Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Recht der Schuldverhältnisse, 5 [Reprint 2018 ed.] 9783110588439, 9783110237184

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Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Recht der Schuldverhältnisse, 5 [Reprint 2018 ed.]
 9783110588439, 9783110237184

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen
Kauf
Schenkung
Miete und Pacht
Sachregister

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Entscheidungen

des Reichsgerichts in Zivilsachen Sammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet Herausgegeben von Professor Dr. L. Auerbach, Berlin, Präsideit ¿es Patentamtes Berlin Dr. Johannes Eylau, Rechtsanwältin Charlotte Graf, Berlin, Ministerialdirektor z. D. Senatspräsident Dr. Ernst Knoll, lerlin, Rechtsanwalt Erich Kammerow, Berlin, Rechteanwalt Hermam Heues, Berlin, Rechtsanwalt Dr. Walter Schmidt, Düsseldorf, Landgeiicbtedirektor Alexander Swarzenski, Berlin, Rechtsanwalt Dr. Werner Vahldiek, Berlin Gruppe I Bürgerliches

Recht

Recht der Schuldverhältniese Teil 5

B e r l i n 1952

Walter de Gruyter & Co. voimale C. J . Göschen'eche Verlagehandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

Recht der Schuldverhältnisse

Herausgegeben von

Dr. Ernst Knoll Ministerialdirektor z. D. Senatspräeident

Teil 5

Berlin

1952

Walter de Gruyter & Co. vormals G. J . Göschen'ache Verlagehandlung / J . Guttentag, Verlagbachhandlung / Georg Reimer / Karl J. J r ü b n e r / Veit & Com·

Archiv-Nr. 2817 52 S » t i u n d D r u c k ι Λ. W. H a y n ' · E r b e n , B a r i l o SO S6

ν

Inhaltsverzeichnis Seite

Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen

VII

Recht der Schuldverhältniese Teil 5

Besonderer Teil Kauf (Fortsetzung)

1

Schenkung

298

Miete und Pacht

357

Sachregister

385

VII

Verzeichnis der aufgenommenen

;en aus der alten Sammlung

RGZ.

Seite

j

RGZ.

Seite

51, 210 52, 172 54, 233 60, 238 62, 225 62, 273 62, 386 64, 381 65, 29 68, 161 68, 326 71, 289 71, 418 73, 341 74, 35 74, 139 74, 150 74, 176 74, 292 75, 435 81, 266 83, 214 83, 223 83, 241 83, 245 85, 320 87, 256 87, 301 87, 335 88, 37 88, 103 88, 165 90, 240 90, 332 91, 110 91, 305 92, 295 93, 71 93, 98 93, 158 93, 166 94, 285 94, 322 94, 327 95, 45

357 359 361 298 361 301 305 364 367 372 310 312 374 376 378 315 380 380 1 3 5 8 319 10 12 15 17 325 21 24 26 30 33 39 41 44 46 47 47 50 55 55 329 58 63

95, 105 95, 307 96, 169 96, 258 97, 269 98, 44 98, 124 98, 231 99, 121 101, 18 101, 90 101, 320 101, 413 102, 307 . 103, 77 104, 122 104, 275 105, 349 106, 294 ; 107, 39 108, 297 i 108, 316 ¡ 109, 295 110, 119 111, 23 112, 210 114, 405 115, 286 116, 281 117, 315 117, 335 118, 5 118, 100 120, 283 121, 137 122, 378 123, 212 126, 308 127, 130

67 70 73 74 77 81 333 88 90 92 93 93 95 95 99 99 99 103 104 109 110 112 114 117 117 339 119 122 124 125 127 131 135 139 141 144 149 152 159

128, 211

129, 130, 131, 133, 133,

280 379 343 76 113

160

160 164 167 179 183

Vili RGZ.

134, 134, 135, 136, 137, 138, 138, 139, 143, 144, 146, 147, 148, 148,

83 272 339 137 297 28 331 205 14 62 120 344 105 236

'

Seite

RGZ.

187 193 195 201 206 209 216 224 226 226 230 237 238 344

148, 149, 150, 154, 155, 157, 158, 158, 161, 161, 163, 167, 170,

Seit·

286 195 397 355 172 175 57 141 193 330 142 199 380

245 254 258 264 264 270 273 350 274 276 286 353 357

Die Entscheidungen sind grundsätzlich — von unwesentlichen Streichungen abgesehen — ungekürzt gebracht worden. Ausnahmsweise gekürzte Entscheidungen sind mit einem f gekennzeichnet. Soweit eine Entscheidung mehrere Fachgeibiete betrifft, ist sie nur in einem Fachgebiet aufgenommen worden. Die anderen Gebiete enthalten nur den Leitsatz der 'betreffenden Entscheidung mit einem Hinweis, wo der vollständige Abdruck erfolgt ist. Um das Auffinden der Entscheidungen zu erleichtern, wird am Schluß der Sammlung ein Gesamt-Fundstellenrqgister erscheinen, in dem alle Entscheidungen der amtlichen Sammlung verzeichnet sind. Die in der Sammlung abgedruckten Entscheidungen sind nach der Fundstelle der alten und der neuen Sammlung zitiert; bei den nicht aufgenommenen findet sich ein Hinweis über den Grund des Ausscheidens.

Besonderer Teil Kauf

(Fortsetzung)

RGZ. 74, 292 Kann der Kittier die Einrede ans § 478 BGB. im Weje der Feststellungsklage geltend machen? BGB. § 478. ZPO. § 256. V. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 19. Oktober 1910.

I. Landgericht Königsberg i. Pr.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Aus den G r ü n d e n : . . . „Gegenüber der aus § 477 BGB. erhobenen Einrede der Verjährung stellt das Berufungsgericht fest, daß der Kläger noch innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist des § 477 BGB. den Mangel der Drainage der Beklagten gegenüber gerügt hat. Da Arglist nicht vorliegt, so hat, wie das Berufungsurteil mit Recht bemerkt, die rechtzeitige Erstattung der Anzeige zur Folge, daß der Kläger gemäß § 478 BGB. trotz der Vollendung der Verjährung insoweit die Zahlung des Kaufpreises verweigern darf, als er auf Grund der Minderung dazu berechtigt sein würde. Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, daß dies grundsätzlich dem Kläger nur eine Einrede gewähren könnte. Wenn es dann aber, sich den Ausführungen Ν i s s e η s ( Jur. Wochenschr. 1902 S. 565) anschließend, die Geltendmachung im Wege der Klage für zulässig erachtet, so kann zwar dem Ergebnisse, nicht jedoch der Begründung zugestimmt werden. N i s s e n will den Anspruch auf Wandelung (oder Minderung), soweit es erforderlich ist, um ihm die in § 478 BGB. vorgesehene Wirksamkeit zu sichern, also in seiner Bedeutung als Befugnis, die Zahlung des Kaufpreises zu verweigern, der (im übrigen platzgreifenden) Verjährung entziehen. Er läßt daher einen A n s p r u c h übrigbleiben, ein teilweises Wandelungsrecht, d. h. ein solches, das sich nur noch gegenüber einer noch ausstehenden Käuferleistung betätigen könne, und wenn er auch zugibt, daß nach der für Einreden typischen Fassung des § 478 BGB. hauptsächlich ein die einrede· weise Betätigung des Anspruchs gedacht sein möge, so gebe doch, wie er meint, seine Annahme vom Fortbestehen des Anspruchs nach gewisser Richtung der Möglichkeit Raum, ihn auch anders als durch Einrede, also auch durch Klage, zur Geltung zu bringen. Mit Recht bemerkt O e r t m a n n (§ 478 Bern. 1 γ) hierzu, daß das Gesetz von einer so weitgehenden Beschränkung der Verjährungswirkung nichts Zivil·. Sdittldredit 5

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Schuldrecht, Besonderer Teil

enthalte, wie auch P l a n c k die Auffassung Ν i s s e η s ablehnt (s. P l a n c k § 478 Bern. 3 b . Abs. 2). Der I. Entwurf enthielt nicht nur die Bestimmung des § 478 nicht, sondern ordnete in § 397 ausdrücklich an, daß die Ansprüche auf Wandelung und Minderung nach Vollendung der Verjährung auch nicht mehr einredeweise geltend gemacht werden können, wofür die Motive (S. 239/40) eine Begründung dahin geben, daß sonst die mit der kurzen Verjährung beabsichtigten Ziele gefährdet würden. Erst aus den Beratungen der II. Kommission erwuchs dann der § 478 BGB. Aus deren Protokollen (II S. 1352 flg., 1409 flg.) ergibt sich mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit, daß dem Käufer bei Rechtzeitigkeit der Rüge nur eine dauernde Einrede die Zahlung des Kaufpreises zu verweigern, gewährt werden, die Ansprüche auf Wandelung oder Minderung aber im Wege einer kurzen Verjährungsfrist erlöschen sollten (Prot. S. 1408). Auch die Denkschrift (S. 63) bemerkt, daß eine ausdrückliche Bestimmung erforderlich sei, da andernfalls der Käufer seine Ansprüche auf Wandelung oder Minderung nach der Verjährung auch nicht mehr einredeweise gegen den Anspruch des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises würde geltend machen können. Diese Auffassung des Gesetzgebers, wonach dem Käufer lediglich eine E i n r e d e gewährt wird, ist aber auch in § 478 BGB. klar zum Ausdrucke gelangt. Denn die Wendung, daß der Verpflichtete berechtigt ist, die Leistung zu verweigern, dient nach dem Sprachgebrauche des Bürgerlichen Gesetzbuchs, was ja auch N i s s e n nicht völlig in Abrede stellen kann, zur Bezeichnung der Einreden. S. N e u m a n n , Hdbch. Einleitg. § 1 IV Nr. 2; E η d e m a η η § 88 Nr. 2 b ; F l e c h t h e i m bei G r u c h o t Bd. 44 S. 84/5. Hiernach verbleibt nach Vollendung der Verjährung für den Käufer, der rechtzeitig gerügt hat, kein noch so beschränkter A n s p r u c h aus der Gewährleistung übrig, sondern er hat nur das Recht behalten, die Zahlung des noch ausstehenden Kaufpreises zu verweigern. In der Regel wird er hierzu nur verteidigungsweise gegenüber der Kaufpreisklage des Verkäufers in der Lage sein; eine L e i s t u n g s k l a g e wird er schon nach dem Inhalte des ihm verbliebenen Rechtes an sich nicht erheben können. Wenn der II. Zivilsenat in einem besonderen Falle ein dingliches Klagerecht gewährt hat (Entsch. in Zivils. Bd. 71 S. 12), so beruht dies auf der ausdrücklichen Bestimmung des § 1169 BGB., die dem Eigentümer, dem eine die Geltendmachung einer Hypothek dauernd ausschließende Einrede zusteht, das Recht gewährt, vom Gläubiger den Verzicht auf die Hypothek zu verlangen. Diese Ausnahme verliert übrigens an Bedeutung, wenn man erwägt, daß sich diese Klage, worauf der erkennende Senat in einer preußisches Recht behandelnden Entscheidung (Entsch. in Zivils. Bd. 44 S. 203) hingewiesen hat, überhaupt

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nicht als Minderungs-, sondern als negatorische Klage auf Ungültigkeit der Hypothek darstellt, weil ihr eine rechtlich bestehende Forderung nicht zugrunde liegt. Ist dem Käufer also an sich kein Leistungsanspruch, sondern nur ein Zahlungsverweigerungsrecht verblieben, so schließt dies doch die Möglichkeit, dieses Recht für eine F e s t s t e l l u n g s k l a g e zu verwenden, nicht aus. Dadurch, daß Gewährleistungsrechte vorliegen, die den Käufer, der rechtzeitig gerügt hat, berechtigen, trotz vollendeter Verjährung seiner Wandelungs- oder Minderungssansprüche die Zahlung des noch ausstehenden Kaufpreises ganz oder teilweise zu verweigern, ist ein besonderes, dieses Verweigerungsrecht umfassendes Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Verkäufer entstanden, das zwar kein selbständiges sondern nur der Ausfluß eines weitergehenden Rechtsverhältnisses, des Kaufgeschäftes, ist. Aber dies genügt für ein Rechtsverhältnis, um die Voraussetzung einer Feststellungsklage bilden zu können, wie es auch nicht erforderlich ist, daß das Rechtsverhältnis einen Leistungsanspruch gegen den Beklagten zu begründen oder auch nur vorzubereiten geeignet ist (vgl. G a u p p - S t e i n ZPO. § 256 II la und c). Ebensowenig steht der Umstand entgegen, daß es sich hier um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses für die Zukunft, d. h. eines betagt betehenden, handelt (vgl. Jur. Wochenschr. 1905 S. 497, 10% S. 688; G r u c h o t Bd. 50 S. 1076). Da, wie bereits dargetan, ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung für den Kläger besteht, so ist die Klage als Feststellungsklage auch trotz der Vollendung der Verjährung zuzulassen." . . . RGZ. 75, 435 Kann ein arglistiges Verschweigen des Rechtes eines Dritten an der verkauften Sache darin gefanden werden, daâ sich der Verkäufer, der vom Bestehen dieses Rechts bestimmte Kenntnis hat, dem Käufer gegenüber den Anschein gibt, als halte er das Bestehen des Rechts für zweifelhaft? BGB. §§ 434, 443. II. Ζ i ν i 1 s e η a t. Urt. v. 17. März 1911. I. Landgericht Nürnberg.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Beklagten verkauften durch notarielle Urkunde vom 26. April 1906 ihr Hauswesen in Kä. den Klägern zum Preise von 6500 M. Im Kaufakte war bestimmt, daß von den Verkäufern außer für Hypothekenfreiheit eine besondere Gewähr nicht geleistet würde. Die Kläger erhoben Klage auf Schadensersatz in Höhe von 4618,73 M. mit der Behauptung, daß sie von den Beklagten über das Bestehen 1

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Schuldrecht, Besonderer Teil

eines auf dem Anwesen haftenden Fahrt- und Gehrechts zugunsten mehrerer in der Steuergemeinde Ka. gelegener Grundstücke arglistig getäuscht und hierdurch um den eingeklagten Betrag geschädigt worden seien. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen erklärte dits Oberlandesgericht den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Das Berufungsgericht hat aus einer Reihe von Tatsachen gefolgert, die Beklagten hätten zur Zeit der Kaufverhandlungen mit den Klägern sichere Kenntnis von dem Bestehen und dem Umfange des unstreitig auf dem verkauften Anwesen lastenden Geh- und Fahrtrechts gehabt. . . . Auf Grund dieser Kenntnis der Beklagten ist dann weiter angenommen, die Vereinbarung, daß die Beklagten außer für Hypothekenfreiheit keine Gewähr leisten, sei gemäß § 443 B G B . nichtig, weil die Beklagten den Mangel im Rechte den Klägern arglistig verschwiegen hätten. Ob der Ehemann Scha. bei den Kaufverhandlungen auf wiederholtes Befragen der Kläger, wie diese behaupten, stets geantwortet hat, es würden zwar einige Bauern durchfahren, er glaube aber nicht, daß sie ein Recht hätten, oder ob er, wie er selbst behauptet, geäußert hat, daß durch das Grundstück gefahren und gegangen werde und daß er für nichts garantieren könne, diesen Streitpunkt hat das Berufungsgericht unentschieden gelassen. In dem einen wie in dem anderen Falle hat es ein arglistiges Verschweigen der Dienstbarkeit angenommen, mit der Begründung, keinesfalls hätten die Beklagten bei ihrer Kenntnis der wirklichen Verhältnisse durch Vortäuschung von Zweifeln, die für sie nicht vorhanden gewesen seien, den Klägern das Bestehen der Dienstbarkeit geflissentlich verschleiern dürfen. Sehr bezeichnend sei, daß der Ehemann Scha. nach außen hin das den Klägern gegenüber geübte betrügliche Verhalten zu verdecken bemüht gewesen sei. Wenngleich die Grunddienstbarkeit von den Beklagten nicht durchweg abgeleugnet, sondern in klug berechnender Weise und zu dem offensichtlichen Zwecke lediglich als zweifelhaft bezeichnet worden sei, um dadurch etwaige Bedenken bezüglich der Lastenfreiheit des Anwesens zu zerstreuen, so falle auch eine solche auf Täuschung der Käufer gerichtete Handlungsweise unter den Begriff des arglistigen Verschweigens. Diese Auffassung wird von den Revisionsklägern zu Unrecht als rechtsirrig bekämpft. Der Umstand, daß bei den Kaufverhandlungen die Frage, ob das Geh- und Fahrtrecht bestehe, in der angegebenen Weise zur Sprache gekommen ist, schließt ein arglistiges Verschweigen der Dienstbarkeit von Seiten der Beklagten nicht aus, beweist aber anderseits, daß von den Klägern auf das Bestehen oder Nicht-

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bestehen des Rechts Gewicht gelegt worden ist. Für einen Kaufliebhaber begründet es einen erheblichen Unterschied, ob er mit dem Bestehen einer Dienstbarkeit als sicherer Tatsache rechnen, oder bloß die Möglichkeit ihres Bestehens in den Kauf nehmen muß, eine Möglichkeit, die mehr oder minder die Wahrscheinlichkeit bestehen läßt, daß die Handlungen, die als Ausübung einer Dienstbarkeit erscheinen können, bloß auf nachbarlicher Duldung beruhen. Auf den Käufer können bei Abwägung seiner Aussichten gerade die Erklärungen des Verkäufers, als eines mit den Verhältnissen Vertrauten, über seine Kenntnis oder Unkenntnis von dem Bestehen einer Dienstbarkeit von bestimmendem Einflüsse sein. Gibt sich der Verkäufer den Anschein, als ob er das Bestehen einer Dienstbarkeit für zweifelhaft halte, während er bestimmte Kenntnis von ihrem Bestehen hat, so verschweigt er dem Käufer einen wesentlichen, gerade das Bestehen der Dienstbarkeit betreffenden Umstand. Ein solches auf Täuschung berechnetes und hierzu geeignetes Verhalten des Verkäufers muß nach der Verkehrsauffassung und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben als gleichbedeutend mit arglistigem Verschweigen des Mangels im Rechte selbst angesehen werden und die in § 443 BGB. bestimmte Folge haben, daß sich der Verkäufer auf die vertragliche Ausschließung seiner Haftung für Mängel im Rechte nicht berufen kann. Dies« Auffassung liegt offenbar dem Berufungsurteile zugrunde, insbesondere, auch, soweit der Einfluß der Erklärungen der Beklagten auf die Entschließung der Kläger in Betracht kommt. Von diesem Standpunkte hat das Berufungsgericht in weiterer Erwägung, daß die Kläger zur Zeit des Vertragsschlusses das Bestehen der Dienstbarkeit nicht gekannt haben und daß den Beklagten ihre Beseitigung nicht möglich ist, den Schadensersatzanspruch der Kläger wegen verschuldeter teilweiser Unmöglichkeit der Vertragserfüllung der Beklagten auf Grund der §§ 440 Abs. 1 und 325 BGB ohne Rechtsirrtum grundsätzlich für gerechtfertigt erklärt." . . . RGZ. 81, 266 Haftet der Verkäufer einer Hypothek für deren rechtlichen Bestand, wenn der Käufer beim Erwerbe gewußt hat, daß die gesicherte Forderung nichtig war? BGB. §§ 437 Abs. 1, 439 Abs. 1. V. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 1. Februar 1913.

I. Landgericht Braunschweig.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Durch notariellen Vertrag vom 8. Mäirz 1902 verkauften die verklagte Ehefrau und ihr erster Ehemann W. ihr Grundstück in B. an die Eheleute G. Bei der Auflassung wurde für die Verkäufer

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zu gleichen Teilen eine Restkaufgeldhypothek von 26 850 M. eingetragen. Im Jahre 1906 starb W. Sein Anteil an der Hypothek ging durch Erbgang auf die verklagte Ehefrau über. Sie trat am 17. Juli 1907 die eine Hälfte der Hypothek von 13 425 M. zum ganzen Betrage und von der anderen Hälfte den Teilbetrag von 1925 M. an den Kläger ab. Das belastete Grundstück liegt in einer Bordellstraße. Auch auf dem Grundstück ist fortdauernd das Bordellgewerbe betrieben worden. Der Kläger macht geltend, der Kaufvertrag vom 8. März 1902 sei nichtig, da er den Verkauf des Bordellgrundstücks zum Betriebe des Bordells zum Gegenstande gehabt habe; daher seien auch die Restkaufgeldforderungen und die Hypotheken dafür von 13 425 und 1925 M. nichtig. Für den Mangel im Rechte hafte die verklagte Ehefrau als Verkäuferin nach § 437 BGB. Der Kläger verlangt Verurteilung der verklagten Ehefrau zur Zahlung von 15 350 M. nebst Zinsen und ihres jetzigen Ehemannes zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : „Die Beklagten haben geltend gemacht, dem Kläger sei die Eigenschaft der Hypotheken als Bordellhypotheken bekannt gewesen, und haben zur Begründung dieses Einwandes vorgetragen, einmal, der Kläger sei gewerbsmäßiger Hypothekenhändler, und sodann, er habe seit längeren Jahren schon mit Hausbesitzern in der fraglichen Straße in Verbindung gestanden, schon früher Hypotheken an einem Grundstück in dieser Straße besessen und in einem Falle mehrere Bordellhypotheken von einer Witwe L. gekauft." . . . (Es wird ausgeführt, daß die Annahme des Berufungsrichters, dem Kläger sei beim Erwerbe der Hypotheken bekannt gewesen, daß die durch die Hypotheken gesicherte Kaufpreisforderung wegen Nichtigkeit des Bordellkaufvertrags vom 8. März 1902 nichtig war, nicht zu beanstanden sei. Sodann wird fortgefahren:) „Gemäß § 439 Abs. 1 BGB. nimmt daher der Berufungsrichter mit Recht an, daß die Beklagten nicht nach § 437 BGB. dem Kläger für den rechtlichen Bestand der gekauften Forderung haften. Wegen der Hypotheken selbst macht sodann die Revision geltend: der Berufungsrichter habe keine bestimmte Feststellung darüber getroffen, ob dem Kläger, als er am 17. Juli 1907 die beiden Hypotheken käuflich erworben habe, auch bekannt gewesen sei, daß die Hypotheken ebenfalls nichtig seien oder doch wegen Nichtigkeit der gesicherten Forderung nur als Grundschulden der Grundstückseigentümer, Eheleute G., beständen. Habe der Kläger keine Kenntnis davon gehabt, so sei er, auch wenn er Kenntnis von dem Nichtbestehen der Forderung gehabt habe, doch hinsichtlich der Hypotheken nicht mit seinen Rechten aus § 437

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BGB. ausgeschlossen; auch stehe der Geltendmachung dieser Rechte nicht entgegen, daß der Kläger die Hypotheken wegen seines guten Glaubens gemäß § 892 BGB. erworben habe, da die Vorschrift nur zugunsten des Erwerbers gelte, der auf den ihm dadurch gewährten Schutz verzichten könne und dann so zu behandeln sei, als habe der Erwerb nicht stattgefunden. Richtig ist, daß der Berufungsrichter eine Feststellung über die bezeichnete Kenntnis des Klägers nicht getroffen hat. Seine Ausführungen sind dahin aufzufassen, daß auch dann, wenn der Kläger die fragliche Kenntnis nicht gehabt habe, der Anspruch aus § 437 BGB. wegen der Hypotheken unbegründet sei, weil dann der Kläger zufolge seines guten Glaubens die Hypotheken gemäß § 892 BGB. als rechtsbeständige Hypotheken erworben habe und somit ein Mangel im Rechte hinsichtlich der gekauften Hypotheken nicht vorliege. Es kann dahingestellt bleiben, ob nicht diese Rechtsauffassung für zutreffend zu erachten sein würde, wenn hinsichtlich der Haftung für den rechtlichen Bestand Forderung und Hypothek gesondert zu beurteilen wären. Forderung und Hypothek sind aber hinsichtlich dieser Haftung nicht derart voneinander zu trennen, daß, wenn wegen Kenntnis des Nichtbestehens der verkauften Forderung für diese die Haftung nach § 439 Abs. 1 BGB. ausgeschlossen ist, überhaupt noch eine Haftung für den rechtlichen Bestand der verkauften Hypothek nach § 437 BGB. in Frage kommen könnte. Die Hypothek ist nach § 1113 BGB. eine Belastung des Grundstücks mit dem Inhalte, daß eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer Forderung aus dem Grundstücke zu zahlen ist. Die Hypothek dient mithin zur Sicherung der Befriedigung einer Forderung und ist ein Nebenrecht der Forderung. Dementsprechend bestimmen die §§ 401, 1153 Abs. 1 BGB., daß mit der abgetretenen Forderung die Hypo, theken, „die für sie bestehen", auf den neuen Gläubiger übergehen. Ferner sind in § 1154 BGB. und in § 830 ZPO. Sonderbestimmungen für die Fälle der Uebertragung und der Pfändung solcher Forderungen gegeben, „für welche eine Hypothek besteht". Sodann ist nach §§ 1163, 1177 Abs. 1 BGB. der rechtliche Bestand der Hypothek als solcher von dem Bestehen der Forderung abhängig. Weiter kann nach § 1153 Abs. 2 BGB. die Forderung nicht ohne die Hypothek, die Hypothek nicht ohne die Forderung übertragen werden. Daraus ergibt sich, daß nach dem Gesetze Forderung und Hypothek dergestalt ein einheitliches Ganze bilden, daß die Forderung das Hauptrecht, die Hypothek ein die Befriedigung dieses Hauptrechts sicherndes Nebenrecht ist. Kennt nun der Käufer einer Hypothek bei dem Abschlüsse des Kaufes das Nichtbestehen der gekauften, durch das Hypothekenrecht gesicherten Forderung und hat deshalb der Verkäufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB. das Nichtbestehen der Forderung nicht zu vertreten, so muß auch die Haftung des Verkäufers für den rechtlichen Bestand

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des Hypothekenrechts aus § 437 BGB. ohne weiteres entfallen, weil eben das Hypothekenrecht ein mit der Forderung verbundenes, zu deren Sicherung dienendes Nebenrecht ist. Der Grund des Fortfalls der Vertretungspflicht des Verkäufers im Falle des § 439 Abs. 1 BGB. ist ein Verzicht des Käufers auf die Gewährleistung oder doch die Annahme, daß der Käufer die aus dem Mangel im Rechte sich ergebende Gefahr übernehmen wolle (Mot. ζ. BGB. Bd. 2 S. 215, Warneyer Rechtspr. 1911 Nr. 366). Ein Verzicht auf die Gewährleistung oder die Uebernahme der Gefahr wegen Nichtbestehens des gekauften Hauptrechts schließt aber naturgemäß die Haftung für den rechtlichen Bestand eines mitgekauften Nebenrechts aus, das nur zur Sicherung der Befriedigung des Hauptrechts dient. Hiernach haften die Beklagten dem Kläger auch für den rechtlichen Bestand der beiden Hypotheken von 13 425 und 1925 M. nicht auf Grund des § 437 BGB." . . . RGZ. 83, 214 Wann hat der Verkäufer die unter Eigentumsvorbehalt verkaufte bewegliche Sache dem Käufer frei von Rechten Dritter zu verschaffen? BGB. §§ 434, 439 Abs. 2, 455. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Danzig.

Urt. v. 24. Oktober 1913. II. Oberlandesgericht Marienwerder.

Der Kläger betrieb in den hierzu eingerichteten Räumen des auf seinem Grundstücke stehenden Hauses ein Café, das mit ihm gehörigem Inventar ausgestattet war. Durch Vertrag vom 7. Oktober 1910 vermietete er das Café auf die Zeit vorn 1. Oktober 1910 bis zum 30. September 1925 für jährlich 13000 M. an den Beklagten, dem er gleichzeitig das Inventar für 52500 verkaufte. Von dem Kaufpreise sollten 30000 M. alsbald und die übrigen 22500 M. in monatlichen Raten von je 500 M mittels in ¿leicher Höhe zu gebender Wechsel bezahlt werden. Da Eigentumsrecht an dem Inventar behielt sich der Kläger bis zur Bezahlung des letzten Wechsels vor. Nachdem die Uebergabe erfolgt, die ersten 30 000 M. bezahlt und die zunächst fällig gewordenen zwölf Monatswechsel eingelöst worden waren, wurde der Kläger aus dem Mietverhältnis auf Zahlung von 428,71 M. klagbar. Der Beklagte verlangte widerklagend die Freischaffung des Inventars von der Haftung für die auf dem Grundstücke lastenden Hypotheken im Gesamtbetrage von 170 000 M. Das Landgericht nahm an, daß die Freischaffungspflicht des Klägers erst bei Bezahlung des letzten Monatswechsels zu erfüllen sei, und wies durch Teilurteil die Widerklage ab. Dagegen gab auf die Berufung des Beklagten das Oberlandes-

Kauf

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gericht der Widerklage mit der Begründung statt, daß die Verpflichtung des Verkäufers, das verkaufte und auf dem Grundstücke verbliebene Grundstückszubehör von Hypotheken zu befreien, auf dem Kaufvertrage beruhe und durch einen Eigentumsvorbehalt nicht beeinflußt werden, also jedenfalls mit der Uebergabe zu erfüllen sei· Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Aus den G r ü n d e n : „Inbetreff der Widerklage muQ die richtige Anwendung des § 434 in Verb, mit § 439 Abs. 2 BGB. (vgl. Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 57 S. 1) zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts führen. Nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB. wird durch den Kaufvertrag der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen, und nach Satz 2 ist der Verkäufer eines Rechtes verpflichtet, dem Käufer das Recht zu verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache zu übergeben. Wenn deshalb der folgende § 434 BGB. bestimmt, daß der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer den verkauften Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können, so kann das bei ungezwungener Auslegung nur die Bedeutung haben, daß in Ermangelung einer abweichenden Parteivereinbarung die Verpflichtung zur Beseitigung etwaiger Rechte Dritter gleichzeitig mit der Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums an der verkauften Sache oder zur Verschaffung des verkauften Rechtes zu erfüllen ist. Daraus folgt aber, nichtblanker Hölzer beharre. Die Beklagte hat am folgenden 12. Mai erwidert, daß sie die Lieferung der Stärken 30 und 33 nicht bewirken könne, weil sie zum größten Teil verblaut seien; die Erhaltung der Güte der anderen Stärken sei zweifelhaft, da die Verladung nach Rotterdam im laufenden Jahre ungewiß sei, sie also keine Garantie für deren gute Abfertigung im nächsten J a h r e übernehmen könne; sie schlage deshalb der Klägerin die Aufhebung des Schlusses vor. Dieses Angebot wies die Klägerin am 14. Mai mit der Erklärung zurück, die Angelegenheit bis zum Eintritt der Verschiffungsmöglichkeit zurückzustellen. Nunmehr ruhte der Verkehr der Parteien bis zur Anfrage der Klägerin vom 13. November 1916, ob der Versand jetzt möglich sei, die die Beklagte mit Lieferungsweigerung beantwortete.

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Schuldrecht, Besonderer Teil

Bei dieser Sachlage bestehen zwar Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die B e k l a g t e einen Verzicht der Klägerin auf ihre Vertragsrechte habe annehmen dürfen, weil die K l ä g e r i n in dem dem langen Schweigen der Parteien vorausgehenden B r i e f e vom 14. Mai 1915 ausdrücklich die Zurückstellung der S a c h e ausgesprochen, also den Willen, ihre R e c h t e nicht aufzugeben, der Beklagten kundgegeben hat. Trotzdem aber rechtfertigte die Sachlage die Entbindung der Beklagten von der Lieferpflicht. Denn es ist durch die lange Hinausschiebung der Erfüllung die wirtschaftliche Lage der Beklagten eine ganz andere geworden, als sie zu der im Vertrage bestimmten Lieferzeit war. Die B e k l a g t e mußte den Kaufpreis und dessen Verzinsung für das von ihr zur Kauferfüllung bereitgestellte Holz entbehren. Sie war insbesondere mit der Verpflichtung der Aufbewahrung des Holzes, die ihr wegen der drohenden Gefahr der Verschlechterung erhebliche Mühen und Kosten verursachte, belastet; die Belastung war um so drückender, als die Klägerin die unbedingte Einhaltung der im Vertrage festgesetzten Menge des blanken Holzes forderte. In Betracht kommt endlich die vom Berufungsgerichte festgestellte, sehr erhebliche Steigerung der Holzpreise, die es der Klägerin ermöglichte, auf Kosten der Beklagten zu spekulieren. B e i solcher Sachlage widersprach die über ein J a h r hinausgezogene Geltendmachung der klägerischen Lieferungsrechte den Vertragspflichten der Klägerin. Gibt auch im allgemeinen eine solche Verzögerung dem Schuldner keinen Befreiungsgrund, so muß dies doch dann angenommen werden, wenn durch die Verzögerung die wirtschaftliche Lage des Schuldners derart ungünstig verändert wird, daß ihm die fernere Erfüllung nicht mehr zugemutet werden kann. Der Vorschrift des § 242 B G B . , daß der Schuldner die Leistung so zu bewirken habe, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es fordern, entspricht die Pflicht des Gläubigers, den ihm zustehenden Anspruch unter Einhaltung der gleichen Grundsätze geltend zu machen. Hiermit steht das Verhalten der Klägerin nicht im Einklang. Obwohl durch die Kriegsverhältnisse der Seeweg nach Rotterdam für nicht absehbare Zeit verschlossen war, hat die Klägerin bis zur Klagerhebung auf dessen Einhaltung trotz eines Gegenvorschlags der Beklagten beharrt. Treu und Glauben geboten ihr aber, wenn sie an der Lieferung festhalten wollte, der B e k l a g t e n innerhalb einer nach Maßgabe der Verhältnisse angemessenen F r i s t eine andere Versendungsart anzuweisen, die weder deren Mühewaltung steigerte noch ihre Interessen beeinträchtigte. Dies ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht geschehen. Da aber die veränderte wirtschaftliche Lage der Beklagten lediglich auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen ist, so war diese nach Ablauf der langen Zeit zur Geltendmachung ihres Kaufanspruchs nicht mehr befugt." . . .

73 RGZ. 96, 169 Bedentang einer Zurücknahme beanstandeter Gattungsware für den Lieferungsanspruch des Käufers. Verjährung dieses Anspruchs. BGB. § 480. ILI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Oldenburg.

Urt. v. 1. Juli 1919. II. Oberlandesgericht

daselbst.

Die Klägerin kaufte im April 1915 durch Veronittelung des Agenten E. von der Beklagten 200 Zentner Speck. Die Ware wurde im Auftrag und für Rechnung der Klägerin an das Proviantamt BerlinTempelhof gesandt, von diesem sofort nach dem Eintreffen am 6. Mai 1915 als mangelhaft zurückgewiesen und auf Verlangen der Klägerin von der Beklagten zurückgenommen. Die Klägerin verlangte mit Brief vom 11. Mai 1915 Lieferung mangelfreier Ware unter Fristsetzung und Androhung anderweitiger Ein-deckung und, nachdem die Beklagte die Lieferung verweigert und die Klägerin in Vorprozessen die Lieferung vergeblich zu erlangen gesucht hatte, mit der jetzt vorliegenden Klage Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Gründe: „Die Beklagte hat dem Klaganspruch unter anderem die Einrede der Verjährung nach § 480 in Verb, mit § 477 BGB. entgegengesetzt. Die Entscheidung hierüber hängt davon ab, ob der Lieferungsanspruch, dessen Nichterfüllung den Schadensersatzanspruch der Klägerin begründet, auf dem in § 480 Abs. 1 dem Käufer eingeräumten Rechte, an Stelle einer mangelhaften Gattungssache eine mangelfreie zu verlangen, beruht, oder ob er der aus dem Kaufvertrag unmittelbar sich ergebende Erfüllungsanspruch ist. Daifür ist aber wieder maßgebend, was die Zurücknahme der beanstandeten Ware durch die Beklagte bedeutete. Die erste Instanz hatte, der Aussage des Zeugen M. folgend, angenommen, daß die Klägerin bei den Verhandlungen über die Zurücknahme auf eine Nachlieferung verzichtet habe. Das Berufungsgericht läßt die Aussage dieses Zeugen nicht gelten, schließt aus dem Inhalte der von der Beklagten nach der Zurücknahme an E. gerichteten Briefe wie auch aus der Aussage des Zeugen E., daß es sich bei der Zurücknahme nur um eine Rückgängigmachung der Lieferung, also des Erfüllungsgeschäfts im Gegensatz zu dem der Lieferung zugrunde liegenden Kaufvertrag, gehandelt habe, wodurch der vor der Lieferung vorhandene Zustand wiederhergestellt worden sei, und folgert daraus, daß es sich für die Klägerin nicht um einen unter § 480 fallenden Anspruch wegen Mängel der Kaufsache, sondern um Ver-

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Schuldrecht, Besonderer Teil

zug der Beklagten in der Erfüllung der aus dem Kaufe unmittelbar sich ergebenden Lieferpflicht handle. Diese Auffassung beruht auf einer dem § 286 ZPO. entsprechenden Würdigung des Sachverhalts und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie steht auch nicht im Widersprüche mit den vom II. Zivilsenat in RGZ. Bd. 93 S. 98 ausgesprochenen Grundsätzen. Wenn die Revision im Anschluß an diese Entscheidung eine Feststellung des Inhalts vermißt, daß dem Käufer ,,sei es zufolge ausdrücklicher Abrede, sei es nach der den Umständen zu entnehmenden Absicht der Beteiligten" das Recht bleiben sollte, die Lieferung einer anderen Ware zu verlangen, so verkennt sie die Feststellung des Berufungsgerichts, das unter Berücksichtigung der Umstände als den Sinn der vereinbarten Zurücknahme betrachtet, daß es bei dem Kaufvertrag bleiben und nur die Lieferung rückgängig gemacht werden sollte, wie wenn eine solche nicht erfolgt wäre. Durch welche Erwägungen sich die Beklagte zur Zurücknahme bestimmen ließ, konnte dahingestellt bleiben. Für die rechtliche Bedeutung des Vorganges kam es nur darauf an, wie er sich nach außen darstellte. Daß die Klägerin selbst von „Ersatzlieferung" sprach und auf § 480 B G B . hinwies, stand einer abweichenden rechtlichen Beurteilung durch das Gericht nicht im Wege. Unbegründet ist auch der Versuch der Beklagten, eine Beschränkung der Klägerin auf Gewährleistungsansprüche aus der Art der Versendung abzuleiten. Daraus, daß die Beklagte die Ware im Auftrag und für Rechnung der Klägerin an das Proviantamt sandte, konnte nach §§ 868, 930 BGB. der Uebergang des Eigentums auf die Klägerin gefolgert werden. Dagegen besteht kein Grund, in diesem Verfahren einschließlich der Entgegennahme des Duplikatfrachtbriefes durch die Klägerin eine Annahme der Ware als Erfüllung nach § 363 unter Vorbehalt nur der Gewährleistungsansprüche zu finden, und jedenfalls ist durch die vom Berufungsgericht festgestellte Zurücknahme die Lieferung mit allen ihren Wirkungen für das Vertragsverhältnis rückgängig gemacht worden. Handelt es sich aber nach allem nur um den Verzug der Beklagten in der Erfüllung des durch die Rückgängigmachung des Erfüllungsgeschäfts wiederhergestellten ursprünglichen Lieferungsanspruchs, dann greift die kurze Verjährung des § 477 nicht Platz, und der Verjährungseinwand ist mit Recht zurückgewiesen worden. " . . . RGZ. 96, 258 Wann geht bei einem Uebersendungskaufe die Gefahr auf den Käufer über, wenn der Verkäufer die W a r e durch seine eigenen Leute zur Bahn schaffen läßt? B G B . § 447.

Kauf VII. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hamburg,

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Urt. ν. 19. September 1919. K a m m e r für

Handelssachen.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Klägerin hatte sämtliche Transporte der in ihrem Geschäftsbetriebe vorkommenden Waren mittels der Eisenbahn einschließlich An- und Abfuhr auf 1 J a h r „für Rechnung, wen es angeht" bei der Beklagten versichert. Am 21. März 1918 hatte sie Waren, die an einen in der Pfalz wohnenden Kunden verkauft waren, durch einen Angestellten mittels Handwagens zum Eilgutbahnhof in Hamburg schaffen lassen. Dort wurde der Handwagen mit den Waren gestohlen. Mit der Behauptung, daß sie laut Abrede mit ihrem Käufer zur Versicherung verpflichtet gewesen sei, verlangt die Klägerin Ersatz des Wertes der gestohlenen Sachen. Die Beklagte hat die behauptete Abrede bestritten und zur Begründung ihres Antrags, die Klage abzuweisen, sich darauf berufen, daß die Transportgefahr zur Zeit des Abhandenkommens der Sachen schon auf den Käufer der Klägerin übergegangen gewesen sei. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Aufhebung des Berufungsurteils.

Die Revision führte zur

Gründe: „Die Entscheidung des Berufungsrichters beruht darauf, daß der Berufungsrichter den aus der Vorschrift des § 76 Abs. 3 VersVG. entnommenen Einwand der Beklagten, daß die Klägerin die Zustimmung des Käufers zu der Versicherung nicht nachgewiesen habe, um deswillen für unerheblich angesehen hat, weil zur Zeit des Diebstahls eine den Uebergang der Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Käufer nach § 447 B G B . bewirkende Auslieferung der Ware an die zur Ausführung der Versendung bestimmte Eisenbahnbehörde noch nicht stattgefunden und somit Klägerin selbst als die Versicherte in Betracht zu kommen habe. Die hiergegen von der Revision erhobene Rüge der Verletzung des § 447 ist für berechtigt erachtet. Diese Vorschrift enthält eine Ausnahme von der in § 446 B G B . aufgestellten Regel, daß die Gefahr des zufälligen Unterganges der verkauften Sache mit der Uebergabe der Sache auf den Käufer übergeht. In dem Falle, wenn die Uebergabe nicht an dem für den Verkäufer bestehenden Erfüllungsort erfolgen soll — sog. Uebersendungskauf —, soll die Gefahr schon dann übergehen, „sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat". Es herrscht Streit darüber, ob diese Vorschrift auch dann Platz zu greifen hat, wenn der Verkäufer die Hinschaffung der Ware an den vom Käufer bestimmten Ort selbst ausführt oder durch seine eigenen Leute ausführen läßt. Die herrschende Ansicht bejaht dies. Zur Begründung

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Schuldrecht, Besonderer Teil

wird mit Recht darauf hingewiesen, daß die Vorschrift des § 447 auf dem Grundgedanken beruht, daß es unbillig sein würde, den Verkäufer, der auf Verlangen des Käufers und in dessen Interesse die Versendung der verkauften Waren nach auswärts, nach einem anderen Orte als dem für ihn als Erfüllungsort in Betracht kommenden besorgt und damit eine ihm als Verkäufer an sich nicht obliegende Leistung übernimmt, länger die Gefahr des zufälligen Unterganges tragen zu lassen als in den Fällen der unmittelbaren Uebergabe der Sache an den Käufer, daß man aber diesem Grundgedanken der Vorschrift nur dann gerecht wird, wenn man die mit dem Hinschaffen der Sachen an den mit dem Erfüllungsorte nicht zusammenfallenden Bestimmungsort verbundene Gefahr den Käufer tragen läßt, gleichviel von wem das Hinschaffen ausgeführt wird, sei es von einer dritten Person, sei es von dem Verkäufer selbst oder von einem seiner Leute. Die Vertreter der einschränkenden Auslegung berufen sich vor allem auf den Wortlaut des § 447. Allein wenn man auch bei der Fassung des Paragraphen nur an den Hauptfall der Zusendung durch einen Dritten gedacht haben mag, so zwingt doch der Wortlaut keineswegs zu einer Auslegung, die offensichtlich dem der Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedanken nicht gerecht werden würde. Auch wenn der Verkäufer die Ware durch seinen eigenen Angestellten auf eigenem Wagen an den Bestimmungsort bringen läßt, kann man immerhin von einem „Ausliefern" der Waren an die zur Ausführung der Versendung bestimmte Person sprechen. Der Berufungsrichter hat sich denn auch zunächst selbst auf den Standpunkt gestellt, daß ein Gefahrübergang nach § 447 auch bei Ausführung des Transportes durch den Verkäufer selbst stattfindet. Er hat aber einen bereits erfolgten Uebergang der Geifahr um deswillen verneint, weil vorliegend der Transport gar nicht durch den Verkäufer, sondern durch die Eisenbahn erfolgen sollte, an die unbestritten die Ware noch nicht abgeliefert war, als sie gestohlen wurde. Diese Begründung übersieht, daß auch das Hinschaffen 4er Waren zum Bahnhof keine dem Verkäufer an sich obliegende Verpflichtung, sondern nur ein Teil des zur Hinschaffung der Waren an den Bestimmungsort notwendigen Transportes der Waren war. Wie dann, wenn der Transport hintereinander von mehreren selbständigen Unternehmern ausgeführt wird, so muß auch in dem Falle, wenn der Verkäufer nur einen Teil des Transportes durch seine Leute ausführen läßt, als Zeitpunkt des Gefahrüberganges angesehen werden nicht der, in dem die Ware dem zuletzt, wenn auch auf der weitesten Strecke tätigen Transportführer übergeben worden ist, sondern der, in dem überhaupt mit dem Transporte der zur Versendung fertiggestellten Waren tatsächlich begonnen worden ist. Vorliegend ist hiernach davon auszugehen, daß jedenfalls zu der Zeit, als die Waren bereits zum Eilgüterbahnhof geschafft waren, die Hinschaffung der Waren

77 an deren Bestimmungsort begonnen und damit die Gefahr auf den Käufer der Klägerin übergegangen war. Damit erweist sich aber der Einwand der Beklagten aus § 76 Abs. 3 VersVG. als erheblich." RGZ. 97, 269 Kann ein Wiederkaufsrecht wirksam auch durch eine Eventualerklärung, insbesondere für den Fall ausgeübt werden, daß eine in erster Linie erklärte Anfechtung des Kaufvertrags eich als unbegründet erweist? BGB. § 497. V. Ζ i ν i 1 s e n a t. Urt. v. 10. Dezember 1919. I. Landgericht Greifswald.

II. Ober lan desgericht Stettin.

Der Kläger hat durch Vertrag vom 29. Juni 1913 sein Rittergut L. um 300000 M. an den Beklagten verkauft. § 10 des Vertrags bestimmt: „Der Verkäufer behält sich das Wiederkaufsrecht vor; er kann dieses Recht nur ausüben, wenn er dem Käufer einen Kaufpreis bietet, der den von ihm gezahlten Kaufpreis, d. h. seine sich aus den Büchern ergebende Forderung an den Verkäufer, vollständig deckt. . . . Der Käufer hat über die Einnahmen aus dem Gute und die dafür gemachten Ausgaben Buch zu führen und bei dein Abschlüsse dem Verkäufer Rechnung abzulegen. Das Wiederkaufsrecht des Verkäufers erlischt mit dem 30. Juni 1914." Nach Abschluß des Vertrags entstanden unter den Parteien Streitigkeiten, die dazu führten, daß der jetzige Beklagte gegen den jetzigen Kläger Räumungsklage erhob und auf eine von ihm erwirkte einstweilige Verfügung hin der jetzige Kläger aus dem Besitze des Gutes L. entsetzt wurde. In dem Räumungsprozesse focht der jetzige Kläger den Kaufvertrag wegen Drohung und Irrtum an. Am 10. Februar 1914 richtete er an den Beklagten das folgende Schreiben: „Ohne hiermit den Vertrag betr. Verkauf von L. anerkennen zu wollen .und unter ausdrücklichem Vorbehalt aller meiner Rechte aus der erfolgten Anfechtung des Vertrags mache ich, um L. schon früher, als eine Entscheidung herbeigeführt werden kann, wieder in Besitz zu bekommen, von dem mir zustehenden Wiederkaufsrecht hiermit Gebrauch. Ich ersuche um Rechenschaftslegung innerhalb 8 Tagen und um Auflassung." Im April 1914 erhob er Klage mit dem Antrage auf Verurteilung des Beklagten zur Vorlage einer Rechnung mit Belegen über die Einnahmen und Ausgaben aus L. bis zum 12. Februar 1914 und eventuell zur Leistung des Offenbarungseides dahin, daß die Einnahmen richtig angegeben seien. Der Beklagte teilte darauf dem Kläger eine Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben mit, die der Kläger aber nicht

Schuldreclit, Besonderer Teil

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a l s h i n r e i c h e n d a n e r k a n n t e . U n t e r d e s s e n w a r in dem R ä u m u n g s p r o z e s s e unter V e r w e r f u n g des E i n w a n d e s der A n f e c h t u n g e n t s c h i e d e n w o r d e n , d a ß e s bei der durch die einstweilige V e r f ü g u n g a n g e o r d n e t e n R ä u m u n g des G u t e s durch den V e r k ä u f e r ( j e t z i g e n K l ä g e r ) zu verbleiben habe; dieses U r t e i l ist r e c h t s k r ä f t i g g e w o r d e n . I m gegenw ä r t i g e n P r o z e s s e e r k l ä r t e das L a n d g e r i c h t den A n t r a g des K l ä g e r s auf R e c h n u n g s l e g u n g für erledigt, verurteilte aber den B e k l a g t e n , dem K l ä g e r zu der mitgeteilten R e c h n u n g noch die B e l e g e über die E i n n a h m e n und A u s g a b e n vorzulegen und den O f f e n b a r u n g s e i d zu leisten. Das O b e r l a n d e s g e r i c h t wies die K l a g e ab. A u f die R e v i s i o n des K l ä g e r s w u r d e das B e r u f u n g s u r t e i l a u f g e h o b e n und die S a c h e an das B e r u f u n g s g e r i c h t zurückverwiesen. A u s den

Gründen:

„ D e r B e r u f u n g s r i c h t e r nimmt in U e b e r e i n s t i m m u n g m i t dem L a n d g e r i c h t an, d a ß die P f l i c h t zur R e c h n u n g s l e g u n g e n t s t e h e n s o l l t e , s o b a l d der K l ä g e r das W i e d e r k a u f s r e c h t ausübte und d a d u r c h den W i e d e r k a u f g e m ä ß § 497 B G B . zustande b r ä c h t c . E s nimmt ferner an, d a ß es eines besonderen A n g e b o t s des W i e d e r k a u f s p r e i s e s bei der W i e d e r k a u f s e r k l ä r u n g nicht bedurfte, vielmehr die E r k l ä r u n g des K l ä g e r s , er m a c h e von seinem W i e d e r k a u f s r e c h t e G e b r a u c h , zum A u s d r u c k g e b r a c h t habe, daß er das G u t zu dem nach § 10 zu b e r e c h n e n den W i e d e r k a u f s p r e i s e z u r ü c k k a u f e n w o l l e ; auch sei ein a n d e r e s als ein w ö r t l i c h e s A n g e b o t des W i e d e r k a u f s p r e i s e s nicht e r f o r d e r l i c h gewesen. Im G e g e n s a t z e zum L a n d g e r i c h t e verneint aber der B e r u f u n g s r i c h t e r , d a ß in dem S c h r e i b e n des K l ä g e r s vom 10. F e b r u a r 1914 eine dem § 497 e n t s p r e c h e n d e E r k l ä r u n g der Ausübung des W i e d e r k a u f s r e c h t s zu finden sei, weil die E r k l ä r u n g nicht in „ s c h l ü s s i g e r " W e i s e und nicht v o r b e h a l t s l o s abgegeben worden sei. Denn der K l ä g e r h a b e sich in e r s t e r L i n i e auf den S t a n d p u n k t gestellt, d a ß der V e r t r a g vom 29. J u n i 1 9 1 3 a n f e c h t b a r und infolge der von ihm e r k l ä r t e n A n f e c h t u n g n i c h t i g sei, und nur unter V o r b e h a l t a l l e r seiner R e c h t e aus der erfolgten A n f e c h t u n g habe er die E r k l ä r u n g abgegeben, d a ß er von seinem W i e d e r k a u f s r e c h t e G e b r a u c h mache. D i e s e E r k l ä r u n g e n stünden u n t e r e i n a n d e r in einem u n l ö s b a r e n inneren W i d e r s p r u c h e ; denn wenn der K l ä g e r den V e r t r a g vom 29. J u n i 1913, auf dem sein W i e d e r k a u f s r e c h t beruhte, als nichtig behandelte, so h a b e er n i c h t gleichzeitig von diesem als n i c h t i g b e t r a c h t e t e n R e c h t e G e b r a u c h m a c h e n k ö n n e n . . . . F ü r diese A u f f a s s u n g bezieht sich der B e r u f u n g s r i c h t e r auf das in R G Z . B d . 74 S . 1 a b g e d r u c k t e U r t e i l des R e i c h s g e r i c h t s . D i e R e v i s i o n will die B e z u g n a h m e auf das a n g e f ü h r t e U r t e i l des R e i c h s g e r i c h t s nicht gelten lassen und meint, der B e r u f u n g s r i c h t e r h a b e die B e d e u t u n g der in diesem U r t e i l e gemachten A u s f ü h r u n g e n v e r k a n n t . D e r R e v i s i o n k a n n j e d o c h zunächst nicht zugegeben w e r den, d a ß ein wesentlicher U n t e r s c h i e d zwischen dem d a m a l s ent-

Kauf

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schiedenen F a l l e und dem jetzt zu entscheidenden darin bestehe, daß damals die Anfechtung für begründet erklärt worden sei. Allerdings beruhen die Gründe des Berufungsurteils in der damaligen S a c h e wesentlich auf der Feststellung, daß die Anfechtung begründet und deshalb durch sie der Vertrag nichtig geworden sei. Aber das Reichsgericht mißbilligt gerade diese Begründung, da sie dem eignen V o r bringen des Anfechtungsgegners, der die Anfechtung als unbegründet bezeichnet hatte, widerspreche, und gelangt zu dem gleichen E r gebnis wie der Berufungsrichter auf Grund einer anderen Begründung, die die F r a g e der Berechtigung der Anfechtung dahingestellt sein läßt. Diese Begründung geht dahin, daß die Vertragspartei, welche die Anfechtung erklärt hat, vermöge der Unwiderruflichkeit der A n fechtung an diese gebunden sei und deshalb zwar nicht unbedingt das Recht verloren habe, noch solche Ansprüche zu verfolgen, die den Bestand des Vertrags voraussetzen, weil nur die berechtigte A n fechtung den Vertrag beseitige; daß sie aber nicht unter A u f r e c h t erhaltung der die Anfechtung begründenden Behauptungen, statt diese weiter zu verfolgen, Ansprüche aus dem Vertrage geltend machen könne. Der Anfechtende hatte nämlich in dem dort entschiedenen F a l l e , nachdem er das Grundstück weiter verkauft hatte, erklärt, daß er infolgedessen die durch die Anfechtung eingetretene Nichtigkeit des Vertrags nicht mehr geltend machen könne, aber auf Grund der gleichen Tatsachen, auf die er die Anfechtung gegründet hatte, Schadensersatz aus § 826 verlangt. Dabei läßt das Reichsgericht dahingestellt, wieweit der Anfechtende eventuell oder alternativ solche Ansprüche hätte erheben können, weil er in dem damals vorliegenden F a l l e die Anfechtung überhaupt zurücknehmen wolle und nur Ansprüche erhebe, die aus einem nichtigen Vertrage nicht erhoben werden könnten; ebensowenig brauche erörtert zu werden, welche Bedeutung die Anfechtung noch hätte, wenn der Anfechtende die sie begründenden Tatsachen nicht mehr behauptete. Fehl geht auch der Hinweis der Revision darauf, daß der Kläger im vorliegenden P r o zesse nicht mehr die Nichtigkeit des Vertrags behaupte. F ü r die Entscheidung im gegenwärtigen Prozesse kommt es, wenn man die in B d . 74 a. a. O. vertretene Rechtsauffassung zugrunde legt, nur darauf an, ob das Schreiben des K l ä g e r s vom 10. Februar 1914 eine rechtswirksame Ausübung des Wiederkaufsrechts enthielt oder o b es, wie der Berufungsrichter annimmt, wirkungslos war, weil es zugleich die miteinander unvereinbaren Erklärungen enthielt, einerseits, daß die Anfechtung begründet, also der Vertrag nichtig sei, und anderseits, daß der Kläger das Wiederkaufsrecht auf Grund des V e r t r a g s ausübe. W ä r e das Schreiben des K l ä g e r s so auszulegen, daß das Wiederkaufsrecht eventuell, nämlich für den F a l l , daß die Anfechtung für unbegründet erklärt werden sollte, ausgeübt werde, so würde das angeführte reichsgerichtliche Urteil der Annahme einer W i r k s a m k e i t

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Schuldrecht, Besonderer Teil

der Wiederkaufsausübung nicht entgegenstehen, da es ja die Frage der Zulässigkeit der eventuellen Erhebung von Ansprüchen aus dem Vertrage dahingestellt sein läßt. E s ist aber nicht klar, in welcher Weise der Berufungsrichter das Schreiben in dieser Beziehung auslegt. Einerseits spricht er davon, daß der Kläger in erster Linie sich auf den Standpunkt gestellt habe, daß der Vertrag infolge der Anfechtung nichtig sei, und daß er das Wiederkaufsrecht nicht vorbehaltlos, sondern nur unter Vorbehalt aller seiner Rechte aus der Anfechtung auzuüben erklärt habe, — was auf ein Eventualverhältnis der in Frage stehenden Erklärungen deuten würde — ; anderseits findet er einen inneren Widerspruch darin, daß der Kläger gleichzeitig den Vertrag als nichtig behandeln und von dein aus diesem nichtigen Vertrage sich ergebenden Wiederkaufsrechte Gebrauch machen wolle. E s erscheint hiernach nicht ausgeschlossen, daß der Berufungsrichter in dem Schreiben eine gleichzeitig, aber im Eventualverhältnis abgegebene Erklärung des Inhalts erblickt hat, daß in erster Linie die Anfechtung als gerechtfertigt aufrecht erhalten, in zweiter Linie aber für den Fall, daß sie sich als unbegründet erwiese, das Wiederkaufsrecht ausgeübt werden sollte. Das wäre auch die natürlichste und dem zu vermutenden Parteiwillen am meisten entsprechende Auslegung der Erklärung. Freilich ist nicht zu verkennen, daß der Wortlaut ihr insofern entgegensteht, als darin gesagt ist, die Wiederkaufserklärung werde abgegeben, um L. schon früher, als eine Entscheidung (über die Anfechtung) herbeigeführt werden kann, wieder in Besitz zu bekommen. Aber diese Worte können nach ihrer Fassung als eine auf unklarer Auffassung beruhende Angabe des Beweggrundes, die für den Inhalt der Erklärung nicht von entscheidender Bedeutung zu sein braucht, aufgefaßt werden. Es fragt sich deshalb, ob bei Zugrundelegung dieser Auslegung die Auffassung des Berufungsrichtere, daß die Erklärung als Ausübung des Wiederkaufsrechts unwirksam sei, frei von Rechtsirrtum ist. Das muß aber verneint werden. Das Reichsgericht hat die Zulässigkeit der Aufrechnung für den Fall des Bestehens der in erster Linie bestrittenen Forderung des Gegners, in und außerhalb des Prozesses, angenommen, obwohl bei der Aufrechnung durch § 388 Satz 2 B G B . die Beifügung einer echten Bedingung ausgeschlossen ist. Es ist dabei angenommen worden, daß es sich bei einer solchen Eventualerklärung nicht um eine wirkliche Bedingung, ein zukünftiges ungewisses Ereignis, sondern nur um eine in der Zukunft in Aussicht stehende Aufklärung eines bereits jetzt bestehenden, nur noch nicht erkannten Zustandes handle (RGZ, Bd. 57 S. 101; Motive zum Entw. eines B G B . Bd. 2 S. 108; Komm. v. RGR. zu § 388 B G B . Erl. 2, 3; anders im Falle einer wirklichen Bedingung J u r . Wochenschr. 1903 Beil. S. 124 Nr. 275). Aus den gleichen Erwägungen besteht auch kein Anlaß, die eventuelle Erklärung der Ausübung eines Wiederkaufsrechts für unzulässig zu halten, obwohl auch hier die Bei-

81 fügung einer echten Bedingung durch den zugrunde liegenden Vertrag in der Regel ausgeschlossen sein wird. Andernfalls würde der Wiederkaufsberechtigte in die Zwangslage versetzt werden, entweder die Anfechtung des Vertrags aufzugeben oder auf die Ausübung seines Wiederkaufsrechts, namentlich, wenn es, wie hier, befristet ist, ganz zu verzichten." . . . RGZ. 98, 44 1. Schwebezustand bei einem von einer Landgemeinde mit dem Eigentümer formgerecht geschlossenen Grundstückskaufvertrage, der zur Wirksamkeit noch der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. 2. Ist der an dem Grundstücke Vorkaufsberechtigte vor Erteilung der Genehmigung zur Ausübung des Vorkaufsrechts berechtigt? 3. Ist es in dieser Hinsicht von EinfluB, wenn die Vertragschließenden, um die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verhindern, den Vertrag vor Erteilung der Genehmigung wieder aufgehoben haben? BGB. §§ 138, 162, 504. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Paderborn.

Urt. v. 17. Januar 1920. II. Oberlandesgericht Hamm.

Der Beklagte, welcher Eigentümer des Grundstücks L. Bd. 14 Bl. 59 ist, auf dem ein Gasthof mit Nebengebäuden sich befindet und eine zu Bade- und Trinkzweoken benutzte Quelle zutage tritt, schloß am 20. November 1905 mit der Klägerin einen notariellen Vertrag, wodurch dieser das Recht eingeräumt wurde, die Quelle nach ihrem Grundbesitz überzuleiten und zu Bade- und Trinkzweck en zu benutzen. Als Gegenleistung für die Gewährung des alleinigen Ausnutzungsrechts der Quelle, das in das Grundbuch eingetragen werden sollte, wurden dein Beklagten V» des Ertrags aus dem Bruttogewinne der Trinkkurkarten und von jeder 'bezahlten Flasche des Wasserversandes 6 Pf. zugesagt. Im § 9 wurde der Klägerin ein Vorkaufsrecht an dem Grundstücke des Beklagten zum Preise von 75000 M. ohne jedes Inventar eingeräumt. Auf Grund dieses Vertrags wurde das Recht der genannten Firma zur Benutzung der Quelle in das Grundbuch eingetragen. Im Jahre 1910/11 erweiterte der Beklagte sein Gasthofgebäude durch einen Anbau. Aus Anlaß dessen erhöhte die Klägerin auf Grund eines Schreibens des Beklagten vom 2. Februar 1912 den Vorkaufspreis um 20 000 M. auf 95 000 M. Am 10. August 1917 machte der Beklagte der Gemeinde L. zwei notarielle Vertragsangebote. In dem einen .bot er der Gemeinde sein Grundstück nebst Gebäuden und allem Inventar für einen Preis von 70 000 M., wovon 20 000 M. auf das Inventar gerechnet werden Zivils. Sdiuldrrrlu ΰ

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sollten, zum Kauf an; in dem zweiten offerierte er der Gemeinde den Eintritt in die sämtlichen für ihn der Klägerin gegenüber nach dem Vertrage vom 20. November 1905 bestehenden Rechte und Pflichten, insbesondere die festgesetzten Anteilsrechte an dem Ertrage der Quelle und die Verpflichtung zur Duldung der Ausnutzung der Quelle durch die Klägerin, und zwar für den Preis von 110 0 0 0 M. A m 21. August 1917 nahm die Gemeinde L. gemäß gefaßten Gemeindebeschlüssen die .beiden Angebote in zwei notariellen Verhandlungen an. Sie übersandte dann am 29. und 31. August 1917 die Gemeindebeschlüsse mit der B i t t e um Genehmigung an den Kreisausschuß. Bevor dieser zu der F r a g e der Genehmigung Stellung genommen hatte, ließ der Beklagte am 1. September 1917 sein Grundstück an die Gemeinde auf. Von der daraufhin erfolgten Eintragung des Eigentums der Gemeinde erhielt die Klägerin zufolge des für sie eingetragenen Quellennutzungsrechts vom Grundbuchamt am 17. September Nachricht. A m 19. desselben Monats schrieb dann die Klägerin an den Beklagten, daß sie von ihrem vertraglichen Vorkaufsrechte bezüglich des Grundstücks Gebrauch mache und um Mitteilung des von dem Beklagten mit der Gemeinde geschlossenen Vertrags ersuche. Der B e k l a g t e lehnte dies ab. Nachdem darauf die Klägerin die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eigentumseintragung der Gemeinde und im W e g e der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung zur Erhaltung ihres Rechtes auf Auflassung des Grundstücks veranlaßt hatte, beantragte die Gemeinde am 13. O k t o b e r 1917 bei dem Kreisausschuß, die Genehmigung der genannten beiden Gemeindebeschlüsse bis auf erneute Anträge auszusetzen. Mit der am 27. Oktober 1917 erhobenen K l a g e beantragte sodann die Klägerin, den Beklagten zu verurteilen, 1. sein Grundstück ihr Zug um Zug gegen Zahlung von 9 5 000 M. hypotheken- und lastenfrei aufzulassen, 2. ihr den Kaufvertrag mitzuteilen, den der Beklagte über das Grundstück und die Quelle auf diesem mit der Gemeinde abgeschlossen habe, hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, ihr alle die Rechte aus dem Vertrage vom 20. November 1905 mit den Pflichten zu übertragen, die der Beklagte an die Gemeinde übertragen habe, und zwar zu einem vom G e r i c h t e nach Anhörung Sachverständiger zu ermittelnden Preise, der sich zu 95 000 M. verhalte wie der W e r t der Abfindungen des Vertrags vom 20. November 1905 zu dem Gegenwerte des Grundstücks einschließlich dieser Abfindungen. Darauf beschloß die Gemeinde am 13. November 1917, den B e schluß, betreffend den Ankauf des Grundstücks aufzuheben, dagegen den andern Beschluß, betreffend die Quelle bestehen zu lassen. Dieser Beschluß wurde dem Kreisausschuß mitgeteilt, und zugleich wurde beim Kreisausschuß um Genehmigung des bereits eingereichten An-

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trags, betreffend den Erwerb der Rechte an der Quelle nachgesucht. Am 15. November 1917 erteilte dann der Kreisausschuß die Genehmigung zu dem Gemeindebeschluß, betreffend den Erwerb der Rechte an der Quelle. Dagegen wurde der zwischen dem Beklagten und der Gemeinde über das Grundstück geschlossene Vertrag durch Vereinbarung der Vertragschließenden aufgehoben, worauf die Gemeinde am 1. Dezember 1917 das Grundstück an den Beklagten zurückaufließ. Der erste Richter wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin verurteilte der Berufungsrichter den Beklagten gemäß den von der Klägerin in der .Berufungsinstanz gestellten Hauptanträgen: 1. ihr sein Grundstück hypotheken- und lastenfrei aufzulassen, ihr auch alle die Rechte und Pflichten aus dem Vertrage vom 20. November 1905, die er an die Gemeinde L. durch den seitens des Kreisausschusses genehmigten Vertrag vom 10./21. August 1917 übertragen habe, zu übertragen, alles Zug um Zug gegen Zahlung von 95 000 M.; 2. ihr alle Verträge mitzuteilen, die er über sein Grundstück nebst zugehöriger Quelle und die Rechte aus dem Vertrage vom 20. November 1905 mit der Gemeinde L. abgeschlossen habe. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : „Nach § 65 Abs. 1 der Landgemeindeordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856 müssen Urkunden, durch welche eine Gemeinde verpflichtet werden soll, von dem Amtmann und dem Gemeindevorsteher vollzogen werden, und nach § 53 Nr. 1, § 80 daselbst ist nicht nur zur Veräußerung, sondern auch zu der auf einem lästigen Titel beruhenden Erwerbung von Grundstücken durch die Gemeinde die Genehmigung der Regierung als der Aufsichtsbehörde erforderlich, an deren Stelle nach § 24 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 und §§ 75, 79 Nr. 5 der Kreisordnung für die Provinz Westfalen vom 31. J u l i 1886 der Kreisausschuß getreten ist. Da das von dem Beklagten in der notariellen Urkunde vom 10. August 1917 bezüglich seines Grundstücks abgegebene Kaufangebot, ebenso wie das andere Angebot des Beklagten bezüglich Erwerbs der Rechte an der Quelle, von dem Amtmann und dem Gemeindevorsteher gemäß vorher gefaßtem Gemeindebeschluß in notarieller Urkunde vom 21. August 1917 angenommen worden ist, erachtet der Berufungsrichter einen Kaufvertrag über das Grundstück des Beklagten als zwischen diesem und der Gemeinde L. formgerecht geschlossen. Hiergegen sind von der Revision Angriffe nicht erhoben worden. Zur Ausübung des für die Klägerin durch den Vertrag vom 20. November 1905 begründeten Vorkaufsrechts Ein dem Grundstücke des Beklagten war aber nicht nur ein formgerechter, sondern auch ein rechtswirksamer Kaufvertrag über das 6*

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Schuldrecht, Besonderer Teil

Grundstück Voraussetzung. Wenn § 504 B G B . bestimmt, daß das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, sobald der Vorkaufsverpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den Gegenstand des Vorkaufsrechts geschlossen habe, so ist unter dem geschlossenen Kaufvertrag ein fertiger, für die Vertragschließenden bindener Kaufvertrag zu verstehen (Mot. Bd. 2 S. 345; Protok. Bd. 2 S. 95). Ist insbesondere der Vorkaufsverpflichtete nicht dem Dritten gegenüber rechtsverbindlich zur Veräußerung verpflichtet, so kann auch der Vorkaufsberechtigte nicht duroh Ausübung seines Rechtes den Verpflichteten nötigen, den Gegenstand an ihn zu veräußern. Hiervon geht auch der Berufungsrichter aus. Er erachtet aber, wiewohl zu dem zwischen dem Beiklagten und der Gemeinde L. über das Grundstück des Beklagten geschlossenen Kaufvertrag die Genehmigung des Kreisatisschusses nicht erteilt war, dennoch die Klägerin zur Ausübung des Vorkaufsrechts für berechtigt. Er nimmt an, daß, wenn eine Gemeinde mit einem andern einen Kaufvertrag über Ankauf eines Grundstücks geschlossen habe, bis zur Erteilung der nach § 53 Nr. 1 der Landgemeindeordnung erforderlichen Genehmigung des Kreisausschusses ein Zustand der schwebenden Ungewißheit oder der schwebenden Unwirksamkeit bestehe, und daß während dieses Schwebezustandes beide Vertragschließenden einstweilen gebunden seien und keiner von ihnen von dem Vertrage zurückzutreten einseitig berechtigt sei, sowie daß die Gemeinde verpflichtet sei, dafür Sorge zu tragen, daß die erforderliche Genehmigung erteilt werde. In dieser Hinsicht bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob die Annahme hinsichtlich der Bedeutung des Erfordernisses der Genehmigung der Aufsichtsbehörde auf einer Auslegung des § 53 Nr. 1 der westfälischen Landgemeindeordnung beruht, die nach § 549 ZPO., § 6 E G . z. ZPO., § 1 der Verordnung vom 28. September 1879 irrevisibel und daher nach § 562 ZPO. für das Revisionsgericht maßgeibend wäre. Dem Berufungsrichter kann vielmehr zugegeben werden, daß seine Auffassung im Einklänge steht mit der Meinung der Rechtslehre und der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 40 S. 235 flg., Bd. 64 S. 154, Bd. 75 S. 406) bezüglich des Zustandes schwebender Unwirksamkeit bei Verträgen, deren Wirksamkeit von der Genehmigung eines Dritten oder einer Behörde abhängt, und der einstweiligen Gebundenheit der Vertragschließenden während dieses Zustandes. Es wird auch, wenn eine Gemeinde einen förmlichen Vertrag schließt, der auf ihrer Seite zur Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf, dem Willen der Vertragschließenden, falls nicht ein anderes festgesetzt ist, entsprechen, daß beide Vertragsteile bis zur Entscheidung der Aufsichtsbehörde einstweilen gebunden sein sollen und es der Gemeinde obliegen soll, darauf hinzuwirken, daß ihre Aufsichtsbehörde den Vertrag genehmige; würde jeder Vertragschließende während des Schwebezustandes berechtigt sein,

85 einseitig vom Vertrage zurückzutreten, so würde dies dem durch den Abschluß des Vertrags gesetzten Ziele, demnächst durch die einzuholende Genehmigung der Aufsichtsbehörde zum Zustandekommen eines rechtswirksamen Vertrags zu gelangen, widerstreiten. Das Urteil des Reichsgerichts vom 12. Dezember 1912 IV 311/12, dem der Berufungsrichter entgegentritt, behandelt nur die Frage, ob nach der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen vom 3. Juli 1891 eine Landgemeinde schon durch die bloße Beschlußfassung und deren Kundgebung an den Vertragsgegner privatrechtlich gebunden werde. Wenn dies verneint und erklärt wird, die Gemeinde sei mindestens bis zur Genehmigung ihres Beschlusses durch den Kreisausschuß, wenn nicht bis zur Ausfertigung einer allen Erfordernissen des § 88 der Landgemeindeordnung entsprechenden Urkunde jederzeit zur Wiederaufhebung des Beschlusses berechtigt, so ist damit nicht ausgesprochen, daß, wenn die Gemeinde auf Grund eines Gemeindebeschlusses einen formgerechten Vertrag mit dem Vertragsgegner geschlossen hat, sie trotzdem bis zu der noch erforderlichen Genehmigung des Vertrags durch den Kreisausschuß einseitig von dem Vertrage zurückzutreten berechtigt sei. Der Berufungsrichter meint nun aber weiter, wenn der Beklagte und die Gemeinde L. an ihren noch nicht genehmigten Grundstücksvertrag einstweilen beiderseits gebunden gewesen seien, so müsse auch die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß nach Abschluß des Vertrags trotz des Fehlens der Genehmigung durch den Kreisausschuß die Klägerin ihr Vorkaufsrecht habe ausüben können; da ein Vorkaufsrecht auch ausgeübt werden könne, wenn zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten ein, sei es auflösend, sei es aufschiebend bedingter Kaufvertrag über den Gegenstand des Vorkaufsrechts geschlossen sei, so müsse das auch für den ähnlich liegenden Fall angenommen werden, wenn die Gültigkeit des Kaufvertrags sich in dem Zustande der sog. schwebenden Ungewißheit befinde, während dessen beide Vertragsteile an den Vertrag gebunden seien. Gegen diese Auffassung wendet sich die Revision mit Recht. Allerdings berechtigt auch ein unter einer Bedingung von dem Vorkaufsverpflichteten mit einem Dritten geschlossener Kaufvertrag den Vorkaufsberechtigten zur Ausübung des Vorkaufsrechts. Denn auch ein solcher bedingter Kauf ist ein fertiger, rechtsgültig geschlossener Kaufvertrag im Sinne des § 504 BGB. Die gesetzte Bedingung ist ein Teil der vertraglichen Bestimmungen des rechtsgültig zustande gekommenen Vertrags. Der Vorkaufsberechtigte muß darin, wenn er in einen bedingten Kauf eintritt, es auf sich nehmen, daß möglicherweise die Bedingung gegen ihn ausfällt, oder er muß, falls der Eintritt der Bedingung von ihm herbeigeführt werden kann, das Erforderliche dazu leisten. Anders verhält es sich aber bei einem Kaufvertrage wie dem in Rede stehenden, der zur Wirksamkeit noch der Genehmigung einer Behörde bedarf. Wenn auch die Betei-

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ligten bis zur Entscheidung über die F r a g e der Genehmigungserteilung nicht einseitig von dem Vertrage zurückzutreten berechtigt sind, so liegt, solange noch nicht die Genehmigung erfolgt ist, doch ein fertiger, rechtsgültiger K a u f v e r t r a g nicht vor; der Vertrag kann zwar rechtswirksam werden, aber er ist es gegenwärtig noch nicht (vgl. RGZ. Bd. 90 S. 113). Auch an ein Vertragsangebot beispielsweise ist der Anbietende für eine gewisse Zeit gebunden; aber bis zum Hinzutritt der T a t s a c h e rechtzeitiger Annahme durch den andern Teil ist ein rechtswirksamer Vertrag noch nicht zustande gekommen. Daher gibt d a s Vorliegen eines zwar zwischen den Beteiligten vereinbarten, aber wegen ausstehender Genehmigung noch nicht zur Wirksamkeit gelangten K a u f v e r t r a g s dem Vorkaufsberechtigten nicht d a s Recht während des Schwebezustandes der Unwirksamkeit in'den Vertrag einzutreten. E r s t wenn der Vertrag genehmigt ist, ist für die Ausübung des Vorkaufsrechts die Voraussetzung eines fertigen, rechtsgültig geschlossenen K a u f v e r t r a g s gegeben. Der Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und der Gemeinde L. über das fragliche Grundstück ist aber vom Kreisausschuß bisher nicht genehmigt, und es ist auch, wie der Berufungsrichter selbst annimmt, für eine Genehmigung kein R a u m mehr, nachdem durch Vereinbarung der Beteiligten der Vertrag aufgehoben worden ist. Der Berufungsrichter führt allerdings ferner aus, nachdem die Klägerin von der Auflassung des Grundstücks des Beklagten an die Gemeinde durch Benachrichtigung des Grundbuchamts Kenntnis erlangt und durch Schreiben an den Beklagten vom 19. September 1917 ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe, hätten der Beklagte und die Gemeinde L. nicht mehr die Macht gehabt, durch Wiederaufhebung des geschlossenen K a u f v e r t r a g s die Wirkungen des von der Klägerin ausgeübten Vorkaufsrechts wieder zu beseitigen. Im übrigen würden sie, auch wenn m a n annehmen wollte, sie seien im November 1917 zur Wiederaufhebung des Vertrags mit Wirksamkeit gegenüber der Klägerin noch in der L a g e gewesen, von diesem ihrem formalen Rechte doch nicht haben Gebrauch machen dürfen zur Umgehung und Schädigung der Rechte der Klägerin; eine zu diesem Zwecke vorgenommene Wiederaufhebung des Kaufvertrags würde als sittenwidrig und darum nach § 138 Abs. 1 B G B . als nichtig zu erachten sein. Daß aber der Beklagte und die Gemeinde in der Absicht, der Auübung des Vorkaufsrechts der Klägerin den Boden zu entziehen, zur Wiederaufhebung ihres in F o r m des Kaufvertrags geschlossenen Vertrags vom 10./21. A u g u s t 1917 geschritten seien, ergebe sich aus dem Verlaufe der ganzen Angelegenheit ohne weiteres. E s sei daher die Wiederaufhebung auf die von der Klägerin durch die vorherige Ausübung des Vorkaufsrechts erlangten Rechte ohne Einfluß. Auch diesen Ausführungen, die von der Revision ebenfalls bekämpft werden, kann nicht beigestimmt werden. Allerdings hat, wenn

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ein rechtsgültiger Kaufvertrag geschlossen worden ist, eine Wiederaufhebung des Vertrags durch die Vertragschließenden dem Vorkaufsberechtigten gegenüber keine Wirksamkeit; denn bereits durch den Abschluß des Kaufvertrags, wie sich aus den Worten „sobald der Verpflichtete . . . einen Kaufvertrag . . . geschlossen hat" in § 504 BGB. ergibt, hat der Vorkaufsberechtigte ein festes Recht auf Ausübung des Vorkaufsrechts erlangt, das ihm durch nachträgliche Vereinbarung des Vorkaufsverpf lichteten mit seinem Vertragsgegner nicht wieder entzogen werden kann. Vorliegend aber war zwischen dem vorkaufsverpflichteten Beklagten und der Gemeinde L. zu keiner Zeit ein rechtsgültiger Kaufvertrag zustande gekommen, insbesondere auch nicht, als die Klägerin durch Schreiben vom 19. September 1917 dem Beklagten gegenüber erklärte, daß sie ihr Vorkaufsrecht ausüben wolle. Zwar hatte der Beklagte mit der Gemeinde L. einen formgerechten Kaufvertrag über sein Grundstück geschlossen, aber dieser war wegen Fehlens der Genehmigung durch den Kreisausschuß nicht rechtsgültig. Die Klägerin hatte daher kein Recht darauf erlangt, daß zwischen ihr und dem Beklagten ein Kauf über das fragliche Grundstück durch Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 505 BGB.) zustande komme. Die Möglichkeit, daß der Kaufvertrag von dem Kreisausschuß genehmigt werden und dann ein rechtsgültiger Vertrag zustande kommen würde, erfüllte die Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Deshalb verletzten der Beklagte und die Gemeinde L., als sie im November 1917 den zwar formgerecht geschlossenen, aber nicht rechtsgültigen Kaufvertrag vom 10./21. August 1917 wieder aufhoben, nicht ein bereits für die Klägerin bestehendes Recht auf Ausübung des Vorkaufsrechts, so daß aus einer gegenüber der Klägerin getätigten Rechtsverletzung nicht die Unwirksamkeit der Wiederaufhebung des Vertrags hergeleitet werden kann. Auch wenn die Vertragschließenden beabsichtigt haben, durch die Wiederaufhebung zu verhindern, daß der zwischen ihnen geschlossene Kaufvertrag durch Genehmigung des Kreisausschusses rechtsgültig werde und dann die Klägerin das Recht erlange, ihr Vorkaufsrecht auf das Grundstück des Beklagten auszuüben, würde daran nichts geändert, daß es für die Geltendmachung des Vorkaufsrechts, die allein den Gegenstand des Rechtsstreites bildet, an dem Erfordernis eines rechtsgültig geschlossenen Kaufvertrags mangelt. Das Urteil des Reichsgerichts in RGZ. Bd. 88 S. 365, auf das der Berufungsrichter sich stützt, betrifft einen wesentlich anders liegenden Fall, indem es einen Tauschvertrag, auf dessen Erfüllung geklagt wurde, nach § 138 Abs. 1 BGB. deswegen für nichtig erklärt, weil zum Zwecke der Umgehung eines Vorkaufsrechts ein Tauschvertrag statt eines Kaufvertrags geschlossen worden sei. Auch eine entsprechende Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB., welche die Revisionsbeklagte in der Revisionsverhandlung zur Aufrechterhaltung der Entscheidung des Berufungsrichters für sich in

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Schuldrecht, Besonderer Teil

Anspruch genommen hat, ist im vorliegenden Falle ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt die Bedingung, unter der ein Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist, wenn ihr Eintritt durch die Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird, zugunsten des anderen Teiles als eingetreten. E s soll also bei vertraglich festgesetzter Bedingung der Vertragsteil, dem der Eintritt der Bedingung zum Vorteil gereichen würde, geschützt sein gegen den Eintritt der Bedingung verhindernde, wider Treu und Glauben verstoßende Maßnahmen des anderen Teiles. Vorliegend aber haben beide Vertragschließende den Vertrag, den sie vereinbart hatten, der jedoch wegen Fehlens der fraglichen Genehmigung noch der Wirksamkeit entbehrte, durch Vereinbarung miteinander wieder aufgehoben. Nur einem Dritten haben beide dadurch die Möglichkeit entzogen, in den Vertrag einzutreten. Für diesen Dritten aber bestand damals kein Recht auf den Eintritt. Er hätte es erlangt, sobald der Vertrag durch Erteilung der Genehmigung wirksam geworden wäre. Ihm diese Möglichkeit der künftigen Erlangung des Eintrittsrechts zu wahren, hatten die Vertragschließenden keine Verpflichtung. Der Fall ist mithin so wesentlich verschieden von dem durch § 162 Abs. 1 B G B . betroffenen Tatbestande, daß eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift nicht Platz greifen kann. Insbesondere ist es abzulehnen, daß zufolge solcher entsprechenden Anwendung etwa der hier in Rede stehende Vertrag zugunsten der Vorkaufsberechtigten Klägerin als rechtswirksam geschlossen zu gelten hätte, wie wenn die fragliche Genehmigung erteilt worden wäre. Hiernach ist die Klägerin nicht berechtigt, .in den zwischen dem Beklagten und der Gemeinde L. geschlossenen Kaufvertrag über das Grundstück des Beklagten auf Grund ihres Vorkaufsrechts einzutreten. Daher sind die auf dieses Grundstück bezüglichen Anträge der Klägerin unbegründet." . . . (Es wird sodann dargelegt, daß auch der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag keine Rechtfertigung finde.) RGZ. 98, 231 Welchen Einflufi hat die yon dem Käufer vorgenommene Weiterveräußerung der al· mangelhalt zur Verfügung gestellten Ware ani die Gewährleistungsanspriiche des Käufers? II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 9. März 1920.

I. Landgericht I Berlin, Kammer für Handelssachen. II. Kammergericht daselbst.

Die Beklagte hat dem Kläger auf einen Abschluß vom 9. Oktober 1914 Militärtuch geliefert. Der Kläger, der schon die ersten, im Februar 1915 ihm zugegangenen Sendungen als probewidrig und unbrauchbar zur Verfügung gestellt hatte, erhob bezüglich der gesamten

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Lieferung Klage auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, während die Beklagte widerklagend den Kaufpreis forderte. Das Landgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Reichsgericht hob das Berufungsurteil auf aus folgenden Gründen : „Der Kläger hat unter Widerspruch der Beklagten behauptet, bei einer Besprechung, die am 1. März 1915, nach der Beanstandung der ersten auf den Abschluß vom 9. Oktober 1914 gemachten Lieferungen, stattgefunden habe, sei zwischen ihm und der Beklagten vereinbart worden, daß er versuchen solle, die vertragswidrig beschaffene Ware für Rechnung der Beklagten bestmöglich zu verkaufen. Damals war von 4020,20 ni, die der Kläger auf jenen Abschluß erhalten hat, noch nicht ganz die Hälfte geliefert; die Lieferung des unterm 22. März 1915 in Rechnung gestellten Restes von 2226 m will der Kläger nachher noch in der Absicht verlangt haben, sich eine weitere Deckung für die ihm wegen der Mangelhaftigkeit der gesamten Ware zustehenden Schadensansprüche zu verschaffen. Die Beklagte hat bestritten, daß sie die von dem Kläger behauptete Verkaaifsermächtigung erteilt habe. Das Berufungsgericht gelangt unter eingehender Würdigung der Zeugenaussagen und des Briefwechsels zu dem Ergebnis, daß die Behauptung des Klägers widerlegt sei. . . . Dem Umstände, daß der Kläger danach über einen erheblichen Teil der beanstandeten Ware (1427,10 m) durch Weiterverkauf eigenmächtig verfügt habe, entnimmt das Berufungsgericht nach der Lage des Falles eine Genehmigung der Ware, die zur Folge gehabt habe, daß alle etwaigen Gewährleistungsansprüche — einschließlich des eventuell geltend gemachten Rechtes auf Preisminderung — durch Verzicht erloschen seien. Indem es sich dabei auf das Urteil des erkennenden Senats RGZ. Bd. 54 S. 80 stützt, legt es Gewicht auf die Tatsache, daß der Kläger die Weiterverkäufe nicht nur eigenmächtig vorgenommen, sondern auch der Beklagten verschwiegen habe. In letzterer Beziehung ist darauf hingewiesen, daß er im Briefwechsel nirgends die bereits vorgenommenen Verkäufe erwähne, vielmehr noch in einem Briefe vom 12. April 1915 die Beklagte um VerkaufserlaubnLs bitte, obwohl er damals schon mehrere hundert Meter veräußert hatte, und zwar zu Preisen, die beinahe das Doppelte von dem betrugen, für den er die Einwilligung der Beklagten nachsuchte, daß er ferner noch in der Klage die Verkäufe und den dabei erzielten Gewiinn vollständig übergangen und erst im Laufe des Prozesses auf Betreiben der Beklagten seinen Schadenersatzanspruch richtig gestellt habe. Daß die Weiterverkäufe sich nicht auf die gesamte Ware, sondern nur auf etwa ein Drittel derselben erstreckten, erachtet das Berufungsgericht deshalb für bedeutungslos, weil die Ware einheitlich beschaffen

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gewesen sei und der Kläger dies spätestens am 1. März 1915 auch hinsichtlich des Teiles, der damals noch nicht geliefert war, gewußt habe. Diese Ausführungen werden mit Grund von der Revision angegriffen. Sie leiden an dem Fehler, daß das Berufungsgericht das erwähnte reichsgerichtliche Urteil auf einen Fall anwendet, auf den es nicht paßt. Damals lag nicht mehr vor, als daß der Käufer die als mangelhaft zur Verfügung gestellte Ware im Widerspruche mit dieser Erklärung nachträglich hinter dem Rücken des Verkäufers veräußert hatte. Im gegenwärtigen Falle hat sich der Käufer nicht darauf beschränkt, die Ware zur Verfügung zu stellen, sondern — was die Revision mit Recht hervorhebt — wegen der mangelhaften Beschaffenheit ausdrücklich Ersatzansprüche erhoben und in dem Briefwechsel, der bis in den Juni 1915 hinein fortgesetzt wurde, diesen Standpunkt dauernd aufrecht erhalten, wobei die Beklagte grundsätzlich zu einem Entgegenkommen bereit war. Das durfte bei der Prüfung der Frage, ob die Ware als genehmigt zu gelten habe, nicht außer acht gelassen werden. Denn die Beantwortung dieser Frage erforderte, daß das Gesamtverhalten des Klägers berücksichtigt wurde. Geht man aber hiervon aus, dann kann — eben wegen der auf Wahrung der Gewährleistungsansprüche gerichteten Erklärungen — in dem Verhalten des Klägers eine alle Gewährleistungsansprüche ausschließende Genehmigung, wie sie das Berufungsgericht annimmt, nicht gefunden werden und in Betracht kann nur noch kommen, ob und wieweit der Kläger solche Ansprüche verloren hat, zu deren Verwirklichung die Zurückgabe der beanstandeten Ware gehörte." . . . RGZ. 99, 121 Ist eine Haftung des Ehemanns gemäß § 463 B G B . auch dann gegeben, wenn die in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute das zu der gütergemeinschaftlichen Masse gehörende Grundstück zusammen an einen Dritten verkauft haben, der Ehemann aber die Vorverhandlungen allein geführt und hierbei fälschlich und arglistig das Vorhandensein von Grundstückseigenschaften vorgespiegelt hat? B G B . §§ 463 Satz 2, 1445. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht

Königsberg.

Urt. v. 25. Mai 1920. II. Oberlandesgericht

daselbst.

Die beklagten, in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute G. haben durch notariellen Vertrag vom 23. Juli 1912 ihr zur gütergemeinschaftlichen Masse gehörendes Grundstück dem Kläger verkauft. Dieser fordert jetzt von beiden Eheleuten auf Grund des § 463 B G B . Schadensersatz, weil ihm der mitbeklagte Ehemann bei den Vorverhandlungen arglistig über den Milchertrag und den Grundsteuerreinertrag des Grundstücks falsche Angaben gemacht habe.

Kauf

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Die Klage wurde in beiden Vorinstanzen abgewiesen. Die Revision hatte, soweit der Anspruch sich gegen den beklagten Ehemann richtet, Erfolg. Aus den G r ü n d e n : „Soweit der Kläger seine Ansprüche gegen den beklagten Ehemann richtet, erweist sich seine Revision zum Teil als begründet. Dies gilt zunächst insofern, als der Kläger diese Ansprüche darauf stützt, daß der beklagte Ehemann ihm über den Grundsteuerreinertrag, sowie über den Preis der an den Rittergutsbesitzer Sch. zu liefernden Milch wissentlich unwahre Angaben gemacht habe. Zwar können diese Angaben nicht als vertragliche Zusicherungen in Betracht kommen, derm sie entbehren der in § 313 B G B . vorgeschriebenen Form. Auch ist dieser Formmangel nicht, wie die Revision meint, durch die während des Prozesses erfolgte Auflassung geheilt worden. Denn nach seinem eigenen Vorbringen hat der Kläger dabei erklärt, daß er den Prozeß wegen der streitigen Ansprüche weiterführen werde; zur Zeit der Auflassung war daher zwischen den Parteien über den Bestand der streitigen Zusicherungen keine Einikeit vorhanden. Mit Recht rügt dagegen die Revision, daß die Abweisung der erwähnten Ansprüche auf einer Verletzung des § 463 Satz 2 B G B . beruhe. Das Berufungsgericht lehnt die Anwendung dieser Vorschrift ab, weil § 1445 B G B . , demzufolge der Mann zur Eingehung der Verpflichtung zur Verfügung über ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück der Einwilligung der Frau bedarf, sich auf alle Zusicherungen beziehe, die als ein Teil des Vertrags anzusehen seien; deshalb seien solche Zusicherungen mangels Einwilligung der Frau auch dem Manne gegenüber unwirksam und mithin könne auch ein außerhalb des Gebiets vertraglicher Zusicherung liegendes arglistiges Verhalten des Mannes im Sinne des (§ 463 Satz 2 B G B . dessen Vertragshaftung nur dann zur Folge haben, wenn die Frau an seiner Arglist teilgenommen habe. Diese Schlußfolgerung ist jedoch nicht berechtigt. Allerdings ist das in § 463 Satz 2 B G B . bezeichnete arglistige Verhalten des Verkäufers in seinen rechtlichen Folgen der in Satz 1 dieses Paragraphen behandelten vertraglichen Zusicherung einer Eigenschaft der verkauften Sache gleichgestellt. Aber aus dieser Gleichstellung der rechtlichen Folgen ist nicht zu entnehmen, daß das erwähnte arglistige Verhalten gleich der vertraglichen Zusicherung einer Eigenschaft als ein Teil des Vertragsinhalts anzusehen ist. Die Anwendung der nur den Vertragsinhalt selbst betreffenden Vorschrift des § 1445 auf den Fall des § 463 Satz 2 ist daher abzulehnen. Sie würde auch zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Denn sie würde dem Käufer eines zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehörenden Grundstücks, wenn ihm vom Mann ohne Mitwirkung der Frau arglistig Fehler verschwiegen oder Eigenschaften vorgespiegelt worden sind, für die Regel jeden Schadensersatzanspruch entziehen,

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Schuldrecht, Besonderer Teil

sofern er beim Vertrage stehen bleibe® will, da solchenfalls ein außervertraglicher Schadensersatz zufolge § 249 B G B . regelmäßig nicht in Betracht kommt (vgl. K i e h l , J u r . Wochenschr. 1914 S. 498, 499). Das angefochtene Urteil ist daher, soweit es die vorbezeichneten Ansprüche gegen den beklagten Ehemann betrifft, nicht aufrecht zu erhalten. Vielmehr bedarf es der Prüfung, ob der beklagte Ehemann de>m Kläger, wie dieser behauptet, in den vorangegebenen Beziehungen wissentlich unwahre Angaben gemacht hat." . . .

RGZ. 101, 18 Muß der Verkäufer die trotz seines Widerspruchs vom Käufer •eranlafite Versteigerung beanstandeter Ware gegen sieb gelten lassen, wenn diese zu verderben drohte? III. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Dresden.

Urt. v. 23. November 1920. II. Oberlandesgericht daselbst.

Der K l ä g e r ließ der Beklagten auf deren Bestellung einen Waggon Sellerie zugehen. Die Beklagte ließ die W a r e trotz des vom Kläger erhobenen Widerspruchs öffentlich versteigern. Der Kläger, der dieses Vorgehen als unrechtmäßig bezeichnet, hat mit der Klage B e zahlung des Kaufpreises gefordert. Das Landgericht hat die Beklagte zur Herauszahlung des Versteigerungserlöses abzüglich der ihr erwachsenen Unkosten verurteilt, aber die Klage im übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte auch zur Zahlung des nach Abzug des gekürzten Versteigerungserlöses verbleibenden Kaufpreisrestes verurteilt. Die Revision der Beklagten ist zurückgewiesen worden. Gründe: Die Beklagte hat die Versteigerung der von ihr beanstandeten W a r e trotz des vom Kläger hiergegen erhobenen Widerspruchs vornehmen lassen. Hieraus zieht das Berufungsurteil die zutreffende Folgerung, daß die Beklagte in unzulässiger W e i s e über die W a r e verfügt habe und deshalb des Rechts auf Wandlung, wenn es ihr zugestanden haben sollte, verlustig gegangen ist (§§ 467, 353 B G B . ) . E s handelt sich bei der Versteigerung um einen Notverkauf im Sinne von § 379 Abs. 2 H G B . Aus der Zweckbestimmung dieser Vorschrift, welche den Interessen des Verkäufers dienen will, ergibt sich, daß der Käufer von der ihm dort eingeräumten Befugnis nicht gegen den Willen des Verkäufers Gebrauch machen darf (RGZ. Bd. 96 S. 72). Die Sachlage kann allerdings so geartet sein, daß der Verkäufer einen aus § 379 nicht zu rechtfertigenden Verkauf der bemängelten W a r e gemäß den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 flg. B G B . ) gegen sich gelten lassen muß (RGZ. Bd. 66 S. 197).

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Hat er jedoch der ihm vom Käufer angedrohten Versteigerung widersprochen, so stellt sich diese als eine unstatthafte Einmischung in seine Angelegenheiten dar und bleibt daher ihm gegenüber ohne Rechtswirkung (vgl. § 678 BGB.). Die Revision verweist auf die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, daß die Versteigerung der dem Verderben ausgesetzten Ware zur Vermeidung größeren Schadens erforderlich gewesen sei. Sie meint, daß im Falle der Bewahrheitung dieses Vorbringens die Wirksamkeit der Versteigerung dem Kläger gegenüber nicht mehr zu bezweifeln sei. Es stehe alsdann fest, daß der Notverkauf dem in § 680 BGB. bezeichneten Zwecke gedient habe; der entgegenstehende Wille des Verkäufers sei in einem solchen Falle, wie die entsprechende Anwendung des § 679 ergebe, ohne Bedeutung. Diese Auffassung ist mit dem aus § 678 zu entnehmenden Rechtsgrundsatz unvereinbar, daß der Geschäftsherr die verbotswidrige Uebernahme der Führung seiner Geschäfte durch einen Anderen nicht als für ihn verbindlich anzuerkennen braucht. Es besteht aber auch keine Rechtsähnlichkeit des in § 680 geregelten Sachverhalts mit den Tatbeständen des § 679. Zu der in dieser Vorschrift enthaltenen Ausnahme hat sich der Gesetzgeber im Interesse des allgemeinen Wohls und aus Humanitätsrücksichten verstanden (Mot. Bd. 2 S. 864). Dagegen hat der § 680 lediglich den Schutz von Privatinteressen iim Auge. Es erscheint daher unzulässig, die in § 679 angeordnete Bedeutungslosigkeit verbotswidrigen Handelns des Geschäftsführers über den Rahmen der dort gekennzeichneten Fälle hinaus auszudehnen und auf den Fall des § 680 zu übertragen. RGZ. 101, 90 Wie lange darf der Käufer bei Säumnis des Verkäufers die Eindeckend hinausschieben? I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 11. Dezember 1920. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht". RGZ. 101, 320 Wann kann der Lieferer der Ware dem Käufer gegenüber, dem sie durch einen Dritten verkauft wurde, Rechte in Anspruch nehmen? II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Essen.

Urt. v. 4. Februar 1921. II. Oberlandesgericht Hamm.

Der Kläger klagte auf den Kaufpreis für 30 Ztr. am 13. Oktober 1917 an die Beklagte gelieferten Kaffee-Ersatzes, den er ihr durch eine Agentin T. verkauft haben wollte. Die Beklagte behauptete, der

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Kauf sei mit der T. selbst abgeschlossen und der Preis in deren Auftrag an einen gewissen D. bezahlt worden. Hilfsweise berief sich der Kläger auch auf ungerechtfertigte Bereicherung. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auf die Revision wurde das Berufungsurteil aufgehoben. Gründe: Wie das Berufungsgericht den Briefen des Fräulein T. vom August 1917 entnimmt, hat diese den Kaffee-Ersatz in ihrem Namen, nicht namens des Klägers, an die Beklagte verkauft. Dieise Feststellung ist einwandfrei getroffen und wird von der Revision nicht angegriffen. Mit Recht beschwert sich die Revision aber darüber, daß das Verhalten der Parteien bei Lieferung der Ware als unerheblich behandelt ist. Unstreitig hat der Kläger am 13. Oktober 1917 die Ware mit einer Rechnung übersandt, die auf seinen eigenen Namen lautete und mit dem Vermerk versehen war „durch Fräulein T."; die Rechnung ist dann auch von ihm quittiert worden. Das Berufungsgericht meint, der Vermerk „durch Fräulein T." habe jeden Zweifel darüber, daß es sich um Erfüllung des mit dieser vereinbarten Geschäfts handelte, ausgeschlossen; auch wenn die Beklagte aus der Rechnung den Wunsch des Klägers, die Zahlung selbst zu erhalten, hätte herauslesen müssen, würde der frühere Vertrag mangels Zuziehung der T. nicht abgeändert worden sein. Wie wenig diese Erwägung den Sachverhalt erschöpft, beweisen schon die bekannten Fälle, in denen Bankiers oder Spediteure, die die Ware bevorschußt oder sonst Auslagen für den Verkäufer gemacht haben, als sog. Vinkulanten Lieferung gegen Zahlung an ihre Person anbieten. In solchen Fällen hat die Rechtsprechung stets entschieden, daß, wenn der Käufer das Angebot annimmt, ein neuer Vertrag zwischen ihm und dem Vinkulanten entsteht, kraft dessen er zur Zahlung des Preises an diesen verpflichtet wird (vgl. RGZ. Bd. 54 S. 213, Bd. 88 S. 69). Derartiges kann auch außerhalb der typischen Geschäftsform des Vinkulationsvertrags vorkommen und wird für den vorliegenden Fall vom Kläger behauptet. Würde er den streitigen Kaffee-Ersatz, wenn auch unter Hinweis auf den Vertrag der T., doch mit der deutlich erklärten Bedingung angeboten haben, daß der Kaufpreis an ihn gezahlt werden müsse, so ließe sich die Annahme der Ware durch die Beklagte nach Treu und Glauben nur dahin auslegen, daß sie damit Zahlung an ihn versprochen hätte (§ 157 BGB.). Das angefochtene Urteil muß deshalb aufgehoben und die Sache zur Prüfung dieser Frage in die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Möglicherweise gelangt das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung zu der Ueberzeugung, daß die Beklagte den Willen des Klägers nicht richtig verstanden, vielmehr geglaubt hat, die Lieferung erfolge namens der T. Auch dann wäre das Zahlungsbegehren des

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Klägers nicht ohne weiteres hinfällig. Hat er in Kenntnis der wirklichen Sachlage zu dem erklärten Zwecke geleistet, damit der Kaufpreis an ihn gezahlt werde, so würde bei Mißverständnis dieser Erklärung durch die Beklagte eine Uneinigkeit der Parteien über den rechtlichen Grund der Leistung vorgelegen haben; nach §§ 812, 818 B G B . müßte ihm die Bereicherung herausgegeben werden. Die gleiche Rechtsfolge hätte dann einzutreten, wenn der Kläger, von der irrigen Ansicht ausgehend, die T. habe den Vertrag in seinem Namen abgeschlossen, eine vermeintliche eigene Schuld hätte erfüllen wollen und dies der Beklagten zu erkennen gegeben hätte. In beiden Fällen würde der Dissens über den Grund der Leistung der condictio sine causa Raum geschafft haben, die ausweislich des landgerichtlichen Tatbestandes schon in erster Instanz geltend gemacht worden ist. Auf der anderen Seite wird auch zu prüfen sein, ob der Vermögensverlust, welchen der Kläger etwa ohne Rechtsgrund erlitten hat, nicht durch die an D. erfolgte Zahlung und anschließende Aufrechnung ganz oder zum Teil wieder ausgeglichen worden ist. RGZ. 101, 413

t. . . .

2. Ist es ein Sachmangel der Ware, wenn sie aus dem Ausland eingeschmuggelt ist, oder wenn trotz des Erwerbs durch einen gutgläubigen Käufer noch die Möglichkeit ihrer Beschlagnahme nach § 94 StPO. besteht? II. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 11. März 1921.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht". RGZ. 102, 307 Regeln sich im Falle des Verkaufs eines Landguts die Gewährleistungsansprüche wegen Viehmängel auch dann nach den Grundsätzen der §§ 481 flg. BGB., wenn das Grundstück nebst Zubehör verkauft und die zu diesem gehörende Viehherde in einer die Ertragsfähigkeit de» Grundstücks beeinträchtigenden Weise verseucht ist, oder greifen in solchem Falle die Grundsätze der §§ 459 flg. BGB. Platz? V. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 15. Juni 1921. I. Landgericht Schweidnitz.

I I . Oberlandesgericht

Breslau.

Durch Vertrag vom 6. April 1916 hat der Kläger vom Beklagten, dessen Rittergut mit dem vorhandenen lebenden und toten Inventar sowie sämtlichen Beständen und Erzeugnissen gekauft; das Gut ist ihm übergeben und aufgelassen worden. In dem Vertrag ist jede Ge-

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währ für das Nichtvorhandensein baulicher oder irgendwelcher anderer Mängel ausgeschlossen. Der Kläger behauptet, bei dem Vertragsabschlüsse von dem Beklagten über Mängel der Kaufsache arglistig getäuscht worden zu sein, indem dieser ihm wider besseres Wissen die unter dem Rindviehbestande herrschende Verkalbungsseuche verschwiegen und das Vorhandensein dieser Seuche auf ausdrückliche Frage verneint, das schlechte Aussehen des Viehes vielmehr mit Futtermangel begründet habe. Er behauptet, dadurch Schaden erlitten zu haben einmal in der Richtung, daß eine Anzahl von Viehstücken teils als minderwertig hätte verkauft werden müssen, teils eingegangen sei, auch das Jungvieh nicht zur Aufzucht behalten werden könne, und sodann in der Richtung, daß wegen der vorhandenen großen Ansteckungsgefahr das Pflaster des Viehstalls habe entfernt und durch Beton ersetzt werden müssen. Einen Teilbetrag dieses Schadens hat er eingeklagt. Das Landgericht hat den Klaganspruch für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten ist zurückgewiesen worden. Auch seine Revision hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : . . . Der Berufungsrichter erachtet den Anspruch auf Schadensersatz, insoweit er auf die unter dem Kuhbestande herrschende Verkalbungsseuche gestützt ist, für gerechtfertigt zwar nicht nach § 463 Satz 1 BGB., da Zusicherungen über Gesundheit oder Fehlerfreiheit in dem Vertrage nicht enthalten seien, vielmehr die Gewährleistung für das Nichtvorhandensein irgendwelcher Mängel ausdrücklich ausgeschlossen sei, wohl aber aus § 463 Satz 2, weil der Beklagte, wenn er auch nicht Kenntnis von dem Bestehen der Seuche gehabt, doch mindestens den Verdacht des Bestehens dieser Seuche gehegt und davon dem Kläger keine Mitteilung gemacht, auf die ausdrückliche Frage des Sohnes des Klägers das Vorhandensein der Seuche vielmehr verneint habe, und zwar obwohl er bei der Gefährlichkeit der Seuche darüber nicht in Zweifel gewesen sei, daß die Kenntnis von der Seuche für den Entschluß des Klägers, zu kaufen, und namentlich für die Höhe des von ihm zu bewilligenden Preises von großer Bedeutung war. Der Berufungsrichter verkennt nicht, daß eine Gewährleistungspflicht aus § 463 ausgeschlossen sein würde, wenn auf den vorliegenden Kaufvertrag hinsichtlich des mitverkauften Viehes die Vorschriften der §§ 481 flg. BGB. über die Gewährleistung bei dein Verkaufe der dort bezeichneten Viehgattungen Anwendung zu finden hätten, weil die Verkalbungsseuche nicht zu den nach § 1 der VO. vom 27. März 1899 bei Rindvieh als Hauptmängel geltenden Mängeln gehört. Er vertritt aber die Auffassung, daß im vorliegenden Falle die Gewährleistungspflicht des Beklagten nicht auf diejenigen Mängel beschränkt sei, für die der Verkäufer nach den Vorschriften über die

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Gewährleistung bei Viehverkäufen einzustehen habe. Allerdings sei im Schrifttum überwiegend -die Ansicht vertreten, daß die §§ 481 flg. auch dann Anwendung fänden, wenn Vieh als Zubehör eines Grundstücks verkauft sei; der vorliegende Fall sei aber insofern besonders gestaltet, als es sich hier nicht um Mängel bei einzelnen mitverkauften Viehstücken handle, sondern um eine Verseuchung der ganzen vorhandenen Kuhherde, und im Zusammenhange damit auch der den Tieren eingeräumten Ställe. Denn der Kläger behaupte, daß zur tunlichsten Beseitigung der großen Ansteckungsgefahr das Pflaster des Viehstalles entfernt und durch Beton ersetzt werden müsse und daß die hierdurch entstehenden Kosten auf 3000 M. veranschlagt worden seien. Hiernach habe nicht nur ein Mangel der Herde, sondern auch des Grundstücks selbst vorgelegen, und über diesen einheitlichen Mangel müsse auch nach einheitlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden. Deshalb sei die Anwendung der nur für Viehmängel geltenden Gewährleistungevorschriften auf den vorliegenden Fall nicht angängig und sei esi sonach unerheblich, daß die Verkalbungsseuche nicht zu den Hauptmängeln beim Rindvieh gehöre. Die Revision des Beklagten meint demgegenüber, bei dem Verkauf eines Gutes mit lebendem Inventar sei über die Gewährleistung für Mängel des Grundstücks und des Viehes nicht nach einheitlichen Grundsätzen zu entscheiden, vielmehr müßten, soweit das Vieh in Frage stehe, die Grundsätze über Viehkauf, und könnten diejenigen über den gewöhnlichen Kauf nur in Ansehung des Grundstücks zur Anwendung kommen; deshalb sei ein Minderungsanspruch ausgeschlossen hinsichtlich des Viehes und müsse hinsichtlich dieses die Klage ohne weiteres abgewiesen werden. Der Revision ist zuzugeben, daß in der Rechtslehre überwiegend, und zwar ohne Einschränkung, der Satz aufgestellt wird, auch bei dem Verkauf von Vieh als Zubehör eines Grundstücks seien die Sondervorschriften der §§ 481 flg. BGB. anwendbar; vgl. S t a u d i n g e r , § 481 Anm. le; N e u m a n n zu §§ 470 Anm. 3, 477 III 5, 481 Anm. 1; Komm, von Reichsgerichtsräten § 481 Anm. 2; S t ö 1 ζ 1 e . Viehkauf § 481 II 1 c; H a n k e , Sonderrecht des Viehkaufs § 4 Nr. 2 (S. 12). Jedoch wird die entgegengesetzte Ansicht mit ausführlicher Begründung vertreten von T h i e l e (Z. Notar. Vereins 1911 S. 632 flg.), dem sich das Oberlandesgericht Königsberg in zwei Urteilen vom 26. Februar 1912 (Posener Monatsschr. 1912 S. 29) und vom 19. März 1913 (Rspr. OLG. Bd. 28 S. 128) angeschlossen hat, und ferner von A n d r é in A c h i 11 e s - G r e i f f B G B . Anm. 1 f zu § 459. Diese letztere Ansicht schließt sich an zwei unter der Herrschaft des preuß. Allg. Landrechts für dieses Rechtsgebiet ergangene Entscheidungen des Reichsgerichts (Gruchot Bd. 36 S. 938 und J W . 1901 S. 429 Nr. 18) an, die aussprechen, daß der aus der Fehlerhaftigkeit eines als Pertinenz eines Landguts verkauften Viehbestandes entnommene GewährZivils. Scbultlredit S

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leistungsanspruch rechtlich nach denselben Grundsätzen behandelt werden müsse wie der Gewährleistungsanspruch wegen Fehlerhaftigkeit des Landguts, und daß deshalb die für bewegliche Sachen vorgeschriebenen Gewährleistungsfristen auf die Gewährleistung für Mängel eines solchen Zubehörs keine Anwendung finden könnten. Ob die Gründe dieser Entscheidtingen auch für das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch von Bedeutung sind, kann dahingestellt bleiben. Denn dem Berufungsrichter muß darin beigestimmt werden, daß die Anwendung der §§ 481 flg. jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn Gewährleistung nicht wegen Mangelhaftigkeit einzelner Viehstücke als solcher verlangt, vielmehr geltend gemacht wird, daß infolge der Mangelhaftigkeit des den Zwecken des Grundstücks zu dienen bestimmten lebenden Inventars die Tauglichkeit des Grundstücks selbst, eines Landguts, zu dem im Vertrage vorausgesetzten Gebrauche beeinträchtigt werde und also ein Fehler des Grundstücks selbst im Sinne der §§ 459 flg. BGB. vorliege. Daß auch Mängel des Zubehörs sich als Fehler des Grundstücks darstellen können, hat der erkennende Senat bereits in dem Urteile vom 4. Mai 1892 (Gruchot Bd. 36 S. 940) hervorgehoben; auch hat er in einer neuerdings ergangenen Entscheidung (V 398/20 vom 16. Februar 1921) ausgesprochen, daß der Umfang (die Zahl) des Inventarbestandes eines Grundstücks an Vieh, insofern dadurch die hinreichende Ausrüstung des Grundstücks zu dem Zwecke, dem es dienen soll, insbesondere zum Milchertrage, beeinträchtigt wird, sich als eine Eigenschaft des Grundstücks darstellen kann. Daß Gleiches bei einer Verseuchung der Kuhherde, die dem Milchertrag und der Versorgung des Gutes mit Dünger sowie der Viehaufzucht zu dienen hat, gelten muß, kann nicht zweifelhaft sein. Bildet aber die Verseuchung der Viehherde als Fehler des Grundstücks die Grundlage des Gewährleistungsanspruchs, so erstreckt sich der wegen arglistigen Verschweigens dieses Fehlers nach § 463 Satz 2 BGB. begründete Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht nur, wie die Revision meint, auf die infolge der Verseuchung in den Ställen erforderlich gewordenen Ausbesserungen, sondern auch auf die durch sie hervorgerufene Verminderung der Ertragfähigkeit des Grundstücks, ohne daß die Vorschriften der §§ 481 flg. entgegenstünden. Daß ein Schaden in dieser Richtung entstanden ist, hat der Berufungsrichter festgestellt, indem er den Einwand des Beklagten, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden, weil die Kuhherde infolge ihres schlechten Ernährungszustandes bei der Bemessung des Kaufpreises so niedrig bewertet worden sei, daß der Kläger diesen Wert auch erlangt habe, obwohl er Vieh als krank habe verkaufen müssen, mit der Erwägung zurückweist, eine im Futterzustande stark herabgekommene, sonst gesunde Viehherde sei immer noch erheblich wertvoller als eine ebensolche aber auch noch kranke. Auf Grund dieser Feststellung konnte er den Klaganspruch, soweit er auf die Verkalbungsseuche ge-

99 stützt ist, ohne Einschränkung auf einzelne von den geltend gemachten Schadensposten gemäß § 304 PZO. für dem Grunde nach gerechtfertigt erklären. RGZ. 103, 77 1. Liegt im Saatguthandel dem Verkäufer die Garantie für Saatguteigenschaft ob 7 2. Zur Frage des Verschuldens beim Verkauf von Saatgut. III. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 25. Oktober 1921.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht". RGZ. 104, 122 LäBt sich die Vereinbarung eines einzutragenden dinglichen Vorkaufsrechts mit festem Preise gemäß § 140 BGB. in die Vereinbarung eines durch die Bestellung einer Auflassungsvormerkung zu sichernden schuldrechtlichen Vorkaufsrechts umdeuten? Ist eine solche Vereinbarung rechtsgültig? V. Z i v i l s e n a t . Die Entscheidung Allgemeiner Teil".

ist

Urt. v. 25. Februar 1922.

abgedruckt

unter „Bürgerliches

Recht,

RGZ. 104, 275 1. Kauf auf Besicht oder festes Angebot? 2. Erfordernisse der von der Nachfristsetzung befreienden Erfüllungsweigerung. Positive Vertragsverletzung. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht

Leipzig.

Urt. v. 2. Februar 1922. II.

Oberlandesgericht

Dresden.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr am 6. Juni 1918 etwa 15 000 fm Kiefernlangholz, das sich auf einem Waldgute des Beklagten befinde, zum Kaufe für 30 M. pro fm angeboten. Das Angebot sei bis zum 27. Juni 1918 unwiderruflich gewesen. Durch Brief vom 11. Juni 1918 habe ihr aber der Beklagte mitgeteilt, daß ei das Besiitzrecht an dem Waldgut einem anderen Interessenten abgetreten habe. Hierin erblickt sie einen Vertragsbruch und macht den Beklagten für den entgangenen Gewinn haftbar. Der Beklagte erhob Widerklage auf Feststellung, daß der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen ihn nicht zustehe. Das Landgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 27 000 M. nebst Zinsen und stellte auf die Widerklage fest, daß die Klägerin keinen größeren Schadensersatzanspruch habe. Das Berufungsgericht wies die Klage ab und stellte



100 auf die Widerklage fest, daß der Klägerin überhaupt keine Forderung auf Schadensersatz zustehe. Auf die Revision der Klägerin wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsgericht findet in den am 6. Juni 1918 getroffenen Abmachungen ein festes Verkaufsangebot, an das sich der Beklagte einseitig bis zum Ablaufe des 27. Juni 1918 gebunden habe, nicht den Abschluß eines Kaufs auf Besicht oder auf Probe. Die Klägerin habe aber dieses Angebot nicht angenommen. Das Schreiben des Beklagten vom 11. Juni 1918 bedeute zwar einen Vertragsbruch, habe aber die Klägerin nicht an der Annahme des Antrags gehindert und eine solche Annahme auch nicht überflüssig gemacht. Es enthalte keine endgültige Lossagung des Beklagten von seinem Vertragsangebote. Wolle man aber eine Annahme des Angebots in dem Schreiben der Kägerin vom 12. Juni 1918 finden, so scheitere die Schadensersatzforderung der Klägerin daran, daß sie dem Beklagten keine Nachfrist nach § 326 BGB. gesetzt habe. Eine positive Vertragsverletzung seitens des Beklagten liege nicht vor, die Klägerin hätte durch die Annahme des Antrags und die Ausnützung der gesetzlichen Rechtsbehelfe die Erfüllung der dem Beklagten nach dem Vertragsantrag obliegenden Verpflichtungen erlangen können. Die Revision hält es für rechtsdrrig, daß das Berufungsgericht keinen Kauf auf Besicht für gegeben erachtet. Es spreche vieles für einen Kauf auf Besicht, denn es seien am 6. Juni 1918 alle Einzelheiten eines Kaufvertrags festgelegt worden und die Klägerin habe sich nur deshalb noch nicht endgültig gebunden, weil sie das Holz vorher noch habe besichtigen wollen. Mit diesem Angriffe kann die Revision nicht durchdringen. Nach den Schreiben der Klägerin vom 7. und 11. Juni 1918, denen der Beklagte nicht widersprochen hat, kann kein Zweifel darüber sein, daß die Parteien am 6. Juni 1918 zu einem Abkommen gelangt sind, durch das sich der Beklagte verpflichtete, das näher bezeichnete Holz der Klägerin zu bestimmten Bedingungen bis zum 27. Juli 1918 fest an der Hand zu lassen, während es der Klägerin freistand, das Angebot innerhalb der erwähnten Frist anzunehmen oder abzulehnen. Weiter war eine Besichtigung des Holzes durch die Klägerin vorgesehen, ersichtlich zu dem Zwecke, daß sich die Klägerin, wie das Berufungsgericht sagt, über die Beschaffenheit des Holzes und seine Brauchbarkeit für ihre Zwecke unterrichten könnte. Ob eine solche Abmachung rechtlich als ein die eine Partei für eine gewisse Zeit bindendes Angebot oder als Kauf auf Besicht im Sinne des § 495 BGB. aufzufassen ist, hängt von den Umständen des Falles ab. Der erstrebte

101 wirtschaftliche Zweck — feste Bindung der einen Partei an festgesetzte Bindungen, freie Entschließung des anderen Teils über Annahme oder Ablehnung innerhalb der vereinbarten Frist — kann auf beiden Wegen erreicht werden; insbesondere ist auch bei einem Kaufe auf Besicht die Wirksamkeit der Erklärung des Käufers nicht dadurch bedingt, daß tatsächlich eine Besichtigung vorgenommen ist. Ob die eine oder die andere Rechtsform im Verkehr häufiger vorkommt, kann dahingestellt bleiben; denn jedenfalls ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß die Parteien nach der Fassung der Briefe im vorliegenden Falle mehr an ein festes Angebot als an einen Kauf auf Besicht gedacht haben. Daß eine Besichtigung des Holzes vorgesehen war, spricht nicht dagegen, denn auch unter der Voraussetzung eines festen Angebots bestand für die Klägerin das Bedürfnis, durch die Besichtigung des Holzes eine Grundlage für ihre Entschließungen zu gewinnen. . . . Jedenfalls sollte die Klägerin in den Stand gesetzt werden, durch eine einfache Erklärung den beabsichtigten Kaufvertrag abzuschließen; hierzu bedurfte es aber einer Einigung über alle näheren Bedingungen. . . . Nach der von den Parteien am 6. Juni 1918 geschlossenen Vereinbarung war der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Möglichkeit, das Holz käuflich zu erwerben, bis zum 27. Juni 1918 zu gewähren. Am 11. Juni 1918 hat aber der Beklagte der Klägerin geschrieben, daß er das „Besitzrecht" an dem Waldgut einem Interessenten abgetreten habe, da ihm die Schwierigkeiten wegen der Entfernung von der Bahn zu groß erschienen, so daß ihm ein kleiner sicherer Gewinn angenehmer sei, als die Durchführung des Geschäfts. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 12. Juni, die dem Beklagten ankündigte, daß sie ihn wegen des entgangenen Gewinns haftbar mache, stellte er in einem Schreiben vom 14. Juni 1918 in Abrede, daß das Geschäft abgeschlossen gewesen sei, er habe sich schriftliche Bestätigung und vor allem ,,die Klärung de r Anfuhr, deren Schwierigkeiten vorher nicht zu übersehen" gewesen seien, vorbehalten. Daß sich der Beklagte mit dem Schreiben vom 11. Juni endgültig und „mit unbeugbarer Entschlossenheit" von seinem Angebote losgesagt habe, will das Berufungsgericht nicht anerkennen; vielmehr sei anzunehmen, daß der Beklagte seine Stellung 'geändert und sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen entschlossen hätte, wenn die Klägerin darauf bestanden und nicht sofort Gewinnersatz verlangt hätte. Aus dem zweiten Absatz seines Schreibens, in dem er der Klägerin in aller Kürze ein anderes Angebot in Aussicht stellt, ergebe sich, daß er einen Bruch mit ihr habe vermeiden und die Geschäftsverbindung aufrecht erhalten wollen; diesen Wunsch aber habe er in dem Briefe vom 14. Juni 1918 wiederholt. Es mag nun zugegeben werden, daß auch einer an sich klaren Ablehnung der Erfüllung mit Rücksicht auf anderweitige Umstände die Eigenschaft einer endgültigen Erfüllungsverweigerung

102 unter besonderen Verhältnissen abgesprochen werden kann, ferner, daß es in dieser Hinsicht von Erheblichkeit sein kann, wenn der Ablehnung eine Erklärung hinzugefügt wird, aus der der Wunsch einer Fortsetzung der geschäftlichen Besiehungen hervorgeht. So hatte das Berufungsgericht in dem RGZ. Bd. 102 S. 263 entschiedenen Falle daraus, daß die damalige Beklagte ihrer Erfüllungsweigerung hinzugefügt hatte, sobald sie wieder Bedarf habe, werde sie eine neue Offerte von der Klägerin einholen, gefolgert, die Beklagte habe noch eine Aussicht auf Abnahme der Ware eröffnet und ihre Erfüllungsweigerung sei nicht endgültig, und das Reichsgericht hat diese Erwägung als eine tatsächliche nicht beanstandet. Von jenem Falle unterscheidet sich aber die jetzige Sachlage dadurch, daß es sich jetzt nicht schlechthin um Holz von bestimmter Beschaffenheit handelt, sondern tun das auf dem Waldgute des Beklagten befindliche Holz. Dieses Holz vermag der Beklagte der Klägerin nicht mehr zu verschaffen, weil er das ,,Besitzrecht" an seinem Waldgut einem Dritten abgetreten und sich damit der Verfügung über das Holz begeben hat. Dadurch, nun, daß der Beklagte seine Lossagung von dem Angebote mit der Mitteilung von der Abtretung seines Besitzrechts an dem Waldgute verband, brachte er deutlich zum Ausdruck, daß es sich um eine endgültige Entschließung handelte. Hieran ändert sich dadurch nichts, daß er gleichzeitig ein anderes Angebot in Aussicht stellte, ersichtlich deshalb, um so der Klägerin eine Entschädigung für das Nichtzustandekommen des von den Parteien beabsichtigten Geschäfts zu verschaffen. Ein solcher Vorschlag mag dann, wenn es sich um einen reinen Gattungskauf handelt und die Möglichkeit besteht, daß der Verkäufer durch Lieferung vertragsmäßiger Ware seine Verpflichtung noch erfüllen kann, vielleicht die Aussicht eröffnen, er werde trotz seiner Weigerung dies auch tun, wenn in geeigneter Weise auf ihn eingewirkt wird; aber diese Aussicht besteht regelmäßig dann nicht, wenn die Lieferung einer bestimmten Ware dem Verkäufer nicht mehr möglich ist. Das Berufungsgericht meint freilich, der Beklagte habe durch den Verkauf des Holzbestandes noch nicht die Unmöglichkeit der Erfüllung herbeigeführt, weil für die Klägerin die Möglichkeit bestanden habe, durch Annahme des Vertragsantrags und durch die Ausnützung der ihr zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe die Erfüllung der dem Vertragsantrag entsprechenden Verpflichtungen von dem Beklagten zu erlangen, aber diese Erwägung findet in dem feststehenden Sachverhalt keine ausreichende Unterlage. Durch seine unberechtigte Lossagung von dem Kaufangebot und die anderweitige Verfügung über das Holz hat der Beklagte gegen Treu und Glauben gehandelt und sioh der Klägerin wegen des Bruchs seiner Zusage schadensersatzpflichtig gemacht. Von der vorherigen

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Setzung einer Nachfrist gemäß BGB. § 326 ist dieser Anspruch nicht abhängig, da