Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Recht der Schuldverhältnisse, 10 [Reprint 2018 ed.] 9783110588538, 9783110237238

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Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen: Recht der Schuldverhältnisse, 10 [Reprint 2018 ed.]
 9783110588538, 9783110237238

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis
Besonderer Teil. Unerlaubte Handlungen. Teil 1
Besonderer Teil. Unerlaubte Handlungen. Teil 2
Sachregister

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Entscheidungen

des Reichsgerichts in Zivilsachen Sammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet Herausgegeben von Professor Dr. L. Auerbach, Berlin; Präsident des Reichspatentamtes a. D. Dr. Johannes Eylan, München; Rechtsanwältin Charlotte Graf, Berlin; Ministerialdirektor z. Wv. Senatspräsident Dr. Ernst Knoll, Berlin; Rechteanwalt Erich Kummcrow, Berlin; RechtsanwaltHermann Renas, Berlin; Rechtsanwalt Dr. Walter Schmidt, Düsseldorf; Landgerichtedirektor Alexander Swarzenski, Berlin; Rechtsanwalt Dr. Werner Vahldiek, Berlin. Gruppe I Bürgerliches Recht

Recht der Schuldverhältniege Teil 10

Berlin

1952

Walter de Gruyter & Co. vormals G. J . Göschen'eche Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

Recht der Schuldverhältnisse Herausgegeben von

Dr. Ernst Knoll Ministerialdirektor z. Wv, Senateprfteident

Teil 10

Berlin

1952

Walter de Gruyter & Co. vormal· G. J . Göechen'sche Verlagshandlang / J . Guttentag, Verlag»· bachhandlang / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.

Archiv-Nr. 2817 52 S a t i u n d D r u c k : A . W . H a y n ' · E r b e n , B e r l i n SO 3β

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Inhaltsverzeichnis Seite

Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen

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Recht der Schuldverhältnisse Teil 10

Besonderer Teil Unerlaubte Handlungen Sachregister

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Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen aus der alten Sammlung RGZ.

124, 125, 128, 128, 130, 130, 132, 133, 133, 133, 133, 134, 135, 135, 136, 136, 136, 138, 138, 138, 139, 139, 139, 140, 140, 141, 142, 142, 142, 143, 143, 145, 145, 146, 147, 148, 148, 149,

253 411 229 298 89 258 273 1 226 270 388 43 9 242 60 228 247 1 156 165 103 289 393 392 403 262 116 280 348 24 48 107 196 213 275 68 154 114

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149, 149, 151, 151, 151, 152, 152, 152, 152, 152, 152, 153, 154, 155, 155, 156, 156, 157, 157, 157, 158, 158, 159, 160, 160, 162, 162, 162, 163, 163, 163, 164, 165, 165, 166, 166, 168, 169,

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143 321 296 330 345 115 129 208 222 325 397 59 236 92 327 193 372 11 14

156 156 157 157 162 162 166 175 179 179 183 187 188 193 195 200 213 218 221

352 388 21 255 349 65 116 202 21 287 292 65 26 155 61 150 331 376

237 241 247 250 251 253 253 253 254 266 270 274 275 279 284 287 292 296

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169, 394 170, 45 170, 174 170, 321

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301 302 305 308

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171, 1 171, 58 171, 380 172, 244

311 314 314 318

Die Entscheidungen sind grundsätzlich — von unwesentlichen Streichungen abgesehen — ungekürzt gebracht worden. Ausnahmsweise gekürzte Entscheidungen sind mit einem f gekennzeichnet. Soweit eine Entscheidung mehrere Fachgebiete betrifft, ist sie nur in einem Fachgebiet aufgenommen worden. Die anderen Gebiete enthalten nur den Leitsatz der betreffenden Entscheidung mit einem Hinweis, wo der vollständige Abdruck erfolgt ist. Um das Auffinden der Entscheidungen zu erleichtern, wird am SchluB der Sammlung ein Gesamt-Fundstellenregister erscheinen, in dem alle Entscheidungen der amtlichen Sammlung verzeichnet sind. Die in der Sammlung abgedruckten Entscheidungen sind nach der Fundstelle der alten und der neuen Sammlung zitiert; bei den nicht aufgenommenen findet sich ein Hinweis fiber den Grund des Ausscheidens.

Besonderer Teil Unerlaubte Handlungen (Fortsetzung) RGZ. 124, 253 Ueber Zulässigkeit und Voraussetzungen der vorbeugenden Unterlassungsklage, insbesondere zur Verhütung von Anzeigen, die gegen einen Beamten bei seiner vorgesetzten Dienstbehörde erstattet werden. BGB. §§ 823, 824, 826. StGB. §§ 186, 187, 193. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 13. Mai 1929. I. Landgericht Freiburg i. Br.

II. Oberlandesgericht Karlsruhe.

Der Kläger ist Bezirksbaumeister in Em. Zwischen ihm und den Beklagten, die in seinem Amtsbezirk Baugeschäfte betreiben, besteht ein gespanntes Verhältnis. Der Kläger meint, er habe sich durch strenge Handhabung der baupolizeilichen Vonschriften die Feindschaft der Beklagten zugezogen, die ihn mit gehässigen und unbegründeten Angriffen verfolgten, um seine dienstliche Stellung zu untergraben. Dagegen sind die Beklagten der Ansicht, daß der Kläger durch parteiische Handhabung der Bauaufsicht ihnen Schaden zugefügt und sie beruflich in Mißkredit gebracht habe, so daß sie Gefahr Hefen, ihren Ruf als Architekten einzubüßen und so ihre Verdienstund Existenzmöglichkeit zu verlieren. Unter dem 5. September 1925 ließen die Beklagten durch den Rechtsanwalt Sch. beim badischen Ministerium des Innern den Antrag auf Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen den Kläger stellen. In dieser Eingabe werden ungefähr zehn Fälle geschildert, in denen sich der Kläger schikanöser Amtsausübung zuungunsten der Beklagten schuldig gemacht haben soll; u. a. habe der Kläger ohne Genehmigung seiner vorgesetzten Dienstbehörde für die Stadtgemein.de En. Pläne zu einem Neubau angefertigt, der dem Beklagten zu 4 übertragen gewesen sei, und für diese Arbeit einen Betrag von 225 RM. in Rechnung gestellt. Gegen Schluß der sehr eingehend gehaltenen Eingabe findet sich der Satz: Zivils

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,,Bei kritischer Betrachtung drängt sich einem die Vermutung auf, daß M. (der Kläger) aus seinen Machinationen materielle Vorteile sich zusichert." Rechtsanwalt Sch. ergänzte seinen Antrag vom 5. September 1925 durch einen weiteren Schriftsatz vom 10. Dezember 1925. Der Minister des Innern ließ durch das Bezirksamt in Em. die von den Beklagten erhobenen Vorwürfe prüfen und faßte in dem Erlaß vom 26. J a n u a r 1926 das Ermittlungsergebnis dahin zusammen: In den meisten Fällen sei der Beweis für die Angaben der Beklagten nicht erbracht. Es sei a b e r dem Kläger zum Vorwurf zu machen, daß er die zur Fertigung der Pläne für die Gemeinde En. gegen Entgelt notwendige Genehmigung nicht eingeholt habe; über die Erforderlichkeit dieser Genehmigung habe er nicht im Zweifel sein können. Ferner erscheine es angezeigt, daß sich der Kläger bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit in seinen Aeußerungen künftig eine größere Zurückhaltung auferlege. Endlich habe der Kläger eigenmächtig gehandelt, indem er in einem Falle von sich aus die Erlaubnis zum Beginn von Grabarbeiten bei einem Neubau erteilt habe Zur Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gegen den Kläger liege keine Veranlassung vor, dagegen sei es Sache des Bezirksamts, aus Anlaß des Falles En. gegen den Kläger in geeign e t e r Weise vorzugehen. Das Bezirksamt erteilte darauf dem Kläger wegen Nichteinholung der Genehmigung im Falle En. eine ernstliche Verwarnung, wenn er auch in einem gewissen guten Glauben gehandelt haben möge, und eröffnete ihm, daß bei künftigen Zuwiderhandlungen Disziplinarstrafen ausgesprochen werden müßten. Unter dem 5. Mai 1926, ergänzt durch Eingaben vom 7. Juni 1926 und 16. August 1926, erstattete der Beklagte zu 1 gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Verletzung der Eidespflicht. Der Staatsanwalt stellte jedoch das Verfahren am 15. Oktober 1926 ein, da das in Frage kommende Gutachten des Klägers keine objektiven Unrichtigkeiten enthalte. Am 9. O k t o b e r 1926 wurden die vier Beklagten erneut beim Ministerium des Innern vorstellig und brachten eine Reihe weiterer Fälle zur Sprache, in denen sich ihrer Meinung nach der Kläger Dienstpflichtverletzungen zuungunsten der Beklagten habe zuschulden kommen lassen. In dieser Eingabe heißt es: Auf unsere früheren Beschwerden . . . ist in Verfolg des Disziplinarverfahrens nichts geschehen, da M. (der Kläger) sein Unwesen weiter treibt, sehr zu unserem Nachteil. M. glaubt offenbar, sich auf seine Protektion bei dem Herrn Referenten stützen zu können . . . Wir sind zur Erhaltung unserer Existenz gezwungen, wiederholt bei hohem Ministerium . . . vorstellig zu

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werden. . . . Die parteiische Einstellung des M. und einseitige Bevorzugung eines gewissen skrupellosen Architekten G. hier zwingt uns die Vermutung auf, daß M. durch seine Machenschaften sich materielle Vorteile sichert, die er zu seiner kostspieligen Lebensweise wohl nötig hat. . . . M. versteht es, unter der Flagge „Bauberatung", die er je nach Umständen Bauherrn aufzwingt, ihm mißliebigen Architekten, d. h. uns, fest übertragene Aufträge durch Beeinflussung der Bauherren zu entziehen und anderen zuzuweisen. Dies beweist der Fall . . . der Gemeinde F. betr. Rathausneubau . . . Von der geringen Moral des Herrn M. gibt nachfolgender Fall einen schlagenden Beweis . . . (M.) hat in seinem schriftlich zu erstattenden Gutachten unter Eid wissentlich falsche . . . Angaben gemacht, die den Stempel der Parteilichkeit an der Stirne trugen, und dies alles nur, um (den Beklagten zu 1) moralisch und materiell zu schädigen und damit seiner Clique dienlich zu sein, zu deren willenlosem Werkzeug er sich erniedrigt. . . ." Am Schluß dieser Eingabe wird behufs ungestörter Berufsausübung durch die Beklagten die Abberufung des Klägers erbeten. Die gleiche Bitte wurde in Schriftsätzen vom 25. November 1926 beim Bezirksamt Em. unter Mitteilung weiterer angeblicher Verfehlungen des Klägers und vom 5. J a n u a r 1927 beim Ministerium wiederholt. Im Auftrag des Ministers untersuchte das Bezirksamt die Angaben der Beklagten in ihrer Eingabe vom 9. Oktober 1926 und erstattete unter dem 13. Dezember 1926 über das Ermittlungsergebnis Bericht. In diesem heißt es: ,,. . . Unseres Erachtens ist es im öffentlichen und staatlichen Interesse unerträglich, daß einige Privatpersonen aus persönlichen und beruflichen Interessen, weil ihnen die Diensttätigkeit eines Beamten und seine Person nicht passen, nun einen derartigen Feldzug der Verdächtigung und Verleumdung bei dem Herrn Minister erheben und fortsetzen, so daß darunter notwendig die Dienstfreudigkeit des Beamten und damit seine Diensttätigkeit selbst leiden muß . . . ist es die unverhohlen ausgesprochene Absicht der Beschwerdeführer, den ihnen unliebsamen Bezirksbaumeieter durch ihre Verdächtigungen bei dem Herrn Minister von seinem Amt im Bezirke wegzubringen . . ." Der Minister gab auf diesen Bericht dem Bezirksamt auf, Strafantrag gegen die vier Beklagten wegen der in der Eingabe vom 9. Oktober 1926 enthaltenen Beleidigungen des Klägers zu stellen, und behielt sich die Bescheidung der Beklagten auf ihre Beschwerdeschrift bis nach Beendigung des Strafverfahrens vor. Das Bezirksamt stellte darauf bei der Staatsanwaltschaft rechtzeitig Antrag auf strafrechtliche Verfolgung der Beklagten; der Staatsanwalt ließ je-

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doch auf ihre Anregung das Verfahren bis zur Erledigung des gegenwärtigen Rechtsstreits ruhen. Im Dezember 1926 hat der Kläger Klage erhoben, deren Antrag (unter Einschaltung der einschränkenden Worte „auf Grund seiner bisherigen Amtsführung" in die ursprüngliche Fassung) schließlich dahin gegangen ist: Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, bei Vermeidung einer Geld- oder Haftstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, über den Kläger auf Grund seiner bisherigen Amtsführung die Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten, insbesondere auch in Eingaben an Behörden, daß der Kläger als Bezirksbaumeister sein Amt in einer Weise führe, welche die Vermutung begründe, daß er sich Verletzungen seiner Amtspflichten zur Sicherung amterieller Vorteile zuschulden kommen lasse. Die Beklagten bestritten in erster Linie, daß für den Kläger neben dem strafrechtlichen Rechtsschutz noch ein bürgerlich-rechtliches Rechtsschutz bedürfnis im Wege der Unterlassungsklage bestehe. Ferner machten sie geltend, daß sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt hätten. Endlich traten sie den Wahrheitsbeweis für die in ihren Eingaben gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe an. Das Landgericht hat die Klage mangels bürgerlichrechtlichen Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen. Im Laufe der Berufungsinstanz ließen die Beklagten vortragen: Der unerhörte Vorfall betreffend den Rathausneubau in F. sei nur so zu erklären, daß der Kläger gedacht habe, er selbst bekomme vom Ministerium doch nicht die Genehmigung zur privaten Bauausführung; er habe daher unter Mißbrauch seiner amtlichen Stellung einen anderen Architekten vorgeschoben, mit dem er entsprechende Abmachungen wegen seiner Entschädigung getroffen gehabt habe. Der Kläger sitze viel im Wirtshaus; er habe sich von G. Getränke bezahlen lassen; er besitze als einziger seiner Amtsgenossen ein Auto; zu einer derart kostspieligen Lebensweise reiche das Gehalt des Klägers unmöglich aus; nach alledem habe die Beurteilung der Beklagten nicht anders ausfallen können. Ferner richtete der Beklagte zu 1 während des Berufungsverfahrens unter dem 18. Januar 1928 eine Eingabe an das Bezirksamt in Em., in welcher dem Kläger unter Darstellung mehrerer Fälle parteiische Amtsführung vorgeworfen wird. Der gleiche Vorwurf wurde von den vier Beklagten in einer Eingabe vom 23. Januar 1928 an das Ministerium des Innern wiederholt, ebenfalls unter Mitteilung von weiteren Fällen. Das Oberlandesgericht hat nach dem Schlußantrag der Klage erkannt. Die Revision der Beklagten führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Unerlaubte Handlungen

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Gründe: Es handelt sich im vorliegenden Falle um eine auf entsprechende Anwendung der §§ 12, 862, 1004 BGB. gestützte vorbeugende Unterlassungisklage und nicht, wie die Revision meint, um eine vor dem Zivilrichter geführte Strafklage wegen Beleidigung im Sinne des § 193 StGB. Demgemäß erübrigt sich ein Eingehen auf alle die Angriffe, welche die Revision im Zusammenhang mit ihrer verfehlten Grundauffassung vom Wesen dieser Klage erheben zu können glaubt. (Wird näher ausgeführt.) Das Oberlandesgericht untersucht zunächst die Zulässigkeit der Klage und gelangt im Gegensatz zu der Auffassung des Landgerichts zur Bejahung dieser Frage, da vom Kläger ein objektiv rechtswidriger Eingriff in das vom Gesetz geschützte Rechtsgut der Ehre {§ 823 Abs. 2 BGB., § 186 StGB.) behauptet werde und eine ernstliche Gefahr der Wiederholung der Angriffe der Beklagten auf die Ehre des Klägers gegeben sei. Bezüglich des letzteren Erfordernisses haben der frühere VI. Zivilsenat des Reichsgerichts, aber auch andere Zivilsenate dieses Gerichtshofs bisher in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß die einem dringenden Rechtschutzbedürfnis dienende Unterlassungsklage nur zuzulassen sei, wenn im Einzelfall der bürgerlichrechtliche Schadensersatzanspruch sowohl wie die Strafverfolgung des Täters im Wege der öffentlichen Klage oder der Privatklage wegen Verletzung etwa eingreifender straigesetzlicher Normen nicht ausreichen würden, um den Verletzten für die Zukunft gegen Beeinträchtigungen gleicher Art zu schützen; nur ausnahmsweise, ζ. B. wenn die Strafantragsfrist abgelaufen sei oder der Täter sich im Ausland aufhalte oder ungewöhnlich hartnäckige Wiederholungen der Angriffe dargetan seien, könne in jenen Fällen die Klage auf Unterlassung gewährt werden (RGZ. Bd. 71 S. 85, Bd. 77 S. 217, Bd. 78 S. 210 und S. 256, Bd. 82 S. 59, Bd. 88 S. 129, Bd. 91 S. 265 und S. 350, Bd. 95 S. 268 und S. 339, Bd. 98 S. 36, Bd. 101 S. 335; .JW. 1911 S. 586 Nr. 31, 1912 S. 290 Nr. 11 und S. 587 Nr. 7, 1913 S. 34 Nr. 23, 1915 S. 29 Nr. 13, 1919 S. 993 Nr. 3, 1925 S. 1393 Nr. 23; WarnRspr. 1914 Nr. 17, 1915 Nr. 20, 1918 Nr. 95; Gruchot Bd. 57 S. 966; JRsch. 1925 Nr. 573; SeuffArch. Bd. 69 Nr. 105). Nachdem der I. Zivilsenat die in der bisherigen Rechtsprechung gemachte Einschränkung der Zulässigkeit der Unterlassungsklage bei möglicher Strafverfolgung des Täters in RGZ. Bd. 115 S. 84 in Zweifel gezogen hatte, hat der II. Zivilsenat in RGZ. Bd. 116 S. 151 auch für die außerhalb des gewerblichen Rechtsschutzes (RGZ. Bd. 96 S. 245, Bd. 98 S. 269, Bd. 109 S. 276) liegenden Rechtsgebiete den Satz ausgesprochen, daß die Unterlassungsklage, sofern nur Wiederholungisgefahr gegeben sei, auch dann ohne weiteres zulässig erscheine, wenn die zu untersagende Handlung unter öffentliche Strafe gestellt sei. Ober dieser auch im RGRKomm. 6. Aufl. Vorbem. 6 III c vor § 823

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v e r t r e t e n e n Auffassung b e i z u t r e t e n sein m ö c h t e (vgl. a b e r P l a n c k F l a d 4. Aufl. B d . II 2 S. 1 7 5 0 ' 2 u n t e r 2 c ) , k a n n im v o r l i e g e n d e n F a l l e e b e n s o dahingestellt bleiben w i e in dem v o m IV. Z i v i l s e n a t ents c h i e d e n e n F a l l e in J W . 1927 S . 2 4 2 2 Nr. 12. Denn auch v o n dem g r u n d s ä t z l i c h e n S t a n d p u n k t des II. Z i v i l s e n a t s aus würde die K l a g e d e r A b w e i s u n g unterliegen. Z u t r e f f e n d h e b t das B e r u f u n g s g e r i c h t h e r v o r , daß im H i n b l i c k auf d a s K l a g b e g e h r e n v o n den z a h l r e i c h e n in den E i n g a b e n d e r B e k l a g t e n gegen die Amtsführung des K l ä g e r s e r h o b e n e n V o r w ü r f e n unm i t t e l b a r nur diejenigen in B e t r a c h t k o m m e n , die zu der B e h a u p t u n g in B e z i e h u n g stehen, der K l ä g e r h a b e s e i n e A m t s p f l i c h t e n aus E g e n n u t z v e r l e t z t , daß dagegen der übrige Inhalt jener E i n g a b e n nur m i t t e l b a r — bei Würdigung des G e s a m t v e r h a l t e n s d e r B e k l a g t e n — v o n B e d e u t u n g sei. D a s a n g e f o c h t e n e U r t e i l führt isodann aus, daß h i e r n a c h nur die F ä l l e E n . und F . der n ä h e r e n U n t e r s u c h u n g bedürft e n s o w i e die V o r w ü r f e , der K l ä g e r l e b e ü b e r s e i n e dem D i e n s t e i n k o m m e n e n t s p r e c h e n d e n V e r h ä l t n i s s e und e r h a b e sich v o n G . G e t r ä n k e b e z a h l e n lassen. Im F a l l e E n . nun h a b e sich der K l ä g e r , wie im e i n z e l n e n dargelegt wird, lediglich e i n e r O r d n u n g s w i d r i g k e i t schuldig g e m a c h t , die noch dadurch gemildert e r s c h e i n e , daß e r mit dem M i n i s t e r i a l r a t S t . über d i e s e von ihm b e a b s i c h t i g t e N e b e n beschäftigung Rücksprache genommen habe; von einer Verletzung d e r A m t s p f l i c h t aus E i g e n n u t z k ö n n e k e i n e R e d e sein. N a c h d e m — e i n g e h e n d gewürdigten — B e w e i s e r g e b n i s im F a l l e F . f e r n e r h a n d l e es isich nur um h a l t l o s e V e r m u t u n g e n der B e k l a g t e n ; ihre B e h a u p t u n g , d e r K l ä g e r h a b e hier aus E i g e n n u t z pflichtwidrig g e h a n d e l t , sei w i d e r legt. Nach den angestellten E r m i t t l u n g e n lebe der K l ä g e r s e h r einfach und s p a r s a m ; daß e r sich von G . h a b e G e t r ä n k e b e z a h l e n l a s s e n , sei n i c h t b e w i e s e n und nicht e r w e i s l i c h . D e m n a c h und da die B e k l a g t e n ;sich des e h r e n k r ä n k e n d e n C h a r a k t e r s i h r e r B e h a u p t u n g e n z w e i f e l l o s b e w u ß t g e w e s e n seien, sei der T a t b e s t a n d des § 1 8 6 S t G B , erfüllt und f o l g e w e i s e die A n w e n d u n g des § 8 2 3 A b s . 2 B G B . g e r e c h t f e r t i g t ; dagegen k o m m e § 8 2 4 B G B . aus den in R G Z . B d . 1 1 5 S . 7 9 e r ö r t e r t e n G r ü n d e n nicht in B e t r a c h t und e b e n s o w e n i g b e g r ü n d e t e n die U m s t ä n d e des F a l l e s die A n w e n d b a r k e i t des § 8 2 6 B G B . D i e W i d e r r e c h t l i c h k e i t der Handlungsweise d e r B e k l a g t e n w ü r d e allerdings dann e n t f a l l e n , wenn die V o r a u s s e t z u n g e n des § 193 S t G B , v o r l ä g e n . D a s sei a b e r nicht d e r F a l l . W o h l sei den B e k l a g t e n als A r c h i t e k t e n ein b e r e c h t i g t e s I n t e r e s s e d a r a n zuzubilligen, d a ß A m t s p f l i c h t v e r l e t z u n g e n des B e z i r k s b a u m e i i s t e r s f e s t g e s t e l l t , g e a h n d e t und für d i e Zukunft v e r h ü t e t würden. A b e r die b e g l e i t e n d e n ( n ä h e r darg e l e g t e n ) U m s t ä n d e sowohl wie die F o r m der A e u ß e r u n g e n d e r B e k l a g t e n e r g ä b e n , daß es den l e t z t e r e n darum zu tun g e w e s e n sei, den K l ä g e r in s e i n e r E h r e anzugreifen. D i e dem K l ä g e r zur L a s t g e l e g t e n s o n s t i g e n dienstlichen V e r f e h l u n g e n seien nicht e r w i e s e n , die B e h a u p -

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tungen der Beklagten seien vielmehr zumeist widerlegt. Der Senat teile die Ueberzeugung des Bezirksamts, daß die Beklagten aus persönlichen Beweggründen einen Feldzug der Verdächtigung und Verleumdung gegen den Kläger führten mit dem offen ausgesprochenen Ziele, den ihnen unliebsamen Beamten aus dem Bezirk zu entfernen. Hieraus und aus dem Umstand, daß die Beklagten ihre ehrenrührigen Behauptungen im Prozeß noch erweitert hätten und fortgesetzt weitere Eingaben ähnlichen Inhalts gegen den Kläger an die Behörden richteten, ergebe sich endlich auch die ernstliche Wiederholungsgefahr. In diesen Ausführungen hat der Berufungsrichter zunächst, und zwar zuungunsten des Klägers, insofern rechtlich geirrt, als er -die Frage, ob die Beklagten zur Wahrnehmung berechtigter Interessen oder richtiger zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten (§ 193 StGB.) gehandelt haben, als wesentlich erachtet für die Entscheidung über den Unterlassungsanspruch. Hätte der Kläger einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht, so käme es allerdings auf die Anwendbarkeit des § 193 StGB, an; denn der Schutz des § 193 nähme den Aeußerungen den Charakter der Widerrechtlichkeit (vgl. auch § 824 Abs. 2 BGB.). Für den Unterlassungsanspruch dagegen genügt die Feststellung, daß die behaupteten Tatsachen unrichtig sind; denn an der weiteren Verbreitung unrichtiger Behauptungen kann niemand ein berechtigtes Interesse haben. Demgemäß kann die Revieionsrüge auf sich beruhen, der Berufungsrichter habe die Absicht der Beleidigung zu Unrecht aus den begleitenden Umständen und der Form der Aeußerungen entnommen. Immerhin mag aber bemerkt werden, daß diese Rüge insoweit, als die Eingabe vom 9. Oktober 1926 in Betracht kommt, zweifellos unbegründet ist. Das Oberlandesgericht hat ferner zu Unrecht den Klagantrag nur im ganzen gewürdigt, ohne das Begehren des Klägers in seine einzelnen Teile zu zerlegen. Der Kläger hat im allgemeinen Verurteilung der Beklagten zu der im Klagantrag näher bezeichneten Unterlassung verlangt und aus diesem allgemeinen Begehren die Fälle der Eingaben an Behörden herausgehoben. Beide Anträge sind von völlig verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten aus zu beurteilen. Was das allgemeine Unterlassungsbegehren anlangt, so müßte auch vom Standpunkt des Urteils RGZ. Bd. 116 S. 151 aus zum mindesten die Wahrscheinlichkeit dargetan werden, daß die Beklagten — von Eingaben an die Behörden abgesehen — ihre Behauptungen über die Amtspflichtverletzungen des Klägers wiederholen würden. Der Kläger hat aber auch nicht einen Fall behauptet, in welchem die Beklagten die den Gegenstand der Klage bildenden Behauptungen oder auch nur ihre sonstigen Angaben über Amtspflichtverletzungen des Klägers anders als in Eingaben an seine vorgesetzten Dienst-

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behörden aufgestellt hätten. Im Gegenteil, auch in der Klagschrift ist nur von Eingaben an die Behörden die Rede, wobei noch besonders betont wird, diese Eingaben würden jeweils an das Ministerium gerichtet, um unter dem Schutze des § 193 S t G B , die dolosen Angriffe straflos erheben zu können. Hiernach kommt insoweit eine Wiederholungsgefahr wegen der noch gar nicht begonnenen oder in Aussicht genommenen Angriffe der Beklagten nicht in Frage. F ü r das allgemeine Unterlassungsbegehren des Klägers fehlt es sonach bisher an einem Rechtsschutzbedürfnis. S o w e i t Eingaben an Behörden in B e t r a c h t kommen, soll den B e klagten aufgegeben werden und ist ihnen durch d a s angefochtene Urteil auch aufgegeben worden, sie hätten zu unterlassen, Behauptungen des fraglichen Inhalts auf Grund der bisherigen Amtsführung des Klägers aufzustellen, und zwar schlechthin. Gesetzt also den Fall, die Beklagten erhielten nunmehr aus d e r bisherigen amtlichen T ä t i g k e i t des Klägers wenn auch noch so glaubhafte Kenntnis von neuen Vorgängen, welche AmtspfHchtverletzungen des Klägers der in R e d e stehenden Art darstellen würden, oder es würden ihnen neue Beweismittel für die bereits zur Sprache gebrachten angeblichen V e r fehlungen des Klägers bekannt, so dürften sie hiervon den dienstlichen Vorgesetzten des Klägers deshalb keine Mitteilung zukommen lassen, weil ein gerichtliches Urteil ihnen dies bei Vermeidung von Geldoder Freiheitsstrafen untersagt hätte. Eine solche Folge aber ist im Hinblick auf die staatsbügerlichen R e c h t e der Beklagten ebensosehr abzulehnen wie im allgemeinen staatlichen Interesse. Danach bedürfte der Klagantrag jedenfalls der Einschränkung auf solche Fälle, in denen die Beklagten lediglich ihre alten Beschuldigungen gegen den Kläger ohne Angabe neuer Beweismittel wiederholen würden. E s mag dahinstehen, ob der Kläger an einem in dieser W e i s e eingeschränkten Urteil noch ein Interesse haben könnte, obwohl ihm bei der anzunehmenden sachgemäßen Behandlung derartiger wiederholter Anträge durch die Behörden ein Nachteil aus solchen Eingaben schwerlich erwachsen könnte. Ueberdies ist bisher nichts hervorgetreten, was die Annahme rechtfertigen könnte, daß die Beklagten lediglich alte Beschuldigungen mit alten Beweismitteln den Behörden unterbreiten würden. Danach fehlt es auch insoweit an der Wiederholungsgefahr. A b e r auch noch ein zweiter rechtlicher Gesichtspunkt steht d e m Klagbegehren entgegen, soweit es sich um Eingaben an zuständige Behörden handelt. In der reichsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, daß die Anrufung der G e r i c h t e mittels einer Strafanzeige, die in Ausübung eines staatsbürgerlichen R e c h t s erstattet zu werden pflegt, zum mindesten demjenigen, der durch eine strafbare Handlung verletzt zu sein glaubt, im W e g e der bürgerlichrechtlichen Unter-

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lassungsklage entweder überhaupt nicht oder doch nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verwehrt werden kann (RGZ. Bd. 78 S. 215, Bd. 88 S. 131; SeuffArch. Bd. 69 S. 198; J W . 1912 S. 290 und S. 587; Urteil vom 1. Mai 1911 VI 180/10). Der gleiche Grundsatz muß für den rechtsähnlich liegenden Fall in Anwendung kommen, in dem der Verletzte über einen Beamten, insbesondere aus Anlaß seiner dienstlichen Tätigkeit, bei dessen vorgesetzter Dienstbehörde, also bei der zuständigen Stelle, Beschwerde führt (an eine unzuständige Behörde haben die Beklagten keine Beschwerden über den Kläger gerichtet). Auch hierbei handelt es sich um -die Ausübung eines staatsbügerüchen Rechts. Ob und unter welchen Voraussetzungen der Beamte einem Mißbrauch dieses Rechts im Wege der Unterlassungsklage entgegentreten könnte, bedarf im vorliegenden Falle (der übrigens, soweit sich hat ermitteln lassen, als erster dieser Art der Entscheidung des Reichsgerichts unterbreitet worden ist) keiner grundsätzlichen Stellungnahme. Denn zum mindesten müßte dann die Sache so liegen, daß die Beschwerde gegen den Beamten entweder aus Schikane (§ 226 BGB.) oder wider besseres Wissen erhoben wird. Ein derartiger Tatbestand ist hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts offensichtlich nicht gegeben. Denn wenn auch das angefochtene Urteil an einer Stelle etwas unvermittelt in Anlehnung an den Bericht des Bezirksamts vom 13. Dezember 1926 von einem „Feldzuge der Verdächtigung und Verleumdung" spricht, so erkennt doch der Berufungsrichter im Gegensatz hierzu an anderer Stelle an, daß die Umstände des Falles die Anwendbarkeit des § 826 B G B . nicht begründen. Weiter ist aber nur festgestellt, daß die Beklagten gegen § 186 StGB. — nicht gegen § 187 das. — verstoßen haben, und der Berufungsrichter hat eingehend erörtert, ob den Beklagten der Schutz des § 193 StGB, zur Seite stehe, eine Untersuchung, die sich, zum mindesten der Regel nach, erübrigt hätte, wenn der Tatbestand der verleumderischen Beleidigung für erwiesen erachtet worden wäre. Hiernach muß angenommen werden, daß sich der Satz von dem Feldzuge der Verleumdung nicht auf die den Gegenstand der Klage bildenden Ehrverletzungen, sondern nur im allgemeinen auf das von den Beklagten beobachtete Verfahren und ihre damit verfolgten Ziele beziehen kann und soll. Ferner wird auch nur festgestellt, daß die Behauptungen der Beklagten, wie auch der Ministerialerlaß vom 26. Januar 1926 ergibt, nur „zumeist" widerlegt seien. Vor allem aber ist dem Kläger wegen des Falles En. eine ernstliche Verwarnung erteilt worden. Wenn auch der milden Beurteilung dieses Falles durch das Oberlandesgericht keineswegs entgegengetreten werden soll und kann, so läßt sich doch die Tatsache nicht ams der Welt schaffen, daß dem Kläger hier eine Amtspflichtverletzung zur Last fällt, die mit der Erlangung eines Vermögensvor-

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teils im Zusammenhang steht. Bei solcher Sachlage entfällt hier schon die objektive Unbegründetheit der Beschwerde der Beklagten. Es bedarf endlich keiner Prüfung der Frage, ob gerade die den Gegenstand der Klage bildenden Behauptungen der Beklagten in ehrverletzenden Form den dienstlichen Vorgesetzten des Klägers unterbreitet worden sind und ob deswegen dem Kläger das Recht zustände, gegen eine Wiederholung dieser Angriffe in so ungehöriger Form im Wege der Unterlassungsklage vorzugehen. Denn abgesehen davon, daß die Klagbegründung und insbesondere der Klagantrag keinen zweifelfreien Anhalt für die Annahme gewähren, es sei dem Kläger darum zu tun, den Beklagten die Wiederholung ihrer Angriffe in der gewählten Form verbieten zu lassen, hat der Kläger jedenfalls nichts dafür vorgetragen, daß gerade die den Gegenstand der Klage bildenden Angriffe der Beklagten ihrer Form nach eine besondere Beschwerung für den Kläger bildeten. Ob eine solche, auf ungehörige Form von Beschwerden gegründete Klage zulässig gewesen wäre, kann daher auf sich beruhen, und es bedarf auch weiter keiner Erörterung der Schwierigkeiten, die der Fassung der Urteilsformel in solchen Fällen und der Zwangsvollstreckung aus solchen Urteilen entgegenstehen würden. Im allgemeinen wird es auch bei formalen Beleidigungen für einen Beamten der gegebene Weg sein, den Schutz seiner vorgesetzten Dienstbehörde in Anspruch zu nehmen, sofern er auf eine Verfolgung derartiger Anwürfe Wert legt. Die Behörde ist in der Lage, durch Stellung des Strafantrags nach § 196 StGB, dem Beamten Genugtuung zu verschaffen und ihn damit zugleich der Regel nach vor Wiederholung der Beleidigungen wirksam zu schützen. RGZ. 125, 411 Steht das Bestehen eines Kontokorrents zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Bank der Durchführung eines Schadensersatzanspruchs der ersteren aus einer unerlaubten Handlung entgegen, die von den Vertretern der Aktiengesellschaft und der Bank gemeinsam begangen ist? HGB. §§ 312, 355. BGB. §§ 826, 393. VI. Ζ i ν i 1 s e η a t.

Urt. v. 3. Oktober 1929.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht,

HGB.".

RGZ. 128, 229 Kann auf dem Gebiet der unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. die Haftung für Fahrlässigkeit durch stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen werden? BGB. §§ 31, 276 Abs. 2, §§ 823, 846.

Unerlaubte

VI. Z i v i l s e n a t . I. L a n d g e r i c h t M a n n h e i m

Handlungen

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Urt. v. 14. April 1930. II. O b e r l a n d e s g e r i c h t

Karlsruhe.

Die E r s t b e k l a g t e , eine Webwarenhandlung, b e s a ß im S o m m e r 1927 einen P e r s o n e n k r a f t w a g e n , der nach V o r n a h m e einer allgem e i n e n Ausbesserung am Nachmittag des 2. J u l i 1927 auf einer F a h r t in die Rheinpfalz ausprobiert werden sollte. Ihre G e s e l l s c h a f t e r und Geschäftsführer w a r e n damals außer einem Dritten der e t w a 46 J a h r e a l t e Z w e i t b e k l a g t e und der e t w a 31 J a h r e alte Th. L e t z t e r e r h a t t e einen F ü h r e r s c h e i n für Kraftwagen und ihm unterstand der P e r s o n e n k r a f t w a g e n der E r s t b e k l a g t e n ; der Zweitbeklagte war des F a h rens unkundig. D i e P r o b e f a h r t wurde auf Sonnabend angesetzt, v/eil sich an sie ein u n t e r h a l t e n d e r Teil in pfälzischen W e i n o r t e n ans c h l i e ß e n sollte. D e s h a l b lud der Zweitbeklagte seinen e t w a 16 J a h r e alten Neffen B . ein, der in B e r l i n wohnte, bei ihm zu B e s u c h w a r und am Morgen des 3. J u l i dorthin zurückreisen wollte. F e r n e r w a r ein S o h n des Klägers, der e t w a 27 J a h r e alte Willy S., ein F r e u n d des Th., von letzterem und vielleicht auch vom Z w e i t b e k l a g t e n zur T e i l nahme an der F a h r t eingeladen worden. S. hatte schon früher zwei F a h r t e n mitgemacht und gebeten, gelegentlich wieder zu einer F a h r t eingeladen zu werden. Die v i e r Teilnehmer fuhren e t w a 4 1 /a U h r a b und erreichten e t w a eine Stunde später die Ortschaft F o r s t , wo sie in der W i r t s c h a f t zum A . einkehrten. Dort wurden unter anderem zwei F l a s c h e n W e i n und 13 halbe Liter offener W e i n g e t r u n k e n und e s wurde zu A b e n d gegessen. G e g e n 11 Uhr brachen die vier Teilnehmer auf und hielten unterwegs im R ö m e r k e l l e r in Dürkheim an. D e r Zweitbeklagte, der eingeschlafen war, und B., der mit R ü c k s i c h t auf s e i n e beabsichtigte R ü c k r e i s e nach Berlin frühzeitig heimkommen wollte, b l i e b e n im W a g e n , dagegen gingen Th. und S. in die W i r t s c h a f t und t r a n k e n dort W e i n mit W a s s e r . E r s t gegen 1 Uhr, nachdem B . w i e d e r holt zum Aufbruch gedrängt, den Zweitbeklagten g e w e c k t und sein Eingreifen b e w i r k t h a t t e , fuhren die vier Teilnehmer von Dürkheim ab. Dabei saß Th. am S t e u e r , neben ihm B. und hinter ahnen die beiden anderen. D e r W a g e n fuhr mit ziemlicher G e s c h w i n d i g k e i t durch die gewundenen Gassen von Dürkheim am K u r g a r t e n und am Bahnhof v o r ü b e r in die sanft abfallende Mannheimer S t r a ß e . D i e s e hat anfänglich auf der Südseite einen erhöhten F u ß w e g , der dann durch P r e l l s t e i n e zum Schutz gegen einen neben der S t r a ß e herlaufenden G r a b e n e r s e t z t wird. Hier sah Th. einige P f e r d e f u h r w e r k e entgegenkommen, b l e n d e t e daher die Scheinwerfer a b und steuerte so s t a r k nach rechts, daß der Kraftwagen an die P r e l l s t e i n e stieß und sich überschlug. Hierdurch wurden Th. und S. sofort g e t ö t e t und der Zweitbeklagte s c h w e r , B . nur leicht verletzt. Der K l ä g e r m a c h t die beiden Beklagten für den S c h a d e n verantwortlich, der ihm nach seiner Behauptung durch den T o d seines

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Sohnes erwachsen ist. Er hat daher Klage auf gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindungssumme von 10 000 RM. nebst Zinsen erhoben. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Dagegen wies das Oberlandesgericht die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Gründe: Dem Berufungsgericht ist im Ergebnis und im wesentlichen auch in der Begründung beizutreten. S. war zu einer unentgeltlichen Gefälligkeitsfahrt eingeladen worden. Demnach kommt eine Haftung der Beklagten auf vertraglicher Grundlage, etwa auf der eines Beförderungsvertrags, nicht in Frage. Auch auf Grund der Vorschriften des Kraftfahrzeuggesetzes kann der Kläger keine Ansprüche erheben; denn sein Sohn war Insasse des Kraftwagens (§ 8 Nr. 1 KFG.). Mithin bleibt als Klagegrund nur der § 823 BGB. Das Berufungsgericht erachtet den auf diese Vorschrift gestützten Klaganspruch beiden Beklagten gegenüber schon deshalb für unbegründet, weil aus den besonderen Umständen des Falles die stillschweigende Vereinbarung der Beteiligten zu entnehmen >sei, daß S. auf alle Ersatzansprüche für solche Schäden verzichtet habe, welche ihm etwa während der Fahrt infolge der Fahrlässigkeit eines Beteiligten erwachsen würden. Die Revision ist dagegen der Meinung, daß die Umstände eine solche Annahme nicht rechtfertigen. Die Rechtslage ist folgende. Daß die Gefährdungshaftung, die hier jedoch nicht in Betracht kommt (§ 8 Nr. 1 KFG.), der Ausschluß auch stillschweigend im voraus vereinbart werden kann, ist anerkannten Rechtens (RGZ. Bd. 65 S.313, Bd. 67 S. 431). Aber es ist im Hinblick auf die allgemeine Vorschrift des § 276 Abs. 2 B G B . und den Grundsatz, daß Verträge auch durch schlüssige Handlungen geschlossen werden können, kein Grund ersichtlich, der das Zustandekommen einer stillschweigenden Vereinbarung dahin unmöglich erscheinen ließe, daß dem Schuldner auch die Haftung auf Ersatz für solche Schäden im voraus erlassen werde, die durch Fahrlässigkeit des Schuldners verursacht würden (RGZ. Bd. 65 S. 17; J W . 1911 S. 28 Nr. 5, 1915 S. 275 Nr. 3; RGUrteile vom 16. November 1912 VI 212/12 und vom 15. April 1926 IV 647/25; RGRKomm. 6. Aufl. Erl. 4 b vor § 823; S ο e r g e 1 BGB. 4. Aufl. Erl. 4 vor § 823 nebst Nachweisungen). Handelt es sich bei der vom Schuldner übernommenen Leistung um eine Gefälligkeit, so wird der Gesichtspunkt der Unentgeltlichkeit als ein für den Ausschluß der Haftung auch für Fahrlässigkeitsschäden sprechender Umstand zwar keineswegs, wie besonders betont werden mag, der Regel nach, wohl aber beim Hinzutreten weiterer Umstände gewertet werden können. Handelt es sich dagegen um einen entgeltlichen Vertrag, so werden an die Annahme e : nes still-

Unerlaubte Handlungen

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schweigenden Haftungsausschlusses auch für Fahrlässigkeitsschäden strenge Anforderungen zu stellen sein. Die Würdigung der Umstände im Einzelfall ist S a c h e des Tatrichters. Prüft man auf dieser rechtlichen Grundlage den vorliegenden Fall, so ergibt sich folgendes. Wie schon in zwei früheren Fällen war S . zu der Fahrt vom 2. J u l i 1927 seiner Bitte entsprechend eingeladen worden. Er zahlte für die Fahrt kein Entgelt; er verdankte die Einladung dem mit ihm befreundeten Th. Er wußte oder nahm zum mindesten vor der A b r e i s e wahr, daß Th. den Wagen steuerte. E s war ihm bekannt, daß die Fahrt, nachdem auf ihrem ersten Teil zunächst der Wagen ausprobiert sein würde, nach pfälzischen Weinorten führen und daß dann erst der Hauptteil der Reise, der „gemütliche Teil", beginnen sollte, zu dem allein man im Grunde die Mitfahrenden eingeladen hatte, wie daiS angefochtene Urteil sagt. S. sah, daß in F o r s t nicht unerhebliche Mengen Wein von den Fahrtteilnehmern genossen wurden und daß Th., der den Wagen zur Nachtzeit nach Mannheim in einer etwa eine Stunde dauernden Fahrt steuern sollte, sich an dem Weintrinken beteiligte. Dabei wußte S. oder mußte es wissen, daß der Genuß von Alkohol selbst in kleinen Mengen wegen der damit verbundenen Nervenerschlaffung für einen Kraftfahrzeugführer, der noch eine Fahrt vor sich hat, schlechthin unzulässig ist und erfahrungsgemäß die größten Gefahren für die Wageninsassen wie für dritte Personen herbeiführen kann. Aber mit den Weinmengen, die sie in Forst zu sich genommen hatten, waren Th. und S. noch nicht zufrieden. Sie stiegen in Dürkheim aus und setzten in einer dortigen Wirtschaft das G e l a g e fort. G e r a d e auf den angetrunkenen Zustand, worin sich Th. befunden habe, führt der Kläger das jenem bei der Steuerung des Wagens zur L a s t fallende Versehen zurück, das zum Umschlagen des Wagens und dadurch zum T o d des S. geführt hat. Wenn der Vorderrichter bei solcher Sachlage zur Annahme eines stillschweigenden Verzichtsvertrages wegen aller dem S. etwa erwachsenden Fahrlässigkeitsschäden gelangt ist, so kann dem aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. An diese Vereinbarung ist aber auch der K l ä g e r nach dem dem § 846 B B G . zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedanken (RGZ. Bd. 65 S. 315, Bd. 69 S. 187) gebunden. Demnach kann es auf sich beruhen, ob das Oberlandesgericht nicht auch noch aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zur Versagung jedes Schadenersatzes hätte gelangen können, auf Grund der Erwägung nämlich, daß S. bewußt die Gefahr auf sich genommen habe, die mit der Rückfahrt verbunden war, weil der Leiter des Kraftwagens unter dem Einfluß des Alkohols stand ( R G R K o m m . Anm. 7 c zu § 833). D a s Berufungsgericht hat dann ferner noch erwogen, d a ß je ein •weiterer selbständiger Grund zur Abweisung der K l a g e gegenüber

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der E r s t b e k l a g t e n und dem Zweitbeklagten f ü h r e n müsse. A u c h diesen G r ü n d e n ist entgegen den A u s f ü h r u n g e n der Revision b e i z u t r e t e n . W a s die E r s t b e k l a g t e anlangt, so ist der erste Teil der F a h r t , w e l c h e r der Ausprobderung des W a g e n s diente, in i h r e m I n t e r e s s e erfolgt; insoweit w a r T h . als G e s c h ä f t s f ü h r e r der E r s t b e k l a g t e n tätig. A b e r bei diesem Teil der F a h r t h a t sich der Unfall nicht ereignet, sondern bed dem zweiten, der Vergnügungsreise. A n dieser a b e r w a r die E r s t b e k l a g t e n u r insofern beteiligt, als sie die H a l t e r i n des K r a f t w a g e n s w a r und blieb. F ü r Unfälle dritter P e r s o n e n h ä t t e sie d a h e r n a c h den V o r s c h r i f t e n der §§ 7 flg. K F G . auch insoweit a u f k o m m e n müssen, als sich solche U n f ä l l e e t w a auf dem z w e i t e n Teil der F a h r t ereignet h a b e n w ü r d e n ; ob sich ihre H a f t b a r k e i t auch aus §§ 823 flg. BGB. ableiten ließe, k a n n u n e r ö r t e r t bleiben. Dagegen h a t t e die Enstb e k l a g t e im Verhältnis zu S. mit der Vergnügungsreise nicht das m i n d e s t e zu tun; sie ist eine W e b w a r e n h a n d l u n g und h a t t e k e i n Int e r e s s e daran, daß ein Teil ihrer G e s e l l s c h a f t e r und G e s c h ä f t s f ü h r e r und der in einer A u s k u n f t e i b e s c h ä f t i g t e S. als F r e u n d des Th. W e i n e p r o b i e r t e n und zu diesem Z w e c k e ihren W a g e n zu e i n e r F a h r t nach F o r s t und D ü r k h e i m benutzten. Dieser Teil der Reise w a r eine rein p r i v a t e Angelegenheit des Z w e i t b e k l a g t e n und des Th., und es lag a u ß e r h a l b des R a h m e n s der diesem zustehenden G e s c h ä f t s f ü h r e r tätigkeit, wenn er hierbei die S t e u e r u n g des W a g e n s ü b e r n a h m . Damit entfällt die H a f t u n g der E r s t b e k l a g t e n n a c h § 31 BGB. f ü r den Unfall. Vergeblich w e n d e t demgegenüber die Revision ein, Th. h a b e als G e s c h ä f t s f ü h r e r den W a g e n w i e d e r nach M a n n h e i m z u r ü c k b r i n g e n müssen und auf der R ü c k f a h r t sei d e r Unfall geschehen. Die P r o b e fahrt h a t t e in F o r s t ihr E n d e erreicht; von da ab w a r der W a g e n dem Zweitbeklagten und dem Th. für ihre p r i v a t e n Z w e c k e ü b e r l a s s e n w o r d e n . In einer R ü c k f a h r t von F o r s t nach M a n n h e i m im unmittelb a r e n Anschluß an die P r o b e f a h r t k ö n n t e wohl noch eine Betätigung für die Gesellschaft gesehen w e r d e n , nicht aber in der Vergnügungsreise und in der R ü c k f a h r t von dieser. W a s weiter den Z w e i t b e k l a g t e n betrifft, so ist nicht ersichtlich, aus w e l c h e m R e c h t s g r u n d er h a f t b a r gemacht w e r d e n k ö n n t e . Als Verletzung d e r V e r k e h r s s o r g f a l t s p f l i c h t (§ 276 BGB.) k a n n es ihm nicht a n g e r e c h n e t werden, falls er den S. zu der F a h r t m i t e i n g e l a d e n hat, w a s das a n g e f o c h t e n e Urteil offen läßt. D e n n w e n n auch eine Reise, die in der H a u p t s a c h e dem P r o b e n von W e i n e n dienen 'Sollte, u n t e r der Leitung des Th., der den Wagen s t e u e r n , sich gleichwohl a b e r am W e i n g e n u ß beteiligen sollte, erhebliche G e f a h r e n für die T e i l n e h m e r mit sich bringen k o n n t e , so w a r doch S. v o n d e n Umständen, unter d e n e n die F a h r t v o r sich gehen sollte, u n t e r r i c h t e t , und einer 27 J a h r e alten P e r s o n gegenüber w a r es n i c h t nötig, auf jene G e f a h r e n b e s o n d e r s hinzuweisen. Eine Betätigung des Zweitbeklagten als G e s c h ä f t s f ü h r e r s der E r s t b e k l a g t e n k a m n a c h dem Ge-

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s a g t e n b e i m z w e i t e n T e i l d e r R e i s e n i c h t in F r a g e . I n w i e f e r n w e i t e r e i n e R e c h t s p f ü c h t für den Z w e i t b e k l a g t e n als den ä l t e s t e n der R e i s e t e i l n e h m e r b e s t a n d e n h a b e n k ö n n t e , den 3 1 J a h r e a l t e n T h . v o r überm ä ß i g e m G e n u ß von W e i n , n o c h dazu auf e i n e r für W e i n p r o b e n bes t i m m t e n F a h r t , zu w a r n e n , ist n i c h t e i n z u s e h e n . E n d l i c h ist a u c h n i c h t e r s i c h t l i c h , daß der Z w e i t b e k l a g t e , z u m a l da e r des F a h r e n s unkundig w a r , das U n g l ü c k durch r e c h t z e i t i g e M a h n u n g an T h . , n i c h t zu w e i t n a c h r e c h t s zu s t e u e r n , h ä t t e a b w e n d e n k ö n n e n . U e b e r d i e s b e s t a n d k e i n e V e r p f l i c h t u n g für ihn, die F a h r w e i s e des T h . s t ä n d i g zu b e o b a c h t e n ; e i n e s o l c h e P f l i c h t w ä r e auch zur N a c h t z e i t s c h w e r lich e r f ü l l b a r g e w e s e n

RGZ. 128, 298 Ist die Verordnung vom 22. Oktober 1901 betr. den Verkehr mit Arzneimitteln (RGBl. S. 380) ein Schutzgesetz zugunsten der Apothekeninhaber? B G B . § 823 Abs. 2. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Wiesbaden.

U r t . v. 2 0 . M ä r z

1930.

II. Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

D i e K l ä g e r sind A p o t h e k e r in W . o d e r V e r w a l t e r v o n dortigen A p o t h e k e n . D e r B e k l a g t e b e t r e i b t in d e r N ä h e d i e s e r A p o t h e k e n e i n e D r o g e r i e m i t e r h e b l i c h e m U m s a t z . M i t der B e h a u p t u n g , der B e k l a g t e v e r k a u f e in d i e s e r D r o g e r i e d a u e r n d W a r e n , die n a c h d e r V e r o r d nung v o m 2 2 . O k t o b e r 1901 b e t r . den V e r k e h r m i t A r z n e i m i t t e l n nur in A p o t h e k e n v e r k a u f t w e r d e n dürften, i n s b e s o n d e r e Pyramidon, S i r a n , P e r t u s s i n , A c e t y l i n , L e o p i l l e n , K n e i p p i l l e n und S c h w e i z e r pillen, h a b e n die K l ä g e r K l a g e gegen ihn e r h o b e n . S i e b e a n t r a g e n s e i n e V e r u r t e i l u n g dahin, d a ß e r das F e i l h a l t e n und den V e r t r i e b von s o l c h e n A r z n e i m i t t e l n a l s H e i l m i t t e l zu u n t e r l a s s e n h a b e , w e l c h e n a c h dem V e r z e i c h n i s Α der A r z n e i m i t t e l v e r o r d n u n g v o m 22. O k t o b e r 1901 als H e i l m i t t e l a u s s c h l i e ß l i c h in A p o t h e k e n f e i l g e h a l t e n w e r den dürfen, i n s b e s o n d e r e v o n P y r a m i d o n , S i r a n , P e r t u s s i n , A c e t y l i n , L e o p i l l e n , K n e i p p i l l e n und S c h w e i z e r p i l l e n . D i e K l ä g e r s t ü t z e n dieses V e r l a n g e n auf § 8 2 3 A b s . 2 B G B . und m a c h e n g e l t e n d , die b e z e i c h n e t e V e r o r d n u n g sei ein S c h u t z g e s e t z z u g u n s t e n der A p o t h e k e r im S i n n e j e n e r V o r s c h r i f t . D e r B e k l a g t e m e i n t , die V e r o r d n u n g b e z w e c k e lediglich die S i c h e r u n g d e s ö f f e n t l i c h e n W o h l s und der ö f f e n t l i c h e n G e s u n d h e i t . E r h ä l t a u ß e r d e m die U n t e r l a s s u n g s k l a g e für unzulässig, w e i l k e i n e W i e d e r h o l u n g s g e f a h r b e s t e h e und w e i l in § 3 6 7 Nr. 3 S t G B , e i n e b e s o n d e r e S c h u t z v o r s c h r i f t g e g e b e n sei. L a n d g e r i c h t und O b e r l a n d e s g e r i c h t e r k a n n t e n n a c h a n t r a g . D i e R e v i s i o n des B e k l a g t e n h a t t e k e i n e n E r f o l g .

dem

Klag-

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Gründe: Das Berufungsgericht hält auf Grund der Beweisaufnahme für erwiesen, daß der Beklagte durch die Abgabe der im Klagantrag bezeichneten Arzneimittel als Heilmittel gegen § 1 der Verordnung vom 22. Oktober 1901 betr. den Verkehr mit Arzneimitteln verstoßen habe. Insoweit wird dais angefochtene Urteil von der Revision nicht beanstandet. In der bezeichneten Verordnung erblickt der Berufungsrichter ein den Schutz der Apotheken bezweckendes Gesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Er folgert den Schutzcharakter aus dem Inhalt und der Entstehungsgeschichte der Verordnung und führt hierzu folgendes aus: Zwar sei die Verordnung dazu bestimmt gewesen, die Interessen der Gesamtheit, des Volkswohls und der öffentlichen Gesundheitspflege zu fördern; man habe aber den Schutz des Publikums vor gefährlichen und schwindelhaften Arzneimitteln nicht anders erreichen und sicherstellen können, als daß man den Handel mit diesen Mitteln den von wissenschaftlich geschulten Kräften bedienten und schon wegen ihrer begrenzten Zahl leichter zu überwachenden Apothekenbetrieben ausschließlich zugewiesen habe, und man habe sich sogar dazu verstehen müssen, diesem privilegierten Apothekenhandel reichsgesetzlich einen verstärkten Schutz dadurch zu verleihen, daß man anderen Personen den Handel mit diesen Mitteln ausdrücklich verboten habe. Man könne daher nicht sagen, daß die Verordnung vom 22. Oktober 1901 den Apothekern nur einen zufälligen, aber nicht gewollten Schutz der ihnen verbliebenen ausschließlichen Verkaufsberechtigung gebracht habe. Die Schutzwirkung sei zwar wohl nicht allen am Gesetzgebungswerk Beteiligten erwünscht gewesen, aber das Eintreten dieser Wirkung sei doch allseitig erkannt und trotzdem zum Gesetz erhoben worden; insoweit sei daher der Schutz der Apotheker gewollt und bezweckt. Die Revision bekämpft diese Auffassung als rechtsirrig. Unter Bezugnahme auf zwei schon in der Berufungsinstanz vorgelegte Privatgutachten will sie insbesondere der Entstehungsgeschichte der in Frage kommenden Vorschrift entnehmen, daß die Verordnung lediglich zum Schutze der Allgemeinheit erlassen sei und daß d a s in ihr enthaltene, den Schutz der Allgemeinheit bezweckende Verbot des Feilhaltens oder Verkaufs bestimmter Apothekerwaren außerhalb der Apotheken nicht gleichzeitig den Schutz der Apotheker bezwecke. Die Rüge konnte indessen keinen Erfolg haben. Ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. ist nach 'ständiger Rechtsprechung jedes Gesetz, das — sei es allein, sei es in Verbindung mit anderen Zwecken — dem Schutze von Einzelpersonen oder eines Personenkreises dienen soll. Nicht notwendig ist, daß das Gesetz zugleich ein Strafgesetz ist; es genügt, wenn es ein bestimmtes Gebot oder Verbot ausspricht. Ein Gesetz hat aber die Eigen-

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schait als Schutzgesetz nur dann, wenn der Gesetzgeber bei seinem Erlafi auch den Schutz von Einzelpersonen oder eines Personenkreises gewollt oder wenigstens mit gewollt hat (RGZ. Bd. 63 S. 327, Bd. 79 S. 91, Bd. 102 S. 224, Bd. 119 S. 437). Der Schutz braucht jedoch keineswegs der vom Gesetzgeber gewollte Hauptzweck des Gesetzes zu sein; es genügt vielmehr, wenn die Absicht des Gesetzgebers darauf gerichtet war, neben dem Hauptzweck des Gesetze·? auch diesen Schutz einer Person oder eines Personenkreises durch das Gesetz eintreten zu lassen. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend hat zuerst der VI. Zivilsenat des Reichsgerichts im Urteil RGZ. Bd. 77 S. 221 die Frage berührt, ob die Verordnung vom 22. Oktober 1901 ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. sei. Jene Entscheidung führt aus: Wenngleich die Verordnung zunächst nur eine im Gemeinwohl gelegene Regelung der Verhältnisse des Apothekergewerbes im allgemeinen, nicht einen Schutz der einzelnen Personen dieses Gewerbes im Auge habe, so lasse sich doch nicht schlechthin in Abrede stellen, daß damit auch die einzelnen Vertreter des Gewerbezweiges, die Apotheker, in den gesetzlichen Vorbehalten nicht nur dem Erfolg nach geschützt würden, sondern daß dieser Schutz auch in der Absicht des Gesetzgebers gelegen haben möge. Jenes Urteil nimmt also nicht endgültig Stellang zu der bezeichneten Frage. Dagegen hat der IV. Zivilsenat in emem Urteil vom 20. Juni 1927 IV 860/26 (JW. 1927 S.2422 Nr. 12) die Schutzgesetz-Eigenschaft der Verordnung in Verbindung mit § 6 Abs. 2 GewO. bejaht. Dort wird dargelegt: Es liegt nahe, daß der Gesetzgeber dem nicht unwichtigen Apothekergewerbe, das in allen Ländern des Reichs konzessionspflichtig und mit wesentlichen Auflagen belastet sei, in gewissem Umfang ein Absatzgebiet habe sichern und die alten, finanziell wertvoll gewordenen Apothekerprivilegien habe schützen wollen, und daß deshalb die Verordnung neben dem Wohl der Gesamtheit und des einzelnen Heilbedürftigen auch diesen Schutz der Apothekenbesitzer bezwecke. Gegenüber diesem Urteil wurde namentlich geltend gemacht, es ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung und aus dem der Gewerbeordnung zugrunde Hegenden Grundsatz der Gewerbefreiheit, daß es nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen habe, den Apothekern irgendwelchen Schutz durch den Erlaß der Verordnung zuteil werden zu lassen (vgl. insbesondere L e b b i η in „Der Drogenhändler" 1928 Nr. 71; S o η t a g in LZ. 1929 Sp. 801, 1255; S c h m ö l d e r s im Reichsverwaltungsblatt 1930 S. 65). Indessen hat die erneute Nachprüfung der Frage, insbesondere auch an Hand der Entstehungsgeschichte der Verordnung, dem erkennenden Senat keine Veranlassung gegeben, eine von dem Standpunkt des IV. Zivilsenats abweichende Stellung einzunehmen. Die Verordnung vom 22. Oktober 1901 beruht aui dem § 6 Abs. 2 GewO., wonach durch Kaiserliche Verordnung bestimmt wird, welche Z u , ' . Sn der letzten Berufungsverhandlung der Zweitkläger auf Grund der seinem V a t e r erteilten Abtretung für die Zeit von der Klagerhebung bis zum Tode seines Vaters, die Klägerin aus eigenem Recht für die Zeit vom Tode ihres Ehemanns ab. Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück. Auf die Revision der Kläger wurde das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Gründe: . . . Das Berufungsgericht hält ohne Rechtsirrtum für die Zeit bis zum Tode des Ehemanns der Klägerin den Zweitkläger als Erben seines Vaters und als Alleininhaber des Nachlasses zur Klage für befugt, weil insoweit die Klägerin ihre Ansprüche an ihren Ehemann abgetreten habe, für die spätere Zeit sie selbst aus eigenem Recht. Ueber die Unfallfolgen stellt das Berufungsgericht nichts Bestimmtes fest. Für die Revisiorasinstanz ist daher zu unterstellen, daß die Klägerin bis zum Unfall eine gesunde, rüstige und in der Arbeit tüchtige Landwirtsfrau war, durch den Unfall aber zu einer kränkelnden, pflegebedürftigen und zum großen Teil arbeitsunfähigen Frau geworden ist. Aehnliches scheint auch das Berufungsgericht angenommen oder doch unterstellt zu haben. Dennoch hat es ihr eine Rente abgesprochen. An der Begründung ist allgemein zu beanstanden, daß das Berufungsgericht an die Darlegungspflicht d^r Kläger zu hohe Anforderungen gestellt und dadurch, wie die Revision mit Recht rügt, § 287 ZPO. verletzt hat. Diese Vorschrift ist gerade dazu gegeben, um dem Geschädigten den Nachweis seines Schadens zu erleichtern, indem sie an die Stelle der sonst erforderlichen Einzelbegründung das freie Ermessen des Gerichts setzt ( S t e i n - J o n a s ZPO. § 287 Anm. III 1; RGZ. Bd. 79 S. 61). Wendungen wie „die Verhältnisse sind unübersehbar", der Schaden ist „rentenmäßig nicht zu erfassen" sind mit § 287 ZPO. nur ganz ausnahmsweise vereinbar. Das Gericht muß nötigenfalls zu einer Schätzung greifen, sofern es dafür nicht an a l l e n Unterlagen fehlt.

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Für die Zeit bis zum Tode des Ehemanns der Klägerin trifft es zwar zu, daß ihr Ausfall an Arbeitskraft und die Einstellung von Ersatzkräften einen Schaden für den Ehemann, nicht für sie selbst bedeutete und ihr nach § 11 KFG. keinen Anspruch gab, es sei denn, daß dadurch die Unterhaltsleistungen ihres Ehemanns vermindert worden wären, was bisher nicht ersichtlich gemacht worden ist. Anders steht es aber mit der Vermehrung ihrer Bedürfnisse, etwa durch Bedarf an Zusatznahrungsmitteln und Pflege anderer Art. Entweder wurden diese vermehrten Bedürfnisse durch Unterhaltsleistungen des Ehemanns befriedigt, dann fiel damit nach § 843 Abs. 4 BGB. und § 13 KFG. der abgetretene Rentenanspruch der Klägerin nicht weg. Oder sie konnten, weil der Beklagte keine Rente zahlte, nicht befriedigt werden; dann ist nicht einzusehen, warum er die geschuldeten Rentenbeträg« auch nicht nachträglich sollte zu zahlen haben. Ein Vermögensschaden liegt im Sinne des § 843 BGB. und des § 11 KFG. ischon dann vor, wenn eine Vermehrung der Bedürfnisse eingetreten ist, die eine sachgemäße Befriedigung verlangt, nicht erst dann, wenn die vermehrten Bedürfnisse befriedigt worden sind (vgl. RGZ. Bd. 95 S. 85 [86]). Eine andere Gesetzesauslegung würde den zahlungssäumigen Schädiger in nicht zu rechtfertigender Weise begünstigen. Selbst unterbliebene Unterhaltsleistungen können nach § 1613 BGB. nachgefordert werden, gleichviel, wie sich der Berechtigte hindurchgeholfen hat. Die Einschränkung, daß Unterhaltsleistungen erst vom Eintritt des Verzuges oder der Rechtshängigkeit nachgefordert werden können, fällt für Schadensersatzverpflichtungen wie die vorliegende weg; übrigens beschränken sich die Klaganträge auf die Zeit seit der Rechtshängigkeit. Für die Zeit nach dem Tode des Ehemanns nimmt das Berufungsgericht an, daß die Einstellung von Ersatzkräften die Erbengemeinschaft geschädigt habe und daß ein daraus entstandener Ersatzanspruch bei der Erbauseinandersetzung auf den Zweitkläger übergegangen, von diesem aber nicht geltend gemacht worden sei. Mit Recht weist die Revision demgegenüber darauf hin, daß die Klägerin selbst mit einem Viertel an der Erbengemeinschaft beteiligt war und nach den §§ 1652, 1686 BGB. die Nutznießung am übrigen Nachlaß ausübte. Was der Erbengemeinschaft infolge des Unfalls an Einkünften entging, war also ihr persönlicher Schaden. Wodurch sie den ihr daraus erwachsenen Ersatzanspruch an den Zweitkläger übertragen haben soll, ist nicht ersichtlich. Die Rechtslage war für sie, soweit erkennbar, in dieser Hinsicht vor und nach der Erbauseinandersetzung die gleiche. Nun nimmt freilich das Berufungsgericht überhaupt keine Schädigung des Nutznießungsrechts der Klägerin an. Es stellt fest, daß schon kurz vor dem Tode ihres Ehemanns der Hof unter Zwangsverwaltung gekommen war, daß der Zwangsverwalter den Hof ver-

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pachtet hat, der Nachlaßkonkurs mangels Masse abgelehnt und die Nachlaßverwaltung aus demselben Grunde aufgehoben worden ist. Die Verschuldung des Hofes war nach der Meinung des Berufungsgerichts so groß, daß auch bei bester Bewirtschaftung — so ist das Berufungsurteil wohl zu verstehen — die Klägerin von den Einkünften keinen Vorteil gehabt hätte, sondern deren Steigerung nur den Zinsarosprüchen der Gläubiger zugute gekommen wäre. Demgegenüber macht die Revision geltend, der Zwangsverwalter hätte, wenn die Klägerin gesund gewesen wäre, bei pflichtmäßiger Ausübung seines Amtes nach § 152 ZVG. den Hof nicht verpachtet, sondern der Klägerin zur Selbstbewirtschaftung überlassen; sie hätte dadurch erhebliche Mehreinkünfte erzielt, und der Verschuldung, die nicht auf schlechte landwirtschaftliche Bewirtschaftung, sondern nur auf verfehlte Kreditmaßnahmen des Ehemanns zurückzuführen sei, wäre durch die Zwangsverwaltung begegnet worden. Ob die Revision mit diesen Ausführungen und den damit zusammenhängenden Rügen der Nichterhebung von Beweisen angesichts des § 287 ZPO. gehört werden kann, mag dahinstehen. Das Berufungsgericht erhält durch die ohnehin erforderliche neue Verhandlung Gelegenheit, auch diese Fragen nachzuprüfen. Dasselbe gilt für die Zeit nach der Erbauseinandersetzung und nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung. Hier kommt aber noch etwas hinzu. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts ist das Entschuldungsverfahren eröffnet worden. Wie sich die Lage der Klägerin dadurch gestaltet hat, welche Aussichten nunmehr für sie bestehen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die allgemeinen Wendungen, der Schaden sei rentenmäßig nicht zu erfassen, die Verhältnisse seien unübersehbar, verletzen bei dieser Sachlage ebenso das sachliche Recht (§ 249 BGB., §§ 11, 13 KFG.) wie den § 287 ZPO. . . . Insoweit die Klägerin für die Zeit nach dem Tode ihres Ehemanns eine Rente wegen Vermehrung ihrer Bedürfnisse beansprucht, leidet die Abweisung an denselben Begründungsmängeln wie für die vorangegangene Zeit. Das Berufungsgericht sagt selbst, bei dem ärztlich bescheinigten körperlichen Zustand der Klägerin seien Aufwendungen wegen vermehrter Bedürfnisse „denkbar". Es vermißt aber für die Vergangenheit eine rechnungsmäßige Darlegung der gemachten „Aufwendungen" und meint, für die Zukunft sei die Vermehrung der Bedürfnisse nicht „rentenmäßig zu erfassen". Allein wenn die Klägerin für ihre vermehrten Bedürfnisse aus Mangel an Mitteln keine Aufwendungen hat machen können, sondern sich zur Not ohne solche hat behelfen müssen, so kann sie sie auch nicht belegen. Ihr Rentenanspruch fällt darum für die Vergangenheit nicht weg. Er ist, wenn eine Vermehrung der Bedürfnisse vorhanden war und ist, für Vergangenheit und Zukunft nötigenfalls nach freiem Ermessen zu bestimmen. . . .

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Nach welchen Rechtsgrundsätzen und in welchem Umfang haltet der Verleger einer Tageszeitung für die Schäden, die durch die Veröffentlichung einer Falschmeldung über die ungünstige Vermögenslage eines Beziehers erwachsen? BGB. §§ 31, 249, 276, 463, 534, 823, 824, 830, 831, 844. ZPO. § 256. Reichsgesetz über die Presse vom 7. Mai 1874 (RGBl. S. 65) — PreßG. — § 7, 21. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 20. Juni 1935.

I. Landgericht Köln. II. Oberlandesgericht daselbst. Die jetzige Klägerin ist die Witwe und Alleinerbin des ursprünglichen Klägers, des Architekten K. Dieser war der Erbauer einer Anzahl von Hochhäusern und anderen Großbauten. Ein Teil hiervon gehörte ihm selbst oder Gesellschaften, an denen er beteiligt war. Die Beklagte, eine offene Handelsgesellschaft, ist die Verlegerin der in K. erscheinenden Zeitungen Κ. Z. und St. A. Einer ihrer geschäftsführenden Gesellschafter ist N. In einem Teile der Morgenausgabe der Κ. Z. vom 12. November 1930, und zwar im Handelsteil in dem Abschnitt „Zahlungsschwierigkeiten", war ohne besondere Hervorhebung folgender Vermerk enthalten: Der Architekt K. ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Eine Gläubigerversammlung findet heute statt. In der Morgenausgabe des St. A. vom 12. November 1930 befand sich im lokalen Teil unter der fettgedruckten SchlagzeilenÜberschrift: Prof. K. in Zahlungsschwierigkeiten Der Erbauer des K.er Hochhauses, folgende Nachricht: Der Architekt K., der Erbauer und Eigentümer des bekannten Hochhauses am . . . sowie des am . . . gelegenen großen Geschäftsund Bürohauses . . ., ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Eine Gläubigerversammlung ist für Mittwoch, 12. November, nach K. einberufen. Prof. K. ist auch der Erbauer der Hochhäuser in Α., D. und E. Der Professortitel wurde ihm aus Anlaß der Fertigstellung des A.er Hochhauses verliehen. Die Stadt hat ihm aus Anlaß der Erbauung des K.er Hochhauses größere Hypothekenbeträge gegeben; es wird sich demnächst zeigen, wie weit die Stadt K. bei dieser Zahlungseinstellung in Mitleidenschaft gezogen wird.

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Die M e l d u n g e n w a r e n unrichtig. Der Berichterstatter M . hatte sie den beiden Zeitungen erstattet. Er hatte am Nachmittag des 11. November 1930 gelegentlich einer anderen Gläubigerversammlung von dem ihm bis dahin u n b e k a n n t e n L. gehört, daß am folgenden T a g e in der ,,Κ.Β.-Gesellschaft" eine Gläubigerversammlung K. stattfinde und d a ß es sich hierbei um den b e k a n n t e n Professor K. handele. M. h a t t e isich darauf bei dem Pförtner oder einem anderen Angestellten der ,,Κ.Β.-Gesellschaft" erkundigt, der ihm die Angaben des L. bes t ä t i g t hatte. In W i r k l i c h k e i t lag aber eine Verwechslung mit der F i r m a Louis K. in P. vor, mit der K. gar nichts zu tun hatte. Die mit der S a c h e befaßten Schriftleiter der Beklagten, nämlich der Handelsschriftleiter S. von der Κ. Z. und der Schriftleiter v. F. vom St. Α., hatten z w a r M. eindringlich gefragt, ob die Meldung zutreffe, und v. F., der den M. nicht kannte, hatte noch bei der Schriftleitung der Κ. Z. nachgefragt, ob die Κ. Z. d i e Nachricht auch bringe, w a s b e s t ä t i g t worden w a r . Eine w e i t e r e Nachprüfung aber hatte keiner von beiden vorgenommen. Die Schriftleitung d e s ,,Κ. T.", der M. die gleiche Nachricht übermittelt hatte, rief am S p ä t a b e n d des 11. November 1930 in der Wohnung d e s K. fernmündlich an und teilte diesem nach seiner R ü c k k e h r s p ä t e r die ihr zugegangene Meldung mit dem Anheimgeben mit, dazu Stellung zu nehmen. K. e r k l ä r t e die Meldung für unwahr und rief sofort die Schriftleitung der Κ. Z. an. Ueber den Inhalt seines Gesprächs mit dem Schriftleiter G. der Κ. Z. streiten die Parteien. Nach der Behauptung der Klägerin hat K. gefragt, ob die Meldung über seine Zahlungsschwierigkeiten auch bei der Κ. Z. und beim St. A. vorliege; das habe G. verneint. Dagegen behauptet die Beklagte, K. habe nur allgemein davon gesprochen, daß unsinnige Gerüchte über ihn im Umlauf seien. K. ließ dann einige seiner Angestellten und ispäter auch seinen Rechtsberater, den R e c h t s a n w a l t Dr. Le., zu sich kommen. Zwei A n g e s t e l l t e n des K., die sich zum ,,Κ. T." begeben hatten, um die Herkunft der Falschmeldung zu erforschen, w u r d e dort die Morgena u s g a b e der Κ. Z. mit dem oben wiedergegebenen V e r m e r k vorgelegt. Auf die Nachricht hiervon ließ sich K. unverzüglich mit N. verbinden, b e s c h w e r t e sich über jenen V e r m e r k in der Κ. Z., versicherte dessen Unrichtigkeit und bat um Beseitigung. U e b e r den Zeitpunkt und über einige Einzelheiten dieses und der w e i t e r e n fernmündlichen Gespräche streiten die Parteien. Nach der Darstellung der Klägerin fand das erste Gespräch mit N. um ' M Uhr statt. Obgleich K. in eindringlicher W e i s e auf die Unrichtigkeit der Nachricht h i n g e w i e s e n habe, sei N. zunächst nicht zu bewegen gewesen, irgend e t w a s zur Beseitigung des V e r m e r k s aus der Κ. Z. zu unternehmen. Erst als Le. d ie Unrichtigkeit der Meldung versichert habe und auch dann erst, als er die Haftbarmachung der Beklagten für alle Schäden an-

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gedroht habe, habe N. Nachprüfung der Angelegenheit zugesagt. Inzwischen habe Le. auch den beiden Schriftleitern des Handelsteils der Κ. Z. die Unrichtigkeit der Meldung fernmündlich versichert. Demnächst teilte N. dem K. fernmündlich mit, er habe die Beseitigung des Vermerks in den noch nicht versandten Stücken der Κ. Z. veranlaßt; eine Entfernung desselben aus den anderen Stücken sei nicht mehr möglich. Nach den Behauptungen der Klägerin ist weiter sowohl bei N. als auch bei S. schon während dieser ersten Gespräche angefragt worden, ob auch der St. A. die Nachricht bringe; das sei aber verneint worden. Letzteres bestreitet die Beklagte, die auch den Zeitpunkt des ersten Anrufs des K. bei N. auf l'/ 2 Uhr verlegt. Einige Zeit später kaufte der Architekt B. in der Stadt den St. Α., fand darin die K. betreffende Nachricht und gab dem K. sofort hiervon Bescheid. Dieser setzte sich darauf nochmals fernmündlich mit N. in Verbindung. Nach Angabe der Klägerin war es inzwischen 2«/ϊ Uhr, nach der der Beklagten 3'/2 Uhr geworden. Diese neuerlichen Erörterungen endeten damit, daß N. die Verhinderung der Verbreitung der Nachricht durch den St. A. für technisch unmöglich erklärte und Maßnahmen in dieser Hinsicht ablehnte. In den Abendausgaben beider Zeitungen vom 12. November 1930 widerrief die Beklagte die Nachricht durch Vermerke gleicher Art und Aufmachung. Das gleiche tat sie auch am Morgen des 12. November 1930 gegenüber den in Betracht kommenden Nachrichtenbüros und stellte dem K. eine große Anzahl von Stücken der den Widerruf enthaltenden Ausgaben beider Zeitungen kostenlos zur eigenen Verwendung zur Verfügung. In der Folgezeit erkrankte K. Zunächst behandelte ihn sein Hausarzt. Am Abend des 20. November 1930 wurde Professor Dr. v. H. zugezogen. Bei der sofort vorgenommenen Operation wurde die entzündete Gallenblase entfernt und eine Baufellentzündung festgestellt. Am 26. November verstarb K. Die Klägerin behauptet, die Gallenblasenentzündung, die Operation und der Tod ihres Ehemannes seien auf die falsche Meldung in den Zeitungen der Beklagten zurückzuführen. Darüber, insbesondere aber über das Verhalten des N., habe sich K. so erregt, daß dadurch erst das Gallenleiden entstanden sei; weder er noch sein Hausarzt hätten vorher jemals Anzeichen einer Gallenerkrankung bei ihm bemerkt. Sollte aber K. bereits vorher Gallensteinträger gewesen sein, so sei, wie nach den Regeln des Anscheinsbeweises anzunehmen sei, durch jene Erregung der Gallenanfall ausgelöst worden. Die Klägerin nimmt daher die Beklagte im Wege der Leistungisund der Feststellungsklage auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihrem Ehemann bei dessen Lebzeiten erwachsen ist (Arzt- und Pflegekosten, Kosten zur Beseitigung der eingetretenen Kreditschädigung und zur Verhinderung weiterer Kreditschädigung, Schmerzensgeld,

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verminderte Erwerbsaussichten) und ferner auf Ersatz des Schadens, welcher ihr selbst entstanden ist (Beerdigungskosten, Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs gegenüber ihrem Manne). Die Beklagte bestreitet die Klagansprüche nach Grund und Betrag. Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte zur Zahlung von 5967 RM. (Schmerzensgeld 5000 RM., Auto- und Telefonkosten 467 RM., Anwaltsgebühren des Dr. L. 500 RM.) verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Urteilssumme auf 5810 RM (Schmerzensgeld 5000 RM., Anwaltsgebühr 500 RM., zwei Drittel der Auto- und Telefonkosten 310 RM.) herabgesetzt und im übrigen die Rechtsmittel beider Parteien zurückgewiesen. Die nur von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es der Klägerin nachteilig, und in diesem Umfange zur Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Die Revision kommt zunächst auf das Vorbringen der Klägerin zurück, daß die geltend gemachten Schadensersatzansprüche auch auf vertraglicher Grundlage gerechtfertigt seien, nämlich deshalb, weil K. Bezieher der Κ. Z. und des St. A. gewesen sei. Auf die Gründe, welche die Revision für diese Auffassung anführt, im einzelnen einzugehen, besteht kein Anlaß. Denn die Vertragspflichten des Zeitungsverlegers auf Grund des Zeitungsbezugsvertrags, der nach der herrschenden und für zutreffend zu erachtenden Ansicht einen Kaufvertrag und nicht einen Dienstvertrag darstellt (vgl. S t a u b - H e i n i c h e η HGB. Erl. 9 vor § 373 nebst Nachw.), erschöpfen sich, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, in der regelmäßigen Lieferung der Zeitung mit einer bestimmten Eigenart und allgemeinen Richtung. Nicht aber sichert der Verleger dem Bezieher durch den bloßen Abschluß des Bezugsvertrags stillschweigend zu, daß die Kaufsache, die künftig erscheinenden Nummern der Zeitung, die Eigenschaft haben werde, daß nur zutreffende Nachrichten in ihr veröffentlicht werden dürfen (§ 463 Satz 1 BGB.). Ebensowenig übernimmt der Verleger durch den Vertragsschluß irgendeine Gewähr dafür, daß die ihm gerade über seine Bezieher zugehenden Meldungen eine ganz besondere Nachprüfung auf ihre Richtigkeit erfahren werden; der Verleger kann eine solche Verpflichtung um so weniger eingehen, als ihm in weitem Umfang, zum Beispiel beim Bezüge durch die Reichspost, die Personen seiner Bezieher unbekannt bleiben. Als Klagegrundlage bleiben demnach nur die Vorschriften über unerlaubte Handlungen (§§ 823 flg. BGB.), nicht aber die des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874, insbesondere nicht die des § 21 das., der lediglich eine strafrechtliche Norm enthält (Urt. des erkennenden Senats vom 11. März 1935 VI 517/34). Von jenen Vorschriften würde zwar § 826 B G B . grundsätzlich Anwendung finden können; aber der

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bisher festgestellte Sachverhalt bietet keinen hinreichenden Anhalt für die Annahme, daß eine der auf Seiten der Beklagten beteiligten Personen, insbesondere N., dem K., w e n n auch nur mit b e d i n g t e m Vorsatz, Schaden zugefügt habe. D e r Heranziehung des § 826 BGB. bedarf es auch nicht. Denn soweit die Klage E r s a t z für die eingetretene Kreditschädigung begehrt, ist sie auf § 824 Abs. 1 BGB. schlüssig gestützt, der in E r w e i t e r u n g der Grenzen der §§ 185 bis 187 StGB, den Kredit, den E r w e r b und das F o r t k o m m e n gegen G e f ä h r d u n g durch die Behauptung u n w a h r e r T a t s a c h e n schützt (RGZ. Bd. 115 S. 74 [79], Bd. 140 S. 392 [395], Urt. des e r k e n n e n d e n Senats vom 11. J a n u a r 1934 VI 263/33; Urteil des Oberlandesgerichts Dresden in M u W . 1927 1928 S. 229 und dazu RG. in H R R . 1929 Nr. 1093; R G R K o m m . z. BGB. § 824 Erl. 1). Im übrigen gründet sich die Klage auf § 823 Abs. 1, §§ 842, 844, 847 BGB. (RGZ. Bd. 85 S. 335 [337], Bd. 133 S. 270, Bd. 140 S. 392 [394], Bd. 142 S. 116 [122]; R G R K o m m . z. BGB. § 823 Erl. 5 nebst w e i t e r e n Nachw.). § 823 Abs. 2 BGB. in Verbindung mit § 230 StGB, k a n n — vgl. RGZ. Bd. 140 S. 394 — außer B e t r a c h t bleiben (vgl. auch RGZ. Bd. 66 S. 251 [255], Bd. 91 S. 72 [76], Bd. 118 S. 312 [315]; R G R K o m m . z. BGB. § 823 Erl. 15. 16). Daß der Schutz des § 824 A b s . 2 BGB. (vgl. § 193 StGB.) der Beklagten nicht zur Seite steht (RGZ. Bd. 83 S. 362 [364], Bd. 115 S. 74 [80]) und daß insbesondere der Handelsteil der Κ. Z. nicht als ein F a c h b l a t t anzuerkennen ist (RGZ. Bd. 83 S. 362), hat das Berufungsgericht mit rechtsirrtumsfreier Begründung angenommen . . . Hiernach bleibt nur noch zu prüfen, ob die Klägerin den an sich von ihr zu erbringenden Beweis d a f ü r geführt hat, daß der Beklagten F a h r l ä s s i g k e i t an der A u f n a h m e der Meldungen in die Κ. Z. und den St. A . zur Last fällt, daß dem K. und ihr ein Schaden e r w a c h s e n ist und daß zwischen beidem ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Zur F r a g e des Verschuldens der B e k l a g t e n ist zunächst zu bem e r k e n , daß alle die Personen, welche auf ihrer Seite mit der den K. b e t r e f f e n d e n Meldung b e f a ß t worden sind, n a c h den bisherigen Feststellungen des Berufungsrichters die v e r k e h r s e r f o r d e r l i c h e Sorgfalt (§ 276 BGB.) in hohem Maße außer Acht gelassen h a b e n . . . ( W i r d n ä h e r dargelegt.) E s ist nun w e i t e r zu prüfen, inwieweit die Beklagte für die vorgek o m m e n e n Versehen h a f t b a r gemacht w e r d e n k a n n . Ob M. von der B e k l a g t e n im Sinn des § 831 BGB. zu einer Verrichtung, nämlich zur E r s t a t t u n g von Nachrichten, bestellt war, hat das Berufungsgericht bisher nicht erörtert. Seine Annahme, daß die Beklagte für d i e une r l a u b t e n Handlungen ihres g e s c h ä f t s f ü h r e n d e n Gesellschafters N. n a c h § 31 BGB. einzustehen hat, entspricht der R e c h t s p r e c h u n g des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 76 S. 35 [48]; J W . 1932 S. 723 Nr. 4). Die Revision wiederholt die von der Klägerin v e r t r e t e n e Auffassung, daß die v e r k l a g t e offene Handelsgesellschaft auf G r u n d des

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§ 31 BGB. für die unerlaubten Handlungen ihrer Schriftleiter aufzukommen habe. Die Rechtslage ist insoweit folgende: Der § 31 BGB. setzt voraus, daß der Handelnde ein verfassungsmäßig berufener (RGZ. Bd. 74 S. 21 [23]) Vertreter des Verein ist; es müßten also im vorliegenden Fall in dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten die Schriftleiter der von ihr herausgegebenen beiden Tageszeitungen allgemein zu Vertretern bestellt worden sein. Das erscheint wenig wahrscheinlich, aber die Klägerin hat es behauptet und unter Beweis gestellt. Mit Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht diesen Beweisantrag der Klägerin aus rechtsirrigen allgemeinen Erwägungen abgelehnt hat. Dagegen ist dem Berufungsrichter darin beizutreten, daß sich die Notwendigkeit der Bestellung des oder der — verantwortlichen — Schriftleiter zu Vertretern im Sinn des § 31 BGB. nicht schon unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften ergibt, auch nicht, wie vereinzelt angenommen wird ( H o l t e r in JRdschau 1932 S. 150), aus § 7 PreßG. (vgl. jetzt auch § 18 des Schriftleitergesetzes vom 4. Oktober 1933, RGBl. I S. 713). Fehlt eine dahin gehende Satzungsbestimmung, so wird sie durch § 7 P r e ß G . nicht ersetzt, zumal kein Grund dafür ersichtlich ist, daß die in § 7 vorgesehene Betätigung privatrechtlich nur von einem V e r t r e t e r in Organstellung wahrgenommen werden könnte. Die in der Rechtsprechung des Reichsgerichts nicht einheitlich beantwortete Frage, ob der Begriff des Vertreters im Sinn des § 31 BGB. rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht voraussetzt (RGRKomm. z. BGB. § 31 Erl. 1 nebst Nachw.), bedarf zur Zeit keiner Erörterung; zunächst mag einmal vom Tatrichter festgestellt werden, ob und welche Bestimmungen der Gesellschaftsvertrag der Beklagten über die Stellung der Schriftleiter enthält. Darauf, daß dieser Vertrag Vorschriften über die Bestellung der Schriftleiter zu besonderen Vertretern im Sinn des § 30 BGB. enthalten könnte, sei hingewiesen. Daß der Verleger für diejenigen seiner Schriftleiter, die nicht verantwortliche Schriftleiter im Sinn des § 7 PreßG. sind, nach § 831 BGB. haftet, wird keinem Bedenken unterliegen. Ob sich aber die Haftung des Verlegers für seine verantwortlichen Schriftleiter ohne weiteres aus § 831 BGB. herleiten läßt (G i e s e in J W . 1917 S. 631; H o f f m a n n das. S. 761; M a n n h e i m Preßrecht § 22 S. 90, auch § 24 unter A S. 93 flg.), kann vorerst unentschieden bleiben, dies um so mehr, als bisher nicht festgestellt ist, ob S., v. F. u. G. verantwortliche Schriftleiter im Sinn des § 7 PreßG. waren. Es wird bejahendenfalls darauf ankommen, inwieweit die drei Genannten als von den Weisungen ihrer Geschäftsherrin abhängig anzusehen w a r e n (RGRKomm. z. BGB. § 831 Erl. 2 nebst Nachw.; vgl. über die Stellung des verantwortlichen Schriftleiters H ä n t z s c h e l Reichspreßgesetz § 7 Anm. 5 C S. 59 flg. und Anm. 6 S. 62; ders. in J W . 1927 S. 81 und in „Deutsches Preßrecht" S. 35 flg., auch S. 70 flg., und Z i v i l , . S d m l i l r f i H i t 111

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jetzt das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933, insbesondere §§ 13 bis 20). Insoweit bedarf es zunächst der Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht. . . . Nach ständiger Rechtsprechung (RG. in JW. 1933 S. 2763 Nr. 4 nebst Nachw. und HRR. 1935 Nr. 730) hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß unter billiger Rücksichtnahme auf die Belange anderer nach Maßgabe der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die ihm gehörigen Sachen nicht andere Personen in Gefahr bringen. Dieser Grundsatz muß auf den Verleger einer Tageszeitung entsprechende Anwendung finden, zumal in Anbetracht der Schwere der Gefahren, welche die Verbreitung unrichtiger Nachrichten in der Presse für das Ansehen, den Kredit, den Erwerb und möglicherweise auch für die Gesundheit und sogar für das Leben des Betroffenen mit sich bringen kann. Deshalb liegt es dem Verleger ob, seine Schriftleiter sorgfältig auszuwählen und sie mit Weisungen zu versehen, welche die Verbreitung unrichtiger Meldungen in seiner Zeitung im Rahmen des Möglichen hintanzuhalten geeignet sind, überhaupt alle Einrichtungen zu treffen, welche zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sind. Derartige organisatorische Maßnahmen, zu deren Beachtung auch die verantwortlichen Schriftleiter verpflichtet sind (vgl. RGZ. Bd. 112 S. 34), können, zumal in einem so großen Unternehmen, wie es die Beklagte besitzt, nicht entbehrt werden (vgl. RG. in JW. 1913 S. 920 Nr. 6). Die Beklagte durfte sich keineswegs darauf verlassen, ihre Schriftleiter würden schon von selber wissen, was sie zu tun und zu unterlassen hätten, damit -nicht unwahre Mitteilungen in die Κ. Z. und den St. A. gelangten. Mit Recht macht die Revision auch darauf aufmerksam, daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, für Ausnahmefälle, wie ein solcher hier in Frage steht, in dem es sich um die Meldung von dem Zusammenbruch eines Unternehmens von großem Umfang handelte, den Schriftleitern eine besonders strenge Prüfung der Richtigkeit der Meldung vorzuschreiben, wenn sie es nicht vorzog, die Anordnung der Aufnahme einer so weittragenden Nachricht in ihre Zeitungen ihren Gesellschaftern vorzubehalten. Darauf, ob es im Zeitungsgewerbe üblich ist, allgemeine Dienstanweisungen nach diesen Richtungen zu erlassen, kommt es entgegen der Meinung des Oberlandesgericht nicht an; denn der § 276 BGB. stellt nicht auf die verkehrsübliche, sondern auf die verkehrserforderliche Sorgfalt ab (RGZ. Bd. 128 S. 39 [44], Bd. 138 S. 320 [325]) Die Schäden, deren Ersatz die Klägerin verlangt, zerfallen in zwei Gruppen, nämlich in solche, die dem Erwerbsgeschäft des K. zugefügt, und solche, die durch seine Körperverletzung und seinen Tod verursacht worden sind. Von ersteren kommen noch die folgenden jn Betracht: 1. Die von K. an seine Angestellten für ihre Tätigkeit in der Nacht vom 11. zum 12. November 1930 und an den folgenden Tagen

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gezahlten Sondervergütungen von 4500 RM. Der Berufungsrichter weist diesen Anspruch deshalb ab, weil es sich um Angestellte in leitender oder gehobener Stellung handle, die in Stunden dringender Gefahr auf Grund ihrer — gar nicht vorgelegten — Dienstverträge hätten ihren Mann stehen müssen, ohne auf eine Sondervergütung hierfür einen Rechtsanspruch zu haben; außerdem aber fehle es an dem adäquaten Zusammenhang mit der unerlaubten Handlung dee Ν. Dieser Grund ist ohne nähere Erläuterung unverständlich. Im übrigen aber war zu prüfen, ob nicht die Angestellten des K., selbst wenn sie einen vertraglichen Anspruch auf Entgelt für ihre Tätigkeit in der fraglichen Nacht nicht gehabt haben sollten, in angemessenen Grenzen deshalb eine Sondervergütung erwarten durften, weil eine solche einer sittlichen Pflicht und einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach (vgl. § 534 BGB.). Auch deren Erstattung könnte je nach Umständen auf Grund der § 249 Satz 1, § 251 Abs. 1 BGB. verlangt werden. 2. Die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich der dem K. erwachsenen weiteren Vermögensschäden. Der Berufungsrichter verkennt nicht, daß schon die bloße Möglichkeit der Entstehung weiterer Schäden zur Zusprechung dieses Anspruchs führen müßte. Aber er vermißt Darlegungen der Klägerin nach dieser Richtung. Mit Recht rügt die Revision insoweit Verletzung des § 286 ZPO. Denn die Klägerin hatte behauptet, infolge der Veröffentlichung der Falschmeldung habe sich ein Bauvorhaben des K. in A. zerschlagen; dieses allerdings nicht gehörig begründete Vorbringen hätte der Berufungsrichter, wie die Revision zutreffend geltend macht, gemäß § 139 ZPO. aufklären müssen. Das gleiche gilt von der behaupteten Minderung des sog. „Fassonwerts" der Unternehmungen des K., die durch die unrichtige Nachricht eingetreten sein soll. Die Auffassung des Berufungsrichters, daß eine solche Wertminderung nur dann zum Schadensersatz verpflichte, wenn nachgewiesen werde, daß ein Verkauf der Unternehmungen beabsichtigt gewesen sei, der Verkauf sich aber infolge der Falschmeldung zerschlagen habe oder zu ungünstigeren Bedingungen vorgenommen worden sei, ist mit den Grundsätzen des § 249 BGB. unvereinbar. Denn auch ohne die vom Berufungsrichter verlangten Voraussetzungen besteht der Schaden darin, daß der Geschädigte in seinem Geschäft einen geringeren Vermögenswert in Händen hat, als er vordem besaß. Zu den Schäden, die durch den Tod des Ehemanes der Klägerin entstanden sein sollen, ist folgendes zu bemerken: 1. 15 000 RM. jährliche Unterhaltsrente. Diese kann nur beansprucht werden, wenn der Tod des K. eine Folge der unerlaubten Handlung der Beklagten war. Aber auch dann wird der Einwand der Beklagten der Prüfung bedürfen, daß die Klägerin als Alleinerbin ihres Mannes aus dessen geschäftlichen Unternehmungen einen 10·

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E r t r a g erziele, der mindestens den B e t r ä g e n gleichkomme, die K. auf Grund des § 1360 B G B . für die Klägerin aufzuwenden verpflichtet w a r (vgl. u. a. W a r n R s p r . 1933 Nr. 149 nebst Nachw. und 1934 Nr. 7). Dagegen hat der Berufungsrichter mit zutreffender Begründung den weiteren Einwand der B e k l a g t e n zurückgewiesen, die Klägerin m ü s s e sich die von ihr empfangene Lebensversicherungssumme oder wenigstens die durch den Tod des K. ersparten Lebensversicherungsprämien auf ihre Schadensersatzansprüche in Abrechnung bringen lassen (vgl. R G Z . Bd. 146 S. 287 nebst Nachw.); auch bei jener E r s p a r n i s fehlt es an der Gleichheit des Ereignisses und damit an dem adäquaten Ursachenzusammenhang (vgl. R G Z . Bd. 130 S. 258 [261]). 2. Die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich der der Klägerin selbst durch den T o d ihres Mannes erwachsenden weiteren Schäden. Dieser Antrag wird dahin zu verstehen sein, daß die Klägerin nur im Rahmen des § 844 B G B . Feststellung begehrt Denn darüber hinaus (vgl. ferner den hier außer B e t r a c h t bleibenden § 845 B G B . ) gewährt d a s Bürgerliche Gesetzbuch dritten Personen keine Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, so daß also die Klägerin insbesondere den Schaden als solchen nicht ersetzt verlangen könnte, der etwa den Unternehmungen des Κ., ζ. B. infolge des Wegfalls des A.er Bauvorhabens oder der Minderung des ,,Fassonwertes", durch seinen Tod zugefügt worden ist; nur mittelbar, nämlich aus dem Gesichtspunkt der — gänzlichen oder teilweisen — Entziehung des Unterhalts (§ 844 BGB.), könnte jener S c h a d e n Beachtung erheischen. Auch wenn zur Zeit die Erträgnisse des von ihrem Mann ererbten Vermögens den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin (§ 1360 B G B . ) decken sollten, so würde der Feststellungsanspruch, falls überhaupt die B e k l a g t e für den Tod des K . haftbar zu machen sein sollte, deswegen besonderer Prüfung namentlich nach der Richtung bedürfen, ob die Möglichkeit besteht, daß die Klägerin infolge Verlustes oder Minderung des ererbten Vermögens ihres M a n n e s auf ihren — durch dessen Tod weggefallenen — Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise angewiesen sein könnte. Auch die F r a g e wird zu erörtern sein, ob der Feststellungsanspruch deshalb begründet ist, weil der Eintritt besonderer Verhältnisse, ζ. B. schwerer oder langdauernder Krankheit der Klägerin, zu A u s g a b e n führen kann, die aus den Einnahmen der Klägerin aus dem ererbten Vermögen oder der etwaigen Unterhaltsrente nicht g e d e c k t werden können. Derartige Feststellungsklagen, wie die hier erhobene, finden trotz der Gefahr der Verjährung (§ 852 B G B . ; vgl. u. a R G Z . Bd. 106 S. 283 [285]) in der Rechtsprechung nicht immer die ihnen gebührende Beachtung. Ueber den ursächlichen Zusammenhang zwischen der unerlaubten Handlung der Beklagten und dem Gallenanfall (und dem T o d e ) des K. ist folgendes zu sagen.

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Nach anerkannter Rechtsprechung (RGZ. Bd. 66 S. 251, Bd. 69 S. 340 [344], Bd. 105 S. 264; RGRKomm. z. B G B . Erl. 3 vor § 249, Erl. 4 a zu § 276, Erl. 5 a vor § 823, Erl. 3 zu § 823 nebst Nachw.) setzt das Verschulden im bürgerlich-rechtlichen Sinne (Vorsatz wie auch Fahrlässigkeit) — im Gegensatz zur Fahrlässigkeit im strafrechtlichen Sinne, welche die Voraussehbarkeit gerade des e i n g e t r e t e n e n Erfolges der Handlung vom (subjektiven) Standpunkt des Täters aus verlangt (RGZ. Bd. 69 S. 344, Bd. 128 S. 320 [328], Bd. 136 S. 4 [10]; R G S t . Bd. 22 S. 357) — nur die Voraussehbarkeit des Eintritts i r g e n d e i n e s Schadens voraus, nicht aber bestimmter oder entfernterer Schadenswirkungen. Nur insofern ist die Frage der Voraussehbarkeit der letzteren rechtlich von Bedeutung, als der T ä t e r für die außerhalb des adäquaten Zusammenhangs liegenden Folgen nicht einzustehen braucht, also für Folgen, die nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Geschehensablauf außer Betracht zu lassenden Umständen eintreten konnten (RGZ. Bd. 133 S. 126). Ein solcher inadäquater Zusammenhang wird hier nicht anzunehmen sein. Denn es liegt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, daß zum mindesten gerade ein Wirtschaftsführer wie K. über die Veröffentlichung der Falschmeldung über seine ungünstige Vermögenslage in einer angesehenen und weitverbreiteten Zeitung und über das Mißlingen seiner Versuche, eine solche Veröffentlichung zu verhindern, in eine so hochgradige Aufregung gerät, daß er auch körperlich erkrankt und an dieser Krankheit stirbt (RGZ. Bd. 133 S. 270). Es kann sich also nur fragen, ob der natürliche Ursachenzusammenhang gegeben ist . . . Das Berufungsgericht unterstellt, daß der Gallenanfall des K., der nach dem Gutachten des Dr. v. H. schon vorher an Gallensteinen gelitten habe, durch Aufregung ausgelöst worden sei. Aber K. habe sich in der fraglichen Nacht dreimal erregt: einmal bei dem Empfang der Mitteilung des Κ. T., dann bei der Nachricht über den Vermerk in der Κ. Z. und schließlich über das Verhalten des N. J e d e dieser drei Erregungen könne den Gallenanfall und damit den Tod des K. zur Folge gehabt haben. Man könne aber nicht feststellen, welche dieser Aufregungen nun gerade die gewesen sei, welche die Erkrankung verursacht habe. Mit Recht macht die Revision darauf aufmerksam, daß das Oberlandesgericht allem Anschein nach die Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 B G B . (vgl. dazu § 840 Abs. 1 das.) übersehen hat. Denn dieser Tatbestand ist gerade dann gegeben, wenn, wie hier nach der Unterstellung des Berufungsrichters, jede einzelne der von mehreren begangenen Handlungen im allgemeinen nach den Regeln des ursächlichen Zusammenhangs den schädlichen Erfolg herbeizuführen geeignet war und eine dieser Handlungen den Erfolg herbeigeführt hat, aber nicht ermittelt werden kann, wer von den Handelnden der wirkliche Urheber ist (RGZ.

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Bd. 58 S. 357 [361], Bd. 121 S. 400; RGRKomm. z. BGB. § 830 Eri. 4). Nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt haftet also die Beklagte insoweit auch für das gesamte Verhalten des M., auf dessen Meldung die Anfrage des Κ. T. bei K. zurückzuführen ist, und ihrer Schriftleiter ohne weiteres, sofern diese Personen den Tatbestand des § 823 BGB. erfüllt haben; da das Verschulden des N. und die Schadensersatzpflicht der Beklagten für den von ihm angerichteten Schaden außer Zweifel stehen, so kommt es insoweit auf eigenes Verschulden der Beklagten (§§ 823, 831 BGB.) hinsichtlich des M. und ihrer Schriftleiter gar nicht an. RGZ. 149, 114 Ist das planmäßige „Ausspannen" von Bezirksvertretern eines Feuerversicherungsunternehmens sowie deren sofortiger Einsatz in ihrem bisherigen Wirkungskreise gegen ihre seitherige Dienstherr in durch ein anderes solches Versicherungsunternehmen ohne Rücksicht auf den Erlolg sittenwidrig? BGB. § 826. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Elbing.

Urt. v. 25. Oktober 1935. II. Oberlandesgericht Marienwerder.

Die Klägerin, eine öffentlich-rechtliche Feuerversicherungsanstalt mit Rechtspersönlichkeit, hat das Vermögen der Versicherungs-Aktiengesellschaft D. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Ausschluß der Liquidation übernommen. Das ist geschehen durch einen auf den 1. Januar 1930 zurückbezogenen Verschmelzungsantrag vom 9. Januar 1930. Die Auflösung der D.-AG. ist im Handelsregister eingetragen worden. Die Klägerin hat den von der D.-AG. übernommenen Versicherungsbestand eines Teilgebiets, ebenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 1930, vertragsmäßig auf eine andere Feuersozietät — FPO. — übertragen. In zeitlichem und ursächlichem Zusammenhang mit dieser, bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1929 unter den beteiligten und interessierten Kreisen als Plan bekannt gewordenen Umstellung hat die Zweitbeklagte, eine Hagel- und Feuerversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, seit dem Herbst 1929 bei den Bezirkskommissaren (Angestellten) und den Versicherungsnehmern der D.-AG. eine rege Werbetätigkeit eröffnet. Von den Bezirkskommis9aren der D.-AG. ist nur der Erstbeklagte G. in den Dienst der Zweitbeklagten übergetreten. Er hat sich innerhalb und außerhalb des ihm seinerzeit von der D.-AG. (die den Beklagen G. nach erlangter Kenntnis von diesem Verhalten aus ihren Diensten entlassen hat) zur Bearbeitung übertragenen Bezirks bei der Werbung für die Zweitbeklagte durch Be-

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suche bei Versicherungsnehmern der Klägerin und ierner dadurch betätigt, d a ß er für die Einzelversicherungsnehmer der D.-AG. Kündigungsechreiben an sie aufgesetzt hat. Weitere Kündigungsschreiben sind von einem anderen Angestellten der Zweitbeklagten aufgesetzt worden. Ende des Jahres 1929 (30. Dezember) und in den ersten Monaten des Jahres 1930 sind so der D.-AG. zu Händen ihrer Filialdirektion E. 110 Aufkündigungen von Versicherungsverträgen zugegangen, davon allein etwa 70 am 30. Dezember 1929 durch einen von der Zweitbeklagten abgesandten Sammelbrief. Diese Kündigungen betrafen Versicherungsverträge, die an sich vereinbarungsgemäß noch eine Laufzeit von mehreren Jahren hatten, und sind, soweit die Kündigungen aus dem Jahre 1929 stammen, auf den 1. Januar 1930, die späteren Kündigungen fristlos ausgesprochen worden. Die Klägerin erblickt in dem geschilderten Vorgehen der beiden Beklagten einen planmäßigen und unlauteren Angriff auf den ihr — nach ihrer Auffassung durchaus gesetzmäßig — von der D.-AG übertragenen Versicherungsbestand. Dieser Angriff, verbunden mit dem Versuche, Bezirkskommissare der D.-AG. durch besonders günstige Angebote für die Zweitbeklagte zu gewinnen, und mit ,.Kündigungshilfen" für die Versicherungsnehmer, sei planmäßig mit unwahren Behauptungen über eine angebliche Rechtsunwirksamkeit und über die Folgen der Verschmelzung für die Versicherungsnehmer in einem für sie infolge der Umstellung äußerst ungünstigen Zeitpunkt ausgeführt worden. Sie habe durch den Ausfall an Versicherungsprämien infolge der Kündigungen einen erheblichen Schaden erlitten. Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz. Sie stützt ihren Anspruch gegen beide Beklagte auf die §§ 826, 823 BGB., gegen den Erstbeklagten ferner auf Verletzung seiner Treupflicht als damaligen Angestellten der D.-AG. Das Landgericht hat einen Teil der Schadensersatzansprüche dem Grunde nach für berechtigt erklärt, dagegen weitere Klaganträge abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien, soweit sie unterlegen sind, Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten die Klage gegen die Zweitbeklagte im vollen Umfang, gegen den Erstbeklagten teilweise abgewiesen und den restlichen Klaganspruch gegen den Erstbeklagten dem Grunde nach für berechtigt erklärt. Die weitergehende Berufung des Erstbeklagten ist zurückgewiesen worden. Die Revision des Erstbeklagten wurde zurückgewiesen, die der Klägerin hatte teilweisen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : . . . Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Behauptung über das zum Schadensersatz verpflichtende sittenwidrige Verhalten der Zweitbeklagten geltend, diese habe in einem für die D.-AG. gefähr-

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liehen Zeitpunkt planmäßig durch umfassende Maßnahmen einen größeren Einbruch in den Versicherungsbestand dieser Gesellschaft im Bezirk W . unternommen. Das Berufungsgericht sieht auch als feststehend an, daß die Zweitbeklagte die infolge der geplanten Verschmelzung der D.-AG. mit einem anderen Versicherungsunternehmen ungek l ä r t e n Verhältnisse wegen des weiteren Schicksals der D . - A G . und ihrer Versicherungsnehmer zum Anlaß genommen hat, gegen deren Versicherungsbestand einen Vorstoß zu unternehmen, der über den Rahmen der sonst üblichen Kundenwerbung hinausgeht. Dabei stellt das Berufungsgericht zunächst fest, daß die Zweitbeklagte sich bei einem Rechtsanwalt über die Möglichkeit und die Form einer Kündigung der Versicherungsnehmer der D . - A G . aus Anlaß der für jene ungeklärten Verhältnisse erkundigt hat und daß ihr damals noch nicht bekannt war, wer Rechtsnachfolger der D.-AG. werden würde. Sodann behandelt es die Frage, ob die Zweitbeklagte sich eines zum Schadensersatz verpflichtenden sittenwidrigen Verhaltens schuldig gemacht habe. E s stellt fest, daß die Zweitbeklagte durch mehrere ihrer Bezirkskommissare an zahlreiche Bezirkskommissare der D.-AG. herangetreten ist und versucht hat, sie im Hinblick auf die bevorstehende Verschmelzung dieser Gesellschaft zu sich herüberzuziehen und die Versicherungsnehmer der D.-AG. in ihren Bezirken möglichst mitzubringen. Das Berufungsgericht sieht weder als bewiesen an, daß sich die Zweitbeklagte bei diesen Versuchen, die Bezirkskommissare für den Dienst bei ihr zu gewinnen, unwahrer Angaben bedient habe, noch daß sie diese zum Vertragsbruch gegenüber der D . - A G . habe verleiten wollen. Das Berufungsgericht sieht auch nicht als widerlegt an die Angabe der Zweitbeklagten, sie sei davon ausgegangen, daß die Bezirkskommissare der D.-AG. von der F P O . nicht übernommen werden würden, da diese bereits eine vollständige Organisation in W . besessen habe. (Tatsächlich sind sie, wie das Berufungsgericht als unstreitig feststellt, größtenteils — außer dem zu der Zweitbeklagten übergegangenen Erstbeklagten — von der F P O . übernommen worden.) Das Berufungsgericht betrachtet das Verhalten der Zweitbeklagten wegen des geringen praktischen Erfolges ihrer Bemühungen, da sie unstreitig nur den Erstbeklagten zum U e b e r t r i t t aus dem Dienst bei der D.-AG. in ihren Dienst hat bestimmen können, und zwar in d e r Annahme, daß er sein Anstellungsverhältnis bei dieser gelöst habe, n i c h t als sittenwidrig. Diese Auffassung des Berufungsgerichts wird von der Revision der Klägerin mit R e c h t angegriffen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, die auf dem G e b i e t e des W e t t b e w e r b s (zu § 1 U n l W G . ) ergangen und hier ohne Rücksicht darauf anwendbar ist, daß Ansprüche aus dem Gesetz über den unlauteren W e t t b e w e r b im

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vorliegenden Falle verjährt sind, stellt der Versuch eines Gewerbetreibenden, den Angestellten eines Mitbewerbers für sich zu gewinnen, noch keinen Verstoß gegen § 1 UnlWG. und daher auch nicht gegen den hier nur in Betracht kommenden § 826 B G B . dar, falls nicht durch die Planmäßigkeit des Vorgehens, die dabei angewendeten Mittel oder die damit verfolgten Zwecke die Handlungsweise das Wesen der Sittenwidrigkeit annimmt (RGZ, Bd. 81 S. 86 [91], ferner die weiteren Urteile des erkennenden Senats vom 27. Februar 1917 II 412/16 in MuW. 1916/17 S. 277, vom 12. Juni 1928 MuW. 1927/28 S. 566, vom 7. Juni 1932 II 364/31 in MuW. 1932 S. 387 [388], vom 16. März 1934 II 292/33 in J W . 1934 S. 2137 Nr. 8, vom 6. November 1934 II 200/34 in MuW. 1935 S. 63). Das Berufungsgericht hat rechtsirrig den Gesichtspunkt der P l a n m ä ß i g k e i t ganz unberücksichtigt gelassen, obgleich das nach einem festen Plan zielbewußt eingestellte Vorgehen der Zweitbeklagen, zu dem Zeitpunkt der Verschmelzung der D.-AG. mit einem anderen Versicherungsunternehmen einen größeren Einbruch in den Versicherungsbestand der D.-AG. im Bezirk W. zu unternehmen und so deren Versicherte zu sich herüberzuziehen, in erster Reihe mit Hilfe bisheriger dortiger Bezirkskommissare der D.-AG., die man zu diesem Zweck möglichst zahlreich für sich zu gewinnen suchte, sich ohne jeden Zweifel aus dem teils unstreitigen, teils vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ergibt. Es rechtfertigt auch nicht eine andere Beurteilung, wenn das Berufungsurteil die Annahme der Beklagten, die Vertreter der D.-AG. würden von der F P O . nicht übernommen werden, als nicht widerlegbar ansieht. Daß die Sorge um das Schicksal der etwa abgebauten Vertreter der D.-AG. die Triebfeder für die Werbungsversuche der Zweitbeklagten bei ihnen gewesen wäre, ist von ihr selbst nicht behauptet und vom Berufungsurteil nicht festgestellt worden. Es bedurfte also auch nicht einer ausdrücklichen, tatsächlichen Feststellung des Berufungsurteils, daß das Vorgehen der Beklagten lediglich oder doch hauptsächlich aus eigensüchtigen Beweggründen hervorgegangen ist. Daß dieses ausschlaggebend mitgewirkt hat, ergibt sich aus den ganzen Feststellungen des Berufungsurteils und als Erfahrungstatsache auch aus der eigenen Beurteilung des Revisionsgerichts. Das Berufungsgericht hat die Frage der Planmäßigkeit des Handelns der Zweitbeklagten deshalb nicht geprüft, weil es der rechtsirrigen Ansicht ist, daß die Handlungsweise der Zweitbeklagten behufs Gewinnung der bisherigen Bezirkskommissare der D.-AG. mit Rücksicht auf den „praktisch geringen Erfolg", da nur der Erstbeklagte gewonnen wurde, überhaupt nicht sittenwidrig sein könne. Aber diese Auffassung ist verfehlt, wie die Revision der Klägerin mit Recht rügt. Schon der Versuch der Gewinnung eines einzigen wertvollen, gut eingearbeiteten Angestellten (Arbeiters) kann, auch wenn der Versuch keinen Erfolg haben sollte,

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nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sittenwidrig sein, falls es sich um ein planmäßiges Vorgehen handelt oder die dabei angewendeten Mittel oder die damit verfolgten Zwecke der Handlungsweise das Kennzeichen der Sittenwidrigkeit aufprägen; vgl. die oben angeführten Urteile des erkennenden Senats in RGZ. Bd. 81 S. 86 (91) und in MuW. 1932 S. 387, ferner RGUrt. vom 27. Oktober 1933 II 82/1933 in MuW. 1934 S. 63. In allen diesen Fällen handelte es sich teils um das versuchte, teils um das vollendete Ausspannen einer einzelnen wertvollen Arbeitskraft eines Betriebes durch den Mitbewerber von Anfang an. Im vorliegenden Falle aber sind nach der Feststellung des Berufungsgerichts die Bemühungen zur Gewinnung zahlreicher bisheriger Bezirkskommissare der D.-AG. im Bezirke W. von der Zweitbeklagten gemacht worden. Das ist mit Rücksicht auf die oben dargelegte Planmäßigkeit des Vorgehens der Zweitbeklagten das Entscheidende für die Annahme der Sittenwidrigkeit eines solchen Verhaltens. Selbstverständlich kann das Abspenstigmachen zahlreicher wertvoller Arbeitskräfte eines Betriebes durch den Mitbewerber die Planmäßigkeit des Handelns noch klarer erscheinen lassen, besonders dann, wenn sie vom neuen Arbeitgeber in ihrem bisherigen Wirkungskreise verwendet werden, wie das meist zu geschehen pflegt. Ein solcher Fall lag der oben erwähnten Entscheidung des erkennenden Senats vom 16. März 1934 in J W . 1934 S. 2137 Nr. 8 zugrunde, wo der Bestand des Unternehmens durch das Ausspannen zahlreicher gut eingearbeiteter Arbeitskräfte in bedrohlicher Weise angegriffen worden war. Auch hier sollten, wie bei dem allein gewonnenen Erstbeklagten vom Berufungsurteil festgestellt worden, die Vertreter sofort in ihren bisherigen Wirkungskreisen gegen ihre Dienstherrin, in deren Dienste sie zur Zeit dieser Werbungsversuche noch standen, unter voller Ausnützung ihrer im Dienste der D.-AG. erworbenen Kenntnisse und persönlichen Beziehungen eingesetzt werden. Das ist insofern auch geschehen, als die Zweitbeklagte nach der Feststellung des Berufungsurteils -die verstärkte Kundenwerbung durch den Erstbeklagten im wesentlichen auf drei ihm anvertraute örtliche Kreise beschränkte. Das bedeutet auch ein heimliches, das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Geschäfsherrn und seinen Bediensteten untergrabendes, in den Geschäftsbetrieb auf das Empfindlichste eingreifendes Tun. (Urt. des erkennenden Senats in MuW. 1916/17 S. 277.) Das ist (entgegen der im Berufungsurteil ausgesprochenen Auffassung) ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 B G B . auch dann, wenn keine täuschenden oder unwahren Angaben gemacht worden sind, wenn eine Verleitung zum Vertragsbruch nicht beabsichtigt worden ist und nicht vorlag und wenn die Beklagte urkundliche, dem Erstbeklagten von der D.-AG. als ihrem Vertreter anvertraute Grund-

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lagen nicht erhalten und nicht benützt hat (vgl. das genannte Urteil des erkennenden Senats in J W . 1934 S. 2137 Nr. 8). Bei den Versicherungskommissaren der D.-AG. handelt es sich um Angestellte, die sowohl bei ihr wie gegenüber ihren Versicherungsnehmern eine gewisse Vertrauensstellung einnahmen wie auch aus den von der Klägerin mitgeteilten, von den Beklagten nicht bestrittenen Rundschreiben der D.-AG. an ihre Bezirkskommissare klar hervorgeht. Es ist daher nicht zu billigen, wenn das Berufungsurteil der Beklagten keinen Vorwarf daraus machen zu können glaubt, daß sie die vom Erstbeklagten im Dienste der D.-AG. erworbenen Kenntnisse und persönlichen Beziehungen bei der Kundenwerbung sofort in seinem bisherigen Bezirke gegen die Klägerin voll ausnützte. Für den hieraus der Klägerin etwa erwachsenen Schaden durch „Ausspannen" von Versicherungen der D.-AG. haftet schon dieserhalb die Zweitbeklagte der Klägerin. Danach ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts das Verhalten der Zweitbeklagten, soweit es die versuchte und die — in bezug auf den Erstbeklagten — vollendete Gewinnung der bisherigen Kreiskommissare der D.-AG. betrifft, sittenwidrig. Die Beklagte hat aber nicht nur durch das planmäßige Ausspannen des Erstbeklagten sittenwidrig gehandelt, sondern sie hat ihr planmäßiges, sittenwidriges Verhalten, wie dargelegt, noch dadurch gesteigert, daß sie ihn sofort in seinem bisherigen Wirkungskreis g e g e n seine bisherige Dienstherrin eingesetzt hat, um seine im Dienste der D.-AG. erworbenen Kenntnisse und persönlichen Beziehungen voll zu i h r e m Vorteil auszunutzen. Hier, d. h. im Punkte der verstärkten Kundenwerbung unter den Versicherungsnehmern der D.-AG. seit dem Herbst 1929, nimmt das Berufungsgericht selbst eine Planmäßigkeit im Vorgehen der Zweitbeklagten an, weil sie Veränderungen in ihrer Gliederung vorgenommen und ihre Werbetätigkeit gerade in dem hier in Betracht kommenden Bezirk W. gesteigert habe. Aber das Berufungsgericht meint, diese Planmäßigkeit reiche doch nach dem verhältnismäßig geringen Erfolg, der dieser verstärkten Kundenwerbung beschieden gewesen sei, nicht aus, um die Sittenwidrigkeit dieses Verhaltens und der dadurch bewirkten Schädigung der Klägerin zu begründen. Diese Auffassung des Berufungsgerichts ist rechtsirrig, wie die Revision der Klägerin mit Recht rügt. Das Verhalten eines Mitbewerbers, das sich planmäßig gegen ein bestimmtes Wettbewerbsunternehmen richtet, das also zielbewußt und planmäßig darauf ausgeht, dieses in seinen wirtschaftlichen Grundlagen, wenn auch nur in einem bestimmten räumlichen Bezirk seiner geschäftlichen Tätigkeit, zu treffen, ist eben wegen der planmäßigen Einstellung auf Schwächung des Anderen zum eigenen Vorteil wettbewerbsfremd. Der Handelnde kämpft nicht mehr mit den Waffen des

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lauteren Wettbewerbs, d. h. der besseren und preiswerteren Ware oder Leistung; sein Vorgehen liegt außerhalb der hierdurch gezogenen Grenzen und verstößt daher gegen die guten Sitten im Geschäftsverkehr. Es macht rechtlich keinen Unterschied, ob ein solches sich gegen die wirtschaftlichen Grundlagen eines anderen geschäftlichen Unternehmens richtendes Verhalten eines Mitbewerbers sich des Mittels des Ausspannens eines für den bisherigen Betrieb besonders wertvollen Angestellten oder Arbeiters oder zahlreicher, gut eingearbeiteter Kräfte bedient oder durch verstärkte Kundenwerbung möglichst zahlreiche, im Vertragsverhältnis mit dem Anderen stehende Kunden, wenn auch ohne Verleitung zum Vertragsbruch, zu sich herüberzuziehen sucht. Unerheblich ist, wie sich hiernach ohne weiteres ergibt, auch der Umstand, daß die auf das angegebene Ziel gerichteten Bemühungen im einzelnen Falle etwa nur einen verhältnismäßig geringen Erfolg gehabt haben, wie es hier nach der Ansicht des Berufungsgerichts der Fall gewesen sein mag. Ein Verhalten, das an sich sittenwidrig ist, hört nicht deshalb auf es zu sein, weil der tatsächliche Erfolg, den sich der Täter davon versprach, vielleicht nicht gerade sehr groß ist. Sonach hat das Berufungsurteil einen Verstoß der Zweitbeklagten gegen § 826 B G B . rechtsirrig verneint. Vielmehr genügen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils zur Anwendung dieser Gesetzesvorschrift. Diese Beklagte ist der Klägerin für den ihr durch diesen Verstoß erwachsenen Schaden haftbar. (Wird ausgeführt.) RGZ. 149, 143 1. . . . 2. Zum Begriff der Hinterlist i. S. des § 825 BGB. BGB. § 825. IV. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 4. November 1935.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter Teil IV. Recht, Familienrecht".

„Bürgerliches

RGZ. 149, 321 1.—2. . . . 3. Kann das Zurückbehaltungsrecht bei Ansprüchen ans gegenseitigen Verträgen auch wegen verjährter Ansprüche ausgeübt werden? B G B . § 212 Abs. 2, § 320, 852. I. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 16. November 1935.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Verfahrensrecht, Zivilprozeßordnung".

Unerlaubte

157

Handlungen

RGZ. 151, 296. Kaan neben der Haftung des Reeders (Schiffseigners aus §§ 485, 486 HGB. (§§ 3, 4 BinnSchiffG.) eine Haftung aus § 831 BGB. geltend gemacht werden? HGB. §§ 485, 486.

BinnSchG. §§ 3, 4.

I. Z i v i l s e n a t .

BGB. § 831.

Urt. v. 28. Mai 1936.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Seerecht". RGZ. 151, 330*) Sind auf den Schadensersatz, den der Schädiger dem Verletzten oder seinen unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen zu leisten hat, die Bezüge anzurechnen, die der Arbeitgeber des Verletzten diesem als Ruhegeld oder seinen Hinterbliebenen als Witwen- oder Waisengeld aus Freigebigkeit oder auf Grund eines bürgerlich-rechtlichen Vertrags gewährt? BGB. §§ 249, 844. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 8. Juni 1936.

I. L a n d g e r i c h t M ü n c h e n - G l a d b a c h .

II. O b e r l a n d e s g e r i c h t

Düsseldorf.

Der als Kassenbote in Diensten der N.L.K.AG. stehende Ehemann der Erstklägerin und Vater der beiden Mitklägerinnen fuhr am Morgen des 25. Juli 1934 auf seinem Fahrrad durch die Marktstraße in R. In derselben Richtung fuhr durch die Marktstraße ein dem Beklagten gehörender und von ihm selbst gelenkter Lastkraftwagenzug, der aus einem Motorwagen und einem Anhänger bestand. Der Zug überholte den rechts am Rande der Straße fahrenden Radfahrer. Dabei wurde der Radfahrer von dem rechten Hinterrad des Anhängers erfaßt und herumgeschleudert und so schwer verletzt, daß er noch am selben Tage verstarb. Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Grund des § 844 BGB. und der §§ 7, 10 KFG. auf Schadensersatz in Anspruch. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, den Klägerinnen im Rahmen der genannten Vorschriften allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch den Unfalltod des Ehemannes und Vaters entstanden sei oder künftig entstehe, soweit nicht die Ansprüche gemäß § 1542 RVO. auf öffentliche Versicherungsträger übergegangen seien. Mit der Revision begehrte der Beklagte die Abweisung der Klage. Die Revision wurde zurückgewiesen. Aus den G r ü n d e n : (Zunächst werden die Angriffe der Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Haftbarkeit des Beklagten für den Unfalltod •) Vgl. a u c h B d . 152 S. 199 (abgedr. u n t e r „ R e c h t nisse, V e r p f l i c h t u n g zur L e i s t u n g " ) .

der

Schuldverhält-

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Schuldrecht, Besonderer Teil

des Ehemannes und Vaters den Klägerinnen bejaht und den Schaden dem Beklagten allein auferlegt hat, zurückgewiesen. Dann wird (ortgefahren:) Der Hauptangriff der Revision richtet sich dagegen, daß das Berufungsgericht die Beträge, welche die Erstklägerin als Witwengeld von der Arbeitgeberin ihres verunglückten Ehemannes erhält, bei der Berechnung des ihr durch den Tod des Mannes entgehenden Rechts auf Unterhalt nicht berücksichtigt. Die Erstklägerin erhält neben der ihr von der Berufsgenossenschaft gezahlten Witwenrente von monatlich 53,60 RM. von der N.L.K.AG. seit dem 1. Januar 1935 ein Witwengeld von monatlich 93,80 RM., nachdem sie bis dahin von ihr monatlich 50 RM erhalten hatte. Nach der Annahme des Berufungsgerichts erhält sie mit den 53,60 + 93,80 = 147,40 RM. monatlich mehr, als der Verstorben« ihr bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen aus seinem Reineinkommen von monatlich 225 RM. hätte zuwenden können und zuzuwenden verpflichtet gewesen wäre. In Anlehnung an die Entscheidung des erkennenden Senats vom 10. Januar 1935 (RGZ. Bd. 146 S. 287) verneint aber das Berufungsgericht, daß der Rentenanspruch der Klägerin gegen die N.L.K.AG. trotz seiner Aehnlichkeit mit dem Witwengeld einer Beamtenwitwe den durch den Tod ihres Ernährers ihr entstehenden Schaden mindert. Es läßt unentschieden, ob das vor dem 1. Januar 1935 gewährte Witwengeld von 50 RM. monatlich aus reiner Freigebigkeit von der N.L.K.AG. gewährt wurde und schon deshalb nicht anzurechnen ist, oder ob, wie der Beklagte behauptet, die Hinterbliebenen der Angestellten und Arbeiter der N.L.K.AG. seit vielen Jahren sämtlich solche Renten erhalten haben und durch stillschweigende Vereinbarung ein Anspruch auf solche Rente begründet worden ist. Auch für diesen zweiten Fall verneint es die Anrechenbarkeit der Rente mit der Begründung, der Verstorbene habe dann durch seine Arbeitsleistung den Rentenanspruch verdient und damit den Gegenwert für die Rente geleistet, und deshalb könne die Sachlage nicht anders beurteilt werden, als wenn er einen privaten Versicherungsvertrag zugunsten seiner Hinterbliebenen abgeschlossen hätte. Ebenso läßt das Berufungsgericht unentschieden, ob die N.L.K.AG. durch ihre erst nach dem Tode des Verunglückten eingeführte Ruhegeldordnung der Erstklägerin einen Anspruch auf Witwengeld freiwillig eingeräumt hat oder ob sie verpflichtet war, ihr einen solchen Anspruch zu gewähren, und führt aus, daß auch hier in dem zweiten Falle der Anspruch nur durch die langjährigen Dienste, die der Verstorbene der N.L.K.AG. geleistet habe, begründet worden sei. In keinem Falle könnten deshalb die Zahlungen der früheren Arbeitgeberin des Verstorbenen dem Beklagten zugute kommen. Die Revision geht davon aus, daß es sich nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts im Falle der Versetzung eines Beamten in den

Unerlaubte Handlungen

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Ruhestand bei der Frage, ob das Ruhegehalt auf den Gehaltsausfall anzurechnen sei, nicht um eine Vorteilsausgleichung handle, vielmehr der ihm durch die Dienstunfähigkeit entstandene Schaden von vornherein nicht der volle Gehaltsausfall sei, sondern um den Betrag des Ruhegehalts geringer sei, und daß ebenso bei einem Witwen- und Waisengeld der Hinterbliebenen eines Beamten der in dem Amtseinkommen des Ernährers gewährleistete Unterhalt durch den Tod des Ernährers nicht in seinem ganzen Umfang entzogen werde, sondern der Schaden um den Betrag der Hinterbliebenenbezüge geringer sei. Die Revision meint, auch bei Privatangestellten müsse ebenso wie bei Beamten veraeint werden, daß in Höhe des Ruhegehaltes oder der Hinterbliebenenbezüge überhaupt ein Schaden durch den Verlust der Arbeitsfähigkeit oder durch den Tod des Ernährers entstehe; denn die Frage des Schadens sei nur abhängig von den Einwirkungen des schädigenden Ereignisses auf das Vermögen, und der Umfang dieser Einwirkungen sei bei einem aus Anlaß eines Unialls in den Ruhestand versetzten Beamten kein anderer als bei einem mit gleichem Ruhegeld in den Ruhestand versetzten Privatangestellten. Das gelte im vorliegenden Fall besonders, weil die Ruhegeldordnung der N.L.K.AG. der gesetzlichen Regelung des Ruhegeldes der Beamten und der Fürsorge für ihre Hinterbliebenen inhaltlich weitgehend gleiche. Aber auch wenn man die Anrechnung dieser Bezüge als Vorteilsausgleichung ansehe, könne nicht zwischen Beamten und Privatangestellten, denen oder deren Hinterbliebenen entsprechende Bezüge zuständen, unterschieden werden. Denn auch bei diesen beruhten die Bezüge nicht in einem besonderen, außerhalb der Dienststellung gelegenen Rechtsgrunde, sondern wurzelten wie der Gehaltsanspruch unmittelbar in den Anstellungsbedingungen und letzten Endes auch in dem Gesetz (§ 611 BGB.). Die Revision meint, das Berufungsgericht berufe sich deshalb zu Unrecht für seine Rechtsansicht auf die Entscheidung RGZ. Bd. 146 S. 287. Diese beziehe sich ebenso wie die Entscheidungen RGZ. Bd. 130 S. 258 und Bd. 141 S. 173 auf Fälle, in welchen dem Verletzten aus einem besonderen, neben dem Dienstvertrage einhergehenden Versicherungsvertrage Bezüge zugestanden hätten, und gerade dieser entscheidende Gesichtspunkt komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Der vom Berufungsgericht verwendete Gesichtspunkt, daß der Verstorbene durch seine Arbeitsleistung den Rentemanspruch verdient habe, treffe auch bei dem Beamten zu, so daß, wenn er ausschlaggebend wäre, auch das Ruhegehalt des Beamten nicht anzurechnen wäre. Er könne aber nach RGZ. Bd. 64 S. 350 (353) deshalb nicht ausschlaggebend sein, weil es sowohl an einem besonderen Rechtsverhältnis neben dem Dienstverhältnis als auch an Gegenleistungen für die gewährten Bezüge in Gestalt von Prämien und Beiträgen fehle. Und selbst wenn der Verunglückte sich bestimmten Gehaltsabzügen unterworfen hätte, würde die Sache

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Schuldrecht, Besonderer Teil

nach der letzterwähnten Entscheidung und nach RGZ. Bd. 130 S. 262 nicht anders liegen. Auch diesen Angriffen der Revision ist der Erfolg zu versagen. Wie der erkennende Senat schon in der Entscheidung RGZ. Bd. 146 S. 287 ausgeführt hat, ist in der Rechtsprechung des Reichsgerichts ständig zwischen gesetzlichen Bezügen der Verletzten und ihrer Hinterbliebenen einerseits und Bezügen aus Verträgen anderseits unterschieden worden; jene werden auf die Schadensersatzverbindlichkeit des Schädigers angerechnet, diese nicht. Wenn in jener Entscheidung bei den Bezügen aus Verträgen insbesondere die Bezüge aus vertraglichen Versicherungsverhältnissen hervorgehoben worden sind, so beruht das darauf, daß es sich in dem damals entschiedenen Falle um die Frage der Anrechnung einer aus einer Versicherung, und zwar einer Unfallversicherung, erhaltenen Zahlung handelte. Keinesfalls kann aus der Entscheidung entnommen werden, daß etwa die Nichtanrechnung der Bezüge aus Verträgen auf Bezüge aus Versicherungsverträgen hätte beschränkt werden sollen. An der Nichtanrechnung der Ansprüche aus Verträgen wird auch gegenüber den Angriffen der Revision festgehalten. Der leitende Grundsatz der angeführten Entscheidung, es widerspreche dem Sinn des Versicherungsverhältnisses, daß die Leistungen des Versicherers dem Schädiger zugute kommen, es sei denn bei der Haftpflichtversicherung, wo er selbst der Versicherte sei, gilt entsprechend auch für andere Vertragsverhältnisse, insbesondere für ein Verhältnis der Art, wie es zwischen dem Verunglückten und der N.L.K.AG. bestanden hat. Auch bei solchem Vertragsverhältnis wäre es widersinnig, die Leistungen, die der Arbeitgeber gemäß seiner Ruhegeldordnung dem Verletzten oder dessen Hinterbliebenen gewährt, dem Schädiger zugute kommen zu lassen. W i e es nach der angezogenen Entscheidung bei einer Unfallversicherung nicht darauf ankommen kann, ob der gegen Unfall Versichertc die Versicherungsbeiträge selbst bezahlt oder ob das ein anderer zu seinen Gunsten tut, auch nicht darauf, ob dieser andere aus Freigebigkeit handelt oder auf Grund eines Dienstvertrages, ebenso kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Arbeitgeber seinen Angestellten ein dem gesetzlichen Ruhegehalt eines Beamten ähnliches Ruhegeld und den Hinterbliebenen seiner Angestellten Bezüge, die dem gesetzlichen Witwen- und Waisengeld der Hinterbliebenen eines Beamten ähnlich sind, ganz aus eigenen Mitteln gewährt oder ob er von denjenigen Angestellten, denen die Anwartschaft auf Ruhegeld zukommt, einen laufenden Beitrag erhebt und jeweils von dem Gehalt einbehält. Es kann auch nicht darauf ankommen, ob er durch seine Ruhegeldordnung einen eigenen Versicherungsverein (kleineren Verein) im Sinne des § 53 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen usw. vom 6. Juni 1931 begründet (vgl. RGZ. Bd. 130 S. 258 [262]) oder ob er seinen Angestellten für sich

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Unerlaubte Handlungen

und ihre Hinterbliebenen eine solche Versorgung in der Weise gewährt, daß er zu ihren Gunsten einen entsprechenden Versicherungsvertrag mit einer privaten Versicherungsgesellschaft abschließt und die dafür zu zahlenden Beiträge allein aus eigenen Mitteln oder unter Zuhilfenahme von Gehaltsabzügen leistet. Schließlich kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Versorgung der Angestellten und ihrer Hinterbliebenen der den Beamten durch Gesetz gewährten Versorgung mehr oder weniger ähnlich ist. Ob die unterschiedliche Behandlung der gesetzlichen Bezüge gegenüber den Bezügen aus bürgerlich-rechtlichen Verträgen überhaupt innerlich zu rechtfertigen ist, kann auch jetzt, wie in RGZ. Bd. 146 S. 287, unentschieden bleiben. Jedenfalls kann nichts von alledem, was die Klägerinnen, sei es aus Freigebigkeit, sei es auf Grund eines Vertrags Verhältnisses, von der N.L.K.AG. erhalten, dem Beklagten zugute kommen. Es kann auch nicht anerkannt werden, daß Billigkeitserwägungen eine andere Entscheidung gebieten könnten, e t w a der Gedanke, daß es nicht billig sei, wenn ein Verletzter oder die Hinterbliebenen eines Getöteten für den Verlust von Lohn oder Gehalt vollen Schadensersatz von dem Schädiger erhalten und ihnen daneben ein Ruhe- oder Witwen· oder Waisengeld gezahlt wird. Wenn die N.L.K.AG. sich nicht ausbedungen hat, daß in Fällen, in denen für den Verlust der Erwerbsfähigkeit oder den Tod eines ihrer Angestellten oder Arbeiter ein Dritter haftet, die daraus gegen diesen Dritten herzuleitenden Schadensersatzansprüche derjenigen, die infolge der schädigenden Handlung Ruhe-, Witwenoder Waisengeld beziehen, in Höhe dieser Bezüge an die N.L.K.AG. abzutreten seien, so handelt es sich eben um eine für die Mitglieder des Betriebes besonders günstige Regelung, die von der N.L.K.AG. aus besonderem Wohlwollen für ihre Betriebsmitglieder getroffen worden sein mag oder auch darauf zurückzuführen sein kann, daß man an die Abtretbarkeit der Ansprüche bei Erlaß der Ruhegeldordnung nicht gedacht hat. Die Ansprüche aber deshalb, weil ihre Abtretung nicht im voraus ausbedungen ist, erlöschen oder gar nicht erst entstehen zu lassen, wäre nicht billig. Zu Unrecht bemängelt die Revision auch die zugunsten der Mitklägerinnen getroffene Feststellung. Daß die Zweitklägerin bereits volljährig und von Beruf Kontoristin ist, erklärt das Berufungsgericht mit Recht für unerheblich, da sie jedenfalls zeitweilig erwerbslos war und der Verstorben« auch ihr gegenüber nach §§ 1601 flg. BGB. unterhaltspflichtig war und jederzeit wieder werden konnte. Der Getötete stand zur Zeit der Verletzung zu beiden Töchtern in einem Verhältnis, vermöge dessen er ihnen gegenüber unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und beiden Töchtern ist infolge der Tötung das Recht gegen den Vater auf den Unterhalt entzogen worden. Der Beklagte hat deshalb nach § 844 Abs. 2 BGB., § 10 Abs. 2 KFG. beiden Töchtern durch Entrichtung einer Geldrente Zivils. Schuldrecfat 10

11

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Schuldrecht, Besonderer Teil

insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Revision meint, wenn die Erstklägerin von der Berufsgenossenschaft und von der N.L.K.AG. zusammen monatlich 147,40 RM. beziehe, dann hätten die beiden Töchter ihr gegenüber in demselben Umfang und in derselben Weise Unterhaltsansprüche, wie solche ihnen früher gegen den Vater zugestanden hätten; die Töchter erlitten also auch keinen Schaden durch Verlust des Unterhaltsanspruchs gegen den Vater. Dabei verkennt die Revision, daß im Falle des § 844 BGB. die Vorschrift des § 843 Abs. 4 entsprechende Anwendung findet, daß also auch die Ansprüche der Töchter aus § 844 Abs. 2 nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß die Erstklägerin ihnen Unterhalt zu gewähren hat. RGZ. 151, 345 1. Ist iür den Beginn der Verjährung die nach § 852 BGB. erforderliche Kenntnis des Verletzten von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen auch dann maßgebend, wenn die Berufsgenossenschaft den auf sie übergegangenen Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger geltend macht? 2. Wird die Verjährung unterbrochen, wenn die Frist an einem Sonntag abläuft und die Klage am folgenden Tagezugestellt worden ist? BGB. §§ 193, 209, 217, 222, 852. RVO. § 1542. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 11. Juni 1936.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Allgemeiner Teil". RGZ. 152, 115 In welchen Fällen wird die Verjährungsfrist des § 852 BGB. dadurch in Lauf gesetzt, daß der Versicherungsträger, auf den die Unialliorderung gemäß § 1542 RVO. übergegangen ist, die erforderliche Kenntnis erlangt? VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 3. August 1936.

I. Landgericht Altona.

II. Oberlandesgericht Kiel.

In der Mühle des R. wurde ein von der Beklagten gelieferter Oelkuchenbrecher verwendet. Am 8. Dezember 1930 half der 11jährige K. freiwillig bei der Bedienung der Maschine und wurde durch die Zähne des Brechers verletzt. Der Unfall ist im Verfahren vor den Versicherungsbehörden als gewerblicher Betriebsunfall anerkannt wor-

Unerlaubte

Handlungen

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den. Die Müllereiberufsgenossenschaft hat sodann wegen der an K. zu zahlenden Rente Rückgriff gegen R. genommen, weil er eine den Unfallverhütungsvorschriften nicht entsprechende, ungesicherte Maschine im Betriebe verwendet habe. An Stelle des R. hat die Klägerin auf Grund Versicherungsvertrags die Erstattung der Rente an die Berufsgenossenschaft übernommen. Mit der am 8. April 1934 erhobenen Klage nimmt die Klägerin nunmehr die Beklagte als Herstellerin der ungesicherten Maschine auf Erstattung der Rentenaufwendungen in Anspruch und stützt sich dabei u. a. auf einen angeblichen Anspruch des verletzten K. gegen die Beklagte aus § 823 BGB., soweit er gemäß § 1542 RVO. zunächst auf die Berufsgenossenschaft übergegangen und sodann an die Klägerin abgetreten worden ist. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben, weil die Berufsgenossenschaft alsbald nach dem Unfall von allen für § 823 BGB. wesentlichen Umständen Kenntnis erlangt habe. Die Klägerin hat erwidert, daß es für den Beginn der Verjährungsfrist allein auf die Kenntnis des Verletzten selbst ankomme. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte insoweit keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Der Einwand der Revision, daß es für den Beginn der Verjährung ausschließlich auf die Kenntnis des Verletzten selbst oder seines gesetzlichen Vertreters ankomme, vermag nicht durchzugreifen. In den bisher entschiedenen Fällen handelte es sich stets um einen Sachverhalt, bei dem umgekehrt eine Kenntnis des Verletzten gegeben, eine Kenntnis der Berufsgenossenschaft dagegen zweifelhaft war. Nur in diesen Fällen ist ausgesprochen worden, daß die Kenntnis des Verletzten hinreiche, um die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. In RGZ. Bd. 63 S. 382 (388) wird gesagt, daß die Verjährung nach § 8 HaftpflG. mit dem Unfall beginne; gehe der Anspruch auf einen anderen über, so sei das auf den Beginn und Verlauf der Verjährung ohne Einfluß. Aehnlich liegen die Fälle in RGZ. Bd. 85 S. 424 (427) und Bd. 151 S. 345. Auch das Oberlandesgericht Hamm bejaht in seiner Entscheidung in J W . 1921 S. 117 Nr. 3 die Verjährung infolge einer Kenntnis des Verletzten selbst bei Unkenntnis der Berufsgenossenschaft. Die Erläuterungsbücher haben diese Entscheidungen so verstanden, daß es allein auf die Kenntnis des Verletzten selbst ankomme: RGRKomm. z. BGB. 852 Anm. 4 a. E.; P l a n c k BGB. § 852 Anm. 2 Abs. 1 a; L e h m a n n RVO. § 1542 Anm. 11). . . . Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Grundsatz des § 852 BGB., daß nach dem Wortlaut des Gesetzes der Verletzte selbst Kenntnis von Tat und Täter haben müsse, sei mehrfach durchbrochen. Bereits bei den Geschäftsbeschränkten und Geschäftsunfähigen k o m m e es nicht auf ihre Kenntnis, sondern auf die ihrer Vertreter an, die be11*

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rufen seien, den Ansprach geltend zu machen. Aehnlich liege es bei den Ansprüchen Dritter aus §§ 844, 845 BGB. Gewiß würde von diesen Personen ein eigener Schaden geltend gemacht. Bei den auf die Berufsgenossenschaft übergegangenen Ansprüchen liege es im Grunde aber ebenso, denn sie und nur sie allein sei dazu berufen, den im allgemeinen bereits mit dem Unfall auf sie übergegangenen Anspruch geltend zu machen. Der Verletzte sei gar nicht in der Lage, ihn insoweit einzuklagen, sondern werde durch den Uebergang auf den Versicherungsträger hieran gehindert. Daher sei auch die Berufsgenossenschaft unter Ausschhiß des Verletzten diejenige, die an einer Geltendmachung des Anspruchs im Rahimen des Uebergangs allein interessiert und hierzu berechtigt sei. Ihre Kenntnis müsse daher ausreichen, um die Verjährungsfrist gegen sie in Lauf zu setzen, da der insoweit beteiligte Verletzte selbst sich um die Verfolgung der Ansprüche gar nicht bemühe und bemühen könne. Andernfalls würde der Zweck der kurzen Verjährung, die Erledigung derartiger Ansprüche aus unerlaubter Handlung baldmöglichst herbeizuführen, gegenstandslos, da sonst für den auf die Berufsgenossenschaft übergegangenen Ainsprucfosteil praktisch eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gegeben wäre. Dieser Auffassung des Berufungsgerichts ist im Ergebnis beizutreten. Wenn § 852 BGB. auf die Kenntnis des „Verletzten" abstellt, so besagt das nichts anderes als die Bezeichnung des Anspruchsinhabers und des hierüber Verfügungsberechtigten. Auf wessen Kenntnis es im Fall eines Forderungsüberganges ankommt, brauchte an dieser Stelle nicht ausgesprochen zu werden und konnte es auch nicht. Es liegt hier nicht anders als sonst bei der Entstehung von Einreden gegen übergegangene Forderungen. Die Ansprüche aus der unerlaubten Handlung sind gemäß § 1542 RVO. im allgemeinen im Augenblick der Entstehung in der Person des Verletzten durch dessen Person hindurch auf die Berufsgenossenschaft übergegangen, soweit diese zu Ersatzleistungen verpflichtet ist (RGZ. Bd. 148 S. 19 [22]). Bei Forderungsabtretungen, deren Grundsätze nach § 412 BGB. auch auf einen gesetzlichen Forderungsübergang anzuwenden sind, kann der Schuldner nach § 404 BGB. eine ihm bereits gegen den alten Gläubiger erwachsene Einwendung auch dem neuen Gläubiger entgegenhalten. Soweit also der Verletzte (Altgläubiger) vor der Forderungsabtretung die in § 852 BGB. geforderte Kenntnis erlangt hat, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen mit der Folge, daß der Abtretungsempfänger nur einen Anspruch erwirbt, gegen den die Verjährung bereits in Lauf gesetzt ist; die Verjährung vollendet sich auch dann, wenn der Neugläubiger keine Kenntnis im Sinne von § 852 BGB. erlangt. Auf solche Fälle treffen die oben wiedergegebenen Entscheidungen zu. Hat der Verletzte umgekehrt zur Zeit der Abtretung noch keine Kenntnis, so erwirbt der Neugläubiger den Anspruch zunächst, ohne

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Handlungen

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daß eine Verjährung gegen ihn läuft. Erlangt der Neugläubiger die Kenntnis, so beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung. Hat der Neugläubiger diese Kenntnis bereits vor der Abtretung gehabt, so beginnt die Verjährung allerdings erst mit dem Zeitpunkt des Forderungserwerbs gegen ihn zu laufen. Eine Kenntnis des Altgläubigers vor der Abtretung schadet daher dem Neugläubiger. Nach der Forderungsabtretung setzt auch eine Kenntnis des Neuerwerbers die Verjährungsfrist gegen ihn in Laui. Das wird am deutlichsten, wenn nur ein Teil der Forderung abgetreten worden ist. Bei dem nichtabgetretenen Teil kommt es allein auf die Kenntnis des Verletzten an, da nur er Inhaber war und geblieben ist. Bei dem abgetretenen Teil kann sowohl eine vor der Abtretung erlangte. Kenntnis des Verletzten als auch die Kenntnis des Anspruchsempfängers die Verjährungsfrist in Lauf setzen. Den Ausführungen des Berufungsgerichts, daß der Wortlaut des § 852 BGB. (Kenntnis des „Verletzten") dem nicht entgegenstehe, ist daher zuzustimmen . . . Die Revision wendet ein, daß die Verjährungsfrist erst beginnen könne, nachdem die Berufsgenossenschaft auch von ihrer Versicherungspflicht und damit von dem ihr entstandenen Schaden Kenntnis erlangt habe. Das aber sei erst mit dem Urteil des Reichsversioherungsamts vom 15. Juni 1932 der Fall gewesen. Die Verjährungsfrist würde daher jedenfalls erst Mitte Juni 1935 abgelaufen, durch Zustellung der Klage am 8. April 1935 jedoch rechtzeitig unterbrochen worden sein. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Berufsgenossenschaft von dem hier geltend gemachten Anspruch aus der Körperverletzung volle Kenntnis hatte, auch davon, daß und welcher Schadensersatzanspruch dem Verletzten gegen die Beklagte entstanden war. Sie mag sich anfangs nur über ihre Versicherungspflicht und den ihr daraus entstandenen Vermögensschaden und damit über die Folge im unklaren gewesen sein, daß der Anspruch aus § 823 BGB. auf sie übergegangen war. Sie befand sich also lediglich in einem Rechtsirrtum darüber, daß der Anspruch ihr bereits zustand und von ihr geltend gemacht werden konnte und mußte. Wie weit ein solcher Rechtsirrtum eine Kenntnis im Sinne von § 852 BGB. ausschließt oder die Geltendmachung der Verjährungsfrist nach Treu und Glauben über die Grenzen von § 852 hinaus hindert, ist umstritten und bedarf für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn unter allen Umständen genügt eine allgemeine Kenntnis des Berechtigten, die es zumutbar erscheinen läßt, mit einem solchen Anspruch zu rechnen und ihn erforderlichenfalls geltend zu machen. In dieser Lage war die Berufsgenossenschaft aber spätestens am 15. Juli 1931, als sie durch den Spruch des Oberversicherungsamts über das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Betriebsunfalls belehrt und zur Anerkennung des Entschädigungsan-

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s p r u c h s verurteilt worden ist. Auf den S p r u c h des Reichsversicherungsamts, durch den lediglich der unbegründete Rekurs der Berufsgenossenschaft zurückgewiesen worden ist, kommt es daher nicht mehr an.

RGZ. 152, 129 t Unter welchen Voraussetzungen haftet eine Dorfgemeinde für Gesundheitsschädigungen, die durch das bleihaltige Wasser der von ihr betriebenen Wasserleitung verursacht werden? B G B . §§ 31, 89, 276, 278, 823. II. Z i v i l s e n a t . I. L a n d g e r i c h t G ö t t i n g e n .

Urt. v. 26. J u n i 1936. II. O b e r l a n d e s g e r i c h t

Celle.

Der K l ä g e r ist langjähriger Bewohner der e t w a 600 K ö p f e zählenden verklagten (hannoverschen) Landgemeinde. Im J a h r e 1929 traten bei ihm, der bis dahin immer gesund gewesen war, s t a r k e Magenschmerzen auf, die sich in der Folgezeit wiederholten, ohne daß eine U r s a c h e hierfür festzustellen gewesen wäre. Mehrfache zwecks Erforschung der K r a n k h e i t s u r s a c h e vorgenommene Oeffnungen der Bauchhöhle blieben ohne Erfolg. Im J a h r e 1932 verschlimmerte sich d a s Leiden. Im J a h r e 1933 traten schwere Lähmungserscheinungen hinzu. Die A e r z t e der Universitätsklinik in G. stellten nunmehr eine s c h w e r e Bleivergiftung bei ihm fest, die durch langjährigen Genuß des T r i n k w a s s e r s aus der Wasserleitung der B e k l a g t e n verursacht worden sei. Diese W a s s e r l e i t u n g ist von der Beklagten in den J a h r e n 1908/09 angelegt und unter Aufsicht eines B a u r a t s a u s H. von einer als leistungsfähig angesehenen Schlossereifirma ausgeführt worden. Sie empfängt das W a s s e r aus einer unweit des Dorfes in einem W a l d e entspringenden Quelle, die in einen Hochwasserbehälter abfließt und von dort die Wasserleitung speist. Diese besteht aus einer Hauptleitung, die d a s W a s s e r aus dem Sammelbehälter in Eisenrohren in das Dorf leitet. An die Hauptleitung sind die einzelnen Grundstücke im Dorf durch Β 1 e i r ο h r e angeschlossen. E s handelt sich bei dem Q u e l l w a s s e r , d a s den Bewohnern der verklagten G e m e i n d e durch die beschriebene Leitung zugeführt wird, um ein sehr weiches, erhebliche Mengen ,,aggressiver" Kohlensäure enthaltendes W a s s e r , d a s infolgedessen die Neigung zeigt, Metallröhren anzugreifen und zu zersetzen. Dies ergab sich anscheinend zum erstenmal im J a h r e 1928, als anläßlich der Typhusepidemie in H a n n o v e r auf V e r a n l a s s u n g des Regierungspräsidenten in H. und des L a n d r a t s in H.-M. eine Untersuchung des Q u e l l w a s s e r s selbst und d e s L e i t u n g s w a s s e r s durch d a s Hygienische Institut der Universität in

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G. vorgenommen wurde. Eine zweite Untersuchung im Herbst 1929, die sich als notwendig erwies, weil ein Einwohner des Dorfes an Bleivergiftung erkrankt war, ergab bereits sehr erhebliche Mengen von Blei, namentlich in dem Leitungswasser, das über Nacht in den Bleirohren gestanden hatte. Das untersuchende Institut warnte in beiden Fällen vor der Verwendung von Wasser, das längere Zeit in den Bleirohren gestanden habe. Auf die erste Warnung unternahm der Gemeindevorsteher der Beklagten anscheinend nichts. Auf die zweite gab er, wie die Beklagte behauptet, gelegentlich in einer Gemeindeversammlung und außerdem einmal durch Ausschellen im Dorf bekannt, daß in den Morgenstunden erst eine bestimmte Menge Wassers aus den Zapfstellen der einzelnen Grundstücke abfließen müsse, bevor das zufließende Wasser zu Wirtschafts- und Trinkzwecken verwendet werden dürfe. Eine dritte Untersuchung im März 1931 veranlaßte das Institut in G., seine Warnung vor dem Genuß des Wassers, das über Nacht im Bleirohr gestanden habe, verschärft zu wiederholen. Ob diese Warnung von der Beklagten beachtet worden ist, steht nicht fest. Eine regelmäßige Untersuchung des Leitungswassers in kürzeren Zwischenräumen wurde aiber auch jetzt nicht von ihr veranlaßt. Als im Jahre 1933 die erwähnten Lähmungserscheinungen bei dem Kläger auftraten und zahlreiche andere Bewohner der Gemeinde ebenfalls an Bleivergiftung erkrankten, wurde auf Grund eines vierten Berichts des Hygienischen Instituts vom 11. August 1933 durchgegriffen, die Anbringung von Warnungsschildern an den einzelnen Zapfstellen angeordnet und eine Entsäuerungsanlage eingebaut. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens aus Vertrag und unerlaubter Handlung in Anspruch. Er ist der Ansicht, daß die Organe der Beklagten ihre Verpflichtungen in bezug auf eine ständige Ueberwachung der Wasserleitung, eine Beseitigung des erkannten Uebelstandes und eine angemessene Warnung der Gemeindeangehörigen vor einem unvorsichtigen Genuß des Leitungswassers schuldhaft verletzt hätten. Für das Verschulden ihrer Organe habe die Beklagte einzustehen. Demgemäß hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1599,60 RM. nebst Zinsen als vorläufigem Schadensersatz und eines Schmerzensgeldes von 5000 RM. zu verurteilen, außerdem festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm allen aus der Bleivergiftung künftig entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Beklagte bestreitet den Anspruch nach Grund und Höhe. Das Landgericht hat dem Kläger einen Schadensbetrag von 1396,14 RM. nebst Zinsen zugesprochen, den weitergehenden Schadensersatzanspruch abgewiesen, im übrigen aber nach den weiteren Klaganträgen erkannt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abge-

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wiesen. Auf die Revision des Klägers wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Aus den G r ü n d e n : 1. . . . 2. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß die Klage auf unerlaubte Handlung (§ 823, 31, 89 BGB.) wie auf Vertrag (§§ 276, 278 das.) gestützt werden könne. Nach dem Klagevorbringen, das insoweit als richtig zu unterstellen ist, trifft dies zu. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihm durch den Genuß des ihm von der Beklagten vermittels eigener Anlagen und Einrichtungen zugeleiteten Trinkwassers entstanden ist. Der Anspruch gründet sich hiernach einmal auf Verletzung eines piivatrechtlichen Vertrags, durch den sich die Beklagte dem Kläger gegenüber, wie gegenüber allen ihren Einwohnern, zur Lieferung eines guten und einwandfreien Trinkwassers verpflichtet hat. Dabei kann es dahinstehen, ob es sich bei diesem Vertragsverhältnis um eine rein privatrechtliche Beziehung handelt oder ob in ihm Bestimmungen enthalten sind, die auf ein öffentlich-rechtliches Verhältnis hinweisen. Denn die Vertragsgrundsätze des bürgerlichen Rechts finden auch dann Anwendung, wenn das Vertragsverhältnis nicht rein privatrechtlich gestaltet ist, sondern auch gewisse öffentlich-rechtliche Züge aufweist, sofern nur diese nicht überwiegen und den privatrechtlichen Gesamtcharakter des Verhältnisses nicht in Frage stellen. In diesem Fall ist immerhin ein vertragsähnliches Verhältnis gegeben, für das die Vertragsgrundsätze des bürgerlichen Rechts ebenso gelten wie für ein Vertragsverhältnis. Im übrigen hat das Reichsgericht wiederholt entschieden, daß auch öffentlich-rechtliche Verhältnisse Rechte und Verbindlichkeiten erzeugen, die nach den Vorschriiten des bürgerlichen Rechts zu beurteilen sind und deren Verletzung zum Ersatz des dadurch dem anderen Teile zugefügten Schadens nach eben diesen Vorschriften verpflichtet (RGZ. Bd. 65 S. 113 [117], Bd. 78 S. 325 [328]). Danach unterliegt die Anwendbarkeit der §§ 276, 31, 89, 278 BGB. auf den vorliegenden Fall auch dann keinem Zweifel, wenn der Klaganspruch aus der Verletzung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht hergeleitet wird (RGZ. Bd. 99 S. % [99], Bd. 112 S. 290 [293], Bd. 131 S. 67 [73] und S. 278). Zum anderen gründet sich die Klage auch auf unerlaubte Handlung, da das Klagevorbringen jedenfalls sinngemäß die Behauptung enthält, die Beklagte habe ihre Pflicht, den Betrieb ihrer Wasserleitung so einzurichten, daß durch ihn nicht die in § 823 BGB. geschützten Rechtsgüter geschädigt würden, schuldhaft verletzt und dadurch dem Kläger einen schweren gesundheitlichen Schaden zugefügt. Insoweit ist der erhobene Anspruch ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu beurteilen, obgleich der Schädiger ein öffentlich-rechtlicher Verband ist. Als solcher steht die verklagte

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Gemeinde ohne Rücksicht darauf, ob sie ihre Wasserleitung auf rein privatrechtlicher — vertraglicher — Grundlage oder als eine öffentlich-rechtliche Einrichtung betreibt, den Benutzern nicht anders gegenüber als eine Privatperson, die bei der Handhabung ihrer Obliegenheiten die Sorgfalt zu beobachten hat, die im Rechtsleben nach dem bürgerlichen Recht zu beobachten ist (RGZ. Bd. 84 S. 86 [87], Bd. 131 S. 239 [249], Bd. 147 S. 275 [278]). In Verbindung mit § 823 BGB. ist daher wiederum eine Beurteilung des Klaganspruchs im Rahmen des § 276 das. geboten. Die Beklagte hat dem Kläger statt guten einwandfreien Trinkwassers bleihaltiges, also gesundheitsschädliches Wasser geliefert. Durch den GenuO des Wassers während einer Reihe von Jahren hat der Kläger schweren Schaden an seiner Gesundheit erlitten. Dies ist prozeßgerecht festgestellt. Gemäß § 276 BGB. hatte die Beklagte ihre Verpflichtungen mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu erHillen. Diese Sorgfaltspflicht erscheint verletzt. Das Berufungsgericht ist auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme, der Zeugenvernehmungen und des vorliegenden Akteninhalts der Ueberzeugung, daß die verklagte Landgemeinde k e i n Verschulden treffe, daß sie vielmehr alles getan habe, was man von ihr habe verlangen können. Der Revision ist aber darin beizutreten, daß diese Auffassung auf einer Verletzung der §§ 276, 278, 823 BGB., § 286 ZPO. beruht. Das Berufungsgericht führt aus, es habe 'bei der Beurteilung des Verschuldens „allerdings nicht einen derartig strengen Maßstab genommen, wie er bei einer größeren Stadtgemeinde anzulegen wäre"; es handle sich hier — im Gegensatz zu dem vom Reichsgericht in Bd. 99 S. 96 entschiedenen ähnlichen Fall — um eine kleine ländliche Gemeinde von nur etwa 600 Einwohnern; von ihr könne man nicht eine derartige Kenntnis der Dinge verlangen wie von einer größeren Gemeinde mit dem nötigen wissenschaftlich vorgebildeten Hilfspersonal; man würde einer solchen Gemeinde sonst Unmögliches zumuten und sie mit Kosten belasten, die für sie untragbar wären. Diese Ausführungen erwecken den Eindruck, als sei das Berufungsgericht bei der Prüfung der Frage, ob die Beklagte nach Lage der vorliegenden Umstände ein Verschulden trifft, von einem unzutreffenden Begriff der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ausgegangen, deren Außerachtlassung nach § 276 BGB. den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründet. Für eine Gemeinde, die im Interesse der Wohlfahrt der ihrer Führung anvertrauten Volksgenossen aus freier Entschließung die an sich den Grundstücksbesitzern den Hausbewohnern gegenüber obliegende Sorge für die Beschaffung eines einwandfreien Wirtschafts- und Trinkwassers übernommen hat, ist im Rahmen der Erfüllung der übernommenen Aufgabe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt die, die es möglichst gewährleistet, daß die Gemeinde-

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a n g e h ö r i g e n durch den G e n u ß des W a s s e r s , auf das sie a n g e w i e s e n sind, k e i n e n S c h a d e n an ihrer G e s u n d h e i t erleiden ( R G Z . Bd. 9 9 S . 101/2). D i e s e G e w ä h r ist s c h o n dann g e g e b e n , w e n n von der G e m e i n d e v e r w a l t u n g regelmäßig i n a n g e m e s s e n e n Z w i s c h e n räumen eine Untersuchung des L e it u η g sw a sse r s v e r a n l a ß t wird, die ihr die G e w i ß h e i t v e r s c h a f f e n soll, daß das W a s s e r für den m e n s c h l i c h e n G e n u ß geeignet ist. Denn dann ist im g e w ö h n l i c h e n V e r l a u f d e r Dinge damit zu r e c h n e n , d a ß im F a l l eines ungünstigen E r g e b n i s s e s der U n t e r s u c h u n g d i e V o r k e h r u n g e n zum S c h u t z e d e r G e s u n d h e i t der W a s s e r v e r b r a u c h e r g e t r o f f e n w e r d e n , d i e n a c h L a g e der jeweiligen U m s t ä n d e möglich und a u s r e i c h e n d s i n d , den a n g e s t r e b t e n Z w e c k zu erfüllen. Zur B e o b a c h t u n g dieser S o r g f a l t ist grundsätzlich j e d e G e m e i n d e v e r w a l t u n g befähigt und v e r p f l i c h t e t , da sie w e d e r e i n e b e s o n d e r e f a c h w i s s e n s c h a f t l i c h e oder f a c h t e c h n i s c h e Ausbildung ihrer V e r t r e t e r v o r a u s s e t z t n o c h m i t a u ß e r g e w ö h n l i c h e n A u f w e n d u n g e n v e r k n ü p f t ist. D e n n die U n t e r s u c h u n g e n follen in der R e g e l n i c h t von den G e m e i n d e v e r t r e t e r n selbst, sondern auf G r u n d der von ihnen e i n z u s e n d e n d e n W a s s e r p r o b e n durch a n d e r e , f a c h w i s s e n s c h a f t l i c h und f a c h t e c h n i s c h v o r g e b i l d e t e S t e l l e n v o r g e n o m m e n w e r d e n , die dafür k e i n e u n e r s c h w i n g l i c h e n G e b ü h r e n e i h e b e n . Die A n f o r d e r u n g e n , die an die von den G e m e i n d e n m i t e i g e n e r W a s s e r l e i t u n g b e i m B e t r i e b d i e s e r L e i t u n g zu b e o b a c h t e n d e S o r g f a l t zu stellen sind, sind daher im G r u n d e ü b e r a l l gleich. W o l l t e man dies nicht annehmen, dann würden die B e w o h n e r k l e i n e r L a n d g e m e i n d e n hinsichtlich des S c h u t z e s v o r e i n e r B e l i e f e r u n g mit gesundheitsschädlichem W i r t s c h a f t s - und T r i n k w a s s e r allgemein s c h l e c h t e r gestellt sein als die A n g e h ö r i g e n e i n e r S t a d t g e m e i n d e , die k r a f t ihrer g r ö ß e r e n geldlichen L e i s t u n g s f ä h i g k e i t in der L a g e ist, die V e r w a l t u n g ihrer A n g e l e g e n h e i t e n beruflich v o r g e b i l d e t e n K r ä f t e n zu ü b e r t r a g e n . Die A n s i c h t des B e r u f u n g s g e r i c h t s , bei d e r B e u r t e i l u n g des V e r s c h u l d e n s der B e k l a g t e n sei an die von dieser beim B e t r i e b i h r e r W a s s e r l e i t u n g zu b e o b a c h t e n d e S o r g f a l t ein g e r i n g e r e r M a ß s t a b a n z u l e g e n als an die e n t s p r e c h e n d e S o r g f a l t e i n e r S t a d t g e m e i n d e , ist d a h e r jedenfalls i n s o w e i t rechtsirrig, als die V e r p f l i c h t u n g zu e i n e r r e g e l m ä ß i g in a n g e m e s s e n e n Z w i s c h e n r ä u m e n v o r z u n e h m e n d e n U n t e r s u c h u n g des L e i t u n g s w a s s e r s in B e t r a c h t k o m m t . Die F r a g e , ob eine L a n d g e m e i n d e von der K l e i n h e i t der B e k l a g t e n n a c h einer F e s t stellung der Gesundheitsschädlichkeit ihres Leit u n g s w a s s e r s zum S c h u t z d e r W o h l f a h r t i h r e r B e w o h n e r d i e s e l b e n V o r k e h r u n g e n zu t r e f f e n v e r p f l i c h t e t ist w i e e i n e S t a d t g e m e i n d e in g l e i c h e r Lage, mag n a c h den U m s t ä n d e n des E i n z e l f a l l s v e r s c h i e d e n zu b e a n t w o r t e n sein. E i n M i n d e s t m a ß v o n S o r g f a l t ist a b e r im ang e n o m m e n e n F a l l e v o n j e d e r G e m e i n d e zu b e o b a c h t e n , nämlich die S o r g f a l t , die eine U n t e r r i c h t u n g der W a s s e r v e r b r a u c h e r v o n der g e t r o f f e n e n F e s t s t e l l u n g g e w ä h r l e i s t e t , um den einzelnen V e r b r a u c h e r

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in den S t a n d zu setzen, sich vor den ihm beim Genuß des gesundheitsschädlichen W a s s e r s drohenden Gefahren selbst zu schützen. B e i der Prüfung der F r a g e , ob die B e k l a g t e im vorliegenden Fall ein Verschulden trifft, ist also davon auszugehen, daß die B e k l a g t e als Unternehmerin einer allen Gemeindeangehörigen zur Verfügung stehenden Wasserleitungsanlage verpflichtet ist, regelmäßig in angem e s s e n e n Zwischenräumen eine Untersuchung des L e i t u n g s w a s s e r s vornehmen zu lassen, die sie erkennen läßt, in welcher Beschaffenheit das W a s s e r den Verbrauchern zugeht. Die dem angefochtenen Urteil und dem übrigen vorgetragenen Akteninhalt zu entnehmenden Tatsachen lassen keinen Zweifel zu, daß die B e k l a g t e ihre Pflicht, das von ihr den Gemeindeangehörigen zugeführte Wirtschafts- und T r i n k w a s s e r regelmäßig in angemessenen Zwischenräumen auf seine Beschaffenheit untersuchen zu lassen, n i c h t erfüllt hat. Ueber Untersuchung des W a s s e r s in den ersten 18 J a h r e n des B e t r i e b e s der Wasserleitung verlautet nichts. Von da ab ist eine Untersuchung nur ganz unregelmäßig und in unangemessen langen Zwischenräumen und stets nur auf behördlichen Druck vorgenommen worden. Die Notwendigkeit einer häufigeren Untersuchung erweist die T a t s a c h e , daß der Bleigehalt des L e i t u n g s w a s s e r s von geringen G r a d e n im J a h r e 1928 auf das dreißigfache der zulässigen Menge im J a h r e 1933 gestiegen ist. E s ist durchaus damit zu rechnen, daß eine in engeren Zwischenräumen unter B e a c h t u n g des von dem Untersuchungsinstitut im J a h r e 1928 erteilten R a t e s vorgenommene Untersuchung zur Feststellung eines stetigen S t e i g e n s des Bleigehalts und damit zu einer früheren Abstellung des Mangels geführt haben würde. D a s Berufungsgericht glaubt eine Verletzung der Untersuchungspflicht schon deshalb verneinen zu sollen, weil die beiden ersten Berichte des Hygienischen Instituts objektiv nicht geeignet gewesen seien, die Vertreter der Beklagten über die Gefährlichkeit bleihaltigen T r i n k w a s s e r s aufzuklären. Diese A u f f a s s u n g widerspricht dem mitgeteilten Inhalt der beiden Berichte, der sich sehr eingehend mit der Möglichkeit des Auftretens von Blei in dem mittels Bleirohren fortgeleileten Trinkwasser beschäftigt, auf die Schädlichkeit bleihaltigen T r i n k w a s s e r s hinweist, vor der Verwendung des über Nacht in einem Bleirohr gestandenen W a s s e r s warnt und, umgekehrt wie dies d a s Berufungsgericht annimmt, von der Keimfreiheit der Untersuchungsprobe nur nebenbei spricht. Die Berichte des Instituts waren daher objektiv durchaus geeignet, den Vertretern der Beklagten die Notwendigkeit einer fortgesetzten Ueberwachung des in der gemeindlichen Leitung fließenden W a s s e r s auf seine Freiheit von Bleilösung zum Bewußtsein zu bringen. D a s Berufungsgericht ist weiterhin der Meinung, die Bedeutung der Hinweise des Hygienischen Instituts habe keinesfalls von dem

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Gemeindevorsteher der Beklagten verstanden werden können, der nur ein Mann von einfacher Bildung gewesen sei. Diese Erwägung kann nicht zur Entlastung der Beklagten dienen. Auch in ihr prägt sich die rechtsirrige Auffassung des Sorgfaltsbegriffs aus, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt. Wenn davon auszugehen ist, daß die Beklagte zu einer regelmäßigen, in angemessenen Zwischenräumen vorzunehmenden Untersuchung ihres Leitungswassers verpflichtet ist, kann es nicht darauf ankommen, ob ihre Vertreter die in der Bleihaltigkeit eines Trinkwassers liegende Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in ihrer ganzen Schwere erfaßt haben. Der Umstand allein, daß das Hygienische Institut schon in seinem ersten Bericht das Vorkommen von Blei in einem Trinkwasser als einen „Uebelstand" bezeichnet und auf die Möglichkeit hingewiesen hatte, daß dieser Uebelstand auch im Leitungswasser der Beklagten auftreten könne und in dem Wasser, das über Nacht im Rohr gestanden hatte, vielleicht schon aufgetreten sei, hätte den Vertretern der verklagten Gemeinde Veranlassung geben piüssen, die bisher anscheinend noch gar nicht geübte Pflicht zu einer regelmäßigen, in angemessenen Zwischenräumen vorzunehmenden Ueberprüfung der Beschaffenheit des Leitungswassers nunmehr mit der gebotenen Sorgfalt zu erfüllen, auch wenn sie die Besorgnis des Instituts für unbegründet hielten. Sie waren zu einer Nichtbeachtung des empfangenen sachverständigen Rates um so weniger berechtigt, als die vorgesetzte Dienstbehörde ebenfalls, wenngleich aus anderer Veranlassung, bereits im Februar 1927 eine a l l j ä h r l i c h m i n d e s t e n s e i n m a l vorzunehmende Untersuchung des Leitungswassers als erforderlich bezeichnet und hierzu ausdrücklich aufgefordert hatte. Die Beklagte war also zu einer sorgfältigen, fortgesetzten Ueberprüfung ihrer Wasserleitung nicht nur aus allgemeinen, sondern auch aus besonderen Rechtsgründen ohne Rücksicht auf ihre eigene Auffassung von der Notwendigkeit einer solchen Ueberprüfung verpflichtet. Im übrigen ist der Grad der nach § 276 BGB. anzuwendenden Sorgfalt nach objektivem Maßstab zu bestimmen (RGZ. Bd. 95 S. 16, 17), und es ist weiterhin anerkannt, daß schon jede, auch nur geringe Fahrlässigkeit eine Haftbarkeit gemäß § 276 begründet (RGZ. Bd. 123 S. 216 [220]). Die Objektivität des Maßstabes schließt die Berücksichtigung der Anschauungen und Gepflogenheiten eines gewissen engeren Verkehrskreises wie auch die Berücksichtigung örtlicher Unterschiede nicht aus (RGZ. Bd. 95 S. 17, Bd. 102 S. 47 [49], Bd. 113 S. 425). Dagegen kann die Einsicht und Erfahrung gerade des Handelnden, der Grad seiner Unerfahrenheit in der Regel nicht zu seinen Gunsten maßgebend sein. Daher ist auch im vorliegenden Fall die Frage nur dahin zu stellen, wie sich in der gegebenen Lage, angesichts der Anordnungen der vorgesetzten Dienstbehörde und der Warnungen einer anerkannten fachlichen Autorität, ein normaler,

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ordentlicher und gewissenhafter Mensch verhalten haben würde. Die Antwort kann um so weniger zweifelhaft sein, wenn in Betracht gezogen wird, daß schon ein Jahr nach der ersten Warnung des Hygienischen Instituts ein Fall von Bleivergiftung im Dorf auftrat, der Erkrankte eine — nach der Versagung des Armenrechts allerdings zurückgezogene — Schadensersatzklage gegen die Gemeinde anhängig machte, die vorgesetzten Behörden ihre Vorstellungen erneuerten und der Vorsteher der Beklagten selbst von einer Krankheit befallen wurde, die er als eine Bleivergiftung ansah. Noch unverständlicher wurde die Abstandnahme von einer regelmäßigen, in kurzen Zwischenräumen zu wiederholenden Untersuchung des Leitungswassers nach dem Eingang des dritten Berichts des Hygienischen Instituts vom 26. März 1931, in dem erneut auf die von dem Vorkommen von Bleilösung im Trinkwasser drohende Gefahr aufmerksam gemacht, die Aufforderung zur Einsendung einer Probe von dem über Nacht im Bleirohr gestandenen Wasser wiederholt und vor der Verwendung des über Nacht in Bleirohren gestandenen Wassers nunmehr d r i n g e n d gewarnt wurde. Wenn das Berufungsgericht zur Entschuldigung der Beklagten hier u. a. ausführt, diese habe von sich aus „bei den kleinen ländlichen Verhältnissen die Schwere der Gefahr für die ganze Gemeinde nicht erkennen" können, die Beklagte sei weder vom Untersuchungsinstitut noch von der vorgesetzten Dienstbehörde ,,in genügend deutlicher Form" auf die Schwere der drohenden Gefahr aufmerksam gemacht worden, so ist dies angesichts des feststehenden Sachverhalts nicht nur sachlich unrichtig, sondern auch unerheblich, da eine Verletzung der dem Staat als Aufsichtsbehörde obliegenden Pflicht — sofern von einer solchen Verletzung im vorliegenden Fall überhaupt die Rede sein kann — die Pflichten der Gemeinden gegenüber ihren Gemeindeangehörigen nicht berührt oder gar beseitigt (RGZ. Bd. 99 S. 96 [102]). Hält hiernach die Auffassung des Berufungsgerichts, daß eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Pflicht zu einer sorgfältigen Ueberwachung der Beschaffenheit des den Gemeindeangehörigen gelieferten Wirtschafts- und Trinkwassers nicht nachweisbar sei, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, so kommt es entscheidend auf die Beantwortung der Frage an, ob die Beklagte das nach der gegebenen Sachlage s o n s t Erforderliche zur Abwendung der den Gemeindeangehörigen aus der Bleihaltigkeit des Leitungswassers erwachsenden Gefahr für Leib und Leben veranlaßt und mit der gebotenen Sorgfalt überwacht hat. Das Berufungsgericht stellt in dieser Beziehung nur fest, daß der Gemeindevorsteher die Warnung in ortsüblicher Weise durch Ausschellen in der Gemeinde bekanntgemacht und auch gelegentlich in irgendeiner Versammlung der politischen oder Realgemeinde besprochen hat. Es hält diese Maßnahmen sachlich für unzureichend,

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weil die Bekanntmachung anscheinend nicht genügend durchgedrungen und auch nicht eindringlich genug gewesen sei, um die Ortsbewohner vor den schweren Gefahren nachhaltig zu warnen. Das Berufungsgericht glaubt aber gleichwohl, der Gemeinde und ihren Organen unter den gegebenen Verhältnissen daraus keinen Vorwurf machen zu können. Auch hierbei läßt es aber außer acht, daß der Maßstab der nach § 276 BGB. erforderten Sorgfalt ein sachlicher ist. Es kommt nicht darauf an, was unter den gegebenen Verhältnissen der gerade im Amte befindliche Gemeindevorsteher h ä t t e tun sollen, sondern darauf, was ein s o r g f ä l t i g e r Gemeindevorsteher der verklagten Gemeinde unter jenen Verhältnissen getan hätte. Das mußte dann auch der im Amte befindliche Gemeindevorsteher der verklagten Gemeinde tun; tat er es nicht, so trifft ihn eine Schuld, für deren Folgen die Beklagte einzustehen hat. Im vorliegenden Falle w a r der Gemeindevorsteher wiederholt von maßgebender Seite auf die Bleihaltigkeit des Wassers hingewiesen und es war daran die Warnung geknüpft worden, das Wasser, das über Nacht in den Röhren gestanden habe, nicht zu gebrauchen. Diese Warnungen und Ratschläge konnten nur den Sinn haben, und das mußte der Gemeindevorsteher erkennen, daß andernfalls den Gemeindemitgliedern aus dem Genuß des Wassers erhebliche Gefahren drohten. Es war daher in hohem Maße schuldhaft, wenn er nach der Feststellung des Berufungsgerichts „der Sache nicht allzu große Bedeutung beimaß". Weiter war nach der Feststellung des Berufungsgerichts die Bleivergiftung des S. bekanntgeworden. Der Gemeindevorsteher konnte nach dem, was ihm aus den Mitteilungen des Hygienischen Instituts bekannt war, darin bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt nur einen Beweis für die Richtigkeit der Warnungen und Ratschläge des Instituts sehen. Der Ernst der Lage hätte ihm hiernach nicht verborgen bleiben dürfen. Anderseits mußte er sich, ger a d e als Vorsteher einer kleinen ländlichen Gemeinde, sagen, daß einmalige gelegentliche Hinweise auf die Bedenklichkeit des Genusses abgestandenen Wassers bei den Gemeindemitgliedern kaum besondere Beachtung finden würden, und daß das Ausschellen auch nicht einmal ein verläßliches Mittel sei, um einen solchen Hinweis, wie es bei der von ihm zu erkennenden Wichtigkeit der Sache erforderlich war, allgemein bekanntzumachen. Wenn daher auch dem Gemeindevorsteher vielleicht nicht zuzumuten war, sich durch Anfrage bei seiner vorgesetzten Dienststelle oder bei dem Hygienischen Institut darüber Belehrung zu verschaffen, wie der gefährliche Bleigehalt des Wassers beseitigt werden könne, so hätte es die im Verkehr erforderliche Sorgfalt doch mindestens erfordert, d a ß er seine Warnung vor dem Genuß des Wassers eindringlicher gestaltete, als er es getan hat, und sich Gewißheit darüber verschaffte, daß sie allgemein bekannt geworden sei und beachtet werde.

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Hiernach hat -das Berufungsgericht sowohl die Pflicht der Beklagten zur Prüfung des Wassers und ihre Verletzung durch sie zu Unrecht verneint als auch die von der Beklagten getroffenen Maßnahmen zur Verhütung der aus dem Wassergenuß drohenden Gefahren zu Unrecht als der verkehrsüblichen Sorgfalt entsprechend angesehen. RGZ. 152, 208 Hat im Falle der Tötung der Schädiger dem geschädigten Dritten nach § 845 BGB. den Schaden, den der Dritte infolge des Verlustes der Dienste erleidet, oder den Wert der Dienste zu ersetzen? Ist der Ersatzanspruch davon abhängig, ob für den Dritten gleichzeitig mit dem Verlust der Dienste Aufwendungen wegfallen, die1 er für den Unterhalt des Getöteten gemacht haben würde? VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Leipzig.

Urt. v. 1. Oktober 1936. II. Oberlandesgericht Dresden.

Am 25. April 1934 geriet der Beklagte mit seinem Personenkraftwagen ins Schleudern und warf eine Straßenlaterne um. Diese zerschmetterte der Ehefrau des Klägers das linke Bein. Die Frau starb an den Folgen der Verletzung. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben eine schuldhafte Verursachung des Unfalls durch den Beklagten als erwiesen angesehen und ihn verurteilt, dem Kläger die Kosten der versuchten Heilung, einen Teil der geforderten Beerdigungskosten und der ihm durch Einstellung von Ersatzkräften für Haushalt und Geschäft entstandenen und künftig entstehenden Unkosten zu ersetzen, und zwar diese Unkosten für die Zeit vom 1. November 1934 ab bis zum 30. November 1945 durch Gewährung einer Geldrente von monatlich 90 RM. Die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Die Revision bemängelt die Höhe der Geldrente, die das Berufungsgericht dem Kläger nach § 845 BGB. als Ersatz für die ihm durch den Tod entgehenden Dienste seiner Ehefrau in Hauswesen und Gewerbe zuerkannt hat. Das Berufungsgericht weist zunächst die Ansicht des Beklagten zurück, er habe um deswillen für die dem Kläger entgehenden Dienste keinen Ersatz zu leisten, weil dieser die Kosten des Unterhalts seiner Frau spare, die höher seien als der Wert ihrer Dienste, und bezieht sich dafür auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 18. Oktober 1934 VI 240/34 (JW. 1935 S. 117 Nr. 7). Die Revision bittet um Nachprüfung der in dieser Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung. Sie meint, da dasselbe Ereignis, das den Ersatzanspruch

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des Klägers habe entstehen lassen, ihn auch von den Aufwendungen für den Unterhalt seiner Frau befreit habe, seien die in der Rechtsprechung wie im Schrifttum anerkannten Rechtsgrundsätze über die Vorteilsausgleichung anzuwenden. Die Revision verkennt jedoch den Inhalt des § 845 B G B . Schon die erste Kommission für den Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches hat, wie sich aus den Motiven (Bd. 2 S. 783 flg.) ergibt, bei der Regelung der Schadenersatzpflicht im Falle der Tötung die Frage erörtert, ob bei der Feststellung der Entschädigung solche Vermögensvorteile zu berücksichtigen sind, welche dem Ersatzberechtigten infolge der Tötung sonst zukommen. Man war aber der Ansicht, daß es sich dabei um die weit allgemeinere Frage handle, ob und inwiefern überhaupt bei Bestimmung der Ersatzsumme, welche infolge der Verübung einer unerlaubten Handlung als Schadensersatz zu zahlen sei, der dem Geschädigten durch die Tat zugegangene Vorteil abzuziehen sei; da der Entwurf die gesetzliche Lösung dieser allgemeinen Frage, deren richtige Lösung von der Feststellung des Begriffes vom Schaden abhänge, abgelehnt habe (Motive Bd. 2 S. 19), so könne es nicht für zulässig erachtet werden, diese Frage nur für den Fall der Tötung eines anderen zu entscheiden; eine befriedigende Lösung würde auch ohne eine weitgehende Kasuistik nicht möglich sein. Man wollte also die Beantwortung der Frage der Wissenschaft und der Rechtsübung der Gerichte überlassen. Während nach dem ersten Entwurf (§ 704) der Täter für den Wegfall von Diensten Ersatz leisten sollte, wenn er diesen Erfolg seiner Handlung vorausgesehen habe oder habe voraussehen müssen, hielt die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs (Protokolle Bd. 2 S. 631) den schon in den Motiven (Bd. 2 S. 791) geäußerten Zweifel, ob man nicht das Erfordernis der Voraussehbarkeit fallen lassen solle, für begründet und beschloß die Einstellung eines § 727 a, wonach in den Fällen der Tötung und Körperverletzung, wenn der Verletzte auf Grund eines familienrechtlichen Verhältnisses einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet gewesen sei, der Ersatzpflichtige dem Dritten dafür, daß ihm die Dienste entgehen, durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten habe. Bestimmend war die Erwägung, daß durch die Entziehung der Dienste in die Familie eine ähnliche Lücke gerissen werde wie durch die Entziehung der Tätigkeit des zur Unterhaltsleistung verpflichteten Familienmitgliedes und daß die Billigkeit die Ausgleichung auch dieses Schadens verlange. Dabei wurde auch erwogen, daß für die Ermittlung der Höhe des Schadens der Lohn, der einem an Stelle des Getöteten oder Verletzten anzunehmenden Dienstboten unter Berücksichtigung der ortsüblichen Lohnverhältnisse bezahlt v/erden müsse, einen gewissen Anhaltspunkt gebe. Richtig sei, daß bei der Ermittlung des Schadens auch gewisse familien-

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rechtliche Verhältnisse in Betracht kämen, insbesondere die Gegenleistungen, welche dem Dritten für den Empfang der Dienste obgelegen hätten. Die Schwierigkeiten seien indessen weder unüberwindlich noch für den Gesetzgeber dazu angetan, einen Ersatzanspruch zu versagen, den das moderne Rechtsbewußtsein fordere. Ersichtlich hat hiernach auch die zweite Kommission die Frage der Anrechnung des -dem Geschädigten durch die T a t zugegangenen Vermögensvorteils nicht entscheiden, sondern, wie die erste Kommission, der Wissenschaft und der Rechtsübung überlassen wollen. Durch die Redaktionskommission erhielt der eingefügte § 727 a als § 768 die Fassung: Im Falle der Tötung, der Verletzung des Körpers und der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgangenen Dienste durch Entrichtung einer Geldrente S c h a d e n s e r s a t z zu leisten. Die Vorschriften des § 766 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung. Die A b s ä t z e 2 und 3 des § 766 entsprechen den Absätzen 2 und 3 des § 843 des Gesetzes. Dieser revidierte Entwurf wurde von dem Bundesrat mit den von seinem Justizausschuß beantragten Aenderungen angenommen und dem Reichstag vorgelegt. In diesem Bundesratsentwurf, der sog. Reichstagsvorlage, erhielt der § 768 als § 829 die F a s s u n g : Im Falle der Tötung . . . (wie im revidierten Entwurf) dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente E r s a t z zu leisten. Die Vorschriften des § 827 Abs. 2—4 finden entsprechende Anwendung. Die Absätze 2—4 entsprechen den Absätzen 2—4 des § 843 dee Gesetzes. In der Denkschrift zu dem Entwurf findet sich nichts darüber, welche Gründe für die Abänderung der Fassung des revidierten Entwurfs bestimmend gewesen sind. In der Fassung der Reichstagsvorlage ist die Bestimmung als § 845 Gesetz geworden. Weder in den Beratungen des Reichstags noch in dem Bericht der Reichstagskommission findet sich etwas über die Bedeutung dieser Abweichung oder über die Frage der Anrechnung eines Vorteils auf den zu leistenden Schadensersatz. Die Wissenschaft und die Rechtsübung haben für die Fälle der Verpflichtung zum Schadensersatz (§ 249 BGB.) den Grundsatz der Vorteilsausgleichung anerkannt. Aber es würde eine Verkennung des Wesens der Ehe bedeuten, wollte man mit der Revision im Falle der Tötung einer Ehefrau die Beendigung der Ehe deshalb, Zivils. S d t u l i l r r d i t 19

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weil mit der Ehe Aufwendungen für den Unterhalt der Ehefrau verbunden gewesen sind, als einen Vorteil für den Ehemann ansehen. Das, w a s in der Ehe — und im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist es ähnlich — der eine Teil von dem anderen dauernd empfängt, liegt zum großen Teil auf seelischem Gebiet und kann mit den sich aus der Unterhaltspflicht ergebenden Aufwendungen überhaupt nicht verglichen oder etwa in ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gebracht werden. Anderseits ist auch der Unterhalt nicht Entgelt für die im Hauswesen oder Gewerbe geleisteten oder zu leistenden Dienste, sondern die Unterhaltspflicht besteht, wie in der genannten Entscheidung des erkennenden Senats vom 18. Oktober 1934 mit Recht gesagt ist, selbständig und unabhängig von der Verpflichtung zur Leistung von Diensten. Es darf angenommen werden, daß für die erst durch die Reichtstagsvorlage an der Fassung des revidierten Entwurfs vorgenommene Aenderung ähnliche Erwägungen bestimmend gewesen sind. "Während in den dem § 845 BGB. vorhergehenden §§ 823 bis 844 stets von dem aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden und von der Verpflichtung des Schädigers, diesen Schaden zu ersetzen, gesprochen wird und auch in der Fassung des revidierten Entwurfs der zweiten Kommission dem Dritten ein Anspruch auf „Schadensersatz" gegeben wurde, hat der Bundesrat das Wort „Schadensersatz" beseitigt und den Anspruch des mittelbar geschädigten Dritten dahin bestimmt, daß ihm „für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten" sei. Damit schließt das Gesetz einerseits die Geltendmachung weiterer Schäden aus, ζ. B. derjenigen, die dem Dritten infolge des Wegfalls der Dienste etwa an entgehendem Gewinn oder durch Unredlichkeit oder Untüchtigkeit einer eingestellten Ersatzkraft entstehen. Anderseits macht es aber die Ersatzpflicht unabhängig sowohl davon, ob für den Dritten gleichzeitig mit dem Verlust der Dienste Aufwendungen wegfallen, die er für den Unterhalt des Getöteten gemacht haben würde, als auch davon, ob der Dritte die Arbeiten, die ihm der Getötete geleistet haben würde, durch eine bezahlte Ersatzkraft ausführen läßt oder sie ohne Aufwendung von Geld selbst verrichtet (vgl. RGUrt. vom 28. September 1932 IX 217/32 in HRR. 1933 Nr. 922) oder ob er etwa durch ein anderes ihm gesetzlich zu Diensten verpflichtetes Familienmitglied die Arbeiten ausführen läßt. Letzteres ergibt die in § 845 Satz 2 angeordnete entsprechende Anwendung des § 843 Abs. 4 BGB.; denn die entsprechende Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die Fälle des § 845 besagt, daß der Anspruch auf Ersatz für die entgehenden Dienste nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß ein anderer dem Dritten kraft Gesetzes zur Leistung gleicher Dienste in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet ist. Von allen solchen wechselnden Umständen soll ersichtlich mit Rücksicht auf die oben erörterte besondere

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Art der familienrechtlichen Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten und zwischen Eltern und Kindern der Anspruch aus § 845 BGB. unabhängig sein. In jedem Fall soll der mittelbar geschädigte Dritte einen Anspruch auf Ersatz für die ihm entgehenden Dienste haben, d. h. einen Anspruch auf Ersatz des Wertes der Dienste. Die Höhe der Aufwendungen, die nötig sind, um sich gleiche Dienste fremder Hilfskräfte zu beschaffen, gibt nur einen Maßstab für die Bemessung des Wertes der Dienste und damit für die Höhe des zu gewährenden Ersatzes. Der Anspruch ist aber nicht beschränkt auf die nötigen Aufwendungen oder Mehraufwendungen; denn zu ersetzen ist nicht der Vermögensschaden, sondern der W e r t der Dienste, und dieser ist unabhängig davon, ob mit dem Wegfall der Dienste zugleich die Unterhaltspflicht gegenüber dem Dienstverpflichteten wegfällt. RGZ. 152, 222 1. Worauf beruht der Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Absatz des § 1356 BGB.? 2. Kann § 831 BGB. au! dien Ehemann angewendet werden bei Arbeiten der Ehefrau, die in den Bereich des § 1356 Abs. 2 BGB. fallen? 3. Inwieweit haftet der Ehemann in solchem Fall aus § 823 Abs. 1 BGB.? IV. Z i v i l s e n a t . Die Entscheidung Familienrecht".

Urt. v. 12. Oktober 1936.

ist abgedruckt

unter

„Bürgerliches

Recht,

RGZ. 152, 325 1. Kann gegenüber dem Schadensersatzanspruch eines infolge Explosion schwer verletzten 13jährigen Knaben von dem Verkäufer der gefährlichen Stoffe, die nicht an Personen unter 14 Jahren (Gift) und an solche unter 16 Jahren (Sprengstoffe) abgegeben werden dürfen, und von dem Inhaber des Geschäfts, in dem sie verkauft worden sind, die Einrede der Arglist deshalb vorgieschiitzt werden, weil der Kläger zwei gleichaltrige Spielgefährten mit dem Ankauf der Waren beauftragt und erfahren hatte, daß diese auf Befragen ihr Alter wahrheitswidrig auf 16 Jahre angegeben hatten? 2. Zur Sorgfaltspflicht des Geschäftsinhabers hinsichtlich der Verhütung des verbotenen Verkaufs von Gift und Sprengstoffen an Kinder.

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BGB. § 823 Abs. 2. Sachs. Verordnung über den Handel mit Giften vom 6. Februar 1895 (Sachs. GuVoBl. S. 15) § 12. Sachs. Verordnung über den Verkehr mit Sprengstoffen vom 26. September 1905 (Sachs. GuVoBl. S. 217) § 26. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Dresden.

Urt. v. 9. November 1936. II. Oberlandesgericht

daselbst.

Der Zweitbeklagte Sch. betreibt unter der Firma F. Sch. in D. einen Handel mit teilweise selbst hergestellten chemischen Erzeugnissen, Drogen und F e u e r w e r k s k ö r p e r n in einem Hauptgeschäft und in einem Zweiggeschäft. In dem Hauptgeschäft waren außer dem nur zeitweise anwesenden Zweitbeklagten zwei Drogisten, darunter der Erstbeklagte U., der die vorgeschriebene Prüfung über die Befähigung zum Verkauf von Giften bestanden hatte, und ein Lehrling tätig. Am 4. April 1933 verkaufte der Erstbeklagte an den am 28. August 1919 geborenen Volksschüler Schö. und an den am 11. April 1919 geborenen Lehrling Schm. 10 g chlorsaures Kali und 10 g roten Phosphor. Der am 21. November 1919 geborene Kläger h a t t e vor dem Laden gewartet und nahm die Kaufgegenstände in Empfang. Nachdem die Knaben einen Teil der Chemikalien zur Herstellung von Knallerbsen verwendet hatten, schüttete der Kläger am 5. April 1933 den Rest zusammen in ein Senfglas mit Blechdeckel. Als Schö. den Kläger am folgenden Tage besuchte, drehte dieser an dem Deckel. Hierbei erfolgte eine heftige Explosion, wobei der Kläger schwer verletzt wurde. Der Kläger verlangt von beiden Beklagten Schmerzensgeld und die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht, und zwar auf Grund der §§ 823 flg. BGB. in Verbindung mit dem sächsischen Giftgesetz und vom Zweitbeklagten wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht. Nachdem zunächst beide Instanzen den Anträgen des Klägers stattgegeben hatten, ist das erste Berufungsurteil durch Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 1935 VI 142/35 aufgehoben worden. Nunmehr hat das Oberlandesgericht die Klagansprüche gegenüber dem Erstbeklagten zu 8/io, gegenüber dem Zweitbeklagten zu 5/»° zugesprochen. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos Aus den G r ü n d e n : Nach § 12 der sächsischen Verordnung über den Handel mit Giften vom 6. Februar 1895 darf Gift an Kinder unter 14 Jahren ü b e r h a u p t nicht und nur an solche Personen abgegeben werden, die als zuverlässig bekannt sind und das Gift zu einem erlaubten gewerblichen, wirtschaftlichen oder künstlerischen Zweck benutzen wollen; sofern der Abgebende von dem Vorhandensein dieser Vor-

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aussetzungen keine sichere Kenntnis hat, darf er Gift nur gegen polizeilichen Erlaubnisschein abgeben. Die beiden Knaben Schö. und Schm., welche das Gift im Geschäft des Zweitbeklagten kauften und vom Erstbeklagten U. bedient wurden, waren beide noch unter 14 Jahren. Das Berufungsgericht nimmt an, der Erstbeklagte habe den Knaben gesagt, er könne die verlangten Chemikalien nicht geben, „oder seid ihr schon 16 Jahre a l t ? " ; um die Waren zu erhalten, hätten sie diese Frage wahrheitswidrig bejaht. Er habe ihnen ferner die Antwort in den Mund gelegt auf die weitere Frage, ob sie die Annenschule, eine höhere Schule, besuchten, was sie ebenfalls bestätigten, obgleich es die Unwahrheit war. Der Erstbeklagte habe insofern fahrlässig gehandelt, als er sich über die Zuverlässigkeit der Jugendlichen und den Verwendungszweck der Waren nicht ausreichend erkundigt und vergewissert habe. Das Oberlandesgericht nimmt ferner an, der Erstbeklagte habe auch gegen den Sinn des § 26 der sächsischen Verordnung vom 26. September 1905 über den Verkehr mit Sprengstoffen verstoßen. Durch diese Vorschrift ist die Abgabe von Sprengstoffen an Personen, von welchen ein Mißbrauch zu befürchten ist, insbesondere an Personen unter 16 Jahren, verboten. Diese Bestimmung habe der Erstbeklagte als Drogist kennen müssen, zumal sie nach dem weiteren Inhalt auch für gefährliche Feuerwerkskörper gelte, welche im Geschäft der Beklagten feilgehalten werden. Wenn er auch die beiden Stoffe in getrennten Tüten verabfolgt habe, so habe er doch gewußt, daß das Gemisch von chlorsaurem Kali mit rotem Phosphor explosibel sei, und damit gerechnet, daß die Käufer die Drogen mischen und zu Spielereien oder Versuchen verwenden würden, bei denen Explosionen herbeigeführt würden. Im Urteil wird näher ausgeführt, der Zweitbeklagte habe als Geschäftsinhaber in der Auswahl des Erstbeklagten und auch in der Aufsicht und Leitung im allgemeinen seinen Pflichten genügt, aber versäumt, seinen Angestellten etwas darüber zu sagen, in welcher Weise sie sich über das Alter und die Zuverlässigkeit der Käufer unterrichten sollten. Nach dem äußeren Eindruck allein lasse sich das Alter bei jungen Leuten zwischen 14 und 18 Jahren nicht bestimmen; und unrichtige Angaben über ihr Alter seien nicht fernliegend. Eine Anweisung in der bezeichneten Richtung sei aber notwendig gewesen für den Handel mit Giften aller Art — nicht bloß der verhältnismäßig schwachen, in Abteilung 3 der Verordnung vom 6. Februar 1895 aufgeführten Gifte — sowie für den Handel mit Feuerwerkskörpern, die teilweise nur an Personen über 16 Jahren abgegeben werden dürften. Im Anschluß hieran lehnt das Oberlandesgericht die gegen den Schadensersatzanspruch des Klägers erhobene Einrede der Arglist ab. Zwar habe der Kläger gewußt, daß Schö. den Erstbeklagten über sein Alter getäuscht und ihn dadurch zur Abgabe der Chemikalien veranlaßt hatte; das sei jedoch nicht

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ausreichend, um den Einwand der Arglist gegenüber dem auf die §§ 823 flg. BGB. gestützten Klagbegehren zu rechtfertigen. Die Revision wendet sich zunächst gegen die Beurteilung der Arglisleinrede. Dem Oberlandesgericht ist jedoch im Ergebnis beizutreten. Die Revision berücksichtigt nicht, daß es sich um Knaben im Alter von 13 Jahren handelt. Nach der getroffenen Feststellung hat der Erstbeklagte durch die Art seiner Fragestellung (Suggestivfragen) die Knaben zu der unrichtigen Angabe ihres Alters veranlaßt; er muß also die Mitverantwortung dafür tragen. Der Kläger, der damals erst im Alter von 13 Jahren und 4 Monaten stand, hat sich nicht unmittelbar an den Täuschungshandlungen beteiligt, sondern erst nachträglich davon gehört. Mochte auch der Kaufvertrag gegenüber dem Kläger nach § 123 Abs. 2 BGB. anfechtbar sein, was für den Rechtsstreit ohne Bedeutung ist, so macht der Kläger doch keinen Anspruch aus dem Vertrag geltend (vgl. RGRKomm. z. BGB. § 124 Anm. 1). Das Berufungsgericht sieht die Fahrlässigkeit des Erstbeklagten nicht sowohl in dem durch die unrichtige Altersangabe mit herbeigeführten Kaufabschluß, sondern darin, daß er die Zuverlässigkeit der jugendlichen Käufer nicht geprüft hat, obwohl er ihnen nicht nur Gift, sondern gleichzeitig zwei Drogen verabfolgte, deren Gemisch bei unvorsichtigem Gebrauch eine sehr hohe Sprenggefahr begründete. Schon diese Sachlage läßt es mit Treu und Glauben nicht vereinbar erscheinen, daß die Beklagten gegenüber dem sehr jugendlichen, schwer beschädigten Kläger überhaupt die Einrede der gegenwärtigen Arglist vorschützen. Entscheidend kommt aber folgendes in Betracht. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Vorschriften über den Handel mit Giften als Schutzgesetze angesehen, und dasselbe muß auch gelten für die Vorschriften über den Verkehr mit Sprengstoffen. Die Vorschriften wenden sich unter Strafandrohung gegen die Händler und Verkäufer von Giften und Sprengstoffen und verbieten, um Gefahren zu verhüten, schon die Abgabe an Jugendliche unter 14 Jahren bei Giften, unter 16 Jahren bei Sprengstoffen. Sie wollen die Jugendlichen gegen ihre Unerfahrenheit und gegen ihren eigenen Leichtsinn schützen. In das Gebiet des Leichtsinns fallen aber auch unrichtige Angaben der Jugendlichen selbst über ihr Alter, die, wie das Berufungsgericht annimmt, unter den gegebenen Umständen nahelagen. Sollen die Vorschriften zugunsten der Jugendlichen wirksam sein, so kann ihre Anwendung nicht abhängig gemacht werden von den entgegenstehenden Wünschen der Jugendlichen und ihrem auf deren Erfüllung eingestellten Verhalten. Entgegen der Auffassung der Revision verlangt die Beobachtung der durch die Vorschriften über den Handel mit Giften und Sprengstoffen dem Erstbeklagten auferlegten Pflichten, daß er sich auf die eigenen Angaben der jugendlichen Käufer über ihr Alter nicht hätte verlassen dürfen und daß er Nachweise darüber hätte

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fordern müssen. Danach ist die Einrede der Arglist im gegebenen Fall aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Die bloße Billigung der von Schö. ausgesprochenen Unwahrheit durch den Kläger, sofern eine solche in der Annahme der Waren trotz des jugendlichen Alters zu finden sein sollte, brauchte das Berufungsgericht als erschwerenden Umstand bei der Abwägung des eigenen Mitverschuldens des Verletzten nicht in Betracht zu ziehen. Nicht entgegensteht das erste Revisionsurteil des Senats. Dort stand nur die Verfahrensrüge in Frage, ob der Berufungsrichter in seinem Urteil die Einrede der Arglist übergangen hätte. Ueber die Begründetheit der Einrede der Arglist hat sich der erkennende Senat damals nicht ausgesprochen. Ohne Rechtsirrtum findet das Berufungsgericht eine Fahrlässigkeit des Zweitbeklagten darin, daß er seinen Angestellten nichts darüber gesagt habe, in welcher Weise sie sich über das Alter und die Zuverlässigkeit der Käufer unterrichten sollten . . . (Es wird ausgeführt, daß eine hierzu erhobene Verfahrensrüge unbegründet ist.) Eine Ueberspannung der dem Geschäftsinhaber obliegenden Belehrungspflicht ist nicht anzuerkennen. Der Zweitbeklagte mußte dafür sorgen, daß der von den gesetzlichen Vorschriften beabsichtigte Schutz von Kindern unter 14 Jahren wirksam gestaltet werde. Das hat er nach dan Feststellungen des Berufungsrichters nicht ausreichend getan. RGZ. 152, 397 Kann der Ehemann für den Unterhalt eines im Ehebruch der Fran erzeugten, während der Ehe geborenen Kindes, dessen Ehelichkeit nicht mehr anfechtbar ist, von dem Ehebrecher Schadensersatz verlangen? BGB. §§ 826, 1593. VI. Ζ i ν i 1 s e η a t. Urt. v. 23. November 1936. I. Landgericht Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Die Ehe des Klägers wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 5. Februar 1935 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Während der Ehe hatte die Ehefrau vier Kinder geboren, das jüngste, Erich, am 12. Dezember 1926. Der Kläger behauptet, im Scheidungsrechtsstreit habe sich herausgestellt, daß der Beklagte der Erzeuger dieses Kindes sei. Er verlangt vom Beklagten unter den Gesichtspunkten des Schadensersatzes und der ungerechtfertigten Bereicherung Erstattung des dem Kinde gewährten Unterhalts, und zwar erhob er Klage auf einen Teilbetrag von 1050 RM. Der Beklagte gestand zu, daß er mit der ehemaligen Frau des Klägers in der Empfängniszeit einmal geschlechtlich verkehrt habe, bestritt aber, der Erzeuger des

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Kindes zu sein, und erklärte die Klage für rechtlich unzulässig, weil der Kläger die Ehelichkeit des Kindes nicht rechtzeitig angefochten und es überdies dadurch, daß er es acht J a h r e lang als sein Kind gehalten, stillschweigend als das seinige anerkannt habe. Das Landgericht wies die Klage ab. Der Kläger legte Berufung ein und erhob in einem besonderen Rechtsstreit die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes. Der Beklagte Schloß sich im gegenwärtigen Rechtsstreit der Berufung an und erhob Widerklage auf Feststellung, daß er weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft verpflichtet sei, dem Kläger die Unterhaltskosten zu ersetzen. Das Berufungsgericht ließ die Widerklage als sachdienlich zu, wies sie aber als unbegründet ab und gab der Klage statt. Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht erachtet durch das eidliche Zeugnis der geschiedenen Ehefrau des Klägers für bewiesen, daß sie in der Zeit der Empfängnis des Kindes Erich nur mit dem Kläger und mit dem Beklagten geschlechtlich verkehrt hat. E s hält ferner nach der von dem Sachverständigen Professor Dr. Cl. vorgenommenen Untersuchung des Klägers, seiner geschiedenen Ehefrau und des Kindes auf die Blutkörperchen-Faktoren Μ und Ν sowie nach dem Gutachten dieses Sachverständigen, das im Ergebnis mit dem im Scheidungsrechtsstreit erstatteten Privatgutachten des Professors Dr. M.-H. übereinstimmt, für offenbar unmöglich, daß die Ehefrau das Kind vom Kläger empfangen habe. Darum stellt es fest, daß der Beklagte der Erzeuger des Kindes ist, und erklärt ihn sowohl nach § 8 2 6 als auch nach § 823 Abs. 1 B G B . für schadensersatzpflichtig. Dagegen lehnt es die Anwendung des § 812 B G B . ab. Den Einwand des Beklagten, daß der Kläger das Kind als das seinige anerkannt habe, weist das Berufungsgericht als unbegründet zurück, weil der Kläger erst Ende 1934 Kenntnis davon erlangt habe, daß er nicht der Erzeuger des Kindes sei, und weil er durch die Erhebung der gegenwärtigen Klage sowie der Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes unzweifelhaft zu erkennen gegeben habe, daß er es nicht als seinen ehelichen Sohn anerkennen wolle. Die Bedenken, welche die Revision gegen die Anwendung des § 826 B G B . erhebt, sind unbegründet. S i e beruhen im wesentlichen auf einer unrichtigen Auslegung des § 1593 B G B . und auf einer damit zusammenhängenden Verkennung des Verhältnisses des § 1593 zum § 826 B G B . Nach § 1593 B G B . ist ein Kind, das während der E h e oder innerhalb von dreihundertundzwei Tagen nach deren Auflösung

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geboren wird, in jeder Hinsicht ehelich, auch wenn sein Erzeuger ein anderer als der Ehemann gewesen war, es sei denn, daß der Ehemann die Ehelichkeit rechtzeitig (§ 1594 BGB.) angefochten hat oder, ohne das Anfechtungsrecht verloren zu haben, gestorben ist. Der Revision ist zuzugeben, daß diese Vorschrift nach den Motiven (Bd. 4 S. 659 flg.) dem Familienfrieden dienen soll. Sie tut es durch die Anordnung, daß die Ehelichkeit des Kindes unter den genannten Voraussetzungen unabänderlich festgestellt wird. Keineswegs will aber die Vorschrift darüber hinaus den außerehelichen Geschlechtsverkehr der Ehefrau mit dem Erzeuger des Kindes als rechtlich ungeschehen behandeln. Ueberall, wo es auf diesen natürlichen Vorgang ankommt, ist § 1593 BGB. bedeutungslos, also im Scheidungsrecht (§ 1565 BGB.) und im Strafrecht (§ 172 StrGB.), sofern aus der Herkunft des Kindes auf einen Ehebruch geschlossen werden kann, aber auch in dem mit dem Strafrecht verwandten Gebiet der bürgerlich-rechtlichen Folgen unerlaubter Handlungen, insbesondere im Gebiet des § 826 BGB. Es trifft daher nicht zu, daß nach § 1593 BGB. die Frage der Herkunft des Kindes mangels der dort genannten Voraussetzungen überhaupt nicht mehr aufgerollt werden könne. So wenig wie im Scheidungsrechtsstreit des Klägers die Aufrollung unzulässig war, so wenig ist sie es im gegenwärtigen Rechtsstreit. Es w ä r e dem Sinne des § 826 BGB. gänzlich zuwider, wenn die darin angeordnete Schadensersatzpflicht vor § 1593 BGB. Halt machen wollte. Denn es ist gerade einer der Zwecke des § 826, gegenüber formalen, von der Wirklichkeit absehenden Rechtsvorschriften einen Ausgleich zu bieten. Das ergibt sich ganz klar daraus, daß die Reichstagskommission sogar die im Entwurf noch enthaltene Beschränkung gestrichen hat, wonach der Täter nicht ersatzpflichtig sein sollte, wenn er in Ausübung eines ihm zustehenden Rechts gehandelt habe. Der Kommissionsbericht (Drucksache Nr. 440, 9. Legislaturperiode, IV. Session 1895/96; vgl. Μ u g d a η Die gesamten Materialien zum BGB. Bd. 2 S. 1298) sagt auf S. 104 zu dieser nach kurzer Erörterung einstimmig beschlossenen Streichung: Bestimmend war, daß es nicht gebilligt werden kann, wenn jemand, selbst in Ausübung eines formalen Rechts, einem andern vorsätzlich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zufügt. Hier ist aber nicht einmal von einem formalen Recht des Beklagten die Rede, sondern von einem formalen Recht des Kindes. Sich darauf gegenüber einer Klage aus § 826 BGB. zu berufen, ist ein vergebliches .Bemühen. Bei richtiger Auffassung des § 1593 und seines Verhältnisses zu § 826 BGB. läßt sich auch nicht mit d e r Revision sagen, der Kläger mache trotz des § 1593 die Unehelichkeit des Kindes geltend. Er macht im Gegenteil — wenigstens im gegenwärtigen Rechtsstreit — die gesetzliche Ehelichkeit des Kindes

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geltend, aber er macht zugleich den Beklagten dafür verantwortlich, daß dieser den gesetzlichen Zustand in einer gegen die guten Sitten verstoßenden W e i s e und mit dem Vorsatz, ihn, den Kläger, zu schädigen, herbeigeführt habe. Aus diesen Erwägungen hat der erkennende Senat schon eine Klage aus § 826 B G B . zugelassen, die der geschiedene Ehemann darauf gestützt hatte, daß seine ehebrecherische Frau und ihr Mitschuldiger einverständlich durch falsche Aussage die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des im Ehebruch erzeugten Kindes zur rechtskräftigen Abweisung gebracht hätten (Urteil vom 7. Oktober 1935 VI 136/35, abgedr. WarnRspr. 1935 Nr. 184). Auch dort ist angenommen worden, daß die unabänderlich feststehende Ehelichkeit des Kindes den Schadensersatzanspruch aus § 826 B G B . nicht ausschließe, sondern ihn im Gegenteil begründe. Einer solchen Handlungsweise wie dort hat sich freilich der im vorliegenden Fall Beklagte nicht schuldig gemacht. Der Revision ist zuzugeben, daß das Berufungsgericht auch nicht festgestellt hat, der Beklagte habe es vereitelt, daß der Kläger die Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes rechtzeitig erhob. Der Beklagte hat zwar ebenso wie die geschiedene Ehefrau den Ehebruch dem Kläger verschwiegen. Aber eine Rechtspflicht, den Ehebruch zu offenbaren, läßt sich nicht annehmen. Das V e r s c h w e i g e n des Ehebruchs könnte daher für sich allein einen Anspruch aus § 826 B G B . nicht begründen; es müßten schon besondere Umstände hinzukommen, um die Annahme eines gegen die guten Sitten verstoßenden U n t e r d r ü c k e n s zu rechtfertigen. Indessen findet das Berufungsgericht den Verstoß gegen die guten Sitten auch nicht in dem Verschweigen des Ehebruchs, sondern in dem Ehebruch selbst und den Vorsatz, den Kläger zu schädigen, darin, daß der Beklagte mit der Ehefrau des Klägers geschlechtlich verkehrt hat, nachdem sie ihm gesagt hatte, er brauche sich bei ihr nicht vorzusehen, der Kläger verlange von ihr laufend den Verkehr, und da lasse sich das doch nicht auseinanderhalten. Gegen diese Begründung bestehen keine Bedenken. Daß ein Ehebruch, zumal unter solchen Umständen, gegen die guten Sitten verstößt, bedarf keiner Ausführung. Und wenn das Berufungsgericht aus jenem Hergang geschlossen hat, der Beklagte habe damit gerechnet, daß aus dem Ehebruch ein Kind hervorgehen könne, das der Kläger irrig für das seine halten und dem er Unterhalt gewähren werde, während er selbst, der Beklagte, von Unterhaltspflichten frei bleibe, der Beklagte habe also mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt, so ist auch das nicht rechtlich zu beanstanden. Da die Schädigung tatsächlich eingetreten ist, indem der Kläger das Kind als „eheliches" unterhalten hat und nach dem Gesetz auch weiterhin unterhalten muß, so sind alle Voraussetzungen des § 826 B G B . erfüllt.

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Zu den Bedenken der Revision sei im einzelnen noch folgendes bemerkt. Der adäquate ursächliche Zusammenhang zwischen dem Ehebruch und dem Schaden des Klägers ist dadurch gegeben, daß der Ehebruch den gesetzlichen Zustand herbeigeführt hat, der den Kläger unterhaltspflichtig macht, und daß diese Folge keineswegs außerhalb aller Wahrscheinlichkeit lag (vgl. RGZ. Bd. 133 S. 127). — Ob der Kläger auch einen ausgleichbaren Vorteil davon hat, daß das Kind k r a f t Gesetzes sein eheliches geworden ist, brauchte das Berufungsgericht nicht zu prüfen. Die Revision verweist in dieser Hinsicht auf die elterliche Gewalt, die eigene Unterhaltsberechtigung und das Erbrecht. Geltend gemacht ist davon in den Vorinstanzen nichts, so d a ß dahingestellt bleiben kann, ob sich der Einwand der Vorteilsausgleichung auch gegenüber einer Klage der vorliegenden A r t gegebenenfalls begründen ließe. Läßt sich der Einwand begründen, so ist nicht einzusehen, warum die Vorteilsausgleichung undurchführbar sein sollte. — Das Berufungsgericht war nicht durch § 148 ZPO. genötigt, sich darüber auszusprechen, warum es den Rechtsstreit nicht bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage ausgesetzt hat. Der Kläger hat die Anfechtungsklage erst nach Ablauf der in § 1594 BGB. bestimmten Frist erhoben (vgl. J W . 1935 S. 2716 Nr. 4). — Daß etwa Gläubiger des Ehemanns auf einen Schadensersatzanspruch der vorliegenden Art zugreifen und den Anspruch gegen den Willen der Beteiligten zum Gegenstand eines Rechtsstreits machen könnten, ist eine so entfernte Möglichkeit, daß daraus kein Bedenken herzuleiten ist. Denn abgesehen davon, daß gegen den Willen der Beteiligten eine Aufklärung kaum zu erreichen wäre, wird in dem Widerstreben des Ehemanns gegen eine Aufklärung regelmäßig ein Anerkenntnis der Ehelichkeit im Sinne des § 1598 BGB. zu finden und daraus auch für die Vergangenheit auf ein solches Anerkenntnis zu schließen sein. Alsdann w ä r e a b e r seine Unterhaltsverpflichtung nicht mehr auf den Ehebruch, sondern auf seinen eigenen freien Entschluß zurückzuführen, und es würde an dem ursächlichen Zusammenhang fehlen, der im vorliegenden Fall unbedenklich gegeben ist. . . .

RGZ. 153, 59 Ueber die Einrede unzulässiger Rechtsausübung gegenüber der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Formmangels. BGB. §§ 125, 138, 826. IV. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 12. November 1936.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Allgemeiner Teil".

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RGZ. 154, 236*) Ist der Erwerb, den eine Witwe infolge des Wegfalls ihrer Pflichten gegen den Mann durch eigene Arbeit erzielt oder erzielen könnte, anzurechnen auf den Schadensersatz, den ihr wegen des Verlustes ihres Unterhaltsanspruchs gegen den Mann der für dessen Tod haftende Ersatzpflichtige zu leisten hat? BGB. §§ 249, 254 Abs. 2, § 844 Abs. 2, § 1356. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Stuttgart.

Urt. v. 5. April 1937 II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Ehemann der Klägerin wurde am 14. Februar 1935 auf dem Fußwege, der neben der Fahrstraße von E. nach B. liegt, von dem Kraftwagen des Beklagten, der seinen Wagen selbst führte, erfaßt und tödlich verletzt. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus dem Kraftfahrzeuggesetz und wegen Verschuldens nach §§ 823, 844 BGB. auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat der Klägerin für die Zeit vom Unfall bis zum 25. August 1972 (Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehemannes) eine Rente von vierteljährlich 300 RM. abzüglich der darauf schon gezahlten Beträge zuerkannt. Das Oberlandesgericht ermäßigte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten den Betrag der Rente auf vierteljährlich 240 RM. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit die zuerkannte Rente den von ihm anerkannten Betrag von vierteljährlich 90 RM übersteigt. Aus den G r ü n d e n : Zur Höhe der Rente, die das Berufungsgericht der Klägerin zuerkannt hat, bemängelt die Revision die Nichtanrechnung der Beträge, welche die Klägerin nach dem Tode ihres Mannes durch eigene Arbeit erworben habe oder hätte erwerben können. Das Berufungsgericht führt aus, die Unterhaltspflicht des Mannes bemes&e sich nach seiner Lebensstellung, seinem Vermögen und seiner Erwerbsfähigkeit (§ 1360 BGB.), sie wäre also nicht beeinflußt worden, wenn die Klägerin während der Ehe eigenen Verdienst gehabt hätte, und eine Vorteilsausgleichung habe nicht stattzufinden, weil ein etwaiger eigener Erwerb der Klägerin nicht auf dem Tode ihres Mannes, sondern auf ihrer freiwilligen Arbeitsleistung beruhen würde . . . Die Frage, ob im Fall eines Anspruchs auf Schadensersatz der Geschädigte sich die Vermögensvorteile anrechnen lassen muß, die für ihn infolge des schädigenden Ereignisses entstanden sind, hat das Bürgerliche Gesetzbuch nicht entschieden. Wie die Motive zum ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches Bd. II S. 783 flg. (Mug*) Vgl. aber OGH. v. 2 6 . 1 1 . 4 8 in J u r . Rundschau 1949, S. 217.

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dan Bd. 2 S. 437 flg.) und die Protokolle der Zweiten Kommission S. 2825 flg. (Mugdan Bd. 2 S. 1110 flg.) ergeben, hat man die Lösung dieser Frage allgemein und insbesondere auch für den Fall der Tötung eines anderen abgelehnt und ihre Beantwortung der Rechtsprechung überlassen. Das Reichsgericht hat schon in einer auf der Anwendung des früheren gemeinen Rechts und des Reichshaftpflichtgesetzes beruhenden Entscheidung RGZ. Bd. 5 S. 108, die den Schadensersatzanspruch der Witwe eines verunglückten Formers in einer Eisengießerei betraf, ausgeführt: Die Verhältnisse der Ehe der Klägerin seien nicht derart gewesen, daß ihr zugemutet werden müßte und von ihrem Mann zugemutet worden sei, zur Vermehrung der ehelichen Einnahmen und somit zugleich zur Bestreitung ihres eigenen Unterhalts durch persönliche Lohnarbeit etwas beizutragen. Da somit während ihrer Ehe alle zu ihrem Unterhalt erforderlichen Mittel aus dem Verdienst ihres Mannes zu bestreiten gewesen und diese Mittel ihr jetzt durch dessen Tod gänzlich entzogen worden seien, so müßten sie ihr nach der Bestimmung des § 3 Abs. 2 HaftpflG. jetzt unverkürzt durch die Beklagte ersetzt werden. Der Umstand, daß die Dienste, welche sie während der Ehe in dem ehelichen Haushalt zu leisten gehabt habe, durch den Tod ihres Ehemannes teilweise weggefallen seien, könne nicht dazu führen, ihr, gleichsam zur Kompensation hierfür, aufzuerlegen, daß sie nunmehr ihre frei gewordene Arbeitskraft behufs des Erwerbes ihres Unterhalts in einer Weise zu betätigen habe, zu welcher sie während ihrer Ehe nicht verpflichtet gewesen sei. In einer Entscheidung vom 17. Dezember 1906 VI 178/05 (JW. 1907 S. 130 Nr. 10 = Recht 1907 Nr. 297) hat der alte VI. Zivilsenat nicht, wie es nach der kurzen Wiedergabe im „Recht" den Anschein haben könnte, diese Erwägungen gemißbilligt, sondern nur ausgeführt, daß die auf der Entscheidung RGZ. Bd. 5 S. 108 fußenden Erwägungen des Berufungsgerichts dem vorliegenden Sachverhalt nicht gerecht würden. Der Beklagte sinne der Klägerin nicht an, daß sie Lohnarbeit für Dritte verrichten oder überhaupt eine Tätigkeit ausüben solle, die den Verhältnissen nicht entspreche, in denen sie während ihrer Ehe gelebt habe und bei deren Fortdauer annehmbar weitergelebt haben würde; er behaupte vielmehr, sie betreibe in denselben Grundstücken, die früher ihr Mann bewirtschaftet habe, nun für ihre Rechnung Land- und Gastwirtschaft und sei dabei in der nämlichen Weise tätig, wie sie bei Lebzeiten des Mannes als dessen Gehilfin tätig gewesen sei. Beruhe dies auf Wahrheit, so kämen die in dem angezogenen reichsgerichtlichen Urteil ausschlaggebend gewesenen Erwägungen nicht in Betracht, und es sei dann auch sonst kein Grund ersichtlich, weshalb bei der Bestimmung des Schadensersatzes das, was die Klägerin durch ihre Tätigkeit verdiene, nicht insoweit anzurechnen wäre, als diese auch dem Maße nach die Leistungen, zu denen sie bei Fortdauer der Ehe ihrem Manne gegen-

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über verpflichtet gewesen wäre, nicht übersteige. Die Anrechenbarkeit des durch die eigene Tätigkeit der Witwe Verdienten ist also in der Entscheidung vom 17. Dezember 1906 nicht allgemein, sondern wegen der besonderen Umstände des damals entschiedenen Falles anerkannt worden. In einer Entscheidung vom 25. Oktober 1909 VI 118/09 (Recht 1909 Nr. 3559) hat derselbe Senat in einem Falle, in dem die Witwe eines verunglückten Geschäftsführers ihre durch den Wegfall häuslicher Pflichten frei gewordene Arbeitskraft nicht zu einem Erwerbe ausgenutzt, sondern nur ihren Haushalt weitergeführt hatte, ausgesprochen, daß der Wegfall der Pflicht zur Hausarbeit weder als Schadensminderung in Betracht komme noch die Anwendung der Grundsätze über Vorteilsausgleichung rechtfertige, da der Vorteil, welcher der Witwe zufließe, nicht auf dem Tod des Mannes, sondern auf ihrer freiwilligen Arbeitsleistung beruhen würde, der Tod des Mannes also nicht die Ursache, sondern nur eine entferntere Bedingung des Vorteils sein würde. In neuerer Zeit ist der III. Zivilsenat des Reichsgerichts in einer Entscheidung vom 9. Dezember 1927 III 148 27 mit der Frage befaßt gewesen. Er hat sich darauf beschränkt, unter Bezugnahme auf die oben erwähnte Entscheidung J W . 1907 S. 130 Nr. 10 ohne weitere Begründung den Satz auszusprechen, die Anrechnung des Betrags, den die Witwe nach dem Tode ihres Mannes erworben habe und den sie dadurch habe erwerben können, daß sie nunmehr ihrer Pflichten aus § 1356 BGB. ledig geworden sei, sei unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung gerechtfertigt. Dabei scheint übersehen worden zu sein, daß in der Entscheidung J W . 1907 S. 130 die Anrechenbarkeit nicht allgemein, sondern nur wegen der besonderen Umstände des damals entschiedenen Falles anerkannt worden ist. In der Entscheidung des III. Zivilsenats handelt es sich um einen Fall, in dem die W i t w e nach dem Tode des Mannes, als sie und ihre beiden Töchter keinen Schadensersatz für den Verlust ihrer Unterhaltsansprüche gegen den Ehemann und Vater erhielten, eigenem Erwerb nachgegangen war, um sich und die Töchter zu unterhalten. Der III. Zivilsenat billigt es, daß das Berufungsgericht auf den Schadensersatzanspruch den in der Vergangenheit von der Witwe erzielten Erwerb anrechnet, aber bei d e r Bemessung der Rente für die Zukunft künftigen E r w e r b der W i t w e nicht berücksichtigt, weil im gegebenen Falle die Wahrscheinlichkeit künftigen Erwerbes zu verneinen sei. Die Frage, ob sich die Klägerin, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit ohne ausreichende Veranlassung einstellte, den Verdienst kürzen lassen müßte, den sie sich bei Fortsetzung der Arbeit hätte verschaffen können, läßt das Urteil unentschieden, weil eine solche Sachlage nach dem Vorbringen der Parteien nicht gegeben sei.

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Danach geht die Rechtsprechung des alten VI. Zivilsenats dahin, daß der Vorteil, den die Witwe durch eigenen, erst infolge des Wegfalls der häuslichen Pflichten möglichen Erwerb erzielt oder auch nur erzielen könnte, im allgemeinen nicht anzurechnen sei, dagegen die Rechtsprechung des III. Zivilsenats — unter irrtümlicher Berufung auf J W . 1907 S. 130 Nr. 10 — dahin, daß solcher Erwerb, wenn er tatsächlich von der Witwe erzielt wird, ihr auf den Schaden anzurechnen sei, während der III. Zivilsenat unentschieden läßt, ob auch der Gewinn aus einem Erwerb, dem die W i t w e nachgehen könnte, aber tatsächlich nicht nachgeht, anzurechnen sei. Die Anwendung der Grundsätze über Vorteilsausgleichung auf Fälle der vorliegenden A r t erscheint überhaupt nicht gerechtfertigt. Denn es würde eine Verkennung des Wesens der Ehe bedeuten, wollte man die Beendigung der Ehe durch den Tod des Mannes und das mit dem Wegfall der häuslichen Pflichten gegenüber dem M a n n e (§ 1356 BGB.) verbundene Freiwerden der Arbeitskraft als einen mit dem Verlust des Mannes verbundenen „Vorteil" ansehen (vgl. RGZ. Bd. 152 S. 208 [211]). Auch schafft das Freiwerden der A r b e i t s k r a f t noch nicht den Verdienst. Der rechtliche Gesichtspunkt, unter dem die Frage geprüft werden muß, ist der des § 254 Abs. 2 BGB., wonach die Verpflichtung zum Schadensersatz und der Umfang des zu leistenden Ersatzes auch dann von den Umständen abhängt, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, daß e r es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Das Unterlassungsverschulden im Sinne dieser Vorschrift setzt nicht die Verletzung einer besonderen Rechtspflicht voraus, sondern umfaßt jeden Verstoß gegen Treu und Glauben, mithin auch ein Unterlassen derjenigen Maßnahmen, die nach gesundem Volksempfinden ein ordentlicher Mensch ergreifen müßte, um Schaden von sich abzuwenden (RGZ. Bd. 52 S. 351, Bd. 71 S.212 [216] und Bd. 105 S. 115 [119]; RGRKomm. z. BGB. § 254 Bern. 2 Zeile 13). Die Frage, ob sich die Witwe einen Erwerb, den sie e r z i e l e n k ö n n t e , anrechnen lassen muß, kann deshalb nicht allgemein bejaht oder allgemein verneint werden. Vielmehr muß nach den vorstehenden Grundsätzen im einzelnen Fall geprüft werden, ob und in welchem Umfang der Witwe den Umständen nach zuzumuten ist, ihre durch den Wegfall der Pflichten aus § 1356 BGB. frei gewordene A r b e i t s k r a f t dazu zu benutzen, selbst einem Erwerb nachzugehen und zugleich den Schaden abzuwenden oder wenigstens zu mindern (§ 254 Abs. 2 BGB.). So wird auf der einen Seite einer Witwe, solange sie Kinder zu erziehen hat, in der Regel nicht zugemutet werden können, die unveränderte Weiterführung des Haushalts aufzugeben und die Kindererziehung anderen anzuvertrauen, um selbst einem E r w e r b nachgehen zu können. Auf der anderen Seite widerspricht es dem gesunden Volksempfinden, wenn eine arbeitsfähige junge Witwe ohne Kinder,

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die, wenn sie nicht geheiratet hätte, einem Erwerb nachgegangen wäre, nach dem Tode ihres Ernährers von der Möglichkeit, ihren Unterhalt selbst zu erwerben, keinen Gebrauch macht, sondern auf Kosten eines für den Tod des Manne« verantwortlichen Dritten ein Rentnerleben führt. In solchem Fall fordert es geradezu das eigene Interesse der kinderlossen W i t w e , ihr, nachdem ihr durch den Tod des Mannes ihre bisherige Lebensaufgabe und ihr wesentlichster Lebensinhalt genommen worden ist, nicht den Segen der Arbeit vorzuenthalten, sondern sie zu einer ihren Kräften, ihrem Alter und ihrer Lebensstellung entsprechenden Arbeit zu nötigen. W a s in dieser Richtung der W i t w e zugemutet werden kann und zugemutet werden muß, ist S a c h e der tatrichterlichen Würdigung der Umstände des einzelnen Falles. Dabei muß insbesondere geprüft werden, ob und auf w i e lange der W i t w e bei Berücksichtigung ihres Alters, ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer sonstigen Lebensverhältnisse in Anbetracht eigener früherer Erwerbstätigkeit oder früher erhaltener Berufsausbildung angesonnen werden kann, einem der früheren Tätigkeit oder der Ausbildung entsprechenden Erwerb nachzugehen, und es k a n n im Fall der Bejahung der F r a g e auch geboten sein, bei der Berechnung des durch solche Berufstätigkeit zu erzielenden Erwerbs die Kosten einer e t w a infolge der Tätigkeit nötig werdenden Hilfe für den eigenen Haushalt abzuziehen. Auch die Frage, ob die W i t w e sich einen Verdienst anrechnen lassen muß, den sie durch eigene Erwerbstätigkeit t a t s ä c h l i c h e r z i e l t , kann w e d e r allgemein bejaht noch allgemein verneint werden. Handelt es sich um eine Erwerbstätigkeit, die der W i t w e nach den vorstehenden Ausführungen zuzumuten wäre, dann ist der dadurch erzielte Gewinn, soweit er über das, w a s die W i t w e bei Fortdauer der Ehe durch eigene Erwerbstätigkeit verdient haben würde, hinausgeht, auf den Schaden anzurechnen. In Fällen aber, in denen eine W i t w e , sei es aus Not, sei es aus besonderer Arbeitsfreudigkeit oder aus welchem Grunde immer, eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, obwohl ihr das den Umständen nach nicht zuzumuten gewesen wäre, erscheint die Anrechnung des erzielten E r w e r b s nicht gerechtfertigt. Denn auch wenn die Frau bei Fortdauer der Ehe diesem Erwerb nicht nachgegangen w ä r e oder auch nicht hätte nachgehen können, würde doch in solchen Fällen, w i e es in dem (S. 239) erwähnten Urteil vom 25. Oktober 1909 heißt, der Verdienst der W i t w e nicht auf dem Tode des Mannes, sondern auf ihrer freiwilligen Arbeitsleistung beruhen und nicht mehr im Rechtssinne eine Folge des Todes des Mannes sein. Hiernach muß der Tatrichter prüfen, ob und gegebenenfalls seit w a n n und bis wann der Klägerin den Umständen nach eine eigene Erwerbstätigkeit zuzumuten ist und ob sie bei gutem W i l l e n eine entsprechende Arbeitsstelle gefunden hätte oder künftig finden wird.

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RGZ 155, 92 Ist die Unterlassungsklage unzulässig, wenn die zu unterlassende Handlung mit öffentlicher Strafe bedroht ist? BGB. §§ 823 flg., § 1004. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Kaiserslautern.

Urt. v. 24. Mai 1937. II. Oberlandesgericht Zweibrücken.

Der Erstkläger Sch. war Vorstandsmitglied, der Zweitkläger Dr. K. Vorsitzender des Aufsichtsrats der als Drittklägerin auftretenden V.bank. Am 20. Dezember 1933 wurden in einer Versammlung der NS.-Hago in K. ungünstige Gerüchte zur Sprache gebracht, die über die Leitung der Drittklägerin, insbesondere über den Erstkläger Sch. in Umlauf waren. Der nicht anwesende Erstbeklagte B., der darüber näheres wissen sollte, wurde herbeigeholt. Der Versammlungsleiter legte ihm drei vorher abgefaßte Fragen vor, die er, zum Teil unter Mitwirkung des Zweitbeklagten L., beantwortete. Der Vorgang gelangte auch in drei Zeitungen. Die Kläger fühlen sich durch die Aeußerungen der beiden Beklagten verletzt und geschädigt und klagen auf Unterlassung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht, da sie behaupten, infolge der Aeußerungen ihre Stellungen verloren zu haben. Den Gegenstand der Aeußerungen bilden zwei Vorfälle, die dem Erstkläger zur Last gelegt wurden, und der Vorwurf gegen den Zweitkläger, daß dieser nichts Genügendes getan habe, die Vorfälle aufzuklären. In einem weit zurückliegenden Fall, e t w a E n d e 1921, sollte nämlich der Erstkläger die Bankangestellte R. kurz vor einer Revision bestimmt haben, eine Buchung auszuradieren und durch einen erdichteten Namen zu ersetzen. Weiter sollte er die Gesellschafter einer im Oktober 1924 gegründeten Gesellschaft mbH. als „Strohmänner" vorgeschoben haben. Die Beklagten bestritten die Aeußerungen in der ihnen zur Last gelegten Form und erklärten, daß sie das, was sie gesagt hätten, vertreten könnten, daß sie es auch zur Wahrnehmung berechtigter Interessen vorgebracht hätten. Sie bestritten auch eine Wiederholungsgefahr und die Entstehung eines Schadens. Das Landgericht erkannte im wesentlichen nach den Klaganträgen; nur hielt es einen Teil der Aeußerungen nicht für bewiesen. Auf die Berufung der Beklagten schränkte das Oberlandesgericht die Verurteilung noch mehr ein. Es verurteilte den Erstbeklagten, die Behauptung über das Vorschieben von Strohmännern, den Zweitbeklagten, die Behauptung über Vertuschungsversuche des Zweitklägers zu unterlassen. Ferner stellte es fest, daß der Erstbeklagte dem Erstkläger den Schaden zu ersetzen habe, der diesem durch die Behauptung über das Vorschieben von Strohmännern, und daß beide Beklagten dem Zweitkläger und der Drittklägerin den Schaden zu Z i v i l · . S c b u l d r c c t t 10

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ersetzen hätten, der diesen durch die Behauptung über Vertuschungsversuche entstanden sei. Im übrigen wies es die Klage ab. Die Revision des Beklagten B. hatte keinen Erfolg. Auf die Revision des Erstklägers und der Drittklägerin wurde die Sache, insoweit die Klage abgewiesen worden war, zurückverwiesen. Aus den G r ü n d e n : Was die Revision des Beklagten B. gegen das Berufungsurteil anführt, ist unbegründet. In erster Linie beanstandet sie die Zulassung der Unterlassungsklage, weil Privatklage hätte erhoben werden können. Allerdings ist in der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts, gerade auch des erkennenden Senats, das Rechtsschutzbedürfnis für die vorbeugende Unterlassungsklage regelmäßig dann verneint worden, wenn die zu unterlassende Handlung mit öffentlicher Strafe bedroht war, und es ist auf dem Gebiet des Ehrenschutzes der Weg der Privatklage als der regelmäßig gegebene bezeichnet, nur aus besonderen Gründen die Unterlassungsklage für zulässig erachtet worden (vgl. die Zusammenstellung RGZ. Bd. 124 S. 258). Diese Rechtsprechung hat der II. Zivilsenat bereits im Urteil RGZ. Bd. 116 S. 151 verlassen unter Hinweis darauf, daß das Gesetz in vielen Fällen die Unterlassungsklage gebe, auch wo die Handlung mit Strafe bedroht sei, und daß ein Bedürfnis für dieses Nebeneinander nicht allgemein geleugnet werden könne. Bei dieser Rechtsprechung ist der II. Zivilsenat seitdem verblieben (RGZ. Bd. 138 S. 219 [232]; JW. 1933 S. 1400 Nr. 16), während der VI. und der ehemalige IX. Zivilsenat die Frage wiederholt offengelassen haben (vgl. die Zusammenstellung RGZ. Bd. 151 S. 166). Neuerdings hat der IV. Zivilsenat in der Entscheidung RGZ. Bd. 151 S. 159, wo er eine Klage auf Unterlassung ehebrecherischen Verkehrs sowohl gegen den schuldigen Ehegatten wie gegen dessen Mitschuldigen für unzulässig erklärte, in der Begründung die Rechtsauffassung des II. Zivilsenats als zu allgemein abgelehnt und für das besonders geordnete Gebiet des Eheschutzes ein Bedürfnis für die Unterlassungsklage verneint. Da dieses besondere Gebiet hier nicht in Frage steht, so ist der erkennende Senat nicht nach § 136 GVG. an die Entscheidung des IV. Zivilsenats gebunden. Er schließt sich nunmehr der Rechtsprechung des II. Zivilsenats in dieser Frage grundsätzlich an. Entscheidend ist, daß der Verletzte in der Regel nicht genötigt werden darf, die kriminelle Bestrafung des Täters herbeizuführen, an der ihm häufig nichts gelegen ist, während ihm die bürgerlichrechtliche Unterlassungsklage ein milderes, aber nicht weniger wirksames Mittel zum Schutz gegen die Wiederholung unerlaubter Handlungen, in Verbindung mit einer einstweiligen Verfügung sogar den Vorzug schnellster Abhilfe bietet. Auch das Berufungsgericht hat diese Frage erwogen und hat sich der Rechts-

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auffassung des Erläuterungswerks von Mitgliedern des Reichsgerichts zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Vorbem. 6 III c vor § 823) angeschlossen, die mit der des II. Zivilsenats übereinstimmt. Die Unterlassungsklage ist also zulässig . . . RGZ. 155, 327 Kann den guten Sitten ein Vertrag zuwiderlaufen, wonach ein Schuldner gegen Unterhaltszahlungen seines Bruders Dienste leistet, ohne dafi ihm ein Rechtsanspruch auf das Entgelt für seine Arbeit eingeräumt wird? BGB. § 826. VII. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 20. August 1937.

I. Landgericht Berlin.

II. Kammergericht daselbst.

Die Klägerin hatte der offenen Handelsgesellschaft C., deren Gesellschafter Dr. G., ein Bruder des Beklagten, und Dr. M. waren, im Jahre 1925 ein Darlehn von 30000 RM. gegeben. Die offene Handelsgesellschaft verwandelte sich später in eine Gesellschaft mbH., deren Geschäftsanteile zu 90°/o dem G. und zu 10°/o dem M. zustanden. Den Gegenstand des Unternehmens bildete Herstellung und Vertrieb eines Zahnzements Lithodont, der nach einem von dem Chemiker Ste. erfundenen Geheimverfahren hergestellt wurde. Auf Grund einer über die Schuld ausgestellten vollstreckbaren Urkunde pfändete die Klägerin das ganze Inventar der C. Am 15. Oktober 1926 schrieb G. namens der C. an die Klägerin, voraussichtlich werde in den nächsten Tagen eine Vertriebsgesellschaft gegründet werden, die auch als Garantin für die Gläubiger der C. auftreten solle in der Weise, daß ein Teil des Umsatzes zur Abdeckung der Schulden zur Verfügung gestellt werden solle, wofür aber Voraussetzung sei, daß die Gläubiger mit keinerlei Zwangsmaßnahmen gegen die C. vorgingen. In dem Versteigerungstermine vom 18. November 1926 bot der anwesende Ehemann der Klägerin nicht mit, nachdem im Termin über eine Uebernahme der Schuld gegenüber der Klägerin durch eine neu zu gründende Gesellschaft mbH. L. verhandelt worden war, deren Gesellschafter der Beklagte und ein Dr. Stö. sein sollten. Ein Händler erstand das Inventar und gab es um 3000 RM. an die Brüder G. für die L. weiter. Der Erlös der Versteigerung fiel dem Vermieter der C. zu. Die L.-GmbH. wurde gegründet und schloß am 11. Februar 1927, vertreten durch den Beklagten als Geschäftsführer und dessen Bruder als Prokuristen, mit dem Ehemann der Klägerin einen Vertrag, wonach sie die inzwischen auf 38895,18 RM angewachsene Forderung der Klägerin an die C. in der Weise übernahm, daß sie versprach, auf jede verkaufte Portion Lithodont 1 RM. für sämtliche 1J·

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G l ä u b i g e r der C. auf einem besonderen K o n t o zurückzuhalten. Als Voraussetzung der Schuld-Übernahme wurde bestimmt, daß der Ehemann der Klägerin für die Dauer des A b k o m m e n s jede Zwangsmaßnahme gegen die C. unterlasse. Der V e r t r a g war zunächst auf die D a u e r von zwei J a h r e n geschlossen. In dieser Zeit hat die Klägerin 2 2 2 2 , 3 0 R M . auf ihre Forderung erhalten. Im F e b r u a r 1929 teilte die L . - G m b H . der Klägerin mit, sie wünsche den V e r t r a g vorläufig nicht zu verlängern. Die Klägerin hat darauf nicht geantwortet. Seit dem J a h r e 1931 ist die Klägerin mit Klage und Armenr e c h t s g e s u c h e n gegen die L.-GmbH. vorgegangen. Die Klagen sind abgewiesen, die A r m e n r e c h t s g e s u c h e abgelehnt worden. Nur in einer S a c h e hat die Klägerin am 26. J u n i 1934 vor dem Landgericht in B e r l i n ein Urteil erwirkt, wodurch die L.-GmbH. auf Grund der Schuldübernahme zur Zahlung von 200 R M . verurteilt wurde. Auch ein Armenrechtsgesuch der Klägerin für eine Klage gegen den B e k l a g t e n ist zurückgewiesen worden. Die Klägerin verlangt nun mit der vorliegenden K l a g e von dem B e k l a g t e n einen T e i l b e t r a g von 16 000 R M . mit der Begründung, der B e k l a g t e habe am 18. November 1926 versprochen, dafür einzustehen, daß die L.-GmbH. die Schuld uneingeschränkt übernehme. D a diese die Schuld nur nach Maßgabe des A b k o m m e n s vom 11. F e b r u a r 1927 übernommen habe, hafte der B e k l a g t e auf Grund seiner G a r a n t i e insoweit, als die Schuldübernahme beschränkt sei. Der B e k l a g t e habe sich aber auch einer unerlaubten Handlung schuldig g e m a c h t . E r habe sich in einem V e r t r a g e Lizenzgebühren von der L . - G m b H . versprechen lassen, die in W a h r h e i t in Gestalt von G e schäftsgewinnen der L.-GmbH. zugestanden hätten. F e r n e r habe er seinem Bruder, ihrem Schuldner, ganz erhebliche B e t r ä g e für seine T ä t i g k e i t bei der L. zufließen lassen, ohne daß dem B r u d e r ein Anspruch hierauf habe zustehen sollen. Dies alles sei geschehen, um die G l ä u b i g e r des B r u d e r s um ihre Forderung zu bringen. Das Landgericht hat der Klage zum T e i l stattgegeben, das K a m m e r g e r i c h t sie in vollem Umfang abgewiesen. Die auf W i e d e r h e r stellung des ersten Urteils gerichtete R e v i s i o n der Klägerin führte zur Aufhebung und Zurückverweisung aus folgenden Gründen: S o w e i t die Klägerin ihren Anspruch auf unerlaubte Handlung d e s B e k l a g t e n gründet, behauptet sie folgendes: Der B e k l a g t e , ihres Schuldners G. Bruder; ferner die L.-GmbH., bei welcher der B e k l a g t e maßgeblich beteiligt, deren Geschäftsführer er auch gewesen sei, und endlich ihr Schuldner G. selbst hätten in der Absicht, den Gläubigern des G. k e i n e n Gegenstand der Zwangsvollstreckung erwachsen zu lassen, oder wenigstens in Gewißheit darüber, daß diese Folge ihres Handelns eintreten werde, nach einem gemeinsamen P l a n e dahin zu-

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sammengewirkt, daß der L.-GmbH. die Arbeitskraft ihres Prokuristen G. zur Verfügung stand, dieser auch dafür bezahlt wurde, wenn schon nicht von der L. selbst, so doch von dem Beklagten, daß ihm aber gleichwohl ein Rechtsanspruch auf die Vergütung für seine Dienste, in den die Gläubiger hätten vollstrecken können, nicht zugestanden habe. Ein derartiges Verhalten verstößt gegen die guten Sitten (§ 826 BGB.). Alle an dem Plane Beteiligten sollten in diesem Falle fast die gleichen Vorteile haben, die sie im Falle des Abschlusses eines Dienstvertrags zwischen G. und der L.-GmbH. gehabt haben würden; nur für die Gläubiger des G. wäre kein Gegenstand eines Zugriffs für die Vollstreckung wegen ihrer Ansprüche in Gestalt eines p f ä n d b a r e n Rechtsanspruchs ihres Schuldners auf Zahlung einer Vergütung für seine Dienste erwachsen. In der Unterdrückung eines solchen Zugriffsgegenstandes liegt in einem solchen Falle die Sittenwidrigkeit. Unerheblich ist dabei, ob die L.-GmbH. einen Rechtsanspruch gegen G. haben sollte des Inhalts, daß er ihr Dienste leiste; ob also ein Vertrag über die unentgeltliche Leistung von Diensten abgeschlossen worden ist, eine Annahme, die angesichts dessen, daß G. unstreitig Prokurist der L.-GmbH. wurde, kaum zu vermeiden ist. Wesentlich ist nur, daß nach dem Plane die Arbeitsleistung des G. für die L. zu erwarten war. Voraussetzung der Sittenwidrigkeit ist, daß G. seinerseits keinen Anspruch auf Vergütung haben sollte, daß also die Zahlungen des Beklagten nicht in Erfüllung eines solchen Anspruchs geschehen sind, daß aber G. und die L.-GmbH. dennoch damit rechnen konnten, daß der Beklagte die Zahlungen, die im einzelnen nicht im voraus bestimmt gewesen sein mögen, gemäß dem Plane leisten werde. Der Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten steht nicht entgegen, daß eine unerlaubte Handlung nach den §§ 823 flg. BGB. nicht angenommen werden kann, wenn nur der Tatbestand einer Anfechtung außerhalb des Konkursverfahrens gegeben ist. Zunächst liegt deren Tatbestand hier nicht vor, denn der Plan, an dem sich der Beklagte beteiligt haben soll, ging nicht dahin, aus dem Vermögen des Schuldners der Klägerin einen der Zwangsvollstreckung unterliegenden Gegenstand wegzuschaffen, sondern einen solchen überhaupt nicht entstehen zu lassen. Weiter geht aber auch die Planmäßigkeit bei dem Vorgehen der drei Beteiligten über den T a t b e s t a n d einer Anfechtung hinaus. Man kann den obigen Darlegungen auch nicht entgegenhalten, kein Gläubiger habe einen Anspruch gegen seinen Schuldner auf eine Verwertung seiner Arbeitskraft in der Weise, daß dem Gläubiger dadurch ein Gegenstand der Zwangsvollstreckung wegen seiner Forderung geschaffen werde (RGZ. Bd. 69 S. 59 [63], Bd. 81 S. 41 [45]; RAG. Bd. 13 S. 221 [224], Bd. 14 S. 107 [112], vgl. auch Bd. 15 S. 325 [327]). Ob dieser Satz nach neuerer Rechtsanschauung noch uneingeschränkt anzuerkennen ist und ob er

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in den Jahren 1927 u. flg., falls man dies« Zeit für maßgeblich hält, uneingeschränkt galt (vgl. RAG. Bd. 14 S. 107 [113]), mag dahingestellt bleiben. Hier handelt es sich nicht um die Frage nach einer Verpflichtung zu gewinnbringender Arbeit zum Vorteil des Gläubigers überhaupt, sondern darum, ob ein Schuldner seine Arbeitskraft unter allen Umständen verwerten darf, wie er will, und niemals durch die Art dieser Verwertung gegen die guten Sitten verstoßen kann. Daß aber die Art der Verwertung sittenwidrig sein kann, ist nicht zweifelhaft (RAGUrt. 551/31 vom 6. April 1932, abgedr. WarnRspr. 1932 Nr. 96, und RAGUrt. 196/34 vom 9. März 1935, abgedr. W a r n Rspr. 1935 Nr. 99). Unerheblich ist es auch, ob man den Satz, jeder könne mit seinem Vermögen machen, was er wolle, noch für die Gegenwart oder auch nur für die Jahre 1927 u. flg. uneingeschränkt anerkennen will, denn hier steht nicht die Frage der Freiheit der Verfügung über das Vermögen allgemein zur Entscheidung, sondern die Frage, ob die Art der Vermögensverfügung gegen die guten Sitten verstoßen könne. Diese Frage ist zu bejahen. Der Beklagte kann sich auch, entgegen der Meinung des Kammergerichts, nicht ohne weiteres damit entschuldigen, er habe seinem Bruder Geld gegeben, um ihn und seine Familie vor Not zu bewahren. Einem Bruder in Not zu helfen, ist allerdings eine sittliche Pflicht, die sich auch auf die Familie des Bruders erstrecken mag. Wenn der Bruder aber der Not aus eigener Kraft steuern kann und dies auch ohne die Hilfe getan hätte, so schlägt die sittliche Pflicht in sittenwidriges Tun um, wenn die Hilfe nur gegeben wird, um dem Bruder anderweitige Arbeit zu ersparen, durch die er seinen Gläubigern Zwangsvollstrekkungsgegenstände geschaffen hätte. Die Gewährung nicht erforderlicher Hilfe in der Absicht, einen anderen dadurch zu schädigen, ist sittenwidrig. Die sittliche Pflicht zur Hilfe geht aber angesichts drängender Gläubiger auch nicht über das für eine bescheidene Lebensführung erforderliche Maß hinaus. Diese Grenze ist hier ebenso zu ziehen wie bei der Zuwendung eines Teils des Anspruchs aus einem Dienstvertrag auf Zahlung der Vergütung an die Ehefrau (RGZ. Bd. 81 S. 41 [46]). Auch in persönlicher Hinsicht bestehen Schranken. Wenn der Schuldner mit Wissen des Zahlenden das ihm ohne Rechtsanspruch Zugeflossene anderen als nahen Angehörigen zuwendet, kann die Schranke überschritten sein. Eine Verrechnung von Monatsbeträgen auf eine andere Zeit wäre unzulässig. Der § 850 d ZPO., der durch Art. 3 des Reichsgesetzes zur Aenderung von Vorschriften über die Zwangsvollstreckung vom 24. Oktober 1934 (RGBl. I S. 1070) eingeführt worden ist, spielt bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits keine Rolle; er gilt erst seit dem 1. Januar 1935 (Art. 7 Abs. 1 des Ges.) und kann auf einen vor diesem Zeitpunkt liegenden Sachverhalt nicht angewandt werden (RAG. Bd. 15 S. 291 [297], S. 325 [328]). Zudem wäre eine durch § 850 d

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ZPO. geschaffene Forderung hier schon durch Zahlung getilgt. Aus der erwähnten Bestimmung Schlüsse für die Beurteilung eines vor dem 1. Januar 1935 liegenden Sachverhalts zu ziehen, wie es die Revision will, erscheint unzulässig. Daß § 826 BGB. bei einem Sachverhalt, wie er hier behauptet worden ist, in Frage kommt, verkennt auch das Kammergericht nicht. Seine Ausführungen sind aber nicht frei von Rechtsirrtum und erschöpfen den Sachverhalt nicht. Rechtsirrig ist es nach obigen Darlegungen, wenn das Kammergericht der Frage Bedeutung beimißt, woher der Beklagte die Gelder hatte, die er seinem Bruder zugewandt hat, ob sie insbesondere aus Lizenzgebühren herrühren, die ihm in der Tat zustehen. Das Kammergericht geht ferner zwar mit Recht auf die Behauptung des Beklagten ein, er habe das Geld an seinen Bruder gezahlt, um ihn der Notwendigkeit eines anderweitigen Verdienstes zu seinem und seiner Familie Unterhalt zu überheben. Es läßt aber dieses Vorbringen ohne nähere Prüfung in der oben angegebenen Richtung durchschlagen. Monatsbeträge von 1500 RM., die nach der Feststellung des Kammergerichts gegeben sind, überschreiten die oben aufgezeigten Schranken. Das Berufungsgericht führt ferner aus, es genüge nicht für den inneren Tatbestand des § 826 BGB., daß der Beklagte gewußt habe, seinem Bruder werde es durch seine Zahlungen möglich gemacht, ohne anderweitigen Verdienst auszukommen; mehr lasse sich, wie es in dem angefochtenen Urteil heißt, zu Lasten des Beklagten nicht feststellen. Dieser hatte aber selbst den Vertrag vom 11. Februar 1927 geschlossen; er wußte also, daß die C. und also auch sein Bruder Schulden in Höhe von etwa 125 000 RM. hatten. Er wußte, daß die Gläubiger drängten. Er wußte, daß sein Bruder Prokurist bei der L.-GmbH. war und für sie Dienste leistete, denn er war Geschäftsführer der L. Das bedurfte einer eingehenden Würdigung. Zudem fehlt die Beurteilung des sogenannten Lizenzvertrages in anderer Hinsicht als in bezug auf die vom Kammergericht geprüfte Frage, ob er rechtswirksam sei. In dem Vertrage war, abgesehen von der Abrede einer Zurückhaltung von 1 RM für jede verkaufte Portion Lithodont, und zwar anders als in dem Abkommen vom 11. Februar 1927 zeitlich unbegrenzt, ausgemacht, der Beklagte solle als kaufmännischer Leiter der L. und der Erfinder Ste. als ihr technischer Leiter ohne Gehalt tätig sein, so daß die L. für ihre Leitung nichts bezahlen sollte, da auch der Prokurist G. keinen Anspruch auf Gehalt hatte. Dagegen sollten aber der Beklagte und Ste. für eine von Ste. allein eingebrachte Erfindung Lizenzgebühren erhalten, die monatlich auf mindestens 1000 RM. festgesetzt wurden. Was den inneren Tatbestand des § 826 BGB. anlangt, den das Kammergericht erwähnt, so bedarf es, soweit der hier erforderte V o r s a t z in Frage kommt, nur der Voraussehbarkeit und Billigung der Entstehung eines Schadens. Im übrigen braucht der Täter nur

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die Kenntnis der Tatsachen zu haben, in denen eine Sittenwidrigkeit liegt, nicht aber braucht er deren Sittenwidrigkeit zu erkennen. Im vorliegenden Falle gehört allerdings zu dem Tatbestand des Verstoßes gegen die guten Sitten die Absicht, die Entstehung eines Gegenstandes der Zwangsvollstreckung für die Gläubiger zu verhindern, oder wenigstens die Kenntnis, daß diese Folge des Handelns eintreten werde. RGZ. 156, 193 1. Ist auch der Minderjährige als Partei im Rechtsstreit anzusehen und so im Urteil zu bezeichnen, wenn sein allein als Partei bezeichneter Vater erklärt, daß er im eigenen Namen und als gesetzlicher Vertreter seines Sohnes klage? 2. Begeht ein Angestellter, zu dessen Vertragspflichten es gehört, Geiahren abzuwenden, die im Bereich der Erfüllung dieser Pflichten für den Verkehr entstehen können, eine unerlaubte Handlung gegenüber dem Dritten, der infolge Verletzung jener Vertragspflicht Schaden erleidet? 3. Welche Aufgaben hat der Bremser zu erfüllen, deT den zweiten Anhänger einer Zugmaschine bedient (§ 32 Abs. 5 KFVo. vom 10. Mai 1932)? 4. Setzt die Feststellungsklage aus § 256 ZPO. voraus, daß das ihren Gegenstand bildende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Rechsstreits besteht? 5. Ist im Falle unerlaubter Handlungen jugendlicher Personen zwischen 7 und 18 Jahren die Prüfung des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit von deT Feststellung des Mangels der erforderlichen Einsicht zu trennen? 6. Kann auf den Schadensersatzanspruch eines Minderjährigen aus unerlaubter Handlung nach § 254 Abs. 2 BGB. das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters angerechnet werden, das darin besteht, daB er es nach dem Unfall des Minderjährigen unterlassen hat, rechtzeitig für dessen ärztliche Behandlung zu sorgen? ZPO. §§ 256, 313 Nr. 1. BGB. §§ 254, 823, 828. KFVo. vom 10. Mai 1932 (RGBl. I S. 201) § 32 Abs. 5. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 21. Oktober 1937. I. Landgericht München-Gladbach.

II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

Am 25. Januar 1934 fuhr der Erstbeklagte mit seinem aus einem Lanzschlepper und zwei Anhängewagen bestehenden Lastzug Baumaterialien zum Neubau des Wasserwerks des Kreises E. in der Nähe des Dorfes M. Als Beifahrer, für den sich auf dem zweiten Anhängewagen ein Bremserhäuschen befand, begleitete der Zweit-

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beklagte den Lastzug. Gegen 14 Uhr durchfuhr der Zug das Dorf M. Spielende Kinder, darunter der am 11. August 1925 geborene Josef L., folgten dem mit geringer Geschwindigkeit fahrenden Lastzug und machten sich daran zu schaffen, als der Lastzug in einiger Entfernung von dem Dorfe z w e c k s Erkundung des W e g e s von den Beklagten angehalten wurde. Während der Zweitbeklagte sich außerhalb des Lastzuges befand, schlüpfte der erwähnte L. mit einem Spielgefährten in einen unter dem ersten Anhänger angebrachten Gerätekasten. Nach dem Wiederanfahren des Zuges geriet er beim Verlassen des Kastens zu Fall und wurde von den Rädern des zweiten Anhängers überfahren. Er blieb verletzt liegen und mußte von seinen Spielgefährten auf einem Handkarren nach Hause gebracht werden. Bis zum April 1934 blieb der Verletzte ohne ärztliche Behandlung. Sein Vater beschränkte sich auf die Anwendung von Umschlägen und behandelte eine am rechten Oberschenkel befindliche offene Wunde mit Salben, die er sich in einem Kaufladen des Dorfes beschaffte. Erst nach einem mißlungenen Gehversuch des Verletzten zog er einen Arzt zu Rate, der die alsbaldige Uebernahme des Kindes in die Krüppelfürsorge des Kreises E. und seine Ueberführung in die Orthopädische Provinzial-Kinderheilanstalt in S. veranlaßte, die am 9. April 1934 erfolgte. Hier wurde festgestellt, daß ein bei dem Unfall erfolgter Bruch beider Oberschenkel in völliger Fehlstellung der Knochenenden ausgeheilt war. Die Anstaltsbehandlung, in deren Verlauf mehrere Operationen ausgeführt wurden, dauerte bis Dezember 1935. Die Wiederherstellung der normalen Gebrauchsfähigkeit der Beine ist nicht erreicht worden. Der Vater des Josef L. erhob eine Klage beim Amtsgericht. Er stellte nach der von der Geschäftsstelle aufgenommenen Niederschrift den Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, den Schaden zu ersetzen, der ihm und seinem Sohn aus dem Unfall entstanden sei und noch entstehen werde. Vom Amtsgericht wurde der Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen, Nunmehr erklärte der Prozeßbevollmächtigte des Vaters L. in einem Schriftsatz, daß neben diesem auch der Sohn selbst als Zweitkläger, und zwar gesetzlich vertreten durch den Vater, Erstkläger, auftrete. Er beantragte, dem Vater L. und seinem von ihm gesetzlich vertretenen Sohn das Armenrecht zu bewilligen. In der Beschwerdeinstanz beschloß das Berufungsgericht, das Armenrecht zu bewilligen. Der Prozeßbevollmächtigte beantragte nunmehr beim Landgericht, auch dem verletzten Kinde, gesetzlich vertreten durch seinen Vater, das Armenrecht zu bewilligen, wie er dies bereits früher beantragt habe. Das Landgericht wies den Antrag zurück mit der Begründung: Da der Vater L. als Inhaber der elterlichen Gewalt die Ansprüche seines Sohnes im eigenen Namen geltend mache und ihm das Armenrecht bewilligt sei, sei für die Armenrechtsbewilligung an den Minderjährigen

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kein Raum. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht vertraten die Beklagten im zweiten Rechtszuge die Auffassung, daß nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils nur der Vater klage; es wurden sachlich-rechtliche Folgerungen daraus gezogen. Der Vater L. verblieb bei seiner früheren Auffassung, daß er auch als gesetzlicher Vertreter seines Sohnes dessen Ansprüche geltend mache, und bat gegebenenfalls um Bewilligung des Armenrechts auch für diesen, nachdem ein Armenrechtsbeschluß auf den Namen des Vaters ergangen war, durch den das Armenrecht zur Hälfte der im ersten Rechtszug erhobenen Ansprüche bewilligt wurde. Nach Erlaß des Berufungsurteils, an dessen Kopf es heißt, daß der Vater L. im eigenen Namen und als gesetzlicher Vertreter seines Sohnes klage, beantragten die Beklagten Berichtigung des Urteils dahin, daß der Vater L. als Erstkläger und dessen Sohn als Zweitkläger bezeichnet werde; als Anlaß zu diesem Antrage wurde angegeben, daß von den Beklagten eine Aufrechnung mit der Kostenforderung erklärt sei und der Vater hiergegen u. a. deshalb Widerspruch erhoben habe, weil er zum Teil als Vertreter seines Sohnes geklagt habe und die Kosten mindestens anteilweise seinen Sohn träfen. Die Berichtigung wurde abgelehnt. Der Sachantrag des Vaters L. ging in der Berufungsinstanz dahin: 1. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, den Kläger von Rückgriffsansprüchen des Rh. Landesfürsorgeverbandes wegen der Unterbringung des Josef L. in der Provinzial-Krüppelheilstätte in S. freizustellen; 2. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Kläger und seinem Sohn Josef L. allen aus dem Unfall vom 25. Januar 1934 entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen; 3. an den minderjährigen Sohn Josef L. zu Händen des Klägers als seines gesetzlichen Vertreters ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe das Gericht gegebenenfalls nach Anhörung von Sachverständigen festsetzen möge. Das Berufungsgericht entsprach dem Antrage zu 1 mit der Einschränkung „bis zum Betrage von 750 R M . " ; es verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner, an den Sohn L. „z. H. des Klägers" ein Schmerzensgeld von 900 RM. zu zahlen; im übrigen wies es die Klage ab; die Kosten des Rechtsstreits legte es zu V« „dem Kläger", zu '/< den Beklagten auf. Gegen dieses Urteil legte der Vater L. Revision, die Beklagten Anschlußrevision ein. Letztere wurde zurückgewiesen. Auf die Revision der Kläger wurde dis Berufungsurteil, soweit darin zu ihren Ungunsten erkannt worden war, aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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Gründe: 1. Die von dem Vater L. schon im ersten Rechtszug ausgedrückte Auffassung, daß neben ihm selbst auch sein Sohn Partei sei, ist begründet. Der Kläger hat nicht, wie das Landgericht annahm, Ansprüche seines Sohnes im eigenen Namen geltend gemacht, sondern neben einem eigenen Anspruch Ansprüche als gesetzlicher Vertreter seines Sohnes. Es waren also auf der Klageseite in Wirklichkeit zwei Parteien vorhanden, die voneinander verschiedene Ansprüche geltend machten. Das konnte Bedeutung auch für die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits haben; wie das Berichtigungsverfahren in der Berufungsinstanz ergeben hat, sind in dieser Beziehung bereits Streitigkeiten zwischen den Parteien entstanden. Es war geboten, die bisherige Unklarheit in der Bezeichnung der Klageseite im Revisionsurteil bereits bei der Bezeichnung der Parteien zu beseitigen und beide Kläger als solche zu bezeichnen — das Kind als Zweitkläger — (RGZ. Bd. 146 S. 234). Das Reichsgericht hat wiederholt betont, daß Ansprüche, die aus einer unerlaubten Handlung einerseits vom Minderjährigen und andererseits von seinem Vater im eigenen Namen geltend gemacht werden, auch im Urteil voneinander getrennt zu behandeln sind. So das Urteil vom 8. Januar 1931 VI 265/30 in J W . 1931 S. 859 Nr. 4 u. a Nach der Feststellung des Berufungsgerichts hat sich der Vorgang so abgespielt: Der etwa 18 m lange Lastzug bildete bereits bei dem Fahren durch die Ortschaft einen Anziehungspunkt für eine größere Anzahl von Dorfkindern, die ihm beim Weiterfahren folgten und sich zum Teil an den letzten Wagen anhängten, ohne von den Beklagten daran gehindert zu werden. Der Zweitbeklagte hielt sich schon bei dem Durchfahren durch das Dorf nicht in dem Bremserhäuschen auf, sondern vorn auf dem Schlepper bei dem Erstbeklagten. Als der Lastzug hinter dem Dorf an der Abzweigung eines Weges hielt, stieg der Zweitbeklagte ab und erkundigte sich nach dem Wege zu dem in Aussicht genommenen Ziel. Der Zweitkläger und ein anderes Kind stiegen während des Aufenthalts des Lastzuges zunächst in das Bremserhäuschen und dann in den unter dem ersten Anhänger an dessen Ende befindlichen Gerätekasten. Als der Lastzug sich in Bewegung gesetzt hatte, sprangen beide Kinder aus dem Kasten heraus; der Zweitkläger wurde von dem zweiten Anhängewagen überfahren. Das Berufungsgericht folgt der Behauptung der Beklagten nicht, daß der Zweitbeklagte sich bis zum Anhalten des Lastzuges im Bremserhäuschen des zweiten Anhängewagens befunden habe, nimmt vielmehr auf Grund der Aussagen mehrerer Zeugen an, daß der Zweitbeklagte sich vorn auf dem Schlepper bei dem Erstbeklagten aufgehalten hat. (Die Anschlußrevision erhebt eine Verfahrensrüge, die zurückgewiesen wird.)

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Ein Verschulden beider Beklagten leitet das Berufungsgericht aus § 823 Abs. 2 BGB. her: Die Bremse des zweiten Anhängers habe vom Führersitz des Schleppers aus nicht bedient werden können; deshalb habe auf dem Anhänger ein Bremser mitfahren müssen (§ 32 Abs. 5 der KFVo. vom 10. Mai 1932). Der Zweitbeklagte sei zum mitfahrenden Bremser bestellt worden. Da er sich ζ. Z. des Unfalls nicht an seinem Platz befunden habe, hätten beide Beklagte gegen jene als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. anzusehende Vorschrift verstoßen. Die Pflichten des Bremsers beschränkten sich nicht auf die Tätigkeit des Bremsens; hierfür verweist das Berufungsgericht auf die in RGZ. Bd. 147 S. 402 abgedruckte Entscheidung des erkennenden Senats. Die Verletzung jener Vorschrift sei auch ursächlich für den Unfall gewesen. Von seinem Platz auf dem Anhänger aus hätte dem Zweitbeklagten die Ansammlung der Kinder bei dem Lastzug und deren Spielbetrieb bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht entgehen können. Er hätte gegen sie schon einschreiten müssen, als sie sich dem Lastzug angeschlossen hätten; dann hätte er es vermutlich mit leichter Mühe erreichen können, daß sie im Dorfe zurückblieben. Aber auch nach dem Anhalten des Lastzuges wäre das seine Aufgabe gewesen. Das Berufungsgericht nimmt an, daß seine Nähe allein nach aller Wahrscheinlichkeit genügt hätte, um die Kinder in gefahrloser Entfernung von dem Lastzuge zu halten. Außerdem hätte das gefährliche Spiel der Kinder seiner Aufmerksamkeit keinesfalls entgehen dürfen. Zu seiner Behauptung, er habe überhaupt keine Kinder bemerkt, führt das Berufungsgericht aus, die Anwesenheit der zahlreichen Kinder könne ihm nur bei größter Unaufmerksamkeit entgangen sein. Die Revision bittet um Nachprüfung, ob an den Grundsätzen der erwähnten Entscheidung des erkennenden Senats festgehalten werden könne, wonach die Vorschrift des § 32 Abs. 5 KFVo. als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. aufzufassen ist. In erster Linie ist hierzu folgendes zu sagen: Wenn ein Angestellter des Kraftwagenhalters von diesem mit der Führung der Bremsvorrichtung beauftragt wird, so gehört es regelmäßig zum Inhalt der vertraglichen Pflichten des Angestellten als eine Nebenpflicht, Gefahren zu begegnen, die sich aus dem Betriebe des Fahrzeugs für das Leben anderer ergeben, und die der Angestellte erkennen muß, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet. Verletzt er diese vertragliche Pflicht schuldhaft und wird dadurch die Körperverletzung eines Dritten herbeigeführt, so begeht der Angestellte eine unerlaubte Handlung gegenüber dem Dritten. Das hat der erkennende Senat in RGZ. Bd. 127 S. 18 ausgesprochen. Im vorliegenden Falle stellt das Berufungsgericht tatsächlich fest, daß dem Zweitbeklagten die Anwesenheit der zahlreichen Kinder nur bei größter Unaufmerksamkeit entgangen sein kann. Das Berufungsgericht nimmt schon

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im Zusammenhang mit der Darstellung des Zweitbeklagten an, daß er bis zum Anhalten des Lastzuges nicht im Bremserhäuschen gesessen habe, und stellt weiterhin ausdrücklich fest, daß der Zweitbeklagte, wenn er pflichtgemäß in dem Bremserhäuschen Platz genommen hätte, die Ansammlung der Kinder hätte wahrnehmen müssen. Die Anwesenheit der Kinder hätte ihm aber nach der weiteren Feststellung des Berufungsgerichts auch nach dem Halten des Lastzuges einen Anlaß zum Einschreiten gegen die Kinder geben müssen. Das Berufungsgericht stellt fest, daß die erforderlichen Maßnahmen des Zweitbeklagten alsdann das Hineinsteigen zweier Kinder in den Kasten des ersten Anhängers verhindert hätten. Die Haftung des Zweitbeklagten ist hiernach bereits aus § 823 Abs. 1 BGB. gegeben. Das gleiche ist aber auch für den Erstbeklagten anzunehmen. Er hätte als Halter und Führer des Lastzuges nicht dulden dürfen, daß der Zweitbeklagte sich auf der Fahrt bis zum Anhalten des Lastzuges neben ihm auf dem Schlepper befand. Hätte der Zweitbeklagte seinen Platz auf Anweisung des Erstbeklagten vorschriftsmäßig im Bremserhäuschen eingenommen, dann wäre der Unfall nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht geschehen. Es ist aber auch an dem in der Entscheidung RGZ. Bd. 147 S. 402 ausgesprochenen Grundsatz festzuhalten. Die dort angewendete Vorschrift des § 32 Abs. 5 der KFVo. vom 15. Juli 1930 entspricht, soweit sie hier in Betracht kommt, der gleichen Vorschrift der für den vorliegenden Fall anzuwendenden KFVo. vom 10. Mai 1932. Die Verordnung stellte bei Vorhandensein von zwei Anhängern in den Vordergrund das Mitfahren eines Bremsers. Es liegt nahe, daß mit einer solchen Regelung der unmittelbare Schutz anderer am Verkehr beteiligter Personen in möglichst weitem Maße bezweckt wurde. W a r ein Bremser vorhanden, so entspricht es nicht dem natürlichen Rechtsgefühl, daß er sich auf die Bremstätigkeit beschränkte und die Augen vor einer mit dem Betriebe des Fahrzeugs im Einzelfall offenbar für andere vorhandenen Gefahr verschloß Der Umstand, daß die Verordnung die Verwendung einer durchgehenden Bremse statt des Mitfahrens eines Bremsers gestattete, kann nicht dazu führen, die Tatsache zu beseitigen, daß n i c h t ein mechanisches Werkzeug, sondern ein denkender Mensch, der Pflichten gegenüber der Umwelt insbesondere dann hat, wenn diese von dem Betriebe berührt wird, sich auf dem Anhänger befindet. Die völlige Gleichstellung der Pflichten des Bremsers mit der von einem mechanischen Werkzeug aufzubringenden Leistung k a n n in einem solchen Falle nicht von der Rechtsordnung gewollt sein. Es ist deshalb auch verfehlt, wenn die Beklagten in zweiter Linie meinen, die Pflichten des Bremsers könnten in einem solchen Falle gerade nur während des Fahrens bestehen. Das wäre eine rein formalistische und deshalb unzulässige Betrachtungsweise. Das Verschulden des

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Zweitbeklagten bestand nach der Feststellung des Berufungsgerichts zunächst darin, daß er nicht gesehen hat, wie das Kind während des Stehens des Lastzuges in den Gerätekasten gekrochen ist. Sodann ist aber darauf hinzuweisen, daü es nach dem Berufungsurteil dem Zweitbeklagten schon während der Fahrt und vor dem Anhalten des Lastzuges möglich gewesen wäre, die Kinder davon abzuhalten, sich dem Lastzug überhaupt anzuschließen. W a s die Anschlußrevision hierzu sonst noch anführt, liegt auf tatsächlichem Gebiet und kann in der Revisionsinstanz nicht nachgeprüft werden. 3. Die Anschlußrevision wendet sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Feststellungsklage des Erstklägers — wenn auch unter Beschränkung auf einen bestimmten Geldbetrag — begründet sei. Sie meint, der Vater des Verletzten könne als mittelbar Geschädigter nur Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter B e reicherung geltend machen; die Voraussetzungen dieser Vorschriften iägen aber nicht vor; insbesondere habe der Vater noch keine Aufwendungen gemacht. Die Rüge ist nicht begründet. Das Berufungsgericht geht von der Annahme aus, daß der Fürsorgeverband, der das Kind zum Zwecke der Heilung in einer Krüppelheilanstalt untergebracht hat, grundsätzlich einen Rückgriffsanspruch gegen den auf Grund seiner Unterhaltspflicht zur Aufbringung der Heilungskosten verpflichteten Vater hat. Daran wird auch durch das Gesetz vom 22. Dezember 1936 über die Befreiung von der Pflicht zum Ersatz von Fürsorgekosten (RGBl. I S. 1125) für die Zeit s e i t dem 1. J a nuar 1935 nichts geändert. Die Behandlung hat hier über diesen Zeitpunkt hinaus gedauert. Im vorliegenden Falle handelt es sich im Grunde um ein Rechtsverhältnis zwischen den Beklagten und dem Zweitkläger. Das steht aber der Erhebung der Feststellungsklage nicht ohne weiteres entgegen. Es steht in der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts fest, daß auch Rechtsbeziehungen des Beklagten zu einem Dritten den Gegenstand einer Feststellungsklage bilden können, wenn nur ein rechtliches Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung besteht (RGZ. Bd. 128 S. 92 [ 9 4 ] , Bd. 142 S. 2 2 3 [226]). Im vorliegenden Falle sind einerseits die Beklagten dem Zweitkläger gegenüber zur Tragung der Heilungskosten verpflichtet. Und zwar besteht der Anspruch auf die Heilungskosten nicht erst dann, wenn der Verletzte die Kosten bezahlt hat oder wenigstens schuldig geworden ist (RGZ. Bd. 151 S. 298 [303]). Andererseits liegt es dem Erstkläger auf Grund seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht ob, die Heilungskosten zu tragen. Falls ein anderer an seiner Stelle die Heilung ausführte, so lag eine Geschäftsführung vor, der gegenüber nach § 679 B G B . ein entgegenstehender Wille dieses Klägers ohne rechtliche Bedeutung war. Im vorliegenden Falle hat ein öffentlich-rechtlicher Fürsorgeverband den Auftrag zur Unter-

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bringung des verletzten Kindes in einer Krüppelanstalt gegeben. Da im Verhältnis zwischen .dem Erstkläger und den Beklagten — wie zunächst zu unterstellen ist — diese allein für die Heilungskosten hafteten, hat der Erstkläger ein rechtliches Interesse daran, festgestellt zu sehen, daß die Beklagten ihn von dem Rückgriffsanspruch des Fürsorgeverbandes freizustellen haben. Dazu kommt, daß dem Kläger daran gelegen sein muß, die Frage der Haftung der Beklagten in tatsächlicher Beziehung geklärt zu sehen, ehe mit dem Ablauf eines längeren Zeitraums seit dem Unfall Schwierigkeiten in dieser Beziehung entstehen. Soweit in der von den Beklagten angeführten Entscheidung des Senats in RGZ. Bd. 84 S. 390, in der es sich um die Feststellung der künftigen E r s t a t t u n g s pflicht handelte, eine andere Auffassung zu diesem Abschnitt des jetzigen Urteils vertreten wird, ist daran nicht festzuhalten. 4. Zur Frage des Mitverschuldens des klagenden verletzten Kindes führt das Berufungsgericht aus: Da das Kind zur Zeit des Unfalls ungefähr 8Y2 Jahre alt gewesen sei, komme ein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB. entsprechend § 828 Abs. 2 das. nur dann nicht in Betracht, wenn der Verletzte bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt habe. Diese Ausnahme liege hier nicht vor. Nach der Auskunft seines Lehrers sei das Kind zur Zeit des Unfalls bei mäßiger Begabung geistig normal entwickelt gewesen. Einem normal entwickelten Dorfjungen von 8'Λ Jahren aber, sagt das Berufungsgericht, könne die Einsicht für die Gefährlichkeit des Spiels an fahrenden Wagen nicht abgesprochen werden. Ob in dem in Rede stehenden Dorfe nur ein geringer Kraftwagenverkehr stattfinde, sei unerheblich. Der Lastzug sei sehr langsam gefahren und habe nicht die dem Verletzten vielleicht nicht vertrauten Gefahren der mit hoher Geschwindigkeit fahrenden Kraftwagen entwickelt. Die Bekanntschaft des Kindes mit den landwirtschaftlichen Fahrzeugen des Dorfes habe genügt, a.m es wissen zu lassen, daß das Besteigen eines fahrenden Wagens und das Abspringen von einem solchen mit Gefahr verbunden sei. Es habe deshalb den durch seine Unbesonnenheit herbeigeführten Unfall auch im rechtlichen Sinne selbst verschuldet. Nur bei Berücksichtigung seiner Jugend erscheine es gerechtfertigt, im Rahmen des § 254 BGB. die überwiegende Verursachung des Unfalls in der schuldhaften Unterlassung der Beklagten zu erblicken. Deshalb spricht das Berufungsgericht dem Zweitkläger den Schaden nur zu V< zu. Der Revision ist darin zuzustimmen, daß diese Ausführungen des Berufungsgerichts nicht völlig frei von Rechtsirrtum sind. a) Grundsätzlich ist die Prüfung des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit bei jugendlichen Personen zwischen 7 und 18 Jahren von der Feststellung des Mangels der erforderlichen Einsicht zu trennen

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( R G Z . Bd. 146 S. 213 [216] mit Nachweisungen). Es könnte deshalb bedenklich erscheinen, daß das Berufungsgericht zu A n f a n g seiner Ausführungen ein Mitverschulden entsprechend § 828 A b s . 2 B G B . nur beim Fehlen der hier bezeichneten Einsicht verneint. Sodann erörtert das Berufungsgericht die F r a g e der Verursachung des Unfalls in diesem Zusammenhang nur am Schluß der Ausführung, insofern es v o n der überwiegenden Verursachung durch die schuldhafte Unterlassung der Beklagten spricht. Es ist — zumal im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Erörterung über die langsame F a h r w e i s e des Lastzuges — nicht zweifelsfrei, ob das Berufungsgericht berücksichtigt hat, daß die Verursachung des Unfalls als solche in der Vorschrift des § 254 B G B . in den Vordergrund gestellt wird, während das Verschulden erst in z w e i t e r R e i h e zu berücksichtigen ist ( R G Z . Bd. 142 S. 356 [368] u. a.). Hier kann dem G e w i c h t des beladenen Lastzuges, auch des z w e i t e n Anhängers, eine erhebliche Bedeutung für die A r t der schweren Verletzung des K i n d e s zukommen. b) D i e R e v i s i o n rügt, daß das Berufungsgericht die Auskunft des Lehrers, die es seiner Entscheidung zugrunde legt, nicht erschöpfend gewürdigt habe. Sie macht geltend, daß das Kind nach der A u s k u n f t noch zur Zeit ihrer Erteilung — September 1936, der U n f a l l w a r im Januar 1934 erfolgt — keine Zahlenbegriffe kenne, daß es z w e i und drei v e r w e c h s e l e , daß es statt η fast immer m schreibe. Die Auskunft hat w e i t e r dargelegt, daß dem K i n d e die Erkenntnis der G e f a h r und der möglichen F o l g e n des Herumkletterns am Fahrzeug gefehlt habe; sie hat darauf hingewiesen, daß die D o r f straße fast nur von landwirtschaftlichen Fahrzeugen benutzt w e r d e , die nur im Schritt gefahren würden; seit Ostern 1933 — dem Zeitpunkt, w o der L e h r e r dorthin gekommen ist — sei dieser Unfall dort der einzige Verkehrsunfall. Es ist nicht ersichtlich, daß das Berufungsgericht diese Frage erschöpfend gewürdigt hat. Es liegen z w e i Auskünfte vor, die eine v o m 16. September, die andere v o m 21. S e p t e m b e r 1936; die letztere geht wesentlich w e i t e r als die andere, ist aber anscheinend v o m Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Die Beklagten selbst hatten die Beeidigung des Lehrers v o r dem Berufungsgericht beantragt und darauf hingewiesen, wie notw e n d i g in einem solchen Falle die eidliche Vernehmung sei. G e h t man v o n der z w e i t e n Urkunde aus, so bleibt die F r a g e offen, ob das Berufungsgericht die für die Einsicht des Kindes in Betracht kommenden Umstände in vollem U m f a n g e berücksichtigt hat. Zutreffend weist die R e v i s i o n darauf hin, daß das Berufungsgericht für entscheidend die geringe Fahrgeschwindigkeit des Lastzuges gehalten hat. Es ist aber nicht zu erkennen, daß die Gefahren, die einerseits mit dem Betriebe eines landwirtschaftlichen Fuhrwerks, andererseits mit dem B e t r i e b e eines Lastzuges, der aus einem Schlepper mit zwei

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Anhängern besteht, verbunden sind, nicht ohne weiteres auf eine Stufe zu stellen sind, auch wenn bei beiden Fahrzeugen von einer langsamen Fahrweise ausgegangen wird. Ferner wird es im allgemeinen der Erfahrung entsprechen, daß ein Kind im Alter des Zweitklägers unter den vorliegenden Verhältnissen die Einsicht in die Gefahren, die mit dem Hineinkriechen in den Gerätekasten des stehenden Lastzuges verbunden sind, nicht besitzt. Eine gegenteilige Annahme würde besonderer Begründung bedürfen. Die Revision weist auch darauf hin, daß entgegen der Annahme des Berufungsgerichts, das auch von dem Besteigen eines fahrenden Wagens spricht, der Zweitkläger in den Kasten des Anhängers gestiegen ist, als der Lastzug stand, und daß nach der Beweisaufnahme auch ein Herausfallen — im Gegensatz zum Herausspringen — in Betracht komme. Die ohnehin gebotene Aufhebung des Berufungsurteils auf die Revision der Kläger wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, auch diese Fragen zu prüfen. 5. Das Berufungsgericht geht von dem Grundsatz aus, daß der Vater des Kindes die Verpflichtung gehabt habe, die Körperschäden des Kindes durch rechtzeitige Inanspruchnahme sachgemäßer ärztlicher Behandlung zu beheben oder nach Möglichkeit zu mindern. Diese Verpflichtung habe der Vater grobfahrlässig verletzt. Das Kind müsse die Folgen dieser Pflichtverletzung seines gesetzlichen Vertreters nach § 254 Abs. 2 in Verb, mit § 278 BGB. gegen sich gelten lassen. Die Revision vertritt die Auffassung, daß dem Kinde die Folgen der etwaigen unerlaubten Handlung seines gesetzlichen Vertreters nicht zur Last zu legen seien. Die Frage, ob ein Verschulden des gesetzlichen Vertreters eines Minderjährigen, das in einer Unterlassung in bezug auf ärztliche Behandlung des Minderjährigen nach der ihm von einem Dritten zugefügten Körperbeschädigung besteht, dem Kinde zuzurechnen sei, ist in der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts nicht einheitlich beantwortet worden. Die Kläger hatten sich bereits auf die in J W . 1906 S. 85 Nr. 4 veröffentlichte Entscheidung des Reichsgerichts dahin berufen, daß die unterlassene Zuziehung eines Arztes dem Kinde nicht zum Verschulden angerechnet werden könne. In dem Erläuterungsbuch von Reichsgerichtsräten, in dem jene Entscheidung auch erwähnt wird, heißt es in Anm. 1 a zu § 254 (8. Aufl. S. 428): „auch ein etwaiges Versehen der Eltern als solcher kann dem verletzten Kinde nicht als ein von ihm zu vertretendes Verschulden angerechnet werden ( J W . 1906 S. 55 Nr. 6), insbesondere auch nicht die den Eltern zur Last fallende schuldhafte Unterlassung der Zuziehung eines Arztes ( J W . 1906 S. 85 Nr. 4)". In dem ersterwähnten Urteil handelte es sich lediglich um die Frage des Verschuldens des gesetzlichen Vertreters bei dem Unfall selbst, also bei der E n t s t e h u n g des Schadens. In dem Zivils. SiliuMredit 10

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zweiten Urteil stand allerdings das Verschulden des gesetzlichen Vertreters für die Zeit nach der Entstehung des Schadens zur E r örterung. Die Entscheidung darüber, ob dieses Verschulden dem Minderjährigen zur Last zu legen sei, wurde offen gelassen, weil ein solches Verschulden von den Beklagten nicht behauptet, von Amts wegen aber nicht zu beachten sei. Zum Schlüsse heißt es dort: „Es kann deshalb unerörtert bleiben, ob und inwiefern die Unterlassung der rechtzeitigen Zuziehung eines Arztes . . .gemäß § 254 Abs. 2, § 278 B G B . von dem Kläger zu vertreten sein würde; denn um ein Verschulden des minderjährigen Klägers selbst kann es sich hierbei überhaupt nicht handeln". Dagegen ist in einem — anscheinend nicht veröffentlichten — Urteil des Reichsgerichts vom 1. März 1906 VI 231/05 zwischen dem Verschulden des gesetzlichen Vertreters bei und nach Entstehung des Schadens unterschieden. E s heißt dort: Im Gebiet der unerlaubten Handlung könne mangels einer seitens des Beschädigten gegenüber dem Schädiger bestehenden und zu erfüllenden Verpflichtung der § 278 B G B . auf ein zur E n t s t e h u n g des Schadens ursächlich mitwirkendes Verschulden der V e r t r e t e r und Hilfspersonen nicht angewendet werden; diese Anwendung sei vielmehr auf ein Verschulden bei der Abwendung des bereits verursachten und bei der Minderung des schon entstandenen Schadens einzuschränken; im gegebenen F a l l e könne deshalb ein Verschulden des V a t e r s oder der Eltern der siebenjährigen Klägerin bei der B e aufsichtigung des Kindes vor dem Unfall nicht in Betracht kommen, wohl aber die schuldhafte Verweigerung einer Operation, wenn diese den eingetretenen Schaden zu beseitigen oder zu mindern geignet gew e s e n wäre. Dieser Auffassung ist beizutreten. Die Auslegung der Vorschrift des § 254 Abs. 2 letzten Satzes ist im Schrifttum stets streitig gewesen. Das Reichsgericht hat den Satz „die Vorschrift des § 278 B G B . findet entsprechende Anwendung" nur dann angewendet, wenn e t w a s vorhanden ist, was erfüllt werden kann, wenn zum mindesten etwas einer Verbindlichkeit Aehnliches vorliegt. Nun liegt die Sache bei § 254 Abs. 2 so, daß der Beschädigte nach Entstehung des Schadens verpflichtet ist, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen und den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Damit sind Rechtsbeziehungen zwischen dem Schädiger und dem Beschädigten entstanden, und es ist nunmehr eine Verbindlichkeit begründet, die nach § 278 B G B . erfüllt werden kann (vgl. aus der neueren Rechtsprechung R G Z . Bd. 140 S. 1 [ 8 ] , Bd. 141 S. 353 [356], Bd. 138 S. 114 [117]; J W . 1937 S. 2654 Nr. 16). E s liegt in der T a t auch kein innerer Grund vor, einen Minderjährigen, dem ein Schaden durch unerlaubte Handlung zugefügt ist, für die Zeit nach Entstehung des Schadens in der ange-

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gebenen Richtung anders zu behandeln als jeden anderen Menschen. Der erkennende Senat hat in demselben Sinne in dem Urteil vom 3. Mai 1934 VI 55/34 angenommen, daß der Minderjährige für ein Verschulden seines Vaters einzustehen hat, das sich auf die Unterlassung einer Operation bezieht. Grundsätzlich ist also der von den Beklagten gemachte Einwand, daß der Vater des Zweitklägers es schuldhaft unterlassen habe, rechtzeitig eine ärztliche Behandlung des Kindes zu veranlassen, erheblich. Die Revision des Zweitklägers macht aber auch geltend, daß das Berufungsgericht insoweit nicht alle Umstände berücksichtigt habe, die für die Frage des Verschuldens des gesetzlichen Vertreters in Betracht kommen, und daß die Begründung selbst zu rechtlichen Bedenken Anlaß gebe. Diese Rüge ist begründet. a) Das Berufungsgericht zieht daraus, daß den Vater des Kindes ein grobes Verschulden bei Abwendung des Schadens treffe, den Schluß, daß die Beklagten nur zum Ersatz des Schadens herangezogen werden könnten, der bei sofortiger ärztlicher Behandlung entstanden und zurückgeblieben wäre. Hierbei ist nicht berücksichtigt, daß die Grundlage des Einwandes der Beklagten nur die Vorschrift des § 254 Abs. 2 BGB. sein kann und daß deshalb eine Abwägung im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB. erfolgen muß. Das ergibt sich deutlich daraus, daß der Absatz 2 mit den Worten beginnt: „Dies gilt auch dann, wenn . . ." Eine solche Abwägung hat das Berufungsgericht hier nicht vorgenommen; es hat vielmehr die Rechtslage so beurteilt, als ob das Verschulden des gesetzlichen Vertreters den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verschulden der Beklagten und dem Schaden des Minderjährigen von einem bestimmten Zeitpunkt ab beseitigt hätte. Diese Betrachtungsweise ist rechtlich zu beanstanden. b) Das Berufungsgericht führt zur Frage des Verschuldens des gesetzlichen Vertreters im wesentlichen folgendes aus: Der Bruch beider Oberschenkel des Kindes habe eine sofortige ärztliche Behandlung erfordert. Eine solche sei aber erst nach fast 3 Monaten herbeigeführt; es seien zwecklose Hausmittel angewendet worden. Die Folge davon sei, daß die Bruchenden in unrichtiger Form zusammengewachsen seien und erst wieder hätten getrennt werden müssen. Wenn auch das Kind keinen übermäßigen Schmerz geäußert habe, so habe es doch nicht mehr gehen und stehen können. Das habe dem Vater die Möglichkeit eines Knochenbruchs nahelegen müssen. Möge man auch in ländlicher Gegend mit der Herbeiholung eines Arztes im allgemeinen zurückhaltend sein, so sei doch hier ledern verständigen Laien ersichtlich gewesen, daß die ärztliche Behandlung nicht aufgeschoben werden dürfe. Es könnte sich fragen, ob die Darstellung des Erstklägers zur Verhandlung vom 22. Januar 14·

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1936 dann e t w a eine m i l d e r e B e u r t e i l u n g s e i n e s unbegreiflichen Verh a l t e n s h e r b e i f ü h r e n k ö n n t e , w e n n m a n sie mit a n d e r e n V o r g ä n g e n in V e r b i n d u n g bringt. Der E r s t k l ä g e r h a t t e erklärt, daß er seinem Sohn, als er ihn a m B o d e n l i e g e n d g e f u n d e n h a b e , in der Meinung, er h a b e ihm e t w a s v o r g e m a c h t , ein P a a r Ohrfeigen g e g e b e n habe. E r h a b e die S a c h e dann für eine Q u e t s c h u n g gehalten, und deshalb seien U m s c h l ä g e und S a l b e n v e r w e n d e t w o r d e n . Die S c h w e l l u n g e n s e i e n allmählich z u r ü c k g e g a n g e n , a b e r die W u n d e h a b e sich noch immer nicht g e s c h l o s s e n ; e t w a zu O s t e r n h a b e e r seinen S o h n zum e r s t e n m a l mit h i n a u s g e n o m m e n u n d nun g e s e h e n , daß er nicht „ s t r a c k " g e h e n k o n n t e . D a n n sei er zum A r z t g e g a n g e n . Nun h a t die L e i t u n g der o r t h o p ä d i s c h e n P r o v i n z i a l - K i n d e r h e i l a n s t a l t unter d e m 5. O k t o b e r 1935 sich dahin g e ä u ß e r t : d a die äußeren V e r l e t z u n g e n gering g e w e s e n seien, d ü r f t e w o h l v o m L a i e n die dringende Notw e n d i g k e i t ä r z t l i c h e r B e h a n d l u n g nicht e r k a n n t worden sein. A u c h der Z e u g e L-, der den K n a b e n an d e r Unfallstelle gesehen hat, hat d a m a l s nicht a n g e n o m m e n , d a ß der K n a b e so s c h w e r verletzt sei. A u ß e r d e m w e i s t die R e v i s i o n darauf hin, daß nach dem S c h r i f t s a t z der als Z e u g e b e n a n n t e L e h r e r in der N a c h b a r s c h a f t wohne und den K n a b e n h ä u f i g e r b e s u c h t h a b e ; in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g sei vorget r a g e n , daß m a n an einen n o r m a l e n Verlauf des H e i l u n g s p r o z e s s e s g e g l a u b t habe, weil die S c h w e l l u n g e n z u r ü c k g e g a n g e n seien und d a s K i n d über w e i t e r e S c h m e r z e n n i e m a l s g e k l a g t habe. Die E r w ä g u n g d e r R e v i s i o n , d a ß auch der g e n a n n t e L e h r e r und d e r in jenem Schrifts a t z b e n a n n t e Z e u g e d e r s e l b e n Meinung w i e die Eltern d e s K i n d e s g e w e s e n seien, d a sie s o n s t die Zuziehung eines A r z t e s a n g e r a t e n h a b e n w ü r d e n , ist nicht ohne w e i t e r e s von der H a n d zu weisen. E s w ü r d e sich f r a g e n , ob der T a t s a c h e n r i c h t e r bei B e r ü c k s i c h t i g u n g aller d i e s e r U m s t ä n d e zu e i n e r m i l d e r e n B e u r t e i l u n g der mit R e c h t gerügten H a n d l u n g s w e i s e des E r s t k l ä g e r s g e l a n g e n w ü r d e , w a s bei der b i s h e r nicht e r f o l g t e n A b w ä g u n g n a c h § 254 B G B . v o n B e d e u t u n g sein k ö n n t e . D a b e i ist a l l e r d i n g s zu b e a c h t e n , daß es sich b e i dem in § 254 b e h a n d e l t e n V e r s c h u l d e n des B e s c h ä d i g t e n nicht um die Verl e t z u n g einer g e g e n ü b e r einem a n d e r e n b e g r ü n d e t e n Rechtspflicht, s o n d e r n um ein V e r s c h u l d e n in eigener A n g e l e g e n h e i t handelt, d a s sich in der A u ß e r a c h t l a s s u n g d e r j e n i g e n S o r g f a l t äußert, die nach L a g e der S a c h e zur W a h r n e h m u n g der eigenen A n g e l e g e n h e i t e n j e d e m v e r s t ä n d i g e n M e n s c h e n zur V e r h ü t u n g oder V e r m i n d e r u n g von S c h a d e n obliegt ( R G R K o m m . z. B G B . Bern. 1 zu § 254; R G Z . B d . 149 S . 6 — w o e s sich um v e r t r a g l i c h e B e z i e h e n g e n z w i s c h e n den P a r t e i e n handelt — ) . Daß trotz des bei der P r ü f u n g der Verschuld e n s f r a g e g r u n d s ä t z l i c h g e b o t e n e n o b j e k t i v e n M a ß s t a b s auch die bes o n d e r e A u f f a s s u n g g a n z e r G r u p p e n v o n M e n s c h e n B e a c h t u n g erf a h r e n k a n n (vgl. R G R K o m m . Bern. 4 c zu § 254), hat d a s B e r u f u n g s g e r i c h t o f f e n b a r nicht v e r k a n n t .

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Handlungen

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R G Z . 156, 372 1. Kann im Falle der vorbeugenden Unterlassungsklage nach dem Hilfsantrage des Klägers erkannt werden, wenn dieser infolge einer vom Beklagten abgegebenen Erklärung in e r s t e r Linie die Hauptsache für erledigt e r k l ä r t und eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits verlangt und nur hilfsweise den Hauptantrag stellt, während der B e k l a g t e die Hauptsache nicht für erledigt hält und bei dem Antrag auf Abweisung der Klage verbleibt? 2. Ist die Verletzung des § 308 ZPO. in der Revisionsinstanz von A m t s wegen zu b e a c h t e n ? 3. Muß der Ehemann, der sich durch einen gegen seine E h e frau gerichteten Vorwurf in seiner E h r e verletzt fühlt, sich den Einwand entgegenhalten lassen, daß seine Ehefrau bei dem beanstandeten Vorgang sich noch verwerflicher verhalten habe als der B e k l a g t e ? B G B . § 823 Abs. 2. ZPO. § § 295, 308. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 2. S e p t e m b e r 1937.

I. L a n d g e r i c h t Zweibrücken.

II. O b e r l a n d e s g e r i c h t

daselbst.

Am 24. S e p t e m b e r 1935 geriet die E h e f r a u des Klägers, die sich auf B e s u c h bei ihren Eltern aufhielt, mit der E h e f r a u des B e klagten in S t r e i t . Am Nachmittag desselben T a g e s k a m es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihrem V a t e r und dem B e k l a g t e n , in deren Verlauf dieser äußerte, daß die E h e f r a u des Klägers einen Mann durch den Laden in ihr Zimmer habe einsteigen lassen. D e r B e k l a g t e soll hinzugefügt haben: ,,Und der K l e i n e , der da herumläuft, der weiß auch nicht, w e r sein V a t e r ist". W e g e n dieser A c u ß e rungen des B e k l a g t e n erhob der K l ä g e r zunächst P r i v a t k l a g e . Das Verfahren wurde jedoch am 8. Mai 1936 auf Grund des § 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit vom 23. April 1936 ( R G B l . I S. 378) eingestellt. Die K o s t e n des V e r f a h r e n s wurden niedergeschlagen; dem jetzigen B e k l a g t e n wurde jedoch die Erstattung der dem Kläger erwachsenen notwendigen Auslagen mit der Begründung auferlegt, die hier in B e t r a c h t kommenden A e u ß e rungen seien trotz der vorangegangenen gegenseitigen Beschimpfungen zwischen der Ehefrau des Privatklägers und deren Angehörigen einerseits, den Angehörigen des Beschuldigten andererseits so s c h w e r e r Natur, daß sie unentschuldbar seien und nicht mit den übrigen beiderseitigen E h r e n k r ä n k u n g e n auf eine Stufe gestellt werden k ö n n t e n ; ferner w ä r e voraussichtlich eine Verurteilung ohne Anwendung des § 199 S t G B , erfolgt. Anfang M a i 1936 erhob der K l ä g e r die jetzige K l a g e ; D e r B e klagte solle es unterlassen, die B e h a u p t u n g aufzustellen, die Ehefrau des Klägers h a b e vor ihrer Ehe oder noch ein halbes J a h r nach ihrer Verheiratung einen Mann durch den L a d e n in ihr Zimmer eingelassen;

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das Kind des Klägers wisse nicht, wer sein V a t e r sei. Das Landgericht wies die Klage ab. In der Berufungsinstanz ließ der Kläger den letzten T e i l seines Antrags fort und änderte den ersten Teil dahin, daß der B e k l a g t e es unterlassen solle, zu behaupten, die Ehefrau des Klägers habe vor ihrer E h e einen Mann durch den Laden in ihr Zimmer eingelassen. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gab der Beklagte durch seinen Prozeßbevollmächtigten die Erklärung ab, daß er diese Behauptung nicht aufrechterhalte, daß er aber die Behauptung, die Ehefrau des Klägers habe vor ihrer E h e zu einem gewissen S. Beziehungen unterhalten, voll und ganz aufrechterhalte. Der Kläger beantragte hierauf, die Haupts a c h e für erledigt zu erklären und dem B e k l a g t e n die Kosten des R e c h t s s t r e i t s zur Last zu legen; h i 1 f s w e i s e stellte er den letzten, oben wiedergegebenen Sachantrag. Der B e k l a g t e bestritt, daß der R e c h t s s t r e i t durch seine Erklärung erledigt sei, und beantragte Zurückweisung der Berufung des Klägers. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Landgerichts auf und erkannte nach dem Hilfsantrage des Klägers. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung. Aus den

Gründen:

1. Die Klage ist als vorbeugende Unterlassungsklage erhoben; der Kläger m a c h t e geltend, daß der B e k l a g t e gegen die Ehefrau des Klägers einen Vorwurf erhoben habe, der ihre E h r e verletze, und daß eine Wiederholung dieses Vorwurfs zu erwarten sei. Das Berufungsgericht sieht durch den Vorwurf, durch den der gute Ruf der Ehefrau geschädigt sein würde, zugleich die E h r e des Klägers selbst als verletzt an. Daß in solchem F a l l e auch die Ehre des Ehemanns selbst berührt wird, hat der 3. Strafsenat des Reichsgerichts in der Entscheidung R G S t . Bd. 70 S. 94 angenommen. Dem tritt der erkennende S e n a t bei. Der Kläger ist danach in seiner Person zur Erhebung der vorliegenden Klage befugt. 2. Die in der Rechtsprechung anerkannte vorbeugende Unterlassungsklage setzt einen gegenständlich widerrechtlichen Eingriff in das geschützte Rechtsgut und für die Zukunft die Besorgnis eines weiteren Eingriffs voraus. Die E h r e ist ein Rechtsgut, das neben § 824 und § 826 B G B . durch § 823 Abs. 2 das. in Verbindung mit den Vorschriften des Strafgesetzbuchs geschützt ist (RGZ. Bd. 140 S . 395, Bd. 142 S. 122). Die Verletzung der Ehre kann deshalb auch Gegenstand einer vorbeugenden Unterlassungsklage sein. Die Eigenart dieser von der Rechtsprechung in Ausweitung des insbesondere in § 1004 B G B . ausgedrückten Rechtsgedankens ausgebildeten Rechtseinrichtung ist, daß die Wirkung der Rechtsverletzung, die durch sie bekämpft werden soll, gerade für die Zukunft erwartet werden muß; sonst kann von einer Unterlassung, die sich eben begrifflich nur auf

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die Zukunft erstrecken kann, nicht gesprochen werden. Tritt im Laufe des Rechtsstreits der Zustand ein, daß die Gefahr der Wiederholung nicht mehr besteht, so ist die Klage, mag sie früher begründet gewesen sein, jedenfalls unbegründet geworden. Unter diesem Gesichtspunkte sind die Prozeßerklärungen zu prüfen, die von den Parteien im letzten Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht abgegeben worden sind. In deren Auslegung ist das Revisionsgericht nach feststehender Rechtsprechung (RGZ. Bd. 124 S. 185) nicht an die Auslegung des Berufungsgerichts gebunden; der erkennende Senat hat diese Erklärungen vielmehr selbständig zu würdigen. Danach ergibt sich folgendes: Der Beklagte hat die Erklärung abgegeben, daß er die Behauptung, deren Unterlassung der Kläger verlangt hatte, nicht mehr aufrechterhalte; er blieb aber bei der Behauptung, daß die Ehefrau vor ihrer Ehe zu einem mit Namen bezeichneten Manne Beziehungen unterhalten habe. Der Kläger änderte nunmehr seinen Antrag nicht etwa dahin, daß er die Unterlassung einer solchen Behauptung verlange; sondern er erklärte die Hauptsache für erledigt und verlangte nur ein Urteil über die Kosten des Rechtsstreits. Nur h i 1 f s w e i s e verblieb er bei seinem früheren Antrage. Das Berufungsgericht ist der Meinung, daß trotz dieser Erklärung die Hauptsache nicht erledigt sei, und fügt hinzu, daß auch der Beklagte diese Auffassung teile. E s überging den Hauptantrag des Klägers und erkannte nach dem Hilfsantrag über den Unterlassungsanspruch. Die Erklärung des Klägers war eindeutig; e r stellte sich auf den Standpunkt, daß er auf Grund der Erklärung des Beklagten den Klaganspruch nicht mehr weiter verfolgen wolle, offenbar deshalb, weil der Beklagte diese Behauptung nicht mehr wiederholen wollte, obgleich er bei einer anderen Behauptung verblieb. Das Berufungsgericht nahm an, daß die Behauptung in der Zusatzerklärung — sie bezog sich offensichtlich auf das Zusammensein der Ehefrau des Klägers mit S. in einem Schuppen — mit der den Gegenstand des Klaganspruchs bildenden Behauptung nicht „wesensgleich" sei. Von diesem Standpunkt aus würde es auffällig sein, daß das Berufungsgericht auf die Unterlassung einer Behauptung zugunsten des Klägers erkannt hat, für welche dieser keine Entscheidung mehr wünschte; denn beim Mangel der „Wesensgleichheit" konnte eine Behauptung mit einem grundsätzlich anderen Inhalt für den Klaganspruch nicht die Rolle spielen, die das Berufungsgericht ihr an anderer Stelle zuweist. Es kommt aber darauf nicht an. Denn der Kläger wollte in erster Linie keine Entscheidung mehr über die Behauptung, die bisher den Gegenstand des Rechtsstreits gebildet hatte; der Beweggrund hierfür war die Auffassung, daß der Rechtsstreit durch die Erklärung des Beklagten erledigt sei. Wenn das Berufungsgericht entgegen diesem Antrag über die Unterlassung der bisherigen Behauptung zugunsten des Klägers entschieden

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hat, so hat es ihm etwas zugesprochen, was er nicht beantragt hatte. Damit ist § 308 ZPO. verletzt. Anscheinend legt das Berufungsgericht Gewicht darauf, daß der Beklagte nicht damit einverstanden war, daß der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde. Aber eine solche Erklärung konnte nur für die Frage bedeutsam sein, ob die Klage abzuweisen sei, etwa weil sie von vornherein unbegründet war oder sich in Wirklichkeit nicht erledigt hat; sie konnte nicht entgegen dieser Erklärung und entgegen dem Antrag des Klägers die Wirkung haben, daß dem Klagantrage z u g u n s t e n des Klägers entsprochen wurde. Die Revision hat eine Rüge aus § 308 ZPO nicht erhoben. Das ist aber unerheblich. Die Zivilprozeßordnung schreibt in § 554 Abs. 3 Nr. 2 b vor: Soweit die Revision darauf gestützt wird, daß das Gesetz in bezug auf das Verfahren verletzt sei, muß die Revisionsbegründung die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben. Die Vorschrift bezieht sich nicht auf Verfahrensmängel, die von Amts wegen zu beachten sind (vgl. für den Fall der Sprungrevision RGZ. Bd. 154 S. 147). Im vorliegenden Falle kommen Tatsachen, welche das Verfahren betreffen und deren Mitteilung es nach dem Gesetz zur Umgrenzung des Rahmens des Revisionsverfahrens bedarf, nicht in Betracht. Eine Verletzung des in § 308 ZPO. aufgestellten Grundsatzes verstößt vielmehr gegen das materielle Prozeßrecht. Die in RGZ. Bd. 110 S. 150 (151) abgedruckte Entscheidung nimmt mit Recht an, daß auf diesen Mangel nicht im Sinne des § 295 ZPO. verzichtet werden könne. Diese Folgerung ist dort sogar auf einen Fall bezogen, wo im ersten Rechtszug über den Antrag des Klägers hinausgegangen war und der Antrag des Klägers im Berufungsverfahren sich auf Zurückweisung der Berufung des Gegners beschränkt hatte. Das Verfahren des Berufungsgerichts verstößt aber auch gegen das sachliche Recht; denn die Erklärung des Beklagten, daß er die frühere Behauptung nicht aufrechterhalte, ist vom Kläger, wie sich aus seinem daraufhin gestellten Antrag ergibt, so aufgefaßt worden, daß eine Wiederholimgsgefahr insoweit nicht mehr vorliege. Insoweit stimmen außerdem die Erklärungen der Parteien überein, und das Berufungsgericht konnte dann nicht das Gegenteil feststellen. 3. Hiernach konnte sich nur fragen, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt war, was der Kläger mit seinem Hauptantrag festgestellt sehen wollte, oder ob dem Antrag des Beklagten zu entsprechen sei, der auf Abweisung der Klage ging. Das wird zunächst das Berufungsgericht zu prüfen haben. Dabei wird es sich darum handeln, welche Tragweite der Erklärung des Beklagten beizumessen ist, insbesondere ob die Erledigung durch seine Prozeßerklärung nunmehr eingetreten war oder ob er mit seiner Zusatzerklärung zum Ausdruck bringen wollte, daß er seiner den Gegenstand der Klage

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bildenden Behauptung nur eine andere Form gebe, und ob dann, falls die Auffassung des Beklagten berechtigt war, die Klage abzuweisen gewesen wäre. 4. Eine sachliche Prüfung der Berechtigung zur Klage ist daher nicht zu umgehen, sei es, daß diese unbegründet war, sei es, daß infolge der Erledigung des Rechtsstreits in dessen Verlauf nur über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden war. 5. Der Beklagte leugnet das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. In der früheren Rechtsprechung, insbesondere auch des erkennenden Senats, ist das Rechtsschutzbedürfnis für die vorbeugende Unterlassungsklage regelmäßig dann verneint worden, wenn die zu unterlassende Handlung mit öffentlicher Strafe bedroht war; auf dem Gebiet des Ehrenschutzes w u r d e der Weg der Privatklage als der regelmäßig gegebene bezeichnet, die Unterlassungsklage nur aus besonderen Gründen für zulässig erachtet. Diese Rechtsprechung hat der II. Zivilsenat in dem Urteil RGZ. Bd. 116 S. 151 verlassen; er nahm an, daß ein Bedürfnis für die Unterlassungsklage in Fällen, wo die Handlung mit Strafe bedroht sei, nicht allgemein geleugnet werden könne. Der erkennende Senat hat sich dieser Auffassung in dem Urteil vom 24. Mai 1937 VI 379/36 (RGZ. Bd. 155 S. 92) angeschlossen und ausgeführt, der Verletzte dürfe in der Regel nicht genötigt werden, die kriminelle Bestrafung des Täters herbeizuführen. Hiervon geht der Senat auch jetzt aus. Es handelt sich im vorliegenden Falle um eine Ehrverletzung, die der Beklagte der Ehefrau des Klägers und damit diesem selbst zugefügt haben soll. An sich ist damit, falls eine Wiederholungsgefahr besteht, der Anlaß zur vorbeugenden Unterlassungsklage gegeben. Durch das Straffreiheitsgesetz vom 23. April 1936 ist hierin keine Aenderung in bezug auf Vorgänge, die sich vor seinem Inkrafttreten abgespielt haben, eingetreten. Es ist insbesondere kein Anhalt dafür gegeben, daß dieses Gesetz über die von ihm angeordnete Straffreiheit hinaus eine Rechtsbefriedung in dem Sinne einführen wollte, daß eine anderweitige Rechtsverfolgung auf diesem Gebiet nach Lage des Einzelfalls nicht mehr zulässig sein solle. Das Berufungsgericht wird aber — davon abgesehen — das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses, das stets nur nach sorgfältiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls festgestellt werden kann, insbesondere nach folgender Richtung einer Prüfung zu unterziehen haben; Das Berufungsgericht unterstellt, daß die ,.Gegenseite" — gemeint ist wohl die Ehefrau des Klägers — und ihre Mutter sich viel gemeiner benommen und üblere Vorwürfe gemacht hätten als der Beklagte; es meint aber, das sei unerheblich, da der Kläger ein selbständiges Recht verfolge und der Beklagte nicht behaupten könne, daß etwa der Kläger ihn beschimpft habe. Das ist rechtlich verfehlt. Wenn der Kläger auch selbst in seiner Ehre durch den gegen seine

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Ehefrau gerichteten Vorwurf berührt wird, so ist das doch nur deshalb der Fall, weil die Ehre seiner Ehefrau verletzt ist. Begriffsnotwendig setzt also die Verletzung seines Rechtsguts die Verletzung des Rechtsguts seiner Ehefrau voraus. Alles das, was mit den Umständen zusammenhängt, unter denen seine Ehefrau beleidigt worden ist, hängt mit seiner Rechtstellung zusammen, und er muß es gegen sich gelten lassen. Dann wird es sich aber fragen, ob die Auffassung der Beteiligten über die Ehrverletzung, wenn diese gegenseitig ist, die Bejahung eines Rechtsschutzbedürfnisses erfordert, zu dessen Befriedigung die von der Rechtsprechung zur Ausfüllung einer Lücke für dringende Fälle entwickelte Einrichtung der Unterlassungsklage geboten ist . . . (Es folgen Ausführungen über die Wesensgleichheit der erörterten Aeußerungen des Beklagten.) RGZ. 157, 11 Ist § 846 BGB. auf andere Fälle als die der §§ 844, 845 das. entsprechend anzuwenden, wenn ein Dritter Schaden an seiner Gesundheit und damit Vermögensschaden erleidet infolge der seelischen Einwirkung, die er durch die körperliche Verletzung oder den Tod des von der unerlaubten Handlung unmittelbar Betroffenen erfährt? VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Stendal.

Urt. v. 15. Januar 1938.

II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Am Sonnabend, dem 23. November 1935, ging der Sohn der Kläger, der Flieger-Obergefreite Konrad Kn., mit dem Obergefreiten Kr. vom Fliegerhorst S. auf der Straße von A. nach S.; er hielt sich dabei auf der rechten Kante der Asphaltbahn, während Kr. rechts von ihm auf dem Sommerwege ging. Unmittelbar vor der Stadtgrenze von S. fuhr der Beklagte, der die Straße mit seinem DKW.Personenkraftwagen in der gleichen Richtung wie die beiden Gefreiten benutzte, den Sohn der Kläger von hinten an und verletzte ihn dabei so schwer, daß er auf der Stelle verstarb. Die Kläger nehmen den Beklagten auf Grund des Kraftfahrzeugesetzes und aus unerlaubter Handlung auf Schadensersatz in Anspruch. Sie begehren Zahlung von 1224,93 RM. als Kosten der Leichenüberführung und der Beerdigung, sowie — mit der Behauptung, daß sie beide durch die Nachricht von dem plötzlichen Tod ihres Sohnes schweren Schaden an ihrer Gesundheit erlitten hätten, — die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, den Schaden zu ersetzen, der ihnen infolge der seelischen Erschütterung an ihrer Gesundheit entstanden sei und noch entstehen werde. Das Landgericht hat den Zahlungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die begehrte Feststellung getroffen. Der Beklagte hat Berufung eingelegt und beantragt, den Zahlungsanspruch

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dem Grunde nach höchstens zur Hälfte für gerechtfertigt zu erklären und ihn im übrigen sowie den ganzen Feststellungsanspruch abzuweisen. D a s Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. A u s den G r ü n d e n : (Zunächst wird ein Rechtsirrtum des Berufungsgerichts näher dargelegt; dann heißt es weiter:) Der erörterte Rechtsirrtum liegt dem Berufungsurteil in seinem ganzen Umfange zugrunde. Denn der Vorderrichter wägt die beiderseitige Verursachung und das Verschulden des Beklagten und des Getöteten nach §§ 846, 254 B G B . nicht nur für den aus § 844 A b s . 1 B G B . abgeleiteten Zahlungsanspruch ab, sondern er erachtet den § 846 und damit den § 254 B G B . auch auf den aus § 823 das. abgeleiteten Feststellungsanspruch der Kläger für entsprechend anwendbar und nimmt daher insoweit eine Abwägung der Verursachung und d e s Verschuldens unter denselben Gesichtspunkten und mit demselben Ergebnis vor wie bei jenem Anspruch. Der rechtliche Ausgangspunkt dieser Erwägungen, daß auf Ansprüche der vorliegenden A r t die Vorschrift des § 846 B G B . entsprechende Anwendung finde, muß entgegen der Meinung der Revisionsbeklagten als zutreffend anerkannt werden. Allerdings ist es richtig, daß die §§ 844, 845 B G B . eine Ausnahme von dem Grundsatze bilden, d e m zufolge E r s a t z für den aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schaden nur der unmittelbar Verletzte verlangen kann, wie auch, daß die Kläger einen unmittelbaren Anspruch gegen den Beklagten aus § 823 B G B . besitzen, weil in ihrer Person die Voraussetzungen der unerlaubten Handlung (fahrlässige Gesundheitsschädigung) durch das Verhalten des Beklagten verwirklicht worden sind. Diese Umstände stehen jedoch einer entsprechenden Anwendung des § 846 B G B . auf Fälle, in denen ein Dritter eine durch die unmittelbare Verletzung oder Tötung eines anderen herbeigeführte Gesundheitsschädigung erlitten hat, nicht entgegen. Solche entsprechende Anwendung war in RGZ. Bd. 81 S. 215 — allerdings für einen e t w a s anders liegenden Fall — grundsätzlich bereits als möglich anerkannt worden. Die Erstreckung des § 823 B G B . auf andere (als die in §§ 844, 845 B G B . geregelten) Fälle, in denen ein Dritter Schaden an seiner Gesundheit und damit Vermögensschaden erleidet infolge der seelischen Einwirkung, die er durch die körperliche Verletzung oder die Tötung des von der unerlaubten Handlung unmittelbar Betroffenen erfährt, war im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht ausdrücklich vorgesehen, sondern ist erst im Laufe der Zeit von der Rechtsprechung durch ausdehnende Auslegung des Begriffs des ursächlichen Zusammenhangs herbeigeführt. D a der Gesetzgeber grundsätzlich nur dem durch die unerlaubte Handlung unmittelbar Verletzten einen Schadens-

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e r s a t z a n s p r u c h g e w ä h r e n und v o n dieser R e g e l n u r zugunsten d e r H i n t e r b l i e b e n e n die in den § § 844, 8 4 5 B G B . g e r e g e l t e n A u s n a h m e n m a c h e n wollte, b e s t i m m t e e r in § 8 4 6 die A n w e n d u n g des § 2 5 4 n a t ü r l i c h nur für die F ä l l e j e n e r G e s e t z e s b e s t i m m u n g e n . Wenn aber i m W e g e d e r a u s d e h n e n d e n Auslegung die H a f t u n g des u n e r l a u b t H a n d e l n d e n auf F ä l l e einer a n d e r e n A r t v o n m i t t e l b a r e r S c h ä d i g u n g e i n e s D r i t t e n ausgedehnt wird, dann e n t s p r i c h t e s dem S i n n e des G e s e t z e s und der B i l l i g k e i t , diese a u s d e h n e n d e Auslegung n i c h t s c h r a n k e n l o s , sondern auch nur mit der E i n s c h r ä n k u n g a n z u w e n d e n , die n a c h § 8 4 6 B G B . für die im G e s e t z g e r e g e l t e n F ä l l e einer m i t t e l b a r e n Schädigung gilt. Das E n t s c h e i d e n d e für die e n t s p r e c h e n d e A n wendung des § 8 4 6 auf diese F ä l l e ist, daß auch bei ihnen die S c h ä d i gung des D r i t t e n e r s t m i t t e l b a r dadurch h e r b e i g e f ü h r t wird, daß d e r T ä t e r einem a n d e r e n g e g e n ü b e r die u n e r l a u b t e Handlung unmittelb a r beging. D i e e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g des § 8 4 6 B G B . auf die F ä l l e e i n e r Schädigung durch s o g e n a n n t e F e r n w i r k u n g i s t auch d e s h a l b g e b o t e n , weil man o h n e sie zu unbilligen E r g e b n i s s e n g e l a n g e n würde. K ö n n t e sich der S c h ä d i g e r im F a l l e der F e r n w i r k u n g b e i m i t w i r k e n dem V e r s c h u l d e n des u n m i t t e l b a r V e r l e t z t e n n i c h t auf die G r u n d s ä t z e der § § 846, 2 5 4 B G B . b e r u f e n , d. h. m ü ß t e e r dem durch F e r n w i r k u n g G e s c h ä d i g t e n , den s e l b s t k e i n m i t w i r k e n d e s V e r s c h u l d e n trifft, den ganzen S c h a d e n e r s e t z e n , so b l i e b e ihm n u r die M ö g l i c h k e i t , gegen den u n m i t t e l b a r V e r l e t z t e n , der n e b e n ihm dem durch F e r n w i r k u n g G e s c h ä d i g t e n als G e s a m t s c h u l d n e r für den S c h a d e n h a f t e t e , o d e r gegen die E r b e n des u n m i t t e l b a r V e r l e t z t e n einen Ausg l e i c h s a n s p r u c h n a c h § § 840, 426, 2 5 4 B G B . zu e r h e b e n . D i e s e r e c h t l i c h e M ö g l i c h k e i t w ü r d e a b e r nicht nur in allen den F ä l l e n , wo der ausgleichspflichtige V e r l e t z t e n i c h t zahlungsfähig ist, o d e r w o — w e n n er g e t ö t e t ist — k e i n N a c h l a ß zur D e c k u n g des A u s g l e i c h s a n s p r u c h s v o r h a n d e n ist, dem A u s g l e i c h u n g s b e r e c h t i g t e n n i c h t s nützen. Sie w ü r d e v i e l m e h r auch in den F ä l l e n , in denen ein a u s r e i c h e n d e r N a c h l a ß v o r h a n d e n ist, dahin führen, d a ß die n i c h t durch F e r n w i r k u n g geschädigten Hinterbliebenen unter Umständen bei überwiegendem e i g e n e m V e r s c h u l d e n des G e t ö t e t e n n i c h t nur k e i n e A n s p r ü c h e aus den § § 8 4 4 und 8 4 5 B G B . h e r l e i t e n k ö n n t e n , s o n d e r n auch noch als E r b e n des G e t ö t e t e n im A u s g l e i c h s w e g e ihre E r b t e i l e h e r g e b e n m ü ß t e n , um den S c h a d e n des m i t t e l b a r (durch F e r n w i r k u n g ) G e s c h ä digten zu d e c k e n , m a g dieser nun selbst zu den H i n t e r b l i e b e n e n im S i n n e der § § 844, 8 4 5 B G B . g e h ö r e n oder nicht. Ist hiernach die e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g des § 8 4 6 B G B . auf den F e s t s t e l l u n g s a n s p r u c h der K l ä g e r r e c h t l i c h zutreffend, so ergibt s i c h , daß die E n t s c h e i d u n g des V o r d e r r i c h t e r s doch auch zu diesem P u n k t e nicht bei B e s t a n d b l e i b e n k a n n , da die — auch insoweit hiern a c h mit R e c h t v o r g e n o m m e n e — A b w ä g u n g durch den o b e n er-

Unerlaubte

221

Handlungen

örterten Rechtsirrtum beeinflußt ist. D a s angefochtene Urteil mußte daher in vollem Umfang aufgehoben und die S a c h e zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden . . .

RGZ. 157, 14 Wann beginnt die Verjährung der Schadensersatzansprüche aus § 945 ZPO., falls über die dem Arrest zugrunde liegende Hauptforderung ein Rechtsstreit geführt wird.? Inwieweit ist solchenfalls gegenüber der Einrede der Verjährung der Einwand unzulässiger Rechtsausiibung gegeben? B G B . §§ 242, 852. VI. Z i v i l s e n a t . I. L a n d g e r i c h t Stuttgart.

Urt. v. 15. J a n u a r

1938.

II. O b e r l a n d e s g e r i c h t

daselbst.

Der Kläger macht auf Grund des § 945 ZPO. einen ihm abgetretenen Anspruch des Landwirts Ο. B. auf Schadensersatz wegen Vollziehung eines angeblich zu Unrecht erlassenen Arrestbefehls geltend. Der Vater des Ο. Β., Α. B., schuldete den Beklagten aus volls t r e c k b a r e n Titeln erhebliche Beträge. Er hat am 14. J a n u a r 1927 den Offenbarungseid geleistet; von ihm ist nichts zu erlangen. Α. B. betätigte sich geschäftlich, so auch als Generalbevollbemächtigter d e s K l ä g e r s und der E h e l e u t e K. Diese Eheleute waren Eigentümer der Gutshöfe U. und L. Deren Bewirtschaftung hatte Α. B. schon vom 1. S e p t e m b e r 1926 ab seinem damals 22jährigen Sohn 0 . übertragen. Nachdem Α. B. auf diesen Grundstücken hinter 22 500 R M . Hypotheken fünf Eigentümergrundschulden von 20 000, 10 000 und dreimal 5000 R M . für die Eheleute K. hatte eintragen lassen, v e r k a u f t e er sie namens der Eigentümer seinem vermögenslosen S o h n e für 75 000 RM. Nach dem notariellen Vertrage vom 17. J a n u a r 1927 hatte Ο. B. damals bereits 22 000 R M . an die Verkäufer gezahlt. E r übernahm die Hypotheken von 22 500 RM. und verpflichtete sich, den R e s t k a u f p r e i s von 30 500 RM. in der Zeit vom 31. M ä r z 1927 bis zum 31. M ä r z 1928 zu tilgen; alsdann sollten ihm die Eigentümergrundschulden übertragen werden. Ο. B. wurde dann auch als Eigentümer der Höfe eingetragen und die Grundschulden sehr bald auf seinen Namen umgeschrieben. Nach der Behauptung des K l ä g e r s hatte Ο. B. einen erheblichen Teil der zur Zahlung des R e s t k a u f preises verwandten Gelder als Darlehn von ihm erhalten, nachdem ihm selbst Α. B. auf eine alte Schuld Ansprüche aus einem gerichtlichen Vergleich abgetreten hatte und unter anderem 10 000 und 1500 RM. auf sein Konto bei einer Bank hatte einzahlen lassen.

222

Schuldrecht, Besonderer Teil

Die Beklagten behaupteten nun, das alles seien nur Schiebungen gewesen, die Α. B. im Einverständnis mit seinem Sohne O. und den Eheleuten K. vorgenommen habe. Tatsächlich habe das Geld dem Vater Α. B. gehört; dieser habe das Konto des Klägers nur benutzt, um auf diesem Wege das Geld seinem Sohne zuzuschieben und angeblich auf dessen Namen, in Wahrheit für sich selbst die Güter zu erwerben. So habe er sein Vermögen seinen Gläubigern entzogen. Die Beklagten erhoben deshalb Anfang Juni 1927 auf Grund des § 826 BGB. und des Anfechtungsgesetzes Klage gegen Sohn und Vater B. sowie den Ehemann K. auf Zahlung der ihnen nach ihren vollstreckbaren Titeln zustehenden Beträge. Zugleich beantragten sie wegen derselben Beträge Erlaß des dinglichen Arrestes gegen Ο. B. und K. Diesen Arrest erließ das Landgericht in Stuttgart am 11. Juni 1927. Daraufhin ließen die Beklagten bei Ο. B. die drei Grundschuldbriefe über je 5000 RM. und später auch einen Hanomagschlepper pfänden. Ο. B. und K. erhoben gegen den Arrestbefehl Widerspruch. Sie und Α. B. beantragten in dem Hauptrechtsstreit Abweisung, indem sie die Darstellung der damaligen Kläger bestritten und die oben wiedergegebenen Behauptungen aufstellten. In dem Arrestverfahren bestätigte das Landgericht den Arrest gegen Ο. B., hob ihn dagegen insoweit auf, als er gegen K. erlassen war. Auf die Berufung des Ο. B. änderte das Oberlandesgericht das erste Urteil insofern ab, als es die Bestätigung des Arrestes davon abhängig machte, daß die Arrestkläger eine Sicherheit von 10 000 RM. leisteten. Es führte aus: die Arrestkläger hätten ihren Anspruch auf Zahlung nicht hinreichend glaubhaft gemacht; die ganze Sachlage spräche aber doch so für ein sittenwidriges Vorgehen von Vater und Sohn B., über das nur eine eingehende Beweisaufnahme Aufklärung bringen könne, daß es geboten erscheine, gegen Sicherheitsleistung den Arrest zu bestätigen. Nachdem dann die jetzigen Beklagten die Sicherheit geleistet hatten, nahm Ο. B. den Antrag auf Aufhebung des Arrestes zurück. In dem Hauptprozeß, der ausgesetzt war, wurden demnächst Ο. B. und K. durch Urteil des Landgerichts vom 28. Januar 1929, abgesehen von gewissen Zinsbeträgen, nach dem Klagantrag verurteilt. Das Oberlandesgericht in Stuttgart wies durch Urteil vom 11. März 1930 die Berufung des Ο. B. zurück, die Klage gegen K. aber ab. Auf die Revision des Ο. B. höh das Reichsgericht das Berufungsurteil auf und vierwies die Sache zurück. Es mißbilligte, daß das Berufungsgericht sein Urteil auf einen Anscheinsbeweis gegründet hatte, und gab ihm zu prüfen auf, ob Α. B. die beiden Beträge nur zum Schein auf das Konto des jetzigen Klägers überwiesen habe. Durch Urteil vom 20. Oktober 1931 wies dann das Oberlandesgericht die Klage auch gegen Ο. B. ab, indem es insbesondere ausführte: die Verdachtsgründe für ein unlauteres Verhalten der beiden

Unerlaubte Handlungen

223

Β. seien auch jetzt noch sehr stark; aber der vom Reichsgericht verlangte volle Beweis dafür könne doch nicht als erbracht angesehen werden; es sei möglich, daß Α. B. mit der Ueberweisung an den jetzigen Kläger seine Schuld an diesen habe tilgen wollen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Mit der vorliegenden, im Februar 1933 eingereichten und im Oktober 1933 zugestellten Klage hat der Kläger nunmehr von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 10 000 RM. nebst Zinsen als den dem Ο. B. aus der Vollziehung des Arrestes entstandenen, näher dargelegten Schaden verlangt. Diesen Schaden hat er auch darauf zurückgeführt, daß der Beklagte R. den Ο. B. in der Pfüigstzeit 1927 überall schlecht gemacht und so dessen Kredit untergraben habe. Die Beklagten haben Verjährung eingewendet und den behaupteten Schaden sowie dessen Zusammenhang mit der Arrestvollziehung und den angeblichen Aeußerungen des Beklagten R. bestritten. Der Kläger hat die Voraussetzungen der Verjährung bestritten, auch geltend gemacht, es sei unzulässig, daß die Beklagten diesen Einwand erhöben. Das Landgericht hat die Beklagten teilweise verurteilt, im übrigen aber die Klage abgewiesen. Es erachtet den Einwand der Verjährung wohl für die Klagegrundlage der üblen Nachrede — § 826 BGB. —, dagegen nicht für die Begründung aus § 945 ZPO. als durchgreifend, sieht aber einen Schaden als Folge der Arrestvollziehung nur zu einem Teil des Klagebetrages als erwiesen an. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten aber die Klage völlig abgewiesen, weil der Einwand der Verjährung auch gegenüber dem Anspruch aus § 945 ZPO. durchgreife. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache. Aus den G r ü n d e n : . . . Entscheidend kommt es auf die (auch allein von der Revision erörterte) Frage an, ob die Verjährung des Anspruchs aus § 945 ZPO. in einem Zeitpunkt begonnen hat, der länger als die Verjährungsfrist vor der Klagerhebung liegt und ob einer Geltendmachung der danach etwa durchgreifenden Verjährung nach den Umständen des Falles der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht. Mit Recht gehen beide Vorderrichter davon aus; Der Anspruch aus § 945 ZPO. ist dem Wesen nach ein Anspruch aus Gefährdungshaftung. Denn der Arrestgläubiger vollzieht auf seine Gefahr eine gerichtliche Anordnung, die nur auf Grund vorläufiger, mit beschränkten Mitteln vorgenommener Prüfung erlassen ist. Deshalb muß er dafür einstehen und Schadensersatz leisten, wenn die Anordnung aus den vorgesehenen besonderen Gründen wieder aufgehoben werden muß oder sich später als von vornherein unge-

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Schuldrecht, Besonderer Teil

rechtfertigt erweist. Der Anspruch erwächst also aus unerlaubter Handlung in weiterem Sinn, obwohl dem Vorgehen des Gläubigers zunächst eine gerichtliche Anordnung zugrunde liegt. Deshalb ist auf ihn auch die Verjährungsvorschrift des § 852 BGB. anzuwenden. Diese in der Rechtsprechung )des Reichsgerichts ständig festgehaltenen Grundsätze — RGZ. Bd. 74 S. 249, Bd. 78 S. 207, Bd. 104 S. 250. Bd. 106 S. 289, Bd. 113 S. 134, Bd. 149 S. 321 (324); RG. vom 3. Dezember 1923 in IV 786/22, vom 31. J a n u a r 1927 in IV 625/26; W a r n Rspr. 1926 Nr. 35; J W . 1933 S. 2057 Nr. 13 — erweisen sich auch nach erneuter Prüfung als zutreffend. Die dreijährige Verjährung beginnt also in dem Augenblick, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Diese Kenntnis ist nach der Rechtsprechung vorhanden, wenn der Geschädigte auf Grund der ihm bek a n n t e n Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzk l a g e , sei es auch nur eine Feststellungsklage, mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg erheben kann ( W a r n R s p r . 1909 Nr. 103, 1912 Nr. 308; J W . 1915 S. 139 Nr. 3; RGZ. Bd. 106 S. 289, Bd. 142 S. 280 und 348). Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts ist es nun für die Schadensersatzklage aus § 945 ZPO. nicht erforderlich, daß der Arrestbefehl (einsweilige Verfügung) im Arrestverfahren aufgehoben oder daß über den Hauptanspruch in einem besonderen Rechtsstreit entschieden worden ist. Vielmehr sind jene Fragen, w e n n sie in anderen Verfahren nicht erörtert sind, im Schadensprozeß selbständig zu prüfen und zu entscheiden. Ist die Prüfung in anderen Verfahren erfolgt, so wird der Schadensrichter durch eine in dem Rechtsstreit über den Hauptanspruch ergangene und ebenso durch eine im Arrestverfahren getroffene Entscheidung, daß die Besorgnis der Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung von vornherein bestanden oder nicht bestanden habe, gebunden (s. G a u p p - S t e i n J o n a s , Kommentar zur ZPO. 15. Aufl. § 945 Bern. 112 und 3). Von diesem Standpunkt aus hat das Reichsgericht auch bisher stets die Ansicht vertreten: Für den Verjährungsbeginn kommt es allein darauf an, wann der Geschädigte die erforderliche Kenntnis von dem S c h a d e n und dem Ersatzpflichtigen erlangt hat. Rechtsunkenntnis ist dabei zu seinen Gunsten nur insoweit in Betracht zu ziehen, als sie ihn gehindert hat, zu erkennen, wer der Ersatzpflichtige ist (RGZ. Bd. 142 S. 280 und 348). Die Verjährung w i r d durch das Schweben des Rechtsstreits über den Hauptanspruch nicht gehemmt (s. RGZ. Bd. 106 S. 289 [292]); WarnRspr. 1926 Nr. 35; J W . 1933 S. 1058 Nr. 13 und HRR. 1933 Nr. 1709). In zwei Sonderfällen — Entscheidungen vom 14. J a n u a r 1935 in VI 301/34 und vom 4. November 1935 in VI 153/35 — hat der erkennende Senat angenommen, das Schweben des Anspruchsprozesses habe bis zu dessen Entscheidung die Verjährung des Schadensersatz-

Unerlaubte Handlungen

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anspruchs gehemmt, weil dort nach der besonderen Sachlage die Frage, ob der Hauptanspruch bestehe oder nicht, so zweifelhaft gewesen sei, daß der Geschädigte nicht die zur aussichtsreichen Klagerhebung erforderliche Kenntnis gehabt habe. G a d ο w will (in seinem Aufsatz S. 97 flg. der Zeitschrift Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht 1935} diesen Standpunkt dahin verallgemeinern, daß der Geschädigte, wenn der Rechtsstreit über den Hauptanspruch schwebe, die erforderliche Kenntnis vom Ersatzpflichtigen in der Regel erst dann haben werde, wenn der Vorprozeß entschieden sei, oder daß er zum mindesten der Verjährungseinrede stets den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten könne. Gadow begründet die erste Erwägung damit, daß der Geschädigte die Ersatzpflicht, also auch die Rechtswidrigkeit des Vorgehens des Gegners kennen müsse und daß davon in der Regel so lange nicht die Rede sein könne, wie der Hauptprozeß schwebe. Denn die Kenntnis von einem ersatzfähigen Schaden, ja von einem Schaden überhaupt, werde oft durch Rechtsirrtum oder Rechtsunkenntnis gehindert. Weiterhin führt Gadow als Begründung seiner Ansicht aber auch an, es sei dem Geschädigten, falls der Rechtsstreit über den Hauptanspruch schwebe, nicht zuzumuten, vor Beendigung dieses Rechtsstreites auf gut Glück und unter Aufwendung von Kosten mit einer Schadeinsersatzklage oder -Widerklage vorzugehen. Es ist das Verdienst Gadows, die entscheidenden Fragen klar herausgestellt und wesentliche Gedanken zu ihrer Lösung beigetragen zu haben. Doch kann ihm nicht in allen Punkten gefolgt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Frage, ob der Hauptanspruch besteht oder nicht, vielfach nicht von Rechtsfragen, sondern von der Richtigkeit der vom Gläubiger zur Begründung angeführten Tatsachen abhängt, diese aber dem Gegner vielfach bekannt sind. Ist das aber der Fall, dann wird es ganz von den Umständen abhängen, ob man sagen kann, es seien Schädiger und Schaden jenem so bekannt gewesen, daß er den Schadensersatzanspruch mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg geltend machen könne. Nur eine Prüfung der Umstände des einzelnen Falles kann hier die Entscheidung bringen. Schon hieraus ergibt sich, daß man nicht so allgemein sagen kann, die Verjährungsfrist beginne bei Schadensersatzansprüchen aus § 945 ZPO. erst mit der endgültigen Entscheidung des Prozesses, der über den Hauptanspruch schwebt. Gadow kann weiter aber auch darin nicht gefolgt werden, daß das Nichtkennen der Rechtssätze, die zur Begründung einer Schadensersatzpflicht oder eines Schadens dienen, oder ein Irrtum darüber stets die Kenntnis der Rechtswidrigkeit und damit den Beginn der Verjährung hindere. Für die Regel ist daran festzuhalten, daß der Geschädigte — abgesehen von der Person des Ersatzpflichtigen — nur die Tatsachen zu kennen Zivile. S c h u l d r c c h t 10

1 5

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Schuldrecht, Besonderer Teil

braucht, aus denen sich sein Schadensersatzanspruch ergibt, nicht aber, daß das Recht daraufhin einen Anspruch gibt. Gewiß wird es bei sehr verwickelten und zweifelhaften Rechtsfragen und nach der Persönlichkeit des Geschädigten auch anders sein können, aber im allgemeinen wird es hier auf die Rechtskenntnis nicht ankommen. Schließlich kann auch nicht anerkannt werden, daß Zweckmäßigkeitsgründe in entscheidender Weise eine andere Stellungnahme geböten. Für den Geschädigten ist es natürlich bequemer und sicherer, erst den Ausgang des Hauptprozesses abzuwarten. Dem stehen aber gewichtige Belange des Gläubigers und der Allgemeinheit gegenüber. Gerade weil Schadensersatzansprüche eine rasche Klärung erfordern und insbesondere auch der Schädiger in der Regel nur dann sich sachgemäß und erfolgreich verteidigen kann, wenn sie in nicht allzu langer Frist gerichtlich geltend gemacht werden, ist die kurze Verjährungsfrist eingeführt worden. Und auch diese Belange verdienen um so mehr Berücksichtigung, als in nicht ganz seltenen Fällen die Durchsetzung des Hauptanspruchs nur daran scheitert, daß der Erwartung zuwider nicht der volle Beweis erbracht werden kann, der Gläubiger aber mit gutem Grunde von dem Bestehen und der Durchführbarkeit seines Anspruchs sowie dessen Gefährdung überzeugt sein konnte. Entscheidend ist also im einzelnen Falle, ob der Geschädigte nach Lage der Umstände die erörterte Kenntnis hatte und ob einigermaßen sichere Erfolgsaussicht für den Schadensprozeß bestand. Damit ist aber auch die ausreichende Handhabe geboten, um unbillige Ergebnisse zu vermeiden und insbesondere der besonderen Sachlage bei Schweben des Prozesses über die Hauptsache Rechnung zu tragen. Denn ist die Sachlage wegen der Zweifelhaftigkeit, sei es der tatsächlichen Verhältnisse, sei es der rechtlichen Grundlage des Hauptanspruchs so, daß keine einigermaßen sichere Erfolgsaussicht für den Schadensprozeß besteht, der ja in diesen Fällen das Nichtbestehen des Hauptanspruchs voraussetzt — hierfür hat im Schadensprozeß der Geschädigte die Beweislast —, so wird eben die Verjährung nicht beginnen können, bis diese Zweifel in ausreichender Weise gelöst sind. Vielfach wird also die Verjährung des Schadensersatzanspruchs durch das Schweben des Hauptanspruchsprozesses hinausgeschoben werden, aber durchaus nicht in allen Fällen. Und es wird weiterhin auch nicht stets so sein, daß der hinausgeschobene Verjährungsbeginn nun erst mit der endgültigen Entscheidung des Vorprozesses einsetzt. Vielmehr wird wenigstens öfter schon nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils oder gar nach einer Beweisaufnahme mit klarem Ergebnis dem Geschädigten die Erhebung der Schadensersatzklage zuzumuten sein.

Unerlaubte Handlungen

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Es kann auch nicht anerkannt werden, daß in den Fällen, in denen über den Hauptanspruch ein Rechtsstreit durchgeführt ist, der Gläubiger stets unzulässigerweise sein Recht ausübe, wenn er gegenüber dem Schadensersatzanspruch die Einrede der Verjährung erhebt. Denn man wird nicht sagen können, daß es stets Treu und Glauben widerspreche, wenn der Gläubiger nun im Schadensersatzprozeß einen anderen Standpunkt einnimmt als im Vorprozeß, indem er jetzt geltend macht, der Gegner habe das Nichtbestehen des Anspruchs gekannt, obwohl er im Vorprozeß dessen Bestehen entschieden selbst vertreten hat. Es wird Fälle geben, in denen die ganze Sachlage in hohem Maße für den Gläubiger spricht, die Durchführung des Anspruchs aber doch an der Unmöglichkeit vollen Beweises scheitert. Mein kann dann dem Gläubiger nicht die Verletzung von Treu und Glauben vorwerfen, wenn er sich -nun wenigstens gegen Schadensersatzansprüche, die der Gegner auf das Nichtbestehen des Hauptanspruchs gründet, mit allen Mitteln wehrt. Auch hier werden also stets die Einzelumstände zu würdigen sein. Aber auch wenn man den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im besonderen Falle — wohl vielfach — zuläßt, kann das nicht dazu führen, ihm nun erst mit der Beendigung des Vorprozesses oder dem sonst in Betracht kommenden Zeitpunkt die Wirkung zu verleihen, daß erst mit jenem Zeitpunkt die Verjährung beginne, wie das der Vertreter des Klägers ausführt. Vielmehr wird auch hier wie in sonstigen derartigen Fällen — RGZ. Bd. 115 S. 135 (139), Bd. 144 S. 378 (381), Bd. 145 S. 239 (244), Bd. 152 S. 147 (150), Bd. 153 S. 101 (108) — nur anzunehemen sein, daß die Verjährung um eine angemessene, nach Treu und Glauben zu bestimmende Zeit hinausgeschoben wird. Von dieser rechtlichen Auffassung aus muß hier dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung der Verjährungseinrede gegenüber die Wirksamkeit versagt werden. Denn einmal läßt sich hier nach der besonderen Sachlage ein Verstoß gegen Treu und Glauben nicht erkennen. Sodann ist aber jedenfalls auch eine angemessene erstreckte Frist für die Erhebung der Schadensersatzklage nicht gewahrt worden. Denn diese ist erst im Oktober 1933 erfolgt, während sogar das Berufungsurteil im Vorprozeß bereits am 20. Oktober 1931 erlassen worden war. In längstens etwa einem halben Jahre aber wäre hier dem Kläger die Erhebung der Schadensersatzklage zuzumuten gewesen. Dagegen hat der Berufungsrichter ersichtlich die oben erörterten Grundsätze über die erforderliche Kenntnis beim Schweben eines Rechtsstreits über den Hauptanspruch nicht beachtet . , . (Wird näher dargelegt.) IS·

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Schuldrecht, Besonderer Teil

RGZ. 157, 228f 1. Ist eine Auskunft als solche ein Rechtsgeschäft? 2. Kann der Geschäftsherr, der aus § 831 BGB. haftet, weil der Verrichtungsgehilfe arglistig handelte, dem Geschädigten dessen — fahrlässiges — Verschulden entgegenhalten, das bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat? 3. Haftet eine juristische Person nach § 831 BGB. für ein Torsätzliches rechtswidriges Handeln eines Verrichtungsgehilfen auch dann, wienn diesem die Verrichtung nur zusammen mit einer anderen Person zusteht und beide die Verrichtung ausführten? 4. Wird die Eigenschaft eines besonderen Vertreters aus § 30 BGB. dadurch ausgeschlossen, daB der Vertreter an Weisungen und Anordnungen eines übergeordneten Organs gebunden ist? 5. Kann darin, daB die juristische Person keinen besonderen Vertreter nach § 30 BGB. bestellt, ein als unerlaubte Handlung der juristischen Person zu vertretender Organisationsmangel liegen? 6. Stellt der Geschäftsbetrieb der Preußischen Staatsbank (Seehandlung) einen privatrechtlichen Geschäftskreis dar? 7. Waren die Mitglieder der Geueraldirektion dieser Staatsbank im Jahre 1925 zum mindesten „besondere" Vertreter im Sinne des § 30 BGB ? B G B . §§ 30, 31, 826, 831.

VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Berlin.

Urt. v. 9. März

1938.

II. Kammergericht daselbst.

Die Klägerin hat die Preußische S t a a t s b a n k (Seehandlung) sowie ein früheres stellvertretendes Mitglied ihrer Generaldirektion, H., und ein weiteres, im Laufe des Rechtsstreits verstorbenes Mitglied auf Schadensersatz in Anspruch genommen mit der Behauptung, daß H. zusammen mit diesem anderen Direktionsmitglied im April 1924 eine Auskunft, um welche die Klägerin gebeten hatte, a r g l i s t i g falsch erteilt habe. Nach Klagabweisung in zwei Instanzen war die S a c h e vom Reichsgericht an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Dieses hat jetzt den Anspruch sowohl der S t a a t s b a n k als auch H. gegenüber dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die hiergegen nur von der S t a a t s b a n k eingelegte Revision blieb ohne Erfolg. A u s den G r ü n d e n : Den Anspruch auf Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin nach ihrer Behauptung aus der Erteilung der Auskunft durch die S t a a t s b a n k entstanden ist, hatte sie in erster Linie aus Vertrag hergeleitet. Diesen Klagegrund hat das Berufungsgericht mit rechtlich einwandfreier Begründung verneint. Zu untersuchen ist deshalb

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noch, ob die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht den Klaganspruch auf Zahlung von 770 000 RM. aus § 826 BGB. dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat, der rechtlichen Nachprüfung standhalten. In der Revisionsinstanz kommt nur noch der Anspruch gegenüber der Staatsbank in Betracht, da der Beklagte H. ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil, das mit gleichem Inhalt gegen ihn ergangen ist, nicht eingelegt hat. Das Berufungsgericht hält beim Beklagten H., dem stellvertretenden Mitgliede der Generaldirektion der Staatsbank, eine vorsätzliche Schädigung gegenüber der Klägerin und ein Handeln wider die guten Sitten für gegeben. Demgemäß wendet es auf H. den § 826 BGB. an. Die Haftung der Staatsbank für das Handeln des H. nimmt das Berufungsgericht auf Grund des § 831 BGB. an; es verneint eine Haftung aus §§ 31, 89 BGB. mit folgender Begründung: Die Verfassung der Seehandlung — gemäß dem Gesetz über die Preußische Staatsbank (Seehandlung) vom 22. Februar 1930 (Pr.GS. S. 19) künftig abgekürzt Staatsbank genannt — beruhe auf der Kabinettsorder vom 17. Januar 1820 (GS. S. 25). Diese sei für .die hier in Betracht kommende Zeit — 1924 — noch anzuwenden, nicht das Gesetz vom 22. Februar 1930. An der Spitze der Staatsbank stehe die aus dem Präsidenten und mehreren Mitgliedern bestehende Generaldirektion. Deren Mitglieder hätten aber bei der Geschäftsleitung im Verhältnis zum Präsidenten keine selbständigen Befugnisse; .die Entscheidungen lägen allein beim Präsidenten. Den Mitgliedern der Generaldirektion sei zwar für den Verkehr nach außen auf Grund eines Erlasses des Finanzministers vom Jahre 1862 in der Weise eine Vertretungsbefugnis erteilt worden, daß je zwei Mitglieder rechtsverbindliche Erklärungen für die Staatsbank zeichnen konnten. Diese rein rechtsgeschäftliche Vertretung habe jedoch noch nicht die Stellung der Mitglieder der Generaldirektion als verfassungsmäßig berufener Vertreter der Staatsbank begründet, da ihnen damit im Rahmen der Organisation noch keine Selbständigkeit beigelegt worden sei. Das folge auch daraus, daß an der selbständigen Entscheidungsbefugnis und alleinigen Verantwortlichkeit des Präsidenten nichts geändert worden sei, als der Umfang der Geschäftsentwicklung dem Präsidenten die unmittelbare Kenntnis von allen Geschäftsvorgängen nicht mehr ermöglicht und im Jahre 1909 der damalige Präsident tägliche Sitzungen der Generaldirektion angeordnet habe zu dem Zweck, den Präsidenten durch Vorträge der Sachbearbeiter im erforderlichen Umfang an den laufenden Geschäften teilnehmen zu lassen. Die Organisation der Staatsbank sei nach den im Jahre 1924 geltenden Bestimmungen auf dem Präsidialsystem aufgebaut gewesen, im Gegensatz zur Reichsbank, die nach dem Kollegialsystem geleitet werde. Daher habe dem

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Beklagten H. die Stellung eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters im Sinne der §§ 31, 89 B G B . gefehlt. Ob durch das Gesetz über die Preußische Staatsbank (Seehandlung) vom 22. Februar 1930 hierein etwas geändert sei, bedürfe keiner Erörterung. Das Berufungsgericht unterstellt hiernach den Beklagten H. der Vorschrift des § 831 B G B . und führt aus, die Staatsbank hätte sich von der Haftung durch die Führung des Entlastungsbeweises befreien können. Sie habe sich zwar kurz vor Schluß der mündlichen Verhandlung zum Entlastungsbeweise erboten, diesen jedoch nicht hinreichend dargelegt; der Beweisantritt müsse aber auch nach § 529 Abs. 2 ZPO. als verspätet zurückgewiesen werden. Am Schlüsse seiner Begründung für die Haftung der Staatsbank aus § 831 B G B . führt das Berufungsgericht weiter aus: Soweit das von dem Beklagten H. aus dem Verhalten des Vertreters der Klägerin hergeleitete mitwirkende Verschulden der Klägerin auf Fahrlässigkeit beruhe, sei es gegenüber der arglistigen Handlungsweise des H. nicht zu beachten. Hiergegen wendet sich die Revision mit mehreren Rügen. 1. Da die Haftung aus § 831 keine Haftung für die unerlaubte Handlung der Hilfsperson, sondern eine Haftung aus vermuteter Fahrlässigkeit des Geschäftsherrn darstelle, greife der Haftungsausschluß durch, der mit der Klägerin bei der Erteilung der Auskunft vereinbart worden sei. Aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ihrer Hilfsperson könne die Staatsbank nicht in Anspruch genommen werden. 2. Der aus § 831 B G B . verantwortliche Geschäftsherr könne sich dem Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegenüber auf dessen mitwirkendes Verschulden nach § 254 B G B . berufen. 3. Der Beklagte H. habe nur zusammen mit dem anderen früheren Beklagten die ihm übertragene Verrichtung mit Wirkung gegenüber der Staatsbank ausüben können. Deshalb hätte das Berufungsgericht zur Anwendung des § 831 B G B . nur kommen dürfen, wenn es auch bei jenem ein vorsätzliches Handeln im Sinne des § 826 festgestellt hätte. Das sei nicht geschehen. 4. Den § 831 B G B . habe die Klägerin im ersten Berufungsrechtsgang herangezogen; im zweiten habe sie sich, soweit der Beklagte H. in Betracht komme, nur auf die §§ 31, 89 B G B . berufen. B e i dieser Sachlage hätte das Berufungsgericht der Staatsbank Gelegenheit geben müssen, sich vor Anwendung des § 831 über den Entlastungsbeweis zu äußern. Der Antritt dieses Entlastungsbeweises habe sich außerdem aus dem vorgetragenen Strafurteil vollständig ergeben. Da H. nach der Feststellung des Berufungsgerichts zwar nicht Organ-Vertreter, aber Spitzenbeamter der Staatsbank gewesen sei, hätte er nur von dem Präsidenten selbst ,,angeleitet

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oder beaufsichtigt" werden können. Das sei nicht vorstellbar und nicht auszuführen. Eine Ueberwachung habe in völlig ausreichendem Maße dadurch stattgefunden, daß er nur gemeinschaftlich mit einem zweiten Mitgliede der Generaldirektion habe handeln können und daß er in weitem Umfang zum Vortrag bei dem Präsidenten verpflichtet gewesen sei. Zu der ersten Rüge der Revision kann eine endgültige Stellung im jetzigen Verfahrensabschnitt nicht eingenommen werden. Grundsätzlich haftet der Geschäftsherr für den Schaden, den ein von ihm zu einer Verrichtung Bestellter in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt, auch dann und erst recht dann, wenn der Schaden vorsätzlich — aber eben in Ausführung und nicht nur bei Gelegenheit der Verrichtung — zugefügt wird. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbedenklich die Haftung für fahrlässige Erteilung der Auskunft rechtswirksam von den Parteien ausgeschlossen worden. Nach § 276 Abs. 2 B G B . kann die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im voraus erlassen werden; es käme in Frage, ob dieser Haftungsausscbluß auch insoweit unzulässig ist, als es sich nicht um Vorsatz des Geschäftsherrn, sondern um einen solchen des Verrichtungsgehilfen handelt. Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über juristische Personen würden einer solchen Haftungsausschließung nicht entgegenstehen. Für das Haftungsgebiet des § 831 B G B . könnte keine weitergehende Schranke bestehen, als sie für § 31 B G B . gilt. Durch § 40 B G B . wird aber nur die s a t z u n g s m ä ß i g e Ausschließung der Haftung des Vereins aus § 31 B G B . untersagt, nicht die Ausschließung im Wege des Vertrages im Einzelfall. Im Schrifttum und in der Rechtsprechung ist, soweit ersichtlich, die Ausschließung der Vorsatzhaftung nur für die O r g a n e des Vereins behandelt und für unzulässig erklärt worden ( P l a n c k Anm. 6 zu § 31 B G B . ; O e r t m a n n Anm. 7 zu § 31 B G B . ; E n n e c c e r u s - N i p p e r d e y Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I. Band, § 103 I 7 Anm. 10; Recht 1908 Nr. 1150); im Recht 1907 Nr. 401 wird von der Rechtswirksamkeit einer Ausschließung der Haftung allgemein — ohne Erwähnung vorsätzlichen Handelns — auch für die Vertrauensmänner und Gehilfen des Vereins gesprochen. Die Entscheidung in RGZ. Bd. 115 S. 122 [127] betrifft eine vertragliche Auskunft und unter dem Gesichtspunkt des § 276 Abs. 2 B G B . nur den Vorsatz der I n h a b e r der dortigen Beklagten. § 278 Satz 2 B G B . käme insoweit schon deshalb nicht in Betracht, weil bei der Erteilung einer nicht auf Vertrag beruhenden Auskunft weder eine Verbindlichkeit noch die Erfüllung einer solchen vorliegt. Die Auskunft selbst ist dann kein Rechtsgeschäft; ein solches liegt nur vor, wenn sich ein auf die Hervorbringung rechtlicher Wirkungen gerichteter Wille betätigt, wozu dann noch die Anerkennung dieses Willens durch die Rechtsordnung hinzutreten muß (RGZ. Bd. 122

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S . 138 [140]; B d . 68 S. 322 [324]). Beim Fehlen eines Vertrags will aber der die Auskunft Erteilende keine rechtliche Wirkung hervorrufen (vgl. Urteil des Reichsgerichts vom 10. J u l i 1920 VI 143/20 = B a n k a r c h i v X X S. 30, wo auch die Beurteilung einer Auskunft als Willenserklärung abgelehnt wird 1 ). Doch kann die Rechtswirksamk e i t einer Vereinbarung des erwähnten Inhalts hier dahinstehen, wie noch darzulegen sein wird. Im jetzigen Abschnitt des Verfahrene könnte eine endgültige Stellungnahme nicht erfolgen, weil das Berufungsgericht die von den Parteien getroffene Vereinbarung über Haftungsausschließung noch nicht darauhin geprüft hat, ob sie auch den Vorsatz von Angestellten umfassen sollte. Begründet ist die zweite Rüge. Denn § 831 B G B . stellt, wie die Revision mit R e c h t geltend macht, die Vermutung eines eigenen Verschuldens des Geschäftsherrn auf. Dadurch wird aber die T a t des Verrichtungsgehilfen nicht zu seiner eigenen T a t ; der Geschäftsherr wird im Falle der Haftung aus § 831 B G B . nicht als arglistig angesehen, wenn der Verrichtungsgehilfe arglistig handelt. Daraus ergibt sich, daß der Geschäftsherr, der nur aus § 831 haftet, dem Geschädigten dessen bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden entgegenhalten kann. Denn der Grundsatz, daß der vorsätzlich Handelnde in der Regel den Schaden nicht auf den nur fahrlässig bei der Entstehung des Schadens mitwirkenden Geschädigten abwälzen kann (RGZ. Bd. 148 S. 48 [58] mit Nachweisungen), kann nicht auf einen nach § 831 haftenden Geschäftsherrn angewendet werden, weil dieser nicht arglistig handelt, R G Z . Bd. 71 S. 217, B d . 139 S. 302 [304] . . . (Folgt die Darlegung, daß auch die Staatsb a n k den Einwand mitwirkenden Verschuldens der Klägerin erhoben habe.) Unbegründet ist die dritte Revisionsrüge. Nach feststehender Rechtsprechung genügt im F a l l e der Gesamtvertretung schon das Verschulden eines einzelnen Vertreters, um eine Haftung der juristischen Person zu begründen (RGZ. Bd. 74 S. 250 [257], Bd. 110 S. 145, Bd. 117 S. 61 [64], Bd. 134 S. 375 [377]; für den F a l l der Auskunftserteilung durch ein Vorstandsmitglied einer Genossenschaft RGUrt. vom 10. J u l i 1920 VI 143/20 = Recht 1921 Nr. 2133')· Dieser Grundsatz ist auch dann anzuwenden, wenn zwei Personen im Rahmen der ihnen übertragenen Dienstverrichtungen im Sinne von § 831 B G B . eine Auskunft erteilen und nur für eine von ihnen eine Haftung des Geschäftsherrn aus dieser Vorschrift festgestellt ist. W a s die vierte Rüge angeht, so irrt die Revision, wenn sie eine Pflicht des Berufungsgerichts aus § 139 ZPO. annimmt, in einem F a l l e der vorliegenden Art eine F r a g e nach der Richtung zu stellen. Μ S. ferner Recht 1921 Nr. 2133. 2) Vgl. auch Bankarchiv XX S. 30.

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ob ein Entlastungs beweis aus § 831 BGB. angetreten werde. Eine Prüfung dieser Frage wäre vielmehr lediglich die Pflicht der Staatsbank und ihres Prozeßbevollmächtigten gewesen. Vom Berufungsgericht konnte auch die Möglichkeit erwogen werden, daß die Staatsbank gewillt sei, der Klägerin gegenüber für die Handlungen eines Mitgliedes ihres Direktoriums — sei es eines ordentlichen, sei es eines stellvertretenden — einzustehen. Allerdings taucht nun der Zweifel auf, ob nicht mit Rücksicht auf die Stellung, die H. in der Staatsbank einnahm, und mit Rücksicht auf seine dienstliche Laufbahn der Enlastungsbeweis zum mindesten wegen der Auswahl nach dem Inhalt des vorgetragenen Strafurteils ohne weiteres als erbracht angesehen werden konnte. Die ganz allgemeine Bemerkung des Berufungsgerichts darüber, daß über die Entlastung der Staatsbank nähere Darlegungen zur Tätigkeit des H. nicht gemacht worden seien, würde jedenfalls mit Rücksicht auf das, was darüber als aus dem Strafurteil vorgetragen anzusehen ist, das Urteil nicht stützen können. Hier hätten aber die Zweifel Bedeutung gewinnen können, ob die Tätigkeit des H. unter dem Gesichtspunkt eines Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB. zu beurteilen ist. Und diese Frage ist zu verneinen. Vielmehr sind auf seine Tätigkeit die Vorschriften der §§ 30, 31, 89 BGB. anzuwenden. Dazu ist folgendes zu erwägen: Nach § 30 BGB. kann durch die Satzung bestimmt werden, daß neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind, und erstreckt sich die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Die Auswirkung dieser Vorschrift ist im § 31 enthalten, wonach der Verein auch für den Schaden verantwortlich ist, den — außer den Vorstandsmitgliedern ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. Der § 30 war im Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht vorgesehen. Erst in der zweiten Lesung (Prot. I S. 521) wurde erwogen, daß es zweifelhaft bleibe, ob die für den Vorstand gegebenen Bestimmungen auch auf andere Vertretungsorgane anwendbar seien, da diese in den Statuten nicht selten vom Vorstand unterschieden würden und zwischen ihnen und dem Vorstand der innere Unterschied bestehe, daß sie zur Leitung des Vereins nicht berufen seien; sachlich müsse § 46 (jetzt § 31) auf jene besonderen Organe angewendet werden. Es wurde ferner hervorgehoben, daß die Bestellung besonderer Personen als Organe des Vereins für einen begrenzten Geschäftskreis neben dem Vorstand bei Vereinen von größerem Umfang häufig und unentbehrlich sei. Der leitende Gedanke ging also dahin, die Haftung der juristischen Personen zu erweitern; sie sollte auch auf solche Personen erstreckt werden, die nicht die Ver-

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tretung der juristischen Person in vollem Umfang haben, die aber für die Tätigkeit der juristischen Person nicht entbehrt werden können, weil der Vorstand infolge des Umfangs oder der A r t der zu erledigenden Geschäfte nicht imstande ist, von der ihm durch das Gesetz gegebenen Befugnis zur Vertretung der juristischen Person in vollem Umfang und nach allen Richtungen Gebrauch zu machen. Diese Erwägung hat in der Rechtsprechung dazu geführt, sogar einen Organisationsmangel und ein Verschulden der verfassungsmäßigen Vertreter der juristischen Person als gegeben anzusehen, wenn nicht für die Bestellung eines besonderen Vertreters im Sinne des § 30 BGB. gesorgt wird, sobald der Vorstand nicht in der Lage ist, den Verpflichtungen zu genügen, denen eine juristische Person durch ihren Vorstand nicht wie eine andere Person nachkommen kann. Die Sachlage k a n n dann je nach der Art des Geschäftskreises so sein, daß die juristische Person ihren Pflichten nicht genügt durch Bestellung geeigneter Personen, für die sie sich nach § 831 BGB. entlasten kann. Die tatsächlichen Umstände des täglichen Lebens, insbesondere des wirtschaftlichen Verkehrs, können es vielmehr mit sich bringen, daß ein solcher Vertreter bestellt werden muß, für den eine Entlastung dem Dritten gegenüber nicht möglich ist (RGZ. Bd. 89 S. 136; RGUrt. vom 1. April 1931 VI 487/30 = J W . 1932 S. 2076 Nr. 9; vom 10. Oktober 1932 VI 268 32 = SeuffArch. Bd. 87 Nr. 51 = W. 1932 S. 3702 Nr. 1; RGUrt. vom 6. Juni 1935 VI 581/34 - SeuffArch. Bd. 90 Nr. 32 = HRR. 1935 Nr. 1515). Der maßgebende Gesichtspunkt ist also zunächst die Verankerung der Stellung des besonderen Vertreters in der Satzung, sodann aber die Wirkung seiner Tätigkeit gerade nach außen hin. Die Rechtslage ist also nicht so, wie das Berufungsgericht annimmt; nicht die Stellung dieses Vertreters im Innenverhältnis dem Vorstande gegenüber entscheidet, sondern vor allem seine Befugnisse nach außen hin haben grundlegende Bedeutung. Deshalb erstreckt sich die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Die Satzung kann aber unbedenklich bestimmen, daß die Vertretungsmacht des besonderen Vertreters beschränkter sein soll als sein Geschäftskreis. Ob es möglich ist, wie S t a u d i n g e r Anm. 8 zu § 30 BGB. annimmt, seine Vertretungsmacht völlig auszuschließen, braucht im vorliegenden Rechtsstreit nicht entschieden zu werden; dort wird der Fall zugrunde gelegt, daß satzungsgemäß der besondere Vertreter den Vereinsvorstand nur mit dessen Vollmacht oder nur zusammen mit einem Vorstandsmitglied im Rechtsstreit vertreten könne. Allerdings muß der besondere Vertreter eine gewisse Selbständigkeit haben. Eine solche Selbständigkeit wird aber nicht dadurch ausgeschlossen, daß der ,,Vertreter" an Weisungen und An-

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Ordnungen eines anderen, im inneren Verhältnis übergeordneten Organs gebunden ist; die Selbständigkeit tritt dann nach außen hervor {RGUrt. vom 19. April 1915 VI 657/14, teilweise wiedergegeben im Recht 1915 Nr. 1704; RGZ. Bd. 94 S. 318 [320], Bd. 53 S. 276 [279. 280]). Das Berufungsgericht schränkt den Begriff des besonderen V e r t r e t e r s zu sehr ein; nach seiner Auffassung würde der besondere V e r t r e t e r sich vom Vorstand nur dadurch unterscheiden, daß er nicht eine so umfassende Vertretungsmacht hat wie dieser. Der grundsätzliche Unterschied zwischen dem Vorstand und dem nicht zur Leitung berufenen Vertreter, wie er bei der Schaffung der Vorschrift dargelegt und oben erwähnt worden ist, würde wegfallen. Dadurch w ü r d e der Anwendungsraum des § 30 und folgeweise des § 31 BGB. auf ein geringes Gebiet eingeschränkt werden; eine solche Einschränkung würde w e d e r dem Bedürfnis des Verkehrs und der juristischen Person selbst entsprechen, noch mit der bisherigen Rechtsprechung übereinstimmen. Die juristische Person selbst würde der einheitlichen Leitung entbehren müssen, wenn sie einen besonderen V e r t r e t e r für einen bestimmten Geschäftskreis bestellt, vielleicht auch bestellen muß, ohne daß ein Eingreifen des an sich für die gesamte Leitung verantwortlichen Vorstand möglich w ä r e ; der Verkehr würde im Fall einer geringen Bemessung des Kreises der besonderen Vertreter dadurch leiden, daß die Haftung der juristischen Person zu deren Gunsten mehr eingeschränkt und die Entlastungsbefugnis nach § 831 BGB. erweitert würde. Die Rechtsprechung hat aber beispielsweise keine Bedenken getragen, den Vorsteher der Unterabteilung eines städtischen Bauamts, soweit er die Geschäfte, welche die Unterhaltung der ihm unterstellten Bauten betreffen, selbständig zu erledigen hat, in dieser Eigenschaft als verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Stadtgemeinde anzusehen, auch wenn er der Oberaufsicht eines Stadtbaurats unterstellt ist. Das gleiche ist von einer dem Magistrat untergeordneten Baudeputation angenommen worden, zu deren Geschäften die Beaufsichtigung des baulichen Zustandes der Straße gehört (RGUrt. vom 24. Juni 1907 VI 482/06 = Recht 1907 Nr. 2242). Die Unterscheidung des Berufungsgerichts zwischen Kollegial- und Präsidialsystem gibt also für die Frage, ob jemand besonderer Vertreter oder Verrichtungsgehilfe ist, nichts her; sie geht an dem für § 30 maßgebenden Gesichtspunkt vorbei. Uebrigens würde im Einzelfall nichts der Annahme entgegenstehen, daß ein Vorstandsmitglied auch besonderer Vertreter ist. Auf eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie die Staatsbank findet gemäß § 89 BGB. die Vorschrift des § 31 das. entsprechende Anwendung. Auch auf die Staatsbank, die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestand, finden die genannten Vorschriften Anwendung (Art. 163 EG. z. BGB.). Soweit solche juristischen Personen keine Satzung haben, treten an ihre

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Stelle die für die Verwaltungsorganisation maßgebenden Bestimmungen, die durch Gesetz oder allgemeine Verwaltungsvorschrift getroffen worden sind (RGZ. Bd. 74 S. 21). Sachlich-rechtlich besteht kein Bedenken, auf den Geschäftsbetrieb der Staatsbank und auf die in dessen Rahmen erteilte Auskunft die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden; denn es handelt sich bei dem Geschäftsbetriebe der Staatsbank um einen privatrechtlichen Geschäftskreis, obgleich die Interessen des Staates wesentlich beteiligt sind. Wenn auch die Vertreter der Staatsbank in ihrer Tätigkeit als Beamte handelten, so blieb diese doch privatrechtliche Betätigung, auch wenn sie im öffentlichen Interesse lag (vgl. RGZ. Bd. 155 S. 257 [274], Das stimmt auch mit der Auffassung des noch später zu erörternden Erlasses des preußischen Finanzministers vom 9. April 1862 überein. Die gelegentlich vom Beklagten H. geäußerte Auffassung, daß privatrechtliche Belange bei Erteilung der Auskunft nicht wahrgenommen worden seien, geht fehl. Hiernach bedarf es eines Eingehens auf die Organisation der Staatsbank. . . . Man muß nach alledem annehmen, daß die Mitglieder der Direktion nach dem Jahre 1820 zum mindesten die Stellung „besonderer Vertreter" im Sinne des § 30 BGB. gehabt haben. Die „Satzung" war stets die rechtliche Grundlage ihrer Stellung; dazu tritt die Ermächtigung zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der Sozietät für einen bestimmten Geschäftskreis. Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ein besonderer Vertreter nach § 30 BGB. als bestellt anzusehen ist (RGZ. Bd. 91 S. 4). Unklar wird in den Annalen des Deutschen Reichs 1905 S 132 von dem Präsidenten als „eigentlichem" Vertreter gesprochen. Wenn dort weiter ausgeführt wird, es stehe d e m S t a a t e frei, neben dem Präsidenten noch anderen Personen eine Vertretungsmacht anzuvertrauen, gewöhnlich seien die beiden anderen Mitglieder des Direktoriums zur gemeinschaftlichen Vertretung des Instituts bevollmächtigt, sie hätten „eine Art Gesamtprokura", so ist damit offenbar keine Vollmacht gemeint, die von dem Präsidenten ausgeht; die Vertretungsmacht ist eben in den Organisationsvorschriften enthalten. Uebrigens würde, wie dargelegt, die Erteilung einer Handlungsvollmacht die Eigenschaft eines Vertreters, wie in RGZ. Bd. 91 S. 3 zutreffend angenommen ist, noch nicht ausschließen, wenn nämlich die Satzung oder die Organisationsvorschriften bereits eine Vertretungsmacht enthalten. Daß H. tatsächlich einen bestimmten Geschäftskreis verwaltete, ist nicht streitig. Die Geschäfte der Staatsbank waren nach bestimmten äußeren Kennzeichen — Buchstaben — unter die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Direktion verteilt, wobei zwischen beiden Arten von Mitgliedern entgegen der Annahme der Revision für die hier zu treffende Entscheidung kein Unterschied zu

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machen ist. Die einzelnen Abteilungen des Geschäftskreises, die sich untereinander nicht grundsätzlich unterschieden, brauchten naturgemäß noch nicht in der Satzung festgelegt zu werden; sie ergaben sich aus den Bedürfnissen der Verwaltung des Instituts. Grundsätzlich folgte die Art der Tätigkeit der Mitglieder aus der Natur der von der Staatsbank zu erledigenden Geschäfte. Hiernach ist davon auszugehen, daß H. bei Erteilung der Auskunft vom 15. April 1925 als Organ-Vertreter der Staatsbank aufgetreten ist und daß diese gemäß §§ 31, 30 BGB. für sein Verhalten haftet. (Es folgen Ausführungen über die sachliche Berechtigung des Anspruchs.) RGZ. 158, 352 Muß der Fahrzeughalter einen sorgfältig ausgewählten und genügend beaufsichtigten Treckerführer auf die Verpflichtung hinweisen, daß er sein Fahrzeug selbst zu führen habe und die Fuhrung nicht Dritten überlassen dürfe? BGB. § 831. VI. Ζ i ν i 1 s e η a t. Urt. v. 2. November 1938. I. Landgericht Göttingen.

II. Oberlandesgericht Celle.

Am 13. Juni 1937 nachmittags gegen 19 Uhr wurde der Ehemann der Erstklägerin und Vater der Zweitkläger auf der Straße am Werraufer zwischen H.-M. und H., als er die damals noch im Bau befindliche Werra-Brücke der Reichsautobahn betrachtete, von einem Trecker des Beklagten angefahren und getötet. Der Trecker wurde von dem bei dem Beklagten angestellten Erdarbeiter J. geführt. Der bei dem Beklagten als Treckerführer angestellte B. hatte dem J. auf dessen Verlangen die Führung des Treckers, den B. von der Arbeitsstelle bei der Reichsautobahn wieder auf den Bauhof des Beklagten nach H.-M. zu schaffen hatte, pflichtwidrig überlassen. Auf dem Heimweg waren J. und B. noch in der Gastwirtschaft der Frau K. am Westausgang von H. eingekehrt und hatten hier Alkohol zu sich genommen. Von da ab führte dann J. den Trecker, während B. neben ihm auf dem linken Kotblech Platz nahm. Auf der Straße am Werraufer machte der Trecker plötzlich eine scharfe Linkswendung und fuhr in die dort befindliche Menschenmenge hinein, wobei außer dem Ehemann der Erstklägerin der Versicherungsvertreter Br. getötet wurde und andere Personen Verletzungen erlitten. Die Kläger haben wegen dieses Unfalls Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten und J. auf Grund von § 7 KFG., §§ 823, 831 BGB. geltend gemacht. Sie haben im Wege der Klage zunächst die Bezahlung von 500 RM. — durch den Wegfall ihres Ernährers ent-

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standenem Schaden für die Zeit vom 13. Juni bis 13. August 1937 — sowie die Feststellung verlangt, daß die Beklagten verpflichtet seien, ihnen auch allen weiteren Unfallschaden zu ersetzen. Das Landgericht hat dem Klagantrag, abgesehen von einer kleinen Zinsermäßigung, in vollem Umfang gegen beide Beklagten entsprochen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte R. Berufung eingelegt. Die Kläger haben im W e g e der Anschlußberufung beantragt, den Beklagten R. weiter zu verurteilen, sie von ihrer Verbindlichkeit bei dem Fuhrgeschäft K. in G. in Höhe von 205 RM. für Begräbniskosten zu befreien. Das Oberlandesgericht hat diesem letzten Antrag entsprochen und den Schadensersatzanspruch der Kläger gegen den Beklagten R. wegen Wegfalls ihres Ernährers dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung des Beklagten hat es insoweit zurückgewiesen, als festgestellt worden ist, daß er allen weiteren aus dem Unfall entstandenen und noch entstehenden Schaden zu tragen habe. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungeurteils und zur Zurückverweisung der Sache. Gründe: Das Berufungsgericht hat eine Feststellung darüber, ob der Trecker ab ebener Bahn nur eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km in der Stunde erreichen könne oder ob er zu den Fahrzeugen mit höherer Geschwindigkeit gehöre, nicht getroffen, sondern dies offengelassen. Demgemäß ist auch dahingestellt geblieben, ob der Beklagte nach den Bestimmungen des Kraftfahrzeuggesetzes schadensersatzpflichtig ist oder ob nach § 8 Nr. 2 KFG. eine solche Haftung nicht in Betracht kommt, und es ist daher auch die Frage, ob eine Schwarzfahrt vorliegt und der Beklagte gemäß § 7 Abs. 3 KFG. haftet, nicht entschieden worden. Das Berufungsgericht gelangt zu dem Ergebnis, daß der Beklagte jedenfalls nach § 831 BGB. hafte. Es hat hierzu ausgeführt: Er habe unbestritten seinen Arbeiter B. mit der Führung und Wartung des Treckers betraut und ihn damit zu einer Verrichtung bestellt. Nachdem B. und J . in der Wirtschaft K. in H. Alkohol zu sich genommen hätten, seien sie etwas angeheitert gewesen. Anstatt nun selbst den Trecker nach H.-M. zu führen, habe B. geduldet, daß J., obwohl er in der Führung solcher Trecker jedenfalls nur geringe Erfahrung besessen habe und außerdem noch angeheitert gewesen sei, sich auf den Führersitz gesetzt und die Machine geführt habe. J . sei dann in schneller und recht unsicherer Fahrt aul die Unfallstelle zugefahren. Dort habe der Trecker durch die plötzliche Linkswendung das Unglück angerichtet. B. habe hiernach in Ausübung seiner Verrichtung den Unfall herbeigeführt. Daß der Trecker unvorhersehbar infolge seiner maschinellen Einrichtung die Linkswendung gemacht hätte, sei widerlegt. Der Beklagte habe des

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Entlastungsbeweis nach § 831 BGB. nicht geführt. Wenn er auch den B. mit genügender Sorgfalt ausgewählt und wohl auch seine Arbeiter durch sein Aufsichtspersonal im allgemeinen hinreichend beaufsichtigt haben möge, und wenn auch die Arbeiter vor den Folgen des Alkoholgenusses gewarnt worden seien, so reiche doch das, w a s geschehen sei, nicht aus, um den Beklagten gehörig zu entlasten. Unstreitig seien die Treckerführer nicht besonders in der Richtung verwarnt worden, daß sie niemals die ihnen anvertrauten Trecker aus der Hand geben und niemals einem anderen die Führung ihres Treckers überlassen dürften. Zwar sei eine solche Verwarnung nicht immer in jedem Falle nötig, wenn man einem anderen die Führung eines Kraftfahrzeuges übertrage. Wohl aber sei sie erforderlich, wenn besondere Umstände vorlägen, aus denen der Halter des Fahrzeuges schließen müsse, daß möglicherweise eine solche Ueberlassung der Führung an einen Dritten nicht ganz fernliege. Dann müsse eine ernste Verwarnung erfolgen, um dem verantwortlichen Führer gegenüber den Bitten Unberechtigter, ihnen die Lenkung des Fahrzeugs zu überlassen, den Rücken zu stärken. Solche Umstände seien hier sicherlich gegeben gewesen. Es habe sich nicht um ein gewöhnliches Kraftfahrzeug gehandelt, sondern um einen führerscheinfreien Trecker, den jeder habe lenken können, ohne sich dadurch schon ohne weiteres einer polizeilichen Ahndung auszusetzen. Unter diesen Umständen habe es nicht ganz ferngelegen, daß bei dem im Volke allgemein verbreiteten technischen Spieltrieb andere Personen an B. herantreten würden mit der Bitte, auch sie einmal fahren zu lassen. Bei der großen räumlichen Ausbreitung des Betriebes des Beklagten seien die Arbeiter in gewissem Umfange mehr oder weniger sich selbst überlassen gewesen, was natürlich Pflichtwidrigkeiten begünstigt habe, so daß hier eine ernste Ermahnung in der erwähnten Richtung besonders am Platze gewesen sei. Es habe auch offenbar den Anschein gehabt, daß die Kotflügel des Treckers zum Sitzen benutzt worden seien. Für den eigentlichen Treckerführer habe die Versuchung nicht allzufern gelegen, gelegentlich auch die Führung unbefugten Dritten zu überlassen und selbst auf dem Kotblech Platz zu nehmen. Infolgedessen hätte der Beklagte, der diese Erwägungen auch hätte anstellen müssen, seine Treckerführer, insbesondere den B., ernstlich und wiederholt ermähnen müssen. Es sei auch anzunehmen, daß solche Ermahnungen dem B. das Bedenkliche seines Tuns vor Augen geführt und auf diese Weise den Unfall verhütet haben würden. Da in dieser Hinsicht nichts geschehen sei, habe der Beklagte nicht dargetan, daß er bei der Leitung der Tätigkeit seiner Verrichtungsgehilfen in jeder Richtung die erforderliche Sorgfalt angewendet habe. Die Revision ist der Meinung, daß das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Sorgfaltpflicht des Beklagten stelle. Sie hält eine Verwarnung der Treckerführer durch den Beklagten in der Rieh-

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tung, daß sie niemals die Trecker aus der Hand geben und niemals einem anderen die Führung ihres Treckers überlassen dürften, nicht für erforderlich. Der Revision ist zuzugeben, daß das angefochtene Urteil zu rechtlichen Bedenken Anlaß gibt. Wenn das Berufungsgericht meint, der Beklagte hätte seine Treckerführer in der Richtung besonders verwarnen müssen, daß sie niemals die ihnen anvertrauten Trecker aus der Hand geben und niemals einem anderen die Führung ihres Treckers überlassen dürften, so stellt es damit zu hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Beklagten. Zwar hat das Reichsgericht in seinem Urteil vom 18. Januar 1932 (VI 319/31 = JW. 1932 S. 2013 Nr. 1) ausgesprochen, daß derjenige, der seinen Kraftwagen einem jugendlichen Führer anvertraue und ihm einen anderen seiner Angestellten, der sich gerade in der Kraftfahrerprüfung befinde, als Fahrgast mitgebe, mit der Möglichkeit rechnen müsse, daß der letztere versuchen könnte, die Führung des Wagens zu übernehmen, und daß der Halter aus diesem Grunde vor der Fahrt beide entsprechend verwarnen müsse. Dort ist jedoch diese Verpflichtung des Halters nur mit Rücksicht auf die ganz besonderen Umstände des Falles — der Führer war 19 Jahre, der Fahrgast 20 Jahre alt, letzterer befand sich in der Prüfung — ausgesprochen, keineswegs aber angenommen worden, ein Halter habe die Pflicht, allgemein oder sogar vor jeder Fahrt den Führer anzuweisen, daß er die Führung des Fahrzeugs keinem Dritten überlasse. Solche besonderen Umstände wie in dem früheren Falle liegen aber in der jetzt zu entscheidenden Rechtssache nicht vor. Das Berufungsgericht will sie darin finden, daß es sich um einen führerscheinfreien Trecker gehandelt habe, den jeder habe lenken können, ohne sich schon dadurch ohne weiteres einer polizeilichen Ahndung auszusetzen, und daß es nicht ganz fern gelegen habe, daß andere Personen an den Führer mit der Bitte herantreten würden, auch sie einmal fahren zu lassen, eine Möglichkeit, die bei der großen räumlichen Ausbreitung des Betriebes des Beklagten in besonderem Maße gegeben gewesen sei. Es kann jedoch nicht anerkannt werden, daß diese Umstände allein die Verpflichtung des Beklagten hätten begründen können, allgemein oder von Fall zu Fall seine Treckerführer ausdrücklich vor der Ueberlassung ihrer Fahrzeuge an ungeübte Dritte zu warnen. Es gehörte zu den selbstverständlichen Pflichten des Treckerführers, daß er sein Fahrzeug selbst zu führen hatte und die Führung nicht an Dritte abgab. Diese Selbstverständlichkeit seinen Treckerführern noch besonders einzuschärfen, hatte der Beklagte nach Lage der Umstände keinen Anlaß. Wenn auch, wie das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung angenommen hat (vgl. RGZ. Bd. 142 S. 362, Bd. 136 S. 11, Bd. 135 S. 156), an die dem Fahrzeughalter seinem Wagenführer gegenüber obliegende Aufsichts- und Ueberwachungspflicht strenge Anforde-

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rungen zu stellen sind, so dürfen diese Anforderungen doch nicht überspannt werden. Eine Ueberspannung der Pflichten würde aber vorliegen, wenn man verlangen wollte, daß ein Fahrzeughalter einen sorgfältig ausgewählten und sonst genügend beaufsichtigten T r e c k e r führer auch noch ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer Unterlassung hinweisen müßte, die eine selbstverständliche Pflicht des T r e c k e r f ü h r e r s ist. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Da die Verurteilung des Beklagten mit der vom Berufungsgericht angenommenen Begründung rechtlich nicht haltbar ist, so ist nunmehr die Prüfung nicht zu umgehen, ob nicht die Haftung des Beklagten für den Unfallschaden nach den Vorschriften des K F G . begründet ist. Das B e rufungsgericht wird daher bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung der S a c h e feststellen müssen, ob der T r e c k e r auf ebener Bahn nur eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km in der Stunde erreichen kann oder ob er zu den schnellerfahrenden Fahrzeugen gehört; ob er demnach unter die Bestimmung des § 8 Nr. 2 K F G . fällt oder nicht. Auch wird das Berufungsgericht sich auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der danach zu treffenden F e s t stellungen mit Bestimmtheit darüber auszusprechen haben, ob der B e k l a g t e den Treckerführer nicht nur in bezug auf seine technische Eignung, sondern auch in seinen Charaktereigenschaften, insbesondere seiner Zuverlässigkeit, auch im Hinblick auf den Genuß von Alkohol, mit genügender Sorgfalt ausgewählt hat und ihn hinreichend hat überwachen und beaufsichtigen lassen. An einer genauen Feststellung dessen, was der B e k l a g t e in dieser Hinsicht getan hat, fehlt es bisher. Das Berufungsgericht hat lediglich unterstellt, es möge wohl sein, daß der Beklagte seine Pflichten in dieser Richtung hinreichend erfüllt habe. Da die Auffassung des Berufungsgerichts über die Verpflichtung des Beklagten zur Verwarnung seiner Treckerführer in dem oben erwähnten Sinne rechtlichen Bedenken unterliegt, sind nunmehr tatsächliche Feststellungen darüber, was der Beklagte überhaupt zur Erfüllung seiner Auswahl-, Aufsichts- und Ueberwachungspflichten getan und angeordnet hat, erforderlich. RGZ. 158, 388 1. Zur F r a g e der Haftung des Bienenhalters au! einem Truppenübungsplatz. 2. Ist die Biene ein Haustier? B G B . § § 254, 833. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 19. November

I. Landgericht Hannover.

1938.

II. Oberlandesgericht Celle.

Am 14. August 1936 ging das Gespann eines Heeresfahrzeugs bei einer Uebung auf dem Truppenübungsplatz M. befehlsgemäß in / ΐ τ ϊ ΐ ι . SHiulJrecfat 10

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Schaldrecbt, Besonderer Teil

Fliegerdeckung. Es hielt dabei ziemlich dicht hinter einem dortstehenden Bienenstand des Beklagten. Kurz darauf wurde das Gespann von einem Bienenschwarm überfallen. Drei Pferde verendeten am Unfallort, ein weiteres ging bald nach der Einlieferung im Krankenstall ein. Auch wurden die Geschirre dieser Pferde teilä beschädigt, teils völlig zerstört. Außerdem erlitt ein Teil der Mannschaft nicht unerhebliche Verletzungen. Die Aufstellung des Bienenstandes auf dem Truppenübungsplatz hatte der Kläger dem Rechtsvorgänger des Beklagten auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung vom 7. August 1919 genehmigt. Nach § 1 dieser Vereinbarung erhielt der Imker C. die Genehmigung, auf dem Truppenübungsplatz, und zwar an der Platzgrenze beim H.-Moor, einen behelfsmäßigen Bienenstand aufzubauen und zweckentsprechend zu benutzen. In § 7 des Vertrages wurde bestimmt, daß die Militärverwaltung keine Verantwortung für etwaige Unfälle übernehme, welche durch das Betreten des Uebungsplatzes entstehen würden, möchten sie eine Ursache haben, welche sie wollten, und daß der Pächter von der Militärverwaltung keine Entschädigung zu fordern habe. Der Beklagte zahlte eine Entschädigung und Anerkennungsgebühr von zuletzt 20 RM. jährlich. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz des Wertes der getöteten Pferde und des durch die Pferde selbst und bei den vergeblichen Rettungsversuchen durch Mannschaften beschädigten und zerstörten Geschirrs in Höhe von 6492 RM. mit der Begründung, daß die Bienen des Beklagten das Gespann überfallen hätten und daher der Beklagte gemäß § 833 BGB. schadensersatzpflichtig sei. Der Beklagte bestreitet seine Schadensersatzpflicht sowohl dem Grunde wie der Höhe nach. Er entgegnet: Der Kläger habe, indem er ausdrücklich die Errichtung des Bienenstandes auf dem Truppenübungsplatz gestattet habe, die von den Bienen drohenden Gefahren auf sich genommen. Auch habe es der Kläger bis zum Unfall daran fehlen lassen, alle erforderlichen Maßnahmen zur Abwendung solcher Gefahren zu treffen, obwohl er dazu auf Grund des Vertrages vom 7. August 1919 verpflichtet gewesen sei. Demgegenüber macht der Kläger geltend: Die Genehmigung der Aufstellung des Bienenstandes enthalte kennen Verzicht auf die Tierhalterhaftung des Beklagten. Eine Rechtspflicht zur Anwendung von Vorsichtsmaßregeln ergebe sich für den Kläger aus der Vereinbarung, einer reinen Gefälligkeit, nicht. Solche Maßnahmen hätte vielmehr allein der Beklagte ergreifen müssen. Das Landgericht hat den Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von 3246 RM. abgewiesen und ihn zur anderen Hälfte dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers, unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Beklagten, den Schadensersatzanspruch des Klägers in

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vollem Umfang dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Bienen des Beklagten den Ueberfall auf das Gespann des Klägers ausgeführt und dadurch den entstandenen Schaden verursacht haben. Es hat zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges ausgeführt: Der Meinung dee Beklagten, die Ausdünstung der schwitzenden Pferde habe mit so übermäßiger Gewalt auf die Sinne der Bienen eingewirkt, daß diese zwangsläufig zu außergewöhnlichem Verhalten veranlaßt worden seien und daß deshalb der ursächliche Zusammenhang nicht gegeben sei, könne nicht beigetreten werden. Erfahrungsgemäß hielten sich schwitzende Pferde des öfteren in der Nähe von Bienenständen auf, ohne daß es zu einem Ueberfall durch die Bienenvölker komme. Die Ausdünstung könne daher nicht als eine außergewöhnliche Einwirkung, als ein mit unwiderstehlicher Gewalt über die Bienen hereinbrechendes Ereignis angesehen werden. Sie möge der äußere Anreiz für die Bienen des Beklagten gewesen sein, das Gespann des Klägers zu überfallen. Hierin liege dann aber gerade das der tierischen Natur entsprechende selbsttätige willkürliche Verhalten, gegen welches die Bestimmung des § 833 BGB. Schutz gewähren solle. Es erübrige sich deshalb, das vom Beklagten beantragte Gutachten eines Sachverständigen darüber einzuholen, ob die Ausdünstung schwitzender Pferde Bienen zu außergewöhnlichem Verhalten zwinge. Das Berufungsgericht hat daher den Beklagten gemäß § 833 BGB. für schadensersatzpflichtig erklärt. Es hat weiter ausgeführt, daß die Tierhalterhaftung des Beklagten weder durch die Vereinbarung vom 7. August 1919 ausgeschlossen werde noch daß ein solcher Haftungsausschluß stillschweigend erfolgt sei oder sich aus den Umständen ergebe. Endlich hat das Berufungsgericht verneint, daß den Kläger ein mitwirkendes Verschulden bei der Entstehung des Schadens treffe. Es hat dazu ausgeführt: Nach dem ganzen Inhalt der Vereinbarung vom 7. August 1919 habe der Kläger sich von jeder Haftung dem Beklagten gegenüber freistellen wollen und sei es Sache des Beklagten gewesen, alle diejenigen Maßnahmen zu treffen, welche eine zweckentsprechende Benutzung des Bienenstandes gewährleistet hätten. Der Beklagte hätte angesichts der ihm bekannten Gefahren eines Bienenstandes bei der Militärverwaltung vorstellig werden müssen, damit er Schutzmaßnahmen (Drahtzaun, Warnungstafeln) hätte anbringen dürfen. Dies habe der Beklagte unterlassen. Erst wenn dann Schutzmaßnahmen abgelehnt worden wären, würde die Entstehung des Schadens auf Verschulden des Klägers zurückzuführen sein. Eine pflichtwidrige Unterlassung des Klägers liege nicht vor. Ihm könne 16·

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das Verhalten der übenden Truppen nicht zugerechnet werden; denn diese seien nicht seine Erfüllungsgehilfen, sondern handelten in Ausübung hoheitsrechtlicher Gewalt. Die Revision beanstandet, daß das Berufungsgericht nicht dem Beklagten den Enlastungsbeweis aus § 833 Satz 2 B G B . verstattet habe. Sie ist der Meinung, daß Bienen Haustiere im Sinne dieser Bestimmung seien, und verweist darauf, daß der volkswirtschaftliche Nutzen und die Bedeutung der Bienenzucht heute von der Staatsführung anerkannt und die Imkerei den landwirtschaftlichen Betrieben zugerechnet worden sei. Dieser Angriff der Revision ist nicht begründet. Die Biene kann nicht als Haustier im Sinne des § 833 Satz 2 B G B . angesehen werden. Diese Gesetzesbestimmung enthält keine ausdrückliche Angabe darüber, welche Tiere Haustiere sind. Bei der Beratung des Gesetzes vom 30. Mai 1908 im Reichstage sind Anträge, die Biene in der neuen Fassung des § 833 B G B . ausdrücklich zu erwähnen und als Haustier zu bezeichnen, abgelehnt worden. Da hiernach das Gesetz den Begriff des Haustieres nicht bestimmt, so ist der gewöhnliche Sprachgebrauch entscheidend. Hiernach versteht man unter Haustieren diejenigen Gattungen von zahmen Tieren, die in der Hauswirtschaft zu dauernder Nutzung oder Dienstleistung gezüchtet und gehalten zu werden pflegen und dabei auf Grund von Erziehung und Gewöhnung der Beaufsichtigung und dem beherrschenden Einfluß des Halters unterstehen. Bei den Bienen fehlt es vor allem an der Möglichkeit einer derartigen Beaufsichtigung und Beherrschung, wie sie bei Haustieren gegeben sind. Dies ist schon in der Entscheidung RGZ. Bd. 141 S. 407 hervorgehoben worden. Wenn die Revision Gewicht darauf legt, daß der volkswirtschaftliche Nutzen und die Bedeutung der Bienenzucht heute anerkannt sei und die Imkerei den landwirtschaftlichen Betrieben zugerechnet werde, so können diese Umstände doch nicht dazu führen, die Biene als Haustier im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauchs anzusehen, der auch heute den Begriff des Haustieres nur da anwendet, wo der Tierhalter die Möglichkeit einer Beaufsichtigung und Beherrschung des Tieres hat, wie sie bei den Bienen nun einmal nicht gegeben sind. Die erneute Prüfung des Begriffes Haustier gibt mithin keinen Anlaß, von der in RGZ. Bd. 141 S. 407 vertretenen Ansicht abzuweichen. Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsirrtum den Entlastungsbeweis aus § 833 Satz 2 B G B . hier nicht zugelassen. Wenn die Revision weiter meint, die Ausdünstung der dampfenden Pferde habe wie ein äußerer Zwang auf die Bienen eingewirkt, so daß sie nicht mehr selbständig und willkürlich gehandelt hätten, sondern nur Werkzeug einer von außen auf sie wirkenden Kraft ge-

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wesen seien, und wenn sie rügt, daß das Berufungsgericht den in dieser Richtung angetretenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben habe, so kann auch dieser Angriff keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht hat auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen, daß die Ausdünstung schwitzender Pferde kein außergewöhnliches, mit unwiderstehlicher Gewalt über die Bienen hereinbrechendes Ereignis, sondern nur einen äußeren Anreiz für den Ueberfall darstelle und daß das Verhalten der Bienen ihrer tierischen Natur entsprechend, selbsttätig und willkürlich gewesen sei. Diese tatsächlichen Feststellungen unterliegen keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere war das Berufungsgericht, wenn es sich selbst die nötige Sachkunde zutraute, nicht genötigt, Sachverständigenbeweis zu erheben. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die unter solchen Beweis gestellte Behauptung des Beklagten geeignet wäre, die Anwendung des § 833 BGB. auszuschließen. Auch die Bejahung des (adäquaten) ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Unterhaltung des Bienenstandes und dem eingetretenen Schaden unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß der Kläger dem Beklagten gegenüber vertraglich niemals auf etwaige Ansprüche aus Tierhalterhaftung verzichtet habe. Wenn das Berufungsgericht davon ausgeht, daß die Vereinbarung vom 7. August 1919 einen solchen Verzicht nicht enthalte, so ist diese Vertragsauslegung durchaus möglich; sie setzt sich weder in Widerspruch zu der allgemeinen Lebenserfahrung noch zu den Denkgesetzen und unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Revision rügt weiter, daß das Berufungsgericht ein mitwirkendes Verschulden des Klägers, das nach § 254 BGB. zu berücksichtigen gewesen wäre, verneint habe. Sie führt dazu aus: Die Vereinbarung vom 7. August 1919 habe die Verpflichtung des Klägers begründet, Störungen des vertraglichen Gebrauchs der zwecks Aufstellung des Bienenstandes dem Beklagten überlassenen Grundstücke fernzuhalten. Die Militärverwaltung hätte auf die Rechte des Beklagten Rücksicht nehmen und alles tun müssen, um deren Beeinträchtigung zu verhüten. Insbesondere hätte sie Vorsorge treffen müssen, daß bei Truppenübungen der Bienenstand beachtet werde. Diese Verpflichtungen habe der Kläger verletzt. Die Lagerkommandantur habe weder der Truppe noch den Befehlsstellen Nachricht davon gegeben, daß sich überhaupt Bienenstände auf dem Truppenübungsplatz befunden hätten, noch weniger, wo die Stände aufgestellt und daß sie zur Zeit der Ausführung der Uebung mit Bienen besetzt gewesen seien. In die Karten des Truppenübungsplatzes sei der Bienenstand, der schwer sichtbar gewesen sei, nicht eingetragen worden. Um den Bienenstand sei kein Zaun errichtet, auch sei den Truppen nicht verboten worden, an die Bienenstände heranzufahren.

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Der Kläger hätte dem Beklagten davon Kenntnis geben müssen, daß gerade der Teil des Platzes, auf dem der Bienenstand angesiedelt gewesen sei, zu militärischen Zwecken verwendet werden sollte. Diese Rüge der Revision ist begründet und muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an da9 Berufungsgericht führen. Wenn das Berufungsgericht die Vereinbarung der Parteien vom 7. August 1919 dahin auslegen will, daß hiernach der Kläger sich von jeder Haftung dem Beklagten gegenüber habe freistellen wollen und daß es allein dem Beklagten habe obliegen sollen, alle diejenigen Maßnahmen zu treffen, weche eine zweckentsprechende Benutzung des Bienenstandes gewährleisteten und Störungen fernhielten, so ist diese Auslegung des Vertrags nicht schlüssig und unterliegt rechtlichen Bedenken. Insbesondere läßt sich aus der Bestimmung des § 1 der Vereinbarung, wonach die Genehmigung, einen behelfsmäßigen Bienenstand aufzubauen und ihn „zweckentsprechend zu benutzen", erteilt worden ist, nicht entnehmen, daß lediglich der Beklagte für die Fernhaltung von Störungen verantwortlich sein sollte und der Kläger hierfür keine Verantwortung übernehmen wollte. Eine solche Auslegung tut der Bestimmung des § 1 der Vereinbarung Gewalt an und will weitgehende Folgerungen aus ihr ziehen, zu denen sie keinen begründeten Anlaß gibt. Ist hiernach dieser Vereinbarung keine Freistellung des Klägers von jeder Haftung und Verpflichtung gegenüber dem Beklagten zu entnehmen, so erhebt sich die Frage, ob sich nicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben die Verpflichtung des Klägers ergibt, alles Notwendige zur Abwendung von Gefahren zu tun, die sich aus dem von ihm genehmigten Bienenstand für Truppen und ihre Pferde ergeben. Diese Frage, die das Berufungsgericht nicht erörtert hat, ist zu bejahen. Wenn der Kläger dem Beklagten die Genehmigung erteilte, auf dem Truppenübungsplatz einen behelfsmäßigen Bienenstand aufzubauen und ihn zweckentsprechend zu benutzen, so übernahm er damit angesichts der Gefahren, die ein Bienenstand erfahrungsgemäß mit sich bringt, nach Treu und Glauben auch die Verpflichtung, seinerseits die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Störungen und Beeinträchtigungen von den Truppen und den von ihnen benutzten Tieren nach Möglichkeit fernzuhalten und jedenfalls eine allzugroße, stets gefahrbringende Annäherung an den Stand zu verhüten. Maßnahmen in dieser Richtung hat er aber überhaupt nicht ergriffen. Was im einzelnen erforderlich gewesen wäre, braucht hier nicht erörtert zu werden. Die Unterlassung jeglicher Anordnungen zur Verhinderung von Störungen des Bienenstandes war angesichts der auch der Lagerkommandantur bekannten, mit der Aufstellung von Bienenständen verbundenen Gefahren schuldhaft. Dieses Verschulden ist mit ursächlich für den Unfall gewesen.

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D a s Berufungsgericht wird daher bei der nochmaligen Entscheidung der S a c h e dieses mitwirkende Verschulden der Lagerkommandantur gemäß § 254 B G B . zu berücksichtigen und demgemäß eine entsprechend« Abwägung vorzunehmen haben.

RGZ. 159, 21 Ist bei der Berechnung des Arbeitseinkommens, nach dessen Höhe sich in den Fällen des § 844 Abs. 2 BGB. and des § 10 Abs. 2 KFG. das Maß der Unterhaltspflicht des Getöteten bemessen haben würde, der Betrag der sozialen Abgaben von dem mutmaßlichen Einkommen abzuziehen? 2. Wie ist das Maß des Unterhalts, zu dessen Gewährung der Getötete verpflichtet gewesen wäre, für jeden Unterhaltsberechtigten zu ermitteln? VI. Ζ i V i 1 s e η a t.

Urt. v. 30. November 1938.

I. Landgericht Krefeld-Uerdingen.

II. Oberlandesgericht Düsseldorf.

A m 13. J u l i 1936 wurde J . H., der Ehemann der Erstklägerin und V a t e r der Zweitklägerin, als er auf seinem F a h r r a d e durch die K . e r S t r a ß e in K. fuhr, von einem in derselben Richtung fahrenden Lieferkraftwagen, dessen Führer der Erstbeklagte und dessen Halterin die Rechtsvorgängerin der zweitbeklagten F i r m a war, so schwer •erletzt, daß er kurz darauf starb. Das Berufungsgericht sieht als erwiesen an, daß der Erstbeklagte den Unfall schuldhaft herbeigeführt hat. Die Klägerinnen nehmen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat unter Abweisung weitergehender Ansprüche durch Teilurteil die B e k l a g t e n als Gesamtschuldner verurteilt, vom 1. J u l i 1937 ab der Erstklägerin bis zum 31. Mai 1957 eine Unterhaltsrente von monatlich 9 0 R M . und der Zweitklägerin bis zum 30. J u n i 1940 eine solche von monatlich 3 5 R M . zu zahlen, und hat (estgestellt, daß die Beklagten als G e samtschuldner verpflichtet seien, den Klägerinnen allen weiteren ihnen aus dem Unfall entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Durch Schlußurteil hat es den Klägerinnen 213,90 R M . Beerdigungskosten und Sachschaden zuerkannt. Mit der Berufung haben die Klägerinnen u. a. die Erhöhung der R e n t e n verfolgt. Die B e k l a g t e n haben sich der Berufung angeschlossen mit dem Antrage, die Klägerinnen mit ihren Rentenansprüchen abzuweisen, soweit der Erstklägerin mehr als 50 R M . monatlich und der Zweitklägerin mehr als 20 R M . monatlich zuerkannt worden sind, und die Feststellungsk l a g e ganz abzuweisen. Das Berufungsgericht hat die Anschlußberufung der B e k l a g t e n zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerinnen unter ihrer Zurückweisung im übrigen die Beklagten als Gesamtschuldner u. a.

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verurteilt, an die Erstklägerin vom 1. Juli 1937 ab bis zum 31. Mai 1957 eine monatliche Unterhaltsrente von 100 RM. und an die Zweitklägerin vom 1. Juli 1937 bis zum 30. J u n i 1940 eine monatliche Unterhaltsrente von 50 RM. zu bezahlen. F e r n e r hat es festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, der Zweitklägerin allen weiteren ihr aus dem tödlichen Unfall ihres Vaters entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und den Feststellungsanspruch der Erstklägerin für erledigt erklärt. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung wegen der Höhe der Unterhaltsrenten. Aus den G r ü n d e n : . . . Die Revision rügt mit Grund, daß das Berufungsgericht nicht das Durchschnittseinkommen um den Betrag der sozialen Abgaben, die der Getötete hätte zahlen müssen, gekürzt hat, da diese Abgaben den für den Unterhalt der Familie verfügbaren Betrag vermindert haben würden. Inwieweit diese Kürzung dadurch ausgeglichen wird, daß, wenn der Getötete die sozialen Abgaben bezahlt hätte, die dafür erworbenen Sozialrechte, insbesondere die Krankenversicherung, auch den Klägerinnen zugute gekommen wären, während sie diese Rechte jetzt nicht haben, wird das Berufungsgericht prüfen müssen. Denn die Leistungen der Sozialversicherung, die der Getötete seinen Familienmitgliedern durch seine versicherungspflichtige Tätigkeit verschafft haben würde, bilden einen Teil des gesamten Lebensunterhalts, zu dessen Gewährung er verpflichtet gewesen w ä r e und für dessen Verlust die Beklagten den Klägerinnen haften. W e i t e r rügt die Revision mit Recht eine Verletzung der Vorschrift des § 844 BGB. Und in derselben Weise wie diese Vorschrift ist auch die mit ihr in den in Betracht kommenden Teilen wörtlich übereinstimmende Vorschrift des § 10 Abs. 2 KFG. verletzt worden. Schon das Landgericht, welches das mutmaßliche Einkommen des Getöteten auf 170 RM. im Monat angenommen hatte, hat die Höhe der den Klägerinnen nach § 844 Abs. 2 BGB. wie auch nach § 10 Abs. 2 KFG. zuzubilligenden Renten in der Weise errechnet, daß es lediglich von den 170 RM. den ,,für den Unterhalt des Verstorbenen selbst erforderlichen Betrag in einer Mindesthöhe von 45 RM. monatlich" abgezogen und die übrig bleibenden 125 RM. auf die beiden Klägerinnen verteilt hat. Ebenso v e r f ä h r t das Berufungsgericht, indem es von dem auf 225 RM. monatlich geschätzten Durchschnittseinkommen „für den eigenen Bedarf des Getöteten einen nach Lage der Umstände angemessenen Betrag von monatlich 75 RM." abzieht und den verbleibenden Rest auf die beiden Klägerinnen verteilt. Der Anspruch, den die Klägerinnen aus den angeführten Bestimmungen herleiten können, beschränkt sich auf die Geldbeträge, die erforderlich sind für einen Unterhalt, wie ihn zu gewähren d e r Ge-

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tötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens ihnen gegenüber v e r p f l i c h t e t gewesen sein würde. Das Berufungsgericht muß also unter Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden Falles die Frage prüfen und entscheiden, welohe Beträge für einen diesem Maß entsprechenden Unterhalt erforderlich sind. Die bisherigen Ausführungen des Berufungsgerichts erwecken ebenso wie die des Landgerichts den Verdacht, daß das Berufungsgericht ohne Prüfung der Frage, ob der Getötete den ganzen mutmaßlichen Verdienst für den gemeinsamen Unterhalt zu verwenden verpflichtet gewesen wäre, nur von dem gesamten Verdienst den Betrag abgezogen hat, der auf die rein persönlichen Bedürfnisse des Getöteten wie insbesondere Kleidung, Genußmittel, Vergnügungen und wohl auch einen entsprechenden Anteil an den Kosten für Lebensmittel entfallen sein würde. Das Berufungsgericht wird bei der gebotenen erneuten Prüfung beachten müssen, daß ζ. B. die Kosten einer Mietwohnung für die Witwe und eine noch nicht 16 J a h r e alte Tochter und erst recht (für die Zeit nach dem 30. Juni 1940) die Kosten einer Mietwohnung für eine Witwe allein geringer zu sein pflegen als für ein Ehepaar mit einer Tochter. Andererseits wird aber auch die Erfahrungstatsache zu beachten sein, daß ein nicht unerheblicher Teil der für den gemeinschaftlichen Haushalt erforderlichen Aufwendungen sich zum Teil gar nicht, zum Teil nur wenig verringert, wenn nach dem Fortfall des Mannes die Witwe eine Lebenshaltung entsprechend derjenigen fortsetzt, die ihr Mann in der Ehe zu gewähren verpflichtet war; denn das Maß des Unterhalts, zu dessen Gewährung der Getötete verpflichtet gewesen sein würde, richtet sich nicht nach dem, was er im Falle eines Getrenntlebens seiner Frau hätte gewähren können und müssen, sondern nach dem, was er bei einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft der Frau zu gewähren gehabt haben würde. Die bei den Akten befindlichen ärztlichen Bescheinigungen über ein Hüftleiden der Zweitklägerin geben Anlaß, darauf hinzuweisen, daß auch die Notwendigkeit von Aufwendungen für die kranke Tochter, soweit sie über die oben erörterten Leistungen der Sozialversicherung hinausgehen, be; der Bemessung dessen, was der Getötete den Klägerinnen zu gewähren verpflichtet gewesen sein würde, ins Gewicht fallen können. Denn solche Aufwendungen hätten ihn verpflichten und berechtigen können, seine eigene Lebenshaltung und die der Ehefrau einzuschränken, um die höheren Aufwendungen für die Tochter leisten zu können. Bei der Bemessung der der Witwe zustehenden Rente wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch die Frage prüfen müssen, ob nicht von dem Zeitpunkt ab, in welchem die Tochter ihren Lebensunterhalt selbst zu erwerben imstande sein wird, dem Getöteten für sich und seine Ehefrau allein ein größerer Betrag als vorher zur Be-

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streitung des gemeinsamen Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden und das Maß des Unterhalts, auf den die Ehefrau Anspruch gehabt hätte, sich erhöht haben würde. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß einer entsprechend höheren Bemessung der der Erstklägerin nach dem 30. Juni 1940 (Beginn der Erwerbsfähigkeit der Zweitklägerin) zu gewährenden Rente der Umstand nicht entgegenzustehen braucht, -daß — entsprechend der im Urteil getroffenen Feststellung — die Verpflichtung der Beklagten, der Zweitklägerin für den verlorenen Unterhaltsanspruch Schadensersatz zu leisten, sich möglicherweise über den 30. Juni 1940 hinaus erstrecken wird. In solchem Falle würde den Beklagten die Möglichkeit offenstehen, wenn sie für die Dauer einer nach dem genannten Zeitpunkt liegenden Unterhaltsbedürftigkeit der Tochter (worunter auch die Kosten einer Heilbehandlung fallen könnten) in Anspruch genommen werden sollten, nach § 323 ZPO. eine entsprechende Herabsetzung der der Mutter zugesprochenen Rente zu verlangen. RGZ. 160, 255 Gehören die Kosten für die Erhaltung und Pflege einer Grabstätte zu den Kosten der Beerdigung im Sinne des § 844 BGB.? VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Köln.

Urt. v. 13. Mai 1939.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Die Frage ist verneint worden aus folgenden Gründen: . . . Mit Recht wendet sich die Revision dagegen, daß d u Berufungsgericht der Zweitklägerin (der Witwe des Getöteten) die Kosten der Grabunterhaltung (in Form einer jährlichen Rente) zuerkannt hat. Sie kann sich dafür zwar nicht auf die von ihr angeführte Entscheidung RGZ. Bd. 139 S. 393 berufen, in der unter Hinweis darauf, daß die „Beerdigung" in den §§ 844, 1968 BGB. nicht im engsten Wortsinne zu verstehen sei, die Aufwendungen für ein Grabmal als zu den Beerdigungskosten gehörig angesehen werden. Im Ergebnis ist ihrer Auffassung jedoch beizutreten. Allerdings umfaßt die im § 844 Abs. 1 BGB. geregelte Erstattungspflicht, wie das bereits in der erwähnten Entscheidung ausgesprochen ist, die Kosten der Beerdigung in dem durch § 1968 BGB. grundsätzlich bestimmten Umfang, also die Kosten der standesmäßigen Beerdigung; dabei bleibt es Sache der Beurteilung des Einzelfalles, was nach der Lebensstellung des Verstorbenen, nach den in seinen Kreisen herrschenden Gebräuchen und nach dem Herkommen zu einer würdigen Bestattung gehört. Aber es handelt sich in beiden Bestimmungen immer nur um die Kosten der Beerdigung, also des

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Bestattungsaktes selbst, der seinen Abschluß mit der Herrichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte findet. Mit der Schaffung einer solchen Grabstätte ist die Verpflichtung des Erben erledigt; auf den Umfang der Kosten, die zur Herstellung dieses Zustandes erforderlich sind, beschränkt sich auch die Ersatzpflicht des § 844 Abs. 1 BGB. Die Kosten der Instandhaltung der Grabstätte oder des Grabmals gehören nicht mehr zu den Kosten der Beerdigung, die regelmäßig bereits ihr Ende gefunden hat, lange bevor die Instandhaltung notwendig geworden ist. Zur Aufwendung dieser Kosten ist der Erbe rechtlich nicht mehr verpflichtet; insoweit kann nur noch eine sittliche Pflicht derjenigen in Frage kommen, die dem Erblasser menschlich am nächsten gestanden haben, aber nicht mehr eine Rechtspflicht des Erben als solchen. Ebensowenig braucht der Ersatzpflichtige diese Kosten nach § 844 Abs. 1 BGB. zu ersetzen. Diese Auffassung findet sich überwiegend auch im Schrifttum vertreten (vgl. die Erläuterungsbücher von S t a u d i n g e r Bern. 3 Abs. 3 zu § 1968 und von P l a n c k Bern. 2 d zu § 1968). Die gegenteilige Meinung, die im R G R K o m m . z. BGB. Bern. 2 zu § 1968 (nicht auch bei §§ 844 und 1615) dahin vertreten wird, daQ die Standesmäßigkeit auch die Instandhaltung des Grabes und des Grabdenkmals in sich begreife, beruft sich dafür zu Unrecht auf Planck und auf RGZ. Bd. 139 S. 394. Das Berufungsgericht hat hiernach der Zweitklägerin die Kosten eines Grabsteins mit Recht zuerkannt, die Kosten der Grabunterhaltung aber zu Unrecht zugesprochen. Auf diese hat sie keinen Anspruch; sie müssen ihr aberkannt werden . . . RGZ. 160, 349f 1. . . .*) 2. Können Ansprüche ans einem früheren Vertragsverhältnia mit der Begründung hergeleitet werden, daß die Berufung anf die Vereinbarungen über die Abwicklung dieses Vertragsrerhältnisses sich als eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 826 BGB. darstelle, weil nachträglich Umstände eingetreten seien, die sich mit diesen Vereinbarungen nicht vertrügen? BGB. § 826. III. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 24. März 1939. I. Landgericht Königsberg.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Aus den G r ü n d e n : Mit Recht wird . . . vom Beklagten gerügt, daß das Berufungsgericht in der Berufung auf den Erlaßvertrag gegenüber der Dar*} geringere Bedeutung.

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lehnsforderung eine unzulässige Rechtsausübung gesehen hat; denn diese Annahme steht mit den von der Rechtsprechung über den Einwand der allgemeinen Arglist aufgestellten Grundsätzen nicht in Einklang. Dieser Einwand beruht entweder auf § 242 oder auf § 826 BGB. (vgl. RGZ. Bd. 156 S. 70 [ 7 7 ] ; G a d o w in Iherings J a h r büchern 1934 S. 174 flg. und S i e b e r t Verwirkung und Unzulässigk e i t der Rechtsausübung S. 106 flg.). Der aus § 242 BGB. herzuleitende sogenannte Einwand der unrichtigen Rechtsausübung (RGZ. Bd. 152 S. 403, Bd. 153 S. 356 [358]) setzt voraus, daß noch irgendw e l c h e Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien bestehen (RGZ. Bd. 156 S. 77), die gegenseitige Rechte und Pflichten begründen, so daß unter Umständen die Geltendmachung eines Rechts mit der nach Treu und Glauben zu fordernden Rücksichtnahme auf die Belange der anderen Partei unvereinbar sein kann, e t w a weil der Berechtigte bereits früher seine Treupflicht verletzt und damit die Grundlage der Beziehungen erschüttert hat (RGZ. Bd. 157 S. 67 [ 7 5 ] ) oder die Geltendmachung dieses Rechts selbst einen Verstoß gegen die Treupflicht bedeutet (RGZ. Bd. 146 S. 385 [396], Bd. 158 S. 166 [175]). Daneben hat das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung (RGZ. Bd. 146 S. 376, Bd. 152 S. 403, Bd. 153 S. 356. Bd. 156 S. 77) anerkannt, daß die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Vertrag, insbesondere einem Vergleich oder einem Anerkenntnisse, bei dem beide Vertragsteile übereinstimmend von einer irrigen Geschäftsgrundlage ausgegangen sind, gegen Treu und Glauben verstoßen und unrichtige Ausübung eines Rechts darstellen kann. Dagegen ist nach feststehender Rechtsprechung (vgl. RGUrt. vom 7. November 1933 VII 168'33 in W a r n R s p r . 1935 Nr. 191 mit Nachweisungen und RGZ. Bd. 158 S. 166 [175]) der Wegfall oder die Aenderung der Geschäftsgrundlage w i e die Aenderung der wirtschaftlichen Verhältnisse für sich allein kein Grund zur Aufhebung des Vertrags und deshalb dem Gegner nicht versagt, sich auf den Vertrag zu berufen. Auch besteht keine allgemeine sittliche Verpflichtung, die Ausübung eines Rechts zu unterlassen, wenn sie den anderen schädigt (RGZ. Bd. 138 S. 373 [376]). Vielmehr müssen noch besondere, in der Person des Handelnden liegende Umstände hinzukommen, welche die Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen die guten Sitten, als unzulässige Rechtsausübung erscheinen lassen. Unzulässige Rechtsausübung hat die Rechtsprechung insbesondere angenommen, wenn die Geltendmachung des Rechts mit dem früheren Verhalten unvereinbar ist, so wenn der Schuldner den Gläubiger veranlaßt hat, die Verjährung nicht zu unterbrechen (RGZ. Bd. 144 S. 378 [381] mit Nachweisungen), oder wenn er sich durch e i g e n e s gesetz- oder pflichtwidriges Verhalten den Rechtsbehelf geschaffen hat, aus dem der Anspruch hergeleitet w i r d (RGZ. Bd. 152 S. 147 [150] mit Nachweisungen, B d . 153 S. 59 [61]). Auch die

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Ausnutzung eines Urteils ist unzulässig· wenn es erschlichen oder seine Unrichtigkeit der Partei genau bekannt ist (RGZ. Bd. 155 S. 55 [59, 60]), nicht aber schon, wenn die Partei nur Zweifel an der Richtigkeit hat (RGZ. Bd. 156 S. 70 [78]). Dagegen ist, soweit ersichtlich, vom Reichsgericht noch in keinem Falle die Berufung auf einen früher geschlossenen und bereits abgewickelten Vertrag als unzulässige Rechtsausübung, als Verstoß gegen die guten Sitten angesehen worden, wenn n a c h t r ä g l i c h Umstände eingetreten sind, die mit dem früheren Vertrage nicht vereinbar sind. . . . RGZ. 162, 65 l. . . . 2. Ist der Nachteil, der einem Schuldner dadurch erwachsen ist, daB eine von ihm beabsichtigte, sachlich aussichtslose Berufung durch ein Versehen seines Anwalts nicht ordnungmäßig eingelegt wurde und infolgedessen das gegen den Schuldner ergangene Urteil alsbald vollstreckt werden konnte, als ein „Schaden" im Rechtssinne anzusehen? BGB. §§ 226, 826. VIII. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 26. Oktober 1939.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Verfahrensrecht, Zivilprozeßordnung". RGZ. 162, 116 Wonach entscheidet sich, ob Dienste, die ein dem elterlichen Hausstand angehörendes und von den Eltern erzogenes oder unterhaltenes Kind den Eltern leistet, zu den Diensten gehören, die es kraft Gesetzes den Eltern zu leisten verpflichtet ist? Kommt es dabei auf die Art der Dienste — insbesondere nicht höhere Art — oder darauf an, ob sie in den Rahmen des Hauswesens oder Geschäfts der Eltern fallen? BGB. §§ 845, 1617. VI. Z i v i l s e n a t . Die Entscheidung Familienrecht".

Urt. v. 8. November 1939.

ist abgedruckt

unter

„Bürgerliches

Recht,

RGZ. 162, 202 1. Unter welchen Voraussetzungen ist der Rendant einer Sparkasse ihr verfassungsmäßig berufener besonderer Vertreter? 2. Zur Frage des ursächlichen Zusammenhangs? 3. Wann beginnt die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus unerlaubter Handlung?

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4. Kommt gegenüber vorsätzlichem Handeln des Schädigers Fahrlässigkeit des Geschädigten in Betracht? BGB. §§ 30, 31, 249, 254, 826, 852. VI. Ζ i ν i 1 s e η a t. Urt. v. 6. Dezember 1939. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Allgemeiner Teil".

Recht,

RGZ. 163, 21 1. Verletzt der Hersteller oder Verkäufer eines Kraftwagens eine allgemeine Verkehrspflicht, wenn er ein infolge Konstruktionsfehlers nicht verkehrssicheres Fahrzeug in den Verkehr gibt? Welche Pflichten hat er, wenn er die Gefahr später erkennt? 2. Wie verhält sich die Beweisführung auf Grund des ersten Anscheins zur Beweisführung durch Anzeichen? 3. Zum Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters" Im Sinne des § 31 BGB. bei den Kapitalgesellschaften des Handelsrechts. 4. Zum Umfange der Haftung einer nicht unmittelbar verkaufenden Herstellerfirma aus einem von ihr ausgestellten Gewährschein. 5. Ueber die Voraussetzungen der Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB. bei Beeinträchtigung eines Gewerbebetriebs durch schuldhaftes Verhalten. 6. Inwieweit ist die Bestimmung, nach der Kraftfahrzeuge verkehrssicher gebaut, eingerichtet und ausgerüstet sein müssen, als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. anzusehen? 7. Steht dem zu Unrecht als Schuldner in Anspruch Genommenen, der Leistungen bewirkt hat, ein Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB. gegen den wirklichen Schuldner zu? BGB. §§ 31, 426, 823, 826. Verordnung über den Kraftfahrzeugverkehr vom 16. März 1928 (RG©1. I S. 91) — KFVO. — § 3·). II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Berlin.

Urt. v. 17. Januar 1940. II. Kammergericht daselbst.

Der Erstkläger war früher Kraftdroschkenbesitzer und bei der Zweitklägerin gegen Haftpflicht bis zum Betrage von 25 000 RM. versichert. Er kaufte am 16. April 1929 eine Kraftdroschke der Marke Η. E. (Type 1928, 10/45 PS) nach Verhandlungen mit einer Vertriebsfirma für solche Wagen. Diese Firma hatte den Wagen von der Beklagten, einer Gesellschaft mbH., bezogen, und diese wiederum hatte die von ihr gelieferten Fahrzeuge in Deutschland *) Vgl. jetzt § 30 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung v. 13. Nov. 1937 — RGBl. I S. 1215.

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unter Verwendung von Fahrgestellen zusammengesetzt, die sie von der H. E. M. C. Company in Amerika bezieht. Unter dem 26. April 1929 stellte die Beklagte für den Erstkläger einen Gewährschein über den Wagen aus, wonach sie, unter Ausschluß jeder Haftung für alle aus Materialschäden etwa entstehenden Unfälle, Beschädigungen oder Verletzungen, eine Gewähr für einwandfreies Material und fehlerfreie Arbeit auf die Dauer von 12 Monaten nach Lieferung übernahm. Am 21. April 1930 hatte der bei dem Erstkläger tätige Fahrer Ho. dadurch einen Unfall, daß der Wagen auf zwei vor einer Kreuzung haltende Kraftfahrzeuge auffuhr; der Insasse des Wagens He. wurde hierbei erheblich verletzt. He. machte Schadensersatzansprüche gegen den Erstkläger und den Fahrer Ho. geltend und erwirkte mehrere einstweilige Verfügungen gegen sie. Im Hauptprozeß wurden sie im ersten Rechtsgang auch verurteilt; im Berufungsverfahren wurde aber die Klage des He. gegen den jetzigen Erstkläger, soweit die Sache dort anhängig war, abgewiesen, nachdem der Sachverständige K. in einem Gutachten vom 2. Oktober 1933 zu dem Ergebnis gekommen war, der Unfall sei auf einen für den Kraftfahrzeughalter und -fahrer nicht erkennbaren Konstruktionsfehler der Bremsvorrichtung zurückzuführen und von den damaligen Beklagten daher nicht verschuldet. Auf Grund -der von He. erwirkten einstweiligen Verfügungen hatte die Zweitklägerin inzwischen entsprechend dem Versicherungsverträge für den Erstkläger Zahlungen bis zur Höhe des Versicherungsbetrags von 25 000 RM. an He. geleistet. Darüber hinaus sind auch dem Erstkläger persönlich durch den Rechtsstreit mit He. Kosten in Höhe von angeblich mehr als 3000 RM. entstanden. Auch hat er angeblich durch seine zur sachgemäßen Rechtsverteidigung erforderlichen Bemühungen, den Konstruktionsfehler aufzudecken, erhebliche Aufwendungen und Auslagen gehabt. Die Kläger behaupten, ihre Erstattungsansprüche gegen He. ließen sich nicht verwirklichen, weil dieser zahlungsunfähig sei. Endlich behauptet der Erstkläger, die Vollstreckungsmaßnahmen des He., die Aufwendungen für den Rechtsstreit und die Ablenkung durch seine Bemühungen, den Konstruktionsfehler aufzudecken, hätten seinen Gewerbebetrieb zum Erliegen gebracht; er beziffert seinen Gesamtschaden auf annähernd 40000 RM. Die Kläger machen für ihren Schaden aus verschiedenen, unten im einzelnen dargelegten Rechtsgründen die Beklagte verantwortlich. Der Erstkläger hat von seinem Gesamtschaden einen Teilbetrag von 6500 RM. nebst Zinsen, die Zweitklägerin einen Teilbetrag von 6100 RM. nebst Zinsen eingeklagt. Die Kläger führen den Unfall auf ein Versagen der Bremsen infolge eines Konstruktionsfehlers zurück. Es handelt sich um die P.-B.-Dreibacken-Servo-Bremse des H.-E.-Wagens 10/45 PS, die als Vierradbremse auf die Innenbacken der Räder wirkt. Hierbei wird

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durch die Betätigung der Fußbremse und deren Einwirkung auf ein Bremsgestänge der Bremsnocken eines jeden der vier Räder gedreht. Da dieser Bremsnocken eine längliche Form hat, werden durch seine Drehung die seitlich anliegenden, auf Rollen drehbar angebrachten Bremsbacken auseLnandergespreizt und mit ihrem rauhen Bremsbelag gegen die mit dem Rade fest verbundene Bremstrommel gepreßt. Sobald die Fußbremse wieder losgelassen wird, zieht eine Feder die Bremsbacken in ihre Ruhestellung zurück. Nach der Darstellung der Kläger besteht der angebliche Konstruktionsfehler darin, daß der Bremsnocken in Ermangelung eines Anschlags oder sonstigen Widerstandes sich zu weit drehen läßt, sobald der Bremsbelag auch nur einigermaßen abgenutzt ist. Dadurch werde er — so behaupten sie — zunächst in Spreizstellung gegen die Bremsbacken gepreßt und bewirke so, da die Feder die Bremsbacken nicht mehr zurückholen könne, ein Blockieren des Rades. Darüber hinaus bestehe aber auch die Gefahr, daß der Bremsnocken überspringe und daß dann die Bremswirkung, und zwar auch die der Handbremse, völlig aufgehoben sei. Den Unfall führen die Kläger darauf zurück, daß plötzlich, obwohl die Bremse bis dahin einwandfrei gearbeitet habe, das eine Hinterrad auf die angegebene Weise blockiert worden und die Bremsnocken der drei anderen Räder übergesprungen seien, so daß keine ausreichende Bremswirkung habe erzielt werden können. Hierfür machen sie die Beklagte verantwortlich, indem sie behaupten, bereits vor dem Verkaufe, jedenfalls vor dem Unfall, seien zahlreiche Beschwerden anderer Käufer solcher Wagen wegen ähnlicher Vorkommnisse zur Kenntnis der Beklagten gelangt, und sie habe dadurch die Betriebsgefährlichkeit der Bremseinrichtung erkannt, zum mindesten bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen müssen. Die Kenntnis der Beklagten ergebe sich insbesondere daraus, daß sie Versuche mit einer aufgeschnittenen Bremstrommel vorgenommen habe, um die Wirkung der Bremsen besser beobachten zu können, und daß sie ferner verschiedentlich auf Beschwerden einzelner Käufer größere Rollen an den um den Bremsnocken gelagerten beiden Bremsbacken eingebaut habe, um so ein Ueberspringen des Nockens zu verhindern. Bereits im April 1929 habe sie ein neues Muster 10/50 P S auf den Markt gebracht, das ein Ueberspringen des Bremsnockens vollkommen ausschließe. Der Erstkläger hat seinen Ersatzanspruch auf folgende Klagegründe gestützt: 1. auf Kaufvertrag in Verbindung mit positiver Vertragsverletzung, indem er behauptet, die Vertriebsfirma habe den Wagen in Vertretung der Beklagten an ihn verkauft; dies ergebe auch die Ausstellung des Gewährscheins; 2. auf Gewährvertrag in Verbindung mit positiver Vertragsverletzung;

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3. auf § 823 Abs. 1 BGB., weil er infolge der von der Beklagten verschuldeten Unfalls seines Gewerbebetriebes verlustig gegangen sei; 4. auf § 823 Abs. 2 BGB. i. Verb, mit § 4 Nr. 2 KFVO., wonach jedes Fahrzeug mit zwei in ihrer Wirkung voneinander unabhängigen Bremseinrichtungen zu versehen ist, von denen jede auf die Räder verschiedener Achsen gleichzeitig einwirkt, und wonach ferner jede Bremseinrichtung für sich geeignet sein muß, das Fahrzeug auf kürzeste Entfernung zum Stehen zu bringen; 5. auf § 826 BGB., weil die Beklagte den Wagen in Kenntnis der vorhandenen Bremsmängel und der sich daraus ergebenden Betriebsgefahren weiterverkauft habe. Die Zweitklägerin, die zunächst eine selbständige Klage erhoben hatte, deren Rechtsstreit aber im Berufungsverfahren mit dem des Erstklägers verbunden worden ist, hat ihren Anspruch gestützt: 1. als Rechtsnachfolgerin des Erstklägers gemäß § 67 VYG. in Höhe ihrer für diesen an He. bewirkten Ersatzleistung auf die gleichen Rechtsgründe, die der Erstkläger für sich geltend gemacht hat; 2. auf die angeblich von der Beklagten gegenüber He. begangene unerlaubte Handlung i. Verb, mit § 426 BGB., wonach die Beklagte ihr gegenüber ausgleichspflichtig sei, weil sie neben ihr für die auf Grund der einstweiligen Verfügungen an He. geleisteten Beträge als Gesamtschuldnerin aufzukommen und als die allein Schuldige im Innenverhältnis den vollen Schaden zu tragen habe; 3. auf ungerechtfertigte Bereicherung, weil sie durch ihre Leistung an He. die Beklagte ohne Rechtsgrund von deren Ersatzpflicht befreit habe. Die Beklagte hat sowohl den Konstruktionsfehler selbst als auch ihre Kenntnis von diesem sowie jedes Verschulden in Abrede gestellt. Sie hat ferner bestritten, daß die Vertriebsfirma bei dem Verkaufe des Wagens nur als ihre Vertreterin gehandelt habe. Eine Haftung aus dem Gewährvertrag erachtet sie nach dem Inhalte des Gewährscheins für ausgeschlossen. Außerdem hält sie die Schadensersatzansprüche auch wegen fehlenden ursächlichen Zusammenhanges für unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Schadensersatzanspruch des Erstklägers im wesentlichen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Antrage der Zweitklägerin in vollem Umfange stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : I. Das Berufungsgericht stellt zunächst in tatsächlicher Hinsicht auf Grund des Beweisergebnisses fest, daß die Bremseinrichtung des Unfallwagens mit dem von den Klägern behaupteten KonstruktionsΖίτίΙι. Sckoldrechl 1 ·

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fehler behaftet gewesen und der Unfall vom 21. April 1930 hierauf allein zurückzuführen sei. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. (Wird näher ausgeführt.) II. Das Berufungsgericht lehnt die Haftung der Beklagten aus Kaufvertrag und Gewährvertrag sowie auf unerlaubter Handlung gemäß § 823 A b s . 1 und 2 B G B . ab und gelangt zu einer Verurteilung der Beklagten nur auf Grund des § 8 2 6 B G B . Hierbei geht es davon aus, daß es einen V e r s t o ß gegen die guten Sitten bedeuten würde, wenn die B e k l a g t e in Kenntnis des Konstruktionsfehlers, aue dem sich bei der Benutzung des Wagens nicht nur für die Insassen, sondern auch für den S t r a ß e n v e r k e h r die größten Gefahren ergäben, den Verkauf der H.-E.-Type 1928, 10/45 P S , weiter zugelassen und auch noch den Gewährschein ausgestellt habe, ja sogar schon, wenn sie nach Erlangung der Kenntnis nicht alsbald für eine Abstellung des Mangels bei den bereits im V e r k e h r befindlichen Wagen gesorgt habe. Deshalb kommt es nach der Meinung des Berufungsgerichts nur darauf an, ob die B e k l a g t e rechtzeitig vor dem Unfall vom 21. April 1930 Kenntnis von dem Konstruktionsfehler und von der sich aus ihm ergebenden Gefährdung erlangt hat. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, wird auch von der R e vision nicht angegriffen. In der T a t verletzt derjenige, der ein im Sinne des § 3 K F V O . nicht verkehrssicheres Kraftfahrzeug, sei es als Hersteller, sei es als Verkäufer, in den V e r k e h r bringt, eine allgemeine Rechtspflicht, da er hierdurch eine Gefahr für den V e r k e h r setzt. E r haftet deshalb im Rahmen der §§ 823, 826 B G B . für die hierdurch verursachten Schäden. Voraussetzung hierfür ist, daß es sich um eine wirklich wesentliche Gefährdung von Menschen oder Sachen, nicht etwa nur um die Möglichkeit von Verbesserungen handelt, die an einem an sich ordnungsmäßigen Wagen noch vorgenommen werden könnten. Eine solche wesentliche Gefährdung liegt auf alle F ä l l e vor, wenn, wie hier, infolge eines Konstruktionsfehlers die Bremsvorrichtung nicht zuverlässig wirkt. Inwieweit der B e treffende sich hierbei auf eine für das Kraftfahrzeug erteilte Typenbescheinigung verlassen kann, bedarf im vorliegenden Falle, wo die Haftung auf § 826 B G B . gestützt ist, keiner Prüfung. Jedenfalls handelt er rechts- und sittenwidrig, wenn er das Fahrzeug in den Verkehr gibt, obwohl ihm ein seine Verkehrssicherheit in der angegebenen W e i s e erheblich beeinträchtigender F e h l e r und zugleich auch die darauf beruhende Gefahr für die Allgemeinheit bekannt ist. Aber auch dann, wenn er von einem Fehler dieser Art, den das Fahrzeug zur Zeit des Inverkehrbringens gehabt hat, nachträglich erfährt, ist er verpflichtet, der dadurch von ihm gesetzten Gefahr nach Kräften zu steuern. W e r , wenn auch vielleicht unwissend, eine Gefahr für den allgemeinen V e r k e h r gesetzt hat, muß, sobald er die Gefahr erkennt, alles tun, was ihm den Umständen nach zugemutet

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w e r d e n kann, um sie abzuwenden. Entzieht er sich dem und läßt er einer solchen Gefahr, nachdem er sie e r k a n n t hat, freien Lauf, so verstößt sein Verhalten ebenfalls gegen die der Allgemeinheit gegenüber bestehenden Pflichten und damit auch gegen die guten Sitten. Das Berufungsgericht gelangt zu der Feststellung, daß die Beklagte den Konstruktionsfehler und die sich daraus ergebende Gefahr für den allgemeinen Verkehr erkannt habe, indem es seine Ausführungen wiederholt auf den Beweis des ersten Anscheins stützt. 1. Die Revision macht demgegenüber mit Recht geltend, das Berufungsgericht wende die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins mit Unrecht und obendrein auch unrichtig an. Wie das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung hervorgehoben hat, stützt sich die Lehre vom Beweise des ersten Anscheins auf die Berücksichtigung von Erfahrungssätzen, so daß sie nur bei regelmäßigen (typischen) Geschehensabläufen a n w e n d b a r ist, d. h. dort, wo ein gewisser Tatbestand feststeht, der nach der Erfahrung des Lebens auf eine bestimmte Ursache hinweist, als welche auch ein schuldhaftes Verhalten in Betracht kommt. In diesen Fällen wird im allgemeinen dem, der einen vom gewöhnlichen Verlauf abweichenden Gang des Geschehens behauptet, die Beweislast für diesen zufallen. Eine Ausdehnung dieser Regel dahin, daß der Beweisführer nur einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit darzutun brauche und der Gegner eine sich daraus ergebende Vermutung zu widerlegen habe, ist aber selbst für Fälle dieser A r t stets abgelehnt worden (vgl. RGZ. Bd. 130 S. 359, Bd. 138 S. 201, Bd. 153 S. 137; J W . 1936 S. 3234 Nr. 4, 1937 S. 2665 Nr. 27). Ein regelmäßiger Geschehensablauf im Sinne der erwähnten Beweisregel liegt hier, wo es sich lediglich um das Erkennen einer gewissen Gefahr handelt, unzweifelhaft nicht vor. Es wird nicht aus einem solchen Geschehensablauf der zu einem bestimmten Erfolge geführt hat, auf eine bestimmte Ursache, als welche auch ein schuldhaftes Verhalten einer beteiligten Person in Betracht kommen kann, geschlossen. Vielmehr wird aus gewissen Umständen — nämlich aus Kundenbeschwerden über das Blockieren der Räder, aus der Beobachtung des Arbeitens der Bremsen durch eine aufgeschnittene Bremstrommel (seitens Angestellter der Beklagten) und aus der daraufhin erfogten Verwendung größerer Bremsrollen in einigen Fällen der Beanstandung, sowie aus dem Einbau einer besonderen Feder am Bremsgestänge einiger Wagen (wobei offen bleibt, w e r dies veranlaßt hat) — gefolgert, daß „die Beklagte" zunächst die zu hohe Spreizstellung des Bremsnockens als Ursache für das Blockieren der R ä d e r erkannt habe und auf diese Weise auch weiterhin sich sowohl der Gefahr des Ueberspringens des Bremsnockens als auch der sich daraus ergebenden Gefahr des völligen Versagens der Bremse im Verkehr und der Herbeiführung von Verkehrsunfällen mit solchen Wagen bewußt geworden sei. 17·

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E s wird also aus gewissen Anzeichen auf einen bestimmten Erfolg, und zwar auf einen inneren Vorgang geschlossen. In solchem Falle handelt es sich nicht um die besondere Art der Beweisführung auf Grund des ersten Anscheins, sondern um eine gewöhnliche Beweisführung durch Anzeichen (sog. Indizienbeweis). B e i dem gewöhnlichen B e w e i s e durch Anzeichen genügt aber erst recht nicht eine größere oder geringere Wahrscheinlichkeit, wie sie das Berufungsgericht für ausreichend zu erachten scheint, sondern es ist, um den B e w e i s als erbracht anzusehen, die volle richterliche Ueberzeugung erforderlich. Hierbei ist bei dem gewöhnlichen B e w e i s e durch Anzeichen sogar mit besonderer Vorsicht zu verfahren, damit die B e weisführung keine irgendwie beachtliche L ü c k e aufweist, während beim B e w e i s e des ersten Anscheins gewisse Lücken in der Feststellung des Geschehensablaufs im einzelnen durch Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungssätze über den regelmäßigen Verlauf ausgefüllt werden können. Ob das Berufungsgericht zu dem gleichen Ergebnis gelangt wäre, wenn es sich der Notwendigkeit der gewöhnlichen Beweisführung durch Anzeichen bewußt geworden wäre, ist nicht ersichtlich. (Wird näher ausgeführt.) 2. A b e r auch d i e Ausführungen sind rechtlich nicht haltbar, mit denen das Berufungsgericht — ebenfalls auf Grund unrichtiger Anwendung des B e w e i s e s des ersten Anscheins — zu der Feststellung gelangt, gerade die Organe der Beklagten, die im Sinne des § 31 B G B . zu ihrer Vertretung berufen sind, hätten nicht nur den Einbau der größeren Bremsrollen, sondern auch die Erwägungen gekannt, die nach seiner Meinung dazu geführt haben. E s ist verfehlt, wenn das Berufungsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 89 S. 136; WarnRspr. 1910 Nr. 189; J W . 1932 S. 2076 Nr. 9) als Belege dafür anführt, daß von den Klägern eine weitere Darlegung darüber nicht verlangt werden könne, bei welchem dieser Vertreter der B e k l a g t e n die sich aus dem Einbau der größeren Rollen ergebende Erkenntnismöglichkeit für das Ueberspringen der B r e m s n o c k e n vorhanden gewesen sei. Bei den angeführten Entscheidungen handelte es sich um eine Haftung für Fahrlässigkeit in Fällen mangelnder Verkehrssicherheit einer Straße, einer Bahn usw. Dort ließ bereits der verkehrswidrige Zustand nach dem insofern zulässigen B e w e i s e des ersten Anscheins den Schluß auf ein Verschulden der verantwortlichen Vertreter zu. In der Entscheidung W a r n R s p r . 1910 Nr. 189 wird sogar ausdrücklich vor einer Verallgemeinerung des Satzes gewarnt, daß die Bezeichnung eines bestimmten verfassungsmäßigen V e r t r e t e r s nicht erforderlich sei, um die juristische Person haftbar zu machen. Im vorliegenden F a l l ist aber den gesetzlichen oder etwaigen besonderen V e r t r e t e r n der Beklagten (§ 31 B G B . ) im Rahmen des § 826 B G B . eine tatsächliche Kenntnis oder die bewußte und gewollte Inkaufnahme von bestimmten Tatumständen und Ver-

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kehrsgefahren nachzuweisen. Diese Kenntnis kann nur durch genaue Klarstellung der näheren Umstände bewiesen werden. Allerdings würde nach der Rechtsprechung die Kenntnis eines der im Sinne des § 31 B G B . verantwortlichen Vertreter genügen (vgl. RGZ. Bd. 57 S. 93, Bd. 74 S. 250, Bd. 134 S. 377; J W . 1913 S. 587 Nr. 1, 1917 S. 593 Nr. Ι ; LZ. 1913 Sp. 140 Nr. 5). Die Revision weist daher mit Recht darauf hin, daß die Frage, ob die „Beklagte" im Sinne des Beruiungsurteils gemäß § 826 B G B . i. Verb, mit § 31 B G B . verantwortlich gemacht werden könne, davon abhänge, welche bestimmten Personen sich einer Handlungsweise schuldig gemacht haben, die eine Anwendung des § 826 B G B . rechtfertigt, und ob sie dabei als im Sinne des § 31 B G B . verantwortliche Vertreter der Beklagten gehandelt haben. Hierzu bedarf es, wie die Revision ebenfalls zutreffend hervorhebt, eines näheren Eingehens auf die Gliederung der Beklagten. Dabei kommt es aber nicht, wie die Revision meint, darauf an, ob nach dieser Gliederung angenommen werden kann, die gesetzlichen Vertreter (Geschäftsführer) der Beklagten (oder auch nur einer von ihnen) hätten diese Kenntnis erlangt. Sondern als Vertreter im Sinne des § 31 B G B . kommen auch „andere verfassungsmäßig berufene Vertreter" (vgl. auch § 30 B G B . : satzungsmäßig vorgesehene „besondere Vertreter") in Betracht, sofern sie nur in Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtungen gehandelt haben. Hierbei ist zu beachten, daß es sich bei der Beklagten um einen umfangreichen und weit verzweigten Betrieb gehandelt zu haben scheint, der in zahlreiche Abteilungen . . . gegliedert war. B e i einer solchen Einrichtung liegt es nahe, daß die Geschäftsführer sich nicht persönlich um alle Einzelheiten des verzweigten Betriebes kümmern konnten, und daß deshalb, sei es auf Grund der Satzung, sei es auf Grund allgemeiner Betriebsregelung und Handhabung, einzelnen Abteilungsleitern Aufgaben zugewiesen waren, die sie selbständig und unter eigener Verantwortung als besondere Vertreter der Beklagten zu erfüllen hatten, obwohl es sich hierbei im Grunde um Aufgaben der Geschäftsführung handelte. Auch derartige Vertreter haben, jedenfalls bei den Kapitalgesellschaften des Handelsrechts, als besondere verfassungsmäßige Vertreter im Sinne des § 31 B G B . zu gelten. Andernfalls könnten sich derartige Körperschaften ihrer Haftung aus § 31 B G B . allzu leicht entziehen (vgl. R G . in J W . 1936 S. 915 Nr. 1). Allerdings käme hier, falls den Abteilungsleitern nicht die den Umständen nach erforderliche Selbständigkeit eingeräumt worden wäre, eine Haftung wegen „Organisationsmangels" nicht in Betracht, da hiervon nur bei Haftung für Fahrlässigkeit die Rede sein kann, die Haftung aus § 826 B G B . aber Vorsatz voraussetzt. Falls sich herausstellen sollte, daß jemand sich aus § 826 B G B . haftbar gemacht habe, der, ohne Vertreter der Beklagten im Sinne des § 31 B G B . zu sein, doch von ihr zu einer entsprechenden Verrichtung be-

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stellt war, so k ä m e die Haftung der B e k l a g t e n hierfür aus § 831 B G B in B e t r a c h t (vgl. R G R K o m m . z. B G B . Bern. 4 a. E. zu § 831 S. 776). E h e einem der hiernach verantwortlichen V e r t r e t e r (oder Angestellten oder Gehilfen) der B e k l a g t e n der s c h w e r e Vorwurf gemacht w e r d e n kann, er habe bewußt die G e f a h r von Verkehrsunfällen mit den von der B e k l a g t e n in den V e r k e h r g e b r a c h t e n Kraftfahrzeugen in Kauf genommen, bedürfen auf alle F ä l l e die persönlichen Verhältnisse des B e t r e f f e n d e n und die Umstände, unter denen gerade er die K e n n t n i s von der Verkehrsgefährlichkeit der F a h r z e u g e erlangt haben soll, einer sorgfältigen Klärung. Hierbei wird auch zu beachten sein, daß zum mindesten den Geschäftsführern mit R ü c k s i c h t auf den Ruf des eigenen Unternehmens in aller Regel daran gelegen sein wird, einen e t w a erkannten wesentlichen Konstruktionsfehler alsbald zu b e h e b e n und keine damit b e h a f t e t e n Fahrzeuge m e h r in den V e r k e h r zu bringen, nach Möglichkeit auch bei den b e r e i t s im V e r k e h r befindlichen Fahrzeugen den Mangel zu beseitigen. F e r n e r ist darauf hinzuweisen, daß zwar der B e k l a g t e n für ihre Gliederung die Darlegungspflicht obliegen mag (vgl. R G Z . Bd. 103 S. 8, Bd. 124 S. 65 [ 6 8 1 ; R G . in J W . 1908 S. 151 Nr. 25, 1922 S. 31 Nr. 11), daß aber doch die Beweislast für die Voraussetzungen der A n w e n d b a r k e i t des § 8 2 6 B G B . in vollem Umfange den Klägern zufällt. III. Die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Klage auf § 8 2 6 B G B . gestützt ist, gibt wegen der Möglichkeit, daß nunmehr der Anspruch aus § 826 B G B . für unbegründet erachtet wird, V e r anlassung zur Nachprüfung, ob das Berufungsgericht die anderen Klagegründe ohne Rechtsirrtum für unbegründet erklärt hat. 1. In dieser Hinsicht ist für die Ansprüche des E r s t k l ä g e r s folgendes zu sagen: a) (Zur Haftung aus Kaufvertrag wird w e i t e r e Aufklärung v e r langt, ob die V e r t r i e b s f i r m a oder die B e k l a g t e als Verkäuferin des W a g e n s anzusehen ist). b) Dem Gewährschein der B e k l a g t e n vom 26. April 1929 mißt das Berufungsgericht keine Bedeutung bei, weder insofern, als sich daraus ergeben soll, daß die B e k l a g t e dadurch die Verkäuferpflichten übernommen habe, noch im Hinblick auf eine selbständige G e w ä h r haftung. Auch in dieser Hinsicht ist der S a c h v e r h a l t in wesentlichen P u n k t e n ungeklärt geblieben. W e r einen derartigen Gewährschein ausstellt, e r w e c k t dadurch in der Regel den E i n d r u c k , daß er damit grundsätzlich in die gesetzliche Haftung des V e r k ä u f e r s für S a c h mängel, wenn auch mit den sich aus dem G e w ä h r s c h e i n selbst ergebenden Einschränkungen und Abänderungen, einzutreten gewillt ist, sei es an S t e l l e des V e r k ä u f e r s , falls dieser sich mit R ü c k s i c h t auf den S c h e i n im Einverständnis mit dessen Aussteller die völlige Freistellung von dieser Haftung (in den gesetzlich zulässigen Grenzen) ausbedingt, sei es neben dem V e r k ä u f e r zur weiteren Sicherheit, weil

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dessen Leistungsfähigkeit möglicherweise mehr oder weniger zweifelhaft ist. Daraus könnte sich dann im vorliegenden Falle ergeben, daß die Beklagte durch die Ausstellung des Gewährscheins, soweit nicht eine der weitgehenden Freizeichnungsklauseln eingreift, die Haftung für Sachmängel in gleicher Weise übernommen hat, als wenn sie die Verkäuferin wäre. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Freizeichnungsklauseln, die ein solcher Gewährschein der Lieferfirma oder der hinter dieser stehenden Herstellerfirma enthält, eng auszulegen (vgl. ζ. B. R G . in J W . 1934 S. 2395 Nr. 2, 1938 S. 1594 Nr. 20; DR. Ausg. A 1939 S. 1890 Nr. 5). Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der vorliegende Schein, der die Haftung für alle aus „Materialfehlern" etwa entstehenden Unfälle und deren Folgen ablehnt, auch die Haftung für solche Unfälle ausschließt, die durch fehlerhafte „Arbeit", insbesondere durch Konstruktionsfehler, herbeigeführt werden, und ferner, ob auch die Haftung der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung ausgeschlossen ist, falls durch einen von ihr verschuldeten oder fahrlässig nicht erkannten Konstruktionsfehler ein Unfall entsteht und dem Käufer dadurch Nachteile erwachsen. Jedenfalls aber würde die Beklagte arglistig gehandelt haben, wenn sie bei Ausstellung des Gewährscheins den Konstruktionsfehler gekannt oder auch nur mit der Möglichkeit seines Vorhandenseins gerechnet hätte. In diesem Falle würde deshalb, da sich von Arglist niemand freizeichnen kann, ihre Haftung auch aus dem Gewährschein begründet sein und würde sie sich auch nicht auf den Zeitablauf berufen können. Die gegenteiligen Ausführungen des Berunfungsurteils zur Frage der etwaigen Arglist sind rechtlich nicht haltbar. c) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 B G B . ließe sich nur rechtfertigen, wenn das etwaige schuldhafte Verhalten der Beklagten unmittelbar eines der durch diese Vorschrift geschützten Rechtsgüter verletzt hätte. Als Rechtsgut dieser Art kommt nach ständiger Rechtsprechung auch ein eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb in Betracht (vgl. RGRKomm. z. B G B . Bern. 9 zu § 823 S. 727 mit zahlreichen Nachweisen). Allerdings setzt die Anwendung dieser Vorschrift nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht unbedingt voraus, daß sich der Eingriff unmittelbar gegen den Bestand des Gewerbebetriebs richtet, wie das Berufungsgericht auf Grund der früheren Rechtsprechung angenommen hat. Zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs genügt vielmehr, zum mindesten auf dem Gebiete des Wettbewerbs- und Warenzeichenrechts, jede schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung eines anderen (vgl. R G . in J W . 1939 S. 484 Nr. 11). Auf alle Fälle ist aber ein u n m i t t e l b a r e r Eingriff in den B e r e i c h des Gewerbebetriebes erforderlich, eine Voraussetzung, die gerade bei Wettbewerbshandlungen ohne weiteres erfüllt ist. Davon, daß sich im vorliegenden Falle

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das etwaige schuldhafte Verhalten der Beklagten unmittelbar gegen den Bereich des Gewerbebetriebes des Erstklägers gerichtet habe, kann jedoch keine Rede sein. Der Konstruktionsfehler des dem Erstkläger gelieferten Kraftfahrzeugs hat unmittelbar nur die Personen und Sachen gefährdet, die bei einem infolge des Konstruktionsfehlers sich ereignenden Verkehrsunfall verletzt oder beschädigt werden. Um den Gewerbebetrieb des Klägers zu beeinflussen, bedurfte es der Zwischenschaltung sowohl des Unfalls als auch der Inanspruchnahme des Erstklägers durch den Unfallverletzten He. und der darauf zurückzuführenden Verschuldung des Klägers. Insofern ist dem Berufungsgericht daher beizustimmen, wenn es die Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB. grundsätzlich ablehnt. d) Zur Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB. Im Ergebnis ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, daß die Inanspruchnahme der Beklagten sich nicht stützen läßt auf § 823 Abs. 2 BGB. in Verbindung mit den Schutzvorschriften der Verordnung über den Kraftfahrzeugverkehr (in der zur Zeit des Unfalls und der vorhergehenden Handlungen der Beklagten geltenden Fassung vom 16. März 1928). Da, wie oben zu II dargelegt, die allgemeine Rechtspflicht besteht, ein nicht verkehrssicheres Kraftfahrzeug nicht in den Verkehr zu bringen, so kann es nicht gebilligt werden, wenn das Berufungsgericht meint, eine Verletzung des § 4 Nr. 2 KFVO.*) komme nicht in Betracht, weil das Fahrzeug dieser Vorschrift zur Zeit der Erteilung der Typenbescheinigung entsprochen habe, der hier maßgebende Konstruktionsfehler in der Bremseinrichtung beim Erwirken dieser Bescheinigung wahrscheinlich der Beklagten auch noch nicht bekannt gewesen sei. Auf den Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung kann es hierbei in keiner Weise ankommen. Sie kann auch nur eine tatsächliche Vermutung dafür begründen, daß das Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen genügt. Wenn auch die Annahme nicht zu beanstanden sein mag, daß das Kraftfahrzeug in seinem ursprünglichen Zustande den Vorschriften des § 4 Nr. 2 KFVO., jedenfalls dem Satz 1 und Satz 2 entsprochen habe, so kann doch nicht anerkannt werden, daß es verkehrssicher gebaut und eingerichtet gewesen sei, wie dies der § 3 KFVO. erfordert; das Gegenteil hat die Aufdeckung des verkehrsgefährdenden Konstruktionsfehlers ergeben. Somit hat die Beklagte sachlich die Vorschrift des § 3 KFVO. verletzt, indem sie ein mit einem solchen Mangel belastetes Kraftfahrzeug in den Verkehr gegeben hat. Auch diese Vorschrift ist als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. anzusehen. Sie dient aber nur dem Schutze der Personen und Sachen, die von dem in der Verordnung geregelten Verkehr unmittelbar be*) J e t z t § 41 d e r S t r a ß e n v e r k e h r s - Z u l a s s u n g s - O r d n u n g v. 13. 11. 1937 — R G B l . I S. 1215.

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rührt werden (vgl. RG. in HRR. 1929 Nr. 299). Auch kann einen Ersatzanspruch wegen Verletzung dieser Personen und Sachen nach ständiger Rechtsprechung nur der unmittelbar Verletzte geltend machen (vgl. RGRKomm. z. BGB. Bern. 11 zu § 823 mit zahlreichen Nachweisen). Der Kläger leitet seinen Schaden aber nur mittelbar aus einer Verletzung des He. her, weil dieser ihn wegen des Unfalls in Anspruch genommen habe und ihm dadurch Nachteile entstanden seien. Ein derartiger Anspruch läßt sich nicht auf das genannte Schutzgesetz stützen. 2. Die Ansprüche der Zweitklägerin hat das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht nicht besonders geprüft. Dies erübrigt sich auch insoweit, als sie auf den Rechtsübergang der Ansprüche des Klägers gemäß § 67 W G . gestützt sind. Darüber hinaus macht die Zweitklägerin zunächst noch einen Ausgleichsanspruch geltend, den sie aus § 426 BGB. herleitet; hierauf kommt auch ihre Revisionsbeantwortung zurück. Dieser Anspruch setzt aber ein Gesamtschuldverhältnis, zumindest ein Vorhandensein mehrerer Schuldner voraus, von denen einer die Schuld (ganz oder teilweise) getilgt hat. Im vorliegenden Falle machen die Kläger aber gerade geltend, der Erstkläger sei von He. zu Unrecht in Anspruch genommen worden und die Beklagte hafte für dessen Unfall allein. Soweit die Zweitklägerin daraufhin für den Erstkläger Zahlungen an He. geleistet hat, kann dies also für den Kläger in Ermangelung eines Schuldverhältnisses keine schuldbefreiende Wirkung gehabt haben, sondern es hat nur, weil die Zahlungen ohne Rechtsgrund geleistet worden sind, einen Anspruch des Erstklägers gegen He. aus ungerechtfertigter Bereicherung ausgelöst (vgl. RGZ. Bd. 119 S. 332; RG. in J W . 1932 S. 735 Nr. 12 [S. 737]). Außerdem hat der Erstkläger auch einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung unmittelbar gegen den erlangt, der dem He. aus dem Unfall haftete, gegebenenfalls also gegen die Beklagte, weil in Höhe der Zahlungen, welche die Zweitklägerin für den Erstkläger an He. geleistet und die dieser auch noch nicht zurückerstattet hat, sogar nicht zurückzuerstatten vermag, der Unfallverletzte He. nicht mehr geschädigt ist, sein Anspruch gegen den haftenden Schädiger sich insoweit also gemindert hat. Diese Bereicherungsansprüche des Erstklägers sind gemäß § 67 VVG. auf die Zweitklägerin übergegangen. Hiernach kommt als weiterer Klagegrund für den Anspruch der Zweitklägerin nur ungerechtfertigte Bereicherung in Betracht, die darauf beruht, daß die Zweitklägerin durch ihre Zahlungen an He. die Beklagte von ihrer Verbindlichkeit ihm gegenüber in Höhe dieser Zahlungen befreit hat. Der Anspruch hängt somit davon ab, ob dem He. ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht. Dieser ließe sich in erster Linie auf § 823 BGB., und zwar sowohl auf dessen Absatz 1 als auch auf dessen Absatz 2 in Verbindung mit § 3 KFVO., stützen. Hierzu bedarf es

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aber entsprechender tatsächlicher Feststellungen über ein Verschulden der Beklagten, die das Berufungsgericht bisher noch nicht hinreichend getroffen hat. RGZ. 163, 287 Genügt es zur Begründung einer Klage wegen sittenwidrigen Mißbrauchs eines rechtskräftigen Urteils, daß dessen Unrichtigkeit nachgewiesen ist? B G B . § 826. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht

Berlin.

Urt. v. 10. April 1940. II. Kammergericht daselbst.

Die Beklagten sind uneheliche Kinder der Käthe K. Der Amtsvormund der Beklagten nahm den Kläger als ihren Erzeuger in Anspruch. Der Kläger erschien im ersten Verhandlungstermin, in dem Käthe K. als Zeugin vernommen wurde, blieb aber im zweiten Verhandlungstermin aus. In einem am selben Tage eingegangenen Schreiben hatte er angegeben, es sei ihm unmöglich zu erscheinen, da er zum Reichsautobahnbau komme; im übrigen sei im Jahre 1929 im Stadtkrankenhaus zu D. festgestellt worden, daß er zeugungsunfähig sei. In dem Termin wurde eine andere Zeugin vernommen und Käthe K. beeidigt; sodann erging gegen den Kläger, damaligen Beklagten, antragsgemäß ein Versäumnisurteil, in dem festgestellt wurde, daß er der Erzeuger der Kinder sei, und in dem er verurteilt wurde, an jedes von ihnen vierteljährlich 99 RM. bis zur Vollendung ihres 16. Lebensjahres zu zahlen. Auf seinen mehrere Monate nach Eintritt der Rechtskraft eingegangenen Einspruch beraumte das Amtsgericht einen Termin an, zu dem er geladen wurde. Er beantragte schriftlich Vertagung, weil er geschäftlich nach auswärts fahre, und erschien in dem Termin nicht; sein Einspruch wurde antragsgemäß durch Versäumnisurteil verworfen. Auf eine nochmalige Eingabe wurde er belehrt, daß kein Einspruch mehr möglich sei, sondern nur noch Berufung mit der Begründung, daß der Fall der Versäumung nicht vorgelegen habe; er nahm dann in einem neuen Termin seinen Einspruch zurück. Auf Grund des rechtskräftig gewordenen Versäumnisurteils wurden Lohnpfändungen gegen den Kläger vorgenommen. Jedoch wurden die beigetriebenen Beträge nicht sämtlich verausgabt. Sie wurden beim Jugendamt hinterlegt, nachdem der Kläger in einem gegen ihn wegen Verletzung der Unterhaltspflicht eingeleiteten Strafverfahren in der Berufungsinstanz freigesprochen worden war. Die Strafkammer hielt nämlich das Zeugnis der Käthe K. nicht für beweiskräftig und kam auf Grund eines ärztlichen Gutachtens zu der Ueberzeugung, daß der Kläger nicht nur zur Zeit zeugungsunfähig sei, son-

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dern es auch sehr wahrscheinlich schon in der Empfängniszeit der Käthe K. gewesen sei. Der Kläger ging nun gegen seine Verurteilung vor. Jedoch wurde ihm für eine Klage auf Feststellung, daß keine blutmäßige Verwandtschaft zwischen ihm und den Beklagten bestehe, das Armenrecht versagt. Auch blieb seine gegen Käthe K. wegen Verletzung der Eidespflicht erstattete Strafanzeige erfolglos; das Ermittelungsverfahren wurde eingestellt. Darauf erhob er die gegenwärtige Klage mit der Begründung, daß die Vollstreckung des Versäumnisurteils gegen die guten Sitten verstoße, nachdem erkannt worden sei, daß er nicht der Erzeuger der Beklagten sein könne. Er verlangte Zurückzahlung von 675,40 RM. und beantragte festzustellen, daß den Beklagten keine Rechte aus dem Versäumnisurteil zuständen, sowie die Vollstreckung für unzulässig zu erklären. Die Beklagten bekämpften das Klagebegehren aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen. Das Landgericht ließ durch einen Sachverständigen eine Blutgruppenuntersuchung vornehmen und gelangte danach zu der Ueberzeugung, daß der Kläger offenbar nicht der Erzeuger der Beklagten sein könne. Es hielt auch Vollstreckungshandlungen gegen den Kläger von dem Zeitpunkt ab, wo dem Amtsvormund der Beklagten das Gutachten des Sachverständigen zugegangen war, für sittenwidrig, nicht aber für die frühere Zeit, und verurteilte demgemäß die Beklagten nur zur Rückzahlung von je 16,90 RM., indem es das weitergehende Zahlungsbegehren abwies, der Klage im übrigen aber stattgab. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg, dagegen wies auf die Berufung der 'Beklagten das Kammergericht die K l a g e vollständig ab. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Gründe: Als Grundlage der Klage kann nur § 826 B G B . in Betracht kommen. Der daneben unternommene, von der Revision zur Nachprüfung gestellte Versuch, das Gesetz zur Verhütung mißbräuchlicher Ausnutzung von Vollstreckungsmöglichkeiten vom 13. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1234) als Klagegrundlage zu verwenden, muß von vornherein ausscheiden. Denn dieses Gesetz gibt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nur dem Vollstreckungsgericht und dem Gerichtsvollzieher gewisse Befugnisse zum Schutze des Schuldners, gestattet aber nicht dem Prozeßgericht, die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil für unzulässig zu erklären, geschweige den Gläubiger zu Rückzahlungen zu verurteilen. Das Berufungsgericht will § 826 B G B . gegen die Ausnutzung eines rechtskräftigen Urteils nur dann anwenden, wenn der Gläubiger die Verurteilung durch unlauteres Verhalten herbeigeführt hat. Das ist im wesentlichen die Auffassung, wie sie in der älteren Rechtsprechung

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des Reichsgerichts zu finden war. Der erkennende Senat hat jedoch in der Entscheidung RGZ. Bd. 155 S. 55 diese Auffassung als zu eng bezeichnet und angenommen, daß es auch andere Fälle igeben könne, in denen die Ausnutzung eines rechtskräftigen Urteils gegen die guten Sitten verstoße. Dieser Ansicht hat sich der VII. Zivilsenat des Reichsgerichts angeschlossen (RGZ. iBd. 156 S. 265). Es .besteht auch bei nochmaliger Prüfung kein Anlaß, von ihr abzuweichen. Dennoch ist im vorliegenden Falle dem Berufungsgericht im Ergebnis beizutreten, weil die Ausnutzung des rechtskräftigen Versäumnisurteils nicht gegen die guten Sitten verstößt. Schon in RGZ. Bd. 155 S. 59 hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, daß ein Verstoß gegen die guten Sitten nicht immer schon dann vorzuliegen braucht, wenn jemand von einem rechtskräftigen Urteil Gebrauch macht, das er selbst für unrichtig hält. Und der VII. Zivilsenat ist dem in RGZ. ß d . 156 S. 269 mit dem Bemerken beigetreten, daß dies im allgemeinen nicht der Fall sein, ein solcher Tatbestand also im allgemeinen die Annahme eines Verstoßes geigen die guten Sitten noch nicht begründen werde. Im vorliegenden Falle steht aber nicht einmal fest, daß der Amtsvormund der Beklagten das rechtskräftige Urteil für unrichtig hält. Denn die Beklagten haben nach ihrem Schriftsatze vom 26. Oktober 1938 Zweifel an dem Ergebnis geäußert, zu dem der Sachverständige gelangt ist, und haben die Einholung eines Obergutachtens für geboten erklärt. Dazu ist es nicht gekommen, weil das Landgericht das Gutachten für genügend erachtet und das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus diesen Beweis überhaupt für unerheblich gehalten hat. Allein auch wenn für den Amtsvormund der Beklagten jeder Zweifel daran ausgeschlossen wäre, daß ihr Erzeuger ein anderer sein muß als der Kläger, so könnte dieser sich dennoch nicht auf § 826 B G B . berufen. Die Unrichtigkeit eines Urteils kann für sich allein keine Klage aus § 826 B G B . begründen; es müssen Umstände hinzukommen, die das Gebrauchmachen von dem Urteil als sittenwidrig erscheinen lassen, oder wenigstens e i η solcher Umstand. In den Fällen der Entscheidungen RGZ. ß d . 155 S. 55 und 'Bd. 156 S. 265 lagen, wenn die Behauptungen der Ehemänner richtig waren, Verstöße der Ehefrauen gegen die guten Sitten vor, und diese Verstöße ließen die Ausnutzung der Rechtskraft selbst als sittenwidrig erscheinen, auch wenn sie das Ergebnis der Scheidungsprozesse nicht beeinflußt haben sollten. An etwas Derartigem fehlt es aber hier vollständig. Die beiden Kinder kommen für ein sittenwidriges Verhalten überhaupt nicht in Betracht, und ihr Amtsvormund hat, indem er den Kläger verklagte, das Verfahren gegen ihn durchführte und das Versäumnisurteil vollstrecken ließ, lediglich seine Pflicht getan. Er wird auch künftig nicht gegen die guten Sitten verstoßen, wenn er weiterhin, was

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ihm überlassen bleiben muß, das Versäumnisurteil vollstrecken läßt. Denn er hat nicht die 'Belange des Klägers wahrzunehmen, und dieser hat sich in die Lage, in die er geraten ist, selbst gebracht. In dem ersten Termin, in dem er im Unterhaltsrechtsstreit erschienen war, hat er nach dem Sitzungsprotokoll, das seine Erklärungen wiedergibt, und nach seinen späteren Schreiben noch keine Angaben über Zeugungsunfähigkeit gemacht. Infolgedessen hat darüber auch keine Beweiserhebung beschlossen werden können. Es ist unverständlich, warum er mit diesem offenbar wichtigen Umstand erst nachträglich in schriftlichen Eingaben hervorgetreten ist. In den beiden folgenden Terminen ist er aber trotz gehöriger Bekanntmachung des zweiten und trotz gehöriger Ladung zum dritten ausgeblieben und hat beidemal Hindernisse geltend gemacht, die keinen Grund zur Vertagung geben konnten. Am 23. Juni 1934 ist ihm das erste Versäumnisurteil zugestellt worden; erst am 25. November 1934 hat er die nächste Eingabe an das Gericht gelangen lassen. Auch das zweite Versäumnisurteil hat er verspätet und erst dann bekämpft, als ein Haftbeschluß gegen ihn ergangen war. Dabei hätte ihm gerichtliche und außergerichtliche Rechtsberatung in ausreichendem Maße zur Verfügung gestanden, wenn er sich solcher nur hätte bedienen wollen. Auch ein 'Rechtsunerfahrener, der sich derartig nachlässig verhält, kann sich nicht beklagen, wenn ihm schließlich mit Mitteln des Rechts nicht mehr zu helfen ist. Keinesfalls kann der Kläger dem Amtsvormund der Beklagten einen Vorwurf daraus machen, wenn dieser den vollstreckbaren Titel, den sie auf rechtlichem Wege gegen den Kläger erlangt haben, nun auch gegen ihn gebraucht. An alledem kann es, entgegen der Meinung der Revision, nichts ändern, wenn die Mutter der Beklagten im Unterhaltsrechtsstreit als Zeugin ihre Eidespflicht verletzt hat. Diese Zeugenaussage kann schon darum nicht in Betracht kommen, weil auf ihr die Verurteilung des Klägers, damaligen Beklagten, gar nicht beruht. Die Grundlage seiner Verurteilung ist lediglich seine eigene Säumnis gewesen, was die Revision in ihren Ausführungen nicht beachtet. Wäre die Mutter der Beklagten selbst rechtskräftig wegen Verletzung der Eidespflicht verurteilt worden, so hätte sich darauf keine Restitutionsklage nach § 580 Nr. 3 ZPO. stützen lassen, weil das Urteil nicht auf die Zeugenaussage gegründet ist. Wollte man im vorliegenden Falle, wo weder die Beklagten noch ihren Amtsvormund irgendein Vorwurf trifft, dem säumigen Kläger mit § 826 BGB. zu Hilfe kommen, so hieße das, nicht nur den Sinn dieser Vorschrift verkennen, sondern auch die Rechtskraft entwerten. Sie verdient ernsteste Beachtung auch gegenüber § 826 BGB., wenngleich sie eine Klage aus diesem nicht grundsätzlich ausschließt (RGZ. Bd. 155 S. 58). Für eine Verurteilung nach § 1717 BGB. läßt sich keine Ausnahme machen, solange dafür die Regeln des ordentlichen Prozesses und der Rechtskraft gelten.

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RGZ. 163, 292 Kann der Gebrauch eines rechtskräftigen Urteils anch dann schadensersatzpflichtig machen, wenn die Unrichtigkeit des Urteils nicht nachweisbar ist? BGB. § 826. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Berlin.

Urt. v. 10. April 1940. II. Kammergericht daselbst.

Im Vorprozesse verklagte der jetzige Beklagte W. den jetzigen Kläger R. auf Rückzahlung von Darlehen im Gesamtbetrage von 2780 RM., die er diesem in 20 Beträgen in der Zeit vom 15. Juni 1936 bis zum 28. Januar 1937 an einzeln aufgeführten Tagen gegeben habe. R. bestritt, irgendwelches Geld von W. empfangen zu haben. Das Landgericht vernahm Zeugen, insbesondere die Ehefrau des W. und seine Hausangestellte, über Ferngespräche zwischen den Parteien; auch legte W. einen Notizblock mit Einzelangaben über die Beträge und die Hingabetage vor. Schließlich vernahm das Landgericht ihn eidlich auf Grund der §§ 448, 452 ZPO. und verurteilte R. nach dem Klageantrage. Seine Berufung blieb erfolglos. Darauf erstattete R. gegen W. Strafanzeige wegen Meineids und Prozeßbetrugs. Die Staatsanwaltschaft stellte aber nach umfangreichen Ermittelungen das Verfahren ein, weil sich zwar die uneidlichen Angaben des W. über das Zustandekommen der Notizen nicht in allen Punkten bewahrheitet hätten, ihm aber weder eine vorsätzliche noch eine fahrlässige Verletzung der Eidespflicht nachzuweisen, eine fahrlässige Verletzung auch nach dem Straffreiheitsgesetz vom 30. April 1938 nicht verfolgbar sei und die Unbegründetheit des von W. erhobenen Anspruchs sich durch das Zeugnis des R. nicht beweisen lasse. Die Beschwerde des R. gegen diesen Bescheid blieb ohne Erfolg, ebenso eine von ihm beim Kammergericht erhobene, auf § 580 Nr. 1 ZPO. gestützte Restitutionsklage. Darauf hat R. die gegenwärtige Klage erhoben, mit der er gegen seine rechtskräftige Verurteilung mit der Begründung vorgeht, daß W. das ihm günstige Urteil erschlichen habe. Im ersten Rechtsgange hat er beantragt, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären und W. zur Herausgabe der vollstreckbaren Urteilsausfertigung zu verurteilen; im zweiten Rechtsgange hat er einen Zahlungsanspruch, zuletzt von 7300 RM. nebst Zinsen, hinzugefügt, weil W. durch Vollstreckungsmaßnahmen ihn in seinem Fortkommen geschädigt habe. Beide Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß gegen die Ausnützung der Rechtskraft eines unrichtigen Urteils mit § 826 BGB.

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A b h i l f e g e s c h a f f e n w e r d e n kann, wenn es v o m O b s i e g e n d e n ers c h l i c h e n w o r d e n ist. Dies ist, wie in der R e c h t s p r e c h u n g d e s R e i c h s g e r i c h t s seit langem anerkannt ist, einer der F ä l l e , in denen d i e R e c h t s k r a f t in einer gegen die guten Sitten verstoßenden W e i s e a u s g e n u t z t wird, u m einem a n d e r e n S c h a d e n zuzufügen, wenn auch nach der E n t s c h e i d u n g R G Z . B d . 155 S . 5 5 (vgl. auch R G Z . ß d . 156 S . 265) nicht der einzige F a l l eines unter § 826 B G B . f a l l e n d e n M i ß b r a u c h s der R e c h t s k r a f t . V o r a u s g e s e t z t ist d a b e i a b e r immer, daß d a s r e c h t s k r ä f t i g e Urteil unrichtig ist, also die Unrichtigkeit e n t w e d e r s c h o n f e s t s t e h t oder von demjenigen, der a u s § 826 B G B . g e g e n die A u s nutzung d e s U r t e i l s vorgeht, durch g e e i g n e t e B e w e i s a n t r i t t e u n t e r B e w e i s gestellt ist. A b z u l e h n e n ist die v o m K l ä g e r im B e r u f u n g s v e r f a h r e n a u f g e s t e l l t e Ansicht, e s sei in d i e s e m R e c h t s s t r e i t g a r nicht zu p r ü f e n , ob der v o m B e k l a g t e n im V o r p r o z e ß v e r f o l g t e D a r l e h n s a n s p r u c h sachlich b e g r ü n d e t sei o d e r nicht; d a s s i t t e n w i d r i g erschlichene Urteil d ü r f e d e m 'Beklagten s e l b s t dann nicht z u g u t e kommen, w e n n der v e r f o l g t e A n s p r u c h sachlich b e g r ü n d e t w ä r e . Denn sollte ein F a l l v o r k o m m e n , in dem jemand ein ihm g ü n s t i g e s , a b e r zugleich sachlich richtiges U r t e i l in sittenwidriger W e i s e h e r b e i f ü h r t , so w ü r d e e s doch an einer S c h ä d i g u n g d e s G e g n e r s fehlen, weil ein sachlich richtiges Urteil ihm k e i n e n S c h a d e n im R e c h t s s i n n e z u f ü g e n kann. Ohne S c h ä d i g u n g ist abe.- eine A n w e n d u n g d e s § 826 B G B . nicht d e n k b a r . Die Unrichtigkeit d e s einem Urteil z u g r u n d e liegenden V e r f a h r e n s kann a l s o zur B e g r ü n d u n g einer K l a g e a u s § 8 2 6 B G B . nicht genügen, wenn das Urteil nicht sachlich unrichtig o d e r doch diese Unrichtigkeit nicht erweislich ist. A u c h d a s hat d a s B e r u f u n g s g e r i c h t richtig e r k a n n t ; denn e s s a g t a u s d r ü c k l i c h , daß d a s V o r h a n d e n s e i n eines u n r i c h t i g e n Urteils einen S c h a d e n darstelle, g e g e n den der B e t r o f f e n e sich im F a l l e der Erschleichung mit § 826 B G B . wehren könne. Nun liegt die S a c h e hier so, daß B e h a u p t u n g g e g e n B e h a u p t u n g s t e h t und e s e n t w e d e r u n w a h r sein muß, daß W . dem R. die D a r l e h n s b e t r ä g e gegeben, oder unwahr, daß R. v o n ihm „ k e i n e n Pfennig G e l d " e m p fangen hat. W e r von beiden a b e r die Wahrheit und w e r die Unw a h r h e i t s a g t , w a r und ist bei der B e g r e n z t h e i t d e s menschlichen E r k e n n u n g s v e r m ö g e n s nicht leicht zu ermitteln. W o l l t e m a n s e l b s t dem K l ä g e r R. zugeben, daß die R i c h t i g k e i t der im V o r p r o z e ß getroffenen E n t s c h e i d u n g nicht über jeden Zweifel e r h a b e n sei, s o w ü r d e es damit doch um nichts b e s s e r stehen, wenn die K l a g e d e s W. im V o r p r o z e ß a b g e w i e s e n w o r d e n w ä r e . Denn a l s d a n n w ä r e die R i c h t i g k e i t des U r t e i l s nicht geringeren Zweifeln a u s g e s e t z t . Das B e r u f u n g s g e r i c h t h ä t t e sich also damit begnügen können, daß die s a c h liche Unrichtigkeit d e s im V o r p r o z e s s e gegen R. e r g a n g e n e n U r t e i l s nicht n a c h g e w i e s e n und auch sein Vorbringen im g e g e n w ä r t i g e n

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Rechtsstreit nicht geeignet sei, die Unrichtigkeit zu erweisen; schon damit wäre für die Klage aus § 826 BGB. eine notwendige Stütze als fehlend bezeichnet worden. Der Berufungsrichter ist einen anderen Weg gegangen, indem er untersucht hat, ob W. das Urteil im Vorprozeß erschlichen habe und das damalige Verfahren zu beanstanden sei. Das angefochtene Urteil verneint das und bringt mit seinen Ausführungen hierüber, wenn auch nur mittelbar, zum Ausdruck, daß das Berufungsgericht sich nicht von der sachlichen Unrichtigkeit des im Vorprozeß ergangenen Urteils hat überzeugen können. Damit war die Abweisung der Klage aus § 826 BGB. geboten. Was die Revision anführt, kann ihr nicht zum Erfolge verhelfen. In erster Linie beschwert sie sich darüber, daß das Berufungsgericht sich nur mit dem im Vorprozeß ergangenen Urteil des Landgerichts, nicht auch oder doch nur nebenbei mit dem des Kammergerichts beschäftigt habe, obwohl doch das damalige Berufungsurteil das eigentlich entscheidende gewesen sei. Die Revision geht hierin so weit, daß sie Verletzung des § 551 Nr. 7 ZPO. rügt. Von einem Fehlen der Entscheidungsgründe, sei es auch nur zu einem selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittel (RGZ. Bd. 109 S. 203 flg.), kann aber keine Rede sein, nicht einmal davon, daß sie unzureichend wären. Das angefochtene Urteil ist auf die Entscheidung des Kammergerichts aus dem Vorprozeß, nämlich auf die in ihr enthaltene Beweiswürdigung unter deren Billigung ausführlich eingegangen. Wenn aber die Gründe des vom Landgericht im Vorprozesse gefällten Urteils vorzugsweise behandelt worden sind, so erklärt sich das zur Genüge daraus, daß dieses die Beweise erhoben, die Beeidigung des W. angeordnet und das Kammergericht sich im Vorprozeß den Gründen des Landgerichts im wesentlichen angeschlossen hatte; es hatte die Gründe des Landgerichts nur noch durch Hinweis auf die Uebereinstimmung des Zeitpunktes und Betrags einer Abhebung mit einer von W. behaupteten Darlehnshingabe verstärkt und Angriffe gegen dessen Glaubwürdigkeit zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat also nicht verkannt, worauf die Entscheidung des Vorprozesses beruht hatte. Sodann stellt das Berufungsgericht zwar fest, daß die Angabe des W. im Vorprozesse, der in dem Notizblock lose liegende Zettel sei vom 14. Oktober 1936 ab die Urschrift seiner Aufzeichnungen gewesen, nach den Ergebnissen des Ermittelungsverfahrens nicht der Wahrheit entsprochen habe, und es erblickt darin eine Verletzung der Wahrheitspflicht. Von einer „bewußten" Verletzung der Wahrheitspflicht, wie die Revision meint, spricht das Berufungsurteil aber nicht; vielmehr von einem I r r t u m des W. über diesen Punkt. Zugleich tritt es dem Landgericht darin bei, daß nicht sonderlich viel darauf angekommen sei, ob der Zettel die Urschrift der Aufzeichnun-

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gen oder eine Abschrift der ursprünglich auf anderen Blättern enthalten gewesenen Aufzeichnungen dargestellt habe, da eine Abschrift ebensoviel oder wenig Beweiswert haben könne wie ihre Urschrift. Daß es sich um e r d i c h t e t e Beträge und Daten uod um eine zum Zwecke des P r o z e ß b e t r u g e s angefertigte Aufzeichnung gehandelt habe, nimmt das Berufungsgericht nicht an. D u ist Sache rein tatrichterlicher Würdigung. Ebenso erklärt es, wenn die Zeitangaben vom 14. Dezemberl936 und 10. Januar 1937 unrichtig sein sollten, dies durch Irrtümer des W. Es sieht den Nachweis der Unrichtigkeit auch nicht eindeutig als erbracht an . . . (Hierzu wird eine Prozeßriige zurückgewiesen.) Es kommt aber auf die Rüge schon darum nicht an, weil das Berufungsgericht die Unrichtigkeit der beiden Daten unterstellt und mit Irrtümern hinreichend erklärt. Die Irrtümer konnten schon bei den ursprünglichen Aufzeichnungen vorgefallen sein. Wenn nun das Berufungsgericht nur Irrtümer des W. und kein bewußtes Abweichen von der Wahrheit annahm, so mußte es schon von dieser tatsächlichen Beurteilung aus verneinen, daß er die Entscheidung im Vorprozeß ,,erschlichen" habe. Es war daher nicht genötigt, sich unter diesem Gesichtspunkte noch mit der Frage zu beschäftigen, ob die von W. im Vorprozeß überreichten Aufzeichnungen und seine über ihre Entstehung gemachten Angaben die Entscheidung beeinflußt hatten. Das konnte dann nur noch Bedeutung dafür haben, ob die Entscheidung im Ergebnis etwa unrichtig ausgefallen war. Und insofern haben auch diese Erörterungen ihren Wert; denn sie lassen erkennen, daß das Berufungsgericht die Entscheidung des Vorprozesses für richtig, zum mindestens für haltbar und ihre Unrichtigkeit nicht für nachweisbar hält. Es stellt fest, daß die Aufzeichnungen in beiden Rechtsgängen des Vorprozesses keine Rolle als Beweismittel gespielt haben. Ohne Grund wirft die Revision dem Berufungsurteil vor, daß es durch Herausreißen eines einzelnen Satzes aus dem früheren Kammergerichtsurteil ein falsches Bild gebe. Es ist zwar richtig, daß die Worte „Die von ihm (W.) überreichten Notizen sind ohne jeden Beweiswert" im Zusammenhang mit der Erörterung stehen, wie es zu erklären sei, daß W., ein erfahrener Kaufmann, sich keine Empfangsbescheinigungen habe geben lassen. Indem das Kammergericht im Vorprozeß aber hinzugefügt hat „so daß auf sie nicht weiter eingegangen zu werden braucht", hat es, wie das jetzige Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum annimmt, zu erkennen gegeben, daß es bei seiner Entscheidung von den Aufzeichnungen als B e w e i s m i t t e l n absehen und die Angaben über ihre Entstehung und ihren Inhalt nur als Parteibehauptungen behandeln wolle. Danach ist es auch verfahren. Es hat seine Entscheidung, ebenso wie es das Landgericht getan hatte, vornehmlich auf die Aussagen der Hausangetellten und Ζίτίΐι. Sdiuldredit 10

lg

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der Ehefrau des W. in Verbindung mit dessen eidlicher Parteiaussage gestützt; hinzugefügt hat es die oben genannte Uebereinstimmung mit einer Abhebung. Erheblichen Wert hat es aber auch ebenso wie das Landgericht auf die schlechte wirtschaftliche Lage des R. gelegt. Seine Angabe, er besitze von einer Abfindung noch einige tausend Mark, w a r unrichtig gewesen und wurde in der Berufungsbegründung als ein bereits mündlich berichtigter Schreibfehler bezeichnet; R.s Frau hatte ausgesagt, von der Abfindung seien schon im Herbst 1936 nur noch 700 RM. übrig gewesen, die sie für ihr kränkliches Kind zurückgelegt habe; zur Zeit sei von dem Gelde nichts mehr vorhanden. Dazu kam dann noch der von beiden Gerichten im Vorprozeß festgestellte Beeinflussungsversuch des R. an dem Zeugen K. Hiernach konnten die von der Revision aufgeworfenen Fragen, ob das Landgericht ohne Ermessensmißbrauch zur Beeidigung des W. habe gelangen und ob seiner eidlichen Parteiaussage Beweiswert habe beigemessen werden dürfen, ohne Rechtsirrtum bejaht werden. Da das Berufungsgericht nur Irrtümer des W. und keine Erschleichungshandlungen annimmt, so entfallen alle daraus gezogenen Folgerungen der Revision. Es enthält auch keinen Rechtsirrtum, wenn das Berufungsgericht darauf hinweist, daß die Kammer des Landgerichts in derselben Besetzung im vorigen Rechtsstreit R. verurteilt und im gegenwärtigen seine Klage abgewiesen hat, obwohl inzwischen die genannten Unrichtigkeiten von der Staatsanwaltschaft erörtert worden waren, wenn es ferner diesen Unrichtigkeiten keine erhebliche Bedeutung beilegt und die Möglichkeit, auch nach der heutigen Sachlage, wiederum zu der im Vorprozeß getroffenen Entscheidung zu gelangen, für durchaus gegeben hält. Das ist ausschlaggebend. Denn damit stellt das Berufungsgericht in rechtsirrtumsfreier Weise fest, daß die sachliche Unrichtigkeit jener Entscheidung weder erwiesen noch erweislich ist, und hieraus ergibt sich ohne weiteres die Notwendigkeit, die gegenwärtige Klage abzuweisen. RGZ. 164, 65 Gilt die Regelang des § 1613 BGB., wonach Unterhalt für die Vergangenheit nur bei Verzug oder Rechtshängigkeit verlangt werden kann, auch dann, wenn der gesetzlich geschuldete Unterhalt •nter den Beteiligten vertraglich festgelegt war oder wenn der Unter, halt als Schadensersatz aus unerlaubter Handlung geltend gemacht wird? IV. Z i v i l s e n a t . Die Entscheidung Familienrecht".

ist

Urt. v. 18. Mai 1940.

abgedruckt

unter

„Bürgerliches Recht,

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RGZ. 165, 2 6 f 1. Verstößt die Ausnutzung eines die Schuldirage unrichtig lösenden Scheidungsurteils zur Begründung yon Unterhaltsansprüchen gegen die guten Sitten? 2. Führt die geschiedene Ehefrau, die eine eheähnliche Geschlechtsverbindung unterhält, einen unsittlichen Lebenswandel im Sinne des § 74 EheG.7 3. Kann ein Vollstreckungstitel, der den Unterhalt eines geschiedenen Ehegatten zum Gegenstande hat, wegen einer Aenderung der Gesetzgebung abgeändert werden? BGB. §§ 826, 1578. E h e G . §§ 66, 74. ZPO. § 323 Abs. 4. IV. Z i v i l s e n a t . I. A m t s g e r i c h t

Urt. v. 7. Oktober

Berlin-Charlottenburg.

1940.

II. K a m m e r g e r i c h t

Berlin.

Aus den G r ü n d e n : 1. Bei dem Klagegrunde des § 826 BGB. hat sich das Berufungsgericht auf die P r ü f u n g beschränkt, ob die E h e f r a u das Scheidungsurteil erschlichen habe, u n d diese F r a g e ohne Rechtsirrtum, und ohne daß die Revision dagegen Einwendungen erhöbe, verneint. Diese e r blickt die Sittenwidrigkeit nicht in der Erlangung des die Alleinschuld des Mannes aussprechenden und insoweit nach B e h a u p t u n g des Klägers unrichtigen Titels (auch die E h e f r a u soll sich des Ehebruchs schuldig gemacht haben), sondern in der sofortigen, geradezu überstürzten Geltendmachung des d e m unrichtigen Urteil entsprechenden Unterhaltsanspruchs, den der Kläger zur Vermeidung einer K l a g e habe anerkennen müssen, und in seiner fortgesetzten D u r c h f ü h r u n g , also in der eigennützigen Einstellung der Beklagten in V e r b i n d u n g mit dem klaren Bewußtsein des eigenen Unrechts, das dem Unterhaltsanspruch entgegengestanden habe. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Stellung genommen. Der zu unterstellende Sachverhalt ergibt aber, d a ß auch die B e t r a c h t u n g der Revision die A n w e n d b a r k e i t des § 826 BGB. nicht zu rechtfertigen vermag. Bei der rechtlichen Beurteilung schließt sich der e r k e n n e n d e Senat der vom VI. Zivilsenat in RGZ. B d . 155 S. 55 und Bd. 163 S. 287 niedergelegten und vom VII. Zivilsenat in RGZ. Bd. 156 S. 265 geteilten A u f fassung an. Die A n w e n d b a r k e i t des § 826 BGB. b e s c h r ä n k t sich hiernach nicht auf den (hier nicht vorliegenden) Fall, d a ß die B e k l a g t e das Scheidungsurteil d u r c h u n l a u t e r e s Verhalten herbeigeführt h ä t t e , sondern kann auch in a n d e r e n F ä l l e n zu bejahen sein; dann nämlich, wenn die Ausnützung des rechtskräftig gewordenen Urteils gegen die guten Sitten verstößt. Ein solcher Verstoß Liegt nicht schon d e s h a l b vor, weil (wie zu unterstellen) die Feststellung der Alleinschuld des Klägers nachweisbar unrichtig war. Eine so ausgedehnte A n w e n d u n g 18'

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der Bestimmung müßte zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit führen (RGZ. Bd. 156 S. 269). Auch für das Sondergebiet der Unterhaltspflicht geschiedener Ehegatten kann nichts Abweichendes gelten. Davon, daß etwa die Unterhaltung des schuldigen oder mitschuldigen Ehegatten durch den anderen grundsätzlich als ein unsittlicher Zustand anzusehen wäre, kann um so weniger die Rede sein, als jetzt § 68 EheG. abweichend vom früheren Recht dem mitschuldigen Ehegatten in gewissen Grenzen sogar einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gewährt. Wie allgemein, so müssen auch hier, damit die Benutzung des Urteils unsittlich erscheine, besondere Umstände hinzukommen (RGZ. Bd. 163 S. 290). Solche Umstände sind nicht ersichtlich. Die Revision glaubt sie in der überstürzten Herbeiführung des auf der Alleinschuld des iKlägers aufgebauten Unterhaltsvertrages und seiner fortgesetzten Ausnutzung durch die Beklagte finden zu können, die dadurch ihre eigennützige Einstellung bewiesen habe. Der festgestellte Sachverhalt läßt aber insofern kein sittenwidriges Verhalten der Angeklagten erkennen. Gegenstand der notarischen Verhandlung war nach der insoweit unbestrittenen Sachdarstellung der Beklagten die Erfüllung einer bereits vor der Scheidung gegebenen Zusage. Daß die Verhandlung im Anschluß an die Verkündung des Scheidungsurteils und den Rechtsmittelverzicht der Parteien im Gebäude des Landgerichts stattfand, erklärt sich dadurch, daß der beurkundende Notar gleichzeitig der vom Kläger gewählte und anwesende Prozeßbevollmächtigte der Beklagten war. 2. Eine weitere Rüge der Revision wendet sich dagegen, daß der Berufungsrichter die Anwendung des § 74 EheG. abgelehnt hat. Allerdings ist das von ihm erhobene Bedenken, ob diese Bestimmung auf Unterhaltsverträge anzuwenden sei und sich nicht auf die gesetzliche Pflicht beschränke, jedenfalls unbegründet, wenn die notarische Urkunde, wie in ihr ausdrücklich gesagt ist, lediglich der Regelung der gesetzlichen Unterhaltspflicht dient und sich in ihren Grenzen hält. Der Anwendung steht auch nicht entgegen, daß die Ehe vor dem Inkrafttreten des Ehegesetzes geschieden worden ist. Die Anwendung beschränkt sich freilich auf dasjenige Verhalten der Geklagten, das nach diesem Zeitpunkte liegt. Beides folgt aus § 96 EheG., der auch für eine durch Vertrag geregelte Unterhaltspflicht gilt. Daß die Beklagte nach dem bezeichneten Zeitpunkte gegen den Willen des Klägers einen ehrlosen oder unsittlichn Lebenswandel geführt hätte, hat das Berufungsgericht verneint und ausgeführt, eine geschiedene Ehefrau sei dem Manne nicht mehr zur Treue verpflichtet und unterliege nicht mehr seiner Aufsicht. Sie dürfe zwar keinen Lebenswandel führen, der ihm selbst Unehre bringe; ihr könne aber nicht jede Liebesbeziehung, die sie ohne Eheschließung mit einem Mann anknüpfe, als unsittlich oder gar ehrlos angerechnet werden. Da-

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durch, daß sie mit St. wie Mann und Frau zusammenlebe, seien die Voraussetzungen des § 74 nicht erfüllt. Erkennbar ist das Berufungsgericht dabei von dem Sachvortrage der Beklagten ausgegangen, sie lebe mit St. still und zurückgezogen, ihr Verhältnis sei unauffällig und errege nirgends Anstoß; beide lebten zwar in einer Wohnung, aber in getrennten Zimmern, führten auch getrennte Wirtschaft, und St. zahle nur einen Beitrag zur Miete. Dieser eingehenden Darstellung ohne Beweiserhebung Glauben zu schenken, war das Berufungsgericht verfahrensrechtlich nicht gehindert, da es Sache des beweispflichtigen Klägers gewesen wäre, sie zu widerlegen. Legt man aber diesen Sachverhalt zugrunde, so kann es in der Tat nicht beanstandet werden, daß der Berufungsrichter einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel der Beklagten verneint hat. § 74 darf sinngemäß nicht dazu führen, daß nach Auflösung der Ehe von dem unterhaltsberechtigten Teil ein Verhalten gefordert wird, das auf eine Fortdauer der Treuepflicht bis zum Abschluß einer neuen Ehe hinausliefe. Die Bestimmung will nur den Belangen des Unterhaltspflichtigen insoweit Rechnung tragen, als ihm nicht zugemutet werden soll, die Beschmutzung des Familiennamens (vgl. § 65 EheG.) und der Familienehre durch einen unsittlichen oder ehrlosen Lebenswandel hinzunehmen und gleichwohl eine aus -der früheren Ehe hergeleitete Unterhaltspflicht zu erfüllen. Gewiß ist ein Zusammenleben in wilder Ehe als den Belangen der Volksgemeinschaft abträglich sittlich zu mißbilligen. Das hat darin seinen Grund, daß nur eine nicht jederzeit willkürlich lösbare Gemeinschaft die Gewähr für die Erfüllung der den Geschlechtern gestellten Aufgaben bieten kann. § 74 will aber nach seinem Sinn und Zwecke nicht jeden Fall treffen, wo der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Lebenswandel in sittlich zu mißbilligender Weise gestaltet; er setzt vielmehr voraus, daß der Unterhaltspflichtige sich durch die äußerlich wahrnehmbare unsittliche Art des von dem anderen geführten Lebenswandels in seinen Belangen getroffen fühlen kann. Das geschlechtsvertrauliche Zusammenleben der Beklagten mit einem Mann in unauffälliger, nach außen nicht hervortretender Gemeinschaft reicht daher zur Annahme eines unsittlichen Lebenswandels im Sinne des § 74 EheG. nicht aus. Der Kläger hat noch behauptet, daß die Beklagte von einer Eheschließung mit St. nur absehe, um den mit der Wiederverheiratung nach dem Vertrag entfallenden Unterhaltsanspruch nicht zu verlieren. Ob diese Behauptung nach Lage des Falles geeignet wäre, den Anspruch zu beseitigen, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Berufungsgericht hat sich von ihrer Richtigkeit nicht überzeugen können. Ein durchgreifender Verfahrensverstoß tritt dabei nicht hervor. (Wird ausgeführt.)

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3. Endlich beanstandet die Revision die Meinung des Berufungsgerichts, daß die Anwendung von § 323 ZPO. und § 66 EheG. nicht zu einer Abänderung des Unterhaltsvertrages führen könne. Das Berufungsgericht hat dazu folgendes ausgeführt: Der Fall einer Aenderung der Gesetzgebung, wie sie § 66 EheG. enthalte, sei im Vertrage nicht vorgesehen. Der Sinn der Vereinbarung liege aber darin, daß nur der Tod oder die Wiederverheiratung, nicht jedoch andere künftige Ereignisse, die Unterhaltspflicht zum Erlöschen bringen sollten. Ersichtlich seien die Parteien damals auch davon ausgegangen, daß die Beklagte nicht genötigt sein solle, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu erwerben. Auf ihren Gesundheitszustand und ihre Erwerbsfähigkeit komme es daher nicht an. Die Rüge der Revision ist nicht begründet. § 323 Abs. 4 ZPO. sieht nicht schlechthin die Möglichkeit einer Abänderung vollstreckbarer Verpflichtungserklärungen vor, wenn die Verhältnisse, die bei künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen für die Bestimmung ihrer Höhe maßgebend waren, sich wesentlich geändert haben, sondern besagt nur, daß, wenn die Abrede die Klausel der gleichbleibenden Verhältnisse enthält, die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung einer Abänderung nicht im Wege steht. Wenn auch nach dem maßgebenden sachlichen Recht Unterhaltsverträgen der hier in Betracht kommenden Art die Klausel der gleichbleibenden Verhältnisse regelmäßig innewohnt, so entscheidet doch, wie das Berufungsgericht mit Recht erwägt, der durch Auslegung zu ermittelnde Vertragswille der Parteien darüber, in welchem Umfang eine Aenderung der Verhältnisse die übernommene Verpflichtung berühren sollte, insbesondere auch darüber, ob es sich um Verhältnisse im Sinne der Klausel handelt. Vorliegend steht die jeweilige Lage der Gesetzgebung in Frage. Sie hat eine wichtige Aenderung durch § 66 EheG. erfahren. Während es für die Anrechnung des Ertrags der Arbeit einer schuldlos geschiedenen Frau nach § 1578 B G B . darauf ankam, ob nach den Verhältnissen, in denen die Eheleute gelebt haben, Erwerb durch Arbeit der Frau üblich war, stellt § 66 EheG. darauf ab, ob eine Erwerbstätigkeit von ihr den Umständen nach erwartet werden kann. Da anzunehmen ist, daß beim Vertragsschluß an eine Aenderung der Gesetzgebung nicht gedacht wurde, muß eine ergänzende Auslegung stattfinden und gefragt werden, wie die Parteien den eingetretenen Fall bei Erkennung seiner Möglichkeit geregelt haben würden. Das vom Berufungsgericht gewonnene Ergebnis, wonach es dem Willen der Parteien entsprochen hätte, der Aenderung keinen Einfluß auf die übernommene Verpflichtung einzuräumen, beruht auf tatsächlichen Erwägungen, die Rechts- oder Erfahrungsgrundsätzen nicht zuwiderlaufen und mit der Revision daher nicht angefochten werden können.

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RGZ. 165, 155 1. Besteht, wenn ein Miethaas an einer erst geplanten (projektierten) Straße errichtet and zum Gebrauche freigegeben wird, für die Stadtgemeinde and den Vermieter die Pflicht, für einen vorläufigen, angefährdeten Zugang zu sorgen? 2. Zur Frage des Mityerschuldens. BGB. §§ 254, 823. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hagen.

Urt. v. 6. November 1940. II. Oberlandesgericht Hamm.

Im Jahre 1938 hatte die Zweitbeklagte an der damals erst geplanten (projektierten) T.straße in J., mit deren Herrichtung überhaupt noch nicht begonnen war, mit Genehmigung der Erstbeklagten die Häuser Nr. 123 und 125 errichtet und nach der Gebrauchsabnahme zum 1. Oktober 1938 vermietet. Der Kläger, der verheiratet ist und drei Kinder hat, zog als Mieter am Nachmittag des 3. Oktober 1938 in Nr. 123 ein. Bei der Einrichtung der Wohnung halfen ihm seine Ehefrau und ihr Vater, der Eisenhobler F., während die drei Kinder in dessen Wohnung untergebracht waren. Am Abend gegen 21 Uhr machte sich die Ehefrau des Klägers mit ihrem Vater auf, um die Kinder aus der F.sehen Wohnung abzuholen. Auf dem Gange zur Straßenbahn stürzte sie vor dem Hause Nr. 125 auf dem unebenen Gelände so unglücklich, daß sie eine Gehirnerschütterung erlitt, das rechte Augenlicht verlor und in ihrer Arbeitsfähigkeit erheblich beeinträchtigt wurde. Der Kläger führt den Unfall auf den unbrauchbaren Zustand des Zugangs zu den Häusern von der nächstgelegenen Straße, der W.straße, zurück und macht für die Folgen beide Beklagten als Gesamtschuldner haftbar. Er verlangt für sich, weil er eine Haushaltsgehilfin anstellen müsse, eine Rente von monatlich 40 RM., zunächst auf die Dauer von 2 Jahren vom 1. April 1939 ab, ferner für seine Ehefrau ein angemessenes Schmerzensgeld; auch beantragt er, festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner ihm und seiner Ehefrau allen weitergehenden Schaden zu ersetzen hätten. Die Beklagten bestreiten den Anspruch dem Grunde und, soweit er beziffert ist, auch der Höhe nach. Jede lehnt für sich die Verantwortung für den Zustand des Zugangs ab und schiebt sie der andern zu. Beide wenden ferner ein, daß der Zustand dem Kläger und seiner Frau bekannt gewesen sei und daß sie eigenes Verschulden treffe. Die Zweitbeklagte beruft sich auch auf die §§ 539, 545 BGB. Das Landgericht hat in vollem Umfange nach dem Klageantrag erkannt und das Schmerzensgeld auf 2000 RM. bemessen. Beide Be-

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klagten haben Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Erstbeklagte abgewiesen, weil die Zweitbeklagte allein verantwortlich gewesen sei. Es hat aber Mitverschulden der Ehefrau angenommen und die Zweitbeklagte nur zur Hälfte verurteilt. Die Revision des Klägers führte, soweit zu seinen Ungunsten erkannt worden war, zur Aufhebung und Zurückverweisung, während die Anschlußrevision der Zweitbeklagten zurückgewiesen wurde. Gründ e: Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war am Einzugstage weder eine an den Häusern Nr. 123 und 125 vorbeiführende Straße noch überhaupt ein verkehrssicherer Zugang zu diesen Häusern von der nächstgelegenen Straße, der W.straße, aus vorhanden. Das Gelände war uneben, durch Fuhrwerke ausgefahren und wies große Löcher auf. An den Häusern entlang führte nur ein „Fußpfad", der von den Bauhandwerkern ausgetreten und ebenfalls mit Unebenheiten und Löchern durchsetzt war. E r war unbeleuchtet; nur von den fern an der W.straße stehenden Lampen fiel Licht herüber, das aber eine im Dunkeln aus den Häusern tretende Person höchstens blendete. Auf diesem Fußpfade kam die Ehefrau des Klägers zu Fall. Das Berufungsgericht nimmt an, daß die Erstbeklagte für diesen Zustand und den Unfall nicht verantwortlich gewesen sei, weil dieser sich auf keiner dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße zugetragen habe. E s vermißt auch ein Schutzgesetz, dessen Verletzung die Erstbeklagte haftbar gemacht haben könnte, und ist der Ansicht, sowohl das Ortsstatut der Stadt I. vom 29. März 1888, die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen betreffend, als auch die Ortspolizeiverordnung vom 25. September 1885, betreffend den Ausbau von Straßen und die Anlage und Unterhaltung von Bürgersteigen, seien durch die §§ 34, 74 PrPolVerwG. aufgehoben worden. Daß die Erstbeklagte die baupolizeiliche Abnahme der Häuser wegen der Wohnungsknappheit noch vor der Herstellung einer Straße zugelassen habe, erachtet das Berufungsgericht für unerheblich und hält es auch für gleichgültig, ob sie die Kosten der Herstellung schon von der Zweitbeklagten eingezogen und von der Vermietung Kenntnis gehabt habe, was die Erstbeklagte beides bestreitet. Das Berufungsgericht meint weiter, es sei nicht Pflicht der Erstbeklagten gewesen, die Zweitbeklagte dazu anzuhalten, daß diese vor dem Einzüge der Mieter für einen ordnungsmäßigen Zugang sorgte, und legt das Fehlen eines solchen der Zweitbeklagten allein zur Last. Deren Pflicht, wenigsten für einen vorläufig gangbaren Weg zur W.straße zu sorgen, notfalls die Mieter selbst zur Herstellung heranzuziehen und eine einwandfreie Beleuchtung anzubringen, leitet das Berufungsgericht

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unter Anwendung des § 823 Abs. 1 B G B . aus ihrer Stellung als Vermieterin ab, erblickt darin „Nebenpflichten" und erklärt die §§ 539, 545 B G B . für unanwendbar. Für den Schaden macht es jedoch wegen Mitverschuldens d e r Verunglückten die Zweitbeklagte nur zur Hälfte verantwortlich. D a s Mitverschulden erblickt es darin, daß die Ehefrau des Klägers, die den Zugang zwar erwiesenermaßen erst am Einzugstag, aber doch schon vor Eintritt der Dunkelheit kennen gelernt und sich mit keiner Taschenlampe oder anderen Beleuchtung versehen habe, nicht vorsichtig genug gewesen sei — sie habe etwa ihren Vater unterfassen können — und sich zu schnell bewegt habe, w a s aus der Schwere ihrer Verletzungen erhelle. Für die Beurteilung ist entscheidend, daß aus Wohnungsmangel die Häuser vor der Herstellung einer Straße für den Gebrauch freigegeben, vermietet und bezogen worden sind und daß es sich nur darum handelte, für eine Uebergangszeit einen vorläufigen, einigermaßen brauchbaren Zugang zu schaffen. Bei dieser Eigentümlichkeit des Falles kann es nicht darauf ankommen, welche Zumutungen unter gewöhnlichen Umständen an eine Stadtgemeinde in Hinsicht auf eine Straßenanlage oder an einen Vermieter in Hinsicht auf den Zugang zum Mietgrundstück zu stellen sind. Außergewöhnliche Gefahrlagen verlangen nun einmal außergewöhnliche Maßnahmen. Unter diesem Gesichtspunkt ist zunächst der Revision des Klägers darin Recht zu geben, daß auch die Erstbeklagte für das Fehlen jeglicher Sicherung und Beleuchtung verantwortlich war. Dazu braucht weder d a s Ortsstatut vom 29. März 1888 herangezogen zu werden, noch die Polizeiverordnung vom 25. September 1885. E s genügt, daß die E r s t b e k l a g t e wegen der Wohnungsnot, bevor noch irgend etwas für die Schaffung eines einigermaßen brauchbaren Zugangs zu den Häusern getan worden war, die Erlaubnis zu deren Ingebrauchnahme erteilt hat. Damit mußten ihre verfassungsmäßig berufenen Vertreter (§§ 30, 31 BGB.) wissen, daß die Häuser alsbald vermietet und bezogen werden würden. Dann war es aber ihre Pflicht, behufs Herstellung eines wenigstens vorläufigen Zugangs und einigermaßen ausreichender Beleuchtung das Erforderliche zu veranlassen. Ob die Erstbeklagte selbst den vorläufigen Zugang und die Beleuchtung herstellen ließ oder die Zweitbeklagte dazu anhielt, war eine F r a g e von untergeordneter Bedeutung; aber tatsächlich hat die Erstbeklagte in dieser Hinsicht gar nichts veranlaßt. E s ist auch in der Rechtsprechung des Reichsgerichts schon anerkannt, daß eine Gemeinde, nachdem sie d i e Errichtung von Wohnhäusern an einer noch unfertigen Straße genehmigt und die Ingebrauchnahme der noch unfertigen Häuser zugelassen hat, sich nicht jeder Fürsorge für den Verkehr von und zu den Häusern entschlagen darf ( J W . 1909 S. 161 Nr. 8 — vgl. auch J W . 1910 S. 618 Nr. 10 —; WarnRspr. 1908

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Nr. 373). Auf die allgemeine Fürsorgepflicht der Polizei braucht nicht einmal zurückgegriffen zu werden. A b e r auch die Zweitbeklagte trägt die Verantwortung für den Unfall; insoweit ist dem Berufungsgericht nicht entgegenzutreten. Die Anschlußrevision der Zweitbeklagten, die das bekämpft, geht dabei rechtsirrig von regelmäßigen Zuständen aus und läßt außer acht, daß es sich hier um einen außergewöhnlichen Notstand gehandelt hat, welcher der Zweitbeklagten bekannt war, jedenfalls bekannt sein mußte. Die Grundlage der Klage gegen sie bildet nicht der Mietvertrag, der ja auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen könnte, sondern der Umstand, daß sie durch Vermietung der Häuser einen, wenn auch beschränkten, V e r k e h r zu und von ihnen eröffnet hatte. Das ist ersichtlich auch die Auffassung des B e rufungsgerichts, das den § 823 B G B . anführt, wenngleich es von einer „Nebenpflicht" des Vermieters spricht. Die § § 539 und 545 B G B . sind daher hier bedeutungslos. Mag nun auch die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters sich im allgemeinen nicht über das Mietgrundstück hinaus erstrecken, so war es doch unter den außergewöhnlichen Umständen, wie sie hier vorlagen, anders. Nicht nur die Erstbeklagte, sondern auch die Zweitbeklagte mußten sich G e d a n k e n darüber machen, wie sich denn eigentlich der Verkehr zu und von den Mietgrundstücken bewerkstelligen lasse. Dabei durfte sie sich nicht dabei beruhigen, daß sie, wie sie behauptet, Kosten für die Straßenherstellung an die Erstbeklagte entrichtet hatte. Daß beim Einzug der Mieter noch nichts für die Schaffung eines ungefährdeten Zugangs von der W . s t r a ß e geschehen war, lag offen zutage. Unter diesen Umständen mußte die Zweitbeklagte, nötigenfalls im Einvernehmen mit der Erstbeklagten, vorläufige Maßnahmen treffen, zum mindesten für eine einigermaßen ausreichende Beleuchtung bis zur W . s t r a ß e sorgen. Uebrigens macht § 6 der vom Kläger mitgeteilten Polizeiverordnung vom 8. Mai 1930 — hierin übereinstimmend mit A r t . 6 der Polizeiverordnung vom 25. September 1885 — dem Bauenden zur Pflicht, wenn die vorgesehene S t r a ß e noch nicht hergestellt ist, einen nach Ansicht der Polizeibehörde genügenden Zufuhrweg vom Baugrundstück bis zum nächsten F a h r w e g e zu beschaffen und zu unterhalten. Danach wäre sogar durch ein Schutzgesetz die Haftung der Zweitbeklagten aus § 823 Abs. 2 B G B . begründet. E s bedarf aber nicht einmal der Heranziehung dieser vom Berufungsgericht nicht erwähnten Bestimmung, deren Vorhandensein das Revisionsgericht nicht feststellen kann (§ 549 ZPO.), da sich die Haftung der Zweitbeklagten unter den obwaltenden Umständen schon aus der Vermietung der Wohnungen und damit aus § 823 Abs. 1 B G B . ergibt. Dabei sei bemerkt, daß das Vorhandensein jener Bestimmung an der Mitverantwortlichkeit der Erstbeklagten schon darum nichts geändert

Unerlaubte Handlungen hätte, weil der Zufuhrweg unter — mindestens prüfender — wirkung ihrer Polizei zu beschaffen gewesen wäre.

283 Mit-

Die Revision greift auch die Annahme eines Mitverschuldens der Ehefrau des Klägers an. Sie meint, die Ehefrau habe sich darauf verlassen können, daß das Miethaus einen ordentlichen und beleuchteten Zugang habe; sie habe keinen Anlaß gehabt, sich mit einer Taschenlampe oder dergleichen zu versehen; der schmale Fußpfad — nach Aussage des Zeugen Sch. 80 cm breit — habe ihr schwerlich ermöglicht, neben ihren Vater zu gehen. Sie sei nach dessen Aussage ,,in gemütlichem Gang", also langsam, gegangen. Die Straßenlampen hätten geblendet. Nur bei Uebereilung, die aber keinesfalls vorgelegen habe, hätte die Schnelligkeit des Ganges für die Schwere des Unfalls verantwortlich sein können. Ueber die Frage des Mitverschuldens kann im Revisionsverfahren nicht abschließend entschieden werden, schon darum nicht, weil diese Frage für die etwaige Abwägung (§ 254 B G B . ) gegenüber der Erstbeklagten überhaupt noch nicht geprüft worden ist. Die neue Verhandlung wird dem Berufungsgericht Gelegenheit geben, die Frage auch im Verhältnis zur Zweitbeklagten nochmals zu prüfen. Ob allem beigetreten werden könnte, was die Revision hierzu vorbringt, mag dahingestellt bleiben. Denn nach der Feststellung des Berufungsgerichts hatte die Ehefrau auf dem Hinwege zur Wohnung immerhin einen Eindruck davon bekommen, wie es mit dem Zugange beschaffen war. Eine Taschenlampe konnte sie aber doch nur dann mitnehmen, wenn eine solche vorhanden war. Daß dies der Fall gewesen wäre, ist nicht einmal behauptet, geschweige denn festgestellt worden; selbstverständlich war das Vorhandensein zur damaligen Zeit nicht. Beachtlich ist gegenüber der Ansicht des Berufungsgerichts, die Ehefrau hätte ihren Vater unterfassen sollen, der Hinweis der Revision auf die Schmalheit des Fußpfades. Der Schluß, den das Berufungsgericht aus der Schwere der Verletzungen auf die Geschwindigkeit des Ganges ziehen will, ist nach der Erfahrung keinesfalls zwingend. Für die Annahme der Revisionsbeantwortung der Zweitbeklagten, die Ehefrau hätte, wenn sie die Blendwirkung der an der W.straße stehenden Straßenlaternen mit der Hand abgeschirmt hätte, die Unebenheit, ein der sie zu Fall gekommen ist, erkennen können, bieten die bisherigen Feststellungen keinen Anhalt. Alles das wird nachzuprüfen sein. Schon die bisherigen Feststellungen lassen aber so viel erkennen, daß die Abwägung gegenüber der Zweitbeklagten keinesfalls einen Rechtsfehler zu deren Ungunsten enthält. Wenn darin ein Rechtsfehler liegt, so kann dadurch nur der Kläger beschwert sein, indem ihm von seinen Ansprüchen an die Zweitbeklagte zu viel aberkannt worden ist. . . .

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RGZ. 166, 61 Zur Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Anstiftung zu verbotswidrigem Schießen und der todlichen Verletzung durch einen wider Willen des Schießenden sich lösenden Schuß. BGB. § 823 Abs. 2. StGB. § 367 Nr. 8. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 11. Februar 1941. I. Landgericht Lüneburg.

II. Oberlandesgericht Celle.

Der Beklagte betreibt in D. an öffentlicher Straße eine Gärtnerei, die an sein Wohnhaus angrenzt. Am 18. Oktober 1938 war der Polizeiassistent a. D. Z. bei ihm zu Besuch. Da Z. im Besitz einer Pistole war, forderte ihn der Beklagte auf, in einen Krähenschwarm hineinzuschießen, der dem Hause gegenüber jenseits der Straße auf dem Acker des Beklagten saß- Z. holte darauf seine Pistole aus dem Hause und schoß von der Eingangspforte an der Straße aus zweimal über die Straße hinweg. Die Krähen flogen nach links auf. Um noch einmal auf sie zu schießen, machte Z. einige Schritte in der gleichen Richtung. Dabei stolperte er über die Torstange und schlug mit der Hand auf den Torflügel, so daß sich die ungesicherte Pistole entlud. Der Schuß traf den Arbeiter H., der auf der Straße stand und sich mit dem Beklagten und dessen Frau über die Pforte weg unterhielt, tödlich ins Herz. Z. ist wegen fahrlässiger Tötung sowie wegen Vergehens gegen §§ 14, 26 des Waffengesetzes vom 18. März 1938 in Tateinheit mit Uebertretung des § 367 Nr. 8 StGB, zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Reichsgericht hat seine Revision verworfen und insbesondere gebilligt, daß die Strafkammer Tatmehrheit zwischen der fahrlässigen Tötung einerseits, dem Vergehen gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit der Uebertretung andererseits angenommen hat. Auf die Schadensersatzklage der Kläger {der Witwe und des Sohnes des verstorbenen H.) ist Z. rechtskräftig verurteilt worden. Jetzt verlangen die Kläger vom Beklagten, weil dieser den Z. zum Schießen aufgefordert habe, gleichfalls Schadensersatz und klagen auf Zahlung von 1667,83 RM., auf Befreiung von der Forderung der Gemeinde wegen Erstattung von 237,57 RM. Beerdigungskosten und auf Feststellung weiterer Schadensersatzpflicht. Der Beklagte bestreitet jede Verpflichtung. Das Landgericht hat den Zahlungs- und den Befreiungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die beantragte Feststellung getroffen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

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Gründe: Eine Haftung des Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB. hat das Berufungsgericht mit rechtlich einwandfreier Begründung abgelehnt, ohne dabei, wie die Revision meint, das Tatbestandserfordernis, daß die Möglichkeit eines Schadens voraussehbar sein muß, zu überspannen. Auch wenn der Beklagte wußte, daß „das Schußfeld" eine öffentliche Straße war, so konnte er doch unter den gegebenen Umständen mit Rücksicht auf Persönlichkeit und Fähigkeiten des Z. der Auffassung sein, daß durch das Schießen kein Unheil angerichtet werden würde. Und daß er diese Auffassung hatte, nimmt das Berufungsgericht in tatsächlicher Würdigung an, die einem Angriff im Revisionsverfahren entzogen ist. Zur Frage der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB. stellt das Berufungsgericht fest, der Beklagte habe den Z. angestiftet, die Pistole aus dem Hause zu holen und damit zu schießen, also § 367 Nr. 8 StGB, dadurch zu übertreten, daß er an dem „von Menschen besuchten Ort" ohne polizeiliche Erlaubnis mit einer Schußwaffe schoßDurch diese Anstiftung hat der Beklagte gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstoßen. Gleichwohl verneint der Berufungsrichter eine Schadensersatzpflicht des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB., weil Z. den dritten, tödlichen Schuß nicht mehr, wie die beiden ersten Schüsse, vorsätzlich abgegeben, der Schuß sich vielmehr gegen seinen Willen infolge des Aufschlagens der Hand auf die Pforte gelöst habe, so daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beiden ersten Schüssen und dem dritten Schusse nicht mehr bestehe. Wenn dieser sich auch bei Vorbereitung eines weiteren Verstoßes gegen das Schutzgesetz gelöst habe, so enthalte er selbst einen solchen Verstoß doch ebensowenig, wie wenn noch gar kein anderer Schuß vorausgegangen sein würde. Daß Z. erst nach dem zweiten Schuß gestolpert sei, müsse als reiner Zufall angesehen werden und sei keine Folge der beiden ersten Schüsse gewesen. Der Revision ist zuzugeben, daß diese Beurteilung von Rechtsirrtum beherrscht ist. Hat der Beklagte den Z. zum Schießen auf die Krähen aufgefordert und ihm dabei alles weitere überlassen, so lag darin die Aufforderung, alles zu tun, was zum Vertreiben der Vögel erforderlich erschien, unter Umständen also mehrmals zu schießen, und damit die Anstiftung zu einer erforderlichenfalls fortgesetzten Uebertretung des § 367 Nr. 8 StGB. Diese Uebertretung war zwar schon mit der Abgabe des ersten Schusses „begrifflich vollendet", aber, da sich der erste Schuß im Rahmen der fortgesetzten Handlung nur als unselbständige Einzelhandlung darstellt, „noch nicht tatsächlich beendet" (vgl. für diese Unterscheidung RGSt. Bd. 59 S. 361); sie war dies auch noch nicht mit der Abgabe des zweiten Schusses. Denn Z. betätigte sich auch nach diesem mit dem Willen, einen dritten

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Schuß abzugeben, in der bisherigen Weise weiter; und wenn der Beklagte dieses vorsätzliche verbotswidrige Schießen wollte, so hat er, worauf die Revision zutreffend hinweist, auch alle Schritte und Betätigungen gewollt, die dem Schießenden zur Durchführung seines Vorsatzes erforderlich erscheinen würden, wozu namentlich auch das Aufsuchen eines geeigneten Schießplatzes gehörte. Geht man hiervon aus, so kann keine Rede davon sein, daß durch die Selbstauslösung des Schusses der ursächliche Zusammenhang zwischen der Anstiftung und der tödlichen Verletzung H.s unterbrochen worden wäre; vielmehr steht diese noch unmittelbar im Zusammenhange mit dem Verstoße gegen § 367 Nr. 8 S t G B , und damit auch mit der vom Beklagten begangenen Anstiftung. Dem steht nicht entgegen, daß strafrechtlich, wie das Urteil des Reichsgerichts gegen Z. ergibt, die Uebertretung des § 367 Nr. 8 S t G B , gegenüber der fahrlässigen Tötung eine selbständige strafbare Handlung darstellt. Denn das besagt nicht, daß die Uebertretung beendet war, ehe der dritte Schuß sich löste. Die Annahme zweier selbständiger Handlungen beruht vielmehr nur darauf, daß es strafrechtlich für beide Taten ,,an dem einheitlichen leitenden Willen" fehlte, „der die Zusammenfassung zu einer natürlichen Einheit als berechtigt erscheinen ließe" (RGSt. Bd. 59 S. 361). Dieser strafrechtliche Gesichtspunkt hat für die Haftung aus § 823 Abs. 2 B G B . keine Bedeutung. Für diese ist nur der auf die Anstiftung zurückzuführende, noch nicht beendete vorsätzliche Verstoß gegen das Schutzgesetz Voraussetzung. W a s sich daraus entwickelte, fällt dem Beklagten im Rahmen des ursächlichen Zusammenhangs zur Last. Ein anderes Ergebnis wäre möglich, wenn der Beklagte, wie er behauptet und — seiner Beweislast entsprechend — unter Beweis stellt, den Z. nach dem ersten (oder zweiten) Schuß aufgefordert hätte, nicht weiter zu schießen. Er will gesagt haben, nun sei es genug, und Z. soll darauf erwidert haben, er wolle noch einen hinterher geben. Hat der Beklagte in solcher Weise ernsthaft und so, daß er annehmen konnte, Z. habe ihn verstanden, seinen Auftrag zum Schießen widerrufen, so kann er für das, was sich nach diesem Widerruf abgespielt hat, nicht mehr wegen seiner — nun allerdings beendeten — Anstiftung haftbar gemacht werden. Daß ein Zusammenhang zwischen dieser und der tödlichen Verletzung H.s auch in einem solchen Falle, wie die Kläger annehmen, noch fortbestände, weil erfahrungsgemäß „der Schießende, dessen Eifer, zu schießen, einmal entfacht sei, trotz der Abmahnung nicht davon ablasse", kann nicht anerkannt werden. Das Berufungsgericht hat in der hier bezeichneten Richtung noch keine Feststellungen getroffen. Es wird dies unter Beachtung der Beweislast des Beklagten zunächst nachholen müssen. J e nach dem Beweisergebnis wird die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen oder die Klage wiederum abzuweisen sein.

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RGZ. 166, 150 1. Unter welchen Voraussetzungen kann gegen den früheren Verlobten au! Unterlassung der Zusendung von Briefen, Blumen u. dgl. geklagt werden? 2. Genügt für die vorbeugende Unterlassungsklage der äußere Tatbestand eines Eingriffs in das Rechtsgut der Ehre? BGB. § 823 Abs. 2.

S t G B . § 185.

VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 11. Februar 1941. I. Amtsgericht Osterwieck.

II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.

Die Klägerin machte im Jahre 1931 die Bekanntschaft des Beklagten und trat im Jahre 1936 mit ihm in Verkehr. Der Beklagte besuchte sie in ihrer Wohnung, sie kam auch nach O., wo er wohnte; außerdem trafen sich beide an dritten Orten. Von einer 1936 unternommenen Sommerreise richtete die Klägerin an den Beklagten eine Reihe von Briefen und Karten und blieb weiterhin in Briefwechsel mit ihm. Beide duzten sich und hatten auch Geschlechtsverkehr miteinander. Im Sommer 1936 nahm die Klägerin vom Beklagten einen Verlobungsring an. Sie erwog, wie sie angibt, eine Heirat mit ihm unter der Voraussetzung, daß sein Einkommen und sein Vermögen auskömmlich seien. Mit Brief vom 16. April 1939 löste sie jedoch ihre Beziehungen zu ihm. Trotz dieses Briefes versuchte der Beklagte immer wieder, sich der Klägerin zu nähern. Er schickte ihr Blumen, Briefe und Karten, wobei er sie duzte und Vorschläge zu einer Zusammenkunft machte. Die Klägerin verbat sich durch Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 19. September 1939 diese Annäherungen. Jetzt verlangt sie die Verurteilung des Beklagten dahin, daß er an sie keinerlei Schreiben, Blumen oder sonstige Gegenstände senden, auch nicht äußern dürfe, er sei mit ihr verlobt. Die Vordergerichte haben dem Antrag entsprochen. Die Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage für begründet erachtet. Es hat angenommen, der Beklagte habe gegen § 185 StGB., also gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. verstoßen, da er die Klägerin aufs gröblichste beleidigt habe. Hierzu hat es festgestellt: Die Klägerin habe in ihrem Schreiben vom 16. April 1939 den Rücktritt von dem Verlöbnis erklärt. Das sei auch vom Beklagten als deutliche Absage empfunden worden. Die Meinung des Beklagten, das Schreiben entspreche nicht dem wahren Willen der Klägerin, sei abwegig. Sie sei alt genug, um selbständig Entschlüsse zu fassen. Sie habe an ihrer Abweisung immer folgerichtig festgehalten. Trotzdem habe der Beklagte sich von ihr nicht fern-

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gehalten, sondern so eingestellt, als ob er noch weiter ihr Verlobter .sei. E r habe ihr Geschenke übersandt, insbesondere Blumensträuße übermittelt. Er habe sie auch weiterhin geduzt und ihr seine Liebe zum Ausdruck gebracht. So habe er am 31. Oktober 1939 an sie geschrieben: „Mein inniggeliebtes, herziges Frauchen! Immer und immer gedenke ich Dein in alter treuer Liebe und habe große, sehr große Sehnsucht nach Deiner uneingeschränkten Liebe. Wo wollen wir uns treffen?" Auf diesen Ton seien die 72 Briefe und 14 Telegramme abgestimmt, die der Beklagte der Klägerin nach dem 16. April 1939 bis zum Mai 1940 geschickt habe. E r habe sich nicht nur in Zärtlichkeitsausbrüchen gegenüber der Klägerin ergangen, sondern sie auch an vergangene Liebesstunden erinnert und künftige herbeigewünscht. Dies komme ganz deutlich in seinem Schreiben vom 28. November 1939 zum Ausdruck: „Hast Du geliebte Frau am gestrigen Bußtag auch an den Sinn, die Bedeutung gedacht: Kehrt um? Hast Du auch zugleich daran gedacht, was die Adventszeit Dir sagen soll? Schicke Dich, zu empfangen Deinen Herrn! Nimm Dir bitte diese Worte zu Herzen und wende sie für Deinen Mann an und bereite Dich vor für unser Treffen in aller Kürze in B., damit wir bald wieder unser Bettchen teilen und auch bald unsere Flitterwochen verleben. In inniger Liebe herzlich Dein getreuer Mann." Seine schriftlichen Aeußerungen habe der Beklagte auf Postkarten, teilweise auch solche mit nackten Frauengestalten, gesetzt und diese dann in Briefumschlägen der Klägerin zugesandt. Er habe auch Telegramme an sie aufgegeben und dadurch den Postbeamten den Inhalt seiner Aeußerungen bekanntgegeben. Mit Telegramm vom 26. Dezember 1939 habe er die Klägerin unverblümt aufgefordert, mit ihm im Hotel in G. geschlechtlich zu verkehren. Es habe gelautet: „Gedenke Dein. Niedersächsischer Hof. Wann, wo wollen wir wieder soooooo unendlich glücklich s e i n ? ? ? " Das Berufungsgericht hat angenommen, das geschilderte Verhalten des Beklagten bedeute eine Herabwürdigung und Beleidigung der Klägerin, vor allem, weil er ihr nach Auflösung der Verlobung Geschlechtsverkehr angesonnen habe, und zwar nicht nur in ihrer Wohnung, sondern auch in irgendwelchen Gasthöfen, und weil er verschiedentlich seine Aeußerungen auf Postkarten gesetzt habe, welche Bilder nackter Frauengestalten enthalten hätten. Es hat auch eine Wiederholungsgefahr bejaht, da bei dem aufdringlichen Verhalten des Beklagten und den vielen schriftlichen Aeußerungen, mit denen er die Klägerin überschüttet habe, nicht bezweifelt werden könne, daß er sein Treiben fortsetzen werde. Die Revision macht zunächst geltend, daß weder der äußere noch der innere Tatbestand der Beleidigung im Sinne des § 185 S t G B , gegeben sei. Es sei rechtsirrig, daß unter den gegebenen Umständen

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jede Annäherung des Beklagten an die Klägerin für diese eine Herabwürdigung bedeute. Wenn ein Mann seine frühere Verlobte bitte, das Verlöbnis wiederherzustellen und ihn zu heiraten, so bedeute das keinen Ausdruck der Mißachtung. Wenn sich die vorbeugende Unterlassungsklage gegen eine strafrechtlich verbotene Handlung richte, müsse auch der innere Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein. Dazu gehöre das Bewußtsein des Täters von der Rechtswidrigkeit und dem Beleidigenden der Aeußerungen. Der Beklagte habe immer wieder versichert, er habe die Klägerin niemals bloßstellen wollen. Das habe das Berufungsgericht nicht geprüft. Der Beklagte habe erst mit dem Urteil des Amtsgerichts von der Einreichung der öffentlich beglaubigten Prozeßvollmacht der Klägerin vom 29. April 1940 Kenntnis erhalten; bis dahin habe er geglaubt, ihre Abkehr entspreche nichl ihrem wahren und freien Willen. Unstreitig habe sie ihm einige Wochen nach dem Briefe vom 16. April 1939 zu Pfingsten gedrahtet, sie könne nicht kommen, und zwar in alter vertraulicher Form. Der Beklagte habe weiter geltend gemacht, daß die Klägerin noch kürzlich (vor dem 5. Juli 1940) geäußert habe, sie selbst finde an ihm nichts auszusetzen und möchte an sich gern zurück; die Triebfeder des Rechtsstreits sei nur ihr Rechtsanwalt. Einige Wochen vor Ende März 1940 habe die Klägerin ausgesprochen, daß sie gegen den Beklagten überhaupt nichts einzuwenden habe, sich aber noch nicht mit ihm vertragen wolle. E r habe die Vernehmung der Klägerin hierüber beantragt. Wenn das Berufungsgericht feststelle, daß die Klägerin an ihrer Abweisung immer folgerichtig festgehalten habe, so sei dies tatbestandswidrig. Bei den Potskarten mit den nackten Gestalten handle es sich um Nachbildungen von Kunstwerken; nicht alles Nackte sei unzüchtig oder auch nur anstößig. Bei den Telegrammen habe das Berufungsgericht nicht beachtet, daß die Telegraphenbeamten zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Die Revision macht ferner geltend, daß Wiederholungsgefahr nicht gegeben sei. Sie führt dazu aus, der Beklagte habe, nachdem er von der Vollmachtbeglaubigung und dem amtsgerichtlichen Urteil Kenntnis erhalten habe, jede weitere Annäherung an die Klägerin unterlassen. Das Berufungsgericht habe auch beachten müssen, daß der Beklagte nach dem ärztlichen Zeugnis vom 29. Februar 1940 einen Nervenzusammenbruch erlitten habe und sich von dessen Auswirkungen noch immer nicht ganz freimachen könne. Er leide an angeborener Nervenschwäche mit außergewöhnlich gesteigerter seelischer Erregbarkeit. Diese Angriffe der Revision sind nicht begründet. Zwar bestehen, entgegen der Annahme der Revisionsbeklagten, gegen die Zulässigkeit der Revision keine Bedenken. Es handelt sich um einen nichtvermögensrechtlichen Ansprach, so daß die Revision ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig ist (§ 546 ZPO.). Z i r i W . S c h u l d r e c h t 10



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Daran w i r d auch durch den Umstand nichts geändert, daß es sich um die Revision gegen ein oberlandesgerichtliches Berufungsurteil handelt, das gemäß § 9 der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 1. September 1939 (RGBl. I S. 1658) über die Berufung gegen ein amtsgerichtliches Urteil erkannt hat. Sachlich aber können die Rügen der Revision k e i n e n Erfolg haben. Das Berufungsgericht berücksichtigt zutreffend, daß die Klägerin mit dem e r w ä h n t e n Schreiben vom 16. April 1939 — in dem sie sich jeden Besuch des B e k l a g t e n verbittet und sogar von Hausfriedensbruch spricht — das Verlöbnis mit dem Beklagten aufgelöst und die Beziehungen zu ihm abgebrochen hat, daß es ihr damit Ernst gewesen ist und daß sie an ihrer Abweisung immer folgerichtig festgehalten hat; dabei v e r w e i s t es darauf, daß diese deutliche Absage von dem B e k l a g t e n auch als solche empfunden worden ist. Demgegenüber enthält das T e l e g r a m m zu Pfingsten 1939 nicht nur kein sachliches Entgegenkommen, sondern im Gegenteil erneute A b w e h r gegen die Annäherungsversuche des Beklagten. Auf die angeblichen A e u ß e rungen der Klägerin, sie habe an dem Beklagten nichts auszusetzen und möchte gern zurück, wolle sich aber jetzt noch nicht mit ihm vertragen, k a n n sich der B e k l a g t e schon deshalb nicht berufen, weil er trotz Aufforderung der Klägerin nicht angegeben hat, zu welcher genauen Zeit und zu w e m die Klägerin diese Aeußerungen getan haben soll. Einer Ausübung des richterlichen Fragerechts bedurfte e s nach der ganzen S a c h l a g e nicht; auch ist von einer eidlichen Vernehmung der Klägerin über diese Behauptungen mit Recht Abstand genommen worden. Geht man hiervon aus, so konnte das Berufungsgericht in dem Verhalten des Beklagten eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB., nämlich eine widerrechtliche Verletzung der Ehre der Klägerin erblicken. Ohne Rechtsirrtum hat es als Herabwürdigung und Mißachtung der Klägerin angesehen, daß der Beklagte trotz der in dem Schreiben der Klägerin vom 16. April 1939 enthaltenen deutlichen Absage, die er auch als solche erkannte, sich gleichwohl auch w e i t e r hin zu ihr so stellte, als ob er noch ihr Verlobter sei, ihr in 72 Briefen und 14 Telegrammen fortgesetzt seine Liebe zum Ausdruck brachte, dabei sie ständig an v e r g a n g e n e Liebesstunden erinnerte, auch künftige herbeiwünschte, insbesondere ihr in nicht mißzuverstehenden Wendungen Geschlechtsverkehr in ihrer Wohnung und auch in irgendwelchen Gasthöfen ansann, daß e r sich bei diesen Aufforderungen verschiedentlich auch der Bilder n a c k t e r Frauengestalten bediente, die er mit entsprechenden Unterschriften versehen hatte, und daß er endlich sogar in Telegrammen, deren Inhalt notwendig zur Kenntnis Dritter, nämlich der Telegraphenbeamten, gelangen mußte, s e i n e

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Zumutungen zum Ausdruck brachte. Wenn es an sich auch keinen Ausdruck der Mißachtung bedeutet, daß ein Mann seine frühere Verlobte bittet, das Verlöbnis wieder herzustellen und ihn zu heiraten, so handelt es sich doch um eine schwere Kränkung der Frau, wenn das Verlangen in einer Art und Weise geäußert wird, wie es hier geschehen ist. Mag auch die Uebersendung von Postkarten, auf denen künstlerische Darstellungen nackter Frauen nachgebildet sind, im allgemeinen nicht zu beanstanden sein, so liegt der Sachverhalt doch anders, wenn, wie es der Beklagte in seinem Briefe vom 21. Oktober 1939 getan hat, solche Abbildung mit der Unterschrift versehen wird: „So habe ich Dich schon oft gehabt, mein Liebling" oder wenn sie, wie in dem Briefe vom 19. Januar 1940, mit der Aufforderung übersandt wird: „Schenk mir bitte bald wieder Deine unbeschränkte Liebe". Daß solche Zusendungen an die frühere Verlobte nach dem Abbruch der Beziehungen eine Mißachtung und Herabwürdigung darstellen, kann keinem Zweifel unterliegen. Der Umstand, daß die Klägerin dem Beklagten während der Verlobungszeit wederholt Beiwohnung gestattet hatte, berechtigte den Beklagten nicht, ihr, nachdem sie sich von ihm losgesagt und ihm deutlich zu Gemüte geführt hatte, daß sie von ihm nichts mehr wissen wolle, gleichwohl die früheren Vorkommnisse immer wieder vorzuhalten und sie sogar auch jetzt noch zum Geschlechtsverkehr aufzufordern. Bei den Telegrammen kommt es nicht darauf an, daß die Telegraphenbeamten zur Verschwiegenheit verpflichtet waren. Es genügt, daß diese Beamten von dem Inhalt der Telegramme Kenntnis erhielten. Wenn es in dem Telegramm des Beklagten vom 26. Dezember 1939 hieß: „Gedenke Dein. Niedersächsischer Hof. Wann, wo wollen wir wieder soooooo glücklich sein???", so war hier für die Beamten deutlich erkennbar, daß es sich um eine Aufforderung zum Geschlechtsverkehr im Gasthofe handelte, um so mehr, als ein Telegramm vom 25. Dezember 1939 vorhergegangen war: „Wann bist Du wieder in Deiner Wohnung allein, möcht gern mit Dir wieder sooo glücklich sein". Der Umstand, daß der Beklagte derartige Aufforderungen drahtlich an die Klägerin richtete, also in einer Weise, daß sie notwendig zur Kenntnis der Beamten gelangten, mußte bei den Beamten den Eindruck der Mißachtung der Klägerin erwecken. Hiernach ist der äußere Tatbestand eines widerrechtlichen Eingriffs in das geschützte Rechtsgut der Ehre der Klägerin gegeben. Die Revision meint, daß eine vorbeugende Unterlassungsklage nur gerechtfertigt sei, wenn der Täter auch das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit und dem Beleidigenden seiner Aeußerungen gehabt habe. Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Wie in der Rechtsprechung ständig angenommen worden ist, setzt die sogenannte vorbeugende Klage auf Unterlassung von Eingriffen in Rechtsgüter, die das Gesetz schützt, keine unerlaubte Handlung, also kein Verschul1**

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den des T ä t e r s v o r a u s ; ein g e g e n s t ä n d l i c h r e c h t s w i d r i g e r Eingriff genügt (vgl. ζ. B . R G Z . B d . 140 S. 3 9 2 [ 4 0 2 ] , B d . 148 S. 114 [ 1 2 3 ] , B d . 156 S. 3 7 2 [ 3 7 4 ] , R G U r t . V I 1 8 7 / 3 8 vom 5. J u l i 1939 in D R . Ausg. A 1 9 3 9 S . 2 0 0 9 Nr. 2, s o w i e R G R K o m m . z. B G B . B a n d 2 S . 706, V o r b e m . 6 III a ζ. 25. T i t e l ) . Das V o r l i e g e n d e r — die V o r a u s s e t z u n g d e r vorbeugenden Unt e r l a s s u n g s k l a g e b i l d e n d e n — W i e d e r h o l u n g s g e f a h r hat das Berufungsg e r i c h t f e s t g e s t e l l t . H i e r b e i h a n d e l t e s sich um eine F r a g e t a t s ä c h l i c h e r Natur, die i m R e v i s i o n s v e r f a h r e n nur dann n a c h z u p r ü f e n ist, w e n n das B e r u f u n g s g e r i c h t von u n r i c h t i g e n r e c h t l i c h e n Gesichtsp u n k t e n a u s g e g a n g e n ist ( R G Z . B d . 1 4 8 S. 114 [ 1 1 9 ] ) . Im v o r l i e g e n d e n F a l l e l ä ß t die F e s t s t e l l u n g k e i n e n R e c h t s i r r t u m e r k e n n e n und ist daher von d e r R e v i s i o n hinzunehmen. W e n n das B e r u f u n g s g e r i c h t aus dem a u f d r i n g l i c h e n V e r h a l t e n des B e k l a g t e n und seinen v i e l e n s c h r i f t l i c h e n A e u ß e r u n g e n den S c h l u ß g e z o g e n hat, daß die G e f a h r der F o r t s e t z u n g dieses V e r h a l t e n s b e s t e h e , so ist h i e r g e g e n r e c h t l i c h n i c h t s e i n z u w e n d e n . D e m g e g e n ü b e r k a n n es n i c h t ins G e w i c h t fallen, w e n n der B e k l a g t e im L a u f e des R e c h t s s t r e i t s w e i t e r e B e l ä s t i g u n g e n d e r K l ä g e r i n u n t e r l a s s e n h a b e n sollte. D a ß der B e k l a g t e n a c h dem ä r z t l i c h e n Z e u g n i s v o m 2 9 . F e b r u a r 1 9 4 0 einen N e r v e n z u s a m m e n b r u c h e r l i t t e n h a t und sich von d e s s e n A u s w i r k u n g e n n o c h i m m e r n i c h t ganz f r e i m a c h e n k a n n und d a ß er an a n g e b o r e n e r N e r v e n schwäche mit außergewöhnlich gesteigerter seelischer Erregbarkeit leidet, v e r m a g die F e s t s t e l l u n g der W i e d e r h o l u n g s g e f a h r nicht zu e r s c h ü t t e r n . Im G e g e n t e i l wird b e i s o l c h e r S a c h l a g e eher mit e i n e r W i e d e r h o l u n g der B e l ä s t i g u n g e n g e r e c h n e t w e r d e n k ö n n e n als b e i e i n e m völlig g e s u n d e n M e n s c h e n . W e n n die R e v i s i o n endlich m e i n t , die V e r u r t e i l u n g zur U n t e r lassung sei m i n d e s t e n s auf das A n s i n n e n v o n G e s c h l e c h t s v e r k e h r u n t e r U e b e r s e n d u n g der B i l d e r n a c k t e r F r a u e n g e s t a l t e n o d e r in T e l e g r a m m e n zu b e s c h r ä n k e n , so k a n n a u c h d e m n i c h t gefolgt w e r d e n . U n t e r den g e s c h i l d e r t e n U m s t ä n d e n , i n s b e s o n d e r e mit R ü c k s i c h t auf A r t , U m f a n g und S c h w e r e der B e l ä s t i g u n g e n , b e d e u t e t j e d e s w e i t e r e E i n d r i n g e n des B e k l a g t e n in die K r e i s e d e r K l ä g e r i n , sei e s die U e b e r s e n d u n g v o n S c h r e i b e n , B l u m e n oder dgl., sei es die A e u ß e rung, e r sei mit ihr v e r l o b t , eine n e u e M i ß a c h t u n g der K l ä g e r i n , m i t hin einen r e c h t s w i d r i g e n Eingriff in das g e s c h ü t z t e R e c h t s g u t d e r E h r e , der die U n t e r l a s s u n g s k l a g e r e c h t f e r t i g t .

RGZ. 168, 331 Ueber den Begriff des Tierhalters und der Aulsichtspflicht nach § 834 BGB. beim Führen eines Bullen auf dem Schlachthole. VI. Z i v i l s e n a t .

U r t . v. 9. D e z e m b e r 1941.

I. Landgericht Frankfurt a. Μ.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Unerlaubte Handlungen

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Die Erstbeklagte ist der Stadt F. vertraglich verpflichtet, das Schlachtvieh im städtischen Viehhofe von der Laderampe zum Stall und von da nach etwa zwei Tagen weiter zur Waage in der Verkaufshalle zu bringen, von wo ab dann andere für die Weiterbeförderung zu sorgen haben. Der Zweitbeklagte ist bei der Erstbeklagten als Viehtreiber angestellt. Er hatte am 23. Februar 1939 einen Bullen vom Agentenstande zur Waage zu bringen. Dazu blendete er das Tier mit einem Sack ab und band zunächst den Kappenzaum los. Als er dann auch den Nasenstrick lösen wollte, wurde der Bulle wild, riß den Strick durch und stürmte, während der Zweitbeklagte ihn vergeblich am Kappenzaume zu halten versuchte, durch den zum Antriebe bestimmten Seitengang und den Quergang zum Mittelgang, auf dem das Viehtreiben verboten ist. Hier stand der Kläger am Geländer im Gespräch mit einem Händler. Der Bulle griff den Kläger an und brachte ihm, indem er ihn an das Eisengitter drückte, erhebliche Verletzungen bei, die zu einer längeren Krankenhausbehandlung führten. Der Kläger verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Ersatz des ihm in seiner beruflichen Tätigkeit erwachsenen Schadens in Höhe von 2171 RM. nebst Zinsen, Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und die Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet seien, ihm allen weiteren Schaden aus dem Unfall zu ersetzen. E r behauptet, der Zweitbeklagte habe den Bullen falsch behandelt und sei körperlich und nach seiner ganzen Veranlagung nicht geeignet, einen Bullen zu führen; dies hätten die Inhaber der Erstbeklagten gewußt. Auch sei der Strick ungenügend zur Führung eines Bullen gewesen. Die Beklagten, die um Klageabweisung bitten, bestreiten jede Verletzung der ihnen obliegenden Sorgfaltpflicht. Beide Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Der Berufungsrichter weist darauf hin, daß die Klage gegen den Zweitbeklagten auf § 823 B G B . , gegen die Erstbeklagte außerdem auf §§ 831, 834 BGB. gestützt sei. Daneben verweist die Revision gegenüber der Erstbeklagten auf § 833 B G B . , jedoch zu Unrecht. Der Revisionsbeantwortung ist zuzugeben, daß die Beklagte nicht als Tierhalter angesehen werden kann. Sie hatte auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Stadt F. das an der Ausladerampe ankommende Vieh zum Stall des Schlachthofes zu befördern und es währenddessen unter ihrer Obhut etwa zwei Tage lang zu füttern. Bei Ausübung dieser Tätigkeit fehlt ihr — ähnlich wie der Landwirtschaftskammer, die den Viehabsatz am Schlachthofe vermittelt (vgl. RGZ. Bd. 66 S. 1) — das eigene Interesse ein den Tieren; sie nutzt nicht das Vieh selbst für sich, wie dies etwa der Metzger

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tut, der es schlachtet (vgl. RGZ. Bd. 79 S. 246). Daß sie aus seiner Beförderung gewerblich Nutzen zieht, macht sie nicht zum Tierhalter. Anderseits hat sie durch ihren Vertrag mit der Stadt F. die Führung der Aufsicht über das Vieh für den Tierhalter übernommen und haftet deswegen aus § 834 BGB. Diese Bestimmung setzt nicht als notwendig voraus, daß der Vertrag mit dem Tierhalter selbst geschlossen ist (vgl. RGRKomm. z. BGB. Bern. 3 a E. zu § 834); es k a n n daher auf sich beruhen (worüber keine Feststellung getroffen worden ist), ob als Tierhalter während der Beförderung und Betreuung des Viehes durch die Beklagte die Stadt F. oder der jeweilige Eigentümer anzusehen ist. Aus dem Gesagten erhellt zugleich, daß auch der Anspruch gegen den Zweitbeklagten aus § 834 (nicht § 823) BGB. zu beurteilen ist, weil dieser Beklagte gleichfalls durch Vertrag (nämlich mit der Erstbeklagten) die Führung der Aufsicht über das Vieh, hier den Bullen, für den Tierhalter übernommen hatte. Ueber die Pflicht zur Beaufsichtigung des Bullen hinaus erstreckt sich endlich die Sorgfaltpflicht der Erstbeklagten auch auf die Auswahl des Zweitbeklagten bei seiner Bestellung zum Viehtreiber und die Ueberwachung seiner Tätigkeit sowie auf die Beschaffung von Vorrichtungen und Gerätschaften zum Führen des Bullen. Insoweit ist sie nach § 831 BGB. zu beurteilen (vgl. RGZ. Bd. 76 S. 230). Nach §§ 831, 834 BGB. haben die Beklagten den Entlastungsbeweis zu führen. Auch gegenüber dem Zweitbeklagten liegt nicht (wie der Berufungsrichter auf Grund des § 823 BGB. angenommen hat) dem Kläger die Beweislast ob. Deshalb beruht das angefochtene Urteil, soweit es den Anspruch gegen den Zweitbeklagten betrifit, von vornherein auf unrichtiger Grundlage, so daß es insoweit schon aus diesem Grunde nicht bestehen bleiben kann. Zur Klage gegen die Erstbeklagte heißt es im Berufungsurteil, dieser Beklagten sei kein Verschulden nachzuweisen ,,bzw." habe sie den ihr obliegenden Entlastungsbeweis in vollem Umfange geführt. Das letzte ist der richtige rechtliche Gesichtspunkt. Indessen ist der Revision zuzugeben, daß auch im einzelnen die Feststellungen des Berufungsgerichts in mehrfacher Hinsicht zu rechtlichen Bedenken Anlaß geben. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Bulle sei in den Mittelgang „gestürmt", der Zweitbeklagte h a b e also die Herrschaft über ihn verloren, ist auf Grund einwandfreier Würdigung der Beweisaufnahme getroffen worden; daß die Zeugen S. und H., deren Vernehmung am 13. Juni 1940 beschlossen worden war, doch nicht vernommen worden sind, ist w e d e r im ersten noch im zweiten Rechtsgange gerügt worden. Hier beanstandet die Revision das Vorderurteil also zu Unrecht. Auch die Lösung des Kappenzaums vor dem Abbinden des Nasenstrickes kann die Revision dem Zweitbeklagten nicht mehr vorwerfen, nachdem der Berufungsrichter, gestützt auf Sachverständigengutachten, ausgeführt hat, daß darin kein

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Verstoß gegen die Pflichten eines Viehtreibers liege. Ohne ausschlaggebende Bedeutung ist ferner, ob der Zweitbeklagte, wie die Revision unter Hinweis auf die Berufungsbegründung geltend macht, Ratschläge anderer nicht beachtet hat; er mußte seine Pflichten als Viehtreiber selbst kennen. Beachtlich sind dagegen die Rügen der Revision, soweit sie das Reißen des Strickes, die Behandlung des Bullen und die Tauglichkeit des Zweitbeklagten zu den Verrichtungen eines Viehtreibers betreffen. Wohl stellt der Vorderrichter fest, daß die Erstbeklagte die beim Viehtreiben und insbesondere beim Führen von Bullen verwendeten S t r i c k e im allgemeinen stets auf ihre Haltbarkeit geprüft habe und daß die gegen früher verminderte Haltbarkeit des Stoffes ihr nicht zur Last falle. Gerade die verminderte Güte forderte aber sowohl •on ihr wie von dem einzelnen Viehtreiber, hier also dem Zweitbeklagten, doppelte Aufmerksamkeit bei der Verwendung jedes einzelnen Strickes. Ueber die Haltbarkeit des im vorliegenden Falle •erwendeten Strickes hat der Vorderrichter nichts festzustellen vermocht. Er unterstellte aber als möglich, daß dieser Strick zu der Zeit, als der Bulle losgebunden wurde, durch Kauen oder Lecken des Tieres an der Rißstelle naß geworden und dadurch in seiner Haltbarkeit beeinträchtigt war. Es liegt auf der Hand, daß dies eine ständige Gefahr für die Stricke bedeutete, und es fehlt an jeder Darlegung, in welcher Weise die Beklagten ihr begegnet sind. Aufgabe des Zweitbeklagten wäre es gewesen, beim Losbinden des Bullen den Strick daraufhin zu prüfen, ob er nicht etwa zerkaut war; die Nässe mußte einem sorgfältigen Viehtreiber ohne weiteres auffallen. Die Erstbeklagte aber hätte darlegen müssen, daß sie wegen des ihr bekannten, minder guten Stoffs dem Zweitbeldagten Verhaltungsmaßregeln gegeben und über die allgemeine Prüfung der Stricke hinaus der Gefahr des Zerreißens im Einzelfalle Rechnung getragen habe. Ließ sich diese Gefahr nicht ausschalten, weil besserer Stoff nicht zu beschaffen war, so wäre für sie zu erwägen gewesen, ob nicht andere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich waren, ζ. B. — auch ohne daß dies auf dem Schlachthof in F . vorgeschrieben war — eine Anordnung dahin, daß Bullen durch zwei Treiber oder unter Verwendung doppelter Stricke zu führen seien. Abgesehen vom Reißen des Strickes läßt das Berufungsurteil eine einwandfreie Feststellung darüber vermissen, ob der Zweitbeklagte den Bullen richtig behandelt hat, ob er überhaupt zum Führen von Bullen die geeignete Person gewesen ist und ob ihn die Erstbeklagte genügend über seine Pflichten unterrichtet und bei Ausübung seiner Tätigkeit ordnungsmäßig überwacht hat. Im Berufungsurteil fehlt eine Auseinandersetzung mit der Frage, weshalb der

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Schuldrecht, Besonderer Teil

Zweitbeklagte dem Bullen, als dieser wild w u r d e , nicht wenigstens, wie der S a c h v e r s t ä n d i g e S. es f ü r richtig erklärt, auf die Nase geschlagen hat. A u c h w ä r e zu e r ö r t e r n gewesen, ob nicht sogar ein Verhalten, das an sich den T a t b e s t a n d einer unzulässigen Tierquälerei erfüllt, wie ein Schlag auf das A u g e oder ein Hineinfassen in das Auge, im Einzelfalle g e b o t e n sein kann, wo M e n s c h e n in G e f a h r sind. W e i t e r e r s c h e i n t es b e d e n k l i c h , das F ü h r e n am langen K a p p e n zaum allein damit zu e r k l ä r e n und zu entschuldigen, es sei „naturgegeben" gewesen, daß der K a p p e n z a u m sich beim F ü h r e n des Bullen „mehr längte". D e r Zeuge E. scheint es nach seiner Vernehmung geradezu als G e w o h n h e i t des Z w e i t b e k l a g t e n anzusehen, d a ß er das Vieh in dieser W e i s e nicht genügend in seiner G e w a l t hält. Sein Verhalten im vorliegenden Falle läßt weiter immerhin zweifelhaft erscheinen, ob das Berufungsgericht allgemein seine Tauglichkeit als Viehtreiber richtig beurteilt hat, w e n n es auf seine K ö r p e r k r a f t (als Ringer) hinweist und meint, seine von m e h r e r e n Zeugen b e o b a c h t e t e Schwerfälligkeit und m a n g e l n d e Geschicklichkeit seien durch Einzelangaben nicht genügend belegt. A u c h sein ängstliches Aussehen beim W i l d w e r d e n des Bullen, das nach Ansicht des B e r u f u n g s r i c h t e r s nichts besagen und „bei der g e g e b e n e n Situation v e r s t ä n d l i c h " sein soll, k a n n in diesem Z u s a m m e n h a n g e die Feststellung zulassen, daß er wirklich ängstlich und der Lage nicht gewachsen gewesen sei. Alles dieses k a n n f ü r die F r a g e von B e d e u t u n g sein, ob der Zweitb e k l a g t e sich im Sinne des § 834 BGB. ausreichend entlastet hat; es k a n n a b e r auch f ü r den der E r s t b e k l a g t e n obliegenden Beweis, daß sie den T r e i b e r genügend ü b e r w a c h t und auch das Ihrige zur ordnungsmäßigen Beaufsichtigung des T i e r e s getan habe, ins G e w i c h t fallen. S o w e i t ihre I n h a b e r nicht selbst s a c h k u n d i g für die Behandlung von Schlachtvieh g e w e s e n sein sollten, w ü r d e n sie darlegen müssen, in w e l c h e r W e i s e sie unabhängig von ihren eigenen Kennt nissen für die genügende Baufsichtigung und die Unterrichtung des Z w e i t b e k l a g t e n und f ü r die e i n w a n d f r e i e Beschaffenheit der Sicherungsmittel gesorgt h a b e n . Unter diesen rechtlichen G e s i c h t s p u n k t e n w i r d das Berufungsgericht, an das die S a c h e z u r ü c k z u v e r w e i s e n ist, den S a c h v e r h a l t aufzuklären und alsdann neu zu entscheiden h a b e n .

RGZ. 169, 376 1. Sind §§ 18 und 46 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.? Dar! das Gericht nachprüfen, ob ein Bahnübergang „verkehrsreich" war? 2. Zur Abwägung der Ursächlichkeit des beiderseitigen Verschuldens und der beiderseitigen Betriebsgefahr bei einem Zusammenstoß von Kraftwagen und Eisenbahn.

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BGB. § 823 Abs. 2. KFG. § 17. Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928 (RGBl. II S. 542) — EBBO. — §§ 18*), 46*»). VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 7. Juli 1942. I. Landgericht Traunstein.

II. Oberlandesgericht

München.

Der Kläger fuhr am 22. Dezember 1938 gegen 14.30 Uhr mit seinem Personenkraftwagen auf der Landstraße von K. nach A. Neben ihm saß der Ingenieur G. In einiger Entfernung vor den ersten Häusern von A. wird die Straße vom Schienenstrang einer Nebenbahn der Reichsbahn geschnitten, und zwar, von der Fahrtrichtung des Klägers aus betrachtet, von rechts her in einem spitzen Winkel von e t w a 50 Grad. Der Bahnübergang ist unbeschrankt und unbewacht. In 187 m Entfernung vor dem Uebergange war die eine rauchende Lokomotive darstellende Warntafel für unbeschrankte Bahnübergänge aufgestellt. F e r n e r befand sich vor dem Uebergange das in § 18 Abs. 9 EBBO. vorgesehene Warnkreuz. Während sich der Kläger dem Uebergange näherte, fuhr gleichzeitig von rechts her mit 40 km Geschwindigkeit ein Personenzug der Eisenbahn heran. Der Kläger fuhr in ihn hinein. Er wurde vom Zuge, der zunächst mit unverminderter Geschwindigkeit weiterfuhr, mitgeschleppt und in einer Entfernung, die er auf 170 m angibt, aus dem Wagen geschleudert. Dabei erlitt er schwere Verletzungen. Sein Begleiter verbrannte in dem inzwischen in Brand geratenen Wagen. Der Zug wurde erst 430 m von der Unfallstelle zum Stehen gebracht. Der Kläger nimmt die Deutsche Reichsbahn als ersatzpflichtig in Anspruch, und zwar wegen Verschuldens nach § 823 und § 831 BGB. sowie auf Grund des § 1 des Reichshaftpflichtgesetzes in Verbindung mit § 17 KFG. Er räumt ein, daß ihn selbst ein ursächliches Mitverschulden am Unfall treffe, dessen Abwägung er dem Gericht überlasse. Er selbst veranschlagt den danach von ihm zu tragenden Teil seines Schadens auf die Hälfte. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückver Weisung. Gründe: 1. Das Berufungsgericht lehnt die Ansicht des Klägers, die Beklagte habe den Wegübergang, weil er verkehrsreich gewesen sei, mit Schranken versehen oder mindestens durch Lichtzeichen sichern müssen, mit der Begründung ab, das Gericht habe nach der Entscheidung VI 291/38 des erkennenden Senats vom 6. Mai 1939 (DR. *) i. d. F. v. 12. 5. 33 — RGBl. II S. 281. — 20. 11. 34 — RGBl. II S. 1051 — 21. 2. 40 — RGBl. II S. 43. — 4. 2. 43 — RGBl. II S. 17. **) i. d. F. v. 4. 2. 43 — RGBl. II S. 17.

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Ausg. A 1939 S. 1446 Nr. 15 = SeuffArch. Bd. 93 Nr. 102 = H R R . 1939 Nr. 1094 = V A E . 1939 S. 283) nicht zu prüfen, ob der unbeschrankte Uebergang mit R e c h t genehmigt worden sei oder ob die Reichsbahn trotz solcher Genehmigung hätte Schranken anbringen müssen; das schließe die Annahme aus, daß im Nichtanbringen von S c h r a n k e n ein Verschulden der B a h n liege. Damit verkennt das B e rufungsgericht den Inhalt der genannten Entscheidung. Dort hatte d a s Oberlandesgericht ein Verschulden der beklagten Reichsbahn und ihrer Angestellten verneint und nur ihre Haftung aus dem Reichshaftpflichtgesetz bejaht. E s hatte unter Abwägung der beiderseitigen Verursachung nach § 17 K F G . der B e k l a g t e n die Hälfte des Schadens auferlegt und bei der Würdigung der Höhe der Betriebsgefahr der Bahn berücksichtigt, daß der Uebergang unbeschrankt war und eine Bodenerhebung dem sich nähernden Kraftwagenführer die Lichter des Zuges auf einem T e i l e der S t r e c k e verdeckt hatte. Die Revision der Reichsbahn meinte, die bauliche Gestaltung der Bahnanlage unterliege nicht der richterlichen Nachprüfung und Beurteilung. Demgegenüber betont das erwähnte Urteil die Befugnis des Gerichts, die Höhe der Betriebsgefahr einzuschätzen, und sagt, es handele sich dabei um k e i n e Nachprüfung von Verwaltungs- oder Hoheitsakten; das Gericht prüfe nicht und habe nicht zu prüfen, ob der unbeschrankte Uebergang mit R e c h t genehmigt worden sei oder ob etwa die Reichsbahn trotz solcher Genehmigung S c h r a n k e n hätte anbringen müssen, sondern es prüfe — eben weil schon vom Berufungsgericht ein Verschulden der R e i c h s b a h n zu ihren Gunsten verneint worden war — nur, in welchem M a ß e die Betriebsgefahr, die mit der Benutzung der bestehenden Anlage verbunden sei, für den Unfall ursächlich gewesen sei. Damit hat das Reichsgericht nicht ausgesprochen, daß auch in anderen Fällen, — in denen es sich nicht nur um die Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren, sondern auch darum handelt, ob die Reichsbahn ein für den Unfall ursächliches Verschulden trifft, — das Gericht nicht prüfe und nicht zu prüfen habe, ob der unbeschrankte Uebergang mit R e c h t genehmigt worden sei, und es hat insbesondere nicht etwa ausgesprochen, daß ganz allgemein die Gerichte nicht befugt seien, zu prüfen, ob ein Uebergang durch Schranken oder sonstwie hätte gesichert werden müssen. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung ist auf Grund des Art. 91 WeimVerf. von der Reichsregierung durch Verordnung vom 17. J u l i 1928 mit Geltung für alle dem allgemeinen Verkehre dienenden Eisenbahnen Deutschlands (§ 1) erlassen worden und gilt seitdem auch für die hier in B e t r a c h t kommende Nebenbahn. S i e steht einem Gesetze gleich. Ihre Bestimmungen sind Rechtsnormen im Sinne der §§ 549, 550 ZPO. und unterliegen der Auslegung durch das R e v i sionsgericht (RGZ. Bd. 144 S. 67).

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Wie der III. Zivilsenat des Reichsgerichts in der Entscheidung III 75/39 vom 19. Januar 1940 (RGZ. Bd. 162 S. 364) ausgeführt hat, übt die Reichsbahn, indem sie sich mit dem Unternehmen der Beförderung von Personen und Gütern auf den Boden des bürgerlichen Rechtsverkehrs begibt, keine hoheitliche Gewalt oder Fürsorge aus. Sie wird vielmehr im bürgerlichrechtlichen Geschäftskreise tätig, und die Sicherung des Bahnbetriebes über Straßenkreuzungen dient nicht nur der gesicherten Durchführung des Betriebes, sondern auch den Belangen der Wegebenutzer. Insoweit ist die Einrichtung der Bahnschranken allgemeine Verkehrssicherungspflicht, wie sie nach ständiger Rechtsprechung jedem obliegt, der auf Grundstücken, die ihm gehören oder seiner Verfügung unterliegen, einen Verkehr für Menschen eröffnet oder zuläßt. Welche Bedeutung der in § 23 des Reichsbahngesetzes (in der Fassung vom 4. Juli 1939) vorgesehenen Feststellung der Pläne für den Bau neuer oder die Veränderung bestehender Reichseisenbahnanlagen, der sogenannten Planfeststellung, bei der Prüfung der Frage zukommt, ob die Reichsbahn die ihr als Eisenbahnunternehmerin obliegende allgemeine Verkehrssicherungspflicht erfüllt hat, kann unerörtert bleiben; denn in Bayern ist die Planfeststellung erst durch das Reichsbahngesetz vom 30. August 1924 eingeführt worden, und keine Partei hat behauptet, daQ die hier in Betracht kommende Nebenbahn auf Grund einer Planfeststellung erbaut oder verändert und daß dabei wegen des hier fraglichen Ueberganges eine Bestimmung über die Beschrankung oder deren Unterlassung getroffen worden sei. Ueber das Maß dessen, was jeder Eisenbahnunternehmer, also auch die Reichsbahn, zur Sicherung des Verkehrs zu leisten hat, enthält die Eisenbahnbau- und Betriebsordnung in den §§ 18 und 46 Bestimmungen, die, weil sie offenbar zum Schutze der Verkehrssicherheit bestimmt sind, als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. anzusehen sind. Verletzt die Reichsbahn schuldhaft eines dieser Schutzgesetze, so haftet sie wie jeder andere Eisenbahnunternehmer dem Verletzten für den entstandenen Schaden. Ob ein schuldhafter Verstoß gegen das Schutzgesetz vorliegt, haben im Streitfalle die Gerichte zu entscheiden. Diese Entscheidung ist nicht etwa durch die Bestimmungen der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung oder eine sonstige Gesetzesbestimmung einer anderen Stelle übertragen worden. Der im vorliegenden Falle zur Anwendung kommende § 18 (3) EBBO. bestimmt in Abs. 1: „Verkehrsreiche Wegübergänge sind mit Schranken zu versehen oder in anderer Weise zu sichern". Die Ausnahmebestimmung des zweiten Satzes (bei einer Geschwindigkeit von höchstens 15 km in der Stunde) kommt unstreitig nicht in Betracht, und es ist auch von keiner Seite behauptet worden, daß die Voraussetzung für die Ausnahmebestimmung des dritten Satzes (Zulassung einer Ausnahme durch die Aufsichtsbehörde) gegeben sei. Danach hat

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die Beklagte, wenn der Wegübergang verkehrsreich im Sinne des § 18 war, gegen ein Schutzgesetz verstoßen. Hat sie das Vorliegen dieser Voraussetzung von sich aus verneint und deshalb von der Anbringung von Schranken oder einer anderen Sicherung Abstand genommen, so muß das Gericht prüfen, ob die Ansicht der Beklagten zutreffend w a r oder nicht 1 ). Dabei bleibt selbstverständlich beiden Parteien überlassen, dem Gericht alles darzulegen, was geeignet ist, die Stellungnahme der Beklagten zu rechtfertigen oder sie als unrichtig erscheinen zu lassen. Der Abs. 2 des § 18 (3) EBBO. gibt, wenn Zweifel darüber bestehen, ob ein Wegübergang verkehrsreich ist, dem Eisenbahnunternehmer die Möglichkeit, die Aufsichtsbehörde anzurufen, die dann im Benehmen mit der Landespolizeibehörde darüber entscheidet; kommt hierbei keine Einigung zustande, so entscheidet der Reichsverkehrsminister. Daß von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden sei, ist von keiner Seite behauptet worden. Deshalb bedarf es keiner Erörterung, ob, wenn die Beklagte auf Grund einer solchen Entscheidung von der Anbringung von Schranken Abstand genommen hätte, darin überhaupt noch ein sie treffendes Verschulden gesehen werden könnte. Hiernach muß das Berufungsgericht prüfen, ob der Wegübergang im Dezember 1938 verkehrsreich und deshalb die Unterlassung des Anbringens von Schranken schuldhaft war. Ausreichende Behauptungen in dieser Richtung hat der Kläger aufgestellt, und es ist darüber auch schon im ersten Rechtszuge Beweis erhoben worden. 2. Der Angriff der Revision, das Berufungsgericht habe bei Prüfung der Haftung der Beklagten auf Grund des § 831 BGB. die an den Entlastungsbeweis zu stellenden Anforderungen verkannt, geht fehl. Die Entscheidung wird durch die Feststellung des Berufungsgerichts getragen, die Reichsbahn habe die beiden Beamten fortdauernd planmäßig überwacht und ihre Tätigkeit auch unerwartet nachgeprüft, es hätten sich aber seit langer Zeit keine Beanstandungen ergeben. Wenn die Revision geltend macht, die Beklagte hätte darlegen müssen, daß sie dem Lokomotivpersonal ausreichende Anweisungen gerade über ihr Verhalten bei der Annäherung an einen schienengleichen Straßenübergang gegeben habe, so ist demgegenüber auf die zutreffende Feststellung des Berufungsgerichts zu verweisen, der Dienst sei durch eingehende Dienstanweisungen geregelt, die auch Vorschriften über das Verhalten in Fällen der vorliegenden Art enthielten. 3. Mit Recht bemängelt die Revision die Abwägung der beiderseitigen Betriebsgefahren. (Es folgen Erörterungen über das Verhalten des Lokomotivführers und des Heizers, insbesondere über die Unter>) Vgl. RGZ. Bd 148 S. 303 (309) (abgedr Nebengesetze Teil 1").

unter „Bürgerliches Recht,

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lassung vorgeschriebenen Läutens und Pfeifens und über zu spätes Bremsen. Dann wird fortgefahren:) Um abwägen zu können, inwieweit das Unterlassen des Läutens oder das Verhalten des Klägers für die Entstehung des Unfalls und für die Höhe des Schadens ursächlich waren, bedarf es der Prüfung, ob der Kläger durch Läuten bis zum Uebergange so zeitig gewarnt worden wäre, daß er den Unfall noch hätte vermeiden oder doch hätte abschwächen können. Das gilt auch von der Unterlassung eines kräftigen Warnungspfiffes in dem Zeitpunkt, als der Heizer den Kraftwagen mit unverminderter Geschwindigkeit auf den Uebergang zufahren sah. Ergibt die Prüfung, daß der Kläger durch Läuten oder Pfeifen noch hätte gewarnt werden können, so war das Unterlassen nicht weniger ursächlich als die eigene Unaufmerksamkeit des Klägers, sei es für die Entstehung des Unfalls, sei es für die Höhe des Schadens. Den Rechtsfehler, daß es zwar erörtert, was auf beiden Seiten die Betriebsgefahr erhöht hat, aber nicht prüft und abwägt, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teile verursacht worden ist, begeht das Berufungsgericht auch bei der Würdigung des Verhaltens des Lokomotivführers, der laut Feststellung des Berufungsgerichts nach dem Zurufe des Heizers, ein Kraftwagen sei in den Zug gefahren, noch eine Minute bis zum Bremsen hat verstreichen lassen. Es fehlt die Prüfung, ob nicht die Schwere des Unfalls und damit die Höhe des Schadens, wie der Kläger behauptet, gerade darauf zurückzuführen ist, daß der Zug den Wagen so weit mitgeschleppt hat, und ob nicht deshalb das nicht nur unzweckmäßige, sondern auch vorschriftswidrige und schuldhafte Verhalten des Führers und des Heizers für die Höhe des Schadens vorwiegend ursächlich gewesen ist. RGZ. 169, 394 Ist eine Feststellungsklage für Anspräche nach § 829 BGB. möglich, wenn der Schädiger noch kein Vermögen oder Einkommen hat? BGB. § 829. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 8. September 1942. I. Landgericht Berlin. II. Kammergericht

daselbst.

Der am 12. Juli 1923 geborene Beklagte spielte am 20. April 1938 mit mehreren Knaben mit einer Luftdruckpistole und verletzte dabei den Zweitkläger durch einen Schuß am rechten Auge, so daß dieses erblindete und auch das zweite Auge gefährdet ist. Der Erstkläger begehrt als Vater des Verletzten für Aufwendungen 395 RM.,

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der Zweitkläger ein angemessenes Schmerzensgeld und Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersätze des weiteren Schadens. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 75 RM. für Auslagen an den Erstkläger sowie zur Zahlung von 1000 RM. Schmerzensgeld an den Zweitkläger verurteilt und zugunsten des letzten die erbetene Feststellung getroffen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß ihm die Einsicht in die Verbotswidrigkeit und Gefährlichkeit seines Tuns gefehlt habe, ein Anspruch auf Schadloshaltung nach § 829 BGB. aber nicht in Betracht komme. Die Revision der Kläger hatte insofern Erfolg, als eine Ersatzpflicht des Beklagten bei etwaigem Eintritt der Voraussetzungen des § 829 BGB. festgestellt wurde. Aus den G r ü n d e n : Die Ablehnung eines Billigkeitsanspruchs aus § 829 BGB. begründet das Berufungsgericht allein damit, daß der Beklagte weder Vermögen noch Einkommen habe; es stellt also auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung ab. Demgegenüber ist bereits in mehreren Entscheidungen des erkennenden Senats, namentlich in derjenigen vom 11. Juli 1910 (JW. 1910 S. 824 Nr. 48) ausgesprochen, daß für einen Featstellungsanspruch aus § 829 BGB. auch die spätere Entwickelung der Verhältnisse zu berücksichtigen sei. Hieran ist nicht nur festzuhalten, sondern der dort aufgestellte Grundsatz wird unbedenklich auch auf Leistungsansprüche anzuwenden sein, die gegen eine der im § 829 B G B . bezeichneten Personen geltend gemacht werden, sofern zwar eine alsbaldige Heranziehung des Schädigers nicht gerechtfertigt erscheint, wohl aber eine solche sich im Laufe der Zeit aus Billigkeitsgründen als berechtigt erweisen kann. Es ist nicht einzusehen, warum der Geschädigte, wenn und soweit die Billigkeit eine spätere Heranziehung des Schädigers gestatten wird, dann nur die erst nach dem Eintritt der Billigkeitsvoraussetzungen fällig werdenden Beträge, nicht aber auch die bereits früher fällig gewordenen Leistungen soll verlangen können. Dem Leistungsbegehren des Geschädigten kann in einem solchen Fall, da der Anspruch nur bedingt, d. h. vom späteren Eintritt jener Voraussetzungen abhängig ist, einstweilen nur durch einen Feststellungsausspruch Rechnung getragen werden; das Interesse des Geschädigten an der alsbaldigen Feststellung ergibt sich aus der drohenden Verjährung und der Schwierigkeit eines späteren Nachweises der Unfallvorgänge. . . . RGZ. 170, 45 Kann der Verleger einer Zeitung seinen Schriftleiter rar Veröffentlichung eines Widerrufs ehrenkrinkender Ausführungen and n r

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Unterlassang künftiger Beleidigungen anweisen und seinem Wüte· darch Zwang Geltung verschallen? Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I S. 713) §§ 13, 14, 16, 30. B G B . § 826. VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 29. September 1942. I. Landgericht Hamburg.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger, der Inhaber einer Vertragswerkstätte der A.Werke in H. ist und mit dem Ingenieur R., dem Erfinder der sogenannten „Carban-Gasanlage", einen Agenturvertrag zwecks Vertriebes dieser Anlage geschlossen hat, hat hierfür in Tageszeitungen mit folgender Anzeige geworben: ,,Achtung! Kraftfahrer! W i r liefern Ihnen ein Aggregat, w e l c h e · Ihnen ermöglicht, mit der zugeteilten Benzinmenge garantiert das Mehrfache zu fahren." Darauf erschien in der Folge 3 einer im Verlage der Beklagten herausgegebenen Zeitung vom 18. J a n u a r 1940 ein Aufsatz mit der Ueberschrift „Garantiert Schwindler", der sich mit der Werbung des Klägers für die „Carban-Gasanlage" beschäftigte. Der Kläger forderte nunmehr mit Schreiben vom 12. Februar 1940 die Schriftleitung jener Zeitung unter Beifügung eines Gutachtens eines Sachverständigen zur Berichtigung bis zum 17. Februar 1940 auf. Am 29. Februar 1940 erschien in der Folge 9 der Zeitung ein zweiter Aufsatz mit der Ueberschrift „Zauberkünstler am W e r k " , der sich erneut mit d e n Kläger befaßte. Der Kläger verlangt mit der Klage von der Beklagten die Unterlassung von Beleidigungen im Zusammenhange mit der von ihm vertriebenen Carban-Gasanlage, die Veröffentlichung eines Widerrufs und die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz. Hilfsweise hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, daß sie den Hauptschriftleiter der Zeitung anweise, die verlangte Berichtigung aufzunehmen. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, daß sie es unterlasse, den Kläger in Zusammenhang mit der Carban-Anlage zu beleidigen, insonderheit ihn einen Schwindler zu nennen; es hat sie ferner verurteilt, daß sie den Hauptschriftleiter der Zeitung anweise, einen Widerruf des Inhalts zu veröffentlichen, daß die Schriftleitung die beanstandeten Aufsätze dahin berichtige, sie habe sich davon überzeugt, jenes Mittel sei ein brauchbares Werkzeug zur Erhöhung des „Aktionsradiusses" eines Kraftfahrzeugs, sie bedaure, den Kläger einen Schwindler und seinen Betrieb ein Schwindelunternehmen genannt zu haben. Die weiteren Klageansprüche hat das Landgericht abgewiesen.

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G e g e n dieses Urteil hat nur die B e k l a g t e Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte k e i n e n Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Kläger die jetzt noch den Gegenstand des R e c h t s s t r e i t s bildenden Ansprüche — den Anspruch auf Unterlassung w e i t e r e r Beleidigungen und den Anspruch auf Erteilung einer Anweisung an d e n Schriftleiter, die bisherigen Beleidigungen zu widerrufen — nicht gegen die B e k l a g t e geltend m a c h e n , daß er vielmehr nur gegen ihren Hauptschriftleiter klagen könne. E s hat hierzu ausgeführt: D i e dem V e r l e g e r gegenüber dem Schriftleiter zustehenden R e c h t e seien in § § 16, 30 des Schriftleiterg e s e t z e s vom 4. O k t o b e r 1933 ( R G B l . I S. 713) geregelt. Nach § 16 das. sei der Schriftleiter gegenüber dem V e r l e g e r zur Innehaltung von Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung verpflichtet. W e n n der Schriftleiter gegen die v e r e i n b a r t e n Richtlinien oder gegen die öffentlichen B e r u f s p f l i c h t e n des Schriftleiters verstoße, h a b e der V e r l e g e r nach § 3 0 ein Kündigungsrecht. Hiermit fänden die R e c h t e des Verlegers gegenüber dem Schriftleiter ihre Grenze. D e r Verleger könne dem S c h r i f t l e i t e r Bindungen nur in G e s t a l t von Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung auferlegen. Eingriffe im Einzelfall seien nicht zulässig. Der Verleger könne dem Schriftleiter grundsätzlich keine Einzelanweisung erteilen und daher auch im Einzelfall nicht bestimmen, was in die Zeitung aufgenommen und was nicht veröffentlicht w e r d e n solle. Die B e k l a g t e könne deshalb ihren Schriftleiter nicht anweisen. Beleidigungen gegen den K l ä g e r in der Zeitung zu widerrufen. Sie könne auch nicht im einzelnen auf den Inhalt der Zeitung einwirken, also auch nicht veranlassen, daß w e i t e r e Beleidigungen in Zukunft unterblieben. Die Revision m a c h t geltend, der V e r l e g e r dürfe ungesetzliche Handlungen seines Schriftleiters, insbesondere die Veröffentlichung von Aufsätzen unwahren, beleidigenden und schädigenden Inhalts (§§ 13, 14 das.), nicht dulden und müsse dagegen in geeigneter W e i s e einschreiten. Grundsätzlich trifft e s zwar zu, daß der Verleger als E i g e n t ü m e r und Herausgeber der Zeitung bemüht sein muß, Schäden, die Dritte durch seine Zeitung erleiden, wiedergutzumachen, soweit dies in seiner M a c h t steht, und daß er insbesondere im Rahmen des Möglichen versuchen muß, Mittel und W e g e zu finden, wodurch die schädigenden Wirkungen b e l e i d i g e n d e r Zeitungsaufsätze beseitigt werden. Gleichwohl sind die M ö g l i c h k e i t e n , die dem Verleger zur Erreichung dieses Zieles zu G e b o t e stehen, nur s e h r gering. W i e das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist der V e r l e g e r angesichts der

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freien und selbständigen Stellung, die das Schriftleitergesetz dem Schriftleiter gegeben hat, nicht in der Lage, diesen zur Veröffentlichung eines Widerrufs und zur Unterlassung künftiger Beleidigungen anzuweisen und seinem Willen unter Umständen durch Zwang Geltung zu verschaffen; grundsätzlich kann er vielmehr seinen Schriftleiter lediglich im Wege der Verhandlung dahin zu beeinflussen versuchen, daß er freiwillig dem Wunsche des Verlegers Folge leiste. So lag es in dem vom erkennenden Senat durch Urteil VI 309/38 vom 18. Oktober 1939 entschiedenen Fall (RGZ. Bd. 162 S. 7 flg.). Dort war vom Berufungsgericht ausdrücklich festgestellt worden, daß der Schriftleiter sich zu einer Berichtigung herbeigelassen haben würde, wenn der Verleger darauf bestanden hätte, und der Verleger, der dies nicht getan hatte, war zum Ersatz des dem Verletzten durch die Veröffentlichung entstandenen Schadens verurteilt worden. Nur um einen solchen Schadensersatzanspruch handelte es sich in jenem Falle, nicht aber um die Frage, ob der Verleger dazu verurteilt werden könne, daß er den Schriftleiter anweise, einen Widerruf zu veröffentlichen und künftige Beleidigungen zu unterlassen. In dem jetzt zu entscheidenden Fall aber ist die Frage gerade die, ob eine Verurteilung des Verlegers in diesem Sinne möglich ist. Dies ist zu verneinen. Der Verleger kann nicht dazu verurteilt werden, daß er es unterlasse, in der Zeitung den Kläger zu beleidigen, weil er weder dem jetzigen noch auch einem anderen Schriftleiter Einzelanweisungen erteilen kann und weil ihm daher keine sichere Möglichkeit zu Gebote steht, solche Ausführungen in Zukunft aus der Zeitung fernzuhalten. Ebensowenig kann der Verleger dazu verurteilt werden, daß er den Schriftleiter anweise, einen Widerruf zu veröffentlichen; denn auch ein solcher Widerruf wäre nicht erzwingbar. Eine Verurteilung des Beklagten aber des Inhalts, daß er gegen den Schriftleiter ,,ίη geeigneter Weise einschreite", wäre zu unbestimmt; einem derartigen Klageantrag würde die nach § 253 ZPO. erforderliche Bestimmtheit fehlen. RGZ. 170, 174 Können die Ansprüche aus § 843 und § 844 BGB. bei gleichzeitiger Verletzung einer Ehefrau und Tötung ihres Ehemannes wahlweise zusammentreffen? VI. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 17. November 1942. I. Landgericht Aachen.

II. Oberlandesgericht Köln.

Der Beklagte fuhr am 16. April 1939 in der J.-Straße in A. beim Ueberholen eines Kleinbahnwagens mit seinem Personenkraftwagen in eine Personengruppe an der Straßenbahnhaltestelle. Hierbei tötete er den Ehemann der Klägerin und verletzte diese schwer. Zivils. S d i u l d r e d i t 10

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Die Klägerin beansprucht vom Beklagten Schadensersatz. Sie hat in erster Instanz, soweit es für den vorliegenden Rechtsgang von Bedeutung ist, beantragt, wegen der Tötung ihres unterhaltspflichtigen Mannes gemäß § 844 B G B . den Beklagten zu verurteilen, daß er ihr eine Rente von monatlich 80 RM. bis zur Wiederverheiratung oder im Erlebensfalle bis zum 20. Mai 1964 zahle, ferner festzustellen, daß er verpflichtet sei, ihr allen darüber hinausgehenden Schaden, der ihr aus dem Unfall entstanden sei oder in Zukunft noch entstehen werde, zu ersetzen. Das Landgericht hat durch rechtskräftiges Teil- und Zwischenurteil den Rentenanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag entsprochen. Durch späteres Endurteil hat es dann den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung einer Rente in Höhe von monatlich 80 RM. verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung, die Klägerin Anschlußberufung eingelegt. Der Beklagte hat seinen Antrag auf Klageabweisung wiederholt; die Klägerin hat gebeten, die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlußberufung den Beklagten zu verurteilen, daß er ihr im voraus monatlich eine Rente von 50 RM. für die Zeit vom 16. April 1939 bis zum 17. Dezember 1940 und von 150 RM. vom 17. Dezember 1940 bis zum 31. Dezember 1942 zahle, ferner festzustellen, daß ihr Schadensersatzanspruch für die Zeit vom 1. Januar 1943 an auch aus § 843 B G B . begründet sei. Sie führt zur Begründung ihres Rentenanspruchs aus: Sie stütze diesen nunmehr in erster Reihe darauf, daß ihr selbst durch den Unfall ein Erwerbsschaden von monatlich 100 RM. entstanden sei, und erst in zweiter Reihe darauf, daß sie durch den Tod ihres Mannes ihren Unterhaltsanspruch gegen diesen verloren habe. Für die Zeit ihres Aufenthaltes im Krankenhause seien 50 RM. wegen ersparter Verpflegung abzuziehen, dagegen habe sie seit ihrer Rückkehr aus dem Krankenhause monatlich 50 RM. für besondere Pflege zusätzlich aufwenden müssen und müsse dies auch weiterhin tun. Das Oberlandesgericht hat unter Aenderung des landgerichtlichen Endurteils, soweit darin eine Rente zuerkannt worden ist, den Anträgen der Anschlußberufung mit der Einschränkung entsprochen, daß e s der Klägerin für den e r s t e n Monat lediglich 30 RM. zugebilligt hat. Zum Rentenanspruch hat es ausgeführt: Die kinderlose Klägerin habe zwar zu Lebzeiten ihres Mannes nicht außerhalb ihres Haushalts beruflich gearbeitet und Geld verdient, aber sie wäre jetzt, nachdem sie durch den Tod ihres Mannes der Last des Haushalts ledig geworden sei, verpflichtet gewesen, einem Erwerb nachzugehen, zumal da sie vor ihrer Verheiratung erwerbstätig gewesen sei. Hieran werde sie durch die schwere Verletzung verhindert, die sie selbst durch den Unfall erlitten habe. Die Klägerin habe danach einen Rentenanspruch sowohl aus § 843 als auch aus § 844 iBGB. Beide be-

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ständen indessen nicht nebeneinander, sondern wahlweise nacheinander; denn der Schadensersatz solle nicht zu einer Bereicherung führen. Da sie als Hausfrau im Berufsleben nichts verdient hätte, würde sie ohne den Unfall nicht n e b e n dem Unterhalt von ihrem Manne noch Einkünfte aus eigener Arbeit gehabt haben. Die Klägerin verlange nach alledem zu Recht eine Rente aus dem Verlust ihrer eigenen Erwerbsfähigkeit, und zwar in erster Reihe. Allerdings würde sie im ersten Monat noch nicht zu eigener Arbeit übergegangen sein; für diesen Monat sei ihr daher nur der Unterhalt ihres Mannes entgangen. Hiernach beruhe die ihr zuerkannte Rente für den ersten Monat — 80 RM. abzüglich 50 RM. ersparter Verpflegungskosten — auf § 844 BGB. und für die folgende Zeit — 100 RM. nebst 50 RM. für vermehrte Bedürfnisse — auf § 843 das. Da sich zur Zeit noch nichts Endgültiges über die Folgen ihrer Verletzung sagen lasse, sei ihr die Rente nur his zum 31. Dezember 1942 zuerkannt worden. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Grün den: 1. Die Revision meint zu Unrecht, der im zweiten Rechtsgang erhobene Feststellungsanspruch sei abizuweisen, weil das Landgericht •bereits in dem rechtskräftigen Teil- und Zwischenurteil vom 14. September 1939 eine Feststellung wegen jeglichen Schadens getroffen habe, welcher der Klägerin aus irgendeinem Gesichtspunkt infolge des Unfalls noch erwachsen könne. Die Revision übersieht dabei, daß die Klägerin im ersten Rechtszuge nur Ansprüche gemäß § 844 BGB. aus dem Unfall ihres Mannes wegen des Schadens erhoben hatte, der ihr durch den Verlust ihres gesetzlichen Unterhaltsanspruchs erwachsen war und noch weiter erwachsen konnte. Nur auf diesen Unfall und die hierdurch verursachten Schäden kann daher die vom Landgericht getroffene Feststellung sinngemäß bezogen werden, nicht dagegen auch auf den Schaden, den die Klägerin dadurch erlitten hat, daß sie selbst (durch das gleiche Ereignis) verletzt worden ist. Die aus § 844 BGB. getroffene Feststellung schließt danach ein rechtliches Interesse der Klägerin nicht aus, die Ersatzpflicht des Beklagten aus § 843 BG©., d. h. wegen solcher Schäden festgestellt zu sehen, die ihr in der Zeit nach dem 1. Januar 1943 auf Grund ihrer eigenen Verletzung erwachsen können. 2. Der Revision ist ferner nicht darin beizutreten, daß die Verurteilung zur Zahlung der Rente aus § 843 BGB. und die auf derselben rechtlichen Grundlage beruhende Zubilligung des Feststellungsanspruchs sachlichrechtlich ungerechtfertigt seien. Der Hinweis der Revision, daß ein Unfall nicht zu einer Bereicherung des Verletzten führen dürfe und daß deshalb eine durch einen Unfall verletzte Hausfrau keinen Schadensersatz wegen Verlustes ihrer Erwerbsfähigkeit verlangen könne, wenn sie ohne den Unfall weiterhin als Hausfrau ϊ'ι*

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tätig gewesen wäre (vgl. RGRKomm. z. BGB., 9. Aufl., Bern. 2 a zu § 843 S. 837), trifft nicht den Kern der vorliegenden Sache. Denn hier ist nicht nur die Klägerin verletzt, sondern auch ihr Ehemann getötet worden; sie hat also durch das gleiche schädigende Ereignis nicht nur die eigene Erwerbsfähigkeit, sondern auch ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch verloren. Dadurch, daß sie während des Bestehens ihrer E h e nicht erwerbstätig war, sondern nur das gemeinschaftliche Hauswesen geführt hat, ist sie, da diese Tätigkeit jetzt nicht mehr von ihr fortgesetzt werden kann, nicht gehindert, nunmehr den ihr durch den Verlust der eigenen Erwerbsfähigkeit erwachsenen Schaden ersetzt zu verlangen und dabei die Rücksicht auf den Umstand zu beanspruchen, daß sie durch den Tod ihres Mannes zur Verwertung der eigenen Arbeitskraft durch bezahlte Arbeit in einem fremden Haushalt in die Lage gesetzt worden und nach Lage der Sache auch verpflichtet ist. W ä r e lediglich sie selbst verletzt worden und der Mann später aus einem andern Grunde gestorben, so würde an der Berechtigung ihres Anspruchs, vom Zeitpunkte des Todes ihres Mannes an für entgangenen eigenen Arbeitsverdienst auf Grund des § 843 BGB. Ersatz zu verlangen, kein Zweifel bestehen können. Weshalb dasselbe nicht auch dann gelten soll, wenn der Mann durch den gleichen Unfall getötet worden ist, ist nicht einzusehen.

RGZ. 170, 321 Ist der Schrankenwärter, der aui Grund eines Vertrags zwischen zwei Eisenbahnunternehmern von einem der Unternehmer für eine gemeinschaftliche Anlage gestellt wird, zugleich Verrichtungsgehilfe des andern Unternehmers? Trifft diesen eignes Verschulden, wenn er die Schrankensicherung nicht überwacht? BGB. §§ 831, 823. VI. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 29. September 1942.

I. Landgericht Köln.

II. Oberlandesgericht daselbst.

Am 12. November 1940 wurde die Ehefrau des Klägers getötet, als ein Kraftwagen, dessen Mitinsassin sie war, mit einem Personenzuge der Erstbeklagten auf dem Gleisübergang in F. zusammenstieß. A n der Unfallstelle kreuzt die S.-Straße kurz hintereinander zwei Gleispaare der Reichsbahn und zwei der Erstbeklagten. Die Kreuzung war durch zwei Schranken gesichert, zwischen denen sämtliche Gleise lagen. Die Schranken wurden gemäß einem Vertrage vom 13./19. Juni 1935 von einem Schrankenwärter bedient, der von der Reichsbahn gestellt wurde. Zur Zeit des Unfalls versah diesen Dienst der bei der Reichsbahn angestellte Zweitbeklagte. Er hat den Unfall dadurch verschuldet, daß er es unterließ, die Schranken zu schließen, als sich der ihm rechtzeitig gemeldete Zug näherte.

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Handlungen

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Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Grund des Reichshaftpflichtgesetzes und aus unerlaubter Handlung nach §§ 823 flg. B G B . auf Schadensersatz in Anspruch. Die Erstbeklagte hat ihre Haftung im Rahmen des Reichshaftpflichtgesetzes anerkannt, aber bestritten, daß sie den Schrankenwärter zu seiner Verrichtung bestellt habe und zu seiner Beaufsichtigung verpflichtet gewesen sei. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Erstbeklagte auch aus unerlaubter Handlung hafte, und hat sie als Gesamtschuldnerin mit dem Zweitbeklagten verurteilt, dem Kläger außer den von ihr anerkannten und bereits gezahlten Beträgen weitere 207,60 RM. Beerdigungskosten und vom 13. November 1940 ab auf die Dauer seines Lebens, längstens jedoch bis zum 9. Oktober 1959, dem Zeitpunkt, an dem die Verunglückte das 68. Lebensjahr vollendet haben würde, eine Rente von vierteljährlich 225 RM. zu zahlen. Mit den weitergehenden Anträgen hat das Berufungsgericht den Kläger abgewiesen. Die Revision der Erstbeklagten wurde wegen der Beerdigungskosten zurückgewiesen. Mit dem weitergehenden Anspruch gegen die Erstbeklagte wurde der Kläger abgewiesen. Gründe: Das Berufungsgericht führt aus: In § 3 des Vertrags vom 13./19. Juni 1935 sei zwar vereinbart, daß der Schrankenwärterposten von der Reichsbahn „gestellt" werde, aber es sei darin auch weiter bestimmt, daß die Kosten einschließlich der sozialen Lasten von jeder Partei zur Hälfte getragen würden, und hieraus sowie aus Sinn und Zweck der ganzen Vereinbarung und ihrer tatsächlichen Durchführung ergebe sich, daß der Zweitbeklagte (H.) trotz seiner Auswahl durch die Reichsbahn Dritten gegenüber von beiden Vertragsparteien bestellt gewesen sei. H. habe für beide bestimmte, ihnen im Dienste der Verkehrssicherheit obliegende Verrichtungen auszuführen und demzufolge von beiden Anweisungen entgegenzunehmen und zu befolgen gehabt. Soweit er hierbei für die Beklagte tätig geworden sei, sei er ihr Verrichtungsgehilfe gewesen. Damit verkennt das Berufungsgericht den Sinn und Zweck und die rechtliche Bedeutung des Gemeinschaftsvertrags. Die beiden Eisenbahnunternehmer haben die Vereinigung der von beiden unterhaltenen Schrankenanlagen an der S.-Straße zu einer Anlage in der Weise vereinbart, daß von den vorhandenen beiden Anlagen die beiden inneren Schrankenbäume beseitigt wurden und die Reichsbahn den Schrankenwärter für die Bedienung der verbleibenden gemeinschaftlichen Anlage stellte. Daß die Beklagte der Reichsbahn hierfür eine Vergütung zahlen mußte, war selbstverständlich. Wenn die beiden Verwaltungen sich über diese Vergütung dahin einigten, daß jede Partei die Hälfte der entstehenden Kosten einschließlich der sozialen

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Lasten zu tragen habe, so änderte das nichts daran, daß allein die Reichsbahn den Schrankenwärter zu stellen hatte. Die Uebernahme des Schrankenwärterdienstes auch für die Sicherung der Bahnstrecke der Beklagten beschränkte die Reichsbahn in keiner Weise in der Auswahl des Schrankenwärters, erforderte insbesondere keine Verständigung mit der Beklagten darüber, welchen ihrer Schrankenwärter sie jeweils für den Dienst auf dem Posten stellen wollte, und es fehlt jeglicher Anhalt für die Annahme, daß der Beklagten etwa die Befugnis zugestanden hätte, H. oder einen der anderen Schrankenwärter einer Prüfung zu unterziehen oder sie in ihrer Dienstführung zu beaufsichtigen. Da das zuständige Betriebsamt der Reichsbahn den Wärterposten selbstverständlich nicht nur mit H. besetzen, sondern auch jeden andern ihrer Schrankenwärter dazu verwenden konnte, hätte die Beklagte schon sämtliche Schrankenwärter des Reichsbahnbetriebsamts prüfen und im Dienst überwachen müssen, wenn sie sich über die Eignung aller Bahnbediensteten, welche die Reichsbahn auf dem Posten verwenden konnte, hätte unterrichten wollen. Das hat das Berufungsgericht offenbar verkannt, wenn es meint, die Beklagte hätte H. prüfen und seine Tätigkeit, insbesondere die Innehaltung der Dienstanweisung, überwachen müssen, und wenn es meint, eine mehrfache Ueberwachung und Prüfung des H. durch die Beklagte während seiner ersten Beschäftigung auf dem Posten 4 würde ihn veranlaßt haben, sich etwas gründlicher mit der Dienstanweisung und mit seinen Dienstobliegenheiten vertraut zu machen und nicht so kopflos zu handeln, wie er es in der gefährlichen Stunde getan habe, und ein aufmerksamer Prüfer der Beklagten würde zu dem Ergebnis gekommen sein, daß H. nach Vorschulung und Persönlichkeit auf dem verantwortungsvollen Posten fehl am Platze sei, und eine schleunige Ablösung durch einen besseren Mann veranlaßt haben. Allein die Reichsbahn hatte H. zu seiner Verrichtung bestellt; daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß die Reichsbahn und die Beklagte für den Dienst auf dem Posten 4 eine gemeinsame Dienstanweisung herausgegeben haben, ein Umstand, der sich schon dadurch erklärt, daß der Posten 4 nicht nur mit andern Posten der Reichsbahn, sondern auch mit Posten der Beklagten zum Zwecke der Abwicklung des Verkehrs auf beiden Eisenbahnen zusammenwirken mußte. War aber H. allein von der Reichsbahn zu seiner Verrichtung bestellt, so kann er nicht, wie das Berufungsgericht meint, Dritten gegenüber „von beiden Vertragsparteien bestellt" gewesen sein. H. wurde auch nicht dadurch, daß er im Dienste der Reichsbahn, seines alleinigen Geschäftsherrn, die Kreuzung auch der Eisenbahn der Beklagten mit der S.-Straße zu bewachen und durch Bedienung der Schranken zu sichern hatte, zum Verrichtungsgehilfen der Beklagten im Sinne des § 831 BGB.

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Rechtsirrig ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, die leitenden Organe der Beklagten treffe deshalb eine für den Unfall ursächliche und von der Beklagten nach §§ 89, 31, 823 BGB. zu vertretende Fahrlässigkeit, weil sie für den Posten 4 zwar die gemeinsame Dienstanweisung ausgegeben, sich um deren Anwendung aber nicht gekümmert hätten. Die Beklagte hat dadurch, daß sie durch den Abschluß des Gemeinschaftsvertrags dafür sorgte, daß die Reichsbahn die Bedienung der Schranken an der Kreuzung beider Eisenbahnen mit der S.-Straße übernahm, sich ausreichend um die Verkehrssicherheit gekümmert. Denn die Reichsbahn ist, wie die Beklagte behauptet und der Kläger nicht bestritten hat, vorbildlich eingerichtet. Die Beklagte durfte deshalb darauf vertrauen, daß die von der Reichsbahn gestellten Schrankenwärter sorgfältig ausgewählt, ausreichend ausgebildet und gehörig beaufsichtigt seien. Sie hätte nur dann, wenn sich Mängel in der Verkehrssicherung gezeigt hätten, bei der Reichsbahn vorstellig werden und auf Abhilfe dringen müssen. Von solchen Mängeln ist aber nichts behauptet worden. Hiernach haftet die Beklagte nicht nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über unerlaubte Handlungen, sondern nur nach den Bestimmungen des Reichshaftpflichtgesetzes. Damit entfällt der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz für die ihm durch den Tod seiner Ehefrau entgehenden Dienste nach § 845 BGB. Nur ihre Verpflichtung zum Ersatz der Beerdigungskosten besteht, anter welche die Aufwendungen für Trauerkleider und für einen Grabstein fallen. Mit der Bemängelung der Höhe dieser Aufwendungen kann die Revision nicht gehört werden, da das Berufungsgericht sich mit der Schätzung der Höhe dieses Schadens im Rahmen der ihm nach § 287 ZPO. zustehenden freien Schätzung hält. RGZ. 171, 1 + Nach welchen Grundsätzen ist bei einer Rauferei unter Jugendlichen, die von dem einen Teile dem anderen aufgenötigt wird, die Haltung des Angreifers für die dem Gegner zugefügten Schaden zu beurteilen? Welche Bedentung kommt hierbei den . . . Anschauungen fiber Jugendertüchtigung und der unter Jugendlichen herrschende· Neigung zu, Zwistigkeiten im Wege des Kampfes auszutragen? BGB. §§ 254, 823. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Würzburg.

Urt. v. 16. Juni 1942. II. Oberlandesgericht Bamberg.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten, Schülern eines Realgymnasiums in W., kam es am 1. April 1940 auf dem Heimwege von der Schule zu einer Rauferei, in deren Verlauf- der Kläger einen

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Bruch des rechten Schien- und Wadenbeinknochens erlitt. Beide J u n g e n standen zur Zeit des Unfalls wenige T a g e vor der Vollendung des 14. Lebensjahres. Der Kläger verlangt vom Beklagten Ersatz des ihm entstandenen Schadens. Das Landgericht hat ihm die Hälfte des Schadens zugesprochen, im übrigen die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zum Ersätze von des Schadens verurteilt. Die Revision des Beklagten führte zur Zuerkennung der Hälfte des S c h a d e n s an den Kläger und zur Abweisung der Klage im übrigen. Gründe: Das Berufungsgericht stellt folgenden Sachverhalt fest: W ä h r e n d sich der B e k l a g t e mit zwei Mitschülern unterhielt, mit denen der Kläger nach Hause gehen wollte, stand dieser in der Nähe und wartete. Als ihm d a s W a r t e n zu lange dauerte, warf er mit Steinchen gegen den Baum, unter dem die drei J u n g e n standen. Der Beklagte forderte ihn auf, mit dem Werfen aufzuhören. Als der Kläger dies nicht tat, ging er auf ihn zu, gab ihm einen Stoß vor die Brust und nahm den Kläger, als dieser sich zur W e h r setzte, sofort in den sog. Schwitzkasten. Darauf wurde längere Zeit hin- und hergezarrt, einer suchte den anderen zu Boden zu bringen. Dabei wurde auch Bein gestellt. Beide fielen schließlich zu Boden, kamen wieder hoch und zerrten weiter, bis zuletzt der Kläger rief, er habe sein Bein gebrochen. Das Berufungsgericht entnimmt den Aussagen von Zeugen, daß während der R a u f e r e i ein Knacken hörbar gewesen sei, das auf den Bruch des Beines habe schließen lassen. Der Vorderrichter stellt w e i t e r fest, es habe sich nicht um einen harmlosen Ringkampf gehandelt; vielmehr habe der Beklagte den Kläger rechtswidrig in einer W e i s e angegriffen, daß dieser sich habe zur W e h r setzen müssen. Das Berufungsgericht nimmt an, der Kläger habe durch sein W e r f e n mit den Steinchen den Beklagten schuldhaft gereizt. Es legt deshalb dem Kläger ein Mitverschulden im Sinne des § 254 zur Last, das halb so groß wie das des 'Beklagten zu bew e r t e n sei. Aus der geschilderten A r t des Kampfes folgert es, der Beklagte habe damit rechnen müssen, daß ernstliche Verletzungen eintreten könnten. Daß er mit dem Unfall in seiner tatsächlichen Gestalt habe rechnen müssen, sei zur Annahme einer für den Unfall ursächlichen Fahrlässigkeit nicht erforderlich. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe nicht genügend berücksichtigt, daß der Kläger den Beklagten herausgefordert habe. Angesichts seines Verhaltens sei nach den unter Jugendlichen herrschenden . . . Anschauungen ein Kampf unvermeidlich gewesen. Ein solcher Kampf sei aber nach den Erfahrungen des Lebens regelmäßig harmloser Art. B e i der Prüfung der Frage, ob der Beklagte hätte erkennen können und müssen, daß dabei möglicherweise ernsthafte

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Verletzungen eintreten könnten, habe das Berufungsgericht dem Umstand nicht genügend Rechnung getragen, daß es sich um Jungen im Alter von nicht ganz 14 J a h r e n gehandelt habe. Die an die Sorgfalt des Beklagten zu stellenden Anforderungen hätten dieser Altersstufe angepaßt werden müssen. Schließlich ist die Revision der Auffassung, das Berufungsgericht habe das Mitverschulden des Klägers zu gering bemessen. Mindestens sei jeder der beiden Jungen gleich schuld gewesen. Demgegenüber ist folgendes zu sagen: Daß der Kläger den Beklagten durch sein Verhalten gereizt hat, hat das Berufungsgericht bei der Anwendung des § 254 B G B . berücksichtigt. Wenn es nicht darüber hinaus angenommen hat, der Beklagte habe sich bei seinem Vorgehen gegenüber dem Kläger in berechtigter Notwehr befunden, so ist darin kein Rechtsirrtum zu erblicken. Ein Werfen mit Steinchen gegen den Baum, wobei der Beklagte nicht getroffen worden ist und, wie das Landgericht ausdrücklich festgestellt, aber auch das Berufungsgericht offensichtlich angenommen hat, auch nicht getroffen werden sollte, erforderte keine Abwehr durch Stoßen des Gegners vor die Brust, wie es der Beklagte gegenüber dem Kläger betätigt hat. Es ist mithin nicht rechtsirrig, wenn das Berufungsgericht diesen tätlichen Angriff als einen rechtswidrigen ansieht, gegen den sich der Kläger habe zur Wehr setzen dürfen und der einen Kampf unvermeidlich gemacht habe. Ebensowenig ist es rechtlich zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht aus der Art des Kampfes und den dabei eingetretenen Verletzungen folgert, der Beklagte habe mit der Möglichkeit einer ernsthaften körperlichen Schädigung des Klägers rechnen müssen. Denn es liegt nach der Lebenserfahrung durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß bei so gearteten Kämpfen irgendwelche nicht unerheblichen Verletzungen eintreten können. Dafür, daß das Berufungsgericht hierbei die an die Voraussicht und Sorgfaltspflicht des Beklagten zu stellenden Anforderungen der Altersstufe, in der sich die Jungen befanden, nicht genügend angepaßt habe, liegt kein Anhalt vor. . . . Kämpfe zwischen den Jungen werden daher sicherlich weitgehend als im Rahmen der Jugendertüchtigung liegend angesehen werden können. Greift aber ein Junge einen anderen an, um ihn zu züchtigen oder zu bestrafen oder sonstwie seine Gewalt fühlen zu lassen, und nötigt er ihm dadurch den Kampf auf, so müssen die Berechtigung zu einem solchen Angriff und die Haftung des Angreifers für einen dem Gegner beim Raufen etwa zugefügten Schaden nach den allgemeinen Rechtsregeln beurteilt werden. Der Ausgleich für ein vorhergegangenes herausforderndes Verhalten des Angegriffenen kann dann nur in einer der Sachlage angepaßten Anwendung des § 254 B G B . gefunden werden. Dabei können die unter den Jugend-

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liehen herrschenden Anschauungen, die der Austragung von Zwistigkeiten im Wege des Kampfes zuneigen, angemessene Berücksichtigung finden. Das Berufungsgericht hat zwar bei seiner Entscheidung berücksichtigt, daß auch den Kläger eine Schuld an der Balgerei treffe, weil er sein Werfen von Steinchen trotz der Abmahnung fortgesetzt, dadurch den Beklagten gereizt und so zu seinem Vorgehen veranlaßt habe, daß er ferner, wenn schon mehr passiv beteiligt, doch auch in gewissem Umfange dazu mitgewirkt habe, daß die Balgerei ausartete und zu den üblen Folgen führte. Bei der Schadensverteilung hat es aber, indem es wesentlich auf seine geringere Schuld abgestellt hat, nicht genügend beachtet, daß nach § 254 BGB. der Umfang des zu leistenden Ersatzes insbesondere davon abhängig zu machen ist, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teile verursacht worden ist. Die Ursächlichkeit dafür, daß es hier überhaupt zum Kampf gekommen ist, hat nach den getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der unter Jungen herrschenden Anschauungen der Kläger in einem solchen Maße gesetzt, daß es gerechtfertigt erschien, ihn — insoweit in Uebereinstimmung mit der landgerichtlichen Entscheidung — die Hälfte seines Schadens selbst tragen zu lassen.

RGZ. 171, 58 Liegt im Ausbau einer öffentlichen Straße eine Verändertilg i> der wirtschaftlichen Benutzung des StraBengrundstücks, deren Folge· fSr den Ablauf des oberirdisch aufierhalb eines Wasserlaufs abfliefien· den Wassers der Unterlieger hinnehmen muB? BGB. § 823. Pr. Wiass.-Ges. § 197. III. Z i v i l s e n a t .

Urt. v. 8. April 1943.

Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Oeffentliches Recht". RGZ. 171, 380 Zur Frage der Wiederholungsgefahr bei der vorbeugenden Unterlassungsklage. BGB. § 823. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Leipzig.

Urt. v. 24. September 1943. II. Oberlandesgericht Dresden.

Der Beklagte hatte dem Kläger aus dem Institut für Werkzeugmaschinen der Technischen Hochschule in H. ein Oberflächen-

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Prüfgerät nebst Zubehör zu wissenschaftlichen Arbeiten im Institut für Betriebswissenschaften der Technischen Hochschule in D. leihweise zur Verfügung gestellt. Der Kläger hatte, als er Ende September 1939 zur Wehrmacht einberufen worden war, das Gerät nicht zurückgesandt. Der Beklagte, der das Gerät benötigte, wandte sich deshalb zweimal schriftlich an ihn; die mit Feldpostanschriften versehenen Schreiben kamen jedoch als unbestellbar zurück. Mit Schreiben vom 14. Oktober 1940 wandte sich sodann der Beklagte an Professor Dr. Op. an der Technischen Hochschule in D. mit der Bitte um Rückgabe des Geräts, indem er eine Abschrift der Rechnung der Verkaufsfirma beifügte. Daraufhin wurde das Gerät an den Beklagten zurückgesandt. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1940 bat Professor Dr. Op. den Beklagten um genauere Angaben wegen des Eigentums an dem Gerät, da der Dipl.-Ing. S. als Vertreter des Klägers nach Fühlungnahme mit diesem den Auftrag erhalten habe, das Gerät an sich zu nehmen, weil der Kläger es weiterhin als sein Eigentum betrachte. Mit Schreiben vom 18. November 1940 bemerkte Professor Dr. Op. noch: „Wie Sie ja richtig vermuten, hat mir der Vertreter von Dr. P. mitgeteilt, daß das Gerät Eigentum von Dr. P. sei und daß dieser die Rückgabe des Geräts verlangt." Daraufhin verbot der Beklagte dem Kläger das weitere Betreten «eines Instituts und ließ die dem Kläger gehörigen Gegenstände daraus entfernen. Später teilte er ihm noch mit, daß die Gegenstände abgesandt worden seien. Dieses Schreiben wurde der Mutter des Klägers in L. zugestellt. Diese antwortete dem Beklagten darauf am 26. Dezember 1940 und bemerkte, sie finde seine Handlungsweise und Denkungsart ganz niedrig, er solle sich als in der Heimat Befindlicher schämen, die Ehre eines Soldaten zu besudeln. Daraufhin (orderte der Beklagte durch Schreiben seiner Anwälte vom 10. J a nuar 1941 die Mutter des Klägers zur Zurücknahme der beleidigenden Aeußerung auf. In dem Schreiben war ausgeführt: Der Kläger habe dem Professor Dr. Op. entgegen den Tatsachen angegeben, er betrachte das Gerät als sein Eigentum und gebe es nicht heraus; er habe versucht, die Rücksendung zu verhindern; er habe auch ein Eigentumsschild mit seinem Namen an dem Gerät befestigt; nach dieser widerrechtlichen Aneignung eines zu treuen Händen überlassenen Geräts sei dem Beklagten nichts übriggeblieben, als sich sofort vom Kläger zu trennen. Mit der Klage verlangt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung der Behauptung, der Kläger habe die Rückgabe eines ihm leihweise überlassenen wissenschaftlichen Geräts in anfechtbarer Weise zu vereiteln und sich dieses anzueignen versucht. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In der Schlußverhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Beklagte durch seinen

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A n w a l t e r k l ä r e n lassen, er w e r d e s e l b s t v e r s t ä n d l i c h der durch die B e w e i s a u f n a h m e f e s t g e s t e l l t e n S a c h l a g e künftig R e c h n u n g t r a g e n , i n s b e s o n d e r e bei A u s k ü n f t e n a n D i e n s t - o d e r A m t s s t e l l e n , und es sei für ihn eine s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e Pflicht, daß e r diese B e h a u p t u n g e n n i c h t mehr a u f s t e l l e . Daraufhin hat das B e r u f u n g s g e r i c h t die K l a g e abgewiesen. Die R e v i s i o n des K l ä g e r s führte zur W i e d e r h e r s t e l l u n g des l a n d g e r i c h t l i c h e n Urteils. Gründe: D a s B e r u f u n g s g e r i c h t hat a n g e n o m m e n , d a ß der B r i e f der A n w ä l t e des B e k l a g t e n a n die M u t t e r des K l ä g e r s vom 10. J a n u a r 1941 n i c h t in a m t l i c h e r E i g e n s c h a f t geschrieben sei und daß er einen s a c h lich unbegründeten rechtswidrigen A n g r i f f auf d i e E h r e des K l ä g e r s e n t h a l t e , da diesem der V o r w u r f , er habe sich das G e r ä t angeeignet o d e r anzueignen versucht und zu diesem Z w e c k e die R ü c k s e n d u n g n a c h H. verhindern wollen, nicht g e m a c h t w e r d e n könne. E s h a t j e d o c h die K l a g e auf künftige U n t e r l a s s u n g d e r a r t i g e r B e h a u p t u n g e n abgewiesen, weil die G e f a h r der künftigen W i e d e r h o l u n g nicht geg e b e n sei. D a ß es sich bei diesem B r i e f an die M u t t e r des K l ä g e r s nicht um eine Aeußerung in E r f ü l l u n g ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e r P f l i c h t e n geh a n d e l t hat, hat das B e r u f u n g s g e r i c h t in U e b e r e i n s t i m m u n g mit dem L a n d g e r i c h t ohne R e c h t s i r r t u m angenommen. D e r B r i e f s o l l t e zur W i d e r l e g u n g des S c h r e i b e n s der M u t t e r des K l ä g e r s an den B e k l a g t e n v o m 26. D e z e m b e r 1 9 4 0 dienen, in welchem sie diesem u. a. e r k l ä r t e , d a ß sie seine Handlungsweise und D e n k u n g s a r t ganz niedrig finde, und daß e r als in der H e i m a t B e f i n d l i c h e r sich s c h ä m e n s o l l e , die E h r e eines S o l d a t e n zu besudeln. D i e s e r B r i e f war, wie s c h o n d a s L a n d g e r i c h t zutreffend hervorgehoben hat, seinem ganzen I n h a l t e n a c h an den ehemaligen F r e u n d des K l ä g e r s , nicht aber a n den B e a m t e n P r o f e s s o r 0 . gerichtet. D e r V o r w u r f n i e d r i g e r H a n d l u n g s und Denkungsweise s o l l t e sich o f f e n s i c h t l i c h gegen den M e n s c h e n Os,, nicht gegen den B e a m t e n richten. D e m g e m ä ß m u ß auch d i e e i n g e h e n d e R e c h t f e r t i g u n g seines V e r h a l t e n s , d i e der ' B e k l a g t e d e r M u t t e r des K l ä g e r s im S c h r e i b e n vom 10. J a n u a r 1941 geben l i e ß , zumal a n g e s i c h t s der früheren f r e u n d s c h a f t l i c h e n B e z i e h u n g e n d e r P a r t e i e n , als eine a u ß e r a m t l i c h e Handlung des B e k l a g t e n a n g e s e h e n werden. D i e R e v i s i o n wendet sich gegen die A n n a h m e des B e r u f u n g s gerichts, daß keine W i e d e r h o l u n g s g e f a h r b e s t e h e , und m a c h t g e l t e n d , die B e g r ü n d u n g des B e r u f u n g s u r t e i l s k ö n n e i n s o w e i t r e c h t l i c h e r N a c h prüfung nicht s t a n d h a l l e n . D i e s e R ü g e ist b e g r ü n d e t . Z w a r ist d i e F r a g e der W i e d e r h o l u n g s g e f a h r im w e s e n t l i c h e n e i n e s o l c h e t a t s ä c h l i c h e r A r t ; ihre B e u r t e i l u n g u n t e r l i e g t dem p f l i c h t m ä ß i g e n E r m e s s e n

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des Tatrichters. Doch kann seine Entscheidung im Revisionsverfahren immer dann nachgeprüft werden, wenn er entweder von unrichtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wichtige Umstände außer acht gelassen hat (RGZ. Bd. 148 S. 114; RGUrt. VI 57/42 vom 29. September 1942 in WarnRspr. 1943 S 43). Im vorliegenden Fall ist der Revision zuzugeben, daß das Berufungsgericht in der Tat wichtige Umstände außer acht gelassen hat, bei deren Berücksichtigung eine Wiederholungsgefahr als vorhanden angesehen werden muß. Die Revision weist zutreffend darauf hin, der Beklagte habe sich im Laufe des Rechtsstreits keineswegs so verhalten, daß die Gefahr einer Wiederholung der beanstandeten Aeußerungen ausgeschlossen wäre. Nachdem die Beweisaufnahme im ersten Rechtsgange die völlige Haltlosigkeit der vom (Beklagten gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe ergeben hatte, wäre es Sache des Beklagten gewesen, nunmehr bestimmt und deutlich zu erklären, daß er diese Behauptungen nicht mehr wiederholen wolle. Statt dessen hat er im Rechtsstreit nur erklären lassen, es sei nicht damit zu rechnen, daß er weiterhin diese Behauptung aufstelle. Diese Erklärung war angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme durchaus unzureichend. Die ganz unbestimmte Wendung konnte dem Kläger nicht die Sicherheit und das Vertrauen geben, daß der Beklagte ernstlich entschlossen sei, die Vorwürfe nicht mehr zu erheben. Mit Recht verweist die Revision auch auf einen Schriftsatz des Beklagten, worin dieser ausgeführt hat, er werde auf Rückfragen von Behörden erklären, daß nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die seinerzeit abgegebenen Erklärungen sich als sachlich unrichtig herausgestellt hätten, daß er aber persönlich zu ihrer Aufstellung durchaus berechtigt gewesen sei. Auch diese Ausführungen des Beklagten lassen erkennen, wie wenig er geneigt war, dem von ihm grundlos schwer gekränkten Kläger ausreichende Genugtuung widerfahren zu lassen. Denn der Beklagte konnte angesichts seiner früheren freundschaftlichen Verbindung mit dem Kläger, der zudem als Offizier beim Heere stand, auch persönlich nicht wohl der Meinung sein, daß diesem auch nur der Versuch einer rechtswidrigen Aneignung des Geräts zuzutrauen sei. Weiter ist für die Frage der Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen, daß der Beklagte es abgelehnt hat, dem vom Berufungsgericht vorgeschlagenen Vergleich zuzustimmen, den der Kläger angenommen hat. Die vom Berufungsgericht vorgeschlagene Erklärung des Beklagten, er habe auf Grund der Beweisaufnahme die Ueberzeugung gewonnen, daß sich der Kläger keiner strafrechtlich zu ahndenden oder auch nur unehrenhaften Handlungsweise schuldig gemacht habe, er könne insbesondere nicht behaupten, der Kläger habe die Rückgabe des Geräts in anfechtbarer Weise zu vereiteln und es sich anzueignen versucht, und er werde auch dritten Personen oder Dienst- und Amtsstellen gegenüber keine

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derartigen Behauptungen aufstellen, war dem Beklagten durchaus zuzumuten und hätte die Angelegenheit in einer Weise erledigt, wie sie der Schwere der dem Kläger zugefügten Kränkung entsprochen hätte. Wenn der Beklagte diesen Vergleichsvorschlag mit der Begründung abgelehnt hat, man könne von ihm als Staatsbeamten eine solche Erklärung nicht verlangen, da sie einen Zweifel an der Korrektheit der von ihm ergriffenen dienstlichen Maßnahmen enthalte, so muß dieser Gesichtspunkt, wenn er überhaupt Bedeutung hat, angesichts der Schwere der dem Kläger zugefügten Beleidigung völlig zurücktreten, dies um so mehr, als der Beklagte sich angesichts der früheren freundschaftlichen Beziehungen zum Kläger und mit Rücksicht auf dessen Stellung im beruflichen und militärischen Leben von vornherein hätte sagen müssen, daß es sich bei den mit Dritten geführten Verhandlungen über das Eigentum an dem Gerät nur um Mißverständnisse, nicht aber um den Versuch einer widerrechtlichen Aneignung durch den Kläger handeln könne und daß daher zu den von ihm gegen den Kläger ergriffenen überaus scharfen Maßnahmen kein Anlaß bestehe. Gerade dieses durch nichts gerechtfertigte, den Kläger Oberaus kränkende und ihn vor Berufsgenossen und Vorgesetzten bloBstellende Vorgehen des Beklagten war bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr besonders zu berücksichtigen; der Beklagte war angesichts der Schwere dieser Beeinträchtigungen gehalten, ein übriges zu tun und dem im Felde stehenden Kläger in nachdrücklicher, klarer und unmißverständlicher Weise Genugtuung zuteil werden zu lassen. Die vom Beklagten in der Schlußverhiandlung vor dem Berufungsgericht abgegebene Erklärung vermag die Gefahr der Wiederholung der Aeußerungen nicht zweifelsfrei zu beseitigen. Nach dem ganzen vorstehend geschilderten Verhalten des Beklagten, das einen Gesinnungswandel gegenüber dem Kläger nicht erkennen läßt, namentlich auch mit Rücksicht auf die Ablehnung des vom Berufungsgericht gemachten Vergleichsvorschlags mit der darin enthaltenen Ehrenerklärung, vermag die bloße Erklärung des Beklagten, „der durch die Beweisaufnahme festgestellten Sachlage künftig Rechnung tragen" und „diese" Behauptungen nicht mehr aufstellen zu wollen, keine genügende Sicherheit dafür zu bieten, daß er die kränkenden Aeußerungen in Zukunft nicht in dieser oder in einer anderen, wenigstens Zweifel an der Ehrenhaftigkeit des Klägers offenlassenden Form wiederholen werde. Schließlich hat auch das Verhalten des Beklagten im Revisionsverfahren einen solchen Gesinnungswandel nicht erkennen lassen.

RGZ. 172, 244 1. Kann der Schädiger verlangen, dafi die Eheiran des Verletzte· unentgeltlich in dessen Geschäft mitarbeite?

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2. Inwieweit ist bei der Bemessung der billigen Entschädigung im Sinne des § 847 BGB. zu berücksichtigen, daB der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist? 3. Ist der Klageantrag, dem Verletzten bis zur Wiedererlangung seiner Tollen Arbeitskralt eine Rente zu zahlen, genügend bestimmt? BGB. § 847. ZPO. § 253 Abs. 2 Nr. 2. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Nürnberg.

Urt. v. 19. Januar 1944. II. Oberlandesgericht daselbst.

Der Kläger ist am 6. November 1939 geigen 19V« Uhr in N., als er bei großer Dunkelheit mit seinem Kleinkraftrad die R-er Hauptstraße befuhr, mit dem Pferdewagen des ßeklagten, der aus der — in spitzem Winkel von rechts einmündenden — W.straße in die R.er Hauptstraße einbog, zusammengestoßen und schwer verletzt worden. Er verlangt vom Beklagten auf Grund der §§ 823 flg. (BGB. Ersatz des ihm entstandenen Schadens, und zwar Zahlung von 3669,44 RM., ein der Höhe nach in richterliches Ermessen gestelltes Schmerzensgeld, eine monatliche Rente von 150 RM. vom 1. Dezember 1941 an bis zur Wiedererlangung seiner vollen Arbeitskraft und die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für jeden ihm etwa künftig noch erwachsenden Unfallschaden. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 6859,31 RM. und eine monatliche Rente von 112,50 RM. vom 1. Dezember 1941 an bis zur Wiedererlangung seiner vollen Arbeitskraft zu bezahlen; ferner hat es die verlangte Feststellung in Höhe von '/« des künftigen Schadens getroffen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben, den Beklagten verurteilt, an den Kläger 8363,25 RM. und eine monatliche Rente von 112,50 RM. vom 1. Dezember 1941 an „auf so lange zu bezahlen, als der Kläger in dem Maße wie zur Zeit erwerbsunfähig sein werde", und festgestellt, daß der Beklagte dem Kläger */« jedes weiteren etwa künftig noch entstehenden Unfallschadens zu ersetzen habe; im übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen. Die Revisionen beider Parteien hatten teilweise Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unfall sei durch fahrlässiges Verhalten beider Teile verursacht worden. Es hat demgemäß nach § 254 B G B . abgewogen und den Schaden so verteilt, daß der Kläger vom Beklagten V« seines Schadens ersetzt erhält und '/« selbst zu tragen hat. Hiergegen wenden sich beide Parteien; jede beanstandet, daß ihr ein Verschulden an dem Unfall zur Last gelegt,

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jedenfalls aber, daß es zu hoch und daß das Verschulden der Gegenseite za gering veranschlagt worden ist. Zum Verschulden des Beklagten hat das Berufungsgericht festgestellt, daß er in vierfacher Weise gegen die Verkehrsvorschriften verstoßen urd dadurch den Unfall verursacht habe: Er habe das dem Kläger zustehende Vorfahrtrecht nicht beachtet, sein Augenmerk nicht genügend der Fahrbahn zugewandt, entgegen § 8 Abs. 3 StVO. beim Linkseinbiegen keinen weiten Bogen ausgeführt und unter Verstoß gegen § 24 StVO. sein Fuhrwerk unvorschriftsmäßig, nämlich nur mit einer Lampe unter dem Fahrzeug, beleuchtet. Insoweit bestehen keine rechtlichen Bedenken. Ein für den Unfall mitursächliches fahrlässiges Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht darin erblickt, daß er mit einer Geschwindigkeit von mindestens 20 Stundenkilometern gefahren sei; diese sei bei der herrschenden starken Dunkelheit zu hoch gewesen, da er bei auftauchenden Hindernissen nicht rechtzeitig habe anhalten können. Demgegenüber macht die Revision des Klägers mit Recht geltend, daß dem Kläger der Vorwurf, er sei übermäßig schnell .gefahren, nach Lage der Sache nicht gemacht werden könne. Eine Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern ist auf einer mit dem Vorfahrtrecht ausgestatteten Reichsstraße auch bei starker Dunkelheit nicht zu beanstanden. Der Kläger konnte sich als Vorfahrtberechtigter darauf verlassen, daß etwaige aus Nebenstraßen einbiegende, wartepflichtige Verkehrsteilnehmer sich der Hauptstraße mit der gebotenen Vorsicht nähern und ihm die Vorfahrt lassen würden. Er brauchte nicht damit zu rechnen, daß sie sich so verhalten würden, wie es der Beklagte getan hat, daß nämlich ein schlecht beleuchtetes Pferdefuhrwerk unter Mißachtung der Vorfahrt in unaufmerksamer Weise in die Hauptstraße einbiegen und dabei auch noch, statt den vorgeschriebenen weiten Linksbogen auszuführen, dem Kläger die Fahrbahn auf längere Zeit sperren werde. Ob der Kläger, wie der Beklagte geltend macht, die Fahrt „ohne Dringlichkeit" unternommen hat, ist ohne Belang; ein Verschulden könne in seiner Fahrweise keinesfalls erblickt werden. Hiernach hat das Berufungsgericht zu Unrecht ein fahrlässiges Verhalten des Klägers angenommen. Eine Abwägung gemäß § 254 B G B . kommt deshalb nicht in Frage; vielmehr hat der Beklagte dem Kläger den diesem erwachsenen Schaden in vollem Umfange zu ersetzen. Zur Höhe des Schadens hat das Berufungsgericht festgestellt, der Kläger könne infolge des Unfalls sein Tabakwarengeschäft nicht mehr allein betreiben und bedürfe daher einer Hilfskraft. Seine Ehefrau helfe ihm seit dem Unfall im Geschäft und erhalte dafür von ihm eine monatliche Entschädigung von 150 RM. Dieser Betrag werde

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auch versteuert. Die Ehefrau habe vor dem Unfall im Geschäft ihres Ehemannes nicht mitgearbeitet, sondern sei nur als Hausfrau tätig gewesen. Eine Mitarbeit im Geschäft sei nicht notwendig gewesen. Die Revision des 'Beklagten macht demgegenüber geltend: Die Entschädigung sei der Ehefrau des Klägers offenbar nur im Hinblick auf geltend zu machende Ersatzansprüche gewährt worden. Bezeichnend sei, daß das Arbeitsbuch ihr erst im Monat der Klageerhebung ausgestellt worden sei. Das Berufungsgericht lege den § 1356 Abs. 2 BGB. zu eng aus. Bei Beantwortung der Frage, ob die Mithilfe der Ehefrau im Geschäft des Mannes innerhalb ihres familienrechtlichen Pflichtenkreises liege, dürften die Anschauungen des Berufsstandes das Mannes berücksichtigt werden. Der Pflichlenkreis der Frau bestimme sich auf Grund der tatsächlichen Lebensverhältnisse der Familie und sei mit dem vom Willen der Beteiligten unabhängigen Maßstabe des Ueblichen zu messen. Mindestens unter den heutigen Verhältnissen müsse die Ehefrau bei Behinderung ihres Mannes einspringen; dies sei nicht nur üblich, sondern eine der Volksgemeinschaft gegenüber bestehende Pflicht. Diese Ausführungen der Revision des Beklagten können keinen Erfolg haben. Daß der Ehefrau des Klägers die Entschädigung „offenbar" nur im Hinblick auf geltend zu machende Ersatzansprüche gewährt worden wäre, ist weder festgestellt noch sonstwie ersichtlich, folgt insbesondere auch nicht daraus, daß ihr das Arbeisbuch erst im Monat der Klageerhebung ausgestellt worden ist. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, daß die Ehefrau, weil der Kläger infolge des Unfalls sein Geschäft nicht mehr allein betreiben könne, als Hilfskraft gegen eine monatliche Vergütung von 150 RM. angestellt worden sei und daß sie vor dem Unfall in dem Geschäft nicht mitgearbeitet habe, sondern nur als Hausfrau tätig gewesen sei, reichen zur Begründung des Anspruchs des Klägers auf Ersatz dieser Aufwendungen aus. Denn da die Ehefrau vor dem Unfall im Geschäft des Klägers nicht tätig gewesen ist, kann der Beklagte als Schädiger nicht verlangen, daß sie dies nunmehr unentgeltlich tue. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Tätigkeit im Geschäft des Mannes nach den Lebensverhältnissen der Eheleute üblich und die Frau daher nach § 1356 Abs. 2 B G B . hierzu verpflichtet sein würde. Selbst wenn letzteres der Fall sein sollte — was im Tabakwarengroßhandel nicht gerade wahrscheinlich ist —, so würde es doch immer darauf ankommen, wie es bei den Eheleuten vor dem Unfall tatsächlich gehandhabt worden ist. Hat sich, wie im vorliegenden Falle, die Ehefrau vor dem Unfall nur als Hausfrau, nicht aber im Geschäft des Klägers betätigt, so darf sie durch den Unfall nicht schlechter gestellt werden als vorher; der Schädiger hat kein Recht darauf, daß der Umfang seiner Schadensersatzpflicht durch einen Dritten gemindert wird, insbesondere, daß Zivi!·. SAuldredit 10

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die Ehefrau des Geschädigten nunmehr unentgeltlich in dessen Geschäft mitarbeite. Darauf, ob der Ehemann verlangen könnte, daß seine Ehefrau diese Arbeiten ohne Vergütung verrichte, kommt es nicht an; die Eheleute sind berechtigt, eine Vergütung zu vereinbaren, und wenn dies, wie hier festgestellt, geschehen ist, hat der Schädiger auch insoweit Schadensersatz zu leisten. Beide Revisionen wenden sich sodann noch gegen die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes. Das Berufungsgericht ist hier von dem Betrage von 8000 RM. ausgegangen und hat dem Kläger hiervon '/«, mithin 6000 R M . zugesprochen. Die Revision des Klägers macht geltend, daß ein Schmerzensgeld von 12 000 RM. angemessen sei, weil der Kläger unerträgliche Schmerzen habe erleiden müssen und dadurch dauernd seelisch belastet sei, daß er während seines ganzen Lebens eine Verstümmelung des Armes, den Verlust des Geschmackssinnes, eine Behinderung der Beweglichkeit des Kopfes und eine B e einträchtigung seines Gedächtnisses zu ertragen habe. Die Revision des Beklagten rügt, daß das Berufungsgericht bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes das Bestehen einer Haftpflichtversicherung des Beklagten berücksichtigt habe. Sie führt hierzu aus: Das Berufungsgericht erkläre zwar, daß es sich der Anschauung des Reichsgerichts anschließe, wonach das Bestehen einer Haftpflichtversicherung nicht zu berücksichtigen sei. Wenn es dann aber fortfahre, es trage keine Bedenken, die Ansprüche des Schädigers aus der Haftpflichtversicherung im Rahmen des § 847 B G B . als Vermögenslage zu werten, so werde damit der Standpunkt des Reichsgerichts tatsächlich offenbar wieder verlassen und in Wahrheit entgegen der herrschenden Ansicht das Bestehen einer Haftpflichtversicherung dennoch berücksichtigt. Zunächst müsse feststehen, wofür die Haftpflichtversicherung den Haftpflichtigen schadlos zu halten habe; bei der Bemessung der Schadensersatzpflicht des Haftpflichtigen könne daher nicht umgekehrt die sich erst hiernach richtende Schadloshaltungspflicht der Haftpflichtversicherung eine Rolle spielen. Das Recht aus der Haftpflichtversicherung sei für die Sicherheit, aber nicht für die Höhe der Schadensersatzforderung von Bedeutung. Die Versicherungssumme bilde keinen Bestandteil des dem Schädiger (gehörenden Vermögens, dessen Umfang bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes in Betracht gezogen werden könne. Das Berufungsurteil verletze insoweit den in § 847 B G B . durch das Wort „billig" angedeuteten B e messungsgrundsatz. Hierzu ist folgendes zu sagen: Das Reichsgericht hat zwar bisher in ständiger Rechtsprechung den Umstand, daß der Schädiger das dem Verletzten zu gewährende Schmerzensgeld nicht selbst zu tragen hatte, sondern daß eine Hafpflichtversicherungsgesellschaft ihm diese

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Leist abnahm, bei der Festsetzung der Höhe des Schmerzensgeldes für unbeachtlich erklärt (vgl. insbesondere RGZ. Bd. 63 S. 104, Bd. 136 S. 60, Bd. 157 S. 350; RGUrt. vom 28. Mai 1925 in J W . 1925 S. 2599 Nr. 11, vom 27. Oktober 1932 in J W . 1933 S. 779 Nr. 11, vom 11. Juli 1935 in J W . 935 S. 2950 Nr. 5, vom 26. August 1937 in J W . 1937 S. 3172 Nr. 25; RGUrt. vom 4. Februar 1941 in DR. Ausg. A 1941 S. 1298 Nr. 20). In diesen Entscheidungen wird die Auffassung vertreten, daß eine Berücksichtigung der Haftpflichtversicherung des Schädigers bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes das Wesen der Haftpflichtversicherung verkennen würde; die Versicherung solle den Haftpflichtigen für dasjenige schadlos halten, was er auf Grund seiner Verantwortlichkeit zu leisten habe und was daher zunächst feststehen müsse (§ 149 VVG.); die Anprüche aus dem Versicherungsvertrage seien nicht Bestandteil des Vermögens des Schädigers und daher nicht zu berücksichtigen. An dieser Rechtsprechung kann jedoch nach erneuter Prüfung nicht festgehalten werden. Nach § 847 BGB. ist dem Verletzten wegen des Nichtvermögensschadens eine billige Entschädigung in Geld zu gewähren. Welche Entschädigung im einzelnen Fall als billig angesehen werden kann, ist unter Würdigung aller in diesem Falle vorliegenden Umstände zu ermitteln. Insbesondere muß die Bestimmung der Höhe der Entschädigung, wenn sie eine billige sein soll, auf die Verhältnisse beider Teile Rücksicht nehmen. Die dem Verletzten zu gewährende Entschädigung in Geld richtet sich daher nicht nur nach der Art und Dauer der Schmerzen, die der Verletzte infolge des Unfalls zu erleiden hat, und danach, was erforderlich ist, um ihm, soweit das überhaupt möglich ist, für die körperlichen und seelischen Leiden einen Ausgleich zu gewähren, sondern es ist auch zu prüfen, was der Schädiger tatsächlich an Entschädigung leisten kann, d. h. welche Leistung ihm nach seiner wirtschaftlichen Lage zugemutet werden kann und muß. Es ist deshalb daran festzuhalten, daß bei Bemessung des Schmerzensgeldes auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Schädigers zu berücksichtigen sind, weil sie bei der Prüfung der Frage, welche Leistung ihm zugemutet werden kann und zuzumuten ist, ins Gewicht fallen müssen. Geht man hiervon aus, dann kann die Tatsache, daß der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist, nicht, wie es in der bisherigen Rechtsprechung geschehen ist, ganz unberücksichtigt gelassen werden. Die wirtschaftliche Lage eines Schädigers, der sich durch Versicherung gegen Haftpflicht davor geschützt hat, in den unter den Versicherungsvertrag fallenden Haftungsfällen mit dem eigenen Einkommen und Vermögen haften zu müssen, ist günstiger als die eines Schädigers, dessen Einkommen und Vermögen in Haftungs21·

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(allen voll in Anspruch genommen werden kann. Ist ein Schädiger nicht gegen Haftpflicht versichert und sind seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse so bescheiden, daß er ein Schmerzensgeld in der Höhe, wie es zum Ausgleich für die Schmerzen des Verletzten angemessen wäre, nicht zu leisten vermag, ohne selbst in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, so würde es in aller Regel nicht der Billigkeit entsprechen, wenn ihm die Leistung eines Schmerzensgeldes in dieser Höhe zugemutet würde. Diese Billigkeitserwägung, daß ihm das an sich Angemessene nicht zuzumuten sei, kann jedoch — und insoweit kann die bisherige Rechtsprechung nicht aufrechterhalten werden — dann nicht Platz greifen, wenn der Schädiger gegen Haftpflicht versichert ist und die Zahlung der Entschädigung ihn daher nicht selbst belastet, sondern ihm von seiner Versicherungsgesellschaft abgenommen wird. In dieser Beziehung ist vor allem von Bedeutung, daß durch Gesetz vom 7. November 1939 (RGBl. I S. 2223) das Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag weitgehend zugunsten des Geschädigten geändert worden ist. In der amtlichen Begründung zu dem neuen Gesetz ( D J . 1939 S. 1771) heißt es: „Die fortschreitende Motorisierung erfordert nach dem Willen des Führers einen erweiterten Schutz der Verkehrsopfer. Diesem Ziele dient das vorliegende Gesetz. Es sieht zunächst einen Zwang zum Abschluß einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung vor. Im Anschluß daran wird im Interesse der Schaffung eines einheitlichen Rechts im Großdeutschen Reich das materielle Haftungsrecht des Kraftfahrzeughalters geändert. Außerdem erfährt das Recht der Haftpflichtversicherung zum Schutze des Geschädigten eine durchgreifende Aenderung und Ergänzung." Zu dem neuen § 158 c VVG. wird in der genannten Begründung gesagt, daß ein möglichst lückenloser Schutz des geschädigten Dritten gewährleistet werden solle. Das Gesetz hat bei der neuen Pflichtversicherung in § 158 c bewußt den Standpuntk verlassen, der Versicherer habe nur dafür einzustehen, daß der Haftpflichtanspruch des Dritten nicht das Vermögen des Versicherungsnehmers belaste. Denn diese Vorschrift bestimmt in ihrem ersten Absatz, daß, wenn der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung dem Versicherungsnehmer gegenüber — infolge Obliegenheitsverletzung, Nichtzahlung der Prämie oder nicht rechtzeitige Klageerhebung — ganz oder teilweise frei sei, gleichwohl seine Verpflichtung in Ansehung des Dritten bestehen bleibe. W e i t e r wirkt nach Abs. 2 der genannten Vorschrift ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, in Ansehung des Dritten erst mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Versicherer diesen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat. Die Gesetzesänderung gewährleistet also bei der Pflichtversicherung dem Dritten den Versicherungsschutz sogar in Fällen, in denen der Versicherungsnehmer gegen den Versicherer keinen Anspruch mehr hat.

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D a n a c h ist aus den neuen Vorschriften als W i l l e des G e s e t z g e b e r s zu entnehmen, daß dem Geschädigten — entsprechend dem Z w e c k e des G e s e t z e s , ihm einen möglichst lückenlosen S c h u t z zu gewährleisten — auch in Fällen, in denen der S c h ä d i g e r nicht leistungsfähig ist, mit Hilfe der Versicherung nicht nur der volle E r s a t z des Vermögensschadens, sondern auch ein angemessenes Schmerzensgeld ges i c h e r t werden soll. B e i Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist der S e n a t zu dem Ergebnis gelangt, daß nach den hier gegebenen U m s t ä n d e n ein Schmerzensgeld von 8 0 0 0 R M . angemessen ist, um dem K l ä g e r einen Ausgleich für die infolge des Unfalls erlittenen S c h m e r z e n und Entbehrungen zu gewähren, soweit dies überhaupt möglich ist. Dieser B e t r a g kann dem K l ä g e r nicht deshalb versagt w e r d e n , weil seine Zahlung dem B e k l a g t e n nach dessen Verhältnissen nicht zugemutet werden könnte; die Billigkeitserwägung, daß ihm m i t R ü c k s i c h t auf seine bescheidene W i r t s c h a f t l a g e die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 8000 R M . nicht zuzumuten sei, kann nicht zur Anwendung kommen, da er durch den A b s c h l u ß einer V e r s i c h e rung gegen Haftpflicht dafür gesorgt hat, daß er mit Hilfe seines V e r sicherers in der L a g e ist, das angemessene Schmerzensgeld zu zahlen, ohne durch eine solche Zahlung selbst in wirtschaftliche S c h w i e r i g keiten zu geraten. Dem Kläger waren daher als Schmerzensgeld 8 0 0 0 R M . — und zwar nach dem oben Ausgeführten in voller Höhe — zuzusprechen. W a s die D a u e r der Verpflichtung des K l ä g e r s zur Zahlung der M o n a t s r e n t e von 150 R M . betrifft, so hat der K l ä g e r selbst den Antrag gestellt, den B e k l a g t e n zu verurteilen, ihm vom 1. Dezember 1941 ab „bis zur Wiedererlangung der vollen A r b e i t s k r a f t des K l ä g e r s monatlich je 150 R M . zu e n t r i c h t e n " . D a s Landgericht hat dem Kläger die R e n t e — in Höhe von monatlich 112,50 R M . — bis zu dem genannten Zeitpunkt, das Berufungsgericht hat sie ihm ,,auf so lange zugesprochen, als er in dem M a ß e wie zur Zeit erwerbsunfähig sein werde". Dieser Urteilsausspruch unterliegt rechtlichen Bedenken. D e n n das Verlangen des K l ä g e r s verstößt gegen § 2 5 3 Abs. 2 Nr. 2 ZPO., wonach ein b e s t i m m t e r Antrag erforderlich ist. D e r K l a g e a n t r a g hätte daher die b e g e h r t e Leistung n a c h A r t und Umfang so genau b e zeichnen müssen, daß jede Ungewißheit, insbesondere auch mit R ü c k sicht auf die M ö g l i c h k e i t der V o l l s t r e c k u n g , ausgeschlossen war. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt. A u s dem A n t r a g ist nicht mit ausreichender B e s t i m m t h e i t zu ersehen, bis wann die R e n t e g e w ä h r t werden soll. W i e lange der K l ä g e r in dem M a ß e wie zur Zeit d e r letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht — 6. J a nuar 1942 — erwerbsunfähig sein wird, ist nicht festgestellt; auch fehlen Behauptungen der P a r t e i e n hierüber. E s w ä r e S a c h e des K l ä -

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gers gewesen, anzugeben, bis zu welchem bestimmten Endzeitpunkt er die Rente verlange. Gegebenenfalls hätte dann auch geprüft werden müssen, ob der Kläger, wenn er den Unfall nicht erlitten hätte, nach seinen sonstigen Verhältnissen in der Lage gewesen sein würde, sein Geschäft bis zu diesem Zeitpunkte weiterzuführen. Da hiernach der Klageantrag insoweit der erforderlichen Bestimmtheit mangelt, ist er unzulässig; die Klage v/ar daher insoweit, als die Rente für die Zeit nach J a n u a r 1942 verlangt wird, angebrachtermaßen abzuweisen.

Sachregister (Die Ziffern bedeuten die Seitenzahlen dieses Bande?) A Aenderung der Gesetzgebung, Einfluß auf Vollstreckungstitel wegen Unterhalt 275 Aerztlicher Standesverein, Aufnahme eines Heims in die C a v e t e - T a f e l eines — η —s, § 826 B G B . 24 Angestellte, Bestechung von — η der Gegenpartei 49 Anrechnung des Erwerbs der W i t we auf Schadensersatzrente nach § 844 B G B . 188 — von Ruhe-, Witwen- oder Waisengeld auf Schadensersatzrente nach § 844 B G B . 28, 157 Anstiftung zu verbotswidrigem Schießen und tödliche Verletzung durch wider Willen sich lösenden Schuß 284 Anwaltskammeryorstand, Schadensersatzpflicht bei beleidigenden Aeußerungen in Eingaben an — ? 392 Apothekeninhaber, VO. betr. den V e r k e h r mit Arzneimitteln als Schutzgesetz zugunsten der — 15 Arglisteinrede des Verkäufers gegenüber Schadensersatzanspruch wegen Verkaufs von Gift an J u g e n d liche 179 Arglistgegeneinwand gegenüber der Verjährungseinrede des Schuldners 107 Arrest, Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus § 945 ZPO.

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Arzneimittel, VO. betr. den Verkehr mit — η als Schutzgesetz zugunsten der Apothekeninhaber 15 Arzt, Mitwirkendes Verschulden des gesetzlichen Vertreters durch nicht rechtzeitige Zuziehung eines — e s 200 Aufsichtspflicht des Kraftwagenhalters 237 — nach § 834 B G B . beim Führen eines Bullen auf dem Schlachthof 292 Ausgleichsanspruch nach § 426 B G B . des zu Unrecht als Schuldner in

Anspruch Genommenen gegen wirklichen S c h u l d n e r ? 254 Auskunft der B a n k über einen Kunden 85 —, Haftung der Preußischen S t a a t s bank für arglistig falsche — ihres V e r t r e t e r s 228 Auskunftspilicht des Beleidigers über Personenkreis, dem er ehrenrührige Behauptungen hat zukommen lassen 102 Ausspannen von Bezirksvertretern einer Feuerversicherung, § 826 B G B . 150 Β Bahnübergang, Zusammenstoß von Kraftwagen und Eisenbahn am unbeschrankten — 296 Bankauskunft über einen Kunden 85 Baugeld, gesetzwidrige Verwendung von — 70 Beamte, vorbeugende Unterlassungsklage zur Verhütung von Anzeigen gegen — b e i der vorgesetzten Dienstbehörde 1 Beerdigungkosten nach § 844 B G B . , Grabmal 91 — nach § 844 B G B . , Grabunterhaltung 250 Beleidiger, Auskunftspflicht des — s über Personenkreis, dem er ehrenrührige Behauptungen hat zukommen lassen 102 Beleidigung, Privatrechtsschutz bei — 93 Berufsgenossenschaft, Beginn der Verjährung bei Uebergang des Anspruchs auf — 162 Bestechung von Angestellten der Gegenpartei 49 Beweisführung auf Grund des ersten Anscheins und — durch Anzeichen 254 Bienenhalter, Haftung des —s 241 Billigkeitsanspruch aus § 829 B G B . , wenn Schädiger weder Vermögen noch Einkommen hat 301 Bleihaltiges Wasser, Haftung der G e meinde für — — 166

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Sachregister

Bremser, Pflichten des — s des zweiten Anhängers eines Lastk r a f t w a g e n s 200 C C a v e t e - T a f e l , A u f n a h m e eines H e i raes in die — e i n e s ä r z t l i c h e n S t a n d e s v e r e i n s , § 826 B G B . 24 D Dienst, S c h a d e n s e r s a t z n a c h § 8 4 5 B G B . für e n t g e h e n d e — e der E h e f r a u 175 Ehebrecher, Schadensersatzpflicht des — s 183 E h e f r a u , S c h a d e n s e r s a t z nach § 8 4 5 BGB. für e n t g e h e n d e Dienste d e r — 175 —, Verlangen des S c h ä d i g e r s auf u n e n t g e l t l i c h e M i t a r b e i t der E h e frau des· V e r l e t z t e n 318 — , S t e l l u n g der — nach § 1356 B G B . 179 — , A n s p r u c h der — b e i gleichzeitiger e i g e n e r V e r l e t z u n g und T ö tung i h r e s E h e m a n n s auf G e l d r e n t e aus § § 843, 844 B G B . 305 — . V e r l e t z u n g der — des H a l t e r s bei Zusammenstoß von Kraftw a g e n 70 E h e m a n n , Haftung des — e s aus § 831 B G B . für A r b e i t e n der E h e f r a u , zu denen sie nach § 1356 A b s . 2 B G B . v e r p f l i c h t e t ist 179 —, mitwirkendes Verschulden des — s b e i Unfall der E h e f r a u , A n rechnung auf ihren Schadense r s a t z a n s p r u c h 91 Ehrenrührige Behauptungen, Ausk u n f t s p f l i c h t des B e l e i d i g e r s ü b e r P e r s o n e n k r e i s , dem er mitg e t e i l t hat 102 E h r v e r l e t z u n g , S c h m e r z e n s g e l d 106 E i g e n e Gefahr, „Handeln auf " b e i G e f ä l l i g k e i t s f a h r t 103 Eisenbahn, Zusammenstoß von K r a f t w a g e n und — 296 Erschleichen eines rechtskräftigen U r t e i l s und § 8 2 6 B G B . 270

I — , B e r ü c k s i c h t i g u n g des G r a d s der | — b e i B e m e s s u n g des S c h m e r z e n s g e l d e s 52 I F a l s c h m e l d u n g , Haftung des Zeit u n g s v e r l e g e r s für F a l s c h m e l d u n g über Vermögenslage eines B e j z i e h e r s 140 | Feststellungsklage für Ansprüche I n a c h § 8 2 9 B G B . , wenn S c h ä d i ger w e d e r V e r m ö g e n noch Eini k o m m e n 301 ] F e u e r v e r s i c h e r u n g , p l a n m ä ß i g e s Ausspannen von Bezirksvertretern ! e i n e r —, § 8 2 6 B G B . 150 I Formmangel, Einrede unzulässiger R e c h t s a u s ü b u n g g e g e n ü b e r Nich| tigkeit eines Rechtsgeschäfts I w e g e n — s 187

I Gefälligkeitsfahrt, Handeln auf I e i g e n e G e f a h r 103 ! — , s t i l l s c h w e i g e n d e r A u s s c h l u ß der I Haftung für F a h r l ä s s i g k e i t b e i — I .10 i Geisteskranker, Schadensersatzpflicht e i n e s — η 128 Gesamtvertretung, Haftung einer j u r i s t i s c h e n P e r s o n für V e r s c h u l den eines V e r t r e t e r s b e i — 228 Geschäft, Dienste des K i n d e s im H a u s w e s e n o d e r — der E l t e r n 253 Geschiedene Ehefrau, Verwirkung des U n t e r h a l t s a n s p r u c h s wegen unsittlichen Lebenswandcis bei U n t e r h a l t u n g einer e h e ä h n l i c h e n G e s c h l e c h t s v e r b i n d u n g ? 275 Geschlechtskrankheit, Verschulden b e i U e b e r t r a g u n g e i n e r — 50 Gesetzesunkenntnis über Haftung des S t a a t e s für A m t s p f l i c h t v e r letzung e i n e s B e a m t e n und V e r jährung n a c h § 852 B G B . 112 Gesetzlicher Vertreter, m i t w i r k e n des V e r s c h u l d e n des — η —s e i n e s durch e i n e n L a s t k r a f t z u g verletzten Kindes wegen nicht rechtzeitiger Zuziehung eines A r z t e s 200 G e w e r b e , S a t z u n g e i n e s ein —• ausF übenden, nicht rechtsfähigen Vereins und § § 33, 147 G e w O . als Fahrlässigkeit, Stillschweigender S c h u t z g e s e t z zugunsten a n d e r e r A u s s c h l u ß der Haftung für — b e i G e w e r b e t r e i b e n d e r 52 G e f ä l l i g k e i t s f a h r t 10

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Sachregister Gewerbetrieb, Haftung bei Beeinträchtigung des —s aus § 823 Abs. 1 BGB. 254 Gilt, Sorgfaltspflicht des G e s c h ä f t s i n h a b e r s bei Verkauf von — an J u g e n d l i c h e 179 Gläubigergefährdnng durch Kredithingabe gegen übermäßige Sicherung 58 Grabmal, Umfang der Beerdigungsk o s t e n nach § 844 BGB. 91 Grabstätte, Kosten für Erhaltung und Pflege einer — als Beerdigungskosten im Sinne des § 844 BGB. 250 Gute Sitten, Verstoß gegen — — durch A u f n a h m e eines Heimes in die C a v e t e - T a f e l eines ärztlichen S t a n d e s v e r e i n ? 24 —, planmäßiges Ausspannen von Bezirksvertretern einer F e u e r versicherung als Verstoß gegen 150 —, Verstoß gegen durch Ausnutzung der Monopolstellung 32 —, Weigerung des städt. Theaters, Besuchsvertrag abzuschließen als Verstoß gegen — — 45 —, V e r s t o ß gegen — — durch Vertrag ü b e r Dienstleistungen gegen Unterhaltszahlung, aber ohne R e c h t s a n s p r u c h auf das Entgelt für die Arbeit 195 —, Verstoß gegen — —, Ausnutzung eines unrichtigen rechtskräftigen Versäumnisurteils? 266 —, Verstoß gegen — — die Berufung auf einen bereits abgewikkelten V e r t r a g ? 251 Η Haftpflichtversicherung bei Bemessung des Schmerzensgeldes 52, 318 Halter, Aufsichtspflicht des —s eines K r a f t w a g e n s 237 Haustier, Biene als — im Sinne des § 833 Satz 2 BGB. 241 Hauswesen, Stellung der E h e f r a u im — 179 —, Dienst des Kindes im — oder G e s c h ä f t der Eltern 253 Hinterbliebene, Bemessung der Unterhaltsansprüche der —n, § 844 BGB. 247

Hinterlist im Sinne des § 825 BGB. 156 J Jugendliche, Haftung für K ö r p e r schaden bei Rauferei unter —η 311 —, Verkauf von gefährlichen Stoffen an —, § 823 Abs. 2 179 Κ Kausalzusammenhang zwischen Anstiftung zum Schießen und tödlicher Verletzung durch wider Willen sich lösenden Schuß 284 Kind, Dienste des —es im Hauswesen oder Geschäft der Eltern 253 —, mitwirkendes Verschulden des durch einen Lastkraftzug verletzten —es 200 —·, Feststellungsklage für Anspruch aus § 829 BGB., wenn das den Schaden verursachende -— kein Vermögen hat 301 Klageantrag, Zulässigkeit des —s auf Zahlung einer Rente bis zur Wiedererlangung der vollen Arb e i t s k r a f t ? 318 Konkursverschleppung durch Kreditgewährung gegen Sicherheiten 58 Konstruktionsfehler, Haftung des Herstellers oder V e r k ä u f e r s eines Kraftwagens für — 254 Kontokorrentverhältnis zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Bank und Schadensersatzanspruch aus einer von den beiderseitigen V e r t r e t e r n gemeinsam begangenen unerlaubten Handlung 10 Körperverletzung, A n f o r d e r u n g e n an die Darlegung körperlichen Schadens 136 Kraftwagen, Zusammenstoß von — und Verletzung der E h e f r a u des Halters 70 Kraitwagenhalter, Sorgfaltspflicht des —s 237 Kraftwagenunfall, Haftung des Herstellers oder Verkäufers für Konstruktionsfehler 254

330

Sachregister

Kreditbetrag und Gläubigergefährdung 58 Kredittäuschung durch Sicherungsübereignung 116 L Lastkraitzug, H a f t b a r k e i t des Bremsers für Verletzung eines Kindes durch den A n h ä n g e r eines —s, m i t w i r k e n d e s Verschulden 200 Leitungswasser, H a f t u n g der Gemeinde für gesundheitsschädliches —

166

Μ Minderjährige als P a r t e i im Rechtsstreit 200 MiBbrauch eines unrichtigen rechtskräftigen Versäumnisurteils, § 826 BGB. 266 Mittelbare Gesundheitsschädigung d e r M u t t e r durch U e b e r f a h r e n des Kindes 41 Mittelbar Verletzter, Schadensersatzanspruch des — —n; Mitverschulden des unmittelbar Verletzten, § 846 BGB. 218 Mitwirkendes Verschulden des E h e m a n n s bei Unfall der Ehefrau, A n r e c h n u n g auf ihren Schad e n s e r s a t z a n s p r u c h 91 — bei Kredittäuschung durch Sicherungsübereignung 116 — des durch einen Lastkraftzug verletzten Kindes und seines gesetzlichen V e r t r e t e r s 200 —, Berücksichtigung des — —s des unmittelbar Verletzten bei dem E r s a t z a n s p r u c h des durch seelische Einwirkung Geschädigten 218 Monopolmifibrauch eines K r a f t w e r kes 116 Monopolstellung, Ausnutzung der — durch S t r o m s p e r r e 32 —, MiBbrauch der — des städt. T h e a t e r s 45 Mutter, Gesundheitsschädigung der — durch U e b e r f a h r e n des Kindes 41

Ν Nachträgliche Entschädigung wegen vermehrter, aber unbefriedigt gebliebener Bedürfnisse 136 Nicht rechtsfähiger Verein, Haftung des — —η —s für Schadenszufügungen seiner V e r t r e t e r 52 Ο Offenbarungspflicht der Bank

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Ρ Planmäfiiges Ausspannen von Bezirksvertretern einer F e u e r v e r sicherung, § 826 BGB. 150 R Rauferei, Haftung für Körperschaden bei — unter Jugendlichen 311 Rechtsanwalt, Haftung f ü r Schaden durch sofortige Vollstreckung des Urteils, weil — die beabsichtigte sachlich aussichtslose Berufung versehentlich nicht eingelegt h a t ? 253 Rechtsausübung, unzulässige —, Berufung auf einen bereits abgewickelten V e r t r a g ? 251 Rechtskräitiges Urteil, Erschleichung eines —η —s 270 —, Ausnutzung eines unrichtigen —η Versäumnis—s 266 Rechtsschutzbedfirinis für vorbeugende Unterlassungsklage zur Verhütung von Anzeigen gegen Beamte bei der vorgesetzten Dienstbehörde 1 — bei vorbeugender Unterlassungsklage, wenn Handlung mit Strafe b e d r o h t 193 Reeder, Haftung aus §§ 823, 831 BGB. neben der aus § 486 HGB. 157 Reichsversicherungsordnung, Strafvorschriften der —, Schutzgesetz im Sinne des 5 823 Abs. 2 BGB.? 78 Revisionsinstanz, Verletzung des § 308 ZPO. von Amts wegen zu b e a c h t e n 213 Ruhegeld, Anrechnung von — auf G e l d r c n t e nach § 844 BGB. 157

Sachregister S Schaden, Begriff. Nachteil durch sofortige Vollstreckung, weil Rechtsanwalt die beabsichtigte sachlich aussichtslose Berufung versehentlich nicht eingelegt h a t ? 253 Schadensersatz, Unterhalt als — a u s unerlaubter Handlung und die Anwendung des § 1613 BGB. 274 Scheidungsarteil f Ausnutzung eines die Schuldfrage unrichtig lösenden —s zur Begründung von Unterhaltsansprüchen 275 Schiefien, Anstiftung zum — und tödliche Verletzung durch wider Willen abgehenden Schuß 284 Schmerzensgeld und Ehr Verletzung 93, 106 —, Haftpflichtversicherung bei Bemessung des —es 52, 318 Schnee, Streupflicht bei anhaltendem —fall 40 Schrankenwärter, der für eine gemeinschaftliche Anlage zweier Unternehmer tätig, aber nur von einem Unternehmer angestellt, als Verrichtungsgehilfe 308 Schreckwirkang, Schadensersatzpflicht 41 Schriftleiter, Haftung des Verlegers für ehrenkränkende Ausführungen des —s seiner Zeitung 302 Schutzgesetz, Begriff 78 —, VO. betr. den Verkehr mit Arzneimitteln 15 —, Ges. über die Sicherung der Bauforderung 70 —, §§ 18 und 46 der Eisenbahn-Bauund Betriebsordnung 296 —, Satzung eines ein Gewerbe ausübenden, nicht rechtsfähigen Vereins und §§ 33, 147 GewO. 52 —, § 4 Nr. 2 Kraftfahrzeugverordnung 254 Seebadbetrieb, Verkehrssicherungspflicht einer Gemeinde beim — 54 Seelische Einwirkung, Schadenshaftung bei —r —; Mitverschulden des unmittelbar Verletzten, § 846 BGB. 218 Seewasserstrafien, Staatshaftung für — 132

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Sicherungsübereignung, Kredittäuschung durch — 116 Sittenwidrige Ausnutzung der Monopolstellung eines K r a f t w e r k s 116 Sittenwidrigkeit von Kreditgewährung gegen übermäßige Sicherung 58 Sorgfaltspflicht des Kraftwagenhalters 237 Sozialabgaben, Entschädigung unterhaltsberechigter Hinterbliebener und Anrechnung der — 247 Sparkasse, Rendant als besonderer Vertreter einer Bank 253 Sprengstoff, Sorgfaltspflicht des Geschäftsinhabers bei Verkauf von — an Jugendliche 179 Staatsbank, Haftung der Preußischen — für arglistig falsche Auskunft ihres Vertreters 228 Staatshaltung für Seewasserstraßen 132 —, Unkenntnis der — für Amtspflichtverletzung eines Beamten und Verjährung nach § 852 BGB. 112 Stadtgemeinde, Haftung für verkehrssicheren Zugang zum Mietshaus 279 Standesverein, Aufnahme eines Heimes in die Cavete-Tafel eines ärztlichen —s, § 826 BGB. 24 Stillschweigender AusschluB der Haftung für Fahrlässigkeit bei Gefälligkeitsfahrt 10 Strafe, Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage, wenn Handlung mit Strafe bedroht, Rechtsschutzbedürfnis 193 Straßenbau und Wasserschaden 314 StraBenveränderung, Haftung für Beeinträchtigung des Grundstücks infolge — 124 Streupflicht bei anhaltendem Schneefall 40 Stromlieferungsvertrag, Monopolmißbrauch 116 Stromsperre, sittenwidrige Ausnutzung der Monopolstellung durch — 32

332

Sachregister Τ

T h e a t e r , Verpflichtung des städt. — s , jedermann zum B e s u c h zuzulassen 45 Tierhalter und Aufsichtspflicht, B e griff 292 U Uebergang, Verjährungsbeginn nach § 852 B G B . bei — der F o r d e rung auf Berufsgenossenschaft 162 Unerlaubte Handlung 1—Ende Unsittlicher Lebenswandel, V e r w i r kung des U n t e r h a l t s a n s p r u c h s der geschiedenen Ehefrau bei Unterhaltung einer eheähnlichen G e s c h l e c h t s v e r b i n d u n g ? 275 Unterbrechung der Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen Ansteckung mit Geschlechtsk r a n k h e i t durch U e b e r n a h m e von K o s t e n 50 — b e i Ablauf der Frist an einem Sonntag und Zustellung der Klage am folgenden T a g e 162 Unterhaltsanspruch, Bemessung des — s der Hinterbliebenen, § 844 B G B . 247 — g e s c h i e d e n e r Ehegatten und unrichtiges Scheidungsurteil 275 — für die Vergangenheit 274 Unterhaltszahlung, Vertrag über Dienstleistungen gegen — , a b e r ohne R e c h t s a n s p r u c h auf E n t gelt für die Arbeit, § 826 B G B 195 Unterlassungsklage, Zulässigkeit u. Voraussetzungen der vorbeugenden — 1 — b e i Beleidigung 93 — , Rechtsschutzbedürfnis, wenn Handlung mit S t r a f e bedroht 193 — , v o r b e u g e n d e — und Erledigung des R e c h t s s t r e i t s 213 — , v o r b e u g e n d e — gegen früheren Verlobten auf Zusendung von B r i e f e n u. dgl. 287 — , Wiederholungsgefahr bei vorb e u g e n d e r — 314 UnSbersehbarkeit der Verhältnisse, S c h a d e n s e r s a t z 136

Unzulässige Rechtsausübung, Einrede — r — gegenüber Nichtigkeit eines R e c h t s g e s c h ä f t s wegen Formmangels 187 — , Einwand — r — gegenüber der Verjährungseinrede 221 —, Berufung auf b e r e i t s a b g e w i c k e l ten V e r t r a g eine ? 251 Urteil, Ausnutzung eines unrichtigen rechtskräftigen Versäumnis—s 266 —, E r s c h l e i c h e n eines r e c h t s k r ä f t i gen — s 270 V Vergangenheit, Unterhalt für die — 274 Verjährung, Beginn der — nach §§ 831, 836 B G B . 3 5 ' — Beginn der — nach § 852 B G B . 107, 253 — Beginn der — nach § 852 B G B . bei Uebergang des Anspruchs auf Berufsgenossenschaft 162 — des S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h s aus § 945 ZPO. (Arrest) 221 —, Unkenntnis der Staatshaftung für Amtspflichtverletzung eines B e amten und — nach § 852 B G B . 112 — , U n t e r b r e c h u n g der — des S c h a densersatzanspruchs wegen Ansteckung mit G e s c h l e c h t s k r a n k heit durch U e b e r n a h m e von K o sten 50 Verkehrssicherheit, Haftung für — des Zugangs zu einem M i e t s h a u s 279 Verkehrssicherungspflicht einer G e meinde b e i m S e e b a d b e t r i e b 54 Verleger, Haftung des — s für e h r e n kränkende Ausführungen des S c h r i f t l e i t e r s seiner Zeitung 302 — , Haftung des — s einer Zeitung für Falschmeldung über V e r m ö g e n s lage eines B e z i e h e r s 140 Verlobte, vorbeugende Unterlassungsklage gegen früheren —η auf Zusendung von Briefen und dgl. 287 Vermieter, Haftung für sicheren Zugang zum 279

verkehrsMietshaus

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Sachregister Vermögenslage, Haftung des Zeitungsverlegers für Falschmeldung ü b e r — eines B e z i e h e r s 140 Verrichtangsgehilfe, Schrankenwärter, der für e i n e gemeinschaftliche A n l a g e z w e i e r U n t e r n e h m e r tätig, a b e r nur von einem U n t e r n e h m e r angestellt, als — 3 0 8 Verschulden b e i U e b e r t r a g u n g einer G e s c h l e c h t s k r a n k h e i t 50 — , B e r ü c k s i c h t i g u n g groben — s des S c h ä d i g e r s b e i Bemessung des S c h m e r z e n g e l d e s 52 V e r t r e t e r im S i n n e der § § 30, 31 B G B . 253 — , Begriff des verfassungsmäßig berufenen — s im Sinne des § 31 B G B . bei Kapitalgesellschaften des H a n d e l s r e c h t s 254 — , Haftung d e s nicht rechtsfähigen V e r e i n s für Schadenszufügungen seiner — 52 — , Mitglieder der G e n e r a l d i r e k t i o n der P r e u ß i s c h e n S t a a t s b a n k als — im S i n n e des § 30 B G B . 228 —, S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h einer Aktiengesellschaft gegen eine B a n k aus e i n e r von den b e i d e r seitigen — η gemeinsam begangenen u n e r l a u b t e n Handlung 10 Vollstreckung, Haftung für S c h a d e n durch sofortige Vollstreckung des Urteils, weil R e c h t s a n w a l t die b e a b s i c h t i g t e sachlich aussichtslose Berufung versehentlich nicht eingelegt hat 253

Vorbeugende Unterlassnngsklage und Erledigung des R e c h t s s t r e i t s 213 W Waisengeld, Anrechnung von — auf G e l d r e n t e nach § 844 B G B . 157 W a s s e r , Haftung der G e m e i n d e für bleihaltiges — 166 W a s s e r r e c h t und S t r a ß e n b a u 314 Wasserschaden, Haftung für — infolge S t r a ß e n Veränderung 124 Wiederholungsgeiahr bei vorbeugender Unterlassungsklage 314 Witwe, Anrechnung des Erwerbs der — auf S c h a d e n s e r s a t z aus § 844 B G B . 188 Witwengeld, Anrechnung von — auf G e l d r e n t e nach § 844 B G B . 157 Witwenrente, Anrechnung der — auf Rentenzahlung nach §§ 843, 844 B G B . 28 Ζ Zeitungsverleger, Haftung des — s für ehrenkränkende Ausführungen des Schriftleiters 302 —, Haftung des — s für F a l s c h m e l dung über Vermögenslage e i n e s B e z i e h e r s 140 Zukunft, Schadensersatzrente für die — 124 Zurückbehaltungsrecht wegen verjährter Ansprüche 156 Zusammenstoß von K r a f t w a g e n und Verletzung der E h e f r a u des Halters 70

D e m n ä c h s t

zu

e r w a r t e n d e

N e u e r s c h e i n u n g e n

R e i e h s g e r i c h t e r ä t e - K o m i n e i i t a r

d e e

B G B

mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes Erläutert von ehemaligen Reidisgeriditsräten und Mitgliedern des Bundesgerichtshofes 10. Auflage 6 Bände im Lex.-Oktav mit insgesamt etwa 4500 Seiten Band I, 1. Lieferung: Einleitung, §§ 1—103 Bearbeitet von Reidisgerichtsrat a. D.

Denecke

Subskriptionspreis für die erster Lieferung D M 15,— Der Subskriptionspreis gilt bis zum Abschluß des ersten Bandes Dieser berühmte Kommentar bedarf keines Wortes der Empfehlung. Neben den vom ehemaligen Reichsgericht herausgebildeten Rechtssätzen werden die wichtigen Entscheidungen der deutsdicn obersten Gerichte nadi 1945 und im besonderen Maße die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes berücksichtigt. Die beiden nächsten Lieferungen, mit denen der I. Band abgeschlossen wird, enthalten die §§ 104—432. Sie sind von Senatspräsident a. D. Ο e g g bearbeitet und werden bis zum Herbst dieses Jahres vorliegen. Subskriptionspreis für alle 6 Bände: etwa D M 330,—. Der Subskriptionspreis gilt jeweils bis zum Abschluß eines vollständigen Bandes.

L Ö W E - R O S E N

BERC

S t r a f p r o z e ß o r d m m g 20. Auflage Lieferung 1, enthaltend Einleitung, Einführungsgesetz, S t P O §§ 1 —150, bearbeitet von Reidisgerichtsrat a. D. Prof. Dr. N i e t h a m m e r , Oberlandesgerichtspräsident a. D. Dr. L i n g e m a n n und Oberstaatsanwalt Dr. T i 11 m a η η Etwa 20 Bogen, Preis etwa D M 25,—

W A L T E R

D E

G R U Y T E R

&

CO.

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B E R L I N

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STRANZ

Wedselgeselz vom 21. Juni 1933 14. Auflage. Bearbeitet von M a r t i n S t r a n z , Rechtsanwalt X I I , 544 Seiten. 1952. Ganzleinen D M 32,— (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze N r . 5) D e r Verfasser, der sdion an den früheren Auflagen mitgearbeitet hat, legt nun die 14. A u f l a g e dieses von jeher bestens eingeführten K o m m e n t a r s vor. In der Praxis wird das Neuerscheinen dieses Standardwerkes auf das wärmste begrüßt werden, zumal darin die jüngste deutsdie Rechtsentwicklung auf diesem auf internationaler G r u n d l a g e beruhenden Rechtsgebiet berücksichtigt u n d zu allen in der Literatur und Rechtsprechung in neuester Zeit vertretenen Ansichten Stellung genommen ist. Kommentar.

V O I G T L Ä N D E R - E L S T E R - K L E I N E

Die Gesetze betr. das

Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst sowie an Werken der bildenden Kunst und der Photographie in ihrer jetzt geltenden Fassung K o m m e n t a r . Vierte, neubearb. Auflage von Dr. H e i n z K l e i n e , Rechtsanwalt Din A 5. 1952. E t w a 270 Seiten. Ganzleinen D M 20,— (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze N r . 218 a) Die neue A u f l a g e zum „Voigtländer-Elster, Urheberrecht" von Rechtsanwalt Kleine weist alle Vorzüge der f r ü h e r e n Auflagen auf. Sie bietet, wie diese, eine gute E i n f ü h r u n g in das Urheberrecht und die angrenzenden Gebiete, ist gleichzeitig aber durch ihre übersichtlich gegliederten Anmerkungen zu den einzelnen P a r a graphen audi f ü r den P r a k t i k e r ein unentbehrlicher u n d verläßlidier Ratgeber. Besonders bemerkenswert ist an dem W e r k , d a ß bei den Erläuterungen der Blick immer auf die z u k ü n f t i g e gesetzgeberische Gestaltung gerichtet ist, wie sie sidi auf G r u n d der vorliegenden E n t w ü r f e f ü r ein neues Urheberrechtsgesetz anbahnt und zum Teil schon geltendes Recht geworden ist. Infolgedessen ist manches umgearbeitet, vieles neu gefaßt worden, obwohl der G r u n d a u f b a u der früheren Auflagen beibehalten worden ist.

Binnenschiffahrte- a n d

Flößereirecht

Erläuterungswerk bearbeitet von RA. O t t o V o r t i s c h und O t t o Z s c h u c k e 2., verbesserte Aufl. D i n A 5. E t w a 640 Seiten. 1952. Ganzleinen etwa D M 35,— (Guttentagsche Sammlung Deutscher Gesetze N r . 36) Der in den Kreisen der Binnenschiffahrt bestens eingeführte K o m m e n t a r zum Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binncnschiffahrt liegt nun wieder in neuer Bearbeitung vor. Außer den auf den neuesten Stand der Rechtsprechung gebrachten Erläuterungen zum Binnenschiffahrtsgesetz selbst enthält die Ausgabe die f ü r die Schiffahrt wesentlichen Nebengesetze wie das Flaggenrechtsgesetz, die Schiffsregisterordnung und das Gesetz über eingetragene Schiffe u n d Sdiiffsbauwerke.

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N W 3 5

Juristische Rundschau mit Beiblatt: Hitteilungen aus der Berliner Justiz und Rechtsanwaltsdiaft Herausgegeben von R e i n h a r d F r e i h e r r v o n G o d i n , R e c h t s a n w a l t in M ü n d i c n — P r o fessor D r . Justus W i l h e l m H e d e m a n n in B e r l i n — D r . G e r h a r d N e h l e n , D e z e r n e n t beim S e n a t o r f ü r J u s t i z in B e r l i n — P r o f e s s o r D r . E . R e i m e r , P r ä s i d e n t des Deutschen P a t e n t a m t e s in München H e r m a n n R e u ß , R e c h t s a n w a l t und N o t a r in Berlin — — D r . W a l t e r Schmidt, R e c h t s a n w a l t in D ü s s e l d o r f — P r o f e s s o r D r . Karl Schneidewin, v o r m a l s G e n e r a l s t a a t s a n w a l t a m O b e r s t e n G e r i c h t s h o f f ü r die britische Z o n e in K ö l n — D r . K u r t W e r g i n , Präsident der R e c h t s a n w a l t s k a m m e r Berlin — P r o f e s s o r D r . E r n s t W o l f f , vormals P r ä s i d e n t des O b e r s t e n G e r i c h t s h o f e s für die britische Z o n e in K ö l n S c h r i f t l e i tu n g : M a g i s t r a t s r ä t i n a. D . L . Pauli im V e r l a g e W a l t e r de G r u y t e r & C o . , B e r l i n W 35. Genthincr Straße

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Einmal monatlich U m f a n g je H e f t 40 Seiten

Preis vierteljährl. D M

8,—

Vorzugspreis für Studierende und Referendare vierteljährlich D M

7,—

Die „Juristische Rundschau" erscheint in Berlin. Sic will in erster Linie der Praxis dienen. Zu diesem Zweck bringt sie wissenschaftliche Abhandlungen namhafter Juristen über gegenwartsnahe Fragen und einen reichhaltigen Rechtsprechungsteil. Daneben bemüht sie sich durch Besprechung und Zitierung wichtiger Neuerscheinungen, den Leser über das Schrifttum auf dem laufenden zu halten. Als Berl iner B l a t t räumt die „Juristische R u n d s d i a u " neben den das Bundesgebiet und Westberlin gemeinsam interessierenden Fragen, audi den spezifischen Berliner Problemen R a u m ein. D a m i t vermittelt sie dem westdeutschen Juristen auch Einblick in das Rechtsleben der früheren Reichshauptstadt.

W A L T E R DE G R U Y T E R

& CO. / B E R L I N W35