsetzung der EGRichtlinie in die nationalen Rechtsordnungen258. Es wird für den Bereich der Verbraucherverträge durch die EG-Richtlinie 93/13 ausdrücklich (Art. 5 Satz 1 VbrKlsRil: „klar und verständlich abge­ faßt”) vorgeschrieben. Übernommen wurde es in Frankreich (Art. L 133-2 I CdeCons: „Les

clauses des contrats proposes ... doivent etre presentees et redigees de faon claire et comprehensible”), Italien (Art. 1469-quater I CceC. „tali clausole 253 Vgl. Berger-Walliser, RIW 1996, S. 461. 254 S. o. Fn. 136. 255 Darüberhinaus wendet die Rechtsprechung, vor allem im kaufmännischen Be­ reich, bezüglich AGB nur die allgemeinen vertragsrechtlichen Regelungen an, vgl. Meyer/Sande, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 190. 256 laki kuluttajansuojalain (KulutSL), N:o 1259 v. 16.12.1994, Suom. Säädösk. 1994, S. 3713. 257 Dazu u. c). 258 Nicht übernommen wurde es etwa in Deutschland und Portugal.

III.2. Grenzen vertraglicher Einschränkungen der Gewährleistung

389

devono sempre essere redatte in modo chiaro e comprensibile") sowie wört­

lich in England und Irland („expressed in plain, intellegible language", reg. 6 l.HS UTCC-GB / reg. 5 I UTCC-IRL). Nur in Griechenland („AGB

müssen deutlich, bestimmt und einfach formuliert sein”, Art. 22 II Ges. 1961/1991) und Spanien („claridad ... con posibilidad de comprension directa", Art. 10 I a) LCU a.F.259) bestand es bereits vorher.

Eine Unklarheitenregel wurde ausdrücklich teilweise ebenfalls erst im

Zuge der europäischen Rechtsangleichung in die einzelstaatlichen Rechts­

ordnungen eingeführt, findet sich aber in den meisten Rechtsordnungen gerade bei vorformulierten Vertragsbestimmungen260 schon früher in Gesetz oder Rechtsprechung261.

Eine derartige Bestimmung zur Auslegung von mehrdeutigen Klauseln legt die EG-Richtlinie 93/13 fest (Art. 5 Satz 2 VbrKlsRil: „Bei Zweifeln über

die Bedeutung ... gilt die für den Verbraucher günstigste Regelung”). Sie gilt ebenso in Frankreich (Art. L 133-2 II CdeCons: „s’interprtent

en cas de doute dans les sens le plus favorable au consommateur ou a nonprofessionnel") sowie in England und Irland („if/when there is any/a doubt about the meaning ... the Interpretation most favourable to the consumer

shall prevail”, reg. 6 2.HS UTCC-GB / reg. 5 II UTCC-IRL). Gesetzlich geregelt wurde sie schon vorher in Deutschland (§ 5 AGBG:

„Zweifel bei der Auslegung ... gehen zu Lasten des Verwenders”), Grie­

chenland (Art. 24 II Ges. 1961/1991: „in Zweifelsfallen zugunsten des Ver­ brauchers ausgelegt”)262, 263 Italien (Art. 1370 CceC: „s’interpretano, nel dubbio, a favore dell‘altro")63, bereits vor der Neuregelung in Spanien (Art. 10 II 2 LCU a.F.)264 und in Portugal (Art. 11.° I Decr.-Lei 446/85: „cläusulas ... ambiguas tem o sentido lhes daria o contratante indetermina-

259 Seit der Neuregelung 1998 gilt es nun ebenfalls für sämtliche AGB, Art. 5 IV LCSC.

260 In Österreich gilt dagegen nicht nur für AGB, sondern generell für sämtliche Vertragsbestandteile § 915 ABGB, nach dem undeutliche Äußerungen zu Lasten desjenigen ausgelegt werden, der sich ihrer bedient. 261 Rechtsvergleichend, mit Nachweisen auch zur englischen und französischen Rechtsprechung, Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 215. 262 Nunmehr Art. 2 VI 2 Ges.2251/1994. 263 Trotzdem wird für Verbraucherverträge in Art. 1469-quater II CceC diese Be­ stimmung gleichsam wiederholt: „In caso di dubbio sul senso di una clausola, prevale l’interpretazione piü favorevole al consumatore" . 264 Eine sehr ähnliche Regel ist als Begünstigungsverbot zu lasten desjenigen, der die Unklarheit verursacht hat, für alle Vertragsklauseln bereits in Art. 1288 CgoC vorgeschrieben.

do normal”). Die Rechtsprechung hat eine entsprechende Formel in der Schweiz165, in Frankreich265 266 und Belgien 267 sowie in den Niederlan­

den'6^entwickelt .

Darüberhinaus werden in einigen nationalen Rechten auch ungebräuchliche Klauseln für unzulässig erklärt, mit denen die andere Seite nicht rechnen konnte269. 270 271 272 Dies geschieht etwa in Deutschland (§ 3 AGBG: „Bestimmungen ... die

nach den Umständen ... so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen brauchte”), in Österreich (§ 864 a ABGB:

„auch nach den Umständen ... nicht zu rechnen brauchte”, es sei

denn, daß „besonders darauf hingewiesen” wurde), ähnlich in Portugal als

Verbot versteckter Klauseln, die von einem normalen Vertragspartner über­ sehen werden können (Art. 8.° c) Decr.-Lei 446/85: „cläusulas que ... pas­

sem despercebidas a um contratante normal“), ähnlich durch die Rechtspre­ chung in der Schweiz

, in Belgien

sowie in England

. In Spanien hat

265 BG v. 18.12.1973, BGE II 99 S. 290 (292), Kantonsgericht St.Gallen v. 26.1.1994, SJZ 1996, S. 153 (154), Baudenbacher, in: Bedeutung, 1996, S. 5. 266 Vgl. Sonnenberger, RIW 1990, S. 168, WENNER/SCHÖDEL Rdnr. 48, S. 431 f., unter Bezug auf Art. 1602 CdeC, nach dessen Regelung immer zu Lasten des Verkäu­ fers ausgelegt wird. 267 Vgl. Moons Rdnr. 45, in: Handbuch, 1992, S. 82, auch hier unter Bezug auf Art. 1602 BW. 268 Diese Regel wird dadurch stark abgeschwächt, daß sie bei besonderen Umständen nicht durchgreift, HR v. 28.4.1990, NJ 1990, Nr. 583, vgl. auch de Buhr, „algemene voorwaarden”, 1994, S. 122 f., BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 51, in: Handbuch, 1992, S. 703. 269 Die erhöhte Aufmerksamkeit durch das Erfordernis einer zweiten Unterschrift in Italien nach Art. 1341 II CceC soll dagegen eher auf eine besondere Belastung durch die erwähnten Klauseln hinweisen, welche generell trotzdem als üblich angesehen werden können. 270 Für „ungewöhnliche” Klauseln, deren Inhalt nicht zu erwarten war, wenn nicht besonders auf sie hingewiesen wurde, BG v. 6.12.1983, BGE 109 II 452, BG v. 5.8.1993, BGE 119 II 443, dazu Baudenbacher, in: Bedeutung, 1996, S. 4 f. Allerdings besteht eine Tendenz zur restriktiven Anwendung, BG v. 1.12.1982, BGE 108 II S. 416 (418), vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 44, in: Handbuch, 1992, S. 886. 271 Vgl. De Vel, RIW 1973, S. 184. 272 Nach Interfoto Picture Library Ltd. v. Stiletto Visual Programmers Ltd. (1988) 1 All E.R. 348 C.A. per Bingham L.J., muß der Hinweis des Klauselverfassers umso deutlicher sein, je ungewöhnlicher - und belastender - ihr Inhalt ist, vgl. Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 214.

der Gesetzgeber bei der Neuregelung des AGB-Rechts 1998 trotz eines ent­ sprechenden Entwurfs keine derartige Vorschrift aufgenommen273.

Vertragliche Haftungsbeschränkungen oder sogar spezielle Gewährlei­ stungsabreden bei der Lieferung von Waren werden in den Bestimmungen bezüglich nicht im einzelnen ausgehandelter Vertragsbestandteile aber nur in einigen Rechtsordnungen ausdrücklich erfaßt. Wo dies nicht der Fall ist, kommen zumeist Generalklauseln zur Anwendung, in denen den Gerichten ein Ermessensspielraum für die Überprüfung von formularmäßigen Freizeichnungen eingeräumt wird. Derartige Bestimmungen sind auch in den Staaten, die einzelne Klauseln besonders herausstellen, ergänzend anzuwenden, soweit die jeweiligen Klauselverbote nicht eingreifen. aa) Grenzen vorformulierter Gewährleistungsbeschränkungen für sämtliche Kaufverträge

In den mitteleuropäischen Rechtsordnungen haben sich die Regelungen für vorformulierte Klauseln oder Standardverträge sehr unterschiedlich entwickelt. Während im deutschen Recht über Verbraucherverträge hinaus274 ein spezielles Gesetz sowohl bestimmte Klauselverbote, die nur nicht gegenüber Unternehmern (früher Kaufleuten) wirken, wie auch einen generellen Prüfmaßstab enthält, wird in Österreich in diesem Bereich nur eine Generalklausel im Zivilgesetzbuch aufgestellt275. Im griechischen Recht hat die Rechtsprechung aus den unbestimmten Rechtsbegriffen des allgemeinen Vertragsrechts Maßstäbe für die Überprüfung derartiger Klauseln abgeleitet276. In der Schweiz existiert eine spezielle gesetzliche Regelung auf diesem Gebiet nur im Bereich des Wettbewerbsrechts, allerdings hat ergänzend die Rechtsprechung im Vertragsrecht ähnliche allgemeine Prüfkriterien entwickelt, wie sie in den anderen Rechtsordnun­ gen für AGB gelten.

ZvglRWiss 1998, S. 465. 274 Zu den Ergänzungen des AGB-Gesetzes in Bezug auf Verbraucherverträge u.bb). 275 Spezielle Klauselverbote befinden sich allein im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) von 1979 und wirken damit nur zwischen „Unternehmern” und „Verbrau­ chern” i.S.d. § 1 I KSchQ also für Verbrauchergeschäfte. Dabei betreffen die in § 6 I sowie § 9 KSchG aufgezählten Verbote sämtliche „Vertragsbestimmungen” bzw. „Vereinbarungen”, so daß sie auch auf Individualklauseln anzuwenden sind und insofern generelle Regelungen für Verbraucher(kauf)verträge darstellen, dazu u. c). 276 Zu den besondere Vorschriften für AGB im Verbraucherrecht u. bb). 273 CABANAS TREJO/VESTWEBER,

In Deutschland richtet sich die umfangreiche Verbotsnorm des § 11 Zff. 10 AGBG direkt auf Beschränkungen der Gewährleistung bei „Verträgen über

Lieferungen neu hergestellter Sachen”, also vor allem bei Kaufverträgen (sowie bei Werk- und WerklieferungsVerträgen). Soweit es um einen Aus­

schluß der Gewährleistung geht, unterfallen der AGB-Regelung nur die

Rechtsbehelfe der Wandelung und Minderung sowie beim Gattungskauf der Ersatzlieferung. Der Schadenersatz wegen Nichterfüllung nach § 463 BGB wird - auch für den Kauf gebrauchter Sachen - dagegen bei Arglist des Verkäufers bereits durch § 476 BGB für zwingend erklärt

, während auf

Zusicherungen § 11 Zff. 11 AGBG anzuwenden ist, nach dem die Scha­

densersatzansprüche aus §§ 463, 480 II BGB insoweit nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden dürfen278. Wenn es dem Verkäufer also nicht möglich sein soll, durch AGB seine Verantwortung völlig auszuschließen (§11 Zff. 10 a): „Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender ... insge­ samt ausgeschlossen”)279, so gilt dies für die gleichzeitige Abbedingung al­

ler Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewährleistung, wobei aber fraglich bleibt, ob eine Beschränkung auf nur einen dieser Rechtsbehelfe zulässig ist. Ausdrücklich ist allein vorgesehen, daß der Verkäufer den Käufer auf

„Nachbesserung oder Ersatzlieferung” verweisen kann, allerdings nur, wenn bei deren „Fehlschlägen”2 0 wahlweise wieder Wandelung oder Minderung verlangt werden können (§ 11 Zff. 10 b) AGBG). Da dem Käufer diese

letzten beiden Möglichkeiten ausdrücklich „nach seiner Wahl” zustehen

sollen, ist eine Beschränkung entweder auf Wandelung oder auf Minderung ebenfalls nicht zulässig281. Bezogen auf die Nachbesserung ist außerdem die

278 Die Tendenz der Rechtsprechung geht sogar dahin, auch individuell vereinbarte Haftungsausschlüsse bei einer Zusicherung wegen widersprüchlichen Verhaltens des Verkäufers für unzulässig zu erklären, s. o. a), bei Fn. 89. 279 Dazu zählen auch Klauseln, die faktisch zu einem Gewährleistungsausschluß führen, wie eine Beschränkung auf vom Verwender anerkannte oder verschuldete Mängel, BGH v. 15.3.1990, NJW-RR 1990, S. 856. 280 Nach der Rechtsprechung bei Mißlingen oder Unmöglichkeit, BGH v. 26.11.1984, NJW 1985, S. 623 (630), bei Verweigerung, BGH v. 22.3.1979, BB 1979, S. 804, sowie bei schuldhafter Verzögerung, BGH v. 19.1.1978, BB 1978, S. 325, der nachgeholten Erfüllung, BGH v. 24.1.1990, BGHZ 110, S. 130 (145), vgl. U.Stein/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 111 zu § 11 AGBG, v.Westphalen, Verkaufsbedingungen, 1990, S. 105, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 67 zu § 462. 281 So OLG Köln v. 22.6.1988, NJW 1988, S. 2477, Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 1994, Rdnr. 16 zu § 11, U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 97, a.A. OLG Karlsruhe v. 29.7.1983, ZIP 1983, S. 1091, Hensen, in: AGBG, 1993, Rdnr. 13 zu § 11 Nr. 10, offengelassen von BGH v. 16.5.1990, NJW-RR 1990, S. 1141. Eine Beschrän­

(auch teilweise) Belastung des Käufers mit den dadurch entstehenden Ko­

sten untersagt (§ 11 Zff. 10 c) AGBG), so daß § 476 a BGB gegenüber AGB-Klauseln für zwingend erklärt wird. Eine Kostentragung durch den Käufer würde die Gewährleistung des Verkäufers zumindest wirtschaftlich in diesem Umfang einschränken282.

Nicht unmittelbar auf die Gewährleistung bezogen, aber allgemein die vertragliche Haftung erfassend, ist § 11 Zff. 7 AGBG zu beachten, der - in Ergänzung zu § 276 II BGB283 - den Ausschluß und die Begrenzung von Schadensersatzansprüchen bereits bei „einer grob fahrlässigen Vertrags­

verletzung des Verwenders” verbietet. Im Bereich der Sachmängelhaftung

bei Kaufverträgen ist diese Regelung nur außerhalb der gewährleistungs­ rechtlichen Sonderbestimmungen von Bedeutung284, nämlich für die positive Vertragsverletzung2 , da die Schadensersatzansprüche aus § 463 BGB schon von § 476 BGB bzw. von § 11 Ziff. 11 AGBG abgedeckt werden. Für

grobe Fahrlässigkeit ist auch eine Begrenzung der Haftung nicht möglich,

so daß der Verkäufer weder eine summenmäßige Einschränkung noch eine solche auf bestimmte Schadensarten (z.B. auf unmittelbare bzw. Mangel­ schäden, auf Nichtvermögensschäden, auf Personenschäden oder auf vor­ hersehbare bzw. versicherbare Schäden) vornehmen kann286.

Obwohl diese Klauselverbote nach § 24 Satz 1 Zff. 1 AGBG keine An­ wendung finden, wenn dem Verwender ein Unternehmer gegenüber steht, welcher „in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen

kung auf die Minderung ist keinesfalls möglich, BGH v. 25.2.1981, BB 1981, S. 815 (816). 282 Die in § 11 Zff. 10 d) AGBG untersagte Vorleistungsvereinbarung beseitigt dagegen nur ein faktisches Druckmittel des Käufers, entzieht ihm damit aber nicht die Gewährleistungsansprüche, so jedoch U. STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 118 zu § 11 AGBG Erschwert wird nur deren Durchsetzung, weil nun ein gerichtliches Verfahren nötig werden kann, zu dem dadurch entstehenden Aufwand u. B.I.l. 283 Dazu o. a), bei Fn. 83. 284 v.Westphalen, Verkaufsbedingungen, 1990, S. 110. 285 Außerdem für Unmöglichkeit und Verzug nach § 11 Zff. 8 AGBG. Daneben kommt ihre Anwendung allenfalls noch für deliktische Ansprüche im Wege einer direkten, BGH v. 7.2.1979, NJW 1979, S. 2148, vgl. U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr .63 zu § 11 AGBG m. w. N., oder jedenfalls entsprechenden Anwendung, BGH v. 12.3.1987, BGHZ 100, S. 158 (184), Hensen, in: AGBG, 1993, Rdnr. 9 zu § 11 Nr. 7, in Betracht. 286 U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 69 zu § 11 AGBG, Hensen, in: AGBG, 1993, Rdnr. 18 ff. zu § 11 Nr. 7.

Tätigkeit handelt“287, liegen keine Regelungen für Verbraucherkäufe vor: Zum einen werden durch die §§ 10 und 11 AGBG auch Geschäfte unter

Nicht-Unternehmern erfaßt, also private Käufe im Sinne des bürgerlichen Rechts. Zum anderen werden die genannten Klausel verböte mittlerweile mit nur wenigen Einschränkungen von der Rechtsprechung über § 9 II Zff. 1 AGBG auch auf den kaufmännischen, nun wohl auch unternehmerischen Verkehr ausgedehnt288.

Über die einzelnen Klauselverbote hinaus ist außerdem immer der Auf­ fangtatbestand des § 9 I AGBG auf AGB-Gewährleistungsentlastungen an­ wendbar, wonach diese unwirksam sind, wenn sie „den Vertragspartner des

Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen be­ nachteiligen”. Dabei hat eine Interessenabwägung zu erfolgen289, bei der auf Seiten des Verwenders vor allem das Rationalisierungsinteresse an größt­ möglicher Wirtschaftlichkeit sowie der Schutz von Vermögen und Ge­ schäftstätigkeit und auf Seiten des Vertragspartners der Schutz seiner Rechtsgüter zu berücksichtigen sind290. 291 Als292 besondere Umstände, die bei der Angemessenheitsprüfung zur Geltung gebracht werden können, sind insbesondere bei Haftungsregelungen bzw. Freizeichnungsklauseln auch die

Beherrschbarkeit des Risikos

sowie dessen Versicherbarkeit

anerkannt.

Da in dem hier behandelten Bereich der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung

jedoch eine ausführliche „gesetzliche Regelung” im Sinne des § 9 II Zff. 1

AGBG bzw. dieser gleichzustellende von der Rechtsprechung entwickelte

287 Bis 1998 erfolgte die Abgrenzung gegenüber Kaufleuten, für die „der Vertrag zum Betriebe (ihres) Handelsgewerbes gehört”, weshalb allein in dieser Richtung einseitige Handelsgeschäfte ausgeschlossen waren. 288 So zur Haftung bei grobem Verschulden BGH v. 19.1.1984, BGHZ 89, S. 363 (365 f.) - nicht völlig sicher nur noch für Haftungsbegrenzungen auf vorhersehbare oder typische Schäden, U.STEiN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 75 zu § 10 AGBG, Hensen, in: AGBG, 1993, Rdnr. 32 zu § 11 Nr. 7, v. Westphalen, Verkaufsbedingungen, 1990, S. 112 -, zum Gewährleistungsausschluß BGH v. 15.3.1990, NJW-RR 1990, S. 856, zur Beschränkung auf Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung BGH v. 26.11.1984, BGHZ 93, S. 29 (26), zu den Aufwendungen bei Nachbesserung (soweit sie nicht nur geringfügig sind) BGH v. 25.2.1981, NJW 1981, S. 1501 f. 289 BGH v. 12.3.1987, BGHZ 100, S.157 (165 ff.), BGH v. 21.12.1983, BGHZ 89, S. 206 (211). 290 U. STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 16 ff. zu § 9 AGBG 291 Dazu Kötz, NJW 1984, S. 2447 f., unter Betonung der Ökonomischen Aspekte ders., VersR 1983, Beil. 1, S. 147, ders., in: Allokationseffizienz, 1989, S. 194 f. 292 Koller, ZIP 1986, S. 1093 ff, rechtsvergleichend auch Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 225.

Rechtssätze293 294 existieren, 295 durch die ein angemessener Interessenausgleich

unter Einbeziehung der genannten Kriterien im Allgemeinen sichergestellt sein sollte

, ist bei einer nicht nur geringfügigen

Abweichung vom dis­

positiven Gewährleistungsrecht gern. § 9 II Zff. 2 AGBG „im Zweifel” eine Unangemessenheit der Klausel anzunehmen. Allenfalls ein Ausgleich durch

die Einräumung anderer rechtlicher Vorteile oder aber überwiegende Ver­ wenderinteressen296 können in besonderen Fällen die Haftungsbeschränkung rechtfertigen. Die Bedeutung der Generalklausel des § 9 AGBG für Frei­

zeichnungen von der Gewährleistung wegen Sachmängeln bei Kaufverträ­ gen ist wegen der weitreichenden Wirkung der erörterten Klauselverbote (besonders des § 11 Zff. 7, 10 und 11 AGBG) recht gering297. Nur im von

§11 Zff. 7 AGBG offengelassenen Fall der mittleren und leichten Fahrläs­ sigkeit geht die Rechtsprechung bei wesentlichen Vertragspflichten - also solchen, die die ordnungsgemäße Durchführung des Geschäfts ermöglichen und auf die der Vertragspartner deshalb vertraut („Kardinalpflichten”) -

generell davon aus, daß eine Freizeichnung dafür durch AGB nicht möglich ist298. Eine positive Vertragsverletzung im Bereich der Sachmängel stellt die

Verletzung einer wesentlichen Pflicht dar und wird außerdem als quasi­ gesetzliche Regelung angesehen, so daß demgegenüber eine Haftungsbefrei­ ung nicht durchgreift299. Eine Haftungsbegrenzung ist dagegen in diesem Verschuldensbereich zulässig, wenn dem Vertragspartner entweder Versi­

293 BGH v. 12.3.1987, BGHZ 100, S. 157 (163). Dazu gehört etwa die positive Vertragsverletzung, U. STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 33 zu § 9 AGBG. 294 Dieses sind gerade die „wesentlichen Grundgedanken” des § 9 II Zff. 1 AGBG, U. STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 35 zu § 9 AGBG 295 U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 13, 37 zu § 9 AGBG 296 BGH v. 31.1.1991, BGHZ 113, S. 315 (322 ff), BGH v. 16.12.1982, BGHZ 86, S. 135 (141). 297 So ging es z.B. bei einer vereinbarten Mängelanzeigepflicht gegenüber dem Transportunternehmen um die Sicherung der Ansprüche des Verkäufers, zulässig nach BGH v. 28.1.1987, NJW-RR 1987, S. 742 (744), bei der Freizeichnung von der Haftung durch den Verkäufer eines Computersystems um die Nichterfüllung einschließlich anfänglichen Unvermögens, unzulässig nach OLG Frankfurt v. 23.11.1983, BB 1984, S. 300. 298 BGH v. 23.2.1984, ZIP 1984, S. 971 (975). Vgl. auch v.Westphalen, Verkaufs­ bedingungen, 1990, S. 114 f. 299 Ein Haftungsausschluß für jede positive Forderungsverletzung ist nach § 9 II Zff. 2 AGBG unzulässig, OLG Hamm v. 20.11.1987, NJW-RR 1988, S. 944 (945).

cherungsschutz gewährt wird300 oder nur vertragsuntypische, unvorherseh­ bare Schäden ausgeschlossen werden30 .

Werden in Griechenland AGB nicht gegenüber Verbrauchern302 sondern ge­ genüber Gewerbetreibenden, also vor allem im kaufmännischen Verkehr,

verwendet, so sind nur die bereits erörterten allgemeinen schuldrechtlichen

Kontrollmaßstäbe der guten Sitten sowie von Treu und Glauben (Art. 178, 179, 288 AK)303 anwendbar. Dasselbe gilt für die Verwendung von AGB

durch Verkäufer, die nicht als „Lieferanten” gern. Art. 2 Ges.2251/1994 im

Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit handeln, sondern vielmehr rein privat tätig werden304. 305 Eine Konkretisierung dieser Grundsätze mit Blick auf die Klauselverbote des Verbraucherschutzgesetzes ist jedoch für die Zukunft zu . 305 vermuten . In Österreich sieht die Generalklausel des § 879 III ABGB vor, daß eine

AGB-Klausel nichtig ist, „wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt”. Dieser Prüfmaßstab wird vor allem im Verkehr unter Kaufleuten relevant, da bei Verbrauchergeschäften

die strengeren Bestimmungen der §§ 6 I, 9 KSchG bereits einen großen Be­ reich gesondert erfassen306. Die „gröbliche” Benachteiligung entspricht in etwa der „unangemessenen” Benachteiligung des deutschen § 9 I AGBG, denn obwohl dies nicht ausdrücklich angeordnet wird, fuhrt auch nach der

österreichischen Rechtsprechung eine Abweichung vom dispositiven Recht in der Regel zur Nichtigkeit307. 308 Allerdings 309 kann auch hier im Einzelfall eine

sachliche Rechtfertigung für die Abweichung die Klausel retten

. Ein

Ausgleich durch vorteilhafte Klauseln wird von der Lehre zwar nur sehr eingeschränkt akzeptiert30 , aber die Gerichte scheinen mit Blick auf die in § 879 III ABGB angeordnete „Berücksichtigung aller Umstände des Falles”

300 BGH v. 12.5.1980, BGHZ 77, S. 126 (133 f.). 301 Außerverhältnismäßige Reduzierungen sind dagegen nicht zulässig, so etwa bei einer Ausrichtung des Ersatzes am Entgelt des Vertragspartners, BGH v. 19.1.1984, BGHZ 89, S. 363 (368). 302 Dazu u. bb). 303 S. o. a), bei Fn. 94. 304 Zum Lieferantenbegriff Alexandridou, GRURInt 1992, S. 121. 305 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 38, in: Handbuch, 1992, S. 497, der von einer „Indizwirkung” spricht. 306 Dazu u. c). 307 OGH v. 23.6.1981, JB1 1982, S. 652. 308 OGH v. 4.6.1985, JB1 1986, S. 373. 309 Dazu Kiendl, JB1 1995, S. 95. Koziol/Welser, Grundriß SchuldR AT I, 1992, S. 113.

dafür offener zu sein als in Deutschland und lassen vor allem Haftungsfrei­ zeichnungen des Verwenders gegen Preisvorteile für den anderen Vertrags­ partner zu310. Der gegenüber der deutschen Regelung fehlende Bezug auf Treu und Glauben dürfte dagegen kaum ins Gewicht fallen311. Bei Haf­

tungsbegrenzungen liegt einer der wenigen Anwendungsfalle der Gene­ ralklausel im Bereich der leichten Fahrlässigkeit, wo der Ausschluß der

Haftung für Mangelfolgeschäden für zulässig gehalten wird, wenn diese vorhersehbar und kalkulierbar sind312.

In der Schweiz bestehen keine besonderen Klauselverbote für Vertragsbe­ dingungen. Eine Generalklausel findet sich nur im Wettbewerbsrecht, dort

können sich allerdings gleichermaßen Kaufleute und Verbraucher darauf be­ rufen: Nach Art. 8 UWG-CH handelt unlauter, wer AGB verwendet, die „in irreführender Weise zum Nachteil einer Vertragspartei ... von der ... gesetz­

lichen Ordnung erheblich ab weichen“. Diese Bestimmung entspricht in etwa dem deutschen § 9 II Zff. 1 AGBG313, aber durch das zusätzliche Kriterium der Irreführung314 wird auf die individuelle Situation abgestellt und außer­

dem die Möglichkeit eröffnet, durch deutliche Hinweise die Klausel der Kontrolle zu entziehen. Damit erscheint die Einschränkung von Freizeich­ nungsklauseln weniger streng als in den bisher dargestellten Rechtsordnun­ gen. Dazu trägt auch bei, daß zwar nach Art. 10 UWG-CH jeder Kunde bei Bedrohung oder Verletzung seiner wirtschaftlichen Interessen gern. § 9 UWG-CH die Verwendung der Klausel verbieten oder ihre Beseitigung ver­ langen kann, aber dafür ein besonderes Verfahren eingeleitet werden muß315.

Außerdem wird nur die Verwendung von AGB im Wettbewerb erfaßt, so daß wohl allein Unternehmen den dargestellten Beschränkungen unterliegen.

310 OGH SZ 48/22, dazu auch Kiendl, JB1 1995, S. 95, vgl. auch Heller Rdnr. 43, in: Handbuch, 1992, S. 785. Restriktiver dagegen die deutsche Rechtsprechung, s. o. Fn. 295. 311 Die entsprechende Formulierung in Art. 3 VbrKlsRil soll allein deshalb, weil sie auf das konkrete Verhältnis zwischen den Vertragspartnern abzielt, eine Abschwächung gegenüber dem Prüfungsmaßstab des österreichischen Rechts darstellen, Kiendl, JB1 1995, S. 90, 95, dazu u. bb). 312 OGH v. 4.6.1985, JB1 1986, S. 373. 313 Ulmer, in: AGBG, 1993, Einl. Rdnr. 87, Wolf, in: AGBG, 1994, Einl. Rdnr. 69. Die Parallele ist umso deutlicher, als nach § 8 UWG-CH außerdem - wie bei § 9 II Zff. 2 AGBG - eine „der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten“ als unlauter gilt. 314 Kritisch dazu Baudenbacher, in: Bedeutung, 1996, S. 9, J. Schmid, in: Festgabe Schweizerischer Juristenverein, 1993, S. 245 f. 315 Zu den Folgen prozessualen Aufwands u. B.I.l.

Darüber hinaus gelten für AGB auch die allgemeinen schuldrechtlichen

Einschränkungen, etwa durch die guten Sitten (Art. 20 OR) sowie durch Treu und Glauben316, wie sie für Individualklauseln dargestellt wurden317.

Unter den hier betrachteten mitteleuropäischen Rechtsordnungen bestehen nur in Deutschland für alle Kaufverträge besondere Regelungen für Gewährleistungsbeschränkungen durch AGB, die allerdings den Schwer­ punkt auf den Kauf neuer Ware legen. In Österreich werden derartige Vertragsbestimmungen, wie ergänzend auch in Deutschland, durch eine besondere Generalklausel erfaßt, ähnlich - unter der zusätzlichen Voraus­ setzung der Irreführung sowie beschränkt auf im Wettbewerb handelnde Unternehmen - in der Schweiz. Nach dem griechischen Recht unterliegen Formularbestimmungen außerhalb von Verbraucherverträgen nur den allgemeinen vertragsrechtlichen Grenzen.

Auch die romanischen Rechtsordnungen haben sich bei der erst in den letzten Jahren vorgenommenen Regelung von Allgemeinen Geschäftsbedin­ gungen und vorformulierten Bestimmungen auseinanderentwickelt. In Frankreich und Belgien werden AGB und Individualvereinbarungen gar nicht unterschieden3^. In Italien geht es dagegen, in der zeitlich ersten Regelung dieser Art, allein um AGB und Formularverträge: Diesbezüg­ liche Bestimmungen wurden in das Zivilgesetzbuch aufgenommen und gelten für sämtliche Personenkreise319, sehen jedoch keine Inhaltskontrolle sondern nur Einbeziehungs- und Auslegungsregeln vor. In Spanien beziehen sich die Einschränkungen von AGB-Bestimmungen durch eine Generalklausel nach der Neuregelung von 1998 nicht mehr allein auf Verbrauchergeschäfte320, sondern erfassen in einer sehr begrenzten Form auch den geschäftlichen Verkehr. Im portugiesischen Recht schließlich wird eine für alle Geschäfte geltende Generalklausel ergänzt durch zwei 316 Kantonsgericht St. Gallen v. 26.1.1994, SJZ 1996, S. 153 f., Baudenbacher, in: Bedeutung, 1996, S. 3. 317 BGE 57 II S. 588 ff. Dazu im einzelnen o. a), nach Fn. HO. 318 Damit stellt die gegen mißbräuchliche Klauseln vorgesehene Generalklausel im belgischen Recht, die sowohl für private wie für gewerbliche Geschäfte gilt, eine allgemeine vertragsrechtliche Schranke der Mißbrauchskontrolle dar, dazu o. a). Die Generalklausel in Frankreich sowie die speziellen Klauselverbote in beiden Ländern gelten dagegen für sämtliche Vereinbarungen gegenüber Konsumenten, so daß sie als besondere Regelungen des Verbraucherkaufs zu behandeln sind, dazu u. c). 319 Zu der Neuregelung hinsichtlich nicht individuell ausgehandelter Klauseln in Verbraucherverträgen u. bb), hinsichtlich Individualklauseln in Verbraucherverträgen u. c). 320 Zu den in diesem Bereich zusätzlich geltenden Klauselverboten u. bb).

unterschiedliche Listen von unzulässigen AGB-Bestimmungen, einmal für gegenüber Gewerbetreibenden verwendete und zum anderen für in den übrigen Verträgen aufgestellte Vertragsbedingungen321. Im italienischen Recht wird die Wirksamkeit von Allgemeinen Vertrags­ bedingungen außerhalb von Verbraucherverträgen322 allein an Informations­

voraussetzungen geknüpft. Sie sind immer dann gültig, wenn die andere Seite sie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kannte („se al momento della conclusione del contratto questi le ha conosciute”) oder bei Anwen­

dung der gewöhnlichen Sorgfalt hätte kennen müssen („avrebbe dovuto co­ noscerle usando l’ordinaria diligenzia”, Art. 1341 I CceC)323. Darüberhin­ aus werden durch Art. 1341 II CceC besondere Klauseln herausgegriffen,

zu denen auch Haftungsbeschränkungen („limitazioni di responsabilitä”) gehören, aber diese werden nur dann unwirksam, wenn sie nicht einzeln

schriftlich angenommen werden („se non specificamente approvate per iscritto"). Das zusätzliche Formerfordernis erfüllt eine Warnfunktion und dient damit der schnellen Information des Vertragspartners über Klauseln,

die ihm ein deutlich erhöhtes Risiko auferlegen, insofern erleichtert es ihm die Überprüfung der AGB. Dafür würde es allerdings ausreichen, wenn der­ artige Klauseln besonders herausgehoben würden. Die gesonderte Unter­ zeichnung, die die Vertragsabschlußkosten, wenn auch nur geringfügig, er­ höht324, 325 verstärkt aber auch die Vermutung für eine rationale Zustimmung

zu derartigen Klauseln . Damit sieht das italienische Recht außerhalb von Verbraucherverträgen keine inhaltliche Überprüfung von AGB vor, nicht einmal durch eine Generalklausel. Die Rechtsprechung ist in dieser Bezie­ hung ebenfalls sehr zurückhaltend326. Das spanische Recht erfaßt seit 1998 mit einem „Gesetz über allgemeine

Bedingungen bei Vertragsschluß“ („Ley sobre Condiciones Generales de la

321 Zu dieser Besonderheit Ferreira Pinto, in: Privatrecht, 1997, S. 138 f. Zu den Einschränkungen vorformulierter Frei Zeichnungen gegenüber Verbrauchern u. bb). 322 Dazu u. bb), sowie c). 323 Dies entspricht in etwa der in Deutschland für die Einbeziehung in den Vertrag vorausgesetzten Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme in § 2 Zff. 2 AGBG. Der Schutz soll für alle Parteien gelten, die AGB als Ganzes unterschreiben, ohne sie vorher verstanden oder ausreichend darüber nachgedacht zu haben, Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, Nr. 5 zu Art. 1341. 324 Ähnlich Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 215. „zeitraubende und unpraktikable Formalität”. 325 Auch wenn durch eine zweite Unterschrift („doppia Firma”) unter sämtliche belastende Klauseln („clausole vessatorie”) in der Praxis diese Wirkung nicht unbedingt erreicht wird, vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 40, in: Handbuch, 1992, S. 597 f. 326 Vgl. Kindler, Einführung, 1993, S. 195.

Contratacin" 7/1998 - LCGC)327 AGB, die zwischen einem Aufsteller („predisponente"), der Unternehmer sein muß328, und jeder anderen natürli­

chen oder juristischen Person als Beitretender („„adherente") vereinbart wer­ den (Art. 2 LCGC). Eine Generalklausel erklärt den Beitretenden benach­

teiligende Vertragsbestimmungen jedoch nur dann für nichtig, wenn sie zwingenden gesetzlichen Regeln widersprechen (Art. 8 LCGC)329. Nach portugiesischem Recht werden AGB einer umfangreichen Inhalts­

kontrolle durch die Gesetzesverfügung 446/85, teilweise in der Fassung der Gesetzesverfügung 220/95, unterworfen330, wobei hinsichtlich der Klausel­

verbote zwischen dem gewerblichen Bereich auf der einen Seite sowie den übrigen Verträgen, einschließlich von Verbraucherverträgen, auf der ande­

ren Seite unterschieden wird. Dabei gelten die absoluten Klauselverbote für

Verträge unter Unternehmern oder Freiberuflern (Art. 17.° Decr.-Lei 220/95331: 332 „relaes entre empresärios ou os que exeram profisses liberais”) auch für alle andere Verträge, einschließlich von Verbraucherge­ schäften (Art.20.° Decr.-Lei 220/95332).

Speziell auf Gewährleistungsansprüche bezieht sich zunächst eines der absoluten Verbote unter Gewerbetreibenden: Es verbietet den Ausschluß oder die Begrenzung der Verantwortung unter anderem für eine Schlecht­ erfüllung in den Fällen, in denen Arglist oder ein schweres Verschulden333 vorliegt (Art. 18.° c) Decr.-Lei 446/85: „excluam ou limitem ... a responsa-

bilidade por näo ... cumprimento defeituoso, em caso de dolo ou de culpa

grave”). Für Verträge außerhalb des Geschäftsverkehrs gilt darüberhinaus nunmehr ebenfalls ein absolutes Klauselverbot: Damit wird jeder Ausschluß der Nachbesserung sowie des Schadensersatzes bei fehlerhafter Leistung

untersagt (Art. 21.° d) Decr.-Lei 220/95: „excluam ... em resultado de

vicios da prestao, ou estabeleam ... reparaes ou indemnizaes pecu327 S. o. Fn. 243. 328 Vgl. A.Fischer, RIW 1998, S. 690. 329 „strikte Legalitätskontrolle zwingender Rechtsvorschriften“, Cabanas Trejo/ Vestweber, ZvglRWiss 1988, S. 466. 330 Decreto-Lei N.446/85 v. 25.10.1985, dazu findet sich eine ausführliche Inhalts­ angabe, vielfach in nahezu wörtlicher Übersetzung, bei Mallmann, RIW 1987, S. 11 ff. Mittlerweile wurden die außerhalb des Geschäftsverkehr bestehenden Klauselverbote teilweise durch Decreto-Lei 220/95 v. 31.1.1995, s. o. Fn. 231, geän­ dert, mit dem die EG-Richtlinie 93/13 umgesetzt wurde. 331 Früher Art. 15.° Decr.-Lei 446/85. 332 Ebenso bereits Art. 20.° Decr.-Lei 446/85. Dazu Ferreira Pinto, in: Privatrecht, 1997, S. 139. 333 Diese erfaßt praktisch die grobe Fahrlässigkeit, die „nur ein in seltener Weise unbedachter Mensch begeht“, vgl. Mallmann, RIW 1987, S. 112 Fn. 3.

niärias predeterminadas")334. Ein relatives Klauselverbot, das nur unter Be­ rücksichtigung des jeweils zugrundeliegenden Geschäfts (Art. 22.° Satz 1 Decr.-Lei 220/95: „consoante o quadro negocial padronizado”) anzuwenden ist, untersagt zusätzlich jede ungerechtfertigte Abbedingung der Regeln für die Schlechterfüllung (Art. 22.° g) Decr.-Lei 220/95: „afastem, injustificadamente, as regras relativas ao cumprimento defeituoso”)334 335. Allgemein auf

Haftungsbegrenzungen beziehen sich außerdem die für den Geschäftsver­

kehr absoluten - und damit auf alle Verträge anwendbaren - Verbote von Klauseln, die bei Schädigungen von Leben oder sittlicher bzw. physischer

Integrität die Haftung einschränken (Art. 18.° a) Decr.-Lei 446/85: „ex­

cluam ou limitem ... a responsabilidade por danos causados ä vida, ä integridade moral ou fisica"). Aufgrund dieser in großem Umfang auch unter

Gewerbetreibenden geltenden konkreten Klauselverbote dürfte die Gene­ ralklausel, die ganz allgemein auf die guten Sitten abstellt (Art. 15.° Decr.Lei 220/95336: 337 „conträrias ä boa fe”) und zur Konkretisierung die Grund­ werte des Rechts heranzieht (Art. 16.° Decr.-Lei 220/9533: „valores fundamentais do direito”), auf Gewährleistungsbeschränkungen kaum Anwen­

dung finden.

Unter den romanischen Rechtsordnungen bestehen die weitestgehenden Möglichkeiten für den Verkäufer zur Beschränkung seiner Gewährleistung durch AGB außerhalb von Verbraucherverträgen im spanischen Recht, denn dort wird die Verwendung von AGB allein für zwingendes Recht ausgeschlossen und ansonsten nur gegenüber Verbrauchern eingeschränkt. Auch in Italien sind die Grenzen der Verwendung vorformulierter Frei­ zeichnungen für den Verkäufer generell sehr weit gesteckt, denn es findet ebenfalls keine inhaltliche Überprüfung von AGB statt, sondern es wird ähnlich wie in der Schweiz - nur auf die Gefahr einer Täuschung des Käufers abgestellt, die durch eine Pflicht zur gesonderten Unterzeichnung vermieden werden soll. Das portugiesische Recht scheint zwar auf den ersten Blick den Verkäufer stärker einzuengen, denn dort werden grund­ sätzlich auch Geschäfte unter Gewerbetreibenden erfaßt, aber inhaltlich gehen diese damit für sämtliche Verträge geltenden Regelungen mit dem

334 Früher ganz ähnlich als relatives Klauselverbot in Art. 22.° c) Decr.-Lei 446/85: „limitem a responsabilidade ... por vicio da prestao, a reparaes ou a indemnizaes pecuniärias predeterminadas". 335 Gleichlautend bereits in Art. 22.° f.) Decr.-Lei 446/85. Es handelt es sich hierbei um eine Art Auffangtatbestand. 336 Früher Art. 16.° Decr.-Lei 446/85. 337 Früher Art. 17.° Decr.-Lei 446/85.

Verbot der Freizeichnung für Arglist und schweres Verschulden sowie für Personenschäden nicht über das hinaus, was in den meisten anderen Rechtsordnungen bereits im allgemeinen Vertragsrecht bestimmt ist338. Die besondere Sicherung der Gewährleistungsansprüche gilt dagegen nicht gegenüber gewerblichen Käufern und entspricht damit in etwa der deut­ schen AGB-Regelung.

In den skandinavischen Rechtsordnungen gab es bislang keine besonderen zivilrechtlichen Regelungen betreffend AGB339. Statt dessen werden zum einen sämtliche Vertragsbedingungen einer allgemeinen Generalklausel unterworfen340 und zum anderen werden zwingende Vorschriften für Verbraucherkaufverträge aufgestellt341. Die Umsetzung der EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln verändert dieses Bild insoweit, als nun gegenüber Verbrauchern vorformulierter Vertragsinhalt in besonderer Weise überprüft werden kann342. Auch in den europäischen Common Law Rechtsordnungen spielen die Probleme von „Standard terms” bisher nur eine untergeordnete Rolle, denn auch dort wurden neben der Überprüfung von Vertragsbestimmungen unabhängig von ihrer Form343 vor allem zwingende Regelungen für Verbraucherkäufe3^ aufgestellt. Im Bereich der Verbraucherverträge führt allerdings auch hier die Umsetzung der EG-Richtlinie 93/13 zu einer wesentlichen Änderung345. Das englische Recht sieht als einzige allgemein für AGB geltende Vor­ schrift sec. 3 UCTA vor, die jedoch nur „terms of business” betrifft, so daß

338 Dazu o. a). 339 Die generelle gleichsam verwaltungsrechtliche Kontrolle durch Verbraucher­ Ombudsleute etwa in Dänemark durch Gesetz v. 14.6.1974, vgl. v.Hippel, Rabel 1977, S. 277 ff., in Schweden durch das Gesetz über das Verbot unbilliger Vertragsbedingun­ gen von 1971, vgl. Bernitz, ZHR 1974, S. 357 ff, oder in Finnland im Abschnitt 3 des Verbraucherschutzgesetzes von 1978, vgl. Wilhelmsson, JConsPol 1993, S. 438, soll hier außer Betracht bleiben. 340 Im einzelnen o. a). Nur das finnische Verbraucherschutzgesetz sieht eine beson­ dere Kontrolle sämtlicher Klauseln in Verbraucherverträgen vor, s. u. bb) (1). 341 So in Dänemark die §§ 72-86 KbL, in Schweden das Verbraucherkaufgesetz von 1990 (KonsKpL, als Nachfolger des Verbraucherkaufgesetzes von 1973), in Finnland Kapitel 5 (Verbraucherkauf) des Verbraucherschutzgesetzes (KulutSL) in der Fassung von 1994 (ursprünglich von 1978), dazu u. c). 342 Dazu u. bb). 343 Dazu o. a). 344 Dazu u. c). 345 Dazu u. bb).

von Privaten verwendete Vertragsbedingungen unangetastet bleiben346. Durch diese Vorschrift werden in „Standard terms” aufgestellte Beschrän­

kungen der Haftungsfolgen bei Vertragsverletzungen erfaßt (sec. 3 II a) UCTA: „exclude or restrict any liability ... in respect of the breach [of contract]”). Derartige Klauseln sind jedoch nicht von vornherein unzulässig, sondern unterliegen der bereits erörterten Angemessenheitsprüfung (sec. 3 II UCTA: „the contract term satisfies the requirement of reasonableness”), die damit auf diesen Bereich erstreckt wird347. Es wird also eine ge­

neralklauselartige Beschränkung für diese Arten von Standardklauseln auf­

gestellt.

In Irland wird außerhalb von Verbraucherverträgen der Bereich vorfor­ mulierter Vertragsbedingungen bislang überhaupt noch nicht besonders ge­

regelt, da eine dem englischen Unfair Contract Terms Act entsprechende Bestimmung fehlt.

Das niederländische Recht hat die Bestimmungen über AGB in das Neue Bürgerliche Gesetzbuch von 1992 eingefugt. Die speziellen Klauselverbote gelten nicht gegenüber geschäftlich oder beruflich Handelnden348, während sich auf die Generalklausel nur größere Unternehmen nicht berufen können. Unter den in den Niederlanden gern. Art. 6:236, 6:237 BW im einzelnen für unzulässig erklärten Klauseln finden sich keine, die unmittelbar auf die Gewährleistung zielen349. Allgemein werden vertragliche Haftungs­

beschränkungen jedoch immer dann als in der Regel350 unredlich belastend und damit unzulässig angesehen, wenn eine völlige oder teilweise Befreiung von einer gesetzlichen Schadensersatzverpflichtung (Art. 6:237 f.) BW:

346 Gegenüber Verbrauchern verwendete Gewährleistungsausschlüsse unterliegen dagegen, selbst wenn sie individuell vereinbart werden, strengeren Anforderungen, s. u. beim Verbraucherkauf c). 347 Zum „reasonableness test” im einzelnen o. a), nach Fn. 186. 348 Das bedeutet, daß sich diese Regelung nicht auf Verbraucherverträge im engeren Sinne beschränkt, wo dem Konsumenten ein Professioneller gegenübersteht, sondern der Schutzbereich ähnlich wie in Portugal oder in Deutschland (unter Vermeidung des früher verwendeten formellen Kaufmannsbegriffs) nach der neuen Fassung des § 24 AGBG abgegrenzt wird. 349 Statt dessen sind bei Kaufverträgen die Vorschriften des Verbraucherkaufs zwin­ gend vorgeschrieben, dazu u. c). Zum Verhältnis dieser Bestimmungen gegenüber der AGB-Regelung de Buhr, „algemene voorwaarden”, 1994, S. 196 ff. 350 Es handelt sich bei Art. 6:237 BW um eine Vermutung („wordt vermoet”), so daß der Gegenbeweis zulässig ist, vgl. HARTKAMP, AcP 1991, S. 404, de Buhr, „algemene voorwaarden”, 1994, S. 141.

„gehell of ten deele bevrijdt van een wettelijke verplichting tot schadevergoeding") angestrebt wird. Im übrigen, vor allem im kaufmännischen Ge­ schäftsverkehr351, bleibt es bei der Generalklausel, nach der eine unredlich belastende Vertragsbedingung (Art. 6:233 a) BW: „onredelijk bezwarend”) aufgehoben werden kann. Anders als in den übrigen Rechtsordnungen wer­

den allerdings größere Unternehmen, die entweder ihren Jahresabschluß of­ fengelegt haben (Art. 6:235 I a) BW352) oder die mindestens 50 Arbeitneh­ mer beschäftigen (Art. 6:235 I b) BW) durch diese Generalklausel nicht ge­ schützt.

Nur in drei Rechtsordnungen, nämlich in Deutschland, Portugal sowie England, werden außerhalb von Verbraucherverträgen vorformulierte Beschränkungen der Gewährleistung des Verkäufers gesondert erfaßt. Dabei wird in Deutschland und in Portugal eine Begrenzung auf Nachbes­ serung (zunächst) zugelassen. In England kann sich der Verkäufer dagegen weitergehend freizeichnen, denn dort werden im Falle von Vertragsverlet­ zungen entlastende Klauseln nur dann untersagt, wenn sie unangemessen („unreasonable") sind. Bei der Kontrolle genereller Haftungsbeschränkun­ gen ergänzen dagegen die Rechtsordnungen mit einer entsprechenden AGB-Regelung meistens nur die allgemeinen vertragsrechtlichen Bestim­ mungen, wie Portugal bezüglich Arglist und grobem Verschulden bzw. Personenschäden, Deutschland hinsichtlich grober Fahrlässigkeit sowie England - und ähnlich auch die Niederlande - in Bezug auf die Unange­ messenheit. Vom persönlichen Anwendungsbereich her geht die englische Regelung am weitesten, denn sie betrifft alle für berufliche Zwecke aufgestellte Standardbedingungen, während in Deutschland und Portugal - ähnlich in den Niederlanden - Geschäfte gegenüber Unternehmern oder Freiberuflern ausgenommen werden. Allerdings werden in Deutschland über die Gene­ ralklausel des § 9 AGBG Verkäufe unter Unternehmern (bislang unter Kaufleuten) von der Rechtsprechung praktisch gleichbehandelt, ähnlich in Zukunft wohl auch in den Niederlanden. 351 Dabei können die im einzelnen verbotenen Klauseln als Anhaltspunkt dienen, so AcP 1991, S. 404, eine derartige Erwartung äußert auch Sperling, Int.Bus.L. 1993, S. 490. Vgl. auch BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 35, in: Hand­ buch, 1992, S. 698, die von einer „Reflexwirkung” sprechen. 352 Dabei geht es nicht um die Verpflichtung zur Rechnungslegung, sondern um die tatsächliche Publizität; Unternehmen, deren Abschluß in einen konsolidierten Jahresabschluß eingeht, werden daher gleichgestellt, vgl. de Buhr, „algemene voor­ waarden”, 1994, S. 61. HARTKAMP,

In Österreich und den Niederlanden, unter zusätzlichen Voraussetzungen auch in der Schweiz, wird die Einschränkung der Sachmängelgewährlei­ stung durch AGB nur über Generalklauseln, ähnlich wie § 9 AGBG, erfaßt. In Griechenland und Spanien ist außerhalb von Verbraucherverträ­ gen auf vorformulierte Freizeichnungen, wie auf individuell ausgehandelte, sogar allein das allgemeine Vertragsrecht anwendbar, im Ergebnis ebenso in Frankreich und Belgien sowie in den skandinavischen Staaten und Irland; dies gilt auch in Italien, wo insoweit keine besondere Inhaltskontrolle stattfindet353. bb) Grenzen vorformulierter Gewährleistungsbeschränkungen für Verbraucherverträge Ursprünglich sahen allein Griechenland und Spanien die Überprüfung vorformulierter Vertragsbestandteile in Verbraucherverträgen vor, be­ schränkten sich allerdings auch auf diesen Bereich. Mittlerweile sind alle Mitgliedstaaten der EU durch die EG-Richtlinie über Verbrauchervertrags­ klauseln354 verpflichtet, bei der Verwendung nicht ausgehandelter Bestim­ mungen durch gewerbliche Akteure gegenüber privat Handelnden in besonderer Weise eine Inhaltskontrolle durchzufuhren. Die von diesen Sonderregelungen erfaßten Verbraucherverträge zeich­ nen sich dadurch aus, daß die eine Vertragspartei, hier der Verkäufer, in Ausübung ihrer professionellen oder unternehmerischen Tätigkeit den Vertrag abschließt, die andere Seite dagegen außerhalb dieses Bereichs. Die EG-Richtlinie 93/13 definiert auf diese Weise den „Gewerbetreibenden” als Person, die „im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit

handelt”(Art. 2 c) VbrKlsRil), während der „Verbraucher” zu einem

„Zweck handelt”, der nicht seiner „gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann” (Art. 2 b) VbrKlsRil). In den Umsetzungsvorschriften werden diese Definitionen teilweise na­ hezu wörtlich übernommen355, so in Deutschland (§ 24 a AGBG, statt Ge­

353 Diese Rechtsordnungen sehen andererseits fast alle - Österreich, die Niederlan­ de, Griechenland, Frankreich, Belgien, die skandinavischen Staaten, Irland und Italien, nur Spanien nicht - speziell für Verbraucherkäufe zwingende Gewährleistungsrege­ lungen vor, wie ansonsten nur noch England, dazu u. c). 354 S. o. Fn. 226. 355 In Österreich ist es bei der sehr ähnlichen Abgrenzung zwischen „Unternehmer”, für den „das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens gehört” (§11 Zff. 1 KSchG) und „Verbraucher, für den dies nicht zutrift" (§11 Zff. 2 KSchG) geblieben. Zu diesem Verbraucherbegriff Lurger, Solidarität, 1998, S. 73 m.w.N.

werbetreibender „Unternehmer”, „selbständige” berufliche Tätigkeit) und

Schweden (§2 AvtKonsL), teilweise wird zusätzlich verdeutlicht, daß es

um Verträge über Waren - und Dienstleistungen - geht, so in Italien (Art. 1469-bis I CceC: „contratto ... ehe ha per oggetto la cessione di be­ ni”), in England und Irland (reg. 2 UTCC-GB / reg. 2 II UTCC-IRL: „Sei­ ler of goods”), in Finnland (§§ 4, 5 Kap.l KuluSL: „konsument ... som

skaffar en konsumtionsnyttighet”, „näringsidkare ... till salu, säljer eller i övrigt bjuder ut konsumtionsnyttigheter”) und in Griechenland (Art. 1 IV Ges.2251/1994: „Lieferant ..., [der] dem Verbraucher Produkte liefert”,

„Verbraucher ..., [der] die auf dem Markt angebotenen Produkte ... als End­ empfänger nutzt”356). Die insoweit unverändert gebliebene357 spanische Regelung lautet - ganz

ähnlich wie in Griechenland - „Verbraucher” ist derjenige, der als „End­ adressat” Sachen erwirbt, benutzt oder genießt358 (Art. 1 II LCU: „que adquieren, utilizan o disfrutan como destinarios finales“). In diesen Ländern

wird daher - ebenso wie nach der in Frankreich weiterhin geltenden Recht­

sprechung zu den „non-professionnels ou consommateurs" (Art. L 132-1 I CdeCons)359 - auch der Gewerbetreibende geschützt, der nicht im Schwer­

punkt seiner Tätigkeit handelt360.

356 Da insoweit nicht mehr darauf abgestellt wird, daß der Verbraucher außerhalb einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, werden unter Umständen auch Gewerbetreibende im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs geschützt, vgl. Mentis, FS Fenge, 1996, S. 290/291. 357 A.Fischer, RIW 1998, S. 694. 358 Damit wird nur das Ziel der Weiterverarbeitung oder -Veräußerung ausgeschlos­ sen, Art. 1 III LCU. Außerdem wird der Verbraucher gegenüber jedem geschützt, der die Sache herstellt, beschafft, liefert oder versendet, unabhängig von dessen öffentlicher oder privater, individueller oder kollektiver Stellung (Art. 1 II a.E. LCU). 359 Danach sind mittlerweile auch Gewerbetreibende als „non-professionnel" ge­ schützt, wenn sie außerhalb ihrer Spezialisierung tätig geworden sind, Cass.civ. v. 28.4.1987, Rev.trim.dr.civ. 1987, S. 537, vgl. Sonnenberger, RIW 1990, S. 170, Sievers, Verbraucherschutz, 1993, S. 86 ff., Cour d’App Paris v. 22.3.1990, D. 1990 I.R., S. 98, vgl. Ghestin/Marchessaux, Rev.Eur.dr.cons. 1993, S. 70 f., Remien, ZEuP 1994, S. 40 f.; zunächst hatte die Rechtsprechung in den Schutzbereich nur Verträge einbezogen, die zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse abgeschlossen wurden, Cass.civ. v. 15.4.1986, Rev.trim.dr.civ. 1987, S. 86, vgl. Sonnenberger, RIW 1990, S. 170. Damit wird der Verbraucherschutz sogar in den Bereich der beidseitigen Handelsgeschäfte ausgedehnt, vgl. Sonnenberger, Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 57 (II 23). Allerdings darf seit 1995 auch kein direkter Bezug („rapport direct“) zur Haupttätigkeit vorliegen, vgl. Lurger, Solidarität, 1998, S. 71. Dazu o. b), bei Fn. 250. 360 Cabanas Trejo/Vestweber, ZvglRWiss 1998, S. 479, A.Fischer, RIW 1998, S. 694.

Da im Rahmen des auf diese Weise festgelegten europäischen Mindest­ standards keine Unterschiede mehr zwischen den Rechtsordnungen bestehen sollen, ist zunächst die Wirkung der Regelungen der EGRichtlinie 93/13 auf vorformulierte Gewährleistungsbeschränkungen in Verbraucherverträgen zu untersuchen (unten (1). ), bevor auf darüberhin­ ausgehende engere Grenzen in einzelnen Rechtsordnungen einzugehen ist (unten (2). ). (l)Die Freizeichnungsgrenzen der EG-Richtlinie über Verbraucherver­ tragsklauseln (93/13/EWG)

Im Anhang der EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbrau­ cherverträgen361 finden sich einzelne Vertragsbestimmungen, die nach Art. 3 III VbrKlsRil „für mißbräuchlich erklärt werden können”. Auf Gewährleistungseinschränkungen bezieht sich Ziffer 1 b) des Anhangs, die Klauseln erfaßt, welche zur Folge haben, daß „die Ansprüche des Verbrau­ chers gegenüber dem Gewerbetreibenden ... ausgeschlossen oder unge­ bührlich eingeschränkt werden, wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ... mangelhaft erfüllt”. Wird eine solche Klausel als mißbräuchlich angesehen, dann wäre jeder vollständige Gewährleistungsausschluß eines gewerblichen Verkäufers gegenüber einem Verbraucherkäufer unwirksam (Art. 6 I VbrKlsRil: „für den Verbraucher unverbindlich”), während bei einer bloßen Einschränkung der Gewährlei­ stung noch eine Art Unangemessenheits-Test erfolgen müßte, ob dies „ungebührlich” ist362. Die Liste problematischer Klauseln im Anhang soll jedoch ausdrücklich nur „als Hinweis dienen(de)”(Art. 3 III VbrKlsRil), so daß die Mitglied­ staaten nicht verpflichtet sind, die darin enthaltenen Klauseln zu unter­ sagen363. Allerdings dürften über die Konkretisierung der für die Mitglied­ staaten bindenden Generalklausel des Art. 3 I VbrKlsRil, nach der eine Vertragsklausel mißbräuchlich ist, „wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches ... Mißverhält­ 361 S. o. Fn. 226. 362 In der englischen Fassung der EG-Richtlinie heißt es „inappropriately", bezieht sich dort aber auch auf den Ausschluß der Gewährleistung. 363 Eckert, WM 1993, S. 1076, Heinrichs, NJW 1993, S. 1821, Ulmer, EuZW 1993, S. 338, 345, Frey, ZIP 1993, S. 579, Remien, ZEuP 1994, S. 60, Kiendl, JB1 1995, S. 93. Eine Vermutung der Mißbräuchlichkeit erwägt dagegen Micklitz, ZEuP 1993, S. 529/530, ähnlich Remien, ZEuP 1994, S. 61. Ursprünglich war eine „schwar­ ze” Liste geplant, so in Art. 2 Zff. 2 des Vorschlags der EG-Kommission, ABIEG 1991, C 326/111, sowie nach der Stellungnahme des EP v. 16.12.1992, ABIEG 1993, C 21/97, später im überprüften Vorschlag der Kommission zumindest der Hinweis auf „typi­ scherweise” mißbräuchliche Klauseln, KOM(93) 11 endg. v. 26.1.1993, S. 3.

nis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verur­ sacht”364, durch die jeweilige Rechtsprechung die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen bezüglich der im Anhang der Richtlinie enthaltenen Klauseln verringert werden365. Das gleiche gilt für die in Ziffer 1 a) Anhang VbrKlsRil enthaltene gene­ relle Haftungsfreizeichnung, die allerdings nur den Ausschluß und die Einschränkung der Haftung für Personenschäden betrifft. Letztendlich sind damit in allen Mitgliedstaaten der EU vorformulierte Gewährleistungsausschlüsse in Verbraucherverträgen entsprechend der Generalklausel in Art. 3 I VbrKlsRil dann unwirksam, wenn sie den Verbraucher entgegen Treu und Glauben erheblich benachteiligen.

Nur zwischen den Rechtsordnungen, in denen bei der Umsetzung der EGRichtlinie 93/13 nicht über deren Inhalt hinausgegangen wird, bestehen hinsichtlich der Grenzen für Gewährleistungseinschränkungen durch vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen keine Unterschiede. Dazu gehören zunächst die Mitgliedstaaten, die neben der Generalklau­ sel des Art. 3 VbrKIRil auch die Liste des Anhangs umsetzen, wie in der Richtlinie aber nur als unverbindlichen Hinweis. Der französische Gesetzgeber übernimmt durch das Umsetzungsgesetz366 367 sowohl den Wortlaut der Generalklausel der Richtlinie, allerdings ohne den

Bezug auf Treu und Glauben (Art. 132-1 I CdeCons: „creer, au detriment ... du consommateur, un desequilibre significatif entre les droits et obliga-

tions des parties au contract”)

, wie auch den Anhang der EG-Richtlinie,

der wie dort nur als Hinweis dient und nicht abschließend ist (Art. 132-1 III

CdeCons: „Une annexe ... comprend une liste indicative”). Auch in England und Irland wurde durch die Transformationsakte368 die Generalklausel der EG-Richtlinie unverändert übernommen („contrary to

the requirement of good faith (it) causes a significant imbalance in the par­ 364 Nach der deutschen Fassung der Richtlinie muß das Mißverhältnis auch „unge­ rechtfertigt” sein, während dieses Merkmal in anderen Fassungen, wie etwa der englischen und italienischen, nicht enthalten ist. 365 Sogar für die Schweiz, wo die Klauselrichtlinie nicht gilt, wird deren Anhang als Auslegungshilfe für die Generalklausel des Art. 8 UWG-CH befürwortet, J.Schmid, in: Festgabe Schweizerischer Juristenverein, 1993, S. 257 f. 366 S. o. Fn. 251. 367 Früher wurde noch ausdrücklich auf den „Mißbrauch wirtschaftlicher Macht” abgestellt, durch den die Klausel dem Vertragspartner „aufgezwungen“ wird (Art. 132­ 1 I CdeCons 1993: „imposees ... par un abus de la puissance conomique". Gleichlau­ tend insoweit der vorangehende Art. 35 I Loi n. 78-23. 368 S. o. Fn. 233, 234.

ties‘ rights and obligations under the contract to the detriment of the con­ sumer”, reg. 4 I UTCC-GB / reg. 3 II UTCC-IRL)369, und der Anhang dient entsprechend der Vorgabe der EG-Richtlinie nur als erläuternder Hin­

weis („Schedule 3 ... contains an indicative ... list”, reg. 4 IV UTCC-GB / reg. 3 VII UTCC-IRL).

Aber auch die Rechtsordnungen, die allein die bindende Generalklausel der Richtlinie 93/13 übernehmen, den Anhang dagegen unbeachtet lassen, gehen nicht über den vorgegebenen Mindeststandard hinaus, allenfalls unterschreiten sie ihn ein wenig. Die dadurch entstehenden Unterschiede im Regelungsniveau dürften jedoch zu vernachlässigen sein. So wurde im deutschen AGB-Gesetz für Verbraucherverträge nur die Gene­

ralklausel des § 9 ABGB im Sinne des Art. 3 der EG-Richtlinie ergänzt

(§ 24 a Zff. 3 AGBG), die Klausellisten der §§ 10, 11 AGBG blieben dage­ gen unverändert. Auch in Schweden ist mit dem Gesetz über Vertragsbedingungen in Ver­ braucherverträgen370 371 allein die Generalklausel der EG-Richtlinie transfor­ miert worden, § 11 des Gesetzes ergänzt insoweit § 36 AvtL. Ähnlich hat der finnische Gesetzgeber in Abschnitt 3 des Verbraucher­ schutzgesetzes die Generalklausel des dortigen § 1 KulutSL der EG-Richt­

linie angepaßt

.

Die Europäischen Vertragsgrundregeln haben ebenfalls allein die Gene­ ralklausel der EG-Richtlinie übernommen, mit der Ergänzung, daß neben

Treu und Glauben auch der Grundsatz des „fair dealing" zu berücksichtigen

ist (Art. 4:110: Eur-Princ n.F.)

In diesen Rechtsordnungen sind Einschränkungen der Gewährleistung für Sachmängel durch vorformulierte Bedingungen in Verbraucherverträgen dann als unzulässig zu betrachten, wenn sie den Käufer in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise erheblich benachteiligen. Der vollstän­ dige Ausschluß jeglicher Gewährleistungsansprüche dürfte nach diesem Kriterium, ob man den entsprechenden Hinweis im Anhang der Richtlinie 369 In der praktischen Anwendung werden kaum Unterschiede zur Kontrolle auf „reasonableness” nach sec. 3 UCTA erwartet, BROWNSWORD/HOWELLS, J.B.L. 1995, S. 257. Zu den Problemen der unabgestimmten parallelen Anwendung von UCTA und UTCC-GB Reynolds, LawQuartRev 1994, S. 1: „a Situation of nightmarish complexity”. 370 S. o. Fn. 232. 371 S. o. Fn. 255.

für unverbindlich hält oder ihm eine gewisse Wirkung zuschreibt, in jedem Fall unwirksam sein, während Einschränkungen sowohl nach der Gene­ ralklausel wie nach dem Anhang auf ihre Angemessenheit geprüft werden müssen. Hinsichtlich der Haftung für Personenschäden hängt die Unzuläs­ sigkeit zumindest von einschränkenden Klauseln auch weiterhin davon ob, ob die jeweilige Rechtsordnung die Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit so hoch bewertet, daß jeder Eingriff in die Haftung für deren Verletzung als „erheblich” und gegen Treu und Glauben verstoßend anzusehen ist372. Ein entsprechender Hinweis auf den Anhang der Richtlinie könnte aber zumindest bewirken, daß derartige Haftungseinschränkungen im Rahmen der Generalklausel besonders streng auf ihre Angemessenheit überprüft werden.

(2) Über die EG-Richtlinie 93/13/EWG hinausgehende Freizeichnungs­ grenzen in den jeweiligen Rechtsordnungen Soweit in den nationalen Rechtsordnungen bei der Umsetzung der EGRichtlinie 93/13 auch die Klauselverbote ihres Anhangs als verbindlich übernommen worden sind, gehen diese Staaten über den Mindeststandard der Rechtsangleichung hinaus, und es ergeben sich insoweit im Verhältnis zu den vorher untersuchten Rechtsordnungen engere Grenzen für Ge­ währleistungsbeschränkungen. Geringfügige Abweichungen bei der Umsetzung der Generalklausel der Richtlinie fallen demgegenüber nicht ins Gewicht. In Italien sind im Zuge der Umsetzung der EG-Richtlinie über Verbrau­ chervertragsklauseln neben der Generalklausel (Art. 1469-bis I CceC) auch

die Klauselverbote des Anhangs als vermutlich belastend („si presumo vessatorie fino a prova contraria" Art. 1469-bis III 1 CceC) und damit norma­ lerweise unzulässig aufgenommen worden. Die Klauseln bezüglich Ge­

währleistungseinschränkungen sowie bezüglich Personenschäden werden jedoch nicht nur in vorformulierten Verträgen erfaßt (Art. 1469-bis III

Zff. 1, 2 CceC), sondern auch, wenn sie Gegenstand einer Aushandlung

wurden („quantunque oggetto di trattativa", Art. 1469-quinquies II 1 CceC), so daß zwingendes Verbraucherrecht entsteht373.

In eine Zusatzbestimmung zum geänderten spanischen Verbraucherschutz­ gesetzes ist ebenfalls der Katalog des Anhangs der Klauselrichtlinie als Re­ gelbeispiel für mißbräuchliche Vertragsbestimmungen aufgenommen wor­

372 Dies ist unter den hier erwähnten Rechtsordnungen für Frankreich und England anzunehmen, s. o. a). 373 S. u. c).

den, noch ergänzt um einige Besonderheiten aus der nationalen Rechtspre­ chung und Gesetzgebung374. 375

Auch vor der Umsetzung der EG-Richtlinie 93/ 13375 wurde die Verwen­ dung von AGB durch Unternehmen gegenüber Verbrauchern durch das Ver­ braucherschutzgesetz von 1984376 erfaßt. Ein besonderes Klauselverbot für Gewährleistungsregelungen war darin zwar nicht enthalten, es wurde aller­ dings allgemein ausgeschlossen, „absolute Haftungsbeschränkungen” vor­

zunehmen sowie solche die sich „auf den wesentlichen Nutzen oder Zweck

des Produkts” beziehen (Art. 10 I c) Zff. 6 LCU). Außerdem wurden jegli­

che Verzichtserklärungen hinsichtlich der im Verbraucherschutzgesetz fest­ gelegten Rechte der Verbraucher ausgeschlossen (Art. 10 I c) Zff. 10 LCU),

so daß die dem Verkäufer gegenüber Verbrauchern auferlegte besondere Ga­ rantie gern. Art. 11 LCU377 unabdingbar war. Über diese Klauselverbote hinaus kann auch weiterhin eine, nun der EGRichtlinie angepaßte, Generalklausel angewendet werden (Art. 10-bis LCU). Bereits vorher mußten die AGB Treu und Glauben entsprechen und

ein gerechtes Gewicht der gegenseitigen Leistungen gewährleisten (Art. 10 I c) 1 LCU a.F.). Dieser Maßstab wurde dadurch präzisiert, daß mißbräuch­

liche Klauseln ausgeschlossen werden, die „in unverhältnismäßiger oder unbilliger Weise den Verbraucher schädigen oder ... im Vertrag eine un­

gleichgewichtige Stellung zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien zum Nachteil der Verbraucher ... schaffen” (Art. 10 I c) Zff. 3 LCU a.F.).

Österreich ist dagegen den Vorgaben der Rechtsangleichung bezüglich Ver­ brauchervertragsklauseln durch die EG nur teilweise auf diese Art nachge­

kommen, soweit die auch für Individualverträge geltenden Klauselverbote des § 6 KSchG ergänzt worden sind378. 379 Im griechischen Recht sind mit der Umsetzung der EG-Richtlinie über

mißbräuchliche Klauseln

sowohl die Generalklausel des ursprünglichen

Verbraucherschutzgesetzes (Art. 2 VI Ges.2251/1994, früher Art. 25 II Ges. 1961/ 1991) wie auch die besonderen Klauselverbote verändert worden. Unmittelbar auf die Sachmängelhaftung beim Kauf bezieht sich Art.

374 Vgl. A.Fischer, RIW 1998, S. 695. 375 Zu den bereits länger geplanten Reformbestrebungen für ein allgemeines AGB­ Gesetz in der Fassung von 1992 vgl. FISCHER/FISCHER, Wirtschaftsrecht, 1995, S. 234 f., Marti Rdnr. 31, in: Handbuch, 1992, S. 991. 376 S. o. Fn. 244. 377 Dazu o. bei der Nachbesserung II.2.c) aa) (1). 378 S. u. c). 379 S. o. Fn. 229.

2 VII1) Ges.2251/ 1994, der AGB verbietet, die „die Haftung des Liefe­ ranten für versteckte Fehler der Sache beschränken”380. Damit wird - wei­ tergehend als nach deutschem Recht - die gesetzlich vorgesehene Gewähr­

leistung im Kaufrecht vollständig für zwingend erklärt, da der Verkäufer für „offene” Mängel, d.h. solche, die dem Käufer bekannt (Art. 536 I AK) so­ wie grob fahrlässig unbekannt sind (§ 537 AK), nicht einstehen muß381, und

er seine Haftung auch nicht (zunächst) auf Nachbesserung oder Ersatzliefe­ rung reduzieren kann. Außerdem wird es ausgeschlossen, daß der Verkäufer seine „vertraglich übernommenen Pflichten und Haftungen” beschränkt

(Art. 2 VII b) Ges.2251/1994), so daß auch Zusicherungen und ähnliche Garantieerklärungen unvermindert wirksam sind. Im Falle der schuldhaften

mangelhaften Erfüllung sind schließlich alle Klauseln verboten, die „zu ei­ nem Verzicht des Verbrauchers auf seine Rechte” führen (Art. 2 VII q) Ges.2251/1994). Ergänzt werden diese Regelungen durch ein allgemeineres

Verbot, „die Haftung ... auszuschließen oder zu übermäßig zu beschränken” (Art. 2 VII m) Ges.2251/1994382).

Damit geht das griechische Recht über die im Anhang der EG-Richtlinie 93/13 aufgeführten Klauselverbote hinaus383, da es in vorformulierten Bedingungen gegenüber Verbrauchern nicht einmal eine angemessene Einschränkung der Gewährleistung zuläßt. Außerdem wird der Ausschluß der Haftung nicht nur für Personenschäden sondern allgemein untersagt. Eine bloße Einschränkung soll dagegen im Rahmen der Angemessenheit (nicht „übermäßig”) zulässig sein, was der EG-Richtlinie entspricht, sofern man bei Personenschäden deren Anhang nicht zugrundelegt384. Die spanische Rechtslage entspricht dagegen mittlerweile ebenso wie die italienische dem Anhang der EG-Richtlinie.

380 Früher Art. 25 III c) Ges. 1961/1991, in dem zusätzlich der Ausschluß der Ge­ währleistung erwähnt wurde. 381 Die im letzten Fall ausnahmsweise eintretende Gewährleistung bei Zusicherung oder Arglist des Verkäufers aufgrund § 537 2.HS AK wird bereits durch Art. 538 AK allgemein für zwingend erklärt, s. o. a). 382 Früher sah Art. 25 III b) Ges. 1961/1991, wie im deutschen Recht, dies präziser „für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit” vor. 383 So auch Mentis, in: FS Fenge, 1996, S. 294. 384 Die griechische Rechtsprechung hält für diese Art von Schäden bereits generell in Verträgen eine Beschränkung der Haftung auf Vorsatz für unzulässig, s. o. a).

cc) Ergebnis

Insgesamt kann festgestellt werden, daß der vollständige Ausschluß der Gewährleistung durch vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen von den Rechtsordnungen der EU als nicht zulässig angesehen wird. Dies wird entweder ausdrücklich geregelt, wie in Griechenland und Spanien, oder auf der Basis der Generalklausel der EG-Richtlinie 93/13 unter Hinweis auf ihren Anhang, wie in Frankreich, England und Irland - etwas zweifelhaft allein in den skandinavischen Staaten, die den Richtlinienanhang gar nicht übernommen haben -, oder durch weitergehende Regelungen für sämtliche Verträge, wie in Portugal und für neue Sachen in Deutschland, bzw. auch für Individualvereinbarungen 385, wie in Österreich, Italien, Belgien sowie den Niederlanden. Allein die Schweiz läßt auch in diesem Bereich vollständige Freizeichnungen zu, wenn sie nicht irreführend sind. Außerhalb von Verbraucherverträgen wird der vorformulierte Ausschluß der Sachmängelgewährleistung nur von einem Teil der Rechtsordnungen untersagt, entweder ausdrücklich, wie in Portugal und für ungebrauchte Ware in Deutschland, aufgrund des weiten Verbraucherbegriffs auch in Griechenland und Spanien, oder wegen Unangemessenheit über die Generalklauseln, wie in Österreich, Belgien, England und den Niederlan­ den. Die übrigen Rechtsordnungen beurteilen nicht ausgehandelte Ge­ währleistungsausschlüsse wie individuell vereinbarte nach den allgemeinen vertraglichen Grundsätzen386. Damit wird andererseits auch deutlich, daß eine Beschränkung der eigentlichen Gewährleistung auf die nachgeholte Erfüllung selbst in vorformulierten Verbraucherverträgen zulässig sein dürfte, auch wenn dies ausdrücklich nur in Portugal und für neue Ware in Deutschland vorgesehen ist, da ein unangemessenes Mißverhältnis der Risikoverteilung im Sinne der Generalklauseln in diesem Fall nicht vorliegen wird387. Die Einschränkung der ergänzenden Gewährleistung folgt ähnlichen Linien wie das allgemeine Vertragsrecht388, denn es werden vor allem Haftungsbeschränkungen bei schwerem Verschulden des Verkäufers untersagt, wie allgemein in Deutschland und Portugal sowie wegen des weiten Verbraucherbegriffs in Griechenland, und außerdem solche, die Personenschäden betreffen, wie allgemein in Portugal und für Verbrau­ 385 Dazu u. c). 386 S. o. a). 387 Zu den Schwierigkeiten, die unbestimmten Rechtsbegriffe dieser Auffangtat­ bestände zu präzisieren, rechtsvergleichend Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 224. 388 S. o. a).

cherverträge in den der EG-Richtlinie 93/13 folgenden Rechtsordnungen, vor allem in Österreich, Spanien und Italien. Geht man davon aus, daß der Anreiz einer Vertragspartei zur Investition in die Informationsvorteile einer vorformulierten Vertragsklausel umso größer ist, je stärker sie damit von vertraglichen Risiken entlastet wird389, 390 so erscheint es sinnvoll, bei einem vollständigen Ausschluß der Gewährlei­ stung für Sachmängel in einer derartigen Vertragsschlußsituation nicht in gleicher Weise wie bei einer entsprechenden Individualvereinbarung von einem für beide Parteien vorteilhaften Abweichen gegenüber dem dispositi­ ven Recht auszugehen. Da im Regelfall der Verkäufer das Risiko der Lieferung einer mangelhaften Sache eher vermeiden oder abdecken kann als der Käufer, spricht eher eine Vermutung für Informationsnachteile beim Käufer39Q. Ein absolutes Verbot des nicht ausgehandelten vollständigen Ausschlusses der Gewährleistung würde jedoch die konkrete Situation der Vertragsparteien - etwa bei Gebrauchtwaren, die in Deutschland vom Freizeichnungsverbot ausgenommen werden - und deren Präferenzen völlig mißachten, so daß auch für derartig weitreichende Klauseln in vorformu­ lierten Verträgen - anders als etwa in Deutschland, wo insoweit keine Wertungsmöglichkeit besteht - zumindest ein Prüfungsspielraum im Sinne einer „grauen Liste” eingeräumt werden sollte391. Für Verbraucherverträge könnte dieser Ermessenspielraum etwas enger gefaßt werden, indem höhere Anforderungen an den Verkäufer gestellt werden, den Ausschluß der Sachmängelgewährleistung zu rechtfertigen392. Eine Beschränkung der eigentlichen Gewährleistung auf einen der drei möglichen Rechtsbehelfe - nachgeholte Erfüllung, Aufhebung der Lei­ stungspflichten, Anpassung des Kaufpreises - sollte dagegen auch in vorformulierter Weise grundsätzlich zulässig sein, vorausgesetzt der Rechtsbehelf ist erfolgreich393. *In diesem Falle ist die Risikoentlastung des Verkäufers und damit sein „Formulierungsanreiz“ erheblich geringer als bei einem Gewährleistungausschluß. Außerdem kann auf diese Weise der Verkäufer, der die Kosten der von ihm durchzuführenden Gewährleistung am besten einzuschätzen vermag, die günstigste Variante vorsehen und

389 S. o. l.a) bb). 390 Ähnlich Kötz, Vertragsrecht I, 1996, S. 225. 391 S. o. l.a) bb). 392 S. o. l.a) cc). 393 Dies ist vor allem ein Problem der nachgeholten Erfüllung, bei deren Fehlschlä­ gen einer der anderen beiden Rechtsbehelfe Wiederaufleben müßte.

damit die Gesamtkosten zum gemeinsamen Vorteil beider Parteien verrin­ gern. Bezüglich der Grenzen für eine Einschränkung der ergänzenden Ge­ währleistung, die vor allem an das Verschulden des Verkäufers sowie an die Art des Schadens anknüpfen, gilt das bereits zu den allgemeinen vertragsrechtlichen Grenzen ausgeführte374. Die zusätzliche Problematik vorformulierter Vertragsbedingungen fuhrt nur dazu, daß eine Begrenzung der Haftung des Verkäufers für grobes Verschulden bzw. für Personenschä­ den in dieser Situation des Vertragsabschlusses noch weniger gerechtfertigt erscheint, als bei entsprechenden Individualvereinbarungen, und daß in Verbraucherverträgen die Anforderungen noch höher gelegt werden könnten.

c) Zwingendes Verbraucherkaufrecht In diesem Abschnitt sollen die Grenzen für eine Einschränkung von Gewährleistungsansprüchen behandelt werden, die der besonderen Situa­ tion Rechnung tragen, daß einem gewerblich oder beruflich handelnden Verkäufer ein privat tätiger Käufer gegenübersteht, und es sich damit um einen „Verbraucherkauf’ handelt095. Die Voraussetzungen für die Anwen­ dung dieser Regelungen unterscheiden sich dabei danach, ob allgemein Verbraucherverträge erfaßt werden oder ob darüberhinaus der Kauf bestimmter Waren durch Verbraucher geregelt wird. Daher ist auch hier zunächst auf den Anwendungsbereich der jeweiligen nationalen Vorschrif­ ten einzugehen.

Bei einem Teil der Rechtsordnungen sind die Regelungen hinsichtlich der Gewährleistungseinschränkungen beim Kauf in Verbraucherschutzbestim­ mungen enthalten, die sich auf sämtliche Verträge zwischen Konsumenten und Gewerbetreibenden beziehen. Dies gilt für das griechische Verbrauchergesetz, das französische Verbrau­ chergesetzbuch sowie die neue italienische Regelung im Codice Civile395 396.

395 Die inhaltlichen Abweichungen der Sachmängelgewährleistung gegenüber Verbraucherkäufem vom allgemeinen zivilen Kaufrecht, wie sie in Dänemark, Schweden und Finnland sowie in den Niederlanden mit speziellen vorgegebenen Regelungen oder in Griechenland, früher auch in Spanien, mit der Verpflichtung des Verkäufers zu einer besonderen Garantieerklärung bestehen, sind jeweils im Zusam­ menhang des Sachproblems erörtert worden, s. o. II. 396 Dazu s. o. b) bb).

Auch in Österreich wird generell der Verbraucher erfaßt, für den das betreffende Geschäft nicht „zum Betrieb seines Unternehmens gehört”397, 398

und er wird geschützt, wenn dies auf den Vertragspartner zutrifft, der damit Unternehmer ist (§11 KSchG).

Ebenso wird nach niederländischem Recht unter einem Verbraucherkauf („consumentenkoop”) der Verkauf jeder beweglichen Sache („roerende zaak")398 verstanden, wenn dies durch einen Verkäufer geschieht, der in

Ausübung seines Berufs oder Betriebs handelt, und an einen Käufer, der

nicht geschäftlich oder beruflich handelt („door een verkoper, die handelt in

de uitoefening van een beroep of bedrijf, en een koper ... die niet handelt in de uitoefening wan een beroep of bedrijf’, Art. 7.5 I BW)399. Diese Abgrenzung entspricht nunmehr auch der EG-Richtlinie zum Ver­ brauchsgüterkauf, nach der als „Verbrauchsgüter“ nahezu sämtliche „bewegliche(n) körperliche(n) Gegenstände“ (Art. 1 II b) VbrKfRil) gelten400,

der „Verkäufer“ das Geschäft „im Rahmen [seiner] beruflichen oder ge­ werblichen Tätigkeit“ durchfuhren muß (Art. 1 II c) VbrKfRil), und der „Verbraucher“ den Kauf zu einem außerhalb dieses Bereichs liegenden Zweck einsetzt (Art. 1 II a) VbrKfRil).

Andere Rechtsordnungen stellen dagegen auf die im konkreten Fall ausschließliche bzw. hauptsächliche oder die gewöhnliche Verwendung der Kaufsache zu privaten Zwecken ab. Das belgische Recht bezieht sich auf Verkaufsangebote bzw. Verkäufe von

Waren („tekoopaanbiedingen en ... verkoop van Produkten”) gegenüber ei­ nem Verbraucher („consument”). Der Begriff des Verbrauchers erfaßt dabei jede Person, die auf den Markt gebrachte Waren („op de markt gebrachte

Produkten”) ausschließlich für nichtberufliche Zwecke erwirbt oder ver­ wendet (Art. 1 Zff. 7 WHP: „uitsluitend voor nietberoepsmatige doeleinden ... verwerft of gebruikt”). Auf der anderen Seite gelten als „verkoper” alle,

397 Diese Abgrenzung entspricht § 343 HGB, vgl. DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, Fn. 1 zu § 1 KSchG / Anh. 19. 398 Dies gilt nicht für eingetragenes Vermögen (Art. 7:5 III BW: „registergoed"), also etwa Schiffe oder Flugzeuge, CASTERMANS/Nieuwenhuis, in: T & C BW, 1994, N. 2 a) zu Art. 7:5. 399 Wie im schwedischen Recht wird der Verkauf durch einen gewerblich handeln­ den Bevollmächtigten („gevolmachtigde”) als Verbraucherkauf angesehen, auch wenn der Verkäufer selbst nicht gewerblich handelt, allerdings hier dann nicht, wenn der Käufer dies wußte (Art. 7:5 II BW). 400 Ausgenommen sind nur Strom, Wasser und Gas in unbegrenzter Menge sowie im Rahmen der Zwangsvollstreckung veräußerte Güter, Art. 1 II b) VbrKfRil.

die Waren („Produkten”) im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit zum Kauf anbieten oder verkaufen (Art. 1 Zff. 6 a) WHP: „te koop aanbieden of verkopen in het kader van een beroepsactiviteit").

In Dänemark gilt - etwas weniger streng - als Verbraucherkauf schon der Kauf eines Verbrauchers von einem Gewerbetreibenden, welcher im

Rahmen seines Betriebes handelt („kob, som en kber (forbruger) foretager hos en erhvervsdrivende, der handler som led i sit erhverv”), wenn die

Kaufsache hauptsächlich für eine nicht-gewerbliche Verwendung bestimmt

ist, und der Verkäufer dies wußte oder hätte wissen müssen („när det kobte

hovedsagelig er besternt til ikke-erhvervsmssig anvendelse ..., og slgeren vidste eller burde vide dette”, § 4 a I KbL). Ebenso regelt das schwedische Konsumentenkaufgesetz Verkäufe von

beweglichem Vermögen („lösa saker”) durch einen Gewerbetreibenden („nä­ ringsidkare”)401, der es im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit an einen Ver­ braucher in erster Linie zum privaten Gebrauch veräußert („i sin yrkes-

mässiga verksamhet säljer till en konsument huvudsakligen för enskilt ändamal”, § 1 I KonsKpL).

Schließlich beziehen sich auch in Finnland die Regelungen des Verbrau­ cherkaufs („konsumentköp”) auf Waren („varor”), die von einem gewerbe­ treibenden Verkäufer an einen Verbraucherkäufer verkauft werden („där säljaren är näringsidkare och köparen konsument”, § 1 Kap. 5 KulutSL402),

soweit sie im wesentlichen Umfang für den privaten Haushalt verwendet

werden („i väsentlig omfattning skaffar för ... privata hushäll”, § 3 Kap. 1

KulutSL). Als Verbraucher gilt dabei eine Person, die diese Waren in erster Linie für einen anderen als den gewerblichen Gebrauch verwendet („skaffar ... huvudsakligen för annat ändamäl än den näringsverksamhet”, § 4 Kap. 1

KulutSL), während auf der anderen Seite ein Gewerbetreibender („nä­ ringsidkare”) stehen muß, der mit diesen Waren gegen Entgelt oder einen anderen ökonomischen Nutzen geschäftsmäßig handelt, sie verkauft oder sonstwie vertreibt („fa inkomst eller annan ekonomisk nytta yrkesmässigt häller till salu, säljer eller i övrigt... vederlag”, § 5 Kap. 1 KulutSL).

Nach der in England und Irland nahezu identischen Definition des Verbrau­

chervertrags handelt dagegen eine Vertragspartei als Verbraucher, wenn sie den Vertrag weder im Geschäftsverkehr abschließt noch dies vorgibt (sec. 12 I a) UCTA / sec. 3 I a) SGSSA: „neither makes a contract in the course

401 Auf nicht gewerbsmäßige Verkäufer ist das Gesetz dann anzuwenden, wenn sie den Verkauf durch eine gewerbsmäßig tätige Person durchführen lassen, § 1 II KonsKpL. 402 S. o. Fn. 255.

of a business nor holds himself out as doing so”), die andere Partei den Vertrag im Geschäftsverkehr abschließt (sec. 12 I b) UCTA / sec. 3 I b) SGSSA: „the other party does make the contract in the course of a busi­ ness”), und die gelieferte Sache von der Art ist, wie sie gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt ist (sec. 12 I c) UCTA / sec. 3 I c)

SGSSA: „goods ... of a type ordinarily supplied for private use or con-

sumption”). Ähnlich sollte noch der Vorschlag einer EG-Richtlinie zum Verbrauchs­ güterkauf den Verkauf Jedes in der Regel für den Letztverbrauch oder zur Letztverwendung bestimmte Erzeugnis mit Ausnahme von Immobilien” (Art. 1 II b) VbrKfRil-E) betreffen403.

Die Regelungen, die wie in England bzw. Irland und im EG-Vorschlag auf eine objektiv zu bestimmende Verwendung der Kaufsache abstellen, unterscheiden sich zwar im Anwendungsbereich etwas von den anderen Rechtsordnungen, die sich auf einen konkreten Vertragszweck beziehen. Diese Unterschiede wirken sich jedoch bei den hier behandelten Kaufver­ trägen über bewegliche Sachen kaum aus, da es nur wenige Grenzfälle geben dürfte, in denen zu privaten Zwecken Ware gekauft wird, die üblicherweise gewerblich genutzt wird.

In der Mehrzahl der Rechtsordnungen werden für Verbraucherkaufverträge jegliche, auch individualvertragliche, Beschränkungen der gesetzlich vorgesehenen Gewährleistung untersagt, und das ansonsten dispositive Recht wird in diesem Bereich für zwingend erklärt. Das griechische Verbraucherschutzgesetz schreibt vor, daß „ein im Voraus

erklärter Verzicht des Verbrauchers auf seinen Schutz” durch die „Bestim­

mungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Haftung des Verkäufers für Fehler der Sache” ungültig ist (Art. 5 V Ges.2251/1994). Die besondere Garantie des Verkäufers, zu der er gegenüber Verbrauchern verpflichtet ist, darf dagegen nur „nicht durch übermäßige Ausnahmeklauseln aufgehoben

werden” (Art. 5 III 2 Ges.2251/1994).

403 Der Vorschlag des persönlichen Anwendungsbereichs (Verkauf durch jemanden, der „im Rahmen (seiner) beruflichen Tätigkeit” derartige Waren verkauft, Art. 1 II c) VbrKfRil-E, an eine „Person, die ... zu einem Zweck handelt, der nicht unmittelbar ihrer beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann”, Art. 1 II a) VbrKfRil-E) entsprach dagegen nahezu der nun erlassenen Regelung, s. o. bei Fn. 402.

Frankreich hat bereits 1978404 ein Dekret erlassen, durch das Vereinba­

rungen, die die Haftung von gewerblichen Verkäufern einschränken, gegen­ über nichtgewerblichen oder Verbraucherkäufem verboten wurden404 405. Auch nach Erlaß des Konsumgesetzbuches 1993406 und dessen Änderung im Ab­ schnitt der mißbräuchlichen Klauseln 199540

bleibt diese Regelung in

Kraft408. Durch Art. 2 Decr.78-464, der sich nur auf Kaufverträge („contrats de vente”) bezieht409, werden als mißbräuchlich jegliche Klauseln un­

tersagt, deren Ziel oder Wirkung es ist, das Recht eines nichtgewerblichen oder Verbraucherkäufers auf Ersatz bei Ausbleiben irgendeiner Pflicht des gewerblichen Verkäufers aufzuheben oder einzuschränken („la clause ayant

pour objet ou pour effet de supprimer ou de reduire le droit ä reparation ... en cas de manquement par le professionnel ä l’une quelconque de ses obli­ gations”). Damit sind - insoweit der Rechtsprechung folgend410 - jegliche Einschränkungen der gesetzlich vorgesehenen Sachmängelgewährleistung ausgeschlossen, auch die Beschränkung etwa auf Nachbesserung411.

Nach belgischem Recht wird durch das Handelspraktiken-Gesetz412 in Kaufverträgen gegenüber Verbrauchern jede Aufhebung und Beschränkung der gesetzlichen Gewährleistung für verborgene Mängel (Art. 32 Zff. 12 WHP: „de wettelijke waarborg voor verborgen gebreken bepaald bij de arti-

404 Damals noch auf der Grundlage von Art. 35 des Verbraucherschutzgesetzes Loi n. 78-23 v. 10.1.1978 „Sur la protection et l'information des consommateurs de produits et Services”, Journal Officiel v. 11.1.1978, S. 301 ff. 405 Decret n. 78-464 v. 24.3.1978. 406 Loi n. 93-949 v. 26.7.1993 „relative au code da la consommation" (CdeCons), Journal Officiel v. 27.7.1993, S. 10538 ff. Dadurch wurde Art. 35 des Gesetzes 78-23 außer Kraft gesetzt, Art. 4 16. Unterabs. CdeCons. 407 S. o. Fn. 251. 408 Vgl. Berger-Walliser, RIW 1996, S. 463. Der Erlaß derartiger Dekrete zur genaueren Bestimmung als mißbräuchlich anzusehender Vertragsbestimmungen ist auch weiterhin möglich (Art. 132-1 II CdeCons: „De decrets en Conseil d‘Etat ... peuvent determiner des types de clauses qui doivent tre regardees comme abusive ...”). Tatsächlich sind bis 1991 trotz zahlreicher Empfehlungen der Commission de Clauses abusives (CCA) ganze zwei Dekrete erlassen worden, vgl. Klima, RIW 1992, S. 100. Berger-Walliser, RIW 1996, S. 460, erwähnt sogar als einziges Dekret das oben­ genannte nr. 78-464 v. 24.3.1978 zu Kaufverträgen. 409 Zur Abgrenzung gegenüber Werkverträgen Sievers, Verbraucherschutz, 1993, S. 102 f. 410 S. o. a), beiFn. 134. 411 Vgl. Sievers, Verbraucherschutz, 1993, S. 101, Ferid/Sonnenberger, Zivil­ recht II, 1986, 2 G 634. Darüber hinaus gilt dies ebenfalls für die Begrenzung der Haftung für sonstige Vertragsverletzungen, wie z.B. für die Verletzung von Neben­ pflichten, vgl. Sonnenberger, RIW 1990, S. 171. 412 S. o. Fn. 136.

kelen 1641 tot 1649 van het BW op te heffen of te verminderen“) für nichtig und verboten erklärt (Art. 3 3 II WHP: „nietig en verboden”). Darüberhinaus darf sich der Verkäufer auch nicht von der Haftung bei Arglist und schwe­ rem Verschulden befreien (Art. 32 Zff. 11 WHP: „de verkoper te ontslaan van zijn aansprakelijkheid voor zjin opzet, zijn grove schuld”). In Italien sind aufgrund der Änderung des Zivilgesetzbuches im Zuge der Umsetzung der EG-Richtlinie 93/13413 auch bestimmte ausgehandelte

Klauseln („clausole ... oggetto di trattativa”) zwischen Verbrauchern und

Gewerbetreibenden unwirksam („sono inefficaci", Art. 1469-quinquies II

CceC). Dies betrifft alle Vereinbarungen, die die Ansprüche des Verbrau­ chers gegenüber dem Gewerbetreibenden im Fall einer teilweisen Nichter­ füllung oder einer fehlerhaften Erfüllung ausschließen oder beschränken

(Art. 1469-quinquies Zff. 2 CceC: „escludere o limitare le azioni del consumatore ... in caso di inadempimento ... parziale o di adempimento inesat-

to”). Damit sind sämtliche Gewährleistungsregeln bezüglich Sachmängeln für Verbraucherkäufe zwingend413 414. Zusätzlich wird in gleicher Weise der Ausschluß und die Einschränkung der Haftung für Personenschäden unter­

sagt (Art. 1469-quinquies II Zff. 1 CceC: „escludere o limitare la responsa-

bilita ... in caso di morte o danno alla persona del consumatore”). In Dänemark wird die Gewährleistung des Verkäufers beim Verbrau­ cherkauf nahezu vollständig für einseitig zwingend erklärt, denn von den entsprechenden Regelungen darf nicht zum Nachteil des Verbrauchers ab­

gewichen werden (§ 1 II KbL: „ikke fraviges til skade for koberen”). Dies gilt nur nicht für den verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch

beim Gattungskauf (§ 80 II KbL i.Vm. § 43 III KbL), denn § 1 II KbL läßt diese Regelung bei den im einzelnen für nicht abdingbar erklärten Vor­

schriften aus. In Schweden haben Vertragsbestimmungen („avtalsvillkor”), die im Ver­

gleich zu den Vorschriften des Verbraucherkaufgesetzes für den Käufer nachteilig sind („i jämförelse ... är till nackdel för köparen”), gegenüber diesem keine Wirkung („är utan verkan mot denne”, § 3 I KonsKpL)415.

413 S. o. Fn. 230. 414 Padovini, ZfRV 1999, S. 10. 415 Die einzige Regelung, für die im Bereich der Gewährleistungsansprüche des Käufers etwas anderes im Gesetz angegeben wird (§ 3 I a.E. KonsKpL: „annat anges i lagen”) ist § 32 III KonsKpL, nach dem vereinbart werden kann („säljaren och köparen kan träffa avtal”), daß vom Schadensersatz des Verkäufers keine Verluste im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit umfaßt werden („inte skall omfatta förlust i näringsverksamhet”).

Ebenso legt die finnische Regelung zum Verbraucherkauf fest, daß jede Vertragsbestimmung, die zum Nachteil des Käufers davon ab weicht, keine

Wirkung erzeugt („avtalsvillkor som till köparens nackdel avviker ... är utan verkan”, § 2 Kap. 5 KulutSL).

In England kann gegenüber einem Verbraucher die Gewährleistung auf­ grund von sec. 13, 14 und 15 SGA nicht ausgeschlossen oder beschränkt

werden (sec. 6 II UCTA: „liability for breach of the obligations arising from (a) section 13, 14 or 15 of the 1979 Act ... cannot be excluded or restricted by reference to any contract term”). In Irland wird im Sale of Goods Act seit 1980 ganz ähnlich formuliert, daß jede Vertragsbestimmung,

die von allen oder irgendeiner der Bestimmungen von sec. 13, 14 oder 15 SGA befreit, gegenüber einem Verbraucher nichtig sein soll (sec. 55 IV SGA: „any term ... exempting from all or any of the provisions of this Act

shall be void”). In den Niederlanden darf von den Regeln des Konsumentenkaufs nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden (Art. 7:6 I l.HS BW: „niet ten nadele van de koper worden afgeweken”), und darüberhinaus können die gesetzlichen Rechte und Forderungen des Käufers wegen eines Versäumnis­

ses bei der Durchführung der Verkäuferpflichten nicht beschränkt oder aus­

geschlossen werden (Art. 7:6 I 2.HS BW: „rechten en vorderingen die de wet aan de koper ter zake van een tekortkoming in de nakoming van de

verplichtingen van de verkoper toekent, niet worden beperkt of uitgesloten")410. Damit werden nicht nur die für das Kaufrecht generell vorgesehe­ nen gesetzlichen Regelungen der eigentlichen Sachmängelgewährleistung

gegenüber Verbrauchern für zwingend erklärt, sondern auch die in diesen Fällen anwendbaren allgemeinen Rechtsbehelfe bei Vertragsverletzungen („tekortkoming in de nakoming van een verbintenis") auf Schadensersatz oder Lösung vom Vertrag der Art. 6:74 ff. BW416 417.

In der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird festgelegt, daß „Ver­

tragsklauseln ..., durch welche die mit dieser Richtlinie gewährten Rechte außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden, ... für den Verbraucher ... nicht bindend” sind (Art. 7 11 VbrKfRil). Dies gilt ausdrücklich auch für

nach Vertragsschluß getroffene Vereinbarungen, solange sie „mit dem Ver­

416 Dies gilt nicht für die von einer staatlich eingesetzten Kommission bezüglich bestimmter Branchen erlassene Standardbestimmungen („standaardregeling") nach Art. 6:214 BW, Art. 7:6 I a.E. BW. 417 CASTERMANS/Nieuwenhius, in: T & C BW, 1994, N. 1 b) zu Art. 7:6, der auch darauf verweist, daß die Regeln über Zurückbehaltung („opschorting”) und Aufrech­ nung („verrekening") kein zwingendes Verbraucherrecht darstellen.

käufer vor dessen Unterrichtung über die Vertragswidrigkeit” abgeschlossen werden. Als einzige Ausnahme wird den Mitgliedstaaten zugestanden, Ver­

einbarungen über eine Verringerung der Haftungsdauer bei Gebrauchtwaren zuzulassen (Art. 7 12 VbrKfRil)418

Nach den Europäischen Vertragsgrundregeln wird ohne besondere Re­ gelung davon ausgegangen, daß nationale Verbraucherschutzregelungen nicht beschränkbar sind, da dies gegen den Grundsatz von Treu und Glau­ ben (Art. 1.106 Eur-Princ) verstoßen würde419. 420 Dagegen kann sich in Österreich der Unternehmer beim Gattungskauf so­

wohl von der Aufhebung des Vertrages sowie von der Preisminderung durch Ersatzlieferung innerhalb einer angemessenen Frist befreien (§ 9 Zff. 1 KSchG), im übrigen von der Preisminderung immer durch Nachbesserung „in einer für den Verbraucher zumutbaren Weise”, ebenfalls innerhalb an­

gemessener Frist (§ 9 Zff. 2 KSchG). Damit ist eine Beschränkung der Ge­

währleistung - zunächst - auf die nachgeholte Erfüllung auch weiterhin möglich. Zunächst sollten dagegen im Zuge der Umsetzung der Klausel­ richtlinie Vereinbarungen, mit denen „gesetzliche Gewährleistungsan­ sprüche des Verbrauchers ausgeschlossen oder eingeschränkt werden”, gänzlich untersagt werden (§61 Zff. 8 a KSchG-E)420.

Da Schadensersatzansprüche in Österreich nicht zur Gewährleistung ge­ rechnet werden421, gilt das Beschränkungsverbot hierfür nicht, insofern ist

aber § 6 I Zff. 9 KSchG anzuwenden, nach dem für vorsätzliches oder grob

fahrlässiges Verhalten die Haftung bei Verbrauchergeschäften in keinem Fall ausgeschlossen werden darf. Nach der Neuregelung von 1997 wird au­

ßerdem der Ausschluß wie auch die Einschränkung der „Pflicht des Unter­

nehmers zum Ersatz des Schadens an der Person” völlig untersagt (§6 1 Zff. 9 KSchG)422.

Damit werden in der ganz überwiegenden Zahl der hier betrachteten Rechtsordnungen - und nach der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf in Zukunft innerhalb der gesamten EU - die Regelungen der eigentlichen

418 Dazu u. B.III.3. 419 Commission onEuropean Contract Law, Principles I, 1995, S. 149. 420 So die Kündigungsschutznovelle 1995, BMJ GZ 7.012/509-1.2/1995. Kiendl, JB1 1995, S. 100, erwähnte dagegen keine derartige Veränderung und hielt sie damit für im Zuge der Umsetzung der EG-Richtlinie 93/13 nicht sinnvoll. 421 S. o. I.3.c) bb) (1). 422 Zur Kritik an der Beschränkung auf Konsumenten Reidinger, JAP 1996/97, S. 261.

Gewährleistung in Kaufverträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern zumindest zugunsten des Käufers für zwingend erklärt. Die Schadensersatzansprüche der ergänzenden Gewährleistung halten einige nationale Gesetzgeber dagegen nur teilweise für unabdingbar, wie in Belgien und in Österreich für grobes Verschulden, in Dänemark für Verschulden, in Italien und nun ebenfalls in Österreich bezüglich Personen­ schäden, und in Schweden für Verluste außerhalb einer wirtschaftlichen Tätigkeit.

Bei Kaufverträgen zwischen gewerblich tätigen Verkäufern und privat handelnden Käufern spricht viel dafür, daß die grundsätzlich angenommene Überlegenheit des Verkäufers bezüglich der Vermeidung oder Streuung der durch die Lieferung einer mangelhaften Sache verursachten Risiken noch deutlicher wird423. Trotzdem kann es Fallkonstellationen geben, in denen dies nicht der Fall ist, so daß zumindest individualvertragliche Abwei­ chungen vom dispositiven Gewährleistungsrecht auch gegenüber Verbrau­ chern zugelassen werden sollten, wenn der Verkäufer sie rechtfertigen kann. Allenfalls vollständige Gewährleistungsausschlüsse könnten zumindest in vorformulierten Bedingungen - gegenüber Verbraucher­ käufern für unwirksam erklärt werden, während bloße Beschränkungen nur auf ihre Angemessenheit im Einzelfall überprüft werden sollten. Da im Bereich des Schadensersatzes die Einflußmöglichkeiten des Käufers auf die Risikoverwirklichung erheblich größer sind als bei der eigentlichen Gewährleistung auf die Lieferung mangelfreier Ware, müßten die Spiel­ räume für Haftungseinschränkungen dort größer sein, wie es in den Rechtsordnungen teilweise vorgesehen ist. d) Ergebnis

In dem etwas verwirrenden Bild, das die Rechtsordnungen mit ihren unterschiedlichen Eingreifschwellen gegenüber gewährleistungsbeschrän­ kenden Vertragsabsprachen bieten, lassen sich folgende Grundlinien erkennen. Der Ausschluß der Verantwortung des Verkäufers für vorsätzliches, nicht nur für arglistiges, Verhalten dürfte in allen Rechtsordnungen424 in jeder Form, ob individuell ausgehandelt oder vorformuliert, und gegenüber 423 S. o. l.a) cc). 424 Etwas schwächer Commission on European Contract Law, Principles I, 1995, S. 148: „widely held”.

jedem Käufer, ob Kaufmann bzw. Gewerbetreibender oder Verbraucher, unzulässig sein. Insoweit sind keine Unterschiede zwischen den nationalen Rechten zu erkennen, so daß eine an Art. 3.109 Eur-Princ orientierte Untersagung der Freizeichnung des vorsätzlich handelnden Verkäufers nur klarstellende Bedeutung besitzt. Nicht ganz so einheitlich verläuft die Behandlung der Befreiung von der Haftung für schwerwiegendes Verschul­ den, also für grobe Fahrlässigkeit, die außerhalb von Verbraucherverträgen zumindest in Bezug auf die Informationspflichten des Verkäufers nur in wenigen Rechtsordnungen zur Unzulässigkeit einer solchen Klausel fuhrt. Aufgrund der in diesen Fällen zu vermutenden Vorteile des Verkäufers hinsichtlich der Vermeidung einer mangelhaften Lieferung425 wird der Ausschluß der Einstandspflicht bei groben Verhaltensverstößen regelmäßig als „unangemessen” oder „ungerecht” im Sinne der vertragsrechtlichen Generalklauseln einzustufen sein, so daß derartige Klauseln als Regel­ beispiel einer mißbräuchlichen Vertragsbestimmung - nicht nur in vorformulierten Verträgen, wie in Deutschland und Portugal - erwähnt werden könnten. Die Verantwortung des Verkäufers für Zusicherungen oder Garantien wird in den hier betrachteten Rechtsordnungen zunehmend als unabding­ bar angesehen. Zumindest sollte ein Ausschluß der Einstandspflicht für eine individuell vereinbarte Zusicherung nicht in vorformulierter Weise ermöglicht werden, erst recht nicht in Verbraucherverträgen. Gewährleistungsausschlüsse für den Bereich einfacher Fahrlässigkeit und jenseits von Verschulden oder Zusicherung werden in Verbraucher­ verträgen in allen Rechtsordnungen der EU als wirkungslos angesehen, zumindest wenn sie nicht individuell ausgehandelt worden sind. Insoweit könnte daher eine Bestimmung entsprechend Ziffer 1 b) Anhang VbrKlsRil die Rechtslage verdeutlichen. Allerdings sollte die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung im Einzelfall offengehalten werden, so daß einer bloße Vermutungsregel zu bevorzugen wäre. Eine Beschränkung der eigentlichen Gewährleistung, etwa auf einen der möglichen Rechtsbehelfe, wird bei Verbraucherverträgen in den meisten Rechtsordnungen dadurch ausgeschlossen, daß sämtliche Sachmängel­ bestimmungen zugunsten des Verbraucherkäufers als zwingend angesehen werden. Eine Übernahme dieser Regelungen auf EG-Ebene, wie es die Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf vorsieht, nimmt damit insoweit

425 S. o. a).

Kaufverträge zwischen gewerblichen Verkäufern und privaten Käufern von der Möglichkeit jeglicher Gewährleistungsbeschränkung aus. Die dadurch verfestigten Unterschiede zwischen den nationalen Kaufrechten sind dann nur noch durch eine Angleichung des zwingenden Verbraucherkaufrechts zu verringern. Sofern eine Einschränkung der Gewährleistung klar und deutlich erfolgt und dem Käufer gegenüber begründet wird, sollte sie aber auch in Ver­ braucherverträgen nicht absolut ausgeschlossen werden, sondern allenfalls im Einzelfall auf ihre Angemessenheit überprüfbar sein. Dies gilt erst recht im Bereich der ergänzenden Gewährleistung, wo nur Personenschäden wie in vielen Rechtsordnungen - strengeren Anforderungen unterworfen werden könnten.

3. Grenzen vertraglicher Ausdehnung der Gewährleistung Eine bedeutsame Erweiterung der Verantwortung des Verkäufers für Sachmängel kann vor allem im Bereich der ergänzenden Gewährleistung vorgenommen werden, indem der durch die nationalen Regelungen jeweils vorgegebene Schadensersatzumfang vertraglich ausgedehnt wird. Für derartige Absprachen bestehen in den einbezogenen Kaufrechten keine speziellen Begrenzungen, vielmehr finden diese sich im allgemeinen Vertragsrecht (unten a.). Darüberhinaus setzen einige Rechtsordnungen derartigen Haftungserweiterungen zusätzliche Grenzen, soweit diese in besonderer Form, d.h. durch vorformulierte Klauseln bzw. durch AGB, vorgenommen werden (unten b.). Die teilweise vorgesehenen besonderen Verbraucherkaufregeln schreiben dagegen nur einen Mindestumfang für die Gewährleistung des gewerblichen Verkäufers gegenüber privaten Käufern vor, schränken eine Erweiterung der Haftung des Verkäufers jedoch nicht ein.

a) Allgemeine vertragsrechtliche Grenzen In allen mitteleuropäischen Rechtsordnungen werden Vereinbarungen eines festen Ersatzbetrages als „Vertragsstrafe" zwar ausdrücklich zugelassen, sie sind aber in der Höhe beschränkt, denn unter bestimmten Umständen können die Gerichte sie herabsetzen. Auch Schadenspauschalen werden zum Teil ganz ähnlich behandelt.

Nach deutschem Recht ist ausdrücklich vorgesehen, daß der Schuldner dem

Gläubiger „die Zahlung einer Geldsumme als Strafe” versprechen kann (§ 339 Satz 1 BGB), auch für den Fall, daß der Schuldner „seine Verbind­ lichkeit ... nicht in gehöriger Weise erfüllt”. Grundsätzlich darf dieser Be­ trag den Schaden auch übersteigen, allerdings ist nur äußerst unscharf über eine Anpassungsregel festgelegt, in welcher Höhe der erwartbare oder tat­

sächlich eingetretene Schaden überschritten werden darf: Danach kann eine

Strafe, die „unverhältnismäßig hoch” ist, „durch Urteil auf den angemesse­ nen Betrag herabgesetzt” werden (§ 343 I 1 BGB)426. Als Kriterium für die Beurteilung der Angemessenheit ist nicht das Verhältnis zum Schaden ent­ scheidend, sondern Jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht nur

das Vermögensinteresse” in Betracht zu ziehen (§ 343 I 2 BGB). Das Ge­

richt hat also zu beurteilen, welcheSanktion erforderlich ist, um den Gläu­

biger gegen rein subjektive, nicht beweisbare oder nicht ersatzfähige Schä­ den abzusichem. Nur um diesen Betrag darf die vereinbarte Summe den tat­ sächlichen Schaden übersteigen427. Da die Strafe auch für unverschuldete Pflichtverletzungen vereinbart werden kann428, 429 soll für die Angemessenheit

auf Seiten des Schuldners auch die Frage seines Verschuldens berücksich­

tigt werden

, wobei unklar bleibt, ob der Betrag dadurch unter den wirk­

lichen Schaden sinken kann. Sehr unsicher wird die Einschätzbarkeit der

Zulässigkeit einer Strafvereinbarung schließlich durch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners, zumindest bei einer unverhält­ nismäßigen Härte430. Wird die Vertragsstrafe jedoch von einem Vollkauf­

mann innerhalb seines Handelsbetriebes versprochen, so findet keine rich­ terliche Anpassung statt (§ 348 HGB).

Von der eigentlichen Vertragsstrafe abzugrenzen ist die Vereinbarung ei­ ner Schadenspauschale, die ebenfalls grundsätzlich möglich ist, ohne daß

dies im Gesetz besonders aufgeführt wird. Die Rechtsprechung begrenzt derartige Klauseln in der Höhe auf den Umfang des gewöhnlich eintretenden

Schadens und reduziert sie, auf Nachweis des Schuldners, darüber hinaus

426 Dies geschieht ausdrücklich nur „auf Antrag des Schuldners” (§ 343 I 1 BGB). Zu den prozessualen Aspekten u. B.II.5.a). 427 Unter besonderen Umständen, für die eine Überhöhung der Vertragsstrafe allein nicht ausreicht, kann die Vereinbarung auch wegen Sittenwidrigkeit (§138 BGB) oder unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) vollkommen nichtig sein. 428 BGH v. 28.9.1978, BGHZ 72, S. 174 (178). 429 BGH v. 16./17.9.1974, NJW 1974, S. 2089 (2091). 430 So RG v. 17.11.1914, RGZ 86, S. 28 (29).

auf den tatsächlich eingetretenen Schaden, wenn dieser erheblich geringer • .431

ist

.

Das griechische Zivilgesetzbuch erlaubt in Art. 404 AK - wie das deutsche Recht - ausdrücklich die Vereinbarung einer Vertragsstrafe431 432 unter ande­

rem für den Fall nicht gehöriger Erfüllung. Auch hier kann das Gericht auf

Antrag des Schuldners eine unverhältnismäßig hohe Strafe auf das ange­ messene Maß herabsetzen (Art. 409 Satz 1 AK), wobei diese Regel aus­ drücklich als zwingend festgelegt wird (Art. 409 Satz 2 AK).

In Österreich sieht das Gesetz ebenfalls vor, daß die Parteien „eine beson­

dere Übereinkunft treffen” können, nach der „anstatt des zu vergütenden Nachteils ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag entrichtet werden solle”(§ 1336 I 1 ABGB), auch hier „auf den Fall des ... nicht auf gehörige Art ... erfüllten Versprechens”. Ähnlich wie im deutschen Recht kann der

Richter den vereinbarten Betrag „mäßigen”, wenn er sich als „übermäßig” erweist (§ 1336 II ABGB)433. Das Gesetz läßt es völlig offen, wonach das

Übermaß beurteilt werden soll, so daß die Rechtsprechung Kriterien zur

Verhältnismäßigkeit entwickelt hat: Neben der Höhe des entstandenen Scha­ dens sind - wie in Deutschland - Art und Ausmaß des Verschulden des Schuldners sowie auch gelegentlich seine wirtschaftlichen und sozialen Ver­ hältnisse zu berücksichtigen434. Als übermäßig wird eine Konventionalstrafe besonders dann angesehen, wenn der tatsächlich eingetretene Schaden un­ verhältnismäßig kleiner als die bedungene Vergütung ist435. Das ist insofern

konsequent, als die vereinbarte Entschädigung in Österreich nicht als Strafe sondern als pauschalierter Schadensersatz angesehen wird436, so daß beson­

dere Präventionsgesichtspunkte keine Rolle spielen437. Als absolute Unter­

431 BGHv. 10.11.1976, BGHZ 67, S. 312 (314 f.). 432 Statt der Zahlung einer Geldsumme kann hier aber ausdrücklich auch „etwas anderes als Strafe” vereinbart werden. 433 Auch hier ist eine Herabsetzung von Amts wegen ausgeschlossen, Dittrich/ Tades, ABGB, 1989, E 60 zu § 1336. Unabhängig davon kann die Vereinbarung einer Konventionalstrafe nichtig sein, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt, vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 4 ff. zu § 1336. 434 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 69 zu § 1336, vgl. auch Heller Rdnr. 91, in: Handbuch, 1992, S. 803, letzteres allerdings wohl eher im Miet- und Arbeitsrecht. 435 OGH v. 14.1.1981, JB1 1982, S. 431, vgl. auch Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 70 zu § 1336. 436 OGH v. 30.3.1981, SZ 54/46, vgl. DITTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 2 zu § 1336, Heller Rdnr.85, in: Handbuch, 1992, S.801. 437 Anders noch früher, als nicht auf den wirklichen Schaden, sondern auf das Interesse des Gläubigers an der Vertragserfüllung abgestellt wurde, vgl. Dittrich/ Tades, ABGB, 1989, E 70 zu § 1336.

grenze bei der richterlichen Anpassung einer Konventionalstrafe gilt jeden­ falls der Betrag des wirklich entstandenen Schadens438, der allerdings nur unter besonderen Umständen, etwa bei einer nicht allzu schweren und den Vertragspartner nicht allzusehr schädigenden Vertragsverletzung erreicht werden darf439. Ein Vollkaufmann darf sich bei der Zusage einer Konven­

tionalstrafe, die er „im Betriebe seines Handelsgewerbes” versprochen hat, nicht auf das bürgerlich-rechtliche Mäßigungsrecht berufen (§ 348 HGBA), ein solches kann jedoch vertraglich vereinbart werden440.

Auch das schweizerische Schuldrecht sieht die Vereinbarung einer „Kon­ ventionalstrafe” für den Fall „der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages” vor (Art. 160 I OR). Die Konventionalstrafe kann den Betrag eines Scha­ densersatzanspruches übersteigen441, und es wird sogar ausdrücklich her­ vorgehoben442, daß die Strafe „von den Parteien in beliebiger Höhe be­

stimmt werden” kann (Art. 163 I OR). Trotzdem hat der Richter443 auch hier „übermässig hohe Konventionalstrafen ... nach seinem Ermessen her­

abzusetzen” (Art. 163 III OR), wobei die Betonung des Ermessensspiel­

raums neben den fehlenden Abwägungskriterien das Ergebnis weitestgehend offenhält. Die Rechtsprechung erlegt sich aufgrund des Eingriffs in die Vertragsfreiheit allerdings starke Zurückhaltung auf444, so daß vor allem Rechtsmißbrauch und Sittenverstöße korrigiert werden sollen445. Als Beur­

teilungskriterium wird dann aber von der Rechtsprechung - wie in den an­ deren mitteleuropäischen Rechtsordnungen - vor allem der tatsächliche

Schaden angesehen, soweit er in einem Mißverhältnis zum voraussehbaren Schaden (und damit zur auf dieser Grundlage vereinbarten Vertragsstrafe)

438 OGH v. 5.3.1959, SZ 32/28, OGH v. 14.1.1981, JB1 1982, S.431, vgl. Heller Rdnr. 91 a.E., in: Handbuch, 1992, S. 803. 439 Vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 72 zu § 1336. 440 Vgl. Heller Rdnr. 92, in: Handbuch, 1992, S. 804. 441 Nach BG v. 26.4.1977, BGE 103 II S. 108 f., ist eine Konventionalstrafe nicht allein aus diesem Grund herabzusetzen. 442 Wegen der Geltung der Vertragsfreiheit handelt es sich um eine Selbstverständ­ lichkeit, so auch EHRAT/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 163. 443 Anders als in den bisher betrachteten Rechtsordnungen ist ein ausdrücklicher Antrag des Schuldners nicht erforderlich, aber es muß zumindest ein Herabsetzungsbe­ gehren erkennbar werden, BG v. 17.5.1983, BGE 109 II S. 120 (121 f.). 444 BG v. 5.4.1977, BGE 103 II S. 129 (135). Daher soll eine Anpassung nur bei krassen Mißverhältnissen stattfinden, EHRAT/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 13 zu Art. 163. 445 BGE 41 II S. 141 ff., wo ausdrücklich als Zweck der Schutz des wirtschaftlich Schwächeren angeführt wird.

steht446. Darüberhinaus wird auch in der Schweiz die Schwere des Ver­

schuldens insbesondere des Verpflichteten447 sowie dessen wirtschaftliche Lage448 berücksichtigt. Zwar wird die Anpassung der Vertragsstrafe Kauf­

leuten nicht - wie in Deutschland und Österreich - untersagt, aber die Ge­ schäftserfahrung kann bei der Herabsetzung Berücksichtigung finden449, so daß ein Eingreifen dieser schon nur bei offensichtlichen Mißverhältnissen anwendbaren Regelung noch unwahrscheinlicher wird. Eine Schadenspauschale ist zwar insofern von der Konventionalstrafe zu

unterscheiden, als erstere einen Schaden voraussetzt, aber eine analoge An­ wendung der Herabsetzungsmöglichkeit des Art. 163 III OR soll bei einem

gegenüber der Pauschale deutlich kleinerem Schaden - ähnlich wie in Deutschland - möglich sein450.

In allen hier betrachteten mitteleuropäischen Rechtsordnungen finden sich sehr ähnliche gesetzliche Einschränkungen bezüglich des Ausmaßes einer Haftungserweiterung durch Vertragsstrafen und durch Schadenspauschalen, die im ersten Falle grundsätzlich auf die Verhältnismäßigkeit bzw. Ange­ messenheit der Strafe, im zweiten Falle auf den tatsächlich eingetretenen Schaden abstellen. Auch die von den Gerichten im Rahmen ihres mehr (Schweiz) oder weniger (Deutschland) deutlich eingeräumten Ermessen­ spielraums angewandten Maßstäbe weisen kaum signifikante Unterschiede auf. Nur in Österreich wird ein Strafelement nicht mehr zugelassen, so daß allein eine Pauschalierung des Schadensersatzes zulässig ist.

Auch die romanischen Rechtsordnungen erwähnen ausdrücklich Strafklau­ seln und sehen ebenfalls überwiegend ihre Reduzierung in bestimmten Fällen vor. Im französischen Zivilgesetzbuch wird die „clause penale”, auch wenn sie

zunächst als Sicherung für die Durchführung eines Vertrages definiert wird (Art. 1226 CeC: „pour assurer l’execution d’une convention”), traditionell

eher als Schadensersatzpauschale für den Fall der Nichterfüllung verstan­ den (Art. 1229 CdeC: „La clause penale est la compensation des dommages et intrts que le creancier souffre de Tinexecution de l’obligation principa-

le.”), durch die eine schwierige Bemessung des tatsächlich entstandenen

446 BG v. 22.6.1988, BGE 114 II S. 264 (265). 447 EHRAT/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 20 zu Art. 163. 448 BGE 103 II S. 129 (135), vgl. Keller-Schwegler Rdnr. 107, in: Handbuch, 1992, S. 913. 449 BG v. 30.11.1976, BGE 102 II S. 420 (426). 450 EHRAT/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 12 zu Art. 160.

Schadens vermieden werden soll451. Um diese Rechtssicherheit zu gewähr­ leisten452 und um private Vereinbarungen zu respektieren453, sollte eine der­

artige feste Ersatzzahlung grundsätzlich nicht nachträglich verändert wer­ den (Art. 1152 CdeC a.F.)454 Eine Möglichkeit zur Reduzierung einer Ver­ tragsstrafe sah das Gesetz früher nur für die Fälle vor, in denen der Vertrag teilweise erfüllt wurd (Art. 1231 CdeC a.F.)455, aber diese Regelung war

nicht zwingend, sondern konnte vertraglich ausgeschlossen werden456. Da­ mit bestanden in Frankreich nur geringe Chancen, eine den Schaden über­ steigende Vertragsstrafe zu vermindern457. 458 459

Seit der Reform der clause penale von 1975458 kann jedoch der Richter

auch in Frankreich die Strafe herabsetzen, wenn sie offensichtlich überhöht ist (Art. 1152 II 1 CdeC: „le juge peu moderer ... la peine ..., si eile est manifestement excessive”), ohne daß bestimmte Kriterien für diese Anpassung festgelegt werden45 . Die Rechtsprechung stützt sich vor allem auf den tat­ sächlich entstandenen Schaden460 und das Verschulden des Schuldners461,

erkennt aber die Strafkomponente als eigenständigen Bewertungsgesichts­ punkt an462, so daß ein entsprechender Zuschlag zum eingetretenen Verlust gerechtfertigt ist. Dabei wird es dem Richter überlassen, ob er von der An­ passungsmöglichkeit Gebrauch macht. Die Parteien jedenfalls können die

451 Vgl. Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 116 f., WENNER/SCHÖDEL Rdnr. 90, in: Handbuch, 1992, S. 442 f. 452 So auch Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 93 (sec. 122 a.E.). 453 Vgl. Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 118, der auf die Diskussionen bei der Erarbeitung des Code Civil verweist, die ausdrücklich auf die Sachkenntnis der Parteien abstellten, welche am besten zukünftige Schäden in ihrem Bereich einschätzen könnten, a.a.O., Fn. 19. 454 Vgl. auch die bei Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 123 f., angeführte Rechtspre­ chung. 455 Dabei ging man davon aus, daß die Strafklausel regelmäßig den vollen Nichter­ füllungsschaden umfassen soll, so daß ihre Höhe bei einer Teilerfüllung entsprechend reduziert werden müßte, vgl. Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 117. 456 Cass.civ. v. 4.6.1860, D. P. 1860 I. 257, vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 98 (sec. 130). 457 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 97 (sec. 129). 458 Loi Nr. 75-597 v. 9.7.1975, Journal Officiel 1975, S. 7076. 459 Vgl. Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 135. 460 Dafür auch Cass.civ. v. 24.7.1978, JCP 1978, Jur. 301. 461 Vgl. die bei Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 148, angeführten Entscheidungen. 462 Vgl. Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 148.

gerichtliche Kontrolle ausdrücklich nicht mehr ausschließen (Art. 1152 II 2 CdeC)463.

Auf der Grundlage eines wörtlich übereinstimmenden Gesetzestextes galt zunächst in Belgien eine gleichartige Regelung wie in Frankreich vor 1975: Die Parteien waren an die Strafklausel gebunden (Art. 1152 BW), auch

wenn sie im Umfang nicht mit dem tatsächlichen Schaden übereinstimmt, es sei denn, der Verkäufer hat nur teilweise geleistet und eine gerichtliche An­ passung ist nicht vertraglich ausgeschlossen worden464. Seit 1970 hat aller­

dings der belgische Kassationshof ein Überschreiten des Kompensations­ zwecks, gemessen am voraussehbaren Schaden, wodurch der Käufer bei Nichterfüllung einen unzulässigen, unverhältnismäßigen Gewinn erzielt, als

sittenwidrig angesehen, was in diesen Fällen zur völligen Nichtigkeit der Strafklausel fuhrt465. Eine Straf- oder Anreizfunktion der clause penale wird

damit in Belgien als nicht gerechtfertigt abgelehnt, so daß nur Schaden­ spauschalierungen zulässig sind466. Im italienischen Recht wird einer „clausola penale” für den Fall der Nicht­

erfüllung, zu dem nach Art. 1218 CceC auch jede nicht gehörige Erfüllung gehört, zwar wie im französischen Recht in der Regel eine schadensbegren­

zende Funktion zugeschrieben, aber es kann auch vereinbart werden, daß darüberhinaus noch Schadensersatz zu leisten ist (Art. 1382 I CceC: „ha

l’effetto di limitare il risarcimento alla prestazione promessa, se non e stata convenuta la risarcibilitä del danno ulteriore"). Eine Verminderung der Vertragsstrafe durch das Gericht nach Billigkeit („puö essere diminuita equamente dal giudice”) ist nicht nur - wie früher in Frankreich und derzeit

in Belgien - bei teilweiser Erfüllung möglich, sondern auch, wenn die Höhe der Vertragsstrafe offensichtlich übermäßig ist („manifestamente eccessi-

vo”), wobei immer das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung zu be­ rücksichtigen ist (Art. 1384 CceC: „sempre riguardo all’interesse ehe il creditore aveva all’adempimento"). Damit nähern sich die italienischen Krite­

463 Das Modifikationsrecht des Art. 1231 CdeC a.F. ist unter der Präzisierung einer Anpassung im Verhältnis zur teilweisen Erfüllung daneben erhalten geblieben, allerdings nunmehr ebenfalls zwingend ausgestaltet, Art. 1231 CdeC n.F. 464 Herbots, Contract, 1995, S. 150 (N. 246), vgl. auch Moons Rdnr. 84 ff., in: Handbuch, 1992, S. 94 ff., sowie unter weiterer Bezugnahme auf andere französisch­ stämmige Rechtsordnungen Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 97 (sec. 129 a.E. ). 465 Cass. v. 17.4.1970, dazu Herbots, Contract, 1995, S. 149 (N. 263), vgl. auch Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 129 f., Moons Rdnr. 86, in: Handbuch, 1992, S. 95. 466 Herbots, Contract, 1995, S. 149 (N. 263). In neueren Entscheidungen wird auch eine Reduzierung der vereinbarten Summe auf den tatsächlichen Schaden vorgenom­ men, Herbots, a.a.O.

rien für eine Begrenzung von Vertragsstrafen den mitteleuropäischen Rechtsordnungen an.

Das spanische Zivilrecht behandelt - wie die anderen romanischen Rechts­

ordnungen - die Strafklausel („clausula penal") in der Regel als Alternative für Schadensersatzansprüche bei Nichterfüllung, also als Pauschale, aber nur sofern nicht anderes vereinbart wird (Art. 1152 CgoC). Stattdessen kann jedoch auch eine „kumulative” Strafe vereinbart werden, die als Druckmittel für die vertragsgemäße Erfüllung dienen soll467, auf die ein et­

waiger Schadensersatz also nicht angerechnet wird. Dies gilt auch im Be­ reich der Handelsgeschäfte, wo zunächst ebenfalls die liquidatorische Ver­ tragsstrafe als Alternative zur Erfüllung vorgesehen ist (Art. 56 l.HS Cgo-

Com), aber ebenfalls ausdrücklich eine gegenteilige Vereinbarung zugelas­ sen wird (Art. 56 2.HS CgoCom)468. Der Richter hat die Strafe abzuändern469, wenn teilweise - wie früher im Code Civil Frankreichs und der­ zeit in Belgien - und ausdrücklich auch wenn nicht ordnungsgemäß erfüllt

worden ist (Art. 1154 CgoC), es sei denn, die Strafklausel soll nach der vertraglichen Vereinbarung gerade auch diese Fälle erfassen470. Als Krite­ rien für den Umfang der Herabsetzung verwendet die Rechtsprechung so­ wohl das Ausmaß des Schadens wie den Verschuldensgrad beim Schuld­ ner471. Die Anpassungsregel gilt auch für handelsrechtliche Verträge472.

In Portugal ist dagegen eine Herabsetzung der gern. Art. 810.° I CgoC grundsätzlich zulässigen Vertragsstrafe nach der Rechtsprechung nicht möglich, nur wenn es sich um eine Schadenspauschale handelt473.

467 Vgl. Höhne/Wilmer, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 257. 468 Wie hier Höhne/Wilmer, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 260, mit dem Argument des geringeren Schutzbedürfnisses im Handelsrecht. In der spanischen Literatur wurde dagegen schon früher der Wortlaut des Art. 56 CgoCom als Hindernis für eine kumulative Vertragsstrafe angesehen, vgl. Höhne/Wilmer a.a.O. 469 Während der Wortlaut darauf hindeutet, daß das Gericht von Amts wegen die Herabsetzung der Vertragsstrafe prüft, wie es lange Zeit auch die Rechtsprechung gesehen hat, T.S. v. 3.1.1964 sowie weitere Urteile bei Höhne/Wilmer, in: Handels­ und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 256, wird neuerdings die Stellung eines Antrags vorausgesetzt, T.S. v. 20.11.1970, vgl. Höhne/Wilmer a.a.O. 470 Vgl. Höhne/Wilmer, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 261, 263. 471 Vgl. Höhne/Wilmer, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 256 f. 472 T.S. v. 26.10.1934. Als Handelsgeschäfte gelten nach Art. 2 II CgoCom be­ stimmte Vertragstypen des Handelsgesetzbuchs, egal ob sie von Kaufleuten oder anderen Personen abgeschlossen werden, vgl. Höhne/Wilmer, in: Handels- und Wirtschaftsrecht, 1991, S. 258. 473 Vgl. Commission on European Contract Law, Principles I, 1995, S. 217.

In den romanischen Rechten haben sich die Regelungen zur summenmäßi­ gen Haftungserweiterung, die dort, von Frankreich und Spanien abgesehen, eher als Schadenspauschale qualifiziert wird, weit auseinanderentwickelt: Während in Italien und mittlerweile - seit 1975 - auch in Frankreich eine generelle Überprüfung des Umfangs der Strafe durch die Gerichte möglich ist, wobei sogar die Eingriffsschwelle der offensichtlichen Übermäßigkeit identisch ist, wird diese in Spanien immer noch auf die Fälle teilweiser sowie nicht ordnungsgemäßer Erfüllung bei einer für die totale Nichterfül­ lung versprochenen Strafe begrenzt und in Portugal ganz ausgeschlossen. Damit ist eine speziell für die Leistung einer mangelhaften Sache verein­ barte Haftungserweiterung dort nicht herabsetzbar. In Belgien werden den voraussehbaren Schaden erheblich übersteigende Pauschalen als vollständig nichtig angesehen, so daß eine derartige Haftungserweiterung im Ergebnis nicht zulässig ist.

In den skandinavischen Rechtsordnungen existieren zwar keine speziellen Regelungen für Vertragsstrafen, aber dort werden die Generalklauseln der Vertragsgesetze bezüglich der Unbilligkeit derartiger Vereinbarungen entsprechend angewendet. In Dänemark wird angenommen, daß eine Vertragsstrafe in der Regel an die Stelle des Schadensersatzes tritt, aber es ist auch möglich, sie als zusätzli­ che Leistung zu vereinbaren474. Eine Herabsetzung der Strafe wird durch

die Rechtsprechung allenfalls über § 36 AftL vorgenommen, der auch eine teilweise Aufhebung zuläßt, wenn eine Durchsetzung der Vereinbarung un­ billig wäre, Dies wird allerdings nur bei einem offensichtlichen Mißverhält­ nis angenommen, so daß in der Regel die Vereinbarung der Parteien Gültig­ keit behält475. Als Kriterien werden auch hier die Höhe des Schadens beim Käufer, das Verschulden des Verkäufers sowie schließlich das Interesse des Käufers an der Erfüllung herangezogen476. Die Regelung des § 36 AftL fin­

det auch auf Vertragsstrafevereinbarungen im kaufmännischen Bereich An­

wendung. Auch im finnischen Recht werden unter § 36 VarL Strafklauseln dann angepaßt, wenn sie unbillig sind, nach den Motiven des Gesetzgebers vor

allem unter dem Gesichtspunkt, daß die vereinbarten Folgen einer Vertrags­

474 Vgl. Steinrücke Rdnr. 94, in: Handbuch, 1992, S. 160. 475 Vgl. Steinrücke Rdnr. 95, in: Handbuch, 1992, S. 161. 476 Vgl. Steinrücke a.a.O.

Verletzung nicht unangemessen im Vergleich mit der Art des Vertragsbruchs sein sollten477.

Anders als in den Rechtsordnungen, die spezielle Anpassungsregelungen für Vertragssstrafen kennen, sind bei den im skandinavischen Recht angewandten Generalklauseln die Kriterien noch offener und die Rechts­ unsicherheit hinsichtlich der Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen ist dadurch größer. Dem wirkt die Rechtsprechung dadurch entgegen, daß sie die Anwendung auf Ausnahmefälle reduziert, in Dänemark ausdrücklich auf offensichtliche Diskrepanzen - was inhaltlich in etwa der französischen und italienischen Eingreifschwelle entspricht - und damit die Angemessen­ heit skontrolle restriktiv handhabt. In den europäischen Common Law Rechtsordnungen werden dagegen sämtliche Vereinbarungen zur Zahlung einer bestimmten Summe mit Strafcharakter grundsätzlich für unzulässig gehalten. Das englische Recht unterscheidet Strafklauseln („penalty clauses") von Schadensfestlegungen („liquidated damages clauses”)478. Mit einer Leitent­

scheidung479 wurde entschieden, daß Klauseln, die zur Abschreckung der Vertragsbrüchigen Partei dienen sollen („stipulated as in terrorem of the of­

fending party”) als Strafklauseln unzulässig sind. Dabei wird es als ab­ schreckend angesehen, wenn die zu zahlende Summe im Verhältnis zum größtmöglichen Verlust, der denkbarerweise als aus der Vertragsverletzung entstanden hätte nachgewiesen werden können, übertrieben und unzumutbar

hoch ist („extravagant and unconscionable in amount in comparison with

the greatest loss that could conceivably be proved to have followed from the breach”480). Damit wird nicht der Vergleich zum tatsächlich entstandenen

Schaden, sondern zum hypothetisch möglichen Schaden als Maßstab heran­ gezogen, und zwar bezogen auf den Vertragsschluß481, also den Zeitpunkt

der Vereinbarung der Schadensersatzklausel. Daraus ergibt sich, daß ein echter Versuch zur Vorausschätzung482 des wahrscheinlichen Schadens als

477 Wilhelmsson, JConsPol 1993, S. 447, mit Hinweisen auf einige Urteile des Obersten Gerichtshofs, z.B. 1985 II 171, 1985 II 177. 478 Ähnlich die deutsche Rechtsprechung. 479 Dunlop Pneumatic Tyre Co., Ltd. v. New Garage and Motor Co., Ltd. (1915) A.C. 79, 86 H.L. 480 A.a.O, 87. 481 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 102 (sec. 135). 482 So auch Lotter, Liefervertrag, 1973, S. 41.

gültige Schadensfestlegungsvereinbarung anzusehen ist483, egal welcher

Schaden tatsächlich eingetreten ist. Je schwieriger der Schaden im vorhinein abzuschätzen ist, desto eher lassen die Gerichte eine vertragliche Festlegung der Schadenssumme zu484. Im irischen Recht werden diese Regelungen des englischen Common Law ebenfalls angewandt485, so daß als Strafe anzusehende Vereinbarungen

rechtsmißbräuchlich486 und damit unwirksam sind.

Die europäischen Common Law Staaten trennen damit scharf ohne weiteres durchsetzbare Schadenspauschalen von auf keinen Fall gültigen Strafversprechen. Damit besteht mangels Anpassungsmöglichkeit - im Gegensatz zu allen anderen europäischen Rechtsordnungen bis auf Belgien - sehr wenig Flexibilität bei der Überprüfung derartiger Absprachen. Andererseits läßt auch die Rechtssicherheit aufgrund der nicht immer eindeutigen Abgrenzung zwischen beiden Kategorien zu wünschen übrig487. Im Ergebnis kann die Haftung eines Verkäufers in England und Irland auf diesem Wege jedenfalls kaum erweitert werden. Das neue niederländische Recht unterscheidet nicht mehr - wie früher in Herleitung aus dem französischen Recht - zwischen Straf- und Pauschalie­ rungsklauseln488, und kennt mittlerweile eine generelle richterliche Anpassungsmöglichkeit. Als Strafklausel („boetebeding") bezeichnet das niederländische Zivilrecht

jede Vereinbarung, die vorsieht, daß der Schuldner bei unzulänglicher Lei­ stung dem Gläubiger eine bestimmte Geldsumme zu zahlen (oder eine ande­

re Leistung zu erbringen) hat (Art. 6:91 BW: „ieder beding waarbij is bepaald dat de schuldenaar ... gehouden is een geldsom ... te voldoen"). Das ist unabhängig davon, ob damit ein Schadensersatz oder ein Anreiz zur Lei­ stungserbringung bezweckt wird (Art. 6:91 a.E. BW: „ongeacht of zulks strekt tot vergoeding van schade of enkel tot aansporing om tot nakoming”). Auf Verlangen des Schuldners kann der Richter die Strafe ermäßigen, wenn

es offensichtlich ist, daß die Billigkeit dies verlangt (Art. 6:94 I l .HS BW:

483 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 101 f. (sec. Law, 1992, 13.32, 13.34. 484 Vgl. Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 101 f. (sec. Holland Rdnr. 54, in: Handbuch, 1992, S. 389. 485 Ussher, in: Doing Business, 1992, 9-19 (9.01 6.c.), scheidungen heranzieht. 486 So Conrads-Hassel Rdnr. 59, in: Handbuch, 1992, S. 487 Treitel/IECL, Remedies, 1976, S. 103 (sec. 135). 488 FOKKEMA/HARTKAMP, in: Introduction, 1993, S. 100.

135), Whincup, Contract

135), Jenkins/Henshall/

der allein englische Ent­ 555.

„Op verlangen van de schuldenaar kan de rechter, indien de billijkheid dit klaarblijkelijk eist, de bedüngen boete matigen ...")489. Dafür werden keine

Kriterien festgelegt, aber es darf nicht weniger zugesprochen werden, als

der Gläubiger aufgrund der gesetzlichen Schadensersatzansprüche verlan­ gen könnte (Art. 6:94 I 2.HS BW: „niet minder kan toekennen dan de scha-

devergoeding op grond van de wet”). Diese Ermäßigungsmöglichkeit kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden (Art. 6:94 III BW)489 490.

In den Niederlanden sind die Parteien damit sehr frei in der Ausgestaltung der Haftungserweiterung. Der Eingriff des Richters in die Höhe der Vertragsstrafe wird - wie in einigen anderen Rechtsordnungen - auf offensichtliche Überhöhungen begrenzt491. Darüber hinaus legt der Gesetzgeber aber auch als Untergrenze den nach dem Gesetz auszuglei­ chenden Schaden fest, wie es sonst bisher ausdrücklich nur die österreichi­ sche Rechtsprechung tut.

Auch die Europäischen und Internationalen Vertragsgrundregeln lassen ausdrücklich „Vereinbarte Zahlungen” bzw. „Agreed payment” bei jeder Nichterfüllung, zu der auch die nicht ordnungsgemäße Erfüllung zählt, zu. Nahezu wortgleich wird der verletzten Vertragspartei „ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Schaden” / „irrespective of its actual harm" der im Ver­ trag bestimmte Betrag („Bestimmt der Vertrag ... einen bestimmten Betrag”,

Art. 4.508 I Eur-Princ / „Where the contract provides ... a specified sum”, Art. 7.4.13 I UD-Princ) zugesprochen. Es wird jedoch auch hier zwingend vorgeschrieben, daß diese Summe auf „einen angemessenen Betrag” /

„a reasonable amount” herabgesetzt werden kann, wenn er „gröblich über­

höht”/ „grossly excessive” ist, wobei vor allem das Verhältnis „zu dem ent­ stehenden Schaden” / „to the harm resulting" (Art. 4.508 II Eur-Princ/

Art. 7.4.13 II UD-Princ) berücksichtigt werden soll.

489 Auch nach dem alten Recht hat der Hoge Raad, in Vorwegnahme der neuen Vorschriften, eine Ermäßigung von Vertragsstrafen durchgeführt, unter Bezug auf die Generalklausel von Treu und Glauben, FOKKEMA/HARTKAMP, in: Introduction, 1993, S. 101. 490 Darüber hinaus kann - wie in anderen Rechtsordnungen - eine Strafklausel für völlig unwirksam erklärt werden, wenn sie den generellen Anforderungen an Redlich­ keit und Billigkeit (Art. 6:248 II BW: „redelijkheid en billijkheid”) nicht entspricht, vgl. BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 111, in: Handbuch, 1992, S. 721. 491 Damit wird diese bereits im italienischen Recht 1942 aufgestellte, in Frankreich 1975 eingeführte, in Dänemark von der Rechtsprechung verwendete sowie in Art. 7 der Resolution 78 (3) des Europarates bezüglich Vertragsstrafeklauseln im Zivilrecht vom 20.1.1978 (Conseil de 1‘Europe, Clauses pönales en droit civil, 1978, vgl. Fischer, Vertragsstrafe, 1981, S. 156 ff. / 158), festgehaltene Bedingung übernommen.

Im internationalen Einheitskaufrecht ist dagegen eine Regelung von Er­

satzpauschalen und Vertragsstrafen bewußt nicht aufgenommen worden, so daß diese nach dem aufgrund des Internationalen Privatrechts jeweils an­ wendbaren nationalen Recht zu beurteilen sind492.

In den Staaten, die eine über den Schadensausgleich hinausgehende Strafkomponente der Vereinbarung zulassen, kann die Haftung des Ver­ käufers summenmäßig stärker erweitert werden, als in den Common Law Staaten England und Irland, in Österreich, sowie wohl auch in Belgien, die eine derartige Ausweitung des Haftungsumfangs nicht gestatten. Allerdings kann der Strafanteil durch die Gerichte in Deutschland, Griechenland und der Schweiz regelmäßig reduziert werden, weil dort ganz allgemein auf die Verhältnismäßigkeit oder die Angemessenheit der Vertragsstrafe abzustel­ len ist. Die übrigen Rechtsordnungen korrigieren demgegenüber nur offensichtliche Ungleichgewichtslagen, wie Frankreich, Italien, die Niederlande und die Vertragsgrundregeln, sowie im Ergebnis aufgrund der restriktiv anzuwendenden Generalklauseln die skandinavischen Staaten. In Spanien wird dagegen eine Erweiterung der Verkäuferhaftung am wenigsten beschränkt, da dort die Höhe einer Vertragsstrafe überhaupt nicht überprüft wird, ähnlich in Portugal sowie in Belgien, wo allein sittenwidrige Vereinbarungen unzulässig sind. Für gewerbliche Verkäufer gilt dies allerdings auch in Deutschland und Österreich, wo das richterliche Ermäßigungsrecht nicht gegenüber Kaufleuten anwendbar ist, sowie ähnlich in der Schweiz, wo die Kaufmannseigenschaft bei der Herabsetzung berücksichtigt wird. Die sehr restriktive Haltung gegenüber Vertragsstrafen wird in England und Irland zum Teil dadurch ausgeglichen, daß sie bei Schadenspauschalen eine Vereinbarung bis zur Höhe des hypothetisch möglichen Schadens zulassen, während sie in Belgien allein für den voraussehbaren Schaden, in Frankreich, der Schweiz und Deutschland sogar nur bis zum tatsächlich entstandenen Schaden, möglich sind. b) Spezielle vertragsrechtliche Grenzen bei vorformulierten Vertragsbedingungen Nur die wenigsten Rechtsordnungen sehen neben den oben erörterten allgemeinen Regelungen bezüglich Vertragsstrafen oder Schadensersatz­ pauschalen einen Bedarf, diese Art der Haftungserweiterung in vorformu-

492 STOLL/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 15 zu Art. 79

438

A. Regelungen des materiellen Rechts für die Sachmängelge^währleistung

lierten Bedingungen zusätzlichen Schranken zu unterwerfen. Meist können nur die generalklauselartigen Auffangtatbestände angewendet werden. Im deutschen AGB-Gesetz bezieht sich ein konkretes Klausel verbot zwar auf Vertragsstrafen, aber allein auf solche, die „für den Fall der Nichtab­

nahme oder verspäteten Abnahme der Leistung” versprochen werden (§ 11 Zff. 6 AGBG), nicht jedoch für die hier interessierenden Fälle einer Verlet­

zung der Sachleistungspflicht, auf die daher allein § 9 AGBG anwendbar ist493. Doch auch nach dieser Generalklausel sind Vertragsstrafevereinba­ rungen durch AGB in eingeschränkterem Maße zulässig494 als in Individual­ vereinbarungen495, denn für unverschuldete Pflichtverletzungen werden sie

nur in ganz besonderen Ausnahmefallen gestattet496, und auch bei schuld­ haft verursachten Vertragsstörungen kommen sie nach der Rechtsprechung

häufig nicht in Betracht, weil dort die Schadensersatzpflicht in der Regel als ausreichendes Druckmittel angesehen wird497. Nur wenn ein besonderes

berechtigtes Interesse des Verwenders an der Vertragsstrafe besteht, etwa weil die Schadensersatzansprüche schwierig festzulegen sind, ist eine ent­ sprechende AGB-Klausel wirksam498. Aber auch dann kann die Vertrags­ strafenvereinbarung aufgrund ihrer unangemessenen Höhe unzulässig sein499, wobei auch hier auf die tatsächlichen Auswirkungen und auf die

Bedeutung und Schwere der Vertragsverletzung abgestellt wird500. Diese

Beschränkungen gelten ohne große Abweichungen auch gegenüber Unter­ nehmen (früher: Kaufleuten)501. 502 Außerdem untersagt ist allerdings in AGB ausdrücklich die Pauschalie­ rung von Schadensersatzansprüchen, wenn die Pauschale den „nach dem

gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden ... übersteigt” (§ 11 Zff. 5 a) AGBG). Damit wird - ähnlich wie nach der allgemein geltenden Regel des englischen Rechts50 - eine Vorausschätzung des eintretenden

Schadens verlangt, allerdings nicht wie dort für den konkreten Fall und auf 493 WoLF/Horn/Lindacher, AGBG, 1999, Rdnr. 23 zu § 11 Nr. 6. 494 Zur grundsätzlichen Zulässigkeit BGH v. 16.7.1998, NJW 1998, S. 3488. 495 Dazu o. a). 496 BGH v. 18.4.1984, NJW 1985, S. 57 f. Die Verschuldensunabhängigkeit wird als „gesetzesfremder Gehalt“ angesehen, der nur bei individueller Aushandlung wirksam ist, BGHv. 16.7.1998, NJW 1998, S. 3489. 497 Ulmer/Brandner/HENSEN, AGBG, 1997, Rdnr. 14 zu § 11 Nr. 6. 498 U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 56 zu § 11 AGBG. 499 Sofern sie in AGB vereinbart ist, geht die Unwirksamkeit vor, so daß keine Herabsetzung nach § 343 BGBmöglich ist, BGH v. 18.11.1982, BGHZ 85, S. 305 (315). 500 BGHv. 18.11.1982, BGHZ 85, S. 305 (313). 501 WoLF/Horn/Lindacher, AGBG, 1999, Rdnr. 33 zu § 11 Nr. 6. 502 Dazu o. a).

den nur möglichen Schaden, sondern generell-typisierend für gleichgelagerte Sachverhalte innerhalb der Branche503. Durch dieses Abstellen auf den durchschnittlich erwartbaren Schaden wird die Möglichkeit der Schaden­ spauschalierung enger begrenzt als in England. Jedes auch unerhebliche Überschreiten dieses Maßstabes fuhrt zur Unwirksamkeit der Klausel504.

Dies gilt jedoch nur gegenüber Privatleuten, während derartige Haftungser­

weiterungen für unternehmerisch (früher: kaufmännisch) handelnde Verkäu­ fer allein nach § 9 AGBG zu beurteilen sind: Auch über die Generalklausel

werden überhöhte Schadenspauschalen wegen Verstoßes gegen die wesentli­

chen Grundgedanken der gesetzliche Regelung nach § 9 II Zff. 1 AGBG grundsätzlich für unwirksam erachtet, aber erst bei einem offensichtlichen Mißverhältnis wird eine unangemessene Benachteiligung angenommen, so daß geringfügige Überhöhungen möglich bleiben505. Als zweite Schranke neben dem hypothetischen Schaden wird der tatsächlich entstandene Scha­ den festgelegt, allerdings nur dann, wenn er „überhaupt nicht entstanden

oder wesentlich niedriger als die Pauschale” ist (§11 Zff. 5 b) 2. HS AGBG), und nur dann, wenn dem Vertragspartner insoweit „der Nachweis abgeschnitten wird” (§11 Zff. 5 b) 2. HS AGBG), denn die materiellrecht­

liche Grundregel gilt nach ständiger Rechtsprechung bereits für alle, auch individuelle, Pauschalierungsvereinbarungen506. 507 Nach dem portugiesischen AGB-Gesetz werden Strafklauseln, die im Ver­ hältnis zum Schaden unverhältnismäßig sind (Art. 19.° Decr.-Lei 446/85307:

„cläusulas penais desproporcionadas aos danos”), unabhängig von der

Stellung der Vertragspartner einem relativen Klauselverbot unterworfen und sind nach den Umständen des Vertrages zu beurteilen. Dagegen enthält die österreichische AGB-Regelung in § 6 II KSchG keine besonderen Bestimmungen über Vertragsstrafen, so daß nur die Gene­

ralklausel des § 879 III ABGB anwendbar ist. Danach ist eine Strafverein­ barung bei einer gröblichen Benachteiligung als nichtig anzusehen508, wobei es allerdings unerheblich sein soll, wie hoch der tatsächlich entstandene

503 BGHv. 07.10.1981, NJW 1982, S. 331 (332). 504 Vgl. Ulmer/Brandner/HENSEN, AGBG, 1997, Rdnr. 13 zu § 11 Nr. 5, U.Stein/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 41 zu § 11 AGBG. 505 WoLF/Horn/Lindacher, AGBG, 1999, Rdnr. 39 zu § 11 Nr. 5, zur alten Fassung U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 47 zu § 11 ABGB m. w. N. 506 c Ä K S. o. a). 507 Insoweit durch Decr.-Lei 220/95 unverändert. 508 Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 373 zu § 879.

Schaden ist509. Die Vertragsstrafe wird auch nicht völlig unwirksam, son­

dern nur in dem Umfang, wie sie als gröbliche Benachteiligung anzusehen ist510. Damit unterscheidet sich die Begrenzung von in AGB enthaltenen Vertragsstrafeklauseln in Österreich kaum von der individuell vereinbarter Haftungserweiterungen.

Auch im niederländischen Zivilrecht werden vorformulierte summenmäßige Haftungserweiterungen allein von der Generalklausel des Art. 6:233 a) BW

erfaßt, die allein für unredlich belastende Vereinbarungen gilt. Damit be­ steht hier nur ein geringer Unterschied zum allgemeinen Ermäßigungsrecht

bei offensichtlicher Unbilligkeit der vereinbarten Zahlung (Art. 6:94 I BW)511. In der Schweiz ist ebenfalls nur die Generalklausel im UWG-CH anzuwen­ den.

Auch in Verbraucherverträgen, bei denen in Fällen der Haftungserwei­ terung der Verkäufer privat und der Käufer gewerblich handeln müssen, damit die Schutzvorschriften eingreifen, werden vorformulierte Vertrags­ strafen und Schadenspauschalierungen im wesentlichen nur von den generellen Auffangtatbeständen erfaßt. Dies gilt auch nach der EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln, da

dort entsprechende Vereinbarungen nur im unverbindlichen Anhang erwähnt

werden („dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein

unverhältnismäßig

hoher

Entschädigungsbetrag

auferlegt

wird”,

Anh. 1 e) VbrKlsRil).

In Frankreich enthält das Verbraucherschutzgesetz nach der Umsetzung der EG-Richtlinie 93/13 ebenfalls in der als Annex angefügten „liste indicative" eine dem Anh.l e) VbrKlsRil entsprechende Bestimmung („D‘imposer au consommateur qui n’excute pas ses obligations une indemnite d‘un montant disproportionnellement lev"). Damit können vor allem derartige Klauseln als mißbräuchlich im Sinne der Generalklausel des Art. 132-1 I

CdeCons angesehen werden. Die Eingriffschwelle liegt damit unter der durch den Code Civil allgemein aufgestellten „offensichtlichen Übermäßig­

510

511

OGH v. 13.4.1983, JB1 1983, S. 534. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 10 zu § 1336. S. o. a).

keit”; außerdem werden derartige Schadenspauschalen gegenüber Verbrau­ chern512 nicht nur im Umfang herabgesetzt, sondern völlig beseitigt513. 514 Ähnlich wird mit der Umsetzung der EG-Richtlinie 93/13 in Italien al­ lein die Generalklausel angewendet werden können, nach der vorformulierte

summenmäßige Haftungserweiterungen bei einem bedeutenden Mißverhält­ nis zu Lasten des Verbrauchers unzulässig sind (Art. 1469-bis I CceC: „a carico del consumatore un significativo squilibrio dei diritti e degli obblighi")514. Dieses Kriterium dürfte aber kaum über das der offensichtli­

chen Übermäßigkeit nach dem allgemeinem Vertragsrecht hinausgehen. Eine

ausdrückliche Vermutung für die Unzulässigkeit von offensichtlich über­ höhten Entschädigungen, Vertragsstrafen oder anderen gleichartigen An­ sprüchen (Art. 1469-bis Zff. 6 CceC: „il pagamento di una somma di den-

aro a titolo di risarcimento, clausola penale o altro titolo equivalente, d’importo manifestamente eccessivo"), gilt dagegen - ähnlich wie in Deutsch­ land, aber in Abweichung von der EG-Richtlinie - nur für Fälle der Nicht­

erfüllung oder der Verspätung bei der Erfüllung („in caso d’inadempimento o di ritardo nell’adempimento"), nicht aber für die hier zu behandelnde

Schlechterfüllung. In Dänemark und Schweden führt die Umsetzung der EG-Richtlinie ebenfalls nur zur Anwendung der vertragsrechtlichen Generalklauseln.

In den übrigen Rechtsordnungen greifen die Vorschriften bezüglich vorformulierter Vertragsbedingungen in Verbraucherverträgen gar nicht ein, weil nur der Käufer als Verbraucher geschützt wird. Im griechischen Recht führt die Beschränkung der AGB-Kontrolle auf Verträge zwischen Lieferanten und Verbrauchern, d.h. nur zugunsten pri­

vater Abnehmer, dazu, daß weder das Verbot einer übermäßigen wirtschaft­

lichen Belastung bei Nichterfüllung durch den Verbraucher (Art. 2 VII zd Ges.2251/1994) noch die Generalklausel (Art. 2 VI Ges.2251/1994) zugun­ sten von Verkäufern in Betracht kommt. Ebensowenig wirkt in Belgien das spezielle Klauselverbot des Art. 32

Zff. 15 WHP hinsichtlich einseitiger Schadenspauschalen zum Schutz von (privaten) Verkäufern. 512 Unter Umständen nach der Rechtsprechung jedoch auch zugunsten eines außer­ halb seines speziellen Geschäftsbereichs handelnden gewerblichen Käufers, s. o. 2.b) aa). 513 Dazu o. a). 514 Das allgemeine italienische AGB-Recht spielt dagegen keine Rolle, da dort keine Inhaltskontrolle erfolgt und nicht einmal die verschärften Formanforderungen der besonderen Schriftlichkeit des Art. 1341 II CceC für Haftungserweiterungen gelten.

Auch nach der Anpassung des spanischen Verbraucherschutzgesetzes an

die EG-Klauselrichtlinie wird unverändert als Konsument nur der Erwerber einer Sache geschützt (Art. 1 II LCU)515, so daß zugunsten eines Verkäu­

fers für in AGB vereinbarte Vertragsstrafen weder die Generalklausel des Art. 10-bis LCU noch der Klauselkatalog Anwendung findet.

Schließlich ist in England und Irland zwar der Anhang der EGRichtlinie 93/13, gleichfalls als unverbindlicher Hinweis, übernommen worde, aber auch hier werden Verbraucher nur gegenüber einem „supplier"

geschützt.

Das gleiche gilt nach dem finnischen Verbraucherschutzgesetz.

Eine echte Einschränkung für die Kaufvertragsparteien, die Gewährlei­ stung des Verkäufers durch vorformulierte Vertragsstrafen oder pauschali­ sierten Schadensersatz zu erweitern, bieten damit nur das deutsche und das portugiesische Recht, wobei in Deutschland ausdrücklich allein Schaden­ spauschalen einbezogen werden. In den meisten anderen Rechtsordnungen geht der Prüfungsmaßstab dagegen nur geringfügig, wie in den Niederlan­ den und für Verbraucherverträge in Frankreich, oder nahezu nicht, wie in Österreich sowie der Schweiz und für Verbraucherverträge in Italien sowie wohl auch in Dänemark und Schweden, über den des allgemeinen Vertrags­ rechts hinaus. Damit bestehen kaum Unterschiede zu den Rechtsordnun­ gen, die vorformulierte Vertragsstrafen oder Schadenspauschalen über­ haupt nicht besonders begrenzen, jedenfalls nicht zugunsten eines Verkäu­ fers, wie Griechenland, Belgien, Spanien, England, Irland und Finnland. c) Ergebnis

Eine Erweiterung der ergänzenden Gewährleistung des Verkäufers durch eine Ausdehnung des in den Rechtsordnungen jeweils vorgegebenen Schadensersatz-umfangs wird nahezu überall zugelassen, so daß dieser Teil der Gewährleistung für Sachmängel insoweit nicht zwingend ist. Nahe an einer unabdingbaren Schadensersatzregelung befinden sich allerdings England und Irland, die im Ergebnis allein eine Schadensersatzpauschale in Höhe des voraussehbaren Schadens zulassen, welcher auch ohne eine derartige Vereinbarung die Grenze der Haftung dar st eilt515 516. Ähnlich wirkt für vorformulierte Bestimmungen des Haftungsumfangs die deutsche

515 A.Fischer, RIW, 1998, S. 694 516 S. o. II.3.C) aa) (3).

Begrenzung von Schadensersatzpauschalen auf den üblicherweise zu erwartenden Schaden. In einigen Rechtsordnungen werden außerdem derartige Haftungserweiterung zu Strafzwecken für unzulässig gehalten, wobei die Abgrenzung zu einer bloßen Pauschalierung von Ausgleichszah­ lungen Probleme bereitet. Da unter die unzulässigen Strafklauseln meist in der Höhe vom gewöhnlichen oder tatsächlich eingetretenen Schadens­ umfang erheblich abweichende vereinbarte Zahlungen fallen, werden dadurch im Ergebnis, wie in den übrigen Rechtsordnungen, diese Haf­ tungserweiterungen nur dem Umfang nach begrenzt. Die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen sind daher nicht sehr groß, so daß allenfalls in Anlehnung an die Europäischen Vertragsgrund­ regeln (Art. 4.508 Eur-Princ) klargestellt werden sollte, daß grundsätzlich die Vereinbarung einer Zahlung für den Fall nicht ordnungsgemäßer Lieferung in jeder Höhe zulässig ist, und sie nur bei einem offensichtlichen und erheblichen Mißverhältnis zum Schaden reduziert werden kann.

Regelungen des Prozeßrechts zur Durchsetzung der Sachmängel­ gewährleistung gegenüber Warenverkäufen! in den Rechtsordnungen der EU und der Schweiz

Im folgenden soll die Erörterung der materiellen Rechtslage im Bereich der Sachmängelgewährleistung um einen Ausblick auf jene Regelungen ergänzt werden, die eine Verwirklichung der im ersten Abschnitt untersuchten Rechtspositionen, namentlich der Ansprüche des Käufers, wesentlich beeinflussen. In den europäischen Rechtsordnungen stellt der staatliche Gesetzgeber jeweils ein besonderes Verfahren zur Verfügung, in dem private Ansprüche festgestellt und durchgesetzt werden können. Da die Durchsetzung von Gewährleistungsrechten ganz überwiegend innerhalb dieser Zivilprozesse erfolgt1, und bei einer außergerichtlichen Vorgehensweise in der Regel zumindest die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der staatlichen Ge­ richtsbarkeit berücksichtigt wird2, sollen die Regelungen der einzelstaatli­ chen Prozeßrechte verglichen werden. Dabei muß zunächst herausgearbeitet werden, auf welche Weise Verfah­ rensregeln sich auf die Gewährleistung für Sachmängel auswirken, wobei

1 Dieses Verfahren vor staatlichen Gerichten mit seinen detaillierten Regelungen ist zumindest dann für die streitenden Parteien maßgebend, wenn diese nichts anderes vereinbart haben. Daher werden die den Parteien vorgebenen Verfahrensregeln an erster Stelle behandelt, s. u. II. 2 Unter welchen Voraussetzungen die Beteiligten entweder außerhalb des staatlichen Verfahrens, etwa vor Schiedsgerichten, ihre Ansprüche verfolgen dürfen oder innerhalb des Zivilprozesses einzelne Verfahrensregeln abbedingen können, soll anhand derjenigen zwingenden Bestimmungen erörtert werden, die die Vereinbarung privater Verfahrensregeln beschränken, s. u. III.

ihr Einfluß auf die bereits untersuchte Funktion der materiellen Regelun­ gen3 als Vergleichskriterium dient (unten L). Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt dann auf dem Vergleich der­ jenigen durch die nationalen Gesetzgeber oder Gerichte für den Zivilprozeß aufgestellten Regelungen, bei denen ein entscheidender Einfluß auf Rechtsstreitigkeiten der Kaufvertragsparteien über Sachmängel anzuneh­ men ist (unten II.)4. In diesem Teil der Untersuchung wird allerdings, anders als bei der Gegenüberstellung der materiellen Gewährleistungs­ regelungen, keine vollständige Erfassung aller einbezogenen Rechte angestrebt. Schließlich soll - parallel zu dem entsprechenden Unterabschnitt des materiellen Rechts - ermittelt werden, welchen Beschränkungen die Parteien bei der vertraglichen Absprache über die hier behandelten verfahrensrechtlichen Bestimmungen unterliegen (unten III.), weil dadurch der Bereich zwingenden Prozeßrechts ermittelt werden kann, dem die Parteien nicht ausweichen können, und der daher unter Binnenmarkt­ aspekten besondere Probleme aufwirft5.

L Der Einfluß verfahrensrechtlicher Bestimmungen auf die Funktion der Sachmängelgewährleistung Es dürfte mittlerweile kaum Widerspruch hervorrufen, daß die normative Festlegung der zwischen den Rechtssubjekten anzuwendenden Regelungen - und damit ihrer subjektiven privaten Rechte - die tatsächlichen Rechts­ positionen der Individuen nur unvollständig wiedergibt. Nur in einer idealen Welt, in der kein Streit über die Tatsachengrundlage entsteht und in der sich alle Akteure freiwillig den eindeutig erkennbaren Handlungsanwei­ sungen rechtlicher Regelungen unterwerfen, entspricht das materielle „law in the books” dem tatsächlichen „law in action”. In der Realität entstehen dagegen Konflikte, weil entweder eine Partei die Rechtsposition der anderen nicht anerkennt, sei es wegen unterschiedlicher Wahrnehmung des Geschehensablaufes oder wegen einer abweichenden Ansicht über die Rechtslage, oder sie sich dieser Rechtsposition widersetzt. In diesen streitigen Fällen hängt der Wert des Anspruchs bzw. des subjektiven Rechts von den Möglichkeiten ab, den zugrundeliegenden Sachverhalt oder dessen 3S. o. A.I.1. 4 Zur Auswahl der einbezogenen Regelungskomplexe u. 1.2 5 Dazu o. Einleitung l.a).

rechtliche Bewertung abschließend zu klären sowie einen Zwang zur Befolgung der Rechtsregel auszuüben, insofern besteht ein enger Zusam­ menhang zwischen Prozeßrecht und materiellem Recht6. Aus diesem Grund sollte sich eine Studie über die Auswirkungen unter­ schiedlicher nationaler Rechtsregeln bezüglich der Gewährleistung des Warenverkäufers bei Mängeln der Kaufsache nicht allein auf die materiell­ rechtlichen Vorschriften beschränken7. Vielmehr sind einerseits die Ein­ flüsse einer unterschiedlichen Ausgestaltung von Sachmängelrechtsbehel ­ fen auf deren Durchsetzung im Zivilverfahren mit einzubeziehen, anderer­ seits müssen die Wirkungen prozessualer Vorschriften auf die Realisierung der Ansprüche des Käufers erörtert werden. Dies ist notwendig, weil die mit der Gewährleistung bezweckten Kosten- und Anreizeffekte für die Parteien in dem Maße abnehmen, wie die Anforderungen an die Durch­ setzung der materiellen Rechtspositionen steigen. Damit können sich unterschiedliche nationale Regelungen hinsichtlich der Verwirklichung bzw. des Schutzes privater Rechte entscheidend auf die Funktion der Sachmän­ gelgewährleistung auswirken8 (unten 1.). Obwohl praktisch jede Verfahrensregel über die Durchsetzung des mate­ riellen Rechts auch dessen Funktion beeinflußt, kann die vorliegende Arbeit nicht die zivilprozessualen Auswirkungen auf die Sachmängelhaftung in aller Vollständigkeit untersuchen. Dies würde, auch unter der in diesem Abschnitt vorzunehmenden Begrenzung des rechtsvergleichenden Mate­ rials, nicht nur den vorgegebenen Rahmen vom Umfang her sprengen9, sondern auch in die grundlegende Diskussion einer europäischen Anglei­ chung des Zivilverfahrensrechts fuhren, die erst vor kurzem begonnen hat10, und die nicht Gegenstand dieser Arbeit sein kann. Es sollen vielmehr 6 Fenge, in: Rechtstheorie, Beih. 10, 1986, S. 256. Zur Veränderung des Wertes eines Anspruchs durch den Zivilprozeß ders./AK, ZPO, 1987, Rdnr. 2 vor § 300. 7 Dies ist in den bisher erstellten Untersuchungen allerdings meist geschehen, s. o. Einleitung 3., Fn. 88. 8 Insofern hat das zivile Verfahrensrecht keine bloße „Hilfsfunktion” gegenüber dem materiellen Zivilrecht, wie in traditioneller Weise etwa noch Baumann, Einführung, 1989, S. 499, meint, sondern ist von „elementarer Wichtigkeit ... für die Effizienz und Bonität des Rechtsschutzes”, E.Schmidt/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 2 / Einl. 9 Zumal beim Vergleich prozessualer Regelungen besondere Schwierigkeiten zu erwarten sind, Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, 1996, S. 129. 10 Dazu etwa Kerameus, AmJCompL 1995, S. 401 ff., Juenger, AmJCompL 1997, S. 931 ff, Lindblom, EurRevPrivL 1997, S. 11 ff, sowie der Vorschlag für europäische zivilprozessuale Einheitsregeln in Storme/Beale, Approximation, 1994, in deutscher Übersetzung abgedruckt in ZZP 1996, S. 345 ff.

nur ausgewählte prozessuale Auswirkungen erörtert werden, die bei der Sachmängelhaftung des Warenverkäufers häufiger auftreten oder die mit der Ausgestaltung des materiellen Rechts Zusammenhängen (unten 2.).

L Die Verknüpfung von materiellen und prozessualen Regelungen unter Kosten- und Anreizgesichtspunkten für die Kaufvertragsparteien Wenn dem Verkäufer auferlegte Gewährleistungspflichten aus prozessualen Gründen schwierig oder gar nicht durchzusetzen sind, wird auf der Ebene des Prozeßrechts die materiell-rechtlich erfolgte grundsätzliche Verteilung der Sachmängelrisiken, und damit auch der daraus entstehenden Kosten zwischen den Kaufvertragsparteien, in bestimmten Fällen verändert. Dadurch werden ebenfalls die Zielsetzungen des materiellen Geyvährleistungsrechts beeinflußt, denn dessen Wirksamkeit hängt unter anderem auch von der Wahrscheinlichkeit einer Durchsetzung im Prozeß ab, d.h. zum einen von den Möglichkeiten zur Inanspruchnahme gerichtlicher Verfahren und zum anderen von den Erfolgsaussichten vor Gericht11. Dies wird bei der Anreizfunktion der Sachmängelrechtsbehelfe beson­ ders deutlich: Soweit die Belastung des Verkäufers mit dem Risiko der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache dessen Anstrengungen hinsichtlich der Vermeidung von Sachmängeln steuert12, wirkt sich eine prozessuale Veränderung dieses Risikos auch auf die präventiven Effekte der materiel­ len Regelung aus. Ein anschauliches und viel diskutiertes Beispiel stellt die Beweislastumkehr dar13, denn die prozessuale Belastung mit dem Beweis des Nichtverschuldens gegenüber einem verschuldensabhängigen Haftungs­ anspruch kommt einer materiellen strikten Haftung recht nahe14. Der gleiche Effekt trifft die übrigen Funktionen der Gewährleistung, denn auch die Erzeugung von Vertrauen und die Versicherung gegen Mängelfolgen 15 greift nur in dem Maße, wie sie im Zweifel auch gegen den Willen des Vertragspartners durchgesetzt werden kann.

11 Ähnlich schätzt G.BECKER, JournPolEcon 1988, S. 169 ff., die Sanktionswirkung des Strafrechts in einer Kombination aus den (materiellen) Bestimmungen der Strafhöhe und den (prozessualen) Chancen der Strafverfolgung ein, vgl. auch Stigler, JournPolEcon 1970, S. 526. 12 Dazu o. A.I.l.a). 13 Zur Beweislastverteilung im einzelnen u. II.6.a). 14 So etwa bei der von den Gerichten entwickelten deutschen Produkthaftung gern. § 823 BGB. 15 S. o. I.l.a).

Diese Wirkung prozessualer Normen geht über die Verwirklichung subjektiver Rechte im Einzelfall hinaus und ähnelt damit der Durchsetzung des Rechts im Sinne einer „Bewährung der Rechtsordnung”- hier bezogen auf deren Funktionen - als allgemeines öffentliches Interesse16. Unter diesem Aspekt sind die unterschiedlichen Verfahrensvorschriften daraufhin zu beurteilen, inwieweit sie die für das materielle Recht erarbeiteten Zwecke der Sachmängelgewährleistung beeinflussen17. 18 Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß prozessuale Bestimmungen erst auf der Grundlage der materiellen Rechtslage wirksam werden und damit deren Regelungen nur mittelbar beeinflussen. Ihre Wirkung auf die Regelungszwecke der Gewährleistung ist daher geringer als eine direkte Ausgestaltung des materiellen Rechts. Neben diesen prozessualen Auswirkungen auf die materiell-rechtliche Situation und damit auf die Funktion der Gewährleistungsregelungen erzeugt die Durchführung eines Gerichtsverfahrens zur Durchsetzung von Sachmängelansprüchen immer auch „sekundäre" Kosten^, die für die Parteien als zusätzlicher Posten zu den „primären” Aufwendungen für die Gewährleistung hinzukommen. Dies sind die Verfahrenskosten, die sich im wesentlichen aus den Gerichtskosten, den Kosten für die Vertretung im Prozeß (meist durch Anwälte) sowie anderen Aufwendungen für die Vorbereitung und Durchführung des Rechtsstreits zusammensetzen. Auch diese Kosten werden zum Teil wiederum durch die Regelungen des materiellen Rechts beeinflußt, wenn prozessuale Fragen auf der Basis von materiell-rechtlichen Bestimmungen entschieden werden. So erzeugt zum Beispiel der Erfüllungsort der streitigen vertraglichen Verpflichtung eine Zuständigkeit des dortigen Gerichts19, was dazu führen kann, daß die 16 Zur „Verwirklichung” des objektiven Rechts durch den Schutz subjektiver Rechte im Prozeß auch Dorndorf, in: Handlexikon II, 1972, S. 301. Vgl. generell dazu etwa Schilken, Zivilprozeßrecht, 1995, S. 5 f., aus ökonomischer Sicht Adams, EurRev­ PrivL 1995, S. 87. 17 Darin zeigt sich der Einfluß des Prozeßrechts auf die Qualität des materiellen Rechts, vgl. Fenge, in: Rechtstheorie, Beih. 10, 1986, S. 256. 18 Ähnlich Calabresi, Costs, 1970, S. 39 ff., der allerdings bei den mittelbaren Kosten zusätzlich die Kosten verschiedener Kompensationssysteme unterscheidet, so daß die innerhalb eines bestimmten Ausgleichsmechanismus entstehenden Kosten erst als tertiäre Kosten erscheinen. Aus der Sicht des Verfahrensrechts handelt es sich dagegen um die direkten Kosten des Justizsystems, vgl. Posner, JLegStud 1973, S. 400. In der Prozeßrechtswissenschaft wird das Kostenrecht als „Nebenprozeßrecht” eher unterbewertet, Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, 1996, S. 28 19 Dazu u. II.l.a)bb) (2).

beklagte Partei den Prozeß nicht bei einem für sie nahen Gericht anhängig machen kann, sondern ihn unter Umständen weit entfernt führen muß. Dadurch entstehen „Distanzkosten”20, die sich entweder bei den Anwalts­ gebühren (für den Fall der Beauftragung eines Korrespondenzanwalts) oder bei anderen Aufwendungen, wie Fahrt- oder Reisespesen, niederschlagen. Entscheidend für den Umfang der zusätzlichen Belastung der Kaufver­ tragsparteien durch Prozeßkosten sind allerdings die dem prozessualen Bereich zuzuordnenden Regelungen über die Höhe der Kosten, wie sie sich etwa in Deutschland aus den zwingend festgelegten Gebühren für Gerichte und Rechtsanwälte ergeben. Wird dafür als Bemessungskriterium der Wert des streitigen Anspruchs zugrundegelegt, so besteht ebenfalls eine Verbin­ dung zum materiellen Recht21. Darüberhinaus erzeugen auch diese sekundären Gewährleistungskosten Anreizeffekte. Die Belastung mit den Verfahrenskosten, oder auch bereits das Risiko, diese eventuell tragen zu müssen, beeinflußt die Überlegungen, ob überhaupt ein Prozeß geführt werden soll oder nicht22. Für rational handelnde Vertragsparteien ist vor allem das Verhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Interesse am Streitgegenstand, d.h. dem Wert des durchzu­ setzenden Anspruchs, und den durch die Rechtsverfolgung entstehenden Aufwendungen ausschlaggebend: Übersteigen letztere den durch eine positive Entscheidung zu erwartenden Vorteil, dann ist es aus wirtschaft­ lichen Kosten-Nutzen-Erwägungen nicht sinnvoll, das Zivilverfahren durchzuführen. Diese Überlegungen gelten dann entsprechend, wenn die gesamten Prozeßkosten nach dem Ausmaß des Unterliegens getragen werden müssen23, denn dann ist das Kostenrisiko, das entscheidend von den Erfolgsaussichten einer Klage abhängt, den Vorteilen einer Rechtsdurch­ setzung gegenüberzustellen24. In jedem Fall hängt es damit auch von der 20 Dieser Begriff findet sich bei Bischof, Produkthaftung, 1994, S. 187. 21 In den Rechtsordnungen, die eine Aufteilung der Prozeßkosten zwischen den Parteien je nach dem Ausgang des Verfahrens vornehmen, wird außerdem eine zusätzliche Unsicherheit über die tatsächliche Verteilung der Verfahrenskosten hervorgerufen, die das Prozeßrisiko insgesamt erhöht, Dorndorf, in: Handlexikon II, 1972, S. 305. 22 Dazu Bowles, in: Economic Approach, 1981, S. 194, mit Blick auf informelle Verfahren. Zu der Möglichkeit, durch Schiedsvereinbarung Ansprüche außerhalb eines staatlichen Zivilverfahrens durchzusetzen, u. III. 1. 23 Zu dieser Regel aus ökonomischer Sicht Adams, EurRevPrivL 1995, S. 83 f. 24 Vgl. dazu die Tabelle bei Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 37 vor § 91, aus der er­ sichtlich wird, daß in Deutschland gerade bei kleinen und mittleren Streitwerten (bis 10.000 DM) unter Ausschöpfung des Instanzenzuges die Gesamtkosten eines Prozesses den Wert der Hauptsache regelmäßig übersteigen. Da es sich für den Kläger um eine

prozessualen Kostenlast ab, ob eine materielle Rechtsposition im staat­ lichen Verfahren durchgesetzt wird oder nicht25. Geht man für den Bereich der Sachmängelansprüche davon aus, daß der Käufer die Rechtsbehelfe gegen den Verkäufer einklagt26, dann senkt zunächst jede Verteuerung des Rechtsstreits, nicht nur direkt durch ausdrückliche Kostenregelungen sondern auch indirekt durch kostenerzeu­ gende Verfahrensgestaltungen27, die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruch­ nahme des Verkäufers und wirkt sich damit indirekt ebenfalls auf die Funktion der Gewährleistung aus28. Wird die endgültige Verteilung der Kostenlast an das Kriterium des Obsiegens bzw. Unterliegens im Prozeß geknüpft, dann wirken sich darüberhinaus auch insoweit alle prozessualen Regelungen aus, die die Durchsetzungschancen verändern, weil sie zumindest indirekt die sekundären Gewährleistungskosten beeinflussen.

2, Auswahl der die Durchsetzung der Gewährleistung wesentlich beein­ flussenden Verfahrensbestimmungen

Im Rahmen dieser Untersuchung ist der Blick auf die Punkte des Ablaufs eines Zivilprozesses zu richten, bei denen eine Auswirkung auf die Reali­ sierung von Sachmängelansprüchen angenommen werden kann. Dazu gehört an erster Stelle die Bestimmung des Gerichtsstands für Klagen aufgrund der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache (unten II. 1.), denn abgesehen von den durch eine „sitzferne” Prozeßführung unmittelbar

Entscheidung unter Unsicherheit handelt, spielt auch die jeweilige Risikoneigung eine Rolle, vgl. auch Dorndorf, in: Handlexikon, 1972, S. 305, die hier jedoch nicht einbezogen werden soll, auch wenn Unternehmen (besonders Versicherungen) gegenüber Individuen teilweise als weniger risikoscheu angesehen werden, vgl. Burrows, in: Economic Approach, 1981, S. 199 f. 25 Hier ist allerdings nicht der Ort, Lösungsmöglichkeiten für eine durch die Verfah­ renskosten ausgelöste „Zugangssperre”, dazu etwa E.Schmidt/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 34 / Einl, zu erörtern. 26 Das Bild ändert sich nur unwesentlich, wenn der Käufer sich gegen eine Kauf­ preisklage des Verkäufers verteidigt, denn dann muß er den Vorteilen einer Durchset­ zung der Sachmängelansprüche ebenfalls die Aufwendungen für die Einlassung auf den Prozeß gegenüberstellen. 27 Vor allem diese Fälle werden unter dem Stichwort der „Prozeßökonomie” behan­ delt, vgl. E.Schmidt/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 70 / Einl. 28 Die Aufwendungen für den Prozeß stellen daher spezielle Transaktionskosten dar, deren Ausmaß sich nicht nur auf den Wert des jeweiligen materiellen Anspruchs (als „property right”) sondern auch auf dessen Funktion auswirkt.

entstehenden Distanzkosten29 wirkt sich der Gerichtsort bei internationalen Sachverhalten noch stärker aus, weil nach der lex fori der Großteil des anzuwendenden Verfahrensrecht bestimmt wird30. Zeitliche Fristen für die Durchsetzung schränken Gewährleistungsrechte erheblich ein, so daß sowohl Untersuchungs- und Rügefristen wie auch Verjährungs- und Ausschlußfristen für die Erhebung von Sachmängel­ ansprüchen zu erörtern sind (unten IL2 ). Bei der Eröffnung eines Sachmangelprozesses kommt es dann darauf an, ob auch bezüglich der Minderungsquote oder der Schadensersatzhöhe das Klagegesuch bestimmt sein muß (unten IL3.). Diese Anforderung setzt sich bei der Spezifizierung der zugrundeliegenden Tatsachen (im deutschen Prozeßrecht als Darlegungslast) sowie bei möglichen Änderungen des Klageantrags fort und wirkt sich vor allem auf die Rechtssicherheit aus31. Während des Verfahrens stellt sich weiterhin die Frage, auf welche Weise die Rechtsbehelfe des Sachmängelrechts vom Käufer - vor allem aktiv in der Klägerrolle, aber auch passiv als Verteidigungsmittel auf der Beklagtenseite - geltend gemacht werden können. Dabei geht es zum einen um den Zeitraum, innerhalb dessen der Käufer seine Wahl eines bestimmten Anspruchs noch abändern kann (unten II. 4.), und zum anderen um die Frage, in welchem Maße die Mitwirkung des Gerichts erforderlich ist32 (unten II.5.). Schließlich ist für die Klärung des Sachverhaltes im Prozeß nicht nur die Beweislastverteilung, obwohl sie überwiegend im materiellen Recht geregelt wird33, sondern auch die rein prozessuale Frage des Beweismaßes von zentraler Bedeutung (unten II.6.). Die Ermittlung der Rechtslage ist dagegen keine verfahrensbezogene

29 S. o. 1., beiFn. 20. 30 Die Bestimmung des anzuwendenden materiellen Rechts erfolgt dagegen auf­ grund des Europäischen Schuldvertragsübereinkommens (EuVÜ) - Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht, v. 19.6.1980, AB1EG 1980 L 266, konsolidierte Fassung AB1EG 1998 C 27/34, in Deutschland eingeführt als Art. 27 ff. EGBGB - innerhalb der EU einheitlich und ist damit nicht mehr vom autonomen IPR des Forums abhängig, dazu u. II. 1. 31 Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 67, spricht allgemeiner vom Vertrauen in die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen. 32 Vgl. Rabel, Warenkauf I, 1964 (1936), S. 66, unter Bezug auf die französische Vertragsaufhebung allein durch das Gericht. 33 Daher wird dieser Bereich auch als „Sonderprozeßrecht” bezeichnet, so etwa Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, 1996, S. 28. Bei der EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 57, erscheint dieses Thema als „Beweisregelung”, zu der allerdings nur „einige Hinweise” gegeben werden.

Frage im eigentlichen Sinne, denn damit befinden die Gerichte über die Auslegung oder auch die Fortbildung der materiellen Rechtsregeln. Daher ist dieser Aspekt der zivilrichterlichen Tätigkeit durch die Einbeziehung derRechtsprechung bereits bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Gewähr­ leistung für Sachmängel im materiellen Recht34 berücksichtigt worden.

IL In den Rechtsordnungen vorgegebene Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung

1. Der Gerichtsstandfür die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen nach den nationalen und internationalen Zuständigkeitsregeln An erster Stelle soll die Frage des Gerichtsstandes bei der Erhebung von Klagen wegen Sachmängeln behandelt werden. Unter den Prozeßvoraus­ setzungen kommt der räumlichen Zuständigkeit hinsichtlich der Belastung der Parteien mit sekundären Gewährleistungskosten besondere Bedeutung zu.

Die räumliche Entfernung des Forums von einer Partei wirkt sich vor allem dadurch auf die von dieser aufzuwendenden Verfahrenskosten aus, daß durch die Distanz die Informationsabläufe erschwert werden. Bei entfern­ ten Gerichtsständen müssen die Parteien zum Teil selbst zum Gerichtsort „reisen”35, zum Teil einen Vertreter, etwa einen Korrespondenzanwalt, beauftragen, wodurch jeweils zusätzliche Aufwendungen verursacht werden36. Mit zunehmender Entwicklung der Kommunikationstechnologie - und deren Akzeptanz durch die Gerichte - dürfte dieser Kostenfaktor zwar eine immer geringere Rolle spielen, aber Mündlichkeitsgrundsatz sowie Anwaltszwang fuhren dazu, daß er nicht bedeutungslos wird. Damit wirkt jeder Gericht stand, der von dem ortsnächsten Gericht einer Partei abweicht, für diese grundsätzlich kostensteigernd. Diese Belastung mit

34 S. o. A. 35 Spellenberg, IPrax 1991, S. 77, spricht daher von der „Reiselast”. 36 Diese werden von Bischof, Produkthaftung, 1994, S. 187, unspezifiziert als „Distanzkosten” bezeichnet, wobei er in Anlehnung an die amerikanische Rechtspre­ chung davon ausgeht, daß „stark lokalisierten” Parteien, in der Regel Verbrauchern, höhere Kosten entstehen als „wenig lokalisierten” Parteien, in der Regel Unternehmen, a.a.O., Fn. 741, sowie S. 94. Ähnlich Röhl/AK-ZPO, 1987, Rdnr. 4 vor § 12, der bei Distanzprozessen Organisationen grundsätzlich im Vorteil sieht.

Verfahrenskosten 37 kann dazu fuhren, daß von Sachmängeln betroffene Käufer die Inanspruchnahme des Verkäufers unterlassen, wenn der durch die Gewährleistung erreichbare Nutzen demgegenüber zu gering ist38. Dadurch kann die Wirkung der Rechtsbehelfe des Käufers vermindert und die Funktion der Gewährleistung beeinträchtigt werden39. Bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten kann dieser Effekt ver­ stärkt werden, weil ein zuständiges ausländisches Gericht grundsätzlich das ihm bekannte eigene Prozeßrecht anwendet40, von dessen Regelungen wiederum das Prozeßergebnis - sowohl hinsichtlich der Hauptsache wie auch bezüglich der Kosten - abhängt. Unabhängig von der Entfernung des Gerichtsortes zu den Parteien wird deren Kostenlast in diesem Fall dadurch beeinflußt, daß sowohl die Höhe der Verfahrenskosten von national unterschiedlichen prozessualen Regeln über ihre Verteilung bestimmt wird, als auch die Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruchs je nach Prozeßrecht verschieden sind41. Ist der klagende Käufer daher gezwungen, seine Gewährleistungsansprüche an einem ausländischen Gerichtsstand durchzusetzen, so trägt er zumindest das Risiko, daß die Verteilung der Prozeßkosten oder die Möglichkeiten zur Verwirklichung seiner Ansprüche nach dem dortigen Verfahrensrecht ungünstiger als nach seinem Heimat­ prozeßrecht sind. Diese Belastung ist umso größer, als er zusätzlich auch die durch „fremde” Verfahrensregeln42 erzeugten Informationskosten tragen muß43. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten vermindert sich für

37 In etwas geringerem Ausmaß auch das Risiko, diese Kosten im Unterliegensfalle tragen zu müssen. 38 So zu Ansprüchen gegen Hersteller auch Bischof, Produkthaftung, 1994, S. 190. 39 S. o. 1.1. 40 Vgl. nur Kegel, Internationales Privatrecht, 1995, S. 810. 41 Mit Blick auf die reinen Prozeßkosten ähnlich Bischof, Produkthaftung, 1994, S. 187. 42 Derartige Transaktionskosten entstehen in gleicher Weise bezüglich des auslän­ dischen materiellen Rechts; ebenso bereits bei der Klärung des anwendbaren materiel­ len Rechts durch IPR-Regelungen, Bischof, Produkthaftung, 1994, S. 170. Dazu allgemein o. Einleitung l.a), bei Fn. 15. 43 Allein bezogen auf die Erfolgsaussichten der Klage Scheibel, RIW 1995, S. 201. Vgl. auch Kegel, Internationales Privatrecht, 1995, S. 805, der als Probleme bei der Rechtsverfolgung im Ausland recht pauschal außer unbekannten Anwälten sowie Sprachschwierigkeiten auch das mühsame Zurechtfinden im fremden Gerichtswesen anführt. Noch undifferenzierter der BGH v. 14.6.1965, BGHZ 44, S. 46 (50): Das „natürliche Interesse jedes Staatsangehörigen, daß sein Staat, dessen Organisation und Funktionsweise er kennt, dessen Sprache er spricht und dem er auf mannigfache Weise verbunden ist, auch seiner Rechtssache sich annimmt.”, sowie Lüderitz, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 150: „Rechtsverfolgung im Ausland” sei „natürlich mühevoll”.

den an einem für ihn fremden Gerichtsstand klagenden Käufer daher der Anreiz zur Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen noch stärker. Der Einfluß des Gerichtsstandes auf das anwendbare materielle Recht über das Internationale Privatrecht des Forums spielt dagegen innerhalb der EU für den hier betrachteten Bereich vertraglicher Schuldverhältnisse keine entscheidende Rolle mehr, da insoweit durch das Europäische Schuldver­ tragsübereinkommen44 in den Mitgliedstaaten einheitliche Regeln eingefuhrt worden sind bzw. in nächster Zeit eingeführt werden45. Damit wird der Einfluß unterschiedlicher materiell-rechtlicher Regelungen auf die Gewährleistung46 vom Gerichtsort nicht berührt.

Will man den Kaufvertragsparteien unabhängig davon, wen die zusätzlichen Kosten eines entfernten oder eines fremden Gerichtsstands im Falle eines Rechtsstreits treffen, die Gelegenheit geben, diese in ihre Vertragsvereinba­ rungen mit einzubeziehen, dann ist es notwendig, daß der Gerichtsstand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmbar und somit vorhersehbar ist. Es ist also zu klären, nach welchen Kriterien der Gerichtsstand bei Kla­ gen wegen der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache bestimmt wird, und wie sich dies auf die Verfahrenskosten der Parteien auswirkt.

a) Die möglichen Gerichtsstände der Sachmängelgewährleistung aa) Beklagtensitz Als allgemeiner Gerichtsstand wird in allen hier betrachteten Rechtsord­ nungen der private oder geschäftliche Sitz des Beklagten bestimmt. Dieser Grundsatz gilt innerhalb der EU sowie der Schweiz auch bei grenzüber­ schreitenden Rechtsstreiten, da die einheitliche Verteilung der internatio­ nalen Zuständigkeit nach dem Europäischen Gerichtsstand- und Vollstrekkungsübereinkommen (EuGVÜ)47 auf die Gerichte des Staates verweist, in

44 Europäisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht vom 19.6.1980, s. o. Fn. 30. 45 Nach dem Ratifikationsprozeß für das Beitrittsübereinkommen mit Spanien und Portugal v. 18.5.1992, BGBl. 1995 II 306 ff., ist auch Schweden mit Gesetz v. 26.3.1998 beigetreten, SFS 1998:167, Finnland bereits 1988 (Gesetz Nr. 466/1988), und Österreich wird folgen. Daher besitzt in Zukunft von den hier einbezogenen Staaten nur die Schweiz eine kollisionsrechtliche Sonderstellung, auf die hier aber nicht eingegangen werden soll. 46 Dazu u. C.I.l. 47 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung ge­ richtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 27.9.1968, AB1EG 1972 L

dem der Beklagte seinen Sitz hat (Art. 2 EuGVÜ). Damit werden dem Kläger, d.h. hier dem Käufer, sämtliche Kosten eines „entfernten” und zusätzlich auch die eines „fremden” Gerichtsstands angelastet. Diese Bevorzugung des Beklagten wird vor allem mit dessen Zeitdruck hinsicht­ lich seiner Verteidigung gerechtfertigt48, aufgrund dessen ihm zumindest die zusätzliche Belastung durch Distanzkosten erspart werden soll. Auf der anderen Seite wird jedoch durch die Belastung des Klägers mit diesen Kosten die Schwelle für eine Inanspruchnahme der Gerichte zur Durchset­ zung von subjektiven Rechten heraufgesetzt. Der Gerichtsstand des Beklagtensitzes kann damit bei Distanzprozessen und noch stärker bei grenzüberschreitenden Verfahren zu einer Beeinträch­ tigung der Funktion der Gewährleistung fuhren.

bb) Vertragsbezug Neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagtensitzes sehen die hier einbezogenen Rechtsordnungen in ihren Prozeßrechten überwiegend einen speziellen Vertragsgerichtsstand vor. Diese zusätzliche Möglichkeit hat der Kläger auch bei grenzüberschreitenden Zivilprozessen nach Art. 5 Zf. 1 EuGVÜ.

Die Bestimmung des Gerichtsstandes nach dem Vertrag fuhrt jedoch nicht unbedingt dazu, daß der Kläger von den zusätzlichen Verfahrenskosten eines entfernten oder fremden Gerichtsstandes entlastet wird. Zwar wird ein spezieller Vertragsgerichtsstand für notwendig gehalten, um die den Beklagten bevorzugende Grundregel zugunsten seines Wohnsitzforums auszugleichen49. 50 Aber es soll vor allem eine weitergehende Benachteiligung des Klägers aufgrund mangelnder Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands 299/32 ff., in der Fassung des Beitrittsübereinkommens mit Spanien und Portugal v. 26.5.1989, BGBl. 1994 II 519 ff. Für die Neumitglieder, abgesehen von Österreich, sowie für die Schweiz gilt bereits das parallele Lugano-Übereinkommen v. 16.8.1988, AB1EG 1988 L 319/9 ff., während das Verfahren für das Vierte Beitrittsübereinkommen v. 29.11.1996, AB1EG 1997 C 15/1 ff., noch am Anfang steht. 48 Vgl. etwa Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 4 vor § 12. Die Erleichterung der Vertei­ digung des Beklagten führt auch der EuGH v. 17.6.1992, Rs. 26/91, RIW 1994, S. 680 (681), an. 49 Vgl. Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 2 zu Art. 5. Ebenso zur deut­ schen Regelung in § 29 ZPO Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 104, Hausmann/ Wiezcorek/Schütze, ZPO, 1994, Rdnr. 1 zu § 29. 50 Dieses Ziel stellt der EuGH v. 17.6.1992, Rs. 26/91, Sig. 1992 I, S. 2149 (Rdnr. 18), für einen „normal informierten)" Beklagten unter dem Aspekt der Rechtssicher­ heit (Rdnr. 12, 19) heraus.

verringert werden, die in erster Linie dann entsteht, wenn der Beklagtensitz für das Vertragsverhältnis keine Rolle gespielt hat51 oder wenn der Be­ klagte seinen Sitz vor der Klageerhebung verlegt52. Auf diese Weise wird jedoch nicht unbedingt ein Klägergerichtsstand begründet. Dies wird auch dann nicht mit dem vertragsbezogenen Gerichts­ stand bezweckt, wenn man einer anderen Argumentation folgt, die auf die gesamtwirtschaftlichen Kosten von Gerichtsverfahren abzielt. Danach sind Prozesse zweckmäßig auf möglichst sachnahe oder zur Verfahrenskonzen­ tration geeignete Gerichte zu verteilen53. Die Vorteile des Vertrags­ gerichtsstands für die Beweiserhebung54 oder für die Förderung einer Konzentration von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren55 beruhen jedoch nicht auf einem klägernahen Forum, sondern richten sich nach der Art des Streitgegenstandes.

Da der Gerichtsstand für Vertragsstreitigkeiten nach verschiedenen Kriterien bestimmt werden kann, ist weiter zu untersuchen, wie die Parteien jeweils mit Distanz- und Fremdrechtskosten belastet werden.

(1) Ort des Vertragsabschlusses

In einigen nationalen Verfahrensrechten wird bei Vertragsstreitigkeiten dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, am Ort des Vertragsabschlusses den Prozeß zu führen, zumindest als weitere Möglichkeit neben dem Erfül­ lungsort56. Das EuGVÜ hat das Vertragsschlußforum dagegen bewußt nicht aufgenommen57. 51 Die Begünstigung des Beklagten soll in den Fällen korrigiert werden, in denen der Vertrag kaum räumliche Beziehungen zu dessen Wohnsitz aufweist, Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 103. 52 Lüderitz, FS Zweigert, 1981, S. 247, hält insoweit das Vertrauen des Gläubigers für schutzwürdig. Im deutschen Recht gilt der Sitz des Beklagten bei Klageerhebung, §261 ZPO, als Gerichtsstand, während der Erfüllungsort zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses, § 269 BGB, bestimmt wird. Etwas anders wird die Auslegung der materiell-rechtlichen Grundregel für den Erfüllungsort in den romanischen Rechten vorgenommen, nach der es auf den Zeitpunkt der Erfüllung ankommen soll, vgl. Rabel, Warenkaufl, 1964 (1936), S. 324, zu Frankreich Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 165, in Italien gilt ausdrücklich der Zeitpunkt der Fälligkeit („tempo della scadenza”) Art. 1182 III, IVCceC. 53 Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 3 vor § 12. 54 Vgl. Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 106, zum Erfüllungsort PATZINA/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 1 zu § 29. Ablehnend Lüderitz, FS Zweigert, 1981, S. 246. 55 Mit Blick auf den Erfüllungsort Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 107. 56 So etwa in Belgien, Art. 624 Zff. 2 CdeJud, Italien, Art. 20 CceProcC, sowie England, Order 4, Rule 2 County Court Rules 1981, vgl. Schack, Erfüllungsort, 1985,

Auch die Zuständigkeit des Gerichts am Ort des Vertragsschlusses bewahrt den Kläger nicht unbedingt vor den zusätzlichen Kosten eines ortsfernen oder ausländischen Forums. Als Abschlußort kommen grundsätzlich die vier Orte in Betracht, an denen jeweils Antrag und Annahme erklärt sowie zugegangen sind57 58, von denen nur zwei beim Kläger liegen. Selbst wenn man - wie in den meisten Rechtsordnungen - annimmt, daß ein Vertrag mit Zugang der Annahmeerklärung zustande kommt59, dann kommt es weiter darauf an, ob der klagende Käufer den Antrag oder die Annahme des Kaufvertrages erklärt hat. Da Antrag und Annahme den Parteien frei zuzuordnen und - etwa durch die Umwandlung der Annahmeerklärung durch leichte Änderungen in ein Angebot - auch manipulierbar sind, kann beim Gerichtsstand am Ort des Vertragsabschlusses überhaupt nicht ermittelt werden, welche Vertragspartei die durch das Forum erzeugten Kosten trägt. Darunter leidet außerdem die Vorhersehbarkeit des Gerichts­ standes erheblich. (2) Ort der Vertragserfüllung

Ganz überwiegend wird in den einbezogenen Rechtsordnungen als Ge­ richtsstand bei Vertragsstreitigkeiten der Ort der Vertragserfüllung zur Verfügung gestellt60. Dies gilt ebenso für grenzüberschreitende Zivilverfah­ ren innerhalb der EU nach Art. 5 Zff. 1 EuGVÜ, der bei einem „Vertrag oder Ansprüche(n) aus einem Vertrag” dem Kläger die Möglichkeit gibt, das Gericht an dem Ort anzurufen, „an dem die Verpflichtung . . . zu erfüllen wäre”. Zwar kann auch der Erfüllungsort zu einem den Käufer entlastenden Klägergerichtsstand führen, aber dies ist nicht notwendigerweise der Fall.

S. 175 f., 187, 201, ebenso in Griechenland Art. 33 ZProzGB. Zur historischen Ent­ wicklung in Richtung Erfüllungsort im deutschen Recht vgl. Schack, a.a.O., S. 128­ 135. Zum Erfüllungsort u. (2). 57 Jenard, Bericht, 1979, S. 22 f. 58 Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 108, der deshalb den Gerichtsstand des Vertrags­ schlusses für nur schwierig feststellbar hält. 59 So etwa in Deutschland nach § 130 I BGB, rechtsvergleichend dazu Kötz, Ver­ tragsrecht I, 1996, S. 36 f. Generell für den Ort, an dem „die perfektionierende Erklärung zugeht”, als Ort des Vertragsschlusses HUBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 7 zu Art. 23. 60 So etwa Deutschland (§ 29 ZPO), die Schweiz, Frankreich, Belgien, Italien (Art. 20 CceProcC), England^ nicht aber die Niederlande, vgl. Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 163 ff., 211. In Österreich wird er auf den vereinbarten Erfüllungsort beschränkt, Art. 88 JN.

Denn ähnlich wie beim Abschlußort gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Erfüllungsort zu bestimmen. (a) Erfüllungsort der primären Vertragspflichten Als naheliegender Anknüpfungspunkt für den Ort der Vertragserfüllung kommen die primär im Vertrag vereinbarten Leistungspflichten in Frage. Auch dabei handelt es sich - wie beim Abschlußort - nicht um ein eigen­ ständiges prozessuales Kriterium, sondern es wird aus dem materiellen Recht abgeleitet61. Auf diese Weise wird aber nur selten ein einheitlicher Gerichtsstand für einen Vertrag bestimmt62, weil in den meisten Rechtsord­ nungen jede Vertragspflicht auf einen eigenen Leistungsort verweist63. Dies gilt ebenso bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, auch wenn in der deutschen Fassung des Art. 5 Zff. 1 EuGVÜ auf „die Verpflichtung” abgestellt wird64, denn der EuGH präzisiert sie als die, „die dem vertrag­ lichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt”65. Die Begründung eines einheitlichen Vertragsgerichtsstandes durch die Anknüpfüng an den Erfüllungsort der charakteristischen Vertragsleistung in Anlehnung an die europäische IPR-Regel zur Ermittlung des auf Schuld­ verträge anwendbaren Rechts66 würde im übrigen den Sachleistungs­

61 Für Deutschland vgl. Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 4 zu § 29, für Italien Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 187. 62 So aber der französische Art. 46 CdeProcC, der auf den Ort abstellt, an dem die Sache tatsächlich geliefert („la livraison effective de la chose”) worden ist, damit allerdings auch den materiellen Begriff des Erfüllungsortes verläßt und einen Gerichtsstand am Erfolgsort der vertragstypischen Leistung begründet, Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 170 f. 63 So etwa der Leistungsort des deutschen § 269 BGB, ebenso in Italien Art. 1182 I CceC: „il luogo nel quäle la prestazione deve essere eseguita”. 64 Klarer Art. 29 I ZPO: „die streitige Verpflichtung”, ebenso in Belgien Art. 624 Zff. 2 CdeJud („les obligations en litige”), sowie in Italien Art. 20 CceProdC („l’obbligazione dedotta in giudizio”). 65 EuGH v. 6. 10.1976, Rs.14/76, Sig. 1976, S. 1508. Ebenso Jenard, Bericht, 1979, S. 23: „klagebegründende Verpflichtung”. Klarer etwa die französische Fassung nach Art. 5 I des Beitrittsübereinkommens von 1978: „l’obligation qui sert de base ä la demande”. 66 Art. 4 II 1 EuVÜ, in Deutschland Art. 28 II 1 EGBGB. Für eine derartige An­ knüpfung zumindest im internationalen Bereich Spellenberg, ZZP 1978, S. 51 ff., Rauscher, Verpflichtung, 1984, S. 207 ff, Piltz, NJW 1981, S. 1877, Hay, MichLRev 1984, S. 1331 f. Der EuGH läßt einen derartigen Erfüllungsortbegriff als Ausnahme ausdrücklich nur bei Arbeitsverhältnissen oder anderen Verträgen über eine unselbst­ ständige Tätigkeit zu, EuGH v. 15.1.1987, Sig. 1987, S. 256, vgl. auch Hausmann/ Wieczorek/Schütze, ZPO, 1994, Anh. I § 40, Rdnr. 13 zu Art. 5 EuGVÜ.

Schuldner, hier also den Verkäufer, zuständigkeitsrechtlich bevorzugen61 und den aus Gewährleistungsrecht klagenden Käufer nicht entlasten. Bei einem Kaufvertrag kommen daher in bezug auf die Primärpflichten in der Regel zwei Erfüllungsorte der primären Leistungspflichten in Betracht, von denen man annehmen sollte, daß zumindest einer beim Käufer liegt. Da in den Rechtsordnungen die Erfüllungsorte von Sach- und Geldleistungen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten bestimmt werden, ist dies jedoch nicht sicher. Zusätzlich hängt der Gerichtsstand für Sachmängelklagen noch davon ab, welcher der beiden primären Hauptleistungspflichten man die verschie­ denen Gewährleistungsansprüche zuordnet. Während für Schadensersatz­ ansprüche, auch aufgrund einer Schlechterfüllung, die Heranziehung der verletzten Vertragspflicht, hier also der Sachleistung des Verkäufers, in den nationalen Rechtsordnungen - und auf der Grundlage des EuGVÜ67 68 nahezu unbestritten scheint69, werden für die Wandelung, aber auch für die Minderung, vor allem im deutschen Recht die verschiedensten Varianten vertreten70: Nachdem anfänglich ebenfalls die Lieferpflicht des Verkäufers herangezogen wurde71, stellt die überwiegende Meinung in der deutschen Literatur und ein kleiner Teil der Rechtsprechung mittlerweile auf die Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer ab, weil diese durch Wandelung und Minderung betroffen werde72. Für die Ersatzlieferung wird, jedenfalls in Deutschland, wiederum der Ort der ursprünglichen 67 Vgl. Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 105, 223. 68 Der EuGH hat mit seiner Präzisierung auf den „vertraglichen Anspruch” zumin­ dest bei Schadensersatzansprüchen die zugrundeliegende verletzte Primärpflicht im Blick, EuGH v. 6.10.1976, Rs. 14/76, Sig. 1976, S. 1497 (1508), EuGH v. 15.1.1987, Rs. 266/85, Sig. 1987, S. 239. 69 Vgl. etwa HAUSMANN/Wiezcorek/Schütze, ZPO, 1994, Rdnr. 26 zu § 29, sowie Schack, Erfüllungsort, 1985, S.224, unter Nachweis auch italienischer, französischer, belgischer und niederländischer Rechtsprechung. Allerdings qualifiziert das OLG Düsseldorf v. 2.7.1993, RIW 1993, S. 845, auch Schadensersatzansprüche als eigen­ ständige Zahlungsverpflichtung, die nach dem UN-Kaufrecht, Art. 57 I a CISG, am Sitz des Gläubigers zu erfüllen ist, so daß ein Klägergerichtstand entsteht; zustimmend HERBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 41 zu Art. 7. 70 Der EuGH stellt in Bezug auf Art. 5 Zff. 1 EuGVÜ keine Klarheit her, Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 224. 71 RG v. 25.1.1881, RGZ 3, S. 381 (385), RG v. 21.6.1902, RGZ 52, S. 54 (58). 72 HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 25 zu § 465, Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 117 f., Bötticher, SJZ 1948, S. 740 ff, entgegen der überwiegenden Recht­ sprechung, die an die sekundäre Pflicht aus der Gewährleistung anknüpft, s. u. (b), RG v. 25.1.1881, RGZ 3, S. 412 (414), LG Krefeld v. 27.7.1977, MDR 1977, S. 1018.

Lieferungsverpflichtung des Verkäufers als Erfüllungsort zugrundegelegt, weil der Käufer nichts anderes als deren - nachgeholte - Erfüllung verlangt73. Wird dem aus der Sachmängelgewährleistung vorgehenden Käufer da­ nach die zusätzliche Möglichkeit eingeräumt, am Erfüllungsort der primären Sachleistungspflicht des Verkäufers zu klagen, wie etwa im deutschen Recht bei der Ersatzlieferung und bei Schadensersatz, dann befindet sich das zuständige Gericht nach den nationalen materiellen Bestimmungen in der Regel entweder ebenfalls am Sitz des Verkäufers als Schuldner der Lieferung74 oder an dem Ort, an dem die Kaufsache sich bei Vertragsabschluß befindet75, und damit auch meist beim Verkäufer. Deshalb fallen weiterhin dem Käufer die Distanzkosten, grenzüberschreitend auch die Risiken ungünstiger Verfahrensregeln, zur Last. Wird dagegen als eigentliche streitige Verpflichtung bei Sachmängelansprüchen die Zah­ lungspflicht des Kaufpreises durch den Käufer angesehen, wie in Deutschland teilweise bei Wandelung und Minderung, dann entsteht nur in den Rechtsordnungen, die den Erfüllungsort für eine Geldleistung beim Schuldner ansiedeln76, für den Käufer ein Klägergerichtsstand, der ihm die Durchsetzung seiner Ansprüche erleichtert, während viele andere Rechts­ ordnungen auf den Sitz des Gläubigers77 und damit des Verkäufers verwei­ sen. In den Rechtsordnungen, die beim Kauf den Zahlungsort an den Lieferungs- bzw. Übergabeort der Kaufsache koppeln - wie etwa die romanischen Rechte78 - entsteht dieser für den Käufer günstigere Gerichts­ stand dagegen nur im Ausnahmefall einer Bringschuld des Verkäufers.

73 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 21 zu § 480, ebenso noch HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 14 zu § 480. Die Nachbesserung wird dagegen als eigene Verpflich­ tung betrachtet, s. u. (b) 74 So in Deutschland § 269 I BGB, in Griechenland Art. 320 AK, in Österreich § 905 I ABGB, in der Schweiz Art. 74 II 2 OR, in England und Irland sec. 29 II SGA, bei Gattungssachen auch in Italien, Art. 1510 CceC, in Spanien entsprechend Art. 1465 CgoC, in Dänemark § 9 I KbL und in den Niederlanden Art. 6:41 BW. 75 So in Frankreich und Belgien Art. 1609 CdeC/BW, in Portugal sowie bei be­ stimmten Sachen in Italien, Spanien, Dänemark (§ 9 II KbL) und den Niederlanden. 76 So in Deutschland gern. §§ 270 IV, 269 I BGB sowie in Österreich nach § 905 II ABGB. 77 So etwa in Griechenland (Art. 321 AK), der Schweiz (Art. 74 II Zff. 1 OR), in Portugal, Dänemark und England, sowie in den Niederlanden (Art. 6:116 I BW). 78 Frankreich und Belgien Art. 1651 CdeC/BW, Italien Art. 1498 II CceC, Spanien Art. 1500 II CgoC.

Bei grenzüberschreitenden Verfahren wird die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes am Erfüllungsort zusätzlich erschwert, weil zunächst das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht ermittelt werden muß, welches wiederum über den Erfüllungsort Auskunft gibt79. Dies gilt ebenso innerhalb der EU80, denn der EuGH läßt auch für den Begriff des Erfül­ lungsortes nach Art. 5 Zff. 1 EuGVÜ nur die Ausfüllung über die lex causae zu, und zwar gerade weil die Frage in den nationalen Rechtsord­ nungen so unterschiedlich behandelt wird81. Damit bestimmt das, immerhin nach dem Europäischen Schuldvertragsübereinkommen82 weitgehend einheitliche, jeweilige Vertragsstatut über den Gerichtsstand des Erfül­ lungsortes, so daß die Unterschiede im materiellen Recht der Mitglied­ staaten voll durchschlagen83.

(b) Erfüllungsort sekundärer Vertragspflichten

Der Erfüllungsort für die Pflichten des Verkäufers aus der Sachmängelge­ währleistung wird teilweise auch unmittelbar aus den jeweiligen sekundä­ ren Ansprüchen hergeleitet. So stellt die Rechtsprechung in Deutschland bei den besonderen kaufrecht­ lichen Rechtsbehelfen der Wandelung und Minderung auf die streitige Sekundärverpflichtung ab, die bei der Wandelung nochmals in die Rück­ zahlung des Kaufpreises84 und die Rücknahme der Kaufsache85 zerfallt, 79 Umständlichkeit und mangelnde Prozeßökonomie dieses Verfahrens konstatiert Bernstein, FS Ferid, 1978, S. 94, ähnlich Lüderitz, FS Zweigert, 1981, S. 233 („Schachtelung von in- und ausländischen Normen”), S. 235 („Aufwand mehrstufiger Rechtsermittlung”). 80 So anhand des Beispiels einer Zahlungsverpflichtung aus einem Kaufvertrag Forsyth/Moser, IntCompLQu 1996 (45), S. 190 ff. 81 Seit EuGH v. 6.10.1976, Rs. 12/76, Sig. 1976, S. 1473 (1486), später EuGH v. 29.6.1994, Rs. 288/92, Sig. 1994, S. 2913, auf Vorlage des BGH v. 26.3.1992, EuZW 1992, S. 514. Anders dagegen hinsichtlich des Abzahlungskaufs EuGH v. 21.6.1978, Rs. 150/77, Sig. 1978, S. 1431 (1445), bei dessen Interpretation unterschiedliche natio­ nale Bestimmungen einen autonomen Begriff erfordern. 82 S. o. Fn. 30. 83 Dieser Zustand könnte grundlegend nur durch eine vertragsautonome Auslegung des Begriffs des Erfüllungsortes im EuGVÜ verbessert werden, dafür etwa Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 230, 235, 239 ff, Rauscher, Verpflichtung, 1984, S. 181 ff. Lüderitz, in: FS Zweigert, 1981, S. 249 f., befürwortet dagegen grundsätzlich eine Bestimmung durch die lex fori, ebenso OLG Celle v. 8.12.1977, RIW 1979, S. 131 (aufgehoben durch BGH v. 28.3.1979, RIW 1979, S. 710). 84 RG v. 16.12.1890, RGZ 27, S. 393 (398), RG v. 16.6.1903, RGZ 55, S. 105 (111), ebenso HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 99 zu § 467, Röhl/AK-ZPO, 1987, Rdnr. 6 zu § 29.

während bei der Minderung allein die Rückzahlungspflicht des Verkäufers zur Anknüpfung in Betracht kommt85 86. Konsequenterweise kann nur dann derart verfahren werden, wenn der Kaufpreis bereits gezahlt wurde87 bzw. die Sache sich noch beim Käufer befindet88, ansonsten muß auf die Primärpflicht abgestellt werden. Legt man die Rückzahlung des Kaufprei­ ses zugrunde, so entstehen wiederum je nach der Regelung des Zahlungs­ ortes89 national unterschiedliche Gerichtsstände, diesmal allerdings mit umgekehrten Vorzeichen gegenüber der Anknüpfung an die Kaufpreisver­ pflichtung, so daß überwiegend der Käufer entlastet wird. Um die nochmalige Spaltung des Erfüllungsortes in Rückzahlungs- und Rücknahmeort bei der Wandelung zu vermeiden, hat die deutsche Recht­ sprechung in diesem Fall als einheitliches Kriterium den Austauschort der Rückabwicklungsleistungen entwickelt. Dieser soll sich nach der Rück­ nahmepflicht für die Kaufsache richten, die wiederum dort erfolgt, wo sich die verkaufte Sache vertragsgemäß befindet90. Damit wird auch hier im allgemeinen, sofern nichts anderes bestimmt wurde, der Sitz des Käufers zum Gerichtsstand91, so daß dessen Belastung durch ein ortsfernes Forum entfallt. Für die Ersatzlieferung wird in Deutschland dagegen der Ort der primären Lieferungsverpflichtung als Erfüllungsort zugrundegelegt92, so daß in diesem Fall die Rücknahmepflicht des Verkäufers bezüglich der mangel­

85 RG v. 5.2.1904, RGZ 57, S. 12 (13). 86 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 15 zu § 472, kommt dadurch zum Sitz des Verkäufers als Schuldner der Rückzahlungsverpflichtung. 87 Kritisch dazu Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 115 f.. 88 Zu einer freiwilligen Herausgabe vor der Wandelung etwa RG v. 29.3.1893, RGZ 31, S. 383 f. 89 S. o. (a), bei Fn. 76. 90 BGH v. 9.3.1983, BGHZ 87, S. 104 (109), HAUSMANN/Wieczorek/Schütze, ZPO, 1994, Rdnr. 27, 71 zu § 29, ScHUMANN/Stein/Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 17 zu § 29. Damit wird praktisch der neue Standort der Kaufsache, so der Vorschlag von Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 146 f., 241, also der durch die Ausführung des Vertrages bewirkte, zum einheitlichen Erfüllungsort. Der ursprüngliche, bei Vertragsabschluß bestehende Standort, meist beim Verkäufer, findet vor allem in den romanischen Rechten, aber auch im niederländischen Recht, auf die Lieferung von Speziessachen Anwendung und bestimmt bei einem Barkauf in Frankreich und Belgien, Art. 1651 CdeC, Italien, Art. 1498 II CceC, sowie Spanien, Art. 1500 II CgoC, auch den Zahlungsort. 91 Vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 94 zu § 467, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 18 zu § 465. 92 S. o. (a), bei Fn. 74.

haften Kaufsache, anders als bei der Wandelung, außer Betracht gelassen und auch nicht auf den Austauschort abgestellt wird. Der Ort der Nachbes­ serung soll sich im deutschen Recht andererseits nach den Umständen sowie der Verkehrssitte richten93, ohne daß auf den Primäranspruch abgestellt wird94. Wenn der Verkäufer die Reparatur am Standort der Sache zu erbringen hat, der sich in der Regel beim Käufer befinden wird95, entsteht auch in diesem Fall ein Klägergerichtsstand. (3) Zwischenergebnis

Aufgrund der zahlreichen Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Bestimmung des vertragsbezogenen Gerichtsstands bei Gewährleistungsprozessen, die in den verschiedenen Rechtsordnungen verwendet werden, sind die Unterschiede zwischen den vom Kläger wählbaren Alternativen erheblich. Auch für die grenzüberschreitenden Sachverhalte engt das EuGVÜ die Varianten nur geringfügig ein, indem allein der Erfüllungsort und nicht auch der Abschlußort des Vertrages zugelassen wird. Dagegen bleibt ungeklärt, an welche Vertragspflicht angeknüpft werden soll, und die Bestimmung des Erfüllungsortes wird den einzelstaatlichen Regelungen überlassen. Diese Unterschiede wirken sich vor allem auf die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes aus. Eine einheitliche Festlegung der Ermittlung des Forums könnte dieses Problem beheben. Zusätzlich erleichtert ein einheit­ licher Gewährleistungsgerichtsstancf 6 für alle Arten von Sachmängel­ ansprüchen des Käufers diesem die Umstellung von einem auf einen anderen Rechtsbehelf noch während des Verfahrens und begünstigt damit sein Wahlrecht97, weil ihm keine zusätzlichen Kosten durch eine Verwei­ sung an ein anderes Gericht entstehen98. 93 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 15 zu § 476 a. 94 Da im deutschen Kaufrecht immer eine vertragliche Vereinbarung über die Nach­ besserung zugrundeliegen muß, wird praktisch eine selbständige Primärpflicht begründet, ähnlich im französischen Recht, vgl. Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 225. 95 Aus § 476 a Satz 2 BGB könnte man folgern, daß es abgesehen vom „Verbringen” durch „bestimmungsgemäßen Gebrauch” bei einer Nachbesserung am Käufersitz bleibt. 96 Noch weitergehend befürwortet der EuGH für sämtliche Schwierigkeiten bei der Vertragserfüllung einen einheitlichen Gerichtsstand, EuGH v. 23.3.1983, Rs. 34/82, Sig. 1983, S. 987 (1002). 97 Dazu o. A.II.2.C) dd). 98 Diese hätte nach deutschem Prozeßrecht in jedem Falle der klagende Käufer zu tragen, § 281 III Satz 2 ZPO. So für den Übergang von Wandelung auf Minderung noch HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 19 zu § 465, akzeptierend jedoch BROGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 77 zu § 377.

Die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands zum Zeitpunkt des Vertrags­ schlusses wird nur dann erhöht, wenn die grundsätzlich vorzuziehende Erfüllungsortzuständigkeit sich auch bei Sachmängelansprüchen an der verletzten primären Verkäuferpflicht orientiert", denn jede Anknüpfung an verschiedene nach Vertragsabschluß eintretende Umstände, einschließlich der Wahl des Rechtsbehelfs durch den Käufer, fuhrt zu Unsicherheiten99 100. Die generell für einen Vertragsgerichtsstand ins Feld geführten prozeß­ ökonomischen Argumente sprechen ebenfalls für den Gerichtsstand am Erfüllungsort der verletzten Vertragspflicht: Der Vorteil der Sach- oder Beweisnähe würde, da es vor allem um die Klärung der Mangelhaftigkeit der Kaufsache geht, zwar eher für den jeweiligen Standort der verkauften Ware zum Zeitpunkt des Zivilverfahrens zutreffen. Voraussehbar ist für den Verkäufer aber grundsätzlich allenfalls noch der Käufersitz, nicht jedoch davon abweichende Orte, an die die Kaufsache über den Käufer, etwa im Rahmen ihrer Nutzung oder durch Weiterverkauf, gelangt. Im übrigen dürfte die Vereinfachung der Beweiserhebung, etwa durch Augenscheins­ einnahme des sachnahen Gerichts oder Zeugnis von am Standort der Sache anwesenden Personen, nur für die bloße Feststellung des Mangels und damit sehr begrenzt gelten, während die schwierigeren Fragen, wie die Bewertung in Geld, durch die Sachnähe des Gerichts kaum verbessert würden101. Die Konzentration von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren als Kostenvorteil für beide Parteien wird bei Zahlungsansprüchen, um die es bei den Klagen des Käufers nicht nur auf Schadensersatz sondern auch auf Rückzahlung bei Wandelung oder Minderung geht, durch eine Zustän­ digkeit am Verkäufer sitz wohl eher gewährleistet102, wenn man davon ausgeht, daß sich dort auch das Vermögen des Beklagten befindet, in das unter Umständen vollstreckt werden muß. Auch bei der Ersatzlieferung kann die Leistung meist beim Verkäufer durchgesetzt werden103. Diese 99 Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 163. Dies gilt allerdings auch für den ursprüng­ lichen, d.h. bei Vertragsabschluß bestehenden, Standort der Kaufsache, jedenfalls wenn er auch dem Käufer bekannt ist, wie es etwa das italienische Recht ausdrücklich verlangt (Art. 1510 I CceC: „se le parti ne erano a conoscenza"). 100 Ebenso bezüglich der Vorhersehbarkeit des Produkthaftungsstatuts Wandt, Produkthaftung, 1995, S. 252 (Rdnr. 558), für „das Geschehen nach der Vermarktung des Produktes”. 101 Vgl. Lüderitz, in: FS Zweigert, 1981, S. 238. 102 Ebenso Schack, Erfüllungsort, 1985, S. 107, allgemein für den Erfüllungsort. 103 Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kommt hinzu, daß auf diese Weise die Urteilsanerkennung erspart wird, auch wenn innerhalb des Geltungsbereichs des EuGVÜ mittlerweile die dadurch erzeugten Belastungen nicht mehr so groß sind wie früher.

Konzentrationsvorteile werden durch die Anknüpfung an die Lieferpflicht des Verkäufers, und damit im Regelfall an dessen Sitz, überwiegend wahrgenommen. Nach dem Entwurf eines überarbeiteten Europäischen Gerichtsstandund Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ II-E)104 soll bei Warenkauf­ verträgen in Zukunft der Vertragsgerichtsstand generell mit der Leistung des Verkäufers verbunden werden. Es wäre dann immer das Gericht an dem Ort zuständig, wo die Lieferung erfolgte oder hätte erfolgen müssen (Art.5 Zff. 1 EuGVÜ II-E).

Auf der anderen Seite erhält die Orientierung am Verkäufer und seiner Leistungsverpflichtung ihm in der Regel den Vorteil des Beklagtensitzes als Gerichtsstand, und nur in den Fällen, in denen er seine Leistung bewußt am Sitz des Käufers erbringt105, hat letzterer keine zusätzlichen Kosten durch den Gerichtsstand zu erwarten. Daher bleibt fraglich, ob eine weitgehende Beschränkung des Gerichtsstandes auf den Sitz des Verkäufers aufgrund der damit verbundenen Belastung für den Käufer nicht zu Defiziten bei der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen führt und damit deren Funktion geschwächt wird106. Dieser Effekt tritt allerdings bereits bei der Grundregel des Beklagtengerichtsstandes auf, und es fragt sich, warum er durch klägernahe Gerichtsstände verringert werden sollte. Als Ausgleich für den Zeitdruck des angegriffenen Verkäufers kann dessen Bevorzugung solange akzeptiert werden, wie es nur um die Verteilung der durch die Gerichtsferne entstehenden Distanzkosten geht, denn diese werden überwiegend von der unterliegenden Partei getragen, so daß allein das Risiko zusätzlicher Kosten den klagenden Käufer belastet. Eine deutlichere Abschreckungswirkung für den Käufer dürfte dagegen bei grenzüberschreitenden Prozessen die Anwendung eines fremden Verfah­ rensrechts mit der Folge107 veränderter Durchsetzungschancen ausüben, denn damit steigt unter Umständen das Risiko eines Prozeßverlustes. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist daher die Gefahr größer, daß die 104 Vom 22.12.1997, AB1EG 1998 C 33/ 20 ff. 105 Dies sind die Fälle, in denen der Verkäufer vertraglich die Lieferung der Kauf­ sache übernimmt, also nur Bringschulden. 106 Es geht daher weniger um eine zusätzliche Sanktion für die mangelhafte Ver­ tragserfüllung durch den Verkäufer, wie teilweise zur Rechtfertigung des Klägerge­ richtsstands vorgebracht wird, BGH v. 9.3.1983, BGHZ 87, S. 104 (110), Hausmann/ Wieczorek/Schütze, ZPO, 1994, Rdnr. 71 zu § 29, kritisch LG Krefeld v. 27.7.1977, MDR 1977, S. 1018 f. 107 Neben den zusätzlichen Informationskosten, s. o. 1.1.

Verwirklichung der Ziele des materiellen Gewährleistungsrechts durch eine Zuständigkeit des Gerichts am Sitz des Verkäufers, wie sie durch die Heranziehung des Erfüllungsortes der verletzten primären Vertragspflicht erfolgt, beeinträchtigt wird. In diesen Fällen sollte daher die Benachtei­ ligung des Käufers durch den Gerichtsstand reduziert werden.

cc) Verbrauchersitz

In den einzelstaatlichen Rechtsordnungen finden sich keine generellen Regelungen, die bei Zivilprozessen zwischen einem klagenden Verbraucher und einem beklagten Gewerbetreibenden einen besonderen Verbraucher­ gerichtsstand an dessen Wohnsitz festlegen. In einzelnen Verbraucherge­ setzen wird für die Geschützten zwar ein Klägergerichtsstand festgeschrie­ ben108, aber auch in den Staaten, die Verbraucherkaujverträge speziell regeln, finden sich für diesen Bereich keine entsprechenden Vorschriften. Bei internationalen Kaufverträgen wird den Belastungen für nichtgewerb­ liche Käufer, die ihre Ansprüche gegen Verkäufer an deren Sitz durchset­ zen müssen, innerhalb der EU dadurch begegnet, daß ihnen durch Art. 14 1 EuGVÜ eine Klage nicht nur am Sitz des Beklagten sondern auch an ihrem eigenen Wohnsitz ermöglicht wird. Als Verbraucher werden dabei alle Personen angesehen, die einen Vertrag zu außerhalb ihres Berufs oder Gewerbes liegenden Zwecken schließen (Art. 13 I l.HS EuGVÜ), so daß bei Kaufverträgen der beabsichtigte Verwendungszweck der Kaufsache entscheidet109. Auf die Stellung der anderen Vertragspartei geht Art. 13 EuGVÜ dagegen überhaupt nicht ein, so daß nach dem Wortlaut auch bei Verträgen zwischen Privaten der Kläger an seinem Wohnsitz klagen könnte. Dies wird jedoch mit guten Gründen bestritten, denn der Verbraucher­ begriff des EuGVÜ ist Art. 5 I EuVÜ nachgebildet110, dessen Zweck wiederum nach seiner Entstehungsgeschichte der Schutz der schwächeren Vertragspartei sein soll, so daß eine Anwendung „in der Regel” nur in 108 So etwa in Deutschland die ausschließlichen Gerichtsstände nach § 7 I HTWidG, § 26 FernUSG oder früher § 6 a I AbzG 109 Dieses „objektive” Kriterium, das der Verbraucherschutzkonzeption der EU zugrundeliegt, wird u.a. auch in Art. 5 I EuVÜ sowie in den Verbraucherschutz-Richt­ linien, wie etwa Art. 2 b) VbrKlsRil oder Art. 1 II a) VbrKfRil verwendet. Kritisch dazu etwa Lüderitz, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 156 f.. Zu den Übereinstimmungen und Differenzen der in den einzelstaatlichen Rechtsordnungen verwendeten Verbrau­ cherdefinitionen o. A.III.2.b) bb), vor (1). Durch den EuGH wird der Verbraucher­ begriff autonom ausgelegt, EuGH v. 19.1.1993, Rs. 89/91, Sig. 1993 I, S. 139 ff., auf Vorlage des BGH v. 29.1.1991, WM 1991, S. 360. 110 Schlosser, Bericht, 1979, Nr. 135.

Betracht kommt, wenn die andere Vertragspartei gewerblich oder beruflich handelt111. Die Regelung des Verbrauchergerichtsstandes ist grundsätzlich auch auf Warenkaujverträge anwendbar, denn Art. 13 I Zff. 3 EuGVÜ erfaßt aus­ drücklich Gerichtsverfahren über Verträge, die „die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben”. Allerdings wird weiterhin eine enge Verbindung zum Sitzstaat des Käufers vorausgesetzt, denn sowohl der Verkäufer muß dort tätig werden, indem er „ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung” vornimmt (Art. 13 I Zff. 3 a) EuGVÜ), als auch der Käufer, der in seinem Heimatstaat „die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen” haben muß (Art. 13 I Zff. 3 b) EuGVÜ). Damit scheidet eine Zuständigkeit am Sitz des Verbrau­ chers vor allem in den Konstellationen aus, in denen der Verbraucherkäufer den Vertrag beim Verkäufer schließt - in diesen Fällen wird der Erfül­ lungsort der Verkäuferverpflichtung als Gerichtsstand daher nicht tan­ giert112. Eine „Umkehrung der Zuständigkeitslast” erfolgt jedoch regel­ mäßig bei einem Vertragsabschluß unter Abwesenden, sofern der Verbrau­ cherkäufer von seinem Wohnsitzstaat aus tätig wird, denn dann wird er zwar die Kaufsache nur im Ausnahmefall abholen, aber auch eine Bring­ schuld des Verkäufers dürfte eher selten sein113. Erfüllungsort der Liefer­ verpflichtung und der entsprechende Gerichtsstand lägen also normalerwei­ se beim Verkäufer, während ein Verbraucherkäufer gern. Art. 14 EuGVÜ auch an seinem für ihn günstigeren Wohnsitz klagen kann. Bei der Bevorzugung der Verbraucher wird auch im Prozeßrecht, wie hier bei der Zuständigkeitsregelung, von einer strukturellen Unterlegenheit dieser Personengruppe ausgegangen114. Dabei werden - ähnlich wie im

Bericht, 1980, S. 23. 112 Bei Mitnahme der Kaufsache würde eine Holschuld vorliegen, so daß am Sitz des Verkäufers zu klagen wäre, während ein Klägergerichtsstand nur bei einer Verpflich­ tung des Verkäufers zur Lieferung an den Käufersitz, also einer Bringschuld, in Frage käme. 113 Nach deutschem Recht besteht eine entsprechende Verkehrssitte wohl nur bei einem Kauf zwischen einem gewerblichen Verkäufer und einem privaten Käufer, die am selben Ort ihren Sitz haben, während schon bei einem Platzkauf unter Kaufleuten sowie bei Distanzkäufen generell der Erfüllungsort beim Verkäufer bleibt, vgl. Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 77 ff. zu § 433. 114 Auch hier geht es um die „schwächere Partei”, Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Anm. 1 zu Art. 13. Vgl. dazu Schlosser, Bericht, 1979, Nr. 153. Für besondere Gerichtsstandregelungen in Verbrauchersachen Mues, ZIP 1996, S. 743 f. 111 GIULIANO/LAGARDE,

materiellen Vertragsrecht115 - zugunsten der gewerblich oder beruflich Tätigen Erfahrungs- und Informationsvorteile, hier allerdings bezogen auf die Verfahrenssituation, in den Vordergrund gestellt116: Prozeßerfahrung aufgrund einer Vielzahl von - gleichartigen - Rechtsstreitigkeiten sowie organisierte Dokumentationsverfahren zur Beweiserleichterung sind bei diesen Akteuren eher zu vermuten117. Die durch entfernte Gerichtsstände erzeugten Distanzkosten werden dadurch aber bei den Gewerbetreibenden wohl nicht in dem Ausmaß verringert118, daß ein Klägergerichtsstand gerechtfertigt wäre119. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten wirken sich dagegen Informa­ tionsvorteile vor allem hinsichtlich der Ermittlung und Kenntnis auslän­ discher Verfahrensregelungen aus. In diesem Bereich dürften gewerbsmä­ ßig tätige Parteien, die häufig nach bestimmten fremden Prozeßrechten verhandeln, signifikante Vorteile, zumindest bezüglich der Auswahl geeigneter Experten, gegenüber Privaten aufweisen. Auf der anderen Seite können die entsprechenden Informationskosten für die Verbraucher bei einer Klage vor ausländischen Gerichten prohibitiv hoch sein, so daß sie eine Durchsetzung ihrer Ansprüche unterlassen und die Wirkung des materiellen Rechts entsprechend schwindet. Aus diesen Gründen erscheint es gerechtfertigt, den Verbrauchern den informationskostengünstigeren Gerichtsstand zuzugestehen. Eigentlich dürfte man jedoch auch hier nicht generell von Informationsvorteilen auf Seiten der Gewerbetreibenden ausgehen120, sondern nur dann, wenn sie tatsächlich häufiger im Sitzstaat 115 Dazu o. A.III.1.a) cc). 116 Der EuGH sieht den Verbraucher nicht nur als den wirtschaftlich Schwächeren sondern auch als den rechtlich weniger Erfahrenen an, EuGH v. 19.1.1993, Rs. 89/91, Sig. 1993 I, S. 139 ff. 117 Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 15, 16, 24 vor § 91, der privaten Individuen vor allem kaufmännische Organisationen gegenüberstellt. Auf Rationalisierungsvorteile der Unternehmen verweist auch Dorndorf, in: Handlexikon, 1972, S. 305. 118 Allerdings ist nach deutscher Rechtsprechung die Einschaltung eines Korrespon­ denzanwaltes durch eine geschäftserfahrene Partei nicht erstattungsfähig, Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 18 zu 91, so daß deren ausgewiesene Distanzkosten niedriger sind, ebenso damit auch die Gesamtkosten des Verfahrens. Dies wird jedoch dadurch erkauft, daß die stattdessen anzusetzende Entschädigung für Informationsreisen der erfahrenen Partei nach dem „Gesetz über die Entschädigungen von Zeugen und Sachverständigen“ die dadurch tatsächlich entstandenen Kosten nur teilweise deckt. 119 Eine andere Einschätzung dürfte den speziellen Verbrauchergerichtsständen in den nationalen Rechten zugrundeliegen, wie etwa in Deutschland § 7 HTWidG, § 26 FernUSG, während im Verbraucherkredit-Gesetz im Gegensatz zum früheren Abzah­ lungsgesetz (§ 6 a AbzG) keine Gerichtsstandregelung mehr enthalten ist. 120 Zum materiellen Recht der Verbraucherkäufe o. A.III. l.a) cc).

des Verbrauchers prozessieren. Der notwendige Inlandsbezug durch eine dortige Vermarktungstätigkeit des gewerblichen Verkäufers (Art. 13 I Zff. 3 a) EuGVÜ) erlaubt aber zumindest die Vermutung, daß dieser über das für ihn fremde Recht am Sitz des Käufers besser informiert ist als der Verbraucherkäufer über das am Sitz des beklagten Verkäufers. Für die Voraussehbarkeit des Gerichtsstandes ist es allerdings notwendig, daß der Gewerbetreibende bei Vertragsabschluß gewußt hat (oder hätte erkennen müssen), daß die andere Vertragspartei als Verbraucher tätig wird121, d.h. daß die Kaufsache - überwiegend122 - zu privaten Zwecken verwendet werden soll, und damit im Streitfall ein ausländisches Gericht - am Sitz des Verbrauchers - zuständig werden kann123.

b) Das Verhältnis zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung Obwohl die deliktischen Ansprüche des Käufers aufgrund einer mangel­ haften Kaufsache in dieser Untersuchung nicht näher behandelt werden, ist kurz auf die Schwierigkeiten einzugehen, die ein vom Vertragsforum abweichenden deliktischer oder haftungsrechtlicher Gerichtsstand bei Gewährleistungsprozessen mit sich bringt.

In den Rechtsordnungen, die neben vertraglichen Sachmängelrechtsbehel ­ fen auch gesetzlich begründete haftungsrechtliche Ansprüche zulassen124, können einzelstaatliche Prozeßrechte, die für Delikte die Zuständigkeit des Gerichtes am Ort der Verletzungshandlung und des Verletzungserfolgs ermöglichen125, zu einer örtlich gespaltenen Rechtsverfolgung verschie­

121 A.A. mit Blick auf die notwendig werdende Sachprüfung und die „knappen Ressourcen des Rechtsschutzes” Lüderitz, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 157. 122 Im EuVÜ ist „im Wesentlichen” gemeint, Giuliano/Lagarde, Bericht, 1980, S. 23. Zu den Ermittlungsproblemen Lüderitz, FS Riesenfeld, 1983, S. 156. 123 Auch wenn dies aus dem Wortlaut des Art. 13 I EuGVÜ nicht zu entnehmen ist, problematisiert von O’MALLEY/LAYTON, Practice, 1989, S. 498, stützt die Entstehungs­ geschichte eine derartige Auslegung, vgl. zum EuVÜ Giuliano/Lagarde, Bericht, 1980, S. 23. 124 So etwa das deutsche Recht, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 258 Vor § 459, im Gegensatz zum französischen Prinzip des „non cumul". Im Einzelnen zur Abgren­ zung dieser Regelungsbereiche o. A.I.2.C). 125 Wie in Deutschland § 32 ZPO („Handlung begangen”), in Griechenland Art. 35 ZProzGB (Handlung oder Wirkung), in Österreich § 92 a JN („verursachende(s) Verhalten”), in den kantonalen Prozeßordnungen der Schweiz, Hauser, in: GS Noll, 1984, S. 341 ff., aber nicht in Luxemburg sowie den Niederlanden, vgl. Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 48 zu Art. 5 EuGVÜ.

dener Ansprüche des Käufers fuhren126. Dies gilt ebenso bei internationa­ len Sachverhalten, für die innerhalb der EU nach Art. 5 Zff. 3 EuGVÜ das Gericht am Ort des schädigenden Ereignisses gewählt werden kann127. Geht man davon aus, daß zumindest als Erfolgsort, an dem der Schaden eingetreten ist, regelmäßig der Sitz des Käufers als unmittelbar Betroffe­ nem128 in Betracht kommt, so entsteht bezüglich der deliktischen Ansprü­ che ein Klägergerichtsstand129, auch wenn es für die Durchsetzung der vertraglichen Gewährleistungsrechte beim Beklagtensitz bleibt, etwa aufgrund des Erfüllungsortes der Verkäuferverpflichtung. Eine derartige Aufteilung der Gerichtszuständigkeiten bei gleichbleibendem zugrunde­ liegenden Sachverhalt erzeugt durch die Verdoppelung des Rechtsstreites1^ zusätzliche Kosten für beide Parteien. Ein entsprechender Vorteil des deliktischen Gerichtsstandes ist jedoch nicht zu erkennen, denn selbst wenn sich die Sachnähe des Gerichts auf die Beweiserhebung durch Ortsbesich­ tigung oder Zeugen günstig auswirken sollte131, dürfte dies kaum die genannten Nachteile kompensieren. Zum gemeinsamen Vorteil beider Parteien sollte daher in Fällen konkurrierender vertraglicher und gesetz­ licher Ansprüche aus mangelhafter Lieferung des Verkäufers nur ein Gericht zuständig sein132. Aufgrund des Sachzusammenhangs sollte generell das Gericht des Erfüllungsortes der Lieferpflicht beide An­ 126 Vgl. dazu Gravenhorst, Aufspaltung, 1972, S. 59 f. 127 In Zukunft soll ausdrücklich sowohl der Handlungsort (Ort des schadensursäch­ lichen Geschehens) wie der Erfolgsort (Ort, an dem der Schaden eingetreten ist) genannt werden, Art. 5 Zff. 3 EuGVÜ II-E. 128 Darüberhinaus können außer dem Handlungsort die Orte weiterer Folgeschäden oder mittelbarer Schädigungen wohl nicht herangezogen werden, für grenzüberschrei­ tende Fälle EuGH v. 11.1.1990, Rs. 220/88, Sig. 1990, S. 49, sowie Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 59 zu Art. 5. 129 Der Sitz des Käufers ist als Schädigungsort auch vorhersehbar, anders als bei fehlenden vertraglichen Beziehungen, dazu Wandt, Produkthaftung, 1995, S. 254 (Rdnr. 563). 130 Auf die „Vervielfachung” der Prozesse verweist auch Gravenhorst, Aufspal­ tung, 1972, S. 94, 96, 99. 131 So traditionell die Begründung für das forum delicti commissi, zum deutschen Recht Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 1 zu § 32, ähnlich der EuGH v. 30.11.1976, Rs. 21/76, Sig. 1976 S. 1735: „für die Beweiserhebung und für die Gestaltung des Prozesses ... besonders sachgerechte Richtung”. Zu dieser Frage hinsichtlich des Gerichtsstandes am Erfüllungsort o. a) bb) (2). 132 Die deutsche Rechtsprechung lehnt allerdings jegliche Zusammenführung der Zuständigkeiten ab, so etwa BGH v. 11.2.1980, VersR 1980, S. 846, kritisch Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 3 zu § 32, der bei einem möglichen gemeinsamen Gerichtsstand, wie er grundsätzlich am Beklagtensitz vorliegt, dem Kläger diesen zumutet, Rdnr. 31 zu § L

spruchsarten heranziehen133. Ermöglicht man dagegen umgekehrt eine Verfolgung der vertraglichen Ansprüche vor dem Deliktsforum134, so verschafft man dem Käufer überwiegend an seinem Sitz einen zusätzlich wählbaren Gerichtsstand, wodurch die Funktion des Vertragsgerichtsstan­ des135, vor allem dessen Voraussehbarkeit, erheblich gestört würde. Bei Verbraucherkäufen136 wird es im internationalen Bereich nur dann zu unterschiedlichen Gerichtsständen je nach der Art der Ansprüche kommen, wenn der Tatort (ganz gleich ob Handlungs- oder Erfolgsort) des gesetz­ lichen Haftungstatbestandes nicht am Sitz des Käufers liegt, der in Art. 13 EuGVÜ für vertragliche Ansprüche des Verbrauchers vorgesehen ist. Bei Streitigkeiten wegen einer mangelhaften Kaufsache ist das allein dann der Fall, wenn diese nicht am Wohnsitz des Verbrauchers verbleibt, und es beeinflußt nur dann die internationale Zuständigkeit, wenn sie in einen vom Heimatstaat des Käufers abweichenden Staat verbracht wird137. Will man auch in diesen seltenen Fällen eine Bevorzugung des Verbraucherkäufers durch einen „nahen” Gerichtsort erreichen, dann muß man hier ebenfalls

133 So zum internationalen Bereich GEIMER/Zöller, 1995, Anh. I, Rdnr. 6 zu Art. 5 GVÜ, ders., IPrax 1986, S. 80, sowie Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 53 zu Art. 5, unter dem Aspekt der Prozeßökonomie. Das OLG Koblenz v. 23.2.1990, RIW 1990, S. 316, sieht in diesen Fällen gar kein Delikt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH. A.A. GoTTWALD/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 6 zu Art. 5 IZPR. 134 Dafür ebenfalls Geimer, a.a.O. Ablehnend Kropholler, a.a.O., mit dem Argu­ ment, das Vertragsverhältnis sei in der Regel prägend. Für eine Zuständigkeit der „stärkeren” Kompetenz zwar auch Gravenhorst, Aufspaltung, 1972, S. 105, im konkreten Fall hält er aber das Deliktsforum für zuständig, S. 108. Nur für dieses hat der EuGH v. 27.9.1988, Rs. 189/77, Sig. 1988, S. 5565, eine gemeinsame Zuständigkeit abgelehnt. 135 Dazu o. a) bb). 136 In Bezug auf Sachschäden geht es vor allem um die Produkthaftung nach der EG-Richtlinie, während die in den Mitgliedstaaten entwickelte Produzentenhaftung sich auch bei diesem Schadenstyp überwiegend nicht auf Verbraucher beschränkt, so zum deutschen Recht schon BGH v. 26.11.1968, BGHZ 51, S. 91 ff., sie schützt teilweise sogar andere Produzenten, BGH v. 12.2.1992, NJW 1992, S. 1225. 137 Dies gilt auch, wenn der Verbraucher mit der gekauften Ware in einen anderen Mitgliedstaat wechselt, denn in diesem Staat wird kein Verbrauchergerichtsstand nach Art. 14 I EuGVÜ begründet, weil dort der Inlandsbezug des Art. 13 I 3 b) EuGVÜ fehlt, so Schlosser, Bericht, 1979, Nr. 161, ebenfalls O’Malley/Layton, Practice, 1989, S. 510 (19.29). Die Vorhersehbarkeit der Zuständigkeit wird nur auf diese Weise gewahrt. A.A. Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 2 zu Art. 14, Gottwald/ MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 3 zu Art. 14 IZPR.

einen einheitlichen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs nach den vertraglichen Beziehungen der Parteien bestimmen138.

c) Ergebnis Die aufgezeigte Vielfalt der möglichen Anknüpfungen des Gerichtsstands für Streitigkeiten wegen mangelhafter Kaufsachen verdeutlicht, daß die dadurch erzeugte Rechtsunsicherheit nur vermieden werden kann, wenn ein einheitlicher Gerichtsort für alle Klagen auf Sachmängelhaftung als Spezialgerichtsstand festgelegt wird. Die Vorhersehbarkeit macht es darüberhinaus erforderlich, daß dieses Forum bereits bei Vertragsabschluß feststeht und von nachfolgenden Ereignissen, wie etwa dem tatsächlichen Verbleib der Kaufsache, nicht mehr beeinflußt wird139. Will man außerdem daran festhalten, daß grundsätzlich dem beklagten Verkäufer als „Angegriffenen” die Nachteile eines entfernten oder fremden Gerichtsstandes erspart werden, so kommt eine vom Verkäufersitz abwei­ chende örtliche Zuständigkeit nur in Betracht, wenn dieser Ort nach dem Kaufvertrag keine Rolle spielte und vom Käufer daher auch nicht als Forum in Betracht gezogen werden mußte. Da eine Anknüpfung an den Ort des Vertragsschlusses nicht eindeutig ist, mit der Durchführung des Vertrages kaum etwas zu tun hat und aufgrund verbesserter Kommunika­ tionstechnik immer weniger mit dem Ortswechsel einer der Parteien verbunden ist, kommt nur ein Abstellen auf die vertraglichen Verpflichtun­ gen der Parteien in Betracht. Zur Lokalisierung des Rechtsstreites über Sachmängelansprüche des Käufers bietet sich daher der Ort an, an dem die Kaufsache vom Verkäufer an den Käufer - oder auch an einen von diesem bestimmten Dritten - übergeben werden soll140: Muß sich der Käufer zu diesem Zweck zum Verkäufer begeben, so wird ihm auch zugemutet, dies im Falle eines Rechtsstreites zu tun; handelt es sich dagegen um eine Bringschuld, so zeigt der Verkäufer, daß er bezüglich der Lieferung der 138 Ablehnend GoTTWALD/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 13 IZPR. Lüderitz, in: FS Riesenfeld, 1983, S. 160 f., hält zwar einen einheitlichen Gerichts­ stand am Ort der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, also beim Kunden/Verbraucher, nach US-amerikanischem Vorbild für systemfremd - so aber in Österreich § 14 KSchG -, befürwortet andererseits aber die Entwicklung einer Vertragspflicht auf „Gewährung von Rechtsschutz im Lande des gewöhnlichen Aufenthalts des Gläubigers”, S. 163, um dadurch dort einen neuartigen Erfüllungsort zu schaffen, an dem auch die deliktischen Ansprüche - vertraglich „verpackt” - geltend gemacht werden können. 139 Dazu o. a) bb) (3). 140 Ebenso Art.5 Zf. 1 EuGVÜ II-E, nach dem allerdings auch auf den Ort der tatsächlichen Lieferung abzustellen wäre.

Sache „beweglich” ist, so daß diese Flexibilität auch im Falle eines Prozesses von ihm verlangt werden kann. Für den Fall der Versendung der Ware, wo weder Käufer noch Verkäufer einen Ortswechsel vornehmen, sollte es grundsätzlich bei der Grundregel des Beklagtengerichtsstandes zugunsten des Verkäufers bleiben. Allenfalls bei einem internationalen Kaufvertrag könnte in diesem Fall ein Klägergerichtsstand in Betracht kommen, denn bei der Durchführung eines Zivilverfahrens im Ausland entstehen zusätzliche Belastungen durch ein „fremdes” Prozeßrecht. Dies gilt erst recht zugunsten eines Verbrau­ cherkäufers gegenüber einem gewerblichen bzw. beruflichen Verkäufer, denn die zu privaten Zwecken handelnden und daher in Auslandsrechts­ streiten unerfahrenen Käufer werden derart belastet, daß eine Auswirkung auf die Häufigkeit derartiger Prozesse zu erwarten ist, und somit der Zweck der Sachmängelhaftung beeinträchtigt wird. Bezüglich einer Gerichtsstand-Regelung ist auch zu erwägen, ob sie nicht ausdrücklich bei den kaufrechtlichen Gewährleistungsbestimmungen angesiedelt werden sollte, um die aufgezeigten Schwierigkeiten durch sich überlagernde, nicht aufeinander abgestimmte nationale Vorschriften im materiellen Recht und im Prozeßrecht bezüglich des Forums für Sachmän­ gelrechtsstreite zu vermeiden.

2. Die Fristen für die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen und ihre Auswirkungen im Prozeß

a) Die zeitliche Begrenzung für die Durchsetzung der Gewährleistung Der Zeitraum für die Durchsetzung von Rechtsbehelfen des Käufers wegen der Lieferung mangelhafter Waren wird in den einbezogenen Rechtsordnungen durch zwei verschiedene Fristen begrenzt. Die eine Frist schließt an die tatsächliche oder vermutliche Entdeckung des Sachmangels durch den Käufer an und soll diesen dazu veranlassen, den Verkäufer möglichst frühzeitig über eine wahrscheinliche Inanspruchnahme aufgrund der Gewährleistung zu informieren (unten aa ). Es handelt sich dabei um einen relative zeitliche Sperre für die Verwirklichung der Sachmängelan­ sprüche, deren Eingriffszeitpunkt nicht im Voraus bestimmt werden kann. Darunter fallen nicht nur Anzeigepflichten des Käufers für Sachmängel, sondern auch Regelungen, die auf die Annahme und damit eine Billigung der gelieferten Ware abstellen. Eine Überschneidung mit dem Instrument

der Rügeobliegenheiten ergibt sich deshalb, weil das Unterlassen einer Mängelanzeige ebenfalls als Einverständnis des Käufers mit dem Zustand der Sache aufgefaßt werden kann141. Sofern daher Schweigen bei Über­ nahme der Sache als Billigung bestimmter Mängel gilt, wird indirekt eine sofortige oder zügige Anzeigepflicht für diese Mängel aufgestellt. Die zweite Frist beginnt in der Regel mit der Übergabe der Kaufsache und soll bewirken, daß nach einem bestimmten Zeitraum der Verkäufer nicht mehr mit der Durchsetzung von Gewährleistungsrechten des Käufers rechnen muß (unten bb.). Aufgrund der Ausrichtung an einem von vorn­ herein feststehenden und von beiden Parteien erkennbaren Ereignis entsteht eine absolute Frist, die Rechtssicherheit erzeugt.

aa) An den Kenntnisstand des Käufers hinsichtlich Sachmängeln anknüpfende Fristen (Mängelanzeige) Die in den europäischen Rechtsordnungen aufgestellten Verpflichtungen für den Käufer, die Lieferung mangelhafter Ware gegenüber dem Verkäufer zu rügen, stellen keine echten Rechtspflichten dar, deren Einhaltung der Verkäufer erzwingen könnte, sondern es sind Obliegenheiten des Käufers, also Pflichten gegen sich selbst, deren Nichteinhaltung zum Verlust von Gewährleistungsrechten führt142.

Den Umfang des Rechtsverlustes bestimmen die einzelnen Rechtsordnun­ gen jedoch unterschiedlich. Teilweise wird der Verlust sämtlicher An­ sprüche angeordnet. So gilt die Ware nach deutschem und österreichischem Handelsrecht als

„genehmigt” (§ 377 II HGB). Damit wird fingiert, der Verkäufer habe ord­ nungsgemäß geliefert, so daß der Käufer sämtliche vertraglichen, nach einer Ansicht in der Literatur auch seine deliktischen143, Ansprüche verliert, dar­

über hinaus sogar eine für den Fall einer vertragswidrigen Lieferung mit

141 So etwa zum deutschen Recht HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 13 zu § 464; allgemein zur Vergleichbarkeit von § 377 HGB und § 464 BGB RAISCH, in: FS Duden, 1977, S. 402 f. Ausdrücklich nach englischem und irischem Kaufrecht: „when ... (the buyer) retains the goods without intimating to the seller that he has rejected them”, sec. 35 IV SGA-GB / sec. 35 3.Alt. SGA-IRL. 142 Zu diesen recht gewichtigen Rechtsfolgen im deutschen Recht etwa Hüffer, JA 1981, S. 74, der allerdings daraus den unzutreffenden Schluß zieht, eine derartige Verpflichtung sei als echte Rechtspflicht einzustufen. 143 Marburger, JuS 1983, S. 10 f. Anders die Rechtsprechung, BGH v. 16.9.1987, BGHZ 101, S. 337 (341 ff).

dem Verkäufer vereinbarte Vertragsstrafe144. Durch eine Versäumung des

Vorbehalts nach § 464 BGB sollen Deliktsansprüche jedenfalls nicht aus­ geschlossen werden145. Ein ähnlich umfangreicher Rechtsverlust, auch für konkurrierende deliktische Ansprüche146, wird in der Schweiz angenommen (Art. 201 II OR:

„gilt die gekaufte Sache als genehmigt”). Andere Kaufrechte schließen allein die Gey^ährleistungsansprüche aus.

Nach dem italienischen Recht verwirkt der Käufer das Recht auf Gewähr­ leistung (Art. 1495 I CceC: „II compratore decade dal diritto alla garanzia”). Damit kann er weder die Vertragsauflösung noch die Kaufpreisherab­ setzung verlangen, ebensowenig vertraglichen Schadenersatz147. Allerdings

kann er aus deliktischen Ansprüchen die Verletzung absoluter Rechte gel­ tend machen148. Auch nach dem dänischem Kaufrecht tritt bei unterlassener Mängelan­ zeige der Verlust des Rechtes des Käufers zur Berufung auf Mängel ein

(§53 KbL: „tab af koberens ret til at päberäbe sig mangier”, ähnlich § 81 KbL).

Ebenso wird im schwedischen und finnischen Kaufrecht bestimmt, der Käufer dürfe sich nicht darauf berufen, daß die Ware fehlerhaft sei („köpa-

ren far inte äberopa att varan är felaktig", § 32 I KpL/KppL, gleichlautend § 23 I KonsKpL). Nach dem niederländischen Kaufrecht kann sich der Käufer gleichfalls

nicht mehr auf eine Vertragsabweichung berufen („de koper kan er geen beroep meer op doen”, Art. 7:23 I 1 l.HS BW), so daß er alle damit ver­ bundenen Ansprüche verliert149.

Die portugiesische Regelung bestimmt ausdrücklich zwar nur, daß der

Anspruch auf Anfechtung wegen (einfachen) Irrtums entfallt („a acao de

anulao por simples erro”, Art. 917.° l.HS CgoC), aber nach der Recht­ sprechung gilt dies aufgrund einer weiten Auslegung auch für die Ansprü-

144 EMMERICH/Heymann, RGB, 1990, Rdnr. 61 zu § 377, BROGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 166 zu § 377, ebenso bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 217. 145 Westerm ANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 7 zu § 464, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 23 zu § 464. 146HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 3 zu Art. 201. 147 Bianca, vendita, 1993, S. 1019 (n. 442), vgl. auch A.Kramer, Abwicklungs­ störungen, 1996, S. 53. 148 Bianca, vendita, 1993, S. 1020 (n. 442). 149 Casterman s/Nieuwenhuis, in: T & C BW III, 1994, N. 2 zu Art. 7:23.

ehe des Käufers auf Nachbesserung und Ersetzung, nach der Literatur ebenfalls für Schadensersatzforderungen150. Die Anzeigepflicht, die die Mitgliedstaaten nach der EG-Richtlinie zum

Verbrauchsgüterkauf vorsehen können (Art. 5 II 1 VbrKfRil), bezieht sich, wie die gesamte Richtlinie, allein auf die Rechtsbehelfe der eigentlichen

Gewährleistung, so daß Schadensersatzansprüche nicht betroffen sind.

In wenigen Rechtsordnungen verliert der Käufer bei unterlassener Infor­ mation des Verkäufers dagegen nur die Durchsetzungsmöglichkeit be­ stimmter Rechtsbehelfe. Dabei handelt es sich um die Vertragsaufhebung sowie teilweise auch die Nacherfüllung, deren Durchführung mit zuneh­ menden Zeitablauf als für den Verkäufer besonders belastend eingeschätzt wird. So nimmt im englischen und im irischen Kaufrecht die Annahme („acceptance") der Ware, die auch auf einem Schweigen des Käufers beruhen

kann, diesem zwar das Recht, die Sache zurückzuweisen und den Vertrag als aufgelöst zu behandeln („where ... the buyer has accepted the goods ...

the breach ... can ... not (be treated) as a ground for rejecting the goods and

treating the contract as repudiated”, sec. 11 IV SGA-GB / sec. 11 III SGAIRL), erhält ihm aber gleichwohl die vertraglichen Schadensersatzansprü­

che. Ähnlich wird im UN-Kaufrecht ausdrücklich bestimmt, daß der Käufer

trotz unterlassener Mängelrüge Preisherabsetzung sowie Schadensersatz, außer für entgangenen Gewinn, verlangen kann, allerdings nur, wenn er eine „vernünftige Entschuldigung” für die versäumte Anzeige hat („a reasonable excuse”, Art. 44 CISG)151. Im früheren Einheitskaufrecht war dagegen kei­

ne derartige Ausnahme vorgesehen, so daß sämtliche Gewährleistungs­ ansprüche bei unterbliebener Mängelrüge entfielen („Käufer verliert stets

das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit zu berufen”, Art. 39 I 3 EKG), ebenso der Anspruch auf eine Vertragsstrafe152. Außervertragliche Haf­

tungsansprüche werden und wurden vom Internationalen Kaufrecht nicht

150 Vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 29. 151 Zum Ziel dieser Vorschrift, unerfahrene oder schwach organisierte Käufer zu schützen, vor allem solche aus Entwicklungsländern, auf deren Initiative die Regelung zurückgeht, HuBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 2, 4 ff. zu Art. 44. 152 MERTENS/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 30 zu Art. 38/39 EKG

erfaßt, so daß insoweit nur aufgrund nationaler Regelungen Rechtsverluste entstehen können153.

Ähnlich verfahren auch die Vertragsgrundregeln, die allerdings etwas weitergehend nicht nur eine Mängelanzeige sondern bereits eine Einfor­ derung der Nacherfüllung (Art. 4.102 III Eur-Princ, Art. 7.2.2 e) UDPrine)154 155 oder der Vertragsaufhebung (Art. 4.303 II Eur-Princ, Art. 7.3.2 II UD-Princ)195 durch den Käufer verlangen. Damit soll der Verkäufer vor

Härten geschützt werden, die durch eine verzögerte Wahl dieser Rechts­ behelfe durch seinen Vertragspartner entstehen156. Die Ansprüche auf Preis­ herabsetzung oder Schadensersatz werden auch hier keinen Informa­

tionspflichten unterworfen.

In der großen Mehrzahl der Rechtsordnungen werden bei nicht rechtzei­ tiger Information des Verkäufers sämtliche Rechtsbehelfe der Sachmängel­ gewährleistung, selten auch außervertragliche Haftungsansprüche, ausgeschlossen. Nur in wenigen, meist international geprägten Regelungen wird die Sanktion für den Käufer dadurch gemildert, daß er allein einen Teil seiner Sachmängelrechte verliert. Dies beruht jedoch auf einer zusätzlichen Überlegung, wonach der Schutz des Verkäufers durch frühzeitige Abwicklung der Gewährleistung auf diese besonders belastende Rechtsbehelfe beschränkt bleiben soll. Die einzelstaatlichen Informationsregelungen hinsichtlich Sachmängeln differieren vor allem darin, welche Anforderungen sie an die Ermittlung von Vertragsabweichungen durch den Käufer stellen (unten (1).). Weitere Unterschiede betreffen die Art und Weise, wie der Verkäufer über den Sachmangel informiert werden muß (unten (2).), und schließlich die Bestimmung des Zeitraums, innerhalb dessen die Mängelrüge zu erfolgen hat (unten (3).).

153 MERTENS/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 30 zu Art. 38/39 EKG 154 Damit entsprechen sie eher dem dänischen § 26 KbL oder Art. 46 II, III CISG, die für die Erfüllung bzw. Ersatzlieferung und Nachbesserung eine möglichst schnelle Anzeige bzw. Einforderung verlangen. 155 Ähnliche allgemein die Vertragsaufhebung betreffende Vorschriften sind etwa in Dänemark § 27 KbL, in den Niederlanden Art. 6:89 BW, in Griechenland Art. 395 AK. 156 So generell Lando/Beale, Principles, 1995, S. 160, ähnlich S. 175.

(1) Von der Anzeigeverpflichtung erfaßte Mängel

Rügefristen sollen dazu dienen, auch im Interesse der Verkehrs- oder Rechtssicherheit dem Verkäufer so schnell wie möglich die Unsicherheit zu nehmen^ ob der Käufer Sachmängelansprüche gegen ihn geltend machen kann157. Aus diesem Grunde wird teilweise vom Käufer verlangt, daß er die Kaufsache untersucht und die dabei zu Tage tretenden Mängel reklamiert (unten (a).). Andere Kaufrechte setzen die Anforderungen an den Käufer niedriger und erwarten nur die Anzeige von auch ohne Untersuchung nicht zu übersehenden Mängeln (unten (b).). Eine weitere Gruppe von Rechts­ ordnungen beschränkt sich darauf, den Käufer dazu anzuhalten, ihm bekannte Sachmängel mitzuteilen (unten (c).).

(a) Durch eine Untersuchung festzustellende Mängel

Während eine echte Rechtspflicht zur Untersuchung der Kaufsache auf Mängel durch den Käufer in keiner der betrachteten Rechtsordnungen besteht158, sehen einige Kaufrechte eine Überprüfung der Ware als Oblie­ genheit vor. Im deutschen Recht wird eine Untersuchung allein für den Bereich des Handelskaufs vorgeschrieben (§ 377 I HGB: „so hat der Käufer die Ware ...

zu untersuchen”), während für Nichtkaufleute bewußt auf eine derartige Festlegung verzichtet wurde159. Die Regelung des § 377 HGB gilt gleichlautend in Österreich, wo eben­ sowenig wie in Deutschland bei einem bürgerlich-rechtlichen Kauf eine

Untersuchung gefordert wird.

157 So in Deutschland zu § 377 HGB EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 3 zu § 377: „allgemeines Interesse an einer schnellen und prompten Abwicklung von Kaufverträgen” / „damit sich der Verkäufer bei seinen Dispositionen darauf rechtzeitig einstellen kann”, ebenso etwa in der Schweiz HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 201: „allgemeine(s) Interesse an der prompten Abwicklung von Kaufverträgen” / „soll für den Verkäufer möglichst bald feststehen, ob der Käufer die Sache beanstandet”, in Italien Bianca, vendita, 1993, S. 1020 (N. 442): „sicurezza giuridica” / „tutela del venditore”, zum Internationalen Kaufrecht MERTENS/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 3 zu Art. 38/39 EKG: „schnelle und relativ sichere Sachverhaltsaufklärung” / „Verkäufer möglichst schnell Gewißheit”. In Deutschland ebenso zu § 464 BGB Köhler, JZ 1989, S. 769, a.A. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 1 zu § 464: „Verzicht auf die Sachmängelansprüche”. 158 So bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 199. 159 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 2 zu § 464 mit Verweis auf die Enstehungsgeschichte des BGB. Dabei soll es auch nach dem Vorschlag der Schuldrechtsreform bleiben, Abschlußbericht, 1992, S. 226.

Im dänischen Kaufrecht wird ebenfalls nur für den Bereich des Handels­

kaufs („handelskb") eine nach ordentlichem Geschäftsgebaren („ordentlig forretningsbrug")

vorzunehmende Untersuchungspflicht verlangt

(§51

KbL: „har koberen ... at foretage sadan undersgelse").

Ebenso ist in Portugal für den Handelskauf eine Untersuchungspflicht vorgesehen (Art. 471.° CgoCom-P) Auch nach dem Internationalen Einheitskaufrecht, das keine Verkäufe pri­

vater Verbrauchsgüter erfaßt, wird der Käufer verpflichtet, die Ware „zu untersuchen oder untersuchen zu lassen” („buyer must / shall examine the goods, or cause them to be examined”, Art. 38 I CISG, früher ebenso Art. 38 I EKG).

Das schweizerische Recht schreibt dagegen ganz allgemein eine Überprü­ fung des Kaufgegenstandes durch den Käufer vor (Art.201 I OR: „Der

Käufer soll ... die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen ...”).

Ebenso verlangen das schwedische und das finnische Kaufgesetz eine Untersuchung („undersökning") in Übereinstimmung mit guter Geschäftssitte160 („skall köparen ... undersöka den i enlighet med god affärssed",

§ 31 I KpL/KppL).

Dem Käufer wird generell nur eine kurzer Zeitraum für die Untersuchung zugestanden. In Deutschland und Österreich hat sie „unverzüglich nach Ablieferung” zu

erfolgen, ähnlich in Dänemark („nä saigsgenstanden er leveret"), dagegen in

Schweden und Finnland sobald die Umstände es erlauben („sä snart omständigheterna medger”), ähnlich in der Schweiz („sobald es nach dem übli­ chen Geschäftsgänge tunlich ist”). Im internationalen Einheitskaufrecht wird dagegen ausdrücklich eine „so kurze Frist ..., wie es die Umstände er­ lauben” vorgeschrieben („as short a period as is practicable in the circum-

stances”, früher noch schärfer „innerhalb kurzer Frist” / „promptly”).

Das Unterlassen der Untersuchung allein bewirkt noch keine Rechtsfolgen. Ein Rechtsverlust für durch eine Untersuchung erkennbare Mängel161 tritt erst aufgrund einer nicht erfolgten Mängelanzeige ein162. 160 Dieser Begriff soll darauf hindeuten, daß die Untersuchungspflicht in erster Linie für Kaufleute in Betracht kommt, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 271. 161 Zum Internationalen Kaufrecht STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 3 zu Art. 38, unter Bezugnahme auf BGH v. 2.6.1982 NJW 1982, S. 2730 (2731) zum EKG. 162 BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 70 zu § 377, spricht daher zutreffend von einer Hilfsfunktion der Untersuchung für die Rüge.

Eine Anzeigepflicht für bei der Untersuchung erkannte Mängel wird aus­ drücklich nur in Deutschland (§ 377 I HGB: „so hat der Käufer

wenn

sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen”) und in der Schweiz (Art. 201 I OR: „und, falls sich Mängel ergeben ... so­ fort Anzeige zu machen”) verlangt. In den anderen Staaten folgt sie jedoch

aus der allgemeinen Rügepflicht bei Entdeckung des Mangels, wie in Däne­ mark (§ 52 KbL), in Schweden und Finnland (§ 32 I KpL/KppL) sowie

nach dem Einheitlichen Kaufrecht (Art. 39 I CISG, früher Art. 39 I 1 EKG).

Überwiegend wird daher vor allem in den mitteleuropäischen und skandi­ navischen Rechtsordnungen, die eine Untersuchungspflicht des Käufers vorsehen, nur von Kaufleuten eine genauere Prüfung der Kaufsache erwartet. Allein in der Schweiz163 sowie in den neueren skandinavischen Kaufrechten ist jeder Käufer außerhalb des Verbraucherkaufs betroffen. (b) Ohne weiteres erkennbare Mängel

Die Rechtsordnungen, die dem Käufer keine eigenständige Untersuchung der Kaufsache vorschreiben, verlangen jedoch teilweise von ihm, daß er den Verkäufer über solche Sachmängel informiert, die er hätte erkennen müssen. Damit werden Mängel erfaßt, die so offensichtlich sind, daß der Käufer sie nur bei grob fahrlässigem Verhalten übersehen kann. Das dänische Kaufgesetz legt ganz allgemein, ausdrücklich auch für den

Verbraucherkauf, ein Mitteilungserfordernis („give slgeren meddelelse") nicht nur für Mängel fest, die der Käufer entdeckt hat, sondern auch für

solche, die er hat entdecken müssen („har opdaget eller burde have opdaget”, § 52 I 2 Kbl, ebenso § 81 Satz 1 Kbl). Ebenso wird im schwedischen und im finnischen Kaufgesetz vom Käu­

fer eine Mitteilung über Fehler („meddelande om feiet”) verlangt, die er bemerkt hat oder hätte bemerken müssen („han märkt eller borde ha märkt”,

§ 32 I KpL/KppL). Dies gilt gleichermaßen im schwedischen Konsumenten­

kaufgesetz (§ 23 I 1 KonsKpL). Auch in den Niederlanden muß der Käufer sowohl entdeckte Mängel rü­ gen wie auch solche, die er redlicherweise hätte entdecken müssen

(Art. 7:23 I 1 BW: „heef ontdekt of redlijkerwijs had behoren te ontdekken”).

163 Auch dort wird die Rechtfertigung der Untersuchungspflicht bezweifelt, „wenn der Käufer nicht Kaufmann ist”, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 201, Bucher, SJZ 1971, S. 1 ff.

Im Internationalen Kaufrecht gilt die Verpflichtung des Käufers zur Anzei­ ge ebenfalls für Mängel, die er „festgestellt hat oder hätte feststellen müs­

sen” („has discovered it or ought to have discovered it”, Art. 39 I CISG, ebenso früher Art. 39 I 1 EKG).

Auch in den Vertragsgrundregeln muß die Inanspruchnahme der nach­ geholten Erfüllung sowie der Vertragsaufhebung erfolgen, nachdem die

Vertragspartei „von der Nichterfüllung erfahren hat oder hätte erfahren

müssen” (Art. 4.102 III, 4.303 II Eur-Princ) bzw. „has, or ought to have,

become aware of the non- / non-conforming performance” (Art. 7.2.2 e), 7.3.2 II UD-Princ). Nach dem Vorschlag der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sollte gleichfalls der Verbraucher dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit nicht nur anzeigen, wenn er sie „festgestellt hat“ (so nun Art. 5 II VbrKfRil), sondern auch, wenn er sie „hätte feststellen müssen” (Art. 4 I VbrKfRil-E). Aus­

weislich der Begründung des Entwurfs hätte damit der Verbraucher „eine

gewisse Sorgfaltspflicht ... die Sache in Augenschein zu nehmen” getragen, ohne daß ihm eine zwingende Verpflichtung zur genaueren Prüfung oder gar zu Funktionstests auferlegt würde16 .

Etwas geringer sind die Anforderungen an den Käufer, wenn von ihm nur

erwartet wird, daß er offen zu Tage liegende Sachmängel erkennt und moniert.

Im italienischen Recht wird für Distanz- oder Versendungskäufe („cose da

trasportare da un luogo a un altro”), welche überwiegend unter Kaufleuten abgeschlossen werden dürften, nur für offenkundige Mängel („vizi ... appa-

renti”) eine Rügefrist festgelegt, die bereits mit der Ablieferung beginnt (Art. 1511 CceC: „il termine ... per la denunzia ... decorre dal giomo del ricevimento")165. Damit wird davon ausgegangen, daß derartig unüberseh-

164 Abs. 2 Satz 2 der Begründung zu Art. 4 I VbrKfRil-E, ähnlich Micklitz, EuZW 1999, S. 488: „grobsinnliche Prüfung“. Befürwortend auch SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 63, als „Untersuchungspflicht für erkennbare Mängel”. Jegliche Anzeige­ pflicht ablehnend allerdings ECLG in Zff. 14 der Stellungnahme zum Grünbuch, JConsPol 1994, S. 365, ebenso ECLG, Opinion Proposal, JConsPol 1998, S. 95 (ZS. 16), Beale /Howells, JContrL 1997, S. 32 f. Relativierend Rieger, VuR 1999, S. 290. 165 Für nicht offenkundige Mängel bleibt es dagegen beim Zeitpunkt der Entdekkung, Bianca, vendita, 1993, S. 1031 (n. 445). Zu einer die Rügepflicht auf erst bei einer - einfachen - Untersuchung erkennbare Mängel erstreckende Entscheidung vgl. BASEDOW, Reform, 1988, S. 59, zu erhöhten Sorgfaltsanforderungen bei Unternehmen vgl. A.Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S. 55.

bare Sachmängel in jedem Fall bei der Entgegennahme der Sache durch den Käufer erkannt werden müssen.

In anderen romanischen Kaufrechten wird für offensichtliche Mängel die Gewährleistung von vornherein ausgeschlossen, ohne daß noch eine Rüge­

frist eingeräumt wird, wie in Frankreich und Belgien (Art. 1642 CdeC BW: „Le vendeur n’est pas tenu des vices apparents ... " / „De verkoper moet

niet instaan voor de gebreken die zichtbaar zijn ...”) sowie in Spanien (Art. 1484 2. HS CgoC: „(el vendedor) no serä responsable de los defectos mani­ fiestos ...”). In diesen Ländern muß der Käufer Ware mit offenbaren Sach­ mängeln sofort bei Übergabe zurückweisen166.

Damit erwarten nur zwei nationale Rechtsordnungen, die keine Unter­ suchung durch den Käufer verlangen, die Niederlande und Italien, vom Käufer ein bestimmtes Maß an Sorgfalt bei der Entgegennahme der Kauf­ sache, drei weitere reduzieren diese Anforderungen auf ein Minimum. Trotzdem scheinen derartige Standards für die Mängelanzeige zunehmend Anklang zu finden, denn in die modernen Kaufrechten oder die Entwürfe dazu werden sie häufig aufgenommen167.

(c) Erkannte Mängel Einige Kaufrechte beschränken sich darauf, den Käufer anzuhalten, dem Verkäufer einen ihm bekannt gewordenen Mangel mitzuteilen. Das deutsche Recht legt eine derartige Verpflichtung für den Handelskauf bezüglich zunächst verdeckter, durch eine Untersuchung nicht erkennbare,

Mängel fest (§ 377 III: „Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muß die

Anzeige ... nach der Entdeckung gemacht werden”), gleichlautend das österreichische Handelsrecht. Bei einem bürgerlich-rechtlichen Kauf ist der Verkäufer dagegen nur über die dem Käufer bei Lieferung bekannten Män­

166 Allerdings muß auch hier dem Käufer eine Gelegenheit zur Untersuchung der Sache eingeräumt werden, vgl. zum französischen Recht VALCRCEL Schnüll, Haf­ tung, 1994, S. 14. 167 Eine wichtige Ausnahme ist der Entwurf der deutschen Schuldrechtskommission, die weiterhin davon ausgeht, daß der Käufer „grundsätzlich nicht gehalten” ist, „die Kaufsache zu untersuchen”, Abschlußbericht, 1992, S. 226. Auch die im Gutachten vorgeschlagene Rügepflicht (§ 477 a BGB-GE) dient nur der Ausschlußfrist, ausdrück­ lich sollten „Untersuchungs- und Rügepflichten dem Rechts des Handelskaufs vorbehalten bleiben”, Huber, Gutachten I, 1980, S. 888. Im österreichischen Kaufrecht sollte mit dem geänderten Entwurf zur Gewährleistungsreform von 1995 ebenfalls keine derartige Pflicht eingeführt werden. Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf überläßt dagegen die Entscheidung den Mitgliedstaaten, Art. 5 II VbrKfRil.

gel in Kenntnis zu setzen168 169 (§ 464 BGB: „Nimmt der Käufer eine mangel­

hafte Sache an, obschon er den Mangel kennt ...")167, bei nachträglich er­ kannten Mängeln besteht jedoch keine Rügepflicht170. Eine solche sollte al­ lerdings nach dem ursprünglichen Entwurf der österreichischen Gewährlei­ stungsreform in § 933 a ABGB-E eingeführt werden171 Auch in Spanien wird nur für Handelskäufe eine Beanstandung („recla-

macion") bei inneren Mängeln („vicios interos", Art. 342 CgoCom) vorge­

schrieben.

In der Schweiz wird dagegen von allen Käufern verlangt, die „bei der übungsgemässen Untersuchung nicht erkennbar(en)” Mängel (Art. 201 II OR) anzuzeigen, wenn sie sich später „ergeben” (Art. 201 III OR). Das italienische Kaufrecht kennt bei Platzkäufen172 173 ebenfalls eine In­ formationspflicht des Käufers nach Entdeckung eines Mangels (Art. 1495 I

CceC: „se non denunza i vizi al venditore ... dalla scoperta”)

.

In Portugal wird eine Anzeige („denüncia”) des Käufers auch nach Kenntnis eines Mangels verlangt („depois de conhecido o defeito”, Art. 916.° I CgoC).

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf stellt es den Mitgliedstaaten frei, den Verbraucher zu einer Unterrichtung des Verkäufers „über die Ver­ tragswidrigkeit“, die er „festgestelt hat“, zu verpflichten (Art. 5 II VbrKfRil). Auf eine strikte Vorgabe der Anzeigepflicht, noch dazu auch für

Mängel, die der Verbraucher hätte erkennen müssen, wie sie nach dem

168 Eine Mängelanzeige erfüllt regelmäßig den nach § 464 BGB verlangten Vorbe­ halt, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 17 zu § 464, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 6 zu § 464. 169 Annahme bedeutet zwar mehr als die bloße körperliche Entgegennahme der Sache im Sinne der Übergabe nach § 433 II BGB („Abnahme”), das Abstellen auf einen Vorbehalt führt aber dazu, daß auch reines Stillschweigen bei der Entgegennahme der Kaufsache bereits als Annahme gilt, WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 4 zu § 464, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 11 zu § 464, ebenso bereits Rabel, Warenkaufl, 1958 (1967), S. 220. 170 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 3 zu § 464, WESTERMANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 9 zu § 465. 171 Ablehnend etwa Grünberger, in: Reform, 1998, S. 82, Terlitza, JAP 1994/95, S. 272 f. 172 Zu Distanzkäufen o. (b). 173 Für eine Erstreckung auf üblicherweise entdeckbare Mängel („difetti normal­ mente riconoscibili") Bianca, vendita, 1993, S. 1030 (n. 445). Offensichtliche Mängel sind auch in diesen Fällen bereits bei der Ablieferung bekanntzugeben, Cian/ Trabucchi, Commentario, 1989, Anm. II.5 zu Art. 1495, vgl. auch Basedow, Reform, 1988, S. 59.

Richtlinien-Entwurf vorgesehen war (Art. 4 I VbrKfRil-E), wurde damit verzichtet.

Die Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer wenigstens über erkannte Sachmängel zu informieren, wird traditionell auf das Handelsrecht beschränkt bzw. als Ergänzung einer Untersuchungspflicht vorgesehen. (d) Zwischenergebnis

Im ganz überwiegenden Teil der einbezogenen Rechtsordnungen ist der Käufer zumindest bei einem Handelskauf gehalten, Sachmängel anzu­ zeigen. Die allgemeine Verpflichtung sämtlicher Käufer findet man dagegen nur in der Schweiz, den drei skandinavischen Staaten, den Niederlanden, Italien und Portugal, bei den beiden letzteren zusätzlich begrenzt auf erkannte Mängel. Die EG läß eine derartige eng begrenzte Anzeigepflicht für Verbraucherkäufer weiterhin zu, wird deren Auswirkungen aber genauer beobachten und die Verbrauchsgüter-Richtlinie insoweit eventuell revidieren174 Eine Sonderstellung nehmen die Rechtsordnungen ein, die allein auf den Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache abstellen und - wie außerhalb des Handelskaufs Deutschland nach § 464 BGB sowie in Anlehnung daran Griechenland (Art. 545 AK) bei vom Käufer erkannten Mängeln oder wie Frankreich, Belgien und außerhalb des Handelkaufs Spanien bei offen­ sichtlichen Mängeln - eine sofortige Reaktion verlangen. Damit wird bei derart deutlichen Abweichungen vom Vertrag davon ausgegangen, daß sie bereits bei der Entgegennahme der Ware zu erkennen sind, so daß der Käufer sie zu diesem Zeitpunkt dem Verkäufer anzeigen kann - eine Frist für die Mängelanzeige ist also nicht erforderlich. Da in allen anderen Rechtsordnungen für die Rüge mindestens auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Mangels abgestellt wird, ist dort eine gleichartige Behandlung bekann­ ter oder offenkundiger Mängel bei Ablieferung möglich175.

Damit bleiben die europäischen Common Law Staaten übrig, in denen überhaupt nicht darauf abgestellt wird, ob der Käufer den Mangel kennt oder kennen mußte.

174 Art. 5 II 3, Art. 12 VbrKfRil. 175 So etwa in der Schweiz, wo trotz Untersuchungsfrist offenkundige Mängel sofort nach der Ablieferung gerügt werden müssen, BG, Semaine Judiciaire 1957, S. 519.

In England und Irland gilt bereits das Behalten der Ware ohne Mitteilung an den Verkäufer über einen angemessenen Zeitraum hinaus bzw. ohne gu­

ten und ausreichenden Grund (sec. 35 IV SGA-GB / sec. 35 3. Alt. SGA-

IRL: „after a lapse of reasonable time / without good and sufficient reason (the buyer) retains the goods without intimating") als Annahme („acceptance"), nach der der Käufer die Ware nicht mehr zurückweisen kann (sec. 11 IV SGA-GB / sec. 11 III SGA-IRL)176. Der angemessene Zeitraum nach der englischen Version soll dem Käufer ganz allgemein Gelegenheit geben, die Sache zu untersuchen und auszuprobieren176 177, ebenso liegt in der

Untersuchung der Kaufsache ein rechtfertigender Grund nach der irischen Formulierung178. Das folgt auch daraus, daß nach beiden Kaufgesetzen vor

einer angemessenen Gelegenheit zur Untersuchung eine Annahme nicht vermutet wird („(the buyer) is not deemed to have accepted ... until he has

had a reasonable opportunity of examining", sec. 35 II SGA-IRL / sec. 34 I SGA-IRL). In der Regel muß daher der Käufer innerhalb einer flexiblen Frist für die Überprüfung der Kaufsache die Sachmängel dem Verkäufer mitteilen.

Nur nach dem englischen und dem irischen Kaufgesetz wird der Käufer daher allein durch eine kurze Annahmefrist dazu gebracht, dem Verkäufer anzuzeigen, daß er sich auf Sachmängel beruft, weil er - um den Vertrag aufheben zu können - die Ware zurückweisen muß.

(2) Form und Inhalt der Mängelanzeige Besondere Anforderungen an die Form, in der der Käufer den Sachmangel gegenüber dem Verkäufer rügen muß, werden in keinem der einbezogenen Kaufrechte gesetzlich festgelegt179. 176 Neben der ausdrücklichen Annahme („when (the buyer) intimates to the seller that he has accepted”, sec. 35 I a) SGA-GB / sec. 35 1. Alt SGA-GB) führt außerdem jedes Verhalten zur Annahme, das mit dem weiterbestehenden Eigentum, dazu bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 219, des Verkäufers an der Sache nicht zu vereinbaren ist („any act ... which is inconsistent with the ownership of the seller”, sec. 35 I b) SGA-GB / sec. 35 2. Alt. SGA-IRL), im einzelnen dazu Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 171 ff. 177 Bernstein v. Pamson Motors (Golders Green) Ltd. (1987) 2 All E.R. 220, aller­ dings umfaßt dieser Zeitraum nicht die zur Entdeckung des konkreten Mangels notwen­ dige Zeit, Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 176. 178 Forde, Commercial Law, 1990, Ch. 1, S. 80/81 (1.194, 1.197). 179 Für Deutschland EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 57 zu § 377, BrOggeMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 139 f. zu § 377, für die Schweiz BG v. 25.2.1975, BGE 101 II S. 83 (84), für Italien Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, Anm. II. 2 zu

Hinsichtlich des Inhaltes der Rüge besteht insoweit Übereinstimmmung in den verschiedenen Rechtsordnungen, als es nicht ausreicht, allein die Fehlerhaftigkeit der Kaufsache zu behaupten, sondern der Käufer den Mangel möglichst genau und substantiiert angeben muß180, soweit es ihm nach Lage der Dinge oder nach Handelsbrauch und ähnlichen Gepflogen­ heiten zuzumuten ist181. Im Internationalen Kaufrecht werden diese Anforderungen an die Mänge­

lanzeige ausdrücklich festgeschrieben, denn es wird verlangt, daß der Käu­ fer „die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet” („specifying the na­

ture of the lack of conformity", Art. 39 I CISG, ebenso früher Art. 39 II l.HS EKG). Auch aus der Formulierung der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf

(Art. 5 II 1 VbrKfRil: „der Verbraucher ... über die Vertragswidrigkeit ...

unterrichten muß”) ist zu entnehmen, daß der Sachmangel beschrieben wer­ den muß.

In der Regel ist aus der Angabe konkreter Mängel auch zu erkennen, daß der Käufer die Ware so nicht akzeptiert182. Während der Käufer bestimmte Rechtsfolgen weder bei der Mängelanzeige noch bei einem Vorbehalt nach § 464 BGB angeben muß, fuhrt die Zurückweisung im Falle eines offensichtlichen Mangels nach den älteren romanischen Rechten dazu, daß noch nicht erfüllt ist und die Ansprüche aus den allgemeinen Regeln der Nichterfüllung geltend gemacht werden können. Die „rejection" nach englischem und irischem Kaufrecht bewirkt, daß der Kaufvertrag als aufgelöst angesehen werden kann.

Art, 1495, für Portugal vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 28. Bestimmte Form­ anforderungenbefürwortend SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 62. 180 So bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 214. Zu Deutschland EMME­ RICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 54, BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 134 zu § 377, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 17 zu § 464, zur Schweiz HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 10 zu Art. 201, zu Italien A.Kramer, Abwicklungs­ störungen, 1996, S. 54, Petri, Produkthaftung, 1998, S. 38, zu Schweden Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 271, zum Einheitlichen Kaufrecht STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 13 zu Art. 39, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 26 zu Art. 38/89 EKG. 181 Rechtsvergleichend Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 215. 182 So zum deutschen Recht BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 128 zu § 377. Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 216, stellt allerdings auf die deutliche Kund­ gebung ab, die Ware nicht als Erfüllung anzusehen.

Eine ausdrückliche Erhebung bestimmter Ansprüche wird dagegen nur gefordert, wenn bestimmte Rechtsbehelfe von der Information des Ver­ käufers abhängig gemacht werden. So wird in Dänemark für die Vertragsaufhebung („hve kobet”) sowie die

Ersatzlieferung („omlevering") verlangt, daß der Käufer ohne unbegründete

Verzögerung („uden ugrundet ophold") darüber dem Verkäufer Mitteilung zu machen hat („give slgeren meddelse derom", § 52 II KbL). Ähnlich wird in den Vertragsgrundregeln vorgeschrieben, daß der Käu­ fer Ansprüche auf (nachgeholte) Erfüllung nach Entdeckung oder versäum­ ter Entdeckung der Mängel „geltend macht” (Art. 4.102 III Eur-Princ, ebenso Art. 7.2.2. e) UD-Princ: „require performance”), und daß er ent­ sprechend „die Aufhebung ... erklärt” (Art. 4.303 II Eur-Princ, ebenso Art. 7.3.2 II UD-Princ: „gives notice”183).184

Diese Regelungen gehen jedoch über die Benachrichtigung des Verkäufers von Beanstandungen hinaus. Sie sollen vielmehr dafür sorgen, daß für den

Verkäufer mit dem Zeitablauf zunehmend als belastend angesehene Rechts­ behelfew möglichst schnell durchgeführt werden.

(3) Länge der Anzeigefrist Ein wesentlicher Faktor für die Durchsetzung der Gewährleistungsrechte ist die Frist, innerhalb der der Verkäufer informiert werden muß. Nur

wenige Rechtsordnungen schreiben hierfür einen konkreten Zeitraum fest. So sieht das italienische Kaufrecht in Art. 1495 I CceC eine feste Frist von acht Tagen vor, die auch für Versendungskäufe nach Art. 1511 CceC gilt185.

Die portugiesische Regelung verlangt beim Handelskauf ebenfalls eine Anzeige der Mängel innerhalb von acht Tagen (Art. 471 CgoCom-P), an­ sonsten gilt einer Frist von 30 Tagen (Art. 916.° II CgoC). Dagegen legt das spanische Handelsrecht schon grundsätzlich eine Frist von 30 Tagen fest (§ 342 CgoCom)186.

183 Der Vertrag wird bereits durch diese Mitteilung beendet, Art. 7.3.2 I UD-Princ. 184 Dazu o. A.II.2.C) aa), bb). 185 Früher galt nach dem damals noch nicht in das Zivilgesetzbuch inkorporierte Handelsgesetzbuch sogar eine Frist von nur 2 Tagen, Art. 70 CceCom. Bei der beson­ deren Garantie für die gute Gebrauchsfähigkeit besteht dagegen eine dreißigtägige Frist (Art. 1512 I 1 CceC). 186 Trotz vorbehaltloser Annahme nach Art. 336 I CgoCom kann der Käufer bei verpackten Waren, die er nicht untersuchen konnte, noch nach vier Tagen Mängel rügen, Art. 336 II CgoCom, vgl. dazu Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 89/90.

In Zukunft kann bei Verbraucherkäufen nach der EG-Richtlinie zum Ver­

brauchsgüterkauf vorgesehen werden, daß „binnen zwei Monaten” eine An­

zeige durch den Käufer zu erfolgen hat (Art. 5 II 1 VbrKfRil), während im Entwurf noch ein Monat vorgeschlagen wurde (Art. 4 I VbrKfRil-E)187.

Die meisten Kaufrechte belassen es dagegen bei einem mehr oder weniger unbestimmten Zeitraum für die Mängelrüge188. Nur in wenigen Rechtsordnungen wird eine unmittelbar der Mängelauf­ deckungfolgende Rüge verlangt. So bestimmt das deutsche Recht - und gleichlautend das österreichische für den Handelskauf, daß die Mängel „unverzüglich” angezeigt werden

müssen (§ 377 I, III HGB), wobei die bürgerlich-rechtliche Definition „oh­

ne schuldhaftes Zögern” (§ 121 BGB) Anwendung findet. Im kaufmänni­ schen Betrieb wird dieser Verschuldensmaßstab jedoch eher noch ver­ schärft, denn die deutschen Gerichte gehen davon aus, daß die Mitteilung an den Verkäufer ohne weiteres erledigt werden kann1 . Eine konkrete Frist läßt sich nur nach den Umständen des Einzelfalles bestimmen, wobei als äußerste Grenze meist etwa vier bis fünf Tage angesehen werden190.

Ähnlich verlangt das dänische Kaufrecht außerhalb des Handelskaufs,

die Rüge müsse ohne jede unbegründete Verzögerung erfolgen („uden ugrundet ophold”, § 52 I, II KbL). Unter Kaufleuten sind Mängel sogar so­

fort („straks”, § 52 I KbL) anzuzeigen.

Ebenso legt das schweizerische Kaufrecht für alle Käufer eine „sofor­ tige” Rügeverpflichtung fest (Art. 201 I, III OR).

Überwiegend werden in den Kaufrechten kurze Fristen bestimmt, die den Käufern einen gewissen Spielraum lassen.

187 Micklitz, EuZW 1999, S. 488, hält diese Fristen für zu kurz. Im österreichi­ schen Entwurf zur Gewährleistungsreform war demgegenüber vorgesehen, daß „eine Anzeige innerhalb von sechs Monaten ... jedenfalls rechtzeitig sei“, allerdings sollte diese relativ lange Anzeigefrist bereits „ab der Ablieferung“ zu laufen beginnen, § 933 a I 2 ABGB-E. 188 Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 214, hält zwar national feste Fristen für sinnvoll, international jedoch für unpassend. 189 BGH v. 30.1.1985, BGHZ 93, S. 338 (348), EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 48 zu § 377, BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 104, 107 zu § 377. 190 BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 106 zu § 377.

Das niederländische Kaufrecht erwartet die Anzeige innerhalb angemesse­ ner Zeit (Art. 7:23 I BW: „bekwame tijd")191, ebenso der Entwurf zur Ge­

währleistungsreform in Österreich (§ 933 a I 1 ABGB-E: „innerhalb ange­

messener Frist“).

Diese Formulierung wird auch in Schweden und Finnland generell ver­ wendet („inom skälig tid", § 32 I KpL/KppL), ebenso bei einem Verbrau­ cherkauf in Schweden (§ 23 I KonsKpL) und auch in Dänemark („inden

rimeligtid", § 81 Satz 1 KbL). Auch das englische Recht läßt für die Zurückweisung der Ware eine „reasonable time” ausreichen (sec. 35 IV SGA-GB), die immerhin bis zu wenigen Wochen umfassen kann191 192. 193 Die neueren nationalen Mangelanzeigefristen beruhen auf der Formulierung des UN-KaufrechtsX93wo gleichfalls „innerhalb einer angemessenen Frist”

gerügt werden muß („within a reasonable time”, Art. 39 I CISG). Im frühe­ ren

Einheitskaufrecht hieß

es

zwar noch

„innerhalb

kurzer

Frist”

(„promptly”, Art. 39 I 1 EKG), aber ein signifikanter Unterschied wird darin kaum gesehen194. Auch die Vertragsgrundregeln beziehen sich auf eine „angemessene Zeit / Frist” (Art. 4.102 III, 4.303 II Eur-Princ) respektive auf „a reasonable time” (Art. 7.2.2 e), 7.3.2 II UD-Princ).

Die Rügefristen werden damit in den einzelnen Rechtsordnungen zwar etwas uneinheitlich bestimmt, aber es handelt sich immer um recht kurze Zeiträume^ so daß insoweit keine bedeutsamen Unterschiede für die Durchsetzung der Gewährleistung entstehen195. Die Abweichungen gegenüber den Rechtsordnungen, die eine sofortige Reklamation des Käufers bei der Übergabe der Kaufsache verlangen, entweder für bekannte Mängel - wie Deutschland außerhalb des Handels­ 191 Im Entwurf der Regelung war noch von „kurzer Zeit” die Rede (Art. 7.1.3.5 I NBW-E: „binnen een körte termijn”), da zu diesem Zeitpunkt als damals geltendes Einheitskaufrecht das EKG zugrundegelegt wurde. 192 Bridge, Sale of Goods, 1997, S. 177: „period is unlikely to extend beyond a few weeks“. 193 So auch Basedow, Reform, 1988, S. 60. 194 STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 8 zu Art. 39, Herber, RIW 1980, S. 606. Durch die Angemessenheit wird deutlicher die Flexibilität betont, Feltham, J.B.L 1981, S. 354. 195 Ähnlich bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 213, der die genannten drei Typen von Fristbestimmungen überall „in ähnlicher Weise” angewendet sieht. So wird etwa für das UN-Kaufrecht - wie in Italien oder Portugal - eine Frist von acht Tagen für angemessen gehalten, OLG Jena v. 26.5.2998, OLG Report 1999, S. 4 (5 f.).

kaufs und Griechenland - oder für offensichtliche Mängel - wie Frank­ reich, Belgien und Spanien196 - fallen ebensowenig ins Gewicht, da viele Kaufrechte trotz Untersuchungs- oder Rügefristen bei derartig ins Auge fallenden Mängeln eine sofortige Reaktion des Käufers erwarten197.

In den Staaten, die vom Käufer eine Untersuchung verlangen198, ist der dafür erforderliche Zeitraum in die Frist für die Mangelanzeige mit einzubeziehen, sofern die Länge der Frist nicht konkret festgesetzt ist. Dies gilt ebenso, wenn dem Käufer ein Recht zur Untersuchung eingeräumt wird. So bestimmt es ausdrücklich das englische und das irische Kaufgesetz,

nach deren Regelung dem Käufer in jedem Fall eine Gelegenheit zur Unter­ suchung der Ware eingeräumt werden muß (sec. 34 SGA-GB / sec. 34 II

SGA-IRL: „a reasonable opportunity of examining (the goods)”. Ähnlich wirkt eine Bestimmung für den Handelskauf in Spanien, nach der angenommen wird, daß der Käufer sich die Befugnis vorbehält, die Wa­

re zu prüfen, wenn sie nicht nach Ansicht oder einer bestimmten Güte ge­ kauft wurde (Art. 328 I CgoCom: „que el comprador se reserva la facultad de examinarlos"). Auch nach deutschem Handelsrecht muß dem Käufer immer die Mög­

lichkeit für eine Begutachtung der Kaufsache gewährt werden, so daß ihm ein Recht auf Untersuchung zusteht199.

Eine zusätzliche Differenzierung könnte sich aus der Frage ergeben, welche der Parteien das Risiko des rechtzeitigen Eintreffens der Mängelanzeige beim Verkäufer trägt. Es wird jedoch regelmäßig als ausreichend ange­ sehen, daß der Käufer für die rechtzeitige Absendung der Anzeige Sorge trägt. Das deutsche und das österreichische Handelsrecht erlegen ausdrücklich dem Verkäufer die Verzögerungsgefahr durch die Übermittlung auf (§ 377 IV HGB: „genügt die rechtzeitige Absendung”200). Dies gilt analog

auch für den Vorbehalt nach § 464 BGB201.

196 S. o. (1). 197 S. o. (1). 198 S. o. (1) (a). 199 So BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 72 zu § 377. 200 Es bleibt dagegen beim Erfordernis des Zugangs der Mängelanzeige beim Ver­ käufer, BGH v. 13.5.1987, BGHZ 101, S. 49 (52), EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 58, BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 142 zu § 377, so daß die Verlust­ gefahr beim Käufer liegt; ebenso in der Schweiz, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I,

Auch in Italien kommt es für die Rechtzeitigkeit („tempestivit") der Anzeige auf deren Abgabe, nicht auf deren Eintreffen beim Empfänger,

an202 .

Ebenso fuhrt in Dänemark der Umstand, daß die Mitteilung nach § 52 KbL verzögert wird („meddelelsen forsinkes”), nicht zum Rechtsverlust für den Absender („medfrer det ikke tab af ret for afsenderen”, § 61 KbL). Dies bezieht sich auch auf den Verbraucherkauf (§ 86 KbL).

Das gleiche gilt nach dem schwedischen und finnischen Kaufgesetz. Dort darf man sich auf eine Mitteilung auch berufen („far meddelandet

äberopas”), wenn diese sich verspätet hat („om det försenas”, § 82 Satz 1 KpL/KppL, § 47 Satz 1 KonsKpL). Im Internationalen Einheitskaufrecht wird generell für Anzeigen und ähn­ liche Mitteilungen, damit also auch für die Mängelrüge, ausdrücklich be­ stimmt, daß „eine Verzögerung ... bei der Übermittlung” nicht schadet203 201 202

(„adelay ... in the transmission”, Art. 27 CISG, ebenso speziell für die Mängelrüge früher Art. 39 III EKG)204. Auch die Europäischen Vertragsgrundregeln weisen das Übermittlungs­

risiko für jegliche Art von „Anzeigen” gegenüber einer nichterfüllenden Partei dieser zu205: „wird diese Anzeige ordnungsgemäß abgesandt ... so steht eine Verzögerung ... der Wirksamkeit ... nicht entgegen” (Art. 1.110 II Eur-Princ). Das gilt auch für das Verlangen des Käufers nach Nacherfül­ lung und Vertragsaufhebung206.

(4) Ergebnis

Eine Information des Verkäufers darüber, daß ein Sachmangel vorliegt, der aller Wahrscheinlichkeit nach zur Erhebung von Gewährleistungsansprü­ chen durch den Käufer fuhrt, ist grundsätzlich sinnvoll, weil damit dem 1992, Rdnr. 10 zu Art. 201. Anders dagegen auf der Grundlage eines mit der deutschen Regelung übereinstimmenden Wortlauts die österreichische Rechtsprechung, OGH v. 5.10.1966, ÖJZ 1967, S. 437, OGH v. 3.11.1961, ÖJZ 1962, S. 71, Nowotny, RdW 1988, S. 2. 201 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 17 zu § 464. 202 Cian/Trabucchi, Commentario, 1989, Anm. II.2 zu Art. 1495. 203 Damit soll jedoch nur das reine Verzögerungsrisiko bei so rechtzeitiger Absen­ dung, daß unter normalen Umständen die Frist eingehalten worden wäre, gemeint sein, während eine Absendung am Ende der Frist nicht gedeckt sei, Schlechtriem/ Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 11 zu Art. 27. 204 Das Risiko des Nichteintreffens wird ausdrücklich mit erfaßt. 205 Als Begründung wird nur angegeben, dies sei in diesen Fällen „appropriate”, Lando/Beale, Principles, 1995, S. 66. 206 Ausdrücklich a.a.O., S. 67.

Verkäufer die Unsicherheit genommen wird, ob er Ansprüche des Käufers zu erwarten hat. Allerdings wird diese Unsicherheit nur zum Teil beseitigt, denn es bleibt vor allem offen, welche Rechtsbehelfe der Käufer ergreifen will, so daß der Verkäufer insoweit noch nicht disponieren kann. Eine genauere Untersuchung dürfte typischerweise nur von erfahrenen Käufern, in der Regel also von Gewerbetreibenden, mindestens ebenso sinnvoll durchzufuhren sein wie auf der Verkäuferseite. Beim Zivilkauf sollten daher die Mängel angezeigt werden, wenn sie nicht mehr übersehen werden konnten. Der Zeitpunkt der positiven Kenntnis des Mangels durch den Käufer ist dagegen überhaupt nicht mehr abschätzbar und kann vom Verkäufer auch kaum nachgewiesen werden, so daß darauf nicht abgestellt werden sollte. Die Frist zur Mängelanzeige kann kurz bemessen werden, da nur noch der Aufwand für die Rüge selbst berücksichtigt werden muß. •

bb) An bestimmbare Ereignisse anknüpfende Fristen (Verjährungs- und Ausschlußfristen) Eine weitere Einschränkung für die Durchsetzung von Sachmängelansprü ­ chen stellt auf besondere, gegenüber den allgemeinen Verjährungs- oder Ausschlußfristen kurze Zeiträume ab, außerhalb deren der Käufer gehin­ dert ist, seine Rechtsbehelfe gegenüber dem Verkäufer gerichtlich durch­ zusetzen. Als Begründung für die Festsetzung kurzer absoluter Gewährlei­ stungsfristen werden zum einen die mit zunehmender Zeitspanne erhöhten Beweisschwierigkeiten angeführt, zum anderen die für den Verkäufer wichtige Dispositionssicherheit, die sich auf allgemeiner Ebene in dem Bedürfnis nach Rechtsfrieden innerhalb einer absehbaren Zeit widerspie­ gelt207.

207 In Deutschland allgemein zum Zweck der Verjährung BGH v. 16.6.1972, BGHZ 59, S. 72 (74): „Sicherheit des Rechtsverkehrs und Rechtsfrieden”, ebenso die Motivell, 1896, S. 238, vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 1 ff. zu § 477, allgemein PETERS/ZIMMERMANN, in: Gutachten, 1981, S. 189 f., Flume, Eigen­ schaftsirrtum, 1948 (1975), S. 135 Fn. 21: „endgültig Ruhe”. In der Schweiz BG v. 2.3.1976, BGE 102 II S. 97 (102): „Schaffung baldiger Klarheit“, zu den Beweis­ schwierigkeiten HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 1 zu Art. 210. In Italien Bianca, vendita, 1993, S. 1050 Fn. 1 (n. 451): „opportunit di una pronta definizione del rapporto", „non rendere eccessivamente difficile la posizione del venditore”. Allgemein rechtsvergleichend zum Schuldnerschutz in Verbindung mit der Wahrung des Rechtsfriedens Girsberger, Verjährung, 1989, S. 86, ebenso zum Zweck des UN-Verjährungsübereinkommens a.a.O., S. 168.

In allen Rechtsordnungen finden sich derartige auf den bloßen Zeitablauf abstellende Begrenzungen der Gewährleistung, die Länge der dafür bestimmten Fristen (unten (1).) sowie der Zeitpunkt, in dem sie zu laufen beginnen (unten (2).), unterscheiden sich jedoch. (1) Länge der Verjährungs- und Ausschlußfristen

In den hier betrachteten Rechtsordnungen werden ganz unterschiedliche absolute Zeiträume bestimmt, während der die Sachmängelansprüche durchgesetzt werden können.

Die größte Gruppe einzelstaatlicher Rechtsordnungen setzt kurze Fristen von einem halben oder einem Jahr. Für die hier betrachteten beweglichen Sachen gilt in Deutschland eine Frist von sechs Monaten (§ 477 I BGB), ebenso in Griechenland (Art. 554 AK), in Österreich (§ 933 I ABGB), in Spanien (Art. 1490 CgoC) sowie in Portugal (Art. 916.° II CgoC). In Italien hat der Käufer dagegen ein Jahr Zeit (Art. 1495 III CceC)208, ebenso in der Schweiz (Art. 210 1 OR) und in

Dänemark (§§ 54, 83 KbL).

Die moderneren Kaufrechte, einschließlich der internationalen Regelungen, sowie die neuesten Entwürfe legen dagegen längere Zeiträume von zwei, drei oder sogar vier Jahren fest209. 210 So hat in Schweden und Finnland erst nach dem Ablauf von zwei Jahren der Verkäufer nicht mehr mit Sachmängelansprüchen des Käufers zu rech­ nen (§32 II KpL/KppL), dies gilt gleichfalls bei Verbraucherkäufen

(§ 23 III KonsKpL). Auch das niederländische Zivilgesetzbuch bestimmt eine Frist von zwei Jahren (Art. 7:23 II BW).

Im Internationalen Kaufrecht stehen dem Käufer ebenfalls zwei Jahre zur Verfügung (Art. 39 II CISG, früher Art. 39 I 3 EKG). Das UN-Verjährungsübereinkommen sieht dagegen eine endgültige Frist von vier Jahren vor (Art. 8 UNVerjÜ)210.

208 Bei der besonderen Garantie für die gute Gebrauchsfähigkeit läuft dagegen eine sechsmonatige Frist (Art. 1512 I 2 CceC). 209 Für „durchaus zwei bis drei Jahre” bei einer europäischen Regelung auch SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 63. 210 Dieser Zeitraum beruht auf einem Kompromiß zwischen der noch im Entwurf für offene Mängel ausreichend gehaltenen Zweijahresfrist und der für verdeckte Mängel als erforderlich angesehenen acht Jahre, allerdings beschränkt auf zwei Jahre ab Entdekkung, dazu Girsberger, Verjährung, 1989, S. 172.

Nach der EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf beträgt die Ver­ jährungsfrist (mindestens) zwei Jahre (Art. 5 12 VbrKfRil)211, außerdem

gilt eine Ausschlußfrist von zwei Jahren, in der „die Vertragswidrigkeit ... offenbar werden muß“ (Art. 5 11 VbrKfRil). Die Erwägung, für die Ersatz­ lieferung sowie die Vertragsaufhebung eine Verjährung von nur einem Jahr vorzusehen (Art. 3 IV 2 VbrKfRil-E), wurde dagegen fallen gelassen212.

Für gebrauchte Güter wird es den Mitgliedstaaten überlassen, vertragliche Verkürzungen der Verjährungsfrist zuzulassen, sofern sie nicht ein Jahr un­

terschreiten (Art. 7 I 2, 3 VbrKfRil).

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich sollen in Zukunft die als zu kurz empfundenen213 Halbjahres-Fristen auf drei Jahre verlängert werden. Dies schlägt sowohl die deutsche Schuldrechtskommission im Rahmen einer generellen Verjährung vertraglicher Ansprüche vor (§ 195 I BGB-KE)214

wie der österreichische Entwurf zur Gewährleistungsreform von 1995 (§ 933 I ABGB-E)215.

Eine andere Gruppe von Rechtsordnungen verzichtet auf die Festlegung genauer Fristen für die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen und hält diese flexibel.

211 Sie soll einen „gewissen Kompromiß zwischen den in den einzelnen Mitglied­ staaten geltende Fristen” darstellen, Abs. 3 Begrdg zu Art. 3 I VbrKfRil-E. Das erscheint fraglich, da alle Mitgliedstaaten bis auf drei - abgesehen von England und Irland bezüglich Schadensersatz - kürzere Zeiträume festlegen. Es hat wohl eher eine Orientierung am UN-Kaufrecht stattgefunden, wie aus dem Hinweis auf die Überein­ stimmung mit dieser Regelung zu ersehen ist, Abs. 4 Begrdg zu Art. 3 IV VbrKfRil-E. 212 Damit sollten diese Rechtsbehelfe, weil sie „im Laufe der Zeit umso unzweck­ mäßiger werden”, besonders begrenzt werden, Abs. 5 Begrdg zu Art. 3 IV VbrKfRil-E. Zu ähnlichen Begrenzungen dieser Rechtsbehelfe durch relative Fristen s. o. aa), vor (1). 213 Schuldrechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 47; dagegen Wendel, Entwicklung, 1994, S. 213 f., der vor allem wegen der zunehmenden Beweisschwierig­ keiten für eine Frist von einem Jahr eintritt. In Österreich etwa Krejci, in: Reform, 1994, S. 146 f. 214 Daher beruht auch hier die Länge der Frist auf einem Kompromiß zwischen einem Zweijahres-Zeitraum, der für Mängelansprüche als angemessen angesehen wird, und vier Jahren, die für Erfüllungsansprüche zutreffender seien, Abschlußbericht, 1992, S. 46. Im Gutachten waren dagegen eine Anzeigefrist von zwei Jahren (§ 477 a Satz 1 BGB-GE) sowie eine Verjährungsfrist innerhalb von einem Jahr nach der Anzeige (§ 477 b BGB-GE) vorgesehen, so daß der Käufer im Ergebnis im Höchstfall ebenfalls drei Jahre seinen Anspruch durchsetzen könnte, Huber, Gutachten I, 1980, S. 685. 215 Dazu Terlitza, JAP 1994/95, S.272.

So muß der Käufer in Frankreich und Belgien die Sachmängel innerhalb

einer kurzen Frist „bref dlai"l „körte tijd”) geltend machen (Art. 1648 CdeC / BW)216. Dabei bestimmt sich der Zeitraum nach der Art der Mängel sowie nach den lokalen Bräuchen („naar de aard van de ... gebreken en de

gebruiken ... ", Art. 1648 BW) so daß keine Regel erkennbar ist, sondern dem Gericht ein weiter Ermessensspielraum eröffnet wird217. Die Zeiträume liegen jedoch eher im unteren Bereich der hier erörterten Fristen, da bis zu etwa vier Monaten eine Einhaltung der kurzen Frist angenommen wurde218.

Auch in England und Irland wird keine besondere Frist festgelegt. Für die Vertragsaufhebung gilt in England eine angemessene Frist, bevor eine Annahme der Kaufsache angenommen werden kann, die diesen Rechtsbehelf ausschließt (sec. 35 SGA-GB), ähnlich in Irland219. 220 Schadensersatzan­

sprüche wegen mangelhafter Ware werden dagegen allein nach den allge­ meinen Verjährungsregeln behandelt, die dem Gläubiger für alle Vertragsan­

sprüche sechs Jahre Zeit lassen (sec. 5 Limitation Act 1980 / sec. Illa) Statute of Limitations 1957).

Bei der Bemessung des Zeitraums für eine endgültige - gerichtliche Durchsetzung der Sachmängelansprüche ist schließlich zu berücksichtigen, daß in den Rechtsordnungen, die keine besondere Verjährungsfrist fest­ legen, sondern allein eine absolute Frist für die Information des Verkäufers durch eine Mängelanzeige bestimmen, die jeweils geltende Verjährungsfrist anzusetzen oder sogar hinzuzurechnen ist. Damit verlängern sich die Gesamtfristen nicht unerheblich und die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen vergrößern sich. So kann nach dänischem Recht der Käufer bei Erhebung der Mängelrüge

innerhalb eines Jahres gern. § 54 KbL bis zu fünf Jahre mit der endgültigen

Durchsetzung seiner Forderungen warten (§ 1 Verjährungsgesetz 1908). Das gleiche gilt in Schweden, wo bei einer Einhaltung der Zwei­

jahresfrist durch Reklamation insgesamt 10 Jahre Zeit bleiben (§2 1 PreskrL220).

216 Zur Form der Erhebung, hier durch Klage, u. b). 217 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 611, zu Belgien vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 79. Damit handelt es sich um eine Tatsachenfrage. 218 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 34, Bittner, Schutz, 1987, S. 74. Ähnlich WENNER/SCHODEL Rdnr. 160, in: Handbuch 1992, S. 461, die „in den meisten Fällen” eine Frist von sechs bis zwölf Monaten annehmen. 219 S. o. aa) (1) (d). 220 Preskriptionslag, SFS 1981: 130, vgl. Bloth, Produkthaltung, 1993, S. 272.

Nach dem UN-Kaufrecht hat der Käufer in Deutschland sogar zunächst den Zweijahreszeitraum für eine Mängelrüge zur Verfügung (Art. 39 II CISG) und kann bei Ausschöpfung desselben noch weitere sechs Monate entspre­

chend § 477 I 1 BGB warten, bis die endgültige Verjährung eintritt (Art. 3 Satz 1 VertragsG*). Im früheren Einheitskaufrecht war entsprechend zu­ sätzlich zur zweijährigen Rügefrist eine Ausschlußfrist von einem Jahr fest­

gelegt (Art. 49 I EKG), die ebenfalls mit der Rüge zu laufen begann, so daß

dem Käufer danach insgesamt drei Jahre Zeit zur gerichtlichen Durchset­ zung blieben

.

Das UN-Verjährungsübereinkommen verbietet allerdings eine derartige Addition von relativer Anzeige- und absoluter Durchsetzungsfrist (Art. 9 II a) UNVerjÜ: „Der Beginn der Verjährungsfrist wird nicht hinaus-

geschoben durch das Erfordernis einer Mitteilung an eine Partei ...”), so daß bei seiner Anwendung letztendlich vier Jahren zur Verfügung stehen.

Nach der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf bleibt es weiterhin den

Mitgliedstaaten überlassen, wieviel Zeit sie bei einem innerhalb von zwei Jahren auftretenden Sachmangel (Art. 5 11 VbrKfRil) dem Verbraucher zur Durchsetzung seiner Ansprüche belassen. Abgesehen von einer möglichen

Anzeigefrist von mindestens zwei Monaten (Art. 5 II 1 VbrKfRil) wird nur

festgelegt, daß dieser Zeitraum ebenfalls zwei Jahre nicht unterschreiten darf (Art. 5 I 2 VbrKfRil)223 221. 222

Damit bestehen zwischen den betrachteten Rechtsordnungen große Unterschiede hinsichtlich der Länge des Zeitraums, der dem Käufer zur klagweisen Durchsetzung seiner Sachmängelansprüche maximal zur Verfügung steht.

(2) Beginn der Verjährungs- und Ausschlußfristen Allein aus den gesetzlich bestimmten Fristen läßt sich noch nicht erkennen, welche absolute Zeitspanne dem Käufer zur Durchsetzung seiner Gewähr­ leistungsrechte zur Verfügung steht. Dies hängt auch davon ab, zu wel­ chem Zeitpunkt die Frist zu laufen beginnt.

221 Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11.4.1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf v. 5.7.1989, BGBl. II S. 586. 222 Im Gutachten zur deutschen Schuldrechtsreform ist eine solche zweistufige Frist für die Sachmängelhaftung vorgeschlagen worden, s. o. Fn. 214, daher befürwortend auch HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 6 zu § 477. 223 Zu den unterschiedlichen Fristen Faber, JB1 1999, S. 429.

Fast alle einbezogenen Rechtsordnungen stellen für den Beginn der absoluten Fristen auf einen frühen Zeitpunkt, den der Lieferung der Kaufsache, ab. Damit ist die tatsächliche Übergabe und Entgegennahme durch den Käufer gemeint224. Das deutsche Kaufrecht zieht die „Ablieferung” heran (§ 477 I BGB)225, ebenso das griechische (Art. 555 I AK) und das österreichische Recht (§ 933 I 2 ABGB: „von dem Tage der Ablieferung der Sache”)226 sowie die

schweizerische Regelung (Art.210 I OR: „nach deren Ablieferung an den Käufer”). In Italien wird ganz ähnlich die Übergabe der Sache als Fristbeginn be­ stimmt (Art. 1495 III CceC: „dalla consegna”)227, ebenso in Spanien

(Art. 1490 CgoC) und in Portugal (Art. 916.° II CgoC: „apos a entrega da coisa”). Auch in Skandinavien wird auf die Übergabe durch den Verkäufer, wie

in Dänemark (§§ 54, 83 KbL: „efter (salgs)genstandens overgivelse"), oder entsprechend auf die Entgegennahme durch den Käufer, wie in Schweden und Finnland (§ 32 II KpL/KppL, § 23 III KonsKpL: „han har tagit emot

varan”), abgestellt. In England und Irland beginnt die angemessene Frist für die Zurück­ weisung der Ware ebenfalls mit dem Zeitpunkt, wo sie der Käufer ent­ gegengenommen hat und ein Behalten der Kaufsache („retain”) möglich ist

(sec. 35 IV SGA-GB / sec. 35 3.Alt. SGA-IRL). Die eigentliche Verjäh­ rungsfrist für Schadensersatzansprüche beginnt in England mit dem Anlaß

für das Verfahren („the cause of the action accrued”, sec. 5 Limitation Act

224 Für Österreich Koziol/Welser, Grundriß AT SchuldR II, 1992, S. 265, für Griechenland vgl. Chaldoupis Rdnr. 116, in: Handbuch, 1992, S. 523: „unmittelbarer Besitz”, ähnlich Bruegel, in: Unternehmensrecht, 1997, S. 126, Fn. 94, Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 132. 225 Dabei soll es auch nach dem Vorstellungen der Schuldrechtskommission bleiben, § 196 IV 1 BGB-KE: „Übergabe”. Zu den durch die unterschiedlichen Leistungsarten verursachten Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Ablieferungszeitpunktes Tiedtke, JZ 1996, 550 ff., Saenger, NJW 1997, S. 1947 ff. 226 Nur bei einer Zusicherung beginnt die Frist für typischerweise nicht erkennbare Mängel erst ab Erkennbarkeit, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 155, vgl. auch Heller Rdnr. 162, in: Handbuch, 1992, S. 830. 227 Zum Teil stellt die Rechtsprechung bei gewerblichen Käufern auf den Zeitpunkt ab, zu dem der Mangel hätte entdeckt werden können, vgl. Alexander, Produkthaf­ tung, 1993, S. 28, Petri, Produkthaftung, 1998, S. 37. Bei der besonderen Garantie für die gute Gebrauchsfähigkeit läuft die Frist dagegen erst ab Entdeckung („dalla scoperta”, Art. 1512 I 2 CceC).

1980), ähnlich in Irland228, so daß auch hier der Zeitpunkt der vertrags­

widrigen Lieferung ausschlaggebend ist. Im Internationalen Kaufrecht wird präzise der Zeitpunkt herangezogen, an dem „die Ware tatsächlich übergeben worden ist”(„the goods were ac-

tually handed over”, Art. 39 II CISG, früher „Aushändigung der Sache” / „the goods were handed over”, Art. 39 I 3 EKG). Dies gilt ebenso nach dem UN-Verjährungsübereinkommen (Art. 9 I i.V.m. Art. 10 II UNVerjÜ: „die Ware dem Käufer tatsächlich übergeben oder ihre Annahme abgelehnt

wird”).

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf setzt nun dagegen den „Zeitpunkt der Lieferung” an (Art. 5 12 VbrKfRil), während nach dem Entwurf noch etwas präziser auf die „Übergabe“ abgestellt werden sollte (Art. 3 I VbrKfRil-E).

Nach allen diesen Regelungen beginnt die Frist für die Erhebung von Sachmängelansprüchen mit dem Moment, in dem die Kaufsache so in den Bereich des Käufers gelangt ist, daß dieser einen Mangel entdecken kann. Andere Kaufrechte legen den Beginn der absoluten Gewährleistungsfristen dagegen erst auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Entdeckung des Mangels oder der darauffolgenden Mängelrüge. In Frankreich und Belgien wird der Beginn der „kurzen Frist” in Art. 1648 CdeC / BW nicht gesetzlich festgelegt. Die Gerichte setzen jedoch überwie­ gend die Entdeckung des Mangels, also die positive Kenntnis des Käufers,

oder bereits die Erkennbarkeit des Mangels als Anfang der kurzen Klage­ frist fest229. 230

Das niederländische Kaufrecht läßt die Frist erst mit der Information des Verkäufers über die nicht vertragsgemäße Lieferung beginnen (Art. 7:23 II BW: „na de ... gedane kennisgeving")230. Da der Käufer zur Mängelanzeige aber nach Art. 7:23 I 1 BW bereits bei leichter Erkennbar­

228 Vgl. Conrads-Hassel Rdnr. 107, in: Handbuch, 1992, S. 572. 229 Vgl. zum französischen Recht Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2G612, Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 34, Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 79, sowie bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 279, zum belgischen Recht M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 80, Moons Rdnr. 144, in: Handbuch, 1992, S. 111. Gelegentlich wird jedoch auch auf den Lieferungszeitpunkt abgestellt, zu Frankreich vgl. Bittner, Schutz, 1987, S. 72. Auch nach dem „projet” zur Umsetzung der Produkthaftungslinie sollte es in Frankreich beim Zeitpunkt der Erkennbarkeit bleiben, vgl. Flesch, Mängelhaftung, 1994, S. 38. 230 Ebenso der Vorschlag der internationalen Kommission zum EKG, Rabel, Wa­ renkauf II, 1958 (197), S. 288

keit verpflichtet ist231, wird nicht allein auf die tatsächliche Mangelkenntnis

des Käufer abgestellt232.

Mit derartigen Regelungen wird vermieden, daß Ansprüche des Käufers aus einem Sachmangel nicht mehr durchgesetzt werden können, bevor der Mangel überhaupt offenbar geworden ist. Durch die unterschiedlichen Anfangszeitpunkte der Gewährleistungsfristen verändern sich nicht nur die dem Käufer zur Verfügung stehenden Zeit­ räume zur Durchsetzung seiner Rechte. Während die Übergabe der Sache als Fristbeginn wegen der Erkennbarkeit für beide Vertragsparteien die Vorhersehbarkeit des Fristablaufs ermöglicht, fuhrt das Abstellen auf die nicht vorher bestimmbare Entdeckung bzw. Entdeckbarkeit des Mangels oder dessen Anzeige diesbezüglich zu großen Unsicherheiten. Außerdem kommt es im zweiten Fall zu Beweisschwierigkeiten, da der Verkäufer, der sich auf den Ablauf der Frist beruft, keine Information darüber besitzt, wann der Käufer den Mangel entdeckt hat oder entdecken mußte233. Damit kann der Käufer im Ergebnis den Beginn der Frist weitgehend selbst bestimmen. Vom Gesichtspunkt der Dispositionssicherheit für den Verkäufer, und auch des allgemeinen Rechtsfriedens, ist die Anknüpfung der absoluten Gewährleistungsfristen an die Lieferung der Kaufsache zu befürworten, zumal der Käufer von da an die Möglichkeit hat, etwaige Sachmängel festzustellen - vorausgesetzt, die Länge der Frist reicht dafür im Regelfall aus.

cc) Ausnahmen von der zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung Die erörterten Fristen für die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen, seien es solche für die Anzeige von Mängeln oder Ausschluß- und Verjäh­ rungsfristen, werden aus zwei Gründen durchbrochen. Der erste Grund wird im Verhalten des Verkäufers gesehen und führt bei dessen Arglist oder Mangelkenntnis bzw. Kenntnismöglichkeit zur Aufhebung der zeitlichen Gewährleistungsschranke (unten (1).). Ein zweiter Grund liegt in einem verstärkten Schutz des Käufers einer mangelhaften Sache gegen Forderun­

231 S. o. aa) (1) (b). 232 So will auch eine belgische Literaturmeinung bei unvorsichtigen Käufern den hypothetischen Entdeckungszeitpunkt ansetzen, vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 80, Moons Rdnr. 145, in: Handbuch, 1992, S. 112. 233 Ähnlich Schuldrechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 48.

gen des Verkäufers, weshalb nur die aktive Durchsetzung der Rechts­ behelfe des Käufers einer zeitlichen Beschränkung unterstellt wird, nicht aber ihr Einsatz zur Verteidigung gegen Ansprüche des Verkäufers (unten (2)-)(1) Verhaltensverstöße des Verkäufers

In den meisten Rechtsordnungen fuhren bestimmte Verhaltensweisen des Verkäufers dazu, daß die besonderen Gewährleistungsfristen nicht eingrei­ fen. Differenzen bestehen allerdings bezüglich der notwendigen Intensität des Verkäuferverhaltens. Überwiegend wird gegenüber einem vorsätzlich unredlich handelnden Verkäufer von der Voraussetzung einer Rüge abgesehen. Bei arglistigem Verschweigen eines Mangels ist nach deutschem Kaufrecht

weder die kurze Verjährung (§ 477 I 2.HS BGB) noch beim Handelskauf die Rügefrist (§ 377 V HGB) anwendbar. In Zukunft soll die Verjährungs­ frist bei Arglist aber nur auf 10 Jahre verlängert werden (§ 195 IV BGBKE)234.

In Griechenland wird in diesem Fall ebenso die kurze Verjährung ausge­ setzt (Art. 557 AK) - so daß die Regelverjährung von 20 Jahren (Art. 249 AK) Anwendung findet235 236 in Österreich die Rügefrist unter Kaufleuten

(§ 377 V HGB). Ähnlich schließt in der Schweiz eine „absichtliche(r) Täuschung des Käufers” sowohl die Anzeigefrist (Art. 203 OR) wie auch die Verjährungs­ frist aus (Art. 210 III OR).

Auch in Portugal hat der Käufer die Anzeige- und die Verjährungsfrist

bei Arglist des Verkäufers weder beim Handelskauf (Art. 471 CgoCom-P)

noch im übrigen zu beachten (Art. 916.° I 2.HS CgoC: „excepto se ... usado del dolo")236. Ebenso stellt die dänische Regelung auf betrügerisches Handeln des Verkäufers bei der Anzeigefrist (§§ 53, 82 KbL: „steigeren har handlet svig-

agtigt”) wie bei der Ausschlußfrist (§ 54 KbL) ab.

234 Damit soll die „Sonderbehandlung” vertraglicher gegenüber deliktischer Arglist beseitigt werden, Schuldrechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 53. 235 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 135. 236 Nach der allgemeinen Frist für Anfechtungen hat der Käufer daher innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Arglist Klage zu erheben (Art. 287.° CgoC), wobei die Kenntniserlangung noch 20 Jahre nach Übergabe der Sache erfolgen kann, vgl. Frölich-Pereira, Haftung, 1994, S. 24.

Eine Aussetzung der Frist sieht auch das niederländische Kaufrecht bei einer vorsätzlichen Hinderung des Käufers an der Ausübung seiner Rechte durch den Verkäufer vor (Art. 7:23 III BW: „De termijn loopt niet zolang de koper zijn rechten niet kan uitoefenen als gevolg van opzet van de verkoper”)237. In England und Irland wird die allgemeine vertragliche Verjährungsfrist nur

bei Betrug verändert. Sie wird allerdings nicht völlig beseitigt, sondern ihr Beginn verschiebt sich auf den Zeitpunkt, zum dem das betrügerische Ver­ halten erkannt wurde oder hätte erkannt werden können, so in Irland

sec. 71 I Statute of Limitations 1957. Ein derartige Verschiebung wird auch durch das UN-Verjährungs­ übereinkommen bei Ansprüchen aufgrund einer „Täuschung” vorgenom­ men, Art. 10 III UNVerjÜ.

Andere Kaufrechte stellen dagegen auf die Kenntnis des Verkäufers vom Mangel ab, überwiegend reicht sogar fahrlässige Unkenntnis. Nach italienischem Kaufrecht entfallt die Anzeigepflicht, aber nicht die

kurze Verjährungsfrist, wenn der Verkäufer das Vorhandensein des Mangels

anerkennt oder ihn verheimlicht (Art. 1495 II CceC: „se il venditore ha riconosciuto l’esistenza del vizio o l‘ha occultato").

Das dänische Kaufrecht bezieht bei der Anzeigefrist schon eine grobe Nachlässigkeit des Verkäufers ein („han har gjort sig skyldig i grov

uagtsomhed”), verlangt aber darüberhinaus die Verursachung eines bedeu­

tenden Schadens beim Käufer („betydelig skade for koberen”, § 53 KbL). Auch in Schweden und Finnland fuhrt bereits die grobe Fahrlässigkeit

des Verkäufers („„säljaren har handlat grovt värdslöst”, § 33 KpL/KpL, ebenso § 24 KonsKpL), ohne Beschränkung auf erhebliche Schäden, zur

Aufhebung sowohl der Anzeige- wie der Ausschlußfrist. Das niederländische Recht berücksichtigt für die Anzeigefrist zwar ebenfalls, daß der Verkäufer die zugrundeliegenden Tatsachen kennt oder kennen mußte und sie dennoch dem Käufer nicht mitgeteilt hat („op feiten

die (de verkoper) kende of behoorde te kennen doch die hij niet heeft meege-

deeld"), erläßt dem Käufer jedoch nicht die Rügepflicht sondern erleichtert

237 Dies soll auch nach der allgemeinen Regelung im UN-Verjährungsüberein­ kommen gelten, nach der die Hinderung einer Unterbrechung der Verjährungsfrist durch einen „Umstand, auf den (der Gläubiger) keinen Einfluß hatte”, die Frist bis auf ein Jahr nach Wegfall des Umstandes verlängert, Art. 21 UNVerjÜ, vgl. Girsberger, Verjährung, 1989, S. 173.

sie ihm nur, da er den Mangel erst nach Entdeckung anzeigen muß („dan moet de kennisgeving ... na de ontdekking geschieden”, Art. 7:23 I 2 BW).

Ganz ähnlich beseitigt das Internationale Kaufrecht die Anzeige- sowie die Ausschlußfrist, wenn der Verkäufer die Mängel „kannte oder ... nicht in

Unkenntnis sein konnte und ... dem Käufer nicht offenbart hat” („knew or could not have been unaware and ... did not disclose to the buyer” Art. 40

CISG, ebenso früher Art. 40 EKG).

Ein noch geringerer Verhaltensverstoß des Verkäufers reicht meist nur im Bereich des Verbraucherkaufs aus, um die Wirkung der besonderen Gewährleistungsfristen aufzuheben. So wirkt in Dänemark bei Käufen von Verbrauchern weder die Anzeige-

noch die Ausschlußfrist, wenn der Verkäufer den Grundsätzen der allgemei­

nen Ehrbarkeit zuwider gehandelt hat (§ 82, 83 KbL: „steigeren har handlet i strid med almindelig hderlighed"). Auch nach dem schwedischen Konsumentenkaufgesetz entfallt sowohl

die Anzeige- wie die Ausschlußfrist, wenn der Verkäufer im Gegensatz zu Treu und Glauben handelt („säljaren har handlat ... i strid mot tro och he-

der”, § 24 KonsKpL). In Schweden und Finnland gilt dies jedoch auch für Zivilkäufe (§ 33 KpL/KppL).

In der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sind zwar keine Ausnahmen von der den Mitgliedstaaten zur Wahl gestellten Anzeige- oder der Aus­

schlußfrist vorgesehen (Art. 5 II 1 VbrKfRil), aber da die Aufhebung zeitli­ cher Durchsetzungsbeschränkungen den Verbraucher günstiger stellen wür­ de,

können

sie

„erlassen

oder

aufrechterhalten“

werden

(Art. 8II

VbrKfRil).

In einigen Rechtsordnungen werden keine auf dem Verhalten des Verkäu­ fers beruhende Ausnahmen von der zeitlichen Begrenzung der Gewähr­ leistung festgelegt. Dies betrifft in erster Linie die älteren romanischen Rechte Frankreichs und Belgiens, welche keine exakten Fristen kennen, sowie Spanien, außerdem Österreich und - abgesehen von der allgemeinen vertraglichen Verjährung - England und Irland. Damit werden dort in bezug auf die absoluten Fristen vor allem arglistige Verkäufer besser gestellt, als in den anderen Rechtsordnungen. Die Außerkraftsetzung der Gewährleistungsfristen bei arglistigem Ver­ halten sowie - vor allem bei den Anzeigefristen - auch bei grober Fahrläs­ sigkeit des Verkäufers entzieht diesem den Schutz der zeitlichen Begren­

zung238. Damit erhöht sie die Sanktionswirkung der Sachmängelansprüche des Käufers in diesen Fällen und ist daher für die Funktion der Gewähr­ leistung durchaus hilfreich, geht allerdings auf Kosten des von Durch­ setzungsfristen ebenfalls bezweckten Rechtsfriedens und der Vermeidung von zunehmenden Beweisschwierigkeiten. (2) Erhebung von Sachmängelansprüchen zur Verteidigung gegen Forderungen des Verkäufers

Ist der passive - oder besser weniger aktive - Einsatz der Sachmängel­ ansprüche, wie in einigen Rechtsordnungen, im Gegensatz zu ihrer aktiven Durchsetzung zeitlich unbegrenzt möglich, dann verbessert sich in diesen Fällen einer asymmetrischen zeitlichen Beschränkung die prozessuale Situation des Käufers und damit der Wirkungsgrad der Gewährleistung. Die Möglichkeit für den Käufer, seine Ansprüche wegen der mangel­ haften Kaufsache als Gegenrecht und damit als Hindernis für die Durch­ setzung der Verkäuferansprüche einzusetzen, wird in einigen Rechtsord­ nungen nicht den zeitlichen Beschränkungen unterworfen, die für eine aktive Durchsetzung der Rechtsbehelfe gelten. So legt das deutsche Kaufrecht ausdrücklich fest, daß der Käufer „auch nach der Vollendung der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises ... verwei­

gern” kann, wenn er innerhalb der kurzen Verjährungsfrist „den Mangel dem Verkäufer angezeigt” hat (§ 478 I 1 BGB)239. Dies gilt dem Wortlaut nach zwar nur für Wandelung und Minderung, aber die Rechtsprechung hat

diese Erleichterung, ohne eine Aufrechnung nach § 479 BGB zu verlangen, auch auf den Schadensersatzanspruch ausgedehnt240, und für die Nachlie­ ferung kann eigentlich nichts anderes gelten241. Auch bei Nachbesserungs­ ansprüchen hält die Rechtsprechung eine analoge Anwendung des § 478 BGB für geboten242. In Österreich wird ebenso unter der Voraussetzung einer Mängelanzeige

innerhalb der Verjährungsfrist die „Geltendmachung durch Einrede ... dem

238 So etwa auch Schuldrechtskommission, Abschlußbericht, 1992, S. 52. 239 Die Schuldrechtskommission will diese Regelung jedoch beseitigen, im allge­ meinen Verjährungsrecht ist keine entsprechende Ausnahme mehr vorgesehen. Nach dem Gutachten sollte dagegen die Mängeleinrede bei rechtzeitiger Anzeige des Mangels erhalten werden, § 478 BGB-GE, Huber, Gutachten I, 1980, S. 685. 240 S. u. 5.b). 241 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 36 zu § 480. 242 BGH v. 15.12.1969, BGHZ 53, S. 122 (126), vgl. HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 16 zu § 478.

Erwerber vorbehalten” (§ 933 II ABGB), ohne daß einzelne Rechtsbehelfe erwähnt werden243.

So bestimmt es auch das schweizerische Kaufrecht, wenn die Mängel rechtzeitig angezeigt wurden (Art. 210 II OR: „Einreden des Käufers ...

bleiben bestehen”). Nach griechischem Recht kann der Käufer gleichfalls bei Mängelanzeige

innerhalb der Verjährungsfrist „auch nach Vollendung der Verjährung seine Rechte ... durch Einwendung geltend machen” (Art. 558 AK). Bei Wande­

lung und Minderung könnte man die Mitteilung an den Verkäufer über den

Sachmangel zwar unter Umständen schon als Gestaltungserklärung aus­

legen, aber wohl nur dann, wenn klar wird, welchen Rechtsbehelf der Käu­ fer wählt.

Während es in den bisher erwähnten - mitteleuropäischen - Rechtsordnun­ gen zur Erhaltung der Verteidigungsmöglichkeit ausreicht, wenn der Käufer innerhalb der absoluten Gewährleistungsfrist für Gewährleistungs­ ansprüche eine Mängelrüge erhebt244, stellen andere Kaufrechte, die Anzeigefristen kennen, auf die Einhaltung dieser kürzeren Zeiträume ab. Das italienische Kaufrecht ermöglicht es dem Käufer nur dann, gegen die

Klage auf Durchführung des Vertrages die verjährten Gewährleistungs­ ansprüche noch geltend zu machen, wenn der Mangel der Sache außer wäh­

rend der einjährigen Verjährungsfrist innerhalb der Anzeigefrist mitgeteilt worden ist (Art. 1495 III CceC: „purche il vizio della cosa sia stato denun-

ziato entro Otto giomi dalla scoperta ö prima del decorso dell’anno dalla consegna”). Damit wird die generell bei Sachmängelansprüchen geltende Rügefrist für erkannte Mängel245 auf die Erhaltung der Verteidigungsmög­

lichkeit übertragen246. Auch in den Niederlanden gilt die Ausschlußfrist von zwei Jahren seit

Mängelrüge nur für die aktive Erhebung der Rechtsbehelfe durch den Käu­

fer. Dieser behält nach Ablauf dieses Zeitraums die Berechtigung, einer 243 Dabei hebt aber, anders als im deutschen Recht, die berechtigte Einrede der Wandelung im Prozeß auch nach Ablauf der Verjährungsfrist den Vertrag auf und begründet Rückabwicklungsansprüche, OGH v. 25.10.1994, JB1 1995, S. 322 (323), s. u. 5. b). 244 In Deutschland reicht sogar deren Absendung in diesem Zeitraum, § 478 I 1 BGB. 245 Dazu o. aa) (1) (c). 246 Nach der italienischen Rechtsprechung reicht hier auch nicht die Absendung („spedizione") der Mängelanzeige innerhalb der kurzen Frist, sondern es gilt deren Empfang („ricezione"), Bianca, vendita, 1993, S. 1028 (n. 445), anders dagegen Patti/Cubeddu Rdnr. 133, in: Handbuch, 1992, S. 621.

Forderung auf Zahlung des Preises Minderungs- oder Schadensersatz­

ansprüche entgegenzuhalten (Art. 7:23 II 2 BW: „de koper behoudt de bevoegdheid om aan een vordering tot betaling van de prijs zijn recht ... tegen

te werpen"). Das UN-Verjährungsübereinkommen läßt es dagegen ohne weitere Voraus­

setzungen zu, daß sich Partei „ungeachtet des Ablaufs der Verjährungsfrist ... auf ihren Anspruch als Verteidigungsmittel" beruft (Art. 25 II l.HS UNVerjÜ).

Die eben erörterten Regelungen schließen die Verjährung und damit die zeitliche Begrenzung der Gewährleistung dann aus, wenn der Käufer Sachmängelansprüche „passiv”, also zur Abwehr von Ansprüchen des Verkäufers, geltend macht. Damit verbessern sie die Stellung des Käufers und verstärken die Wirkung der Gewährleistung2^. Dies gilt allerdings nach den einzelstaatlichen gesetzlichen Regelungen nur dann, wenn der Verkäufer über eine eventuelle Fehlerhaftigkeit der Sache innerhalb eines bestimmten Zeitraums informiert ist und sich somit auf eine Inanspruch­ nahme durch den Käufer einstellen muß. Als Begründung für eine zeitlich unbegrenzte Verteidigungsmöglichkeit der Käufer mit Sachmängelansprüchen wurde in Deutschland vor allem deren Abneigung vor einer Klageerhebung angeführt247 248, die dazu führen würde, daß nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist der Verkäufer durch bloßes Abwarten seine Ansprüche ungeschmälert durchsetzen könne. Die durch die kurze Verjährung bezweckte schnelle Abwicklung249 wird damit zwar verhindert, aber der Verkäufer hat es jederzeit in der Hand, durch eine eigene Klage klare Verhältnisse zu schaffen.

Eine Ausdehnung der Verteidigungsmöglichkeiten des Käufers durch die Berufung auf Sachmängel über den Zeitraum der aktiven Durchsetzung der Rechtsbehelfe hinaus ist dann gerechtfertigt, wenn der Verkäufer über die Mängel frühzeitig informiert worden ist, so daß er sich auf eine Inan­ 247 Die österreichische Rechtsprechung gibt dem Käufer noch einen zusätzlichen Vorteil, da auch nach Ablauf der Verjährung bei berechtigter Wandelungseinrede dieser Rechtsbehelf voll wirksam wird und der Käufer nun auch die Rückzahlung bereits geleisteter Anzahlungen vom Verkäufer verlangen kann, OGH v. 25.10.1994, JB1 1995, S. 322 (323). 248 So die Gutachterlichen Äußerungen zum 1. Entwurf des BGB, Bd. II, 1887/88, S. 145, vgl. Wendel, Entwicklung, 1994, S. 100. Damit wird die oben 5. b), erwähnte „Klagelast” für ausschlaggebend gehalten. 249 Dazu s. o. aa).

spruchnahme durch den Käufer einstellen kann. Sinnvoll ist ein derartiger asymmetrischer Fristenlauf jedoch nur bei kurzen Gewährleistungsfristen, wie sie in den meisten Rechtsordnungen, die eine Erhaltung der Mängelein­ rede vorsehen, bestehen250. Bei längeren Verjährungsfristen kann dagegen auf eine noch weitere Ausdehnung der Verteidigungsmöglichkeiten des Käufers verzichtet werden, zumal der Verkäufer kaum über einen derar­ tigen Zeitraum seine Ansprüche gegen den Käufer zurückhalten wird.

dd) Ergebnis Verjährungs- und Ausschlußfristen schränken in der Regel die Durch­ setzung der Gewährleistung stärker ein als Anzeigefristen, weil sie ganz überwiegend unabhängig von der Aufdeckung eines Mangels die dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe abschneiden. Läßt man dagegen auch diese Fristen erst mit der tatsächlichen Kenntnis der Mängel beginnen, dann entfalten sie nicht die beabsichtigte Wirkung, in einem überschaubaren Zeitraum für Dispositionssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen. Entweder stellt man auch hier, wie bei den Anzeigefristen, auf die Ent­ deckbarkeit der Sachmängel ab - in diesem Fall kann man sich auf kurze Fristen, wie in Frankreich und Belgien, beschränken -, oder man setzt nur eine weiträumige Frist, z.B. 5 Jahre, die die Parteien, vor allem den Verkäufer, dazu veranlassen dürfte, individuelle am jeweiligen Produkt oder an anderen Umständen ausgerichtete Gewährleistungsfristen zu vereinbaren251.

b) Die prozessualen Besonderheiten der zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung

Die Unterschiede zwischen den Regelungen, die eine Durchsetzung der Sachmängelansprüche des Käufers auf bestimmte Zeiträume begrenzen, betrifft nicht nur die Art der Fristen, ihre Dauer oder ihren Beginn252, sondern auch die Fragen, auf welche Weise der Verkäufer den Fristablauf 250 So in Deutschland, Österreich und Griechenland sechs Monate, in Italien und der Schweiz ein Jahr, in den Niederlanden allerdings zwei Jahre, dazu o. bb) (1). 251 Für ähnlich flexible Fristen Schäfer/Ott, Lehrbuch, 1995, S. 402 f., die eine objektive Ausrichtung an der „Lebensdauer” des jeweiligen Produkts befürworten. Diese Regelung existiert bereits beim griechischen Verbraucherkauf, wo der Händler zu Abgabe einer Garantie verpflichtet wird, die in einem „angemessenen Verhältnis zur voraussichtlichen Lebensdauer des Produkts” steht, Art. 5 III 3 Ges.2251/1994. Ebenso ECLG in der Stellungnahme zum Grünbuch Zff. 15, JConsPol 1994, S. 365. 252 Dazu o. a).

im Zivilverfahren geltend zu machen hat (unten aa.), und was andererseits der Käufer tun muß, um die Frist einzuhalten (unten bb ).

Ähnlich wie bei den Verteidigungsmöglichkeiten des Käufers253 kommt es in diesem Fall für den Aufwand des Verkäufers darauf an, ob der Zeitablauf von Amts wegen im Gerichtsverfahren zu beachten ist oder ob ein aktives Verhalten der Partei erwartet wird. Auf die Durchsetzung der Gewährlei­ stung wirkt sich aber wohl stärker aus, mit welchen Mitteln der Käufer die gesetzte Frist einhalten bzw. wie er sie unterbrechen kann. Wird dafür die Erhebung einer Klage verlangt, so sinkt aufgrund der Belastung für den Käufer254 die Durchsetzungswahrscheinlichkeit für Sachmängelansprüche gegenüber der Möglichkeit einer Fristwahrung durch bloße Erklärung. Eine dadurch eintretende Schwächung der Gewährleistungsfunktion wird zum Teil kompensiert, wenn die Verjährungswirkung sich nicht auf die Verteidigungsmöglichkeit des Käufers erstreckt255.

aa) Die Verteidigung des Verkäufers mit Gewährleistungsfristen gegen Sachmängelansprüche des Käufers

Die Frage, auf welche Weise der Verkäufer sich mit dem Zeitablauf gegen Ansprüche des Käufers wegen der Lieferung einer mangelhaften Sache verteidigen kann, richtet sich in erster Linie nach der Art der Gewähr­ leistungsfristen. Die kaufrechtlichen Regelungen, die innerhalb einer bestimmten Zeit vom Käufer eine Mängelrüge verlangen256, 257 sind in der Regel von Amts wegen zu beachten, da die Anzeige des Sachmangels als Anspruchsvoraussetzung angesehen wird. So ist die deutsche handelsrechtliche Rügefrist nach § 377 II HGB von den

Gerichten von Amts wegen zu beachten

.

In Italien wird die Ausschlußfrist für die Mängelanzeige des Käufers nach Art. 1495 I CceC zwar in Unterscheidung zur Verjährungsfrist gern.

253 Dazu u. 5.b). 254 Zur Klagelast u. 5. 255 Dazu o. a) cc) (2). 256 S. o. a) aa). 257 EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 63 zu § 377, a.A. etwa Fabricius, JZ 1965, S. 271 ff.

Art. 1495 III CceC als „Verwirkung” („decadenza”) bezeichnet258. Aller­

dings sind nach italienischem Recht derartige Verwirkungen nur von Amts wegen zu beachten, wenn es um eine Angelegenheit geht, über welche die Parteien nicht verfugen können (Art. 2969 CceC). Da dies im Falle der

Sachmängelgewährleistung nicht der Fall ist, muß der Verkäufer auch diese Verwirkung als Einwendung erheben259. 260

Bei den absoluten Gewährleistungsfristen2(>Q ist dagegen zu unterscheiden, ob sie als Verjährungsfrist angesehen werden, bei deren Überschreitung die Klagbarkeit des Anspruchs - dauerhaft - gehemmt wird261, 262 oder ob es sich um eine Ausschluß- bzw. Präklusivfrist handelt, die den Anspruch endgül­ tig zum Erlöschen bringt. Auf die Verjährung muß man sich in den meisten Rechtsordnungen ausdrücklich berufen162. Auch das UN-Verjährungsüber­ einkommen sieht grundsätzlich263 vor, daß der Ablauf der Verjährungsfrist nur berücksichtigt wird, „wenn eine am Verfahren beteiligte Partei ihn geltend macht”, Art. 24 UNVerjÜ. Ausschlußfristen sind dagegen in der Regel von Amts wegen zu berücksichtigen264.

258 So zwar in der „Südtiroler” Übersetzung von 1987, aber besser wohl als „Verfall” gekennzeichnet, wie bei Kindler, Einführung, 1993, S. 93, ebenso bei Petri, Produkt­ haftung, 1998, S. 37, 39. 259 Bianca, vendita, 1993, S. 1033 (n. 446), vgl. auch Petri, Produkthaftung, 1998, S. 39. 260 S. o. a) bb). 261 Ob dies durch Verjährung des materiell-rechtlichen Anspruchs - wie in der Schweiz (Art. 127 OR: „verjähren alle Forderungen”) sowie nach italienischem (Art. 2934 CceC: „Ogni diritto si estingue”), vgl. Kindler, Einführung, 1993, S. 91, und spanischem (Art. 1961 CgoC) Recht - oder des Klagerechts - wie nach fran­ zösischem Recht (Art. 2262 CdeC: „les actions sont prescrites"), bei der „limitation” des Common Law sowie im Ergebnis, trotz des Wortlauts von § 194 I BGB, durch das Leistungsverweigerungsrecht nach der deutschen Regelung - erreicht wird, kann dabei unberücksichtigt bleiben. 262 In Deutschland wird dies aus dem Verweigerungsrecht des § 222 I BGB ent­ nommen, dabei soll es auch nach dem Vorschlag der Schuldrechtskommission bleiben (§221 I BGB-KE). Es wird ausdrücklich geregelt etwa in Österreich (§ 1501 ABGB) und in der Schweiz (Art. 142 OR: „Der Richter darf die Verjährung nicht von Amts wegen berücksichtigen”), sowie in Frankreich (Art. 2223 CdeC) und in Italien (Art. 2938 CceC: „Il giudice non puö rilevare d’ufficio la prescrizione non opposta”). 263 Die Staaten, in denen Verjährungsfristen von Amts wegen zu beachten sind, können einen Anwendungsvorbehalt nach Art. 36 UNVerjÜ erklären. 264 Vgl. Girsberger, Verjährung, 1989, S. 41. Nach italienischem Zivilrecht, wo derartige Fristen allgemein als Verwirkung („decadenza”) geregelt sind (Art. 2964 ff. CceC), gilt dies nur bei der Behandlung von Angelegenheiten, über welche die Parteien nicht verfügen können (Art. 2969 CceC).

Soweit die hier betrachteten Rechtsordnungen die Durchsetzung der Ansprüche des Käufers wegen einer mangelhaften Kaufsache allein durch den Zeitablauf beschränken, handelt es sich noch überwiegend um echte Verjährungsfristen, die nur durch Erhebung einer Einrede wirksam werden. So qualifiziert das deutsche Kaufrecht die Regelung des § 477 BGB aus­ drücklich als Verjährung, die im Zivilverfahren nur zu beachten ist, wenn der Käufer sie gern. § 222 I BGB geltend macht, was allerdings auch außer­ halb des Prozesses erfolgen kann265. Auch nach den Vorstellungen der

Schuldrechtskommission soll es bei der Einordnung als Verjährung bleiben,

die durch die geplante Aufnahme in das allgemeine Verjährungsrecht noch deutlicher wird (§ 195 I BGB-KE: „verjährt”).

Das griechische Recht ist in Art. 554 AK dieser Konstruktion als Ver­

jährung gefolgt. Auch in der Schweiz handelt es sich bei dem Einjahreszeitraum des Art. 210 OR bereits dem Wortlaut nach um eine Verjährungsfrist und nicht um eine „Verwirkungsfrist”266, so daß unter anderem Art. 142 OR anzu­

wenden ist, der eine Beachtung von Amts wegen ausschließt. Das italienische Recht läßt ebenfalls die Ansprüche des Käufers aus­ drücklich verjähren (Art. 1495 III, 1512 I 2 CceC: „si prescrive”), so daß gern. Art. 2938 CceC das Gericht diesen Sachverhalt nicht von Amts wegen

aufgreifen kann.

Einen besonderen Fall stellen die kurzen Fristen („bref dlai"l „körte tijd”) nach dem französischen und belgischen Art. 1648 CdeC/BW dar. Obwohl es sich dabei um eine Ausschlußfrist handelt267, weil der Anspruch bei

Nichteinhaltung gar nicht entsteht, und obwohl das Gericht ihre Dauer nach eigenem Ermessen festzulegen hat, muß der Verkäufer die Versäumung des Käufers als besonderes Verteidigungsmittel („fin de non-recevoir") im Pro­ zeß geltend machen268.

In den Common Law Staaten England und Irland ist der Ablauf des Zeitraums der „limitation”, die für Schadensersatzansprüche gilt, vom

265 WestermANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 20 zu § 477, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 59 zu § 477, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 1, 37 zu § 477. 266 BG v. 26.9.1978, BGE 104 II S. 357 f., vgl. HoNSELL/KommSchwPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 2 zu Art. 210. 267 Vgl. Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 611, Bittner, Schutz, 1987, S.70. 268 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 35, Ferid/Sonnenberger, Zivil­ recht II, 1986, 2 G 627 f.

Richter ebenfalls nicht ohne ein Vorbringen des Beklagten zu berücksich­

tigen . Schließlich kann auch im niederländischen Recht nur durch aktives Vorbringen des Schuldners geltend gemacht werden, daß die Ansprüche we­

gen nicht vertragsgemäßer Kaufsache verjähren („verjaren", Art. 7:23 II 1 BW)269 270. Anders verfahren in der Regel die Rechtsordnungen, die nach Ablauf der

Frist ein Erlöschen der Ansprüche vorsehen, denn dabei handelt es sich um Ausschlußfristen, die von Amts wegen beachtet werden müssen271. 272 273

Dies gilt im österreichischen Zivilrecht, denn dort wird in § 933 I 1 ABGB bestimmt, wenn die Gewährleistungsfristen nicht eingehalten werden „ist die

Klage erloschen”. Damit handelt es sich um eine Präklusiv- oder „Fall”

Frist

, die die Gerichte von Amts wegen zu beachten haben

. Schadens­

ersatzansprüche wegen Mangelfolgeschäden oder aufgrund positiver Ver­ tragsverletzung gelten dagegen nicht als Gewährleistungsansprüche274, so

daß sie der echten Verjährungsfrist des § 1489 ABGB unterfallen, die der Verkäufer durch Einrede geltend machen muß275. Ähnlich ist es im spanischen Kaufrecht geregelt, wo die Sachmängel­ ansprüche bei Fristablauf nach Art. 1490 CgoC „erlöschen” („se extinguirän”). Auch dabei handelt es sich um eine Verfallfrist276, die nicht beson­

ders geltend gemacht werden muß, sondern von Amts wegen zu beachten ist277.

Das gleiche gilt für Portugal, da in Art. 917°. CgoC von Verfall („caducidade”) die Rede ist. 269 Zum englischen Recht vgl. BLOMEYER/IECL, Types of Relief, 1982, S. 60 (sec. 21). 270 Vgl. BITTER/DRION/GROENWEGEN Rdnr. 201, in: Handbuch, 1992, S. 744 f. 271 Eine Ausnahme machen das französische und das belgische Kaufrecht beim „bref delai”, s. o. bei Fn. 267. 272 OGH v. 20.5.1981, JB1 1982, S. 312, vgl. auch DrTTRICH/TADES, ABGB, 1989, E 1 zu § 933 m.w.N. 273 Vgl. Heller Rdnr. 160 f., in: Handbuch, 1992, S. 829, allerdings nur dann, wenn der Sachverhalt aus den Prozeßakten klar hervorgeht, OGH v. 20.5.1981, JB1 1982, S. 312. 274 Dittrich/T ADES, ABGB, E 82 zu § 932, dazu o. A.II.3.c). 275 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 156, vgl. auch Heller Rdnr. 165/166, in: Handbuch, 1992, S. 831 f. 276 Vgl. Marti Rdnr. 134, in: Handbuch, 1992, S. 1027, als „Verwirkung” bei Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 74, als „Ausschlußfrist” („plazo de caducidad”) bei Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 116. 277 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 75.

Auch die Ausschlußfristen für die Gewährleistung in den skandinavi­

schen Kaufgesetzen dürften von Amts wegen zu beachten sein, da sie nach dem Vorbild des Einheitlichen Kaufrecht gestaltet sind, deren Anzeigefristen als Ausschluß fristen gelten278.

Bei der Regelung in der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf wird nun deutlicher, welche Art von Gewährleistungsfrist gemeint ist: Da im Gegen­ satz zum Entwurf nach der Erwähnung der Zwei-Jahres-Frist im folgenden Satz auf innerstaatliche Verjährungsfristen abgestellt wird (Art. 5 12 VbrKfRil), kann es sich nur um eine Ausschlußfrist handeln279, 280 die von

Amts wegen zu beachten wäre. Durch den Erwägungsgrund Zff. 18 der

Richtlinie wird diese Unterscheidung von Ausschluß- und Verjährungsfrist gestützt („Unterbrechung des Zeitraums, während dessen Vertragswidrig­ keiten offenbar werden müssen, und der Verjährungsfrist“). Das entspricht auch dem Entwurf der Richtlinie, in dessen Art. 4 II zwar bestimmt war, daß die Mängelanzeige „die ... vorgesehene Verjährung der

Rechte” unterbricht, aber die Herleitung aus dem UN-Kaufrecht daraufhin deutete, daß eine Ausschlußfrist gemeint war281.

eher

Die aufgezeigten Unterschiede für die Einbringung der Gewährleistungs­ fristen durch den Verkäufer in den Prozeß sind jedoch kaum erheblich, wenn man außerdem die in einigen Rechtsordnungen dem Gericht auf­ erlegte Pflicht berücksichtigt, den Parteien Hinweise auf eine sachgerechte Antragstellung zu geben282. Werden Informationen über die Verjährung dabei mit einbezogen283, so verringern sich die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsordnungen noch weiter.

278 STUMPF/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 15 zu Art. 39, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 32 zu Art. 39 EKG, Rdnr. 11 zu Art. 49 EKG. 279 A.A. Faber, JB1 1999, S. 428, der dies aus der möglichen Hemmung der Frist folgert. 280 Abs. 4 Begründung zu Art. 3 IV VbrKfRil-E. 281 Ebenso Jud, ÖJZ 1997, S. 446 f. Bereits die Produkthaftungs-Richtlinie der EG enthielt neben einer Verjährungsfrist eine ähnliche Ausschlußfrist, Art. 11 ProdHftRil. 282 Dazu u. 4.b). 283 Dies ist in Deutschland auf Grundlage des § 139 ZPO allerdings umstritten, befürwortend etwa E. Schmidt/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 34 zu § 139, ablehnend etwa OLG Köln, MDR v. 1.8.1979, S. 1027, Prütting, NJW 1980, S. 364, vgl. auch Hermisson, NJW 1985, S. 2258 (2260).

bb) Die Anforderungen an die Einhaltung von Gewährleistungsfristen durch den Käufer Den geringsten Aufwand für den Käufer, seine Durchsetzungsmöglichkeit trotz Zeitablaufs aufrecht zu erhalten, verursachen die Fristen, innerhalb derer eine Mängelrüge erfolgen muß, denn dafür genügt eine bloße Mitteilung an den Verkäufer. Dies gilt nicht nur für die Fristen zur Mängelanzeige284 sondern auch für die dazugehörenden Ausschlußfristen. Daher bedarf es in Dänemark nach §§ 54, 83 KbL keiner rechtlichen Schritte, um die Frist zu unterbrechen, sondern die Mangelrüge gegenüber dem Verkäufer reicht aus285. Das gleiche gilt auch für das schwedische und

finnische Kaufrecht (§ 32 II KpL/KppL, § 23 III KonsKpL), für die An­ zeigefrist in Portugal (Art. 916.° II CgoC) sowie im Internationalen Kauf­

recht (Art. 39 II CISG Art. 39 EKG). Ebenso sollte nach dem Vorschlag der EG-Richtlinie zum Verbrauchs­

güterkauf ausdrücklich festgelegt werden, daß die Mängelanzeige nach Art. 4 I VbrKfRil-E die „Verjährung der Rechte” unterbricht. Dabei wurde

ausdrücklich darauf verwiesen, daß ansonsten „die Verbraucher sich ge­ zwungen sähen, vor Gericht zu gehen, um den Verlust ihrer Rechte zu ver­ meiden”286. Da die endgültige Fassung der Richtlinie die Mängelanzeige den

Mitgliedstaaten zur Wahl stellt, wird auch der Erlaß von Hemmungs- und Unterbrechungstatbeständen in deren Ermessen gestellt (Erwägungsgrund Zff. 18 VbrKfRil)287.

Obwohl in Italien eine Verjährungsfrist bestimmt wird (Art. 1495 III CceC) reicht auch dort eine Erklärung des Käufers aus. Denn nach den generellen Vorschriften über die Verjährung, die zur Anwendung kommen288, unter­ bricht nicht nur die Einleitung eines Erkenntnis-, Sicherungs- oder Voll­ streckungsverfahrens (Art. 2943 I CceC), sondern auch jede andere den Verzug begründende Rechtshandlung (Art. 2943 II CceC: „ogni altro atto

ehe valga a costituire in mora il debitore”). Damit reicht eine bloße schrift­

284 S. o. a) aa). 285 UfR 1959.876 H, vgl. Steinrücke Rdnr. 195, in: Handbuch, 1992, S. 187. 286 Satz 2 Begründung zu Art. 4 II VbrKfRil-E. 28 Da die Aussetzung der Frist die Verbraucher begünstigen würde, sind derartige Regelungen als über die Mindestharmonisierung hinausgehend nach Art. 8 II VbrKfRil zulässig. 288 Vgl. Patti/Cubeddu Rdnr. 183, in: Handbuch, 1992, S. 635.

liehe Aufforderung (Art. 1219 I CceC: „intimazione ... fatta per iscritto") 289

zur Gewährleistung an den Verkäufer aus . Auch in den Niederlanden muß der Käufer nicht klagen, obwohl eine Verjährungsfrist besteht (Art. 7:23 II 1 BW), denn die Verjährung kann hier

ebenfalls mit einer schriftlichen Mitteilung unterbrochen werden (Art. 3:317 BW)289 290. Dies gilt auch in Portugal für die besondere kaufrechtliche Gewähr­ leistungsfrist nach der Mängelanzeige (Art. 917.° 2.Alt CgoC). Sie wird als

Verjährung nicht nur unterbrochen, wenn eine „gerichtliche Vorladung” er­ folgt, sondern bereits durch die „Ankündigung einer Rechtshandlung, die die Absicht zur Ausübung des Rechts erkennen läßt”291.

In anderen Rechtsordnungen, die eine Verjährungsfrist vorsehen, muß der Käufer innerhalb des festgesetzten Zeitraums jedoch darüber hinausgehend aktiv werden und ein gerichtliches Verfahren einleiten, um die Durchsetz­ barkeit seiner Sachmängelansprüche aufrecht zu erhalten. In Deutschland sind über § 477 BGB die allgemeinen Verjährungs­ vorschriften anzuwenden, nach denen gegen den Willen des Verpflichteten292 nur durch Klageerhebung (§ 209 I BGB) oder dieser gleichstehende Hand­ lungen (§ 209 II BGB293) die Frist gewahrt wird294. Als Erleichterung für den Käufer sieht § 477 II BGB vor, daß bereits ein Beweissicherungs­ verfahren die Verjährung unterbricht295. Ganz ähnlich wirken im griechischen Zivilrecht296 nur die Erhebung der

Klage (Art. 261 Satz 1 AK) oder abschließend aufgezählte ähnliche Maß­

289 Allerdings muß die geschuldete Leistung - hier also die Gewährleistung - ver­ langt werden, eine bloße Erinnerung genügt nicht, vgl. Asam, RIW 1992, S. 800. 290 Für eine gerichtliche Durchsetzung hat der Käufer dann weitere sechs Monate Zeit, Art. 3:317 II BW, vgl. Bitter/Drion/Groenewegen Rdnr. 206, 208, in: Hand­ buch, 1992, S. 747. 291 Vgl. Lopes Dias Rdnr. 54, in: Handbuch, 1992, S. 858. 292 Ansonsten Unterbrechung durch Anerkenntnis, § 208 BGB. 293 Dazu zählen außerhalb des normalen Zivilprozesses etwa die Einleitung eines Mahnverfahrens (Zff. 1) oder die Konkursanmeldung (Zff. 2), aber nicht der Antrag auf Prozeßkostenhilfe - in Zukunft eventuell als § 208 II Zff. 2 BGB-KE -, BGH v. 19.1.1978, BGHZ 70, S. 235 (239), wo der Ausweg über „höhere Gewalt” i.S.d. § 203 II BGB gesucht wird. 294 Nach der Schuldrechtskommission soll in Zukunft keine Unterbrechung, sondern nur noch eine Hemmung der Verjährung eintreten, § 208 I BGB-KE. 295 Diese Möglichkeit soll in Zukunft allgemein in § 208 II Zff. 6 BGB-KE aufge­ nommen werden. 296 Neben dem Anerkenntnis (Art. 260 AK) durch den Schuldner.

nahmen (Art.264 AK)297. 298 Im299 Kaufrecht wird darüberhinaus - wie in Deutschland - die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens als aus­ reichend angesehen (Art. 555 II AK). Nach der österreichischen Regelung wird die Fallfrist des § 933 I 1 ABGB ausdrücklich nur eingehalten, wenn der Käufer „sein Recht ... ge­

richtlich geltend” macht

. Dies gilt auch für die Verjährungsfrist bei

Schadensersatzansprüchen gern. § 1497 ABGB. In der Schweiz unterbricht bereits jede „Schuldbeitreibung” (Art. 135

Zff. 2 OR) die Verjährung, daneben aber auch Klage oder Einrede vor ei­ nem Gericht

.

Für die Ausschlußfrist des französischen und belgischen Kaufrechts er­

gibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz, daß innerhalb dieses Zeit­ raums Klage300 erhoben werden muß (Art. 1648 CdeC/BW: „L’action ...

doit etre intentee” / „De rechtsvordering ... moet worden ingesteld”). Das gleiche gilt für die Verwirkungsfrist im spanischen Kaufrecht, auch

wenn es sich nicht direkt aus dem Wortlaut des Art. 1490 CgoC entnehmen läßt. Es handelt sich nicht um eine Verjährungsfrist, die nach Art. 1973 CgoC - wie in den anderen romanischen Rechtsordnungen - auch durch au­ ßergerichtliche Anspruchserhebung unterbrochen würde, sondern der Käu­ fer muß gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen301.

In den Common Law Staaten England und Irland wird die „limitation”, die auf Schadensersatzansprüche wegen Sachmängeln anwendbar ist, eben­ falls nur durch die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe unterbrochen302.

Dies gilt auch nach dem UN-Verjährungsübereinkommen (Art. 13 UN­ VerjÜ). 297 Nach dem Vorentwurf der Regelung sollte jede gerichtliche Geltendmachung oder Sicherung des Anspruchs die Verjährung unterbrechen, was faktisch dadurch erreicht wird, daß die Rechtsprechung Art. 261 AK weit auslegt, vgl. Dannemann/ Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 716. 298 Dabei genügt die Einreichung der Klage bei Gericht, vgl. Dittrich/Tades, ABGB, 1989, E 21 zu § 933. Von Seiten des Verkäufers wirkt auch ein Anerkenntnis innerhalb der Frist, vgl. Heller Rdnr. 64, in: Handbuch, 1992, S. 830. 299 Außerdem das Anerkenntnis des Schuldners, Art. 135 Zff. 1 OR. Nach Honsell/ KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 4 zu Art. 210, geht es um die „Geltend­ machung” des Anspruchs. 300 Dabei genügt in Frankreich auch ein sogenanntes „Refcre”-Verfahren, in dem einstweiliger Rechtsschutz und Beweissicherung erreicht werden kann, vgl. Rohs/ Weber Rdnr. 23, in: Produkthaftungshandbuch, 1991, S. 423. 301 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 73/74, Marti Rdnr. 135, in: Hand­ buch, 1992, S. 1028. 302 Zum englischen Recht vgl. Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 704. Auch hier wird zudem das Anerkenntnis des Schuldners berücksichtigt.

Da in allen Rechtsordnungen auch der durch eine Mängelrüge oder eine andere Erklärung des Käufers zunächst aufrechterhaltene Sachmangel­ anspruch im Anschluß daran den üblichen längeren Verjährungsfristen unterliegt, wirkt sich der Unterschied in den Anforderungen für die Einhaltung der kurzen Gewährleistungsfristen vor allem darauf aus, ob der Käufer innerhalb dieser kurzen Zeiträume gezwungen ist, Klage zu erheben bzw. ein ähnlich aufwendiges Verfahren - etwa eine Beweissicherung einzuleiten, oder ob ihm nach der Information des Verkäufers über den Mangel dafür ein sehr viel längerer Zeitraum zur Verfügung steht. Der Zwang einer Verfahrenseinleitung schwächt aufgrund der für den Käufer damit verbundenen Lasten die Wirkung der Gewährleistung. cc) Ergebnis

Obwohl die Einbeziehung von Fristen für die Durchsetzung von Sachmän­ gelansprüchen in das Zivilverfahren in den einzelnen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich gehandhabt wird, dürfte sich dies auf die Funktion der Gewährleistung nur wenig auswirken. Auch im Falle einer Berücksich­ tigung von Amts wegen muß für das Gericht zumindest erkennbar sein, daß ein Ausschlußtatbestand vorliegt, wodurch sich der Unterschied zur ausdrücklichen Erhebung einer Einrede verringert.

Die meisten hier einbezogenen Rechtsordnungen verlangen für die Einhal­ tung der Gewährleistungsfristen beim Kauf immer noch die Erhebung einer Klage oder eine gleichwertige Maßnahme des Käufers innerhalb einer kurzen Frist. Neuere Regelungen lassen dagegen in diesem Zeitraum ein bloße Erklärung des Käufers, entweder als Mängelrüge oder als Hinweis auf die beabsichtigte Durchsetzung der Ansprüche, genügen. Dadurch wird dem Käufer die Aufrechterhaltung seiner Rechtsbehelfe erleichtert303. Die Beantwortung der Frage, welche Maßnahmen des Käufers für die Verhinderung einer kurzen Verfristung genügen sollten, hängt aber in erster Linie vom Zweck der zeitlichen Gewährleistungsbegrenzung ab304. Stellt man die zügige endgültige Abwicklung des Vertragsverhältnisses im Interesse des Schuldners in den Vordergrund, und damit auch die Rechts­ sicherheit und den Rechtsfrieden im Allgemeininteresse, so erfüllt nur ein 303 Auf der anderen Seite erhöht sich jedoch die Belastung des Verkäufers, so auch RabelsZ 1991, S. 726, hinsichtlich der niederlän­ dischen Mitteilungs-Regel. 304 Dazu Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 700, rechtsverglei­ chend Girsberger, Verjährung, 1989, S. 86. Dazu auch o. a) bb), vor (1). DANNEMANN/KARATZENIS/THOMAS,

Gerichtsverfahren oder eine anderweitige abschließende Klärung der Sachmängelansprüche innerhalb der gesetzten Frist diese Ziele. Soll dagegen vor allem die Unsicherheit des Verkäufers beseitigt werden, ob er noch Forderungen des Käufers zu erwarten hat, oder soll ein wachsendes Vertrauen in die bisher nicht erfolgte Inanspruchnahme durch den Käufer verhindert werden, dann reicht eine entsprechende Information des Verkäufers durch den Käufer aus. Aus wirtschaftlicher Sicht werden die beide Parteien belastenden Gewähr­ leistungskosten vor allem durch die Unsicherheit des Verkäufers über den Zeitpunkt einer Inanspruchnahme durch den Käufer erhöht, weil der Schuldner der Gewährleistung insoweit Rückstellungen oder sonstige Vorkehrungen für eventuell noch zu erwartende Forderungen treffen muß305. 306 Diese Unsicherheit wird jedoch durch eine bloße Mitteilung, daß noch Ansprüche geltend gemacht werden, nicht beseitigt. Es würde aber ausreichen, wenn der Käufer mit der Mängelanzeige den Zeitraum festlegt, innerhalb dessen er die Ansprüche durchsetzen wird, so daß sich der Verkäufer darauf einstellen kann. Eine derart qualifizierte Mängelrüge sollte daher für eine Unterbrechung der kurzen Gewährleistungsfristen .. 306 genügen .

3. Die Bezifferung von Sachmängelansprüchen im Klageantrag

Das Zivilverfahren wird durch die Klageschrift in Gang gesetzt307, so daß ihrem Inhalt besondere Aufmerksamkeit zukommt. Der Beklagte muß sich anhand der darin enthaltenen Informationen entscheiden, ob er den Prozeß aufnimmt und sich verteidigt, oder ob er dem Kläger ohne weiteres nach­

305 Vgl. auch Oetker, Verjährung, 1994, S. 48. 306 Damit wäre zudem klargestellt, daß die Mitteilung des Käufers eine nur einma­ lige Verlängerung der Frist darstellt. Nach der niederländischen Regelung ist dagegen offensichtlich eine dauernde Erhaltung des Anspruchs durch aufeinanderfolgende Mitteilungen möglich, vgl. Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 709. 307 Damit ist der Prozeß zumindest anhängig, auch wenn Rechtshängigkeit erst mit der Zustellung der Klageschrift an den Gegner eintritt, wie etwa in Deutschland gern. § 261 I i.V.m. § 253 I ZPO, ebenso etwa in England („pending action“), vgl. Bunge, Zivilprozeßrecht, 1995, S. 85 f.

gibt308, etwa indem er dessen Verlangen tatsächlich nachkommt309, die Klage sofort anerkennt310 oder aber nichts unternimmt311. Bereits bei der Zustellung der Klageschrift spielt damit der Grundsatz des rechtlichen Gehörs eine zentrale Rolle312, der nicht nur beeinhaltet, daß der Beklagte überhaupt von einem gegen ihn angestrengten Verfahren Kenntnis erhält, sondern auch inwieweit er sich verteidigen soll oder kann313. Eine rationale Abwägung zwischen den Chancen, eine Durchsetzung des Klägeranspruchs zu verhindern, und den dadurch entstehenden Aufwen­ dungen ist nur möglich, wenn der Beklagte beide Seiten des Kosten­ Nutzen-Vergleichs abschätzen kann314. Dabei ist sowohl für den Nutzen im Umfang des zurückzuweisenden Anspruchs als auch für die Kosten, soweit sie, etwa bei Gerichts- und Anwaltsgebühren, an den Streitwert geknüpft sind, die Höhe der vom Kläger beantragten Zahlung entscheidend: Für den geltendgemachten Anspruch des Klägers folgt dies aus dem Grundsatz der Bindung des Gerichts an die Anträge, wonach das Gericht nicht mehr zusprechen darf als beantragt wurde, und das Prozeßrisiko insoweit für den Beklagten eingegrenzt wird315. Hinsichtlich der Festsetzung des Streit­ wertes ist das Gericht zwar nicht an den Antrag des Klägers gebunden, aber er stellt den Ausgangspunkt dar316 und bietet damit die wohl wichtig­ ste Orientierung.

308 Das Interesse des Beklagten an der Entscheidung über seine Verteidigungsstrate­ gie betont auch Röhl, ZZP 1972, S. 61. 309 In Deutschland mit der Folge, daß die Hauptsache für erledigt erklärt werden kann und über die Kosten gern. § 91 a ZPO entschieden wird. 310 In Deutschland mit der Folge eines Anerkenntnisurteils gern. § 307 ZPO, bei einem derartigen „sofortigem” Anerkenntnis entstehen dem Beklagten u.U. keine Kosten, § 93 ZPO. 311 In Deutschland mit der Folge eines Versäumnisurteils gern. § 331 ZPO, wobei die Klage zumindest schlüssig sein muß, § 331 II ZPO. 312 Vgl. Schilken, Zivilpozeßrecht, 1992, S. 119 (Rdnr. 201). 313 Vgl. Cappelletti, Judicial Process, 1989, S. 248 f. 314 Wassermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 9 zu § 253, zum Erfordernis der Angabe des Gegenstandes sowie des Anspruchsgrundes, aber auch der Bestimmtheit des Klageantrags. 315 In Deutschland gern. § 308 I ZPO, gleichlautend in Österreich § 405 Satz 1 ZPO-A, in den Niederlanden Art. 844 BRv, zum durch derartige Normen bezweckten Schutz gegen willkürliche Entscheidungen Fenge/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 3 zu § 308. Ebenso etwa in der Schweiz, vgl. Loosli, Forderungsklage, 1978, S. 14. 316 Zur deutschen Regelung etwa Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 3 zu § 3.

Nicht zuletzt wegen dieser Informationsvoraussetzungen317 verlangen die meisten europäischen Zivilverfahrensregeln die Angabe eines bestimm­ ten Antrags in der Klageschrift318 oder, bei Durchführung eines Vorverfah­ rens, rechtzeitig vor Beginn des Hauptverfahrens319. Für die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen bedeutet daher jede Möglichkeit des klagenden Käufers, den Umfang seines Begehrens im Unklaren zu lassen, eine erhöhte Unsicherheit beim beklagten Verkäufer, ob und mit welchem Aufwand320 er die Ansprüche abwehren soll. Auf der anderen Seite erschwert die Voraus­ setzung dem Umfang nach präziser Klageanträge die Durchsetzung bestimmter Käuferansprüche und kann dadurch die Funktion der Gewähr­ leistung beeinträchtigen.

In den Rechtsordnungen, die die Verfahrenskosten nach dem Unterliegen der Parteien verteilen, tritt bei einem genau bestimmten Klageantrag auf Seiten des Klägers als zusätzlicher Effekt eine Erhöhung des Kostenrisi­ kos321 auf. Dies liegt daran, daß dort jede gerichtliche Entscheidung, die das Begehren des Klägers unterschreitet, diesen mit den seinem Mißerfolg 317 Der BGH stellt diesbezüglich nunmehr darauf ab, das (Prozeß-)Risiko müsse für den Beklagten erkennbar sein, BGH v. 26.5.1994, NJW 1994, S. 3102 (3103). Ähnlich bezog sich bereits das Reichsgericht auf die Erkennbarkeit des Klagebegehrens, RG v. 5.5.1883, RGZ 10, S. 353 (355). 318 So etwa in Deutschland § 253 II Zff. 2 ZPO: „bestimmten Antrag”, in Österreich § 226 I ZPO-A: „bestimmtes Begehren”, ähnlich in Frankreich Art. 56 II - IV CdeProcC, in Italien Art. 163 III Zff. 3 CceProcC: „la determinazione della cosa oggetto della domanda”, in Spanien Art. 524 LEC, in den Niederlanden Art. 5 III Rv. Auch in England kann ein Endurteil nur bei Angabe einer bestimmten Forderung („liquidated demand") erlassen werden, R.S.C. Ord. 13 r. 1, vgl. Bunge, Zivilprozeß­ recht, 1995, S. 86. 319 So etwa in Dänemark bis 8 Tage vor der SchlußVerhandlung („final hearing”), vgl. O’MALLEY/LAYTON, Practice, 1989, S. 1221, und in Irland nach den „plenary summons”, vgl. a.a.O., S. 1333. Im englischen Verfahrensrecht werden die Parteien durch den Austausch der vorbereitenden Schriftsätze („pleadings") bereits im Vorver­ fahren ausführlich informiert, vgl. Kaplan/Clermont/IECL, Ordinary Proceedings, 1984, S. 9 (sec. 10). Dabei gilt der Grundsatz, die Gegenseite so zu unterrichten, daß in der Hauptverhandlung eine Überraschung vermieden wird, Waghorn v. George Whimpey & Co Ltd (1970), All E.R. 474, vgl. Bunge, Zivilprozeß, 1995, S. 89. 320 Dazu aus schweizerischer Sicht etwa Güldener, Zivilprozeßrecht, 1958, S. 131: je nach Forderungshöhe werde der Beklagte den Prozeß mehr oder weniger sorgfältig führen. Ähnlich der BGH v. 1.2.1966, BGHZ 21, S. 91, der das Interesse des Beklagten anerkennt, „zu wissen welches Risiko auf ihn zukommt, um danach sein prozessuales Verhalten einrichten zu können”. 321 Schima/Hoyer/IECL, Ordinary Proceedings, 1984, S. 106 (sec. 136). Ebenso sieht Röhl, ZZP 1972, S. 61, in der Verringerung des Kostenrisikos das eigentliche Interesse des Klägers an der Zulassung unspezifischer Klagesummen.

entsprechenden anteiligen Gesamtkosten des Verfahrens belastet322. Soweit der Klageantrag jedoch undeutlich bleibt, kann ein Unterliegen des Klägers nicht festgestellt werden, so daß entsprechend sein Risiko sinkt, insoweit die Verfahrenskosten tragen zu müssen323. Dadurch verringert sich auch die Wirkung des Kostenrisikos, die Inanspruchnahme der Gerichte zu begren­ zen, und es wird den Klägern ermöglicht, unsichere oder höhere Ansprüche geltend zu machen324. Damit könnte zwar die Funktion der Gewährleistung gestärkt werden. Es ist jedoch zu untersuchen, ob den dadurch erreichba­ ren Vorteilen nicht nachteilige Auswirkungen entgegenstehen. a) Ausnahmen vom Bestimmtheitserfordernis bei Gewährleistungsklagen Schwierigkeiten hinsichtlich der präzisen Ermittlung des Anspruchs­ umfangs, die sich auf den Klageantrag auswirken, entstehen vor allem bei bestimmten Rechtsbehelfen des von einem Sachmangel betroffenen Käufers. Daher sollen zunächst diese Problemfälle ermittelt werden (unten aa.), bevor näher untersucht wird, unter welchen Voraussetzungen von einer genauen Bezifferung des Klageumfangs abgesehen werden kann (unten bb.).

aa) Notwendigkeit unbezifferter Klageanträge bei bestimmten Sachmängel­ rechtsbehelfen

Bei der Durchsetzung der Rechtsbehelfe des Käufers einer mangelhaften Ware stellt sich das Problem der Bezifferung des Klageantrages vor allem für den Minderungsbetrag. Unabhängig von dessen Berechnungsweise325 liegt die Schwierigkeit in der Ermittlung der durch den Mangel verursach­ ten Wertminderung, während der Kaufpreis bekannt ist, wie in der Regel auch der Wert der fehlerfreien Sache. Aus diesem Grund wird in einem Teil der romanischen Rechtsordnungen bereits im materiellen Recht die Minderungshöhe dem Entscheid von Sach­

322 Im deutschen Recht § 92 I ZPO. 323 Darin liegt wohl der Hauptgrund für die Verwendung unbezifferter Klaganträge, vgl. etwa Butzer, MDR 1992, S. 539. Ähnlich Loosli, Forderungsklage, 1978, S. 80. 324 Aufgrund verbesserter Kosten-Nutzen-Relation wird auch die Verfahrenszahl ansteigen, wobei sich jedoch nicht pauschal beurteilen läßt, inwieweit es sich dabei um „voreilige und überflüssige Klagen” handelt, wie Röhl, ZZP 1972, S. 61, meint. 325 Dazu o. A.II.2.C) cc) (2).

verständigen überlassen326, so daß eine Bezifferung durch den Kläger von vornherein unterbleibt. Auch die Formulierung der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf hin­ sichtlich einer „angemessenen“ Minderung (Art. 3 V VbrKfRil) deutet dar­

auf hin, daß der Verbraucher keinen bestimmten Betrag fordern muß.

In anderen Rechtsordnungen wird ein derartiges Ergebnis auf prozessualem Wege erreicht, indem bei einem Klageantrag auf Minderung die Quote of­ fengelassen werden kann, wie es etwa in Deutschland befürwortet wird327. Ein Ermessen des Gerichts darüber, ob und in welcher Höhe eine Minde­

rung nachgewiesen ist, besteht dort allerdings nicht generell (wie nach § 287 I ZPO328), sondern nur dann, wenn die Sachaufklärung gemessen an der

Minderungssumme

unverhältnismäßige

Schwierigkeiten

aufwirft

(§ 287 II ZPO). Voraussetzung für eine Beurteilung dieser Verhältnismäßig­ keit ist aber eine Information des Gerichts über die vom Kläger verlangte Minderung, so daß in diesen Fällen der bestimmte Klagantrag gerade nicht unterbleiben kann.

Bei der Wandelung kann in ähnlicher Weise die Schwierigkeit auftreten, die vom Käufer gezogenen Nutzungen der Kaufsache zu bewerten, wenn dieser sie dem Verkäufer erstatten muß329. Geht man davon aus, daß sich der vom Verkäufer nach der Vertragsaufhebung zu erstattende Kaufpreis um den entsprechenden Nutzungswert verringert, so muß der klagende Käufer dies bereits in seinem Klageantrag berücksichtigen. Die deutsche Rechtsprechung läßt teilweise den Antrag eines Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises ohne Bezifferung ausreichen, wenn der Be­ trag der Nutzungserstattung nach den Darlegungen bestimmbar ist330.

326 In Frankreich und Belgien jeweils Art. 1644 CdeC/BW, in Spanien Art. 1486 I CgoC, dazu o. A.II.2.C) cc) (2). 327 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 65 zu § 462, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 17 zu § 465, a.A. Schilken, Zivilprozeßrecht, 1992, S. 130. 328 Diese Vorschrift gilt nur für Schadensersatzansprüche, aber nicht für Minde­ rungsrechte, BGH v. 17.9.1971, S. 1382, vgl. PRüTTlNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 6 zu § 287. 329 So nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in Deutschland (§ 467 Satz 1 i.V.m. §§ 347 Satz 2, 987 BGB), Griechenland (Art. 547 Satz 1 AK), der Schweiz (Art. 208 I OR) sowie den Niederlanden (Art. 6:271, 272 BW). Dazu o. A.II.2.c) bb) (2) (b). 330 OLG Oldenburg v. 8.11.1990, MDR 1991, S. 249 (nur Ls.), für die Errechenbarkeit des Gebrauchsvorteils eines Kraftfahrzeuges nach dem Kilometerstand. Ganz allgemein wird auch hier eine Schätzung gern. § 287 ZPO zugelassen, BGH v. 5.7.1978, WM 1978, S. 1208 f., vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 163 zu § 467.

Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall für unbezifferte Klaganträge, wenn auch nicht spezifisch kaufrechtlich geprägt, ist der Schadensersatzanspruch331. Als Begründung für die Möglichkeit, auf die Angabe der Schadenshöhe zu verzichten, wird in Deutschland angeführt, § 287 I ZPO erlaube es dem

Gericht, die Entstehung sowie die Höhe des Schadens „unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung” zu beurteilen und damit zu „schätzen”332. Der zusätzliche Spielraum des Gerichts bezieht sich jedoch

allein auf die Beurteilung der Beweislage, da gegenüber § 286 ZPO eine Reduzierung des Beweismaßes angenommen wird333. Ähnlich wird in anderen Rechtsordnungen dem Gericht ein Freiraum bei der Beurteilung der Beweislage für die Ermittlung der Schadenshöhe durch

Regelungen des materiellen Rechts zugestanden, wie in der Schweiz, wo

nach Art. 42 II OR der „ziffernmäßig nicht nachweisbare Schaden” ge­ schätzt werden kann334, und ganz ähnlich in den Niederlanden (Art. 6:97 Satz 2 BW: „Kan de omvang van de schade niet nauwkeurig worden vastge-

steld, dan wordt zij geschat”). Dagegen wird teilweise durch Regelungen des materiellen Rechts die Fest­ setzung des Schadensersatzes allein von der Billigkeit abhängig gemacht, so

in Griechenland für den neben der Vertragsauflösung verlangten Schadens­ ersatz (Art. 387 I AK: „nach billigem Ermessen des Gerichts auch Scha­ densersatz für den aus der Nichterfüllung des Vertrages allenfalls entstan­ denen Schaden”335).

Schließlich kommt auch bei einer zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbarten Vertragsstrafe ein unbezifferter Klageantrag in Betracht, soweit den Gerichten die Bestimmung der angemessenen Höhe zugewiesen

331 Von diesem hat die Rechtsprechung zur Bestimmtheit des Klageanspruchs in Deutschland ihren Ausgang genommen, Röhl, ZZP 1972, S. 69. 332 So Wassermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 13 zu § 253. Kritisch dazu ROSSMANN/ AK, ZPO, 1987, Rdnr. 5 zu § 287. 333 PRüTTlNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 17 zu § 287, dazu s. u. 6. b). Zusätz­ lich wird dem Gericht durch § 287 I 2 ZPO die Beweiserhebung weitgehend freige­ stellt. 334 Auch Art. 43 I OR gewährt einen Spielraum allenfalls bei den Anforderungen an das Beweismaß. Ähnliches gilt in Deutschland § 252 Satz 2 BGB speziell für den entgangenen Gewinn, bei dem die Rechtsprechung jedoch auch einen unbezifferten Antrag erlaubt, BGH v. 4.11.1969, NJW 1970, S. 281. 335 Damit wird dem Gericht ein weitgehender Ermessenspielraum eingeräumt, vgl. Chaldoupis Rdnr. 65, Handbuch, 1992, S. 506.

ist und dem Kläger deshalb die Ermittlung des zutreffenden Umfangs seines Anspruchs nicht möglich ist. Dies wird in Deutschland befürwortet336, wo § 343 I 1 BGB eine Herabset­

zung der Strafe „auf den angemessenen Betrag” erlaubt337.

bb) Zulässigkeitserfordernisse für unbezifferte Klageanträge (1) Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Bezifferung

Obwohl der Bestimmtheitsgrundsatz für die Klageschrift in den hier behandelten Rechtsordnungen überwiegend anerkannt wird338, läßt es teil­ weise die Rechtsprechung unter engen Voraussetzungen zu, daß bei Zahlungsklagen keine genaue Geldsumme genannt werden muß339. So darf in Deutschland der Kläger nach höchstrichterlicher Rechtsprechung immer dann einen nicht bezifferten Klageantrag stellen, wenn ihm dessen

Präzisierung aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist340. Die Unmöglichkeit erfaßt zum einen Ansprüche, deren Umfang bereits nach materiellem Recht erst durch das Gericht näher bestimmt werden soll,

weil von vornherein nur ein „billiger” (z.B. § 847 I 1 BGB) oder „angemes­ sener” (z.B. § 651 f

II BGB) Betrag geschuldet wird, und deren An­

spruchshöhe damit im richterlichen Ermessen liegt. Zum zweiten werden

Sachverhalte einbezogen, die den Kläger in Beweisschwierigkeiten bringen,

weil entweder erst ein gerichtliches Sachverständigengutachten die Höhe des Anspruchs klären kann341 oder sein Umfang auch nach einer Beweisauf­

336Röhl, ZZP 1972, S. 69, Wassermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 13 zu § 253. 337 Ebenso in Griechenland Art. 409 Satz 1 AK, in Österreich § 1336 II ABGB und in der Schweiz Art. 163 I OR, ähnlich unter Beschränkung auf „offensichtliche” Überhöhungen in Frankreich Art. 1152 II 1 CdeC, in Italien Art. 1384 CceC sowie in den Niederlanden Art. 6:94 I 1. HS BW, s. o. A. III. 3. a). 338 S. o. Fn. 318. Einen unbezifferten Antrag lassen jedoch in der Schweiz ausdrück­ lich einige kantonale Zivilprozeßordnungen zu, wie Solothurn und Obwalden, Loosli, Forderungsklage, 1978, S. 23, während dies nach Bundesprozeßrecht ungeklärt ist, vgl. a.a.O., S. 31. 339 Anders etwa in Österreich, wo selbst bei Ausübung richterlichen Ermessens ein bezifferter Antrag gestellt werden muß, Fasching, Zivilprozeßrecht, 1990, S. 630 (Rdnr. 1240). 340 BGH v. 13.3.1967, NJW 1967, S. 1420. Bereits das Reichsgericht hatte eine ziffernmäßige Angabe des Klageanspruchs nicht in allen Fällen für notwendig gehalten, Beschluß v. 28.6.1888, RGZ 21, S. 386 f. 341 RG v. 1.4.1933, RGZ 140, S. 211 (213), BayObLG v. 17.12.1966, NJW 1966, S.1369 (Ls.). Röhl, ZZP 1972, S. 60, hält in diesen Fällen jedoch die Klärung durch durch ein Privatgutachten für möglich.

nähme unbestimmt bleibt342. Durch die Unzumutbarkeit wird der zweite Be­

reich tatsächlicher Hinderungsgründe um die Fälle erweitert, in denen der Aufwand für die Feststellung der Anspruchshöhe in keinem Verhältnis zu seinem Wert steht343.

Im Ergebnis wird eine Ausnahme vom Bestimmtheitsgrundsatz also dann zugelassen, wenn auch dem Kläger die Informationen über die Kosten­ Nutzen-Relation des Prozesses, zumindest zu Beginn des Verfahrens344, nicht zur Verfügung stehen und er sich damit in einer ähnlichen Unsicher­ heitssituation bezüglich seines „Angriffsaufwandes" befindet wie der Beklagte hinsichtlich seiner Verteidigungsanstrengungen345. Dies spricht allerdings nur dafür, dem Beklagten keine Risikobegrenzung durch eine Limitierung des klägerischen Anspruchs, wie nach dem deutschen § 308 I ZPO, zuzugestehen. Eine darüberhinausgehende volle Belastung des Beklagten mit dem durch die unklare Anspruchshöhe entstehenden Prozeßkostenrisiko, von dem andererseits der Kläger befreit wird, ist dagegen dann nicht gerechtfertigt, wenn auch dem Beklagten diese Ungewißheit nicht zuzurechnen ist346. Bei Unsicherheiten im Tatsachenbereich erscheint es außerdem generell problematisch, den Kläger vom Risiko der Sachaufklärung in Bezug auf die Anspruchshöhe zu befreien, soweit er es im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast trägt347. Ein unbezifferter Antrag erscheint daher vor allem dann

342 Hier wird meist § 287 ZPO angeführt, so etwa Wassermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 13 zu § 253, Schilken, Zivilprozeßrecht, 1992, S. 129 (Rdnr. 213), welcher dem Gericht aber nur hinsichtlich der Beweiswürdigung mehr Spielraum bietet, dazu im einzelnen u. 6.b). 343 Loosli, Forderungsklage, 1978, S. 68. 344 Nach Wegfall des Aufklärungshindernisses wäre der Kläger dann gehalten, die Klage zu beziffern, so etwa in der Schweiz § 61 II Zürcher ZPO. Wenn jedoch von vornherein erkennbar ist, daß eine abschließende Bezifferung derzeit nicht möglich ist, etwa weil die Entwicklung eines Schadens noch nicht abgeschlossen ist, kann der Kläger nur Feststellungsklage erheben, Röhl, ZZP 1972, S. 59. 345 Zu dessen Position o. vor a). Loosli, Forderungsklage, 1978, S. 87, sieht daher in diesen Fällen keine Benachteiligung des Beklagten. 346 So auch Röhl, ZZP 1972, S. 62, 74, der insoweit eine Kostenteilung befürwortet. 347 Röhl, ZZP 1972, S. 71. Am Erfordernis der Angabe der tatsächlichen Grund­ lagen sowie der Substantiierung für die „quantitativen Feststellungen des Anspruchs” hält die Rechtsprechung daher weiter fest, so etwa RG v. 28.6.1888, RGZ 21, S. 382 (386 f.), BGHv. 13.12.1951, BGHZ 4, S. 138 (141 f.).

gerechtfertigt, wenn eine rechtliche Ungewißheit3^ besteht, weil dem Gericht durch den Gesetzgeber ausdrücklich ein freier Ermessensspielraum hinsichtlich des Anspruchsumfangs eingeräumt wird, den der Kläger nicht einschätzen kann348 349.

(2) Angabe einer Größenordnung statt genauer Bezifferung Um der Notwendigkeit unbezifferter Klageanträge zu entsprechen, ohne die Vorteile des Bestimmtheitsprinzips aufzugeben, wird zum Teil versucht, einen Mittelweg zwischen präzisen Angaben zur Anspruchshöhe und vollkommen offenen Klagesummen zu beschreiten. So versucht die deutsche Rechtsprechung seit einiger Zeit, den Interessen­

konflikt dadurch zu lösen, daß sie den Kläger in jedem Fall verpflichtet, ei­ ne Größenordnung für sein Begehren anzugeben350, so daß der Beklagte we­ nigstens ungefähr erkennen kann, welchem Risiko er ausgesetzt ist, und er danach sein prozessuales Verhalten ausrichten kann351. Ganz ähnlich verlangt die schweizerische Rechtsprechung eine „rah­

menmäßige Bezifferung” bei einer Klage auf den „ziffernmäßig nicht nach­ weisbaren Schaden” gern. Art. 42 II OR352.

Fraglich ist allerdings, welche Folgen eintreten, wenn die vom Kläger angegebene Größenordnung vom Gericht als nicht erreicht oder aber überschritten angesehen wird. Einerseits kann man die Einschätzung des Klägers nicht mit seinem Klageantrag gleichsetzen, da man ansonsten wiederum zu einer Bezifferung der Klage kommt, andererseits darf die Fehleinschätzung der Anspruchshöhe nicht völlig unbeachtlich bleiben, da die Angabe der Größenordnung sonst wertlos ist353, vor allem weil der

348 Auch Röhl, ZZP 1972, S. 59, stellt vor allem auf die Rechtsunsicherheit „wert­ ausfüllungsbedürftiger Begriffe” ab, ähnlich a.a.O., S. 69: „Unsicherheit der rechtli­ chen Bewertung”. 349 In diesem Fall ist das Gericht auch gehalten, im Rahmen seiner Prozeßförde­ rungspflicht (in Deutschland § 139 I ZPO) frühzeitig einen Hinweis auf die Ausübung des Ermessens zu geben, auch um eine überraschende Entscheidung (§ 278 III ZPO) zu vermeiden. 350 BGHv. 26.5.1994, NJW 1994, S. 3102 (3103); BGH v. 1.2.1966, BGHZ 45, S. 91 (93), ließ eine derartige Verpflichtung nach dem Vorschlag vom Pawlowski, NJW 1961, S. 314 ff., noch dahingestellt. Kritisch dazu bereits Röhl, ZZP 1972, S. 68, 73, sowie etwa Husmann, NJW 1989, S. 3126 ff., E.Schneider, MDR 1989, S. 300 ff. 351 Dieses Beklagteninteresse bejaht bereits BGH v. 1.2.1966, BGHZ 45, S. 91. 352 BG v. 24.4.1951, BGE 77 II S. 184 (187 f). Damit wird das freie Ermessen des Gerichts für die Schätzung auf diesen Rahmen beschränkt. 353 So auch Butzer, MDR 1992, S. 540.

Kläger dann keinen Anreiz mehr zur Offenlegung der ihm zur Verfügung stehenden Informationen hat. Als Kompromiß läßt bei einer zu hohen Größenangabe die deutsche Recht­ sprechung354 den Kläger nur dann einen Teil der Verfahrenskosten tragen,

wenn eine erhebliche Abweichung, nämlich um 20 bis 25 Prozent, vorliegt. Auch bei einer zu niedrigen Größenangabe wurde eine Bindung im Sinne des § 308 I ZPO ab einem Zuschlag in dieser Höhe befürwortet355, der BGH hat jedoch nunmehr gegenteilig entschieden356. Damit wird die konkrete Be­ zifferung des Klageantrags hinsichtlich des Kostenrisikos praktisch durch die etwas flexiblere Angabe einer Bandbreite ersetzt, deren Festlegung auf einen bestimmten Schwankungsrahmen allerdings nicht begründet wird357 und recht zufällig wirkt.

Die Angabe einer Größenordnung ist nur dann sinnvoll, wenn dem Kläger hinreichende Anhaltspunkte für deren Ermittlung zur Verfügung stehen. Reichen seine Informationen hinsichtlich der Höhe seines Anspruchs dafür nicht aus, so ist ihm auch die Bestimmung einer Bandbreite nicht möglich. cc) Zwischenergebnis

Für die Zulässigkeit unbezifferter Klageanträge kommt es daher darauf an, ob sie auf Informationsdefiziten des Klägers im tatsächlichen Bereich beruhen, die diesem zugerechnet werden, oder ob sie durch vom Gesetz­ geber vorgegebene Ermessensspielräume der Gerichte verursacht werden, deren Einschätzung dem Kläger unmöglich ist. Bei der Höhe des Minderungsbetrages handelt es sich um eine Ungewiß­ heit im tatsächlichen Bereich, für die der Kläger darlegungs- und be­ weispflichtig ist. Damit ist es nicht sinnvoll, den Kläger insoweit von seinem Kostenrisiko zu entlasten. Ein unbezifferter Antrag auf Minderung sollte daher weder nach dem Verfahrensrecht noch durch eine Regelung im materiellen Recht zugelassen werden.

354 Dazu die Nachweise bei Butzer, a.a.O. Der 20%-Regelwert findet sich, bezogen auf die verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung des § 92 II ZPO, bereits bei Röhl, ZZP 1972, S. 75. 355 Butzer, MDR 1992, S. 541. 356 BGH v. 30.4.1996, BGHZ 132, S. 341, wonach - jedenfalls bei der Bemessung eines Schmerzensgeldes - die Angabe einer Größenordnung keine Grenzen nach oben setzt, auch wenn der zugesprochene Betrag das Doppelte der Größenangabe übersteigt. 357DUNZ, NJW 1984, S. 1736.

Auch die Unsicherheiten der Wandelung in Bezug auf den Nutzungs­ wert der Kaufsache beruhen auf Sachverhaltsproblemen, wenn man davon ausgeht, daß jedenfalls der Bewertungsmaßstab erkennbar ist. Auch hier ist die Zulassung eines unbezifferten Antrags nicht sinnvoll. Bei der Höhe des Schadensersatzes ist zu unterscheiden. Ist allein die Tatsachengrundlage betroffen - wie etwa in Deutschland bei § 287 ZPO so erscheint eine Zulassung unbezifferter Anträge nicht sinnvoll. Beruhen die Unsicherheiten über den Schadensumfang dagegen auf der Möglichkeit der Gerichte, nach Billigkeit zu entscheiden - wie etwa in Griechenland dann handelt es sich nicht um eine Tatsachenfrage, sondern um einen Akt materieller Rechtsgestaltung durch das Gericht358. Dessen Ausmaß ist durch den Kläger nicht vorauszusehen, so daß ihm insoweit nur ein unbezifferter Antrag zugemutet werden kann. Ebenso handelt es sich bei den Schwierigkeiten des Klägers, die ange­ messene Höhe einer Vertragsstrafe zu beurteilen, um eine Frage der rechtlichen Bewertung, die der Kläger nicht vornehmen kann. Damit ist auch in diesen Fällen die Zulassung eines unbezifferten Antrags grundsätz­ lich sinnvoll. Wenn allerdings die Herabsetzung nur „auf Antrag des Schuldners” der Vertragsstrafe erfolgt359, kommt in erster Linie diesem der Vorteil eines nicht bezifferten Antrags zu360. Das Kostenrisiko liegt jedoch beim Kläger, so daß ihm ebenfalls die Klage auf eine angemessene Ver­ tragsstrafe zuzugestehen ist. b) Möglichkeiten einer Änderung der Bezifferung von Gewährleistungs­ klagen während des Verfahrens

Das Risiko des Klägers, mit einem konkreten Zahlungsverlangen entweder die spätere Bewertung des Gerichts zu überschreiten und insoweit die Kosten tragen zu müssen, oder dahinter zurückzubleiben und insoweit den Anspruch nicht durchsetzen zu können, kann dadurch verringert werden, daß eine Veränderung des Klageantrags noch während des Verfahrens zugelassen wird. Das ist insofern sinnvoll, als der Kläger damit Informa­ tionen hinsichtlich des Umfangs seines Anspruchs nutzen kann, die er in der Zeit des Prozesses oder auch durch diesen selbst, etwa bei einer

358 PRüTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 4 zu § 287. 359 So ebenfalls in Griechenland und Österreich, während in der Schweiz nach der Rechtsprechung das Herabsetzungsbegehren nur erkennbar sein muß und in Frankreich diese Frage allein dem Richter überlassen wird. 360 BGH v. 22.5.1968, NJW 1968, S. 1625.

Beweisaufnahme, erlangt361. Das oben gegenüber einer unbezifferten Klage angeführte Informationsdefizit des Beklagten wird durch eine veränderte Bezifferung eher positiv beeinflußt, so daß eine derartige Klageänderung in vielen Rechtsordnungen mittlerweile sehr weitgehend zugelassen wird. So wird in Deutschland eine Erweiterung oder Beschränkung des Klage­ antrages vom Gesetz überhaupt nicht als Änderung der Klage im strengen

Sinne eingeordnet (§ 264 Zff. 2 ZPO), wodurch sie grundsätzlich nicht von

der Einwilligung des Beklagten oder der Sachdienlichkeit (§ 263 ZPO) ab­ hängt362. Auch in Österreich wird zumindest die Erhöhung des Klage­

antrags über das Gericht nach § 235 III ZPO-A ohne weiteres zugelassen, weil dadurch die Durchführung des Verfahrens nicht wesentlich schwieriger

wird, während in der Schweiz die Ermäßigung der Klagesumme nicht als Klageänderung im prozessualen Sinne gilt363.

In den romanischen Ländern wird ebenfalls die traditionelle Regel, keine Veränderungen des Falles während der Vorbereitungsphase des Prozesses zuzulassen, zunehmend zugunsten größerer Flexibilität durchbrochen364: In Italien etwa können die Parteien ihre Anträge während des Verfahrens vor dem Instruktionsrichter („giudice istruttore"), d.h. bis zur Überweisung der

Rechtssache zur Entscheidung an den Senat (Art. 190, 275 ff. CceProcC)

jederzeit noch ändern („modificare le domande”, Art. 183 I, 184 CceProcC, „eventuali modificazioni" Art. 189 I 1 CceProcC). In England ist dagegen insgesamt nur ein „amendment" während der Pleading-Phase ohne weiteres zulässig, darüberhinaus nur mit einer Geneh­ migung des Gerichts, die jedoch recht bereitwillig gegeben wird365, oder unter Einwillugung der anderen Partei (R.S.C. Ord. 20).

Es fragt sich jedoch, ob bei einer Änderung der Klagesumme nicht auch zu berücksichtigen ist, daß sich der Beklagte in seinem Prozeßverhalten auf die ursprüngliche Forderung des Klägers eingestellt hat. Dabei ist danach zu unterscheiden, ob der Klageantrag erweitert oder beschränkt wird.

361 SCHIMA/HOYER/IECL, Ordinary Proceedings, 1984, S. 120 (sec. 158), führen vor allem die tatsächlichen Situationen an, die der Kläger nicht sicher beurteilen konnte als er die Klage erhob. 362 Zur Problematik der Klagerücknahme u. im Anschluß. 363 SCHIMA/HOYER/IECL, Ordinary Proceedings, 1984, S. 121 (sec. 158). 364 Kohl/IECL, Ordinary Proceedings, 1984, S. 71 f. (sec. 93). 365 Kaplan/Clermont/IECL, Ordinary Proceedings, 1984, S. 11 (sec. 14), mit Verweis auf das bestehende Kostenrisiko, vgl. auch Bunge, Zivilprozeß, 1995, S. 85, van Dam-Lely/Kottenhagen, in: Access, 1996, S. 108. Zu den seit 1999 geltenden Civil Procedure Rules (CPR) Sobich, JZ 1999, S. 775 ff.

Eine quantitative Erweiterung fuhrt dazu, daß für den Beklagten sowohl das Kostenrisiko steigt als auch der Nutzen einer Klagabweisung, so daß er nunmehr neu entscheiden muß, wie er sich weiterhin auf das Verfahren einläßt. Da er jedoch bereits bei der niedrigeren Klagesumme den Prozeß aufgenommen und sich verteidigt hat, spricht viel dafür, daß er dies auch bei einer Klageerweiterung tun wird. Bei einer Verringerung des Klageantrages trifft ihn diese Entscheidung des Klägers insofern anders, als er unter diesen Umständen den Prozeß eventuell mit weniger Aufwand oder gar nicht geführt hätte. Im wesent­ lichen können ihm die durch die ursprünglich höhere Forderung des Klägers entstandenen zusätzlichen Kosten dadurch ersetzt werden, daß der Kläger diese als insoweit Unterliegender tragen muß, wie es in Deutschland durch die regelmäßige Einordnung der quantitativen Klagebeschränkung als teilweise Klagerücknahme366 gern. § 269 III 2 ZPO geschieht367. Darüberhinaus kann man den Beklagten dagegen schützen, daß seine bereits vorgenommenen Verteidigungsaktivitäten bezüglich des vom Kläger nicht mehr verfolgten Teils des Anspruchs für einen möglichen weiteren Prozeß nicht in gleicher Weise nutzbar sind, indem man seine Zustimmung auch zur teilweisen quantitativen Klagerücknahme verlangt368.

c) Ergebnis

Rechtsbehelfe wegen Sachmängeln sollten ebensowenig wie andere Ansprüche unbeziffert geltend gemacht werden können, damit der beklagte Verkäufer sich angemessen auf die Durchsetzung der Gewährleistung einstellen kann. Dieses Interesse steht der Erleichterung einer Realisierung von Gewährleistungsansprüchen durch eine weite Zulassung unbestimmter Klageanträge entgegen. Im Kaufrecht gilt dies vor allem für Minderungs­ beträge, für die Nutzungserstattung bei der Wandelung sowie grundsätzlich auch für Schadensersatzansprüche, denn dort beruhen die Informations­ defizite des klagenden Käufers jeweils auf Unsicherheiten im tatsächlichen Bereich, die dem Kläger zuzurechnen sind. Eine Ausnahme gilt für die Höhe einer vereinbarten Vertragsstrafe, soweit man akzeptiert, daß den 366 Vgl. etwa LüKE/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 23 zu § 264, BGH v. 1.6.1990, NJW 1990, S. 2682. A.A. Walther, NJW 1994, S. 426. 367 Auch bei einem weitergehenden endgültigen Verzicht des Klägers auf den Ver­ ringerungsbetrag trägt er als insoweit Unterliegender die Kosten gern. § 91 ZPO, Fenge/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 19 zu § 306. 368 So in Deutschland bei einer Klagerücknahme nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung, § 269 I ZPO, ebenso in Italien, Art. 306 I CceProcC.

Gerichten nach materiellem Recht ein vom Kläger kaum einschätzbares Ermessen der Billigkeit für die angemessene Höhe zusteht. Die Untersagung unbezifferter Klageanträge kann dadurch gemildert werden, daß die Klagesumme im Verfahren betragsmäßig angepaßt werden kann. Diese Möglichkeit sollte daher für Gewährleistungsansprüche weitgehend zugelassen werden, wie es etwa im deutschen Recht erfolgt. Im Falle einer Reduzierung des Klageantrags wird das Kostenrisiko des Klägers dadurch zwar nur teilweise gesenkt, soweit er die Kosten als partiell Unterliegender zu tragen hat. Andererseits wäre damit eine Zustimmung des Beklagten zur Klageermäßigung - wie sie nach deutschem Recht überwiegend für erforderlich gehalten wird - überflüssig, da das neuerlich entstehende Kostenrisiko den Kläger von einer nicht genügend aussichtsreichen erneuten Klage abhalten wird369.

4. Die Änderung des Inhalts von Sachmängelansprüchen während des Prozesses

Da die verschiedenen Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewährleistung vom Käufer nur alternativ in Anspruch genommen werden können370, stellt sich aus prozessualer Sicht die Frage, ob die grundsätzliche Wahlmöglichkeit auch noch während des Rechtsstreites aufrechterhalten bleibt, also der klagende Käufer sein Begehren auf einen anderen Rechtsbehelf umstellen kann371. Das materiell-rechtliche Wahlrecht des Käufers ist bereits dargestellt worden372. An dieser Stelle ist ergänzend zu fragen, inwieweit sich die Ausübung des Wahlrechts durch den klagenden Käufer in der ProzeßSitua­ tion in besonderer Weise auf den beklagten Verkäufer auswirkt. Letzterer hat sich im Verfahren auf einen bestimmten Verhandlungsgegenstand einge­

369 Im Falle der Minderung und des Schadensersatzes wegen Sachmangels wird die Gefahr eines zweiten Prozesses über einen noch nicht entschiedenen Teilanspruch im übrigen dadurch stark eingeschränkt, daß die kurze Verjährungsfrist bezüglich des nicht (mehr) eingeklagten Teilbetrags weiterläuft, so die deutsche Rechtsprechung auch zur Wandelung, RG v. 18.6.1918, RGZ 93, S. 158 f., BGH v. 24.11.1982, BGHZ 85, S. 367 (371), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 61 zu § 477, HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 18 zu § 465. 370 S. o. A.II.2.C) dd) (1). 371 Dazu nimmt Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 272, nur sehr kurz Stellung, indem er auf die jeweiligen Prozeßgesetze verweist. 372 S. o. A.II.2.C) dd) (2).

stellt und daran sein prozessuales Verhalten ausgerichtet373, 374 so daß eine Umstellung der Klage ihm unter Umständen seine Verteidigung erschwert 374. Auf der anderen Seite verbessert die Möglichkeit für den klagenden Käufer, von einem Rechtsbehelf zum anderen zu wechseln, die Funktion der Gewährleistung, da der Käufer am besten einschätzen kann, welche Ausgleichsmaßnahmen des Verkäufers zur Behebung des Sachmangels erforderlich sind375. a) Möglichkeiten zur Ausübung des Käuferwahlrechts bezüglich der Sachmangelrechtsbehelfe im Prozeß Für Schadensersatzansprüche als ergänzende Gewährleistung stellt sich die Frage eines Wahlrechtes im Prozeß kaum, da die Rechtsordnungen sie kumulativ neben anderen Rechtsbehelfen zulassen376. Das gilt auch im deutschen und griechischen Kaufrecht, weil dort faktisch Minderung und Schadensersatz durch die „kleine” sowie Wandelung und Schadensersatz durch die „große” Schadensberechnung kombiniert werden können377, so daß die Wahlmöglichkeit des Käufers im Prozeß nur berührt ist, wenn er zunächst allein auf Wandelung oder Minderung klagt und spä­ ter zusätzlich Schadensersatz geltend machen will378.

Dagegen schließen sich die Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewährleistung gegenseitig aus, so daß dafür auch eine Wahl des Käufers noch während des laufenden Zivilverfahrens in Betracht kommt. 373 S. o. 3., vor a). 374 Aus diesem Grunde wurde vor 1924 in der deutschen ZPO für die Unzulässigkeit einer Klageänderung ausdrücklich auf die wesentliche Erschwerung der Verteidigung des Beklagten abgestellt. 375 S. o. A.II.2.C) dd) (3). 376 Dazu im einzelnen o. A.II.2.C) dd) (1). 377 In Deutschland wird der Übergang vom kleinen auf den großen Schadensersatz und umgekehrt, obwohl wirtschaftlich dem Wechsel zwischen Minderung und Wandelung nahestehend, aufgrund der einheitlichen Rechtsgrundlage in § 463 BGB nur als unterschiedliche Berechnungsart desselben Anspruchs angesehen und daher nicht als Klageänderung nach § 263 ZPO sondern als schlichte Modifikation gern. § 264 Zff. 2 ZPO eingeordnet, BGH v. 9.10.1991, MDR 1992, S. 231, vgl. Huber/ Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 39 zu § 463. 378 Diese Umstellung oder auch der umgekehrte Fall stellen in Deutschland eine Klageänderung nach § 263 ZPO dar, weil es sich nicht um eine bloße Modifikation des Antrags i.S.d. § 264 ZPO handelt, die jedoch regelmäßig als sachdienlich gelten wird, da der Streitstof im wesentlichen identisch ist, vgl. Schilken, Zivilprozeßrecht, 1992, S. 412 (Rdnr. 752).

Dies gilt nicht, wenn diese Weichenstellung dem Ermessen des Gerichts überlassen wird, wie in Griechenland, der Schweiz und Portugal319. Daher

ist in erster Linie das Verhältnis von Vertragsaufhebung und Kaufpreis­ reduzierung betroffen, wie in Deutschland sowie in den romanischen Län­

dern Frankreich, Belgien, Spanien und Italien, die die freie Wahl des Käu­ fers zwischen Wandelung und Minderung zulassen379 380.

Dabei ist jedoch nur in Deutschland, Frankreich und Spanien bis zur

rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites der Wechsel des Rechts­ behelfs in beiden Richtungen möglich381, während im italienischen Recht die Klageerhebung das Wahlrecht ausdrücklich beendet382. In Belgien wird der Übergang im Prozeß nur von der Wandelung zur Minderung zugelassen, also vom weitergehenden zum weniger einschneidenden Rechtsbehelf, nicht aber umgekehrt383.

Selbst in den Rechtsordnungen, die die Auswahl der Rechtsbehelfe von objektiven Kriterien abhängig machen384,385 stellt sich die Frage nach einer

Umstellung im Prozeß zumindest dann, wenn bei Vorliegen der strengeren Voraussetzungen beide Ansprüche möglich sind, es sei denn es erfolgt eine echte Abgrenzung der Rechtsbehelfe, wie in Österreich3^.

b) Zulässigkeit von klageändernden Rechtsbehelfswechseln Obwohl eine Veränderung des Inhalts eines Rechtsstreits durch den Kläger den Beklagten und auch das Gericht belastet, kann es sinnvoll sein, sie gleichwohl zuzulassen. Damit wird vermieden, daß eine Entscheidung ergeht, die nicht mehr den Interessen des Klägers entspricht, und ein

379 Dazu o. A.II.2.c) dd) (2). 380 Vgl. bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 226, 238. 381 In Deutschland RG v. 9.10.1915, RGZ 87, S. 237 (239), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 39 zu § 462, zum französischen Recht vgl. WENNER/SCHODEL Rdnr. 134, in: Handbuch, 1992, S. 455. 382 Art. 1492 II CceC: „La scelta e irrevocabile quando e fatta con la domanda giudiziale". 383 Vgl. Moons Rdnr. 127, 129, in: Handbuch, 1992, S. 106 f. 384 So meist für die Wandelung anhand der Schwere der Vertragsverletzung, wie etwa in Österreich, Dänemark, Schweden, und den Niederlanden, dazu o. A.II.2. bb) (1). 385 Nach § 932 I 1 AB GB ist die Wandelung allein bei einem wesentlichen und unbehebbaren Mangel möglich, während sie in allen anderen Fällen nicht in Betracht kommt, vgl. auch die Übersicht bei Heller Rdnr. 135, in: Handbuch, 1992, S. 820.

weiterer Rechtsstreit mit dem geänderten Inhalt geführt wird386. Letzteres wäre jedenfalls dann wirtschaftlich zweifelhaft, wenn das zweite Verfahren, vor allem in tatsächlicher Hinsicht, überwiegend eine Wiederholung des ersten Prozesses darstellt387. In diesem Fall einer geringfügigen Änderung des Prozeßstoffes dürfte auch die Erschwernis für den Beklagten in der Regel unwesentlich sein, so daß dessen Interesse an einer sachgerechten Verteidigung388 einer Klageänderung nicht entgegensteht. Dementsprechend wird in Deutschland jede Klageänderung zugelassen,

wenn „das Gericht sie für sachdienlich erachtet” (§ 263 ZPO), wobei die Rechtsprechung vor allem darauf abstellt, ob ein weiterer Prozeß verhindert wird, in welchem der bisherige Prozeßstoff erneut verhandelt würde389. In diesen Fällen wird die Zustimmung des Beklagten für entbehrlich gehalten, auf sie kommt es nur noch an, wenn die prozeßökonomischen Argumente

zurücktreten und damit die Sachdienlichkeit der Klageänderung nicht er­ kennbar ist.

Als Sonderfall wird in Deutschland eine reine Antragsänderung behan­ delt, jedenfalls dann, wenn der Klageantrag sich nur dem Umfang nach ver­

ändert: Ohne eine Veränderung des Sachverhalts wird ein derartiges Kläger­ verhalten nicht den Schranken des § 263 ZPO unterworfen (§ 264 Zff. 2

ZPO), so daß es im Verfahren jederzeit möglich ist. Die Rechtsprechung erweitert diese Regelung über die quantitative Erweiterung oder Beschrän­ kung390 hinaus auf qualitative Änderungen391, unterwirft letztere dann je­ doch wiederum den Regeln der Klagerücknahme (§ 269 ZPO)392. Damit wird der Übergang auf einen schwächeren Rechtsbehelf von der Zustim­ mung des Beklagten abhängig gemacht, und eine eventuelle Sachdienlichkeit

im Sinne von § 263 ZPO muß zurücktreten.

386 Das gleiche gilt, wenn das Verfahren durch Klagerücknahme beendet wird, wobei allerdings meist, wie in Deutschland nach § 269 ZPO, die Zustimmung des Beklagten erforderlich ist. 387 Zu diesen prozeßökonomischen Erwägungen aus deutscher Sicht bei der Sach­ dienlichkeit gern. § 263 ZPO etwa BGH v. 10.1.1985, NJW 1985, S. 1841. 388 Dieses betont Wassermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 11 zu § 263. 389 BGH v. 5.5.1983, MDR 1983, S. 1017. Ähnlich in Österreich § 235 III ZPO-A, der auf die Erschwerung der Durchführung des Prozesses abstellt. 390 Dazu bereits o. 3. b). 391 BGH v. 21.12.1989, NJW-RR, 1990, S.505, vgl. LüKE/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 11 zu § 264. 392 So etwa BGH v. 1.6.1990, MDR 1991, S.137, ebenso STEPHAN/Zöller, ZPO, 1995, Rdnr. 4 zu § 269, a.A. LüKE/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 23 zu § 264.

In Deutschland wird der Übergang von der Wandelung auf die Minderung genauso wie der umgekehrte Fall grundsätzlich als Klageänderung einge­ ordnet393. Da der zugrundeliegende Sachverhalt identisch bleibt und allein der Anspruchsgrund ausgetauscht wird, wird jedoch regelmäßig die Sachdienlichkeit der Klageänderung bejaht werden können394. In neuerer Zeit scheint aber auch die Anwendung des § 264 Zff. 2 ZPO erwogen zu werden395. Dies würde zwar auf der einen Seite eine Entscheidung über die Sachdienlichkeit überflüssig machen, aber den Übergang von der Wande­ lung zur Minderung durch das Zustimmungserfordernis des Beklagten erschweren, wenn eine quantitative Beschränkung und damit eine Klage­ rücknahme nach § 269 ZPO vorliegt, weil statt der Rückzahlung des vollen Kaufpreises nur die eines Teils desselben verlangt wird396. c) Ergebnis

Unabhängig davon, unter welchen materiell-rechtlichen Voraussetzungen eine Wahl des Käufers zwischen den möglichen Rechtsbehelfen zugelassen wird bzw. welche Interessen des Verkäufers dazu fuhren können, diese Wahl einzuschränken397, ist es grundsätzlich sinnvoll, die Umstellung auf einen anderen Gewährleistungsanspruch auch noch während eines laufen­ den Verfahrens zuzulassen, um Veränderungen der Situation des Käufers, auch in informationeller Hinsicht, berücksichtigen zu können398. 399 Aus prozessualer Sicht stellt sich jedoch die Frage, inwieweit demgegenüber die Verfahrensinteressen des Beklagten zu berücksichtigen sind, die es unter Umständen erfordern, ihn vor einer Veränderung seiner Verteidigungs­ Situation zu schützen . 393 RG v. 28.9.1907, RGZ 66, S. 332 (335), ebenso BGH, MDR 1991, S. 137, auch zum mehrfachen Wechsel zwischen Wandelungs- und Minderungsklage. 394 So etwa HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 39 zu § 462: „kaum je zweifelhaft”, im Ergebnis auch BGH, MDR 1991, S. 137. 395 BGH, MDR 1991, S. 137. 396 So anscheinend BGH, MDR 1991, S. 137. Darüberhinaus könnte auch eine qualitative Beschränkung vorliegen, für die die Anwendung des § 269 ZPO zumindest umstritten ist. 397 Dazu o. A.II.2.C) dd). 398 Die darin liegende Bevorzugung des Käufers könnte auch damit gerechtfertigt werden, daß sie als Sanktion gegenüber der Weigerung des Verkäufers zur Behebung der Äquivalenzverschiebung angesehen wird, durch die eine schnelle Einigung gefördert wird. 399 Damit geht es - parallel zum materiellen Recht - um die Frage, inwieweit etwai­ ge durch den Beklagten, hier in Bezug auf den Prozeß, getroffene Dispositionen zu berücksichtigen sind.

Wenn der Wechsel zwischen den Rechtsbehelfen die Tatsachengrund­ lage nicht berührt, weil die Voraussetzungen der Sachmängelansprüche sich nicht unterscheiden - wie etwa im deutschen Recht beim Wandelungsund Minderungsanspruch spricht eine prozeßökonomische Betrachtung für die Vermeidung eines weiteren Prozesses und damit für eine Zulassung der Umstellung, entsprechend der Sachdienlichkeit nach dem deutschen § 263 ZPO. In diesen Fällen verändert sich auch die Verteidigung des beklagten Verkäufers nicht, so daß dessen schützenswerte prozessuale Interessen nicht entgegenstehen. Dies ändert sich auch nicht, wenn man den Übergang von einem weitergehenden Rechtsbehelf, wie der Vertrags­ aufhebung, auf einen engeren, wie die Kaufpreisherabsetzung, als Be­ schränkung der Klage ansieht, denn in diesem Fall soll der Beklagte in erster Linie dagegen geschützt werden, daß der Kläger den aufgegebenen Teil des Klageanspruchs erneut gerichtlich geltend macht400. Eine spätere weitergehende Klage des Käufers ist jedoch bei einer bereits erfolgten Entscheidung aufgrund eines Sachmangels aus demselben Sachverhalt nicht mehr möglich, da die Rechtskraft der ersten Entscheidung den Käufer bindet und damit sein Wahlrecht erlischt401, so daß der Verkäufer insoweit keines besonderen Schutzes bedarf. Eine andere Bewertung könnte allerdings in den Rechtsordnungen erfol­ gen, die die Rechtsbehelfe, vor allem Vertragsaufhebung und Kaufpreis­ reduzierung, im materiellen Recht nach objektiven Kriterien abgrenzen. Damit bedeutet der Übergang von einem auf den anderen Anspruch auch eine Veränderung der Tatsachengrundlage im Prozeß. Deren Auswirkun­ gen sind jedoch sehr gering, denn es handelt sich ganz überwiegend nur um ein einziges Tatbestandsmerkmal, wie etwa die Frage, ob der Mangel bzw. die Vertragsverletzung wesentlich war oder nicht402, so daß in einem zweiten Prozeß kaum etwas Neues verhandelt würde und auch die Vertei­ digung des Beklagten sich nur geringfügig änderte. Eine Beschränkung des

400 In Belgien wird allerdings gerade die Reduzierung des Sachmangelanspruchs zugelassen. 401 So in Deutschland zu einer Wandelungsklage nach Verurteilung des Käufers zur Minderung RG v. 9.10.1915, RGZ 87, S. 237 (239), ebenso ausdrücklich die Fassung des § 465 BGB nach der Zweiten Kommission. Auch abweichende Ansichten, dem Käufer bis zur Befriedigung seines Anspruchs das Wahlrecht zu belassen, etwa Erman, JZ 1960, S. 44, Kupisch, AcP 1970, S. 500, befürworten keine zweite Klage. 402 So nach dänischem und niederländischem Recht, nur im schwedischem Recht wird nach allgemeinem Kaufrecht zusätzlich auch die Information des Verkäufers verlangt, dazu o. A.II.2.c) dd) (2).

Wahlrechts des Käufers während des Zivilverfahrens ist daher in diesen Rechtsordnungen ebenfalls nicht sinnvoll.

5. Die prozessualen Auswirkungen unterschiedlicher Formen der Erhebung von Sachmängelansprüchen In einigen Rechtsordnungen wird es für notwendig gehalten, die Rechtsbe­ helfe wegen Mängeln der Kaufsache in Form einer besonderen Erklärung durch den Käufer sowie eventuell weiterer Elemente wie der Zustimmung des Verkäufers oder der Bestätigung durch das Gericht geltend zu machen, wenn der Kaufvertrag durch die Berufung auf die Gewährleistungsan­ sprüche verändert wird. Eine derartige Umgestaltung des ursprünglichen Rechtsverhältnisses erfolgt ganz offensichtlich bei der Aufhebung der Leistungspflichten des Kaufvertrages, aber auch bei der Herabsetzung des Kaufpreises, wenn sie als Anpassung an die veränderten Umstände und nicht als Schadensersatzanspruch ausgestaltet ist403. Ein zwischengeschalteter rechtsgestaltender Akt wirkt sich in prozes­ sualer Hinsicht dann auf die Sachmängelgewährleistung aus, wenn dadurch der Ablauf des Verfahrens zur Durchsetzung der Käuferansprüche er­ schwert wird, insbesondere wenn ein eigenes Gerichtsverfahren hinsichtlich des Gestaltungsaktes erforderlich wird. Der damit verbundene zusätzliche Zeitaufwand sowie das erhöhte Kostenrisiko belasten den Käufer und können damit die Wirkung der Gewährleistung beeinträchtigen.

Die Ausformung der Rechtsbehelfe wirkt sich jedoch nicht nur auf deren aktive Ausübung durch den klagenden Käufer aus, sondern beeinflußt auch seine Ndöglichkeiten zur Verteidigung gegen die Durchsetzung des Kauf­ preisanspruches von Seiten des Verkäufers. Würde man die Erhebung von Gewährleistungsansprüchen nur im Wege des Angriffs, jedoch nicht als Verteidigung zulassen, so würde man tendenziell deren Durchsetzung erschweren, weil der Käufer als Kläger die ,fast des Angriffs" trägt404. Diese beruht vor allem auf dem Erfordernis, finanziellen sowie zeitlichen Aufwand vor der Durchführung des Verfahrens erbringen zu müssen, ohne 403 Dazu o. A.II.2.c) bb), cc). Im deutschen Recht ist wohl auch der Schadensersatz­ anspruch wegen Nichterfüllung nach § 463 BGB dazu zu rechnen, da er eine Umstel­ lung des Vertrages vom primären Erfüllungsanspruch auf den sekundären Ersatz­ anspruch voraussetzt. 404 Vgl. Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 26 vor § 91, der dies auch als „Klagelast” bezeichnet.

zu wissen, ob und wann sich diese Investition auszahlt405. Eine entspre­ chende, wenn auch weitaus geringere Wirkung, geht von der unterschiedli­ chen Ausgestaltung der Verteidigungsmöglichkeiten des Käufers auf die Durchsetzung der Sachmängelhaftung gegenüber dem Verkäufer aus: Je höher die Anforderungen an und der Aufwand für den Käufer zur Abwehr von Verkäuferklagen, desto eher wird er seine Sachmängelansprüche präventiv durchsetzen. Die damit einhergehende Belastung des Käufers kann die Wirkung der Gewährleistung abschwächen. a) Die klageweise Durchsetzung einer Umgestaltung des Kaufvertrages aufgrund von Sachmängeln

Die europäischen Kaufrechte sehen drei unterschiedliche Formen vor, in denen die Vertragsaufhebung und zum Teil auch die Anpassung der Kaufpreisverpflichtung geltend gemacht werden müssen: Erstens eine bloße Gestaltungserklärung des Käufers406, zweitens eine Gestaltungs­ aufforderung durch den Käufer zu einer Zustimmung des Verkäufers407 und drittens eine Gestaltungsanordnung durch das Gericht auf Antrag des Käufers408. Zwar ist formal nur im letzten Fall ein Zivilverfahren für die Durchführung der Rechtsbehelfe unumgänglich, aber insoweit fallt die Abweichung zu den anderen beiden Varianten kaum ins Gewicht, da auch bei letzteren die prozessuale Durchsetzung dann notwendig wird, wenn der Verkäufer der Gestaltungserklärung nicht Folge leistet bzw. seine Einwilli­ gung in die Gestaltung trotz Aufforderung verweigert. Die Durchsetzung von Aufhebung bzw. Anpassung der Leistungspflichten wird für den Käufer aber dann erschwert, wenn verlangt wird, daß zu­ nächst formal die Umgestaltung des Kaufvertrages erfolgen muß und erst danach die Rechtsfolgen daraus geltend gemacht werden können. Dies wäre bei einer Konstruktion der speziellen kaufrechtlichen Rechtsbehelfe 405 Zu diesem Zugangshindemis vgl. H.KOCH, Rechtsschutz, 1976, S. 20 f. Röhl/ AK, ZPO, 1987, Rdnr. 28 vor § 91, spricht allgemein davon, daß „die Hürde” für den Kläger „höher” ist, bzw. von der „Mühe einer Klage”. 406 So etwa für die Vertragsaufhebung Griechenland, Dänemark, die Niederlande, England und Irland, s. o. A.II.2.C) bb) (1), sowie für die Kaufpreisreduzierung Griechenland und Dänemark, s. o. A.II.2.c) cc), (1). 407 So für die Wandelung und Minderung Deutschland, Österreich und die Schweiz, s. o. A.II.2.c) bb) (1), cc) (1). 408 So vor allem für die Wandelung in den romanischen Rechtsordnungen Frank­ reich, Belgien, Italien und Spanien, s. o. A.II.2.c) bb) (1).

sowohl als Vertrag wie als richterlicher Gestaltungsakt eigentlich erforder­ lich, indem der Käufer im ersten Fall auf Abgabe der Einverständniserklä­ rung des Verkäufers mit der Wandelung bzw. Minderung klagt409 und im zweiten Fall die Auflösung des Vertrages durch das Gericht beantragt410. Hat der Käufer den (vollen) Kaufpreis bereits gezahlt, so müßte er nun eine weitere Klage auf (teilweise) Rückzahlung erheben, welche sein Kosten­ risiko erhöht und zu einer zeitlichen Verzögerung fuhrt. Ein derartiger Aufwand wird jedoch vom Käufer kaum erwartet. In denjeni­ gen (mitteleuropäischen) Rechtsordnungen, die eine Zustimmung des Ver­

käufers zu Wandelung und Minderung vorsehen, ist die Rechtsprechung da­ von abgegangen, vom Käufer eine besondere Klage auf Einverständnis­ erklärung zu verlangen411 und läßt direkt die Klage auf die Folgen der Um­ gestaltung zu412. Parallel dazu wird in den romanischen Ländern die Klage auf Vertragsauflösung nicht mehr als Gestaltungsklage angesehen, sondern

der Käufer kann unmittelbar die Rechtsfolgen aus der Auflösung geltend machen413. Nur in Griechenland, wo Wandelung und Minderung eigentlich als bloße Gestaltungsrechte angesehen werden, ist zunächst die Feststellung

oder Gestaltung durch das Gericht notwendig, bevor die entsprechenden Rechtsfolgen daraus verlangt werden können414.

Unabhängig davon, welche materiell-rechtliche Konstruktion für die Umgestaltung des Kaufvertrages bevorzugt wird, sollte die Durchsetzung

409 So in Deutschland früher die Vertreter der „Vertragstheorie”, Endemann, Bür­ gerliches Recht II, 1903, S. 360 f., OERTMANN, Bürgerliches Gesetzbuch, 1928/29, § 65 Anm. 1; dabei handelt es sich um eine Leistungsklage, die bei Erfolg nach § 894 ZPO vollstreckt wird, indem die Zustimmung des Verkäufers durch das Urteil als abgegeben gilt. Ebenso früher in Österreich und der Schweiz, vgl. Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 267. 410 So in den romanischen Ländern Frankreich und Italien, vgl. Rabel, Waren­ kauf I, 1964 (1936), S. 203, der darin ein Gestaltungsurteil sieht, sowie Belgien und Spanien, s. o. A.II.2.C) bb). 411 Allerdings kann der Käufer sich darauf beschränken, die Einwilligung des Verkäufers in Wandelung bzw. Minderung zu verlangen, BGH v. 16.9.1981, BGHZ 81, S. 298 (307), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 24, 53 zu § 462. 412 So in Deutschland bereits RG v. 16.9.1904, RGZ 58, S. 423 (425), BGH v. 8.7.1987, NJW 1988, S. 254, befürwortend auch Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 237, s. o. A.II.2.c) bb) (1), cc) (1). 413 So in Frankreich, vgl. FERID/SONNENBERGER, Zivilrecht II, 1986, 2 G 607, s. o. A.II.2.C) bb) (1). 414 Es wird allerdings eine Verbindung beider Klagen für möglich gehalten, vgl. Chaldoupis Rdnr. 92, 99, in: Handbuch, 1992, S. 515, 517, sowie Vourvouri, Sach­ mängelhaftung, 1998, S. 100, die jedoch auch eine direkte Leistungsklage für möglich hält.

der Rechtsfolgen auch dieser Rechtsbehelfe der eigentlichen Gewähr­ leistung ohne den Umweg über eine Klärung der Gestaltungswirkung in einem eigenen Rechtsstreit möglich sein, wie es in nahezu allen hier betrachteten Rechtsordnungen die Regel ist.

b) Die Erhebung von Sachmängelansprüchen zur prozessualen Verteidigung gegen Forderungen des Verkäufers Die dem Käufer zustehenden Rechtsbehelfe wegen einer mangelhaften Kaufsache können in fast allen einbezogenen Rechtsordnungen nicht nur aktiv geltend gemacht werden, sondern auch zur Verteidigung gegen eine Klage des Verkäufers auf Erfüllung genutzt werden415. Je nach ihrer Ausgestaltung unterscheidet sich jedoch die Art und Weise, wie sie durch den beklagten Käufer in den Prozeß eingebracht werden können, und damit auch der Aufwand seines Verteidigungsverhaltens,

aa) Berücksichtigung von Amts wegen durch das Gericht Die für den beklagten Käufer einfachste Möglichkeit der Berücksichtigung von Sachmängelansprüchen in einem Verfahren gegen ihn wäre ihre Beachtung durch das Gericht von Amts wegen, also auch wenn sich Anhaltspunkte dafür nur aus dem Klägervortrag ergeben, ohne daß sich der Beklagte darauf berufen muß. Diese Lösung, die dem verklagten Käufer den wirkungsvollsten Schutz bietet, kann in keiner der hier betrachteten Rechtsordnungen Anwendung finden, da dem Käufer die unterschiedlichen Rechtsbehelfe im wesentlichen zur Wahl gestellt sind und er sich für einen davon entscheiden muß416. Ohne eine Erklärung des Käufers, welches Gewährleistungsrecht er geltend macht, kann daher auch nicht im Passiv­ prozeß darüber entschieden werden, es sei denn, man überließe in diesen Fällen dem Richter die Auswahl. Tatsächlich können aber bereits Hinweise auf die Mangelhaftigkeit der Kaufsache dazu führen, daß dem Beklagten zumindest die Gelegenheit gegeben wird, sich darauf zu berufen. In vielen Rechtsordnungen ist der Richter nämlich gehalten, das Verfahren zu fördern, indem er die Parteien zu einem sachgerechten Prozeßverhalten anregt. Dazu wird vielfach auch 415 Den einzigen Sonderfall stellt die Verringerung oder Beseitigung des Kaufpreises im englischen sowie irischen Recht (sec. 53 I a SGA-GB / SGA-IRL) dar, die allein gegenüber dem Verkäufer und damit zur Verteidigung geltend gemacht werden kann, nicht aber aktiv durchzusetzen ist, dazu o. A.II.2.C) cc) (1). 416 S. o. A.II.2.C) dd) (1).

gezählt, daß er auf die Möglichkeit zur Erhebung von Einreden aufmerk­ sam macht417, so daß in diesen Fällen kein großer Unterschied zur Berück­ sichtigung ex officio besteht.

bb) Erhebung einer Einrede

In der nächsten Stufe erfordert die Verteidigung des Käufers mit Sachmän­ gelansprüchen eine ausdrückliche Erklärung, die vor allem deutlich macht, welchen der möglichen Rechtsbehelfe er gegen die Forderung des Verkäu­ fers geltend machen will. Damit handelt es sich nach deutschem Recht um eine Einrede im materiell-rechtlichen Sinne, auf die sich der Begünstigte berufen muß. Auch in anderen Rechtsordnungen, vor allem den mitteleuro­ päischen, werden bestimmte Gegenrechte als derartige aktiv zu erhebenden Verteidigungsmittel gesondert behandelt418. Die Frage, ob eine Einrede zur Abwehr von Ansprüchen des Verkäufers

ausreicht, wird in Deutschland für Wandelung und Minderung indirekt durch § 478 I 1 BGB bejaht, denn das Recht, die Zahlung des Kaufpreises

„zu verweigern”, erfordert allein eine entsprechende Erklärung des Käufers, er muß diese Rechtsbehelfe jedoch nicht voll durchsetzen419.

Damit entspricht der Verteidigungsaufwand für den beklagten Käufer nach deutschem Recht den Rechtsordnungen, die bei der Aufhebung oder Anpassung der Leistungspflichten ein Gestaltungsrecht des Käufers anneh­ men420 und ebenfalls allein dessen Äußerung genügen lassen, zumal beide Erklärungen sowohl im Prozeß wie auch außerhalb abgegeben werden kön­ nen421 . Aber die Einrede wirkt insofern schwächer als ein Gestaltungsrecht,

417 So zum deutschen § 139 ZPO etwa E.Schmidt/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 34 zu § 139; streitig ist in dieser Hinsicht vor allem der Hinweis auf die Verjährungseinrede, weniger auf andere Einreden. Zur Hinweispflicht im skandinavischen Recht BLOMEYER/IECL, Types of Relief, 1982, S. 60 (sec. 119). 418 Vgl. BLOMEYER/IECL, Types of Relief, 1982, S. 59 (sec. 119). In England wer­ den sie als „special defenses" abschließend aufgezählt, R.S.C. Ord. 18 r. 7 (1). 419 BGH v. 18.1.1991, BB 1991, S. 447, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 234 vor § 459, Rdnr. 1, 3 zu § 478, der, wie ebenfalls HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 1 zu § 478, auch auf die zunächst geplante entgegengesetzte Regelung bei Erlaß des BGB verweist. 420 S. o. a). 421 Allerdings bleibt nur bei der Einrede, auch wenn diese zur Abweisung der Klage des Verkäufers führt, dem Käufer grundsätzlich das Wahlrecht erhalten, auf einen anderen Rechtsbehelf überzugehen, BGH v. 11.7.1990 NJW 1990, S. 2680 (2681), obwohl der Grundsatz des „venire contra factum proprium” dies im Einzelfall verhindern kann, BGH v. 8.1.1959, BGHZ 29, S. 148 (156 f.), vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 43 zu § 462. Dies gilt jedenfalls für den Übergang auf den Schadens­

weil sie nur die Durchsetzung des Klägeranspruchs verhindert, dem Käufer jedoch nicht die vollen Rechte aus seinem Gegenanspruch gibt, denn die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils ist insoweit beschränkt422. Dies betrifft jedoch nur die Vertragsaufhebung und auch dort nur wenige Fälle, etwa wenn eine Anzahlung zurückgefordert oder Verwendungsersatz (u.U. auch Ersatz der Vertragskosten) verlangt wird423. Der Verkäufer hat es da­

gegen, auch nach Abweisung seiner Kaufpreisklage aufgrund der Einrede des Käufers, in der Hand, seine Einwilligung zu erklären und damit den Rechtsbehelf voll wirksam werden zu lassen, so daß er etwa bei der Wan­ delung den Kaufgegenstand - eventuell gegen Erstattung einer Anzahlung des Käufers - zurückverlangen kann424. Sollte der Verkäufer nach Erhebung der Wandelungseinrede jedoch nicht zustimmen, so muß der Käufer zur

vollen Durchsetzung seiner Gewährleistungsansprüche aktiv werden, indem er Widerklage erhebt.

Obwohl in Deutschland durch § 479 BGB die Verteidigung des verklag­

ten Käufers mit einem Schadensersatzanspruch wegen Sachmängeln aus­ drücklich im Wege der Aufrechnung vorgesehen wird, läßt die neuere Rechtsprechung auch hier eine bloße Einrede genügen425. Das gleiche gilt

für die Verteidigung mit dem Anspruch auf Ersatzlieferung (§ 480 I 1

BGB), die als allgemeine Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) erhoben werden kann426.

Auch andere Rechtsordnungen lassen ausdrücklich die Verteidigung des Käufers gegen Ansprüche des Verkäufers im Wege der Einrede zu, was vor allem dann notwendig ist, wenn sie Vertragsaufhebung bzw. Kaufpreis­

ersatzanspruch, während es für die Wahl zwischen Wandelung und Minderung umstrit­ ten ist, vgl. HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 32 f. zu § 465. 422 RG v. 30.10.1908, RGZ 69, S. 385 (389), so auch HoNSELL/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 30 zu § 465, mit Nachweisen der Gegenansichten in der Literatur. 423 BGH v. 24.11.1982,BGHZ 85, S. 367 (372), vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 43 zu § 462. 424 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 6 zu § 478. Die Zustimmung zur Wandelung ist auch noch nach Eintritt der Verjährung bei der Verteidigung des Käufers mit der Wandelungseinrede möglich, a.a.O., Rdnr. 157a zu § 467, dazu näher o. 2.b) aa), so daß der Verkäufer die Kaufsache zurückverlangen kann, wie es nahezu einhellig verlangt wird. HoNSELL/Staudinger, BGB, 1978, Rdnr. 3 zu § 478, nahm allerdings fälschlich an, der Käufer könne die Durchführung der Wandelung erzwingen. 425 Für den Fall des großen Schadensersatzes BGH v. 11.7.1990, NJW 1990, S. 2680 (2681), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 2 zu § 478. 426 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 16 zu § 480.

II.5. Unterschiedliche Formen der Erhebung von Sachmängelansprüchen

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reduzierung nicht als Gestaltungsrecht sondern - wie nach deutschem Recht - nur als Gestaltungsaufforderung an den Verkäufer auffassen. In Österreich ist es nach § 933 II ABGB („Einrede bleibt dem Erwerber vorbehalten”) zur Verteidigung gegen Verkäuferansprüche nicht erforder­ lich, die Rechtsbehelfe voll durchzusetzen427.

Dies gilt auch in der Schweiz („Einreden des Käufers ... bleiben beste­

hen”, Art. 210 II OR). Auch in Italien, wo Wandelung und Minderung eigentlich nur durch das Gericht festgesetzt werden können428, kann der auf Durchführung des Ver­

trages

verklagte Käufer immer die Gewährleistung geltend machen

(Art. 1495 III CceC: „il compratore, ehe sia convenuto per l’esecuzione del

contratto, puö sempre far valere la garanzia"). Das bedeutet nach der italie­ nischen Rechtsprechung, daß der Käufer zur Verteidigung mit diesen Rechtsbehelfen nicht selbst Klage bzw. Widerklage („riconvenzione") erhe­ ben muß, wie normalerweise429, sondern auch hier eine bloße Einrede („eccezione”) ausreicht430. Nur wenn der Käufer über die Ablehnung der Forde­

rung des Verkäufers hinaus weitere Vorteile aus Wandelung oder Minderung ziehen will, wie Schadensersatz oder Rückerstattung des Kaufpreises, be­ darf es auch hier einer eigenen Klage431.

Selbst in Griechenland, wo Wandelung und Minderung als Gestaltungs­ rechte angesehen werden,432 kann der Käufer „seine Rechte ... durch Ein­

wendung geltend machen” (Art. 558 AK).

cc) Antrag im Wege einer Widerklage Die für den Beklagten aufwendigste Form der Verteidigung ist die Erhe­ bung einer eigenen Klage, die dann unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam mit der ursprünglichen Klage als Widerklage verhandelt und entschieden werden kann. Voraussetzung für eine Widerklage ist eigentlich, daß der Beklagte mehr geltend macht als nur die bloße Abweisung der Klage433. Eine Ausnahme wird jedoch in einigen Rechtsordnungen dann für 427 Von der Rechtsprechung wird jedoch, ausdrücklich gegen die deutsche Auffas­ sung, eine volle Wirkung der Wandelung auch bei bloßer Einrede durch den Käufer angenommen, OGH v. 25.10.1994, JB1 1995, S. 322 (323). 428 Dazu o. a). 429 Bianca, vendita, 1993, S. 951 (n. 422). 430 Cass.v. 23.1.1968, n. 179. 431 Bianca, vendita, 1993, S. 1052 (n. 451). 432 S. o. a). 433 So ausdrücklich geregelt in Frankreich (Art. 64 CdeProcC), ebenso die Ansicht in Deutschland, vgl. etwa Schilken, Zivilprozeßrecht, 1992, S. 403 (Rdnr. 735).

notwendig gehalten, wenn ein Gegenrecht nur durch eine gerichtliche Anordnung wirksam werden kann, wie bei der Aufhebung des Vertrages in Frankreich und in anderen romanischen Rechten434. In diesen Fällen wird teilweise an einer eigenständigen Entscheidung des Gerichts über den Rechtsbehelf des Beklagten fest gehalten, so daß eine Widerklage notwen­ dig wird435. Dies betrifft den verklagten Käufer, wenn er dem klagenden Verkäufer die Vertragsaufhebung entgegenhalten will. Die Voraussetzung eines Zusammenhangs der Widerklage mit der Kla­ ge, die in den meisten Rechtsordnungen gefordert wird436, ist in den hier betrachteten Fällen stets gegeben, da der Erfüllungsklage des Verkäufers und den Sachmängelgegenrechten des Käufers der gleiche Kaufvertrag zugrundeliegt und damit sogar eine enge rechtliche Abhängigkeit be­ steht437. 438

Neben dem gegenüber der Erhebung einer Einrede etwas größeren Arbeitsaufwand des Beklagten bei einer Widerklage, etwa durch Anferti­ gung einer eigenen Klageschrift, sowie den eventuell durch sie entstehen­ den zusätzlichen Kosten^ wird der Käufer auch dadurch schlechter gestellt, daß er durch die ausdrückliche Entscheidung des Gerichts über den Rechtsbehelf sein ius variandi verliert, während es ihm bei der Einrede grundsätzlich erhalten bleibt. In der Praxis spielt dies jedoch kaum eine Rolle, da die bloße Einrede die Verjährung der Ansprüche nicht hemmt und 4^4 _

.

Dazu s. o. a). 435 So in Frankreich, vgl. BLOMEYER/IECL, Types of Relief, 1982, S. 62 (sec. 126), anders dagegen in Italien, wo die Widerklage nur verlangt wird, wenn der Beklagte mehr als die bloße Klagabweisung beantragt, Bianca, vendita, 1993, S. 1052 (n. 451). 436 In Deutschland § 33 ZPO i.V.m. der Rechtsprechung, BGH v. 23.1.1970, BGHZ 53, S. 166 (169), während die Literaturmeinungen überwiegend auch nicht konnexe Widerklagen für zulässig halten, vgl. Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 1 zu § 33; ebenso etwa in Österreich § 96 JN, Dänemark Art. 280 Rpl, Frankreich Art. 64, 70 CdeProcC, Italien Art. 36 CceProcC, vgl. BLOMEYER/IECL, Types of Relief, 1982, S. 63 (sec. 128). In England wird dagegen keine spezielle Beziehung zwischen Klage und „Gegenklage” (counterclaim) verlangt, R.S.C. Ord. 15 r. 5 (2), vgl. BLOMEYER/IECL, Types of Relief, 1982, S. 65 (sec. 131). 437 Damit ist auch den restriktiveren Voraussetzungen des Art. 6 EuGVÜ Genüge getan, nach denen eine Widerklage gegen einen Kläger aus einem anderen Vertrags­ staat nur zugelassen wird, wenn sie auf denselben Vertrag bzw. Sachverhalt gestützt wird wie die Klage. 438 In Deutschland dürften sich Einrede und Widerklage wegen Sachmängelan­ sprüchen kostenmäßig nicht unterscheiden, da sie gegenüber der Erfüllungsklage des Verkäufers „denselben Streitgegenstand” (§ 19 GKG) betreffen und daher für den Gebührenstreitwert nicht getrennt berechnet werden.

bei den überwiegend kurzen Verjährungsfristen439 nach einer Entscheidung über die Klage des Verkäufers die Ansprüche des Käufers in der Regel nicht mehr durchsetzbar sein dürften. c) Ergebnis

Ein besonderer Grund, die Rechtsbehelfe des Käufers wegen einer mangel­ haften Kaufsache zwingend der Kontrolle eines Gerichts zu unterwerfen, soweit der Kaufvertrag dadurch umgestaltet wird, ist nicht ersichtlich. Zudem hat es der Verkäufer auch in Rechtsordnungen, die die Gestaltungs­ befugnis bei Verträgen dem Richter zuweisen - wie etwa in Frankreich - in der Hand, das gerichtliche Verfahren zu vermeiden, wenn er freiwillig auf die Ansprüche des Käufers eingeht. Daher sollte bei einem Streit über die Berechtigung der Sachmängel­ ansprüche des Käufers eine gesonderte richterliche Prüfung der Vertrags­ gestaltung sowohl bei Aktivprozessen des Käufers wie auch bei dessen Verteidigung mit der Gewährleistung entfallen. Es reicht aus, wenn das Gericht diese Frage als „Vorfrage” bei der Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche überprüfen kann. Für die Vertragsaufhebung und die Kaufpreisherabsetzung aufgrund der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache sollte daher, wie es überwiegend und vor allem in den neueren Rechtsordnungen geregelt ist, eine Erklärung des Käufers ausreichen. Dementsprechend ist bei der Abwehr gegen Ansprüche des Verkäufers im Verfahren die Erhebung einer Einrede zu befürworten.

6. Beweislast und Beweismaß für Sachmängelansprüche

Der Frage der Streites über bezüglich der Bedeutung für

Beweisbarkeit des Geschehensablaufs kommt im Falle eines die Tatsachengrundlage, der gegenüber Streitigkeiten Rechtslage erheblich häufiger auftritt, die entscheidende die Durchsetzung von Ansprüchen im Prozeß zu.

Dabei spielt die Beweislast eine ausschlaggebende Rolle (unten a.), denn diejenige Partei, der im Verfahren diese Bürde auferlegt wird, trägt neben den Kosten für die Bereitstellung des Beweises vor allem das Risiko des Prozeßverlusts bei fehlender Beweisbarkeit. Dies ist die notwendige Folge 439 Dazu o. 2.a) bb)

des Entscheidungszwangs für das Gericht, welches auch bei nicht ausrei­ chend aufgeklärtem Sachverhalt den Rechtsstreit durch Urteil beenden muß. Für die Auswirkungen der Beweislast auf die Funktion der Gewähr­ leistung sollen die durch die notwendigen Be^eisanstrengungen bei den Parteien ausgelösten Kosten, etwa die der Beweisermittlung, dokumentation oder -Sicherung, außer Betracht bleiben, weil Art und Höhe dieser „sekundären” Gewährleistungskosten440 nicht nur stark vom Einzelfall abhängen441, sondern außerdem von den Beweismöglichkeiten^ also auch von den in den jeweiligen Rechtsordnungen zulässigen Beweis­ mitteln442. Erheblich stärker ins Gewicht fällt das Risiko des Prozeßverlusts bei Beweislosigkeit, denn die Beweislast verteilt die Chancen und Risiken für die Durchsetzung von Forderungsrechten und bestimmt damit entscheidend den Wert dieser materiell-rechtlichen Ansprüche443. Bei gerichtlichen Verfahren über die Gewährleistung für Sachmängel sinken damit tenden­ ziell die Chancen für die Durchsetzung der Rechtsbehelfe des Käufers in dem Maße, in dem dieser ihre tatsächlichen Voraussetzungen zu beweisen hat. Dementsprechend verringern sich auch die beabsichtigten Wirkungen der materiellen Gewährleistungsregeln. In welchem Ausmaß die Beweis­ lastverteilung die Durchsetzbarkeit der Käuferansprüche beeinflußt, hängt davon ab, ob die beweisbelastete Partei den geforderten Beweis typischer­ weise erbringen kann oder nicht444. Mit der Beweislastverteilung in engem Zusammenhang steht die Frage des Beweismaßes (unten b.), nach dem entschieden wird, welche Anforderun­ gen im Prozeß an den Nachweis einer Tatsache gestellt werden. Danach bestimmt das Gericht, ob überhaupt die Situation eines „non liquet” 440 S. o. 1.1. 441 In vielen Rechtsordnungen sind sie als Prozeßkosten von der unterlegen Partei zu erstatten, wie - zumindest teilweise, etwa bei Fotografien, Fotokopien, Gutachten oder auch Zeugenauslagen - in Deutschland, soweit sie als notwendige Kosten i.S.d. § 91 ZPO angesehen werden können, vgl. Röhl/AK, ZPO, Rdnr.27 ff. zu § 91. 442 Auf diesen Bereich des Beweisrechts soll hier nicht näher eingegangen werden. 443 So etwa ROSSMANN/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 17 vor § 284. Hinzu kommt der Einfluß prozessualer Grundprinzipien auf die Beweislast, wie etwa der „Waffengleich­ heit” zwischen den Parteien, dazu Baumgärtel, FS Matscher, 1993, S. 29 ff; in den Niederlanden etwa soll gern. Art. 177 Rv ausdrücklich das „faire Verfahren” bei der Beweislastverteilung berücksichtigt werden, Stein, in: Introduction, 1993, S. 205. 444 Zu der Verteilung der Beweislast nach sachbezogenen Kriterien, wie hier nach „Gefahrenbereichen”, s. u. a).

vorliegt und die Beweislast zur Entscheidung herangezogen werden muß: Je niedriger die Hürde für die Überzeugung des Gerichts gelegt wird, desto einfacher ist ein Beweis zu fuhren. Damit erhöhen sich die Chancen der Durchsetzung von Ansprüchen für die beweisbelastete Partei. Zu beachten ist allerdings, daß dieser Vorteil beiden Parteien in dem Maße zukommt, wie diese die Beweislast tragen, so daß die Auswirkung des Beweismaßes auf die Gewährleistungsfunktion nicht abstrakt bestimmt werden kann.

a) Die Beweislastverteilung zwischen Käufer und Verkäufer

In keiner der hier einbezogenen Rechtsordnungen wird speziell im Gesetz geregelt, welche der für die Rechtsbehelfe wegen einer mangelhaften Kaufsache wesentlichen Sachverhaltsbestandteile der Käufer und welche der Verkäufer im Streitfall beweisen muß. Dies richtet sich zunächst vielmehr nach einem allgemein geltenden Grundsatz445. Danach soll derjenige, der sich auf eine Recht beruft, die Voraussetzungen dafür beweisen, während die Tatsachen für die Gegenrechte, die die Durchset­ zung des Rechts ausschließen, von der anderen Seite bewiesen werden müssen. In Deutschland wurde eine derartige Regel von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellt446, nachdem eine ausdrückliche Aufnahme in

das BGB im Gesetzgebungsprozeß gescheitert war447. 448 Ähnlich wird sie in weiteren Staaten anerkannt44 . In anderen Rechtsordnungen ist sie teilweise ausdrücklich im Gesetz

festgehalten. Dabei findet sie sich sowohl im materiellen Recht, wie etwa in der Schweiz (Art. 8 ZGB: „Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der

445 So für Kontinentaleuropa Habscheid, FS Baumgärtel, 1990, S. 105, 109. Wei­ tergehend MERTENS/REHBINDER, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 10 zu Art. 8 EKG: „ersichtlich ... in allen Rechtsordnungen geltende(n) Regel”. 446 Danach gilt, „daß jede Partei die Beweislast für alle Voraussetzungen einer von ihr in Anspruch genommenen Norm trägt”, BGH v. 17.2.1970, BGHZ 53, S. 245 (250). 447 Nach § 193 Erster Entwurf BGB sollte es heißen: „Wer einen Anspruch geltend macht, hat die zur Begründung desselben erforderlichen Tatsachen zu beweisen. Wer die Aufhebung eines Anspruchs oder die Hemmung der Wirksamkeit desselben geltend macht, hat die Tatsachen zu beweisen, welche zur Begründung der Aufhebung oder Hemmung erforderlich sind.”, vgl. dazu auch RÜSSMANN/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 17 vor § 284. 448 Für Österreich Fasching, Zivilprozeßrecht 1990, Rdnr. 881, Ballon, Einfüh­ rung, 1997, S. 145, für England vgl. Bunge, Zivilprozeß, 1995, S. 111, ^Frankreich und England vgl. Coester-Waltjen, Beweisrecht, 1983, S. 281.

aus ihr Rechte ableitet”), in Italien (Art. 2697 I CceC: „Chi vuol far valere

un diritto in giudizio deve provare i fatti ehe ne constituiscono il fonda-

mento”) sowie in Spanien (Art. 1214 CgoC), als auch im Prozeßrecht, wie

in

Griechenland

(Art.

338

ZPO-GR)

oder

in

den

Niederlanden

(Art. 177 Rv).

Da außerdem in den verschiedenen Rechtsordnungen die Voraussetzungen der Sachmängelansprüche auf der einen Seite sowie die Ausschlußtat­ bestände auf der anderen Seite im wesentlichen in gleicher Weise eingeteilt werden449, kann es nicht verwundern, daß die Beweislast für die zentralen Sachverhaltselemente der Gewährleistung nahezu identisch verteilt wird. Aufgrund vereinzelter spezieller Beweislastregelungen, die sich zum Teil in den gesetzlichen Vorschriften finden, zum Teil durch die Rechtsprechung entwickelt worden sind, ergeben sich im Detail allerdings einige Abwei­ chungen unter den Rechtsordnungen. aa) Vorliegen eines Sachmangels

Den Fehler der Kaufsache als Basisvoraussetzung für die Sachmängel­ gewährleistung des Verkäufers muß - entsprechend der oben behandelten Grundregel - generell der Käufer nachweisen450. In Deutschland gilt dies nach der Rechtsprechung jedoch nur dann, wenn der Käufer die Kaufsache als eine in der Hauptsache vertragsgemäße Lei­

stung angenommen hat, während für den Zeitraum bis zur Annahme der

Verkäufer die Voraussetzungen für seine ordnungsgemäße Erfüllung und damit auch die Mangelfreiheit zu beweisen hat451, ebenso wird es überwie­ gend in Griechenland gesehen452. Als Begründung für diese Unterscheidung

449 Dazu o. A.II.2. 450 So etwa in Österreich OGH v. 13.11.1985, JB1 1986, S. 244, Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 133, in der Schweiz HONSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 12 zu Art. 197, in Frankreich vgl. FERID/SONNENBERGER, Zivilrecht II, 1986, 2 G 613 mit Verweis auf Cass. Com. v. 10.12.1973, JCP 1975 II 17950, sowie Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 17, in Belgien vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 41, in Italien Bianca, vendita, 1993, S. 1042, vgl. auch A.Kramer, Abwick­ lungsstörungen, 1996, S. 50, in Spanien vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 133/134. 451 RG v. 30.4.1904, RGZ 57, S. 399, BGH v. 31.5.1989, NJW 1989, S. 2532, Westerm ANN/MünchKomm, BGB, 1995, Rdnr. 99 zu § 459, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 93 zu § 459, a.A. etwa BRÜGGEMANN/Staub, HGB, 1983, Rdnr. 204 zu § 377. Nach Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 221, „kehrt (die Annahme) die Beweislast um”. 452 Vgl. Vourvouri, Sachmängelhaftung, 1998, S. 147.

wird meist auf die ausdrückliche Beweislastregel des § 363 BGB verwiesen,

die allerdings zum einen vom Wortlaut her nur eine „andere” oder eine „un­ vollständige” Leistung betrifft, und die zum anderen gerade bestimmt, daß nach Annahme als Erfüllung den Gläubiger, also hier den Käufer, die Be­

weislast trifft. Das würde aber bedeuten, daß in der Regel die Beweislast für die Mangelfreiheit - auch nach der Übergabe der Sache - beim Verkäu­ fer liegt453. Auch in anderen Rechtsordnungen erzeugt die Entgegennahme der Ware

ohne weitere Erklärung des Käufers eine Vermutung, daß sie vertragsgemäß ist454, so daß der Käufer diese Vermutung entkräften muß.

An diesem Beispiel wird deutlich, daß die Grundregel für die Beweis­ lastverteilung logisch nicht eindeutig ist, weil sie davon abhängt, welche Tatbestandsvoraussetzungen zur anspruchsbegründenden Norm und welche zu einer Gegennorm gerechnet werden455, und dies nur selten aus der sprachlichen Fassung der Regelung zu erkennen ist456. Das bedeutet, daß die Verteilung der Be^eislast vom Gesetzgeber oder von der Rechtspre­ chung nach sachlichen Gründen vorgenommen wird457, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Den Vermutungsregeln, wie dem deutschen § 363 BGB, liegt offensichtlich eine Verteilung nach „Einflußsphären” zugrunde, mit der demjenigen die Beweislast zugewiesen wird, in dessen Herrschafts­ bereich sich die möglicherweise fehlerhafte Sache befindet, und der damit am Beweis „näher dran” ist458. Abgestellt wird damit auf die typischerweise 453 So HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 101 zu § 459. 454 Rechtsvergleichend zum französischen, belgischen und italienischen und schwei­ zerischen Recht sowie zum Common Law Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 221. 455 Dazu Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 18 vor § 284. Ähnlich LEIPOLD/SteinJonas, ZPO, 1985, Rdnr. 44 zu § 286, der die Grundregel als „substanzlos” bezeichnet. 456 Dazu LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 59 ff. zu § 286, ähnlich im engli­ schen Recht als stillschweigende Verteilung des „legal bürden of proof", Stone, Burden, S. 279, vgl. Bunge, Zivilprozeß, 1995, S. 111. 457 LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 45 zu § 286, PRüTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 112 zu § 286. 458 So zum deutschen Recht Baumgärtel, Beweislast, 1981, § 459 Rdnr. 4, ebenso HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 101 zu § 459. Allgemein zu diesem Gesichtspunkt einer besonderen Beweislastverteilung LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 46 zu § 86, PRüTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 112 zu § 286. Die Beweisnähe wird allerdings ebenfalls für den § 282 BGB angeführt, nach dem sich der den Vertrag verletzende Schuldner, also hier der Verkäufer, vom Verschulden zu entlasten hat, und dessen Anwendung auch auf die positive Vertragsverletzung ausgedehnt wird, LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 37 zu § 286, Coester-Waltjen, Beweisrecht, 1983, S. 286.

vorhandenen Beweismöglichkeiten der Beteiligten, was aus Informations­ gesichtspunkten sinnvoll erscheint459.

Die Bedeutung der Annahme der Kaufsache für die Aufteilung der Beweis­ last fuhrt jedoch weitergehend zu der Frage, unter welchen Umständen der Käufer die Entgegennahme der Kaufsache ablehnen kann, um damit die Nachweispflicht für die Mangelfreiheit weiterhin dem Verkäufer anzulasten. Voraussetzung für die Zurückweisung ist eine nicht vertragsgemäße Kaufsache460, also muß der Käufer einen Sachmangel geltend machen461. Er kann die Billigungswirkung der Entgegennahme somit nur dann vermeiden, wenn er den Mangel bei Lieferung entdeckt und unverzüglich dem Ver­ käufer mitteilt462. Auch bei der Zurückweisung kann allerdings argumen­ tiert werden, daß der Käufer damit ein Gegenrecht geltend macht, beson­ ders wenn es inhaltlich auf die Rechtsbehelfe der Wandelung oder Nach­ lieferung gestützt wird463, und daß er damit für den Sachmangel be­ weispflichtig ist. Damit würde er jedoch die Beweislast dafür tragen, daß er nicht beweisbelastet ist. Diesen Zirkelschluß kann man nur vermeiden, wenn man auch hier nach den abstrakten Beweismöglichkeiten entscheidet und darauf abstellt, wo sich die Kaufsache befindet'. Bei Nichtannahme durch den Käufer dürfte sie in der Regel in Händen des Verkäufers bleiben, weil nur so eine Annahme als Erfüllung verhindert werden kann. In den Fällen, wo sie sich ausnahmsweise trotz Zurückweisung tatsächlich beim

459 Ob eine Partei im konkreten Fall bessere Beweismöglichkeiten hat, soll dagegen allein nicht die Beweislast bestimmen, LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 52 zu § 256. 460 Unter dieser Voraussetzung billigen die meisten Rechtsordnungen ein Zurück­ weisungsrecht, vgl. Basedow, Reform, 1988, S. 61. Zum deutschen Recht RG v. 22.11.1902, RGZ 53, S. 70 (73), BGHv. 11.12.1956, BB 1957, S. 92. 461 HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 261 zu § 433. 462 Diese besondere „Rügelast" hat nicht nur der Kaufmann gern. § 377 HGB son­ dern auch der Nichtkaufmann, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 102 zu § 459. Zur Mängelanzeige allgemein o. 2.a) aa). Darüberhinaus muß er in Deutschland die Kaufsache dem Verkäufer zu Verfügung stellen bzw. die Annahme verweigern, denn ansonsten könnte sein Verhalten als bloßer Vorbehalt gern. § 464 BGB verstanden werden, der ihm zwar die Gewährleistungsansprüche erhält, aber die Annahme als Erfüllung nicht hindert, RG v. 16.4.1909, RGZ 71, S. 23, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 102 zu § 459, so daß er gleichwohl das Vorliegen eines Sachmangels beweisen müßte. 463 So HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 261 zu § 433.

Käufer befindet464, müßte allerdings konsequenterweise dieser den Sach­ mangel beweisen, zumal er ihn entdeckt hat und damit über ausreichende Informationen verfugt. bb) Zeitpunkt des Sachmangels

Nach Übergabe der Kaufsache trägt der Käufer regelmäßig nicht nur die Beweislast dafür, daß ein Sachmangel vorliegt, sondern - entsprechend der Grundregel zur Beweislast - auch dafür, daß dieser bereits von Anfang an vorhanden war465. Damit muß der Käufer nachweisen, daß die Sache nicht durch sein Einwirken oder durch Zufall mangelhaft geworden ist. In diesem Fall trägt das für den Beweis des Mangels verwendete Argu­ ment der „Nähe zu Kaufsache” nicht mehr, denn beide Parteien haben grundsätzlich die gleiche Möglichkeit, die Mangelfreiheit bzw. Mangel­ haftigkeit zum Zeitpunkt der Übergabe nachzuweisen oder für den Zeit­ raum vor bzw. nach Gefahrübergang eine Einwirkung aus ihrem Herr­ schaftsbereich auf die Sache auszuschließen. Da es keinen typischen „Beyveisvorteir’ einer Seite gibt466, würde die Belastung der einen Partei mit dem Nachweis, der Mangel sei nicht in ihrem Bereich aufgetreten, die Vermutung voraussetzen, daß dies normalerweise der Fall ist und damit die Wahrscheinlichkeit für diese Tatsache spricht467. Im Bereich der kaufrecht­ lichen Gewährleistung könnten derartige Vermutungen bestimmten „Ausschlußtatbeständen” zugrunde liegen, die der Verkäufer nachweisen muß, wie etwa die Unerheblichkeit des Mangels468 oder die Kenntnis des 464 In England und Irland wären dies Fälle, in denen nach sec. 35 SGA der Käufer die Sache eine angemessene Zeit behält bzw. „good and sufficient reason" hat, um die Kaufsache zu behalten, so daß keine „acceptance" vorliegt, dazu o. 2.a). 465 In Deutschland ergibt sich dies aus § 459 I 1 BGB („zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht”). Ebenso etwa in Österreich, Jud, ÖJZ 1997, S. 444, in Frankreich, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 17, oder in Dänemark, vgl. Steinrücke Rdnr. 151, in: Handbuch, 1992, S. 176. 466 Anders die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 116, nach der es für den Verkäufer „einfacher” als für den Käufer nachzuweisen sei, daß der Fehler erst nach dem Verkauf aufgetreten ist, vgl. Tenreiro, REDC 1996, S. 202 f. Dies gilt allenfalls, wenn der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also vor der Übergabe an den Käufer, vorhanden sein muß, wie in einigen Rechtsordnungen, s. o. A.II.2.a) aa) (4). 467 Allgemein zu diesem sachlichen Grund einer Beweislastverteilung Leipold/ Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 46 zu § 286, auch verwendet von WAHRENDORF, Prinzipien, 1976, S. 71, 78, 84, 90 ff., 99. PRüTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 116 zu § 286, will diesen Gesichtspunkt nur dem Gesetzgeber zugestehen. 468 In Deutschland § 459 I 2 BGB, zur Beweislast des Verkäufers BGH v. 4.11.1987, BGHZ 102, S. 135 (147), HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 106 zu § 459. Hier könnte

Käufers vom Mangel469. Für die Frage, wann der Sachmangel vorgelegen hat, erscheint eine Vermutung dieses Inhalts aber kaum begründbar, denn danach entstünde ein Sachmangel normalerweise erst nach der Übergabe beim Käufer. Selbst wenn dies häufiger der Fall sein sollte, kann jedenfalls keine Vermutung darauf gestützt werden470.

Daher kann hinter der mit anderen sachlichen Gründen nicht zu rechtfer­ tigenden Beweislastverteilung nur das Ziel einer Erleichterung oder Erschwerung der Rechtsdurchsetzung und damit einer Beeinflussung der materiell-rechtlichen Risikoverteilung stehen471. Dabei spricht viel dafür, grundsätzlich denjenigen, der durch eine gesetzliche Regelung einen Anspruch zugewiesen bekommt, zum Ausgleich mit dem Nachweis der wesentlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs zu belasten, weil anson­ sten vielfach bereits die bloße Behauptung für die Zuerkennung des Rechts ausreichen würde. In einigen Rechtsordnungen wird allerdings dem Käufer die Beweislast für den Zeitpunkt des Vorliegens eines Sachmangels dadurch erleichtert, daß ihm Anscheinsbeweise zugestanden werden472. Damit wird zwar nicht die Beweislast selbst verändert473, jedoch für den eigentlich Beweispflich­ tigen die Beweisbelastung dahingehend verringert474, daß bereits das Vorliegen eines typischen Geschehensablaufs, aus dem sich ein Sachmangel vermutet werden, daß der Käufer einen unerheblichen Mangel nicht geltend machen würde. 469 In Deutschland § 460 BGB, zur Beweislast BGH v. 9.10.1979, MDR 1980, S. 140, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 13 zu § 460, zu § 464 BGB HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 18 zu § 464. Ebenso etwa in der Schweiz, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 6 zu Art. 200, in Belgien, vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 45, oder in Italien Art. 1491 CceC, Bianca, vendita, 1993, S. 1042 (n. 449). Hier könnte vermutet werden, daß der Käufer die Sache bei Kenntnis des Mangels gar nicht gekauft hätte. 470 Eine entgegengesetzte Vermutung nehmen wohl Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 60, an, die bei einer EG-Regelung dem Verkäufer insoweit die Beweislast auferlegen wollen. 471 Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 19 vor § 284, in diesem Sinne auch WAHREN­ Dorf, Prinzipien, 1976, S. 12, 14: „Erwägungen” bzw. „Wertungen materieller Gerech­ tigkeit”. Ähnlich Stoll, AcP 1976, S. 154, der das Beweisrisiko grundsätzlich dem Leistungsrisiko zurechnet. 472 Für eine entsprechende Vermutung auch ECLG in Zff. 9 ihrer Stellungnahme zum Grünbuch, JConsPol 1994, S. 364. 473 So auch PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 50 zu § 286. 474 Daher handelt es sich um eine Beweiserleichterung, PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 124 zu § 286, aber wohl nicht um eine Verringerung des Beweis­ maßes, a.a.O., Rdnr. 51 zu § 286.

entwickeln kann, für einen ersten Anschein ausreicht. Die Beweislast für den Käufer wiegt in der Regel also nicht sehr schwer, es sei denn, der Verkäufer weist seinerseits die Möglichkeit eines atypischen Geschehens­ ablaufs nach. Eine derartige Korrektur zugunsten des Käufers wird durch die Recht­ sprechung etwa in Österreich^5 und ähnlich in Italien^16 vorgenommen. Nach der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf soll beim „offenbar

werden" eines Sachmangels innerhalb von sechs Monaten nach der Liefe­

rung die Vermutung gelten, daß dieser bereits zum Zeitpunkt der Lieferung vorhanden war (Art. 5 III VbrKfRil), es sei denn, die Art des Gutes oder der Vertragswidrigkeit spricht dagegen477 475. 476 In Frankreich bleibt dagegen die Rechtsprechung anscheinend streng bei

der Beweislast des Käufers für das Vorliegen des Mangels zum Zeitpunkt der Lieferung478. Ähnlich muß bei einer Zusicherung des Verkäufers der Käufer zwar deren Vorliegen nachweisen479, aber entgegen der deutschen Auffassung480 481 trägt 482 483

der Verkäufer in einigen Rechtsordnungen für die Fehlerfreiheit die Beweis­ last, so etwa in Österreich sowie bei der Garantie in Frankreich und in Belgien^3.

Bezüglich des Zeitpunktes, zu dem der Sachmangel vorhanden war, bleibt es damit bei der grundsätzlichen Belastung des Käufers mit der Beweislast, sie wird in einigen Rechtsordnungen jedoch durch - widerlegbare -

475 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 133. 476Bianca, vendita, 1993, S. 1043: „presunzione se ... d normale”. 477 Dazu Jud, ÖJZ 1997, S. 444. Die ECLG verlangt in ihrer Stellungnahme zum Richtlinienentwurf sogar eine Ausdehnung des Vermutungszeitraums auf ein Jahr, um haltbaren Waren Rechnung zu tragen, Opinion, JConsPol 1998, S. 94 (Zff. 13). Vgl auch Rieger, VuR 1999, S. 290. 478 Cass. civ. I v. 16.5.1984, Bull. civ. I., Nr. 165, vgl. Rohs/Weber Rdnr. 19, in: Produkthaftungshandbuch, 1991, S. 421. Zumindest muß der Fehler bei Eigentums­ übergang bereits angelegt gewesen sein, vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 13. 479 Yür Deutschland BGH v. 30.11.1990, WM 1991, S. 519 (521). 480 Beweislast wie beim Mangel, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 189 zu § 459. 481 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 133. 482 Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 2 G 541. Dies gilt auch für den Zeitpunkt der Mangelhaftigkeit, denn der Verkäufer muß nun eine Einwirkung nach Kauf­ abschluß nachweisen, vgl. Rohs/Weber Rdnr. 20, in: Produkthaftungshandbuch, 1991, S. 421 f. 483 Vgl. M.Weber, Produkthaftung, 1996, S. 45.

Vermutungen zu seinen Gunsten erleichtert, bei entsprechendem Verhalten des Verkäufers teilweise auch umgekehrt.

cc) Verschulden des Verkäufers In den Rechtsordnungen, die für einen Schadensersatzanspruch des Käufers auf das Verschulden abstellen484, wird die Beweislast ebenfalls unterschiedlich verteilt. In der Schweiz hat der Verkäufer ausdrücklich zu beweisen, daß ihm kein Verschulden zur Last fallt (Art. 208 III OR: „sofern er nicht beweist”)485.

Dies gilt auch in Italien für die verschuldete Unkenntnis des Verkäufers (Art. 1494 I CceC: „se [il compratore] non prova”)486. In Österreich muß der Verkäufer nach der Rechtsprechung beweisen, daß er die Mangelhaftigkeit der Sache nicht kannte oder kennen mußte487. 488 489 490

Ähnlich hat in Frankreich und Belgien, der gewerbliche Verkäufer nach der Rechtsprechung seine mangelnde Kenntnis vom Mangel zu beweisen

.

Dabei wird in Frankreich ein Gegenbeweis des gewerblichen Verkäufers gar

nicht zugelassen, so daß eigentlich keine Beweislastregel sondern eine un­ widerlegbare Vermutung besteht.

In Deutschland wird dagegen nur das Verschulden des Verkäufers bei der

positiven Vertragsverletzung ähnlich behandelt. Dort muß sich der Verkäu­ fer, auch der gewerbliche, zwar nicht generell entlasten, aber ihn trifft dann die Beweislast für sein fehlendes Verschulden, wenn der Fehler in seinem Gefahrenbereich

AQO

verursacht worden ist

A0A

. Ein arglistiges Verschweigen

484 S. o. A.II.3.a) bb). 485 Die gleiche Regelung findet sich in Art. 97 I OR. 486 Vgl. dazu POSCH/PADOVINI Rdnr. 14, in: Produkthaftungshandbuch, 1991, S. 467, die darauf hinweisen, daß Verkäufern, die die Kaufsache nicht hergestellt haben, die Entlastung aufgrund eines „strengen” Verschuldensmaß Stabes relativ leicht fällt. 487 Koziol/Welser, Grundriß AT SchuldR II, 1992, S. 271. 488 Vgl. für Frankreich Ferid/Sonnenberger, Zivilrecht II, 1986, 2 G 622, sowie bereits Rabel, Warenkauf II, 1967 (1958), S. 256, für Belgien Moons Rdnr. 133, in: Handbuch, 1992, S. 108, dazu auch o. A.II.3.a) bb). 489 Dadurch trägt vor allem der herstellende Verkäufer die Beweislast, so etwa zum Fabrikationsfehler BGH v. 28.9.1970, JZ 1971, S. 29. Bei bloßen Verkäufern hat dagegen zunächst der Käufer nachzuweisen, daß sie eine besondere Untersuchungs­ pflicht trifft, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 54 Anh. § 463. 490 BGH v. 4.10.1972, BGHZ 59, S. 303 (309), vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 53 Anh. § 463. Dies entspricht der Beweislastverteilung bei Produkthaftungs­ fallen auf der Grundlage des § 823 I BGB, eingeführt durch BGH v. 26.11.1968, BGHZ 51, S. 91 ff., auch nach Geltung des Produkthaftungsgesetzes, vgl. Marburger, AcP

des Verkäufers gern. § 463 Satz 2 BGB hat jedoch immer der Käufer zu beweisen491. 492

In diesem Bereich ist zu erkennen, daß mit der Beweislastverteilung die materiell-rechtliche Regelung auch in ihrer Funktion beeinflußt werden soll. Die Rechtsordnungen, die vom Verkäufer den - schwierig zu führen­ den - Entlastungsbey^eis verlangen, reduzieren die Wirkung der Verschul­ densvoraussetzung für den Schadensersatz erheblich. Damit wird die ergänzende Gewährleistung in diesen Ländern im Ergebnis in die Nähe einer verschuldensunabhängigen Haftung gerückt, was in Frankreich besonders deutlich wird.

b) Die Auswirkung des Beweismaßes auf die Durchsetzung von Sachmängelansprüchen

Neben der Beweislast wirkt sich auf die Funktion der Gewährleistung in zweiter Linie auch der Umfang aus, in dem das Gericht vom Vorliegen der für die Gewährleistungsansprüche des Käufers erforderlichen Sachverhalts­ elemente überzeugt sein muß. Diese Frage des Beweismaßes wird nicht speziell für das Kaufrecht geregelt, sondern in den hier betrachteten Rechtsordnungen gelten allgemeine Bestimmungen^ die allerdings größere Unterschiede aufweisen als im Bereich der Beweislast. Im deutschen Recht wird als Ausgangspunkt § 286 I 1 ZPO herangezogen, nach dem der Richter in freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine Tatsache „für wahr oder für nicht wahr zu erachten” ist. Damit wird ei­ gentlich ein von Zweifeln vollkommen freier Sachverhalt gefordert, also die volle Wahrheit. Da diese jedoch nur im Idealfall ermittelt werden kann

,

fordert die Rechtsprechung einen „für das praktische Leben brauchbaren

Grad von Gewißheit ..., der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völ­ lig auszuschließen”493. Das bedeutet immer noch eine „sehr hohe Wahr­

1992, S. 14 ff., ähnlich in anderen Rechtsordnungen wie Griechenland, vgl. PanteliRIW 1990, S. 544 f., und Spanien, vgl. Brüggemann, Produkthaftung, 1988, S. 168. 491 BGH v. 21.11.1969, WM 1970, S. 162 (164), WESTERMANN/MünchKomm, 1995, Rdnr. 47 zu § 463, HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 47 zu § 476, Baumgärtel, Beweislast, 1981, § 463 Rdnr. 2. 492 So etwa Coester-Waltjen, Beweisrecht, 1983, S. 277, die deshalb von einer „Verkürzung der Wahrheitsermittlung” ausgeht. 493 BGH v. 17.2.1970, BGHZ 53, S. 245 (256). dou,

scheinlichkeit"474, im Ergebnis wohl eine „an Sicherheit grenzende Wahr­

scheinlichkeit”494 495, obwohl in diesem Bereich weitere Differenzierungen kaum möglich erscheinen. Von dem auf diese Weise festgelegten Regel­ beweismaß496 wird durch besondere Bestimmungen sowohl des Prozeß­

rechts wie des materiellen Rechts abgewichen. Da eine Steigerung der An­ forderungen an die Wahrscheinlichkeit kaum noch möglich erscheint497,498 geht

es vor allem um Beweismaßsenkungen. Davon wird bei der Sachmängelgewährleistung in erster Linie der Be­

reich der Schadensersatzansprüche berührt, für die zum einen generell be­ züglich Kausalität und Umfang des Schadens § 287 I 1 ZPO dem Gericht

die Entscheidung „unter Würdigung aller Umstände” überläßt

, und zum

anderen speziell für den Nachweis eines entgangenen Gewinns § 252 Satz 2 BGB nur „Wahrscheinlichkeit” erfordert499. Für Minderungsansprüche des

Käufers kommt darüberhinaus § 287 II ZPO in Betracht, der ebenfalls eine Beweismaßsenkung entsprechend § 287 I ZPO bewirkt, allerdings nur, wenn die Wahrheitsermittlung unverhältnismäßig

schwierig

ist („mit

Schwierigkeiten verbunden ..., die zu der Bedeutung des streitigen Teils der

Forderung in keinem Verhältnis stehen”). Ganz ähnlich wird das Beweismaß in Österreich bestimmt, wobei auch dort

das Gericht nach freier Überzeugung „zu beurteilen [hat], ob eine tatsäch­

liche Angabe für wahr zu halten sei oder nicht” (§ 272 I ZPO-A). Zwar hat die österreichische Rechtsprechung früher Gewißheit, also die Überzeugung von der vollen Wahrheit, gefordert500, aber nunmehr wird auch dort „wenig­ stens eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit”501 als ausreichend

erachtet.

494 PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 39 zu § 286. 495 So etwa Habscheid, FS Baumgärtel, 1990, S. 111, Coester-Waltjen, Beweis­ recht, 1983, S. 277. 496 Dagegen z.B. Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 20 zu § 286, der dem Richter einen Ermessenspielraum bis hin zur überwiegenden Wahrscheinlichkeit zugestehen will. 497 LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 4 zu § 286, dazu jedoch Prütting/ MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 42 zu § 286. 498 Eine Beweismaßsenkung sehen darin GREGER/Zöller, ZPO, 1995, Rdnr. 1 zu § 287, PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 3 zu § 287, Rdnr. 4 zu § 286. 499 PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 41. 500 Vgl. Huber, Beweismaß, 1983, S. 13. 501 OGH v. 14.11.1956, ÖJZ 1957, S. 43, ähnlich Fasching, Kommentar III, 1966, Anm. 2 vor § 226, Anm. 9 zu § 272: „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit” bzw. „so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit... der Gewißheit gleichkommt”.

Eine Herabsetzung des Beweismaßes durch die Möglichkeit einer Be­

tragsschätzung des Gerichts wird durch § 273 ZPO-A zwar weitergehend als nach dem deutschen § 287 I ZPO grundsätzlich für alle Forderungen zugelassen502, betrifft aber nur deren Höhe und nicht die Kausalität503.

In der Schweiz wird das Regelbeweismaß der vollen Überzeugung des Ge­ richts im Einzelfall durch die Rechtsprechung gesenkt, wenn es um den

Nachweis eines Kausalzusammenhangs geht, denn dann genügt die über­ wiegende Wahrscheinlichkeit504. Auch in den romanischen Rechtsordnungen, wie in Frankreich5^5, wer­

den ähnlich hohe Anforderungen an das Beweismaß gestellt wie nach den mitteleuropäischen Rechten.

Ebenso ist in Finnland vom Vollbeweis auszugehen, allerdings wird eine Tendenz zur Flexibilisierung beobachtet506. Eine vollkommen andere Situation findet man dagegen in den Common Law Staaten, vor allem in England, vor. Dort genügt als Beweismaß („Standard of proof) in der Regel die überwiegende Wahrscheinlichkeit507, wobei es

bereits ausreicht, wenn das Gericht sagen kann: „we think it more probable than not”508. Zwar verlangt die Rechtsprechung in einigen Fällen, etwa beim Vorsatz, eine höhere Wahrscheinlichkeit509, aber im Ergebnis liegt das eng­ lische Beweismaß erheblich unter der kontinentaleuropäischen sehr hohen Wahrscheinlichkeit510. Auch in Schweden reicht als Beweismaß grundsätzlich die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus („överviktsprinzip”), wobei nicht ganz klar ist, ob bereits die geringfügigste Überschreitung eines „Unentschiedens” aus­

502 Vgl. Huber, Beweismaß, 1983, S. 17, im Einzelnen Fasching, JB1 1981, S. 225 ff. 503 Koziol, AcP 1980, S. 417. 504 Vogel, Grundriss, 1995, S. 241. 505 Vgl. Coester-Waltjen, Beweisrecht, 1983, S. 276. 506 Ein Überwiegensprinzip wie in Schweden oder auch nur der Anscheinsbeweis wird dagegen nicht angewandt, vgl. KLAMI, ZEuP 1996, S. 275 f. 507 Cooper v. Slade (1857) 6 H.L.C. 746 (772) per Willes, J., Bonnington Castings Ltd. v. Wardlaw (1956) AC 613 (620) HL, vgl. auch Maassen, Beweismaßprobleme, 1975, S. 43 f., Poll, ZVglRWiss 1995, S. 239. 508 Miller v. Minister of Pensions (1947) 4 All E.R. 372 (373 f.). 509 Vgl. Habscheid, FS Baumgärtel, 1990, S. 115. Maassen, Beweismaßprobleme, 1975, S. 152, beobachtet eine „verdeckte Fortbildung des Beweismaßes durch die Gerichte”. 510 So etwa Habscheid, FS Baumgärtel, 1990, S. 115, Coester-Waltjen, Beweis­ recht, 1983, S. 276.

reicht511, oder ob weitergehend zumindest eine glaubhafte („antagligt") Wahrscheinlichkeit zu fordern ist512. Sowohl in den gesetzlichen Regelungen als auch durch die Rechtsprechung werden jedoch in vielen Fällen auch hö­ here Beweisanforderungen, wie „vermutlich”, „gewiß” oder „offenbar”513, festgelegt514.

Zudem wird - ähnlich wie etwa in Deutschland und Österreich - das Beweismaß beim Schadensersatznachweis durch ein Schätzungsermessen des Gerichts auf einem niedrigen Niveau gehalten (§ 35:5 RB)515.

Damit bestehen zwischen den Anforderungen, die die Gerichte an den Nachweis von Sachmängelansprüchen stellen, erhebliche Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen. In England und Irland sowie in Schweden liegt daß Beweismaß viel niedriger als in den übrigen Staaten, so daß dort die Gewährleistungsregelungen aufgrund ihrer erhöhten Durchsetzungs­ chancen wirksamer sind. c) Ergebnis

Durch die aufgezeigten Unterschiede in der Beweislastverteilung516 besteht für den Käufer in einigen Rechtsordnungen eine geringere Wahrscheinlich­ keit, daß er einen Anspruch auf Sachmängelgewährleistung gegen den Verkäufer durchsetzen kann, als in anderen. Dadurch wird die Wirkung der Gewährleistungsregelungen etwas abgeschwächt. Trotzdem sollte, wenn keine besonderen sachlichen Gründe für eine spezielle Beweislastverteilung ersichtlich sind, der Käufer die Voraussetzungen für eine Sachmängel­ haftung des Verkäufers beweisen müssen, da nur so vermieden werden kann, daß unbegründete Ansprüche durchgesetzt werden517.

511 So Bolding, ScandStudL 1960, S. 19. 512 Vgl. Bruns, Zivilprozeßrecht, 1979, S. 246, Huber, Beweismaß, 1983, S. 32. 513 Zu der Einordnung auf einer Skala des Grades der Wahrscheinlichkeit vgl. M.Huber, Beweismaß, 1983, S. 27 f. 514 Ekelöf, ZZP 1962, S. 298. Das Überwiegensprinzip kann daher wohl nicht als Regelbeweismaß verstanden werden, Ekelöf, FS Baur, 1981, S. 351 f., Bolding, ScandStudL 1960, S. 21, vgl. M.Huber, Beweismaß, 1983, S. 124. 515 Vgl. Bruns, Zivilprozeßrecht, 1979, S. 246. 516 gm S. o. a). 517 Ähnlich Taschner/Frietsch, Produkthaftungsgesetz, 1990, Rdnr. 2 zu Art. 4 Ril, zur Beweislast des Geschädigten nach der EG-Produkthaftungsrichtlinie: „Schutz­ vorschrift ... vor ungerechtfertigten Ansprüchen”.

Darüberhinaus erhöhen unklare Beweislastverteilungen zwischen Käufer und Verkäufer, die vor allem auf richterlicher Rechtsfortbildung beruhen518, die Gewährleistungskosten der Parteien, weil sie Rechtsunsicherheit erzeugen519. Es wäre daher sinnvoll, wenn die ausnahmsweise durch den Verkäufer nachzuweisenden Sachverhaltselemente bei der Gewährleistung im Gesetz ausdrücklich gekennzeichnet würden520, wie es in moderneren Gesetzen, in Deutschland etwa § 1 IV ProdHftG („trägt ... die Beweis­ last”)521, geschieht. Die unterschiedlichen Anforderungen an das Beweismaß522 beeinflussen, wenn auch in geringerem Maße als die Beweislastverteilung, ebenfalls die Funktion der Gewährleistung. Da für die ganz überwiegenden Sachver­ haltselemente der Sachmängelansprüche der Käufer die Beweislast trägt523, kommt ein niedrigeres Beweismaß - wie in England oder Schweden - vor allem diesem bei der Durchsetzung seiner Rechtsbehelfe zugute. Tenden­ ziell steigt dadurch die Wahrscheinlichkeit, daß die Ansprüche gegen den Verkäufer durchgesetzt werden können, und die Wirkung der Gewähr­ leistungsregelungen erhöht sich ebenfalls. Es ist zwar fraglich, ob unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsanforderun­ gen im Detail voneinander abgegrenzt werden können, besonders im „mittleren” Bereich, aber der Unterschied zwischen einer fast zweifels­ freien Feststellung des Sachverhalts und einem leichten Überwiegen zugunsten der streitigen Tatsache ist derart groß, daß er Auswirkungen auf die Durchsetzung der Sachmängelansprüche haben dürfte524. Die inhaltliche Frage, nach welchen Kriterien das Beweismaß zu bestimmen ist und in welchen Bereichen Beweismaßreduzierungen oder -erhöhungen als Ausnahmen notwendig sind, ist sehr viel schwieriger zu beantworten. Dabei ist zunächst festzuhalten, daß ein niedrigeres Beweismaß den 518 Dazu LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 39 zu § 286, PRÜTTiNG/Münch­

Komm, ZPO, 1992, Rdnr. 114, 118 ff. 519 So auch WAHRENDORF, Prinzipien, 1976, S. 15. 520 Für eine gesetzgeberische Lösung im Grundsatz auch PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 95 („normativ festgelegt”), Rdnr. 103 („Sache des Gesetzgebers”) zu § 286. Ebenso bei einer EG-Regelung Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 60. 521 Entsprechend Art. 4 ProdHftRil v. 25.7.1985, AB1EG 1985 L 210/29. 522 S. o. b). 523 Dazu s. o. a) aa), bb). 524 Skeptisch zur Beurteilungsmöglichkeit, in welchem Grad sich das Risiko des Anspruchsgegners erhöht, Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 25 zu § 286, allerdings bezogen auf den Unterschied zwischen Beweislastumkehr und Beweismaßreduzierung durch § 287 ZPO bzw. Anscheinsbeweis.

Anwendungsbereich von reinen Beweislastentscheidungen verringert525, weil der Beweis häufiger als geführt angesehen werden kann. Damit wird seltener gegen die Partei entschieden, für deren Vortrag mehr spricht als gegen ihn526. Durch das Beweismaß werden daher die Folgen der Beweis­ lastverteilung für die beweisbelastete Partei beeinflußt, so daß eine Feinsteuerung möglich wird, wenn eine Umkehr der Beweislast als zu weitgehend erscheint. Belastet man daher grundsätzlich den Käufer mit dem Nachweis der seine Gewährleistungsansprüche stützenden Tatsachen, so könnte man bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen das Beweismaß differenziert bestimmen. Teilweise wird befürwortet, den zugrundezulegenden Wahrscheinlich­ keitsgrad danach zu bestimmen, welche Auswirkungen eine fehlerhafte Entscheidung für die betroffene Partei hat, d.h. wie stark deren Interessen sind527: Je geringer ein Interesse, desto höher sollten die Beweisanforde­ rungen sein, während bei „gleichwertigen” Interessen bereits die überwie­ gende Wahrscheinlichkeit ausreichen sollte. Bei Haftungsprozessen und speziell bei Schadensersatzforderungen zwischen zwei „gleichgestellten” Beteiligten wird allerdings eine Gleichwertigkeit der Interessen angenom­ men, weil es nur darum gehe, welche der beiden Parteien die Belastung mit dem Schaden treffe528. Die Wertigkeit der beiderseitigen Interessen ist jedoch kaum objektiv feststellbar, und außerdem spielen über die Partei­ interessen hinausgehende weitere Gesichtspunkte ein Rolle. Dazu gehört vor allem der Zweck der materiell-rechtlichen Norm529. Schreibt man der Gewährleistung für Sachmängel über die Ausgleichsfunktion hinaus weitere Anreizwirkungen auf das Verhalten der Parteien sowie zusätzliche Funk­ tionen zu530, so spricht einiges dafür, zumindest in bestimmten Bereichen, wie bei der Kausalität oder beim Verschulden, kein allzu hohes Beweismaß zu verlangen, um die Wirkungen der Gewährleistung nicht zu gefährden531. 525 Im Extrem auf die Fälle gleicher (50:50) Wahrscheinlichkeit, M.Huber, Be­ weismaß, 1983, S. 125, dazu auch PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 38 zu § 286. 526 Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 18 zu § 286. 527 So Bender, FS Baur, 1981, S. 251, Maassen, Beweismaßprobleme, 1975, S. 7 ff., 55. 528 So Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 18, 24 zu § 286. 529 Dazu Rüssmann/AK, ZPO, Rdnr. 20 zu § 286, auch M.Huber, Beweismaß, 1983, S. 146, bezieht sich auf die in der Anspruchsnorm angelegte materielle Gerech­ tigkeit. 530 Dazu o. A.I.l.a). 531 Ähnlich das „Abschreckungs”-Argument für eine Beweislastumkehr bei der Kausalität im Common Law, vgl. Maassen, Beweismaßprobleme, 1975, S. 146, im

Die bei einer Herabsetzung des Beweismaßes teilweise befürchtete „Ausuferung” materiell-rechtlicher Ansprüche532 weist allerdings auf die Grenzen bei der Anwendung dieses Ansatzes hin. Auch bei der Bestimmung des Beweismaßes herrscht - ähnlich wie bei der Beweislast - aufgrund mangelnder Festlegung im Gesetz und richter­ licher Billigkeitsrechtsprechung eine starke Rechtsunsicherheit533. Dies gilt weniger für das Regelbeweismaß als vielmehr für dessen Ausnahmen. Um die dadurch eintretende Belastung zu verringern, wäre auch in diesem Bereich zu erwägen, in der materiellen Regelung ausdrücklich auf beson­ dere Beweismaßanforderungen hinzuweisen3^wie es zum Teil in neueren Gesetzen, in Deutschland etwa § 1 II 2 Zff. 2 ProdHftG („nach den Umständen davon auszugehen ist”)535, geschieht.

7. Zusammenfassung Die größten Unsicherheiten im Bereich der dargestellten Verfahrensregeln bestehen in Bezug auf die Anknüpfung des Gerichtsstandes für Sachmän­ gelansprüche536. Besonders im deutschen Recht werden die unterschied­ lichsten Varianten herangezogen und auf internationaler Ebene erhöhen sich noch die Schwierigkeiten, das zutreffende Forum zu bestimmen. Weil nicht nur Entfernungskosten, sondern im internationalen Bereich auch Auswirkungen durch unterschiedliche Verfahrensrechte entstehen, sollte insoweit ein besonderer Gerichtsstand, der sich an der Leistungspflicht des Verkäufers orientiert, für die Sachmängelhaftung ausdrücklich festgelegt werden. Die stärksten Auswirkungen auf die Durchsetzung der Sachmängel­ ansprüche gehen unter den hier ausgewählten zivilprozessualen Regelungen

Ergebnis unter Bezug auf die hergebrachte Ausgleichsfunktion des Schadensrechts aber ablehnend, a.a.O., S. 153. 532 PRÜTTiNG/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 38 zu § 286, Greger, Beweis, 1978, S. 108. 533 Zur derartigen richterlichen Rechtsfortbildung im deutschen Recht Prütting/ MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 43 zu § 286. Auch im Common Law Bereich wird eine Rechtsunsicherheit festgestellt, vgl. Maassen, Beweismaßprobleme, 1975, S. 152. 534 Aus Gründen der Flexibilität dagegen eher zurückhaltend Rüssmann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 26 zu § 286. 535 Entsprechend die Formulierung in Art. 7 lit. b) ProdHftRil, die geringere Anfor­ derungen an die Wahrscheinlichkeit stellen soll, dazu Taschner/Frietsch, Produkt­ haftungsgesetz, 1990, Rdnr. 12 zu Art. 7 Ril. 536 c

t

S. O. 1.

560

B. Regelungen des Prozeßrechts mit Bezug zur Sachmängelgewährleistung

von den zeitlichen Grenzen der Gewährleistung 5^ sowie von der Vertei­ lung der Beweislast in Verbindung mit der Höhe des Beweismaßes53^ aus, denn dadurch werden die Durchsetzungschancen der Sachmängelrechts­ behelfe unmittelbar beeinflußt. Daher ist es vor allem erforderlich, die Art der Gewährleistungsfristen in den verschiedenen Rechtsordnungen aufeinander abzustimmen und die Länge der Verjährungs- und Ausschluß­ fristen anzunähern. Außerdem sollte eine gleichartige Verteilung der Beweislast zwischen den Kaufvertragsparteien vorgesehen und auch das Ausmaß der Überzeugung des Gerichts in Bezug auf die Gewährleistung festgelegt werden. Auszugehen ist dabei von einer Regelbeweislast des Käufers für die Sachmängelhaftung mit hohem Beweismaß, die nur im Ausnahmefall ausdrücklich dem Verkäufer zugeordnet oder in weiteren Fällen im Beweismaß gesenkt wird. Die anderen angesprochenen Problembereiche betreffen schwerpunkt­ mäßig das Verhalten der Parteien innerhalb des Zivilverfahrens, zum einen hinsichtlich der Verteidigungsmöglichkeiten des beklagten Verkäufers539 537, 538 zum anderen bezüglich des prozessualen Aufwandes zur Durchsetzung der Ansprüche bzw. der Verteidigung gegen sie540. Damit sind in erster Linie die Aufwendungen für das Zivilverfahren betroffen, die sich als sekundäre Gewährleistungskosten nur in geringerem Maße auf die Funktion der Sachmängelregelungen auswirken. Dabei sollte die Information des Verkäufers über die vom Käufer geltend gemachten Ansprüche gefördert werden, sowohl bei der Durchsetzung im Prozeß541 wie schon bei der außergerichtlichen Geltendmachung542. Außerdem sind die verfahrens­ rechtlichen Anforderungen an die Form, in der Gewährleistungsansprüche geltend zu machen sind543 und in der eine Verteidigung gegen sie möglich ist544, möglichst niedrig anzusetzen.

537 S. o. 2. a). 538 S. o. 6. 539 S. o. 3. und 4. 540 S. o. 5. und 2.b). 541 Zur Bezifferung der Klage o. 3. 542 Zu den Anforderungen an die Einhaltung der Gewährleistungsfristen o. 2.b). 543 S. o. 5.a), b). 544 S. o. 2.b) aa).

IIL Grenzen für die vertragliche Abänderung der in den Rechtsordnungen vorgegebenen Verfahrensregeln mit besonderem Bezug zur Sachmängelgewährleistung

Nach der Erörterung ausgewählter, mit den materiellen Sachmängel­ bestimmungen eng zusammenhängender zivilverfahrensrechtlicher Rege­ lungen, die den Parteien durch den Gesetzgeber, teilweise aber auch in ihrer Fortentwicklung durch die Rechtsprechung, vorgegeben sind, sollen parallel zum materiellen Recht545 die Spielräume der Parteien hinsichtlich einer Abänderung dieser „ Verfahrensstandards" für die Durchsetzung der Gewährleistung ermittelt werden. Diese Abgrenzung ist auch für das Prozeßrecht vor allem deshalb notwendig, weil die zwingenden Vorschrif­ ten, denen die Parteien nicht ausweichen können, von der EU aus gesehen problematischer sind als abdingbare Normen, denn sie wirken sich erheb­ lich stärker auf den Binnenmarkt aus546.

Im folgenden soll zunächst kurz behandelt werden, in welchen Grenzen die Kaufvertragsparteien bei einer Streitigkeit über die Sachmängelgewähr ­ leistung einen Zivilprozeß vor staatlichen Gerichten vollständig vermeiden können, jedenfalls soweit es das Erkenntnisverfahren betrifft, und damit die betreffenden prozessualen Bestimmungen überhaupt nicht beachten müssen, sondern sich unter Umständen vollkommen anderen Verfahrens­ regeln547 unterwerfen können. Geht man davon aus, daß die Uneinigkeit zwischen den Parteien nicht ohne die Mitwirkung eines Dritten geklärt werden kann und damit eine Lösung im Vergleichswege548 nicht in Betracht kommt, stellt sich die Frage nach den Grenzen für Schiedgerichtsvereinbarungen (unten 1.). Auf fakultativ oder obligatorisch vorgesehene 545 Dazu o. A.III. 546 S. o. Einleitung l.a). 547 Das vom Schiedsgericht anzuwendende materielle Recht richtet sich dagegen nach dem Kollisionsrecht, innerhalb der EU also grundsätzlich einheitlich nach dem EuVÜ, wenn die Parteien nicht ein anderes Internationales Privatrecht vorsehen, ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 14 zu § 1034. Die Parteien können allerdings auch die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze, der lex mercatoria oder der Billigkeit vorschreiben, BGH v. 26.9.1985, JZ 1986, S. 401, nur insoweit kann von einer „Beseitigung der staatlichen Rechtssätze”, Rabel, Warenkauf I, 1964 (1957), S. 47, gesprochen werden. 548 Wie etwa in Deutschland nach § 779 BGB, in Italien nach Art. 1965 ff. CceC, in Spanien nach Art. 1809 ff. CgoC.

Schlichtungsverfahren, die in einigen Rechtsordnungen vor allem für Verbraucherangelegenheiten vorgesehen sind549 550 und die besonderen, meist vereinfachten, Verfahrensregeln folgen, ist dabei nicht einzugehen. In weiteren Abschnitten sollen sodann die Grenzen für spezielle Abreden der Kaufvertragsparteien bezüglich der oben behandelten verfahrens­ bezogenen Regelungen ermittelt werden, soweit überhaupt eine vertrag­ liche Abänderung in Betracht kommt. Dies ist grundsätzlich möglich beim Gerichtsstan(f5Q (unten 2.), bei der Verjährung551 (unten 3.) sowie bei den Beweisfragen552 (unten 4.). Die übrigen untersuchten Verfahrensregeln sind entweder durch die Parteien - jedenfalls innerhalb des staatlichen Zivil­ prozesses - nicht veränderbar, wie die Bestimmtheitsanforderungen für die Klage553 und die Form der Anspruchsdurchsetzung 554, oder sie erfordern nachträglich - hier während des Prozesses - einen besonderen Konsens der Parteien, wie die Änderung sowie die Rücknahme der Klage unter Einwilli­ gung des Beklagten555. In allen Bereichen werden sowohl die allgemeinen Grenzen für Partei­ vereinbarungen wie die speziell auf vorformulierte Vertragsklauseln bzw. AGB bezogenen Regelungen556 557 dargestellt. Dabei werden, soweit es notwendig ist, besondere Bestimmungen für Vereinbarungen unter Kauf­ leuten bzw. Gewerbetreibenden sowie für Vereinbarungen in Verbraucher­ kaufverträgen551 gesondert erörtert.

1. Grenzen für Schiedsgerichtsvereinbarungen in Kaufverträgen

Grundsätzlich unterliegt auch die Vereinbarung, eine aus einem Kaufver­ trag entstehende Streitigkeit über die Verantwortung des Verkäufers für die Lieferung mangelhafter Ware vor einem Schiedsgericht auszutragen, den 549 So etwa in Griechenland Art. 11 Ges. 2251/1994 (Verbraucherschutzgesetz) unter dem Titel „Gütliche Beilegung von Streitigkeiten in Verbraucherfragen”, ähnlich früher Art. 42, 43 Ges. 1961/1991, in den Niederlanden Art. 7:900 ff. BW, dazu Hondius, VuR 1996, S. 300 f. 550 S. o. II. 1. 551 S. o. II.2. 552 S. o. II.6. 553 S. o. II.3. So für das deutsche Recht etwa Wassermann/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 9 zu § 253: „zwingend”. 554 S. o. II.5. 555 S. o. II.4. 556 Entsprechend der Erörterung zum materiellen Recht oben A.III.2.b). 557 Entsprechend der Erörterung zum materiellen Recht oben A.III 2.c).

allgemeinen Beschränkungen der Vertragsfreiheit 558, wie sie in den materiell-rechtlichen Generalklauseln zur Sittenwidrigkeit sowie zum Verstoß gegen Treu und Glauben in allen hier betrachteten Rechtsordnun­ gen zum Ausdruck kommen559. In Deutschland war speziell für SchiedsVerträge eine der Generalklausel des § 138 BGB sehr ähnliche560 Regelung in § 1025 II ZPO a.F. anzuwen­

den, nach der die Ausnutzung eines Ungleichgewichts sowohl zugunsten des Abschlusses einer Schiedsabrede wie zugunsten der Aufnahme von den an­ deren Teil benachteiligenden Verfahrensbedingungen die Vereinbarung un­ wirksam macht. Eine entsprechende Regelung gilt noch in Griechenland, Art. 886 II

ZProzGB.

Nun kann aufgrund der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts in Deutschland561 allein ein die andere Partei benachteiligendes Übergewicht

bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts von einem staatlichen Ge­ richt korrigiert werden, § 1034 II ZPO. Dies entspricht der Regelung in anderen Rechtsordnungen, in denen

ebenfalls nur Vorteile einer Partei bei der Bestellung der Schiedsrichter zur Nichtigkeit fuhren, wie etwa in Belgien (Art. 1678 I CdeJud)562.

Da es in diesem Zusammenhang allein um ein mögliches Ausweichen vor bestimmten prozessual relevanten Regelungen geht, ist zu fragen, ob deren Abänderungen im Schiedsvertrag gegen Treu und Glauben verstoßen, weil sie der überlegenen Partei „im Verfahren ... ein Übergewicht über den anderen Teil einräumen” (§ 1025 II ZPO a.F.), wie es in Deutschland ausdrücklich geregelt war. Dies trifft in den erörterten Bereichen563 in 558 Dabei kann offen bleiben, ob es sich um einen Prozeßvertrag oder um einen materiell-rechtlichen Vertrag über prozeßrechtliche Beziehungen, BGHv. 28.11.1963, BGHZ 40, S. 320 (322), handelt, da in beiden Fällen eine Anwendung des Vertrags­ rechts angenommen wird, ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 36 zu § 1025, ebenso bereits Bärmann, FS F.Weber, 1975, S. 1/2. 559 Für den Fall der Einschränkung der Gewährleistung o. A.III.2.a). 560 Vgl. Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 7 zu § 1025, mit Blick auf die Entstehung der Norm als Klarstellung der Sittenwidrigkeitsgrenze Mentis, Schranken, 1994, S. 47. Ob § 138 BGB neben § 1025 II ZPO a.F. anwendbar war, blieb umstritten, vgl. ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 46 zu § 1025. 561 Seit 1.1.1998 durch das Schiedsverfahrensgesetz v. 22.12.1997, BGBl. I 1997, S. 3224. 562 Allgemein zur Wirksamkeit von Schiedsklauseln Herbots, Contract, 1995, S. 150 (n. 66). 563 S. o. II.

ausreichend starkem Maße564 wohl allenfalls auf die Geyvährleistungsfristen sowie auf Veränderungen bei der Tatsachenermittlung zu, denn nur diese können den Ausgang des Schiedsverfahrens ähnlich stark beeinflussen wie die Auswahl der Schiedsrichter, auf die in einigen Rechtsordnungen ausdrücklich Bezug genommen wird. Ansonsten sind die Parteien überwiegend frei, das Verfahren vor dem Schiedsgericht zu bestimmen. In Deutschland wird insoweit ausdrücklich Gestaltungsfreiheit gewährt („können die Parteien ... das Verfahren selbst ... regeln”, § 1042III ZPO)565. Diese wird nur eingeschränkt durch die in der Neuregelung ent­ haltenen zwingenden Vorschriften, wie zum rechtlichen Gehör und zum Gleichbehandlungsgrundsatz (§§ 1042 I, 1059 II Zff.1 b) ZPO)566. 567 568

Dies gilt ähnlich in anderen Ländern wie etwa in Frankreich (Art. 1460 CdeProcC) oder in England (sec. 12 Arbitration Act 1950)567 sowie in Griechenland (Art. 886 I ZProzGB). In Italien sind die Parteien nicht ein­ mal mehr an die grundlegenden Verfahrensprinzipien gebunden, wenn sie

die Beachtung dieser für Gerichtsverfahren mit der Nichtigkeitssanktion versehenen Vorschriften („le forme prescritte per i giudizi sotto pena di nullitä”) nicht vereinbart haben (Art. 829 I Zff. 7 CceProcC). In Griechenland (Art. 897 Zff. 5 ZProzGB) sowie in Finnland56^ sind das rechtliche Gehör

sowie der Gleichbehandlungsgrundsatz dagegen unverzichtbar.

Damit sind verfahrensmäßige Abweichungen von den Bestimmungen für staatliche Gerichte sehr weitgehend möglich.

564 In Deutschland stellte die Rechtsprechung für einen Fall des Abschluß­ mißbrauchs sehr hohe Anforderungen, ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 43 zu § 1025, was dazu geführt hat, daß auf dieser Basis kaum Schiedsverträge für unwirk­ sam erklärt wurden, Mentis, Schranken, 1994, S. 49. 565 Ebenso nach altem Recht § 1034 II ZPO a.F.: „ ... soweit nicht die Parteien eine Vereinbarung getroffen haben”, dazu ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 3 zu § 1034, Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 1 zu § 1034. 566 Ähnlich nach altem Recht §§ 1034 I, 1041 I Zff. 4 ZPO a.F. Auch ein unzulässi­ ges Verfahren i.S.d. § 1041 I Zff. 1 2.Alt. ZPO a.F. war nur anzunehmen, wenn wesentliche Verfahrensprinzipien verletzt wurden, Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 5 zu § 1041. 567 Vgl. Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 631. 568 Jokela, in: Introduction, 1993, S. 285.

Die Parteien sind frei in der Festlegung des Tagungsortes für das Schiedsgericht569, so daß die Probleme bei der Bestimmung des Gericht­ standes570 umgangen werden können. Auch gilt das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags - in Deutsch­ land vor staatlichen Gerichten gern. § 253 II Zff. 2 ZPO571 - für Schieds­ gerichte nicht, zumindest wenn erkennbar ist, daß die Festsetzung des Anspruchs der Höhe nach dem Schiedsrichter überlassen wird572. Es reicht aus, wenn deutlich wird, was der Schiedskläger begehrt573, damit dem Gegner die Einlassung auf das Verfahren zugemutet werden kann574. Insoweit besteht auch keine Bindung an den Antrag - wie in Deutschland vor staatlichen Gerichten nach § 308 ZPO575 -, erst recht nicht, wenn das Schiedsgericht nach Billigkeitsgesichtspunkten entscheiden soll576. 577 Eine Änderung des Schiedsbegehrens 511 ist ebenfalls ohne weiteres möglich, sofern auch der neue Antrag grundsätzlich von der Schiedsabrede erfaßt wird578. *

569 Im deutschen Schiedsverfahrensrecht wird die freie Ortswahl nunmehr aus­ drücklich bestimmt, § 1043 I 1 ZPO. Zum früheren deutschen Recht Schütze/ Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 7 zu § 1034, nach dem die Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigt sein könnte, wenn dadurch die Rechtsverteidigung „unzumutbar erschwert” wird, a.a.O., Rdnr. 24 zu § 1034. 570 Dazu o. II. 1. 571 Dazu o. II.3. 572 Für Deutschland Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 632. 573 ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 27 zu § 1034. 574 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 632, der insoweit verlangt, „besonders tolerant” zu sein. Damit schien sogar ein förmlicher Antrag entbehrlich, BGH v. 8.4.1959, DB 1959, S. 789. Nach § 1046 I 1 ZPO ist nun allerdings die Darlegung des Klägeranspruchs erforderlich. 575 Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 21 zu § 1034, etwas einschränkender Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 632. 576 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 632. Diese Befreiung von der Anwendung materiellen Rechts war bereits früher in Deutschland zulässig, Schütze/ Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 17 zu § 1034, nunmehr nach § 1051 III ZPO bei ausdrücklicher Ermächtigung des Schiedsgerichts durch die Parteien; ebenso etwa in Griechenland, Kerameus, in: Introduction, 1993, S. 293, und Finnland, Jokela, in: Introduction, 1993, S. 285. 577 Dazu o. II.4. 578 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 671. In § 1046 II ZPO wird die Klageänderung nun zwar ausdrücklich zugelassen, aber das Schiedsgericht kann bei nicht genügend entschuldigter Verspätung eingreifen. Bei deliktischen Ansprüchen könnte fraglich sein, ob sie von der Schiedsabrede erfaßt werden, aber in der Regel wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts in dieser Hinsicht weit verstanden, Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 421.

Das gleiche gilt für die Form der Erhebung von Ansprüchen519, weshalb die Vertragsauflösung durch Gestaltungsurteil nach den romanischen Rechtsordnungen dann nicht vom Schiedsgericht ausgesprochen werden kann, wenn es nur über die Durchführung, Anwendung oder Auslegung des Vertrages entscheiden soll580. Auch bei der Berücksichtigung von zeitlichen Anspruchsbeschränkun­ gen ist das schiedsrichterliche Verfahren freier als das staatliche. Dies gilt ebenso bei der Beweislast5^ die, auch wenn man sie verfah­ rensrechtlich qualifiziert, von den Parteien frei bestimmt werden kann582. Fraglich ist dagegen, ob auch das Beweismaß5^ der Parteidisposition unterliegt584, oder ob sich das Ermessen des Schiedsgerichts über die Ermittlung des Sachverhalts - in Deutschland einschließlich der freien Beweiswürdigung ausdrücklich festgelegt (§ 1042 IV 2 ZPO)585 - auch darauf erstreckt. Schiedsvertragsabreden werden in einigen Rechtsordnungen dann weiter­ gehenden Einschränkungen unterworfen, wenn sie in vorformulierten Vertragsklauseln bzw. AGB enthalten sind. In Deutschland gibt es zwar keine ausdrückliche Regelung, aber die Gene­ ralklausel des § 9 AGBG wird auch auf Schiedsverträge angewendet586. Dabei soll jedoch zu unterscheiden sein, ob die Schiedsklausel gegenüber einem Kaufmann, mittlerweile entsprechend der Neufassung von § 24 AGBG gegenüber einem Unternehmer, oder gegenüber einem Nicht­

Kaufmann bzw. Verbraucher verwendet wird. Im ersten Fall wird eine vor­ formulierte Schiedsabrede weitgehend akzeptiert587, vor allem wegen der

gesetzlich vorgesehen Verfahrensgarantien (§ 1042 I ZPO, früher § 1041

580 Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, Rdnr. 421, 632. 581 S. o. II.6.a). 582 ScHüTZE/Wieczorek, ZPO, 1995, Rdnr. 7 zu § 1034. 583 S. o. II.6.b). 584 So aufgrund der Zuordnung zum materiellen Recht Schlosser, Schiedsgerichts­ barkeit, 1989, Rdnr. 743. 585 Früher ähnlich in § 1034 I 1 ZPO a.F.: soweit [die Schiedsrichter] die Er­ mittlung für erforderlich halten”. 586 Der Begriff des „Vertrages” in § 1 I 1 AGBG ist weit genug, um auch Prozeß­ verträge zu erfassen, so daß die Rechtsprechung auch Schiedsklauseln für kontrollfähig hält, BGHv. 2.7.1987, BGHZ 101, S. 271 (274), U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 7 zu § 1 AGBG Zur Abgrenzung gegenüber § 1025 II ZPO a.F. Mentis, Schranken, 1994, S. 140 f. 587 Einschränkungen werden dagegen im hier nicht berührten Bereich der Auswahl der Schiedsrichter vorgenommen, Mentis, Schranken, 1994, S. 142 ff.

ZPO a.F.), während sie im zweiten Fall überwiegend als unwirksam angese­ hen wird588.

Dies wird etwa in den Niederlanden ganz anders gesehen, denn dort wird

gegenüber Verbrauchern nur dann eine vorformulierte Streitschlichtungs­

klausel für unzulässig gehalten, wenn sie weder den gesetzlich zuständigen Richter noch einen oder mehrere Schiedsrichter damit befaßt (Art. 6:236 n) BW: „hetzij de rechter ... , hetzij een of meer arbiters”).

Teilweise werden Schiedsabreden in Verträgen zwischen Gewerbetrei­ benden und Verbrauchern, hier Verbraucherkaujverträgen, strengeren Regelungen unterworfen. Im Anhang der EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln589 werden für

Verbraucherverträge unter Zff. 1 q) ausdrücklich Klauseln aufgeführt, in

denen der Verbraucher „auf ein nicht unter die rechtlichen Bestimmungen fallende(s) Schiedsgerichtsverfahren verwiesen wird”. Auch wenn der An­

hang nur „als Hinweis” dient (Art. 3 III VbrKlsRil), ist zu vermuten, daß

die Gerichte sich auch in der Mehrzahl der Staaten, die ihn nicht als ver­ bindliche Liste umgesetzt haben, an ihm orientieren werden590. Allerdings

dürfen nach der EG-Regelung gesetzlich zugelassene Schiedsgerichtsverfah­ ren per vorformulierter Klausel vereinbart werden - wie in den Nieder­ landen -, so daß die unter Einhaltung der jeweiligen nationalen Vorschriften - in Deutschland der § 1025 ff. ZPO - getroffenen Schiedsabreden nicht er­ faßt werden591.

In Griechenland dürfen dagegen nach Art. 2 VII ül) Ges.2251/1994 die „naturgemäß zuständigen Richter” nicht übergangen werden, indem aus­ schließlich die Schiedsgerichtsbarkeit vereinbart wird592. Ähnlich werden nunmehr in Italien gern. Art. 1469-bis III CceC als ge­

genüber einem Verbraucher belastend bis zum Beweis des Gegenteils solche Klauseln vermutet, die zu Lasten des Verbrauchers Abweichungen von der

Zuständigkeit der Gerichte (Art. 1469-bis III Zff. 18) CceC: „deroghe alla

588 WOLF/HORN/LINDACHER, AGBG 1994, Rdnr. 4 zu § 9. 589 S. o. A.III.2.b) bb) (1). 590 Ähnlich verwenden die deutschen Gerichte für die Auslegung des § 9 AGBG im kaufmännischen, jetzt unternehmerischen, Verkehr die gern. § 24 Satz 1 Zff. 1 AGBG nicht anwendbaren Klauselkataloge der §§ 10, 11 AGBG als „wesentliche Anhalts­ punkte” oder „Indizien”, BGH v. 3.3.1988, BGHZ 103, S. 316 (328), vgl. auch U.STEIN/Soergel, Rdnr. 47 zu § 9 AGBG. Dazu o. A.III.2.b) bb) (1). 591 Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 1994, Rdnr. 214 Anh RiLi. 592 Diese Regelung entspricht im wesentlichen der vorhergehenden in Art. 25 III z) Ges. 1961/1991.

competenza dell’autorit

giudiziaria") vorsehen. Dabei wird aus dem

Wortlaut jedoch nicht ganz klar, ob dadurch auch Schiedsabreden erfaßt sind, die in der ursprünglichen AGB-Regelung daneben besonders erwähnt werden (Art. 1341 II CceC: „clausole compromissorie o deroghe ... ")593. Auch im spanischen Verbraucherschutzgesetz findet sich seit 1998 eine

Einschränkung der Verwendung von Schiedsklauseln gegenüber Konsu­

menten (Art. 10 IV LCU).

Im Ergebnis können damit die Kaufvertragsparteien den oben dargestellten für staatliche Zivilverfahren vorgesehenen Regelungen durch die Verein­ barung von Schiedsverträgen weitgehend ausweichen. Nur bei der Verwen­ dung von vorformulierten bzw. in AGB enthaltenen Schiedsklauseln gegenüber Verbrauchern wird dies in einigen Rechtsordnungen - wie in Deutschland, Griechenland, Spanien und wohl auch Italien - durch besondere Vorschriften weiter eingeschränkt.

2, Grenzen für Gerichtsstandvereinbarungen Ebenso wie die Schiedsvereinbarung unterliegt auch eine Abrede über das für einen Rechtsstreit zuständige Gericht593 594 den allgemeinen Voraussetzun­ gen für die Gültigkeit eines Vertrages595, d.h. den in allen Rechtsordnungen vorzufindenden Anforderungen an die Sittengemäßheit und an Treu und Glauben596. Dies gilt auch für die internationale Gerichtsstandvereinbarung 593 Teilweise werden Art. 1469-bis III Zff. 2 bzw. Art. 1469-quinquies CceC wegen ihrer Bezugnahme auf „Klagen ... des Verbrauchers“ so umfassend verstanden, daß die „prozeßrechtlichen Instrumente jedweder Art“ zu Lasten des Verbrauchers nicht abzuändern sein sollen, Padovini, ZfRV 1999, S. 10. 594 Entgegenstehende ausschließliche Gerichtsstände, wie im deutschen Recht etwa § 7 HTWidG oder § 29 a ZPO, bestehen bei Kaufverträgen, wenn es sich um Verbrau­ cherkäufe handelt, nur in Österreich für Klagen gegen den Verbraucher (§ 14 I KSchG), um die es hier jedoch nicht geht. 595 Mentis, Schranken, 1994, S. 112. Auch die Gerichtsstandvereinbarung unterliegt insoweit dem bürgerlichen Recht, HausmANN/Wieczorek/Schütze, ZPO, 1994, Rdnr. 20 zu § 38, undeutlich Röhl/AK, ZPO, 1987, Rdnr. 7 zu § 38, der nur Auslegung und Willensmängel aufführt. Dabei kann hier offen bleiben, ob damit eine Lücke des Prozeßrechts gefüllt wird oder ob nur spezielle prozessuale Regeln fehlen, vgl. Gottwald, FS Henckel, 1995, S. 299. 596 So wird etwa in Dänemark § 36 AftL angewandt, vgl. Steinrücke Rdnr. 215, in: Handbuch, 1992, S. 192. Ob im deutschen Recht § 1025 II ZPO a.F. analog auch auf Gerichtsstandvereinbarungen anwendbar war, dazu ausführlich Mentis, Schranken, 1994, S. 49 ff., kann nach dessen Streichung offen bleiben, zumal diese Vorschrift im Ergebnis kaum über § 138 BGB hinausging.

nach Art. 17 EuGVÜ, dessen Wortlaut zwar keine Mißbrauchskontrolle erkennen läßt, der aber im Lichte der Rechtsgedanken etwa von §§ 138, 242 BGB auszulegen ist597. In einigen Rechtsordnungen werden Prorogationen darüberhinaus stär­ keren Beschränkungen unterworfen, weil nicht von Kaufleuten abge­ schlossene Gerichtsstandvereinbarungen unzulässig sind. Im deutschen Recht darf grundsätzlich598 nur im Verkehr unter Vollkauf­

leuten (§ 38 I ZPO: „wenn die Vertragsparteien Kaufleute ... sind”) das zu­ ständige Gericht gewählt werden599. Dies gilt auch für eine indirekte Proro­ gation über die Vereinbarung eines vertraglichen Erfüllungsortes (§ 29 II ZPO)600.

Auch in Frankreich werden Gerichts Standvereinbarungen auf Kaufleute beschränkt (Art. 48 CdeProcC). Das österreichische Recht verbietet etwas weitergehend generell bei Verbraucherverträgen die Vereinbarung eines vom Gesetz abweichenden Ge­

richtsstandes, jedenfalls für „eine Klage des Verbrauchers gegen den Unter­

nehmer” (§ 14 III KSchG), um die es hier geht. In den Niederlanden wird die Zulässigkeit von Prorogationen ganz anders prozessual danach abgegrenzt, welches Gericht sachlich zuständig ist, denn

bei Verfahren in der Zuständigkeit des Amtsrichters kann der Gerichtsstand nicht verändert werden (Art. 98 a Rv). Nach dieser Regelungwerden also alle geringfügigen Streitigkeiten erfaßt, ganz gleich wie der Status der be­ teiligten Parteien ist. Bei internationalen Sachverhalten beschränkt im Bereich der Europäischen Union abschließend601 Art. 17 III EuGVÜ die Zuständigkeitswahl bei Ver­

597 Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 80, 83 zu Art. 17, unter Hinweis auf Art. 4 III des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandvereinbarungen v. 5.11.1965, der sich auf den „Mißbrauch wirtschaftlicher Macht oder andere unlautere Mittel” bezieht. 598 Zu internationalen Sachverhalten u. im Anschluß. 599 Dabei wird der Kaufmannsbegriff eng ausgelegt, so daß keine ähnlich erfahrenen Personen, etwa Angehörige der freien Berufe, darunterfallen, PATZiNA/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 16 zu § 38, aber andererseits muß kein Handelsgeschäft gern. § 343 HGB betroffen sein, HAUSMANN/Wieczorek/Schütze, ZPO, 1994, Rdnr. 37 zu § 38. 600 Zum Gerichtsstand des Erfüllungsortes o. II.l.a) bb) (2). 601 Die einheitlichen Zuständigkeiten des EuGVÜ, einschließlich des Art. 17, haben Vorrang gegenüber den nationalen Regeln über die internationale Zuständigkeit und verdrängen damit auch § 38 ZPO vollständig, BGH v. 26.10.1981, BGHZ 82, S. 110 (114), HausmANN/Wieczorek/ScHüTZE, ZPO, 1994, Rdnr. 44 zu § 38, Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 16, der auf die Parallele bei Art. 48 CdeProcC verweist, a.a.O., Fn. 31.

braucherverträgen6-, so daß einem Verbraucherkäufer die Zuständigkeit des Gerichts an seinem Wohnsitz (Art. 14 I EuGVÜ) bei Sachmängel­ streitigkeiten in der Regel erhalten bleibt602 603. 604 605

Die meisten Rechtsordnungen lassen dagegen, wenn auch meist unter besonderen Formvoraussetzungen, die Prorogation auch für Nichtkaufleute grundsätzlich zu. So etwa Belgien6^, Italien (Art. 28 CceProcC), Spanien (Art. 57 LEC) und Portugalaber auch Griechenland (Art.42 I ZProzGB), Dänemark und

Großbritannien. Die bundesrechtliche Garantie des Wohnsitzgerichts für den „aufrecht­ stehenden Schuldner” in der Schweiz (Art. 59 Bundesverfassung) fuhrt da­ gegen nur zu erhöhten formalen Anforderungen an die Prorogation, während sie grundsätzlich auch für Nichtkaufleute zugelassen wird (Art. 2 Bundes­

ZPO).

Auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten bestehen keine Einschrän­ kungen der zulässigen Forumwahl auf Kaufleute. In Deutschland folgt dies schon aus der nationalen Regelung, wenn „minde­

stens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat” (§ 38 II 1 ZPO). Innerhalb der Europäischen Union ist in diesen Fällen jedoch mittler­ weile ausschließlich Art. 17 EuGVÜ anzuwenden606.

Gerichtsstandvereinbarungen werden in einigen Rechtsordnungen stärkeren Einschränkungen unterworfen, wenn sie aufgrund von AGB bzw. vorfor­ mulierten Klauseln zustande kommen. In den Rechtsordnungen, in denen ein generelles Prorogationsverbot außerhalb des kaufmännischen Verkehrs - wie in Deutschland - oder für Verbraucherklagen - wie in Österreich (§ 14 III KSchG) - besteht, laufen

602 Nach Art. 13 I EuGVÜ sind dies Verträge über „die Lieferung beweglicher Sachen” (Zff. 3), die „nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit” dienen, vorausgesetzt es besteht ein Inlandsbezug des Vertragsabschlusses (Zff. 3 a, b), zur entsprechenden Definition in Art. 5 I EuVÜ o. II.l.a) cc). 603 Die begrenzten Ausnahmen zählt Art. 15 EuGVÜ abschließend auf. 604 Vgl. Moons Rdnr. 159, in: Handbuch, 1992, S. 115 f. 605 Vgl. Lopes Dias Rdnr. 56, in: Handbuch, 1992, S. 859, 606 Zum Problem der Definition einer „internationalen Zuständigkeit” (Präambel Abs. 4 EuGVÜ) Kropholler, Zivilprozeßrecht, 1996, Rdnr. 2 zu Art. 17, zur Anwen­ dung auf vereinbarte Zuständigkeiten außerhalb der EU a.a.O., Rdnr. 76 zu Art. 17.

diese Sonderregeln jedoch weitgehend leer607, ebenso bei grenzüberschrei­ tenden Sachverhalten mit Verbraucherbeteiligung aufgrund von Art. 17 III EuGVÜ. In den anderen Rechtsordnungen ist - zumindest indirekt - in Zukunft die EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln maßgeblich. Im Anhang der EG-Richtlinie 93/13 werden unter Zff. 1 q) Klauseln er­

wähnt, die dem Verbraucher „die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen,” erschweren. Obwohl sie nicht ausdrücklich erwähnt werden,

können auch Gerichtsstandvereinbarungen zu einer derartigen Erschwerung beitragen608. 609 Langfristig werden daher im nationalen Bereich vorformu­ lierte Prorogationen gegenüber Verbrauchern schwieriger durchzusetzen sein, auch in den Rechtsordnungen, die den Anhang der EG-Richtlinie gar

nicht oder, wie etwa Frankreich und England, nur als unverbindliche Kon­ kretisierung der Generalklausel übernommen haben. Darüber hinausgehend besteht im italienischen Recht, seit der Umsetzung

der EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln, ausdrücklich ein Ver­ bot, eine vom Sitz des Verbrauchers abweichende örtliche Zuständigkeit

vorformuliert zu vereinbaren (Art. 1469-bis III Zff. 18 CceC: „stabilire come sede del foro competente sulle controversie localitä diversa da quella ... del consumatore”). Das griechische Verbraucherschutzgesetz verbietet zwar vorformulierte

Bedingungen, die die zuständigen Gerichte ausschließen (Art. 7 ül) Ges.2251/1994609), aber es wird nicht deutlich, ob damit auch die Wahl an­ derer Gerichte im Inland ausgeschlossen ist, weil ausdrücklich nur auf

Schieds- und ausländische Gerichtsbarkeit Bezug genommen wird.

Ganz ähnlich wird in den Niederlanden eine AGB-Klausel verboten, die

einen anderen als den zuständigen Richter vorsieht (Art. 6:236 n) BW: „an­ der dan ... de rechter die volgens de wet bevoegd zou zijn”). In der Schweiz hat dagegen die Rechtsprechung in AGB aufgestellte Ge­ richtsstandklauseln einer besonderen Geltungskontrolle unterworfen610

607 So ist nach deutschem Recht eine Angemessenheitskontrolle nach § 9 AGBG entbehrlich, Mentis, Schranken, 1994, S. 106. Nur in ganz besonderen Einzelfallen wird sie auf Gerichtsstandvereinbarungen unter Kaufleuten angewendet, etwa für Privatgeschäfte eines Kaufmanns bei mangelnder Vorhersehbarkeit, dazu Mentis, a.a.O., S. 114, oder wenn der Gerichtsstand keinerlei Bezug zu den Vertragsparteien aufweist, vgl. U.STEIN/Soergel, 1987, Rdnr. 78 zu § 9 AGBG. 608 So etwa Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 1994, Rdnr. 213 Anh RiLi. 609 Ebenso bereits Art. 25 III z) Ges. 1961/1991. 610 J.Schmid, in: Bedeutung, 1996, S. 81.

Damit bestehen Grenzen für Zuständigkeitsvereinbarungen der Kaufver­ tragsparteien vor allem bei Verbraucherkäufen, im internationalen Bereich generell, im nationalen Bereich jedenfalls bei AGB oder vorformulierten Klauseln611. Nur selten wird die Wahl eines Gerichtsstandes auf nationaler Ebene noch weitergehend auch bei Individualklauseln eingegrenzt, wie etwa die Beschränkung auf Handelskäufe im deutschen und französischen Recht. 3. Grenzen für Abreden über Gewährleistungsfristen

Die in verschiedenen Kaufrechten aufgestellten Fristen für die Anzeige des Mangels an den Verkäufer612 sind grundsätzlich von den Parteien abänder­ bar. Dies gilt etwa für den deutschen - und österreichischen - § 377 HGB, der „in jeder Hinsicht dispositiv” ist613, ebenso für den schweizerischen Art. 201 I OR614,615 für den italienischen Art. 1495 CceC in den Grenzen des

Art. 2965 Satz 1 CceC („übermäßige Erschwerung“), für die dänischen §§51,52 KbL615, für den schwedischen und finnischen §32 1 KpL/ KppL616 sowie für Art. 39 I CISG617

Bei Verbraucherkäufen kann dagegen auch von diesen Bestimmungen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden, so daß insofern eine weitere - Verkürzung nicht in Betracht kommt. So regelt es etwa der dänische § 81 i.V.m. § 1 II KbL, der schwedische

§ 23

i.V.m.

§ 3

KonsKpL, der niederländische

Art. 7:231 1

i.V.m.

Art. 7:6 I BW sowie die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf (Art. 5 II i.V.m. Art. 7 I VbrKfRil). Ähnlich verbietet der belgische Art. 32 Zff. 13 WHP die Festlegung unangemessen langer Fristen.

611 Nur in Österreich werden generell Verbraucher geschützt, in den Niederlanden geschieht dies nur indirekt für „kleine” Streitigkeiten vor dem Amtsrichter. 612 S. o. 2.a) aa). 613EMMERICH/Heymann, HGB, 1990, Rdnr. 64 zu § 377. 614 HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 13 zu Art. 201: „ ... kann die Frist verlängert oder verkürzt werden.” 615 Nach der generellen Regel des § 1 I KbL gelten sie nur, wenn vertraglich nichts anderes vereinbart ist. 616 § 3 KpL/KppL bestimmt grundsätzlich, daß die Regelungen des Kaufgesetzes nicht angewendet werden, wenn etwas anderes aus dem Vertrag folgt. 617 Aufgrund von Art. 6 CISG, ScHWENZER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 34 zu Art. 39.

Bei den absoluten Gewährleistungsfristen ist dagegen zu unterscheiden, ob es sich um echte Verjährungsfristen handelt oder um Ausschlußfristen. Verjährungsbestimmungen werden in einigen europäischen Rechts­ ordnungen, besonders des mitteleuropäischen und romanischen Rechtskrei­ ses, generell als zwingendes Recht angesehen, von dem die Parteien nicht abweichen können. So etwa in Griechenland (Art. 275 AK), der Schweiz (Art. 129 OR), Itali­ en (Art. 2936 CceC)618, Spanien (Art. 1935 CgoC) sowie Portugal9.

In weiteren Rechtsordnungen wird aus Gründen des Schuldnerschutzes620 zumindest die Verlängerung der Verjährungsfrist sowie der Ausschluß der Verjährung grundsätzlich untersagt. Dies gilt in Deutschland (§ 225 Satz 1 BGB)621, Österreich (§ 1052 ABGB) und in den Niederlanden622.

Bei den kurzen kaufrechtlichen Durchsetzungsfristen werden diese generellen Regelungen aber größtenteils durchbrochen. So ist in Mitteleuropa eine Verlängerung der Gewährleistungfrist aus­ drücklich zulässig. Dies gilt in Deutschland (§ 477 I 2 BGB) und der Schweiz (Art. 210 I OR)623, gleichermaßen in Österreich, weil die Gewährleistungsfristen als Fallfristen gelten62 , und in Griechenland, wo es aus Art. 556 AK entnom­ men wird625. Auch in Spanien soll eine Verlängerung zulässig sein626. 627 Es trifft ebenfall für die „limitation" in Englancf21 und Irland zu.

618 Vgl. A.Kramer, Abwicklungsstörungen, 1996, S. 58. 619 Vgl. Lopes Dias Rdnr. 51, in: Handbuch, 1992, S. 857. 620 Dazu etwa PETERS/ZIMMERMANN, in: Gutachten, 1981, S. 267. 621 Nach dem Entwurf der Schuldrechtskommission soll dagegen in Zukunft auch eine Verlängerung grundsätzlich zulässig sein, § 220 BGB-KE. 622 Vgl. BITTER/DRION/GROENEWEGEN Rdnr. 213, in: Handbuch, 1992, S. 748. 623 Eine Verlängerung über die jeweilige Höchstfrist - in Deutschland 30 Jahre, §195 BGB, in der Schweiz 10 Jahre, Art. 127 OR - hinaus wird jedoch in beiden Ländern abgelehnt, BGH v. 17.1.1990, BGHZ 110, S. 88 (92), vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 53 zu § 477, 99 II 189, HoNSELL/KommSchweizPrivR, OR I, 1992, Rdnr. 5 zu Art. 210. 624 Dittrich/TADES, ABGB, 1989, E 4 zu § 933. 625 Vgl. Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 716 f. 626 Vgl. Valcärcel Schnüll, Haftung, 1994, S. 74. 627 Vgl. Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 705.

Vor allen in den romanischen Rechtsordnungen wird dagegen eine Er­ schwerung der Verjährung und damit eine Verlängerung der Frist ausge­ schlossen. In Frankreich und Belgien gilt dies schon aufgrund der notwendigen ge­

richtlichen Entscheidung über den „bref delai", so daß nur eine vertragliche

Festlegung der Frist möglich ist, sofern diese kurz bleibt. In Italien und Portugal wirken insoweit die Grenzen für VerjährungsVereinbarungen auch im Kaufrecht, ebenso in den Niederlanden^.

Bei den besonderen Ausschlußfristen des Kaufrechts ist die Fristverlän­ gerung immer möglich. Dies gilt in Dänemark für § 54 KbL628 629, 630 ebenso 631 in Schweden und Finnland für § 32 II KpL/KppL63°, im Internationalen Kaufrecht ausdrücklich

(Art. 39 II a.E. CISG: „es sei denn, daß diese Frist mit einer vertraglichen

Garantiefrist unvereinbar ist”, ähnlich früher Art. 3913 EKG: „es sei denn, daß ... vereinbarungsgemäß für einen längeren Zeitraum Gewähr zu leisten

ist”). Auch in Italien ist die Anzeigefrist des Art. 1495 I CceC verlän­

gerbar

.

In fast allen Rechtsordnungen, die die Verlängerung der kaufrechtlichen Fristen zulassen, wird grundsätzlich auch deren Verkürzung gestattet632. 633 In Italien gilt dies wiederum allein für die Ausschlußfrist des Art. 1495 I

CceC und nur dann, wenn dem Käufer die Ausübung des Rechts nicht übermäßig erschwert wird (Art. 2965 CceC: „eccessivamente difficile")633. Nur in Griechenland wird eine Erleichterung der Verjährung im Gegen­ satz zu einer Erschwerung abgelehnt634. Dagegen wird anderseits in den Niederlanden eine Verkürzung der Ver­ jährung im Gegensatz zur ihrer Verlängerung für zulässig gehalten635. 628 Hier wird der Schuldnerschutz als vorrangig angesehen, vgl. Dannemann/ Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 710. 629 Vgl. Steinrücke Rdnr. 196, in: Handbuch, 1992, S. 187. 630 Vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 271. 631 Art. 2968 CceC, der die Abänderung der gesetzlichen Verwirkungsregeln ver­ bietet, ist hier nicht anwendbar, da die Parteien über die Angelegenheit verfügen können, Bianca, vendita, 1993, S. 1033 (n. 446). 632 In Deutschland ergibt sich dies bereits aus § 225 Satz 2 BGB. 633 Vgl. Asam, RIW 1992, S. 799. 634 Vgl. Chaldoupis Rdnr. 119 Fn.131, Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 716. Dafür spricht auch Art. 279 AK, der die Verkürzung der Verjährung durch die Vereinbarung einer Ausschlußfrist untersagt.

Die Verkürzung der Gewährleistungsfristen wird in vielen Rechtsordnungen jedoch dann weitergehend eingeschränkt, wenn sie aufgrund von AGB bzw. vorformulierten Klauseln vereinbart wird. In Deutschland werden derartige Vereinbarungen - jedenfalls für Kauf­ verträge über neu hergestellte Sachen - gegenüber Nichtkaufleuten aus­ drücklich untersagt (§ 11 Zff. 10 f) AGBG635 636, wobei die Rechtsprechung

dieses Verbot mittels § 9 II Zff. 1 AGBG auch gegenüber Kaufleuten, nun­ mehr gegenüber Unternehmen, anwendet637.

Ähnlich könnte in England eine Fristverkürzung in AGB generell als unwirksam angesehen werden, wenn man sie als nicht angemessene (sec. 3 II UCTA: „reasonableness") Einschränkung der Vertragshaftung an­

sieht (sec. 3 II a) UCTA: „restrict any liability ... in respect of the breach”),

während sie in Verbraucherverträgen von vornherein der Prüfung auf „Un­ fairness” (reg. 4 UTCC-GB) unterfallt.

In Italien muß bei der Festlegung von Verwirkungen zu Lasten einer Partei („sanciscono a carico dell’altro contraente decadenze") dagegen all­ gemein weiterhin nur die besondere Schriftform der gesonderten Unter­ zeichnung beachtet werden (Art. 1341 II CceC).

Vorformulierte Fristverkürzungen Verbraucherverträgen untersagt.

werden

allerdings

zunehmend

in

Auch hier könnte die EG-Richtlinie 93/13 prägend wirken, denn eine Ver­

kürzung der gesetzlichen Fristen dürfte unter Zff. 1 q) des Anhangs fallen,

weil dem Verbraucher dadurch „die Möglichkeit, Rechtsbehelfe ... zu ergrei­ fen ... erschwert wird”638. 639 In Griechenland wird zumindest eine „übermäßige” Beschränkung der Fristen ausgeschlossen (Art. 2 VII ä) Ges. 2251/1994639, in Italien nunmehr

jede Vereinbarung einer Verwirkung zu Lasten des Verbrauchers (Art. 1469bis III Zff. 17 CceC: „sancire a carico del consumatore decadenze”), ebenso

635 Vgl. Dannemann/Karatzenis/Thomas, RabelsZ 1991, S. 710, Bitter/Drion/ Rdnr. 213, in: Handbuch, 1992, S. 747. 636 Eine indirekte Verkleinerung des Gewährleistungszeitraums durch Bestimmung kürzerer Ausschlußfristen wird bei offensichtlichen Mängeln ebenfalls ausgeschlossen, § 11 Zff. 10 e) AGBG. 637 BGH v. 8.3.1984, BGHZ 90, S. 273 (278), vgl. HUBER/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 58 zu § 477. 638 So auch Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 1994, Rdnr. 213 Anh RiLi. 639 Ähnlich bereits in Art. 25 III w) Ges. 1961/1991. GROENEWEGEN,

in Portugal (Art. 22° g) Decr.-Lei 220/95640), sowie in den Niederlanden bei Fristen von weniger als einem Jahr (Art. 6:236 g) BW).

In einigen Rechtsordnungen wird darüberhinaus eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfristen gegenüber Verbrauchern auch durch Individualvereinbarungen nicht zugelassen. Dies gilt für die bei den Anzeigefristen bereits erwähnten Verbraucherkauf­ rechte Dänemarks, Schwedens und der Niederlande sowie für die ent­ sprechende EG-Richtlinie, die nur als Ausnahme für gebrauchte Güter eine Verkürzung bis auf ein Jahr zuläßt (Art. 7 II VbrKfRil).

In Griechenland darf beim Verbraucherkauf der Zeitraum der Ver­ käuferhaftung eine „angemessene” Dauer, die jeweils vor allem von der Le­

bensdauer des Produkts abhängig sein soll, nicht unterschreiten (Art. 5 III 3 Ges.2251/1994)641.

In Österreich sind Abweichungen von den gesetzlichen Gewähr­ leistungsvorschriften auch in Bezug auf die Fristen642 640643 gegenüber 641 Verbrau­

chern gar nicht zulässig (§9 KSchG). In England ist ebenfalls eine Verkür­

zung der Rechtsbehelfsfristen bei Verbraucherkäufen dann nicht statthaft,

wenn man dies als Einschränkung der Gewährleistung nach dem Sale of Goods Act ansieht (sec. 6 II UCTA: „liability ... cannot be ... restricted by reference to any contract term")643. Dagegen wird in den Verbraucherkaufregelungen in Spanien (Art. 11 LCU)

nichts über den Zeitraum der Verkäuferhaftung gesagt.

Eine Verkürzung der Gewährleistungsfristen unter die bereits recht kurzen vorgegebenen Zeiträume644 wird damit außerhalb von Verbraucherge­ schäften größtenteils zugelassen, mit Ausnahme von Frankreich, Belgien, Italien und Griechenland. Dagegen wird der Verbraucherkäufer gegen derartige Vereinbarungen, bei vorformulierten Regelungen sehr weitge­ hend, geschützt.

640 Gleichlautend früher Art. 22 f) Decr.-Lei 446/85. 641 Ebenso bereits früher Art. 34 I Ges. 1961/1991. Durch Erlaß des Handelsmini­ sters sollten diese Fristen nach Art und Gattung der Waren genau festgelegt werden können, Art. 34 III Ges. 1961/1991. 642 Gschnitzer, Schuldrecht AT, 1991, S. 156. 643 Anders wohl in Irland, wo dem Wortlaut nach nur der Ausschluß der Haftung untersagt wird, sec. 55 IV SGA-IRL: „any term ... exempting from ...”. 644 Dazu o. 2.a) bb) (1).

4. Grenzen für Vereinbarungen über Beweislast und Beweismaß Abreden der Parteien über die Tatsachenfeststellung im Prozeß kommen in allen Rechtsordnungen mit ganz verschiedenem beweisrechtlichen Inhalt in Betracht. Da als Beispiele für die Auswirkung von Beweisbestimmungen auf die kaufrechtliche Gewährleistung nur die Beweislastverteilung sowie die Frage des Beweismaßes erörtert wurden645, sind Parteivereinbarungen über die Beweisbedürftigkeit einer Tatsache, über die verwendbaren Beweismittel sowie hinsichtlich der Beweiswürdigung durch das Gericht646 hier nicht zu behandeln.

a) Beweislastverträge

Vereinbarungen der Parteien über die Verteilung der Beweislast werden in den hier betrachteten Rechtsordnungen ganz überwiegend für grundsätzlich zulässig gehalten647. Es kommen jedoch auch in diesem Bereich die generellen Einschränkungen der Vertragsfreiheit zur Anwendung, so daß Beweislastvereinbarungen, die gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben verstoßen, keine Wirkung entfalten. So soll in Deutschland eine Beweislastabrede, die der anderen Partei einen

unzumutbaren Beweis abverlangt, wegen eines Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam sein648.

Ganz ähnlich wird in Österreich auf derartige Verträge die General­ klausel des § 879 ABGB über einen Verstoß gegen die guten Sitten ange­ wendet, vor allem wenn der Beweis praktisch unmöglich ist649. In der Schweiz geschieht dies, jedenfalls bei „unsittlicher Knebelung”, entsprechend Art. 27 ZGB bzw. Art. 20 OR650.

645 S. o. II 6. 646 Zu diesen Arten von Beweisverträgen PROTTING/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 151 ff. zu § 286, zu Beweismittelklauseln auch Mentis, Schranken, 1994, S. 236 f. 647 So etwa für Deutschland PROTTING/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 154 zu § 286, LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 133 zu § 286, zur Entwicklung der Rechtsprechung Mentis, Schranken, 1994, S. 179 f.; für die Schweiz KUMMER/BernerKomm, 1962, Rdnr. 375 zu Art. 8 ZGB; für die Niederlande Wildeboer/Scheiffers § 2.02 [4] [f] i), in: Dutch Business Law, 1991, 2-15. 648 BGH v. , NJW 1962, S. 31. 649 Fasching, Lehrbuch, 1990, S. 466 (Rdnr. 890). 650 KUMMER/BernerKomm, 1962, Rdnr. 376 zu Art. 8 ZGB, Vogel, Grundriss, 1995, S. 249.

Das italienische Recht kennt für Abmachungen über die Beweislast („patti relativi all’onere della prova”) eine etwas stärker wirkende spezielle Beschränkung, die bereits eingreift, wenn einer der Parteien die Ausübung

ihres Rechts übermäßig erschwert wird (Art. 2698 2. Alt. CceC: „rendere a

una delle parti eccessivamente difficile l’esercizio del diritto").

Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, daß in Bezug auf zwingen­ de Regelungen auch keine Beweislastabsprachen möglich sein sollen651. Nur in der italienischen Regelung zu Beweislastabmachungen wird dieser Vorbehalt ausdrücklich festgelegt (Art. 2698 l.Alt. CceC: „Sono nulli ... quando si tratta diritti di cui le parti non possono disporre”).

Darüberhinausgehende Einschränkungen werden in einigen Rechtsord­ nungen auch für Beweislastverträge dann vorgesehen, wenn sie in Allge­ meinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Klauseln enthalten sind. Ausdrückliche Regelungen beziehen sich jedoch immer nur auf Verträge mit Verbrauchern bzw. Nichtkaufleuten652. Nach deutschem Recht sind jegliche in AGB aufgestellte Änderungen der Beweislast zum Nachteil eines Nichtkaufmanns unwirksam, wobei als Bei­

spiel die Beweislast für Umstände aus dem „Verantwortungsbereich des Verwenders”653 aufgeführt wird (§11 Zff. 15 AGBG)654. Ebenso werden in den Niederlanden AGB-Klauseln in Verträgen mit

Verbrauchern für nicht zulässig gehalten, die die gesetzliche Beweislast­ verteilung zu deren Nachteil verändern (Art. 6:236 k) BW: „de uit de wet

651 Zum deutschen Recht PRÜTTING/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 154 zu § 286, LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 134 zu § 286. Ebenso in Österreich, Fasching, Lehrbuch, 1990, S. 466 (Rdnr. 890). Auch in der Schweiz wird auf die freie Ver­ fügungsmöglichkeit der Parteien abgestellt, Habscheid, Zivilprozeßrecht, 1986, S. 321 (allerdings unter Bezug auf die Verhandlungsmaxime und damit vor allem in prozes­ sualer Hinsicht). 652 Nur in Deutschland werden über § 9 AGBG auch Kaufverträge unter Kaufleuten einbezogen. Dies gilt vor allem für die Belastung mit dem Beweis für Umstände aus dem Verantwortungsbereich der anderen Partei, BGH v. 24.6.1987, BGHZ 101, S. 172 (184), U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 172 zu § 11 AGBG. 653 Zu diesem Kriterium der Beweislastverteilung o. II. 6. a). 654 Außerdem werden als Beispiel noch Tatsachenbestätigungen aufgeführt (§11 Zff. 15 b) AGBG), die allerdings keine Veränderung der objektiven Beweislast bewirken, sondern allenfalls eine Umkehr der Beweisführungslast, Mentis, Schranken, 1994, S. 223, dazu auch U.STEIN/Soergel, BGB, 1991, Rdnr. 168 zu § 11 AGBG.

voortvloeiende verdeling van de bewijslast ten nadele van de wederpartij •• .,,655

wijzigt ) • Im italienischen Recht wird die Unzulässigkeit von nicht individuell ausgehandelten Klauseln, die zu Lasten des Verbrauchers Umkehrungen oder Veränderungen der Beweislast vorsehen (Art.1469-bis III Zff. 18 CceC:

„inversioni o modificazioni dell’onere della prova”) vermutet. Auch in Griechenland wird gegenüber Verbrauchern jede Veränderung der Beweislast durch AGB untersagt (Art. 2 VII z) Ges. 2251/1994656).

In diesem Bereich wird sich ebenfalls die Umsetzung der EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln auswirken, denn dort werden im Anhang unter Zff. 1 q) ausdrücklich Klauseln erwähnt, mit denen dem Verbraucher „die Beweislast auferlegt wird, die nach dem geltenden Recht einer anderen Vertragspartei obläge”657 655. 656

Die Untersagung von Beweislastveränderung in Individualverträgen ist dagegen selten. Bislang ist allein Österreich diesen Schritt gegangen und hat gegenüber

Verbrauchern auch individuell ausgehandelte Vereinbarungen, mit denen „dem Verbraucher eine Beweislast auferlegt wird, die ihn von Gesetzes we­ gen nicht trifft” (§61 Zff. 11 KSchG), für unverbindlich erklärt.

Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf schließt ebenfalls aus, daß die Beweislast zum Nachteil des Verbrauchers verändert wird, weil damit dessen Rechte „mittelbar ... eingeschränkt werden“ (Art. 7 11 VbrKfRil).

Damit besteht auch im Bereich der Beweislast für die Kaufvertragsparteien grundsätzlich die Möglichkeit, Veränderungen gegenüber den vorgegebe­ nen Regelungen vorzunehmen. Für Verbraucherkäufe werden Abwei­ chungen von den gesetzlichen Vorgaben dagegen deutlich eingeschränkt, ganz überwiegend, mit Ausnahme von Österreich, allerdings nur in Bezug auf vorformulierte Klauseln bzw. Allgemeine Geschäftsbedingungen, was mit Geltung der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf jedoch nicht mehr ausreichen dürfte.

655 Dabei werden ausdrücklich Qualitätsbestätigungen sowie der Nachweis für Verschulden des Benutzers erwähnt. 656 Ähnlich bereits Art. 25 III za) Ges. 1961/1991. 657 Dem Wortlaut nach wird zwar nur eine Beweislastumkehr erfaßt, aber insgesamt geht es wohl um alle nachteiligen Veränderungen des Beweisrechts, vgl. Wolf/Horn/ Lindacher, AGB-Gesetz, 1994, Rdnr. 216 RiLi Anh.

b) Beweismaßverträge Im Gegensatz zu Vereinbarungen über die Beweislastverteilung werden Abreden über das erforderliche Be^eißmaß, vor allem in den mitteleuro­ päischen Rechtsordnungen, überwiegend für nicht zulässig gehalten658. Dieses Ergebnis wird in der Regel damit begründet, daß ein Eingriff in die freie Beweiswürdigung des Gerichts aus prozessualen Gründen unzulässig sei659. In anderen Rechtsordnungen wird aber trotz der dem Gericht überlassenen Beweiswürdigung eine Veränderung des Beweismaßes für möglich gehalten660. Soweit danach Beweismaßverträge noch wirksam abgeschlossen werden können, unterfallen sie jedenfalls den Einschränkungen für die Beweis­ lastverteilung in AGB bzw. vorformulierten Vertragsklauseln oder generell gegenüber Verbrauchern661, denn sie verändern indirekt die Beweislast, indem sie der beweisbelasteten Partei die Beweisführung erschweren oder erleichtern662. Dies gilt erst recht für die EG-Klauselrichtlinie, weil diese in ihrem Anhang unter Zff. 1 q) die Umkehr der Beweislast nur als ein Beispiel für die Erschwerung der Durchsetzung der Verbraucheransprüche aufführt und die Beweismaßerhöhung in jedem Fall eine solche Erschwe­ rung dar stellt663. Damit sind Beweismaßvereinbarungen zwischen den Kaufvertragsparteien nur sehr eingeschränkt möglich. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Spielraum für Erleichterungen des Verkäufers in dieser Hinsicht in den meisten Rechtsordnungen faktisch sehr gering ist: In der überwiegenden 658 So etwa für Deutschland GEIMER/Zöller, ZPO, 1995, Rdnr. 23 zu § 286, Baum­ FS Fasching, 1988, S. 72, a.A. anscheinend Mentis, Schranken, 1994, S. 234 f., mit dem Argument, daß eine Beweismaßveränderung weniger schwerwiegend ist als die generell zulässige Beweislastveränderung. Für Österreich Fasching, Lehr­ buch, 1990, S. 466 (Rdnr. 890). 659 So zum deutschen Recht LEIPOLD/Stein-Jonas, ZPO, 1985, Rdnr. 132 zu § 286, PRÜTTING/MünchKomm, ZPO, 1992, Rdnr. 153 zu § 286. Ebenso für Österreich Fasching, Lehrbuch, 1990, S. 466 (Rdnr. 890). 660 So sind in den Niederlanden trotz Art. 179 II Rv Abreden möglich, daß be­ stimmte Beweise ausreichen, Wildeboer/Scheiffers § 2.02 [4] [f i), in: Dutch Business Law, 1991, 2-15. 661 Dazu o. a). 662 Dazu o. II.6.b). Im Ergebnis ebenso zum deutschen Recht Mentis, Schranken, 1994, S. 235, der jede Verschlechterung der Beweisposition des Kunden für einen Eingriff des § 11 Zff. 15 AGBG ausreichen läßt. 663 Ebenso im Ergebnis Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 1994, Rdnr. 216 RiLi Anh. gärtel,

Zahl der Länder ist das RegelbeMfeismaß bereits sehr hoch66^, so daß eine weitere Anhebung für die durch den Käufer zu beweisenden Tatsachen kaum etwas bewirken kann. Außerdem trägt der Verkäufer die Beweislast nur für eine begrenzte Anzahl von Gegenrechten bzw. Ausschlußtat­ beständen664 665, womit eine darauf bezogene Beweismaßverringerung insgesamt nur geringe Auswirkungen haben dürfte.

5. Zusammenfassung Die den Parteien vorgegebenen verfahrensbezogenen Regelungen unter­ liegen, soweit sie hier unter Bezug auf Sachmängelansprüche erörtert worden sind, in weitem Umfang der Abänderungsbefugnis durch die Kaufvertragsparteien. Dies gilt vor allem für das Ausweichen vor einem staatlichen Zivilprozeß durch eine Schiedsgerichtsvereinbarung, denn innerhalb dieses Rahmens können sämtliche gewährleistungsbezogenen prozessualen Bestimmungen verändert werden.

Im kaufmännischen Verkehr schränken nur die allgemeinen Grenzen der Vertragsfreiheit die Parteien ein, insbesondere die Generalklauseln bezüg­ lich Sittengemäßheit sowie Treu und Glauben; allein für die Verjährungs­ fristen sehen die meisten Rechtsordnungen konkrete Begrenzungen vor, die jedoch bei der Gewährleistung wiederum häufig durchbrochen werden. Bei Kaufverträgen mit Verbrauchern werden vor allem formularmäßige Vereinbarungen besonders erfaßt, wobei die EG-Richtlinie über Verbrau­ chervertragsklauseln die Beschränkungstendenzen bei Gerichtsstandverein­ barungen, Verjährungsabreden sowie Beweisverträgen verstärken dürfte, während bei Schiedsgerichtsverträgen die dafür in den Mitgliedstaaten speziell bestimmten rechtlichen Grenzen ausschlaggebend bleiben. Durch die Einschränkung vorformulierter Klauseln wird das Verfahren der Abweichung von den gesetzten Verfahrensregeln zwar umständlicher666, aber es bleibt weiterhin grundsätzlich durch Individualvereinbarungen gegenüber Verbrauchern möglich. Allein bei Gerichtsstandvereinbarungen, dort vor allem bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, sowie in einzelnen Rechtsordnungen bei der Beweislastverteilung wird auch dieser Spielraum der Parteien begrenzt. 664 S. o. II.6.b). 665 S. o. II.6.a). 666 Zur Wirkung von AGB-Klauseln o. A.II.l.c) aa).

Aus der europäischen Binnenmarktperspektive sind daher als besonders hinderlich für die wirtschaftlichen Grundfreiheiten die Unterschiede in der Anwendung der vertragsrechtlichen Generalklauseln in den verschiedenen Mitgliedstaaten anzusehen, zumal dort aufgrund des erheblichen Ermes­ sensspielraums der Gerichte wenig Rechtssicherheit besteht. Außerdem können sich die Unterschiede bei den Beschränkungen für Verjährungs­ abreden sowie in einzelnen Mitgliedstaaten für Gerichtsstandverein ­ barungen und für Beweislastverträge gegenüber Nichtkaufleuten bzw. Verbrauchern negativ auswirken. Unterschiedliche Einschränkungen für vorformulierte Klauseln sind dagegen weniger problematisch, soweit die Parteien noch auf Individualklauseln ausweichen können.

Ähnlich wie bei der Erörterung der Grenzen von Parteivereinbarungen über die materiellen Gewährleistungsregelungen667 wird auch im prozessualen Bereich deutlich, daß zwingende Bestimmungen nqt allem bei Verbraucher­ verträgen für notwendig gehalten werden. Allerdings wird in sehr viel geringerem Umfang als im materiellen Recht zwingendes Verbraucher­ prozeßrecht geschaffen, abgesehen vom Bereich internationaler Gerichts­ standvereinbarungen, wo es sinnvoll erscheint668. Meistens handelt es sich um „relativ” zwingende Bestimmungen, weil allein ihre Änderung durch vorformulierte Vertragsklauseln untersagt wird. Ein Ausschluß derartiger Klauseln unter allen Umständen bleibt jedoch problematisch669, so daß auch hier ein Beurteilungsspielraum offen bleiben sollte.

667 S. o. A.III.2.d). 668 S. o. II.l.a)cc). 669 S. o. A.III.l.a)bb).

c. Regelungen für die Sachmängel­ gewährleistung durch Warenverkäufer auf der Ebene der Europäischen Union

I, Der Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung

Bevor auf die Frage eingegangen werden kann, auf welche Weise und mit welchem Inhalt innerhalb der EG eine Angleichung der einzelstaatlichen Regelungen, die die Verantwortung des Käufers für die Lieferung mangel­ hafter Ware betreffen, vorgenommen werden sollte, ist festzustellen, welche Vorteile dadurch erreicht werden. Um diese zu bestimmen, sind zunächst die - nachteiligen - Auswirkungen unterschiedlicher nationaler Gewährleistungsbestimmungen auf die wirtschaftliche Integration der EGMitgliedstaaten herauszuarbeiten (unten 1.), die durch eine Harmonisierung der Rechtsregeln vermindert oder beseitigt würden. Außerdem ist zu klären, inwieweit eine bereits vorhandene internationale Rechtsan­ gleichung oder -Vereinheitlichung auf den hier betrachteten Regelungs­ bereich einwirkt und besondere Maßnahmen überflüssig macht (unten 2.). 1. Auswirkungen der Unterschiede einzelstaatlicher Gewährleistungs­ regeln für Sachmängel auf den Binnenmarkt der EG

Nachdem die materiellen und prozessualen Regelungen für die Sachmän­ gelgewährleistung durch Warenverkäufer in den Mitgliedstaaten der EU sowie der Schweiz einander im Detail gegenübergestellt und erörtert worden sind1, sollen im folgenden die entscheidenden Differenzen zwischen den Rechtsordnungen herausgestellt werden, um die Bereiche des Gewähr­ leistungsrechts zu ermitteln, in denen erhebliche Regelungsunterschiede bestehen (unten a.). In einem zweiten Schritt soll dann einzuschätzen

1 S. o. Kapitel A. und B.

versucht werden, wie stark sich diese rechtlichen Differenzierungen nachteilig auf das Funktionieren des Binnenmarktes der EG auswirken (unten b.), da sich danach der Handlungsbedarf auf europäischer Ebene bestimmt2. 3

a) Das Ausmaß der ermittelten Unterschiede zwischen den nationalen Gewährleistungsrechten

Die Regelungsdifferenzen zwischen den Rechtsordnungen variieren sehr stark nach den einzelnen Sachbereichen der Gewährleistung, so daß diese jeweils getrennt analysiert werden sollen. Damit wird auch vermieden, daß man insgesamt zu der verbreiteten, aber zu pauschalen Einschätzung gelangt, es handele sich im großen und ganzen überall um sehr ähnliche Lösungen („praesumptio similitudinis")3, so daß sich eine Harmonisierung entweder erübrigt oder sie unproblematisch den auf diese Weise fest­ gestellten gemeinsamen Nenner festschreiben kann. Bei den Voraussetzungen für die Sachmängelgewährleistung sind die Unterschiede zwischen den betrachteten Rechtsordnungen ziemlich gering. Der Mangelbegriff wird mittlerweile fast ausschließlich primär an die vertraglichen Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien geknüpft. Nur in einigen romanischen Ländern (wie in Belgien, Italien und Spanien) werden noch abweichend objektive Kriterien herangezogen, aber auch dort bestehen Tendenzen zur Aufweichung dieses traditionellen Ansatzes. Ein besonderer Verwendungszweck der Kaufsache wird praktisch überall mit einbezogen, wobei nur in wenigen Rechtsordnungen (Österreich, Däne­ mark, England und Irland) eine problematische Ausrichtung der „angemes­ senen” Qualität am vereinbarten Preis erfolgt. Noch sehr eingeschränkt (nur in den jeweils gleichlautenden Kaufrechten Schwedens und Finnlands sowie Englands und Irlands) wird der dem Verkäufer bloß erkennbare 2 Dabei kann im Rahmen dieser Untersuchung keine quantitative Analyse der wirtschaftlichen Effekte von Regelungsunterschieden vorgenommen werden. Derartige Berechnungen erfolgen bisher weder auf der EG-Ebene beim Erlaß sekundären Gemeinschaftsrechts noch bei nationalen Gesetzgebungsverfahren. Eine qualitative Abschätzung nach Größenordnungen ist jedoch möglich und für die angestrebten Schlußfolgerungen ausreichend. 3 In dieser Richtung zu den Rechtsbehelfen bei Nichterfüllung, also für Vertrags­ störungen, in Deutschland, Frankreich, England und den USA v.Mehren/Gordley, Civil Law, 1977, S. 1122 f., jedenfalls soweit es um die grundlegende Konzeption des Vertrages und seine soziale und ökonomische Funktion geht. Allgemein dazu ZWEIGERT/KÖTZ, Einführung, 1996, S. 39, Behrens, RabelsZ 1986, S. 21 f.

Verwendungszweck der Ware berücksichtigt4. Noch geringere Unterschiede finden sich bei der Ergänzung durch objektive Qualitätsstandards, denn der „übliche Verwendungszweck der Kaufsache wird nahezu überall anerkannt und eine darüber hinausgehende Berücksichtigung fehlerhafter Aufklärung durch den Verkäufer betrifft nur die Abgrenzung zum Verschulden bei Vertragsschluß oder ähnlichen Rechtsbehelfen außerhalb des Gewähr­ leistungsrechts. Geringfügige Mängel werden dagegen differenziert behandelt, wobei sie überwiegend von der Gewährleistung ausgeschlossen werden, wie ausdrücklich in den mitteleuropäischen Rechtsordnungen (Deutschland, Griechenland, Österreich, Schweiz) sowie in Italien, durch die Rechtsprechung aber auch in den übrigen romanischen Kaufrechten (Frankreich, Belgien, Spanien und Portugal) sowie in Dänemark. Schließ­ lich variieren die Rechtsfolgen in den Rechtsordnungen, die die Lieferung stark abweichender Ware oder falscher Mengen als Nichterfüllung statt als Sachmangel behandeln, abgesehen von Unterschieden bei der zeitlichen Begrenzung der Rechtsbehelfe, ebenfalls kaum. Insgesamt wird damit die grundlegende Frage, in welchen Fällen der Verkäufer für eine vom Vertrag abweichende Lieferung der Kaufsache verantwortlich ist, in den einbezogenen Rechtsordnungen sehr ähnlich beantwortet5. Dies gilt auch für den Ausschluß der Gewährleistung aufgrund von Informationen des Käufers über Sachmängel beim Vertrags­ schluß6, wo nur die vom Verhalten des Verkäufers abhängigen Rück­ ausnahmen gewisse Verschiedenheiten aufweisen. Größere Unterschiede zeichnen sich dagegen bei der Frage ab, in welchem Umfang der Verkäufer für die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache

4 Eine Tendenz zu dieser Art der Qualitätsbestimmung meint allerdings die EG­ Kommission zu erkennen, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 38: „Ent­ wicklung hin zur Information des Käufers”. 5 So auch die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 38: „Das ,Grundmuster‘ der Mängel-Definition ist in den meisten Mitgliedstaaten gleich”. Anders dagegen noch Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 283: „Komplikationen und Unsicherheit”, dessen Einschätzung aber von dem damals noch weiter verbreiteten objektiven Fehlerbegrif geprägt wurde. 6 Die EG-Kommission ermittelt für diesen Bereich ein „differenziertes Bild”, Grün­ buch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 39, während für Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 284, der „Gedanke ... fast allen Systemen zugrundeliegt”.

einstehen muß. Dabei differieren schon die dem Käufer jeweils zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe7. Die stärksten Diskrepanzen bestehen bei den Möglichkeiten des Käufers, vom Verkäufer zu verlangen, daß die Lieferung der Kaufsache ordnungs­ gemäß nachgeholt wird. Eine Verpflichtung zur Nachbesserung fehlt in sieben der betrachteten Kaufrechte vollständig (Deutschland, Schweiz, Frankreich und Belgien, Italien, England und Irland) und wird in weiteren drei nur bei Verbraucherkäufen vorgesehen (Griechenland, Spanien, Däne­ mark). Ein ähnliches Bild bietet sich bei der Ersatzlieferung, die in sechs Rechtsordnungen vollständig fehlt (Frankreich und Belgien, Italien, Spanien, England und Irland) und in vier weiteren nur Gattungskäufe betrifft (Deutschland, Griechenland, Schweiz, Dänemark). In den romani­ schen Kaufrechten zeichnet sich in der Rechtsprechung allerdings eine Tendenz zur Einräumung nachgeholter Erfüllung ab. Diese Unterschiede werden auch kaum durch Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer auf Ersatz der Reparaturkosten oder der Kosten eines Deckungskaufs aus­ geglichen, denn für Schadensersatzverpflichtungen des Verkäufers werden, außer in England und Irland, überall hohe Anforderungen, vor allem ein Verschulden des Verkäufers, verlangt. Die Unterschiede bei den „klassischen” Rechtsbehelfen Vertragsauf­ hebung und Preisherabsetzung fallen gegenüber denen bei der nachgehol­ ten Erfüllung sehr viel geringer aus, da diese Ansprüche des Käufers grundsätzlich in allen Rechtsordnungen vorgesehen sind8. An die Lösung vom Vertrag werden allerdings überwiegend höhere Anforderungen gestellt, weil sie nur bei schwerwiegenden Mängeln in Betracht kommt, während sie in einigen Kaufrechten (Deutschland, Frankreich und Belgien, Italien, Spanien) uneingeschränkt wählbar ist. Außerdem wird in den Fällen, in denen der Kaufpreis bereits gezahlt ist oder - wie regelmäßig die Kaufsache übergeben wurde, die Durchführung der Rückabwicklung zusätzlichen Einschränkungen unterworfen: Bei der Rückzahlung des Kaufpreises geht es allein um den Wert des Anspruchs, der teilweise (Schweiz, Portugal, ähnlich in England und Irland, Italien und Dänemark) nur im Wege des Bereicherungsausgleichs geltend gemacht werden kann.

7 So auch die EG-Kommission, die die Unterschiede hinsichtlich „der dem Verbrau­ cher zur Verfügung stehenden Rechtsmittel” hervorhebt, Grünbuch Verbrauchsgüter­ garantien, 1993, S. 94. 8 So auch die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 52: „Einen rechtlichen Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufs oder auf Herab­ setzung des Kaufpreises hat der Käufer in jedem Mitgliedstaat...”.

Bei der Rückgabe der Kaufsache wird ein zufälliger Untergang derselben in Griechenland sowie den romanischen Kaufrechten dem Käufer angelastet, so daß unter diesen Umständen die Vertragsaufhebung entfällt. Darüber hinaus ist die Erstattung der Aufwendungen des Käufers vom Umfang her etwas unterschiedlich ausgestaltet und unterliegt teilweise, so in Öster­ reich, Dänemark und den Niederlanden, dem schadensersatzspezifischen Haftungsmaß stab. Die Preisherabsetzung weist noch geringere Unterschiede auf als die Vertragsaufhebung, denn hier werden nur in wenigen Rechtsordnungen, wie in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden, besondere Anfor­ derungen gestellt. Ein Wahlrecht des Käufers zwischen diesen Rechtsbehelfen der eigent­ lichen Gewährleistung besteht in allen Rechtsordnungen. Dagegen wird die Möglichkeit des Verkäufers, vor allem durch nachgeholte Erfüllung andere Rechtsbehelfe zu vermeiden, nur zum Teil akzeptiert (Schweiz, England und Irland, Dänemark, Schweden und Finnland); dies hat aber kaum Auswirkungen auf das Verhalten der Vertragsparteien. Bei der ergänzenden Gewährleistung, die grundsätzlich überall vorgesehen ist9, unterscheidet sich in erster Linie der Haftungsmaßstab in den ver­ schiedenen Rechtsordnungen, was dazu fuhrt, daß teilweise bei geringem oder fehlendem Verschulden des Verkäufers kein Anspruch auf Schadens­ ersatz gegen ihn besteht. Die Begrenzungen des Umfangs der Schadens­ ersatzansprüche sind zwar sehr verschieden ausgestaltet, wirken sich jedoch nicht sehr stark aus, da die wichtigsten Schadensposten, entgan­ gener Gewinn sowie Mangelfolgeschäden an Sachen und Personen, sich in ihren Voraussetzungen nur wenig unterscheiden. Unter den für das Zivilverfahren bedeutsamen Regelungen in den einbe­ zogenen Rechtsordnungen wird vor allem die zeitliche Begrenzung der Gewährleistung sehr verschieden bestimmt10. Dies liegt daran, daß eine Anzeige von Mängeln nur in sieben der nationalen Kaufrechte (Schweiz, Dänemark, Schweden und Finnland, Niederlande, Italien und Portugal), für den Handelskauf in weiteren drei (Deutschland, Österreich, Spanien),

9 So auch die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 52: „In sämtlichen Mitgliedstaaten wird dem Käufer Anspruch auf Schadensersatz zuerkannt...”. 10 Auch die EG-Kommission hebt diesen Regelungsbereich hervor, Grünbuch Ver­ brauchsgütergarantien, 1993, S. 93: „Unterschiede ... hinsichtlich der Haftungsfristen”.

vorausgesetzt wird11. Außerdem bestehen zwar in allen Rechtsordnungen Verjährungs- oder Ausschlußfristen, aber ihre Länge variiert von sechs Monaten bis zu zwei Jahren, in England und Irland für Schadensersatz­ ansprüche sogar bis zu sechs Jahren, und ihr Beginn wird ebenfalls unterschiedlich festgesetzt12. Weitere krasse Unterschiede bei den Verfahrensregeln betreffen das Beweismaß, welches etwa in Schweden oder England gegenüber anderen nationalen Prozeßrechten sehr niedrig angesetzt wird.

Aus diese komprimierten Ergebnissen der Untersuchungen zu den ein­ zelnen Regelungen ist zu erkennen, daß gravierende Unterschiede bei der kaufrechtlichen Gewährleistung zwischen den westeuropäischen Rechts­ ordnungen hauptsächlich den Rechtsbehelf der nachgeholten Erfüllung sowie die Fristenregelungen betreffen, in zweiter Linie die Ausgestaltung der übrigen Rechtsbehelfe sowie das Beweismaß. Wenn man den Harmo­ nisierungsbedarf innerhalb der EU an Hand des Ausmaßes der Unterschie­ de zwischen den mitgliedstaatlichen Regelungen beurteilt, dann erscheinen diese Bereiche als vordringlich angleichungsbedürftig. b) Die Intensität des Einflusses von Regelungsunterschieden bei der Sachmängelgewährleistung auf den Binnenmarkt der EG

Das Ausmaß der aufgezeigten Unterschiede zwischen einzelstaatlichen Regelungen der Sachmängelgewährleistung gibt allein nur unzureichende Anhaltspunkte für die Frage, wie stark sich die Differenzen auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken. Sofern auf einer ersten Ebene nur darauf abgestellt wird, daß unterschied­ liche Rechtsregeln Unsicherheit bei den potentiellen Vertragspartnern verursachen, weil zumindest einer Seite nur unzureichende Informationen über die ihr fremden Bestimmungen zur Verfügung stehen13, lassen sich die Regelungsunterschiede nicht weiter differenzieren, denn sie stellen in 11 Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 285, konstatiert „unhaltbare Eigentümlich­ keiten”. 12 Die EG-Kommission stellt daher fest, die „in den einzelnen Mitgliedstaaten getroffenen Regelungen erweisen sich als recht komplex”, Grünbuch Verbrauchsgüter­ garantien, 1993, S. 56. Ähnlich bereits Rabel, Warenkauf II, 1958 (1967), S. 286: „Die Fristen für die Klagen sind oft widerspruchsvoll geregelt, und ob es sich um Verjährung oder Ausschluß handelt, ist oft zweifelhaft.” 13 S. o. Einleitung l.a), bei Fn. 18.

jeweils gleicher Weise Abweichungen vom Bekannten dar und erzeugen allein dadurch kostenträchtige Informationsdefizite. Um die Parteien von diesen Informationskosten zu entlasten, müßten daher sämtliche Unter­ schiede beseitigt werden, so daß im Ergebnis nur eine völlige Vereinheit­ lichung der einzelstaatlichen Gewährleistungsrechte in Betracht käme. Berücksichtigt man dagegen, daß differierende Sachmängelbestim­ mungen zu einer unterschiedlichen Risikoverteilung zwischen Käufer und Verkäufer fuhren können und in welchem Maße dadurch die Rechtsfolgen sowie die damit verbundenen Gewährleistungskosten verändert werden14, dann muß für eine Beurteilung der Auswirkungen von Regelungsunter­ schieden nach dem Inhalt der Regelungen differenziert werden. Am stärksten wirken sich die Unterschiede zwischen den Rechtsordnun­ gen hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Sachmängelgewährleistung aus, denn danach entscheidet sich, ob der Verkäufer überhaupt für die Lieferung einer mangelhaften Sache einsteht oder nicht. Daher sind Differenzen bei der Frage, wann ein Sachmangel vorliegt und wann bestimmte Ausschlußtatbestände, auch hinsichtlich der zeitlichen Begren­ zung der Gewährleistung, eingreifen, in ihren Auswirkungen höher einzuschätzen als Unterschiede hinsichtlich des Umfangs der Sachmängel­ ansprüche. Erst an dritter Stelle sind die Verschiedenheiten bei der Ver­ wirklichung dieser Ansprüche einzuordnen, wobei sich der damit verbun­ dene Aufwand („sekundäre Gewährleistungskosten”15) wiederum geringer auswirkt als eine direkte Beeinflussung der Durchsetzbarkeit. Wendet man diese inhaltlichen Kriterien auf die bereits ermittelten Un­ terschiede zwischen den nationalen Gewährleistungsrechten an, dann erscheinen die verschiedenen zeitlichen Begrenzungen der Sachmängel­ ansprüche noch problematischer, die Differenzen bei den Rechtsbehelfen treten etwas zurück, und die Variationen im Beweismaß werden stark relativiert.

Ein zweites Kriterium für die Stärke des Einflusses von Regelungsunter­ schieden auf das Verhalten von Akteuren in einem ansonsten von Be­ schränkungen freien Wirtschaftsraum ist die Unterscheidung von zwingen­ dem und dispositivem Recht.

14 S. o. Einleitung l.a), bei Fn. 22 15 Dazu o. B.1.1,11.7.

Dabei sind die Auswirkungen von Regelungen, denen die Parteien nicht ausweichen können, erheblich größer als die des abdingbaren Rechts, für das hauptsächlich erhöhte Vertragsabschlußkosten entstehen16. Der Bereich zwingenden Rechts ist bei Sachmängelansprüchen jedoch sehr begrenzt. Der Anwendungsbereich der Gewährleistung kann über den vertragsbezogenen, subjektiven Fehlerbegriff sehr weitgehend bestimmt werden, und selbst ihr völliger Ausschluß wird nur bei Vorsatz oder Arglist des Verkäufers, teilweise schon bei grobem Fehl verhalten, in allen Rechts­ ordnungen untersagt. Dies gilt ganz überwiegend auch für die zeitliche Begrenzung der Gewährleistung. Der Umfang der Sachmängelansprüche wird dagegen in einigen Staaten vor allem bei Verbraucherkäufen, teilweise auch gegenüber vorformulierten Vertragsklauseln, für zwingend erklärt. Bei den für die Gewährleistung relevanten Verfahrensbestimmungen sind Parteiabreden ebenfalls weitgehend möglich, allerdings wird gerade das von den Gerichten anzulegende Beweismaß insofern restriktiver behandelt. Mit der Differenzierung nach zwingendem und dispositivem Gewähr­ leistungsrecht rückt damit eine andere Abgrenzung in den Vordergrund, die nach Verbraucherkäufen und Zivilkäufen unterscheidet. Da der Bereich des Verbraucherkaufs aus Schutzgesichtspunkten in hohem Maße unabdingbar ausgestaltet ist und dies auch für die überwiegend Verbraucher betreffen­ den Regelungen bezüglich vorformulierter Klauseln gilt, wirken sich in erster Linie die Unterschiede dieser Regelungen auf den Binnenmarkt der EG aus. Insofern ist es konsequent, daß auf europäischer Ebene dieses Teilgebiet der kaufrechtlichen Gewährleistung durch eine EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf harmonisiert worden ist17, wie auch die Rechts­ angleichung in anderen Bereichen des materiellen Zivilrechts bisher fast ausschließlich aus der Perspektive des Konsumentenschutzes erfolgte. In einer dritten Variante, die Auswirkungen unterschiedlicher Sachmängel­ regelungen näher zu bestimmen, könnte man danach fragen, wie häufig sich die Regelungsdifferenzen tatsächlich oder potentiell in Kaufverträgen niederschlagen.

16 S. o. Einleitung l.a), nach Fn. 25. 17 „Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimm­ ten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter” vom 25.5.1999, ABIEG 1999 L 171/12 ff., s. o. Einleitung Fn. 11, dazu näher u. II.2.b).

Dabei scheidet die tatsächliche Häufigkeit nicht nur deshalb aus, weil es äußerst schwierig ist, sie empirisch zu ermitteln18, sondern auch, weil sie die Situation bei bestehenden Regelungsunterschieden widerspiegelt und die Vermeidung potentieller Konflikte das Bild erheblich verfälscht. Ein Anhaltspunkt für potentielle Auswirkungen könnte dagegen aus der Anzahl der Rechtsordnungen entnommen werden, die gegenüber anderen die Gewährleistung sehr unterschiedlich ausgestalten. Dies würde bedeu­ ten, daß dann, wenn nur wenige Staaten von der Regelung der ganz überwiegenden Mehrzahl der übrigen Rechtsordnungen abweichen, die Beeinflussung des Binnenmarktes geringer wäre, als wenn die Differenzen mehr nationale Kaufrechte beträfen. Bei grenzüberschreitenden Sachver­ halten könnte man das daraus entnehmen, daß die Regelungsunterschiede nur bei Kaufverträgen zwischen Vertragsparteien aus diesen wenigen Rechtsordnungen mit den übrigen zum Tragen kommen, jedoch nicht innerhalb der großen Gruppe der restlichen Staaten19. Auch die unter­ schiedliche Behandlung innerstaatlicher Kaufverträge würde sich auf die in der kleinen Gruppe von Rechtsordnungen eingeleiteten Geschäfte beschränken20. Mit diesem Kriterium würde eine Art „Spürbarkeits"-Maßstab für die Rechtsangleichung der EG eingeführt, wie er bei den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages entwickelt wurde21. Ebenso wie dort müßte man aber davon ausgehen, daß die unterschiedliche Behandlung auch der nur in einem Mitgliedstaat ansässigen Kaufvertragsparteien gegenüber anderen das Funktionieren des Binnenmarktes ausreichend stark beeinträchtigt. Die tatsächliche oder potentielle Auswirkung unterschiedlicher Gewähr­ leistungsrechte auf konkrete Verträge trägt damit zur Klärung des Harmo­ nisierungsbedarfs nichts bei. 18 Dabei dürfte etwa die Zahl der über bestimmte Gewährleistungsfragen geführten Rechtsstreite nur einen recht unsicheren Anhaltspunkt bieten, weil der Anteil der vor Gericht gebrachten Auseinandersetzungen zwischen Vertragsparteien kaum einzuschät­ zen ist. 19 Zusätzlich wäre allerdings zu berücksichtigen, wie groß der Anteil an Warenimund -exporten zwischen den betrachteten Ländern bezogen auf das Gesamtvolumen in der EG ist. 20 Für einen absoluten Mengenvergleich bedürfte es jedoch auch hier der Feststel­ lung, wieviele Kaufverträge in den jeweiligen Staaten abgeschlossen werden. 21 Zur spürbaren Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels im Rahmen von Art. 85 EGV etwa Kilian, Wirtschaftsrecht, 1996, S. 164 f. (Rdnr. 391 f.). Für die Interpretation der „unmittelbaren Auswirkungen” i.S.d. Art. 100 EGV a.F. durch ein Spürbarkeitskriterium Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Europäische Union, 1993, S. 385.

Eine Einbeziehung der Intensität des Einflusses von Regelungsunter­ schieden fuhrt dazu, daß die Gewährleistungsfristen für Sachmängel als äußerst angleichungsbedürftig anzusehen sind, während die Harmonisie­ rung der Rechtsbehelfe, auch der nachgeholten Erfüllung, etwas an Dringlichkeit verliert. Zusätzlich weist das fast gänzlich zwingende Verbraucherkaufrecht einen erheblichen Rechtsangleichungsbedarf auf.

2, Der Einfluß internationaler Rechtsvereinheitlichung auf die Regelungsunterschiede bei der Sachmängelgewährleistung

Bisher ist bei der Einschätzung der Auswirkungen unterschiedlicher nationaler Gewährleistungsregelungen für Sachmängel auf den Binnen­ markt der EG unberücksichtigt geblieben, daß auf internationaler Ebene bereits Maßnahmen getroffen worden sind, um die negativen Effekte von Regelungsunterschieden zu vermindern oder zu beseitigen. Auch soweit sie unabhängig von der EU entwickelt wurden und daher nicht auf Hemm­ nisse für das Funktionieren des Binnenmarktes abzielen, ist ihre Wirkung in diesem Bereich zu erörtern. Daher sollen neben dem Europäischen Schuldvertragsübereinkommen22 23 (unten a.) auch das UN-Kaufrecht22 (unten b.) und neben den Principles of European Contract Law auch die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts24 (unten c.) einbezogen werden. a) Die Vereinheitlichung des europäischen Internationalen Privatrechts Bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen beeinflußt das Internationale Privatrecht zusätzlich die Auswirkungen unterschiedlicher nationaler Gewährleistungsregelungen, denn es entscheidet darüber, welches einzel­ staatliche Sachmängelrecht auf den Kaufvertrag anzuwenden ist. Die Regelungen des Kollisionsrechts entstammen wiederum den jeweiligen Rechtsordnungen, so daß die dadurch auftretenden Unterschiede neben der Unsicherheit über den Inhalt des anwendbaren Vertragsrechts eine zusätzli­ che Unsicherheit darüber bewirken, um welches nationale Recht es sich

22 S. o. Einleitung l.a), Fn. 21. 23 S. o. Einleitung 3., Fn. 90. 24 S. jeweils o. Einleitung l.b), Fn. 41

dabei handelt25. Die Belastung der Parteien mit dieser Art der Rechtsun­ sicherheit26 erzeugt ebenso Kosten, die den Vertrag insgesamt verteuern und damit beide Parteien treffen, wie die Informationsdefizite hinsichtlich des Inhaltes rechtlicher Regelungen27. Durch eine Beseitigung der Rege­ lungsunterschiede zwischen den einzelstaatlichen Kollisionsrechten wird die Anzahl der möglichen Internationalen Privatrechte stark verringert, im Idealfall ist die Anwendung eines einzigen „set of rules" voraussehbar, so daß diese Art der Unsicherheit beseitigt wird28. Die Unsicherheit über den Inhalt für den Vertrag heranzuziehender Regelungen wird dagegen von einer Vereinheitlichung des IPR nicht berührt29, sie wird allenfalls einer der Vertragsparteien in den Fällen zugewiesen, in denen die Kollisionsregel eine ihr fremde Rechtsordnung für anwendbar erklärt, welche der anderen Partei bekannt ist. Auf der Ebene der Europäischen Union haben die Mitgliedstaaten ein Übereinkommen abgeschlossen, mit dem das Kollisionsrecht für vertrag­ liche Schuldverhältnisse in allen beteiligten Staaten einheitlich ausgestaltet wird. Dieses Europäische Vertragsrechtsübereinkommen (EuVÜ)30 soll in allen Mitgliedstaaten der EU Geltung erlangen31 und bestimmt bereits der­ zeit die Rechtspraxis innerhalb dieses Gebietes. Nach dem vereinheitlichten IPR findet auf einen Vertrag, der „eine Ver­ bindung zum Recht verschiedener Staaten” aufweist (Art. 1 I EuVÜ), das Recht Anwendung, welches mit dem Vertrag „die engsten Verbindungen aufweist” (Art. 4 I 1 EuVÜ, gleichlautend Art. 28 I 1 EGBGB). Die engste Verbindung besteht in der Regel32 zu dem Recht, welches am Sitz der Partei

gilt, die „die charakteristische Leistung zu erbringen hat” (Art. 4 II 1 Eu-

25 Streit/Mangels, ORDO 1996, S. 78, Schmidtchen, RabelsZ 1995, S. 75 f. 26 So auch v.Wilmowsky, Kreditsicherungsrecht, 1996, S. 44, ähnlich SCHMIDTTrenz, Außenhandel, 1990, S. 296 f. 27 S. o. Einleitung l.a), bei Fn. 18. 28 Nur insoweit wird die Rechtssicherheit erhöht, was zur Erleichterung des Funk­ tionierens des Gemeinsamen Marktes fuhrt, aber eben nur „binnenmarktähnliche Verhältnisse” schafft, Giuliano/Lagarde, Bericht, 1980, BT-Dr. 10/503, S. 36. Der dadurch erlangte Gewinn an Tauschsicherheit läßt Schmidt-Trenz, Außenhandel, 1990, S. 303, diese Form der Rechtsvereinheitlichung als vorteilhaft erscheinen. 29 Mengoni, L’Europa, 1993, S. 12. 30 S. o. Einleitung l.a), Fn. 21. 31 Von den drei Neumitgliedem der Union haben Schweden (Gesetz v. 26.3.1998, SFS 1998:167) und Finnland (FFS 1988 Nr.466) das EuVÜ bereits in Kraft gesetzt, zur anstehenden Teilnahme Österreichs CZERNICH/HEISS, ÖJZ 1998, S. 681 ff. 32 Es handelt sich ausdrücklich um eine Vermutung, die nur in Ausnahmefallen widerlegt werden kann. So wird bei Kaufverträgen nicht etwa der Lieferort herange­ zogen, v.HOFFMANN/Soergel, BGB, 1996, Rdnr. 143 zu Art. 28 EGBGB.

VÜ, gleichlautend Art. 28 II 1 EGBGB). Beim Kaufvertrag erbringt der Verkäufer die charakteristische Leistung33, so daß das ihm bekannte Recht

seines Sitzstaates anzuwenden ist und grundsätzlich der Käufer mit der Un­ sicherheit über den Inhalt des ihm fremden Rechts belastet wird. Handelt es sich beim Käufer jedoch um einen Verbraucher nach Art. 5 I EuVÜ bzw. Art. 29 I EGBGB34, dann ist das Recht anzuwenden, welches an seinem

„gewöhnlichen Aufenthalt” gilt (Art. 5 III EuVÜ, gleichlautend Art. 29 III EGBGB) - vorausgesetzt es besteht überhaupt ein Bezug des Vertrages zum Aufenthaltsort des Verbrauchers35. Damit trifft in diesen Fällen die Unsi­

cherheit über den Inhalt der Gewährleistungsbestimmungen zunächst den Verkäufer.

Die Auswirkung der inhaltlichen Unterschiede zwischen den mitgliedstaat­ lichen Sachmängelrechten wird von dem vereinheitlichten Kollisionsrecht innerhalb der EU nicht berührt. Dies könnte sich nur dann ändern, wenn man die Möglichkeiten der Vertragsparteien hinzunimmt, das auf den Vertrag anwendbare Recht zu vereinbaren. Eine solche Rechtswahl wird in Art. 3 11 EuVÜ bzw. Art. 27 I 1 EGBGB ausdrücklich vorgesehen. Sie kann grundsätzlich dazu fuhren, daß im nationalen Recht als zwingend angesehene Regelungen von den Parteien außer Kraft gesetzt werden, indem diese eine Rechtsordnung wählen, in welcher keine entsprechenden unabdingbaren Bestimmungen existieren36. Damit würden die starken Auswirkungen zwingender Gewährleistungsbestimmungen auf den Binnen­ markt37 38 erheblich gemildert3^, so daß der Angleichungsbedarf sich entspre­ chend vermindern würde.

33 V.HOFFMANN/Soergel, BGB, 1996, Rdnr. 141 zu Art. 28 EGBGB. 34 Die Voraussetzungen, es müsse sich um Verträge „über die Lieferung beweglicher Sachen” handeln, ist bei den hier betrachteten Warenkaufverträgen regelmäßig erfüllt. Im übrigen stellt auch diese Regelung auf den privaten Zweck des Vertrages ab, zu dieser Art des Verbraucherbegriffs o. A.III.2.b) bb). 35 Dieser liegt dann vor, wenn der Verkäufer die Ware im Staat des Verbrauchers vermarktet, Art. 5 II EuVÜ, gleichlautend Art. 29 I Zff. 1-3 EGBGB), zur Entspre­ chung im EuGVÜ o. B.II.l.a) cc). 36 Die Parteien handeln sich unter Umständen jedoch andere zwingende Regelungen ein, so auch v.Wilmowsky, Kreditsicherungsrecht, 1996, S. 40, so daß keine völlige Gestaltungsfreiheit besteht, sondern eine Art Typenzwang. 37 S. o. l.b). 38 Der EuGH, Rs. C-339/89 - Alsthom, Sig. 1991, S. 107 (124, Rdnr. 15), hat unter diesem Gesichtspunkt einen Verstoß des französischen Verbots der Freizeichnung von der Gewährleistung für versteckte Mängel auch gegenüber gewerbsmäßigen Käufern gegen den Freien Warenverkehr abgelehnt. Mengoni, L’Europa, 1993, S. 12, weist

Allerdings wird die „Abwahl” zwingender Rechtsregeln durch die Ver­ einbarung des anwendbaren Rechts drei Einschränkungen unterworfen: Erstens können „Bestimmungen, die ohne Rücksicht auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht den Sachverhalt zwingend regeln” (Art. 7 II EuVÜ, gleichlautend Art. 34 EGBGB) durch die Rechtswahl der Parteien nicht ausgeschlossen werden. Dazu gehören jedoch nur grundlegende ordnungspolitische Normen, bei deren Verletzung die Interessen des Staates beeinträchtigt werden39, so daß die Regelungen der Sachmängel­ gewährleistung nicht erfaßt werden. Zweitens werden sämtliche zwingen­ den Bestimmungen eines Staates trotz Rechtswahl bei einem reinen Inlandsgeschäft aufrechterhalten (Art. 3 III EuVÜ, gleichlautend Art. 27 III EGBGB). Damit wird noch einmal bekräftigt, daß die IPRRegeln nur für grenzüberschreitende Sachverhalte gelten. Andererseits ergibt sich aus der Formulierung, daß auch bei innerstaatlichen Kaufver­ trägen die Parteien das inländische dispositive Gewährleistungsrecht durch eine ausländische Sachmängelregelung ersetzen können40. Drittens dürfen einzelstaatliche zwingende Regelungen nicht zu Lasten eines Verbrauchers entzogen werden (Art. 5 I EuVÜ, entsprechend Art. 29 I EGBGB). Damit können die Vertragsparteien aber gerade den überwiegend als zwingend vorgesehenen Gewährleistungsregelungen für Verbraucherkäufe, bei denen ein großer Harmonisierungsbedarf ermittelt wurde41, auch durch die Vereinbarung einer Rechtsordnung nicht ausweichen42. Deshalb bleibt für den Bereich der Sachmängelgewährleistung die Ver­ einheitlichung des Internationalen Privatrechts, auch wenn man die Möglichkeit der Rechtswahl mit hinzunimmt, ohne maßgebenden Einfluß auf die Auswirkungen unterschiedlicher einzelstaatlicher Regelungen. Zugunsten einer Kollisionsrechtsharmonisierung gegenüber einer Sach­ rechtsangleichung werden auch meist andere Vorteile ins Feld geführt, wie ihre leichtere Durchführbarkeit oder ihre schonendere Einwirkung auf die einzelstaatlichen Rechte43. Derartige unspezifische Vorzüge sollen im

einer möglichst weitgehenden Rechtswahl sogar Ergebnisse zu, die zumindest zum Teil einer Rechtsvereinheitlichung entsprechen. 39 Dazu etwa Schurig, RabelsZ 1990, S. 227 f., aus ökonomischer Sicht Streit/ Mangels, ORDO 1996, S. 78 f., Schmidtchen, RabelsZ 1995, S. 79. 40 Lorenz, RIW 1987, S. 569. 41 S. o. l.b). 42 Ähnlich Armbrüster, RabelsZ 1996, S. 87. 43 Taupitz, Privatrechtsvereinheitlichung, 1993, S. 62.

Zusammenhang mit der Art und Weise einer Angleichung des Gewährlei­ stungsrechts beim Warenkauf behandelt werden44.

b) Die Vereinheitlichung des Internationalen Kaufrechts Bei der Einschätzung des Harmonisierungsbedarfs der EG im Bereich der Gewährleistung für Sachmängel beim Warenkauf darf nicht übersehen werden, daß auf internationaler Ebene dieses Gebiet bereits einer umfas­ senden Rechtsvereinheitlichung unterworfen worden ist. Das „Überein­ kommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf ‘ (CISG) von 198045 enthält detaillierte Gewährleistungs­ regelungen46, so daß eine europäische Rechtsangleichung weniger dringlich oder gar überflüssig erscheinen mag47. Dagegen ist zunächst einzuwenden, daß bisher keineswegs alle Mit­ gliedstaaten der EU das UN-Kaufrecht übernommen haben48, und sie teilweise, wie etwa die Common Law Rechtsordnungen England und Irland, heftigen Widerstand dagegen leisten. Damit ist, bezogen auf den hier betrachteten Rechtsraum, derzeit nur eine partielle Rechtsvereinheit­ lichung erfolgt, die die ermittelten Auswirkungen der nationalen Rege­ lungsunterschiede kaum verändert. Da es außerdem an jeglicher Verpflich­ tung der EU-Staaten fehlt, dem UN-Übereinkommen beizutreten, wird die positive Einschätzung der vom CISG auf den europäischen Binnenmarkt ausgehenden Effekte in erster Linie von der Hoffnung auf eine zunehmende Sogwirkung des Ratifizierungsprozesses getragen.

44 S. u. D.I. 45 S. o. Einleitung 3., Fn. 90. 46 Zum Inhalt dieser Bestimmungen o. A.IL, III., B.II.2.a), jeweils bei den entspre­ chenden nationalen Regelungen. 47 So etwa Kilian, Wirtschaftsrecht, 1996, S. 81, allerdings ausdrücklich auf den Regelungsbereich des CISG beschränkt, a.a.O., S. 82. Das UN-Kaufrecht gilt also nur für grenzüberschreitende Kaufverträge im Binnenmarkt, so daß ein in der Anwendung entsprechend reduziertes EG-Sonderrecht eher verwirren dürfte, Sonnenberger, JZ 1998, S. 986. 48 Noch Anfang 1996 befanden sich unter den 45 Vertragsstaaten nur neun EUMitglieder (Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, Dänemark, Schweden, Finnland und die Niederlande), dazu Lando, in: Europäisches Vertrags­ recht, 1997, S. 90, sowie die Schweiz, dazu Honsell, UN-Kaufrecht, 1997, S. 1089 f., Bonell, UNILEX, Std. Dez. 1995, B.l. (1), vgl. auch die Aufzählung bei Piltz, NJW 1996, S. 2768. Bis zum Mai 1999 sind Belgien, Luxemburg und Griechenland hinzu­ gekommen, so daß unter den nunmehr 56 Vertragsstaaten aus der EU nur noch Portugal, das Vereinigte Königreich und Irland fehlen.

Aber selbst wenn alle EU-Staaten oder die Union selbst sich dem UN­ Kaufrecht anschließen sollten49, wird durch dessen Regelungen nur ein Teil der Probleme gelöst, die durch die Unterschiede zwischen den einzelstaat­ lichen Gewährleistungsbestimmungen für Sachmängel auf dem Binnen­ markt entstehen. Ein erhebliches Defizit des CISG besteht darin, daß es nur auf grenz­ überschreitende Kaufverträge anzuwenden ist50. Um solche handelt es sich, wenn die Vertragsparteien „ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben” („whose places of business äre in different States”, Art. 1 I CISG). Das frühere Einheitliche Kaufgesetz beschrieb den Anwendungsbereich ebenso (Art. 1 I EKG), sah allerdings zusätzliche Voraussetzungen vor51. Damit werden die durch nationale Regelungsunterschiede zwischen Verkäufern (bzw. Käufern) mit Sitz in verschiedenen Staaten ausgelösten diskriminierenden Wirkungen bei innerstaatlichen Kaufverträgen52 vom Internationalen Einheitskaufrecht nicht beeinflußt. Dies würde sich nur dann ein wenig ändern, wenn das CISG auch inlän­ dischen Kaufvertragsparteien zumindest zur Wahl gestellt würde, wie es ausdrücklich noch im früheren Einheitskaufrecht vorgesehen war („ ... auch anzuwenden, wenn die Parteien es als das Recht ihres Vertrages gewählt haben, gleichgültig, ob sie ihre Niederlassung ... im Gebiet verschiedener Staaten haben oder nicht” / „whether or not their places of business ... are in different States”, Art. 4 l.HS EKG)53. Der Angleichungseffekt blieb jedoch gering, da die jeweiligen „zwingenden Bestimmungen” des eigent­ lich anwendbaren nationalen Rechts ausdrücklich nicht ausgeschlossen werden konnten (Art. 4 a.E. EKG). Für das UN-Kaufrecht wird zwar, trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung, anerkannt, daß die Vertrags-

49 Zu dieser „kleinen Lösung” einer Integration des europäischen Vertragsrechts Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 110. 50 Rabel, Warenkaufl, 1936 (1964), S. 35, sah dagegen in der Beschränkung einer Vereinheitlichung des Kaufrechts auf internationale Käufe vor allem eine praktische Notwendigkeit, da „die Widerstände gegen eine völlige Beseitigung der nationalen Kaufrechte ... in manchen Ländern kaum zu überwinden wären”. Es ging ihm aber um einen „ersten Versuch” sowie um die Möglichkeit, „das neue und das alte Recht nebeneinander zu erproben”, a.a.O. 51 Danach mußte entweder die Ware über eine Grenze zu bewegen, Art. 1 I a) EKG, oder bewegt worden sein, Art. 1 I c) EKG, oder der Vertragsschluß mußte grenzüber­ schreitend erfolgt sein, Art. 1 I b) EKG 52 S. o. Einleitung l.a), nach Fn. 28. 53 Die Wahl des EKG als Vertragsrecht für rein interne Kaufverträge ist wohl in der Praxis kaum erfolgt, zumindest wird sie von Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 3 zu Art. 4, als „(nur theoretische) Möglichkeit” angesehen.

Parteien seine Anwendung vereinbaren können54, aber eine inländische Rechtswahl wird kaum in Betracht gezogen. Sie wäre allenfalls entspre­ chend der internen Wahl eines ausländischen Rechts als materiell­ rechtliche Verweisung möglich, wobei sämtliche zwingenden Regelungen der eigentlich anzuwendenden Rechtsordnung weiter gelten55. Zu einer weiteren Schwächung der vereinheitlichenden Wirkung des UN­ Kaufrechts kommt es wegen seiner Beschränkung auf gewerbliche Kaufverträge56, denn es werden Käufe über „Ware für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt” ausge­ schlossen („goods bought for personal, family or household use”, Art. 2 a) CISG). Im früher geltenden Einheitlichen Kaufgesetz war eine derartige Einschränkung nicht vorgesehen, so daß es - abgesehen von Abzahlungs­ käufen, bei denen der Schutz nichtgewerblicher Käufer vorging, Art. 5 II EKG - auf sämtliche bürgerlich-rechtlichen Kaufverträge Anwendung fand57. Damit werden im UN-Kaufrechtsübereinkommen die in den einzelnen Rechtsordnungen besonderen Regelungen unterworfenen Verbraucherkäufe5^ ganz überwiegend nicht erfaßt, wie es auch beabsich­ tigt war59. Die Unterschiede in der Abgrenzung der Konsumentengeschäfte zwischen dem CISG sowie den einzelstaatlichen Regelungen60 dürften dabei kaum ins Gewicht fallen61. Auch in diesem Bereich werden die 54 HERBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 31 zu Art. 6, SIEHR/Honsell, UN-Kauf­ recht, 1997, Rdnr. 14 zu Art.6. Zu einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien im Prozeß OLG Saarbrücken v. 13.1.1993, UNILEX, E.1993-2.1. 55 MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 66 zu Art. 6. 56 Darauf weist auch Kirchner hin, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 110. 57 Es wurde jedoch angenommen, daß es „in der Praxis im wesentlichen auf Han­ delskäufe angewandt” werden würde, Mertens/Rehbinder, Internationales Kaufrecht, 1975, Rdnr. 2 zu Art. 7 EKG Auch nach Rabel, Warenkauf I, 1936 (1964), S. 34, würden internationale Kaufverträge „in der Regel zwischen handeltreibenden Personen geschlossen”, allerdings hält er die, nicht allerschärfsten, gewerblichen Standards auch „in einem dem modernen Verkehr angepaßten Zivilrecht wenigstens [für] möglich”. 58 Dazu o. A.III.2.C). 59 Huber, RabelsZ 1979, S. 421, MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 10 zu Art. 2. 60 Dazu HERBER/Schlechtriem, CISG, 1990, Rdnr. 17 zu Art. 2, noch unter Bezug auf das frühere deutsche Abzahlungsgesetz sowie § 24 ABGB a.F., MAGNUs/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 29 zu Art. 2, bezogen auf § 3 VerbrKrG 61 Sie betreffen etwa den ausschließlichen Privatgebrauch der Kaufsache, der allein zur Nichtanwendung des Einheitskaufrechts fuhren soll, HERBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 8 zu Art. 2, MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 17 zu Art. 2. Dies stimmt zwar mit dem belgischen Recht überein, aber die skandinavischen Konsumentenkaufrechte gelten bereits dann, wenn eine hauptsächliche oder primäre

stärksten Auswirkungen der Rechtsunterschiede durch zwingende Rege­ lungen gerade nicht vermindert. Inhaltlich wird der Bereich der Gewährleistungsfristen, deren unterschied­ liche Bestimmung in den verschiedenen Rechtsordnungen erhebliche Störungen für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum verursacht, vom UN­ Kaufrecht nur zum Teil, nämlich soweit es die Anzeigefristen betrifft, vereinheitlicht62, während die eigentliche Verjährung durch ein besonderes UN-Übereinkommen geregelt werden soll63. Dessen Akzeptanz ist jedoch, gerade unter den Mitgliedstaaten der EU, noch weitaus geringer als die des UN-Kaufrechts64. Die Frage, wann die Sachmängelansprüche des Käufers endgültig nicht mehr durchsetzbar sind, bleibt damit unter den betrachteten Rechtsordnungen bisher unvereinheitlicht. Doch selbst bei einer Übernah­ me des UN-Veijährungsübereinkommens in die Rechte der EU-Mitglied­ Staaten bliebe es, ebenso wie das UN-Kaufrecht, auf internationale Käufe (Art. 1 I i.V.m. Art. 2 a UNVerjÜ) im gewerblichen Bereich (Art. 4 a UNVerjÜ) beschränkt. Schließlich können die Vertragsparteien zwar ausdrücklich vom CISG abweichen und dessen Regelungen abändern (Art. 6 CISG, ähnlich früher Art. 3 EKG), aber die Gültigkeit derartiger Abreden ist wiederum nach dem jeweils anzuwendenen nationalen Recht zu beurteilen (Art. 4 a) CISG: „(das Übereinkommen) betrifft ... nicht die Gültigkeit ... einzelner Ver­ tragsbestimmungen” / „is not concerned with: the validity ... of any of (the contracts) provisions", ebenso früher Art. 8 Satz 2 EKG). Dies betrifft in erster Linie die nationalen Regelungsunterschiede bei der Begrenzung der Wirksamkeit vorformulierter oder in AGB enthaltener Gewährleistungs­

private Verwendung beabsichtigt wird, s. o. A.III.2.c). Auch die Erkennbarkeit des Privatgebrauchs für den Verkäufer, die von SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 40 Fn. 106, als Problem benannt wird, ist außer im CISG nur noch in Dänemark, § 4 a I KbL, vorgesehen. SCHNYDER/STRAUB, ZEuP 1996, S. 45, befürworten daher eine besondere Kollisionsregel. 62 S. o. B.II.2.a) aa). 63 S. o. B.II.2.a) bb). 64 Bis 1999 sind erst 30 Staaten, aber noch keine der hier einbezogenen Rechtsord­ nungen, dem UN-Verjährungsübereinkommen beigetreten - 1994 waren es sogar erst 25 Staaten, ScHLECHTRiEM/Schlechtriem, CISG, 1995, S. 816 -, welches allerdings auch erst 1991 in Kraft getreten ist. Deutschland beabsichtigt derzeit wohl keine Ratifi­ kation, Magnus, ZEuP 1993, S. 90 f. Zur Entwicklung bis 1989 Girsberger, Verjäh­ rung, 1989, S. 158.

klauseln65. Ihre gravierenden Auswirkungen bleiben daher auch bei einer Anwendung des UN-Kaufrechts bestehen.

Eine Entlastung vom auf den Binnenmarkt bezogenen Harmonisierungs­ druck bewirkt das UN-Kaufrecht daher allein für grenzüberschreitende Kaufverträge und auch dort ganz überwiegend nur im Bereich der weniger belastenden Differenzen des dispositiven Rechts. Zu einer indirekten Rechtsangleichung fuhrt darüberhinaus die Über­ nahme von Sachmängelregelungen des CISG in nationale Kaufrechte66, wie sie in neuerer Zeit vor allem in den Niederlanden67 sowie in Schweden und Finnland68 erfolgt ist und auch einzelstaatliche Reformprojekte, wie etwa die deutsche Schuldrechtsreform69, geprägt hat. Diese Orientierung am Internationalen Kaufrecht erhebt es teilweise in den Rang eines Modell­ gesetzes, so daß Regelungsunterschiede zwischen den Rechtsordnungen vermindert werden. Eine derartige freiwillige Rechtsangleichung bleibt bisher jedoch eher zufällig und wenig zielgerichtet, so daß sich die weitere Entwicklung nicht prognostizieren läßt70. c) Die Vereinheitlichung von Grundregeln des Vertragsrechts

Die neueste Entwicklung im Bereich der internationalen Rechtsanglei­ chung, die sich auf den binnenmarktbezogenen Harmonisierungsbedarf der

65 So auch HERBER/Schlechtriem, CISG, 1995, Rdnr. 12 zu Art. 4, Rdnr. 28 zu Art. 6, unter Bezug auf das deutsche AGB-Gesetz, MAGNUS/Staudinger, UN-Kaufrecht, 1994, Rdnr. 24 zu Art. 4, auch zum englischen Unfair Contract Terms Act. Zur Anwendung italienischen Rechts auf die Frage der Gültigkeit einer AGB-Klausel in einem dem CISG unterliegenden Kaufvertrag AG Nordhorn v. 14.6.1994, UNILEX, E. 1994-12. Zum Inhalt der nationalen Bestimmungen o. A.III.2. b), 3. b). 66 Dazu Lando, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 92. 67 S. o. A.II.l.a). 68 S. o. A.II.l.a). 69 Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Abschlußbericht, 1992, S. 26, sowie jeweils unter „IV. Rechtsvergleichung” bei der Begründung der Vorschläge für die einzelnen Regelungen, beginnend bei § 434 BGB-E, a.a.O., S. 195. Dazu auch Schlechtriem, ZEuP 1993, S. 221. 70 So wird bei dem, allerdings bewußt im Umfang gering gehaltenen, Vorschlag zur Gewährleistungsreform von 1995 in Österreich das UN-Kaufrecht überhaupt nicht erwähnt. In Dänemark wird eine Anlehnung des nationalen Kaufrechts an das CISG sogar ausdrücklich abgelehnt, vgl. Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 294. Dies dürfte auch auf die Common Law Staaten England und Irland zutreffen. Zu anderen Bereichen einer außerlegislatorischer Europäisierung des Kaufrechts Schwartze, in: Martiny/Witzleb, Wege, 1999, S. 46 ff.

Sachmängelgewährleistung auswirken kann, zeichnet sich bei der Formulie­ rung einheitlicher Grundregeln für Verträge oder für das Vertragsrecht ab. Konkrete Maßnahmen sind bisher sowohl für das Gebiet der Europäischen Union durch die ^rinciples of European Contract Law"71 der sogenannten Lando-Kommission 72 wie auch mit dem Anspruch weltweiter Geltung durch die „Principles of International Commercial Contracts"73 des UNIDROIT-Instituts in Rom74 erarbeitet worden. Der auffälligste Unterschied zu den bisher erörterten Rechtsvereinheitli­ chungsprojekten besteht darin, daß beide Vertragsgrundregeln keine verbindlichen, obligatorischen Regelungen darstellen75, wie es bei zwischenstaatliche Übereinkommen der Fall ist, sondern sie den verschie­ denen rechtssetzenden Akteuren als Option empfohlen werden. An erster Stelle ist dabei an eine Vereinbarung über die Anwendung der Prinzipien durch die Vertragsparteien gedacht, denn unter dieser Voraussetzung sollen die Regelungen beachtet werden (Art. 1.101 II Eur-Princ: „werden angewandt”, Preamble Satz 2 UD-Princ: „shall be applied"). Darüberhinaus richten sich beide Regelungswerke jedoch auch an staatliche Gerichte sowie Schiedsgerichte, indem sie die Anwendung der Vertragsgrundregeln vorschlagen, wenn die Parteien die Geltung „allgemeiner Rechtsgrund­ sätze” / „general principles of law”, der „lex mercatoria” oder ähnlicher Regeln vereinbart haben (Art. 1.101 III a) Eur-Princ, Preamble Satz 3 UDPrinc), wenn mangels oder trotz der Wahl einer Regelung durch die Parteien ein Lücke besteht (Art. 1.101 III b), IV Eur-Princ, Preamble Satz 4 UD-Princ)76 oder auch für die Auslegung oder Ergänzung internationalen Einheitsrechts (Preamble Satz 5 UD-Princ), denn in diesen Fällen „können” 71 S. o. Einleitung l.b), Fn. 41. 72 Benannt nach ihrem Initiator und Vorsitzenden Professor Ole Lando von der Copenhagen Business School, eigentlich „The Commission on European Contract Law”. Ihr gehören derzeit 22 Juristen aus den 15 Mitgliedstaaten der Union an, Lando, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 92, näheres im Personenverzeichnis Lando/ Beale, Principles, 1995, S.xiii f. Es handelt sich allerdings nicht um ein offiziell von den EU-Organen eingesetztes Gremium, wird jedoch finanziell von ihnen, ideell vor allem vom Europäischen Parlament unterstützt. 73 S. o. Einleitung l.b), Fn. 41. 74 Institut international pour l’unification du droit prive, gegründet 1926 als halb­ staatliche Organisation. Berger, ZVglRWiss 1995, S. 222, bezeichnet sie, ebenso wie UNCITRAL oder die International Chamber of Commerce (ICC), als „formulating agencies”. 75 Zu den UNIDROIT-Principles Bonell, RabelsZ 1992, S. 282: „keine bindende Kraft”, ebenso ders., ZfRV 1996, S. 153. 76 Auf diese Weise kann auch nationales Vertragsrecht durch die Grundregeln ergänzt werden, Bonell, ZfRV 1996, S. 157.

sie angewendet werden (Art. 1.101 III Eur-Princ, ebenso Preamble Satz 3, 4, 5 UD-Princ: „may be applied”). Schließlich sollen die Vertragsprinzipien auch als Muster für nationale oder internationale Gesetzgeber dienen (Preamble Satz 6 UD-Princ: „serve as a model”)77. Bei den Europäischen Vertragsgrundregeln kann man dies nur daraus entnehmen, daß sie als „allgemeine Regeln des Vertragsrechts in den Europäischen Gemeinschaf­ ten angewandt” werden sollen (Art. 1.101 I Eur-Princ), was als Angebot vor allem an die Organe der EU verstanden werden soll78, die für weitere Rechtsangleichungsmaßnahmen auf europäischer Ebene zuständig sind79. Allein diese letzte Zielsetzung könnte zu einer indirekten legislato­ rischen Rechtsangleichung führen80, mit den Vertragsgrundregeln als Quasi-Modellgesetz^1 y wie sie auf ebenfalls freiwilliger Basis ein Teil der einzelstaatlichen Gesetzgeber unter Heranziehung des UN-Kaufrechts vorgenommen hat82. Im übrigen führen die Vertragsgrundregeln nur zu einer außerlegislatorischen Rechtsangleichung oder -Vereinheitlichung83. Soweit die Parteien die Contract Principles über eine Rechtswahl zur Grundlage ihrer vertragsrechtlichen Beziehungen bestimmen, bleiben inner­ staatlich die nationalen Unterschiede des zwingenden Rechts wegen der bloß materiell-rechtlichen Verweisung bestehen84, ebenso aufgrund der kollisionsrechtlichen Normen85 86 bei grenzüberschreitenden Verträgen^. In dieser Hinsicht bewirken die Vertragsgrundregeln für eine Anglei­ chung der Gewährleistungsrechte daher kaum mehr als das UN-Kaufrecht. 77 Hinweise auf den Einfluß der UNIDROIT-Principles für nationale Rechtsrefor­ men, etwa in Rußland, Lettland und der slowakischen Republik, bei Bonell, ZfRV 1996, S. 156. 78 Lando/Beale, Principles, 1995, S. 40. 79 In der Einführung zu den Vertragsgrundregeln wird dieses Ziel dagegen offen­ gelegt, Lando/Beale, Principles, 1995, S. xviii, ähnlich deutlich Lando, in: Europäi­ sches Vertragsrecht, 1997, S. 93: „main purpose is ... to serve as a draft European Code of Contracts", S. 101: „preparatory work for a Code”. Für die Übernahme der Vertrags­ grundregeln in eine Konvention der EU Broggini, ZfRV 1997, S. 229. 80Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 113. 81 So zu den UNIDROIT-Principles auch Bonell, RabelsZ 1992, S. 282/283. 82 S. o. b). 83 Zu den UNIDROIT-Principles Bonell, RabelsZ 1992, S. 274, ausdrücklich auf S. 288: „non-legislative means", Berger, ZVglRWiss 1995, S. 221, spricht von einer „privatisierten” Rechtsangleichung. 84 S. o. b). 85 S. o. a). Zur Wählbarkeit der UNIDROIT-Principles nach Kollisionsrecht Leible, ZvglRWiss 1998, S. 313 ff. 86 Ähnlich Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 110, Bonell, a.a.O., S. 18. Dagegen Lando, a.a.O., S. 99 f., unter Hinweis auf eine niederländische Entscheidung des Hoge Raad, NJ 1992, S. 105.

Der Anwendungsbereich der Europäischen Vertragsgrundregeln geht dagegen weit über den des UN-Kaufrechts und damit auch der UNIDROIT-Principles hinaus. Zwar sollen erstere besonders nützlich für internationale Verträge sein87, aber es ist auch daran gedacht, daß sie rein innerstaatlich Verwendung finden88. Die UNIDROIT-Principles beschrän­ ken sich dagegen, noch stärker als das UN-Kaufrecht, schon ihrem Titel nach auf internationale Sachverhalte89. Ähnliches gilt für die Abgrenzung nach dem Zweck des Vertrages: Die Europäischen Vertragsgrundregeln sind generell auf alle Verträge aus­ gerichtet, auch wenn Verbraucher daran beteiligt sind90. Bei den UNIDROIT-Prinzipien handelt es sich dagegen, auch hier bereits aus­ drücklich nach ihrem Titel, um Regelungen für gewerbliche Verträge, die wie nach dem UN-Kaufrecht - nicht nur auf „Handelsgeschäfte” im ursprünglichen Sinn, d.h. unter Beteiligung von Kaufleuten, bezogen werden, sondern allein den Bereich der Verbrauchergeschäfte mit ihren nationalen zwingenden Regelungen nicht erfassen sollen91. Die UNIDROIT-Regeln führen damit im Bereich der Gewährleistung für Sachmängel aufgrund ihres, beschränkten räumlichen und sachlichen Anwendungsbereichs zu einer ähnlich geringen Rechtsangleichung wie das UN-Kaufrecht, während ihre europäische Variante in dieser Hinsicht wirksamer ist. Die im Vordergrund stehenden Regelungsunterschiede beim zwingenden Recht werden aber durch letztere kaum reduziert.

Inhaltlich entfalten die Vertragsgrundregeln hauptsächlich deshalb weniger Einfluß auf den Harmonisierungsbedarf der Sachmängelgewährleistung, weil sie nicht nur Kaufverträge sondern sämtliche Vertragstypen erfassen sollen und damit die Einzelregelungen92 vielfach zu allgemein gehalten 87 Lando/Beale, Principles I, 1995, S. xix. 88 Lando/Beale, Principles I, 1995, S. xix, 40. Bonell, in: FS Goode, 1997, hält eine Differenzierung von innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verträgen in einem Binnenmarkt für „künstlich“. 89 Ebenso Preamble Satz 1 UD-Princ. Bonell, RabelsZ 1992, S. 279, führt als Grund - wie bereits Rabel 1936, s. o. Fn. 50 - die mangelnde Durchsetzbarkeit einheitlicher innerstaatlicher Vertragsregeln an. 90 Lando/Beale, Principles I, 1995, S. xix, die darauf hinweisen, daß Sonderregeln für derartige Geschäfte angemessener durch Gemeinschaftsrecht oder nationale Gesetz­ gebung erlassen würden. 91 Bonell, RabelsZ 1992, S. 280. 92 Zum Inhalt der Vertragsprinzipien o. A.IL, III., jeweils bei den entsprechenden nationalen materiell-rechtlichen Bestimmungen. Die inhaltlichen Übereinstimmungen

sind93, um sie auf die Lieferung mangelhafter Sachen unmittelbar anwenden zu können. Anders als beim UN-Kaufrecht sind allerdings Bestimmungen zu vor­ formulierten Vertragsbedingungen oder AGB in den UNIDROIT-Principles zu finden94. Für den zweiten Teil der Europäischen Grundregeln ist sogar eine weitgehende Anlehnung an die Generalklausel der EG-Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln vorgesehen (Art. 4.110 Eur-Princ-E), so daß die für den Konsumentenschutz gedachten Regelungen auf den professio­ nellen Bereich übertragen werden95. Zudem soll diese Inhaltskontrolle von Vertragsklauseln, wie auch die übrigen auf die Gültigkeit des Vertrages zielenden Vorschriften über Irrtum, Täuschung oder Drohung96, zwingend ausgestaltet werden97. Fristen für die Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen enthält keines der beiden Regelungswerke98, so daß sich insoweit am Harmonisie­ rungsbedarf nichts ändert.

Die unmittelbaren Auswirkungen der Vertragsgrundregeln auf den ermit­ telten Harmonisierungsbedarf unter Binnenmarktaspekten dürften damit gering anzusetzen sein, zumal sowohl die Kommission für Europäisches Vertragsrecht wie auch UNIDROIT auf die freiwillige Akzeptanz ihrer Vorschläge als Leitbild oder Orientierungsrahmen durch eine Vielzahl der unterschiedlichsten „Rechtssetzer” auf nationaler und internationaler Ebene bauen. Die Vorgabe zumindest der Europäischen Grundregeln kann aufgrund ihrer geschlossenen Konzeption auf breiter rechtsvergleichender Basis jedoch bei einer detaillierteren binnenmarktbezogenen Rechtsanglei­ chung des speziellen Bereichs der kaufrechtlichen Gewährleistung für Sachmängel kaum außer acht gelassen werden.

zwischen den beiden Vertragsgrundregeln sind sehr groß, dazu Bonell, FS Goode, 1997, S. 94 ff. 93 Daher kann man mit Recht jeweils von einem „Allgemeinen Teil“ des Vertrags­ rechts sprechen, so zu den Europäischen Vertragsgrundregeln Castronuovo, Riv.dir. comm. 1995, S. 29. 94 Art. 2.19 bis 2.21 UD-Princ. 95 Lando, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 95, der sogar die Übernahme des Klauselkatalogs der Richtlinie in Aussicht stellt. 96 Nur diese beiden letzten werden auch von UNIDROIT für zwingend erklärt, Art. 3.19 UD-Princ. 97 Lando, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 93. 98 Abgesehen von der Notwendigkeit, dem Vertragspartner die Inanspruchnahme bestimmter Rechtsbehelfe anzuzeigen, s. o. B.II.2.a) aa).

IL Die Auswirkungen rechtsangleichender Maßnahmen der EG auf den Harmonisierungsbedarf bei der Sachmängelgewährleistung

Nach dem Versuch einer Einschätzung, in welchen Bereichen der auf Sachmängelansprüche des Käufers bezogenen Regelungen in welchem Umfang Harmonisierungsbedarf aus Gründen der wirtschaftlichen Integra­ tion innerhalb der EU besteht, soll nun untersucht werden, in welchem Maße die auf europäischer Ebene eingeleiteten Rechtsangleichungsprojekte auf diesem Gebiet den Bedarf decken. Dabei ist zunächst kurz auf die die Behandlung des Problems durch die EG-Organe anläßlich von Harmonisierungsmaßnahmen auf anderen Gebieten einzugehen (unten 1.), bevor die neueren Maßnahmen zur Angleichung der Sachmängelgewährleistung erörtert werden (unten 2.), an erster Stelle das grundlegende Grünbuch der EG-Kommission über Verbrauchsgütergarantien von 1993 (unten a.) und danach die darauf aufbauende EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf von 1999 (unten b ).

1. Vorüberlegungen im Verbraucherrecht der EG Auf der Ebene der EG ist das Problem der Regelungsunterschiede im Gewährleistungsrecht der Mitgliedstaaten von Anfang an unter zwei Beschränkungen behandelt worden.

Die erste Beschränkung betrifft den Anwendungsbereich der Harmoni­ sierungsmaßnahmen. Sie entsteht dadurch, daß sich die Überlegungen der EG-Organe regelmäßig nur auf den Schutz von privaten, also nicht beruflich oder gewerblich handelnden, Käufern beziehen. Ausschließlich die Gewährleistung gegenüber Verbrauchern ist bereits im Zusammenhang mit der nicht nur den Konsumentenbereich betreffenden Produkthaftungs­ Richtlinie der EG ins Auge gefaßt worden. In der Begründung zum Richtlinienvorschlag über die Produkthaftung99 100 wurde der Verbraucher­ schutz im Kaufrecht allerdings noch den Mitgliedstaaten zugeordnetXQQ und 99 Vom 23.7.1976, AB1EG 1976, C 241/9. 100 „Besteht aus Gründen des Verbraucherschutzes eine Bedürfnis, die Rechts­ stellung des Käufers einer mangelhaften Sache gegenüber seinem Verkäufer ... zu verbessern, so ist hierfür Raum in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Bull. EG, Beil. 11/76. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber, zumindest in den damaligen Mitgliedstaaten der EG, noch keine Vorschriften zum Verbraucherkauf, denn nur in

allenfalls eine Angleichung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingun­ gen erwogen101. 102 Daher sollte nach dem Vorschlag der Richtlinie zu Verbrauchervertragsklauseln (VbrKlsRil-E)1o2 die Gewährleistung für Sach­ mängel dort behandelt werden (Anhang c) 1) VbrKlsRil-E), was auch in den Erwägungsgründen zum Ausdruck kam103. Im Geänderten Vorschlag der Klausel-Richtlinie (VbrKlsRil-ÄndE)104 waren in Art. 6 ebenfalls noch entsprechende Regelungen enthalten. Die Ursachen für diese Orientierung der EG an den besonderen Bestim­ mungen für Verbraucherkaufverträge 105 liegen vor allem in der zwingenden Ausgestaltung derartiger Gewährleistungsregelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Diesen unabdingbaren Rechtsregeln konnte eher als dem ganz überwiegend dispositiven allgemeinen Vertragsrecht ein unmittelbarer Einfluß auf den - damals noch so bezeichneten - Gemeinsamen Markt im Sinne des Art. 100 EGV (Art. 94 EGV n.F.) zugeordnet werden. Nur auf diese Weise war zu dieser Zeit eine Kompetenz der EG für die Rechts­ angleichung zu begründen106. Auch unter der Geltung des durch die Einheitliche Europäische Akte 1986 eingeführten Art. 100 a EGV (Art. 95 EGV n.F.), nach dem Rechtsangleichungsmaßnahmen bereits zulässig sind, wenn sie das Funktionieren des Binnenmarktes „zum Gegenstand” haben, blieb es bei der Beschränkung auf verbraucherschützende Regelungen. Diese Entwicklung wurde mit der Einfügung des Art. 129 a EGV (Art. 153 EGV n.F.) durch den Vertrag über die Gründung einer Europäischen Union 1993 verfestigt, denn er enthält eine besondere Regelungskompetenz für den Verbraucherschutz.

Schweden war bereits 1973 ein Konsumentenkaufgesetz eingeführt worden, innerhalb der EG geschah dies zuerst in Frankreich durch Decret n. 78-464 von 1978, in Dänemark durch die Änderungen im Kaufgesetz 1979 und in Spanien erst durch das Verbrauchergesetz von 1984.101 Der Wirtschafts- und Sozialausschuß (WSA) hat in seiner Stellungnahme zum Vorschlag der Produkthaftungs-Richtlinie dagegen einen Richtlinienvorschlag unmittelbar zur Gewährleistung verlangt, AB1EG 1979 C 114, Zff. 2.8.1. 102 Vom 24.7.1990, ABIEG 1990 C 243/2 ff. 103 Präambel Abs. 3 VbrKlsRil-E verweist auf „beträchtliche Unterschiede” auch bei den einzelstaatlichen Regelungen „über die Verpflichtung der Verkäufer von Waren ... , für die Qualität und Eignung für den beim Verkauf vorgesehenen Zweck und für die Übereinstimmung mit dem Vertrag zu haften”. 104 Vom 5.3.1992, ABIEG 1992 C 73/6 ff. 105 Ebenso auf anderen Gebieten des Zivilrechts, angefangen bei der Produkthaf­ tungs-Richtlinie (85/374/EWG) vom 25.7.1985, ABIEG 1985 L 210/29 ff, bis hin zur Fernabsatz-Richtlinie (97/7/EG), ABIEG 1997 L 144/19 ff. 106 Dazu etwa Krämer, EWG-Verbraucherrecht, 1985, S. 29 ff.

Die zweite Beschränkung bezieht sich auf die Form der Rechtsan­ gleichungsbestrebungen innerhalb der EG. Als Instrument für die Harmoni­ sierung der Sachmängelgewährleistung wurde allein die Richtlinie nach Art. 189 III EGV (Art. 249 EGV n.F.) in Erwägung gezogen107, die im Vergleich mit der Verordnung gern. Art. 189 II EGV wegen der den Mitgliedstaaten belassenen Spielräume bei der Umsetzung der Richtlinien­ ziele in ihr nationales Recht als die geeignetere Maßnahme für die Rechts­ angleichung erscheint. Sämtliche Vorüberlegungen richteten sich damit allein auf eine den Mitgliedstaaten vorgeschriebene Harmonisierung, während Alternativen, wie die unverbindliche Empfehlung nach Art. 189 V EGV, die auf anderen Gebieten zumindest im Vorfeld von Richtlinien genutzt wurde108, oder ein Übereinkommen ähnlich der nach Art. 220 EGV erarbeiteten, wie das EuGVÜ im Internationalen Zivilverfahrensrecht sowie das EuVÜ im Internationalen Privatrecht, nicht erwogen wurden. Mit der Richtlinie als besonderem Typ des sekundären Gemeinschafts­ rechts wird allerdings auch die Erfassung rein innerstaatlicher Kaufver­ träge vorentschieden. Selbst wenn das gewählte Ziel derartiger rechts­ angleichender Rechtsakte auch auf die Unterschiede bei grenzüberschrei­ tenden Sachverhalten begrenzt werden kann, ist die Harmonisierung privatrechtlicher Bestimmungen in der EG immer umfassender verstanden und durch Richtlinien in der Praxis auch durchgeführt worden. Eine Sonderregelung für übernationale Kaufverträge innerhalb des Binnen­ marktes, etwa in Parallele zum UN-Kaufrecht, stand in der EG nie zur Debatte109.

Der inhaltliche Regelungsbereich hat sich im Verlauf der Vorüberlegungen wesentlich verändert. Mit dem Anhang c) 1) VbrKlsRil-E sollten die jeweiligen Gewähr­ leistungsregelungen der Mitgliedstaaten gegenüber Verbraucherkäufern 107 Auch dies gilt gleichfalls für andere Bereiche des Zivilrechts. 108 So etwa im Bereich des Bankaufsichtsrechts eine Empfehlung zu Einlagensiche­ rungssystemen (87/63/EWG) vom 22.12.1986, ABIEG 1987 L 33, der mittlerweile die entsprechende Richtlinie 94/19 vom 30.5.1994 gefolgt ist, ABIEG 1994 L 135. Sehr skeptisch gegenüber derartigem „soft law” im Bereich des Verbraucherrechts Krämer, EWG-Verbraucherrecht, 1985, S. 68 f., 422. 109 Ausdrücklich für eine einheitliche Regelung ECLG in Zff. 5 ihrer Stellungnahme zum Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, JConsPol 1994, S. 363. Zu den Wirkungen unterschiedlicher Rechtsregeln für innerstaatliche Kaufverträge o. Einleitung l.a), bei Fn. 29. Gegen eine Konzentration der EG-Rechtssetzung auf internationale Sachver­ halte auch Kötz, FS Zweigert, 1981, S. 494, a.A. Taupitz, Privatrechtsvereinheit­ lichung, 1993, S. 65.

insoweit für zwingend erklärt werden, als überhaupt Gewährleistung verlangt werden und der Käufer zwischen den vier Alternativen der Kaufpreiserstattung, der Ersatzlieferung, der Nachbesserung sowie der Preisminderung, jeweils zuzüglich einer „Entschädigung”, wählen kann. Von diesem Grundbestand an Sachmängelansprüchen durfte - soweit er im nationalen Recht vorgesehen war110 - nach den Vorstellungen der EG­ Kommission nicht abgewichen werden, denn der Richtlinienvorschlag sollte noch sämtliche Vertragsklauseln erfassen (Art. 2 I VbrKlsRil-E), nicht nur wenn diese vorformuliert waren. Der Geänderte Richtlinienvorschlag über Verbrauchervertragsklauseln verlangte dagegen weitergehend eine positive Angleichung der Sachmän­ gelgewährleistung in Bezug auf Verbraucher, denn die Mitgliedstaaten hatten den gegenüber dem ersten Entwurf unveränderten Grundbestand an Rechtsbehelfen des Käufers nunmehr „zu gewährleisten” (Art. 61, II VbrKlsRil-ÄndE)111. Daneben sollten diese Mindestrechte des Verbraucher­ käufers auch weiterhin selbst durch Individualvereinbarungen nicht ausschließbar sein (Art. 3 III 2 i.V.m. Anhang Zff. 1 b) VbrKlsRil-ÄndE). Obwohl dieser Vorschlag nur eine äußerst rudimentäre Angleichung der Sachmängelgewährleistung vorsah, denn die genaueren Voraussetzungen sowie die Inhalte der Ansprüche des Käufers blieben völlig offen, führte die systemfremde Einordnung dieser Regelungen in eine Richtlinie zur Harmonisierung eines ganz anderen Rechtsgebietes112 dazu, daß sie letztendlich aus der Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln heraus­ gehalten wurden. Die Umstellung auf eine unmittelbare Angleichung der Sachmängel­ gewährleistung beim Verbraucherkauf wurde wohl auch dadurch vorange­ trieben, daß zu diesem Zeitpunkt (1992) nach Frankreich, Dänemark und Spanien113 drei weitere Mitgliedstaaten entsprechende nationale Regelun­ gen erlassen hatten114, und daß alle zu erwartenden Neumitglieder der EU derartige Bestimmungen kannten115. Da es sich bei den Staaten mit eigenen 110 Diese Voraussetzung war vor allem hinsichtlich der beiden Ansprüche auf nach­ geholte Erfüllung keineswegs in allen Mitgliedstaaten gegeben, dazu o. A.II.2.c) aa). 111 Die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 71, sieht darin eine Aufwertung des „Garantie-Aspekts”. 112 So auch die EG-Kommission, Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 73. 113 S. o. Fn. 100. 114 In Griechenland nach dem Verbraucherschutzgesetz 1961/1991, in Belgien im Handelspraktiken-Gesetz von 1991 und in den Niederlanden durch das Inkrafttreten des Nieuw Burgerlijk Wetboek 1992. 115 Sowohl die skandinavischen Staaten, Schweden im Konsumentenkaufgesetz, Finnland im Verbraucherschutzgesetz - und auch Norwegen in seinem Kaufgesetz von

Verbraucherkaufregelungen um potentielle Befürworter einer Rechtsan­ gleichung handelt, stiegen dadurch die Realisierungschancen für eine EGMaßnahme.

2. Regelungen zum Kauf von Verbrauchsgütern auf EG-Ebene

Nachdem der Rat der EG anläßlich der Inkraftsetzung der Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln 1992 die Kommission ersucht hatte, den Bereich der Sach-mängelgewährleistung gegenüber Verbrauchern näher zu prüfen und gegebenenfalls einen entsprechenden speziellen Richtlinien­ vorschlag zu erlassen116, hat die Kommission mit dem y,Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien und Kundendienst von 1993117 eine Untersu­ chung zu diesem Bereich vorgelegt, in der auch „mögliche Lösungen”118 angesprochen wurden (unten a.). Nach der Auswertung von Stellung­ nahmen zum Grünbuch hat die Kommission 1996 einen ersten Vorschlag für eine Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und -garantiert119 120 vorgelegt, dem dann 1999 die Verabschiedung einer Richtlinie zu be­ stimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantie für VerbrauchsgütefA1Xi folgte (unten b.).

a) Das Grünbuch über Verbrauchsgütergarantien In dem von der EG-Kommission vorgelegten „Grünbuch über Verbrauchs­ gütergarantien und Kundendienst” von 1993 blieb es bei der oben erörter­ ten begrenzten Rechtsangleichung.

Die Harmonisierung sollte auch nach der konkreten Untersuchung der Kommission nur für Verbraucherkäufe erfolgen, da diesbezügliche Vor­ schriften in den Mitgliedstaaten vielfach zu finden seien121 und eine „allgemeine Harmonisierung” - gemeint war die des gesamten Kaufrechts -

1988, vgl. dazu Bloth, Produkthaftung, 1993, S. 275 f. -, wie Österreich im Konsu­ mentenschutzgesetz . 116 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 16. 117 KOM (93) 506 endg. v. 15.11.1993. 118 Zu der hier allein interessierenden „gesetzlichen Garantie” Grünbuch Ver­ brauchsgütergarantien, 1993, S. 104-119. 119 Vom 23.8.1996, ABIEG 1996 C 307/8 ff. 120 Vom 25.5.1999, ABIEG 1999 L 171/12 ff, s. o. Einleitung Fn. 11. 121 Dazuo. Fn. 100, 114, 115.

möglicherweise eine „übertriebene und wenig flexible Lösung” darstelle122. Dabei wurde bereits aus dem Titel des Grünbuchs eine weitere Einschrän­ kung erkennbar: Es sollten nur Kaufverträge einbezogen werden, welche sich auf .yerbrauchsgütef" beziehen, die darüberhinaus „beweglich, langlebig und neu” sein müssten, da besonders diese Art von Waren den Verbrauchern Schwierigkeiten bereite123. Für dieses gegenüber der sonstigen subjektiven Abgrenzung von Ver­ brauchergeschäften124 unübliche objektive Kriterium bezieht sich die EGKommission125 zunächst auf die Richtlinie über die allgemeine Produkt­ sicherheit126, die sich ebenfalls auf Konsumgüter beschränkt („jedes Produkt, das für den Verbraucher bestimmt ist oder von Verbrauchern benutzt werden könnte”)127. Damit sollte die unterschiedliche Behandlung des Kaufs gleichartiger Güter je nach privatem oder beruflichem Erwerbs­ zweck vermieden werden128. Auf diese Weise würde aber eine allein in England und Irland gebräuchliche Abgrenzung von Verbraucherkäufen129 zur europäischen Regel erhoben, die zudem durch die Ergänzung der bloßen Gebrauchsmöglichkeit durch Verbraucher fast jegliche Funktion verliert. Während die zusätzliche Eingrenzung auf bewegliche Güter als sinnvoll angesehen werden kann, da Immobilienkäufe in den Mitgliedstaaten besonderen Regelungen unterworfen sind und sie nicht dem Freien Warenverkehr unterliegen130, wurde die geplante völlige Ausblendung des Kaufs gebrauchter Waren und erst recht die beabsichtigte Heranziehung des sehr unscharfen Begriffs der langlebigen Güter heftig kritisiert131. Der sachliche Bereich der Rechtsangleichung wurde von der Kommis­ sion im Grünbuch damit sehr eng gesteckt.

122 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 106. 123 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 9. 124 Dazu o. A.III.2.b) bb). 125 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 108. 126 Richtlinie 92/52 vom 29.6.1992, ABIEG 1992 L 228/24. 127 Der Hinweis auf eine ähnliche Definition in Art. 9 der Produkthaftungs-Richt­ linie paßt insofern nicht, als damit nur der Umfang der Herstellerhaftung bei Sach­ schäden beschränkt wird. 128 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 107 f. Zu den schwierigen Abgren­ zungsfragen im Zusammenhang mit der Richtlinie über Verbrauchervertragsklauseln Remien, ZEuP 1994, S. 42. 129 S. o. A.III.2.C). 130 S. o. Einleitung l.a), bei Fn. 10. 131 Ausführlich Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 43 f., ablehnend ebenfalls die ECLG in Zff. 8 ihrer Stellungnahme zum Grünbuch, JConsPol 1994, S. 364.

Auch bezüglich der Form der Rechtsangleichung wurde im Grünbuch weiterhin nur eine den Mitgliedstaaten zwingend vorgeschriebene Harmo­ nisierung vorgesehen, auch wenn dies nicht ausdrücklich benannt worden ist. Die Verwendung von nicht bindendem „soft law” wurde jedoch nur für die Regelung der „kommerziellen Garantie” erwogen132. Damit kam allein der Einsatz einer Richtlinie in Frage133, wie ihn auch das Europäische Parlament in seiner Entschließung zum Grünbuch verlangte134. Zur Kompetenz der Gemeinschaft für eine Rechtsangleichung der Sach­ mängelgewährleistung nimmt das Grünbuch keine Stellung135. Inhaltlich wurde entsprechend der letzten Vorüberlegungen im Geänderten Richtlinienvorschlag zu Verbrauchervertragsklauseln eine direkte positive Angleichung des Gewährleistungsrechts vorgeschlagen, die allerdings auf eine Mindestharmonisierung beschränkt werden sollte136, über deren Niveau die Mitgliedstaaten jederzeit hinausgehen dürfen. Die Vorschläge waren sehr viel detaillierter ausgearbeitet als noch in den Vorüberlegungen137, wobei jedoch nur die vier Rechtsbehelfe der eigene liehen Gewährleistung erfaßt werden, während ergänzende Schadenser­ satzregelungen ausdrücklich nicht mehr Gegenstand der Rechtsangleichung sein sollten138. Hinsichtlich der Durchführung der Rechtsbehelfe des Käufers blieben aber erhebliche Regelungslücken139, so etwa für die Ausübung des Wahlrechts in Bezug auf die Gewährleistungsansprüche140

132 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 120. 133 Wegen der Verbindlichkeit in Detailfragen befürworten Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 37, sogar eine EG-Verordnung. 134 Entschließung des EP vom 6.5.1994, ABIEG 1994 C 205/563. 135 Für Art. 100 a EGV Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 42, dagegen für Art. 129 a EGV die ECLG in Zff. 30 ihrer Stellungnahme zum Grünbuch, JConsPol 1994, S. 367/368. 136 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 106. Grundsätzlich zustimmend, aber unter Heranziehung des Art. 129 a EGV für eine Orientierung an einem hohen Schutzniveau die ECLG in Zff. 18 ihrer Stellungnahme zum Grünbuch, JConsPol 1994, S. 365, skeptisch dagegen Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 37. 137 Zum Inhalt im Einzelnen siehe jeweils bei den entsprechenden nationalen Be­ stimmungen o. A.IL, III., B.II.2.a). 138 Grünbuch Verbrauchsgütergarantien, 1993, S. 115: „im Hinblick auf das Funktio­ nieren des Binnenmarktes ... lediglich ... ein Randproblem”. A.A. aufgrund der Anwendung unterschiedlicher Rechtsregeln auf ein einheitliches Sachproblem Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 57. 139 Dazu Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 55. 140 S. o. A.II.c) dd)

oder für die Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen bei der Vertragsaufhebung141. b) Die Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf

Die jüngst veröffentlichte „Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Ver­ brauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter”142 enthält, wie der vorangegangene Richtlinien-Vorschlag143, hinsichtlich des Anwen­ dungsbereichs nur einige kleinere Veränderungen gegenüber dem zugrun­ deliegenden Grünbuch. Es bleibt bei der Beschränkung auf Verbraucherkäufe (Art. 1 I VbrKfRil: „Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungs­ vorschriften der Mitgliedstaaten zu bestimmten Aspekten des Verbrauchs­ güterkaufs”, ebenso bereits Art. 1 I VbrKfRil-E)144. Diese werden zum einen durch den Gegenstand des Kaufvertrages definiert, denn die Rege­ lungen betreffen nur den Kauf von „Verbrauchsgütem^. Darunter wird jedoch nicht mehr „jedes in der Regel für den Letztverbrauch oder zur Letztverwendung bestimmte Erzeugnis” verstanden, wie noch im Richtlinien-Entwurf (Art. 1 II b) VbrKfRil-E), sondern grundsätzlich „beweg­ liche körperliche Gegenstände“ (Art. 1 II b) VbrKfRil)145. Das zunächst vorgeschlagene objektive Kriterium, das nicht auf einen vom Verbraucher konkret beabsichtigten Verwendungszweck abstellt, wurde damit fallen gelassen. Es bleibt daher auch in dieser Richtlinie bei der allgemeinen subjektiven Abgrenzung nach einem Vertragszweck, der nicht der „beruf­ lichen oder gewerblichen Tätigkeit“ des Käufers zugerechnet werden kann (Art. 1 II a) VbrKfRil, ebenso bereits Art. 1 II a) VbrKfRil-E), so daß die Schwierigkeiten, die mit der objektiven Abgrenzung vermieden werden sollten, erhalten bleiben146. Die Beschränkung auf neue und langlebige 141 S. o. A.II.c) bb) (2). 142 Vom 25.5.1999, ABIEG 1999 L 171/12 ff., s. o. Einleitung Fn. 11. 143 Vom 23.8.1996, ABIEG 1996 C 307/8 ff. 144 So auch unter B. Absatz 2 Allg. Begründung VbrKfRil-E: „Geregelt werden sollen ausschließlich verbraucherschutzbezogene Aspekte im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Sache ... Auf keinen Fall soll das Kaufrecht vollständig harmonisiert werden.” 145 „Immobilien” wurden bereits im Entwurf ausgenommen. Nicht erfaßt werden nur durch gerichtliche Maßnahmen verkaufte Güter, nicht in Behältern abgefülltes Wasser und Gas sowie Strom (Art. 1 II b) VbrKfRil). 146 Die in einem Vorentwurf vorgesehene Einbeziehung von „Minderkaufleuten”, so bei Hondius, ZEuP 1996, S. 133, oder „kleinen Rechtspersonen”, so bei Amtenbrink/

Güter war dagegen bereits im Richtlinien-Entwurf aufgegeben worden, weil sie in den Reaktionen auf das Grünbuch „überwiegend als nicht sinnvoll erachtet worden” sei, in den Mitgliedstaaten nicht nach diesen Kriterien unterschieden werde147, und die Langlebigkeit schwer zu bestim­ men sei148. Für gebrauchte Güter können die Mitgliedstaaten jedoch zwei sehr eng gefaßte Einschränkungen treffen (Art. 1 III sowie Art. 7 I 2, 3 VbrKfRil).

Als Instrument für die Rechtsangleichung ist - wie nach den Vorüberlegun­ gen nicht anders zu erwarten - die Richtlinie gewählt worden, die bereits von der Kommission für das Erreichen des Harmonisierungsziels als notwendig erachtet wurde, während dispositive Regelungen oder frei­ willige Verhaltensregeln nicht ausreichen sollten149. Die besonderen Vorteile einer Richtlinie, den Mitgliedstaaten Wahl­ rechte bei der Umsetzung der vorgegebenen Ziele zu belassen150, werden nur spärlich genutzt: Die einzigen Variationsmöglichkeit für die nationalen Gesetzgeber, hinter den Vorgaben der EG zurück zu bleiben151, sind die eben erwähnten Ausnahmen für gebrauchte Güter sowie die Verpflichtung des Käufers zur Mängelrüge (Art. 5 II VbrKfRil). Das noch im Entwurf vorgesehene Wahlrecht bei „geringfügigen Vertragswidrigkeiten”152, mit dem die Mitgliedstaaten den Käufer auf die Inanspruchnahme bestimmter Rechtsbehelfe beschränken durften (Art. 3 IV 3 VbrKfRil-E), ist dagegen entfallen. Implizite Mitgliedstaaten-Wahlrechte ergeben sich allerdings daraus, daß die Folgen oder der Inhalt der dem Käufer zustehenden Rechtsbehelfe im Richtlinienvorschlag kaum festgelegt sind153.

Schneider, VuR 1996, S. 368, wurde wegen der Durchbrechung des bisherigen Verbraucherkonzepts der EG nicht realisiert. 147 Nicht erwähnte Ausnahmen sind der griechische Art. 5 III 1 Ges.2251/1994, der sich auf „Produkte mit langer Lebensdauer” bezieht, aber nicht die gesetzliche Gewährleistung betrifft, sowie der deutsche § 11 Zff. 11 AGBG für „neu hergestellte” Sachen, der allein Gewährleistungsausschlüsse begrenzt. 148 Begründung Satz 3, 4 zu Art. 1 II b) VbrKfRil-E. 149 Dazu unter c) Begründung des Vorschlags im Lichte des Subsidiaritätsprinzips VbrKfRil-E. 150 Dazu Kirchner/Schwartze, WPg 1985, S. 403. 151 Darüberhinausgehende Regelungen sind aufgrund der Mindestharmonisierung gern. Art. 8 II VbrKfRil immer zulässig. 152 Dazu Medicus, ZIP 1996, S. 1930. 153 Neben dem bereits erwähnten ius variandi des Käufers sowie der Rückabwick­ lung nach Vertragsaufhebung, s. o. a), fällt darunter etwa die Berechnungsweise der Preisreduzierung, dazu o. A.II.2.C) cc) (2)., ebenso Hänlein, DB 1999, S. 1644.

Die Kompetenzgrundlage für die Rechtsangleichung sieht die EG „ins­ besondere“ in Art. 95 EGV (ex-Art. 100 a EGV)154, auf dessen Inhalt auch in Art. 1 I VbrKfRil („im Rahmen des Binnenmarktes”) verwiesen wird155. Damit wird gegenüber dem Subsidiaritätsprinzip der ausschließliche Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft begründet156. An einigen Stellen kommt jedoch zum Ausdruck, daß starke verbraucherpolitische Ziele verfolgt werden157, so daß auch eine Ergänzung durch Art. 129 a EGV (Art. 153 EGV n.F.) nahegelegen hätte, der im Erwägungsgrund Zff. 1 VbrKfRil erwähnt wird.

Der inhaltliche Regelungsbereich des Richtlinienvorschlags 158 beschränkt sich ausdrücklich auf einen Mindeststandard, denn die Mitgliedstaaten können „strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten” (Art. 8 II VbrKfRil-E)159. Dies wird ebenfalls als Berücksichtigung des Subsidia­ ritätsprinzips verstanden160. Auch die beibehaltene Beschränkung auf die Rechtsbehelfe der eigent­ lichen Gewährleistung unter Ausklammerung von Schadensersatz-

154 Einleitung der Präambel VbrKfRil. 155 Noch deutlicher Art. 1 I VbrKfRil-E: „zur Gewährleistung ... des ordnungsge­ mäßen Funktionieren des Binnenmarktes.“ Kritisch zur Kompetenz der EG Ehmann/ Rust, JZ 1999, S.853 f. m.w.N. 156 So unter b) Begründung des Vorschlags im Lichte des Subsidiaritätsprinzips VbrKfRil-E. Die Geltung des Subsidiaritätsprinzips in diesem Bereich wird allgemein anerkannt, vgl. etwa Reich, ZEuP 1994, S. 404. 157 So ein „verbesserter Verbraucherschutz” unter C. Absatz 2 Allg. Begründung, „Mindestschutz der Verbraucher” bzw. „adäquater Verbraucherschutz” unter c) Abs. 2 Begründung des Vorschlags im Lichte des Subsidiaritätsprinzips, sowie vor allem die „Gewährleistung eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus” in Art. 1 I VbrKfRil. Amtenbrink/Schneider, VuR 1996, S. 368, sahen dagegen Art. 100 a EGV als alleinige Rechtsgrundlage an. 158 Zu den Einzelheiten siehe jeweils bei den entsprechenden Regelungen der natio­ nalen Rechtsordnungen o. A.IL, III., B.II.2.a). 159 Auch nach B. Absatz 4 Allg. Begründung VbrKfRil-E ist von einem „Mindest­ sockel an Rechten” die Rede, ebenso Erwägungsgründe Zff. 5 VbrKfRil.. 160 So unter d) Absatz 3 Begründung des Vorschlags im Lichte des Subsidia­ ritätsprinzips VbrKfRil-E.

ansprüchen etwa für Mangelfolgeschäden161 wird vor allem unter Subsidia­ rität saspekten gerechtfertigt162. Damit erfaßt die auf der Ebene der EU vorgenommene Rechtsangleichung des Gewährleistungsrechts beim Kauf im wesentlichen den Bereich der zwingenden Verbraucherschutzregelungen der nationalen Rechte, für den auch unter Berücksichtigung bereits erfolgter internationaler Vereinheit­ lichungsmaßnahmen163 der größte Harmonisierungsbedarf ermittelt wurde. Durch die Verwendung der Richtlinie wird den Mitgliedstaaten der EG eine legislatorische Rechtsangleichung vorgeschrieben, was allein einer derartigen supranationalen Gemeinschaft im Rahmen der ihren Organen zustehenden Kompetenzen möglich ist. Gleichwohl ist zu fragen, ob diese immer noch übliche Vorgehensweise der EG bei der Rechtsangleichung zivilrechtlicher einzelstaatlicher Rege­ lungen nicht Nachteile mit sich bringt, die ihre Vorteile übersteigen und ob nicht ergänzende Alternativen zur Verfügung stehen, die den Harmonisie­ rungsbedarf in Bezug auf den Binnenmarkt im Bereich der Sachmängel­ gewährleistung angemessener und umfassender befriedigen. Dazu soll im folgenden abschließenden Abschnitt der Untersuchung Stellung genommen werden.

161 Dazu B. Absatz 3 Allg. Begründung VbrKfRil-E. Nach Hondius, ZEuP 1996, S. 136, sei dieser Bereich als „heikles Thema“ mit der Gefahr einer „Sprachverwir­ rung” zu recht - vorläufig - ausgeblendet worden. Inkonsistenzen befürchtet dagegen Deards, JConsPol 1998, S. 106, zur US-amerikanischen Sicht Zollers/Hurd/Shears, U.Pa.J.Int’lEcon.L. 1999, S. 120. 162 So unter d) Absatz 2 Begründung des Vorschlags im Lichte des Subsidiari­ tätsprinzips VbrKfRil-E. Kritisch dazu Kircher, Voraussetzungen, 1998, S. 283. 163 Dazu o. 1.2.

D. Vorschläge für eine künftige Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf

Nachdem für die Sachmängelansprüche des Warenkäufers der binnen­ marktbezogene Harmonisierungsbedarf ermittelt worden ist164 und die von der EG zur Deckung dieses Bedarfs durchgeführten Rechtsangleichungs­ akte beurteilt wurden165, sind abschließend eigene Vorschläge für eine Koordination der unterschiedlichen nationalen Gewährleistungsregelungen zu unterbreiten. Dabei geht es zunächst um die Frage, auf welche Weise oder in welcher Form eine umfassende Europäisierung diese Rechts­ gebietes gefördert werden sollte (unten L). Daran anschließend sollen auf der Grundlage der vorangegangenen Untersuchung der materiell­ rechtlichen und verfahrensbezogenen Einzelregelungen bezüglich der Lieferung mangelhafter Ware166 Anregungen für die inhaltliche Ausgestal­ tung einer über den Verbraucherkauf hinausgehenden europäischen Sachmängelgewährleistung gegeben werden (unten IL).

L Das Verfahren zur Entwicklung einer Europäischen Sachmängelgewährleistung

Sieht man bei rechtsangleichenden Maßnahmen nur auf die Vorteile einer Beseitigung der Regelungsunterschiede, dann würden diese maximiert, wenn innerhalb eines möglichst großen räumlichen und inhaltlichen Anwendungsbereichs einheitliches Recht gälte. Es wäre also allein noch zu bestimmen, welchen Inhalt die uniformen Bestimmungen haben sollen. Eine solche Betrachtung ist aber nur gerechtfertigt, wenn man weiterhin annimmt, daß es nicht nur möglich ist, eine inhaltlich ideale Regelung zu

165 S. o. C.II. 166 S. o. A.IL, III., sowie B.II., III

ermitteln und festzulegen, sondern daß auch spätere Änderungen überflüs­ sig sind und auf das Lern- und Suchpotential alternativer Problemlösun­ gen verzichtet werden kann. Diese Annahme läßt sich jedoch nicht halten, denn selbst wenn die Schaffung eines „bestmöglichen” Rechts zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichbar sein sollte, kann keine rechtliche Rege­ lung über längere Zeit von außerrechtlichen Entwicklungen abgekoppelt und damit unverändert erhalten werden, so daß eine statische Betrachtung von Regelungssystemen unvollständig bleiben muß.

Ein in allen nationalen Rechtsräumen einheitlich geltendes Gewähr­ leistungsrecht erschwert zum einen die von Zeit zu Zeit notwendige Änderung dieser Regelungen167, weil die Rechtssetzungsverfahren auf überstaatlicher Ebene noch komplexer und zeitaufwendiger als innerhalb der einzelnen Staaten ablaufen168 und sich die dabei notwendige Interessen­ vermittlung aufgrund mehrfach gestufter Kompetenzen169 schwieriger gestaltet. Zum anderen vermindert eine vollständige Vereinheitlichung des Ge­ währleistungsrechts erheblich den Vorrat an alternativen Regelungs­ möglichkeiten, die für eine Weiterentwicklung rechtlicher Problemlösungen zur Verfügung stehen170. Es fragt sich daher, auf welche Weise Wahlmöglichkeiten bezüglich der Sachmängelregelungen offengehalten werden können, damit zwischen ihnen eine stimulierende Konkurrenz entstehen kann, ohne die Vorteile einer Reduzierung der Rechtsunterschiede aufzugeben. Um die erörterten positiven Wirkungen eines Regelungswettbewerbs auf dem Binnenmarkt der EG voll auszuschöpfen, wäre es erforderlich, die diesen entgegenstehenden nationalen Schranken restlos abzubauen und es 167 Zu dieser „petrification" durch Rechtsangleichung BUXBAUM/HOPT, Harmonization, 1989, S. 243, ähnlich Kötz, RabelsZ 1986, S. 10. 168 Schon innerhalb der nationalen Rechtsordnungen werden als notwendig erkannte Regelungsänderungen oftmals nur sehr schleppend durchgeführt, wie aus dem hier behandelten Bereich die Beispiele der deutschen Schuldrechtsreform oder des französischen „projet” zur Gewährleistung und Produkthaftung zeigen. Relativierend Basedow, FS Mestmäcker, 1996, S. 360. 169 Zu dem dadurch verursachten Legitimationsdefizit Kirchner/Schwartze, StWissStPrx 1995, S. 183 ff. 170 Dazu eingehend Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 118, ders., U.C.DavisLRev 1998, S. 691. In Bezug darauf spricht Kieninger, JhrbJgZivRWiss 1997, S. 251, von einem „Genpool”. Abschwächend Basedow, FS Mestmäcker, 1996, S. 360 f.

den Parteien zu ermöglichen, auch für rein innerstaatliche Vertrags­ verhältnisse die Anwendung jeder gewünschten anderen Rechtsordnung eines Mitgliedstaates zu vereinbaren171. Eine derartige materiell-rechtliche Verweisung wird derzeit nur bezüglich dispositiver Regelungen zugelas­ sen172, so daß im entscheidenden Bereich des zwingenden Rechts kein Wettbewerb möglich ist. Die radikale Öffnung der nationalen Regelungs­ märkte für ausländische „Anbieter” würde die größtmögliche Auswahl an konkurrierenden Gewährleistungsregelungen bewirken, weil alle 15 Vertragsrechte der EU-Staaten zur Wahl stünden. Voraussetzung dafür wäre allerdings die völlige gegenseitige Anerkennung173 der einzelstaat­ lichen Bestimmungen, wie sie in Art. 100 b I 2 EGV a.F. vorgesehen war. Die vollkommene Wahlfreiheit der Vertragsparteien zwischen den natio­ nalen Regelungsalternativen fuhrt dazu, daß die weiterhin vorhandenen Regelungsunterschiede keine binnenmarktbezogenen Diskriminierungen mehr verursachen. Dagegen bleibt es für grenzüberschreitende Verträge bei den Unsicherheiten und Informationsdefiziten über das anwendbare Gewährleistungsrecht, die durch eine Rechtsangleichung vermindert würden, und zusätzlich werden diese Probleme bei innerstaatlichen Verträgen durch die dort ermöglichte Rechtswahl - vor allem unter dann 15 Regelungssystemen - erst erzeugt174.

Die von der EG vorgenommene Angleichung des Gewährleistungsrechts für Sachmängel durch eine Richtlinie läßt andererseits die Vorteile konkurrierender Rechtsregeln fast völlig außer acht, denn sie verdrängt, wenn auch nur für den Bereich der Verbraucherkäufe, die bisher beste­ henden abweichenden nationalen Regelungen und läßt auch in Zukunft keine autonomen einzelstaatlichen Vorschriften mehr zu175. Zwar hätte eine 171 Kirchner, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 111. 172 S. o. C.I.2.b) 173 Dazu eher skeptisch Hirte, Wege, 1996, S. 29 ff. 174 Schwartze, Diskussionsbeitrag, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 143 f. Auch Kieninger, JhrbJgZivRWiss 1997, S. 252, verweist auf „mangelnde Transparenz” bezüglich der Vor- und Nachteile einer Vielzahl von Rechtsordnungen, ebenso Kieninger, JNPÖ 1998, S. 348, ähnlich Hirte, Wege, 1996, S. 30, ebenso Streit/ Mangels, ORDO 1996, S. 77: „Die Wahl von Institutionen erfordert ... zunächst einen höheren Transaktionskostenaufwand ...“. Zu den hinsichtlich der EU-Rechte auftreten­ den Informationsschwierigkeiten bei juristischer Literatur Remien, RabelsZ 1996, S. 35 f., zur Sprachenvielfalt Martiny, ZEuP 1998, S. 227 ff. 175 Eine ähnliche, durchaus beabsichtigte, Wirkung hatten in der Vergangenheit innerhalb der rechtszersplitterten Nationalstaaten die großen nationalen Kodifikationen des Zivilrechts.

EG-Verordnung aufgrund ihrer unmittelbaren Wirkung noch stärker in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten eingegriffen, aber die detaillierte Ausgestaltung der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie sowie der fast völlige Verzicht auf Mitgliedstaaten-Wahlrechte176 177 überläßt den nationalen Gesetzgebern im Ergebnis nur noch die formelle Einpassung in die jeweili­ gen einzelstaatlichen Vorschriften. So bietet allein die Beschränkung auf Mindeststandards den Mitgliedstaaten einen begrenzten Spielraum, bezüglich solcher Regelungen miteinander zu konkurrieren, die über das Niveau der Richtlinie hinausgehend, aber ein großer Bereich der Gewähr­ leistungsbestimmungen wird davon endgültig ausgeschlossen. Damit beseitigt die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf durch die Vereinheitlichung der Bestimmungen der Mitgliedstaaten in ihrem Bereich die negativen Auswirkungen der Regelungsunterschiede im Gewähr­ leistungsrecht auf den Binnenmarkt, einschließlich der Informationsdefizite über den Inhalt des anzuwendenden Rechts. Andererseits kommen die aufgezeigten Nachteile einer verpflichtenden Rechtsangleichung voll zum tragen, so daß die Gesamtvorteile dieser Harmonisierungsmethode zumindest stark reduziert werden. Eine zwischen diesen beiden Polen vermittelnde Harmonisierungsstrategie, mit der Vorteile aus beiden Extremlösungen realisiert werden könnten, müßte die Wahlmöglichkeit der freien Rechtswahl mit der eindeutigen Regelung einer Richtlinie verbinden. Das bedeutet, daß neben den 15 nationalen Gewährleistungsrechten der Mitgliedstaaten eine sechzehnte europäische Sachmängelregelung zu entwerfen ist, ähnlich wie es die EGRichtlinie für den Bereich des Verbraucherkaufs vorsieht, die jedoch den Vertragsparteien nicht zwingend vorgeschrieben wird, sondern die auch für rein innerstaatliche Kaufverträge statt des nationalen Kaufrechts gewählt werden kann111. Ein derartiges Vorgehen wäre für die Rechtsangleichung der EG nicht etwa völlig unüblich, sondern es entspräche in etwa dem Weg, den die Gemeinschaft bei der Harmonisierung des Gesellschaftsrechts mit der Schaffung supranationaler, genuin europäischer Rechtsformen für die

176 Zur Vermeidung von „Versteinerungskosten” durch den Einsatz derartiger Optionen Schwartze, Bankenrechnungslegung, 1991, S. 124. 177 Schwartze, Diskussionbeitrag, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 144. Remien, ZfRV 1995, S. 122, will die Wahl eines Europäischen Vertragsrechts dagegen auf grenzüberschreitende Sachverhalte beschränken.

unternehmerische Betätigung eingeschlagen hat178, welche neben die nationalen Gesellschaftstypen treten (sollen)179. Die reduzierte innerstaatliche Wahlmöglichkeit zwischen nur noch zwei verschiedenen Rechtsordnungen - statt bei völliger Öffnung der Rechts­ räume zwischen 15 - verringert die Unsicherheiten und Informations­ probleme bezüglich fremder Rechte drastisch. Um diesen Effekt auch bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen zu nutzen, sollte in diesen Fällen gegenüber Verbrauchern ebenfalls nur eine Wahl zwischen dem am Sitz des Verbrauchers geltenden Kaufrecht und der europäischen Variante zulässig sein. Andererseits bleiben die nationalen Gewährleistungsrechte in vollem Umfang neben der europäischen Regelung bestehen, so daß die daraus entstehenden Vorteile bezüglich der Flexibilität sowie der Lern- und Suchprozesse größtenteils weiterhin realisiert werden können180. Außerdem dürften dadurch die Widerstände der Mitgliedstaaten gegen eine fort­ schreitende Rechtsangleichung abnehmen, da ihnen die Möglichkeit einer autonomen Weiterentwicklung „ihres” Rechtssystems erhalten bleibt181. Schließlich würde eine weitreichende Möglichkeit der Anwendung europäi­ scher Regelungen auf rein nationale Sachverhalte den Stellenwert dieser Rechtsmaterie in Wissenschaft und Ausbildung steigern182. Zwei mögliche Gefahren sind jedoch bei der hier vorgeschlagenen legis­ latorischen, aber nicht verbindlichen Rechtsangleichung zu berücksichtigen. Erstens könnte es, wie bei jeder Rechtswahl, zu einer ,f^luchf" in die

178 Realisiert wurde bisher allerdings nur die Europäische Wirtschaftliche Interes­ senvereinigung (EWIV) nach der Verordnung 2137/85 vom 25.7.1985, ABIEG 1985 L 199/1. Zur neuerlichen Aufnahme der Vorschläge für eine Europäische Aktiengesell­ schaft, eine Europäische Genossenschaft, einen Europäischen Verein sowie eine Europäische Gegenseitigkeitsgesellschaft Kolvenbach, EuZW 1996, S. 229 ff., zum Inhalt der geplanten Regelungen Kilian, Wirtschaftsrecht, 1996, S. 218 ff. 179 Das grenzüberschreitende Element beschränkt sich in diesen Fällen darauf, daß sich Gesellschafter aus mindestens zwei Mitgliedstaaten beteiligen. 180 Für einen - allerdings auf internationale Verträge begrenzten - Regelungswett­ bewerb auch Tilmann, FS Helmrich, 1994, S. 445, ähnlich für ein EG-Kaufrecht ders., in: Müller-Graff, Privatrecht, 1993, S. 490: „frei wählbare Rechtsordnung“, skeptisch dagegen Dreher, JZ 1999, S. 109 f. 181 Zu möglichen Akzeptanzproblemen bei der Rechtsangleichung Blaurock, in: Starck, Rechtsvereinheitlichung, 1992, S. 93. 182 Über die Auswirkung auf die Prüfungsinhalte würde sich der Anreiz für Studen­ ten - und Professoren - erhöhen, sich mit europäischem Recht zu befassen, so daß die Europäisierung der Juristenausbildung, dazu aus US-amerikanischer Perspektive befürwortend Eisenberg, in: Europäisches Vertragsrecht, 1997, S. 32 f, 41, zu konkre­ ten Maßnahmen in diesem Bereich Fenge/Cramer-Frank/Westphal, IntJournLegProf 1995, S. 115 f., an Dynamik gewänne.

I. Das Verfahren zur Entwicklung einer Europ. Sachmängelgewährleistung

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vermeintlich günstigere europäische Rechtsordnung kommen, vor allem um zwingende Vorschriften zu umgehen. Da jedoch zwischen den Ver­ tragsparteien eine Vereinbarung über die Anwendung des europäischen Gewährleistungsrechts getroffen werden muß, kann die eine Seite Vorteile aus der Rechtswahl nur dann ziehen, wenn die andere Seite einwilligt. Ein rational handelnder und informierter Vertragspartner wird daher nur zustimmen, wenn er an den Vorteilen der anderen Seite beteiligt wird. Damit kann auch die Gewährleistungsregelung in größerem Umfang als bisher Gegenstand des Aushandlungsprozesses werden, weil nunmehr immer eine deutliche Alternativregelung zur Verfügung steht. Um den Schutz nicht rational handelnder oder uninformierter Vertragsparteien, zu denen in der Regel pauschal Verbraucher gerechnet werden, zu gewährlei­ sten, könnte das „Gefälle” zwischen den nationalen Sachmängelregelungen und ihrer europäischen Variante möglichst gering gehalten sowie die Rechtswahl zu Lasten von Verbrauchern erschwert werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die zweite Frage, welches der bei­ den Gewährleistungsrechte, das nationale oder das europäische, den Vorrang genießen soll, indem es dann zur Anwendung kommt, wenn die Parteien sich nicht auf eine gemeinsame Wahl einigen. Die Vertragspartei, der die „Reserve-Rechtsordnung” vorteilhaft erscheint, wird ihre Zustim­ mung zur Rechtswahl verweigern, weil ihr damit die von ihr bevorzugte Sachmängelregelung ohne weiteres zufällt183. Da die Vor- oder Nachteile einer Gesamtregelung des Gewährleistungsrechts jedoch selten so eindeutig zugunsten der einen oder anderen Partei verteilt sind, dürfte die Gefahr einer Verhandlungsblockade relativ gering sein. Auch insoweit könnte die Vermeidung zu krasser Unterschiede zwischen nationalem und europäi­ schem Recht sowie ein gewisser Schutz zugunsten „schwächerer” Ver­ tragsparteien184, wie er durch die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf nunmehr sehr umfangreich gewährt wird, Abhilfe schaffen.

Damit bleibt noch zu klären, in welcher Form die vorgeschlagene umfas­ sende Europäische Sachmängelgewährleistung auf der Ebene der EU verwirklicht werden könnte.

183 Dieses Problem beschreibt Kieninger, JhrbJgZivRWiss 1997, S. 251, am Bei­ spiel unterschiedlicher Verjährungsfristen für Sachmängelansprüche beim Kauf, vgl. auch Kieninger, JNPÖ 1998, S. 349. 184 Tilmann, in: Müller-Graff, Privatrecht, 1993, S. 491 f., erwägt einen Zusatz bzw. Anhang für Verbraucherkaufverträge.

Obwohl prinzipiell auch mit einer EG-Richtlinie - oder sogar mit einer Verordnung, wie bei den Europäischen Gesellschaftsformen - den Mit­ gliedstaaten vorgeschrieben werden kann, eine Parallelregelung neben der nationalen Regelung als Option für die handelnden Individuen einzufuhren, scheint ein Übereinkommen zwischen den EU-Staaten für diesen Zweck besser geeignet zu sein. Während die Verwendung einer Richtlinie oder Verordnung es erfordert, daß eine binnenmarktbezogene Kompetenz, in erster Linie Art. 100 a EGV (nunmehr Art. 95 EGV), für die Rechtsan­ gleichung besteht, kann mit einem Übereinkommen, ähnlich wie die auf Art. 220 EGV (nunmehr Art. 293 EGV) gestützten oder mittlerweile auch gemäß Art. 65 EGV im Rahmen der Justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen”185 zu erlassenen Akte, diese Begrenzung überwunden wer­ den186. Dies ist vor allem bei den Gewährleistungsregelungen erforderlich, die - anders als das zwingende Verbraucherkaufrecht - keine so erheb­ lichen nationalen Regelungsunterschiede aufweisen, daß sie sich auf den Binnenmarkt auswirken187, und deren Harmonisierung damit nicht auf die ausschließlich binnenmarktbezogenen Rechtsgrundlagen gestützt werden kann188. Ein weiterer Vorteil eines Übereinkommens läge darin, daß sich auch Drittstaaten außerhalb der Union anschließen könnten189, was besonders für eine zukünftige Erweiterung der EU von Bedeutung ist.

Neben der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sollte daher ein Europäisches Kaufvertragsübereinkommen" entwickelt werden, das über den Verbraucherkauf und dessen zwingende Regelungen hinausgeht, sämtliche Kaufverträge einschließlich des für den Binnenmarkt bedeut­ samen Handelskaufs erfaßt und damit auch dispositive Regelungen zwecks Entlastung der Vertragsparteien enthält, wie sie bisher aufgrund der 185 Ebenso Remien, ZfRV 1995, S. 126, unter Bezug auf grenzüberschreitende Sachverhalte. 186 Ähnlich Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 43, die ein völkerrechtliches Ab­ kommen befürworten, wenn die Kompetenz der EG für eine Verordnung nicht ausreichen sollte, ebenso Sonnenberger, JZ 1998, S. 988. Für eine Verordnung dagegen etwa Basedow, FS Mestmäcker, 1996, S. 363, ders., Vertragsrecht, 1996, S. 31, Hirte, Wege, 1999, S. 39, Tilmann, in: Müller-Graff, Privatrecht, 1993, S. 486. 187 Dazu s. o. C.I.l. 188 Zu dieser Problematik ausführlich Pechstein, in: Martiny/Witzleb, Wege, 1999, S.19 ff., Deckert/Lilienthal, EWS 1999, S. 121 ff. Grundsätzliche Zweifel an der Kompetenz der EG zur Privatrechtssetzung durch Sekundärrecht bekundet H.Roth, JZ 1999, S. 538. 189 Darauf verweist Armbrüster, RabelsZ 1996, S. 89.

Konzentration der Zivilrechtsangleichung auf unabdingbare, meist verbrau­ cherschützende, Regelungen auf europäischer Ebene fehlen. Es böte auch Raum für die Aufnahme weiterer kaufrechtlicher Regelungen190, die über den hier behandelten Bereich der Sachmängelgewährleistung hinausgehen. Gegenüber außerlegislatorischen Maßnahmen, wie etwa einem von (europäischen) Händler- und Abnehmerverbänden gemeinsam entwickelten Musterkaufvertrag191 oder bloßen Empfehlungen an die Vertragsparteien, hat ein für die beteiligten Staaten verbindliches Übereinkommen den Vorteil, daß in allen Rechtsordnungen eine Alternativregelung zur Verfügung gestellt wird, die in Ansehen und Legitimation dem nationalen Recht zumindest vergleichbar ist.

IL Die Inhalte einer Europäischen Sachmängelgewährleistung

Nachdem geklärt worden ist, auf welche Weise aus Binnenmarktaspekten überwiegend erforderliche umfassende gemeinschaftliche Sachmängel­ regelungen für den Warenkauf geschaffen werden können, sollen abschlie­ ßend die bei der Erörterung der Einzelregelungen bereits diskutierten inhaltlichen Gesichtspunkte in Form von Anregungen für die Ausge­ staltung einer Europäischen Sachmängelgewährleistung noch einmal aufgenommen und mit der Regelung der EG-Richtlinie zum Verbrauchs­ güterkauf verglichen werden. Ergänzend werden außerdem das UN­ Kaufrecht sowie die Vorschläge zur deutschen Schuldrechtsreform hefangezogen192.

I. Materiell-rechtliche Regelungen Die zentrale Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer

190 Für eine Ausdehnung der Rechtsangleichung auf den „Lebenssachverhalt Kauf’ Schnyder/Straub, ZEuP 1996, S. 39, a.A. Blaurock, in: Starck, Rechtsvereinheit­ lichung, 1992, S. 115, der gerade umfassende Harmonisierungsmaßnahmen wegen unübersehbarer Folgeprobleme vermeiden will. 191 Ähnlich dem Mustermietvertrag nach deutschem Recht, dazu EMMERICH/Staudinger, BGB, 1995, Rdnr. 272 Vor § 535. 192 Ein Vergleich des EG-Richtlinienvorschlags zum Verbrauchsgüterkauf mit dem US-amerikanischen UCC findet sich bei Zollers/Hurd/Shears, U.Pa.J.Int’lEcon.L. 1999, S. 115 ff.

Sachmängelansprüchen ausgesetzt wird, knüpft an den Mangelbegriff an. Ausgangspunkt sollte dabei die Vereinbarung der Parteien im Kaufvertrag sein193, also die ^Vertragsmäßigkeif der Kaufsache, wie sie in Art. 2 I VbrKfRil - und ebenso etwa in Art. 35 1 CISG sowie § 435 I 1 BGB-KE verwendet wird. Das erlaubt die notwendige Flexibilität des Fehlerbegriffs, den die Vertragsparteien an ihre Bedürfnisse anpassen können. Damit sind objektive Kriterien, wie die „zufriedenstellende Qualität”, erst recht wenn sie zum „gezahlten Preis” in Beziehung gesetzt wird (so noch Art. 2 II d) VbrKfRil-E, nunmehr abgeschwächt zur „vernünftigerweise“ erwartbaren Qualität, Art. 2 II d) VbrKfRil), nicht zu vereinbaren194. Es sollte jedoch festgehalten werden, daß bereits die Information des Verkäufers über einen bestimmten Verwendungszweck des Käufers ausreicht (Art. 2 II b) VbrKfRil, ebenso Art. 35 II b) CISG)195 - allerdings ohne daß insoweit eine Zustimmung des Verkäufers, welche die EG-Richtlinie nunmehr entgegen Art. 2 II c) VbrKfRil-E vorsieht, verlangt wird. Auf eine Ergän­ zung des Fehlerbegriffs durch zugesicherte Eigenschaften kann dagegen mittlerweile verzichtet werden196, wie es sowohl die Richtlinie wie das UN­ Kaufrecht und die Schuldrechtskommission tun. Für den Fall, daß die Kaufvertragsparteien keine Vereinbarung über die Qualität treffen, ist ein ergänzendes objektives Kriterium als „Reserve­ regelung” bereitzustellen197. 198 Dafür eignet sich als den Käufererwartungen wie auch den Verkäufervorstellungen zumeist entsprechend der gewöhnli­ che Gebrauch (Art. 35 II a) CISG) oder die übliche Verwendung (§ 435 I 2 BGB-KE), die allerdings durch den Bezug auf „Güter der gleichen Art” (Art. 2 II c) VbrKfRil) näher spezifiziert werden sollten 198. Auf die Kaufsache betreffende Informationen durch den Verkäufer sollte, entspre­ chend der Regelung bei der Vorlage eines Musters (Art. 2 II a) 2.HS VbrKfRil, Art. 35 II c) UN-Kaufrecht), wegen ansonsten auftretender Unsicherheiten allenfalls dann abgestellt werden, wenn der Verkäufer selbst konkrete Angaben macht (Art. 2 II a) l.HS VbrKfRil. „vom Verkäufer gegebene Beschreibung”), aber nicht bereits bei Werbeaussagen oder Herstellerangaben (so noch Art. 2 II d) VbrKfRil-E, nunmehr auf „gege­ benenfalls ... in Betracht gezogen“ abgeschwächt, Art. 2 II d) VbrKfRil)199. 193 194 195 196 197 198 199

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A.II.2.a) aa), vor (1), (d), A.II.2.a) aa) (1) (b). A.II.2.a) aa) (1), vor (c). A.II.2.a) aa) (1) (c). A.II.2.a) aa) (2) (a). A.II.2.a) aa) (2), vor (b). A.II.2.a) aa) (2) (c).

Ein völliger Ausschluß geringfügiger Mängel von der Gewährleistung verfehlt als unklare Bagatellklausel seinen Zweck200 und sollte, wie es in allen drei zum Vergleich herangezogenen Regelungen geschieht, unterblei­ ben. Sinnvoll wäre schließlich eine Gleichstellung von Art- und Mengen­ abweichungen mit der Qualitätsabweichung201, wie es im UN-Kaufrecht erfolgt (Art. 35 I CISG), eventuell unter Ausschluß „als Erfüllung offen­ sichtlich nicht in Betracht” kommender krasser Fehllieferungen (§ 435 II BGB-KE). Die EG-Richtlinie geht auf diese Problematik nicht ein. Ein Ausschluß der Gewährleistung ist bei Kenntnis des Käufers vom Mangel zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses - hierauf beschränkt sich § 442 I BGB-KE - wegen der damit verbundenen Informationsanreize notwendig202. Dies gilt auch für grob fahrlässig nicht erkannte Mängel (Art. 2 III VbrKfRil, Art.35 III CISG), aber nur wenn der Verkäufer diese nicht ebenso leicht hätte erkennen können203. Außerdem ist für diesen Fall eine Rückausnahme vorzusehen, wenn der Verkäufer eine Zusicherung abgegeben hat204 205 oder den Mangel ebenfalls kannte2Q5. Als spezifische Rechtsbehelfe des Käufers bei der Lieferung mangelhafter Ware sollten Nacherfüllung, Vertragsauflösung sowie Kaufpreisredu­ zierung möglich sein, wie es in der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, im UN­ Kaufrecht und auch im Entwurf der Schuldrechtskommission vorgesehen ist. Ihrem Inhalt nach müßten diese Ansprüche jedoch erheblich genauer bestimmt werden, als dies durch die EG-Maßnahme geschieht. Bei der Nachbesserung, die natürlich nur erfolgen kann wenn sie kon­ kret möglich ist (im gegenteiligen Fall schließt Art. 3 III VbrKfRil sie aus), sollte es dem Käufer nur dann gestattet werden, die Reparatur der Sache zu verlangen, wenn die Wiederherstellung der Kaufsache durch den Verkäufer günstiger durchgeführt werden kann als vom Käufer, und nicht generell bis zur Unzumutbarkeit (Art. 46 III CISG) oder bis zu „unverhält­ nismäßigen Aufwendungen” (§ 438 III BGB-KE) des Verkäufers. Da dies bei Verbraucher-Käufern in der Regel anzunehmen ist, sollte diesen gegenüber die Nachbesserung nur entfallen, wenn eine Reparatur durch den

200 201 202 203 204 205

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A.II.2.a) aa) (3). A.II.2.a) bb), cc), A.II.2.b) aa). A.II.2.b) bb) (1). A.II.2.b) bb) (2). A.II.2.b) bb) (2).

Käufer offenkundig günstiger ist (ähnlich nun Art. 3 III 2 3.Unterabsatz VbrKfRil)206. Ähnliches gilt für die Ersatzlieferung, die grundsätzlich bei vertretbaren Sachen (§ 438 I a.E. BGB-KE) für gewerbliche Händler Pflicht sein sollte, ansonsten müßte der Verkäufer sich wie bei der Nach­ besserung durch Kostenersatz für einen vom Käufer günstiger durchzufüh­ renden Deckungskaufbefreien können207. Die Möglichkeit der Vertragsaufhebung sollte nicht nur zeitlich begrenzt oder erschwert (so noch Art. 3 IV 3 VbrKfRil-E: „ein Jahr”, ähnlich das Erfordernis einer Nachfrist in § 439 I i.V.m. § 323 I BGB-KE und die kurze Frist in Art. 49 II b) CISG) oder auf „wesentliche” Abweichungen beschränkt sein (Art. 49 I a) CISG ähnlich Art. 3 VI VbrKfRil), sondern wegen der Entwertung der im Vertrag enthaltenen Investitionen der Parteien als „letzter Ausweg” allein dann zulässig sein, wenn keiner der anderen Rechtsbehelfe kostengünstiger ist208. Bei Arglist bzw. Vorsatz des Verkäufers dürfte aus Präventionsgründen sowie wegen Störung des Vertrauensverhältnisses der Vertrag unmittelbar aufgelöst werden. Die Rechtsfolgen sollten insoweit präzisiert werden, als dem Käufer ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises nebst dem Käufer entgangener Zinsen, wie im früheren Art. 83 EKG zusteht (§ 439 I i.V.m. § 346 I BGB-KE)209, bei der Rückgabe der Kauf­ sache ihr zufälliger Untergang den Verkäufer trifft210, und die übliche Verwendung einschließlich einer Veränderung oder Veräußerung bis zu dem Zeitpunkt ohne Auswirkungen bleibt, zu dem der Käufer den Mangel hätte erkennen müssen211. Ebenfalls sollte festgehalten werden, daß dem Käufer die regelmäßig für einen Vertrag aufgewendeten bzw. vom Verkäufer voraussehbaren Kosten erstattet werden (§ 439 III BGB-KE: „Vertrags­ kosten”)212. Die Preisherabsetzung sollte auch weiterhin dem Käufer als besonderer Rechtsbehelf ermöglicht werden (Art. 3 V VbrKfRil, Art. 50 CISG, § 440 BGB-KE) und keinen spezifischen Beschränkungen, etwa bei völliger Untauglichkeit der Ware, unterliegen213. Da ihr nur dann eine eigenständige Berechtigung neben dem Schadensersatz zukommt, wenn sie das vertrag­ 206 207 208 209 210 211 212 213

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A.II.2.C) aa) (1) (c). A.II.2.C) aa) (2) (c). A.II.2.C) bb) (1) a.E. A.II.2.C) bb) (2) (a) a.E. A.II.2.C) bb) (2) (b) a.E. A.II.2.C) bb) (2) (b) a.E. A.II.2.C) bb) (3) a.E. A.II.2.C) cc) (1) a.E.

lieh vorgesehene Äquivalenzverhältnis aufrecht erhält, ist die relative Berechnungsweise vorzusehen (Art. 50 Satz 1 CISG, § 440 III BGB-KE), wobei allerdings auf die Wertrelation zum vertraglich vereinbarten Lieferungszeitpunkt abzustellen ist214. Aus Vereinfachungsgründen könnte in der Regel als Sollwert der Kaufpreis sowie als tatsächlicher Wert derjenige nach Abzug der Mangelbeseitigungskosten bestimmt werden. Bezüglich der Wahl der Rechtsbehelfe ist dem Verkäufer grundsätzlich die Gelegenheit einzuräumen, die übrigen speziellen Rechtsbehelfe dadurch zu vermeiden, daß er die ordnungsgemäße Erfüllung ohne Verzögerung und ohne Beeinträchtigung des Käufers nachholt (Art. 48 CISG, § 438 I 2 BGB-KE, Art. § 3 V VbrKfRil). Die ergänzenden Schadensersatzansprüche werden aus der EG-Richtlinie völlig ausgeblendet. Während dies für Sach- und Personenschäden im Rahmen des Integritätsinteresses sinnvoll sein könnte, auch weil dafür unter Umständen eine strikte, verschuldensunabhängige Haftung entspre­ chend der Produzentenhaftung in Frage kommt215, müßten Vermögens­ schäden, vor allem entgangener Gewinn, von der Gewährleistungsregelung mit erfaßt werden216. Unabhängig davon, ob eine Garantiehaftung mit Einschränkungen oder eine Verschuldenshaftung mit teilweise erhöhten Anforderungen gewählt wird217, sollte der Umfang des Schadensersatzes zwecks Kalkulierbarkeit durch die konkrete, also vom Käufer steuerbare Vorhersehbarkeit für den Verkäufer begrenzt werden (Art. 74 CISG)218. Dabei müßte ein erhebliches Fehlverhalten des Verkäufers aus Präventionsgründen zum Ersatz auch des nicht voraussehbaren Schadens führen. Außerdem ist ein Mitverschulden des Käufers schadensmindernd zu berücksichtigen (Art. 77 CISG, § 254 BGB unverändert)219.

Die Gewährleistungsregelungen sollten in jedem Falle gegenüber einem vorsätzlich oder arglistig handelnden Verkäufer (§ 445 BGB-KE), wohl auch gegenüber einem grob fahrlässigen Verkäufer (Art. 40 CISG), unabdingbar sein220, ebenso bei Zusicherungen221. Objektive Kriterien wie 214 215 216 217 218 219 220

S. o. A.II.2.c) cc) (2) a.E. S. o. A.II.3.d). S. o. A.II.3.C) bb) (1). S. o. A.II.3.a) cc). S. o. A.II.3.C) aa) (3). S. o. A.II.3.C) aa) (5). S. o. A.III.2.a)a.E.

die Verletzung wesentlicher Vertragspflichten oder die Herbeiführung von Personenschäden erscheinen dagegen für einen völligen Ausschluß abwei­ chender Vereinbarungen ungeeignet. Soweit vorformulierte Klauseln betroffen sind, sollte ein völliger Ge­ währleistungsausschluß einer besonderen Prüfung unterworfen werden können, wobei zugunsten von Verbrauchern unter Umständen eine Vermutungsregel eingeführt werden könnte. Beschränkungen auf einen bestimmten Rechtsbehelf sollten dagegen immer zulässig sein221 222. Bei Verbraucherkäufen könnte ein völliger Gewährleistungsausschluß untersagt werden, zumindest wenn er vorformuliert ist, während vor allem die Einschränkung von Schadensersatzansprüchen weitgehender möglich sein müßte223. Da der Bereich des Schadensersatzes von Art. 7 I 1 VbrKfRil nicht erfaßt wird, ist das mit der EG-Richtlinie vereinbar.

2. Verfahrensbezogene Regelungen Die EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf sowie das UN-Kaufrecht und die Vorschläge der deutschen Schuldrechtskommission enthalten nur sehr wenige prozessuale Regelungen, hauptsächlich zu den Gewährleistungs­ fristen und zur Beweislast. Trotzdem sollen hier einige rechtsangleichende Hinweise auch bezüglich normalerweise „rein prozessualer” Vorschriften gegeben werden, da ihre Auswirkung auf die Durchsetzung von Sachmän­ gelansprüchen des Käufers nicht vernachlässigt werden darf. Um die Unsicherheiten über den Gerichtsstand bei Gewährleistungsklagen zu beseitigen, ist es erforderlich, ein spezielles Forum für derartige Streitigkeiten zu schaffen. Als Anknüpfung bietet sich der Übergabeort der Kaufsache an (so Art. 5 Zff. 1 EuGVÜ II-E), wobei aus Gründen der Vorhersehbarkeit darauf abgestellt werden sollte, wo dieser nach dem Vertrag liegt224. Für die besonders problematischen Versendungskäufe, bei denen sich keine der Vertragsparteien aus „ihrem” Rechtsraum herausbe­ wegt, sollte zumindest bei internationalen Sachverhalten dann der Sitz des Käufers als Gerichtsstand festgelegt werden, wenn etwa durch Vermark­ tungsaktivitäten des - meist gewerblichen - Verkäufers deutlich wird, daß

221 222 223 224

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A.III.2.a) a.E A.III.2.b) cc). A.III.2.d). B. II.l.c).

dieser sich besser auf einen entfernten Gerichtsstand einstellen kann. Auf jeden Fall müßte die entsprechende Regelung eines andere Gerichtsstände ausschließenden, jedoch von den Parteien grundsätzlich abdingbaren225, Forums für den Gewährleistungsprozeß in die Sachmängelbestimmungen mit aufgenommen werden, ähnlich wie es in Deutschland für außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge durch § 7 HTWidG erfolgt ist.

Bei der Festlegung des Zeitraums für die Durchsetzung von Gewährlei­ stungsansprüchen bietet es sich an, eine Dreiteilung in Anzeige-, Aus­ schluß- und Verjährungsfristen vorzunehmen, wie es im Ergebnis noch nach der EG-Richtlinie möglich ist, und wie es auch nach dem UN­ Kaufrecht erfolgt: Dort kann zunächst eine Mängelanzeige innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis verlangt werden (Art. 5 II VbrKfRil) bzw. diese ist innerhalb angemessener Frist nach Kenntnis oder Kennen müssen vorzunehmen (Art.39 I CISG, so noch mit einer Frist von einem Monat Art. 4 I VbrKfRil-E). Außerdem wird die Gewährleistung auf solche Mängel beschränkt, die sich binnen zwei Jahren nach Übergabe der Sache zeigen (Art. 5 I VbrKfRil, Art. 39 II CISG). Schließlich ist die eigentliche Verjährung, also der Zeitraum für die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche, davon unabhängig, so daß sie - je nach anwendbarem natio­ nalen Recht - noch hinzuzurechnen ist226. Nach den Vorstellungen der deutschen Schuldrechtskommission soll es dagegen bei einer einzigen, allerdings dreijährigen Frist (§ 195 I BGB-KE) bleiben. Während eine Mängelanzeige außer für erkannte (darauf beschränkt sich Art. 5 I VbrKfRil) generell nur für offensichtliche bzw. leicht erkennbare Fehler verlangt werden sollte (weitergehend Art. 39 I CISG, ebenso noch Art. 4 I VbrKfRil-E), ist gegenüber gewerblichen Käufern an der vielfach üblichen Untersuchungspflicht, wie im UN-Kaufrecht, festzuhalten, wobei für die Rüge dann eine kurze Frist bestimmt werden kann227. Eine Aus­ schlußfrist, innerhalb der zumindest der konkrete Rechtsbehelf vom Käufer geltend gemacht werden sollte, müßte dann nicht von der Lieferung bzw. Übergabe an, wie nach der EG-Richtlinie sowie nach dem UN-Kaufrecht, sondern mit der Mängelanzeige zu laufen beginnen, weshalb sie auch

225 Dazu s. o. B.III.2. Insofern darf es sich nicht um einen ausschließlichen Ge­ richtsstand im Sinne der deutschen Zivilprozeßordnung handeln, für den nach § 40 II ZPO Prorogationen unzulässig sind. 226 So ausdrücklich das deutsche Zustimmungsgesetz zum CISG, Art. 3 Vertrags­ gesetz, dazu s. o. B.II.2.a). 227 S. o. B.II.2.a) aa) (4).

erheblich kürzer als zwei Jahre sein könnte228. Als absolute Grenze wäre schließlich eine Verjährungsfrist, innerhalb der eine Klage zu erheben ist, festzulegen, die sehr weiträumig auf mindestens 5 Jahre anzulegen wäre, damit die Parteien gehalten sind, möglichst eigene Zeitspannen zu ver­ einbaren229. Dabei sollte dem Käufer zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, den Zeitraum, innerhalb dessen er seine Ansprüche abschließend durchsetzen wird, selbst festzulegen, so daß er durch eine derartige qualifizierte Mängelrüge zumindest den kürzeren Ausschlußfristen entgehen könnte. Die Klageanträge sollten wegen der für den Beklagten, hier den Verkäufer, notwendigen Informationen grundsätzlich nicht unbeziffert erfolgen dürfen, nur Vertragsstrafen bilden bei fortgeführter Anpassungsermächtigung der Gerichte eine Ausnahme2^. Dafür ist eine Klageänderung hinsichtlich des Umfangs der Gewährleistungsansprüche weitgehend zuzulassen, ebenso für eine Umstellung auf einen anderen Rechtsbehelf231.

An die Form der Durchsetzung von Ansprüchen und Gegenrechten sollten möglichst niedrige Anforderungen gestellt werden. Dies gilt sowohl für das Geltendmachen von Gewährleistungsansprüchen durch den Käufer, wo eine einfache Erklärung ausreichen müßte, wie für seine Verteidigung durch Einreden232.

Die Beweislast für Sachmängelansprüche ist grundsätzlich dem Käufer aufzuerlegen. Das gilt insbesondere für das Vorliegen eines Sachmangels nachdem sich die Kaufsache im Bereich des Käufers befindet (§ 443 BGBKE)233. Dagegen könnte dafür, daß der Sachmangel bereits bei Übergabe der Ware vorhanden war, eine zeitlich eng begrenzte Vermutung (Art. 5 III VbrKfRil: Auftreten des Mangels innerhalb von sechs Monaten) einge­ räumt werden, wenn diese aufgrund konkreter Anhaltspunkte (Art. 5 III VbrKfRil: „Art des Gutes oder Art der Vertragswidrigkeit”) entfiele234. Sofern ein Verschulden des Verkäufers verlangt wird, könnte dagegen eher

228 229 230 231 232 233 234

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B.IL2.a) bb). B.II.2.a) dd), zu den Grenzen o. B.III.3 B.II.3.a) cc). B.II.4.C). B.II.5.c). B.II.6.C). B.II.6.a) bb).

an eine Reduzierung des Beweismaßes gedacht werden235. In jedem Fall sind derartige Regelungen in die Sachmängelbestimmungen mit aufzu­ nehmen, wie es in der EG-Richtlinie erfolgt ist.

Die Grenzen für abweichende Vereinbarungen der Parteien sind bei verfahrensbezogenen Regelungen insgesamt eher weiter zu stecken, als bei materiell-rechtlichen Sachmängelbestimmungen236.

235 S. o. B.II.6.a) cc), 6.c). 236 S. o. B. III., S. 452 f.

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Fazit Das in dieser Untersuchung entwickelte Projekt einer Europäischen Sachmängelgewährleistung als Bestandteil eines umfassenderen Europäi­ schen Kaufrechtsübereinkommens ist der Versuch, für die Koordinierung der mitgliedstaatlichen Zivilrechtssysteme einen neuen Weg zwischen einem unkontrollierten Wettbewerb der Regelungen und einem ,ßuro-ZGB^ zu beschreiten. Dieser soll außerdem aus der Sackgasse der verbraucher­ zentrierten sporadischen Rechtsangleichung herausfuhren, wie sie in der EG bisher im Vertragsrecht erfolgt und mit der Richtlinie zum Verbrauchs­ güterkauf fortgeführt wird.

Dazu sind drei Orientierungspunkte notwendig. Erstens erscheint zwar eine legislatorische Maßnahme auf der Ebene der EU in diesem Bereich sinnvoll, aber dadurch dürfen die Mitgliedstaaten nicht gezwungen werden, die von ihnen entwickelten vertragsrechtlichen Regelungen aufzugeben, sondern diese sollten weiterhin parallel anwend­ bar bleiben. Zweitens ist den unmittelbar Betroffenen, den Vertragsparteien, die Gelegenheit zu eröffnen, die für sie „bessere" Regelung zu finden, wobei der Suchprozeß dadurch erleichtert werden sollte, daß eine begrenzte und damit übersichtliche Vorauswahl möglicher Alternativen bereitgestellt wird. Das bedeutet drittens, daß eine Beschränkung der Harmonisierung auf zwingende Vorschriften nicht mehr möglich ist, sondern daß den Parteien ein Vertragsmodell zur Verfügung stehen sollte, welches für den Regelfall ausreichende Konfliktlösungsmöglichkeiten bietet. Inhaltlich befreit diese Art der Abstimmung von unterschiedlichen Rechts­ regeln die Rechtsangleichung von der Last, von vornherein ein optimales oder auch „effizientes” Regelungssystem entwickeln zu müssen, denn zum einen werden Anpassungen und Änderungen nicht behindert, und zum anderen entscheidet jeder Einzelne darüber, ob für ihn eine Regelung geeignet ist oder nicht. Der Aufwand für die Entwicklung eines zusätzlichen Sachmängelgewähr­ leistungsrechts ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn es gegenüber den hier untersuchten zwanzig bereits bestehenden Regelungen komparative Vorteile aufweist und sowohl für Käufer wie Verkäufer attraktiv ist. Die vorliegende Studie zeigt, inwieweit diese Vorgaben zu erfüllen sind.

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Sachregister A Abgrenzung - Delikt und Gewährleistung 58 ff. - Irrtum und Gewährleistung 47 ff. - Nichterfüllung und Gewährleistung 42 ff. Abweichung von der vertragsgemäßen Qualität 74 ff. -Zeitpunkt 109 ff. AGB 342 ff. - Grenzen bei Kaufverträgen 391 ff. - Grenzen bei Verbraucherverträgen 405 ff. - vertragsrechtliche Grenzen 337 ff. aliud - Gattungskauf 114 - Gewährleistung 112 f. -Nichterfüllung 113f. - Spezieskauf 114 Angaben zur Kaufsache - des Verkäufers 94 ff. - des Lieferanten 98 ff. arglistige Täuschung 53 f. Aufwendungsersatz 211 ff. Ausschlußfrist

- Beginn 496ff. - Einhaltung durch den Käufer 512 ff. - Einwendung des Ablaufs durch den Verkäufer 507 ff. - Länge 493 ff

B Begleitschäden siehe: Mangelfolgeschäden Bestimmtheitsgrundsatz bei der Klageerhebung 518, 522 - Ausnahmen 519ff. - rahmenmäßige Bezifferung 524 f. Beweislastverteilung 424 ff. - fürFehler 546ff. - für Verschulden des Verkäufers 552 f. - für Zeitpunkt 549 f. Beweislastverträge 577 f.

Beweislastumkehr 447 Beweismaß 553 ff. -Beweismaßverträge 580f. Binnenmarkt 1 ff, 169, 238, 335, 445, 561, 582, 583 ff.

C culpa in contrahendo 46 CISG 596 ff.

D deliktische Ansprüche 58 ff. - Gerichtsstand 469 ff. Dispositionsinteresse 312 ff

E EG-Grünbuch über Verbrauchsgüter­ garantien und Kundendienst 609 ff. EG-Richtlinie über mißbräuchliche Vertragsklauseln in Verbraucher­ verträgen 407 ff, 606 f. EG-Richtlinie über Verbrauchsgüterkauf siehe: Verbrauchsgüterkauf Eigenschaft, zugesicherte 85 ff. Erfüllungsort - der primären Leistungspflichten 458 ff - der sekundären Leistungspflichten 46 If. Erkennbarkeit von Mängeln 126 ff. Ersatzlieferung 158 ff. - bei Gattungssachen 158 - bei vertretbaren Sachen 159 f -Inhalt 163 f. -Verbraucherkäufe 162 f. Europäisches Vertragsrecht 2, 604 Europäisches Gerichtsstand- und Vollstreckungsübereinkommen 454 ff, 569 ff, 607, 628 Europäisches Vertragsrechtsüberein­ kommen (EuVÜ) 6,7, 466, 592 ff.

F Falschlieferung siehe: aliud Fehlerbegriff

- subjektiver 76 f. -objektiver 78, 89f. Freier Warenverkehr 1,4, 10

Integritätsschaden 37, 323 ff Internationales Kaufrecht 596 ff IPR 458, 592 ff Irrtum 47 ff.

G 32, 114, 141, 151, 160 f., 173, 176, 180, 217 ff., 241, 258, 261 f, 267, 273 ff., 280, 313 ff., 331, 352, 367, 392, 420 ff. Gebrauch, gewöhnlicher 89 f. Gerichtsstand 452 ff. - Abschlußort des Vertrages 456 -Beklagtensitz 454 - Erfüllungsort 457ff. - Verbrauchersitz 466 ff. - Vertragsgerichtsstand 455ff. - Zuständigkeit, räumliche 453 Gerichtsstandvereinbarung 568 ff. Gewährleistung - Ausdehnung 449f. - Ausschluß — gesetzlicher 120 ff., 278 ff. - vertraglicher 337 ff. - eigentliche 31 ff. - ergänzende 34ff. - Funktion 25 ff., 71 - zeitliche Begrenzung 473 ff. Gewährleistungsansprüche - Durchsetzung im Prozeß 535 ff. - als Gegenrecht 538 ff. Grundregeln des Vertragsrechts 600 ff. Gattungskauf

K Kaufsache - Beschaffenheit 75 ff, 89 ff - Rückgabe 195 ff. Kaufpreis - Herabsetzung 221 ff. - Rückzahlung 189 ff. Kaufvertrag -Abschluß 110 f. - Anfechtung 48 f., 54 f. - Aufhebung 174 ff - Umgestaltung 536f. Kausalität 288 ff. Klageänderung 531 ff -Klagesumme 532 - Rechtsbehelfswechsel 533 f. Klageerhebung 516 ff., 53 5 ff -Bestimmtheit 517 Kosten - des Deckungskaufs 170 ff. - der Reparatur 136 f., 148 ff. - des Verfahrens 448 f.

L Lieferung der Kaufsache 40, 44, 48, 109 ff, 497 ff.

H

M

Haftung - mit Entlastungsmöglichkeit 258 ff. -strikte 255ff. - aufgrund Zusicherung 261 ff. Haftungsausschluß -gesetzlicher 278ff. -vertraglicher 351 ff. Handelskauf 67, 69, 116, 172, 180, 478 ff., 622 Harmonisierung siehe auch: Rechts­ angleichung 3, 9 ff., 15, 19, 22, 41, 64, 335, 583 f, 605 ff., 632

Mangel 25, 27 ff, 37, 44 f., 72 ff. -Erkennbarkeit 126 ff - Kenntnis des Käufers 121 ff. - Schwere des 176 ff. - unerheblicher 105 ff. Mängelanzeige 473 ff. - Form und Inhalt 485 f. - Frist 487 ff. Mangelfolgeschäden 37 f., 252 ff, 323 ff Mehrlieferung 119f. Minderlieferung 117 f. Minderung 220 ff. - Berechnungsart, absolute 229, 232 f. - Berechnungsart, relative 228, 230 f. -Voraussetzungen 226

Information - Verhalten des Verkäufers 94 ff. - Verhalten des Käufers 120 ff., 478 ff. - über den Schaden 294 ff.

N Nachbesserung 137 ff.

- Angemessenheit 144 f. - Voraussetzungen 138 ff. Nichterfüllung - Abgrenzung zur Gewährleistung 42 ff., 112 ff, 117 ff

P positive Vertragsverletzung 46, 323 f. Produkthaftung 59 f., 100, 325 f., 605 Principles of European Contract Law 600 ff Privatautonomie 13, 336 f. Prorogation siehe: Gerichtsstandsvereinbarung Prozeß siehe: Verfahren

Q Qualität -angemessene 80 - durchschnittliche 92 f. - vertragsgemäße 74 ff

S Sachen, vertretbare 160, 173 f. Sachmängel 72 ff Schadensersatz 249 ff -Ausschluß 278ff. -Begrenzung 287ff adäquate Kausalität 288 f. - geringes Verschulden des Verkäufers 301 ff. - Mitverschulden des Käufers 305 ff. -Unmittelbarkeit 290ff Voraussehbarkeit 294 ff - Bezifferung im Prozeß 521 f. - Umfang 311 ff - Voraussetzungen 252 ff Schadenspauschale 349, 425 ff. Schiedsvereinbarungen 562 ff Schlechterfüllung im weiteren Sinn 46 Schlechtlieferung 74 ff. Soll-Beschaffenheit 75

R

T

Rechtsangleichung 2, 9 ff, 41,64, 112, 169, 238, 335, 385, 389, 410 f., 590 ff, 600 ff, 632 Rechtsbehelfe des Käufers - Anpassung des Kaufpreises 220 ff - Aufhebung des Vertrages 174 ff - Bezifferung im Prozeß 519 ff - Durchsetzung im Prozeß 450 f., 535 ff - nachgeholte Erfüllung — Ersatzlieferung 158 ff — Nachbesserung 137 ff -Schadensersatz 249ff Rechtsvereinheitlichung 592 ff Rechtsvergleichung 12, 16 ff. Regelung, zwingende 6 ff, 13, 16, 21 f., 388, 418, 455, 561, 573, 578, 582, 615, 621 f., 632 Regelungsunterschiede - Auswirkung auf den Binnenmarkt 583 ff - Verringerung durch Rechtsvereinheit­ lichung 592 ff Rückgabe der Kaufsache - bei der Ersatzlieferung 164 f. - bei der Wandelung 195 ff.

Täuschung siehe: arglistige T. Teillieferung siehe: Minderlieferung Treu und Glauben 97, 132 f., 148, 177 ff, 226, 247, 307, 355 ff, 394 ff, 407 ff, 422, 502, 563, 568, 577, 581

Rückzahlung des Kaufpreises

-

bei der Minderung 222 ff. bei der Wandelung 189 ff.

U Übergabe - der Kaufsache 43 f, 109 f., 112 - eines Musters 101 f. - Ort der Ü. als Gerichtsstand 472 f. unerlaubte Handlung siehe: deliktische Ansprüche UN-Kaufrecht siehe: CISG UNIDROIT-Principles of International Commercial Contracts 600 ff Unkenntnis - des Käufers von Mängeln 126 ff - des Verkäufers von Mängeln 270 f., 272 f. Untersuchung der Kaufsache 126 ff, 478 f.

V Verbraucher 15, 29, 346 ff, 603 Verbraucherkauf 17 f, 95 ff, 346 f., 415 ff, 605 ff. Gerichtsstand 466

Verbrauchsgüterkauf, EG-Richtlinie zum 18, 53, 55, 58, 74, 80, 82 f., 90, 93, 95 f., 99, 101, 103, 110,122, 127, 133, 141 f„ 163 £, 180 f., 185,189, 194, 203, 224, 234, 240 f., 246, 285, 416, 418, 421 f., 424, 476, 481,483,486, 488, 494, 496,498, 502, 511 f., 520, 551, 572, 579, 590, 605, 609, 612 ff., 619, 621 f., 625,628, 632 Verfahren - grenzüberschreitende 453 ff., 570 f., 581 - Kosten 447ff. Verfahrensbestimmungen 450 £, 452 ff -Beklagtenverhalten 538ff - Beweis 543 ff. - Durchsetzungsfristen 473 ff. - Gerichtsstand 452ff. - Grenzen der Disponibilität 561 ff. -Klageantrag 516 ff, 536f. - Klageänderung 531 ff. Verjährungsfrist - Beginn 496ff. - Einhaltung durch den Käufer 512 ff. - Einwendung des Ablaufs durch den Verkäufer 507 ff. - Länge 493 ff. Verkäufer - Information durch den V. 53 f., 55 ff, 94 ff, 131 ff, 265 ff. - gewerbliche 15, 29, 99, 130,140 f., 157,174, 208, 253, 257 ff, 262, 271, 273, 276, 346 ff, 361 ff, 379, 407, 419,425, 437,469, 473, 552,626 - Verschulden 131 ff, 265 ff, 301 ff, 500 f. Vertragsaufhebung siehe: Kaufvertrag, - Aufhebung, sowie: Wandelung Vertragsbedingungen, vorformulierte siehe: AGB Vertragsmäßigkeit der Ware siehe: Abweichung von der vertragsgemäßen Qualität Vertragsstrafe 350 f., 425 ff, 521 f. Voraussehbarkeit des Schadensersatzes 294 ff.

W Wahlrecht für Rechtsbehelfe 241 ff. - imProzeß 530 Wandelung 174 ff.

- Folgen 176 ff. - Voraussetzungen 175 Ware -Begriff 4 Warenkäufe - innerstaatliche 8, 591, 595 ff, 618 ff. - grenzüberschreitende 4,6, 10, 591 f, 595 ff, 618 Werbeangaben 95, 97 f., 99 f., 101 f., 103,467 Widerklage 541

Z Zahlung des Kaufpreises -Gerichtsstand 458f. - Verweigerung wegen Sachmängeln 538 ff. Zeitpunkt - der Qualitätsabweichung 109 ff. - der Mängelanzeige 487 ff. Zinsen 190 ff. Zusicherung 85 ff, 96 f., 261 ff. Zuständigkeit des Gerichts, örtliche siehe: Gerichtsstand

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht Alphabetische Übersicht Assfalg, Dieter: Die Behandlung von Treugut im Konkurse des Treuhänders. 1960. Band 28. Baetge, Dietmar: Der gewöhnliche Aufenthalt im Internationalen Privatrecht. 1994. Band 56. siehe Hopt, Klaus J. Balz, Manfred: Eigentumsordnung und Technologiepolitik. 1980. Band 44. Basedow, Jürgen: Der Transportvertrag. 1987. Band 50. - Weltkartellrecht. 1998. Band 63. siehe Hopt, Klaus J. Baums, Theodor: Verbindungen von Banken und Unternehmen im amerikanischen Wirtschaftsrecht. 1992. Band 55. Becker, Michael: Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte. 1997. Band 62. Baetge, Dietmar: Siehe Hopt, Klaus J. Brödermann, Eckart / Iversen, Holger: Europäisches Gemeinschaftsrecht und Internationales Privatrecht. 1994. Band 57. Drobnig, Ulrich, Klaus J. Hopt, Hein Kötz und Ernst-Joachim Mestmäcker (Hrsg.): Systemtransformation in Mittel- und Osteuropa und ihre Folgen für Banken, Börsen und Kreditsicherheiten. 1998. Band 64. Ehricke, Ulrich: Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz. 1998. Band 65. Engelmann, Fritz: Der Kampf gegen die Monopole in den USA. 1951. Band 21. Ferid, Murad: Der Neubürger im internationalen Privatrecht. Teil 1.1949. Band 18 Ficker, Hans C.: Grundfragen des deutschen interlokalen Rechts. 1952. Band 22. Flessner, Axel: Wegfall der Bereicherung. 1970. Band 37. - Sanierung und Reorganisation. 1982. Band 48. - Interessenjurisprudenz im internationalen Privatrecht. 1990. Band 53. Gamillscheg, Franz: Der Einfluß Dumoulins auf die Entwicklung des Kollisionsrechts. 1955. Band 25. - Internationales Arbeitsrecht. 1959. Band 27. Gessner, Volkmar: Recht und Konflikt. 1976. Band 40. Girsberger, Daniel: Grenzüberschreitendes Finanzierungsleasing. 1997. Band 61. Heiss, Helmut: Formmängel und ihre Sanktionen. 1999. Band 67. Heidrich, Andreas.Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht. 1969. Band 36. Hierneis, Otto: Das besondere Erbrecht der sogenannten Foralrechtsgebiete Spaniens. 1966. Band 33. Hippel, Eike von: Schadensausgleich bei Verkehrsunfällen. 1968. Band 34. Hoffmann, Bernd von: Das Recht des Grundstückskaufs. 1982. Band 47. Hofstetter, Karl: Sachgerechte Haftungsregeln für Multinationale Konzerne. 1995. Band 59. Hopt, Klaus J, Jürgen Basedow, Hein Kötz, Dietmar Baetge (Hrsg.): Die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozeß. 1999. Band 66. Hopt, Klaus J: siehe Drobnig, Ulrich. Iversen, Holger: siehe Brödermann, Eckart. Jellinek, Walter: Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile I/II. 1953. Band 24. Joerges, Christian: Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts. 1971. Band 38. Kötz, Hein: siehe Drobnig, Ulrich. siehe Hopt, Klaus J.

Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht Kronke, Herbert: Stiftungstypus und Unternehmensträgerstiftung. 1988. Band 52. Kropholler, Jan: Internationales Einheitsrecht. 1975. Band 39. Loeber, Dietrich A.: Der hoheitlich gestaltete Vertrag. 1969. Band 35. Magnus, Ulrich: Schaden und Ersatz. 1987. Band 51. Mankowski, Peter: Seerechtliche Vertragsverhältnisse im Internationalen Privatrecht. 1995. Band 58. Mestmäcker, Ernst-Joachim: siehe Drobnig, Ulrich. Müller, Peter: Die Vorbehalte in Übereinkommen zur Privatrechtsvereinheitlichung. 1979. Band 45. Neuhaus, Paul H.: Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts. 21976. Band 30. - Ehe und Kindschaft in rechtsvergleichender Sicht. 1979. Band 43. Remien, Oliver R.M.: Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld. 1992. Band 54. Riezler, Erwin: Internationales Zivilprozeßrecht und prozessuales Fremdenrecht. 1949. Band 20. Roth, Wulf Henning: Internationales Versicherungsvertragsrecht. 1985. Band 49. Samtleben, Jürgen: Internationales Privatrecht in Lateinamerika. Band 1: Allgemeiner Teil. 1979. Band 42. Schlechtriem, Peter: Einheitliches UN-Kaufrecht. 1981. Band 46. Schwartze, Andreas: Europäische Sachmängelgewährleistung beim Warenkauf. 1999. Band 68. Serick, Rolf: Rechtsform und Realität Juristischer Personen. 21980. Band 26. Stoll, Hans: Das Handeln auf eigene Gefahr. 1961. Band 29. Wilmowsky, Peter von: Europäisches Kreditsicherungsrecht. 1996. Band 60. Wolff, Ernst: Vorkriegsverträge in Friedensverträgen. 1949. Band 19. Zajtay, Imre: Zur Stellung des ausländischen Rechts im französischen internationalen Privatrecht. 1963. Band 31. Zehetner, Franz: Geldwertklauseln im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr. 1976. Band 41.

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