Erbschaftsteuer und Unternehmung: Eine steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Untersuchung unter Berücksichtigung des britischen, französischen und schweizerischen Rechts [1 ed.] 9783428418923, 9783428018925

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Erbschaftsteuer und Unternehmung: Eine steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Untersuchung unter Berücksichtigung des britischen, französischen und schweizerischen Rechts [1 ed.]
 9783428418923, 9783428018925

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DIETER FRANK

Erbschaftsteuer und Unternehmung

Schriften zum Steuerrecht Band 5

Erbschaftsteuer und Unternehmung Eine steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Untersuchung unter Berücksichtigung des britischen, französischen und schweizerischen Rechts

Von

Dr. Dieter Frank

DUNCKER &HUMBLOT/BERLIN

Alle Rechte vorbehalten

@ 1969 Duncker & Humblot, Berlin 41

Gedruckt 1969 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlln 65 Printed in Germany

Geleitwort Die Erbschaftsteuer wurde durch die beabsichtigte Große Steuerreform plötzlich wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Hier ist diese Arbeit, die unter Voraussicht des Kommenden geschrieben wurde, ein wichtiger Beitrag. Sie hat dadurch noch Aktualität gewonnen, daß der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums der Finanzen in seinem Gutachten vom 11. 2. 1967 eine drastische Anhebung der Erbschaftsteuer empfohlen hat. Vor einer so weitreichenden Entscheidung darf man nicht versäumen, sich über die wirkliche Belastung mit der geltenden Erbschaftsteuer genau zu vergewissern. Auch muß man sich über die Verhältnisse im Ausland unterrichten, insbesondere die Auswirkungen im Rahmen der EWG überdenken. Die Erbschaftsteuer selbst ist wissenschaftlich wenig ergründet. Auch begegnen wir seit Jahrzehnten unrichtigen Vorstellungen. Insbesondere gilt dies von den zahlreichen Behauptungen eines gewissen Rückstands, vor allem gegenüber der englischen Erbschaftsteuer, die als ein vorbildliches Mittel einer notwendigen Umverteilung von Vermögen empfunden und selbst in den Schulen so dargestellt wird. Eine nähere Untersuchung zeigt, daß für uns die Erbschaftsteuer in Großbritannien schon deshalb keinen zuverlässigen Vergleichsmaßstab bildet, da sie nicht wie im kontinentalen Bereich durch eine lückenlose Steuer für Schenkungen unter Lebenden gesichert ist und zahlreiche Möglichkeiten für ihre Vermeidung gegeben sind. Weiter ist zu bedenken, daß England eine laufende Vermögensteuer nicht erhebt und dabei ebenso verfährt wie die meisten europäischen Länder, so Frankreich und Belgien oder teilweise die Niederlande. Nach dem erwähnten Gutachten (S. 72) soll die Erbschaftsteuer sogar in doppelter Weise erhöht werden, einmal durch die Verminderung der Steuerklassen von fünf auf zwei, wobei auf Großbritannien und die USA, aber aus den oben genannten Gründen zu Unrecht verwiesen wird. Zugleich soll die neue Steuerklasse I, also der Erwerb in gerader Linie, "beträchtlich" "angepaßt" werden, und zwar auf einen Durchschnittssteuersatz von 6-40 °/o. Außerdem soll die neue Steuerklasse II nach dem bisherigen Tarif der Steuerklasse V besteuert werden, also ansteigend von 14 °/o auf 60 °/o, wobei die dabei beabsichtigte Erhöhung der Freibeträge nicht sehr ins Gewicht fällt. Dies geht bei mittleren Ver-

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Geleitwort

mögen auch weit über das in den Vereinigten Staaten zu Entrichtende hinaus, ganz abgesehen davon, daß es dort einen ermäßigten Steuersatz für Schenkungen gibt. Diese Anhebung ist vor allem in den Fällen äußerst bedenklich, in denen ein Betrieb, wie das heute nach den schweren Menschenverlusten im letzten Krieg oder auch bei Verkehrsunfällen nicht selten vorkommt, auf Neffen und Nichten des Erblassers übergeht. Hier würde eine solche Besteuerung vielfach zu einer Zerschlagung von Unternehmen führen. Wird der Empfehlung für die starke Anhebung des Steuersatzes gefolgt, so wird der bisherige weitreichende Wettbewerbsnachteil in der Industrie für deutsche Unternehmer noch ganz wesentlich verschärft, unterliegen diese doch bei der Rechtsform der Kapitalgesellschaft allein einer Doppelbelastung mit Vermögensteuer. Auch würde durch eine solche Maßnahme die Kapitalflucht stark gefördert. In den Erwägungen des Wissenschaftlichen Beirats ist die Frage der Auswirkung der schleichenden Geldentwertung auf die Höhe der Erbschaftsteuer überhaupt nicht erörtert. Dabei stammt der heute geltende Tarif ohne Änderung aus dem Jahre 1925, was wegen der Progression in der Zwischenzeit einer Erhöhung auf kaltem Wege von mindestens 50 °/o entspricht. Dabei ist zu bedenken, daß wir vor einer Anhebung der Einheitswerte für die Grundstücke stehen. Außerdem ist wohl beabsichtigt, die privaten Kapitalgewinne bei der Einkommensteuer neu in vollem Umfang heranzuziehen, wie das auch in dem Gutachten (S. 25) empfohlen ist. Damit entstehen auch für diese Seite bei einem Erbfall oder einer vorweggenommenen Erbfolge zusätzliche Steuern, die die Belastung einer Erbschaft außerordentlich erhöhen können. Schließlich schweigt sich das Gutachten bei dieser Gelegenheit über die zahlreichen Fälle aus, in denen heute schon wegen der hohen Erbschaftsteuer eine Weiterführung von Unternehmen nur gewährleistet erschien, wenn Kapitalanteile beim Tod des Erblassers auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen wurden. So muß jeder Schritt zu einer Erhöhung der heutigen Steuer genau überlegt werden, insbesondere auch aus der Sicht von Art. 14 GG, der den Staatsbürger vor Enteignung schützen will. Geht man von der heutigen allgemeinen Steuerbelastung im Rahmen der EWG aus, so wäre bei einer Beibehaltung der laufenden Vermögensteuer nicht eine Erhöhung, sondern im Gegenteil eine drastische Ermäßigung der Erbschaftsteuer geboten. Auch interessiert es, daß es der französischen Regierung im Oktober 1968 trotzFehlenseiner laufenden Vermögensteuer nicht gelang, die von ihr erstrebte wesentliche Erhöhung der Erbschaftsteuer gegen den entschlossenen Widerstand sämtlicher Parteien einschließlich der Kommunisten durchzusetzen. Dies ist begreiflich, da die

Geleitwort

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heutigen Unternehmen zu Investitionen in einem früher nicht erwarteten Ausmaß gezwungen sind und daher einen weiteren Aderlaß schwerlich ertragen können, wenn sie nicht ihre Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel setzen wollen. Mannheim, 21. Januar 1969 Professor Dr. Dr. Kuno Barth

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Die Entwiddung und Begründung der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen Kapitell Die historischen Grundlagen der Erbschaft- und Schenkungsteuer A. Die Geschichte der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen bis in die Zeit der französischen Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Altertum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Vom Mittelalter bis zum Ende des 17. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . .

25

III. Die Entwicklung im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

B. Der Obergang zu eigentlichen Erbschaftsteuergesetzen im 19. Jahrhundert verbunden mit dem Ansteigen der steuerlichen Belastung . .

28

I. Die Auffassungen der zeitgenössischen Literatur . . . . . . . . . . . . . . 11. Die Erbschaftsteuergesetzgebung im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . .

28 31

1. 2. 3. 4.

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . .. .. .. .. .. . .. . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 34 37 38

C. Die systematische Ordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuern im 20. Jahrhundert..... . . . ... .... ......... . .................... . .. ....

40

I. Die Besteuerung des Vermögensübergangs von Todes wegen . . . .

40

1. Deutschland

.. .. . .. .. . . .. . .. . .. . .. . .. .. ... . .. . .. . . .. .. .. . .

40

Das Reichsgesetz von 1906 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Reformbestrebungen in den Jahren 1908 und 1909 . . . . Die Novelle von 1913 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die radikale Erbschaftsteuerlösung im Jahre 1919 . . . . . . . . Die Zeit bis zur Steuerreform von 1925 . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Die Reform der Erbschaftsteuer von 1925 . . . . . . . . . . . . . . . . g) Da~ Erbschaftsteuergesetz von 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Die Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . .

40 42 43 45 48 49 50 50

aa) Das Kontrollratsgesetz Nr. 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

a) b) c) d) e)

Inhaltsverzeichnis

10

bb) Die Regelung in den westlichen Besatzungszonen und in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Gesetz Nr. 64 der Militärregierung . . . . . . . . . . . . ~) Die Neufassung vom 30. 6. 1951 . . . . . . . . . . . . . . . . . . y) Die Tarifsenkung im Jahre 1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . ö) Das Gesetz von 1959 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone

51 51 51 51 52

und in der Deutschen Demokratischen Republik . . . . . . a) Die steuerpolitischen Leitgedanken . . . . . . . . . . . . . . ~) Die erbschaftsteuerliche Gesetzgebung . . . . . . . . . . . .

53 53 54

dd) Die selbständige Weiterentwicklung der Erbschaftsteuer in Osterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

2. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Die Zeit bis zum ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Gesetzgebung in der Zeit vom ersten Weltkrieg bis zum Ende des zweiten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Entwicklung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs . . aa) Die weitere Verschärfung der estate duty im Jahre 1946 bb) Die Vereinfachung der britischen Erbschaftsteuern im Jahre 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Erleichterung der Steuerbelastung für das gewerbliche Vermögen im Jahre 1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der weitere Ausbau der estate duty seit 1956 . . . . . . . .

55 55 57 61 61 62 62 63

3. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

a) Der rasche Ausbau der französischen Erbschaftsteuer bis zum ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

b) Die Zeit vom Beginn des ersten bis zum Ende des zweiten Weltkriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Entwicklung seit 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 68

4. Schweiz

..................................................

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a) Die Ordnung der kantonalen Erbschaftsteuern unter Verzicht auf eine Bundeserbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Regelung des Kantons Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Regelung des Kantons Basel-Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Die Besteuerung der Schenkungen unter Lebenden . . . . . . . . . . . .

73

1. Die Schenkungsteuer als Ergänzung der Erbschaftsteuer . . . . 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 73

a) Die Schenkungsteuer des preußischen Erbschaftsteuergesetzes von 1873 und des Reichsgesetzes von ~906 . . . . . . . . b) Die Erweiterung des steuerlichen Schenkungsbegriffs im Jahre 1919 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Entwicklung bis zur Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

73 74 76

Inhaltsverzeichnis

11

3. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

5. Schweiz

79

III. Die ergänzenden Abgaben von den Gütern der "Toten Hand" . . .. 1. Die Totehandabgabe als Äquivalent der Erbschaftsteuer bei

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juristischen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deutschland und Osterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 80 81 81 82

D. Die Vermögensteuer als laufende Vorausbelastung des Vermögens vor der Entrichtung der Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

I. Die Vermögensteuer im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

II. Die älteren Ausbildungen der Vermögensteuern . . . . . . . . . . . . . . . .

83

III. Die Vermögensbesteuerung in Deutschland seit der Einführung der preußischen Ergänzungsteuer von 1893 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2. 3. 4. 5.

1. Die laufenden und die einmaligen Abgaben vom Vermögen . . 2. Die zusätzliche Belastung des Gewerbekapitals und des Grundvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 85

IV. Die Sonderbelastung des Vermögens in Großbritannien . . . . . . . .

85

V. Die steuerliche Erfassung des Vermögens in Frankreich . . . . . . . .

86

VI. Die steuerliche Vermögensbelastung in der Schweiz . . . . . . . . . . . .

87

1. Allgemeiner Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Regelungen im Kanton Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 88

a) Die Vermögensteuer und die Kapitalsteuer . . . . . . . . . . . . . . b) Die Liegenschaftensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 89

3. Kanton Basel-Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vermögensteuer und die Kapitalsteuer . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 89 90

Kapitel2

Die sachliche Rechtfertigung der Erbschaft- und Schenkungsteuer A. Die ungelöste Frage einer überzeugenden Begründung der Erbschaft-

steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

B. Die finanzwissenschaftliehen Begründungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Inhaltsverzeichnis

12

I. Der erbrechtliche Erwerb als Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Abgrenzung des Erbanfalls vom Einkommen . . . . . . . . . . . . 2. Die Problematik der "Glücksfalltheorie" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Frage der Vermehrung der steuerlichen Leistungsfähigkeit durch den Erbanfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Erbschaftsteuer als Mittel der Sonderbelastung der fundierten Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der funktionelle Zusammenhang der Erbschaftsteuer mit der

Vermögensteuer

91 91 94 95 98

..........................................

98

2. Die Eignung der Erbschaftsteuer und der Vermögensteuer zur Belastung der fundierten Einkünfte in vergleichender Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

3. Das Problem der Ergänzung der Vermögensteuer durch die Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 III. Die Erbschaftsteuer als Instrument der Vermögensverteilung . . 103 1. Die mit der Erbschaftsbesteuerung erhobenen verteilungspolltischen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Die Stellungnahme des wissenschaftlichen Schrifttums . . . . 103 b) Die politische Beweisführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Die Erbschaftsteuer als Objekt politischer Auseinandersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 bb) Die Meinungsverschiedenheiten im Reichstag bis zum ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 cc) Die Agitation in der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . 110 dd) Die gemäßigte Debatte nach dem zweiten Weltkrieg . . 112 2. Die Problematik der Verwirklichung der an die Erbschaftsteuer gestellten verteilungspolitischen Forderungen . . . . . . . . 114 a) Der Einftuß der Erbschaftsteuer auf den Vermögensbestand der Volkswirtschaft ........ . ..... . ............... . . .. .. 114 b) Der Einfluß der Erbschaftsteuer auf die Vermögensneubildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Die Auswirkung der Erbschaftsteuer auf die Vermögensverteilung ..... . ... .. .. ...... ... . ..... .............. .. ... 116 IV. Oberholte und unzureichende Versuche zur Rechtfertigung der Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 V. Die Möglichkeit systemwidriger Nebenwirkungen . . . . . . . . . . . . . . 121 C. Die Erbschaftsteuer als Surrogat für ein Miterbrecht des Staates . . . . . . 124 I. Die Forderung nach einem Miterbrecht des Staates . . . . . . . . . . . . 124 II. Die Eignung der Erbschaftsteuer als Surrogat für ein staatliches Erbrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Inhaltsverzeichnis

13

Kapitel3 Die fiskalische Bedeutung der Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer A. Der Tarif

129

I. Die Entwicklung der Steuersätze in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Die auszugsweise Darstellung der Erbschaftsteuersätze . . . . . . 129 2. Die Auswirkung der Geldentwertung auf die tatsächliche Steuerbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Die Bezugsgröße der Tarifprogression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Nachlaß .. 2. Der Erbanfall 3. Das Vermögen des Erben 4. Der Grad der Verwandtschaft zwischen Erbe und Erblasser 0

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133 133 133 134 134

III. Der Tarif im Lichte der verfassungsrechtlichen Eigentums- und Erbrechtsgarantie 135 0

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B. Der Ertrag .............. .



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I. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer im Vergleich zum Vermögensteuer- und Gesamtsteueraufkommen .. . 139 0

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II. Die Beiträge der einzelnen Steuerklassen . ............

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142

Zweiter Teil Die Auswirkung der Erbschaftsteuer auf den Bestand der Unternehmung Kapitel 1 Der Obergang der Unternehmung auf den Erben in betriebswirtschaftlicher Sicht

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145

Kapitel2 Der Gegenstand und der Umfang der Besteuerung bei der erbrechtliehen Nachfolge A. Der Gegenstand der Besteuerung .

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148

I. Deutschland .. o.... .. .. o.. .. 148 1. Allgemeines .... .. 148 148 2. Der Erwerb von Todes wegen .. 3. Der Erwerb durch Schenkung unter Lebenden ... . . 153 0.

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a) Der erweiterte steuerliche Schenkungsbegriff .... b) Einzelfälle . .. 0

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14

Inhaltsverzeichnis II. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 III. Frankreich

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

IV. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Kanton Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Kanton Basel-Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B. Die Abgrenzung der Steuerpflicht im Verhältnis zum Ausland . . . . . . . . 161 C. Die bewertungsrechtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 III. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 IV. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 V. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Im Kanton Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im Kanton Basel-Stadt .. . . .. . . . . . .. . .. .. . . . . . . . .. . .. .. . . ..

170 170

D. Befreiungen und Ermäßigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 II. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

172

III. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 IV. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Im Kanton Zürich

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 175

2. Im Kanton Basel-Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E. Der Vergleich der steuerlichen Vorausbelastung des Vermögens in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz . . . . . . . . . . 175 I. Der Tarifvergleich des Bundesfinanzministeriums . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

II. Der Vergleich der tatsächlichen steuerlichen Inanspruchnahme des Vermögens anband eines Beispiels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Der Sachverhalt

. ....................... ........... . ...... 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Personenunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kapitalgesellschaft . . . . . . . . .. .. .. . . .. . .. . . . . . .. . . . . c) Gewerbekapitalsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179 179 179 179 179 179 180

Inhaltsverzeichnis

15

3. Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5. Kanton Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Wehrsteuer, Vermögensteuer und Kapitalsteuer . . . . . . . . . . 180 aa) Personenunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 111. Das Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Kapitel3

Die Gestaltungsmöglichkeiten des Steuerpflichtigen und die Grenzen einer Einflußnahme auf die erbschaftsteuerliche Belastung A. Die Ausnutzung des erbschaftsteuerliehen Gestaltungsspielraums als Teil der Vorsorge für den Obergang der Unternehmung auf den Erben 183 B. Der Einfluß der familienrechtlichen Regelungen auf die Höhe der erbschaftsteuerliehen Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 I. Der eheliche Güterstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 II. Die Annahme an Kindes Statt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 C. Die Minderung des Erbschaftsteuereingriffs durch eine bewußte Lenkung des steuerbaren Vermögenserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Die steuerlichen Vorteile der getrennten Zuwendung des Vermögens und seiner Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Der Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

190

a) Die schenkungsweise Übertragung des Unternehmens oder der Beteiligung unter Vorbehalt des Nießbrauchs . . . . . . . . 190 b) Das Nießbrauchsvermächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 c) Die Aussetzung der Versteuerung nach§ 31 ErbStG . . . . . . 193 d) Die Rentenbesteuerung nach § 30 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . 194 e) Die vom Nießbraucher zu tragenden Lasten . . . . . . . . . . . . . . 195 2. Die Rentenverpflichtung 111. Die Vor- und Nacherbschaft

195 196

IV. Die Bedeutung des Erbverzichts für die erbschaftsteuerlich günstige Lösung der Unternehmensnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 V. Die Vermeidung einer Belastung mit Erbschaftsteuer durch Obertragung des späteren Nachlasses an einen rechtlich selbständigen Vermögensträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Inhaltsverzeichnis

16

1. Die Stiftung

197

a) Die steuerlichen Folgen der übertragung der Unternehmung oder der Kapitalanteile auf eine Stiftung . . . . . . . . . . 197 b) Das Problem der laufenden Besteuerung der Stiftung und ihrer Destinatäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 2. Der discretionary trust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

a) Der testamentary trust als Mittel der Nachlaßbindung . .

200

b) Die erbschaftsteuerliehen Vorteile des discretionary trust 202 3. Der wirtschaftliche Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 D. Die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerliehen Vergünstigungen . . . .

205

E. Die Vermeidung der Steuerpflicht im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 F . Das Verhältnis der Erbschaftsteuer zu anderen Abgaben . . . . . . . . . . . . 206 G. Der Vergleich der Einsparungsmöglichkeiten an Erbschaftsteuer in der Bundesrepublik Deutschland und dem als höchstbesteuert geltenden Großbritannien anband eines praktischen Beispiels . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 I. Der Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

208

II. Die Belastung in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2. Vermögensteuer

209

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

3. Gewerbekapitalsteuer

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

III. Das Verhältnis in Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 IV. Das Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Kapitel4

Die wirtschaftlichen Folgen der Erhebung der Erbschaftsteuer für die Unternehmung A. Der Zwang zur Finanzierung der Erbschaftsteuerzahlung aus Mitteln des Betriebsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 B. Das Liquiditätsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 I. Die Gefahr des Eintritts der Illiquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 II. Die möglichen liquiditätspolitischen Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . 215 C. Die Rückwirkungen des geschmälerten Finanzierungsvolumens der betroffenen Unternehmen auf den leistungswirtschaftlichen Sektor . . 216 D. Die Veränderungen im dispositiven Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Inhaltsverzeichnis

17

KapitelS Die notwendige erbschaftsteuerliche Entlastung der Unternehmung durch die Inangriffnahme gesetzgeberischer Maßnahmen A. Die Frage der Abschaffung der Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

220

B. Die Entlastung des gewerblichen Vermögens bei der Erhebung der Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 C. Die Beseitigung der Progression nach dem Grad der Verwandtschaf.t als eine Möglichkeit für eine Erleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 D. Die Gewä hrung eines Anspruchs auf ratenweise Begleichung der Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Literaturverzeichnis ........ ... ................. . ................. ·: . . . 22.3 Sachregister

255

Verzeichnis der Abkürzungen a.a.O. ABGB Abs. Abschn. AER

AktG Amt!. Slg. Anm. AO Arch. f. Soz. Wiss. u. Soz. Pol. ArchSchwAbgrecht Art. AWD Bad. Ges. - u. Ver.- Blatt BAnz Bayer. Encycl. Bayer. GBl BB Bd. BewG BFH BGB BGBl BGB-RGRK

BGH BGHZ Bremisches GBl BStBl BVerfG BVerfGE

am angegebenen Ort Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch Absatz Abschnitt The American Economic Review Aktiengesetz Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs/Bundesfinanzhofs Anmerkung (Reichs-) Abgabenordnung Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik Archiv für Schweizerisches Abgaberecht, Neue Folge der Vierteljahresschrift für schweizerisches Abgaberecht Artikel Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters mit Recht der Europäischen Gemeinschaften Gesetzes- und Verordnungsblatt für das Großherzogthum Baden Bundes-Anzeiger Encyclopädie der Bayerischen Gesetzgebung, HerausgeberS. v. Haller Gesetz und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern Der Betriebs-Berater Band Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, Kommentar herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetzblatt der freien Hansestadt Bremen Bundessteuerblatt Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Herausgegeben von den Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts

Verzeichnis der Abkürzungen

c.c.

CGI Chap. Collection Duvergier

DB Diss. DStBl DStR

DStZ/A DVStR Ec.J. Ed. EFG EGBGB ErbStDV ErbStG EStG EStR FamRZ

FAZ

f.

ff. FG FinArchiv FinMin FR GBl GG GrEStG Harnburgische Slg. Handelsblatt HbFW H.C.Deb. HdB HdSt

19

CodeCivil Code general des impöts Chapter Collection Complete des Lois, Decrets, Ordonnances, Reglemen(t)s, Avis du Conseil- d'Etat ... par J . B. Duvergier DerBetrieb Dissertation Deutsches Steuerblatt Deutsches Steuerrecht, Zeitschrift für Praxis und Wissenschaft des gesamten Steuerrechts, Zugleich Organ der Bundeskammer der Steuerbevollmächtigten Deutsche Steuer-Zeitung, A-Ausgabe Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau, Monatsschrift für das gesamte Verkehrsteuerwesen einschl. Erbschaftsteuer The Economic Journal, The Journal of The Royal Economic Society Edition Entscheidungen der Finanzgerichte Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18. 8. 1896 Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung Erbschaftsteuergesetz Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland, D-Ausgabe folgende (Seite) folgende (Seiten) Finanzgericht Finanz-Archiv, Zeitschrift für das gesamte Finanzwesen, ab 1884 Herausgeber Georg Schanz, ab 1933 Neue Folge, Herausgeber Hans Teschemacher Finanzminister Finanz-Rundschau Gesetzblatt Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 Grunderwerbsteuer-Gesetz Harnburgische Gesetze und Verordnungen, Systematisch geordnete Zusammenstellung mit Anmerkungen, Herausgeber A. Wulff Handelsblatt, Deutsche Wirtschaftszeitung, Vereinigt mit Deutsche Zeitung Handbuch der Finanzwissenschaft The Parliamentary Debates (Official Report) ... , House of Commons Handwörterbuch der Betriebswirtschaft Handwörterbuch der Staatswissenschaften

20 HdSW HFR HGB Hirths Annalen

IHK IWB Jg. JZ KO KVStG LM NJW Nr. nrkr. NStR öBGBl ÖStZ o.J. OLG o.O. o.V. OVGSt

Preuß. Ges.-Slg. PrOVG Rev. Sc. et Leg. Fin. RdF RegBl RFH RG RGBl RGZ rkr. RStBl RWP-Blattei s.

s.

Schmollers Jahrbuch

Verzeichnis der Abkürzungen Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, zugleich Neuauflage des Handwörterbuchs der Staatswissenschaften Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik Industrie- und Handelskammer Internationale Wirtschafts-Briefe für Handel, Steuer- und Wirtschaftsrecht, Sammelwerk Jahrgang Juristenzeitung Konkursordnung Kapitalverkehrsteuergesetz Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Neue Juristische Wochenschrift Nummer nicht rechtskräftig Neue Steuer-Rundschau, Zeitschrift für die Praxis des Steuerrechts, Herausgeber: R. Becker und P. Marcuse österreichisches Bundesgesetzblatt Österreichische Steuer-Zeitung ohne Jahr Oberlandesgericht ohne Ortsangabe ohne Verfasserangabe Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen. Im amtlichen Auftrage herausgegeben von Mitgliedern des Gerichtshofs Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten Preußisches Oberverwaltungsgericht Revue de Science et de Legislation Financieres Reichsminister der Finanzen Regierungsblatt Reichsfinanzhof Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen rechtskräftig Reichssteuerblatt Blattei-Handbuch Rechts- und Wirtschaftspraxis series Seite Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich. Des "Jahrbuchs für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutschen Reiches" Neue Folge, Herausgegeben von Gustav Schmoller

Verzeiclmis der Abkürzungen

21

section Sammlung Spalte Steueranpassungsgesetz The Statutes at Large . . . (bis 1807) The Statutes of the United Kingdom and Ireland . .. (bis 1865) The Law Reports. The Public General Statutes ... (bis 1925) The Law Reports. The Public General Acts . . . and the Church Assembly Measures ... (bis 1939) The Public General Acts and the Church Assembly Measures of .. . (ab 1940) Staudingers Komm. z. BGB J . v . Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen Steuerberater-Jahrbuch StBJb StG Steuergesetz Steuer und Recht, Herausgegeben vom Institut StuR für Steuerrecht der Rechtsanwaltschaft e. V. Steuer und Wirtschaft, Teil I Abhandlungen, StuW Teil 11 Rechtsprechung subs. subsection Thüringisches Oberverwaltungsgericht Thür.OVG Tz. Textziffer u. Urteil u.a. und andere v. vom Verf. Verfasser vgl. vergleiche Vol. Volume VVG Versicherungsvertragsgesetz vw Der Volkswirt, Wirtschafts- und Finanz-Zeitung Webers Gesetzessammlung Neue Gesetz- und Verordnungen-Sammlung für das Königreich Bayern mit Eimchluß der Reichsgesetzgebung, zusammengestellt und mit Anmerkungen versehen von Karl Weber Württ. RegBl Königlich-Württembergisches Staats- und Regierungsblatt, ab 1824: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, ab 1918: Regierungsblatt für Württemberg Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. 8. 1919 wv (Weimarer Verfassung) z.B. zum Beisniel ZfB Zeitschrift für Betriebswirtschaft ZfbF Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZfgK Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für handelswissenschaftliche ForZfhF schung ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch Ziff. Ziffer sec. Slg. Sp. StAnpG Statutes

"Steuerfragen sind stets äußerst subtiler Art und rühren an menschliche Eigenschaften, die das Urteil über das, was gerecht ist, stark zu verwirren geeignet sind." Georg Strutz, Die Besteuerung der Kriegsgewinne, Stuttgart 1916, 5.19. Erster Teil

Die Entwicklung und Begründung der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen Kapitell

Die historischen Grundlagen der Erbschaft· und Schenkungsteuer A. Die Geschichte der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen bis in die Zeit der Französischen Revolution I. Altertum 1. Ägypten

Mit Sicherheit wurde in Ägypten, welches über ein "unendlich fein gegliedertes Steuersystem" 1 verfügte, auch eine Erbschaftsteuer in Form einer Besitzwechselabgabe erhoben. Nähere Auskunft gibt ein Papyrus aus dem Jahr 117 v. Chr., das ein Gesetz erwähnt, wonach jede Erbschaft zu registrieren und einer Abgabe zu unterwerfen war1.DerVerstoß gegen diese Vorschrift zog nicht nur den Verlust der Erbschaft, sondern auch eine Strafe nach sich, die Lumbroso3 mit 20 °/o des Nachlaßwertes angibt. Den Steuersatz selbst schätzt er auf 10 °/o. 1 Wilcken, Ulrich: Griechische Ostraka aus Aegypten und Nubien, Ein Beitrag zur antiken Wirtschaftsgeschichte, 1. Buch, Leipzig und Berlin 1899, S. 410. 1 Schanz, Georg: Studien zur Geschichte und Theorie der Erbschaftssteuer, FinArchiv 1900, S. 1 ff. (2); vgl. auch Wilcken, Ulrich: a. a. 0., S. 345 f., 408, 455, 468. 1 Lumbroso, Giacomo: Recherehes sur l'economie politique de l'Jl:gypte sous les Lagides, Turin 1870, S. 307 ff.

24

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

2. Griechenland

Shultz 4 berichtet von einer griechischen Erbschaftsteuer, die in der späteren hellenistischen Periode mit dem ägyptischen Vorbild in Verbindung gestanden haben soll. 3. Rom

Weder über die Anfänge noch über das Ende der römischen Erbschaftsteuer sind sichere Angaben möglich 5• Erwiesen ist die unter Augustus im Jahre 6 n. Chr. eingeführte 5 Ofoige Erbschaftsteuer (vicesima hereditatium)0, deren Erträge zur Speisung einer Pensionskasse für ausgediente Soldaten herangezogen wurden. Von dieser Abgabe, die zunächst lediglich die römischen Bürger erfaßte, waren die nächsten Verwandten und dürftige Erben freigestellt, wobei umstritten ist, ob die überlieferte Bezeichnung "dürftig" sich auf die Vermögensverhältnisse des Erben oder auf die Höhe des Erbanfalls bezog7 • Trajan machte die Erbschaftsteuer von der Höhe des Erbanfalls abhängig und begründete damit bereits die progressive Ausgestaltung dieser Abgabe8 • Unter Caracalla erlebte die Erbschaftsteuer in ihrer fiskalischen Ausgestaltung einen Höhepunkt. Der neue Steuersatz von 10 Ofo, der auf sämtliche Erbschaften im Reich erhoben wurde, bedeutete vor allem für die Provinzen, deren Besitz schon mit der Grundsteuer belastet war, eine erhebliche Härte. Caracallas Nachfolger Macrinus (217) hob diese Neuerungen auch sofort wieder auf9 • Über das Ende der römischen Erbschaftsteuer kann mit Sicherheit nur gesagt werden, daß sie zur Zeit Justinians (527-565) nicht mehr bestand10• 4

Shultz, William J.: The Taxation of Inheritance, Boston and New York

1926, s. 4.

5 Bachofen, J. J.: Die Erbschaftssteuer, ihre Geschichte, ihr Einfluß auf das Privatrecht in: Ausgewählte Lehren des römischen Civilrechts, Bonn 1848, s. 322 ff. 6 Häufig als "vicesima hereditatum" zitiert; die obige Genitivform scheint jedoch die originale zu sein, vgl. West, Max: The Inheritance Tax, 2nd Ed., Completely Revised and Enlarged, New York 1908, S. 13. . 7 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 18 f. Weitere kommentierte Einzelheiten bringt Bachofen, J. J.: a. a. 0;, S. 332 ff. Über die Art der Erhebung vgl. Hirschfeld, Otto: Untersuchungen auf dem Gebiete der römischen Verwaltungsgeschichte, 1. Band: Die Kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diocletian, Berlin 1877, s. 62 ff. ·. 8 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 27. 7 Derselbe: a. a. 0., S. 28; Bachofen, J. J.: a. a. 0., S. 394. 10 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 29 ff.; Bachofen, J. J.: a. a. 0., S. 394 ff.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

25

II. Vom Mittelalter bis zum Ende des 17. Jahrhunderts Im europäischen Mittelalter war die Erbschaftsteuer von geringer Bedeutung, wohl auch deshalb, weil ein Erbrecht meist nur den engeren Verwandten zustand11 • Lediglich der Vermögensübergang an entferntere Seitenlinien war mit einer Abgabe belegt, mit der die Verwandten die Erbschaft gleichsam erkaufen und die Nachfolge der Obrigkeit verhindern konnten 12• Erst mit dem Ausgang des Mittelalters wurde der Erbschaftsteuer eine größere Bedeutung zuteil. Die Erweiterung des Kreises der Erbberechtigten und die neu aufgekommene Kenntnis der römischen vicesima hereditatium gaben den Anlaß. Die ersten Spuren weisen auf Italien hin. Im Jahre 1395 führte Genua eine 2 °/oige Erbschaftsteuer ein, von der weder die nächsten Verwandten noch die Geistlichkeit befreit waren13• In Deutschland befaßte sich Johannes Sturm (1507-1589) mit der Erbschaftsteuer. Er empfahl die Abgabe, wie sie die römischen Kaiser erhoben hatten, als ein geeignetes Mittel zur Behebung der durch die Türkenkriege eingetretenen Finanznot14 • Sturms Vorschläge fanden bald Unterstützung durch andere humanistische Gelehrte15• Das markgräflich baden-durlachische Landrecht, gedruckt 1622, eingeführt 165416, brachte die erste deutsche Vorschrift über eine Erbschaftsteuer, die im Falle des nichttestamentarischen Erwerbs von Erben des siebten bis zehnten Grads in Höhe von 10 Ofo des Anfalles erhoben wurde. Schanz11 meint jedoch, daß es sich bei diesem "Lacherbengeld" um eine vereinzelt dastehende Bestimmung handle, und eine über 100 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes niedergeschriebene Bemerkung von Lang18 11 Vgl. Stobbe, Otto: Handbuch des Deutschen Privatrechts, 5. Band, 1. und 2. Auflage, Berlin 1885, S. 160 ff. und die dort zitierte ältere Literatur. 12 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 36; vgl. auch Chai, Curt: Die historische Ent-

wickelung der Erbschaftsabgabe in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Erbschaftssteuergesetzgebung des 20. Jahrhunderts mit Betonung des Unterschiedes der deutsch- und römisch-rechtlichen Erbauffassung, Diss. Heidelberg, o. 0. 1923, S. 18 ff. 13 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 36. 14 Vgl. Schanz, Georg: a. a. 0 ., S. 42. 15 Vgl. die näheren Angaben bei Schanz, G.: a. a. 0., S. 45 ff. 18 Schanz, Georg: Studien .. ., FinArchiv 1900, S. 54; vgl. auch Rau, Karl Heinrich: Lehrbuch der politischen Oekonomie, Dritter Band, Grundsätze der Finanzwissenschaft, Erste Abtheilung, Dritte, vermehrte und verbesserte Auflage, Zweiter, unveränderter Nachdruck, Leipzig und Heidelberg 1855, S. 326, Anm.a. 17 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 55. 18 Lang, Karl Heinrich: Historische Entwickelung der Teutschen Steuerverfassungen seit der Karolinger bis auf unsere Zeiten, Berlin und Stettin 1793, s. 125.

1. Teil:

26

Grundlagen der Erbschaftsteuer

scheint das zu bestätigen: "Eines teutschen Ursprungs werden diese Abgaben wohl schwerlich seyn." Gleichwohl versuchten weitere Länder, sich den Ertrag einer Erbschaftsteuer zunutze zu machen. So unternahm das Fürstentum Braunschweig-Lüneburg bereits 1624 die Erhebung einer 2 °/oigen Kollateralsteuer, die jedoch schon deshalb kaum etwas einbrachte, weil der Verwaltungsapparat "absolut nicht funktionierte" 10• Auch Harnburg konnte seine 1647 eingeführte Erbschaftsteuer in Höhe von 10 °/o praktisch nicht durchsetzen20 • Schließlich sei die relativ bescheidene Stempeltaxe erwähnt, die Friedrich Wilhelm im Jahre 1685 in Brandenburg einführte und die auch Testamenten, Erbverträgen und Teilungen auferlegt war21 • Gegen Ende des 17. Jahrhunderts, im Jahre 169422, reihte sich England mit der Einführung eines Urkundenstempels (probate duty), der nur den Mobiliarnachlaß betraf, in den Kreis der erbschaftsbesteuernden Staaten ein. Die Abgabe betrug einheitlich zunächst 5 sh und ab 1698 10 sh, sofern der Wert des Mobiliarnachlasses i 20 erreichte23 • 111. Die Entwicklung im 18. Jahrhundert Im Laufe des 18. Jahrhunderts, vor allem in seiner zweiten Hälfte, gewann die Erbschaftsteuer nicht nur in den deutschen Staaten, sondern auch im europäischen Ausland zunehmend an Bedeutung. Die brandenburgische Stempeltaxe von 1685 wich im Jahre 1766 einem Stempel- und Kartenedikt2\ das höhere Gebührensätze aufwies und zwischen gerader Linie und Seiten- oder Nichtverwandten unterschied. Schon vorher hatten einige thüringische Staaten wie Hildburghausen, Gotha und Eisenach eine Erbschaftsabgabe eingeführt. Sie wurde weniger aus fiskalischen Überlegungen als aus Gesichtspunkten der Mildtätigkeit geboren. Ihr Ertrag war vornehmlich "zur Errichtung und Unterhaltung von Waisen- und Zuchthäusern" 25 bestimmt. Die Gothaer Abgabe ging zur Hälfte an die Kirche, wodurch der Steuereingang gut gesichert erschien. 19

20 21

22 23

Schanz, Georg: a. a. 0., S. 57; vgl. auch West, Max: a. a. 0., S. 32. Schanz, Georg: a. a. 0., S. 59. Derselbe: a. a. 0., S. 60 f. Gesetz von 1694, Statutes 1764, S. 306 ff. (6. & 7. Will. and Mar., Cap. 21). Vgl. West, Max: a. a. 0., S. 60.

24 Novum corpus constitutionum Prussico-Brandenburgensium, IV. Bd., S. 406, zitiert bei Schanz, Georg: Studien ... , FinArchiv 1901, S. 553 ff. (579). 25 Schanz, Georg: Studien . . ., FinArchiv 1901, S. 569; nach Stobbe, Otto: a. a. 0., S. 166 f. hatten die Zuchthäuser teilweise schon im Mittelalter ein beschränktes Erbrecht.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

27

Ein erster Versuch zur Begründung der Erbschaftsabgabe findet sich in einer im Jahre 1790 erschienenen Schrift25, deren Verfasser anonym geblieben ist. Unmittelbarer Anlaß für die Abhandlung war die Einführung einer 21/2 °/oigen Kollateralsteuer im Fürstentum Bayreuth zugunsten des Zuchthauses St. Georgen am 27. 4. 176927 • In dem Vorwort schlägt Klüber für die Abgabe den Begriff "Erbschaftssteuer" vor und gibt ihr damit den Namen. Die englische Stempelsteuer (probate duty) von 169428 wurde im Jahre 177929 durch die dreistufig progressive Ausgestaltung des Steuersatzes je nach der Höhe des Nachlasses verfeinert und auf Irland und Schottland30 ausgedehnte. An ihre Stelle trat 178031 die legacy duty (Vermächtnissteuer), die ebenfalls nur auf Erwerbe von beweglichem Vermögen erhoben wurde und die man im Jahre 1796 nach dem Verwandtschaftsgrad abstufte32• Während Ehegatten, Abkömmlinge und Aszendenten frei blieben, bewegte sich der Steuersatz für entferntere Verwandte zwischen 2 und 6 °W\ wofür das holländische Beispiel vermutlich nicht unmaßgebend gewesen war34. Die Erbschaftsbesteuerung in Frankreich ist auf den centieme denier zurückzuführen, der seit 1705 den Übergang von Immobilien und Immobiliarrechten belastete, soweit er nicht in gerader Linie stattfand35• Diese Abgabe wurde im Jahre 1790 zugunsten eines Gesetzes aufgehoben, das die Steuerpflicht auf die gerade Linie erweiterte und auch den Übergang beweglicher Güter auf Grund von Vermächtnissen und Schenkungen erfaßte38. Die Steuersätze lagen bei Immobilien zwischen 0,25 und 4 °/o, bei beweglichen Gütern zwischen 0,25 und 1,5 °/o des Bruttowertes ohne u o. V.: Ueber Erbschaftssteuer oder lachende Erben-Gebühr, Nach Grundsäzen teutscher Provinzial-Rechte insonderheit in Beziehung auf den Collateral-Anfall in dem Fürstenthum Baireuth. Mit Vorrede über diesen Gegenstand von Johann Ludwig Klüber, Erlangen 1790. t7 o. V.: ebenda, S. 2. ts Vgl. Haensel, Faul: Die Erbschaftssteuer in England, Ein Beitrag zur Geschichte der englischen Finanzen, FinArchiv 1908, S. 507 ff. (512); vgl. Vocke, W.: Geschichte der Steuern des britischen Reichs, Ein finanzgeschichtlicher Versuch, Leipzig 1866, S. 223 ff. 28 Gesetz von 1779, Statutes 1778, S. 344 ff. (19 Geo. 3, Cap. 66). 10 In Schottland wurde sie inventory duty genannt. 11 Gesetz von 1780, Statutes 1780, S. 44 ff. (20 Geo. 3, Cap. 28). u Gesetz vom 26. 4. 1796, Statutes Vol. 40, Part II, S. 640 ff. (36 Geo. 3, Cap. 52). 33 Gesetz vom 26. 4. 1796, a. a. 0., Sec. 2. 1' Vgl. Haensel, Faul: a. a. 0., S. 517 ff.; vgl. Vocke, W.: a. a. 0 ., S. 227; West, Max: a. a. 0., S. 60. 35 Wagner, Adolph: Finanzwissenschaft, 3. Theil: Specielle Steuerlehre, Leipzig 1889, S. 151. 11 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 555.

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

28

Abzug der Lasten37• Das Gesetz vom 22. frimaire an 7 (12. 12. 1798) 38 veränderte den Tarif zugunsten des beweglichen Vermögens und zuungunsten von Immobilien.

B. Der Übergang zu eigentlichen Erbschaftsteuergesetzen im 19. Jahrhundert verbunden mit dem Ansteigen der steuerlichen Belastung I. Die Auffassungen der zeitgenössischen Literatur Die literarische Diskussion des 19. Jahrhunderts über die Frage der Erbschaftsbesteuerung ist von zwei entgegengesetzten Lagern ausgegangen. Die individualistisch orientierte liberale Schule, die zunächst tonangebend war, fand ihre härtesten Gegner in den Vertretern des frühen französischen Sozialismus. Adam Smith1 und David Ricardo2 äußerten sich zu der neuen Steuer nur kurz und ablehnend 3• Da sie nicht immer aus dem laufenden Vermögeusertrag geleistet werden könne, vermindere die Stempeltaxe den Kapitalwert des übertragenen Eigentums selbst, was nach Smith4 zu einer Schwächung der zur Aufrechterhaltung produktiver Arbeit bestimmten Fonds führt und deshalb, wie Ricardo5 es ausdrückt, "die künftige Produktion des Landes" verringert. Die deutschen Theoretiker standen, wie Schanz6 sagt, "ganz unter dem Bann dieser Deduktionen." So erteilt Murhard 1 der Erbschaftsteuer eine Derselbe: ebenda. Collection Complete des Lois, Decrets, Ordonnances, Reglemen(t)s, Avis du Conseil-d'~tat ... par J. B. Duvergier (im folg. zitiert als Collection DuveTgier), Tome 11 eme, S. 90 ff. 1 Smith, Adam: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Vol. third, London 1819, S. 310 ff. 2 Ricardo, David: Grundsätze der Volkswirtschaft und Besteuerung, Aus dem englischen Original, und zwar nach der Ausgabe letzter Hand (3. Aufl. 1821), ins Deutsche übertragen von Ottmar Thiele, Jena 1905, S. 148. 3 Eine gegenteilige Einstellung von Smith zur Erbschaftsteuer versucht glaubhaft zu machen Haen~er. Paul: Die Erbsf'haftssteuer in England, Ein Beitrag zur Geschichte der englischen Finanzen, FinArchiv 1908. S. 507 ff. (514). 4 Smith, Adam: a. a. 0., S. 317 f. Neben dieser volkswirtschaftlichen Begründung polemisiert Smith weiter: ,.Die Besteuerung durch Stempel- und Registergebühren ist eine sehr moderne Erfindung, aber im Laufe eines Jahrhmi.derts sind die Stempelsteuern in Europa fast allgemein, und die Registergebühren sehr gebräuchlich geworden. Nichts lernen die Regierungen geschwindPr vnneinander, als die Kunst, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen" (S. 316). 5 Ricardo, David: a. a. 0., S. 148. 6 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 640. 7 Murhard, Karl: Theorie und Politik der Besteuerung, Ein Handbuch für Staatsgelehrte, Volks-Vertreter und Geschäftsmänner, Göttingen 1834, 37

38

s. 247 ff.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

29

klare Absage. Hoffmann 8 gibt zu bedenken, daß die öffentlichen Kassen in diesem Fall mit der einen Hand nehmen, "was sie mit der andern an unerläßlichen Unterstützungen zehnfältig wiedergeben müssen." Gleichwohl räumt er ein, daß die Erbschaftsteuer auf Grund der milden und schonenden Regelung in Preußen immerhin "zu den besseren Einrichtungen dieser Art zu zählen sein dürfte" 9 • Rau10 , der sich eingehender mit der Erbschaftsabgabe befaßt, betrachtet sie "als eine auf den Tod des Steuerpflichtigen hinausgeschobene Vermögensteuer." Soweit sie in Stempelform oder als Bestandteil einer Eintragsgebühr erhoben werde, verursache sie bei niemandem "das Gefühl einer Entbehrung", vorausgesetzt, daß sie "noch aus den Renten bestritten werden" könne, "also etwa ein oder zweiProcente nicht" übersteige. Eine echte Erbschaftsteuer dagegen mit entsprechend höheren Tarifen hält Rau im Vergleich zur laufenden Belastung mit der Vermögensteuer für "sehr unvollkommen", da sie die Dauer des Vermögensbesitzes nicht berücksichtigen könne und "ihres hohen Betrages wegen den Stamm des Vermögens" angreife. Außerdem müsse man bei einer Ausweitung der Erbschaftsteuer "das unbewegliche und das von dem Eigenthümer selbst in ein Gewerbe verwendete Capitalvermögen von der Erbschaftsabgabe befreien", um jene Vermögensteile zu schonen, "deren Ertrag schon sonst besteuert ist" 11 • Die Gegenbewegung nahm ihren Ausgang von den französischen Sozialisten und von der weniger radikalen Nützlichkeitslehre Benthams. Beide Richtungen verbindet der Angriff gegen das Erbrecht selbst12 • Nach den Lehren von St. Simon, Bazard und Enfantin 13 widerspricht das Erbrecht dem Prinzip der Gleichheit und ist deshalb dem Staat zu übertragen. Dieser soll das übernommene Vermögen denjenigen weitergeben, deren Fähigkeit erprobt ist und "die sich wirtschaftlich bereits bewährt"14 haben. Weniger utopisch klingt die Anregung Benthams15 , das Intestaterbrecht auf die gerade Linie und auf den Ehegatten zu beschränken. Die a Hofjmann, J. G.: Die Lehre von den Steuern als Anleitung zu gründlichen Urtheilen über das Steuerwesen mit besonderer Beziehung auf den Preußischen Staat, Berlin 1840, S. 420 ff. (421). 9 Derselbe: a. a. 0., S. 426. 10 Rau, Karl Heinrich: a. a . 0., S. 325 f. und 2. Abtheilung, Dritte, vermehrte und verbesserte Ausgabe, Heidelberg 1851, S. 154 f. 11 Derselbe: a. a. 0., 2. Abtheilung, S. 155. 12 Vgl. auch Bacher, Otto: Die deutschen Erbschafts- und Schenkungssteuern. Systematische und kritische Darstellung derselben nebst Vorschlägen zu ihrer Unifizirung und einem Gesetz-Entwurfe, Leipzig 1886, S. 28 ff. 13 Dargestellt bei Warschauer, Otto: Saint-Sirnon und der Saint-Simonismus, Leipzig 1892, S. 9 ff., S. 57 ff., S. 82 ff. 14 Warschauer, Otto: a. a. 0 ., S. 69. 15 Bentham, Jeremy: Supply without Burthen or Escheat vice Taxation ..., 1795, Jeremy Bentham's Economic Writings, Critical Edition Based on his Printed Works and Unprinted Manuscripts by W. Stark, Valurne I, London

1952, s. 279 ff.

30

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

Frage, was der Eigentümer beim Fehlen von Abkömmlingen in direkter Linie mit seinem Vermögen anfangen soll, löst Bentham ebenso wie Mill 16 mit dem Hinweis auf die nach seinem System zulässige Testierfreiheit. In Deutschland stellte Pfizer11 ähnliche Überlegungen an. Da auf dem Eigentum "der ganze leibliche, materielle Theil des menschlichen Daseyns" beruhe und es somit "die Grundlage des ganzen Staatsgebäudes, ja die Grenzscheide zwischen . .. Thier und Mensch" bilde, sei es eine der ersten Aufgaben der Staatskunst, das Eigentum so zu verteilen, "daß kein Staatsbürger ohne seine Schuld von dieser Grundbedingung eines menschenwürdigen Daseyns ausgeschlossen bleibe" 18• Deshalb wäre es "eine annähernde Verwirklichung der Grundsätze des natürlichen Rechts", den Seitenverwandten das gesetzliche Erbrecht zu entziehen, die Verfügungsgewalt von Ehe und Kinderlosen über den Nachlaß zu beschränken, "um für den Staat die Mittel zu gewinnen, die zahlreiche Klasse der Besitz- und Erblosen nicht blos vorübergehend und mit etwas mehr als dem Allernothwendigsten zu unterstützen" 18•

Schanz20 will auch in Bluntschli einen Befürworter der Erbschaftsabgabe erkennen. Dieser hatte jedoch keine Steuer, sondern "ein Erbrecht der Gemeinde und des States ergänzend und berichtigend" 21 zu dem Familienerbrecht vorgeschlagen. Den Ertrag wollte er "entweder zur Ausstattung bedürftiger aber fähiger Familien mit freiem Vermögen oder für wohlthätige Einrichtungen" 22 verwendet wissen. Eine Erbsteuer könne dies nicht ersetzen, weil sie "nach dem Zufall der Todesfälle" 21 ungleichmäßig sei und für Staatsbedürfnisse herangezogen werde. Auch Umpfenbach 24 schlug einen direkten Eingriff in das Erbrecht vor. Er befürwortete eine Beschränkung der Testierbefugnis bis zum 4. Grad und auf höchstens die Hälfte der Hinterlassenschaft. Das übrige solle dem Staat zufallen. Als "des Volkes Erbe" sei es dann zur Ausbil18 Mill, John Stuart: Grundsätze der politischen Oekonomie, nebst einigen Anwendungen auf die Gesellschaftswissenschaft, Aus dem Englischen übersetzt und mit Zusätzen versehen von Adolph Soetbeer, Erster Band, Harnburg 1852, s. 258 ff. 17 Pjizer, Paul Achatius: Gedanken über Recht, Staat und Kirche, I. Theil, Stuttgart 1842, S. 59 ff. ts Derselbe: a. a. 0 ., S. 65. 10 Pjizer, Paul Achatius: a. a. 0., S. 65. ~0 Schanz, Georg: a. a. 0 ., S. 660. 21 Bluntschli, J. C.: Das Erbrecht und die Reform des Erbrechts, Gesammelte kleine Schriften, I. Band, Aufsätze über Recht und Stat, Nördlingen 1879, S. 233 ff. (253), (Sperrdruck weggelassen). 22 Derselbe: a. a. 0 ., S. 255. 23 Derselbe: a. a. 0., S. 256. 2' Umpfenbach, Karl: Des Volkes Erbe, Berlin 1874.

Kap.1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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dungjener bestimmt, "welche aus eignen Mitteln nicht vermögen, sich das der Kulturstufe entsprechende Ebenmaß an Erwerbskraft und persönlicher Vervollkommnung überhaupt zu verschaffen" 25 •

II. Die Erbschaftsteuergesetzgebung im 19. Jahrhundert 1. Deutschland Die deutsche Erbschaftsteuergesetzgebung des 19. Jahrhunderts ist durch eine Vielzahl von Partikularrechten gekennzeichnet, die lange über die Reichsgründung hinaus fortbestanden. Das ganze Jahrhundert über waren es die Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, die mit Abstand die höchsten Erbschaftsteuersätze aufwiesen. Die Vorschriften von Harnburg und Lübeck waren in einem zweiten Punkt richtungweisend für spätere Gesetzgeber, indem sie bereits ab 1894 die direkten Abkömmlinge, also auch die Kinder des Verstorbenen, in den Kreis der Steuerpflichtigen einbezogen26 • Die finanzwissenschaftliehen und politischen Bedenken gegen die Erbschaftsteuer wurden von fiskalischen Überlegungen immer mehr zurückgedrängt. So heißt es in der Begründung zu dem Hamburger Entwurf vom 4. 12. 189327, daß bei der angespannten Finanzlage des Staates, die "die Erschließung neuer Steuerquellen" notwendig mache, "mit theoretischen Gründen die Frage der Berechtigung der allgemeinen Besteuerung der Erbschaftsmassen nicht zu lösen" 28 sei. "Wenn vielmehr die beste Steuer diejenige sein wird, die gerechte Last mit mindestem Druck auflegt, so geniesst die Erbschaftsteuer diesen Vorzug in besonderem Masse, falls angemessene Fassung der Befreiungsvorschriften gegen Härten Vorsorge trifft29 ." Das Inkrafttreten des BGB veranlaßte eine Novellierung der hamburgischen Erbschaftsteuer. Das Gesetz vom 2. 3.190330 verband eine Derselbe: a. a. 0., S. 49. Vgl. Harnburgische abgeänderte Verordnung wegen Abgabe von Erbschaften und Vermächtnissen vom 9. Mai 1894, Harnburgische Slg. Bd. 3, 1896, S. 45 ff., mit den Änderungen und Zusätzen des Gesetzes vom 19. 12. 1898, FinArchiv 1899, S. 370 fi.; Lübecker Gesetz, die Erbschaftssteuer betreffend, vom 20. 5. 1896, FinArchiv 1898, S. 659 ff.; Bremer Gesetz, betreffend die Erbschafts- und Schenkungsabgabe, vom 13. 12. 1895, Bremisches GBl. 1895, S. 255 ff. und die Änderung durch Art. 8 Gesetz, betreffend die durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches und anderer Reichsgesetze veranlaßten Änderungen verschiedener Bremischer Gesetze vom 18. 7. 1899, Bremisches GBl. 1899, S. 94 ff. 21 FinArchiv 1899, S. 375 ff. 2s FinArchiv 1899, S. 376. 29 FinArchiv 1899, S. 376. 30 Hamburger Erbschaftssteuergesetz vom 2. März 1903, Amtsblatt der 25

26

32

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

weitere Erhöhung der Steuersätze mit der bis dahin nur in Baden verwirklichten Progression nach der Höhe des Erbanfalls. Damit setzte sich die im ·Kommissionsbericht31 niedergelegte Ansicht durch, wonach die Erbschaftsteuer "als eine gewissermaßen aufgeschobene, allmählich angesammelte und erst nach dem Ableben des Steuerpflichtigen zur Erhebung gelangende Vermögensteuer" 32 zu behandeln und "als Ersatz für die Vermögensteuer im engeren Sinne" anzusehen sei. Unter diesem Gesichtspunkt "sei sie einer weiteren Steigerung fähig, ohne daß dagegen der Vorwurf einer teilweisen Expropriation des Vermögens erhoben werden könne". Das Gegenstück zu den Hansestädten bildete das Fürstentum Waldeck, das sich als einziger deutscher Staat der Erbschaftsteuer versagte33• Die württembergische Generalverordnung vom 11. Februar 18103\ die in § 13 Ziff. 8 einen einheitlichen Erbschaftsteuersatz von 1 Ofo ab dem dritten Verwandtschaftsgrad vorsah, war noch eindeutig der Finanzierung von Zuchthäusern und Waisen- und Irrenanstalten gewidmet. Erst das Sportelgesetz vom 23. Juni 182835 ließ diese Zweckbestimmung fallen. Eine geringfügige Tariferhöhung auf 1112 Ofo wurde durch das Gesetz vom 2. März 186836 beschlossen, das am 24. 3. 1881 37 durch ein modernes Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz abgelöst wurde. Die Revision vom 26.12. 189938 diente verwaltungstechnischen Änderungen und der Anpassung an das Bürgerliche Gesetzbuch. In Baden bestand seit der Acciseordnung von 181239 die Besonderheit, daß die Ehegatten einem Steuersatz von 12/a Ofo unterworfen waren, bis sie durch § 4 Ziff. 4 des Badischen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vom 14. Juni 189940 in Anlehnung an die sonstigen deutschen Regelungen freigestellt wurden. In § 3 dieses Gesetzes war außerdem eine erste, wenn auch bescheidene Tarifprogression nach der Höhe des Erfreien und Hansestadt Harnburg vom 6. 3. 1903, S. 119, abgedruckt in FinArchiv 1905, s. 351 ff. 31 Bericht der Senats- und Bürgerschaftskommission zur Erwägung der Frage der Vermehrung der ordentlichen Staatseinnahmen vom 22. 9. 1902, teilweise abgedruckt in FinArchiv 1905, S. 366 ff. s2 FinArchiv 1905, S. 367. 33 Schanz, Georg: Erbschaftssteuer, HdSt., Dritte, gänzlich umgearbeitete Aufl., Dritter Band, Jena 1909, S. 1049 ff. (1066). 34 Württ. RegEL 1810, S. 57 ff. 35 Württ. RegEL 1828, S. 483 ff. as Württ. RegEL 1868, S. 38 f. 37 Württ. RegEl. 1881, S. 113 ff. ss Württ. RegEL 1899, S. 1232 ff. i. d. F. der Bekanntmachung gleichen Tages, Württ. RegEL 1899, S. 1296 ff. 39 Vgl. Schanz, Georg: Studien ..., FinArchiv 1901, S. 603 f. 40 Bad. Ges.- u. Ver.-Blatt 1899, S. 165 ff.; vgL auch die Vollzugsverordnung vom 8. 12. 1899, Bad. Ges.- u. Ver.-Blatt 1899, S. 829 ff.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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werbs enthalten, die die bisher übliche Progression nach Verwandtschaftsgraden ergänzte. Das preußische Stempelgesetz vom 7. 3.182241 , welches das Edikt von 1766 ablöste, führte zu einer Besserstellung der Witwe, die Kinder zu versorgen hatte, gegenüber der kinderlos überlebenden Ehefrau. Der Mann wurde auf jedenFall mit 1 Ofo vomNachlaß seiner Gattin zur Steuer herangezogen, da er "in der Frau eine Gehülfin, nicht eine Versorgerin" 42 verliere. Der Höchstsatz für Verwandte ab dem siebenten Grad, für Verschwägerte und für Nichtverwandte lag bei 8 Ofo. Den Charakter der Stempelsteuer beseitigte für die im Jahre 1866 an Preußen angegliederten Gebiete die Verordnung vom 5. 7.1867 43, für die alten Landesteile das preußische Erbschaftsteuergesetz vom 30. 5. 187344 • Dieses sollte nicht nur Vorbild für die späteren einzelstaatlichen Gesetze, sondern auch für die reichseinheitliche Regelung werden. Die wichtigste Änderung war "die gänzliche Aufhebung der Erbschaftssteuer von überlebenden Ehegatten unter Ersetzung des dadurch entstehenden Einnahme-Ausfalls durch Erhöhung des Steuersatzes für die Descendenten voll- und halbbürtiger Geschwister von 2 auf 3 Prozent" 45 • Als Gründe nennt die Denkschrift die unterschiedlichen lokalen Güterrechte und "die sich stets erneuernden lebhaften Beschwerden", die es nicht ratsam erscheinen ließen, einen "derartigen Kampf rein fiskalischer Grundsätze mit dem bürgerlichen Rechte in einer so wichtigen Materie einzugehen" 46 • Der Tarif bewegte sich nach wie vor zwischen 1 und 8 Prozent. Befreit waren Erwerbe unter 50 Talern und Anfälle an Aszendenten, legitime Deszendenten und Ehegatten. Für Dienstpersonal bestand eine Freigrenze von 300 Talern. Freigestellt waren auch Erwerbe des Fiskus und bestimmter förderungswürdiger Einrichtungen. Bereits vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes unternahm Preußen einen Vorstoß zur Einführung einer Erbschaftsteuer auf Reichsebene, um die störenden Abweichungen zwischen den einzelstaatlichen Ordnungen zu beseitigen47 • Eine am 25. Juni 1877 eingesetzte Kommis41 42

Preuß. Ges.-Slg. 1822, S. 57 ff.

Hoffmann, J. G.: a. a. 0 ., S. 424.

Preuß. Ges.-Slg. 1867, S. 1120 ff. Preuß. Ges.-Slg. 1873, S. 329 ff. 45 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erbschaftssteuer, Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten während der 3. Session der 11. Legislatur-Periode, 1872-1873, 1. Bd., Aktenstück Nr. 12, S. 44 ff. (S. 58). 46 Entwurf eines Gesetzes ... , a. a. 0., S. 56. 47 Vgl. o. V.: Die Übertragung der Stempel- und Erbschaftssteuern an das Reich, Hirths Annalen 1877, S. 1036 ff. 43 44

3 Frank: Erbschaftsteuer

34

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

sion brachte das Projekt jedoch mit der Begründung zu Fall, daß die bürgerlich-rechtlichen und steuersystematischen Unterschiede von Staat zu Staat zu mannigfaltig seien48 • Bacher48 führt das Scheitern des Vorhabens vor allem darauf zurück, daß eine Reichserbschaftsteuer nach preußischen Muster "für einzelne Bundesstaaten, die ihre Erbschaftssteuer höher als Preußen normirt hatten, schwer zu ersetzende Einnahmeverluste zu Folge" gehabt hätte. Die aufeinander abgestimmten Entwürfe eines preußischen Einkommensteuergesetzes50 und eines Erbschaftsteueränderungsgesetzes51 von 1890 wollten der Erbschaftsteuer eine erheblich höhere Bedeutung im System der direkten Steuern zukommen lassen. Es war beabsichtigt, die Befreiung der Ehegatten, Deszendenten und Aszendenten aufzuheben und damit die Erbschaftsteuer als eine "allgemeine Besteuerung des fundierten Einkommens an seiner Quelle" 52 zu gestalten, die anstelle einer erhöhten Einkommensteuer für das fundierte Einkommen "das Vermögen beim Uebergange auf die Erben mit einer einmaligen Abgabe"53 treffen sollte. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht. Das Gesetz vom 19. 5. 1891 54 behielt die bisherigen Befreiungen bei und brachte nur wenige Abweichungen von der früheren Regelung. Gleichwohl bestand allseitiges Einverständnis darüber, daß die fundierten Einkünfte höher zu belasten seien55• Diese Aufgabe wurde jedoch der Vermögensteuer56 zugewiesen57• 2. Großbritannien

Die beiden zu Beginn des 19. Jahrhunderts in England erhobenen Erbschaftsteuern, die probate duty und die legacy duty, blieben nicht lange 48 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 3. Legislaturperiode, 11. Session 1878, 3. Bd., Anlagen, Aktenstück Nr. 22 (Reichs-Stempelabgaben), S. 407. 49 Bacher, Otto: a. a. 0., S. VIII. 50 Entwurf eines Einkommensteuergesetzes vom 3. November 1890, Fin.Archiv 1890, S. 643 ff. (BegründungS. 663 ff.). &1 Entwurf zu einem Gesetze, betreffend Abänderung des Erbschaftssteuergesetzes vom 3. November 1890, FinArchiv 1890, S. 709 ff. (Begründung s. 714 ff.). 52 Entwurf eines Einkommensteuergesetzes vom 3. November 1890, a. a. 0., Begründung S. 669. 53 Entwurf zu einem Gesetze, betreffend Abänderung des Erbschaftssteuergesetzes vom 3. November 1890, a. a. 0., BegründungS. 714. 54 Preuß. Ges.-Slg. 1891, S. 72 ff. 55 Denkschrift vom 2. November 1892 zu den dem preußischen Landtage vorgelegten Entwürfen der Steuerreformgesetze, FinArchiv 1893, S. 296 ff. (325). 58 Ergänzungssteuergesetz vom 14. 7. 1893, Preuß. Ges.-Slg. 1893, S. 134 ff. 57 Preußischer Gesetzentwurf vom 2. November 1892 wegen einer Ergänzungssteuer, FinArchiv 1893, S. 370 ff. (371).

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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unverändert. Schon die Jahre 180158, 180458 und 181580 brachten Umbildungen der probate duty, deren Sätze sich zwischen 1,5 und 2,5 Ofo bewegten81. Die legacy duty wurde 1804 nicht nur erhöht, sondern auch auf Abkömmlinge ausgedehnt62• Die Tarifsätze, die zwischen 1 und 8 Ofo lagen, erfuhren bereits 1815 eine weitere Steigerung bis auf maximal 10 °/o83 • Nach einem vergeblichen Antrag von J. Hume im Jahre 184084 gelang es Gladstone 1853, mit Hilfe der nach dem Verwandtschaftsgrad abgestuften succession duty auch das unbewegliche Vermögen zur Erbschaftsteuer heranzuziehen65 • Die Belastung war trotz gleicher Steuersätze88 milder als bei der legacy duty, da nur der in Form einer kapitalisierten Leibrente berechnete Nutzungswert angesetzt wurde, um eine Doppelbelastung durch konkurrierende Steuern zu verhindern~7 . Eine nicht unwesentliche Bestrebung, die bei der Reform von 1853 und auch später mehrfach an Einfluß gewann, war auf den völligen Ersatz der umstrittenen Einkommensteuer durch eine entsprechend höhere Erbschaftsteuer gerichtet. Man ging nach Haensel davon aus, daß eine laufende direkte Steuer "bei Lebzeiten sehr schwer empfunden" werde und es die Mehrzahl der Menschen lieber habe, "wenn erst nach ihrem Tod, wo sie selbst es nicht mehr spüren, der Staat seinen Tribut88 " hole. Die probate duty führte in Fällen, in denen kein Nachlaßverwalter und damit keine stempelpflichtige Urkunde erforderlich waren, zu einem völligen SteuerausfalL Diese Lücke behob die account duty des Jahres 1881 68 • Sie betraf die Geschenke von Todes wegen und Geschenke des Erblassers innerhalb dreierMonatevor seinem Tod70. 58 Gesetz vom 2. 7. 1801, Statutes 1801, Vol. 43, Part I, S. 245 ff. (41 Geo. 3, Cap. 86). 58 Gesetz vom 28. 7. 1804, Statutes 1805, Vol. 45, Part I, S. 377 ff. (44 Geo. 3, Cap. 98). 80 Gesetz vom 14. 6. 1815, Statutes 1815, Vol. 55, S. 345 ff. (55 Geo. 3, Cap. 78); Gesetz vom 11. 7. 1815, Statutes 1815, Vol. 55, S. 924 ff. (55 Geo. 3, Cap. 184). 81 Vgl. Schanz, Georg: Studien ..., FinArchiv 1901, S. 628. 81 Gesetz vom 28. 7. 1804, a. a. 0 ., Schedule A, S. 427; vgl. auch Haensel, Paul: a. a. 0., S. 520 ff. 83 Gesetz vom 11. 7. 1815, a. a. 0., Schedule, Part III; vgl. auch Vocke, W.: a. a. 0., S. 227. 84 Vgl. Haensel, Paul: a. a. 0., S. 526 f. 85 Gesetz vom 4. 8. 1853, Statutes 1853, Vol. 93, S. 254 ff. (16 & 17 Vict., Chap. 51); vgl. Schanz, Georg: Erbschaftssteuer, HdSt., 3. Aufl., 3. Bd., Jena 1909, S.l049 ff. (1071); vgl. Wagner, Adolph: Finanzwissenschaft, 3. Theil: Specielle Steuerlehre, Leipzig 1889, S. 268. 88 Gesetz vom 4. 8. 1853, a. a. 0., sec. 10. 87 Gesetz vom 4. 8. 1853, a. a. 0., sec. 21 ff. 88 Haensel, Paul: a. a. 0 ., S. 509. 89 Customs and Inland Revenue Act v. 3. 6. 1881, Statutes 1881, Vol. 17, S. 18 ff. (44 & 45 Vict., Chap. 12), sec. 38. 70 Vgl. Haensel, P.: a. a. 0., S. 549; vgl. Schanz, Georg: a. a. 0., S. 1071.

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

Einen fünften Teil erhielt die englische Erbschaftsteuer71 durch die estate duty im Rahmen der Reform von Goschen im Jahre 188972• Sie unterwarf den gesamten Mobiliarnachlaß ohne Rücksicht auf den einzelnen Erbanfall einer Abgabe von 1 °/o, sofern die Erbschaftsmasse mehr als i10.000 wert war. Bei Immobilien griff sie nur ein, wenn jeder Erbe mehr als f10 000 erhielt73 • Diese estate duty erfaßte daneben zum ersten Mal gebundenes Vermögen (settled property) beim Tode eines Nichtverfügungsberechtigten74 • Die Reform von Harcourf 5 im Jahre 1894 vereinfachte das Steuerkonglomerat. Das Ergebnis der nur mit knapper Mehrheit unter erheblichem Widerstand der Landwirtschaft76 angenommenen Regierungsvorlage waren zwei Gruppen von Erbschaftsteuern: (1) Die estate duty77 betraf als Nachlaßsteuer das gesamte verbliebene Reinvermögen. Je nach der Höhe des Nachlasses stieg der Tarif bis auf 8 °fo18 an. Für gebundenes (settled) Vermögen brauchte die estate duty nur einmal während der Dauer der Anlage entrichtet zu werden79. Sie fiel somit erst wieder beim Tode eines späteren Verfügungsberechtigten an. Als Ausgleich für die beim Ableben von nichtverfügungsberechtigten Personen entfallende Steuer wurde einmalig die settlement estate duty in Höhe von 1 Ofo erhoben80 • (2) Die legacy duty und die sie ergänzende succession duty erfaßten den Erbanfall beim einzelnen Erben. Der Steuersatz betrug je nach dem Verwandtschaftsgrad bis zu 10 Ofo des Erwerbs, wobei die estate duty abzugsfähig war. Ehegatten, Abkömmlinge und Aszendenten blieben befreit. Das Kernstück der death duties, die estate duty, war vom Verkehrswert (principal value) des gesamten von Todes wegen übergehenden Mobiliar- und Grundvermögens ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob es gebunden (settled) war oder nicht81• Als Verkehrswert galt der Wert, 71 Seit Gladstone wurde die Gesamtheit dieser Steuern als "death duties" bezeichnet, vgl. West, Max: a. a. 0., S. 62. 12 Customs and Inland Revenue Act v. 31. 5. 1889, Statutes 1889, Vol. 26, S. 17 ff. (52 & 53 Vict., Chap. 7) sec. 5 ff. n Customs and Inland Revenue Act 1889, a. a. 0 ., sec. 6; vgl. auch Schanz, Georg: a. a. 0., S. 1072. 74 Vgl. Beattie, C. N.: The Elements of Estate Duty, Fifth Edition, London 1966, s. 2. 75 Haensel, Paul: a. a. 0 ., S. 563 ff. 78 Derselbe: ebenda. n Finance Act v. 31. 7. 1894, Statutes 1894, Vol. 31, S. 53 ff. (57 & 58 Vict., Chap. 30), sec. 1 ff. 78 Finance Act, 1894, sec. 17. 1e Finance Act, 1894, sec. 5. so Finance Act, 1894, sec. 17. 81 Finance Act, 1894, sec. 1.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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den das Gut im Falle des Verkaufs zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen eingebracht hätte82• Als von Todes wegen übergehend (deemed to pass on death) betrachtete das Gesetz83 (1) das Vermögen, über das der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes verfügen konnte, (2) das Vermögen, an dem der Verstorbene oder irgendein anderer ein mit dem Tode des Verstorbenen untergehendes Recht (interest) hatte, soweit demErwerberein Vorteil daraus erwuchs (das betraf hauptsächlich den lebenslänglichen Nießbrauch), (3) das Vermögen, das bisher zur account duty herangezogen wurde, ausgedehnt auf bewegliches und unbewegliches Vermögen (damit erfaßte man Schenkungen von Todes wegen und solche kurz vor dem Tode), (4) alle wiederkehrenden Bezüge oder sonstigen Rechte, die der Verstorbene allein oder zusammen mit anderen erworben hatte, soweit sie einem Überlebenden einen Vorteil gewährten (diesen Tatbestand erfüllten in erster Linie Renten und Lebensversicherungen). Befreit war eine Rente bis zu f25 jährlich84• In das Ermessen des Schatzamtes stellte man die Befreiung von Kunstwerken und wissenschaftlichen Sammlungen, sofern sie bestimmten öffentlichen Einrichtungen zugedacht wurden83• Neu bei der succession duty war, daß die von ihr erfaßten Grundstücke nicht mehr wie bisher mit dem Ertragswert, sondern ebenso wie bei der estate duty mit dem Verkehrswert (principal value) zu versteuern waren81• Allerdings sollte landwirtschaftliches Vermögen, dessen Wert nicht von besonders hohen Ertragsaussichten bestimmt war, nicht höher als mit dem 25fachen des zum Zweck der Einkommensbesteuerung festgelegten Jahreswertes angesetzt werden. Das bedeutete für landwirtschaftliche Grundstücke in Stadtnähe eine Erleichterung. 3. Frankreich

Das französische Enregistrement-Gesetz von 1790 und 1798 erlebte im Laufe des 19. Jahrhunderts eine ähnliche Entwicklung wie die britischen Vorschriften. Finance Act, 1894, sec. 7, subs. 5. Finance Act, 1894, sec. 2, subs. 1. Eine deutsche Übersetzung des Gesetzestextes findet sich bei lnhülsen, C. H. P.: Die neue Estate Duty der Finance Act 1894, FinArchiv 1895, S. 617 ff. (620 ff.). Erst seit einer Entscheidung aus dem Jahre 1960 besteht Klarheit darüber, daß sec. 1 des Gesetzes die Auferlegung der Steuer begründet, während sec. 2, subs. 1 die steuerpflichtigen Tatbestände nennt. Vgl. Beattie, C. N. : a. a. 0., S.17. 84 Finance Act, 1894, sec. 15, subs. 1. 85 Finance Act, 1894, sec. 15, subs. 2. 86 Finance Act, 1894, sec. 18. 8Z 83

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

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Die Novellen vom 28. 4. 181687 und vom 21.4.183288 führten beide zu Tariferhöhungen, so daß sich die Steuersätze nunmehr zwischen 1 Ofo und 9 Ofo vom Immobiliarvermögen und zwischen 0,25 Ofo und 6 Ofo vom Mobilienwert bewegten. Auffällig ist der geringere Steuersatz für Mobilien, der als Gegenstück zu der lange bestehenden Begünstigung des Grundbesitzes in England betrachtet werden kann80• Zu einer erheblichen Unbilligkeit führte das Gesetz vom 18. 5. 1850, das zwar die Spaltung des Tarifs aufhob, aber zur Besteuerungsgrundlage nach wie vor das Bruttovermögen ohne Schuldenabzug erklärte90• Diese und eine zweite unglückliche Regelung, die in der erhöhten Besteuerung beim getrennten Übergang von Eigentum und Nutznießung bestand01 , konnten erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts beseitigt werden. Zu ergänzen ist, daß seit 179892 der jeweils gültige Tarif um einen Zuschlag von 25 Ofo erhöht wurde. Die tatsächliche Steuerbelastung lag deshalb ab 1850 zwischen 1,25 Ofo und 11,25 Ofo. 4. Schweiz

a) Der Ausbau der kantonalen Erbschaftsteuern

Die eidgenössische Steuergesetzgebung unterwarf im Jahre 1800 Erbanfälle und Schenkungen einer Handänderungsabgabe, die je nach dem Verwandtschaftsgrad Steuersätze von 0,5 Ofo bis 6 Ofo aufwies. Innerhalb der Verwandtschaftsklassen war der Tarif proportional. Erwerbe in der direkten Linie blieben freigestellt93• Nach dem Ausgang der Helvetik behielten Basel, Solothurn, Aargau, Thurgau, Luzern, Zug und Waadt die Kollateralabgabe bei; andere Kantone führten sie in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wieder einu. Die Collection Duvergier, Tome 20eme, S. 282. Collection Duvergier, Tome 39eme, S. 187. 80 Vgl. Christmann, Walter: Die Theorie der Erbschaftssteuer und ihre finanzpolitische Problematik unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung der Erbschaftsbesteuerung in Deutschland, Frankreich und England. Diss. Frankfurt a. M., Düsseldorf 1939, S. 69. 00 Vgl. Schanz, Georg: Die Reform der französischen Erbschaftssteuer durch das Budgetgesetz vom 26. Februar 1901, FinArchiv 1901, S. 727 ff. 01 Vgl. Leroy-Beaulieu, Paul: Traite de Ia Science des Finances, 4eme J!:dition, Revue et Corrigee, Tome Premier: Des Revenues Publics, Paris 1888, s. 515. n Vgl. Leroy-Beaulieu, Paul: a. a. 0., S. 507 und 516; vgl. Schanz, Georg: Erbschaftssteuer, HdSt., 3. Bd., 3. Auflage, Jena 1909, S. 1049 ff. (1075). 03 Im Anschluß an Huber, Emil: Die Besteuerung der Erbschaften und Schenkungen in der Schweiz, Diss. Zürich, Affoltem am Albis 1946, S. 16. u Schanz, Georg: Die Steuern der Schweiz in ihrer Entwicklung seit Beginn des 19. Jahrhunderts, 1. Band, Stuttgart 1890, S. 156. 87

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Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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Progression nach der Höhe des Erwerbs setzte sich nur langsam durch. Bei der Einbeziehung der direkten Linie erwies sich der Kanton Genf als vorbildlich95 • Eine Sonderstellung nahm Uri mit seinem bis zu 75 °/o ansteigenden Tarif ein, der jedoch nur auf dem Papier stand, da es entsprechend hohe Vermögen dort nicht gab98• Teilweise standen dem Ausbau der kantonalen Erbschaftsteuern bereits bestehende kommunale Erbschaftsabgaben entgegen97• b) Kanton Zürich

Zürich beseitigte im Jahre 1803 die aus der Helvetik übernommene Erbschaft- und Schenkungsteuer98 • Erst durch das Gesetz vom 20. 2. 187090 wurden erbrechtliche Erwerbe wieder der Besteuerung unterworfen. Die Abgabe, von der die Nachkommen, die Eltern und der überlebende Ehegatte befreit blieben, war doppelt progressiv nach der Verwandtschaft des Erben und nach der Höhe des Erwerbs ausgestaltet. Der höchste Steuersatz betrug 15 Ofo. Schenkungen an erbberechtigte Verwandte wurden zur Vermeidung von Umgehungen wie erbrechtliche Erwerbe besteuert100• In den Jahre 1889, 1895 und 1898 unternahm der Regierungsrat drei Vorstöße zur Erhöhung des Tarifs und zur Ausdehnung der Abgabe auf die nächsten Verwandten. Die Entwürfe wurden jedoch in zwei Fällen vom Volk, im dritten vom Kantonsrat abgelehnt101 • c) Kanton Basel-Stadt

Die Steuerreformen der Jahre 1839, 1864 und 1879 waren von vergeblichen Versuchen begleitet, die seit der Helvetik erhobene Erbschaftund Schenkungsteuer auf die direkte Linie auszudehnen101• Das Gesetz betreffend die direkten Steuern vom 31. 5.1880103 schraubte die im Jahre 1839 schon einmal erhöhten Steuersätze bis zu 12 Ofo hinos Huber, Emil: a. a. 0., S. 18. oe Schanz, Georg: Studien ..., FinArchiv 1901, S. 553 ff. (637). 97 Vgl. Huber, Emil: a. a. 0., S. 19.

98 In Anlehnung an Schneider, Philipp: Das zürcherische Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, Diss. Zürich, Dietikon 1939, S. 4; vgl. auch Schanz, Georg: Die Steuern der Schweiz .. ., 2. Band, Stuttgart 1890, S. 375. 99 Offizielle Sammlung der seit 10. März 1831 erlassenen Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen des eidgen. Standes Zürich, Band 15, S. 234 ff. 100 Vgl. im einzelnen Schneider, Philipp: a. a. 0 ., S. 6 ff.; vgl. auch Schanz, Georg: Die Steuern der Schweiz ..., 2. Band, Stuttgart 1890, S. 410. 101 Schneider, Philipp: a. a. 0 ., S. 7 ff. 101 Vgl. Schanz, Georg: Die Steuern der Schweiz ... , 2. Band, Stuttgart 1890, s. 30, 38 f., 53 f., 58 ff., 72, 78 f. 103 Schanz, Georg: a. a. 0., S. 48.

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

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auf und bezog die Eltern in die Steuerpflicht ein104• Dagegen unterlagen der Abgabe fortan nur noch Schenkungen auf den Todesfall und Schenkungen, die nach dem Willen des Erblassers von den Erben ausgeführt wurden105• Die bisher steuerpflichtigen schriftlich beurkundeten Schenkungen unter Lebenden hielt man durch die Vermögensteuer für ausreichend erfaßt'"· Erst das Gesetz vom 21.3.1887 107 unterwarf Kinder, Enkel und Ehegatten mit 1 °/o, weitere Abkömmlinge mit 2 °/o des Erwerbs der Erbschaftsteuer. Neben der angespannten Haushaltslage konnte man als Begründung die Erfassung der vermögensteuerfreien kleinen Vermögen und der in Basel verbreiteten Lebensversicherungen geltend machen108•

C. Die systematische Ordnung der Erbschaft- und Schenkungsteuern im 20. Jahrhundert I. Die Besteuerung des Vermögensübergangs von Todes wegen 1. Deutschland

a) Das Reichsgesetz von 1906

Die einheitliche Ordnung des bürgerlichen Rechts durch das BGB und die reformbedürftige Entwicklung der Reichsfinanzen legten es nahe, das Reich am Aufkommen einer erhöhten Erbschaftsteuer zu beteiligen. Der Regierungsentwurf von 19051 lehnte sich weitgehend an das preußische Gesetz an. Der zu deckende Geldbedarf des Reiches stand im Vordergrund der Begründung. "Die Frage der grundsätzlichen Berechtigung der Erhebung einer Abgabe vom Nachlasse (Besteuerung eines unverdienten Vermögenszuwachses, Entgelt für gewährten Rechtsschutz usf.)" 2 glaubte man nicht näher erörtern zu müssen. Dagegen wurde auf die Gesetzgebung des Auslandes, vor allem Großbritanniens und Frankreichs, verwiesen. Dort habe der planmäßige Ausbau der ErbschaftDerselbe: a. a. 0., S. 58. Derselbe: a. a. 0 ., S. 59. Derselbe: a. a. 0., S. 59. 101 Derselbe: a. a. 0., S. 71. tos Schanz, Georg: a. a. 0., S. 78. 1 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld, Anlage 5, Erbschaftssteuergesetz, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, Il. Session, erster Sessionsabschnitt 1905/1906, 2. Anlagenband, Aktenstück Nr. 10, S. 939 ff. (1046) ff.). 2 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld, a. a. 0., S. 946. tot 1os tos

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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steuer zu laufend steigenden Erträgen von bedeutender Höhe geführt, was für Deutschland vorbildlich sei. Die Steuereinnahmen pro Kopf der Bevölkerung seien im Jahre 1901 in Großbritannien mit 9,17 Mark, in Frankreich mit 4,12 Mark, in Deutschland dagegen nur mit 0,48 Mark im Durchschnitt anzugeben3• Mit diesem Vergleich trat v. Bülow ausdrücklich vor den Reichstag'. Der Vermehrung der Einnahmen sollte vor allem die Anhebung der Steuersätze je nach dem Verwandtschaftsgrad auf 4 °/o-10 Ofo und daneben eine Progression nach der Höhe des Erwerbs dienen. Dadurch sollte bei Erbanfällen von über 500 000 Mark eine Verdoppelung der vorstehenden Steuersätze eintreten. Außerdem war beabsichtigt, die Aszendenten des Erblassers oder Schenkers zur Steuer heranzuziehen, um zu verhindern, daß die für Erwerbe unter Geschwistern anfallende Steuer dadurch umgangen wird, "daß die Beteiligten . .. die Erbschaft im gegenseitigen Einverständnis einem hochbetagten Aszendenten" zufallen lassen, "als dessen Erben die überlebenden Geschwister demnächst die Erbschaft steuerfrei erwerben5 " könnten. Schließlich war vorgesehen, dem Erwerber land- oder forstwirtschaftlieber Grundstücke in der Steuerklasse I eine Ermäßigung von 25 Ofo bzw. 50 Ofo zu gewähren6 , um "die schwierige Lage, in welcher sich der Erwerber eines solchen Grundstücks zur Zeit des meist mit der Übernahme erheblicher Lasten verbundenen Anfalls regelmäßig befinden wird, wenigstens für die von der Steuer nicht befreiten nächststehenden Erben in etwas zu erleichtern" 7 • Der Regierungsentwurf, zu dem zahlreiche Petitionen aus Landwirtschaft und Gewerbe vorlagen, wurde von der VI. Kommission in zwei Lesungen eingehend beraten8 • Der Berichterstatter am Zehnhoff versuchte einen Abänderungsantrag9 durchzusetzen, der neben die Erbanfallsteuer eine Nachlaßsteuer stellen sollte. Diese erfasse "vergleichbar der preußischen Ergänzungssteuer" niemals die Substanz des Vermö3 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld, a. a. 0 ., S. 1053. 4 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode, II. Session 1905/1906, 1. Band, S. 120. 5 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld, a. a. 0 ., S. 1054. 8 § 17 des Regierungsentwurfes. 7 Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld, a. a. 0., S. 1058. 8 Bericht der VI. Kommission über Besteuerung der Erbschaften, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, li. Session, erster Sessionsabschnitt 1905/1906, 5. Anlageband, Aktenstück Nr. 360, S. 3971 ff. 9 Bericht der VI. Kommission über Besteuerung der Erbschaften, a. a. 0., s. 4021 ff.

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

gens, sondern könne bei einer Belastung von 1/ 10 Ofo bis höchstens 2 Ofo aus den Einkünften entrichtet werden. Die Zahlung sollte in 15 Jahresraten möglich sein. Die Belastung sei somit tragbar; außerdem ergebe sich in Verbindung mit der Erbanfallsteuer der Vorteil, daß die obere Grenze der Besteuerung gekennzeichnet sei und "eine weitere Erhöhung, ohne die Steuer unerträglich zu machen, nicht vorgenommen werden" 10 könne. Von sozialdemokratischer Seite wurde angeregt, auch die Abkömmlinge und Ehegatten zur Steuer heranzuziehen. Die zusätzliche Erhebung einer Nachlaßsteuer wurde ebenfalls befürwortet. In der Kommission setzten sich diese Forderungen nicht durch. Die Ablehnung wurde vor allem mit dem Hinweis auf die historische Rechtsentwicklung begründet, "die in Deutschland dazu geführt habe, das Vermögen als ein Eigentum der Familie aufzufassen, aus dessen Mitgenuß der Sterbende einfach heraustrete, ohne durch den Tod seinen nächsten Angehörigen etwas zu geben, was sie bisher nicht besessen hätten" 11• Außerdem würde dieser Antrag weniger der Anhäufung großer Vermögen und der Latifundienbildung entgegenwirken, sondern in viel höherem Maße "die mittleren Kreise in Stadt und Land treffen und namentlich für die bäuerlichen Verhältnisse verderblich wirken" 12• Eine andere Bestrebung ging dahin, die im Entwurf vorgesehene Begünstigung der Religionsgesellschaften entfallen zu lassen, da dadurch nur eine unerwünschte "Ansammlung von Vermögen in der toten Hand"u gefördert werde. Nach einigen formellen und verfahrensrechtlichen Änderungen wurde die von der Kommission vorgeschlagene Fassung am 3. Juni 190614 vom Reichstag verabschiedet. b) Die Reformbestrebungen in den Jahren 1908 und 1909

Im Rahmen der beabsichtigten Finanzreform von 1908/1909 wurden neben dem Entwurf eines Gesetzes über das Erbrecht des Staates15 auch der Entwurf eines Nachlaßsteuergesetzes18 und ein Änderungsentwurf zum Erbschaftsteuergesetz17 vorgelegt. 10 11

Bericht der VI. Kommission ..., a. a. 0., S. 4023. Bericht der VI. Kommission über Besteuerung der Erbschaften, a. a. 0.,

s. 3974.

Ebenda. n Bericht der VI. Kommission ..., a. a. 0., S. 3979. 14 Anlage 4 des Gesetzes, betreffend die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der Reichsschuld vom 3. 6. 1906, RGBl. 1906, S. 654. 11 Verhandlungen des Reichstags, XII. Legislaturperiode, I. Session, Band 248, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Aktenstück Nr. 998. 18 Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 997. 17 Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 999. 11

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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Der Entwurf eines Nachlaßsteuergesetzes griff den Vorschlag des Kornmissionsberichterstatters von 1906 auf18 und empfahl in Anlehnung an das Vorbild der englischen estate duty, neue Einnahmeqeullen durch die Heranziehung des Besitzes zu erschließen. Die Nachlaßsteuer sei als gewissermaßen letzte Steuer des Erblassers geeignet, seine steuerliche Leistungsfähigkeit nach Maßgabe des Vermögens zu erfassen, das er zu Lebzeiten erübrigt habe19• Als Ausgleich könne man Schenkungen unter Lebenden außer solchen, die als Vorausempfang auf einen künftigen Erbteil anzusehen seien, von der Besteuerung freihalten und damit "ein lästiges Eindringen in die ionersten Familienbeziehungen bei Lebzeiten des Erblassers"zo vermeiden. Dieser Entwurf und die beiden darauf abgestimmten Gesetzesvorlagen über die Änderung des Erbschaftsteuergesetzes und das Erbrecht des Staates mußten jedoch von der Reichsregierung trotz der Unterstützung durch namhafte Gelehrte21 zurückgezogen werden. Daraufhin legte die Regierung v. Bülow im Jahre 1909 einen neuen Entwurf eines Gesetzes wegen Änderung des Erbschaftsteuergesetzes2! vor. Im Vordergrund standen die Verschärfung des Progressionstarifs, die Heranziehung des überlebenden Ehegatten bei kinderloser Ehe und die Besteuerung der Kinder selbst. Dem stehe als Hauptargument der Zwang zur Offenlegung der Mobiliargegenstände entgegen, weshalb die Freilassung des Mobiliarbesitzes außer dem reinen Kapitalbesitz {Wertpapiere) innerhalb des Gatten- und Kindeserbes vorgeschlagen wurde13• Auch diesen Entwurf lehnte der Reichstag ab. Das Gesetz betreffend Änderungen im Finanzwesen vom 15. Juli 190914 brachte in § 5 Abs. 1 lediglich eine Erhöhung des Reichsanteils an der Erbschaftsteuer von bisher Zfs auf 3 /4 des Rohertrages. c) Die Novelle von 1913 Am 28. März 1913 brachte die Regierung v. Bethmann Rollweg neben einem Gesetzentwurf über einen einmaligen Wehrbeitrag15 und über Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 997, S. 13. Ebenda. 2o Ebenda, S. 14. u Vgl. Biermer- Lujo von Brentano- Diehl u. a.: Die Erbschaftsabgabe und die Reichsfl.nanzreform, Acht Gutachten, mit einem Vorwort von Hans Delbrück, Berlin 1909. Vgl. Köppe, Hans: Am Vorabend der neuen Reichsfl.nanzreform, Leipzig 1908, S. 104 ff. 2z Verhandlungen des Reichstags, XII. Legislaturperiode, I. Session, Band 256, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Aktenstück Nr. 1455. 23 Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0 ., Aktenstück Nr. 1455, Begründung •8

18

S.1 f.

RGBI. 1909, S. 743. Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session 1912/13, Band 301, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Aktenstück Nr. 871. 24

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

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das Erbrecht des Staates26 den "Entwurf eines Gesetzes, betreffend Änderungen im Finanzwesen" 27 ein. Damit sollte eine sofortige Vermehrung der Mittel des Reiches mit Rücksicht darauf bewirkt werden, "daß namentlich die finanziellen Anforderungen, welche der Krieg stellt, im Laufe der Zeit gewaltig gewachsen sind und die Neigung zu weiterer Steigerung in sich tragen" 28 • Beigefügt war der Entwurf eines Besitzsteuergesetzes, das nach § 1 jeden Vermögenszuwachs ohne Rücksicht auf seine Realisierung einer Abgabe (Besitzsteuer) unterwerfen sollte. Die Vermögensmehrung durch Erbschaft und Schenkung war nicht ausgenommen20. Auch das Kindeserbe sollte der Besitzsteuer unterliegen, zumal die Belastung mit einer Vermögenszuwachssteuer von 0,5 bis 2,5 Ofo des Zuwachses wesentlich milder sei als bei einer Ausdehnung der Erbschaftsteuer auf Abkömmlinge30 • In erster Lesung vor dem Reichstag betonte Staatssekretär Kühn31 die Vorzüge einer Vermögenszuwachssteuer gegenüber der Erbschaftsteuer. Diese weise drei große Mängel auf, nämlich ihr Eingreifen im Moment tiefer Trauer, die Nichtberücksichtigung des Vermögens des Erben und die unbefriedigende Regelung der Schenkungen unter Lebenden. Demgegenüber forderte der sozialdemokratische Abgeordnete Emmeza= die Einführung einer Reichsvermögensteuer und einer Totehandabgabe. Behrens33 von der Wirtschaftlichen Vereinigung verlangte eine Unterscheidung zwischen produktivem Betriebsvermögen und Luxusvermögen. v. Bethmann Rollweg warnte vor dem Projekt der Vermögensteuer: "Haben Sie erst einmal eine Vermögensteuer des Reichs eingeführt, meine Herren, dann bauen Sie sie unzweifelhaft immer weiter aus34." Vor der Kommission35 begründete Kühn die Vermögenszuwachssteuer damit, daß sie einmal den Freunden der direkten Steuern entgegenkomme "und auch den grundsätzlichen Gegnern der ReichserbschaftsVerhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 874. Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 872. 2 s Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 872, S. 22. 29 Besondere Begründung zur Anlage des Gesetzes (Besitzsteuergesetz), Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 872, Anlage 4, S. 37. 30 Besondere Begründung zur Anlage des Gesetzes (Besitzsteuergesetz), Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Aktenstück Nr. 872, Anlage 4, S. 37. 31 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Band 289, Stenographische Berichte, S. 4613. 3 Z Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., S. 4684 f. 33 Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., S. 4706 f. 34 Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., S. 4710. 35 Bericht der Kommission für den Reichshaushaltsetat über den Entwurf eines Gesetzes über Änderungen im Finanzwesen, Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Aktenstück Nr. 1111. za

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Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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steuergerecht werde" 38• Der Berichterstatter Südekum (SPD) ging demgegenüber auf die zahlreichen Petitionen großer Korporationen wie etwa des Deutschen Handelstags ein, die überwiegend eine Erbschaftsteuer anstelle der vorgeschlagenen Vermögenszuwachssteuer befürworteten37• Erst nach der zweiten Lesung schlug die Kommission eine mäßige Erhöhung der Erbschaftsteuer durch Versetzung einiger Verwandtschaftsgrade in höhere Steuerklassen und eine Tarifanhebung auf höchstens 12 Ofo vor, was unter Berücksichtigung des Progressionszuschlags einen maximalen Steuersatz von 30 Ofo bedeutete. Die zweite Lesung im Reichstag38 bestätigte, daß die Vermögenszuwachssteuer, die den erbrechtliehen Erwerb ein zweites Mal belastete, ein Kompromiß war, dem das Nein der Regierung zu einer Reichsvermögensteuer zugrunde lag. Nach einigen Änderungen39, insbesondere einer Erhöhung des Reichsanteils am Rohertrag der Erbschaftsteuer auf 4 /s 40, verabschiedete der Reichstag das Gesetz über Änderungen im Finanzwesen und das Besitzsteuergesetz41 • Das Kriegsteuergesetz vom 21. 6. 191642 unterwarf die in § 11 des Besitzsteuergesetzes von 1913 bezeichneten Personen, deren Vermögen am 31. 12. 1916 gegenüber dem Stand zu Beginn des Veranlagungszeitraums einen Zuwachs oder keine Verminderung um mindestens 10 Ofo erfahren hatte, einer außerordentlichen Kriegsabgabe. Um Erbschaften und Schenkungen, die bereits der Erbschaft- und Besitzsteuer unterlagen, nicht ein drittel Mal zu belasten, enthielten § 3 Abs. 1 Ziff. 1 und 3 und § 4 KriegStG entsprechende Kollisionsnormen.

d) Die radikale Erbschaftsteuerlösung im Jahre 1919 Nach dem Kriege mußte auch an die Ausnutzung der Erbschaftsteuer "in einem Maße herangetreten werden, an das früher nicht gedacht werBericht der Kommission für den Reichshaushaltsetat, a. a. 0., S. 2166. Bericht der Kommission für den Reichshaushaltsetat, a. a. 0., S. 2165. 38 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Band 290, Stenographische Berichte, S. 5832 ff. ae Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes über Änderungen im Finanzwesen, Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Aktenstück Nr. 1149; Zusammenstellung des Entwurfs eines Besitzsteuergesetzes, Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0 ., Aktenstück Nr. 1150. 40 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Band 290, Stenographische Berichte, S. 5926 ff. 41 Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., S. 5937; Reichsgesetz über Aenderungen im Finanzwesen vom 3. Juli 1913, RGBl. 1913, S. 521; Reichs-Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913, Reichsgesetzblatt 1913, S. 524. 42 RGBl. 1916, S. 561; vgl. hierzu auch Gilthe, Georg und Schlegelberger, Franz: Kriegsbuch. Die Kriegsgesetze mit der amtlichen Begründung und der gesamten Rechtsprechung und Rechtslehre, 3. Band, Sonderband des Jahrbuchs des Deutschen Rechtes, Berlin 1917, S. 310 ff. 38 37

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

den konnte" 43 • Der der Nationalversammlung vorgelegte Entwurf veranschlagte den zukünftigen Ertrag der Erbschaftsteuer auf jährlich rund 629 000 000 M" gegenüber einem Istaufkommen von 61 000 000 M im Jahre 1913. Die durch die Bereicherung45 erhöhte Leistungsfähigkeit des Erben sollte durch eine Erbanfallsteuer erfaßt werden, von der Abkömmlinge und Ehegatten nicht mehr ausgeschlossen bleiben sollten. Es war vorgesehen, den durchgestaffelten Tarif nicht nur nach dem Verwandtschaftsgrad und der Höhe des Erbanfalls, sondern auch nach dem schon vorhandenen Vermögen des Erben progressiv auszugestalten. Bei den allen Volkskreisen zugemuteten Opfern müsse auch bei der Besteuerung des Gatten- und Kindeserbes an die Grenze dessen gegangen werden, was noch erträglich erscheine. Dabei seien "vor allem die besitzenden Kreise" 48 im weitesten Maße heranzuziehen. An die Seite der Erbanfallsteuer sollte eine ergänzende Nachlaßsteuer "nach dem Muster der englischen Estate Duty" 47 treten, die "im Grunde nichts anderes als eine letzte Vermögenssteuer des Erblassers" sei. Sie besitze außerdem im Hinblick auf die "Notwendigkeit, das Steuergewissen künftig mit allen Mitteln zu schärfen", "die Eigenschaft einer Kontrollsteuer für alle anderen Steuern vom Einkommen und Vermögen". Man schlug einen nach der Höhe des Nachlasses von 1 °/o bis 5 Ofo gestaffelten Tarif vor48• Mit der Ausdehnung der Erbanfallbesteuerung erübrige sich die Einführung eines Pflichtteilanspruchs des Reichs und auch die Einführung eines Staatserbrechts im Sinne eines Ausschlusses der gesetzlichen Erbfolge der entfernteren Verwandten. Das Staatserbrecht betreffe im wesentlichen "nur die Unmündigen, Geisteskranken und Sorglosen"'0, die nicht denWeg zum Notar fänden. Der Entwurf wurde vom 10. Ausschuß in zwei Lesungen behandeUS0 • Kaum widersprochen wurde den Stimmen, die in der Erbschaftsteuer die große Besitzsteuer erblickten und ihre erhebliche Steigerung ver43 Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Band 335, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Drucksache Nr. 376, S. 21. cc Ebenda, S. 68. 45 Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, a. a. 0., S. 21. " Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, a. a. 0., S. 21. 47 Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, a. a. 0., S. 22. u § 14 des Entwurfs. 48 Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, a. a. 0., S. 24. 50 Bericht des 10. Ausschusses über den Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Band 338, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Drucksache Nr. 941.

Kap. l: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

47

langten. Für unbillig hielt man lediglich den Regierungsvorschlag5\ bei land- und forstwirtschaftliehen Grundstücken den gemeinen Wert anstelle des bisher maßgebenden Ertragswertes zugrunde zu legen. Die Bedenken stützten sich vor allem auf die überhöhten Grundstückspreise in Stadtnähe. Die wiederum erhobene Forderung, neben der erhöhten Erbschaftsteuer ein förmliches Pflichtteilsrecht des Staates einzuführen, fand wegen der "Schwierigkeiten für eine rasche Ausarbeitung entsprechender Vorschläge" 51 und aus anderen nicht näher genannten Gründen keine Mehrheit. Das Hauptergebnis der Ausschußberatungen war der Beschluß eines sehr hohen Staffeltarifs nach den Anträgen der sozialdemokratischen Abgeordneten Keil und Braun53 • Die Nachlaßsteuer betrug unverändert 1 °/o bis 5 °/o54 des Nachlaßvermögens.Dagegen wurde der Tarif der Erbanfallsteuer von 4 °/o bis 35 Ofo in der Steuerklasse I und von 15 °/o bis 70 °/o in der Steuerklasse VI durchgestaffelt Hierauf wurde ein nach der Höhe des zur Zeit des Erbanfalls bereits vorhandenen Vermögens des Erwerbers abgestufter Zuschlag erhoben, der nicht über 100 °/o der aus dem vorstehenden Tarif errechneten Steuer betragen durfte. Als absolute Obergrenze für den Gesamtbetrag der Erbschaftsteuer wurden 90 Ofo des Erwerbs festgelegt55• Um Kollisionen mit der "künftigen großen Vermögenssteuer" 5' zu verhindern, sollte bei Erwerben vor dem 1. 4. 1935 die Steuer für jedes volle Jahr bis zurück zum 1. 4.1925 um 1 Ofo, für jedes weitere vorhergehende Jahr um 2 Ofo ermäßigt werden57• Für Erwerbe vor dem 1. 4. 1921 bedeutete dies einen Abschlag von 20 Ofo der Normalsteuer. Eine Erleichterung war für Vermögen vorgesehen, die in kürzeren Zeitabständen ein zweites Mal innerhalb der Steuerklassen I oder II weitervererbt wurden. Man wollte den land- und forstwirtschaftliehen Grundbesitz und die Lebensfähigkeit der Gewerbebetriebe nicht zu sehr gefährden. Es bestand Einigkeit über eine Ermäßigung von 50 Ofo bei einem zweiten steuerpflichtigen Erbanfall innerhalb von 5 Jahren und von 25 Ofo bei einem zweiten Erbgang innerhalb von 5 bis 10 Jahren nach dem ersten Steuerfall58 • 6t

§ 44 des Entwurfs. ErzbergeT in: Bericht des 10. Ausschusses,

a. a. 0., S. 897. Bericht des 10. Ausschusses, a. a. 0., S. 907. 54 § 14 des Entwurfs. 55 § 25 Abs. 2 S. 4 des Entwurfs. 68 Entwurf eines Erbschaftssteuergesetzes, a. a. 0., S. 24. 57 § 25 Abs. 3 des Entwurfs. 68 § 36 des Entwurfs. 5!

51

48

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

Nach geringfügigen Änderungen59 fand die Fassung des Ausschusses in der Nationalversammlung Annahme. Das Gesetz wurde am 10. 9. 191960 verkündet, sollte aber schon ab 1. 9. 1919 gelten.

e) Die Zeit bis zur Steuerreform von 1925 Eine grundlegende Umgestaltung des Gesetzes von 1919 erwies sich bald als notwendig. Es zeigte sich immer deutlicher, daß die übersteigerten Steuersätze kaum aufrechterhalten werden konnten. Außerdem war durch die inzwischen eingeführte Vermögensteuer die Erhebung der Nachlaßsteuer nicht mehr gerechtfertigt- eine Überlegung, die durch den hohen Verwaltungsaufwand und den bescheidenen Ertrag erhärtet wurde61 • Schließlich konnte man dem kritischen Urteil von Breit62 kaum etwas entgegenhalten: "von allen deutschen Gesetzen der letzten fünfzig Jahre weist das Erbschaftssteuergesetz mit die schwersten gesetzestechnischen Mängel auf". Nach zwei vergeblichen Änderungsvorschlägen63 setzte sich im Steuerausschuß der Entwurf von Herold und Genossen84 durch, der neben der Aufhebung der Nachlaßsteuer einen weitgehenden Umbau der Erbanfallsteuer vorsah. Der Entwurf fand kaum verändert Annahme65 • Die Neufassung wurde am 7. 8. 192266 bekanntgemacht. Der nicht mehr gestaffelte Grundtarif lag nun zwischen 3,5 °/o und 17,5 Ofo in der ersten und zwischen 14 Ofo und 70 Ofo in der fünften Steuerklasse. Ein Zuschlag wurde erhoben, wenn das bereits vorhandene Vermögen des Erwerbers 2 Millionen Mark überstieg. Mehr als 80 Ofo des Erwerbs durfte die Steuer nicht nehmen67 • Der Erbanfall unter Ehegatten war wieder steuerfrei, es sei denn, die Ehe hatte bei einem Altersunterschied von mehr als 20 Jahren noch 59 Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Band 338, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Drucksache Nr. 976. 6o RGBL 1919, S. 1543. u Berolzheimer, Hans: Das neueste Erbschaftssteuergesetz, StuW 1922, Sp. 953 ff. (955). 6! Breit, James: Erbschafts- und Schenkungssteuer, Berlin 1921, S. 14. 83 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftssteuergesetzes, Verhandlungen des Reichstags, I. Wahlperiode 1920, Band 374, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Nr. 4479; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftssteuergesetzes, Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Nr. 4480. 64 Bericht des 11. Ausschusses . .., Verhandlungen des Reichstags, a. a. 0., Nr. 4856. 65 Verhandlungen des Reichstags, I. Wahlperiode 1920, Band 356, Stenographische Berichte, S. 8659. 88 RGBI. 1922 I, S. 694. 87 § 10 ErbStG 1922.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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nicht fünf Jahre bestanden68 • Schlechter stellte man den Vorerben, der nunmehr wie der Nacherbe die volle Substanz versteuern mußte80• Bisher hatte man das nur vom befreiten Vorerben verlangt. Schließlich wurden die Familienstiftungen den übrigen Stiftungen gleichgestellt70• Die schnell fortschreitende Geldentwertung zwang den Gesetzgeber zu einem Eingriff in die Steuergesetze71 , der auch die Erbschaftsteuer berührte. Die zweite Steuernotverordnung vom 19. 12. 1923n milderte geringfügig den Tarif, stellte ihn auf die Goldmarkrechnung um und beseitigte die Zuschläge nach dem bereits vorhandenen Vermögen des Erwerbers. Die dritte Steuernotverodnung vom 14.2.192473 entzog den Ländern den ihnen bisher noch zustehenden Anteil von 1/s des Erbschaftsteueraufkommens.

f) Die Reform der Erbschaftsteuer von 1925 Die weitreichende Finanzreform von 1925 erfaßte auch die Erbschaftsteuer. Der Regierungsentwurf wurde im 6. Ausschuß behandelt und nur wenig verändert74 • Der Reichstag nahm die Ausschußfassung am 7. 8. 192575 an. Vierzehn Tage später76 wurde das neue Erbschaftsteuergesetz bekanntgemacht. Die Erbanfallsteuer behielt ihre alte Form bei. Die Anträge zur Wiedereinführungeiner Nachlaßsteuer fanden keine Mehrheit. Staatssekretär Popitz wies die sozialdemokratischen und kommunistischen Forderungen nach einer Beibehaltung der Steuersätze von 1919 bereits im Ausschuß zurück77 • Bei der Beurteilung der grundsätzlich aus der Substanz zu deckenden Erbschaftsteuer müsse auch die Vermögensteuer berücksichtigt werden. Die Belastung des einzelnen sei durch beide Steuern 88 89 70

§ 9 ErbStG 1922. § 7 Abs. 1 und 2 ErbStG 1922. § 2 Abs. 2 Ziff. 1, § 3 Abs. 1 Ziff. 7 und 9 ErbStG 1922.

71 Gesetz über die Berücksichtigung der Geldentwertung in den Steuergesetzen vom 20. 3. 1923, RGBl. I, S. 198. 71 RGBl. 1923 I, S. 1205; vgl. hierzu Marcus, Josef: Die Abänderung des Erbschaftssteuergesetzes durch die Zweite Steuernotverordnung, DStZ 1924, Sp. 28 ff. 73 RGBl. 1924 I, S. 74. 74 Bericht des 6. Ausschusses (Steuerfragen) über den Entwurf eines Gesetzes über Vermögen- und Erbschaftsteuer, Verhandlungen des Reichstags, 111. Wahlperiode 1924, Band 403, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Nr.l236. 75 Verhandlungen des Reichstags, III. Wahlperiode 1924, Band 387, Stenographische Berichte, S. 4206. 78 Gesetz vom 10. 8. 1925, RGBI. 1925 I, S. 237; Bekanntmachung vom 22. 8. 1925, RGBl. 1925 I, S. 320. 77 Bericht des 6. Ausschusses ..., a. a. 0., S. 2 f.

4 Frank: Erbschaftsteuer

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

sehr groß. Der Ertrag der englischen Erbschaftsteuer könne nicht als Beispiel dienen, da "in Deutschland so große Einkommen und Vermögen wie in England nicht vorhanden seien und übrigens auch nie vorhanden gewesen seien'm. So ergab sich als wichtigste Änderung eine Senkung des Tarifs. In der Klasse I stieg er nun von einem 2 °/oigen Anfangssatz bis auf 15 °/o bei einem Erwerb von mehr als 10 Millionen RM an. Die Klasse V begann mit 14 Ofo und erhob sich bis zu einem Satz von 60%79 • In die Steuerklasse I gehörten neben den Kindern auch die Ehegatten. Jedoch blieb der Erwerb des überlebenden Ehegatten völlig frei, wenn der Erblasser Nachkommen hinterließ80 •

g) Das Erbschaftsteuergesetz von 1934 Nach kleineren Änderungen im Jahre 193081 ergaben sich erst durch die Reform von 193482 wesentliche Neuerungen. Die im Vordergrund stehende Pflege der Familie äußerte sich in einer Vergünstigung für Kinder und Enkel und einer Besserstellung der Großeltern, die von Klasse IV in Klasse III eingestuft wurden. An die Stelle der bisher gültigen Freigrenzen traten in den Steuerklassen I und II Freibeträge von 30 000 und 10 000 RM83 • Der Erwerb des überlebenden Ehegatten war fortan nur noch steuerfrei, wenn die lebenden Abkömmlinge aus der Ehe mit dem Erblasser hervorgegangen waren8'. Die erbschaftsteuerliehen Sonderbestimmungen über Bewertung, Stundung und Verjährung wurden zugunsten der allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes und der Abgabenordnung aufgehoben. In dieser Fassung galt das Gesetz bis zum 31. 12. 1945.

h) Die Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg aa) Das Kontrollratgesetz Nr. 17 Das vom Kontrollrat erlassene Gesetz zur Änderung der Erbschaftsteuergesetze vom 28. 2. 194685 schraubte die Sätze der Erbschaftsteuer 78

1o 8o

Bericht des 6. Ausschusses . . ., a. a. 0., S. 3.

§ 10 ErbStG 1925. § 9 Abs. 1 ErbStG 1925.

Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen v. 1. 12. 1930, RGBI. I S. 517, 3. Teil, Kapitel IV, Art. 4, § 5. 82 Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 16. 10. 1934, RGBI. I S. 1056. 83 § 17 b Abs. 1 ErbStG 1934. 84 § 17 a ErbStG 1934. 85 Steuer- und Zollblatt 1946, S. 25. 81

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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noch viel radikaler als das Gesetz von 1919 hinauf. Die bisher geltende Steuerklasse V mit einem Tarif von 14 Ofo bis 60 Ofo wurde nunmehr für alle Erwerbe maßgebend. Die Freibeträge und Freigrenzen wurden herabgesetzt und die Befreiung des Ehegatten beseitigt. bb) Die Regelung in den westlichen Besatzungszonen a) Das Gesetz Nr. 64 der Militärregierung Das Gesetz Nr. 64 der Militärregierung83 regelte in Artikel IV die Erbschaftsteuer neu. Die übermäßige Belastung der nahen Familienangehörigen wurde durch die Wiedereinführung von 5 Steuerklassen gemildert. Die Steuersätze bewegten sich in der Klasse I von 4 Ofo bis 38 Ofo und in der Klasse V von 20 Ofo bis 80 Ofo. Auch der überlebende Ehegatte wurde bei Vorhandensein gemeinsamer Abkömmlinge wieder befreit, sofern der Nachlaß 500 000 DM nicht überstieg. Neben der Erhöhung der Freibeträge und Freigrenzen wirkte die Zulassung der steuerfreien Erbschaftsteuerversicherung erleichternd. Die zur Begleichung der Steuerschuld verwendete Versicherungssumme galt nicht als steuerpflichtiger Erwerb, soweit der Erblasser sein Vermögen Angehörigen der Steuerklassen I und II hinterließ87• Die Befreiung galt allerdings nicht für Erlebensfallversicherungen. ß) Die Neufassung vom 30. 6. 1951

Das Änderungsgesetz vom 30. 6. 1951 88 behielt den Tarif bei. Es stellte im wesentlichen auf eine Modifikation der Ehegattenbesteuerung, eine Erweiterung der Steuerfreiheit von Erbschaftsteuer-Lebensversicherungen und die Anpassung an die durch das Grundgesetz geschaffenen neuen Rechtsverhältnisse ab. Kleinere Ergänzungen erfuhr das Gesetz in den beiden darauffolgenden Jahren89• r) Die Tarifsenkung im Jahre 1954

Das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16.12.195480 ermäßigte den Tarif auf die 1925 bis zum Ende des Krieges geltenden Steuersätze. 88 Gesetz Nr. 64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuergesetzen vom 22. 6. 1948, Steuer- und Zollblatt 1948, S. 123. 87 § 18 a ErbStG 1948. 88 BGBl. 1951 I, S. 759. 89 Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 16. 1. 1952, BGBl. 1952 I, S. 20; Gesetz über den Lastenausgleich vom 14. 8. 1952, BGBl. 1952 I, S. 446, § 369; Bundesvertriebenengesetz vom 19. 5. 1953, BGBl. 1953 I, S. 201, § 49; Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 23. 7. 1953, BGBl. 1953 I, S. 687. 90 BGBl. 1954 I, S. 373, Abschnitt V .

••

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

Die höchste Belastung in der Steuerklasse V betrug somit wieder 60 Ofo. Der Regierungsvorschlag, den Tarif zu staffeln, konnte sich nicht durchsetzen. Die Freibeträge wurden für Personen der Klasse I auf 30 000 DM und der Klasse II auf 20 000 DM erhöht. Auch die Freigrenzen für entferntere Angehörige und Nichtverwandte hob man an. Die Tarifsenkung wurde in der Regierungsbegründung mit den Härten belegt, "die sich vor allem bei solchen Nachlassen ergeben können, zu denen im wesentlichen Betriebsvermögen gehört" 91 • Die höheren Freibeträge und Freigrenzen sollten dem gesunkenen Geldwert Rechnung tragen und der Verwaltungsvereinfachung dienenn. Dagegen könne den Wünschen der gewerblichen Wirtschaft nach Erleichterungen für gewerbliche Betriebe im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht entsprochen werden°3• Der ablehnenden Haltung des Bundesrats gegenüber der Tarifsenkung94 hielt die Regierung entgegen, daß im Hinblick auf die laufende Belastung des Vermögens und die Härten bei gewerblichen Unternehmen eine Tarifumgestaltung nötig sei95 • Gleichwohl verlangte der SPD-Abgeordnete KönigswarteT in zweiter Lesung vor dem Parlament die Beibehaltung des Tarifs mit dem Hinweis auf die Mühelosigkeit des erbrechtliehen Vermögenszuwachses und die "soziologisch erwünschte" Verteilungswirkung hoher Tarife9il. b) Das Gesetz von 1959 Die beabsichtigten Änderungen des Bewertungsgesetzes führten zu einem Novellierungsentwurf des Erbschaftsteuergesetzes17, der jedoch vom Bundestag nicht mehr verabschiedet wurde. Aus Anlaß des Gleichberechtigungsgesetzes legte die Regierung im Jahre 1958 einen neuen 91 Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung von Steuern nebst Begründung, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlp. 1953, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Band 29, Drucksache 481, S. 116. 81 Entwurf eines Gesetzes ... , a. a. 0., S. 117. 93 Entwurf eines Gesetzes ... , a. a. 0., S. 115. 14 Entwurf eines Gesetzes . .., a. a. 0., S. 140. oa Entwurf eines Gesetzes ..., a. a. 0., S. 151. 18 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlp. 1953, Stenographische Berichte, Band 22, S. 2785. 17 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes, des Vermögensteuergesetzes und des Erbschaftsteuergesetzes, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 2. Wahlp. 1953, Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Band 43, Drucksache 2544.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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Entwurf08 vor. Nach geringfügigen Änderungen durch den Finanzausschuß" nahm der Bundestag die Vorlage ohne Debatte einstimmig an100• Die Neufassung des Gesetzes wurde am 1. 4. 1959101 bekannt gemacht. Das Hauptanliegen des Gesetzgebers war es, die bei der Beendigung der ehelichen Zugewinngemeinschaft anfallenden Ausgleichsansprüche von der Erbschaft- und Schenkungsteuer auszunehmen. Durch § 6 des Gesetzes wurden die beiden möglichen Ausgleichsforderungen bei Beendigung der Ehe durch Tod(§ 1371 Abs. 1 BGB) und bei Auflösung des Güterstandes auf andere Weise als durch den Tod eines Gatten (§ 1372 BGB) zum nicht steuerpflichtigen Erwerb erklärt. Daneben regelte das Gesetz in § 9 die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer in den Fällen, in denen kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Danach ist auf Antrag die rechtskräftig festgesetzte ausländische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer insoweit anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Um die Berechnungsschwierigkeiten beim Bestehen einer ausländischen Nachlaßsteuer zu vermeiden, öffnet§ 9 Abs. 4 den Weg einer Pauschbesteuerung. Schließlich wurde die Erleichterungsvorschrift beim mehrfachen Erwerb desselben Vermögens durch§ 21 neu gefaßt. Die am 19.1.1962101 bekanntgemachte Neufassung der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung enthält- abgesehen von§ 1 ErbStDV- nur Verfahrensvorschriften. Sie regelt insbesondere die Anzeigepflicht Dritter103• Für den Dienstbetrieb der Behörden ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Erbschaftsteuer vom 19. 1. 1962104 maßgebend. cc) Die Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik a) Die steuerpolitischen Leitgedanken Die überlieferten Besteuerungsformen haben im sozialistischen Staatswesen "einer planwidrigen Entwicklung des kapitalistischen Sek98 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes nebst Begründung, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 3. Wahlp., Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Band 59, Drucksache 598. 99 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 3. Wahlp., Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Band 60, Drucksache 795. 100 Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 3. Wahlp., Stenographische Berichte, Band 43, S. 3356 f. 1o1 BGBl. 1959 I, S. 187. 1o2 BGBl. 1962 I, S. 22. 103 §§ 5 ff. ErbStDV. 1°4 BAnz. Nr. 17 v. 25. 1. 1962.

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

tors der Volkswirtschaft entgegenzuwirken" 105. Das wird durch eine stark progressive Besteuerung "der kapitalistischen Profite und Vermögen"106 erreicht. Andererseits soll die Entfaltung der privaten Initiative nicht zu sehr gehemmt werden. Es soll dem Unternehmer die Möglichkeit verbleiben, "das einzelne Unternehmen im Rahmen der durch den Fünfjahrplan gesteckten Ziele zu erweitern und die Qualität zu verbessern" 107.

ß) Die erbschaftsteuerliche Gesetzgebung Das Kontrollratgesetz Nr. 17 wurde seit 1948 durch mehrere Verordnungen108 abgeändert. Das Ergebnis ist ein auf zwei Steuerklassen eingeschränkter Tarif mit Sätzen von 4 Ofo bis 80 Ofo. Auch die Freibeträge sind erheblich niedriger als in der Bundesrepublik Deutschland, so daß die Belastung regelmäßig höher ist. In Anbetracht der scharf angespannten Einkommen- und Vermögensteuern dürfte es oft unmöglich sein, ausreichende flüssige Mittel zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld anzusammeln. dd) Die selbständige Weiterentwicklung der Erbschaftsteuer in Österreich Das im Jahre 1940 in Österreich eingef ührte109 deutsche Erbschaftsteuergesetz wurde nach dem Krieg zunächst zweimal geändert110. Es entstanden jedoch bald Schwierigkeiten dadurch, daß "die geltenden Bestimmungen schwer auffindbar" 111 waren. Da einer Wiederverlaut105 Bader, Heinrich- Beyer , Hans u. a.: Das Finanzsystem der DDR, Berlin 1962, S. 159. toe Dieselben: ebenda. 107 Kaemmel, Ernst: Das Finanzsystem der Deutschen Demokratischen Republik, HbFW, 2., völlig neubearbeitete Auflage, 3. Band, Tübingen 1958, s. 396 ff. (415). 108 Abschnitt C Verordnung zur Änderung und Ergänzung von Steuergesetzen v. 1. 12. 1948, Zentralverordnungsblatt 1949 I, S. 235; 6. Durchführungsbestimmung zur Steuerreformverordnung - Erbschaftsteuer - v. 8. 7.1949, Zentralverordnungsblatt I, S. 733; § 6 Verordnung zur Ergänzung der Steuergesetze v. 14. 10. 1955, GesBI. DDR 1955 I, S. 709; 24. Durchführungsbestimmung zur Steuerreformverordnung-Erbschaftsteuer - v. 29. 4. 1957, GesBI. DDR 1957 I, S. 309. 101 25. Verordnung zur Einführung steuerrechtlicher Vorschriften in den Reichsgauen der Ostmark vom 8. 12. 1940, RGBI. I, S. 604. 110 Erbschaftsteuernovelle 1946, öBGBI. Nr. 164; Art. III des Bundesgesetzes vom 27. 5. 1952, öBGBI. Nr. 108. 111 Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Bundesgesetzes, betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 14. 6. 1955, 557 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates

VII. G. P., S. 9.

Kap. 1 : Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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barung das Verbot der Alliierten Kommission entgegenstand, entschloß man sich im Jahre 1955, "die derzeit geltenden Erbschaftssteuervorschriften in einem Österreichischen Gesetz" 112 festzulegen. Das Bundesgesetz vom 30. 6. 1955113 enthielt praktisch nichts anderes "als eine systematische Wiedergabe des geltenden Rechts" 114• Ein Novellierungsentwurf des Finanzministeriums im Jahre 1964 wollte den Geldwertschwund und die Erhöhung der Einheitswerte des Grundvermögens zum 1.1. 1963 durch eine Anpassung des Tarifs und der Freibeträge berücksichtigen. Der Einspruch der Sozialisten verhinderte jedoch eine gesetzliche Regelung115• Die Bundeswirtschaftskammer regte nach dem Wegfall der politischen Schwierigkeiten im Frühjahr 1967m erneut eine Novellierung an, die die gewerbliche Wirtschaft vor allem im mittelständischen Bereich entlasten sollte 117• Daraufhin arbeitete das Finanzministerium einen Entwurf118 aus, der vorsah, die für die Steuer maßgeblichen Wertstufen zu verdoppeln, die Freibeträge auf das Dreifache anzuheben und der Ehegattin einen zusätzlichen Freibetrag zu gewähren. Der Nationalrat nahm die Regierungsvorschläge am 24.10. 1967 an. Das Gesetz wurde am 12. 1.1968119 bekanntgemacht. Der Tarif ist nach wie vor fast derselbe wie in Deutschland, und auch die einzelnen Wertstufen entsprechen unter Berücksichtigung des Wechselkurses den deutschen. Die Steuersätze für kleine Erwerbe sind in Österreich zwar etwas niedriger, dafür sind jedoch auch die Freibeträge geringer. 2. Großbritannien

a) Die Zeit bis zum ersten Weltkrieg Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist die britische Erbschaftsbesteuerung durch eine ständige Verschärfung der Steuersätze gekennzeichnet. Das Finance Act 1894 ist zwar bis heute die Rechtsgrundlage geblieben, jedoch drang die estate duty auf Kosten der anderen death duties immer m Erläuternde Bemerkungen ... , ebenda. ÖBGBI. Nr.141; vgl. im einzelnen Bona, Kar!: Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, ÖStZ 1955, S. 179 ff. 114 Erläuternde Bemerkungen ..., a. a. 0., S. 9. 115 Schreiben der Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft (Bundeswirtschaftskammer) vom 8. 3. 1967, Fp. 2877/1966, S. 1. m Schreiben der Bundeskammer ... , a. a. 0., S. 1. 117 Schreiben der Bundeskammer ... , a. a. 0., S. 2; vgl. o. V.: Bundeskammer will neue Erbschaftssteuer, Die Presse, Wien, v. 16. 3. 1967. 118 Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 abgeändert wird vom 6. 6. 1967, 539 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP. m ÖBGBI. Nr.15. 113

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1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

mehr vor. Auch die ursprünglich recht bedeutende Zahl der Umgehungsmöglichkeiten schränkte der Gesetzgeber von Jahr zu Jahr ein. Das Finance Act 1907uo unterwarf zunächst die Nachlässe, deren Verkehrswert (principal value) über U50.000 lag, einem höheren Tarif. Die Forderung der Arbeiterpartei, das über f20 Mio. hinausgehende Nachlaßvermögen ganz an den Staat fallenzulassen 12t, setzte sich nicht durch. Vor dem Unterhaus begründete Schatzkanzler Asquith die Tariferhöhung in erster Linie damit, daß die vorgeschlagenen Ermäßigungen bei der Einkommensteuer ein anderweitiges Zurückgreifen auf den Besitz erforderten, um das Gleichgewicht zwischen direkten und indirekten Steuern zu erhaltenm. Bereits das Finance Act 1910123 hob den Tarif der estate duty nach dem Vorschlag von Lloyd George 124 für alle Hinterlassenschaften mit einem Wert von über f5.000 weiter an. Der Steuersatz der settlement estate duty wurde sogar von 1 Ofo auf 2 Ofo verdoppelt125• Auch die Tarife der legacy und succession duty blieben von der Erhöhung nicht ausgenommen. Bezeichnend war die Neuerung, daß die volle Summe oder ein Teilbetrag der beim Übergang von Immobiliarvermögen entstehenden estate duty, Settlement estate duty oder succession duty durch die Hingabe eines mit den Commissioners vereinbarten Grundstücks beglichen werden konnte. Dies hatte der liberale Lloyd George erst im Laufe der Debatte angeregt, was eine sehr lebhafte parlamentarische Auseinandersetzung zur Folge hatteu8 , in der auch auf den deutschen Regierungsentwurf über die Aufhebung des Intestaterbrechts weitläufiger Ver12° Finance Act v. 9. 8. 1907, Statutes Vol. 45, S. 46 ff. (7 Edw. 7, Chap. 13), sec. 12 ff. 121 Vgl. Inhulsen, C. H. P.: Die Frage weiterer Abstufung der englischen Einkommensteuer und Unterscheidung zwischen dem erarbeiteten und dem nichterarbeiteten Einkommen, FinArchiv 1907, S. 195 ff. (201). 122 The Parliamentary Debates (Authorised Edition), Fourth Series, 2nd Session of the 28th Parliament .. ., 7 Edward VII., Vol. 172, London 1907 (im folg. zit. als 172 H. C. Deb. 4 s.), Sp. 1208 f. 123 Finance (1909-10) Act v. 29. 4. 1910, Statutes 1910, Vol. 48, S. 10 ff. (10 Edw. 7 & 1 Geo. 5, Chap. 8), sec. 54 ff. 124 Vgl. The Parliamentary Debates (Official Report), 4th Session of the 28th Parliament .. ., 9 Edward VII., 5th Vol. of Session (House of Commons), Sp. 441. 125 Finance (1909-10) Act, 1910, sec. 54. m Vgl. The Parliamentary Debates (Official Report), 4th Session of the 28th Parliament ..., 9 Edward VII., 10th Vol. of Session (House of Commons), Sp.1741 ff.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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wandter hingewiesen wurde127• Im übrigen zeigte sich im Verlauf der Debatte bereits eine gewisse Resignation der Gegner der death duties128• Im Mai 1914 betrieb Lloyd George als Schatzminister eine weitere Novellierung der Erbschaftsteuergesetzgebung129• Der Tarif für Nachlässe über f60.000 wurde bis zu einem maximalen Steuersatz von 20 °/o für Nachlaßvermögen mit einem Verkehrswert von mehr als U Mio. angehoben. Wichtig war auch der Vorschlag, die Vergünstigung für gebundenes {settled) Vermögen aufzuheben und die damit überflüssig gewordene settlement estate duty zu streichen. Diese Änderungen lösten im Vergleich zu früheren Debatten kaum mehr eine Diskussion über Grundsatzfragen aus. Sie wurden mit einigen Modifizierungsanträgen130 im Rahmen des "Volksbudgets" angenommen131 und bildeten den dritten Teil des Finance Act 1914131• Während des ersten Weltkrieges blieb die estate duty fast unverändert. Erwähnenswert ist lediglich eine Bestimmung aus dem Jahre 1917, nach der die Commissioners of Inland Revenue anstelle einer Steuerzahlung in bar bestimmte Aktien und Anleihen annehmen konnten 133•

b) Die Gesetzgebung in der Zeit vom ersten Weltkrieg bis zum Ende des zweiten Weltkrieges Im Jahre 1919 schlug Schatzminister Chamberlain eine weitere Tariferhöhung vor, die allerdings nur für Nachlaßvermögen ab f15.000 gelten sollte. Die im Vergleich zur deutschen Nachkriegsregelung mäßige Belastung bezeichnete der Schatzkanzler als drückend; jedoch sei sie zusammen mit der Einkommensteuer zur gesonderten Erfassung des auf akkumuliertes Kapital gegründeten Reichtums nötig. Eine weitergehende Vermögensabgabe lehnte er ab. Gegen die Tariferhöhung wurden die schon früher geltend gemachten Bedenken erhoben, die in dem Kapitalentzug durch die estate duty die Ebenda, Sp. 1750. Vgl. Büchner, Richard: Die Entwicklung der englischen Erbschaftsbesteuerung seit 1909, FinArchiv 1922, S. 399 ff. (412). 1" The Parliamentary Debates (Official Report), 5th Series, Vol. 62, 4th Session of the 30th Parliament, 4. & 5. George V., House of Commons, 5th Vol. of Session, 1914 (im folg. zit. als 62 H. C. Deb. 5 s.), Sp. 90 ff. 130 Vgl. 63 H. C. Deb. 5 s., Sp. 1919; 64 H. C. Deb. 5 s., Sp. 1948,1958. tat 65 H. C. Deb. 5 s., Sp. 781. 131 Finance Act v. 31. 7. 1914, Statutes Vol. 52, S. 15 ff. (4 & 5 Geo. 5., Chap. 10), sec. 12 ff. 133 Finance Act v. 2. 8 .1917, Statutes Vol. 55, S. 49 ff. (7 & 8 Geo. 5., Chap. 31), sec. 34. m

118

1. Teil: Grundlagen der Erbschaftsteuer

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Gefahr zunehmender Unterbeschäftigung zu erkennen glaubten134• Der Regierungsvorschlag setzte sich jedoch durch 135• Die nächste Tariferhöhung brachte das Jahr 1925. Schatzkanzler Winston Churchill schlug in dem "most unpleasant part" 136 seiner Haushaltsrede die Anhebung der Steuersätze in den mittleren Vermögensklassen der Skala unter Beibehaltung der bestehenden Minimalund Maximaltarife vor. Die Erhöhung war als Ausgleich für die Ermäßigung der super tax gedacht. Die Opposition wandte sich vor allem gegen die Beibehaltung des Tarifs für Millionärem. Aber auch die Vertreter der Landwirtschaft erhoben schwere Bedenken. Die Central Landowners' Association ersuchte den Landwirtschaftsminister, für eine vorteilhaftere Bewertung des hinterlassenen bäuerlichen Vermögens einzutreten138. Lord Erskine wies vor dem Unterhaus auf die Gefahr der Zersplitterung des landwirtschaftlichen Besitzes hin139 • Zwei Anfragen über die Zulassung des Ertragswertes bei landwirtschaftlichen Nachlässen wurden zunächst abschlägig beschieden140• Die Debatte spitzte sich jedoch immer stärker darauf zu, ob die Last der estate duty der Landwirtschaft in vollem Maße auferlegt werden könne 141 • Churchill zeigte sich darauf hin bereit, das bäuerliche Vermögen von der vorgeschlagenen Tariferhöhung auszunehmen142• Schon das Finance Act 1930143 sollte zu einer weiteren Ausdehnung der estate duty führen. Schatzkanzler Snowden von der Labour Party wollte zum Haushaltsausgleich die Nachlässe im Werte von über :U20.000 einem höheren Tarif unterwerfen. Dieser sollte bei Hinterlassenschaften von über i2 Mio. auf 50 Ofo ansteigen144• Noch weittragender war die Ankündigung, gesetzliche Maßnahmen gegen die legale Umgehung der auf Grundeigentum und Kapitalanlagen entfallenden estate duty über den Umweg einer private company zu ergreifenu5 • Man wollte verhindern, daß durch die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung von sonst 115 H. C. Deb. 5 s., Sp. 412 f. Finance Act v. 31. 7. 1919, Statutes 1919, Vol. 57, S. 72 ff. (9 & 10 Geo. 5, Chap. 32), sec. 29 ff. m 183 H. C. Deb. 5 s., Sp. 65. 1a1 183 H. C. Deb. 5 s., Sp. 183. 1as 183 H. C. Deb. 5 s., Sp. 424 f. 1aa 183 H. C. Deb. 5 s., Sp. 423 ff. 140 183 H. C. Deb. 5 s., Sp. 1445 und 1647. JU 185 H. C. Deb. 5 s., Sp. 220 ff. uz 185 H. C. Deb. 5 s., Sp. 225, Sp. 570 ff. 143 Finance Act v. 1. 8. 1930, Statutes 1929-30, S. 365 ff. (20 & 21 Geo. 5, Chap. 28), sec. 33 ff. 144 237 H. C. Deb. 5 s., Sp. 2678. 145 237 H. C. Deb. 5 s., Sp. 2674; vgl. auch Beattie, C. N.: The Elements of Estate Duty, Fifth Edition, London 1966, S. 96. 134

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Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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steuerpflichtigem Vermögen auf eine company bei gleichzeitiger Gewährung von bestimmten Bezügen oder Immobiliennutzungsrechten zu Lebzeiten des Verstorbenen eine Nachlaßsteuerersparnis dadurch erzielt werden konnte, daß die genannten Sachwerte rechtlich nicht mehr zum Vermögen des Verstorbenen gehörten. Eine zweite Gruppe von Steuervermeidungen versuchte man durch eine Änderung der Vorschriften über die Anteilsbewertung für jene companies zu erfassen, bei denen die Kontrolle über die Gesellschaft unmittelbar vor dem Tode in der Hand des Verstorbenen lag. Diese Anteile waren mit Ausnahme der amtlich notierten Papiere nicht mehr nach dem Marktwert, sondern nach Maßgabe des Gesamtvermögens der Gesellschaft zu bewerten148• Die beiden Finanzgesetze des Jahres 1939m setzten die Reihe der Tariferhöhungen fort. Bei der Beratung des ersten Gesetzes148 wurde die legale Möglichkeit der Steuerersparnis durch den Abschluß einer Lebensversicherung erörtert. Da weder ein Firmeneigentümer noch ein Landwirt 50 Ofo des Kapitals an das Finanzamt abführen könnten, sei es üblich, zugunsten der Ehefrau oder der Kinder einen trust zu gründen und diesen mit den Mitteln zur Bezahlung der Versicherungsprämien auszustatten. Im Falle des Ablebens könne kein Anspruch von Todes wegen übergehen, da diesen nie der Verstorbene, sondern schon immer der Begünstigte innegehabt habe149• Der wirtschaftliche Vorteil liege darin, daß die Hinterbliebenen mit der durch Steuerbelastungen nicht verminderten Versicherungssumme die Erbschaftsteuer entrichten könnten. Man erkenne dieses Verfahren auch daran, daß jährlich von den Lebensversicherungsgesellschaften f, 60 Mio. ausbezahlt würden, während in den Erbschaftsteuererklärungen nur f-25 Mio. davon erschienen. Ein anderer Redner wies auf eine zweite legale Umgehungsmöglichkeit hin150• Ein Vater schenke seinem Sohn mehr als drei Jahre vor seinem Tode einen Geldbetrag, den er sich als verzinsliches Darlehen zurückgewähren lasse. Der Sohn verwende die Zinsen als Prämie zu einer Versicherung auf das Leben des Vaters. Bei dessen Tod sei die Versicherungssumme erbschaftsteuerfrei, da der Vater nie einen Anspruch gegen den Versicherer hatte; außerdem sei der Darlehensbetrag als auf dem Nachlaß ruhende Schuld abzugsfähig. Diesen AusweichFinance Act, 1930, sec. 37. Finance Act v. 28. 7. 1939, Statutes 1938-39, S. 594 ff. (2 & 3 Geo. 6., Chap. 41), sec. 29 ff.; Finance Act v. 12. 10. 1939, Statutes 1938-39, S. 1305 ff. (2 & 3 Geo. 6., Chap. 109), sec. 23. 148 349 H. C. Deb. 5 s., Sp. 512 ff. uo So stellte es der Abgeordnete Benson, a. a. 0 ., Sp. 515, dar. 1so 349 H. C. Deb. 5 s., Sp. 516 f. 148

u1

1. Teil:

60

Grundlagen der Erbschaftsteuer

möglichkeiten, die durch Einschaltung einer private company und eines trust noch wesentlich verfeinert werden konnten, schob man einen gesetzlichen Riegel vor151 • Schon die beiden Finanzgesetze des Jahres 1940152 änderten die estate duty erheblich. Während sich das erste vornehmlich mit der Beseitigung weiterer Umgehungsmöglichkeiten153 befaßte, verfügte das zweite Gesetz eine kräftige Tariferhöhung. Die 1930 und 1939 eingeführten Vorschriften hatten es nicht verhindern können, daß zahlreiche formale Konstruktionen von den gesetzlichen Tatbeständen der estate duty nicht erfaßt wurden. In der Begründung der Novelle vor dem Unterhaus154 wurden folgende Möglichkeiten der Steuerersparnis beispielhaft erwähnt: (1) Ein zur lebenslänglichen Nutzung Berechtigter und sein Nacherbe treten ihre Ansprüche gegen die Gewährung von Anteilen an eine company ab, wobei der Nacherbe die Anteile übernimmt und der Nutzungsberechtigte für den Rest seines Lebens ein Direktorengehalt von der Gesellschaft bezieht. Zum Todeszeitpunkt geht kein Vermögen über. (2) Jemand überträgt sein gesamtes Vermögen oder einen Teil davon einem nahen Verwandten oder einer private company und läßt sich dafür eine Lebensrente gewähren. Auf diese Weise geht das Vermögen nicht von Todes wegen über, da es bereits zu Lebzeiten übertragen wurde. (3)

Jemand gibt einem Verwandten ein Darlehen und erläßt es gegen eine Lebensrente. Der Erlaß ist keine Vermögensverfügung, weshalb das geltende Gesetz die Transaktion nicht erfaßt, auch wenn sie innerhalb von drei Jahren vor dem Tode vorgenommen wird.

Das Finance Act 1940 schränkte diese Ausweichmöglichkeiten mit sec. 43 ff. weitgehend ein. Der Tariferhöhung durch das zweite Finanzgesetz von 1940, das alle Nachlässe über f10.000 mit einer höheren Abgabe bis zu einem Satz von 65 °/o belegte155, ging keine nähere parlamentarische Diskussion voraus. Finance Act, 1939, sec. 30. Finance Act v. 27. 6. 1940, Statutes 1940, S. 168 ff. (3 & 4 Geo. 6., Chap. 29), sec. 43 ff.; Finance Act v. 22. 8. 1940, Statutes 1940, S. 402 ff. (3 & 4 Geo. 6., Chap. 48), sec. 16 ff. 153 Vgl. den Vorschlag von Schatzkanzler Sir John Simon, 360 H. C. Deb. 5 s., Sp. 65 f. 154 360 H. C. Deb. 5 s., Sp. 775 ff.; weitere anschauliche Beispiele der damals möglichen Steuervermeidung nennt Argent, H. C.: Death Duty Mitigation, London 1965, S. 35 ff. 1115 Finance (No. 2) Act, 1940, sec. 16, Sixth Schedule. 151

152

Kap.1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

61

Die weiteren Kriegsjahre verliefen ohne eine Änderung der Steuersätze der Erbschaftsabgaben. Es traten lediglich einige Modifikationen ein wie die Freistellung der Schenkungen zugunsten der Krone und der Hinterlassenschaften von infolge Kriegseinwirkung Verstorbener150• Auch die 1939 und 1940 geschaffenen Vorschriften gegen die Steuerumgehung wurden ergänzt157 • Das nach dem Waffenstillstand ergangene zweite Finanzgesetz von 1945158 sah Steuererleichterungen für den Fall des zwangsweisen Erwerbs von Grundstücksrechten durch den Staat vor.

c) Die Entwicklung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs aa) Die weitere Verschärfung der estate duty im Jahre 1946 Das Jahr 1946 sollte die unter Kriegsbedingungen angespannte Steuerlast noch weiter verschärfen. Der neue Höchstsatz von 75 °/o galt für alle Nachlässe im Werte von über !12.500. Labour-Schatzkanzler Dalton leitete den die Erbschaftsteuern betreffenden Teil seiner Haushaltsrede mit dem Hinweis auf die laufenden Tariferhöhungen ein, denen keine einzige Steuersenkung gegenübergestanden habe159• Diese Tradition wolle er bei kleinen Erbschaften durchbrechen, bei großen fortsetzen. Eine kleine Erbschaft diene der Versorgung der Hinterbliebenen, wogegen eine große keinem sozialen Zweck diEme und nur zur Faulheit verführe. Es gehöre zur Aufgabe seiner Regierung, "von beiden Seiten die Lücke zu schließen, die zwischen dem Lebensstandard der großen Masse unserer Mitbürger und dem einer kleinen privilegierten Minderheit" 100 klaffe. Daneben schlug Dalton die Gründung eines National Land Fund vor, der der Vermehrung des staatlichen Grundbesitzes dienen solle. Ihm sei auch das Grundvermögen zuzuführen, das zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld anstelle von Geld nach dem Finanzgesetz von 1910 abgegeben werden könne. In den 36 Jahren seit dem Bestehen dieser Vorschrift sei lediglich in zwei Fällen davon Gebrauch gemacht worden, wobei der Gesamtwert nur !7.300 betragen habe. "That is playing the 15° Finance Act v. 22. 7. 1941, Statutes 1941, S. 1991f. (4 & 5 Geo. 6., Chap. 30), sec. 451f. 157 Finance Act v. 22. 7. 1943, Statutes 1943, S. 2511f. (6 & 7 Geo. 6., Chap. 28), sec. 26; Finance Act v. 13. 7. 1944, Statutes 1944, S. 971f. (7 & 8 Geo. 6., Chap. 23), sec. 35 ff. 158 Finance (No. 2) Act v. 20. 12. 1945, Statutes 1945, S. 7571f. (9 & 10 Geo. 6., Chap. 13), sec. 57. m 421 H. C. Deb. 5 s., Sp. 1834 ff. uo 421 H. C. Deb. 5 s., Sp. 1837; übersetzung d. Verf.

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1. Teil:

Grundlagen der Erbschaftsteuer

fool with a great idea181 ." Der National Land Fund wurde mit einer Summe von f-50 Mio. ausgestattet und dem Schatzamt unterstelltm. bb) Die Vereinfachung der britischen Erbschaftsteuern im Jahre 1949 Im Jahre 1949 schlug der neue Schatzkanzler der Labour-Regierung, Sir Stafford Cripps, eine Vereinfachung der britischen Erbschaftsteuern vor183• Von den drei bestehenden Abgaben, der legacy duty, succession duty und estate duty sollten die beiden ersten wegfallen. Abgesehen von der aufwendigen Erhebungsweise seien die beiden Erbanfallsteuern, gemessen an heutigen Besteuerungsmaßstäben, höchst unbefriedigend. Ihre Tarife seien nicht nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit, sondern nach dem Verwandtschaftsgrad abgestuft. Als Ausgleich für den Steuerausfall sollte der Tarif der estate duty leicht angehoben werden18'. Die höhere Steuer sollte nur für größere Nachlaßvermögen gelten, diese aber bis zu 80 Ofo in Anspruch nehmen und auch dazu dienen, die noch bestehenden Ungleichheiten in der Vermögensverteilung auszugleichen, zumal eine weitere Nivellierung der Einkommen auf dem Besteuerungsweg nicht mehr möglich sei185• An dem weiteren Vorschlag von Cripps, anstelle des seit 1925 gültigen Sondertarifs für die Landwirtschaft188 eine 45 Ofoige Steuerermäßigung einzuführen, entzündeten sich die Gegensätze zwischen den Vertretern der Landwirtschaft und der Industrie von neuem. Die landwirtschaftlichen Kreise verlangten eine Ermäßigung von 55%187, hatten jedoch keinen Erfolg damit188• cc) Die Erleichterung der Steuerbelastung für das gewerbliche Vermögen im Jahre 1954 Im Jahr 1954 setzte sich die Ansicht von Schatzminister Butler durch, daß das gewerbliche Vermögen von der estate duty besonders schwer getroffen werden könne. Das gelte vor allem für Familienunternehmen, 181 161 16a 184 165

421 H. C. Deb. 5 s., Sp. 1838. Finance Act, 1946, sec. 48 ff. 463 H. C. Deb. 5 s., Sp. 2088 ff. 463 H. C. Deb. 5 s., Sp. 2089 f. 463 H. C. Deb. 5 s., Sp. 2095 f.

168 Danach wurde die estate duty praktisch nach dem viel niedrigeren Tarif von 1919 erhoben. 187 So der Abgeordnete Butler, 466 H. C. Deb. 5 s., Sp. 762 ff. 188 Finance Act v. 30. 7. 1949, Statutes 1949, S. 476 ff. (12 & 13 Geo. 6., Chap. 47), sec. 27 ff.

Kap. 1: Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

63

obwohl gerade diese viel zur Stabilität des sozialen und wirtschaftlichen Lebens beitrügenH19• Auf seinen Vorschlag wurde durch das Finance Act 1954170 sec. 28 eine Ermäßigung des Erbschaftsteuertarifs um 45 Ofo für den erbrechtliehen Übergang von Betriebsvermögen und von Anteilen an personenbezogenen Kapitalgesellschaften (controlled companies) eingeführt. Damit war die Gleichstellung mit dem landwirtschaftlichen Vermögen erreicht. Die Begünstigung galt für alle Gesellschaften, deren Anteile gemäß sec. 55 Finance Act 1940 nach den Anlagewerten der Gesellschaft zu bewerten waren171 • Auch die Anteile an Tochtergesellschaften waren einbezogen, soweit ihr Wert nach einem gewerblichen Vermögen zu bestimmen war172• Die Bewertung der Anteile nach den Anlagewerten konnte unbillig sein, wenn der Erbe seine ererbte Beteiligung an der controlled company veräußerte und nur einen geringeren Erlös als den erbsehaftsteuerlich maßgebenden Wert erzielte. Deshalb ließ man bei einem solchen Verkauf innerhalb von drei Jahren nach dem Erbfall auch für die estate duty den Ansatz des Verkaufswertes zu, wenn gewisse Bestimmungen zur Vermeidung von Umgehungen nicht verletzt waren173• Eine Erleichterung für kleinere Nachlässe bedeutete die Heraufsetzung der Freigrenze bis auf f3.000 174• Die Wertgrenze, bis zu der ein Nachlaßvermögen ohne Zusammenrechnung mit einem gebundenen Vermögen versteuert werden konnte, wurde auf f10.000 erhöht. dd) Der weitere Ausbau der estate duty seit 1956 Im Jahre 1956 bezog man Kunstwerke mit bedeutendem ästhetischen oder historischen Wert in den Kreis der Sachgüter ein, die anstelle von Bargeld zur Begleichung der Steuerschuld abgegeben werden können175• Der im Jahre 1946 gegründete National Land Fund, der sich als viel zu hoch dotiert erwiesen hatte, wurde 1957 auf ein Finanzierungsvolumen von f10 Mio. verkleinertm. Im Durchschnitt habe er weniger als f200.000 jährlich ausgegeben, obwohl er inzwischen auch hinterlassene Kunstwerke übernehmen könne177• to&

526 H . C. Deb. 5 s., Sp. 223.

° Finance Act v. 30. 7. 1954, Statutes 1954, S.174 ff. (2 & 3 Eliz. 2., Chap. 44),

17

sec. 28 ff. 171 Finance Act, 1954, sec. 28, subs. 2. 171 Finance Act, 1954, sec. 28, subs. 3. 173 Finance Act, 1954, sec. 30, subs. 1. 174 Finance Act, 1954, sec. 32, subs. 1. 175 Finance Act v. 2. 8. 1956, Statutes 1956, S. 454 ff. (4 & 5 Eliz. 2, Chap. 54), sec. 34. 178 Finance Act, 1957, sec. 41. 177 So Schatzkanzler Thomevcroft, 568 H. C. Deb. 5 s., Sp. 978 f.

64

1. Teil:

Grundlagen der Erbschaftsteuer

Eine in beträchtlichem Ausmaß wahrgenommene Gesetzeslücke sollte das Finance Act 1958178 schließen. Bis dahin war es möglich, daß der Inhaber eines lebenslangen Nutzungsrechts (equitable interest) an einem trust zusätzliche Rechte oder sogar das volle Eigentum an dem gebundenen Vermögen gegen Entgelt erwarb. Die gewährte Gegenleistung schied aus dem später steuerpflichtigen Vermögen aus, während die Steuer trotz des vollen Eigentums nicht höher war als beim bloßen Nutzungsrecht178. Sec. 28 unterwarf deshalb den Wert der für das hinzugekaufte Recht gewährten Gegenleistung der estate duty, sofern das Recht innerhalb von fünf Jahren vor dem Todesfall erworben worden war. Sec. 29 beseitigte die Unbilligkeit, die in dem doppelten Eingreifen der estate duty bestand, wenn mehrere Personen gleichzeitig oder fast gleichzeitig, etwa durch einen Unfall, den Tod fanden 180• Eine weitere ausgiebig wahrgenommene Gesetzeslücke schloß das Finance Act 1962 mit der Unterwerfung ausländischen Grundvermögens unter die Steuerpflicht181 • Dafür wurde die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuern zur Vermeidung der Doppelbelastung gestattet182 • Die allgemeine Steuerfreigrenze erhöhte man auf f-4.000 183• Ihre weitere Anhebung auf f-5.000 im Jahre 1963184 sollte der Schonung des Besitzes von Einfamilienhäusern dienen185• Die Einführung der Besteuerung des Vermögenszuwachses (capital gains) durch das Finance Act 1965188 hat sich auch auf die estate duty ausgewirkt. Da sec. 24 dieses Gesetzes den Vermögenszuwachs des hinterlassenen Vermögens im Zeitpunkt des Todes der capital gains tax unterwarf, entstand die Gefahr einer doppelten Erfassung des bereits mit estate duty belasteten Nachlasses. Deshalb sieht sec. 26 vor, daß bei der Bestimmung des Nachlaßwertes zum Zweck der Nachlaßbesteuerung die auf dem Vermögen noch ruhende capital gains tax abgezogen werden darf. Nach sec. 26 subs. 2 gilt diese Erleichterung auch für gebundenes Vermögen. 178 Finance Act v. 1. 8. 1958, Statutes 1958, S. 6011f. (6 & 7 Eliz. 2, Chap. 56), sec. 281f. 178 Vgl. die Begründung durch Schatzkanzler Amory, 586 H. C. Deb. 5 s., Sp. 62 f . 180 586 H . C. Deb. 5 s., Sp. 64. 181 Finance Act v. 1. 8. 1962, Statutes 1962, S. 6951f. (10 & 11 Eliz. 2, Chap. 44), sec. 28. 182 Finance Act, 1962, sec. 29. 183 Finance Act, 1962, sec. 27. 184 Finance Act v. 31. 7. 1963, Statutes 1963, S. 3041f., (11 & 12Eliz, 2, Chap. 25), sec. 52. 185 678 H. C. Deb. 5 s., Sp. 689 1f. 188 Finance Act v. 5. 8. 1965, Statutes 1965, S. 4031f. (13 & 14 Eliz. 2, Chap. 25), sec. 191f.

Kap. 1 : Die Geschichte der Erbschaft- und Schenkungsteuer

65

3. Frankreich

a) Der rasche Ausbau der französischen Erbschaftsteuer bis zum ersten Weltkrieg Die französische Erbanfallsteuer wurde durch das Gesetz vom 25. 2. 190P87 neu geregelt. Der Reform gingen lange Verhandlungen188 voraus. Auf der Grundlage des Entwurfs des Finanzministers Poincare beseitigte man die augenfälligen Mängel, faßte die Bewertungsvorschriften neu und erhöhte den Tarif auf fast das Doppelte. Damit war eine Entwicklung eingeleitet, die aus der Erbschaftsteuer nicht nur eine "impöt democratique", sondern auch eine "impöt demagogique" 189 werden ließ. Der neue Tarif war gekennzeichnet durch eine Staffelprogression je nach der Höhe des Erbanfalls. In der untersten Klasse von 1.0002.000 FF lag die Belastung je nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen 1 °/o und 15 °/o. In der höchsten Klasse bei Erwerben von über 1 Mio. FF betrug sie 2,5 °/o bis 18,5 Ofo190• Die Abstufung umfaßte sieben Verwandtschaftsgrade und acht Erwerbsklassen (fractions de part nette). Besonders ausführliche Bestimmungen widmete der französische Gesetzgeber dem Abzug von Schulden, die den Wert des Nachlasses verminderten. Die Furcht vor fingierten Schuldurkunden führte so weit, daß man bestimmte Verpflichtungen kraft Gesetzes vom Abzug ausschloß191. In den Jahren bis zum ersten Weltkrieg erhöhte man kontinuierlich den Tarif1 92 • Ab 1910 betrug er in der untersten Klasse 1 Ofo-18 Ofo und dehnte sich für die 50 Mio. FF übersteigenden Teile des Erbanfalls je nach dem Grad der Verwandtschaft auf 6,5 °/