Innovationen, Wettbewerb und Konjunktur: Eine theoretische und empirische Untersuchung von Innovationsdeterminanten unter Berücksichtigung des Konjunkturverlaufs [1 ed.] 9783428485680, 9783428085682

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Innovationen, Wettbewerb und Konjunktur: Eine theoretische und empirische Untersuchung von Innovationsdeterminanten unter Berücksichtigung des Konjunkturverlaufs [1 ed.]
 9783428485680, 9783428085682

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JÜRGEN WEIGAND

Innovationen, Wettbewerb und Konjunktur

Abhandlungen zur Nationalökonomie Herausgegeben von Professor Dr. Karl-Dieter Grüske in Zusammenarbeit mit den Professoren Dr. Wolfgang Harbrecht, Dr. Joachim Klaus, Dr. Werner Lachmann, Dr. Manfred Neumann

Band 3

Innovationen, Wettbewerb und Konjunktur Eine theoretische und empirische Untersuchung von Innovationsdeterminanten unter Berücksichtigung des Konjunkturverlaufs

Von

Jürgen Weigand

DUßcker & Humblot · Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Weigand, Jürgen: Innovationen, Wettbewerb und Konjunktur: eine theoretische und empirische Untersuchung von Innovationsdeterminanten unter Berücksichtigung des Konjunkturverlaufs / von Jürgen Weigand. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Abhandlungen zur Nationalökonomie; Bd. 3) Zug!.: Erlangen-Nürnberg, Uni v., Diss., 1994 ISBN 3-428-08568-X NE: GT

n2

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-4595 ISBN 3-428-08568-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 §

Einrtihrung der Herausgeber

Die Frage, welchen Einfluß der Wettbewerbsgrad eines Marktes und die Unternehmensgröße auf die Innovationsaktivität ausüben, wird seit Schumpeter kontrovers diskutiert und war Gegenstand zahlreicher theoretischer und empirischer Studien, über die im vorliegenden Buch einleitend berichtet wird. Die spezifische Fragestellung besteht jedoch darin herauszufinden, welcher Einfluß von der konjunkturellen Lage auf die Innovationstätigkeit von Unternehmen ausgeht, ob Innovationen eher in Aufschwungsphasen der Konjunktur zu erwarten sind oder - wie die "Depression Trigger" -These behauptet - in Niedergangsphasen der Konjunktur, und welche Rolle der Wettbewerbsgrad der jeweiligen Märkte dabei spielt. Das ist eine Frage, die in der bisherigen Literatur kaum behandelt wurde, die aber aus theoretischer Sicht wie auch wirtschaftspolitisch von größtem Interesse ist. Die ersten Kapitel des vorliegenden Buches berichten sachkundig über den Stand der Forschung bezüglich des Einflusses von monopolistischer Marktrnacht und Unternehmensgröße auf die Innovationstätigkeit von Unternehmen. Theoretische und empirische Arbeiten werden vorgestellt, um die in der Literatur erörterten Zusammenhänge deutlich zu machen. Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß sich die These Schumpeters, nach der Großunternehmen und Unternehmen mit monopolistischer Marktmacht eine herausragende Rolle im Innovationsprozeß von Volkswirtschaften spielen, als fragwürdig erwiesen hat. Für die Unternehmensgröße wurde in den meisten Fällen ein inverser Zusammenhang zwischen Größe und F&E-Intensität festgestellt. Auf theoretischer Ebene beginnt der Autor mit einer Analyse der Anreizstrukturen für Innovationen, wie sie von Arrow rur sog. drastische und nichtdrastische Verfahrensinnovationen vorgenommen wurde. Diese Zusammenhänge werden in didaktisch sehr schöner Weise dargelegt. Eigenständig entwickelt Weigand dann in Anlehnung an ein ursprünglich für Werbeausgaben formuliertes Modell von Nerlove und Arrow, wie kostensenkende Verfahrensinnovationen durch Marktrnacht beeinflußt werden. Diesen Modellansatz erweitert Weigand um den Aspekt des Risikos, indem angenommen wird, daß die Unternehmen eine Nutzenfunktion maximieren, die neben dem erwarteten

6

Einftlhrung der Herausgeber

Gewinn auch das durch die Varianz des Gewinns gemessene Risiko enthält. Es ergibt sich ein negativer Effekt der Ungewißheit und des daraus folgenden Risikos auf die F&E-Intensität und damit vermutlich auch auf die Innovationstätigkeit. Da eine Rezession das Ertragsrisiko tendenziell erhöht, wäre somit eine Verminderung der Innovationen in einer Rezession zu erwarten. Dem steht die "Depression Trigger" -These gegenüber. Der Verfasser bietet dafür zwei Erklärungsansätze an, die von Kahnemantrversky (1979) propagierte "Prospect" -Theorie, nach der die Nutzenfunktion im Verlustbereich konvex (bei Risikovorliebe) und im Gewinnbereich konkav (bei Risikoaversion) verläuft, und die von Manfred Neumann (1993) vorgeschlagene Theorie eines endogenen, durch Transaktionskostenaufwand beeinflußbaren Risikos. Neumanns Ansatz besitzt dabei den Vorzug, daß der Einfluß monopolistischer Marktrnacht explizit abgebildet werden kann. Für beide Erklärungsansätze wird die verfiigbare empirische Evidenz dargelegt. Dann folgt eine empirische Analyse fiir die Bundesrepublik Deutschland von 1967 bis 1984, die sich auf eine Auswertung von Bilanzdaten von 240 Aktiengesellschaften stützt. In den sehr sorgfaltig durchgeführten und gut erklärten ökonometrischen Schätzungen wird gezeigt, daß der horizontale Konzentrationsgrad, der als Proxy fiir monopolistische Marktmacht gelten kann, in konjunkturellen Abschwungsphasen einen statistisch signifikant negativen Einfluß auf die Innovationstätigkeit ausübt. Danach triffi die "Depression Trigger" -These vor allem fiir solche Unternehmen zu, die sich in intensivem Wettbewerb befinden. In den konjunkturellen Aufschwungsphasen dagegen ist der Einfluß der Konzentration auf die Innovationstätigkeit statistisch insignifikant. Gleichzeitig geht wohl vom Risiko - gemessen als Varianz des Umsatzes um einen Trend - in den Abschwungsphasen ein statistisch signifikanter negativer Einfluß auf Innovationen aus, nicht dagegen in den Aufschwungsphasen. Um das Ergebnis abzusichern, wird eine analoge Untersuchung fiir Sachanlageinvestitionen durchgefiihrt. Es zeigen sich im wesentlichen die gleichen Resultate wie bei den Innovationen. Das unterstützt die These, daß Sachanlageinvestitionen und Aufwendungen fiir Forschung und Entwicklung gleichartige Phänomene sind, die beide dem Aufbau eines Kapitalstocks (Sachkapital und Humankapital) dienen. In Anhängen zur Arbeit sind Quellen dokumentiert und mathematische Ableitungen wiedergegeben, die aus darstellerischen Gründen aus dem Text der Arbeit ausgegliedert wurden. Ferner werden die verwendeten ökonometrischen Modelle und Schätzansätze ausfiihrlich und sehr gut verständlich beschrieben.

7

Einführung der Herausgeber

Die souveräne Arbeit, die durch klare Gedankenfiihrung, gute Erklärungen komplexer Zusammenhänge und Originalität besticht, ist ein Musterbeispiel theoretisch und empirisch fundierter industrieökonomischer Forschung.

Nürnberg, im Juni 1995 Karl-Dieter Grüske (Geschäftsfiihrender Herausgeber)

Manfred Neumann (Mitherausgeber)

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im November 1994 von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Sie entstand auf Anregung meines verehrten Doktorvaters, Professor Manfred Neumann. Ihm gilt mein besonderer Dank für die Unterstützung und Förderung, die ich während meiner gesamten Assistentenzeit an seinem Lehrstuhl erfahren habe. Herrn Professor Karl-Dieter Grüske danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in die von ihm herausgegebene Reihe Abhandlungen zur Nationalökonomie. Herr PD Dr. habil. Alfred Haid (DIW Berlin) betreute meine Arbeit als Korreferent und gab mir sowohl in technischer Hinsicht (Statistik, Daten, Programme) als auch durch zahlreiche Gespräche und kritische Anmerkungen wertvolle Hilfestellung. Herrn PD Dr. habil. Karl-Heinz Fleischer möchte ich für seine Mitwirkung am Promotionsverfahren sowie für die gründliche Durchsicht des mathematischen und ökonometrischen Anhangs danken. Für anregende und fachübergreifende Diskussionen danke ich Frau Prof. Dr. Thusnelda Tivig (Universität Rostock). Herr Diplom-Volkswirt Mark Schwiete hat die Arbeit kritisch gelesen und mit mir diskutiert. Herr Diplom-Kaufmann Johannes Toepffer und Herr Diplom-Volkswirt Bernd Scheiter haben mir sachkundig und "mit leichter Hand" bei der Bewältigung drucktechnischer Probleme geholfen. Frau Ursula Briceno la Rosa hat mit großer Sorgfalt einen nicht unerheblichen Teil der Schreibarbeit geleistet. Ihnen und allen Kollegen, die mir Hinweise und Hilfestellung zur Verbesserung der Arbeit gaben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Ich widme diese Arbeit meiner Mutter und meinem Bruder Harry, ohne deren jahrelange materielle und ideelle Unterstützung das Erreichte nicht erreichbar gewesen wäre.

Nürnberg, im Juni 1995

Jürgen Weigand

Inhaltsverzeichnis

Einführung ............................................ .......... .............................. ......................... 19

Erstes Kapitel Wirtschaftliche Entwicklung und volkswirtschaftlicher Wohlstand

24

1.1

Technischer Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum ................................... 24

1.2

Innovationen als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung ................................ 27

1.3

Innovationsprozeß und Marktergebnis .............................................................. 31

Zweites Kapitel Determinanten der Innovation

2.1

36

Die absolute Größe von Unternehmen .............................................................. 37

2.l.l

Ergebnisse input-orientierter Studien ........................................................ 40

2.1.2

Ergebnisse output-orientierter Studien ....................................................... 43

2.2

Innovationen und Mar1ctmacht... ....................................................................... 46

2.2.1

Marktanteil und Innovationsanreiz im Modell von Arrow .......................... 48

2.2.2

Marktanteil und Innovationsaufwand in dynamischer Betrachtung ............. 54

2.2.3

Innovationshemrnung durch Wettbewerb? .................................................. 57 2.2.3.1 Wettbewerbsgrad und Innovationszeitpunkt... ................................ 58

12

Inhaltsverzeichnis 2.2.3.2 Die Bedeutung der Aneignungsbedingungen (appropriability) ....... 61 2.2.3.3 Ineffizienz durch "übermäßigen Wettbewerb"? (overbidding) ........ 64 2.2.3.4 Potentieller oder tatsächlicher Wettbewerb? .................................. 71

2.2.4

Empirische Evidenz .................................................................................. 74 2.2.4.1 Ergebnisse input-orientierter Studien ............................................ 75 2.2.4.2 Ergebnisse output-orientierter Studien .......................................... 77

2.3

Die Evolution von Märkten und Unternehmen ................................................. 86

2.3.1

Innovationen, Unternehmenswachstum und Konzentration ........................ 88

2.3.2

Innovationen als Markteintrittsstrategie ..................................................... 93

2.4

Zusanunenfassung ...... ........ .... .............................................................. ........... 97

Drittes Kapitel Innovationen und Konjunktur

101

3.1

Ungewißheit und optimale Investition in Forschung und Entwicklung ............. 102

3.2

Schumpeter, Mensch und die Depression Trigger-These ................................. 108

3.3

Bowrnans Risk-Retum-Paradoxon, Prospect-Theorie und Innovationen ........... 112

3.4

Die Bedeutung von Marktmacht und Wettbewerb ..................... ............ .......... 125

3.5

Zusanunenfassung .......................................................................................... 137

Viertes Kapitel Empirische Analyse für die Bundesrepublik Deutschland

4.1

139

Daten und Variablen ....................................................................................... 139

4.1.1

Innovation und Investition ........................................................................ 141

4.1.2

Konjunktur, Branchennachfrage und Technologie ..................................... 145

Inhaltsverzeichnis

13

4.1.3

Unternehmensgröße, Kapitalausstattung und Unternehmenswachstwn ..... 147

4.104

Horizontale Konzentration und Marktmacht ............................................. 147

4.1.5

Sonstige Variablen ................................................................................... 149

4.2

Ökonometrische Modelle ................................................................................ 150

4.3

Hypothesen und Ergebnisse ............................................................................ 152

4.3.1

Determinanten der hmovation im Konjunkturverlauf.. .............................. 152

4.3.2

hmovation als Überlebensstrategie? .......................................................... I64

4.3.3

Investition, Konzentration und Ungewißheit.. ........................................... 169

Zusammenfassung ................................................................................................. 175

Anhang

A Modelltheorie ................................................................................................... 179 1.

Relati ve Unternehmensgröße, horizontale Konzentration und Marktmacht ........ 179

2.

Marktanteil und hmovationsanreiz im n-Firmen-Oligopol ................................. 182

3.

Optimaler hmovationsaufwand in dynamischer Betrachtung .............................. 185

4.

Wettbewerbsintensität und optimaler F&E-Aufwand in einem symmetrischen Patentrennen ............................................................................. 188

5.

F&E-Entscheidung unter Ungewißheit.. ............................................................ 194

B. Ökonometrische Verfahren ............................................................................. 197 1. Das multiple Regressionsmodell ........................................................................ 197

14

Inhaltsverzeichnis

2. Die Methode der Kleinsten Quadrate ................................................................. 198 3. Ökonometrische Ansätze zur Analyse von Pool-Daten ........................................ 20 1 3.1 Schätzung des Fixed Effects-Modells ............................................................. 204 3.2 Schätzung des Random Effects-Modells ....... .............. ........ ...... ...... ............... 205 3.3 SignifIkanz-Tests ............... ...... .......................................... .............. ............. 206 4. Interdependente Systeme ................................................................................... 206

C. Datenbeschreibung ............. .... ......................................................................... 211 1. Untersuchung ftlr 200 US-Untemehmen 1992 .................................................... 211 2. Untersuchung für 240 deutsche Aktiengesellschaften 1967-1984 ........................ 215

Literaturverzeichnis .............................................................................................. 222

Sachverzeichnis ...................................................................................................... 243

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1 Detenninanten der F&E-Intensität von US-Untemehmen 1992 .................... 42 Tab. 2.2 Zahl der Anbieter und hmovationsanreiz im Coumot-01igopo1 .................... 53 Tab. 2.3 Determinanten des Produktivitätswachstwns bei Greer und Rhoades ........... 78 Tab. 2.4 Detenninanten der hmovationsintensität bei Acs und Audretsch .................. 85 Tab. 3.1 Prozeß- und Produktinnovationen in Chancen- und Krisensituationen Ausgangsszenario ...................................................................................... 115 Tab. 3.2 Risikobereitschaft bei Prozeß- und Produktinnovationen in Chancenund Krisensituationen ................................................................................ 116 Tab. 3.3 Fiegenbaums Risk-Retum-Schätzungen ..................................................... 118 Tab. 3.4 Entwicklung von Umsatz, Beschäftigung und Produktivität bei hmovatoren und Nicht-hmovatoren im Verarbeitenden Gewerbe 1979-1984 ......... 121 Tab. 3.5 Tobins q und andere Unternehmenskennzahlen in ausgewählten US-Untemehmen 1992/1993 ..................................................................... 124 Tab. 3.6 Determinanten von Tobins q ...................................................................... 124 Tab. 3.7 Kapita1verfligbarkeit und Netto-Investition im Verarbeitenden Gewerbe .... 135 Tab. 3.8 Entwicklung der Geldreserven im Verarbeitenden Gewerbe ....................... 136 Tab. 4.1 Determinanten der durchschnittlichen Wachstwnsrate der Arbeitsproduktivität im Zeitraum 1967-1984 (Mitte/werl-Modell, OLS-Schätzung) .... 154 Tab. 4.2 Determinanten der Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität in Einzeljahren 1967-1984 (OLS-Schätzung) .................................................. 155

16

Tabellenverzeichnis

Tab. 4.3 Detenninanten der Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität 1967-1984 (Pool) ...................................................................................... 156 Tab. 4.4 Fixe Effekte und Detenninanten des Produktivitätswachstums (DLS-Schätzung) ....................................................................................... 158 Tab. 4.5 Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität und Verändenmg des BSP 1967-1984 (Fixed Effects-Schätzung) ......................................................... 159 Tab. 4.6 Detenninanten der Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität in unterschiedlichen Konjunkturlagen (Fixed Effects-Schätzung) ................... 160 Tab. 4.7 Produktivitätsfortschritt bei endogenem Untemehmenswachstum in unterschiedlichen Konjunkturlagen (2SLSIFixed Effects-Schätzung) ....... 162 Tab. 4.8 Produktivitätsfortschritt und endogener Konzentrationsgrad in unterschiedlichen Konjunkturlagen (2SLSlFixed Effects-Schätzung) ........... 163 Tab. 4.9 Erwartete EigenkapitaIrendite und Risiko 1967-1984 ................................. 165 Tab. 4.10 Ertrag-Risiko-Beziehung und Prospect-Theorie (Pool-Analyse) ................ 166 Tab. 4.11 Prospect-Theorie und Konjunktur (Random Effects-Schätzungen) ............. 167 Tab. 4.12 Rentabilitätsunterschiede und Produktivitätsverändenmg in unterschiedlichen Konjunkturlagen (2SLSIFixed Effects-Schätzung) ... ...... 169 Tab. 4.13 Detenninanten der Investitionstätigkeit 1967-1984 (2SLSIPool-Analyse) ............................................................................... 171 Tab. 4.14 Investitionsintensität und Verändenmg des BSP 1967-1984 (2SLSIFixed Effects-Schätzung) ............................................................... 172 Tab. 4.15 Determinanten der Investitionsintensität in unterschiedlichen Konjunkturlagen (2SLSIFixed Effects-Schätzung) ......................... ........... 172 Tab. 4.16 Determinanten der Stabilität der Investitionsintensität 1967-1984 (2SLSIFixed Effects-Schätzung) ............................................................... 173

Tabellenverzeichnis

17

Anhang

Tab. C.l Industriegruppen-Zugehörigkeit wtd F&E-Einsatz ..................................... 213 Tab. C.2 Sample-Charakteristika ............................................................................. 214 Tab. C.3 Verteilwtg der Stichproben-Unternehmen auf Industriegruppen ................. 215 Tab. C.4 Sample-Charakteristika 1967-1984 ............................................................ 216 Tab. C.5 Reales Bruttosozialprodukt 1965-1986 ........................................ .............. 217 Tab. C.6 Entwicklwtg der C6-Konzentration in ausgewählten Branchen des Produzierenden Gewerbes 1967-1984 .................................................. 218 Tab. C.7 Determinanten des Produktivitätsfortschritts in Einzeljahren 1967-1984 (OLS-SchätzWlg) ...................................................................... 219 Tab. C.8 Determinanten des Untemehmenswachsturns Schätzung der reduzierten Form 1967-1984 (Pool-Analyse) ....................................... 221

2 Weigand

Abbildungsveneichnis

Abb. l.l Die traditione1le Sichtweise des Innovationsprozesses ............................... 31 Abb. 1.2 Der Innovationsprozeß als Teil des dynamischen Marktsystems ................. 32 Abb. 2.1 GewiImzuwachs bei einer drastischen Prozeßinnovation .................... .. ...... 49 Abb. 2.2 Gewinnzuwachs bei einer nicht-drastischen Prozeßinnovation ................... 50 Abb. 2.3 Wettbewerbsgrad und optimaler Innovationszeitpunkt ............................... 59 Abb. 2.4 Produktinnovation bei perfektem Patentschutz ............ .. ........ .. .. ................. 62 Abb.2.5 Produktinnovation bei unvollkommenem Patentschutz ............................... 63 Abb. 3.1 Nutzenfunktion und Einstellung zum Risiko ............................................. 105 Abb. 3.2 Die Wertfunktion von Kahneman und Tversky ......................................... 117 Abb. 4.1 Veränderung des realen Bruttosozialproduktes 1965-1986 .......... .... .......... 146

Einführung

Seit Adam Smiths Untersuchung über Ursachen und Veränderung des Wohlstandes von Nationen bewegt die Frage nach dem Wesen und den Determinanten der wirtschaftlichen Entwicklung und damit nach ihrer Beeinflußbarkeit oder Steuerbarkeit die ökonomische Profession. Zwei Beobachtungen sind dabei von grundlegender Bedeutung. Zum einen unterliegt die wirtschaftliche Aktivität - gemessen etwa an der Veränderung des Sozialprodukts einer Volkswirtschaft - kurze, mittel- und langfristigen Schwankungen. Phasen positiver wirtschaftlicher Entwicklung, in denen das Sozialprodukt zunimmt, wechseln mit Schwächephasen, die infolge eines verringerten, stagnierenden oder gar negativen Wachstums des Sozialprodukts und zunehmender Arbeitslosigkeit einen Verlust an Wohlstand darstellen. I Zum anderen wird die wirtschaftliche Entwicklung moderner Volkswirtschaften maßgeblich vom technischen Fortschritt beeinflußt. Empirische Untersuchungen, angefangen bei Abramowitz (1956) und Solow (1957) bis hin zu Denison (1985), haben einen hohen und positiven Beitrag des technischen Fortschritts zum Wachstum des Sozialprodukts festgestellt. Nach Joseph Schumpeter (1912) zeigt sich technischer Fortschritt insbesondere in Innovationen, womit neue Produkte, Produktionsverfahren, Materialien und Organisationsmethoden gemeint sind. Sie werden von Unternehmern I Der Wechsel positiver und negativer Phasen der wirtschaftlichen Entwicklung (meist weiter differenziert nach Erholung, Aufschwung, Boom, Stagnation, Abschwung und Rezession/Depression) wird im allgemeinen als Konjunkturzyklus bezeichnet. Man unterscheidet Zyklen unterschiedlicher Länge: Kondratieff- (45-60 Jahre, "Lange Weilen"), Kuznets- (15-25 Jahre), Juglar- (7-11 Jahre) und Kitchin-Zyklen (3-5 Jahre) (vgl. van Duijn 1983, S. 6). Das drastischste Beispiel für eine Schwächeperiode ist sicherlich die Weltwirtschaftskrise von 1929. Der französische Schriftsteller Jean Cocteau notierte: "1929 glaubte man, den Gipfelpunkt erreicht zu haben, eine amerikanische Apotheose der Maschinen, der Wolkenkratzer, der Wissenschaft und des Komforts." (zit. bei Mensch 1975, S. 25). Dann kam unerwartet und schmerzhaft der wirtschaftliche Absturz. In den USA reduzierte sich das Bruttosozialprodukt zwischen 1929 und 1933 um 30 v.H., die industrielle Produktion fiel um knapp 50 v.H. und die Produktion von Investitionsgütern gar um 75 v.H. (Angaben nach FreemanlPerez 1988, S. 63). Anhaltende Massenarbeitslosigkeit war die Folge. Zu Schätzungen der volkswirtschaftlichen Kosten konjunktureller Einbrüche und Rezessionen siehe Clark/Leslie/Symons (1994). 2'

20

Einfilhrung

oder Unternehmen hervorgebracht und durchgesetzt. Das Auftreten von Innovationen ist in Schumpeters Theorie zur wirtschaftlichen Entwicklung eng mit der Konjunktur verbunden. Verfallende oder fehlende Gewinne in etablierten Bereichen veranlassen Unternehmen, auf der Suche nach neuen Gewinnmöglichkeiten in die Realisation neuer Produkte und Verfahren zu investieren. Erfolgreiche Innovatoren ziehen Nachfrage auf sich und erzielen zumindest temporär überdurchschnittliche Gewinne. Angelockt durch diese neuen Gewinnchancen folgen andere Unternehmen Schumpeiers "Pionierunternehmern" durch Innovation oder Imitation. In ihrem Streben nach Markterfolg überwinden Innovatoren so das volkswirtschaftliche Tief. Die Implikation, daß unternehmerische Initiative in Form von Investitionen und Innovationen aus der wirtschaftlichen Krise fiihrt, hat Schumpeters Vorstellungen in jüngerer Zeit zu einer Renaissance in der wirtschaftspolitischen Diskussion verholfen. 2 Innovationen sind besonders risikoreich, weil das einzelne Unternehmen damit meist neue, unerprobte Pfade beschreitet. 3 Besteht in einer rezessiven Phase Unsicherheit über die weitere gesamtwirtschaftliche und marktspezifische Entwicklung, so läuft ein Investor Gefahr, daß die getätigten Investitionen (F&E, Markterschließung etc.) über den Umsatz nicht zu amortisieren sind. Daher könnte es fiir einen potentiellen Investor durchaus rational sein, erst einmal abzuwarten und andere Unternehmen vorangehen zu lassen, bis die Konjunktur "anzieht" und sich somit das eigene Risiko vermindert, obwohl es aus gesamtwirtschaftlicher Sicht rational (weil wohlstandsmehrend) wäre zu investieren. Volkswirtschaftlich betrachtet entsteht dann eine Prisoner's Dilemma Situation. Kein Unternehmen wäre bereit, als erstes zu investieren. Eine Rezession könnte nur durch staatliches Handeln überwunden werden. Tatsächlich beobachtet man aber, daß Innovationen und Investitionen der Unternehmen durchaus den konjunkturellen Aufschwung einleiten und zu Wachs-

2 Maßgeblich hat dazu auch beigetragen, daß die ausschließlich am Keynesianismus orientierte Wirtschaftspolitik gescheitert und das Vertrauen in die Beherrschbarkeit konjunktureller Schwankungen angesichts der gesamtwirtschaftlichen und strukturellen Probleme nach der Ölkrise 1973 erschüttert war (vgl. Mensch 1975, Albach 1979, Eickhof 1982, Giersch 1984, SVR 1984, 1985 und BDI 1986, 1987). 3 Der Begriff des Risikos bezeichnet im Rahmen der vorliegenden Arbeit lediglich die Gefahr, daß eine unternehmerische Handlung (z.B. Innovation) aufgrund von Fehleinschätzungen des Entscheidungsträgers, die u.a. auf der Komplexität realer Entscheidungssituationen beruhen, nicht das gewünschte positive Ergebnis (Markterfolg der Innovation) liefert. Knights (\921) umstrittener Unterscheidung in Ungewißheit (genuine uncertainty) und Risiko (measurable uncertainty) wird in dieser Arbeit nicht gefolgt (5. hierzu die Diskussion z.B. bei Röpke 1977, S. 128 f.).

Einfilhrung

21

turn und Beschäftigung führen. 4 Es muß demnach Bedingungen geben, unter denen ein isoliertes Vorgehen von Pionierunternehmen rational, weil individuell vorteilhaft, ist und der Anreiz durch neue, überdurchschnittliche Gewinne stärker wiegt als die Gefahr zu scheitern. Natürlich gibt es in der Realität selten eine einheitliche Konjunkturlage. Meist begegnet man einer "gespaltenen" Konjunktur, das heißt nicht alle Branchen, Märkte und Unternehmen sind zum gleichen Zeitpunkt in der gleichen (positiven oder negativen) Situation. Manche Branchen und Unternehmen prosperieren selbst in einer allgemein als Rezession bezeichneten Phase ("Wachstumsbranchen") noch. Von ihnen gehen Impulse aus, die einen Anreiz schaffen, bisherige Aktivitäten in rentablere Bereiche zu verlagern und vor allem nach solchen Bereichen zu suchen. Auch sind die Risikoeinstellungen und Zukunftseinschätzungen der Entscheidungsträger von Unternehmen alles andere als homogen; vielmehr gibt es Unternehmer, die Chancen und Risiken sowie zukünftige Entwicklungen optimistischer bewerten als andere und deshalb eine höhere Bereitschaft besitzen, auch in schlechten Zeiten zu innovieren und zu investieren. Die gesamtwirtschaftliche Erholung wird zudem davon abhängen, wie schnell Unternehmen auf eine veränderte Konjunktursituation reagieren oder gezwungen sind zu reagieren. Hier scheint der Wettbewerbsdruck bzw. das Ausmaß an Marktrnacht eine wichtige Rolle zu spielen (vgl. Neumann 1968). Schumpeter (1942) sprach in diesem Zusammenhang großen und marktrnächtigen Unternehmen eine fortschritts- und stabilitätsfordernde Wirkung zu und widersprach damit der traditionellen Lehrmeinung, die Machtkonzentration als wohlfahrtsschädigend ansah. Die Richtigkeit bzw. empirische Gültigkeit von Schumpeters Hypothese hätte erhebliche wettbewerbspolitische Konsequenzen. Kartellbehörden, die der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs als effizientem Ordnungsprinzip verpflichtet sind und Unternehmenszusammenschlüssen und Konzentrationprozessen stets mißtrauisch gegenüberstehen, würden durch ein regulatives Eingreifen (z.B. Untersagung einer Fusion) die Innovationsfahigkeit und damit die wirtschaftliche Entwicklung behindern. Es ist deshalb nicht allein von rein wissenschaftlichem Interesse, welche Markt-

4 "The main way demand has historically absorbed an expanding supply has been through the development of new products, new tastes, and new and unremitting demands for higher standards of living ... " (Patinkin 196.5, S. 364 Fn. 48). Zum Zusammenhang zwischen Innovationen bzw. Investitionen und Wachstum sowie Beschäftigung siehe Freeman/Soete (1987), Gerstenberger et al. (1988) sowie Penzko[er et al. (1989). Eine makroökonomisch orientierte theoretische Analyse bietet Eng/mann (1989).

22

Einführung

bedingungen Innovationen begünstigen und welcher Zusammenhang zur Konjunkturphase besteht. Ausgehend von Schumpeters Überlegungen ist es Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung, in einer Sichtung der vorhandenen theoretischen und empirischen Literatur innovationsrelevante Charakteristika der Märkte und Unternehmen zu identifizieren und in einer eigenständigen empirischen Untersuchung fiir die Bundesrepublik Deutschland ihre Bedeutung in den Konjunkturzyklen zwischen 1965 und 1986 zu überprüfen. Als Analyserahmen bzw. konzeptionelle Leitlinie dient hierfiir das in der Industrieökonomie bewährte, auf Mason (1939) und Bain (1968) zurückgehende Structure-Conduct-Performance-(SCP)-Paradigma. Danach bestimmt die Marktstruktur (Marktanteile, Anbieterkonzentration, Grad der Produktdifferenzierung etc.) entscheidend das Marktverhalten von Unternehmen (produktion, Innovation, Werbung, F&E-Einsatz etc.) und dieses wiederum das Marktergebnis (Gewinne bzw. Preis-Kosten-Margen, Produktivität). In der modifizierten (dynamischen) Version des SCP-Paradigmas werden Rückkopplungseffekte, die von Marktverhalten und Marktergebnis auf die Marktstruktur ausgehen (z.B. wenn eine erfolgreiche Innovation den Marktanteil eines Unternehmens erhöht) berücksichtigt. Die Struktur eines Marktes resultiert dann aus vorangegangenen Entwicklungen von Angebot und Nachfrage (Technologie und Präferenzen) sowie den früheren Verhaltensweisen der Marktteilnehmer. 5 Die vorliegende Untersuchung ist wie folgt aufgebaut. Zunächst wird in den Kapiteln 1-3 die vorliegende theoretische und empirische Literatur insoweit behandelt, als sie Zusammenhänge zwischen Unternehmensentscheidungen, Marktgegebenheiten und Konjunkturphase untersucht. Ziel ist die Herausarbeitung von Einflußfaktoren und die Ableitung empirisch gehaltvoller Hypothesen. Kapitel 1 beschäftigt sich mit grundlegenden Erkenntnissen über Determinanten der wirtschaftlichen Entwicklung. Hierbei richtet sich das Augenmerk auf den technischen Fortschritt im allgemeinen und die Rolle von Innovationen im besonderen. Die neoklassische, gesamtwirtschaftlich orientierte Betrachtung des technischen Fortschritts als wesentlichem Einflußfaktor des volkswirtschaftlichen Wohlstands wird mit Schumpeters mikroökonomisch orientierter Vorstellung von der Innovation als Triebfeder der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden. Dabei wird der Prozeßcharakter der Innovationstätigkeit hervorgehoben und die Notwendigkeit einer dynamischen Beurteilung von Marktergebnissen aufgezeigt. 5 Einen Überblick Ober das SCP-Paradigma geben z.B. Scherer (1980), Weigand (1989), Martin (1993) sowie Haid/Hornschild/Weigand (1993, S. 227 f.).

Einfilhrung

23

"The relation of monopoly and competition to innovation is a relatively unexplored area" schrieb Mason (1949, S. 1271) als Reaktion auf Schumpeter (1942), der die fortschrittsfördernde und wohlstandsmehrende Wirkung von großen, marktmächtigen Unternehmen hervorgehoben hatte. Die theoretische und empirische Auseinandersetzung mit Schumpeters Gedanken im Bereich der Industrieökonomie hat seither stetig zugenommen. Kapitel 2 analysiert deshalb den Zusammenhang zwischen Marktstruktur und Innovation, speziell den Einfluß der Unternehmensgröße und des Wettbewerbsgrades. Kapitel 3 widmet sich der Frage, unter welchen Bedingungen sich Unternehmen fur eine Innovationsstrategie entscheiden und welcher Einfluß dabei von der konjunkturellen Lage ausgeht.

Daran schließt sich in Kapitel 4 eine empirische Überprüfung der abgeleiteten Hypothesen an. Die verwendete Stichprobe umfaßt den Zeitraum 1965 bis 1986. In die Untersuchung sind 240 deutsche Aktiengesellschaften aus 24 Branchen des Produzierenden Gewerbes einbezogen.

Erstes Kapitel

Wirtschaftliche Entwicklung und volkswirtschaftlicher Wohlstand

Smith und die klassische Nationalökonomie sahen in der Kapitalbildung die entscheidende Determinante des volkswirtschaftlichen Wohlstands. Sparen und Investieren waren die Voraussetzung rur eine Produktionsausweitung zur Versorgung einer wachsenden Bevölkerung. Eine Schlüsselfunktion wurde auch dem Grad der Arbeitsteilung beigemessen. Spezialisierung, Innovationen, technischer Fortschritt und Zunahme der Produktivität waren danach untrennbar miteinander verbunden. 1 In der Folgezeit wurde der technische Fortschritt trotz seiner Bedeutung im Rahmen der industriellen Revolution und der damit verbundenen Umwälzungen in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft von den Ökonomen vemachlässigt.2 Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erregte der technische Fortschritt - zum einen im Zusammenhang mit makroökonomisch orientierten empirischen Untersuchungen und zum anderen infolge der eher mikroökonomisch geprägten Überlegungen von Schumpeter - breiteres Interesse unter den Ökonomen. 1.1 Technischer Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum

Technischer Fortschritt läßt sich allgemein als "advances in knowledge which improve human welfare quantitatively through increases in real income per head and qualitatively through widening man's choice of goods and extending bis leisure" (KennedyfThirwall 1972, S. 12) charakterisieren. Produktionstechnisch liegt technischer Fortschritt vor, wenn mit dem bisherigen Fak1 Siehe Smith [1776 (1974, S. 12)]. Zur klassischen Nationalökonomie siehe weiterfOhrend Eltis (1984), Hollander (1987) und Reid (1989). 2 Karl Marx befaßte sich zwar mit den Auswirkungen des technischen Fortschritts auf die Entwicklung sozialer Strukturen und die Entstehung von "Klassenklmpfen", doch ohne seine Natur und Ursachen näher zu betrachten (vgl. Ayres 1984, S. 69). Zur Darstellung und Analyse der industriellen Revolution siehe Landes (1979).

1.1 Technischer Fortschritt und wirtschaftliches Wachstwn

25

toreinsatz eine höhere Produktion bzw. die bisherige Produktion mit einem geringeren Faktoreinsatz möglich ist. 3 Die Integration des technischen Fortschritts in die neoklassische Produktionsfunktion war auch der Ausgangspunkt von Solows (1957) wegweisender Untersuchung des wirtschaftlichen Wachstums der USA.4 Er nahm die Existenz einer makroökonomischen, das heißt über alle Unternehmen und Branchen aggregierten Produktionsfunktion (1.1)

Y (I)

T(/) F[K(/), L(I)]

an, in der das Sozialprodukt Y eine Funktion der Produktionsfaktoren Arbeit L und Kapital K ist. 5 Technischer Fortschritt äußert sich dabei als Verschiebung der Produktionsfunktion. 6 Er wird in (1.1) durch die Variable T erfaßt. T ist multiplikativ mit der Funktion der Produktionsfaktoren verbunden und mißt den Gesamteffekt von Verschiebungen der Produktionsfunktion im Zeitablauf. Alle Größen sind Funktionen der Zeit t. Unter der Annahme der Differenzierbarkeit von (1.1) gilt für die Veränderungen: 7 (1.2)

Division durch TF(K.L) liefert

3 In der Literatur finden sich zudem Unterscheidungen nach den Ursachen in autonomen (z.B. durch spontane Erfindung hervorgerufenen) und induzierten (z.B. durch gezielten F&E-Einsatz oder Learning-by-Doing entstandenen) technischen Fortschritt sowie nach der Durchsetzung in Faktor-gebundenen (an den Einsatz der Produktionsfaktoren geknüpften) oder Faktor-ungebundenen Fortschritt. 4 Auf mikroökonomischer Ebene beschreibt die Produktionsfunktion den maximal möglichen Output bei alternativen Einsatzmengen der Produktionsfaktoren. Lage und Verlauf der Produktionsfunktion werden von der verwendeten Technologie bestimmt. Man unterstellt, daß sich die Unternehmen als Gewinnmaximierer verhalten. Bei gegebenen Angebots- und Nachfragebedingungen entscheiden sie ober die Höhe der Produktion und die zum Einsatz kommenden Faktoren. 5 Der Einsatz der Produktionsfaktoren folgt dem Gesetz vom abnehmenden Grenzertrag: aF/aK">O. aF/aL>0,a 2F/aK 2 I, erzielt das betreffende Unternehmen bezogen auf das Stichprobenmittel eine überdurchschnittliche Rendite. Instrumentvariablen im Rahmen eines simultanen ökonometrischen Modells sind die Exportquote EXP und die Importquote IMP. Die Exportquote ist der Exportwert einer Branche bezogen auf den Branchenumsatz. Die Importquote ist berechnet als Importwertl(Branchenumsatz+lmportwert-Exportwert). Die Angaben für Export- und Importwert entstammen dem Statistischen Jahrbuch.

4. Kapitel: Empirische Analyse

150

4.2 Ökonometrische Modelle

Es werden zwei ökonometrische Grundmodelle verwendet: Querschnittsmodell

Das Querschnittsmodell K

(4.8)

Yj

=b\ + Lbkxjk + uj k=2

taucht in zwei Varianten in der Untersuchung auf. Zum einen bezeichnet Yi den Mittelwert der abhängigen Variablen, etwa des Produktivitätsfortschritts des Unternehmens i=I,00.,240, bezogen auf den Zeitraum 1967 bis 1984; X\ci sind dann die Mittelwerte der k=2,00.,K erklärenden Variablen wie etwa Konzentration oder Unternehmensgröße im gleichen Zeitraum; Ui ist der übliche Störterm, der zufallsbedingte Einflüsse absorbiert. Zum anderen beziehen sich die Werte der Variablen Yi und X\ci auf ein bestimmtes Jahr der Periode 1967 bis 1984. Die Zahl der Beobachtungen beträgt jeweils 240. Zu schätzen sind die Regressionskoeffizienten bk, die Regressionskonstante b\ ergibt sich aus K

b\ =y- Lbkxk k=2

mit

1

240

240

j=\

y =-LYj

und

1

240

240

j=\

xk =-LXjk .

Im Mittelwert-Modell wird unterstellt, daß sich zum Beispiel positive und negative konjunkturelle Einflüsse im Zeitablauf aufheben. Das Mittelwert-Modell beschreibt dann längerfristig wirksame Einflüsse der erklärenden Variablen. Ergänzt wird das Mittelwert-Modell durch Schätzungen rur jedes Einzeljahr des Untersuchungszeitraumes, um kurzfristige Einflüsse abzuschätzen.

4.2 Okonometrische Modelle

151

Pool-Schätzung Als zweites Regressionsmodell wird das Pool-Modell K

(4.9)

Yit =b li + ~)kXkil +U;I k=2

verwendet, das eine Kombination von Querschnitts- und Zeitreihendaten darstellt, wobei sich i als Querschnittsindex auf die 240 Unternehmen der Stichprobe und tals Zeitreihenindex auf die 18 Jahre des Untersuchungszeitraumes bezieht. Die abhängige Variable Yit gibt dann beispielsweise die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität des Unternehmens i im Jahr t an. Werden alle Unternehmen und Jahre zusammengefaßt (ttgepoolttt), sind insgesamt NT=240· 18=4320 Beobachtungen für jede einzelne Variable vorhanden. Ist b1i=b 1 rur alle i, kann (4.9) mit der OLS-Methode konsistent und effizient geschätzt werden. Durch die Verfiigbarkeit von Zeitreihendaten ist es aber möglich, systematische Unterschiede zwischen den Unternehmen, die über die erklärenden Variablen nicht zu erfassen sind, zu modellieren und abzuschätzen. Während stochastische Einflüsse in (4.9) im Störterm absorbiert werden, gehen unbeobachtbare systematische Einflüsse wie etwa die Güte des Managements in unternehmensspezifische Regressionskonstanten (4.10) ein (vgl. Mundlak 1961, Hausman/Taylor 1981), wobei b1 die Regressionskonstante aus dem Mittelwert-Modell darstellt und der Parameter Zi die Abweichung von dieser Konstante rur die Einheit i angibt. Das geeignete Schätzverfahren von (4.9) hängt nun davon ab, ob Zi in (4.10) als konstant oder als stochastisch normalverteilt angenommen wird. Sind die Zi konstante oder fixe Parameter, dann ist eine durch den Einsatz von Dummy-Variablen modifizierte OLS-Schätzung, die im weiteren als Fixed Effects-FE-Modell bezeichnet ist, die geeignete Methode. Unterstellt man die Zi als stochastisch normalverteilte Parameter, liefert eine GLS-Schätzung, das sog. Random Effects-RE-Modeli, unverzerrte und effiziente Schätzer (s. Anhang B).

152

4. Kapitel: Empirische Analyse 4.3 Hypotbesen und Ergebnisse

Zunächst wird untersucht, welcher Einfluß von Unternehmenscharakteristika, von Branchenfaktoren und von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität als Maß des technischen Fortschritts in einem Unternehmen ausgeht (Abschnitt 4.3.1). Unternehmenskennzahlen sind die Veränderung der Kapitalintensität GKI, die absolute Unternehmensgröße SIZE sowie das Unternehmenswachstum GUE. Als Branchengrößen werden die Anbieterkonzentration C6, Nachfrageungewißheit UNC, technologische Möglichkeiten und Wachstumsaussichten (RD, C6·GUB) verwendet. Die Veränderung des realen Bruttosozialprodukts BSP erfaßt die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. In einem zweiten Schritt wird der Frage nachgegangen, ob Krisensituationen Innovationen der betroffenen Unternehmen auslösen (Abschnitt 4.3.2). Abschließend steht das Investitionsverhalten der Unternehmen im Blickpunkt (Abschnitt 4.3.3). 4.3.1. Determinanten der Innovation im Konjunkturverlauf

Das ökonometrische Modell lautet zunächst (4.11)

GAP =b1 +b2 GKI +b3SIZE+b4GUE+bsC6+b6C6·GUB+b7RD+bsUNC+u.

Die Wachstumsrate der Kapitalintensität GKI sollte nach den von Solow und der neoklassischen Wachstumstheorie herausgearbeiteten Zusammenhängen das Produktivitätswachstum GAP positiv beeinflussen (b 2>O). Das Vorzeichen rur die absolute Unternehmensgröße SIZE ist dagegen apriori unbestimmt. Möglichen Effizienzvorteilen größerer Unternehmen infolge von Skalen-, Umfangs- und Risikovorteilen stehen mögliche Ineffizienzen durch Bürokratisierung und Inflexibilität gegenüber. Zwischen Unternehmenswachstum und Produktivitätsfortschritt sollte eine positive Beziehung bestehen (b 4>O), weil dynamische Skalenerträge (Verdoorns Gesetz) realisiert werden und/oder weil Unternehmenswachstum die Basis rur weitere Innovationen scham (success breeds success). Ebenso wie bei der absoluten Unternehmensgröße ist die Auswirkung von Marktrnacht auf die Innovationsleistung apriori nicht eindeutig bestimmbar. Ist Konzentration Indikator rur die durchschnittlich in einer Branche vorhan-

4.3 Hypothesen und Ergebnisse

153

dene Marktrnacht, dann wäre bei einer Dominanz des Arrow-Effektes über mögliche Appropriabilitäts- und Risikovorteile ein negativer Einfluß der Konzentration auf den Produktivitätsfortschritt zu erwarten (bsO) gedämpft, falls bsO. Nach der technology push-Hypothese sind in F&Eintensiven Branchen größere technologische Möglichkeiten, eine höhere Innovationsleistung und damit ein höheres Produktivitätswachstum zu erwarten. Die Kontrollvariable RD sollte demnach einen positiven Effekt auf das Produktivitätswachstum ausüben (b 7>O). Die Ungewißheit über die zukünftige Entwicklung einer Branche wurde durch die Variable UNC gemessen. Die Auswirkung auf die Fortschrittsrate der einzelnen Unternehmung ist nicht eindeutig vorherzusagen. Einerseits steigt mit zunehmender Ungewißheit (=abnehmender Planungssicherheit) das Verlustrisiko, was zu einer geringeren Innovationsbereitschaft rohren könnte. Empirisch wäre dann ror UNC ein negativer Regressionskoeffizient zu erwarten. Andererseits steigen in Branchen mit höherem UNC die Chancen ror das einzelne Unternehmen, überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen. Deshalb

154

4. Kapitel: Empirische Analyse

könnten gerade Unternehmen in Branchen mit höherer Ungewißheit zur Strategie der Innovation greifen, um sich mit neuen Produkten und kostengünstigeren Produktionsmethoden Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten zu verschaffen und zumindest kurzfristig ökonomische Gewinne zu erzielen. Das ökonometrische Modell (4.11) wurde zunächst in Fonn des Mittelwertund Einzeljahresansatzes (4.8) geschätzt. In Tabelle 4.1 sind die OLS-Schätzungen von (4.11) rur das Mittelwert-Modell angegeben. Tabelle 4.1

Determinanten der durchschnittlichen Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität im Zeitraum 1967 bis 1984 (Mittelwert-Modell, OLS-Schätzung) bs

bs

b2

b3

CONS

GKI

SIZE

b4 GVE

C6

b6 C6*GUB

b7 UNC

RD

0,022 (2,62)

0,381 (8,07)

-0,0003 (0,42)

0,133 (3,23)

-0,053 (1,65)

0,692 (1,69)

0,052 (3,16)

0,015 (0,92)

~

li 2

F(FG) N=240

0,326 17,48 (7; 232)

HcteroskedastizitAts-konsistente t-W erte (White) in Klammem; (FG) Freiheitsgrade. Quelle: eigene Schltzung

Mit Ausnahme von SIZE und RD sind alle Erklärungsgrößen des Produktivitätsfortschritts in dieser langfristigen Betrachtung (unter Ausschaltung kurzfristiger Störungen wie etwa Konjunkturschwankungen) bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von a0

'-----.r---"

>0

"

>0 wegen

'

cr/ca

Die gesellschaftliche Wohlfahrt wird bei gegebener Zahl der Anbieter n durch Wahl von x maximiert

rnax nn[(n-I)h,x]. x

In einem Wohlfahrtsoptimum muß geIten (A.34)

8n

on

-+(n-I)h'-=O ox 00

mit einem optimalen F&E-Einsatz x**(n); das (kurzfristige) Marktgleichgewicht wird allerdings durch (A.35)

an

-=0 ax

und x*(n) charakterisiert. Aus (A.34) und (A.35) folgt wegen anlao