Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung: Gestaltung und Förderung von relevanten Managementfeldern in der Führungskräfteentwicklung [1. Aufl.] 9783658313616, 9783658313623

Christin Ehrlich entwickelt anhand empirischer Daten und theoretischer Überlegungen ein Modell der ‚Rahmungen informelle

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German Pages XX, 239 [253] Year 2020

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Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung: Gestaltung und Förderung von relevanten Managementfeldern in der Führungskräfteentwicklung [1. Aufl.]
 9783658313616, 9783658313623

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XX
Einleitung (Christin Ehrlich)....Pages 1-10
Die besondere Rolle der Führungskräfte (Christin Ehrlich)....Pages 11-19
Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns (Christin Ehrlich)....Pages 21-42
Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz (Christin Ehrlich)....Pages 43-93
Empirische Forschung (Christin Ehrlich)....Pages 95-120
Die Ergebnisse der Fallstudie (Christin Ehrlich)....Pages 121-171
Diskussion und Interpretation der Ergebnisse (Christin Ehrlich)....Pages 173-189
Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften (Christin Ehrlich)....Pages 191-206
Schlussbetrachtung (Christin Ehrlich)....Pages 207-212
Back Matter ....Pages 213-239

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Economics Education und Human Resource Management

Christin Ehrlich

Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung Gestaltung und Förderung von relevanten Managementfeldern in der Führungskräfteentwicklung

Economics Education und Human Resource Management Reihe herausgegeben von Olga Zlatkin-Troitschanskaia, Berlin, Deutschland Christian Dormann, Mainz, Deutschland

In dieser Schriftenreihe stehen insbesondere empirische Studien in der Wirtschaftspädagogik und der Wirtschaftspsychologie im Mittelpunkt, die sich auf Lernen und Lehren in allen Bildungsbereichen und Institutionen erstrecken. Dies umfasst die schulische, akademische, nicht-akademische und betriebliche Bildung sowie deren Kontextfaktoren auf verschiedenen Ebenen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Erfassung und Erklärung von Bildungsprozessen und Lernergebnissen. Publiziert werden nationale und internationale wissenschaftliche Arbeiten. Die Reihe Economics Education und Human Resource Management wird von Christian Dormann und Olga Zlatkin-Troitschanskaia herausgegeben.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15631

Christin Ehrlich

Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung Gestaltung und Förderung von relevanten Managementfeldern in der Führungskräfteentwicklung Mit einem Geleitwort von Univ.-Prof. Dr. Annette Ostendorf

Mag. Dr. Christin Ehrlich Universität Innsbruck Innsbruck, Österreich Zugl. Dissertation Universität Innsbruck, 2018

Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung aus den Fördermitteln des Vizerektorats für Forschung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck gedruckt. Economics Education und Human Resource Management ISBN 978-3-658-31361-6 ISBN 978-3-658-31362-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Danksagung An der Entstehung meiner Dissertation waren einige Personen maßgeblich beteiligt. Ihnen möchte ich nun meinen Dank aussprechen. Sie alle haben mich auf meinem Weg immer wieder bestärkt, den Mut zu haben, diese Arbeit zu verfassen und letztendlich auch zu vollenden. Mein besonderer Dank gilt meiner ‚Doktormutter‘ Frau Univ.-Prof. Dr. Annette Ostendorf. Danke Annette, dass du mir in unseren Gesprächen immer wieder neue Perspektiven und Möglichkeiten aufgezeigt und mir dennoch großen Raum für meine eigene Entwicklung gegeben hast. Durch deine Betreuung hatte ich immer das Gefühl, freie Hand zu haben und dennoch jederzeit mit meinen Ideen und Fragen zu dir kommen zu können. Als Nächstes möchte ich meinem ‚Zweitbetreuer‘ Herr a. o. Univ.-Prof. Dr. Manfred Auer danken. Lieber Manfred, du hast mir gerade in den Bereichen Personalentwicklung und Führung die notwendige Richtung gegeben und standst mir jederzeit mit Rat zur Seite. Dein Zuspruch und auch die ein oder andere Kaffeepause haben mir das Gefühl gegeben, auf dem richtigen Weg zu sein. Ein weiteres ganz besonderes Dankeschön geht an Frau Ass. Prof. Dr. Heike Welte. Danke Heike, dass du einfach immer da warst. Deine stets offene Tür war eine äußerst wertvolle Hilfe und Unterstützung während der gesamten vier Jahre am Institut. Deine kritisch-konstruktiven Rückmeldungen zu den einzelnen Kapiteln haben die Arbeit jedes Mal ein Stückchen besser gemacht. Danke auch an all meine KollegInnen des IOLs. Ihr habt mich mit euren Erfahrungen und Ratschlägen während der gesamten Dissertationszeit begleitet und dazu beigetragen, dass ich mich in unserem Team sehr wohl und aufgehoben gefühlt habe. Vor allem der Austausch mit euch, Elke, Eva und Hannes, war sehr wichtig, da ihr zur gleichen Zeit in derselben Lebensphase wart. Unser ‚Sozialraum‘ war nicht nur für Fachgespräche, sondern auch für private Themen immer der richtige Ort. Liebe Eva, dir möchte ich besonders danken, du warst die wohl beste Bürokollegin, die ich mir vorstellen konnte! Einen entscheidenden Beitrag zum Feinschliff dieser Dissertation hat Frau Beate Bücheleres-Rieppel geleistet. Liebe Beate, deinem Adlerauge entgeht kein Rechtschreibfehler und durch dein kritisches Hinterfragen hast du mir Impulse zum ein oder anderen Perspektivenwechsel und zur Selbstreflexion gegeben. Danke dafür!

VI

Danksagung

All die Menschen aus meinem privaten Umfeld zu nennen, die mich während der Dissertationszeit unterstützt haben, ist schier unmöglich. Mein Dank geht daher an all meine Freunde, mir zur Seite standen, während ich die Dissertation verfasst habe. Ihr habt mich aufgebaut, motiviert ermutigt, euch mit mir gefreut und mich auf andere Gedanken gebracht, wenn mich die Dissertation mal wieder stark in Beschlag nahm. Lieber Ferdinand, du hast alle Höhen und Tiefen wohl am deutlichsten mitbekommen. Danke, dass du in allen Phasen zu mir gestanden hast. Gerade durch deinen fachfremden Blick hast du wertvollen Input geleistet. Ohne dich würde ich vermutlich noch immer Dreiecke zeichnen … Abschließend möchte ich noch die drei Personen nennen, die mir das ‚Projekt PhD‘ überhaupt erst ermöglicht haben: Angela, Roland und Rosemarie. Die Dissertation wäre ohne euch nie zustande gekommen. Ihr habt mich unterstützt und mir den Mut gegeben, sowohl beim Schreiben als auch im Leben und in der Liebe immer auf mein Herz zu hören. Dadurch bin ich etwas geworden, was ich zu Beginn nicht war. Ich selbst. Danke für euer grenzenloses Vertrauen und die unendliche Liebe! Christin Ehrlich Innsbruck, Januar 2018

Geleitwort

Führungskräfteentwicklung ist ein sehr wichtiges Aufgabengebiet der Personalentwicklung. Intensive Anstrengungen werden unternommen, um Mitarbeiter/innen mit erkennbarem Potenzial zu einem erfolgreichen Führungshandeln zu qualifizieren. Programme werden konzipiert, oftmals auch mit hohem finanziellem Aufwand bei renommierten Bildungseinrichtungen (MBA u.ä.) gebucht. Doch die Fokussierung auf die Führungskräfteentwicklung in non-formalen Bildungssettings wie Seminaren und Kursen, die auch teils prominent als besondere Leistung der Personalentwicklungsarbeit herausgestellt wird, ist nur eine Facette der Führungskräfteentwicklung. Die Entwicklung von Kompetenzen zur Führung von Mitarbeiter/innen und dem Management von organisationalen Einheiten geschieht auch und sogar zu einem umfassenden Teil eingewoben in den Arbeitsalltag und sozialen Kontext und erstreckt sich über teils lange Zeiträume und biographische Etappen. Über diese informellen Prozesse, ihre Gelingensbedingungen und Ausprägungen weiß man noch wenig. Hier setzt Frau Ehrlich mit ihrer betriebspädagogischen Untersuchung an. Theoretisch basiert die Studie vor allem auf dem ‚advanced model of workplace learning’ nach Knut Illeris1, das auf die Zielgruppe der Führungskräfte hin adaptiert wird. Dieses sozial-konstruktivistische Modell konzeptualisiert Lernen am Arbeitsplatz als Überschneidungssituation von individuellen Voraussetzungen und –potenzialen und dem sozialen Kontext eines Arbeitsplatzes. Exemplarisch werden informelle Prozesse und Bedingungen der Entwicklung von Führungskräften nach dem Design einer qualitativen Einzelfallstudie in einer Bank sehr tief erhoben. Eingebettet in theoretische Überlegungen zum Führungshandeln und zu Führungskompetenzen wird über die empirische Erhebung ein Modell der ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung’ von Führungskräften am Arbeitsplatz entwickelt. Karrierewege, vertrauensvolle Beziehungen, Reflexionsprozesse und Emotionen sowie Verantwortung und kritische Ereignisse bedürfen nach diesem Modell eines aktiven Bildungsmanagements, zu dem Frau Ehrlich sehr konkrete und vielfältige Vorschläge entwickelt.

1

Illeris, K. (2011): The fundamentals of workplace learning: understanding how people learn in working life. 1. Ed. London u.a.: Routledge

VIII

Geleitwort

Die vorliegende wissenschaftliche Studie zur informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften bietet eine fokussierte Zusammenschau bestehender Fachliteratur zum Thema informelle Führungskräfteentwicklung und sehr interessante Einblicke in die informellen Bedingungen und Antriebe, die das ‚Werden’ einer Führungskraft bestimmen. Sowohl Wissenschaftler/innen im Bereich Wirtschaftspädagogik als auch Praktiker/innen der Personalentwicklung finden in dieser Arbeit fruchtbare Impulse und Ideen. Für beide ist es sehr spannend zu erkennen, welche Aktivitäten in Bezug auf Inhalte, die Motivation und die Interaktion innerhalb und außerhalb der beruflichen Situation bei der Entwicklung von Führungskräften bedeutsam werden. Für die Praxis der Personalentwicklung wird sehr deutlich, dass informelle Führungskräfteentwicklung eine entsprechende ‚Rahmung’ erfordert, um diese besonders zu unterstützen. Annette Ostendorf Innsbruck, Februar 2020

Inhaltsverzeichnis Danksagung .............................................................................................V Geleitwort............................................................................................. VII Inhaltsverzeichnis .................................................................................. IX Abbildungsverzeichnis ....................................................................... XIII Tabellenverzeichnis .............................................................................. XV Abkürzungsverzeichnis.....................................................................XVII Abstract ............................................................................................... XIX 1 Einleitung ............................................................................................ 1 1.1 1.2 1.3

Problemstellung und Forschungsfrage ................................................. 1 Zur wissenschaftlichen Verortung der Arbeit ...................................... 5 Aufbau und Struktur der Arbeit ........................................................... 8

2 Die besondere Rolle der Führungskräfte ....................................... 11 2.1 2.2

Führung als dynamischer Interaktionsprozess und soziale Konstruktion ...................................................................................... 12 Aufgaben und Herausforderungen von Führungskräften ................... 16

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns....... 21 3.1 3.2 3.3

Reflexive Handlungskompetenz im betrieblichen Kontext ............... 24 Führungskompetenz als Bestandteil reflexiver Handlungsfähigkeit .. 29 Entwicklung von Führungskräften ..................................................... 35

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz ................................................................... 43 4.1 4.2

Der Arbeitsplatz als Lernort............................................................... 45 Lernformen am Arbeitsplatz .............................................................. 50 Zugänge zu informellem Lernen ............................................ 52

X

Inhaltsverzeichnis

4.3

4.4

Die Typologie nach Livingstone als Grundlage für ein umfassendes Verständnis informeller Prozesse am Arbeitsplatz............................................................................. 61 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften ................................................................................. 66 Lerntypologie ......................................................................... 67 Transformatives Lernen, Kompetenzentwicklung und Identität ................................................................................... 70 Das ‚advanced model of workplace learning‘ – Die Übertragung auf die Gruppe der Führungskräfte .................... 73 Limitationen von Arbeitsplätzen als Orte der informellen Kompetenzentwicklung ..................................................................... 90

5 Empirische Forschung ..................................................................... 95 5.1 5.2

5.3

Qualitative Sozialforschung ............................................................... 95 Grundprinzipien qualitativer Forschung ................................. 96 Programmatik qualitativer Forschung .................................... 97 Forschungsdesign und Vorgehensweise .......................................... 100 Der Rahmen der Einzelfallstudie und die Beschreibung des Falles .................................................................................. 101 Methodik der Datenerhebung ............................................... 104 Beschreibung der InterviewpartnerInnen .............................. 106 Planung und Organisation der Interviews ............................. 107 Durchführung der Interviews ................................................ 109 Transkription der Interviews................................................. 112 Auswertung der Daten ..................................................................... 112 Auswertung des Führungshandbuchs und des Kompetenzmodells ............................................................... 113 Auswertung der Interviews ................................................... 116

6 Die Ergebnisse der Fallstudie ........................................................ 121 6.1

6.2

Beschreibung des Unternehmens ..................................................... 121 Zahlen und Fakten ................................................................ 121 Unternehmenskultur ............................................................. 122 Aktuelle Herausforderungen ................................................. 123 Führungsverständnis laut Führungshandbuch....................... 125 Aspekte der Führungskompetenz laut Kompetenzmodell ............... 126 Fach- und Methodenkompetenz laut Kompetenzmodell ...... 127 Personale Kompetenz laut Kompetenzmodell ...................... 128

Inhaltsverzeichnis

6.3

6.4

XI

Soziale Kompetenz laut Kompetenzmodell .......................... 128 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen ........... 130 Fachkompetenz laut Interviewergebnissen ........................... 131 Personal- bzw. Humankompetenz laut Interviewergebnissen ............................................................ 133 Sozialkompetenz laut Interviewergebnissen ......................... 136 Führungsverständnis laut Interviewergebnissen ................... 143 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens ...................................................................... 145 Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Inhaltsdimension .............................................. 147 Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Antriebsdimension ........................................... 149 Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Produktionsseite der Arbeitswelt ...................... 152 Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Gemeinschaftsseite der Arbeitswelt ................. 158 Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung über den beruflichen Kontext hinaus ............................................ 166

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse ............................ 173 7.1

7.2

7.3

Besonderheiten hinsichtlich des individuellen Aneignungsprozesses ....................................................................... 174 Überfrachtung des Anforderungsprofils von Führungskräften oder auch die Ausgrenzung des Fachlichen? ........................................................................... 174 Die Bedeutung des Kontextes für die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften ...................... 176 Die Relevanz von Reflexion und Emotion ........................... 178 Zur Bedeutsamkeit des Interaktionsprozesses ................................. 181 Der Stellenwert sozialer Beziehungen .................................. 182 Relevante Akteure der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz................................... 184 Die Notwendigkeit eines ‚expanded workplace learning‘? .............. 187

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften ............................................................................ 191 8.1 8.2 8.3

Das Management von Karrierewegen .............................................. 194 Das Management von vertrauensvollen Beziehungen ..................... 196 Das Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen .. 199

XII

Inhaltsverzeichnis

8.4 8.5

Das Management von Reflexionsprozessen und Emotionen ........... 202 Zusammenfassende Gedanken und wissenschaftlicher Beitrag ....... 204

9 Schlussbetrachtung ........................................................................ 207 9.1 9.2 9.3

Limitationen der vorliegenden Studie .............................................. 208 Relevanz für die Praxis .................................................................... 209 Ausblick und weiterführende Forschung ......................................... 211

Literaturverzeichnis ............................................................................ 213

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bezugsrahmen reflexiver Führungsfähigkeit (in Anlehnung an Dehnbostel, 2007: S. 41) ...................................................... 31 Abbildung 2: Felder der Führungskräfteentwicklung (eigene Darstellung) .... 36 Abbildung 3: Planned and emergent LMD dimension (Gold u. a., 2010: S. 20) ......................................................................................... 39 Abbildung 4: Basic Types of Learning (Livingstone, 2001: S. 2) .................. 62 Abbildung 5: The advanced model of workplace learning (Illeris, 2011a: S. 43) ............................................................................................. 74 Abbildung 6: Forschungsdesign und Vorgehensweise (eigene Darstellung) 101 Abbildung 7: Lernweg zur Führungskraft‘ (Interview 18; Anmerkung CE) 111 Abbildung 8: Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalyse (in Anlehnung an Mayring, 2015: S. 70) ...................................... 114 Abbildung 9: Prozessmodell induktiver Kategorienbildung (in Anlehnung an Mayring, 2014: S. 80) ........................................................ 118 Abbildung 10: Darstellung der Elemente des Kompetenzmodells (eigene Darstellung in Anlehnung an das Kompetenzmodell) ............ 130 Abbildung 11: Charakteristika der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen (eigene Darstellung) ............................. 143 Abbildung 12: Aktivitäten und Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung (eigene Darstellung) ......................... 171 Abbildung 13: Modell ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ (eigene Darstellung) ................................................................ 192

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3:

Characteristics of workplaces as learning environments (Fuller, Unwin, 2011: S. 52) ..................................................... 48 Merkmale informellen Lernens (eigene Darstellung) ............... 60 Beschreibung der InterviewpartnerInnen nach Alter und Führungsspanne (eigene Darstellung) ..................................... 107

Abkürzungsverzeichnis

AZUBI Auszubildende/r KMK Kultusministerkonferenz KSA knowledge, skills, abilities, knowledge, skills, abilities LMD Leadership and Management Development MBA Master of Business Administration

Abstract Berufliche Handlungskompetenz als Ziel einer betrieblichen Bildungsarbeit bedeutet, die Fähigkeit, in allen Bereichen des Lebens eigenverantwortlich handeln zu können. Sie bildet eine essenzielle Voraussetzung, insbesondere für Führungskräfte, sich ständig weiterentwickeln und ihre Arbeitspraktiken verbessern zu können, um so erwerbsfähig zu bleiben, Wettbewerbsvorteile zu generieren und um herausragende Arbeit zu leisten (vgl. Cairns, Malloch, 2011: S. 10). Kompetenzen können dann bestmöglich entwickelt werden, wenn ein Individuum mit einer konkreten Problemstellung und dessen Lösung konfrontiert ist. Eine Herausbildung der Kompetenzen wird also vor allem durch reale Herausforderungen des Arbeitsprozesses stimuliert (vgl. Erpenbeck, Heyse, 1996: S. 32). Die Entwicklung von Kompetenzen im Rahmen der Führungskräfteentwicklung kann also nicht nur in der Durchführung von Kursen, Seminaren und Workshops stattfinden, sondern bedarf einer Berücksichtigung im Feld des direkten Arbeitsgeschehens (vgl. Arnold u. a., 2016: S. 96f.; Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 23ff.; Felfe, 2012: S. 16; Streich, 2013: S. 53). Dies führt dazu, dass der Arbeitsplatz als Lernumwelt und Lernen im Arbeitsprozess immer mehr an Bedeutung gewinnen (vgl. Arnold u. a., 2016: S. 119; Chisholm, Fennes, 2007: S. 14f.; Illeris, 2009c: S. 3; Le Clus, 2011: S. 357). Trotz dieses Bewusstseins besteht bezüglich der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz Forschungsbedarf. Die vorliegende Untersuchung elaboriert im Rahmen einer explorativen Fallstudie Erkenntnisse zur informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz. Durch die Entwicklung eines Modells der ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ werden Hinweise gegeben, wie die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften unterstützt werden kann. Das Modell betont die Wichtigkeit des Individuums, gleichzeitig werden jedoch die Kraft der sozialen Beziehungen sowie die Relevanz des Umfeldes hervorgehoben.

XX

Abstract

Professional competence as the objective of in-company training and education programs means the ability to act independently in all areas of life. For managers in particular, it forms an essential pre-condition for undergoing constant further development and improving one's work practices in order to maintain one's ability to work, to generate competitive advantages and to deliver outstanding work performance (cf. Cairns, Malloch, 2011: S. 10). Competences are best developed when an individual is confronted with a concrete problem and its solution. In other words, the formation of competences is mostly stimulated by concrete challenges of the working process (vgl. Erpenbeck, Heyse, 1996: S. 32). Thus, a program for the development of managerial competences cannot be limited to courses, seminars, and workshops, but needs to take into account the environment of concrete work practices (vgl. Arnold u. a., 2016: S. 96f.; Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 23ff.; Felfe, 2012: S. 16; Streich, 2013: S. 53). Consequently, the workplace as learning environment along with on-thejob learning will increasingly gain in importance (cf. Arnold u. a., 2016: p. 119; Chisholm, Fennes, 2007: p. 14f.; Illeris, 2009c: p. 3; Le Clus, 2011: p. 357). Yet, while the significance of the informal competence development of managers in the workplace is recognized, numerous research questions remain to be answered. This thesis employs an explorative case study to render insights regarding the informal competence development of managers in the workplace. The development of a model for ‘framing informal competence development’ provides information how the informal competence development of managers can be supported. The model stresses the importance of the individual, while, at the same time, pointing out the impact of social relations and the significance of the social environment.

1 Einleitung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz von Führungskräften, insbesondere in informellen Lernumgebungen. Da eine umfassende berufliche Handlungskompetenz als zentrales Ziel betrieblicher Bildungsarbeit zu verstehen ist (vgl. Dehnbostel, 2010: S. 26ff.; Sloane, 2004: S. 576), stellen sich hierbei Fragen, wie deren Entwicklung im Rahmen der betrieblichen Bildungsarbeit gefördert werden kann und wie dort „Lernprozesse kompetenzorientiert gestaltet werden können“ (Gillen, 2013: S. 125; vgl. Seufert, 2017; vgl. Sloane, 2004). Der Arbeitsplatz als Ort des Lernens wird dabei in den Fokus der Betrachtung gerückt (Seufert u. a., 2013b: S. 497; vgl. Seufert, 2017: S. 4ff.). Durch ihre täglichen Arbeitsaufgaben werden MitarbeiterInnen und Führungskräfte in Unternehmen mit Situationen konfrontiert, die eine Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen verlangen. Gerade die herausfordernden Arbeitsaufgaben stellen für die Individuen zahlreiche Lern- und Kompetenzentwicklungsmöglichkeiten im Arbeitsgeschehen dar. Reale Problemstellungen und der dadurch entstehende direkte Anwendungsbezug der notwendigen Kompetenzen machen den Arbeitsplatz als Ort des Lernens interessant (vgl. Arnold u. a., 2016: S. 96f.; Billett, 2014; Erpenbeck, Heyse, 1996: S. 32; Illeris, 2011b: S. 33). Die vorliegende Dissertation versucht, im Rahmen einer explorativen Fallstudie, Erkenntnisse zur informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz zu elaborieren.

1.1

Problemstellung und Forschungsfrage

Aufgrund der Lernpotenziale des Arbeitsplatzes und einer wachsenden Kritik an formalen Trainingsprogrammen, steigt das Interesse an alternativen Möglichkeiten der Kompetenzentwicklung. Seit Beginn der 1990er-Jahre wird im Zuge dessen das informelle Lernen als besondere Form des Lernens am Arbeitsplatz, als wesentlicher Gegenstand wissenschaftlicher Forschung thematisiert (vgl. Dobischat, Schurgatz, 2015: S. 28; Seufert u. a., 2013b: S. 497; Seufert, 2017: S. 124). Obgleich zahlreiche Forschungsarbeiten und Beiträge zur Abgrenzung formalen, non-formalen und informellen Lernens publiziert wurden (vgl. u.a. Dehnbostel u. a., 2003; EC, 2001; Livingstone, 2001; Straka, 2004), bestehen dennoch weiterhin offene Fragen hinsichtlich der Konkretisierung informeller Lernprozesse (vgl. Dewe, Straß, 2015: S. 43; Dobischat, Schurgatz, 2015: S. 29; vgl. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_1

2

1 Einleitung

Niedermair, 2015: S. 8). Hierbei weisen vor allem die am Arbeitsplatz einen deutlichen Forschungsbedarf auf (vgl. Kuper, Kaufmann, 2010: S. 106; Noe u. a., 2017: S. 1ff.). Es werden zwar Konzeptualisierungsversuche informellen Lernens vorgenommen, sie finden jedoch vorwiegend in Abgrenzung zu den anderen beiden Formen statt (vgl. u.a. EC, 2001; La Belle, 1982; Schugurensky, 2000). Forschungsarbeiten, die sich ausschließlich mit informellen Prozessen beschäftigen, sind mit wenigen Ausnahmen (vgl. hierzu die Arbeiten von Cunningham, Hillier, 2013; Ellinger, 2005; Kuper, Kaufmann, 2010; Molzberger, 2007; Noe u. a., 2017; Skule, 2004) kaum zu finden. Um es mit den Worten ZÜRICHERs auszudrücken, weist die Theoriebildung des informellen Lernens starkes Entwicklungspotenzial auf: „das weite Land des informellen Lernens enthält noch [immer] viele weiße Flecken, womit es ein Zukunftsgebiet der Forschung wird.“ (Züricher, 2007: S. 44; Anmerkung CE) Hinsichtlich des informellen Lernens besteht ein deutlicher Forschungsbedarf bezüglich des Lernprozesses selber, der Inhalte und der dabei entwickelten Kompetenzen. Das Untersuchen und Analysieren dieser Elemente erscheint notwendig, um darauf aufbauend Handlungsempfehlungen hinsichtlich einer Förderung, Unterstützung und Ermöglichung informellen Lernens geben zu können (vgl. Niedermair, 2015: S. 8; Seufert u. a., 2013b: S. 497–500; Straka, 2004: S. 14; Seufert, Lechner, 2013: S. 160; Cunningham, Hillier, 2013: S. 37). In Bezug auf die Erforschung dieser informellen Kompetenzentwicklungsprozesse stellen Führungskräfte eine äußerst interessante Gruppe in Unternehmen dar. Mit ihren komplexen Tätigkeitsfeldern und den dadurch entstehenden unvorhersehbaren Situationen, bieten sich den Führungskräften zahlreiche Möglichkeiten informellen Lernens. Die Notwendigkeit einer beruflichen Handlungskompetenz wird hier besonders sichtbar. Führungskräfte sollten entsprechend ihrer Führungsaufgaben vorbereitet bzw. in der Entwicklung der dazu notwendigen Kompetenzen unterstützt werden (vgl. Ellinger, 2005: S. 412; Seufert u. a., 2013b: S. 502). Die Berücksichtigung der Handlungskompetenz als Ziel einer Führungskräfteentwicklung und des informellen Lernens am Arbeitsplatzes als ein potenzieller Weg hierfür, ermöglicht eine Analyse und Förderung der Führungskompetenz, die über die Entwicklung der sogenannten ‚KSAs‘ (knowledge, skills and abilities) hinausgeht. Es werden vielmehr die Motivation, Identität sowie Selbstkonzepte und mentale Modelle der Führungskräfte in deren Entwicklungsprozesse einbezogen (vgl. DeRue, Myers, 2014: S. 834f.). Führungskräfte identifizieren hierfür die Arbeitsumwelt als reichhaltige Quelle der Kompetenzentwicklung, in welcher die Summe an Erfahrungen aufgrund der ausgeführten Führungstätigkeit und damit verbundener sozialer Interaktionen zu persönlichem Wachstum und somit zu ihrer Weiterentwicklung in situ führt. Führungskräfteentwicklung sollte demnach verstärkt im direkten organisationalen Umfeld stattfinden, also dort, wo

1.1 Problemstellung und Forschungsfrage

3

das Handeln und Lernen der Führungskräfte unmittelbar verankert ist (vgl. Bratton, Gold, 2012: S. 329; Day, 2012; Hrivnak u. a., 2009: S. 457, 462; Noe u. a., 2017: S. 12). Trotz der hohen Relevanz einer Kompetenzentwicklung von Führungskräften im direkten Arbeitsgeschehen liegen hierzu relativ wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor.2 Zwar werden Erfahrungen als Lernquelle der Führungskräfteentwicklung zunehmend anerkannt (vgl. DeRue, Myers, 2014: S. 834; Derue, Wellman, 2009), dennoch gelten formale und non-formale Programme immer noch als äußerst erfolgsversprechend und die Entwicklung von Führungskräften findet vorwiegend im Zuge von Workshops und Seminaren statt (vgl. Boyatzis, 2009: S. 439ff.; Derue, Wellman, 2009: S. 869; f. Eck, 2014: S. 48; Hirst u. a., 2004: S. 312; Hrivnak u. a., 2009: S. 459ff.). Dies ist darauf zurückzuführen, dass den Unternehmen das Wissen darüber fehlt, wie Lernprozesse am Arbeitsplatz konkret gefördert werden können. Die Abgrenzung formaler Programme vom täglichen Arbeitsleben und deren eher statischer Charakter erscheinen vor allem vor dem Hintergrund der spezifischen Merkmale des Lernens Erwachsener 3 problematisch, sofern das Ziel die Entwicklung einer Führungskompetenz darstellen soll. Selektivität, Zweckgerichtetheit sowie bereits vorhandene Erfahrungen und Vorwissen kennzeichnen das Lernen Erwachsener und werden in formalen Settings oftmals nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. Armstrong, Fukami, 2009: S. 2; Hrivnak u. a., 2009: S. 462; Illeris, 2006b: S. 17, 25). Obwohl diese kritischen Aspekte in der Fachliteratur des ‚Management Learning, Education und Development’ bekannt sind, finden sich kaum Konzepte, die eine informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften thematisieren (vgl. Armstrong, Fukami, 2009: S. 2; DeRue, Myers, 2014: S. 834; Kempster, 2009: S. 91; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 18; Yiu, Saner, 2009: S. 532).4 Wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, welche Arten von Erfahrungen und welche damit verbundenen Interventionen die Entwicklung der Führungskompetenz fördern können, werden in der Literatur nicht eindeutig thematisiert und elaboriert (vgl. DeRue, Myers, 2014: S. 834). Aus diesem Grund betrachtet die vorliegende Arbeit die Kompetenzentwicklung von Führungskräften unter dem Gesichtspunkt des informellen Lernens am 2

3 4

Das Feld der Führungskräfteentwicklung weist generell erheblichen Forschungsbedarf auf, da der Fokus der Forschung mehr auf einzelnen Methoden zur Führungskräfteentwicklung liegt und weniger auf einem breiten und tiefen Verständnis derselben (vgl. Day, 2012: S. 129ff.; Hrivnak u. a., 2009: S. 459). Dieses Verständnis liegt der Führungskräfteentwicklung zugrunde (vgl. Day, 2012; Day u. a., 2009). Für eine Forschung zu non-formellen Programmen vgl. Simkins (1977); Yiu, Saner (2009).

4

1 Einleitung

Arbeitsplatz und versucht Prozesse der Kompetenzentwicklung jenseits formaler und non-formaler Kontexte zu identifizieren. Die Analyse der Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse erfolgt vor dem Hintergrund einer sozialkonstruktivistischen Perspektive und unter Berücksichtigung der besonderen Lernpotenziale von Erwachsenen am Arbeitsplatz. Lernen wird hierbei sowohl als individueller als auch als sozialer Prozess angesehen. Dies setzt voraus, auch andere relevante Akteure und Bedingungen in den Blick zu nehmen, welche hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte eine Rolle spielen (vgl. Day, 2012: S. 123; Eraut, 2000: S. 25f., 2007a: S. 405f.; Illeris, 2014a; Ostendorf, 2012: S. 67). Das Ziel der Arbeit ist es demnach, ◼ ◼

zu verstehen, wie eine informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften geschieht, und Hinweise dafür zu geben, wie Unternehmen die informelle Kompetenzentwicklung ihrer Führungskräfte unterstützen und verbessern können.

Die der Arbeit zugrunde liegende Forschungsfrage lautet somit: „In welcher Art und unter welchen Umständen entwickeln Führungskräfte ihre Führungskompetenz informell im Arbeitsalltag und wie können sie dabei unterstützt werden?“

Das Erkenntnisinteresse der Dissertation liegt darin, einen Beitrag zur Theorie des Lernens am Arbeitsplatz, insbesondere zur informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften, zu leisten. Dies soll durch die Entwicklung eines möglichen Modells der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften geschehen. Hierfür werden die Prozesse der Führung und des informellen Lernens sowie der Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz von Führungskräften am Arbeitsplatz aus einer betriebspädagogischen Perspektive beleuchtet und im Rahmen einer qualitativ-explorativen Fallstudie untersucht. Dadurch werden die subjektiven Sichtweisen der einzelnen Führungskräfte hinsichtlich ihrer informellen Kompetenzentwicklung identifiziert und liefern eine empirische Grundlage für die Weiterentwicklung der Theorie des arbeitsplatzbezogenen Lernens (vgl. Day, 2012: S. 123, 133; Fandel-Meyer, Thommen, 2009: S. 309f.; Gillen, 2013: S. 125f.; Hrivnak u. a., 2009: S. 462; Mayring, 2008: S. 20ff.).

1.2 Zur wissenschaftlichen Verortung der Arbeit

1.2

5

Zur wissenschaftlichen Verortung der Arbeit

Die Forschungsfrage wird aus einer betriebspädagogischen Perspektive heraus bearbeitet. Das bedeutet, dass das vorwiegend in der Managementliteratur verortete Thema der Führungskräfteentwicklung (vgl. hierzu u.a. Büser, 2004) aus einem pädagogischen Blickwinkel betrachtet wird. Damit werden nicht die betrieblichen Organisations- und Funktionszusammenhänge Gegenstand des Interesses, sondern vielmehr die einzelnen Personen (also der/die MitarbeiterIn bzw. die Führungskraft) „als das in seinen Möglichkeiten zu entwickelnde und zu bildende Subjekt.“ (Arnold, 1997: S. 23) Die Betriebspädagogik als eine Teildisziplin der Berufs- und Wirtschaftspädagogik5 beschäftigt sich mit der Veränderung der betrieblichen Bildungsarbeit aufgrund technischen, ökonomischen und sozialen Wandels. Wie auch in der Wirtschaftspädagogik, ist das Spannungsfeld zwischen wirtschaftswissenschaftlicher und erziehungswissenschaftlicher Sichtweise erkennbar: Erstere sieht die Pädagogik als Mittel zum Zweck und somit als notwendige Voraussetzung, um ökonomische Ziele zu erreichen; zweitere postuliert die Entwicklung und Förderung des Individuums im betrieblichen Umfeld und sieht den betrieblichen Kontext als zunächst gegeben, prinzipiell jedoch als gestaltbar an. Ein betriebspädagogischer Zugang bedeutet eine Verbindung dieser beiden Sichtweisen um letztendlich die Förderung des Individuums sowie die Verbesserung der organisationalen Gegebenheiten zu ermöglichen (vgl. Sloane, 2004: S. 574f., 2009: S. 1; Sloane u. a., 2004: S. 316). Während sich die Wirtschaftspädagogik umfassend mit dem Ziel des ‚Wirtschaftens‘ und ‚Erziehens‘ im gesamten Lebenszusammenhang der Menschen beschäftigt, fokussiert sich die Betriebspädagogik vorwiegend auf „didaktische und institutionelle Aspekte des Erziehungsortes ‚Betrieb‘“ (Ostendorf, 2004: S. 17; vgl. Sloane u. a., 2004: S. 19–23). Die Stärke einer solchen Betrachtungsweise liegt darin, dass sie über die verwendungsorientierte Dimension der Qualifikation hinaus den langfristig angelegten Kompetenzentwicklungsprozess in den Blick nimmt (vgl. Büser, 2004; Ostendorf, 2004: S. 19; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning). Führung und Führungskräfteentwicklung verweist aus dem Blickwinkel der Betriebspädagogik darauf, dass es neben den harten, erfolgsorientierten Verhaltensweisen, vor allem auf die sogenannten „weichen“ Faktoren, wie ein Verstehen der MitarbeiterInnen und die Etablierung lernreicher Kontexte geht (vgl. Arnold, 1997: S. 91ff.). Dies erscheint deshalb äußerst interessant, da trotz der zunehmenden Forderung nach überfachlichen Kompetenzen wie Sozial- und 5

Sie wird im Folgenden in Anlehnung an Ostendorf nur mehr Wirtschaftspädagogik genannt (vgl. Ostendorf, 2004: S. 16).

6

1 Einleitung

Persönlichkeitskompetenzen in der Führungskräfteentwicklung vorranging die Vermittlung von Fertigkeiten und Wissen – also von Qualifikationen als Erfolgsfaktoren – forciert wird (vgl. Day, 2001: S. 83ff.; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 18). Führungskräfteentwicklung wird also überwiegend mit ökonomischen und betriebswirtschaftlichen Zielen assoziiert, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass pädagogische Aspekte in den Hintergrund treten (vgl. Sausele, 2005: S. 35). Es ist hier oftmals von Kompetenzen die Rede, welche aus einem pädagogischen Blickwinkel jedoch eher dem Konzept der Qualifikationen zuzuordnen sind (vgl. Jenewein, 2012: S. 61). Führungskräfteentwicklung unter dem Gesichtspunkt einer betrieblicher Bildungsarbeit zu betrachten, schafft die Grundlage dafür, dass eine ganzheitliche Entwicklung in den Fokus gerückt wird (vgl. Gillen, 2013: S. 133ff.; Hülshoff, 2010; Schneider, 2011). Arnold fasst dies wie folgt zusammen: „Betriebliche Bildungsarbeit umfasst die Gesamtheit der formellen (Aus- und Weiterbildung) und informellen Lernprozesse im Betrieb [und] […] ist in ihren Begründungen und Zielen […] auf die Bedürfnisse sowie die Bildungs- und Qualifikationsansprüche der Mitarbeiter bezogen.“ (Arnold, 1997: S. 64; Anmerkungen CE)

Diese Sichtweise auf die Führungskräfteentwicklung unterstreicht und ermöglicht die notwendige Betrachtung einer Kompetenz- sowie Identitätsentwicklung von Führungskräften (vgl. Arnold, 1997: S. 58, 65, 1997: S. 95ff.; Sloane, 2009: S. 7). Führungskräfteentwicklung sollte demnach die Führungskräfte in der Entwicklung ihrer Kompetenzen unterstützen (vgl. Sausele, 2005: S. 44; Seufert, 2013: S. 328) und impliziert die berufliche Handlungskompetenz als Leitkategorie der betrieblichen Bildungsarbeit im Rahmen eines betriebspädagogischen Verständnisses (vgl. Sloane, 2004: S. 576). Arnold spricht hierbei von einer pädagogischen Theorie betrieblicher Bildungsarbeit die an den Bildungsmöglichkeiten jedes/er Einzelnen interessiert ist und im Zuge dessen alle Ebenen eines Betriebes einschließt. Im vorliegenden Fall wird die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften betrachtet und somit die Frage „nach der Gestaltbarkeit und Entwickelbarkeit der Voraussetzungen für den Erwerb [dieser]“ (Arnold, 1997: S. 33; Anmerkung CE) untersucht. In Bezug auf die Einordnung der Arbeit ist festzuhalten, dass ihr ein sozialkonstruktivistisches Verständnis von Lernen zugrunde liegt. Die ‚konstruktivistische Wende‘ vor allem im Feld der erziehungswissenschaftlichen sowie der berufs- und wirtschaftspädagogischen Betrachtung lässt sich bis in die 90er-Jahre zurückverfolgen und betrifft auch die betriebspädagogische Theorieentwicklung (vgl. Ostendorf, 2004: S. 43f.). Konstruktivistische Vertreter beschäftigen sich mit Fragen der „Objektivität des Wissens und sein Verhältnis zur Welt, [...] der theoretischen Modellierung des

1.2 Zur wissenschaftlichen Verortung der Arbeit

7

Wissens, seiner kontextuellen und kulturellen Einbettung und […] den Möglichkeiten der Förderung des Wissenserwerbes“ (Gerstenmaier, Mandl, 1995: S. 868). Der Sozialkonstruktivismus stellt vor allem die Situiertheit 6 von Wissen und Denken in den Vordergrund und geht im Gegensatz zum radikalen Konstruktivismus7 davon aus, dass Lernen nicht allein ein individueller, sondern auch ein sozialer Prozess ist und dann auftritt, sobald ein Individuum in soziale Aktivitäten eingebunden ist (vgl. Beaumie, 2010: S. 56f.; Eraut, 2000: S. 25f.). „Die Lebenswelt ist eine Beobachterperspektive, in der wir die beiden Momente – Inhalte und Beziehungen – stets vermittelt denken müssen. Das aber bedeutet, dass uns (…) kein solipsistisch begründeter ‚radikaler Konstruktivismus‘ mehr genügen kann. Konstruktivismus findet in einer Lebenswelt, dabei in einer Kultur und in sozialen Verhältnissen statt, ist also immer sozialer Konstruktivismus.“ (Reich 1998, Band 2, S. 385)

Vor dem Hintergrund eines sozialkonstruktivistischen Verständnisses ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit, zu verstehen, wie die Menschen, hier die interviewten Führungskräfte, ihre Welt, d.h. die Prozesse der informellen Kompetenzentwicklung, definieren und welche sozialen Interaktionen hierbei eine wesentliche Rolle spielen (vgl. Schneider, 1987, S. 573; zitiert nach Gerstenmaier, Mandl 1995: S. 872). Verbunden mit den Auffassungen der sozialen Lerntheorie von Lave/Wenger(1999), wird Lernen als ein Prozess beschrieben „of becoming a member of a community of practice through legitimate peripheral participation“ (Kolb, Kolb, 2005: S. 200). Dies bedeutet, dass Lernende ihre Meinungen und Ansichten mit anderen darüber austauschen, was sie tun und was das für sie selber, jedoch auch für die Gemeinschaft bedeutet. Eine ‚community of practice‘ ist vom Zusammenhalt ihrer Mitglieder geprägt und definiert als „a set of relations among persons, activity, and world, over time and in relation with other tangential and overlapping communities of practice” (Lave, Wenger, 1991: S. 98). Durch eine gegenseitige Unterstützung innerhalb einer solchen Praxisgemeinschaft wird diese

6

7

Situiertes Lernen’ wird von Lave und Wenger beschrieben als „learning is not merely situated in practice – as if it were some independently reifiable process that just happened to be located somewhere; learning is an integral part of generative social practice in the lived-in world.” (Lave, Wenger, 1991: S. 35) Der radikale Konstruktivismus geht von einer Individuumszentriertheit sowie der Theorie der selbstreferenziellen und autopoietischen Systeme aus, welche eine Geschlossenheit von Organismen und Individuen als autonome Konstrukteure hervorhebt. Lernen wird demnach generell als selbstgesteuerter Prozess angesehen, welcher von außen lediglich ‚perturbiert‘ werden kann (vgl. Roth, 1990: S. 229ff.; Schmidt, 1990; Siebert, H., 2004: S. 97ff.).

8

1 Einleitung

zur Grundlage, um Wissen zu konstruieren, welches durch die jeweiligen Mitglieder, ihre persönlichen Ansichten sowie durch kulturelle Aspekte gekennzeichnet ist (vgl. Kolb, Kolb, 2005: S. 199f.). ‚Communities of practice‘ stellen somit selbst-organisierende Systeme dar (vgl. Wenger, 1998: S. 1ff.).8 Durch die Einbettung des Lernens in den Kontext der sozialen Praxis und die damit einhergehende Situiertheit spielen Erfahrungen sowie andere Personen im Zuge des Lernens am Arbeitsplatz eine entscheidende Rolle (Billett, 2002: S. vgl.; Eraut, 2007a). Das Einnehmen einer sozialkonstruktivistischen Perspektive ermöglicht die Berücksichtigung von Lernen und Kompetenzentwicklung als Prozesse von Aktivität und Interaktion mit der sozialen Umwelt und damit auch eine Betrachtung hinsichtlich des Einbezugs erfahrenerer Personen (Eraut, 2007a: S. 405f.; vgl. Ostendorf, 2012: S. 67). Diese spielen hinsichtlich des Lernens eine entscheidende Rolle und müssen daher in ein umfassendes Lernverständnis einbezogen werden: „Es bedarf auch der Fremdinstruktion, die einerseits zwar akzeptiert, dass es differenzierendes, variables Wissen gibt, andererseits aber auch bestimmtes Wissen als Expertenwissen darstellen muss, auch wenn jenes dann wieder im individuellen Konstruktionsprozess alternativ entworfen wird.“ (Ostendorf, 2004: S. 56)

1.3

Aufbau und Struktur der Arbeit

Die vorliegende Forschungsarbeit umfasst eine Aufarbeitung relevanter Theorien des Forschungsfeldes sowie eine Einzelfallstudie. Nach dem einleitenden Kapitel 1 wird in Kapitel 2 Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.das Untersuchungsfeld, nämlich die Gruppe der Führungskräfte in ihrer sozialen Praxis, dargestellt. Hierbei wird zunächst die Auswahl begründet und das der Arbeit zugrunde liegende Führungsverständnis herausgearbeitet und dargelegt. Die Aufgaben und Herausforderungen der Führungskräfte bilden den Ausgangspunkt für das nachfolgende Kapitel 2, in welchem die Entwicklung der Führungskompetenz als Grundlage der Führungskräfteentwicklung dargelegt wird. Es erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kompetenz aus einem wirtschaftspädagogischen und insbesondere betriebspädagogischen Blickwinkel heraus, wobei eine Abgrenzung zu anderen relevanten Konstrukten erfolgt. Die reflexive Handlungs-

8

Für eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Konzept der ‚communities of practice‘ vgl. Schoen (2001); Wenger (1998). Für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept der ‚communities of practice‘vgl. u.a. Barton, Tursting (2005); Billett (1996); Cairns (2011); Edwards (2005); Hodkinson, Hodkinson (2004); Hughes u. a. (2007).

1.3 Aufbau und Struktur der Arbeit

9

kompetenz, welche als Zieldimension des lebenslangen Lernens Erwachsener angesehen wird, bildet die Grundlage für die Definition des vorliegenden Verständnisses der Führungskompetenz. Die verschiedenen Felder der Führungskräfteentwicklung bilden den Übergang zu Kapitel 4, welches den Arbeitsplatz als Ort des Lernens und der Kompetenzentwicklung in den Blick nimmt. Es werden die Merkmale und Kennzeichen eines solchen Arbeitsplatzes beschrieben und die Ausprägungen des formalen, non-formalen und informellen Lernens theoretisch aufgearbeitet. Somit wird ein Überblick über die verschiedenen Zugänge des informellen Lernens im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion der Erwachsenen- sowie der Wirtschaftspädagogik gegeben. Daran anschließend wird das der Arbeit zugrunde liegende Verständnis informellen Lernens elaboriert, welches als Grundlage für die vorliegende Untersuchung dient. Basierend auf den Ausführungen der vorangegangenen Kapitel wird der Arbeitsplatz als Ort der informellen Kompetenzentwicklung gedacht und durch die Zusammenführung der einzelnen Theorien mit dem ‚advanced model of workplace learning‘ von Illeris (2011) auf die Gruppe der Führungskräfte bezogen. Das hierbei entstehende Verständnis der informellen Kompetenzentwicklung bildet den Ausgangspunkt für die weitere empirische Untersuchung. Vor dem Hintergrund des Forschungsansatzes einer Einzelfallstudie wird in Kapitel 5 die empirische Vorgehensweise erläutert und daran anschließend das Design der Forschung beschrieben. Basierend auf einer Dokumentenanalyse des Führungshandbuches sowie des Kompetenzmodells der untersuchten Bank sowie leitfadengestützten, problemzentrierten Interviews mit 21 Führungskräften dieser Bank, wird versucht, die Forschungsfrage empirisch zu beantworten. Die Auswertung der Dokumentenanalyse wird anhand einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring (2015), die Auswertung der Interviews anhand einer induktiven Kategorienbildung, ebenfalls nach Mayring (2014), vorgenommen. Kapitel 6 widmet sich der Darstellung der Ergebnisse der Fallstudie. Da eine Einzelfallstudie den Forschungsgegenstand in seiner Gesamtheit zu erfassen versucht, wird die untersuchte Bank ausführlich beschrieben und somit der Unternehmenskontext elaboriert. Dies beinhaltet neben den aktuellen Herausforderungen auch das Führungsverständnis und die geforderten Aspekte der Führungskompetenz laut Führungshandbuch und Kompetenzmodell sowie aus Sicht der Führungskräfte. Die Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens stellen die Basis für die Diskussion und Interpretation der Ergebnisse dar. Die Diskussion und Interpretation der Ergebnisse erfolgt in Abbildung 13 und mündet in das Kernstück der vorliegenden Dissertation in Kapitel 8. Die Entwicklung eines möglichen ‚Modells der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘. Durch die Spiegelung der empirischen Daten mit den theoretischen Ausführungen wird hier eine Antwort auf die Forschungsfrage gegeben und im Einzelnen

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1 Einleitung

erörtert, wie die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften unterstützt und gefördert werden kann. Den Abschluss der Arbeit bildet die Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen der Arbeit, die Darstellung des wissenschaftlichen und praxisorientierten Beitrags sowie der Hinweis auf mögliche weitere Forschungsdesiderate.

2 Die besondere Rolle der Führungskräfte Durch die internationale Finanzkrise und die dadurch steigende Zahl an Fusionen und Schließungen sieht sich die Bankenbranche massiven Veränderungen in der Struktur ihres ursprünglichen Geschäftsfeldes gegenüber (vgl. Schrooten, 2013: S. 348f.). Regulatorische, ökonomische, technologische und gesellschaftliche Entwicklungen verlangen Anpassungen an die veränderten Rahmenbedingungen und der dadurch entstehende Druck auf die einzelnen Banken sowie ein steigender Wettbewerb richtet den Blick auf das Humankapital als Erfolgsfaktor und macht diese Branche hinsichtlich der Forschungsfrage zu einem interessanten Untersuchungsfeld: Lernen und ständige Weiterentwicklung werden als essenziell angesehen, um den Veränderungen aufgrund institutioneller und regulatorischer Neuerungen standzuhalten (vgl. Arts, 2016: S. 10–26; Bremus, Lambert, 2014: S. 615ff.; Froehlich u. a., 2014: S. 30). Die Gruppe der Führungskräfte spielt hinsichtlich dieser Anforderungen eine entscheidende Rolle, um den langfristigen Erfolg einer Bank zu sichern. Durch ihre Verhaltensweisen und Handlungen tragen sie zur Fähigkeit der MitarbeiterInnen und somit des Betriebes bei, sich ständig anzupassen, um mit den sich wandelnden Umwelteinflüssen, Wertewandlungen und technischen Entwicklungen mithalten zu können. Führung in Banken stellt somit einen entscheidenden Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor dar und benötigt daher „kompetente Persönlichkeiten: solche, bei denen die Persönlichkeitseigenschaften in Fähigkeiten zum selbstorganisierten Handeln eingeschmolzen sind“ (Erpenbeck, v. Rosenstiel, 2005: S. 40; vgl. Schmoll, 2012: S. 20ff.). Bevor nun jedoch im Detail darauf eingegangen wird, was unter einer Führungskraft verstanden wird, welche Anforderungen bzw. Aufgaben sie meistern muss und welche Faktoren auf den Prozess der Entwicklung von Führungskräften Einfluss nehmen können, wird zunächst das der Arbeit zugrunde liegende Verständnis von Führung erläutert.9

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Das Führungsverständnis nimmt Einfluss auf die weiteren Ausführungen, wie bspw. die zur Führungskompetenz.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_2

12

2.1

2 Die besondere Rolle der Führungskräfte

Führung als dynamischer Interaktionsprozess und soziale Konstruktion

Das der Arbeit zugrunde liegende Führungsverständnis wird als dynamischer Interaktionsprozess zwischen den handelnden Personen und der Umwelt gesehen und ist immer in einen sozialen Kontext eingebettet. Einflussfaktoren sind sowohl aktuelle und zukünftige Geschehnisse als auch Vergangenes (vgl. Koch, Lührmann, 2001: S. 306). Führung ist also nicht etwas, das einfach existiert, sondern vielmehr ein aktiver Zuschreibungs- und Interaktionsprozess, der durch das Handeln aller beteiligten Personen geschieht (vgl. Northouse, 2010: S. 5; Weibler, 2004: S. 298). Wie später noch beschrieben wird, ist dies nicht nur auf die Interaktionsebene zwischen Führungskraft und Geführte beschränkt. Als zentraler Aspekt der Führung werden soziale Beziehungen erachtet. Im Mittelpunkt steht die ‚personal-interaktive Menschenführung‘, ohne jedoch ‚indirekte, strukturell-systemische Führungstätigkeiten‘ auszuschließen.10 Dieses Verständnis impliziert zum einen, dass es nicht die richtige oder falsche Führung geben kann, da je nach beteiligten Personen die Führungsaktivitäten unterschiedlich ausfallen können. Zum anderen kann Führung durchaus erlernt werden (vgl. u.a. Bennis, Nanus, 2005: S. 207; Hirst u. a., 2004; Nagel, Menthe, 2014: S. 43; Streich, 2013: S. 53). Die Wahl dieses breiten Verständnisses von Führung soll richtungsweisend für die vorliegende Arbeit sein und dadurch einen möglichst breiten Zugang zum Forschungsfeld ermöglichen (vgl. Hrivnak u. a., 2009: S. 459). Die Auseinandersetzung mit den Termini ‚Führung‘ sowie ‚Führungskraft‘ nimmt in der einschlägigen Fachliteratur einen breiten Raum ein. Sie werden je nach Ausgangspunkt und Betrachtungsschwerpunkt (bspw. in Betriebswirtschaft, Soziologie oder Psychologie) unterschiedlich definiert (vgl. Jopp, 1993: S. 5f.; Yukl, 2010: S. 20f.). Im Zuge dessen werden nun unterschiedliche Ansätze und Definitionen des Führungsbegriffs nachgezeichnet, um den Versuch einer Strukturierung des Feldes vorzunehmen. Einen guten Überblick hierzu geben bspw. Neuberger (2002) in seinem Werk „Führen und Führen lassen“ sowie Yukl (2010) in „Leadership in Organiszations“. Kennzeichnend für die hier dargestellten Definitionen sind Aspekte wie Führung als Prozess, Interaktion, Beziehung, Kommunikation, Handlung, Steuerung, Durchsetzung, wechselseitige und soziale Beeinflussung, Lenkung, Tätigkeit, Gestaltung, Zielerreichung, Zielsetzung, Einflussnahme, Anweisung, Impulsgebung, Richtungsweisung, Motivation, Kom-

10

Die Definition personal-interaktiver sowie strukturell-systemischer Führung wird im weiteren Verlauf noch gegeben.

2.1 Führung als dynamischer Interaktionsprozess und soziale Konstruktion

13

petenz, Einfluss und Macht, Konstruktion, Kunst, Unterstützung, Kooperation sowie hierarchische Unterschiede (vgl. Neuberger, 2002: S. 12ff.; Yukl, 2010: S. 21). Diese Auswahl zeigt bereits die Vielzahl der verschiedenen Auffassungen des Phänomens Führung und macht deutlich, dass es die eine „richtige“ Begriffsbestimmung nicht geben kann. Führung stellt sich vielmehr als ein vielschichtiges Konstrukt dar, welches in seiner Komplexität nicht durch eine einzelne Definition gefasst werden kann (vgl. Bass, 1990: S. 23; Neuberger, 2002: S. 3; Yukl, 2010: S. 21). Die in der Arbeit verwendeten operationalisierenden Definitionen von Yukl, Fiedler und Weibler verstehen Führung einerseits als einen Prozess der Beeinflussung anderer, um ein gemeinsames Verständnis und Einvernehmen darüber zu generieren, was getan werden muss und wie dies getan werden sollte. Diese Beeinflussung geschieht durch ein „sozial akzeptiertes Verhalten“ (Weibler, 2001: S. 29), welches ein gewünschtes Handeln bei anderen auslösen soll. Andererseits wird Führung als ein Prozess verstanden, um das individuelle und kollektive Bestreben der gemeinsamen Zielerreichung zu erleichtern. Führung beinhaltet dadurch nicht nur gegenwärtige Bestrebungen, sondern zielt auch auf die Bewältigung zukünftiger Aufgaben ab. Führung wird als ein sozialer Interaktionsprozess zwischen Führungskraft und sozialer sowie organisationaler Umwelt dargestellt, der sowohl rationale als auch emotionale Prozesse enthält (vgl. Day, 2011: S. 47f.; Fiedler, 1996: S. 241; Weibler, 2004: S. 295; Yukl, 2010: S. 26). Führung wird im Folgenden verstanden als „ein soziales Phänomen, das nicht ‚da draußen‘ unabhängig existiert und auf seine endgültige und vollständige Entdeckung wartet, sondern fortwährend, den sich ändernden Umständen folgend, neu geschaffen wird“ (Neuberger, 2002: S. 6). In seiner fundierten Auseinandersetzung mit dem Führungsbegriff elaboriert Neuberger ein weit gefasstes Führungsverständnis, das dadurch gekennzeichnet ist, dass Führung nicht nur durch Vorgesetzte „passiert“, sondern durch Zuschreibungen von verschiedensten Akteuren und deren Interaktionen konstruiert wird und somit einen gegenseitigen Beeinflussungsprozess darstellt (vgl. Bass, 1990: S. 19; Neuberger, 2002: S. 33; Wunderer, 2009: S. 14f.). Führung ist in diesem Sinne immer eine soziale Konstruktion (vgl. Burla, 1994: S. 19ff.; Grell, 2010: S. 452f.). Der Gebrauch des Terminus „Führung“ wurde bewusst gewählt und muss im Folgenden zu anderen Konzepten, welche in der Literatur anzutreffen sind, abgegrenzt werden. Neben ‚Führung‘ finden sich die englischen sowie deutschen Ausdrücke ‚Leadership‘ (vgl. u.a. Antonakis u. a., 2004; Bryman u. a., 2011; Northouse, 2010), ‚Management‘ und ‚Leitung‘ (vgl. u.a. Sausele, 2004). Diese werden teils synonym verwendet, teils implizieren sie Unterschiede, oftmals erzeugen sie jedoch eher Diffusität statt Klarheit. So wird Management zum einen als die Gestaltung und Lenkung von Institutionen beschrieben (vgl. Neuberger,

14

2 Die besondere Rolle der Führungskräfte

2002: S. 48ff.), welche somit auch unter den Begriffen der indirekten Führung (Sausele, 2004: S. 37), Dingführung oder Distanzführung (Neuberger, 2002: S. 48) auftritt und dadurch klar zum Führungsbegriff abgegrenzt wird. Indessen postulieren andere Autoren, dass eine strikte Trennung von Management und Führung in unterschiedliche Personen nicht immer realisierbar sei (vgl. u.a. Salaman, 2004: S. 77; Sausele, 2004: S. 37). Leitung in der Definition nach Neubauer kann als formale Führung beschrieben werden, bei der „die Aufgaben sowie die Rechte und Pflichten durch die übergeordnete(n) Hierarchie(n) festgelegt […]“ (Neubauer, 1996: S. 81) sind. Sie befindet sich dem vorherrschenden Verständnis nach eher im Bereich des Managements als der Führung, die eher auf personenbezogene Führungstätigkeiten abzielt (vgl. Sausele, 2004: S. 37; Yukl, 2010: S. 26) und dadurch dem Leadership-Begriff gleichgestellt wird (vgl. Weibler, 2004: S. 295). Interessant und erwähnenswert erscheint an diesem Punkt die Darstellung von Malik (2014). Er weist darauf hin, dass Management im Deutschen mit Führung gleichzusetzen ist und weniger mit dem Begriff der Leitung. Er impliziert somit, dass Leadership nicht gleichbedeutend mit Führung ist. Begründet wird diese Sichtweise dadurch, dass der Begriff Leadership vor allem auf Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale abzielt und weniger auf das tatsächliche Handeln der Akteure. Zusammenfassend kritisiert er diese Abgrenzung, da hierdurch eine Kategorisierung der Konzepte in ‚gutes Leadership‘ und ‚schlechtes Management‘ entsteht (vgl. Malik, 2014: S. 46f.). So wird in wissenschaftlichen und praxisorientierten Arbeiten vorwiegend von ‚Leadern‘ als Innovatoren, Visionären und risikofreudigen Personen gesprochen, die empathisch, veränderungsfreudig und aktiv handeln, wohingegen ‚Manager‘ eher die risikoscheuen, wenig empathischen, bürokratischen und wenig innovationsfreudigen Akteure darstellen (vgl. u.a. Andersson, 2010: S. 171; Bennis, Nanus, 2005: S. 203–211; Kotter, 1990; Locke, 1991; Zaleznik, 1977). Aus dieser Kritik heraus resultiert sein Standpunkt, Management sei mit dem deutschen Begriff der Führung gleichzusetzen und umfasse sowohl die Führung von Menschen als auch die Organisation und Lenkung von ‚komplexen Institutionen‘ (Malik, 1994: S. 15f., vgl. 2014: S. 46). Eine ähnliche Ansicht vertritt bspw. auch Staehle (1991), indem er Management in zwei Teilbereiche aufgliedert. Zum einen spricht er von Management als einer ‚sachbezogenen Funktion‘, welche vor allem organisatorische Aspekte umfasst, zum anderen von ‚personenbezogener Funktion‘, die sich lediglich auf die Führung von Personal bezieht (vgl. Staehle, 1991: S. 13f.). Da für die vorliegende Arbeit vor allem die Beziehung der Akteure zueinander und die sozialen Interaktionen von Bedeutung sind, scheint ein Rückgriff auf die Einteilung von Wunderer (2009) sinnvoll. Er unterscheidet zwischen ‚indirekter, strukturell-systemischer Führung‘ sowie einer ‚direkten, personal-interaktiven

2.1 Führung als dynamischer Interaktionsprozess und soziale Konstruktion

15

Menschenführung‘. Erstere beschreibt Führungstätigkeiten, welche die organisatorischen Rahmenbedingungen für Mitarbeiter und Vorgesetzte vorgeben und dadurch jedes Wirken in einem Unternehmen strukturieren. Es werden hier vier Aspekte unterschieden: Kultur, Strategie, Organisation sowie die qualitative Personalstruktur. Durch sie wird der Kontext beschrieben, welcher in Bezug auf die direkte Führung sowohl fördernde als auch hemmende Aspekte aufweisen kann. Die zweite zentrale Führungsdimension umfasst die Einflussnahme auf andere mittels Kommunikation und ist somit geprägt durch Interaktion und Reziprozität (vgl. Wunderer, 2009: S. 5ff.). Wunderer beschreibt darüber hinaus in diesem Zusammenhang zentrale Führungsaufgaben, auf die im nachfolgenden Kapitel eingegangen wird. Betrachtet man diese Definition, sowie die von Malik und Stahle, kann zusammengefasst werden, dass Führung dem Management gleichzusetzen ist und sowohl strukturelle, organisatorische als auch personelle Aspekte einschließt. In ähnlicher Weise argumentiert Schmoll, der vor allem für den Bankenbereich ein Führungs-verständnis fordert, welches all diese Elemente umfasst (vgl. Schmoll, 2012: S. 3).11 12 Die vorgenommene Abgrenzung soll nicht kategorisch implizieren, dass die Unternehmensleitung nur ‚strukturelle Führungstätigkeiten‘ übernimmt und direkte Vorgesetzte lediglich ‚Menschenführung‘ betreiben (vgl. Wunderer, 2009: S. 5f.). Beide Funktionen können von Führungskräften aller Hierarchieebenen ausgeübt werden, der Schwerpunkt der Handlungen variiert jedoch je nach Position im Unternehmen. Wenn im Folgenden also von Führung gesprochen wird, wird immer Bezug genommen auf die direkte, personal-interaktive Menschenführung, wobei dabei indirekte, strukturelle-systemische Führungstätigkeiten nicht ausgeschlossen werden. Der Fokus liegt jedoch klar auf der Mitarbeiterführung.

11 12

Das Konzept Leitung ist in dem strukturellen und organisatorischen Element, das des Leaderships in den personenbezogenen Aspekten enthalten. Neben diesen Unterscheidungen muss noch darauf hingewiesen werden, dass nicht nur Personen führen können, sondern dass auch Strukturen in gewisser Art und Weise eine führende Rolle innehaben. So spricht man also von einer weiteren Differenzierung in personalisierte und entpersonalisierte Führung. Während personalisierte Führung alle Prozesse umfasst, in denen die Interaktion zwischen direkt anwesenden Personen geschieht, so spricht man von entpersonalisierter Führung, wenn beispielsweise Strukturen das Handeln der Personen determinieren (vgl. Türk, 1995: S. 234ff.).

16

2.2

2 Die besondere Rolle der Führungskräfte

Aufgaben und Herausforderungen von Führungskräften

Bereits 1995 beschrieb Faix die Anforderungen an Führungskräfte folgendermaßen und durchaus auch noch für die heutige Zeit zutreffend: „Dabei muß die Führungskraft selbst nicht der beste Fachmann im Team sein. Vielmehr fungiert sie als Initiator und Coach von Talenten, der die Eigeninitiative und Selbständigkeit der Mitarbeiter herausfordert, Dialoge in Gang setzt und so Innovationen fördert. Mit ausgeprägter Sensibilität spürt sie sowohl gute Ideen, aber auch Unzufriedenheit bei der Belegschaft auf, nimmt Einwände ernst und wirkt entgegen, bevor sich Frustrationen einstellen.“ (Faix, 1995: S. 20) Betrachtet man die Literatur rund um die Aufgaben und Tätigkeitsbereiche von Führungskräften, finden sich unzählige Auflistungen, Zusammenstellungen und Beschreibungen dessen, was eine Führungskraft im Rahmen der Führungstätigkeit alles sein bzw. können muss und welchen Anforderungen genügt werden muss (vgl. hierzu exemplarisch Bennis, Nanus, 2005: S. 217; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 69; Wunderer, 2009: S. 12). Diese werden im Folgenden kurz skizziert, um aufzuzeigen, dass Führungstätigkeit die Bewältigung komplexer Aufgabenstellungen bedeutet. Allumfassende Rahmung aller Führungstätigkeit ist die Sicherung und Förderung des Unternehmenserfolges vor dem Hintergrund einer ökonomischen Perspektive sowie ein lösungsorientiertes Vorgehen (vgl. Bennis, Nanus, 2005: S. 210; Malik, 2014: S. 71). Alle weiteren Aspekte sind Hilfsmittel, um dies zu erreichen. So ist es Aufgabe der Führungskräfte als PersonalentwicklerInnen, ihre MitarbeiterInnen entsprechend zu fördern. Es müssen hierfür Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen Lernprozesse angestoßen werden, die individuelle Entwicklungsprozesse ermöglichen (vgl. u.a. Appelmann, 2009: S. 137ff.; Faix, 1995: S. f.38; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 69; Fandel-Meyer, Seufert, 2013; Malik, 2014: S. 236ff.; Nagel, Menthe, 2014: S. 50; Seufert u. a., 2013a: S. 58). Die Unterstützung der MitarbeiterInnen in ihrer Kompetenzentwicklung ist verbunden mit Tätigkeiten der Führungskraft als WeiterbildnerIn, BeraterIn und Coach, PädagogIn oder LernpromotorIn (vgl. u.a. Arnold, 1997: S. 94ff.; Hasanbegovic, Seufert, 2008: S. 27; Nagel, Menthe, 2014: S. 31f.; Seufert, 2013: S. 315ff.).13 Führungsleitlinien sollen die Bedeutung lernorientierter Führungsarbeit hervorheben und diese in die Führungstätigkeit integrieren (vgl. Bennis, Nanus, 2005: S. 177; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 27; Hasanbegovic, Seufert,

13

Eine kritische Auseinandersetzung darüber, inwieweit eine kompetenzförderliche Führungsarbeit möglich ist, nimmt Seufert vor (vgl. Seufert, 2013: S. 317ff.).

2.2 Aufgaben und Herausforderungen von Führungskräften

17

2008: S. 40f.; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 19f.). Vor allem die Unterstützung von Lernprozessen am Arbeitsplatz spielt hierbei eine immer größere Rolle und fordert von Führungskräften, dass sie neben dem formellen auch das informelle Lernen der MitarbeiterInnen begleiten (vgl. Seufert, 2013: S. 317ff.). Dies verlangt Organisations- und Planungsfähigkeiten in Bezug auf das System und andere Personen (vgl. Bennis, Nanus, 2005: S. 197; Malik, 2014: S. 186ff.) sowie in Bezug auf sich selbst (vgl. Euler, Seufert, 2008: S. 64; Peters, 2015: S. 81ff.). Als PersonalentwicklerIn soll die Führungskraft die Motivation und Begeisterung der MitarbeiterInnen positiv beeinflussen (vgl. Ellinger u. a., 1999: S. 119ff.). Im Idealfall sollte sie „überzeugen, Brücken bauen, begeistern“ (Nagel, Menthe, 2014: S. 45), Visionen vermitteln, Sinn und Spaß an der Arbeit stiften sowie die Integration von institutionellen und individuellen Zielen und Werten ermöglichen (vgl. u.a. Appelmann, 2009: S. 157ff.; Bennis, Nanus, 2005: S. 209; Nagel, Menthe, 2014: S. 46ff.; Peters, 2015: S. 83f.; Wunderer, 2009: S. 12). Die Weitergabe und das Teilen von Wissen, die Information der Belegschaft sowie das Anregen eines Wissensaustausches werden oftmals unter dem Begriff des/der WissensmanagerIn zusammengefasst (vgl. u.a. Dittrich, 2008: S. 44; Ellinger, 2005: S. 400; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 16; Kasper u. a., 2005: S. 262). Diese Funktion tritt jedoch zunehmend in den Hintergrund, da das selbstgesteuerte Lernen auch im betrieblichen Bereich stark an Bedeutung gewinnt. Problemlösungsfähigkeit (vgl. Fandel-Meyer, Meier, 2016; Feser u. a., 2015; Mumford u. a., 2000) und kreatives Denken (vgl. Steiger, Lippmann, 2008: S. 377ff.) stellen hierfür hilfreiche Voraussetzungen dar. Auch wenn MitarbeiterInnen zwar zum großen Teil die Verantwortung für ihr eigenes Lernen und ihre Entwicklung übertragen wird, spielt die Führungskraft in dem Zusammenhang immer noch eine entscheidende Rolle. Als GestalterIn des Lernumfeldes und der Lernkultur sollte sie den Arbeitsplatz zugunsten einer Ermöglichung dezentralen Lernens arrangieren, wodurch die Rahmung informellen Lernens immer stärker in den Fokus der Führungsaufgaben rückt (vgl. u.a. Dale, Bell, 1999; Ellinger, 2005: S. 400; Fandel-Meyer, Meier, 2016; Seufert u. a., 2013a: S. 54ff.; Skule, 2004). Um die Selbstregulation der MitarbeiterInnen beim Lernen zu unterstützen, ist hierfür eine enge Zusammenarbeit mit der Personalbzw. Bildungsabteilung im Unternehmen notwendig (vgl. Hasanbegovic, Seufert, 2008: S. 27; Seufert, 2013: S. 317f.). Neben dem Postulat des Selbstlernens darf nicht vergessen werden, das Führung immer auch Lehren bedeutet (vgl. Schwuchow, 2008: S. 8). Seufert unterscheidet hierbei in eine Gestaltung der Rahmenbedingungen und der tatsächlichen Interaktion im Zuge der täglichen Führungsarbeit (vgl. Seufert, 2013: S. 322). Kommunikationsfähigkeit (vgl. Eraut, 2000: S. 19; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 69; Steiger, Lippmann, 2008:

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2 Die besondere Rolle der Führungskräfte

S. 238ff.), der Umgang mit neuen Medien (vgl. Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 27) sowie Moderations-, Präsentations- und Rhetoriktechniken (vgl. Steiger, Lippmann, 2008: S. 213ff., 2008: S. 350ff.) rücken hierbei in den Vordergrund. Instrumente der Mitarbeiterführung können Zielvereinbarungen 14 und die Kontrolle dieser (vgl. u.a. Malik, 2014: S. 170ff., 2014: S. 222ff.; Peters, 2015: S. 74f.; Wunderer, 2009: S. 12), ein angemessenes Delegieren von Verantwortung (Empowerment) (vgl. u.a. Bennis, Nanus, 2005: S. 209; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 16; Wunderer, 2009: S. 12), Feedbackgespräche (vgl. u.a. Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 16; Peters, 2015: S. 77f.) und die regelmäßige Beurteilung der MitarbeiterInnen sein (vgl. Wunderer, 2009: S. 12). Neben der individuellen Förderung der einzelnen MitarbeiterInnen gewinnt das Arbeiten in Gruppen und Teams immer mehr an Bedeutung. Hierbei ist die Führungskraft als GestalterIn sozialer Beziehungen gefragt und eine vertrauensvolle Atmosphäre ist als Grundvoraussetzung zu sehen, die durch die Führungskraft aktiv gestaltet werden sollte (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 36ff.). Zwischenmenschliche Beziehungen müssen hierzu geschaffen und eventuell auftretende Konflikte erkannt werden, um eine effektive Teamarbeit zu gewährleisten (vgl. Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 16; Feser u. a., 2015; Nagel, Menthe, 2014: S. 50ff.). Soziales Urteilungsvermögen (vgl. Mumford u. a., 2000), ein hohes Maß an Empathie (vgl. Illeris, 2011a: S. 52; Nagel, Menthe, 2014: S. 44), das Einnehmen von verschiedenen Perspektiven (vgl. Feser u. a., 2015; Nagel, Menthe, 2014: S. 35ff.) sowie emotionale Intelligenz (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 59ff.; Nagel, Menthe, 2014: S. 37ff.) sind Bedingungen, um besonders in der zwischenmenschlichen Interaktion erfolgreich agieren zu können. Vor allem im Hinblick auf Entscheidungsprozesse benötigt die Führungskraft als EntscheiderIn Tatkraft, Handlungsfähigkeit sowie eine Ergebnisorientierung, die auf einer Selektion und Beurteilung von Situationen bzw. Informationen und einem tatsächlichen Umsetzen der getroffenen Entscheidungen vor dem Hintergrund einer gelebten Fehlerkultur basieren (vgl. Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 69, 2016: S. 16; Feser u. a., 2015; Fiedler, 1996: S. 245; Malik, 2014: S. 197ff.; Nagel, Menthe, 2014: S. 46, 2014: S. 56; Wunderer, 2009: S. 12). Eine Besonderheit, welcher sich Führungskräfte im Bankenbereich gegenübersehen, ist die Vertriebsverantwortung, die sie für ihren Bereich innehaben. Der Erhalt und Ausbau der Marktposition stellt hier eine Zieldimension dar, die eine Verantwortung der Führungskräfte hinsichtlich des Vertriebserfolgs der Bank bedeutet. Neben den beschriebenen Soft Skills muss eine Führungskraft in der 14

Diese sollten nach den SMART-Kriterien und unter Partizipation der Mitarbeiter formuliert werden (vgl. Comelli, Rosenstiel, 2009: S. 88ff.; Eyer, 2009: S. 33ff.; Watzka, 2011: S. 101).

2.2 Aufgaben und Herausforderungen von Führungskräften

19

Bank, sofern sie in ihrer Position als ‚Vertriebsführungskraft‘ eingesetzt ist, über „hohe fachliche, unternehmerische [Kompetenzen]“ (Schmoll, 2012: S. 34; Anmerkung CE) verfügen, um die Herausforderungen des Vertriebsgeschäftes erfüllen zu können (vgl. Schmoll, 2012: S. 30–36).

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns Der Umgang mit Ambiguität und Komplexität, der, wie aufgezeigt wurde, ein zentrales Element jeder Führungstätigkeit ist, bedarf des Erwerbs von umfassenden Kompetenzen, um in Führungssituationen angemessen agieren zu können (vgl. Alvesson, Spicer, 2011; Malik, 2014: S. 33ff.; Nagel, Menthe, 2014: S. 50; Seufert, 2013: S. 322; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 18f.). Es reicht also nicht aus, Führungskräfteentwicklung als die Förderung von Qualifikationen und Wissen anzusehen. „Führungskräfteentwicklung beinhaltet [vielmehr] das Formen und Gestalten von Lernprozessen, um strategisch wichtige Kernkompetenzen der Führungskräfte zu fördern.“ (Eck, 2014: S. 38; Anmerkung CE) Sofern eine Kompetenzentwicklung das Ziel der Führungskräfteentwicklung darstellt, impliziert dies eine Kombination und Förderung kognitiver, emotionaler, motivationaler sowie volitionaler Elemente (vgl. Day, 2012: S. 121; Dehnbostel u. a., 2003: S. 28; Illeris, 2009b: S. 85). Durch diese Perspektive lassen sich sowohl Aspekte eines ‚leader development‘, als auch eines ‚leadership development‘ herausarbeiten. Day postuliert eine Unterscheidung dieser beiden, da sich ersteres auf die Herausbildung von Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten bezieht, ein ‚leadership development‘ darüber hinaus den interpersonalen Dynamiken des Führungsprozesses Rechnung trägt und somit die Entwicklung des Sozialkapitals forciert (vgl. Day, 2001: S. 583ff.). Eine Betrachtung der Führungskräfteentwicklung vor dem Hintergrund eines betriebspädagogischen Verständnisses ermöglicht es, genau diesen Auftrag zu berücksichtigen. Die Debatte um den Kompetenzbegriffs stellt ein Feld dar, in dem es keine einheitliche Verwendung zu geben scheint, der Begriff an sich wird jedoch „oft geradezu inflationär verwendet“ (Erpenbeck, Heyse, 1996: S. 9) und „geschieht oftmals unreflektiert und alltagssprachlich“ (Stock u. a., 2012: S. 257; vgl. Arnold, Schüssler, 2001: S. 52; Bunk, 1994: S. 9; Dietrich, Gillen, 2005: S. 6; Ellström, Kock, 2008: S. 35; Erpenbeck, 2014: S. 20; Weinert, 2001a; Weiß, 1999: S. 46). Kompetenzen werden je nach Betrachtungsperspektive und wissenschaftlicher Verortung verschieden gefasst.15 Die Spanne der Definitionen in der Sozialforschung umfasst Kompetenzen beispielsweise (vgl. Harteis, 2002: S. 17; Weinert, 2001a): 15

Einen guten Überblick aus der Perspektive unterschiedlicher, relevanter fachwissenschaftlicher Verortungen geben Arnold/Schüssler (vgl. Arnold, Schüssler, 2001).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_3

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3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns



als kognitive allgemeine Fähigkeiten, die Persönlichkeitsmerkmale wie Intelligenz oder Begabungen einschließen, als fachbezogene Fähigkeiten, die sich auf einen bestimmten Bereich beziehen und als Kenntnisse, Strategien und Routinen beschrieben werden können, in Abgrenzung zu Performanz, als Handlungskompetenz, die sich auf die jeweiligen Aufgaben eines bestimmten Handlungsfeldes bezieht, als Schlüsselkompetenzen, die kontextunabhängig und daher in verschiedensten Situationen angewendet werden können, als Metakompetenzen, die den erneuten Erwerb von Kompetenzen erleichtern (bspw. Lernkompetenz).

◼ ◼ ◼ ◼ ◼

Trotz der Vielzahl an unterschiedlichen Definitionsversuchen sind sich die entsprechenden ForscherInnen darüber einig, dass es sich bei der Wende hin zur Kompetenzentwicklung auch im Bereich der beruflichen und betrieblichen Bildung um eine notwendige Veränderung handelt, um so den gestiegenen Anforderungen am Arbeitsmarkt gerecht zu werden (vgl. u.a. Büchter, 2011: S. 24; Faulstich, 2015: S. 36; Harteis, 2002: S. 15f.; Westhoff, 2012: S. 37). Der ab Mitte bis Ende der 1960er-Jahre vor allem in der berufs- und wirtschaftspädagogischen Kompetenzdebatte vorherrschende Qualifikationsbegriff (vgl. Thoma, 2010: S. 70) muss thematisiert werden, wenn es um eine Eingrenzung des Kompetenzverständnisses geht (vgl. Dehnbostel, 2004: S. 57; Dehnbostel u. a., 2003: S. 26). Während der Qualifikationsbegriff vor allem auf den Verwertungsaspekt abzielt, also inwieweit die jeweiligen Wissensstände, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Subjekte deckungsgleich mit der Nachfrage in Unternehmen sind, werden Kompetenzen auf das Individuum bezogen und aus dessen Perspektive heraus betrachtet (vgl. Dehnbostel, 2004: S. 57; Gillen, 2013: S. 127; Reetz, 1999: S. 245ff.). So bezeichnet bereits 1974 der Deutsche Bildungsrat „Kompetenzen […] im Hinblick auf den Lernenden selbst und seine Befähigung zu selbstverantwortlichem Handeln im privaten, beruflichen und gesellschaftlich-politischen Bereich“ (Deutscher Bildungsrat, 1974: S. 65). Qualifikationen hingegen sind nicht in erster Linie auf das Individuum bezogen, sondern dienen vielmehr den Unternehmen zur Erreichung der ‚Produktionsinteressen‘ (vgl. Dehnbostel, 2004: S. 57; Münchhausen, 2004: S. 82). Abgelöst wurde der Qualifikationsbegriff durch Mertens, der 1974 in seinen „Thesen zur Schulung der modernen Gesellschaft“ dahingehend Kritik übte, dass Qualifikationen in einer immer komplexen, dynamischen und unvorhersehbarer werdenden Umwelt den Anforderungen nicht mehr gerecht würden. Vielmehr bedürfe es sogenannter ‚Schlüsselqualifikationen‘

2.2 Aufgaben und Herausforderungen von Führungskräften

23

„welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen“ (Mertens, 1974: S. 40) sondern bspw. Folgendes umfassen: „Förderung der Fähigkeit zu lebenslangem Lernen […] Befähigung zur Kommunikation […] Fähigkeit zur Zusammenarbeit […] zur Mitverantwortung“ (Mertens, 1974: S. 40).

Dieses Verständnis erweitert das der Qualifikationen um Aspekte, die sich stärker auf überfachliche Fähigkeiten beziehen (vgl. Reinfuss, 2014: S. 154). Spezialisierte, auf den konkreten Arbeitsplatz bezogene Fertigkeiten sollen so zugunsten übergeordneter Bildungselemente (Schlüsselqualifikationen) weichen, die den Umgang mit dem strukturellen Wandel der Arbeitswelt erleichtern sollen (vgl. Thoma, 2010: S. 102). Obgleich Mertens im Gegensatz zum Deutschen Bildungsrat den Begriff der Qualifikation statt der Kompetenz verwendet, geht seine Auffassung bereits in die Richtung der später stattfindenden Kompetenzdebatte. Thoma sieht in der Begriffsdefinition von Schlüsselqualifikationen bereits ein zentrales Element des Handlungskompetenzkonstrukts, nämlich: „die Fähigkeit zu Flexibilität und Selbstorganisation“ (Thoma, 2010: S. 106). Die Ausführungen von Mertens basieren auf einer Arbeitsmarktperspektive und führen dazu, dass ähnlich wie bei dem Qualifikationsbegriff auf den unmittelbaren Verwendungskontext Bezug genommen wird, anstatt das Individuum als Ausgangspunkt in den Fokus zu nehmen (vgl. Thoma, 2010: S. 110). Pädagogische Aspekte werden hierbei eher vernachlässigt (vgl. Reetz, 1999: S. 245f.).In der Wirtschaftspädagogik kann der Kompetenzbegriff vor allem auf Lothar Reetz (1984) zurückgeführt werden, der sich in seinen Darstellungen auf Heinrich Roth (1971) bezieht (vgl. Reetz, 1989: S. 9; Sloane, Dilger, 2005: S. 6). Zentrales Kriterium laut Reetz ist die pädagogische Begründung des Konzeptes der Schlüsselqualifikationen, infolgedessen diskutiert er dieses vor dem Hintergrund einer pädagogisch-anthropologischen Theorie der Persönlichkeitsentwicklung. 16 Er korrigiert das Konstrukt der Schlüsselqualifikationen dahingehend, dass es „als eine Metapher aufzufassen [ist], die den dahinterstehenden Kompetenzgedanken transportiert“ (Reetz, 1999: S. 246; Anmerkung CE). Diese Auffassung vermittelt den Ansatz, dass Qualifikationen ebenfalls die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten und Interessen der Individuen einbeziehen und nicht nur auf den Verwertungsaspekt abzielen (vgl. Reetz, 1984: S. 129). In Anlehnung an die Ausführung von Roth (1971) herrscht in der wissenschaftlichen Diskussion eine weite Verbreitung einer Dreiteilung von Kompetenzen vor (vgl. Arnold, Erpenbeck, 2015: S. 2; Dilger, 2007: S. 104). Der ursprüngliche Gedanke besteht hier in einer Einteilung in Selbstkompetenz,

16

Vgl. hierzu Roth (1971).

24

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Sachkompetenz und Sozialkompetenz, welche als integrale Bestandteile von Mündigkeit gesehen werden (vgl. Roth, 1971: S. 180). Obgleich die Teilbereiche nicht frei von Überschneidungen sind und eine genaue Abgrenzung daher nicht vorgenommen werden kann (vgl. Vonken, 2011: S. 26), findet sich diese Dreiteilung in zahlreichen Veröffentlichungen wieder. So zum Beispiel als Fach-, humane sowie gesellschaftspolitische Kompetenz (vgl. Deutscher Bildungsrat, 1974: S. 49), als Fach-, Human(Selbst)- und Sozialkompetenz (vgl. Bader, 1989, 1993, 2004; Bader, Müller, 2002; Sloane, 2007: S. 136) oder auch als Fach/Methoden-, Sozialund Personalkompetenz (vgl. Schelten, 2010: S. 172ff.). Neben dieser Form der Unterteilung finden sich in der Literatur vereinzelt auch Definitionen, die diese um weitere Kompetenzen bspw. um die der Mitwirkungskompetenz erweitern (vgl. Bunk, 1994: S. 11). Ebenso tauchen Ansätze auf, in denen von Kernkompetenzen und Veränderungskompetenzen die Rede ist (vgl. Wittwer, 2001: S. 115ff.).

3.1

Reflexive Handlungskompetenz im betrieblichen Kontext

Die wirtschafts- bzw. betriebspädagogische Debatte um das Gebiet der Kompetenz17 hebt vor allem das Konstrukt der Handlungskompetenz hervor und hat als zentrales Verständnis den Begriff der Handlung „als eine zielgerichtete, bewusste, zwischen Alternativen entscheidende und adäquate Mittel auswählende verantwortbare Tätigkeit“ (Pätzold, 1996: S. 24; vgl. Gillen, 2006: S. 71; Hülshoff, 2010: S. 73ff.; Klieme, Hartig, 2008: S. 12; Sloane, 1996: S. 58; Vonken, 2011: S. 24ff.). Die Dominanz dieser Diskussion lässt sich jedoch nicht aus einer vorangegangenen wissenschaftlichen Diskussion ableiten, sondern stammt vielmehr als Leitziel aus der Berufsbildungspraxis (vgl. Thoma, 2010: S. 120). Handlungskompetenz als Ziel beruflicher Bildung wurde in den Rahmenlehrplänen der Berufsschulen, die nach 1996 erarbeitet wurden, durch die Kultusministerkonferenz festgelegt und definiert als „die Bereitschaft des Einzelnen, sich in gesellschaftlichen, beruflichen und privaten Situationen sachgerecht, durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“ (KMK, 2011: S. 14; vgl. Bader, Müller, 2002: S. 176; Sloane u. a., 2004: S. 160ff.; Gillen, 2013: S. 126). Grundsätzlich soll ein Individuum dazu befähigt werden, in allen Bereichen des Lebens eigen-

17

„Nicht der reagierende und lediglich ausführende Arbeiter […], sondern der mitdenkende, selbstständig handelnde Mitarbeiter […]“ (Büchter, 2011: S. 32) soll hierbei das Ziel sein.

3.1 Reflexive Handlungskompetenz im betrieblichen Kontext

25

verantwortlich handeln können. Grundlegende Annahme des Handlungskompetenzkonstrukts ist die Orientierung am Leitbild der vollständigen bzw. ganzheitlichen Handlung, was impliziert, dass ein Handlungsprozess die Phasen Planung, Durchführung und Kontrollieren enthalten sollte. Handlungsorientierung dient somit der didaktischen Gestaltung von Lernumgebungen (vgl. Czycholl, Ebner, 2006: S. 45f.; Gillen, 2013: S. 127ff.; Klieme, Hartig, 2008: S. 23). Gegenwärtige Modelle der Handlungskompetenz kommen von Bader bzw. Bader/Müller (vgl. Bader, 1989, 1993; Bader, Müller, 2002), Sloane sowie Weinert. Die Ausführungen beziehen sich auf die Überlegungen der KMK und des Deutschen Bildungsrates (vgl. Bader, 1989: S. 75; Dilger, 2007: S. 111; Thoma, 2010: S. 122ff.). Bader definiert dabei Handlungskompetenz als die „Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen, privaten und gesellschaftlichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln, d.h. anstehende Probleme zielorientiert auf der Basis von Wissen und Erfahrungen sowie durch eigene Lösungen zu bewerten und seine Handlungsfähigkeit weiterzuentwickeln.“ (Bader, Müller, 2002: S. 176f.)

Die Dimensionen der Handlungskompetenz lassen sich in Fachkompetenz, Human(Selbst)kompetenz sowie Sozialkompetenz unterscheiden, jedoch mit dem Hinweis, dass sie wechselseitig in Beziehung zueinander stehen. Bader weist vor allem auf die Wichtigkeit der Humankompetenz als selbstständige Dimension hin, da hierbei deutlich wird, dass der Mensch, trotz Integration in das soziale Umfeld, als Individuum anzusehen ist (vgl. Bader, 1989: S. 76). Die vorgestellten Dimensionen werden durch Methodenkompetenz, Lernkompetenz und die kommunikative Kompetenz akzentuiert. Demnach können die Akzentuierungen jeweils mit den einzelnen Dimensionen in Beziehung gesetzt werden und differenzieren diese somit weiter (vgl. Bader, 1989; Bader, Müller, 2002: S. 179ff.). Sloane definiert Handlungskompetenz aus dem Blickwinkel eines strukturellen Ansatzes und unterscheidet in Oberflächen- und Tiefenstrukturen. Er führt folgende Differenzierung ein: „[Es ist] zwischen Handeln als Prozeß und Kompetenz als Struktur zu unterscheiden. Mit Handeln werden dann alle Denkvorgänge und äußeren Aktivitäten gemeint. Diese generieren sich aus der Kompetenz eines Menschen. Die kognitionstheoretische Annahme, die nunmehr gemacht wird, ist die, daß diese Generierung von Handeln immer auch zu einer Veränderung der Kompetenz führen kann.“ (Sloane, 1996: S. 59f.; Anmerkung CE)

Kompetenzen sind also in den Tiefenstrukturen angelegt, aus denen heraus Aktionen (Handlungen) generiert werden. Handeln umfasst sowohl innere Denkprozesse als auch äußeres Tun (vgl. Sloane, 1996: S. 59ff.). In seinem kategorialen

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3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Kompetenzmodell unterscheidet er daher zum einen in die Objekt- und zum anderen in die Subjektseite der Handlungskompetenz. Erstere stellt auch die materiale Seite dar und wird in Domäne (Fachkompetenz, entspricht der Anwendung fachlicher Kenntnisse), Person (Humankompetenz, meint die Fähigkeit, über sich selbst entscheiden zu können und sich weiterzuentwickeln) und Gruppe (Sozialkompetenz, ist definiert als die Fähigkeit zur Team- und Gruppenarbeit) differenziert. Quer zu diesen drei Elementen liegt die formale (Subjekt-)Seite, in welcher sich die Methoden-, Sprach- und ethische Kompetenz darstellen, die sich in der materialen Seite entfalten können (vgl. Sloane, 2004: S. 576; Sloane u. a., 2004: S. 163). Das Modell knüpft an Klafki’s Verständnis der ‚kategorialen Bildung‘ an, bei der das Individuum in einem doppelseitigen Erschließungsvorgang die Wirklichkeit erschließt und gleichzeitig durch diese erschlossen wird (vgl. Klafki, 1964: S. 298; Sloane, 2001: S. 43f.). Die Definition der Handlungskompetenz, welche vor allem im Bereich der schulischen Bildung verwendet wird, basiert auf der kognitionspsychologischen Auffassung von Weinert. Sie umfasst „neben kognitiven auch soziale, motivationale, volitionale und oft moralische Kompetenzen […] [die es] erlauben, erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten in sehr unterschiedlichen Lebenssituationen erfolgreich, aber auch verantwortlich zu nutzen“ (Weinert, 2001: S. 28; Anmerkung CE).

Hierbei soll die Fähigkeit erlangt werden, in verschiedenen Situationen des Lebens verantwortlich handeln und Probleme lösen zu können (vgl. Weinert, 2001b: S. 28). Handlungskompetenz stellt jedoch nicht nur in der beruflichen Erstausbildung eine Zielgröße dar, sondern auch in der Erwachsenenbildung im Rahmen des lebenslangen Lernens und definiert somit einen zentralen Aspekt der betrieblichen Bildungsarbeit (vgl. Bader, Müller, 2002: S. 176; Dehnbostel, 2004: S. 57, 2007: S. 32f., 2010: S. 26ff.; Dehnbostel u. a., 2003: S. 27; Seufert, 2013: S. 9; Sloane, 2004: S. 576). Die berufliche Handlungskompetenz, welche als Basis für die vorliegende Arbeit dient, ist ihrem Wortlaut nach im Kontext der Berufswelt zu verorten und soll eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit den dort auftretenden Aufgabenstellungen ermöglichen (vgl. Dilger, 2007: S. 101f.). Sie wird, wie bereits die allgemeine Handlungskompetenz auch, laut Kultusministerkonferenz als Zusammenspiel von Fach-, Selbst- und Sozialkompetenz definiert (vgl. KMK, 2011:

3.1 Reflexive Handlungskompetenz im betrieblichen Kontext

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S. 14; ursprünglich 1996).18 Die damit gegebene Begriffsbestimmung lehnt sich an Roth (1971) sowie an die Ausführungen des Deutschen Bildungsrates (1974) an (vgl. Molzberger, 2007: S. 60). Im Gegensatz zur beruflichen Erstausbildung differenziert das Konzept der beruflichen Handlungskompetenz jedoch in der betrieblichen Bildungsarbeit dahingehend, als dass die Herausbildung der Handlungsfähigkeit zur Ausführung beruflicher Tätigkeiten angestrebt wird. Handlungskompetenz nach Staudt/Kriegesmann setzt sich zusammen aus der tatsächlichen Handlungsfähigkeit, die sowohl durch explizites als auch implizites Wissen und Fertigkeiten determiniert ist, sowie der Handlungsbereitschaft. Individuelle Bedürfnisse die bspw. durch unterschiedliche Motive hervortreten, sind hier die Treiber der Handlungskompetenz. Sowohl die Handlungsfähigkeit als auch die -bereitschaft werden durch Persönlichkeitseigenschaften beeinflusst, welche somit die Grundlage für das jeweilige Handeln sind. Ihre Darstellung veranschaulicht darüber hinaus auch Rahmenbedingungen, die nicht durch das Individuum gestaltet werden. Es sind vielmehr auch die Arbeitssysteme mit den technischen und organisatorischen Elementen, die einen Einfluss auf die individuelle Handlungskompetenz ausüben (vgl. Staudt, Kriegesmann, 2002: S. 36f.). Staudt/Kriegesmann zeigen zwar auf, dass unterschiedliche Arten von Wissen und Fertigkeiten Bestandteil der Handlungskompetenz sind, jedoch ist nicht ersichtlich, aus welchen Bereichen diese stammen. Eine Unterteilung in Fach-, Sozial-, oder Personalkompetenz nehmen sie nicht vor. Ähnlich, jedoch ausdifferenzierter sieht Dehnbostel das Konzept der beruflichen Handlungskompetenz.19 Mit seiner Definition führt er Aspekte der bisher ausgeführten Modelle zusammen und ermöglicht somit ein Modell beruflicher Handlungskompetenz im Kontext der betrieblichen Bildungsarbeit: „Kompetenzentwicklung soll eine umfassende berufliche Handlungskompetenz als Einheit von Fach-, Sozial- und Personalkompetenz herausbilden sowie – darüberhinausgehend – eine Handlungsfähigkeit herstellen, die den Vollzug von Arbeitshandlungen im Sinne von Performanz im realen Prozess der Arbeit ermöglicht.“ (Dehnbostel, 2004: S. 57f.)

Grundlage hierbei ist die Annahme, dass berufliches Handeln zum einen durch die Kompetenzentwicklung (also der Herausbildung von Fach-, Sozial- und Personalkompetenz) zum anderen durch vorherrschende Arbeits- und Handlungsbedingungen (Lern-, Arbeits-, und Unternehmenskultur, Lernpotenziale in der Arbeit, Entwicklungs- und Aufstiegswege) konstituiert wird (vgl. Gillen, 2013: S. 128). 18

19

In der Version von 2007 wird noch von Humankompetenz statt Selbstkompetenz gesprochen. Es erfolgt jedoch nur eine begriffliche Umbenennung (vgl. Dilger, Sloane, 2012: S. 34). Eine grafische Darstellung des Modells erfolgt im nachfolgenden Kapitel.

28

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Aufgrund dieses Zusammenspiels, befindet sich berufliches Handeln ständig in einem Spannungsfeld zwischen strukturalen bzw. organisatorischen Elementen und dem individuellen Entwicklungsprozess (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 36f.).20 Laut Dehnbostel basiert berufliche Handlungskompetenz zum einen auf Reflexivität, also auf der „bewusste[n], kritische[n] und verantwortliche[n] Einschätzung und Bewertung von Handlungen auf der Basis von Erfahrungen und Wissen“ (Dehnbostel, 2005: S. 212; Anmerkungen CE). Zum anderen setzt sie sich aus den Kompetenzbereichen bzw. Dimensionen der Sozial-, Fach- und Personal(Human)Kompetenz zusammen und wird durch das Ziel der Handlungsfähigkeit erweitert. Durch den expliziten Einbezug der Handlungsfähigkeit soll die Ausübung der Arbeitstätigkeiten im Sinne der Performanz gewährleistet werden und somit ein Handeln im Prozess der Arbeit erfolgen (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 34; Erpenbeck, Heyse, 1996: S. 37; Weiß, 1999: S. 459). Dieser Ausübung, dem tatsächlich wahrnehmbaren Handeln, liegt die reflexive Handlungsfähigkeit zugrunde, welche durch die umfassende berufliche Handlungskompetenz bestimmt wird (vgl. Dehnbostel, 2004: S. 58; Dehnbostel u. a., 2003: S. 28f.). Reflexive Handlungsfähigkeit stellt somit das Handlungsvermögen eines Individuums in Bezug auf Qualität und Souveränität dar (vgl. Dehnbostel u. a., 2003: S. 28) und wird durch die Kompetenzentwicklung, die Arbeits- und Handlungsbedingungen und die individuellen Dispositionen determiniert. Dies spiegelt wider, dass Kompetenzen nicht nur kognitive, sondern auch emotionale, motivationale sowie volitionale Elemente umfassen (vgl. Illeris, 2009b: S. 85). Durch ein „Abrücken von unmittelbaren Arbeitsgeschehen, um Ablauforganisation, Handlungsabläufe und –alternativen zu hinterfragen und in Beziehung zu eigenen Erfahrungen und zum eigenen Handlungswissen zu setzen“ (Dehnbostel, 2007: S. 40)

wird durch die reflexive Handlungsfähigkeit das reale Arbeitshandeln entsprechend verbessert und führt somit zu den gewünschten individuellen Zielsetzungen und Unternehmensergebnissen. Die reflexive Handlungsfähigkeit steht in ständiger Wechselbeziehung zu individueller Kompetenzentwicklung und zu den Arbeits- und Handlungsbedingungen und bezieht sich sowohl auf zwei Formen von Reflexivität als auch auf individuelle Dispositionen wie Emotionen, Wertehaltungen oder Persönlichkeitseigenschaften.21

20 21

Vor allem auf die Arbeits- und Handlungsbedingungen wird in Kapitel 3.2 noch näher eingegangen werden. Diese Eigenschaften können sowohl als autonome Dispositionen als auch als integrativer Bestandteil der Kompetenzentwicklung auftreten (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 41).

3.2 Führungskompetenz als Bestandteil reflexiver Handlungsfähigkeit

29

Reflexivität bedeutet zum einen ‚strukturelle Reflexivität‘ und zum anderen ‚Selbstreflexivität‘. Hierbei verweist Dehnbostel in seiner Definition auf die Werke von Schön (1983) sowie LASH (1996), in welchen ein Lernen durch Reflexivität hervorgehoben wird.22 Strukturelle Reflexivität bedeutet, bezogen auf den Arbeitskontext, ein Mitgestalten der Arbeit, das Hinterfragen von vorherrschenden Strukturen und Mechanismen sowie ein aktives Mitwirken an diesen und der Arbeitsumgebung. Selbstreflexivität bezieht sich zum einen auf die Entwicklung der eigenen Kompetenzen und deren Gestaltung, zum anderen schließt sie auch die Reflexion über diese ein. Kompetenzen sind hierbei sowohl auf den beruflichen als auch auf den privaten Kontext bezogen zu verstehen (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 39f.). Das Modell von Dehnbostel nimmt eine Öffnung des beruflichen Handlungskompetenzkonstrukts vor, indem es dezidiert auf ein reflexives Handeln als Zieldimension der Kompetenzentwicklung verweist, ohne jedoch die einzelnen Kompetenzbereiche zu vernachlässigen. Darüber hinaus umfasst es durch die Integration der Strukturen der Arbeits- und Handlungsbedingungen die Wechselwirkungen von Kompetenzentwicklung und Arbeitsumfeld.

3.2

Führungskompetenz als Bestandteil reflexiver Handlungsfähigkeit

Bei jeder Führungstätigkeit handelt es sich um einen dynamischen Interaktionsprozess zwischen den agierenden Personen und der Umwelt. 23 Daher müssen, sofern eine umfassende Betrachtung der Führungskompetenz vorgenommen werden soll, auch Faktoren berücksichtigt werden, die nicht direkt durch die Führungskräfte beeinflussbar sind. Dies entspricht den Arbeits- und Handlungsbedingungen im ‚Bezugsrahmen reflexiver Handlungsfähigkeit‘ von Dehnbostel 24, welche nachfolgend eingehend ausgeführt werden. Da der Führungsprozess jedoch nicht nur von sozialer und organisationaler Umwelt, sondern auch durch die Handlungen der einzelnen Personen, insbesondere der Führungskräfte gestaltet wird, spielen auch emotionale Faktoren eine Rolle. Diese werden im nachfolgenden Modell durch die ‚reflexive Führungsfähigkeit‘ beschrieben, welche die individuellen Persönlichkeitseigenschaften der Führungskräfte einschließt und durch eine strukturelle Reflexivität sowie Selbstreflexivität in Bezug auf die Führungsrolle geformt 22 23 24

Für eine tiefere Ausführung vgl. Lash (1996: S. 203f.); Schön (1999). Vgl. Kap. 2.1. Vgl. Bezugsrahmen reflexiver Führungsfähigkeit (in Anlehnung an Dehnbostel, 2007: S. 41).

30

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

wird. Die Notwenigkeit einer Arbeit der Führungskräfte an der eigenen Reflexivität beschreibt Arnold folgendermaßen: „Ganzheitliche, kulturbewußte Unternehmensführung setzt bei den Führungskräften methodische und soziale Kompetenzen voraus, wodurch sich deren professionelles Profil an das von Pädagogen annähert. Zweckrationales Theoriewissen (um WennDann-Zusammenhänge) ist zu ergänzen um Selbstreflexionswissen. Hierfür ist eine „Arbeit“ an der eigenen Subjektivität (gemeint: der Führungskräfte) erforderlich.“ (Arnold, 1997: S. 95)

Nur durch eine systematische Arbeit an der eigenen Persönlichkeit kann eine Grundlage für die Entwicklung der weiteren Komponenten der Führungskompetenz geschaffen werden (vgl. Arnold, 1997: S. 92ff.). Um das Verständnis von Führungskompetenz in der vorliegenden Arbeit darstellen zu können, wird ein Transfer des Begriffs der beruflichen Handlungskompetenz auf die Gruppe der Führungskräfte vorgenommen. Dies geschieht in Anlehnung an das Modell von Dehnbostel (2007) und lässt sich wie folgt darstellen:

3.2 Führungskompetenz als Bestandteil reflexiver Handlungsfähigkeit

31

Abbildung 1: Bezugsrahmen reflexiver Führungsfähigkeit (in Anlehnung an Dehnbostel, 2007: S. 41)

Führungskompetenz bedeutet demnach, ein Zusammenspiel aus Fach-, Sozial- und Personal- bzw. Humankompetenz25 in Bezug auf Führungssituationen mit dem Ziel eines reflexiven Handelns im gesamten Führungsprozess. 25

Dehnbostel versteht die einzelnen Teilbereiche in Anlehnung an die KMK wie folgt: „Fachkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen. Personalkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, die eigene Entwicklung zu reflektieren und in Bindung an individuelle und gesellschaftliche Wertvorstellungen weiter zu entfalten.

32

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Im Bereich der Führungskompetenz kommt vor allem der Fähigkeit zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen und erhalten zu können, also der Sozialkompetenz, eine entscheidende Rolle zu. Führungskräfte – als GestalterInnen sozialer Beziehungen26 müssen in der Lage sein, gegenseitiges Vertrauen und ein gemeinschaftliches Verständnis im Team herzustellen, sowie auch im Auftreten nach außen auf Menschen eingehen können. Hier stellen soziales Bewusstsein, die Fähigkeit Feedback zu geben wie auch eine Zusammenarbeit und Kooperation zwischen den MitarbeiterInnen herstellen zu können, die Komponenten der Sozialkompetenz dar. Durch sie können gemeinsame Wertevorstellungen und Visionen geteilt, sowie eine situationsangemessene Kommunikation vorgenommen werden (vgl. Day, 2001: S. 584ff.; McCallum, O’Connell, 2009). In diesem Zusammenhang erscheint das Konzept der ‚emotional intelligenten Führung‘ als beachtenswert. Laut Goleman u.a. zeichnen sich „Die besten Führungskräfte […] dadurch aus, dass sie die entscheidende Rolle von Emotionen am Arbeitsplatz verstehen“ (Goleman u. a., 2002: S. 21). Die emotionale Verfassung der Führungskräfte nimmt demnach einen entscheidenden Einfluss auf die Stimmung der MitarbeiterInnen und infolgedessen auch auf deren Leistung. Führungskräfte sollten sich der Übertragbarkeit von Stimmungen und Emotionen bewusst sein und dies in ihrer Führungsarbeit berücksichtigen. Durch das Herstellen einer emotionalen Bindung sowohl zwischen Führungskraft und MitarbeiterInnen als auch unter den MitarbeiterInnen können Zeiten von Unsicherheit, Veränderung oder kurzfristiger Unzufriedenheit besser gemeistert werden und die Arbeit an sich erscheint sinnvoller. Um von MitarbeiterInnen als emotional intelligente Führungskraft wahrgenommen zu werden, sind soziales Bewusstsein sowie ein Beziehungsmanagement vonnöten. Soziales Bewusstsein umfasst die Fähigkeit im Umgang mit anderen Empathie zu zeigen (vgl. Goleman u. a., 2002). Dies „erfordert als tieferes Verstehen ein Sichhineinversetzenkönnen in Situation und Gefühlslage eines anderen und geht damit deutlich über ein verbales Verstehen von Mitteilungen hinaus. Empathie bedeutet letztlich, die Perspektive eines anderen übernehmen zu können, sein inneres Bezugssystem erfassen zu können. Empathie ist folglich eine Frage der Wahrnehmungsfähigkeit.“ (Zwick, 2004: S. 90)

Ein Empathievermögen stellt also eine notwendige Voraussetzung dar, um auf die MitarbeiterInnen individuell eingehen und sich auf deren Gefühle einstellen zu können. Sozialkompetenz beinhaltet die Fähigkeit und Bereitschaft, soziale Beziehungen und Interessen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit Anderen verantwortungsbewusst auseinanderzusetzten und zu verständigen.“ (Dehnbostel, 2010: S. 18) 26 Vgl. Kap. 2.1.

3.2 Führungskompetenz als Bestandteil reflexiver Handlungsfähigkeit

33

Das Sich-in-andere-Hineinversetzen ermöglicht letztendlich ein erfolgreiches Beziehungsmanagement, welches durch den angemessenen Umgang mit den Emotionen anderer gekennzeichnet ist. Führungskräfte können dann am besten agieren, wenn sie authentisch, in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen und Werten handeln, sich also ihrer eigenen Emotionen bewusst sind – nur dann ist ein erfolgreiches, auf Emotionen aufbauendes Beziehungsmanagement möglich (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 76ff.). Emotionale intelligente Führung erreicht die Menschen und ermöglicht enge, vertrauensvolle Beziehungen zwischen ihnen. Dies impliziert jedoch nicht, dass eine Führungskraft stets um Harmonie und Einvernehmen bemüht sein sollte. Es bedeutet vielmehr, sich der Emotionen bewusst zu sein, welche durch die eigenen Handlungen ausgelöst werden können und diese zu beachten und ggf. darauf einzugehen (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 77). Die Bereitschaft und Fähigkeit soziale Beziehungen zu verstehen und sich mit anderen verantwortungsbewusst verständigen zu können, erfordert die Entwicklung einer sozialen Verantwortung. Sie ist in Hinblick auf die Führungskompetenz ein wichtiges Element. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen als Grundlage für die Sozialkompetenz geschieht im Rahmen der Personal- bzw. Humankompetenz. Durch eine solche Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen werden diese bewusst und dienen als Hintergrundfolie für alle weiteren Handlungen der Führungskräfte (vgl. Appelmann, 2009: S. 210ff.). Die Personal- bzw. Humankompetenz als Komponente der Führungskompetenz beschreibt Day weiters durch Konzepte wie Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung27 und Selbstmotivation. Erstere umfasst beispielsweise ein gewisses Selbstbewusstsein und somit das Verfügen über ein korrektes Selbstbild. Selbststeuerung ist durch Selbstkontrolle, durch eine vorhandene Glaubwürdigkeit, durch Anpassungsfähigkeit sowie durch persönliche Verantwortung gekennzeichnet. Das Konzept der Selbstmotivation umfasst einen vorhandenen Optimismus, Engagement und Einsatzbereitschaft sowie einen hohen Grad an Eigeninitiative (vgl. Day, 2001: S. 584). Die Entwicklung konkreter Wertevorstellungen in Bezug auf das eigene Führungsverhalten sowie die Bindung an diese sind Grundvoraussetzungen einer Führungskompetenz. Die Personal- bzw. Humankompetenz stellt die Grundlage dar, aufgrund derer eine Führungskraft in der Lage ist, diejenigen Kompetenzen zu erlernen, welche notwendig sind, um als WeiterbildnerIn, BeraterIn, Coach, PädagogIn, LernpromotorIn, WissensmanagerIn, GestalterIn des Lernumfeldes und der Lernkultur, GestalterIn sozialer Beziehungen und als EntscheiderIn angemessen handeln zu können (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 52).

27

Goleman u.a. nennt es Selbstmanagement (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 69ff.).

34

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Mit der Fachkompetenz als Komponente der Führungskompetenz können Führungsaufgaben korrekt und selbstständig ausgeführt und das jeweilige Ergebnis beurteilt werden. Als EntscheiderIn muss die Führungskraft angemessen agieren und benötigt dafür vor allem logisches Denken, muss Zusammenhänge und Probleme erkennen und diese angemessen lösen können (vgl. Campbell u. a., 2003: S. 33). Daneben sollte sie auch über Kenntnisse des Fachs, im vorliegenden Fall also speziell des Bankgeschäftes verfügen, um darauf aufbauend handeln zu können. Dazu gehören bspw. Allgemeinwissen, betriebswirtschaftliche Kenntnisse oder auch Know-how im Privat- und Firmenkundengeschäft (vgl. Schmoll, 2012: S. 36). Die Verbindung der Kompetenzen mit der reflexiven Handlungsfähigkeit, welche wie dargelegt durch die individuellen Dispositionen der Führungskräfte bestimmt ist, hat vor allem dahingehend einen Einfluss, als dass Wege der Kompetenzentwicklung je nach Führungskraft unterschiedlich wahrgenommen werden und auch verschieden hinsichtlich der Effektivität sein können. Werte, Emotionen, Motivationen und die Fähigkeit zur Reflexion variieren in ihrer Ausprägung von Individuum zu Individuum und nehmen in ihrer Gestalt Einfluss auf Kompetenzentwicklungsprozesse (vgl. Day, 2012: S. 118). Führungskompetenz kann ähnlich wie bei Erpenbeck/Heyse, die sie als sogenannte Querschnittskompetenz definieren, auch in diesem Modell als Element betrachtet werden, welches sich auf die drei Dimensionen bezieht (vgl. Heyse, Erpenbeck, 2010: S. 21). Die Annahme, dass Führungskompetenz somit ein Zusammenspiel von Fach-, Sozial- und Personal- bzw. Humankompetenz ist und nicht bspw. aufgrund angeborener Eigenschaften existiert, impliziert eine Erlernbarkeit dieser durch die Führungskräfte. Sie legitimiert somit die Existenz, Förderung und Ermöglichung einer Führungskräfteentwicklung im Rahmen der betrieblichen Bildungsarbeit, welche eine Kompetenzentwicklung der Führungskräfte zum Ziel hat (vgl. Fliegauf, 2009: S. 262f.; Goleman u. a., 2002: S. 130ff.; Nagel, Menthe, 2014: S. 43). Bezieht man nun die elaborierten Merkmale der Handlungskompetenz ein, so können folgende Annahmen über das Konzept der Führungskompetenz gemacht werden: ◼ ◼ ◼

Führungskompetenz ist subjektbezogen und daher immer konkret auf die handelnde Person bezogen. Sie umfasst neben den kognitiven auch motivationale, Willens- und soziale Aspekte und ist daher mehrdimensional. Führungskompetenz ist durch eine Abhängigkeit von Lern- und Erfahrungsmomenten charakterisiert. Sie ist erwerbbar und erlernbar.

3.3 Entwicklung von Führungskräften

◼ ◼

35

Durch diese Abhängigkeit ist sie nicht statisch, sondern dynamisch und über den Zeitverlauf veränderbar und somit nie vollständig abgeschlossen. 28 Führungskompetenz wird bedingt durch die Arbeits- und Handlungsbedingungen und die reflexive Handlungsfähigkeit in Führungssituationen und kann daher nicht isoliert betrachtet werden. Dies führt dazu, dass Führungskompetenz je nach Position der Führungskraft unterschiedlich stark ausgeprägte Merkmale umfassen kann.29

Ziel der Führungskompetenzentwicklung stellt letzten Endes ein reflexives Handeln im Führungsprozess dar, das sich durch die gelungene Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt beschreiben lässt. Eine erfolgreiche Kompetenzentwicklung erfordert eine Vernetzung von selbstorganisierten Lernprozessen, informellen Lehrphasen sowie institutionellen Weiterbildungsangeboten (vgl. Edelmann, Tippelt, 2008: S. 133f.; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 18). „Das Konzept der Kompetenzentwicklung verspricht [demnach] eine Verknüpfung von wirtschaftlichen und pädagogischen Maßstäben, von Alltagslernen und institutionalisierter Weiterbildung, von Erfahrungswissen und wissenschaftlichem Wissen, von Kennen und Können, von Bedarfen und Bedürfnissen.“ (Nuissl u. a., 2002: S. 5; Anmerkung CE)

Da Führungskompetenz als erlernbar angesehen wird, stellt sich die Frage, wie und unter welchen Umständen diese entwickelt werden kann. Dazu wird nun nachfolgend ein Überblick über die Wege der Führungskräfteentwicklung gegeben und aufgezeigt, welche sich besonders eignen, um dem Ziel der beruflichen Handlungskompetenz zu dienen.

3.3

Entwicklung von Führungskräften

Um Führungskräfte zu hochqualifizierten MitarbeiterInnen zu entwickeln, die “a less malleable source for the company and a more mobile investor of his/her intellectual, social and emotional capital” (Blass, April, 2008: S. 48) darstellen,

28 29

Sie tritt also während der gesamten Lebensspanne auf (vgl. Day u. a., 2009). Für eine weiterführende Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Führungspositionen und den dafür benötigten Kompetenzen vgl. Büser (2004).

36

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

wird eine Führungskräfteentwicklung vor allem im Rahmen eines ‚Talent Managements‘30 forciert. Führungskräfteentwicklungsprogramme bieten Möglichkeiten, aktuelle Führungskräfte sowie den Nachwuchs gezielt zu fördern und dadurch sowohl unternehmerische Ziele als auch die Persönlichkeitsentwicklung der Individuen einzubeziehen (vgl. DeRue, Myers, 2014: S. 832ff.; Edwards u. a., 2013: S. 4ff.). Die folgende Abbildung visualisiert die unterschiedlichen Felder der Führungskräfteentwicklung:

Abbildung 2: Felder der Führungskräfteentwicklung (eigene Darstellung)

30

Für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff des ‚Talent Managements‘ vgl. Thunnissen u. a. (2013). Es können hierbei drei unterschiedliche Strömungen identifiziert werden, wie ‚Talent Management‘ in der Managementliteratur verstanden wird. Nämlich (vgl. Lewis, Heckman, 2006: S. 140f.): • als jede Art von Personalmanagement-Praktiken, • als einen Prozess der Nachfolgeplanung und des richtigen Personaleinsatzes, hinsichtlich aller Arten von Talenten, ohne sich hierbei auf bestimmte Positionen oder Stellen zu beziehen.

3.3 Entwicklung von Führungskräften

37

Das erste Feld, stellt ‚formale Entwicklungsaktivitäten‘ dar. Sie finden ‚offthe job‘, meist in einem institutionalisierten Rahmen statt und sind durch autorisierte Stellen zertifiziert. Diese Art stellt die häufigste Form der angebotenen Entwicklungsaktivitäten dar (vgl. Dalton, 2010: S. 221ff.; Day, 2012: S. 124ff.; Mumford, Gold, 2004, zitiert nach Beardwell, 2010: S. 341; Yiu, Saner, 2009: S. 532; Yukl, 2010: S.424f.). Beispiele für formale Entwicklungsmaßnahmen sind ‚MBA‘-Programme von bspw. Universitäten, Business Schools sowie unternehmensexterne Trainings in Form von Workshops und Seminaren von Bildungsanbietern. Die Dauer solcher Maßnahmen variiert von halbtägigen Veranstaltungen bis hin zu solchen, die sich über mehrere Jahre erstrecken. Ziel ist hier vor allem die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen über Führungstheorien, -stile, und – instrumente sowie die Arbeit an der eigenen (Führungs-)Persönlichkeit (vgl. Boyatzis, 2009: S. 440; Fandel-Meyer, Meier, 2016: S. 74; Yiu, Saner, 2009: S. 468ff.; Yukl, 2010: S. 424). Anhand von Simulationen und Fallstudien wird darüber hinaus versucht, Verhaltensweisen zu fördern, die es den Führungskräften erlauben, in Führungssituationen angemessen reagieren zu können (vgl. FandelMeyer, Meier, 2016: S. 78ff.). Das zweite Feld der Führungskräfteentwicklung stellt neben den formalen Entwicklungsmaßnahmen, weniger formalisierte Instrumente dar, deren Steuerung, Planung, Koordination und Organisation im Rahmen eines strategischen Personalmanagements, also durch die jeweiligen Bildungsverantwortlichen initiiert werden (vgl. Wilson, 2005: S. 14ff.). Hierbei handelt es sich um ‚developmental activities‘ (vgl. Yukl, 2010) bzw. um ‚integrated managerial processes‘ (vgl. Mumford, Gold, 2004, zitiert nach Bearwell 2010: S.341) wie bspw. 360°-Feedbacks, Assessment-Center, Jobrotation, Karriereplanung, Mentoring- oder Coachingaktivitäten oder spezielle Traineeprogramme (vgl. Nesemann, 2012). Durch sie sollen Führungskräfte (angehende sowie bestehende) vor allem durch das Erleben und Verarbeiten von Erfahrungen am Arbeitsplatz, gezielt in ihrer Entwicklung unterstützt werden. Im Gegensatz zu den formalisierten Programmen obliegt die Verantwortung der Planung und Durchführung der Aktivitäten nicht einem externen Anbieter, sondern in den meisten Fällen den Unternehmen selber (vgl. Dalton, 2010: S. 186f.; Graf, Laske, 2011: S. 125; Hrivnak u. a., 2009: S. 464f.; Yukl, 2010: S. 423ff.). Ein weiteres Feld der Führungskräfteentwicklung bilden die sogenannten ‚self-development activities‘(vgl. Yukl, 2010), bei welchen die Führungskräfte über Lerninhalte und -ziele sowie die dafür geeigneten Methoden selber entscheiden (vgl. Kirchner, Akdere, 2014: S. 140f.; Yukl, 2010: S. 423ff.). Im Zuge dieser wird die Verantwortung der Führungskräfteentwicklung der/dem jeweiligen Vorgesetzten bzw. der Führungskraft selber übertragen (vgl. Rosenstiel, 2009: S. 51). Hierunter fällt bspw. die aktive Suche der Führungskräfte nach herausfordernden

38

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Aufgaben, Feedback oder geeigneten MentorInnen, um verschiedene Perspektiven einnehmen zu können. Auch das Entwickeln eines eigenen Karriereplans zählt hierzu (vgl. Yukl, 2010: S. 423ff.). Die nachfolgende Zusammenfassung der Selbstentwicklungsaktivtäten von Führungskräften gibt einen Überblick über mögliche Tätigkeiten der Führungskräfte in Hinblick auf die Entwicklung der nötigen Kompetenzen (vgl. Yukl, 2010: S. 447). ◼ ◼ ◼ ◼ ◼ ◼ ◼ ◼

Develop a personal vision of career objectives. Seek appropriate mentors. Seek challenging assignments. Improve self-monitoring. Seek relevant feedback. Learn from mistakes. Learn to view events from multiple perspectives. Be skeptical of easy answers.

Da die ‚self-development activities‘ der Verantwortung der jeweiligen Führungskraft obliegen, diese für sich zu initiieren, erfordern sie von ihr die Fähigkeit, das Potenzial dieser Aktivitäten zu erkennen und vor allem auch die Fähigkeit zur Reflexion darüber, um letzten Endes Handlungskonsequenzen daraus ableiten zu können (vgl. Dalton, 2010: S. 185f.; Mumford, Gold, 2004, zitiert nach Beardwell, 2010: S.340). Das vierte Feld beschreibt die ‚informal managerial processes‘. Hierunter fallen solche Lernmomente, die sich aufgrund von Führungstätigkeiten oder Projektarbeiten bieten, und oftmals unbewusst stattfinden. Sie werden daher als zufällig bzw. unbeabsichtigt charakterisiert (vgl. Mumford, Gold, 2004, zitiert nach Beardwell, 2010: S.340) und auch unter dem Terminus ‚Lernen durch Erfahrung‘ subsummiert (vgl. Dalton, 2010: S. 180ff.; Day, 2012: S. 127ff.; Hrivnak u. a., 2009: S. 462; Kempster, 2009: S. 88). Beziehungen zu anderen Personen oder Veränderungen in der Arbeitstätigkeit stellen dabei die Kernelemente dar (vgl. Cunningham, Hillier, 2013: S. 39). Da diese Prozesse teilweise unbewusst stattfinden, besteht hierbei das Risiko, dass sie unbemerkt bleiben und in ihrem Potenzial nicht vollständig genutzt werden. Nichtsdestotrotz wird ihnen ein hohes Entwicklungspotenzial für die Führungskräfte zugeschrieben, da sie direkt im Arbeitsgeschehen verankert sind und durch die direkte Konfrontation mit alltäglichen Problemen Möglichkeiten des Lernens und der Kompetenzentwicklung bieten (vgl. u.a. Allen, Hartman, 2008: S. 75ff.; Armstrong, Fukami, 2009: S. 2f.; Hirst u. a., 2004: S. 311ff.; Kempster, 2009: S. 101; McCall, 2004: S. 127ff.; Noe u. a., 2017: S. 1f.).

3.3 Entwicklung von Führungskräften

39

Auch wenn eine klare Trennung der einzelnen Wege der Führungskräfteentwicklung schwierig ist, wird dadurch aufgezeigt, dass es unterschiedliche Kombinationen gibt, wie Führungskräfte ihre Kompetenzen entwickeln können:

Abbildung 3: Planned and emergent LMD dimension (Gold u. a., 2010: S. 20)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Führungskräfteentwicklung zum einen als „a planned and deliberate process to help leaders and managers become more effective. […] [und zum anderen als] a process of learning for leaders and managers through recognized opportunities” (Gold u. a., 2010: S. 19; Anmerkung CE) definiert werden kann. Die Darstellung von GOLD u.a. visualisiert, dass Führungskräfteentwicklung nicht nur in institutionalisierten Führungskräfteentwicklungsprogrammen, sondern darüber hinaus auch durch solche Lernaktivitäten stattfinden kann, welche von den Individuen im Prozess der Arbeit, also direkt am Arbeitsplatz, unternommen werden. Führungskräfteentwicklung stellt somit auch einen höchst individualisierten Prozess dar und wird durch persönliche Faktoren wie bspw. Werte, Einstellungen oder frühere Erfahrungen beeinflusst (vgl. Day, 2011: S. 42). Die Evaluation relevanter Aspekte der Felder im Hinblick auf die Entwicklung von Führungskompetenz Da das Ziel der betrieblichen Bildungsarbeit den „Erwerb beruflicher Handlungskompetenz und reflexiver Handlungsfähigkeit als reales Handlungsvermögen“ (Hungerland, Overwien, 2004: S. 15) darstellt, sollte eine Führungskräfteentwicklung das Individuum dabei unterstützen, handlungsfähig und im Sinne einer Eigenverantwortlichkeit im gesamten Lebensverlauf agieren zu können (vgl. Erpenbeck, 2015: S. 25).

40

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Vor dem Hintergrund eines Entwicklungsprozesses Erwachsener umfasst die Kompetenzentwicklung vor allem die Herausbildung einer Identität in Bezug auf die Führungstätigkeit31 (vgl. Day, 2012: S. 118ff.). Gerade die Identitätsentwicklung vollzieht sich während der gesamten Berufslaufbahn und Lebenszeit der Führungskräfte und stellt einen intensiven Prozess dar (vgl. Day, 2012; Kegan, Labey, 2010; Lord, Hall, 2005). Soll ein ‚leadership development‘32 und nicht lediglich die Entwicklung der sogenannten ‚KSAs‘ angestrebt werden, müssen die Interaktionen der Führungskräfte mit ihrer sozio-kulturellen Umwelt einbezogen werden. Es geht hierbei somit neben der Herausbildung der fachlichen Kompetenz insbesondere um die Entwicklung von Personal- und Sozialkompetenz (vgl. Day, 2012: S. 118f.; DeRue, Myers, 2014: S. 834f.; Reddy, Srinivasan, 2015: S. 45; Streich, 2013: S. 53). Dies betont auch Gillen in ihren Ausführungen: Demnach muss eine Kompetenzentwicklung in Verbindung mit dem jeweiligen Subjekt gesehen werden. Dies führt dazu, dass Individuen ihre Kompetenzen selber (Subjektbezug) im Laufe der gesamten Lebens- und Arbeitszeit (biografische Entwicklung) und aufgrund von Bewältigungsstrategien konkreter Handlungssituationen (Interaktion) sowie in Zusammenarbeit mit anderen Personen (Kooperation) entwickeln. Durch konkret erlebte Situationen (Erfahrung) und durch das Bewusstmachen bestimmter Lernprozesse (Reflexion), wird eine Entwicklung von Kompetenzen erst ermöglicht (vgl. Gillen, 2013: S. 132). Die starke Subjektorientierung in diesem Verständnis bedeutet für die Entwicklung von Führungskompetenz, dass ausreichend Möglichkeiten zur Mitwirkung der Lernenden gegeben sein müssen. Erfahrungen bilden hierbei ein zentrales Element, zum Beispiel durch die Kommunikation mit KollegInnen oder die direkte Bearbeitung von Aufgaben. Die Entwicklung von Kompetenzen setzt also eine Umgebung voraus, die sowohl sozial-kommunikative als auch kollaborative Aktivitäten des Lernens fördert (vgl. Hrivnak u. a., 2009: S. 464; Illeris, 2009b: S. 98; Sauter, Sauter, 2013: S. 101). Insbesondere der Arbeitsplatz stellt einen Ort dar, in welchem die Summe an Erfahrungen aufgrund der ausgeführten Führungstätigkeit und damit verbundener sozialer Interaktionen zu persönlichem Wachstum und somit zur Weiterentwicklung der Führungskräfte im direkten Arbeitsgeschehen beiträgt (vgl. Bratton, Gold, 2012: S. 329; Day, 2012; Noe u. a., 2017: S. 12). Durch ein ständiges Oszillieren zwischen Arbeit und Problemlösung kann hier die Entwicklung von Führungskompetenz vor allem durch diese informellen Prozesse des Lernens und der Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz gefördert werden (vgl. u.a. Andersson, 2010; Beardwell, Claydon, 2010: S. 366; Dalton, 2010: S. 179f.; Day, 2011: S. 45; 31 32

Hierauf wird in Kap. 4.3.2 noch näher eingegangen. Vgl. hierzu Kap. 3.

3.3 Entwicklung von Führungskräften

41

Derue, Wellman, 2009; Kirchner, Akdere, 2014: S. 140ff.; McCall, 2004, 2004; McCauley, Brutus, 1998; Mumford u. a., 2000; Sauter, Sauter, 2013: S. 101). Die von Gillen genannten Aspekte sind in allen vier Feldern der Führungskräfteentwicklung sichtbar, treten jedoch in unterschiedlicher Ausprägung hervor. Vor allem die informellen Entwicklungsaktivitäten bieten ein hohes Potenzial, diese zu vereinen. Obwohl ein Lernen am Arbeitsplatz aufgrund von informellen Prozessen wie Erfahrungen, Beziehungen zu anderen Personen und Feedbackprozessen in verschiedenen empirischen Studien und auch von den Führungskräften selber als primäre Lern- und Entwicklungsressource benannt wird (vgl. u.a. Allen, Hartman, 2008; Derue, Wellman, 2009; McCallum, O’Connell, 2009), liegt der Fokus der Führungskräfteentwicklung eher auf einem ‚leader development‘ und weniger auf einem ‚leadership development‘ (vgl. Day, 2012: S. 109): „Most leaders acknowledge that the most profound development and learning occurs on-the-job and not in the classroom; however, managers are typically left on their own to try and integrate learning from leadership development programs into a personal development plan.” (Day, 2011: S. 45)

Führungskräfteentwicklung wird überwiegend mit formalisierten Aktivitäten assoziiert (vgl. Eck, 2014: S. 48; Hrivnak u. a., 2009: S. 459ff.; Kirchner, Akdere, 2014: S. 138f.; Nagel, Menthe, 2014: S. 45; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 18). Dies kann dazu führen, dass die kontextuellen sowie die relationalen, sozialen und situierten Elemente einer Führungskräfteentwicklung wenig Aufmerksamkeit erfahren (vgl. Kempster, Stewart, 2010; Schyns u. a., 2013: S. 2ff.) und die Potenziale der informellen Lernprozesse am Arbeitsplatz kaum genutzt werden. Sofern der Arbeitsplatz als Ort des Lernens und der Kompetenzentwicklung berücksichtigt wird, besteht die Gefahr, den Führungskräften als selbstbestimmten LernerInnen die alleinige Verantwortung für ihre Entwicklungsprozesse zu übertragen. Auch dies führt dazu, dass soziale (wie bspw. Interaktionen) und kontextuelle (wie bspw. die Unternehmensumwelt) Faktoren sowohl bei der Durchführung der Führungskräfteentwicklung als auch bei deren Erforschung vernachlässigt werden (vgl. Hager, 2011; Hrivnak u. a., 2009: S. 460; Rosenstiel, 2009: S. 51). Auch wenn dadurch der Subjektbezug betont wird, bedarf eine gezielte Kompetenzentwicklung gewisser Strukturen, um den Individuen einen Orientierungsrahmen zu liefern. Kompetenzentwicklung als Aufgabe bzw. Zieldimension der betrieblichen Bildungsarbeit impliziert daher gezielte Maßnahmen, um die Entwicklung der Individuen gemäß den organisationalen und personellen Interessen zu unterstützen (vgl. Edelmann, Tippelt, 2008: S. 133f.; Seufert, Euler, Univ., SCIL, Swiss Centre for Innovations in Learning: S. 18).

42

3 Kompetenz als Grundlage erfolgreichen Führungshandelns

Gerade die beiden Felder der Führungskräfteentwicklung ‚self-development activities‘ und ‚informal managerial processes‘ bieten im Rahmen der Kompetenzentwicklung ein hohes Potenzial, den geforderten Subjektbezug und die Berücksichtigung des Arbeitsumfeldes in die Führungskräfteentwicklung einzubeziehen. Dennoch zeigt sich hierbei ein deutlicher Forschungsbedarf: Zwar gibt es Beiträge und Forschungsarbeiten, die sich mit den Charakteristika des Lernens durch Erfahrungen beschäftigen (vgl. u.a. Derue, Wellman, 2009; McCall, 2004; McCall u. a., 1988; McCauley, Brutus, 1998; McHenry, McKenna, 2014; Mumford u. a., 2000), es fehlen jedoch insbesondere empirische Ergebnisse, welche die informellen Prozesse des Lernens und der Kompetenzentwicklung generell und insbesondere von Führungskräften am Arbeitsplatz beleuchten und aufzeigen, welche Art von Interventionen und Erfahrungen diese fördern können (vgl. u.a. Armstrong, Fukami, 2009: S. 2; DeRue, Myers, 2014: S. 834; Kempster, 2009: S. 91; Noe u. a., 2017: S. 2; Yiu, Saner, 2009: S. 532).33 34

33

34

Eine Ausnahme bilden hier die Arbeiten von Cunningham/Hillier(2013) und Noe u.a. (2017), welche Faktoren beschrieben, die ein informelles Lernen von Führungskräften am Arbeitsplatz unterstützen können. Hierbei handelt es sich um Planungsprozesse, Vorbildfunktionen, Beziehungsdynamiken, anwendungsorientiertes Lernen (vgl. Cunningham, Hillier, 2013: S. 48), Zielorientierung, Trainingsklima und Arbeitsautonomie (vgl. Noe u. a., 2017: S. 11). Auf die einzelnen Aspekte und ihre Auswirkungen hinsichtlich der Entwicklung einer Führungskompetenz wird in Kap. 4.3.3 näher eingegangen. Für Forschungsarbeiten zu non-formalen Programmen vgl. Simkins (1977); Yiu, Saner (2009).

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz „The product of work is people”. Mit diesem Titel beschreibt Herbst bereits 1975, dass Unternehmen nicht nur Produkte oder Dienstleitungen produzieren, sondern durch den Prozess der Arbeit auch immer auf die Entwicklung der MitarbeiterInnen Einfluss genommen wird (vgl. Herbst, 1975). Durch die tägliche Arbeit werden MitarbeiterInnen mit Herausforderungen konfrontiert, die eine ständige Anpassung und Weiterentwicklung ihrer Arbeitsweisen verlangen, was dazu führt, dass der Arbeitsplatz als Lernumwelt und ein Lernen im Arbeitsprozess immer mehr an Bedeutung gewinnt (vgl. Arnold u. a., 2016: S. 119; Billett, 2014: S. 674f.; Chisholm, Fennes, 2007: S. 14f.; Illeris, 2009c: S. 3; Le Clus, 2011: S. 357). Lernen am Arbeitsplatz stellt per se kein neues Phänomen dar – vor allem im Zuge der betrieblichen Ausbildung wurde immer schon und wird auch weiterhin in den Praxisphasen im Prozess der Arbeit gelernt. Neu an dem aufsteigenden Interesse ist jedoch die Zielgerichtetheit, mit welcher Lernaktivitäten gelenkt und gefördert werden sollen, die konkrete Orientierung an Lernbedarfen, die Thematisierung des Lerntransfers sowie die zunehmende Orientierung an dem Konzept der Kompetenzentwicklung (vgl. Billet, 2012: S. 228; Hager, 2011: S. 17; Illeris, 2011b: S. 32f.; Schiersmann, 2007: S. 85f.). In der Diskussion um ein Lernen am Arbeitsplatz lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze erkennen: Vertreter des Ersten berufen sich vorwiegend auf psychologische Theorien und betonen daher vor allem die rationalen und kognitiven Aspekte (vgl. u.a. Marsick, Watkins, 2015, ursprünglich 1990; Nonaka, Takeuchi, 1995). Der zweite Ansatz hebt dagegen die Wichtigkeit von sozialen, organisatorischen und kulturellen Faktoren hervor (vgl. u.a. Billett, 2010; Engeström, 2011; Fuller, Unwin, 2003, 2004; Lave, Wenger, 1991). Während Erstere vorwiegend den/die LernerIn in den Fokus ihrer Betrachtung rücken und damit Lernen als Produkt oder Sache sehen, welches im Gedächtnis des Individuums vonstattengeht, definieren Vertreter der soziokulturellen Ansätze Lernen als einen Prozess im Rahmen von Mitwirkung und Interaktion am Arbeitsplatz und heben somit auch Gruppen, Teams und die gesamte Organisation in den Mittelpunkt (vgl. Hager, 2011). So wird ein Lernen am Arbeitsplatz in der Literatur beispielsweise

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_4

44

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

gefasst als eine Aktivität, die in den Produktionsprozess und in die sozialen Aktivitäten eingebettet ist (vgl. Evans u. a., 2006: S. 4), als eine Interaktion zwischen den individuellen Eigenschaften und den Gegebenheiten der Arbeitsumwelt (vgl. Ellström, 2011: S. 105) oder als eine Form, die sowohl strukturiertes Training offthe job als auch Instruktionen und Wissensaustausch am Arbeitsplatz umfasst (vgl. Fuller, Unwin, 2011: S. 50). Diese Definitionen können exemplarisch dafür angesehen werden, dass ein einheitliches Verständnis dessen, was ein Lernen am Arbeitsplatz tatsächlich ist, nicht gegeben ist und aufgrund verschiedener Betrachtungsperspektiven auch nicht gegeben werden kann. Die Unterschiede liegen darin, dass ‚Arbeitsplatz Lernen‘ zum einen als Lernen im direkten Prozess der Arbeit gesehen wird, oder wie Evans und Fuller/Unwines beschreiben, darüber hinaus auch die eher formaleren Interventionen abseits des direkten Arbeitsgeschehens einbezieht, sofern sie sich auf den Gegenstand der Arbeitswelt beziehen. Auch der Abgrenzungsversuch von Dehnbostel zeigt die Schwierigkeit, ‚workplace learning‘ einheitlich zu fassen. Er definiert es als arbeitsbezogenes Lernen und unterteilt in (vgl. Dehnbostel, 2010: S. 32ff.): ◼ ◼ ◼

Arbeitsgebundenes Lernen. Hier sind Lern- und Arbeitsort identisch (bspw. Lerninseln oder Training on the Job‘). Arbeitsverbundenes Lernen. Realer Arbeitsort und Lernort sind hier getrennt, obwohl eine gewisse Verbindung beider vorhanden ist (z.B. Lernstätten und Qualitätszirkel). Arbeitsorientiertes Lernen. Lernen findet hier an expliziten Lernorten statt, die räumlich und organisatorisch vom tatsächlichen Arbeitsort getrennt sind (bspw. Produktionsschulen oder Übungsfirmen).

Das Interesse der vorliegenden Arbeit ist im ersten Punkt, dem arbeitsgebundenen Lernen, zu verorten, wobei es sich in der Definition von Dehnbostel sowohl um informelle als auch um non-formale Prozesse handeln kann (vgl. Dehnbostel, 2010: S. 32ff.). Innerhalb der wissenschaftlichen Diskussion gibt es zwar Stränge zum Lernen am/im/über den Arbeitsplatz, die informelle Kompetenzentwicklung lag jedoch bisher kaum im Fokus des Interesses der pädagogischen Perspektive (vgl. Dehnbostel, 2010: S. 31; Marsick, Volpe, 1999: S. 2). In allen Fällen nimmt der Arbeitsplatz dennoch eine zentrale Stellung als Ort des Lernens ein und „beschreibt mithin den örtlich und aufgabenspezifisch festgelegten Bereich des Lernens, didaktisch-methodisch steht […] [er] für die Verbindung von Lernen und Arbeiten, ein Prinzip, das für die betriebliche Bildungsarbeit grundlegend ist“ (Dehnbostel, 2010: S. 55; Anmerkung CE).

4.1 Der Arbeitsplatz als Lernort

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Nachfolgend soll dieser Arbeitsplatz mit seinen Charakteristika sowie Chancen und Limitationen skizziert werden.

4.1

Der Arbeitsplatz als Lernort „Unter Lernorten sind im engeren Sinne Bildungseinrichtungen zu verstehen, die Lernangebote organisieren; in einem weiteren Sinne fasst man darunter alle räumlichen Einheiten, die Lernende pädagogisch stimulieren – sowohl im Kontext formalorganisierter Einrichtungen als auch im Rahmen informeller Lernprozesse.“ (Tippelt, Reich-Claassen, 2010: S. 11)

Wurden in den 1970er-Jahren Lernorte hinsichtlich anerkannter Bildungseinrichtungen diskutiert und in einem formellen Rahmen betrachtet, so erfolgte in den 1980er-Jahren eine Erweiterung dieser um ‚implizite Lernorte‘ (wie bspw. Familie, Medien, Theater) sowie ‚intermediale Lernorte‘ (z.B. Vereine, ehrenamtliches Engagement). In den 1990er-Jahren wurde dann im Zuge der Debatte um lebenslange Lern- und Entwicklungsprozesse das informelle Lernen explizit thematisiert und Lernorte in formale, non-formale und informelle Lernorte differenziert.35 Der Arbeitsplatz als expliziter Ort des Lernens findet in dieser zeitlichen Periode seinen Ursprung in der wissenschaftlichen Diskussion (vgl. Tippelt, Reich-Claassen, 2010: S. 12ff.). Lernorte werden von Lernenden nicht immer bewusst aufgesucht, sondern unter Umständen unbewusst und können von den betroffenen Personen selber erzeugt werden – sie existieren also nicht per se sondern sind dynamisch in ihrem Charakter (vgl. Siebert, 2006: S. 20ff.; Tippelt, Reich-Claassen, 2010: S. 11). Erst durch die Beziehung des Individuums mit den ‚räumlich-sozialen Gegebenheiten‘ wird aus einem Ort ein Lernort (vgl. Kirchhöfer, 2004: S. 75). Gerade im Zuge des zunehmenden Interesses auf das Selbstlernen und das informelle Lernen rückt der Lernort36 in den Vordergrund des Interesses der Forschung. Es sollen die unterschiedlichen Motive der Lernenden aufgegriffen werden, die emotionale Dimension dieser beachtet und auf der sozialen, inhaltlichen und persönlichen Ebene Bezüge hergestellt werden. Die Darstellung konkreter Aufgaben von Lernorten weist auf den Umstand hin, dass hierbei nicht nur die Lernenden zu Akteuren werden, sondern dass darüber hinaus weiteren Personen, welche die Lernorte ebenfalls mitgestalten, eine entscheidende Aufgabe zukommt 35 36

Eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Konzepten erfolgt in Kapitel 4.2. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich in diesem Zusammenhang eine Diskussion um Lernorte bzw. Lernräume. Zur kritischen Auseinandersetzung der Begriffe vgl. Rohs (2010: S. 40ff.).

46

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

(vgl. Nuissl, 2006: S. 31). Lernorte werden erst durch soziale Prozesse konstruiert und erhalten damit ihre Bedeutung. Durch diese Interaktion zwischen Lernenden, Lehrenden und anderen Akteuren, wird der Lernort erschlossen und dessen effektive Nutzung ermöglicht (vgl. Brooks u. a., 2012: S. 2; Kersh, Evans, 2017: S. 16; Kolb, Kolb, 2005: S. 199f.; vgl. Kraus, 2010: S. 46). Im vorliegenden Fall betrifft dies insbesondere auch die Führungskräfte, die sich in ihrer Funktion als PersonalentwicklerIn bzw. GestalterIn des Lernumfeldes und der Lernkultur mit dieser Thematik auseinandersetzten sollten. Da der Arbeitsplatz mehr und mehr „zum wichtigsten Lernort für den Kompetenzaufbau wird“ (Erpenbeck, Sauter, 2016: S. 133), insbesondere auch für Führungskräfte (vgl. Choy, Delahaye, 2008: S. 149), erscheint es notwendig, die einzelnen Aspekte, die diesen konstituieren, näher zu beleuchten. Der Arbeitsplatz als Lernort, mit seinen Zielen, betrieblichen Tätigkeiten und Interaktionen, ist eingebettet in verschiedenartige Umwelten, welche auf dessen Gestalt einwirken: die ökologische, die technologische, die ökonomische sowie die soziale Umwelt nehmen mit ihren unterschiedlichen Elementen Einfluss auf ein Lernen am Arbeitsplatz. Die Art und Weise, wie Güter/Dienstleistungen hergestellt werden, welche Technik dabei angewandt wird, wie hoch der Zeitdruck ist, welche Ressourcen vorhanden sind bzw. wie die Organisation der Arbeitsaufgabe ist oder wie die Kommunikation in einem Betrieb abläuft – das alles bestimmt die Gestalt des Arbeitsplatzes als Lernort und macht ihn zu einem Ort, der außer durch betriebswirtschaftliche auch durch pädagogische Aspekte geprägt ist (vgl. Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 21; Fuller, Unwin, 2011: S. 47f.; Straka, 2001: S. 162f.). Gelten Arbeitsplätze zwar per se als reichhaltige Lernorte, hängt die Nutzung derselben jedoch stark von der jeweiligen Ausgestaltung ab (vgl. Bergmann, 1996: S. 244f.; Billet, 2012: S. 229; Billett, 1992, 2008: S. 6ff.; Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 21f.; Garrick, 1998: S. 57; Le Clus, 2011: S. 356). Vor allem Arbeiten aus der Organisations- und Arbeitspsychologie beschäftigen sich mit dem Zusammenhang von Dimensionen und Merkmalen der Arbeitstätigkeit bzw. damit, wie sich die Gestaltung des Arbeitsplatzes als Lernort auf die Entwicklung der MitarbeiterInnen auswirkt. Aus diesen Modellen können Determinanten abgeleitet werden, welche eine ‚ermöglichende Lernkultur‘ konstituieren. Diese sind bspw. die Schaffung von Handlungsspielräumen und Kooperationsbzw. Kommunikationsmöglichkeiten sowie ausreichend zwischenmenschliche Kontakte (inkl. Wertschätzung und sozialer Anerkennung), die Übertragung von Verantwortung, ein angemessener Grad an Komplexität bzw. Problemgehalt sowie die Vollständigkeit einer konkreten Arbeitsaufgabe, die Möglichkeit selbstständiger Bearbeitung (Grad an Autonomie) und ein generelles

4.1 Der Arbeitsplatz als Lernort

47

Verständnis im Unternehmen für eine Lernkultur (bspw. Anerkennung von Entwicklungs- und Partizipationsmöglichkeiten, ausreichende zeitliche Ressourcen für Lernen) (vgl. Bergmann, 1996, 2003; Dehnbostel, Pätzold, 2004; Ellström, Kock, 2009: S. 49ff.; Franke, 1987; Frieling u. a., 2001; Harteis, 2012; Lempert, 1989; Reinmann-Rothmeier, Mandl, 2006: S. 640f.; Volpert, 1989). Obgleich die Studien nicht alle dieselben Aspekte anführen, ist dennoch eine Gliederung erkennbar, die vor allem zwei Aspekte betrifft, die Gestaltung der ◼ ◼

konkreten Arbeitsaufgabe, also der Tätigkeit selber, Arbeitsbedingungen, wie Unternehmenskultur und betriebliche Rahmenbedingungen.

Eine lernförderliche Gestaltung des Lernortes Arbeitsplatz bedingt jedoch nicht per se ein erfolgreiches Lernergebnis. Persönlichkeitseigenschaften und individuelle Dispositionen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, inwiefern die Lernchancen von den einzelnen Personen ergriffen werden (vgl. Bergmann, 2003: S. 4; Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 21f.). Das in Kapitel 3.2 dargelegte Konzept der reflexiven Führungsfähigkeit erscheint somit als passender Rahmen, um all diese Faktoren in der späteren empirischen Untersuchung berücksichtigen zu können. Sambrook wird dieser Tatsache in ihrem Modell gerecht, indem sie hemmende und fördernde Faktoren beschreibt, die sich auf drei unterschiedlichen Ebenen befinden können: der individuellen (bspw. Motivation/Bewusstsein/Verantwortung für Lernen von ManagerInnen und MitarbeiterInnen), der funktionalen (bspw. Aktivtäten der Personalentwicklung, Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien) und der organisationalen (bspw. Unternehmenskultur, Haltung der Geschäftsführung) Ebene (vgl. Sambrook, 2006: S. 8, 16). Ein weiteres Modell zur Charakterisierung des Arbeitsplatzes als Lernort führen Fuller/Unwinan, indem sie ‚expansive‘ und ‚restrictive‘ Elemente definieren die den Arbeitsplatz entweder als hemmend und fördernd konstituieren. Sie beziehen in ihrer Übersicht sowohl strukturelle Elemente ein, als auch die individuellen Persönlichkeitseigenschaften, die den Grad der Nutzung der Lernräume bestimmen.

48

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Tabelle 1:

Characteristics of workplaces as learning environments (Fuller, Unwin, 2011: S. 52)

Expansive Participation in different communities of practice is encouraged – job/team boundaries can be crossed Primary community of practice has shared ‘participative memory’ Vision of workplace learning – career progression Recognition of and support for workers as learners – newcomers (including trainees) given time to become full members of the community Workforce development used as vehicle for aligning goals of the organization and of the individual Skills widely distributed though workplace – multi-dimensional concept of expertise Planned time off-the-job for reflection and deeper learning beyond immediate job requirements Managers given time to support workforce development and facilitate workplace learning Workers given discretion to make judgements and contribute to decision-making

Restrictive Participation restricted to immediate work team/area – boundary crossing discouraged Primary community of practice operates without reference to cumulative expertise Short-termism – get the job done Workers seen only as productive units – fast transition from newcomer/trainee to fully productive worker Workforce development used only to tailor individual capability to organizational goals Polarized distribution of skills – knowledge/expertise regarded as being confined to key workers All training on-the-job and limited to immediate job requirements Managers restricted to controlling workforce and meeting targets Discretion limited to key workers – no employee involvement in workplace decision

Das ‚expansive-restrictive continuum‘ beschreibt sowohl organisatorische als auch pädagogische Faktoren, die es erlauben, einen Arbeitsplatz nach Kriterien zu kategorisieren und zu determinieren, inwieweit es sich um einen lernfördernden Ort handelt oder nicht. An einem lernförderlichen Arbeitsplatz finden sich die Charakteristika der linken Spalte. Er ist gekennzeichnet durch Unterstützung der Lernenden durch andere, durch Partizipation an unterschiedlichen Praxisgemein-

4.1 Der Arbeitsplatz als Lernort

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schaften, durch eine Integration der individuellen Entwicklungs- sowie der Unternehmensziele, durch ausreichend Zeit für Reflexion sowie die Möglichkeit, an Entscheidungen mitzuwirken und sich einzubringen. Vice versa ist ein Arbeitsplatz der die Charakteristika der rechten Spalte aufweist eher hinderlich, wenn ein Lernen angestrebt wird (vgl. Fuller, Unwin, 2011: S. 51f.). In ihrem Modell nehmen Fuller/UnwinBezug auf die Teilhabe in den ‚communities of practice‘. Lernen am Arbeitsplatz ist demnach „Handeln in der betrieblichen Wirklichkeit und eingebunden in soziale Systeme, d.h. es geschieht in und durch Praxisgemeinschaften, in der Regel durch die Unterschiedlichkeit der Perspektiven“ (Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 26; vgl. Fuller, Unwin, 2004: S. 128ff.).

Das hier von Dehnbostel angeführte Zitat verweist auf die Tatsache, dass Lernen am Arbeitsplatz als Folge sozialer Interaktionen zu sehen ist und aufgrund von Erfahrungen der Lernenden durch die Partizipation an einer Gemeinschaft geschieht.37 Die Annahme, dass Arbeitsplätze durch die Dualität von Arbeit und Lernen gekennzeichnet sind, ermöglicht neue Wege des Lernens (vgl. Solomon u. a., 2006: S. 6). Individuen lernen hier als Folge alltäglicher Erfahrungen und Partizipation am Arbeitsgeschehen und somit auf verschiedenste Weisen (vgl. Billet, 2012: S. 233; Guile, Griffiths, 2001; Le Clus, 2011: S. 359). Es vollzieht sich eine permanente Auseinandersetzung mit Erfahrungen, die je nach Individuum entweder bereits bekannt oder völlig neu für den/die LernerIn sind, was einerseits zu Wiederholung oder Verbesserung bereits gelernter Inhalte, andererseits zur Entwicklung oder Strukturierung neuen Wissens führen kann. Erfahrungen können somit als Anstoß für ein Lernen gesehen werden, des Weiteren bilden sie jedoch auch eine Grundlage dafür, wie gelernt wird. Früher gemachte Erfahrungen beeinflussen gegenwärtige Lernprozesse der Individuen (vgl. Billet, 2012: S. 231). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des Lernens Erwachsener interessant, welches höchst selektiv geschieht und nur dann, wenn es zweckgerichtet und relevant in Bezug auf die eigenen Ziele, also bedeutungsvoll erscheint und durch die Lernenden aktiv fokussiert wird. Erwachsene übernehmen in der Regel selber die Verantwortung für ihr Lernen, was mit einem selbstgesteuerten Lernen38 am Arbeitsplatz gut vereinbar ist (vgl. Billett, 2008: S. 10; Illeris, 2006b: S. 17, 25, 2010a: S. 38ff., 2014a: S. 23; vgl. Knowles, 1950: S. 21f.). 37 38

Vgl. hier die Ausführungen zur sozialen Lerntheorie von Lave/Wengerin Kap. 1.2. Abzugrenzen ist das selbstgesteuerte Lernen vom selbstorganisierten Lernen. Beim selbstgesteuerten Lernen bestimmt der/die LernerIn selber Lernziele, -inhalte, und methoden (vgl. Schrader, Berzbach, 2005: S. 4). Beim selbstorganisierten Lernen sind

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4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Auch der zunehmenden Orientierung an dem Konzept der Kompetenz kann durch ein Lernen am Arbeitsplatz entsprochen werden. Da die Entwicklung und Anpassung der entsprechenden Kompetenzen am besten in dem Umfeld erfolgt, in welchem sie gebraucht und direkt angewandt werden können, stellt der Arbeitsplatz mit seinen Anforderungen einen idealen Ort dar, der durch die reale Arbeitssituation authentische Lerngelegenheiten bereithält (vgl. Billet, 2012: S. 233; Cairns, Malloch, 2011: S. 10). Sofern Lernen nicht institutionalisiert in entsprechenden Bildungseinrichtungen stattfindet, können die Unternehmen einen gewissen Einfluss auf das nehmen, was gelernt werden soll und somit bedarfsgerecht ausbilden. Lernen am Arbeitsplatz wird von vielen daher als kostengünstig und effizienter angesehen als vergleichsweise Unterweisungen in Rahmen von Seminaren oder Workshops (vgl. Cairns, Malloch, 2011: S. 11; Illeris, 2011b: S. 33f.).

4.2

Lernformen am Arbeitsplatz

Wie bereits angedeutet, vollzieht sich ein ‚workplace learning‘ nicht nur im Rahmen direkter Arbeitstätigkeiten, sondern auch in formalisierten Trainingsangeboten oder betrieblichen Schulungsmaßnahmen (vgl. Le Clus, 2011: S. 357). Im Zuge der europäischen Diskussion um lebenslanges Lernen hat sich dahingehend folgende Dreiteilung herausgeformt: formales, non-formales und informelles Lernen.39 Diese beschreibt die Abgrenzung der verschiedenen Lernformen in Bezug auf den Grad der Institutionalisierung und der Zertifizierung der gelernten Inhalte (vgl. Kaufmann, 2012: S. 30). Obwohl Uneinigkeit darüber herrscht, ob tatsächlich alle drei Formen getrennt voneinander betrachtet werden können bzw. ob eine solche Abgrenzung notwendig ist, um das Lernen Erwachsener zu beschreiben, da sowohl Charakteristika von Formalität als auch von Informalität in allen drei Formen zu identifizieren sind (vgl. Colley u. a., 2003b: S. 313ff.; Seufert, Lechner, 2013: S. 159f.), hat sich diese Definition sowohl im praxisorientierten als auch im wissenschaftlichen Diskurs verankert. Diese gängige Unterscheidung wird nun im

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auch die institutionellen und organisatorischen Rahmenbedingungen von den Lernenden selber festzulegen (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 27). Bereits 1974 wurde von Coombs/Ahmed eine Dreiteilung vorgenommen. Auch wenn sie von ‚education‘ sprechen, sind hierbei v.a. informelle Lernaktivitäten gemeint (wie z.B. das Lesen von Zeitungen, Magazinen, Büchern, oder das Verfolgen von Filmen, Fernsehen oder Radio). Wogegen sich das Non-formale und Formale auf Einrichtungen und Rahmenbedingungen (wie Schulen oder Programme) bezieht (vgl. Coombs, Ahmed, 1974: S. 18ff.).

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

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Folgenden skizziert, um daran anschließend den Rahmen der Dissertation abstecken zu können. „Learning typically provided by an education or training institution, structured (in terms of learning objectives, learning time or learning support) and leading to certification. Formal learning is intentional from the learner’s perspective.” (EC, 2001: S. 32)

Formales Lernen ist demnach durch didaktische Prozesse vorstrukturiert, findet in Institutionen statt, die einen Bildungsauftrag verfolgen und ist hinsichtlich der Lernziele, der Zeit und der vorhandenen Unterstützung determiniert und durch autorisierte Stellen zertifiziert. Die von der europäischen Kommission gegebene Definition kann durch Aspekte didaktisch-methodischen Handelns erweitert werden. So zählen das Vorhandensein einer pädagogischen Kraft, eines/r TrainerIn oder einer Lehrperson sowie die Überprüfbarkeit der Lernziele zu den Kriterien formalen Lernens (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 49f.; Eraut, 2000: S. 114f.; Züricher, 2007: S. 9). Kritische Stimmen äußern Bedenken, dass formales Lernen hauptsächlich auf die Vermittlung von Theoriewissen und weniger auf die Entwicklung der Personal- und Sozialkompetenz abzielt (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 50) und dass ausschließlich diese Art des Lernens gesellschaftlich anerkannt ist (vgl. Dohmen, 2001: S. 18). „Learning that is not provided by an education or training institution and typically does not lead to certification. It is, however, structured (in terms of learning objectives, learning time or learning support). Non-formal learning is intentional from the learner’s perspective.” (EC, 2001: S. 33)

Non-formales oder auch nicht-formales Lernen, findet außerhalb der gerade vorgestellten formalen Bildungsinstitutionen statt und führt zu keinem formal anerkannten Abschluss. Im Rahmen eines Lernens am Arbeitsplatz kann diese Art beispielsweise im Rahmen von Weiterbildungskursen des Arbeitgebers auftreten, welche nicht (staatlich) zertifiziert werden. Eraut plädiert sogar dafür, non-formales Lernen als einzige weitere Kategorie neben dem formalen Lernen zu definieren, da dieser Begriff seiner Meinung nach weniger stark besetzt ist als der des informellen Lernens (vgl. Eraut, 2000: S. 114). „Learning resulting from daily life activities related to work, family or leisure. It is not structured (in terms of learning objectives, learning time or learning support) and typically does not lead to certification. Informal learning may be intentional but in most cases it is non-intentional (or “incidental”/random).” (EC, 2001: S. 32)

Informelles Lernen tritt demnach sowohl im Prozess der Arbeit als auch in Freizeit und im familiären Umfeld auf und ist durch eine fehlende Organisation und Struk-

52

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

turierung bezüglich Lernort, Lerninhalt, Lernzielen und Lernunterstützung gekennzeichnet. Charakteristisch ist auch der hohe Grad an unbeabsichtigten Aktivitäten und eine fehlende anerkannte Zertifizierung. In dieser Definition wird ausdrücklich von informellem Lernen gesprochen, dieses jedoch nur soweit klassifiziert, als dass es sowohl intentional als auch inzidentell (also beiläufig oder zufällig) sein kann. Zugänge zu informellem Lernen Seit Beginn der 1990er-Jahre gewinnt das informelle Lernen zunehmend an Bedeutung und ist Gegenstand zahlreicher Forschungsbeiträge sowie wissenschaftlicher und praxisorientierter Diskussionen (vgl. u.a. Reglin, Severing, 2005: S. 169; Livingstone, 2001; Straka, 2004; Marsick, Volpe, 1999; Watkins, Marsick, 1992; Garrick, 1998; Dale u. a., 1999; Dehnbostel, 2003). Wurde informelles Lernen früher noch als Rest-Kategorie behandelt, die alles Lernen umfasst, welches nicht in formalen Strukturen auftritt (vgl. Eraut, 2000: S. 12), so unterstreicht die Vielzahl an Forschungsbeiträgen nun das große Interesse an diesem Forschungsgegenstand und zeigt, dass informelles Lernen von steigender Relevanz ist (vgl. Brodowski u. a., 2009: S. 14; Dewe, Straß, 2015: S. 43; Eraut, 2000: S. 17; Le Clus, 2011: S. 370). So werden aufgrund zunehmend komplexerer Anforderungen an Unternehmen neue Arbeitskonzepte appliziert, welche einer umfassenden Kompetenzentwicklung bedürfen, die jedoch durch traditionelle Formen wie arbeitsplatzferne Seminare und Schulungen nicht vermittelt werden können (vgl. Bretschneider, 2006: S. 6; Overwien, 2010: S. 37; Sauter, Sauter, 2013: S. 218). Dale und Bell (1999) sprechen davon, dass ArbeitnehmerInnen aufgrund informeller Lernprozesse bspw. flexibler und erwerbsfähiger seien, selbstbewusster aufträten, sich ihrer Fähigkeiten bewusster seien sowie höhere soziale Kompetenzen aufwiesen (vgl. Dale u. a., 1999). Eine weitere Stärke wird darin gesehen, dass informelles Lernen im direkten Arbeitskontext auftritt und somit angenommen werden kann, dass diese Lernart häufiger praktiziert wird als es bei formalen Prozessen der Fall ist (vgl. Le Clus, 2011: S. 360). „Inzidentelles, […], spontanes, beiläufiges, natürliches, kasuistisches Lernen, […], heimlicher Lehrplan, ungewollte Nebenwirkungen“ (Reischmann, 1995: S. 203). Reischmann gibt mit dieser Aufzählung lediglich einen kleinen Ausschnitt an Termini, um das Phänomen des Lernens außerhalb formaler und non-formaler Strukturen zu illustrieren. Im Folgenden wird auf unterschiedliche Definitionen im Rahmen nationaler wie auch internationaler bildungspolitischer und wissenschaftlicher Diskussionen (v.a. aus den Bereichen der Andragogik und der Wirtschaftspädagogik) eingegangen und aufgezeigt, welche Vielfalt in Bezug

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

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auf das informelle Lernen existiert und welche verschiedenen Zugänge zum informellen Lernen identifiziert werden können. Zurückzuführen ist der Begriff des informellen Lernens zum einen auf John Dewey (1916), sowie auf Malcolm Knowles (1950) (vgl. Kaufmann, 2012: S. 26; Le Clus, 2011: S. 360). Zwar verwenden beide Autoren den Begriff ‚informal education‘ jedoch unterscheiden sie sich deutlich in ihrer Bedeutung (vgl. Kaufmann, 2012: S. 26f.). Dewey sieht in seiner Definition von ‚informal education‘ eine besondere Bedeutung dieser Form für formale Bildung in Bildungseinrichtungen wie Schulen. Sie nimmt seiner Meinung nach einen steigenden Stellenwert in der Gesellschaft ein und bedarf daher größerer Aufmerksamkeit (vgl. Dewey, 1916: S. 7– 11). Knowles spricht dagegen von ‚informal education‘ außerhalb formaler Bildungsinstitutionen, die durch Personen angeleitet wird, welche nicht unbedingt über eine explizite pädagogische Ausbildung verfügen (vgl. Knowles, 1950: S. vii). In der wissenschaftlichen und praxisorientierten Diskussion zum informellen Lernen können in den nachfolgenden Ausführungen zwei unterschiedliche Zugänge zu informellem Lernen identifiziert werden: Der erste Zugang beschreibt informelles Lernen als den Lernprozess an sich und unterscheidet hierbei zwischen der Sozial- und Organisationsform sowie dem Grad der Intentionalität, des Bewusstseins hinsichtlich der Lernsituation und des Lernergebnisses und der Reflexion (vgl. hierzu Dehnbostel, 2002; Dohmen, 2001; Garrick, 1998; Kirchhöfer, 2004; Marsick, Watkins, 1990; Molzberger, 2007; Reischmann, 1995; Schugurensky, 2000). Der zweite Zugang definiert informelles Lernen als die Bedingung unter welcher gelernt wird. Es handelt sich hierbei vielmehr um das Setting, welches durch informelle Gesichtspunkte charakterisiert wird (vgl. hierzu Colley u. a., 2003a; Eraut, 2000; Straka, 2000). Die Charakteristika des ersten Zugangs Marsick/Watkinshaben in den 1990er-Jahren vor allem den Begriff des ‚incidental learnings‘ geprägt. Sie differenzieren in Hinblick auf das Lernen am Arbeitsplatz in informelles und inzidentelles Lernen. Informelles Lernen ist für gewöhnlich intentional, d.h. auf eine Lernaktivität ausgerichtet, jedoch weder strukturiert noch institutionalisiert (vgl. Marsick u. a., 1999: S. 88f.; Marsick, Watkins, 2001: S. 25f.). Hierunter fällt bspw. ein Lernen aufgrund von Networking, Coaching, Mentoring sowie selbstgesteuerten Prozessen. Inzidentelles Lernen ist nicht intentional und ein Nebenprodukt anderer Tätigkeiten wie der Erfüllung von Arbeitsaufgaben oder zwischenmenschlicher Interaktion. Beispiele für diese Form sind

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4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Lernen aus Fehlern oder ‚learnig by doing‘. Sowohl informelles als auch inzidentelles Lernen ist im direkten Arbeitskontext verankert, basiert auf Erfahrungen, wird als nicht planmäßig charakterisiert und verbleibt oftmals als ‚tacit knowledge‘.40 Die Abgrenzung beider Arten erfolgt auf Basis des Bewusstseinsgrades der Lernsituation. Je höher der Grad, desto informeller, je niedriger, desto näher befindet sich der/die LernerIn am inzidentellen Lernen (vgl. Marsick, Watkins, 2015: S. 7, 15; ursprünglich 1990; Marsick u. a., 1999: S. 88f.). Einen entscheidenden Erfolgsfaktor für das Lernen stellt der Kontext, also die konkrete Arbeitssituation mit ihrer organisationalen Umwelt dar. Zusammenarbeit, Entscheidungen, die durch andere Personen getroffen werden, und soziale Interaktion sind Einflussfaktoren auf informelle und inzidentelle Lernprozesse und müssen bei der Betrachtung dieser mit bedacht werden (vgl. Marsick, Watkins, 2015: S. 15f., ursprünglich 1990). Unternehmenskultur, Führungsaktivitäten sowie vorhandene Praktiken und Strukturen werden von Menschen im Unternehmen geprägt und beeinflussen diese im Gegenzug und in Folge damit auch ihre Lernprozesse (vgl. Marsick, 2009: S. 274). Kirchhöfer fokussiert sich bei der Beschreibung informellen Lernens auf Lernprozesse, die sowohl selbst- als auch fremdbestimmt sein können. Ähnlich wie Marsick/Watkinsist informelles Lernen für ihn jedoch zielgerichtet und somit niemals beiläufig. Durch eine konkrete Orientierung an Problemen wird hier basierend auf Erfahrungen gelernt und das erfolgt somit außerhalb eines institutionellen Settings (vgl. Kirchhöfer, 2004: S. 74; 84f.). Garrick betrachtet informelles Lernen aus dem Blickwinkel eines Lernens am Arbeitsplatz. Er plädiert für eine breite und offene Definition informellen Lernens ohne eine starre und instrumentelle Abgrenzung vorzunehmen, wie sie größtenteils in der Literatur vorzufinden ist (vgl. Garrick, 1998). Er sieht informelles Lernen als ein vielfältiges „powerful and elusive phenomenon“ (Garrick, 1998: S. Introduction), welches eine komplexe Interaktion des Selbst mit den diskursiven Praktiken des Arbeitsplatzes darstellt und somit mehr ist als nur das Ergebnis einer Arbeitsaufgabe (vgl. Garrick, 1998: S. 136). Einen weiteren bisher noch nicht erwähnten Begriff führt Reischmann ein. Er spricht vom Lernen ‚en passant‘. Durch die Verwendung dieses Terminus vermeidet er eine Differenzierung in formales und informelles Lernen. Das Hauptkrite-

40

Bereits 1976 beschrieb Polanyi dieses ‚tacit knowledge‘ oder implizite Wissen mit den Worten „wir wissen mehr, als wir in Worte fassen können“ (Polanyi, 1966: S. 4; Übersetzung CE). So sind wir beispielsweise durch einen Vorgang, in welchem wir unsere Aufmerksamkeit von einzelnen Dingen auf das Gesamte richten, letzten Endes außerstande, diese einzelnen Merkmale in Worte zu fassen (vgl. Polanyi, 1966: S. 10).

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

55

rium seines erstellten Strukturschemas eines Lernens Erwachsener stellt die Intentionalität bzw. Nicht-Intentionalität (Letzteres bezeichnet er als Lernen ‚en passant‘) dar. Nicht-Intentional bedeutet, dass das Lernen als Nebenprodukt einer anderen Tätigkeit auftritt und nicht bewusst herbeigeführt wurde. Da es sich hierbei nicht um eine zweiteilige Klassifikation, sondern um ein Kontinuum handelt, stellt sich bei der Analyse des Lernens die Frage: „Welches ist die überwiegende oder vorrangige Intention“ (Reischmann, 1995: S. 201) der Tätigkeit. Handelt es sich um eine vorrangige Absicht etwas zu lernen oder stehen andere Motive im Vordergrund welche die Handlung bewirken? (vgl. Reischmann, 1995). Lernen ‚en passant‘ wird wie folgt charakterisiert: „Es ist in Lebenszusammenhänge integriert, wenig verpflichtend, hoch individualisiert, selten vorhersehbar – erst im Nachhinein feststellbar, ganzheitlich, episodenhaft, multivalent, bedeutungsvoll und nützlich, oft erfolgreich ohne viel Mühe, mit weitem Spektrum von Support, auf Vorausgehendes aufbauend, und kann zu intentionalem Lernen führen.“ (Reischmann, 1995: S. 203)

Dehnbostel betrachtet informelles Lernen in Betrieben und definiert diesbezüglich betriebliche Lern- (formelles und informelles) und Wissensarten (Theoriewissen und Erfahrungswissen). Informelles Lernen wird wiederum in zwei Arten unterschieden, nämlich in das reflexive (auch Erfahrungslernen) und das implizite Lernen. Theoriewissen kann hierbei aufgrund von Erfahrungslernen gebildet werden, so wie auch Erfahrungswissen ein Ergebnis formellen Lernens sein kann. Dehnbostel verwendet den Begriff des reflexiven Lernens und den des Erfahrungslernens synonym. Hierbei „werden Erfahrungen in Reflexionen eingebunden und führen zur Erkenntnis“ (Dehnbostel, 2007: S. 51). Verbunden mit Herausforderungen und ungewissen Elementen führt dies nicht zu einer stupiden Wiederholung der Tätigkeit, sondern zu einer auf Reflexion basierenden Handlung. Das implizite Lernen hingegen wird nicht reflektiert und entzieht sich dem Bewusstsein der Lernenden in Bezug auf Verlauf und Lernergebnis. In der Differenzierung informellen Lernens in explizit und implizit, wird der Organisationsgrad als Abgrenzungsmerkmal herangezogen. Während implizites Lernen unorganisiert und in der Arbeitstätigkeit verbleibt, wird Ersteres im Anschluss bzw. während der Arbeitssituation organisiert (vgl. Dehnbostel, 2002: S. 44ff., 2007: S. 49–53). Als Lernergebnis stellt sich dann in letzter Folge die berufliche Handlungskompetenz bzw. die reflexive Handlungsfähigkeit ein, wenn man von betrieblichen Lernprozessen spricht (vgl. Dehnbostel, 2003: S. 7). Das Modell von Dehnbostel wird von Molzberger (2007) dahingehend erweitert, dass informelles Lernen, welches einen „subjektiven Aneignungsprozess“ (Molzberger, 2007: S. 86) darstellt, in die drei Lernarten ‚reflexives Lernen‘, ‚Erfahrungslernen‘ und ‚implizites Lernen‘ aufgegliedert wird. Ersteres wird vom In-

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4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

dividuum bewusst veranlasst bzw. ist intendiert. Erfahrungslernen wird nicht bewusst angestrebt, geschieht eher nebenbei, kann jedoch durchaus als ein Lernen erkannt werden, wohingegen das implizite Lernen unbewusst und auch im Nachhinein in der Regel nicht in Worte zu fassen ist. Generell ist in dieser Betrachtung festzuhalten, dass informelles Lernen durch fehlende pädagogische Einwirkung bzw. pädagogische Professionalität gekennzeichnet ist (vgl. Molzberger, 2007: S. 81ff.). Dohmen versteht unter informellem Lernen „alles Selbstlernen […] in unmittelbaren Lebens- und Erfahrungszusammenhängen außerhalb des formalen Bildungswesens“ (Dohmen, 2001: S. 25). Damit handelt es sich um ein situatives Lernen, das in erster Linie durch konkrete Situationen des Lebensvollzuges hervorgerufen wird und auf Problemlösung ausgerichtet ist (vgl. Dohmen, 2001: S. 25f.). Schugurensky (2000) definiert informelles Lernen in Abgrenzung zu formaler und non-formaler Bildung. Er unterscheidet informelles Lernen jedoch in drei separate Formen: Das ‚self-directed‘, das ‚incidental learning‘ sowie die ‚socialization‘. Die hierbei verwendeten Differenzierungsmerkmale sind die Intentionalität und das Bewusstsein um die Lernprozesse. Das ‚self-directed learning‘ bezieht sich auf alle Aktivitäten der Lernenden, bei denen keine Unterstützung durch eine Lehrperson gegeben ist. Gleichwohl ist die Anwesenheit einer sogenannten ‚resource person‘, also einer Person, die sich nicht als LehrerIn sieht, denkbar. Der/die LernerIn ist sich dessen bewusst, dass er/sie etwas gelernt hat und besitzt im Vorhinein eine klare Intention, dies zu lernen. ‚Incidental learning‘ ist nichtintentional, jedoch besteht im Nachhinein ein Bewusstsein über die gelernten Dinge. Im Gegensatz zu diesen beiden genannten Formen ist die ‚socialization‘ dadurch gekennzeichnet, dass ihr weder eine Intention vorangeht, noch dass sich die Subjekte im Nachhinein darüber bewusst werden, dass sie etwas gelernt haben. Hierbei geht es um den Erwerb von Einstellungen, Verhaltensweisen sowie Werten im Alltag. Gerade Letzteres kann durch sogenannte Retrospektion, welche unter Umständen erst viel später ausgelöst wird, als ein Lernen wahrgenommen werden. Solche Auslöser können unmittelbar nach der Lernerfahrung oder auch Jahre später, intern oder auch extern angestoßen werden, beispielsweise durch Gespräche mit anderen über das eigene Lernen. So wie andere Lernformen auch, kann das informelle Lernen in unterschiedlicher Ausprägung stattfinden. Es kann also sowohl additiv als auch transformativ sein41 (vgl. Schugurensky, 2000). 41

,Additives Lernen‘ wird hier als Ergänzung bereits bestehender Wissens- und Wertebestände gesehen. Transformatives Lernen hingegen führt zu einem Überdenken bestehender Annahmen und in letzter Folge zu einer radikalen Veränderung dieser (vgl. Schugurensky, 2000: S. 6). Nähere Ausführungen hierzu in Kap. 4.3.1.

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

57

Charakteristika des zweiten Zugangs Colley/Hodkinson/Malcom weisen auf die synonyme Verwendung der Termini ‚informal‘ und ‚non-formal‘ hin und werfen die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Differenzierung in diese beiden Teilbereiche auf. Die Herausforderung bestehe nicht darin, informelle und formelle Attribute abzugrenzen, sondern vielmehr diese zu erkennen und zu identifizieren, da sie situationsabhängig gemeinsam oder in unterschiedlich starker Ausprägung auftreten können. Die Autoren zeigen auf, dass in der theoretischen Auseinandersetzung um informelles Lernen überwiegend der Begriff informell verwendet wird (mit Ausnahme von Eraut 2000), wohingegen in politischen Diskussionen von non-formalen Lernprozessen gesprochen wird, die Termini in den Arbeiten jedoch teilweise synonym verwendet werden (vgl. Colley u. a., 2003a). Colley/Hodkinson/Malcom sprechen nicht von informellem Lernen an sich, sondern von Charakteristika bzw. Attributen von Informalität in Bezug auf Lernprozesse, da „all (or almost all) learning situations contain attributes of formality/informality” (Colley u. a., 2003b: S. 317). Sie entwickelten hierfür ein Abgrenzungsschema, das es ermöglicht, Lernprozesse in Bezug auf ihre formellen und informellen Merkmale zu analysieren, diese sind (vgl. Colley u. a., 2003b): ◼ ◼ ◼ ◼

der Prozess des Lernens (also die pädagogische Ausgestaltung des Lernarrangements), der Ort und das Setting (findet das Lernen bspw. am Arbeitsplatz oder in einem schulischen Setting statt), das Ziel (zu welchem Grad ist Lernen das Ziel des Prozesses), der Inhalt (ist der Inhalt etwas Neues oder wird bereits vorhandenes Expertenwissen angeeignet?).

Die Autoren weisen darauf hin, dass die einzelnen Aspekte miteinander verbunden und demnach nicht trennscharf sind. So können auch in formalen Settings informelle Attribute auftreten und umgekehrt (vgl. Colley u. a., 2003b: S. 317f.).42 Ähnlich wie Colley/Hodkinson/Malcom betont auch Straka, dass allgemein nicht von formalem, non-formalem oder informellem Lernen gesprochen werden kann, sondern von einem „Lernen unter den Bedingungen formaler und informeller Organisation“ (Straka, 2000: S. 22), da „Lernen […] in letzter Konsequenz immer ein individueller, überwiegend in der Person stattfindender Vorgang ist“ (Straka, 2000: S. 21). 42

In ihrem Verständnis kann informelles Lernen sowohl auf den Lernprozess als auch auf das jeweilige Setting bezogen werden. Da sie den Kontext jedoch thematisieren, werden sie hier eher dem zweiten Zugang zugeordnet.

58

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Er definiert das Informelle also nicht als Lernen an sich, sondern vielmehr als den Kontext, in welchem Lernen stattfindet. Die ‚external conditions’ (formal, nonformal und informal) dienen somit als Rahmen für ein Lernen, welches sowohl von expliziter, impliziter oder auch inzidenteller (beiläufiger) Natur sein kann (vgl. Straka, 2004: S. 12ff.). Straka spricht also von Lernprozessen und verknüpft die verschiedenen Vorgänge mit Lernergebnissen. Sowohl das implizite Lernen als auch das beiläufige Lernen sind durch folgende Charakteristika gekennzeichnet (vgl. Straka, 2001: S. 155f.): ◼ ◼ ◼ ◼ ◼

fehlende Intentionalität, Nicht-Bewusstsein (des Lernens an sich), fehlende Aufmerksamkeitszuwendung (in Bezug auf das Lernen), Form der Verfügbarkeit des Gelernten (meist ist die genutzte Kompetenz an sich nicht bewusst), Einbettung in Kontexte, Ganzheitlichkeit.

Implizites Lernen hat laut Straka oftmals implizite Kompetenzen bzw. ‚tacit knowledge‘43 zur Folge. Durch Anstoßen von Reflexionsprozessen ist es möglich, diese impliziten Kompetenzen „sichtbar“ zu machen. Bei der Unterscheidung von implizitem und beiläufigem Lernen verweist er auf die Ausführungen von Oerter (1997). Demnach geschieht implizites Lernen unbewusst und ohne Aufmerksamkeitsprozesse auf das Lernen per se. Beim beiläufigen Lernen ist dies nicht zwingend der Fall (vgl. hierzu auch Oerter, 1997, 2012: S. 390ff.; vgl. Straka, 2001: S. 164f.). Eraut definiert informelles Lernen wie folgt: „Informal learning is often treaded as a residual category to describe any type of learning which does not take place within, or follow from, a formally organized learning program or event. However, for those of us who believe that the majority of human learning does not occur in formal context, the utility of such a catch-all label is not very great. […] we prefer the term ‘non-formal learning’.“ (Eraut, 2000: S. 114)

Non-formales Lernen wird hier aufgrund der Lernintention sowie des Zeitpunkts des Lernanreizes in folgende drei Formen differenziert: ‚implicit learning‘, ‚reactive learning‘ und ‚deliberative learning‘. Beim impliziten Lernen ist keine Lernintention vorhanden und das Lernen wird zu dem stattfindenden Zeitpunkt nicht als

43

Es kann hier unterschieden werden in ‚tacit knowledge‘, das a) nicht kommuniziert wird (bspw. soziale Regeln einer Gemeinschaft) oder b) nicht kommuniziert werden kann (vgl. Dietzen, 2015: S. 49).

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

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solches wahrgenommen. Am anderen Ende befindet sich das ‚deliberative learning‘ welches speziell zum Zwecke des Lernens vorgesehen ist. Als dazwischenliegende Kategorie beschreibt Eraut das ‚reactive learning‘, welches explizit als Lernen wahrgenommen wird, jedoch nicht in erster Linie dem Lernen dient, sondern vielmehr spontan als Reaktion auf eine momentane Situation geschieht (vgl. Eraut, 2007b: S. 12f.). Informelles Lernen am Arbeitsplatz wird dahingehend typologisiert, inwiefern in der jeweiligen Situation das Arbeiten bzw. das Lernen im Vordergrund steht. Demnach kann unterschieden werden in 1. Arbeitsprozesse, in denen Lernen als Nebenprodukt auftritt (z.B. Problemlösungsprozesse, Zusammenarbeit mit anderen, Teilnahme an Gruppenprozessen), in 2. Lernaktivtäten, die in Arbeits- bzw. Lernprozesse eingebunden sind (z.B. Fragen stellen, Zuhören und Beobachten, Feedback geben und nehmen), und in 3. Lernprozesse, die am oder nahe dem Arbeitsplatz stattfinden (bspw. Konferenzen, betreut werden, Selbststudium) (vgl. Eraut, 2007a: S. 408f.).44 Die nachfolgende Tabelle visualisiert die herausgearbeiteten Merkmale informellen Lernens und fasst die wesentlichen Aussagen der hier beschriebenen Vertreter zusammen.

44

Neben den Arten des Lernens wird hier auch das mögliche Ergebnis vor allem des impliziten Lernens thematisiert: Das sogenannte ‚tacit knowledge‘. Dies entsteht, sobald eine Situation auftritt, die lediglich implizit, d.h. nicht bewusst mit Erfahrungen aus der Vergangenheit verknüpft wird. Implizites Wissen wird abgerufen, sobald eine Situation rasches Handeln verlangt, bzw. sich für eine vollständige Analyse zu komplex gestaltet (vgl. Eraut, 2007b: S. 13ff.). ‚Tacit knowledge‘ ist aber nicht zwangsläufig eine Folge von implizitem Lernen. Auch explizites Lernen kann durchaus zu demselben Ergebnis führen (vgl. Eraut, 2007b: S. 16).

60

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz Merkmale informellen Lernens (eigene Darstellung)

au ße r Ra halb hm in e st fre nbe itut d io m db ingu nel n ler sel esti m gen bs m tb tes e s ex t pli imm Ler zit tes nen Le inz rn id en en im tell pli zit ref lex iv

Tabelle 2:

Europäische Union (2000) ✓



„Learning resulting from daily life activities related to work, family or leisure. It is not structured (in terms of learning objectives, learning time or learning support) and typically does not lead to certification. Informal learning may be intentional but in most cases it is non-intentional (or “incidental”/random).” (EC, 2001: S. 32) „[…] education which everyone gets from living with others […] is incidental […]” (Dewey, 1916: S. 7) “It takes place through the intermediary of the environment.” (Dewey, 1916: S. 26) „When a group of people come together in a number of meetings for the purpose of learning something simply because they want to know about it, they are participating in what we would call an informal course." (Knowles, 1950, S. 84) „Incidental and informal learning, however, are not exactly the same. Incidental learning is defined as a byproduct of some other activity […]. As such, incidental learning is never planned or intentional, whereas informal learning can be planned or intentional […]." (Marsick, Watkins, 2015: S. 6f.) „Informelles Lernen wird in der Regel selbstgesteuert sein, aber es kann – und diese Feststellung ist für die weiteren Argumentationen wesentlich – sowohl selbst- als auch fremdorganisiert sein.“ (Kirchhöfer, 2004: S. 74) „Der Terminus informelles Lernen bezeichnet Lernprozesse, die durch das Subjekt als Lernen antizipiert, selbstorganisiert und reflektiert werden, eine Eigenzeit und gerichtete Aufmerksamkeit erfordert, an Problemsituationen gebunden, aber nicht in eine Institution eingebunden sind.“ (Kirchhöfer, 2004: S. 85)



Dewey (1916) ✓









Knowles (1950) ✓

Marsick/Watkins (1990) ✓



Kirchhöfer (2000, 2004)



Garrick (1998)







„[…] a more dialectical approach of informal learning. […] the significance of discourse as a primary shaper of informal learning.” (Garrick, 1998: S. 151)



Reischmann (1995) ✓



































Dehnbostel (2002, 2007) ✓

Molzberger (2007)

Dohmen (2001)

Schugurensky (2000)

Colley/Hodkinson/Malcom (2003) Straka (2000 u.a.)



Eraut (2000 u.a.)

























Livingstone (2001) ✓

Lernen ‚en passant‘ „[…]in Lebenszusammenhänge integriert, wenig verpflichtend, hoch individualisiert, selten vorhersehbar – erst im Nachhinein feststellbar, ganzheitlich, episodenhaft, multivalent, bedeutungsvoll und nützlich, oft erfolgreich ohne viel Mühe, mit weitem Spektrum von Support, auf Vorausgehendes aufbauend, und kann zu intentionalem Lernen führen.“ (Reischmann, 1995: S. 203) „[…] ist ein Lernen über Erfahrungen, die in und über Arbeitshandlungen ✓ gemacht werden. […] ist nicht institutionell organisiert, […] wird […] nicht professionell pädagogisch begleitet.“ (Dehnbostel, 2007: S. 49) „[…] ist ein subjektiver Aneignungsprozess in sozialer und situativer Kontextierung. Ein wichtiges Merkmal informellen Lernens in den ✓ Ausprägungen des reflexiven Lernens, des Erfahrungslernens und des impliziten Lernens ist, dass langfristige, konstante, professionelle Unterstützungsleistungen fehlen.“ (Molzberger, 2007: S. 86) „[…] alles Selbstlernen […], das sich in unmittelbaren Lebens- und Erfahrungszusammenhängen außerhalb des formalen Bildungswesens […]." (Dohmen, 2001: S. 25) „[…] taxonomy which identifies three forms (or types) of informal learning: self✓ directed learning, incidental learning and socialization.” (Schugurensky, 2000: S. 2) „All (or almost all) learning situations contain attributes of formality/informality […].” (Colley u. a., 2003: S. 317) „[…] Lernen unter Bedingungen, die nicht primär nach pädagogischen Zielsetzungen arrangiert sind (=informelles Lernen)“. (Straka, 2000: S. 23) Ein ✓ „[…] Lernen unter den Bedingungen formaler und informaler Organisation […].“ (Straka, 2000: S. 22) „[…] non-formal learning distinguishes between implicit learning, reactive onthe-spot learning and deliberative learning.“ (Eraut, 2000: S. 113) „Informal learning is any activity involving the pursiut of understanding, ✓ knowledge or skill which occurs without the presence of externally imposed curricular criteria." (Livingstone, 2001, S.5)

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

61

Die weit verbreitete Annahme, dass informelles Lernen ausschließlich außerhalb institutioneller Rahmenbedingungen stattfindet wird von den Vertretern des zweiten Zugangs infrage gestellt. Sie weisen darauf hin, dass informelles Lernen auch in formalen Settings auftreten und eine scharfe Trennung nicht vorgenommen werden kann. Während Colley/Hodkinson/Malcom das Informelle sowohl auf den Lernprozess als auch auf das Setting beziehen, sieht Straka dies als das Merkmal der Rahmenbedingungen an (vgl. Colley u. a., 2003b; Straka, 2000). Das ist insofern von Bedeutung, als betriebliche Bildungsarbeit versucht, das Setting des betrieblichen Umfelds so zu gestalten, dass es eine lernförderliche Umgebung darstellt (vgl. Arnold, 1997: S. 64). Auffallend in Bezug auf die vorliegende Arbeit ist, dass die bisher ausgeführten Definitionsangebote vorwiegend informelle ‚Lernprozesse‘ beschreiben und diese durch eine Abgrenzung zu den traditionelleren Lernarten, formalem bzw. non-formalem Lernen, erklären (vgl. Bjornavold, 2000; EC, 2001; La Belle, 1982; Mocker, Spear, 1982). Der hervorgehobene Fokus auf das selbstbestimmte Lernen und die dadurch vernachlässigten Lehrpersonen erwägen den Anschein, dass es sich bei informellen Prozessen vorrangig um die Lernenden handelt, welche im Interesse der Betrachtung stehen, und dass Aktivitäten möglicher anderer Personengruppen ein eher geringerer Stellenwert zugeschrieben wird. Da die vorliegende Arbeit die Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz betrachtet und Lehrprozesse in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden dürfen (vgl. Biesta, 2010; Ostendorf, 2012), wird nach einem Verständnis gesucht, welches sowohl informelle Selbstlern-, als auch jene Prozesse berücksichtigt, die durch andere Personen initiiert wurden.45 Die Typologie nach Livingstone als Grundlage für ein umfassendes Verständnis informeller Prozesse am Arbeitsplatz Einen ersten Schritt in diese Richtung macht bereits Wain (1987). Er spricht neben dem informellen Lernen auch von ‚informal‘ und ‚non-formal education‘ und unterscheidet somit klar zwischen institutionellen Strukturen (formal und nonformal education) und dem Fokus auf die lernende Person (informal learning). Informelles Lernen kann hierbei in beiden Kontexten auftreten (vgl. Garrick, 1998:

45

Burbules spricht von ‚tacit teaching‘ und gibt somit einen Hinweis auf informelle Instruktion, die in intentionale, nicht-intentionale und solche Aktivitäten eingeteilt werden können, die nicht explizit einer der beiden Gruppen zuzuordnen sind (vgl. Burbules, 2008).

62

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

S. 11f.). Ähnlich verhält es sich mit der bereits vorgestellten Diskussion um incidental und informal learning, die von Marsick/Watkins (1990) geführt wurde. Beide Formen werden als lernerzentriert beschrieben und gegeneinander abgegrenzt, obwohl die Autoren anerkennen, dass das informelle Lernen durch unterstützende Praktiken gefördert werden könnte (vgl. Marsick, 2009: S. 265). Im Vergleich zu den bisher vorgestellten Konzeptualisierungen informellen Lernens unterscheidet Livingstone in Bezug auf informelle Prozesse explizit zwischen ‚learning‘ und ‚education‘ (siehe Abb. 4; vgl. hierzu auch Overwien, 2011: S. 262; Züricher, 2007: S. 42) und erscheint daher für die vorliegende Arbeit als Grundkonstrukt äußerst geeignet. Aufgrund der Relevanz dieses Modells wird hier nun im Folgenden nicht nur auf die informellen Aspekte eingegeangen, sondern auch auf die Differenzierung in Bezug auf formale und non-formale Elemente. Livingstone unterscheidet in seiner Darstellung der Lerntypen vor dem Hintergrund der Verantwortlichkeit der Lernaktivitäten. Diese reicht von dominierender Kontrolle durch Lehrende über Formen, in denen LehrerInnen/TrainerInnen/MentorInnen eingebunden sind, bis hin zu einer vorherrschenden Kontrolle durch die Lernenden (vgl. Livingstone, 2001: S. 3, 2006: S. 203; Seufert u. a., 2013b: S. 491). Die folgende Grafik zeigt die vier Grundtypen des Lernens:

Abbildung 4: Basic Types of Learning (Livingstone, 2001: S. 2)

Herausstechend sind hier vor allem die Begriffe ‚education‘ sowie ‚learning‘. Ersteres impliziert die Annahme, dass es sich hierbei um Prozesse handelt, bei denen sowohl eine lehrende Person eingebunden ist, also jemand, der über bedeutendes Wissen verfügt, als auch ein lernendes Individuum, welches entsprechend unterwiesen bzw. angeleitet wird. Betrachtet man das Modell genauer, so wird

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

63

deutlich, dass es sich hierbei um drei verschiedene Arten von ‚education‘ handeln kann: ‚formal education‘, ‚non-formal education‘ und ‚informal education‘ bzw. ‚informal training‘. ‚Formal education‘ beschreibt Prozesse der Erwachsenenbildung, bei der ein/e LehrerIn basierend auf einem bestehenden Curriculum vorgibt, was gelernt werden soll. Dies kann beispielsweise in einem vordeterminierten Schulsystem geschehen. Unter ‚non-formal education‘, auch Weiterbildung genannt, versteht Livingstone vor allem Kurse im Bereich der Erwachsenenbildung und Workshops, in denen sich Personen bewusst und freiwillig dazu entscheiden, sich anhand bestehender Curricula, jedoch außerhalb des Bildungssystems weiterzubilden. Der Fokus hierbei liegt auf selbstbestimmten Interessen und einem Lernen aufgrund eben dieser, jedoch mit Unterstützung eines/r ‚LehrerIn‘ und aufgrund vorgegebener Lerninhalte. ‚Informal education‘, also die informelle Bildung, die für die vorliegende Arbeit ebenfalls von Interesse ist, tritt auf, sobald LehrerInnen, MentorInnen oder andere Personen die Verantwortung für die Weiterbildung anderer übernehmen, jedoch in „beiläufiger Art und Weise“. Es handelt sich um die Vermittlung von bestimmten Kompetenzen, die sowohl für den Beruf als auch für das alltägliche Leben von Bedeutung sind (vgl. Livingstone, 2001: S. 3). „Informelle Bildung liegt immer dann vor, wenn informelles Lernen ermöglicht, verstärkt oder strukturiert werden soll, bei informeller Bildung handelt es sich so um eine gezielte Intervention, bezogen auf informelles Lernen.“ (Overwien, 2001: S. 363)

Zentrales Kriterium informellen Lernens, welches hinter den Begriffen ‚self-directed learning’ und ‚collective learning’ steht (dem 4. Feld der Grundtypen des Lernens), ist die Selbststeuerung des Lernens (vgl. Overwien, 2011). Hierbei geht es vor allem um ein eigenständiges, beabsichtigtes Lernen ohne Anwesenheit einer Lehrperson oder eines extern-organisierten Curriculums (vgl. Livingstone, 2001: S. 3; Züricher, 2007: S. 35f.). Die Lernenden legen die Mittel, Prozesse, Dauer, Inhalte und Ziele des Lernens fest. Dies kann durch eine einzelne Person oder gruppenweise erfolgen. Somit erfolgt das informelle Lernen kollektiv bzw. individuell (vgl. Livingstone, 1999a: S. 68). Ein weiterer viel diskutierter Aspekt in der Literatur um informelles Lernen stellt wie bereits bei den vorher aufgezeigten Definitionen die Unterscheidung zwischen ‚intentionalem‘ und ‚anderen, stillen Formen‘ des Lernens dar. Livingstone diskutiert dies in seinem Modell ebenfalls. Demzufolge grenzen sich intentionales informelles Lernen bzw. Bildung von Alltagswahrnehmungen, genereller Sozialisation und verborgenen (tacit learning) Arten des Lernens/der Bildung insofern ab, als sich die Lernenden dieser Aktivitäten bewusst sind (Livingstone, 1999a: S. 69, vgl. 2001: S. 5). Als wichtige Unterscheidungskriterien dienen daher folgende zwei Aspekte:

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4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz „the retrospective recognition of both (1) a new significant form of knowledge, understanding or skill acquired outside a predescribed curricular setting and (2) the process of acquisition, either on your own initiative in the case of self-directed informal learning, or with aid of a mentor in the case of informal training, respectively.” (Livingstone, 2001: S. 5)

Das Erkennen einer Lehr-/Lernsituation im Nachhinein ist also fruchtbares Entscheidungskriterium, um intentionales informelles Lernen und Lehren von allen anderen alltäglichen Tätigkeiten und stillen Lernformen abzugrenzen (Livingstone, 1999a: S. 69, vgl. 2001: S. 5). Es handelt sich hierbei um jene Lernaktivitäten, welche der/die LernerIn selber als solche erkennt und einstuft (vgl. Livingstone, 1999a: S. 69). Eine genaue Grenzziehung zwischen den einzelnen Formen ist auch in diesem Modell schwierig und in manchen Fällen verlaufen die Linien fließend. So werden in Lehrlingsprogrammen oftmals vordefinierte und organisierte Curricula durch praktische Lernerfahrungen am Arbeitsplatz ergänzt (vgl. Livingstone, 2001: S. 4; Overwien, 2011: S. 262). Kritische Stimmen äußern sich dahingehend, dass das Modell einen zu starken Fokus auf Kontext, Macht und Kontrolle legt und darüber hinaus situationsbedingte sowie interaktive Lernprozesse vernachlässigt werden (vgl. Colley u. a., 2003a). Auch fehlt eine Betrachtung kognitiver und emotionaler Dimensionen (vgl. Sawchuk, 2008: S. 6). Darüber hinaus wird die Frage aufgeworfen, inwiefern implizite Lernformen einbezogen bzw. vernachlässigt werden (vgl. Overwien, 2002: S. 18; Reinfuss, 2014: S. 137), da in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass, sobald eine Lern-Intention vorliegt, implizites Wissen kaum möglich ist. Livingstone unterscheidet in seinem Verständnis zwischen intentionalem und beiläufigem Lernen. Implizite Lernprozesse werden hierbei nicht betrachtet. Auch wird nicht explizit darauf eingegangen, dass diese auch in formalen und non-formalen Prozessen auftreten können (vgl. Livingstone, 2001: S. 5; Züricher, 2007: S. 35). Livingstone beschränkt sich vielmehr auf eine Unterscheidung von informellem Lernen, welches nebenbei geschieht, von solchem, das gezielt betrieben wird (vgl. Livingstone, 1999a: S. 70). Dennoch erscheint diese Art der Unterteilung in Hinblick auf eine informelle Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz hilfreich, um eine Abgrenzung von anderen Konstrukten wie dem formalen und non-formalen Lernen vorzunehmen und einen Rahmen für die vorliegende Arbeit abzustecken. Es kann somit erfasst werden, dass neben den Lernenden selber (im Rahmen des informellen Lernens) auch andere Personen die Initiative bzw. Verantwortung für informelle Lernprozesse

4.2 Lernformen am Arbeitsplatz

65

übernehmen können (im Fall der informellen Bildung) (vgl. Overwien, 2010: S. 39). Zwischenresümee Das nachfolgend dargelegte Verständnis informeller Lernprozesse bezieht sich auf die Darstellung von Livingstone und basiert daher auf der Unterscheidung hinsichtlich der Verantwortung der Initiierung der Lehr-/Lernprozesse und nicht in erster Linie auf dem Grad des Bewusstseins oder der Intentionalität des Lernens an sich. Dies geschieht vor allem aus dem Grund, da intentionale und inzidentelle Prozesse sowohl in formalen, non-formalen als auch informellen Settings auftreten können und somit als Differenzierungskriterium nicht eindeutig sind (vgl. Straka, 2004: S. 11). Im Folgenden wird von ‚formal education‘ bzw. formaler Erwachsenenbildung, ‚non-formal education‘ bzw. Weiterbildung, und im Bereich des informellen von ‚informal education/informal training‘ bzw. informeller Erwachsenenbildung sowie ‚self-directed learning/collective learning‘ bzw. selbstbestimmtem/kollektivem Lernen gesprochen. Diese Kategorien dienen als erstes Differenzierungskriterium, um das Setting des informellen Lernens abzustecken. Durch die in der Literatur beschriebenen Termini explizit, implizit und inzidentell werden diese Formen näher beschrieben. Da diese Begriffe, wie bereits aufgezeigt, nicht einheitlich verwendet werden, für die Beschreibung der informellen Prozesse jedoch hilfreich erscheinen, bedarf es hier einer Klärung, was in der vorliegenden Arbeit unter explizitem, inzidentellem und implizitem Lernen verstanden wird (dies geschieht in Anlehnung an das Verständnis von Straka): Explizit bedeutet für die vorliegende Arbeit, dass das Lernen zielgerichtet und bewusst erfolgt, wohingegen implizites Lernen nicht intentional geschieht und im ersten Moment auch nicht als Lernen gesehen wird. Inzidentelles Lernen ist wie das implizite Lernen nicht auf ein Lernergebnis bezogen und somit ein Nebenprodukt anderer Tätigkeiten. Im Vergleich zum impliziten Lernen wird es jedoch im Nachhinein bewusst als Lernen erkannt. Je nachdem in welchem Feld der ‚Grundtypen des Lernens‘ wir uns befinden, tritt die eine oder andere Lernart mehr oder weniger stark auf. In der formellen Erwachsenenbildung wird somit eher explizit gelernt werden, wohingegen in den Bereichen des ‚self-directed/collective learning‘ und der ‚informal education‘ das inzidentelle und implizite Lernen vorherrscht. Im Bereich der ‚non-formal education‘ dominieren die expliziten Anteile, ähnlich wie bei der formellen Erwachsenenbildung, jedoch besteht hier mehr Raum für informelle Prozesse. Da sich das implizite Lernen dem Bewusstsein der Lernenden in Bezug auf Verlauf und Lernergebnis entzieht, ist es durch den/die Lernende zunächst nicht

66

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

als ein Lernen erkennbar und laut Livingstone somit Teil des Alltagsgeschehens. Hier ist anzumerken, dass die retrospektive Betrachtung, wie sie bei Livingstone beschrieben ist, auch noch nach einer längeren Zeit geschehen kann. Reflexionsprozesse, die nicht direkt im Anschluss an eine Lernsituation geschehen, können implizites Lernen sichtbar machen (vgl. Eraut, 2000: S. 15ff.; Polanyi, 1966; Schugurensky, 2000: S. 5). Daher ist eine Unterscheidung von implizitem Lernen und bspw. Sozialisationsprozessen vorzunehmen. In Anlehnung an die Darstellung betrieblicher Lernarten von Dehnbostel (2007), in welcher informelle und formelle Lernprozesse in letzter Folge zu einer Herausbildung von Handlungskompetenz und reflexiver Handlungsfähigkeit führen,46 wird auch in dem vorliegenden Verständnis davon ausgegangen, dass alle Lernformen berücksichtigt werden müssen, wenn eine vollständige Betrachtung der Kompetenzentwicklung erfolgen soll. Trotz des Fokus der Dissertation auf informelle Prozesse kann nicht von einer Dominanz dieser gegenüber dem formalen Bildungssystem oder non-formalen Angeboten gesprochen werden. Es muss vielmehr eine inklusive Betrachtung aller Kontexte und Lernformen erfolgen (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 51; Dohmen, 2001: S. 8ff.; Livingstone, 1999a: S. 83; Overwien, 2002: S. 19) .

4.3

Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

Die bisherigen Ausführungen haben das Setting und die Formen informeller Lernprozesse beschrieben. Ein Verständnis darüber, wie Lernen in der vorliegenden Arbeit verstanden wird und wie es vonstattengeht, wurde konkret noch nicht gegeben. Dem und wie sich die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz vollzieht, widmet sich dieses Kapitel. Die informelle Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz basiert auf einem breit gefassten Lernverständnis, welches Lernen grundsätzlich als einen Prozess definiert, „der bei lebenden Organismen zu einer beständigen Veränderung ihrer Kapazitäten führt, der aber nicht allein dem Vergessen, der biologischen Reife oder dem Alterungsprozess geschuldet ist“ (Illeris, 2010b: S. 13) und „in which people construct meaning in their personal and shared organizational lives” (Marsick, Watkins, 2015: S. 4) 46

Dies stellt jedoch keine bedingungslose Ermöglichung der Herausbildung einer Handlungskompetenz dar (vgl. Reinfuss, 2014: S. 159).

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 67

Da nicht jedes Lernen auch gleichzeitig eine Entwicklung von Kompetenzen und im Speziellen von Führungskompetenz nach sich zieht, erscheint in diesem Zusammengang die von Illeris unter Würdigung verschiedener theoretischer Einflüsse (vgl. u.a. die Lerntypen nach Bateson; die Lerntheorie bei Piaget) entwickelte Lerntypologie interessant, da sie aufzeigt, wie Lernen und Kompetenzentwicklung miteinander in Verbindung stehen. Lerntypologie Die Lerntypologie unterscheidet zwischen ‚kumulativem Lernen‘, ,assimilativem Lernen‘, ‚akkommodativem Lernen‘ sowie dem ‚transformativen Lernen‘ (vgl. Illeris, 2006a: S. 33f., 2009a: S. 12ff., 2010b: S. 42–60, 2011a: S. 15–19, 2012: S. 695f., 2015a). Ersteres tritt auf, sobald ein Individuum ein neues mentales Muster bzw. Schema47 entwickelt, welches in dieser Form bisher noch nicht vorhanden war. D.h. das Individuum baut Strukturen48 auf, die das Wissen, Verständnis, Denken und Erinnern dieser Person organisieren. Häufig spricht man im Zusammenhang von ‚kumulativem Lernen‘ auch von ‚mechanischem Lernen‘, da das Ergebnis vor allem automatisierter Natur ist und nur dann abgerufen werden kann, wenn die Anwendungs- der Lernsituation ähnelt. Vor allem in Bezug auf die Kompetenzentwicklung erweist sich diese Art des Lernens als wenig hilfreich, da gerade das Handeln in unvorhersehbaren, neuen Situationen wesentliches Ziel der Kompetenzentwicklung ist. Bei ‚assimilativem Lernen‘ werden bereits vorhandene Schemata erweitert und so auf Bestehendes aufgebaut. Dies ist die wohl am häufigsten vorkommende Lernart, sie wird auch als ‚additives‘ bzw. ‚hinzufügendes Lernen‘ bezeichnet. Der/die Lernende verinnerlicht Umwelteinflüsse, indem dadurch frühere Lernergebnisse ausgebaut und stabilisiert werden und Neues in diese integriert wird. 47

48

Diese Schemata sind abzugrenzen von Piagets Verständnis, laut welchem „Handlungen und Denkakte […] eine Struktur oder ein Schema [haben] […]“ (Montada, 1970: S. 46), die „[…] nichts anderes sind, als Gerippe von Handlungen, die der Mensch in der Wirklichkeit aktiv wiederholen kann.“ (Piaget, 1948: S. 16) Es handelt sich dabei um „eine grundlegende Wissenseinheit […] [sie] enthalten also abstrahiertes Wissen von Aktivtäten […], von Gegenständen […] und Erlebnissen […].“ (Mietzel, 2007: S. 84f.; Anmerkung CE) Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Piagets Schemata (vgl. Tourmen u. a., 2017). Im Falle der Antriebs- und Interaktionsdimension (auf welche in Kap. 4.3.3 noch eingegangen wird), spricht Illeris von mentalen Mustern oder Neigungen, während es sich bei der Inhaltsdimension um Schemata oder auch Gedächtnis handelt (vgl. Illeris, 2006a: S. 33, 2009b: S. 89). Diese werden im Folgenden jedoch synonym verwendet.

68

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Auch hier erscheint in Bezug auf die Kompetenzentwicklung problematisch, dass das neu Erlernte an die alten mentalen Schemata geknüpft ist. Dadurch kann das Gelernte in Situationen abgerufen werden, die eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen, was in einer sich schnell ändernden Umwelt jedoch nicht unbedingt gegeben ist. Sofern sich ein unmittelbares Zuordnen des Gelernten zu einem bestehenden Schema als problematisch erweist, ist es notwendig, alte Muster zu verändern, sodass das neu Gelernte in die vorhandenen Konzepte integriert werden kann. Beim sogenannten ‚akkomodativen Lernen‘ muss der Anwendungs- nicht gleich dem Lernkontext sein – das Lernergebnis kann dementsprechend in diversen Kontexten angewendet werden, was dem Konzept der Handlungskompetenz entspricht. ‚Akkommodatives Lernen‘ führt dazu, dass Schemata ganz oder teilweise umstrukturiert werden, um einen Zusammenhang zwischen den neuen Einflüssen aus der Umwelt und den alten bestehenden Schemata herstellen zu können. Es „enthält also eine qualitative Veränderung des bereits entwickelten Potenzials. Deshalb kann man von „grenzüberschreitendem Lernen“ sprechen.“ (Illeris, 2010b: S. 52) Ein weiteres Wesensmerkmal von ‚akkommodativem Lernen‘ ist seine Färbung mit individuellen Auffassungen. Demnach wird ein gelernter Inhalt je nach Individuum unterschiedlich aufgefasst und interpretiert. Das heißt, dass Menschen, die „anscheinend das Gleiche wissen“, […] dies auf verschiedene Art und Weise […] tun“ (Illeris, 2010b: S. 53; Anmerkungen CE). Diese Tatsache führt dazu, dass auch assimilative Prozesse zu unterschiedlichen Ergebnissen führen und dass die Inhalte, auf welche aufgebaut wird, nicht eins zu eins dieselben sind. Assmiliative und akkommodative Prozesse sind daher in der Praxis auch schwer voneinander zu trennen – es finden sich vielmehr Prozesse mit unterschiedlicher Gewichtung der beiden. Da akkommodatives Lernen für das Individuum jedoch mehr Aufwand und Belastung bedeutet, wird dieser Prozess oftmals vermieden, sofern das Interesse an dem Gegenstand nicht allzu groß ist. Wenn ein solcher Prozess dennoch durchlaufen wird, bewirkt dies, dass die gelernten Handlungsmöglichkeiten unabhängig von bestimmten Zusammenhängen, also flexibel angewendet werden können. Reflexion, kritisches Denken und Bewusstwerdung sind Schlagwörter, die das akkommodative Lernen ausmachen, weshalb ein Zusammenhang mit dem Kompetenzbegriff sehr naheliegt: „Gerade durch Akkommodation wird unser Lernen allgemein in verschiedenen und unvorhersehbaren Situationen anwendbar. Genau das ist der Kern des Kompetenzbegriffs.“ (Illeris, 2010b: S. 55)

Die letzte Art, das ‚transformative Lernen‘, wird dadurch charakterisiert, dass es äußerst effektvoll, tiefgreifend und häufig auch körperlich erfahrbar ist. Transformatives Lernen bewirkt eine Veränderung der Person bzw. des Selbst und bedingt

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 69

eine „simultane Restrukturierung in den kognitiven, emotionalen und sozial-gesellschaftlichen Dimensionen“ (Illeris, 2006a: S. 34).49 Es handelt sich im Verständnis von Illeris um eine Veränderung der Persönlichkeit, ist „üblicherweise das Ergebnis einer krisenähnlichen Situation“ (Illeris, 2006a: S. 34) und stellt die anspruchsvollste Art des Lernens dar. Ursprünglich wurde der Begriff des ‚transformativen Lernens‘ 50 1978 von Mezirow elaboriert und im Laufe der Zeit vor dem Hintergrund der Kritik anderer ForscherInnen im Feld der transformativen Theorie neu definiert. Durch das Anerkennen der Bedeutung von Gefühlen trägt er der Kritik Rechnung, dass sein Verständnis transformativen Lernens zu rational und kognitiv geprägt sei (vgl. hierzu Cranton, 2006; Dirkx, 2001). Ebenso begegnet er der Kritik, seine Theorie vernachlässige die soziale Dimension, indem er einwendet, dass die transformative Theorie die Grundlage für ein Lernen darstellt, wie soziale Handlungen unternommen werden können (vgl. Baumgartner, 2012; Brookfield, 2000). Zentrales Element transformativen Lernens ist die kritische Reflexion der ‚frames of references‘, welche wie folgt definiert sind: „It involves cognitive, affective, and conative dimensions. It selectively shapes and delimits perception, cognition, feelings, and disposition by predisposing our intentions, expectations. and purposes.” (Mezirow, 2000: S. 16, vgl. 2000: S. 23f.) Trotz der Überarbeitungen der ursprünglichen Definition des transformativen Lernens und des Einbezugs der ‚frames of references‘ in sein Verständnis bleibt die kognitive Dimension vordergründig und die emotionale und soziale Dimension haben lediglich einen begleitenden Charakter (vgl. Cranton, 2011: S. 77; Illeris, 2014b: S. 149). Illeris versucht daher, in Anlehnung an Kegans Frage „What „Form“ transforms?“ (Kegan, 2000: S. 35)51 und dessen Thematisierung, dass Transformation unklar definiert ist, jede Art von Lernen bedeuten kann und demnach nicht klar ist, was transformatives Lernen eigentlich transformiert, ein Verständnis transformativen Lernens zu erarbeiten, das diese Fragen klärt und sowohl die kognitive als auch die emotionale und soziale Dimension berücksichtigt. Er definiert transformatives Lernen daher als Veränderung des Selbst, der Persönlichkeit, also der Identität des/der LernerIn und will so die Verbindung des Individuums mit all seinen Eigenschaften wie auch die soziale Umwelt als gleichwertige Faktoren in den Prozess des transformativen Lernen einbeziehen (vgl. Illeris, 2014b: S. 161). 49 50 51

Die einzelnen Dimensionen werden in Kap. 4.3.3 beschrieben. Eine eingehende Auseinandersetzung hinsichtlich der Erklärungs- und Zugangsweisen des transformativen Lernens nimmt Zeuner vor (vgl. Zeuner, 2014). Obgleich Kegan Kritik an der Definition von transformativem Lernen übt, gibt er keinen Vorschlag für eine solche ab, sondern versucht sich dem Problem durch einen ‚constructive developmental framework‘ zu nähern (vgl. Illeris, 2014b: S. 148; Kegan, 2000).

70

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Transformatives Lernen, Kompetenzentwicklung und Identität „The concept of transformative learning comprises all learning that implies change in the identity of the learner.” (Illeris, 2014c: S. 40)

Identität52 ist hierbei die Menge aus den Werten, Erfahrungen und den Selbstwahrnehmungen eines Individuums (vgl. Day, 2011: S. 43; Baltes, Carstensen, 1991; zitiert nach: Day, Harrison, 2007: S. 365). Sie entwickelt sich aufgrund einer herausfordernden Umwelt und der Integration der gemachten Erfahrungen in das Selbst durch transformative Lernprozesse und führt letztendlich zu einem Verständnis über sich selbst, das umso komplexer wird, je mehr Sub-Identitäten entwickelt werden (vgl. Day, Harrison, 2007: S. 365). Illeris spricht hier von Teilidentitäten53, die sich je nach Kontext herausbilden und teilweise ergänzen, jedoch auch konträr zueinander stehen können (vgl. Illeris, 2014b: S. 157; Linville, 1987: S. 674). Entsprechend des Lernverständnisses, welches sowohl individuelle als auch soziale Prozesse berücksichtigt, definieren Lave/WengerIdentität wie folgt: „We conceive of identities as long-term, living relations between persons and their place and participation in communities of practice.” (Lave, Wenger, 1991: S. 53) Demnach umfasst eine Entwicklung von Identität die Konstruktion von verschiedenen Identitäten. Der hier verwendete Identitätsbegriff impliziert die Tatsache, dass es sich sowohl um die individuelle, biologische Identität handelt als auch um die soziale, gesellschaftliche (vgl. Illeris, 2010b: S. 138f). Das ursprüngliche traditionelle Verständnis einer fixen, stabilen Identität scheint angesichts der sich verändernden Umwelt und Lebensbedingungen als überholt und wird bspw. durch Gergen infrage gestellt: „Die eigene Identität ersteht fortwährend neu, umgeformt und anders ausgerichtet, während man sich durch das Meer der ständig wechselnden Beziehungen fortbewegt. In der Frage des „Wer bin ich?” handelt es sich um eine Welt, in der es von provisorischen Möglichkeiten wimmelt.” (Gergen, 1996: S. 230)

Es wird nun vielmehr von einer Identität ausgegangen, die sich verändern kann und im Laufe des Lebens verschiedene Formen annimmt. Hinsichtlich des Lernprozesses kann man daher von der „individuellen, spezifischen Essenz des gesamten Lernens“ (Illeris, 2010b: S. 139; vgl. Brown, 2015: S. 23; Weber, 2005:

52 53

Für eine Abgrenzung zwischen Persönlichkeit, dem Selbst und Identität vgl. Illeris (2014c: S. 37f.). Diese können bspw. die Arbeitsidentität, politische Identität, familiäre Identität oder hinsichtlich der Gruppe der Führungskräfte die Führungsidentität sein (vgl. Illeris, 2014b: S. 158).

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 71

S. 11f.; Illeris, 2015b: S. 333f.) sprechen, wenn wir uns auf die Identitätsentwicklung eines Individuums beziehen. Illeris argumentiert hier in Anlehnung an Giddens (1991), dass man jedoch nicht von einer vollständigen Auflösung der Identitätsstrukturen sprechen kann, sondern dass es vielmehr einen ‚Identitätskern‘ geben muss, der von flexiblen Strukturen54 umgeben ist, da somit sowohl Platz für Stabilität und Kontinuität vorzufinden, jedoch gleichzeitig Flexibilität und Anpassung möglich sei. Die Existenz eines stabilen Kerns führe dazu, dass sich das Individuum nicht vollständig zerrüttet und orientierungslos in einer fragmentierten postmodernen Welt wiederfinde (vgl. Illeris, 2010b: S. 137–144). Workplace identity. Wie bereits beschrieben stellt die ‚work identity‘ eine Teilidentität des Individuums dar. Sie ist die wohl wichtigste Subidentität, da das Arbeitsleben einen wichtigen Teil des menschlichen Lebens einnimmt (vgl. Illeris, 2014c: S. 77). Es handelt sich hierbei um die „combination of the totality of their workplace learning potentials“ (Illeris, 2011a: S. 43). In Bezug auf die Gruppe der Führungskräfte kann das Konzept der Arbeitsidentität auf die Führungsidentität umgelegt werden. Sie bezieht sich konkret darauf, wie sich die Führungskraft als ‚FührerIn‘ sieht, wie er/sie handelt und welche Ziele und Ansichten mit dem Führungshandeln verfolgt werden sollen. Je klarer die jeweilige Führungsidentität artikuliert wird, desto höher ist die Motivation des Individuums, Anstrengungen bzgl. der Kompetenzentwicklung zu unternehmen (vgl. Day, Harrison, 2007: S. 366). „Identity is important for leaders because it grounds them in understanding whom they are, their major goals and objectives, and their personal strengths and limitations.” (Day, Harrison, 2007: S. 365)

Erfolgreiche Führung verlangt somit nach der Auseinandersetzung mit sich selber, einer Reflexion über die eigenen Konstruktionen, also nach der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit bzw. Identität (vgl. Schneider, 2011: S. 339f.). Die Führungsidentität wird durch das Zusammenspiel von Prozessen in der Arbeit selber sowie außerhalb dieser entwickelt55 und stellt demnach einen dynamischen Interaktionsprozess dar. Diese Erfahrungen prägen das Selbst hinsichtlich seiner/ihrer Werte, Einstellungen und Motive und wirken somit auf die spätere Vorstellung von Führung (vgl. Day, 2011: S. 42; Illeris, 2011a: S. 39; Landshut, Beyer, 1995: S. 61). Eine Veränderung der Identität sowie analog der Führungsidentität findet, wie bereits beschrieben, vor allem dann statt, wenn das Individuum Erfahrungen im Rahmen des transformativen Lernprozesses reflektiert. Dadurch entstehen 54 55

Für eine genauere Beschreibung der einzelnen Identitätsschichten vgl. Illeris (2014: S. 69–80). Dies sind bspw. familiäre, schulische oder auch berufsbildende Settings.

72

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz „Plötzliche, schockierende Erkenntnisse über unser Leben […] [die] uns aufrütteln [können] und zum Handeln veranlassen, weil sie uns die Wahrheit über unser Leben verschaffen. Sie können erschreckend oder erleuchtend sein.“ (Goleman u. a., 2002: S. 142; Anmerkungen CE)

Diese einschneidenden Erlebnisse sind von Herausforderungen im normalen Arbeitsalltag zu unterscheiden: Sie sind nicht vorhersehbar und auch das Ergebnis per se ist nicht kontrollierbar. Führungskräfte kommen dadurch an ihre Grenzen, wodurch es zu einem Verlust der früheren Identität und der Notwendigkeit einer Neuformung kommen kann (vgl. Zaccaro, Klimoski, 2001: S. 355ff.). Die Führungsidentität verarbeitet die Einflüsse der Interaktion zwischen der Lernumwelt mit all ihren Lernmöglichkeiten und der Führungskraft. Weiters wird die Arbeitswelt durch die Führungsidentität wahrgenommen und beurteilt (vgl. Illeris, 2011a: S. 28). Ziel des transformativen Lernens ist es, persönliche Grenzen und Schwierigkeiten zu überwinden und neue, qualitativ hochwertige Möglichkeiten zu eröffnen. Veränderungen in Verstand und Verhalten führen letztendlich zu einer Veränderung im Verstehen und Handeln und daher ermöglicht es ebenso wie akkommodatives Lernen die Entwicklung von Kompetenzen und erscheint für die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften als äußerst relevantes Konstrukt (vgl. Illeris, 2014b: S. 160). Identität und Kompetenzen sind unterschiedlich in ihrer Art und Weise, stellen aber dennoch zwei überlappende und sich gegenseitig bedingende Konzepte dar. Kompetenzen spiegeln sich direkt in der Identität eines Individuums wider und das Bewusstsein über die eigene Handlungsfähigkeit stellt einen essenziellen Teil dieser dar. Ein Individuum kann nur dann in einem Bereich kompetent sein, wenn dieser auch Teil der Identität ist, vice versa kann Identität nur dann Engagement und Einsatzbereitschaft für ein Gebiet hervorbringen, wenn die Person auch in gewisser Weise eine Kompetenz diesbezüglich aufweist. Eine Veränderung der Identität wird also auch immer einen Einfluss auf die Entwicklung der Kompetenzen haben (vgl. Illeris, 2014c: S. 121f., 2014d: S. 582, 2015b: S. 339). Die Entwicklung der Führungskompetenz soll durch diesen ganzheitlichen Lernprozess ermöglicht werden und stellt somit dessen gewünschtes Ergebnis dar. Kompetenzentwicklung wird „immer dann gefördert […], wenn das Lernen im Zusammenhang mit einer (vergangenheitsorientierten) Aktualisierung von bereits gemachten Erfahrungen stattfindet. Zugleich ist eine (gegenwartsorientierte) Sichtweise notwendig, die wichtige Aktivitäten reflektiert. Schließlich geht es um eine (zukunftsorientierte) Reflexion und Perspektive. Das heißt, es geht um eine umfassende Perspektive in Bezug auf das Leben und die Biographie der Teilnehmer, die mit einer bedeutungs- und verständnisorien-

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 73 tierten Bearbeitung sowie einer dauernden Wechselwirkung zwischen der individuellen und der sozialen Ebene verknüpft ist.“ (Illeris, 2010b: S. 137, vgl. 2010b: S. 135ff.)

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Damit ein Lernen die Form von Kompetenzentwicklung annehmen kann, sind folgende Bedingungen notwendig (vgl. Illeris, 2009b: S. 94): ◼ ◼ ◼

alle drei Dimensionen des Lernens (soziale, kognitive und emotionale) müssen bei einem Lernprozess aktiviert werden´, Lernen sollte so arrangiert werden, dass Raum für assimilative, akkommodative und transformative Lernprozesse geschaffen wird, die Lernumwelt sollte genug Möglichkeiten zur Reflexion bieten. Das ‚advanced model of workplace learning‘ – Die Übertragung auf die Gruppe der Führungskräfte

Um den Arbeitsplatz als Ort der informellen Kompetenzentwicklung insbesondere für Führungskräfte in seiner Gesamtheit erfassen zu können, wird in der vorliegenden Arbeit auf das ‚advanced model of workplace learning‘ von Illeris zurückgegriffen, welches ein Lernen am Arbeitsplatz aus dieser gerade beschriebenen ganzheitlichen Perspektive betrachtet. Somit hat es zwar als Ausgangspunkt das menschliche Lernen, klammert jedoch die Einflussfaktoren der Arbeitsplatzumwelt nicht aus (vgl. Illeris, 2011a: S. 9). Diese Sichtweise stellt die Grundlage für die Dissertation dar und erscheint im Hinblick auf die Forschungsfrage, einer ganzheitlichen Erfassung des Phänomens informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften, sehr sinnvoll. Die nachfolgende Grafik zeigt das ganzheitliche Modell des Lernens am Arbeitsplatz von Illeris. Aufgrund bestehender Limitationen des Modells hinsichtlich seiner Erklärungskraft in den einzelnen Dimensionen wird es in den folgenden Ausführungen zunächst erläutert und durch weitere relevante Konzepte aus dem Bereich der Kompetenzforschung sowie des ,Management Learning, Education und Development’ ergänzt – immer vor dem Hintergrund des in Kapitel 4.2.2 elaborierten Verständnisses des informellen Lernens. Darüber hinaus wird das Modell auf die Gruppe der Führungskräfte übertragen, um die Besonderheiten der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften aufzuzeigen.

74

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Abbildung 5: The advanced model of workplace learning (Illeris, 2011a: S. 43)

Grundsätzlich betrachtet Illeris den Arbeitsplatz als einen Ort, an welchem Lernen und Kompetenzentwicklung aufgrund des Zusammentreffens von Lernumwelt und Lernpotenzial stattfindet. Während die Lernumwelt alle Lernmöglichkeiten darstellt, die sowohl im materiellen als auch sozialen Umfeld enthalten sind, wird das Lernpotenzial dadurch konstituiert, dass jedes Individuum im Laufe seines Lebens einen kontinuierlichen Lernprozess durchläuft, welcher auf bereits bestehende Erfahrungen aufbaut und durch eine auf die Zukunft ausgerichtete Perspektive gekennzeichnet ist. Letzteres bezieht sich somit auf die Lernbereitschaft der Einzelnen gegenüber den jeweiligen Möglichkeiten für ein Lernen (vgl. Illeris, 2011a: S. 29f.). Das obere Dreieck in Abbildung 5 entspricht dem individuellen Lernen der Führungskräfte. Die Grundlinie dieses Dreiecks zeigt die individuelle Ebene, während die gegenüberliegende Ecke, welche sich auf den Interaktionsprozess bezieht, auf die soziale Ebene der Arbeitswelt der Führungskräfte deutet. Das untere Dreieck besitzt seine Grundlinie im sozialen Level und stellt demnach den Arbeitsplatz

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 75

als Lernumwelt dar, während seine Spitze wiederum auf die Grundlinie des individuellen Lerndreiecks ausgerichtet ist. Das Modell versucht, durch die Einbindung der beiden unterschiedlichen Ebenen das individuelle und das soziale Lernen einerseits zu unterscheiden, andererseits zu verbinden. So konstituieren sich die jeweiligen Levels, indem sie sich sowohl gegenseitig bedingen als auch eingrenzen. Es finden sich Einflüsse der objektiven Umwelt in der individuellen Erfahrung wieder, vice versa ist diese durch individuelle Handlungen und Wahrnehmungen determiniert. Diese kontextuelle Verortung ist auch bei der Entwicklung von Führungskräften sichtbar: „Likewise, leadership development is contextual; sources of learning that impact an individual in one organization may produce dismal results in another. […] An individual’s age, learning style, organizational role, development level, motivation, and self-efficacy all determine the level of impact.” (Allen, Hartman, 2008: S. 85)

Diese maßgebende Interaktion wird durch den grauen Bereich in der Mitte des Modells sichtbar, in welcher die jeweils zentralen Elemente ‚work identity‘ (oberes Dreieck) sowie ‚workplace practice‘ (unteres Dreieck) einander überlappen und in welcher akkommodatives sowie transformatives Arbeitsplatzlernen – also letztendlich Kompetenzentwicklung – stattfindet (vgl. Illeris, 2011a: S. 42). Das dem Modell zugrunde liegende Lernverständnis basiert auf konstruktivistischen Auffassungen und impliziert, „dass der/die Lernende selbst in aktiver Weise sein/ihr Lernen in Form mentaler Strukturen aufbaut oder konstruiert“ (Illeris, 2006: S. 33) (vgl. u.a. Billet, 2012: S. 230; Hungerland, Overwien, 2004: S. 13f.; Meixner, Müller, 2004: S. 2; Reinmann-Rothmeier, Mandl, 2001: S. 614; Erpenbeck, 2014: S. 20). Neben dem Konstruktionsprozess finden Lernen und Kompetenzentwicklung somit immer auch in dem Kontext sozialer Praktiken statt, also als sogenanntes ‚situiertes Lernen‘56 (Billett, 1996a, vgl. 2010; Cairns, 2011; Lave, Wenger, 1991; Le Clus, 2011). Lernen als eine “situated activity has as its central defining characteristic a process that we call legitimate peripheral participation. By this we mean to draw attention to the point that learners inevitably participate in communities of practitioners and that mastery of knowledge and skill requires newcomers to move toward full participation in the sociocultural practices of community.” (Lave, Wenger, 1991: S. 29)

Die Soziale Lerntheorie von Lave/Wenger betont zwar, dass Lernen aufgrund sozialer Praktiken und Interaktionen geschieht, klammert jedoch nicht aus, dass das Individuum an sich im Zentrum ihrer Theorie steht und den Ausgangspunkt der Betrachtungsweise darstellt (vgl. Lave, Wenger, 1991: S. 45–58). 56

Lernen ist damit immer kontextualisiert und an eine bestimmte Situation gebunden (vgl. Lave, Wenger, 1991).

76

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Dass Lernen bzw. Kompetenzentwicklung weder als rein kognitiver bzw. individueller Vorgang, noch ausschließlich als sozial verortetes Geschehen gesehen werden darf (vgl. Billet, 2007, 2012; Cairns, 2011: S. 81; Illeris, 2010b), bildet den Referenzpunkt des vorliegenden Lernverständnisses. Die Dimensionen und Prozesse des Lernens nach Illeris eignen sich daher gut, um dies abzubilden (vgl. hierzu Illeris, 2004: S. 13–26, 2006a: S. 30ff., 2009a: S. 8–11, 2010b: S. 33–41). Jedes Lernen umfasst demnach, unabhängig von dem Ort des Lernens,57 sowohl den sogenannten Interaktions- als auch den Aneignungsprozess; beide laufen zumeist gleichzeitig ab. Während Ersterer die Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt darstellt, beschreibt Letzterer die „psychische Verarbeitung und Aneignung der Impulse und Einwirkungen, welche die Interaktion mit sich bringt“ (Illeris, 2010b: S. 33). Man kann festhalten, dass die Faktoren, welche den Interaktionsprozess konstituieren, von gesellschaftlicher sowie zwischenmenschlicher Art – und im vorliegenden Fall durch die Arbeitswelt determiniert werden und jene für den Aneignungsprozess entscheidenden Aspekte von biologischer Natur sowie abhängig von früheren Erfahrungen und Lernaktivitäten der Führungskräfte sind (vgl. Day, 2011: S. 43; Illeris, 2009b: S. 86f., 2010b: S. 33f.). Neben diesen beiden Prozessen umfasst jede Art von Lernen darüber hinaus folgende drei Dimensionen: Die Inhaltsdimension und die Antriebsdimension, welche sich beide auf den Aneignungsprozess beziehen, sowie die Dimension der Interaktion, welche die gesellschaftliche und soziale Seite des Lernens konstituieren. Im Folgenden werden diese beschrieben und wie eingangs bereits indiziert, mit zusätzlicher Literatur ergänzt und auf die Gruppe der Führungskräfte bezogen. 4.3.3.1

Der individuelle Aneignungsprozess

Der individuelle Aneignungsprozess wird durch die Inhaltsdimension sowie die Antriebsdimension charakterisiert. Illeris beschreibt die Inhaltsdimension „als die Dimension des Lernens, die sich mit allem, was im weitesten Sinne erlernt werden kann, befasst“ (Illeris, 2010b: S. 37). Die Dimension des Antriebs wird durch die Schlagwörter Wille, Motivation und Gefühl determiniert (vgl. hierzu auch Billett, 2008: S. 10). Beide Dimensionen interagieren, bedingen sich gegenseitig und nehmen daher wechselseitigen Einfluss aufeinander. Inhaltsdimension Die ursprüngliche Auffassung der Inhaltsdimension umfasste Termini wie Wissen, Fähigkeiten und Kenntnisse, welche auch in dem vorliegenden Verständnis 57

Bspw. Familie, Arbeit, Vereine, Freundeskreis etc..

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 77

zentrale Aspekte dieser Dimension definieren. Da gerade im Zuge der Diskussion um die Entwicklung von Kompetenzen und insbesondere beim akkomodativen und transformativen Lernen auch weitere Faktoren als Lernen angesehen werden, ist der Inhalt des Lernens um Einsichten, Meinungen, Einstellungen, Werte, Verhaltensweisen und Strategien zu erweitern. Es handelt sich hierbei um die Herausbildung von Leistungsvermögen und eines Verständnisses der Lernenden, das sich auch auf die Umwelt und die gesellschaftlichen Zusammenhänge bezieht und daher nicht nur kognitive Faktoren umfasst. In einem letzten Schritt soll hierbei ‚Funktionalität‘ entwickelt werden. Dies ist „unsere Fähigkeit, in den verschiedenen Situationen unseres Lebens angemessen zu agieren“ (Illeris, 2010b: S. 38, vgl. 2009a: S. 10). Gerade in Bezug auf die informelle Kompetenzentwicklung ist es wichtig zu erkennen, dass vergangene Erlebnisse und somit die Inhaltsdimension das beeinflusst, was gelernt wird (vgl. Evans u. a., 2006: S. 165). Es geht also zum einen darum, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen, sich in ihr zu orientieren und sie auch kritisch zu hinterfragen. Zum anderen geht es um eine Auseinandersetzung mit sich selbst, das Verstehen der eigenen Person, der Schwächen und Stärken, Vorlieben und Abneigungen sowie darum, Reaktionen kennenzulernen, um in der Lage zu sein, das eigene Leben in die Hand zu nehmen. Um diese Lerninhalte realisieren zu können, sind Reflexion und Reflexivität ein zentraler Bestandteil dieser Dimension (vgl. Illeris, 2010b: S. 82f.). Reflexion wird hierbei als Nachdenken über eine bestimmte Situation verstanden. Die Auseinandersetzung mit Ereignissen oder Problemen erfolgt mit zeitlicher Verzögerung und geschieht im Rahmen einer Nachbearbeitung des Erlebten. Dabei handelt es sich somit nicht nur um die von Schön beschriebene ‚reflection-in-action‘, bei der direkt im Arbeitsprozess über die Handlung nachgedacht wird, sondern vielmehr um die ‚reflection-on-action‘, also das bewusste Nachdenken über bereits vergangene Situationen (vgl. Illeris, 2010b: S. 74ff.). Das hier dargelegte Verständnis von Reflexion entspricht der in Kapitel 3.1 beschriebenen ‚strukturellen Reflexivität‘, während die zweite Bedeutung nach Illeris eher mit der ‚Selbstreflexivität‘ übereinstimmt. Demnach kann Reflexion neben dem Nachdenken auch ein Widerspiegeln bedeuten. Eine Situation oder eine Annahme von etwas „spiegelt sich im eigenen Selbst oder in der Reaktion eines anderen wider“ (Illeris, 2010b: S. 74). Da sich der/die Lernende hierbei mehr auf die Bedeutung dieser Situation für sich selber fokussiert und sie vor dem Hintergrund der eigenen Identität spiegelt, handelt es sich um die Fähigkeit zur Selbstreflexion, die Illeris als Reflexivität benennt (vgl. Illeris, 2010b: S. 74). Da Reflexivität, Selbstreflexivität oder die Fähigkeit zur Selbstreflexion das Selbst als Lerninhalt hat, geht es hierbei sehr stark um die Entwicklung der eigenen Auffassung von sich selbst und betrifft somit in besonderem Ausmaß die gesamte

78

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Identitätsbildung. Solche Veränderungen geschehen vorrangig im Zuge transformativer Lernprozesse, die auf die Selbst-Auffassung und Selbst-Beziehung einwirken (vgl. Illeris, 2010b: S. 79ff.). Hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte bilden Reflexions- und Selbstreflexionsprozesse die Grundlage für den individuellen Aneignungs- und Verarbeitungsprozess. So werden anhand dieser Erlebnisse und Situationen identifiziert und reflektiert. Hierbei werden die Erfahrungen mit den eigenen Gefühlen, Werten und evtl. Ängsten sowie früheren Erlebnissen gespiegelt und im Anschluss in das bestehende System aufgenommen. Führungskräfte nutzen ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion, um ihr eigenes Führungsverständnis zu bestimmen, aufzubauen und dementsprechend zu handeln. Durch die Fähigkeit der Reflexion und Reflexivität werden die gemachten Erfahrungen zu Lern- und Kompetenzentwicklungsmomenten (vgl. Büning, 2008: S. 56; Choy, Delahaye, 2008: S. 158; Cunningham, Hillier, 2013: S. 47; Seufert u. a., 2013a: S. 491; Yukl, 2010: S. 439). „Understanding your own values, needs, and feelings is necessary to determine whether you are able to provide this type of leadership, and indeed, whether it is really what you want to do.” (Yukl, 2010: S. 445)

Das Kennen der Einstellungen und Motivation hinsichtlich des eigenen Lernens, verbunden mit einer positiven Einstellung sowie einer Zielorientierung, ermöglicht den Führungskräften die Entwicklung ihrer Führungskompetenz (vgl. Day, 2011: S. 42; Goleman u. a., 2002: S. 138; Noe u. a., 2017: S. 11). Kennzeichnend für Führungskräfte ist das erhöhte Bewusstsein für Reflexionsprozesse und vor allem für jene der Selbstreflexion. Goleman fand in seiner Forschung heraus, dass viele Führungskräfte „jene Fähigkeit zur Selbstreflexion [nutzen], die sie in ihrem spirituellen Leben praktizieren. Für einige bedeutet dies Gebet oder Meditation, für andere eine philosophische Suche nach Selbsterkenntnis.“ (Goleman u. a., 2002: S. 63; Anmerkungen CE)

Das Hinwenden zu Meditation oder die Suche nach Selbsterkenntnis wirkt sich demnach positiv auf die Fähigkeit der Selbstreflexion und somit wiederum auf ein Lernen aus Erfahrungen aus. Die retrospektive Betrachtung bzw. Reflexion ist eine Voraussetzung für das Lernen der Führungskräfte aus Erfahrungen, Herausforderungen sowie aus Fehlern, die, wie bereits beschrieben, im Kontext des Arbeitsplatzes auftreten und Lernchancen bieten. „Die von uns interviewten Führungskräfte, die ihre Karriere rekapitulierten, meinten, dass die wichtigsten Erfahrungen in ihrer Entwicklung jene Jobs gewesen waren, bei denen sie das Gefühl gehabt hatten, den Herausforderungen nicht gewachsen zu sein – zunächst jedenfalls.“ (Goleman u. a., 2002: S. 207)

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 79

Fehlentscheidungen, Karriererückschläge und persönliche Traumata wie Krankheiten oder Todesfälle in der Familie werden von Führungskräften, aufgrund der Reflexionsfähigkeit, als Möglichkeiten zur Weiterentwicklung erkannt (vgl. Yukl, 2010: S. 433). Daneben wird auch das sogenannte ‚muddling through‘ oder der ‚Sprung ins kalte Wasser‘ als Erfahrung identifiziert und als mögliche Lernform angesehen (vgl. Sattelberger, 1996: S. 21f.; Stieler-Lorenz u. a., 2001: S. 255). Die Reflexion der gemachten Erfahrungen kann durch eine andere Person gefördert werden, damit sie eine Möglichkeit zur Kompetenzentwicklung wird. Im Falle der Führungskräfte geschieht dies meist durch Feedback und Anstöße von Vorgesetzten, MentorInnen oder MitarbeiterInnen aus dem Bereich der Weiterbildung (vgl. Day, 2011: S. 44; Goleman u. a., 2002: S. 67; Yukl, 2010: S. 432–439) und bildet somit eine Verbindung zwischen dem Interaktions- und dem Aneignungsprozess. Obwohl strukturelle und Selbstreflexivität generell als positiv angesehen werden, können sie jedoch auch zum Aufbau von falschen Inhalten, einem Fehllernen oder zu keinem Lernen führen (Illeris, 2003a: S. 172, 2003b: S. 403, 2006a: S. 34ff., vgl. 2010b: S. 81). Antriebsdimension Zusätzlich zu den Lerninhalten wird der Lern- und Kompetenzentwicklungsprozess durch bestimmte Aspekte des Lernantriebs beeinflusst, welche die Motivation des Individuums hinsichtlich der Lernanstrengungen bestimmen. Im Vergleich zur Inhaltsseite werden hier relativ stabile Antriebsmuster des Fühlens und Reagierens aufgrund emotionaler Erfahrungen, Willensstäre und Motivation entwickelt und in einem letzten Schritt „Sensitivität in Bezug auf uns selbst und unsere Umwelt“ (Illeris, 2010b: S. 38, vgl. 2010b: S. 89f.) herausgebildet. Es sind vor allem die Emotionen bzw. allgemeinen Gefühlszustände, die hier als regulierende Impulse einwirken und das Lernergebnis beeinflussen. Somit wird wiederum die Inhaltsseite emotional geprägt und der Grad dieser Prägung nimmt zu, je stärker Motivationen und Gefühle in die jeweilige Lernsituation involviert sind (vgl. Illeris, 2010b: S. 85–90). Illeris nimmt hier sehr stark Bezug auf das Konzept der ‚emotionalen Intelligenz‘ von Goleman, das bereits an anderer Stelle erwähnt wurde.58 Die damit gemeinte „Fähigkeit, seine Gefühle angemessen einsetzen und steuern zu können“ (Illeris, 2010b: S. 92), sieht er als Grundpfeiler der Antriebsdimension an. Zu unterscheiden sind bei den Emotionen wie bspw. Trauer, Freude, Wut, Furcht und Abscheu solche, die in der unmittelbaren Situation erlebt werden und in der Regel

58

Vgl. hierzu Kap. 2.2.

80

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

wieder verschwinden, und die allgemeineren Gefühlszuständen, die über eine längere Zeit andauern und dadurch die generelle Stimmung des Individuums beeinflussen. Bezogen auf den Lernprozess muss man weiters zwischen den Gefühlen unterscheiden, die in der jeweiligen Lernsituation auftreten, und denen, die sich auf den Lerninhalt selber beziehen (vgl. Illeris, 2010b: S. 93). Ergänzend zum Modell erscheint es wichtig zu erwähnen, dass das Paradigma ‚positive Emotionen führen zu einem erfolgreichen Lernen und negative sind schlecht für das Lernen und die Kompetenzentwicklung‘ nicht zutreffend ist, da auch unangenehme Gefühle wie Enttäuschung oder Entmutigung eine förderliche Auswirkung auf den Lernprozess haben können (vgl. Greder-Specht, 2009: S. 25–69). 59 Neben den Emotionen wird die Dimension des Antriebs auch durch die Motivation der Lernenden gegenüber den Lern- und Kompetenzentwicklungsprozessen determiniert. Vor allem die Motivation durch Uneinigkeiten und Störungen spielt in Bezug auf das Lernen eine zentrale Rolle. Durch nicht erfüllte Bedürfnisse, Unsicherheit oder schlichte Neugierde wird das mentale Gleichgewicht eines Individuums gestört, das durch die Mobilisierung der mentalen Energie (welche die Grundlage für das Lernen darstellt) wieder hergestellt werden soll und letztendlich in den Erwerb von neuen Fertigkeiten, Wissen oder Verständnis mündet (vgl. DeRue, Myers, 2014: S. 838f.; Illeris, 2010b: S. 38). „Motivierte Handlungen richten sich […] [demnach] auf eine unmittelbar befriedigende Erfahrung […] oder ein längerfristiges Handlungsergebnis“ (Deci & Ryan, 1993: S. 224; Anmerkung CE).

Bezogen auf das Lernen und die Kompetenzentwicklung werden sowohl durch fachliche Herausforderungen als auch durch persönliche Krisen akkommodative und transformative Lernprozesse angestoßen, um Dilemmata aufgrund nicht erfüllter Bedürfnisse, Probleme oder Uneinigkeiten zu lösen (vgl. Illeris, 2010b: S. 97f.). In Bezug auf nicht erfüllte Bedürfnisse formulieren Deci/Ryan im Rahmen ihrer Selbstbestimmungstheorie folgende psychologische Grundbedürfnisse, die zentral für die Aktivierung der mentalen Energie und somit sowohl der extrinsischen als auch der intrinsischen Motivation60 der Lernenden sind: das Bedürfnis nach Kompetenz bzw. Wirksamkeit, das Bedürfnis nach Autonomie bzw. Selbstbestimmung und das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit bzw. sozialer Zugehörigkeit.

59 60

Vgl. hierzu auch das Lernen aus Fehlern. Für eine tiefere Auseinandersetzung zum Thema Emotionen und Lernen vgl. Greder-Specht (2009). Für eine genaue Unterscheidung von extrinsischer und intrinsischer Motivation vgl. Deci, Ryan (1993).

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 81 „Wir gehen also davon aus, dass der Mensch die angeborene motivationale Tendenz hat, sich mit anderen Personen in einem sozialen Milieu verbunden zu fühlen, in diesem Milieu effektiv zu wirken (zu funktionieren) und sich dabei persönlich autonom und initiativ zu erfahren.“ (Deci, Ryan, 1993: S. 229)

Für einen optimalen Lern- bzw. Kompetenzentwicklungsprozess ist laut Deci/Ryan eine autonomiefördernde Lernumgebung zu schaffen, die selbstbestimmte Formen der Handlungsregulation fördert61 (vgl. hierzu auch Noe u. a., 2017: S. 11f.). Vor allem die Auswirkungen der sozialen Umweltfaktoren, die das Streben nach sozialer Eingebundenheit, Kompetenz und Autonomie unterstützen und dadurch positiv auf die Motivation der Lernenden wirken, werden durch die Selbstbestimmungstheorie in den Vordergrund gestellt und daher ist die Theorie gut mit dem vorliegenden Modell von Illeris vereinbar62. Auch bei der Entwicklung von Führungskompetenz ist die Wichtigkeit von Motivation und Einstellung der Führungskräfte zum Lernen höchst relevant (vgl. Goleman u. a., 2002: S. 134–138; Rosch, Villanueva, 2016). Die Motivation der Führungskräfte sich zu entwickeln wird von Hannah/Avolio als Zusammenspiel von „interest and goals, learning goal orientation, and developmental efficacy“ (Hannah, Avolio, 2010: S. 1182) beschrieben. Demnach unternehmen Führungskräfte mit einem größeren Interesse an der Entwicklung von neuen Kompetenzen und damit verbundenen Zielen ein höheres Maß an Anstrengungen, um etwas zu lernen, als solche mit geringem Interesse. Auch die Orientierung an Lernzielen ist ein wesentliches Merkmal von solchen Führungskräften, die Führung als etwas ansehen, das gelernt werden kann (vgl. Hannah, Avolio, 2010: S. 1182f.; Noe u. a., 2017: S. 3f.). Die ,developmental efficacy’ stellt den Grad des Bewusstseins dar, inwieweit Führungskräfte in der Lage sind, Kompetenzen zu entwickeln. Es bezieht sich auf das ‚Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung‘ nach Bandura, das zur Beschreibung und Erklärung der menschliche Motivation dienen soll (vgl. Ellström, Kock, 2009: S. 49; Hannah, Avolio, 2010: S. 1183; Krapp, Ryan, 2002: S. 74). Die Überzeugung einer Person, auch schwierige Situationen aus eigenem Antrieb bewältigen zu können, bildet das Grundverständnis der Selbstwirksamkeit nach Bandura, der den Begriff maßgeblich geprägt hat (vgl. Gist, 1987: S. 472). Laut diesem Verständnis beeinflusst die Wahrnehmung der eigenen Wirksamkeit, ob ein Individuum Bewältigungsstrategien anwendet, wie viel Anstrengung es dafür aufwendet und mit welcher Intensität diese angesichts möglicher Hindernisse und ablehnender Erfahrungen verfolgt werden (vgl. Bandura, 1977: S. 191). Die 61 62

Dies ist deckungsgleich mit den in Kap. 4.1 herausgearbeiteten Merkmalen eines lernförderlichen Arbeitsplatzes. Dies erscheint vor allem in Hinblick auf den Interaktionsprozess und die Dimension der Interaktion wichtig, die auf den folgenden Seiten noch näher beschrieben wird.

82

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Selbstwirksamkeitserwartung entwickelt sich im Laufe der Zeit und ist in sich veränderlich (vgl. Bandura, 1977: S. 195–200, 1997: S. 3ff.). Bezogen auf das Lernen und eine Kompetenzentwicklung kann also angenommen werden, dass Personen mit hoher wahrgenommener Selbstwirksamkeit mehr Anstrengungen hinsichtlich ihrer Kompetenzentwicklung unternehmen als andere. Sie sollte daher bedacht werden, um auf eine Veränderung im Verhalten der Lernenden einwirken zu können (vgl. Bandura, 2001: S. 10; Jonas, Brömer, 2002: S. 294). Die ‚leadership efficacy‘ stellt eine spezifische Form der Selbstwirksamkeit dar. Sie beschreibt das Vertrauen der Führungskräfte in die eigenen Kompetenzen in Bezug auf das Führen von anderen und eine hohe ‚leadership efficacy‘ stellt analog der ‚allgemeinen efficacy‘ nach Bandura, einen Antrieb für Weiterentwicklung der Führungskräfte dar. Laut Hannah u.a. ist sie daher unbedingt zu berücksichtigen, sofern Maßnahmen zur Führungskräfteentwicklung angedacht werden, da sie einen entscheidenden Einfluss auf das Lernen der Führungskräfte hat (vgl. Hannah u. a., 2008: S. 669–677). Auch wenn dem Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung oftmals eine herausragende Bedeutung zugeschrieben wird, muss man die Erklärungskraft relativieren und die Einschränkungen des Konzeptes berücksichtigen: Eine hohe Selbstwirksamkeitswahrnehmung stellt zwar eine wichtige Grundlage für die Entstehung intrinsischer Motivation, jedoch keine hinreichende Voraussetzung dar, da sie nur in Kombination mit einem hohen wahrgenommenen Grad an Autonomie wirksam wird (vgl. Deci, Ryan, 1993: S. 231). Trotz der Einschränkungen des Konzeptes, sind die soeben beschriebenen Möglichkeiten des Erwerbs der Selbstwirksamkeit auch für die Führungskräfte relevante Aspekte in Bezug auf die Kompetenzentwicklung (vgl. Hannah u. a., 2008: S. 686f.). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Führungskräfte in hohem Maße Kennzeichen von ‚Lernexperten‘ aufweisen. So besitzen sie einen ausgeprägten Grad an Selbstständigkeit und intrinsischer Motivation in Bezug auf ihre Lernprozesse (vgl. Hannah u. a., 2008: S. 677; Hasanbegovic, Seufert, 2008: S. 25; McCall u. a., 1988: S. 73f.) und unternehmen demnach umfassende Anstrengungen in Bezug auf Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse. Die Dimension des Inhalts und des Antriebs interagieren bei jeder Form des Lernens oder der Kompetenzentwicklung und bedingen sich gegenseitig. Das was gelernt wird, wird somit von den Antriebsfaktoren beeinflusst, vice versa werden auch die Motivation, Gefühle etc. durch die Lerninhalte geprägt. Darüber hinaus stehen diese beiden durch den Interaktionsprozess mit der Interaktionsdimension in Verbindung. Auch hier besteht wiederum eine wechselseitige Beziehung (vgl. u.a. Illeris, 2004, 2006a, 2009a, 2011a).

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 83

4.3.3.2

Interaktionsprozess

Die Dimension der Interaktion dient der persönlichen Integration in die Gemeinschaft und Gesellschaft und enthält Bezeichnungen wie Zusammenarbeit, Kommunikation und Handlung. Sie findet zum einen auf der nahen, sozialen Ebene, zum anderen auf einer übergeordneten, gesellschaftlichen Ebene statt (Letztere ebnet die Voraussetzungen für die Interaktion an sich). Im Rahmen dieser Dimension kann es zu einer Herausbildung von ‚Sozialität‘ der Lernenden kommen, „d.h. zu seiner Fähigkeit, sich zu engagieren und in verschiedenen Formen des sozialen Austauschs zwischen Menschen angemessen zu agieren“ (Illeris, 2010b: S. 39). Auch die soziale Dimension wird wiederum durch die anderen beiden tangiert und die Integration der Individuen in die Gesellschaft erfolgt zudem aufgrund von Inhalts- und Antriebsdimension. In der Interaktionsdimension ist die Arbeitsplatzpraxis zu verorten, welche alles umfasst, was mit dem Arbeitsleben bzw. Arbeitsplatz im Sinne eines sozialen und gesellschaftlichen Lernortes zu tun hat. Hierunter fallen konstituierende Elemente der Produktions- sowie der Gemeinschaftsseite der Lernumwelt. Die Arbeitsplatzpraxis der Führungskräfte wird durch die in Kapitel 2.1 beschriebenen Aufgaben und Herausforderungen sowie durch die unterschiedlichen Personengruppen mit denen die Führungskräfte in Interaktion treten bestimmt. Sie stellt analog zur Führungsidentität den äußeren Rahmen des sozialen Lernens der Führungskräfte dar und beeinflusst ebenso den Lernprozess (vgl. Illeris, 2011a: S. 40f.). Produktionsseite der Arbeitswelt Die ‚workplace production‘ wird durch den Inhalt der Arbeitsaufgabe, die Form der Organisation sowie die genutzte Technologie determiniert. Themen wie die Frage nach der Relevanz der Arbeit für die Gesellschaft oder die Bedeutung der Tätigkeit für sich selber sowie die Vereinbarkeit des Arbeitsprozesses mit der individuellen Weiterentwicklung wirken sich auf den Lern- und Kompetenzentwicklungsprozess aus, ebenso der Grad an Arbeitsteilung bzw. Komplexität der Tätigkeit sowie der Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen. Auch die Möglichkeit eines selbstständigen Arbeitens und Einbringens bzw. die Mitgestaltung der Arbeitsbedingungen, der Grad des Austausches mit anderen sowie eventuelle Belastungen oder stressige Situationen nehmen förderlichen bzw. hemmenden Einfluss auf die Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz (vgl. Harteis, 2012: S. 95f.; Illeris, 2011a: S. 30–34). Im Fall der Führungskräfte handelt es sich hierbei eher um die Dienstleistung der Führungskräfte gegenüber ihren MitarbeiterInnen und weniger um die eben-

84

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

falls in dem Modell von Illeris beschriebenen Güter bzw. Produkte. Die Arbeitsaufgabe selber bietet für die Führungskräfte bereits ein hohes Lernpotenzial, da es sich hier in der Regel um komplexe, facettenreiche und somit stark lernförderliche Arbeitsaufgaben63 handelt. die unterstützend für die Kompetenzentwicklung sind (vgl. Baethge, Baethge-Kinsky, 2002: S. 135, 2004: S. 139; Yukl, 2010: S. 433). Kennzeichnend für diese lernförderlichen Tätigkeiten sind bspw. neuartige Aufgabenbereiche, das Schaffen von Veränderung, ein hoher Grad an Verantwortung, die Zusammenarbeit mit Menschen über die eigene Abteilung hinaus und das Managen von Diversität (vgl. Allen, Hartman, 2008: S. 79; Derue, Wellman, 2009: S. 860f.; Noe u. a., 2017: S. 4; Yukl, 2010: S. 432). Auf die Charakteristika einer lernförderlichen Arbeitsumwelt wurde bereits eingegangen.64 In Bezug auf Führungskräfte beschreiben McCauley/Brutus folgende Aspekte, die eine Arbeitsaufgabe als besonders lern- und kompetenzentwicklungsförderlich charakterisieren (vgl. McCauley, Brutus, 1998; zitiert nach: Zaccaro, Klimoski, 2001: S. 353): 1.

2.

3.

Neue und ungewohnte Situationen. Diese können beispielsweise nach einem Jobwechsel auftreten oder das Resultat einer Ausweitung des bisherigen Verantwortungsgebiets sein. Sie bieten Entwicklungsmöglichkeiten, da sie gewohnte Muster stören bzw. aufbrechen und in der Regel neue Kompetenzen erfordern. Das Aufbauen von Beziehungen. Durch die Interaktion mit anderen werden vor allem die Kompetenzen einer Führungskraft gestärkt oder aufgebaut, die sie benötigt, um den Umgang mit anderen Personen zu gestalten. Je unterschiedlicher sich diese Beziehungen zeigen, desto größer ist der Effekt der informellen Kompetenzentwicklung. Ein hoher Grad an Verantwortung. Aufgabenbereiche, die einen hohen Grad an Verantwortung mit sich bringen, in denen die Führungskräfte bspw. Gewinn- bzw. Verlustentscheidungen mittragen oder für einen eigenständigen Unternehmensbereich verantwortlich sind, bieten hohe Entwicklungschancen, da die Führungskräfte hier selbstständig handeln können und zugleich mit komplexen Situationen zu tun haben, bereichsübergreifend denken und die Konsequenzen ihrer Handlungen tragen müssen. „Leaders learn from challenging work, from solving complex problems and from leading a team and that they use this knowledge to foster team communication and enhance team performance.” (Hirst u. a., 2004: S. 321)

63 64

Vgl. hierzu auch Kap. 2.2. Vgl. Kap. 4.1.

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 85

Bei herausfordernden Aufgaben passen die alten, gewohnten Verhaltens- und Denkweisen oft ganz oder teilweise nicht mehr, was zu einer Umformung oder Neubildung der Kompetenzen führen muss, um die Herausforderungen bewältigen zu können (vgl. Zaccaro, Klimoski, 2001: S. 352). Verantwortung muss hier in einem didaktischen Verständnis gedacht werden und ist daher von einem betriebswirtschaftlichen abzugrenzen. Letzteres sieht Verantwortung als eine Funktion, um den Aufwand zu minimieren und gleichzeitig den Ertrag zu maximieren, während Ersteres den Fokus auf die handelnde Führungskraft als Subjekt des Arbeitsprozesses legt (vgl. Harteis, 2012: S. 97). Die Arbeitsaufgabe bietet den Führungskräften die Möglichkeit, Erfahrungen zu machen: „For example, it is almost as gospel that experience is the most effective way to develop leadership, at least as reported by managers themselves.“ (Day, 2011: S. 41; vgl. Bennis, Nanus, 2005: S. 176, 206)

Diese Erfahrungen, die hier im Rahmen der alltäglichen Arbeitsaufgabe gemacht werden, bieten zwar Lernmöglichkeiten, werden jedoch erst dann zu einem Lernen bzw. zu einer Entwicklung der Führungskompetenz, wenn eine Reflexion, wie bereits in den obigen Ausführungen beschrieben, vollzogen wird (vgl. Derue, Wellman, 2009: S. 859; Zaccaro, Klimoski, 2001: S. 353). Neben der Arbeitsaufgabe an sich stellt auch die soziale Seite der Arbeitspraxis Faktoren, die sich auf die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte auswirken. Gemeinschaftsseite der Arbeitswelt – Die Kraft der Beziehungen Die ‚workplace community‘ umfasst alle Interaktionen und Beziehungen der Führungskräfte mit anderen und beinhaltet damit automatisch Emotionen und Gefühle sowie die Kommunikation, Arbeitskultur und alle nicht direkt mit der Produktion zusammenhängenden Faktoren. Sie ist für die Beteiligten oftmals ebenso wichtig wie die eigentliche Arbeit selbst und bestimmt, was gelernt wird oder nicht, da hier die Motivation der Lernenden in positiver Art hinsichtlich des Lernprozesses geprägt wird, sofern die Gemeinschaft als angenehm wahrgenommen wird. Das Eintauchen in die verschiedenen Arbeitsgemeinschaften bzw. ‚communities of practices‘, welche auch parallel bestehen können und in eventuellen Sub-Gemeinschaften, ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Erfahrungen, Werten und Normen der Mitglieder und bietet dadurch Berührungspunkte für die Lernenden, die sowohl positive Erfahrungen darstellen als auch Konfliktpotenzial bieten können (vgl. Illeris, 2011a: S. 30–38; Lave, Wenger, 1991). Lernen und Kompetenzentwicklung können hier in verschiedensten Formen auftreten und

86

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

unterstützt werden. Generell gilt, je aktiver der/die Lernende in die Gemeinschaft involviert ist, desto höher ist die Chance eines Lernerfolgs bzw. der Entwicklung von Kompetenzen (vgl. Illeris, 2010b: S. 126). „Die Kraft der Beziehungen“ (Goleman u. a., 2002: S. 203) ist es, die das Lernen der Führungskräfte hierbei positiv beeinflusst. Die Wichtigkeit von Beziehungen hinsichtlich des Lernens und der Entwicklung von Kompetenzen sowie der Karriere wurde im Zuge von Forschungsarbeiten um Mentoring und Coaching65 hervorgehoben. Und gerade in einer sich schnell wandelnden Umwelt erweist sich das Erhalten von Beziehungen, die ein Lernen erleichtern, als herausfordernd (vgl. Kram, 1996: S. 133ff.). Für Führungskräfte, die ihre Kompetenzen weiterentwickeln wollen, erscheinen multiple relationale Aktivitäten und Beziehungen als unverzichtbare Bedingungen im Arbeitsleben und auch außerhalb dessen. Wirksame Beziehungen sind dadurch gekennzeichnet, dass es sich um einen Interaktionsprozess handelt, von dem alle Beteiligten profitieren und der auf einer Reziprozität der Handlungen aufbaut. Entgegen des traditionellen Mentoring-Ansatzes handelt es sich im Idealfall nicht um eine einzige Beziehung, sondern um eine Vielzahl mit unterschiedlichen Menschen. Jede dieser Beziehungen kann zu Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten führen und es ist gerade die Varietät, die die Chancen auf ein Lernen bzw. eine Kompetenzentwicklung erhöht. Beziehungen geben Bestätigung und Sicherheit und können Aufstiegschancen sowie die Entwicklung der Sozialkompetenz fördern (vgl. Kram, 1996: S. 144f.). Durch Beziehungen wird die Basis für eine Unterstützung gelegt, welche hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften einen äußerst förderlichen Faktor darstellt. Durch die Unterstützung anderer Personen werden die teilweise herausfordernden Lernerfahrungen leichter bewältigt und die Selbstwirksamkeit bezüglich der Lern- und Entwicklungsfähigkeit der Führungskräfte gestärkt (vgl. Zaccaro, Klimoski, 2001: S. 352). Beziehungen zu anderen, die durch Vertrauen66 und ein enges Verhältnis gekennzeichnet sind, bieten einen geschützten Rahmen für die Lernenden in dem neue „Verhaltensweisen ohne Risiko“ (Goleman u. a., 2002: S. 204) ausprobiert werden können und Rückmeldungen zu diesen in ehrlicher Art und Weise geäußert werden (vgl. Cunningham, Hillier, 2013: S. 46f.; Deci, Ryan, 1993: S. 231; Ensher, Murphy, 2005: S. 144). Vertrauen stellt hierbei die Erwartung dar, sich auf die Aussagen und Zusicherungen der InteraktionspartnerInnen verlassen zu 65 66

Für einen Überblick über diese vgl. Kram (1996: S. 133). Es kann hierbei unterschieden werden in ein personales und ein institutionelles Vertrauen. Ersteres bezieht sich auf andere Personen, während Letzteres den Forstbestand und die Dauerhaftigkeit des Unternehmens zum Gegenstand hat (vgl. Graf, 2000: S. 341).

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 87

können, und bildet „demnach den Schlüssel zu zwischenmenschlichen Beziehungen“ (Appelmann, 2009: S. 170) und ermöglicht eine Unternehmenskultur, in der Offenheit und Möglichkeiten zur Entfaltung der eigenen Potenziale möglich sind. Vertrauen zu anderen wird dann hergestellt, wenn diese Personen authentisch und konstant in ihren Verhaltensweisen sind, ein Wissen über den Interaktionspartner besteht, um dessen/ihre Reaktionen vorhersagen zu können, und drittens, wenn man sich mit dem Gegenüber hinsichtlich der Absichten und Anliegen identifizieren kann (vgl. Graf, 2000: S. 340f.). Eng verbunden mit einer vertrauensvollen Atmosphäre sind auch Prozesse der Rückmeldung. Feedback, das konstruktiv und offen gegeben wird, stellt eines der wichtigsten Tools für das Lernen und die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte dar. Es steigert das Selbstbewusstsein der Führungskräfte, wirkt unterstützend bei herausfordernden Aufgaben, reduziert Unsicherheiten bezüglich der Wahrnehmung der eigenen Leistung und hilft, die gemachten Erfahrungen zu reflektieren (vgl. Day, 2011: S. 44; Derue, Wellman, 2009: S. 869; Hrivnak u. a., 2009: S. 469). Ohne bestätigende Rückmeldungen anderer Personen kann es passieren, dass Erfahrungen, die als herausfordernd angesehen werden, zu einer Überforderung statt zu Lern- und Entwicklungsmomenten führen (vgl. Day, 2012: S. 128; Zaccaro, Klimoski, 2001: S. 352). Sofern gegebenes Feedback als wenig oder nicht konstruktiv angesehen wird oder dieses keine Hinweise zur Verbesserung gibt, kann es sich hemmend auf die Selbstwirksamkeit der Lernenden auswirken (vgl. Jonas, Brömer, 2002: S. 283). Obwohl Feedback – sowohl positives, als auch negatives – als umfangreiche Quelle des Lernens angesehen wird, stellt es sich für Führungskräfte im Arbeitsalltag als äußerst schwierig dar, ein solches zu erhalten. Mit steigender Position sinken die Rückmeldungen, vor allem die der eigenen MitarbeiterInnen (vgl. Yukl, 2010: S. 434) und damit verbunden auch die Chancen, daraus zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Das Abschauen von negativen und positiven Vorbildern ist eine weitere Lernquelle für Führungskräfte. Es handelt sich hierbei vorwiegend um die direkten Vorgesetzten, welche im Laufe des Berufslebens mit den Führungskräften in Interaktion treten. Wenn auch vereinzelt MitarbeiterInnen, KollegInnen oder Personen im familiären Umfeld Vorbildfunktionen einnehmen, sind es vor allem die Vorgesetzten, die hierbei hinsichtlich des Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesses von Führungskräften eine tragende Rolle spielen (vgl. Noe u. a., 2017: S. 46f.; Yukl, 2010: S. 432). Ihre Verhaltensweisen werden nachgeahmt und in das eigene Führungshandeln aufgenommen. Obwohl die Aktivitäten je nach Vorgesetzter/m variieren, lässt sich eine Gemeinsamkeit erkennen, welche alle diese Interaktionen zwischen Führungskraft und Vorgesetzter/m verbindet: die emotionale Auswirkung dieser auf den/die LernerIn (vgl. McCall u. a., 1988: S. 68ff.).

88

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

Die bereits beschriebene Fähigkeit der Führungskräfte, sich ihrer Emotionen bewusst zu sein, beinhaltet hinsichtlich des Interaktionsprozesses auch das Vermögen, diese offen zu kommunizieren und auch auf die Gefühle der anderen einzugehen (vgl. Appelmann, 2009: S. 210ff.). Auch MentorInnen fungieren für Führungskräfte häufig als Vorbilder. Informelles Mentoring67 entwickelt sich aufgrund von Interaktionen über die Zeit. So übernimmt entweder eine erfahrene, ältere Person die „Obhut“ von sich aus, oder die Führungskraft sucht sich ihre/n MentorIn selber (vgl. Western, 2012: S. 47f.). Durch Mentoringprozesse und Prozesse der Vorbildfunktion wird vor allem die Sozialkompetenz der Führungskräfte gefördert und teilweise auch bestimmte Wertevorstellungen des Unternehmens wiedergegeben(vgl. Campbell u. a., 2003: S. 35)68. Hierbei ist die Frage nach der Dauerhaftigkeit einer Mentoringbeziehung zu stellen und darüber hinaus auch eine Erweiterung auf mehrere Personen vorzunehmen (vgl. Kram, 1996: S. 144). Neben der Vorbildfunktion gelten die Vorgesetzten generell als Lernpromotoren in Unternehmen – insbesondere bezogen auf die Entwicklung der Führungskräfte. „The immediate boss can facilitate development of leadership skills in subordinates.” (Yukl, 2010: S. 447) Im Unterschied zum Lernen durch Vorbilder nehmen die Vorgesetzten hier eine gezielte Unterstützung hinsichtlich der Lernund Entwicklungsprozesse anderer Führungskräfte vor. Dazu gehört auch, dass Lernen und Kompetenzentwicklung im Unternehmen als wichtig angesehen werden und demensprechend gefördert werden (vgl. Yukl, 2010: S. 448f.). Eine lernförderliche Beziehung zwischen Vorgesetzter/m und Führungskraft ist laut einer Studie, die von Clawson durchgeführt wurde, durch einen hohen Grad an gegenseitigem Respekt sowie Vertrauen gekennzeichnet. Letzteres wird als essenziell für eine lernförderliche Beziehung angesehen und einerseits durch ein durchgängig konsequentes Handeln des Vorgesetzten erreicht, andererseits durch einen informellen Charakter der Beziehung. Das heißt, der/die Vorgesetzte kommuniziert und handelt nicht im Rahmen formeller Hierarchien, sondern achtet auf ein gleichberechtigtes Verhältnis. Auch der offene Umgang mit Informationen, also die Weitergabe und das Teilen derselben, führen zu einem hohen Vertrauensmaß zwischen den Beteiligten. Dies stellt insofern eine Herausforderung dar, als 67

68

Im Vergleich zu informellem Mentoring ist formales Mentoring dadurch gekennzeichnet, dass MentorIn und Mentee einander durch eine dritte Stelle zugeteilt werden, mit dem Ziel, die künftige Führungskraft im Haus in ihrer Entwicklung zu begleiten (vgl. Western, 2012: S. 47f.). Unternehmen arbeiten z.T. mit Vorbildern, die gezielt Werte im Unternehmen verbreiten. Meist handelt es sich um einflussreiche und wichtige Personen (vgl. Campbell u. a., 2003: S. 35).

4.3 Der Arbeitsplatz als Ort informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften 89

dass das Ziel der Beziehung ein enges und nahes, aber dennoch professionelles Verhältnis sein soll. Auch eine hohe Anzahl an Interaktionen macht eine lernförderliche Beziehung aus. Die Ergebnisse der Studie ergaben, dass tägliche Treffen zwischen Vorgesetzten und Geführten erstrebenswert sind. Auch das Ziel der Beteiligten, über den eigenen Bereich hinauszusehen und das gesamte Unternehmen in die Betrachtungsperspektive einzubeziehen, macht eine lernförderliche Beziehung aus. Die Vorgesetzten handeln dementsprechend effektiver, wenn sie hohe Ansprüche an ihre MitarbeiterInnen haben und ihnen die gesamtunternehmerische Perspektive zu vermitteln versuchen. Insgesamt wurde herausgefunden, dass die Geführten mehr lernen, wenn der/die Vorgesetzte menschenorientiert und empathisch ist (vgl. Clawson, 1980: S. 151–162). Auch wenn Führungskräfte hinsichtlich der lernförderlichen bzw. kompetenzentwickelnden Unterstützung in erster Linie ihre direkten Vorgesetzten wahrnehmen, treten darüber hinaus auch weitere Personen kompetenzfördernd in Erscheinung (vgl. Seufert, 2013: S. 316). Andere FührungskollegInnen (sogenannte Peers) oder auch die direkten MitarbeiterInnen bieten Interaktionsmöglichkeiten, in denen die Führungskräfte ihre Kompetenzen weiterentwickeln können. Es geht dabei weniger um ein direktes Lernen von diesen, sondern vielmehr um das Lernen durch den Kontakt mit ihnen. Lernen bzw. Kompetenzentwicklung wird hier also hauptsächlich durch die Reaktionen der anderen auf das Handeln der Führungskräfte hervorgerufen und nicht durch gezielte Aktivitäten. Erfahren die Führungskräfte im Arbeitsumfeld soziale Unterstützung, wirkt sich dies auch wiederum positiv auf die Lernmotivation aus (vgl. Derue, Wellman, 2009: S. 870; Eraut, 2000: S. 21; Hasanbegovic, Seufert, 2008: S. 8; McCall u. a., 1988: S. 68). Die Möglichkeit, sich mit Peers über die eigene Führungsarbeit auszutauschen, ergibt sich in der Praxis nur sehr selten, obgleich dies für die Kompetenzentwicklung wiederum als sehr förderlich angesehen wird, da durch die Darstellung bzw. Erläuterung eines Problems und die anschließende Diskussion mit anderen Führungskräften ein Perspektivenwechsel stattfindet und neue Ideen generiert werden können (vgl. Denisow, Preß, 2001: S. 48; Goleman u. a., 2002: S. 206). Lernen tritt generell nicht nur in dem überlappenden Bereich von ‚work identity‘ und ‚workplace practice‘ auf. Es kann ebenso in den Bereichen außerhalb dieser beiden zentralen Elemente stattfinden. Dies wird im Modell dadurch repräsentiert, dass ihre gestrichelten Begrenzungslinien nicht bis zu den Seiten der Dreiecke reichen, sondern Platz lassen für ein Lernen, welches somit nicht durch sie beeinflusst wird. So existiert zum einen ein Lernen (je weiter man sich an den linken Rand des Modells bewegt), welches mehr aus der Erlangung von technischpraktischen Fähigkeiten besteht, die nicht unbedingt mit ‚Arbeitsidentität‘ oder ‚Arbeitsplatzpraxis‘ verbunden sind (Illeris erwähnt hier bspw. allgemeine Kalkulationsmethoden bzw. mathematisches Verständnis). Vergleichbar verhält es sich

90

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

mit der rechten Seite des Modells. Hier können also auch generelle persönliche, soziale oder auch kulturelle Dinge erlernt werden, die nicht direkt in Verbindung mit dem Arbeitsplatz bzw. dem Arbeitsleben und der Führungstätigkeit stehen. Trotz dieser Tatsache ist alles Lernen am Arbeitsplatz situiert und findet somit zu einem bestimmten Grad im Arbeitsgeschehen statt. Daher sind vertikale Beziehungen weder zwischen Inhalt und Arbeitsplatz-Produktion, noch zwischen Antrieb und Arbeitsplatz-Gemeinschaft möglich (vgl. Illeris, 2011a: S. 42ff.). Neben den beschriebenen Dimensionen und Prozessen ist es erforderlich festzuhalten, dass einem Lernen und einer Kompetenzentwicklung immer bestimmte Rahmenbedingungen vorgegeben sind, welche durch die bestehende Gesellschaft konstituiert werden – daher herrschen konkrete Bedingungen für das Lernen vor (vgl. Illeris, 2006a: S. 32, 2009b: S. 88f.). Diese werden jedoch in der vorliegenden Arbeit nicht weiter beleuchtet werden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich bei dem Lernverständnis um einen individuellen Vorgang handelt, jedoch immer in Verbindung einer Interaktion mit der sozialen Umwelt, hier der Arbeitsumwelt. Es werden sowohl direkt beobachtbare als auch solche Faktoren mit einbezogen, die nicht unmittelbar ersichtlich sind, wie bspw. Werte, Motivationen oder Einstellungen (vgl. Molzberger, 2007: S. 63f.).

4.4

Limitationen von Arbeitsplätzen als Orte der informellen Kompetenzentwicklung „Einmal zeigt sich die Tendenz, dass betriebliche Innovationen immer stärker unter den Druck von Marktkonkurrenz und Kosteneinsparungen geraten. Damit unterliegen das Lernen in der Arbeit und neu gestaltete Arbeits-Lern-Umgebungen verstärkt einem äußeren Druck. Das Lernen kann auf den unmittelbaren betrieblichen Nutzen verengt und von rein zweckgerichtetem und konkurrenzförderndem Handeln verdrängt werden.“ (Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 28)

Da das Lernen im Arbeitsprozess nicht das oberste Ziel an sich darstellt, bleibt ein gewisses Risiko, dass es dem Produktionsprozess mit all seinen Absichten hintangestellt und somit in seiner Wichtigkeit nicht berücksichtigt wird (vgl. Evans u. a., 2006: S. 164; Illeris, 2009b: S. 95). Neben der Ergebnisorientierung von Unternehmen, welche ein Lernen und eine Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz determiniert, ist es darüber hinaus auch durch Machtstrukturen gekennzeichnet, die

4.4 Limitationen von Arbeitsplätzen als Orte der informellen Kompetenzentwicklung

91

sich auf den Lernprozess sowie auf das Lernergebnis auswirken können. Die Unternehmens- und Organisationskultur69 und die Art und Weise ob und wie hier eine Lernkultur gelebt wird, kann stark von einzelnen Personen und deren Interessen abhängen und sich unter Umständen negativ hinsichtlich eines informellen Lernens und einer informellen Kompetenzentwicklung auswirken. Es handelt sich hier um das generelle Spannungsfeld zwischen individueller Entwicklungsperspektive der Einzelnen und ökonomischer, wirtschaftlicher Perspektive der Betriebe (vgl. Dehnbostel, Pätzold, 2004: S. 28; Illeris, 2011a: S. 67f.; Noe u. a., 2017: S. 5; Peoll u. a., 2000: S. 30; Reglin, Severing, 2005: S. 172ff.). Aufgrund der gegenseitigen Bedingung von Arbeiten und Lernen und der dadurch entstehenden Einflussnahme, besteht vice versa auch die Möglichkeit, dass sich der Lernprozess auf den Arbeitsprozess auswirkt und letzterer darunter leidet (vgl. Illeris, 2011a: S. 154). Problematisch erscheint bei näherer Betrachtung auch die Tatsache, dass das Lernen am Arbeitsplatz vorwiegend nebenbei, ungeplant und zufällig geschieht. Unter Umständen wird hier nur das gelernt, was in dem jeweiligen Moment als relevant und notwendig angesehen wird und mittel- bis langfristige Lernerfordernisse werden dadurch ausgeklammert. Reglin/Severin bezeichnen diesen Vorgang als ‚just-in-time‘-Lernen, welches möglicherweise Grundlagenwissen verkommen lässt und sich somit eher kontraproduktiv auf die Kompetenzen im Unternehmen auswirkt (vgl. Day, 2012: S. 127; Illeris, 2011b: S. 34; Reglin, Severing, 2005: S. 172ff.). Lernen in formal organisierten Settings hingegen ermöglicht eine gezielte Entwicklung konkreter Lerninhalte und darüber hinaus auch eine gut dokumentierte, nachvollziehbare und dadurch anerkannte Ausbildung. Ein Lernen am Arbeitsplatz kommt diesen Aspekten bisher nicht nach (vgl. Illeris, 2011b: S. 34). Die informelle Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz erfolgt außerdem häufig in selbstgesteuerten Aneignungs- bzw. Lernprozessen, was bedeutet, dass Lernziele, -inhalte sowie die -methoden von den Lernenden selber bestimmt werden müssen. Da dies eine zielgerichtete Durchführung von Lernwegen und -möglichkeiten bedeutet (vgl. Dehnbostel, 2007: S. 27), sind dafür bestimmte Kompetenzen nötig, die nicht jede Führungskraft in dem nötigem Ausmaß besitzt. Hierbei müssen sich die Lernenden mit sich selber reflexiv auseinandersetzen und ihre Lernziele selbstständig erkennen und definieren. Es besteht gegebenenfalls die Gefahr einer Verlagerung der alleinigen Verantwortung der Entwicklungsprozesse

69

Die Unternehmenskultur stellt die gemeinsamen Werte, Einstellungen, Überzeugungen, Ideale und Normen dar (vgl. Graf, 2000: S. 343), während die Organisationskultur auf die Verinnerlichung und Identifizierung der Mitglieder mit diesen abzielt (vgl. Kieser, Walgenbach, 2010: S. 120). Für eine intensivere Auseinandersetzung mit Unternehmens- und Organisationskultur (vgl. u.a. Schein, 2004; Staehle u. a., 1999).

92

4 Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften – Lernen am Arbeitsplatz

von PersonalentwicklerInnen auf die Lernenden sowie eine Überforderung dieser (vgl. Baethge, Baethge-Kinsky, 2004). Neben den organisatorischen Rahmenbedingungen liegt es auch an der Führungskraft selber, inwieweit der Arbeitsplatz als Ort der informellen Kompetenzentwicklung genutzt wird. Wie auch bei Lern- und Kompetenzentwicklungsprozessen in formalen und non-formalen Settings spielen Lernbarrieren eine nicht zu verkennende Rolle und ihr Verstehen trägt dazu bei, mögliche Limitationen des Arbeitsplatzes als Ort der informellen Kompetenzentwicklung aufzulösen. Neben dem bereits beschriebenen ‚just-in-time‘-Lernen kann es auch zu einem Fehllernen kommen, wobei das beabsichtigte Vermittlungsziel aufgrund von Missverständnissen, mangelnder Konzentration oder Kommunikationsschwierigkeiten nicht erreicht wird. Abwehrmechanismen oder auch Widerstände gegenüber einer Entwicklung von Kompetenzen wiegen jedoch weitaus schwerer. Abwehrmechanismen unterstreichen das selektive Lernen von Führungskräften und richten sich gegen die Flut aus neuen Eindrücken, der ständigen Veränderungsdynamik sowie gegenüber dem subjektiven Empfinden von Machtlosigkeit hinsichtlich dieser Einflüsse. Die Führungskräfte bilden Abwehrmechanismen, um die eigene Identität zu bewahren. Widerstände gegenüber dem Lernen oder einer Kompetenzentwicklung treten in Situationen auf, die von den Betroffenen als nicht tolerierbar angesehen werden, und führen zu einem Lernen, dass oftmals ein Suchen nach Alternativen zu den inakzeptablen Ereignissen zur Folge hat und dadurch zu einer Quelle grenzüberschreitenden Lernens werden kann. Der Erfolg von informeller Kompetenzentwicklung hängt also zu einem großen Teil von den organisatorischen Rahmenbedingungen ab, die wiederum einen Einfluss auf die Motivation und die Bereitschaft zur Weiterentwicklung haben, jedoch auch von den individuellen Wahrnehmungen und Empfindungen der einzelnen Führungskräfte. Hierbei spielt vor allem die Ausgestaltung und tatsächliche Umsetzung der Unternehmensund Organisationskultur als Lernkultur eine entscheidende Rolle (vgl. Harteis, 2012: S. 102ff.; Illeris, 2009b: S. 91–94, 2010b: S. 156–174). Gerade die Ganzheitlichkeit des Lernverständnisses macht das Modell von Illeris so interessant, da es sowohl die Relevanz der individuellen als auch der sozialen Faktoren des Arbeitsplatzes als Ort der Kompetenzentwicklung herausstellt. Genau dies macht das vorgestellte Verständnis von Lern- und Kompetenzentwicklungsprozessen jedoch zur Zielscheibe von Kritik (vgl. Sawchuk, 2008: S. 7f.). Faulstich sieht vor allem hinsichtlich des zugrunde liegenden Lerndreiecks ein „Versinken aller lerntheoretischer Ansätze im Bermudadreieck“ (Faulstich, 2011; zitiert nach: Kamin, 2013: S. 109). Darüber hinaus basiert das Modell auf keinerlei empirischen Daten, die Entwicklung desselben erfolgte aufgrund von

4.4 Limitationen von Arbeitsplätzen als Orte der informellen Kompetenzentwicklung

93

Plausibilitätsprinzipien (vgl. Kamin, 2013: S. 109). Wie bereits in den obigen Ausführungen aufgezeigt wurde, fehlt es dem Modell auch an einer konkreten Ausdifferenzierung der einzelnen Dimensionen (vgl. u.a. Kamin, 2013: S. 109), was die Erklärungskraft in mancher Hinsicht einschränkt. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, diesen Aspekt durch die Ergänzungen anderer lerntheoretischer Konzepte zu eliminieren, und durch die vorgenommene Erweiterung des Modells ist es möglich, das Lernen und die Kompetenzentwicklung der Gruppe der Führungskräfte sowie bestehende Zusammenhänge innerhalb der Dimensionen zu erläutern. Die nachfolgende empirische Untersuchung soll zu einer Verdichtung der einzelnen Elemente des Modells führen und die subjektiven Sichtweisen der Führungskräfte auf die informellen Prozesse der Kompetenzentwicklung herausarbeiten.

5 Empirische Forschung Die der Arbeit zugrunde liegende sozialkonstruktivistische Perspektive leitet neben dem bisherigen Theorieteil der Dissertation auch das empirische Vorgehen der Untersuchung. Der Fokus liegt auf den individuellen und subjektiven Interpretationen, Ansichten, Wahrnehmungen sowie Handlungen der einzelnen Führungskräfte in Hinblick auf ihre informelle Kompetenzentwicklung im Prozess der Arbeit. Die hierbei angewandte qualitative Sozialforschung zielt darauf ab, die Menschen mit ihren individuellen und unterschiedlichen Konstrukten in den Vordergrund zu stellen und als Ausgangspunkt der Forschung zu sehen, da die jeweiligen Bedeutungszuschreibungen zu bestimmten Handlungen durch unterschiedliche Auffassungen verschieden sein können (vgl. Mayring, 2008: S. 20ff.). Die bisher ausgeführten theoretischen Annahmen dienen hierbei als Rahmen zur Einordnung und Spiegelung der empirischen Ergebnisse. Dadurch wird eine induktiv-deduktive Vorgehensweise verfolgt, die es ermöglicht, neben den bereits bestehenden theoretischen Ausführungen zusätzliche empirische Daten zu generieren und somit neue Erkenntnisse im Forschungsfeld aufzudecken (vgl. Heinze, 2001: S. 15, 27).

5.1

Qualitative Sozialforschung

Die Stärken eines qualitativen Vorgehens liegen in der Erfassung der Lebenswelt der Subjekte und somit in der Öffnung der Forschenden gegenüber deren konstruierten Realitäten (vgl. Flick u. a., 2008: S. 24; Mayring, 2016: S. 24). Durch die starke Subjektorientierung soll ein Verständnis über den Menschen generiert werden und zwar aus einer Innen-Perspektive heraus. Die individuellen Deutungsmuster und Handlungsweisen sollen somit verstanden und dekuvriert werden (vgl. Flick u. a., 2008: S. 14f.; Mayring, 2016: S. 12, 24; Raithel, 2006: S. 11). Qualitativen ForscherInnen geht es weniger um die Kenntnis von Ursache-Wirkungs-Beziehungen, sondern vielmehr um „das Verstehen von komplexen Zusammenhängen“ (Flick u. a., 2008: S. 24). Neben diesem Erkenntnisprinzip steht auch die Entdeckung neuer Phänomene in den empirischen Daten sowie eine daraus resultierende Theoriebildung (vgl. Flick u. a., 2008: S. 24). Im vorliegenden Fall soll durch die geführten Interviews die Perspektive der Führungskräfte auf ihren eigenen Kompetenzentwicklungsprozess im Arbeitsumfeld elaboriert und somit bisher © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_5

96

5 Empirische Forschung

vernachlässigte bzw. verborgene Aspekte im Forschungsfeld der informellen Kompetenzentwicklung aufgedeckt werden. Das Interesse der vorliegenden Studie liegt in den individuellen Wahrnehmungen dieser Aspekte, welche in den jeweiligen Berufsbiografien stecken und durch den Anstoß von reflexiven Prozessen während der Gespräche herausgearbeitet werden sollen. Das Aufdecken der Perspektiven der einzelnen Führungskräfte wird erst durch dieses Reflektieren möglich70– daher eignet sich hierfür insbesondere eine qualitative Vorgehensweise, in einer standardisierten, quantitativen Datenerhebung sind solche Prozesse nur sehr schwer anzuregen (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 22). Grundprinzipien qualitativer Forschung Grundprinzipien qualitativer Forschung bzw. wie Mayring es nennt ‚Säulen qualitativen Denkens‘ zeigen auf, welche grundlegenden Annahmen die qualitative Denkrichtung verfolgt und wodurch das Vorgehen während des Forschungsprozesses determiniert ist (vgl. Mayring, 2016: S. 24ff.). Als Grundprinzipien werden hierfür die ‚Subjektbezogenheit‘, das ‚Prinzip der Offenheit‘, die ‚Kommunikation und Interaktion zwischen Forschenden und zu Erforschenden‘ sowie das ‚Prinzip der Flexibilität‘ festgehalten (vgl, Flick u. a., 2008: S. 24ff.; Lamnek, Krell, 2010: S. 19ff.; Mayring, 2016: S. 19ff.). Wie bereits im vorangegangenen Kapitel angedeutet, versteht die qualitative Forschung unter dem Begriff der Explikation eine Untersuchung einzelner Individuen und deren Realitäten. Diese stellen daher den „Ausgangspunkt und das Ziel der Untersuchung“ (Mayring, 2016: S. 20) dar. Der Forschungsprozess inklusive der einzelnen Forschungsmethoden muss dahingehend gestaltet werden und darf nicht zugunsten eines bestimmten Erhebungsinstrumentes ausgerichtet werden (vgl. Mayring, 2016: S. 20f.). In der vorliegenden Arbeit wurde dem Postulat der ‚Subjektbezogenheit‘ eine sehr große Bedeutung zugesprochen, da es um das Verstehen der Wahrnehmungen der einzelnen Führungskräfte geht und deren individuelle Kompetenzentwicklungsprozesse. Aufgrund der Forschungsfrage wurde das Untersuchungsinstrumentarium des problemzentrierten Interviews ausgewählt, da hier die InterviewpartnerInnen im Zentrum des Forschungsprozesses stehen. ‚Offenheit‘ ermöglicht im Gegensatz zu standardisierten Verfahren ein Generieren von Hypothesen, anstelle eines bloßen Testens derselben. Auch im Forschungsprozess soll der/die ForscherIn unvoreingenommen agieren und trotz des

70

Vgl. Kap. 5.2.5.

5.1 Qualitative Sozialforschung

97

Vorwissens im Forschungsfeld neugierig und vorurteilsfrei die Antworten der InterviewpartnerInnen analysieren und nicht bereits vordefinierten Antwortkategorien zuordnen (vgl. Flick u. a., 2008: S. 24; Lamnek, Krell, 2010: S. 19f.; Mayring, 2016: S. 27). Die vorangegangene Aufarbeitung der Theorie diente dazu, ein Vorverständnis zu den einzelnen relevanten Gebieten zu bekommen, sie determiniert jedoch weder die empirische Forschung noch engt sie den Blickwinkel der Forscherin ein, da es speziell zur informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften nur wenig empirische Daten gibt. Als weiteres Grundprinzip ist festzuhalten, dass der ‚Forschungsprozess als Kommunikation und Interaktion zwischen Forschenden und zu Erforschenden‘ zu begreifen ist. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass die einzelnen Konstruktionen der Wirklichkeit durch diesen Prozess definiert werden und Interaktion zum Element der Forschung an sich wird (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 20). Dies wird durch die Form des problemzentrierten Interviews gewährleistet, welche es ermöglicht, in einer natürlichen Gesprächssituation die InterviewpartnerInnen über den Forschungsgegenstand erzählen zu lassen (vgl. Mayring, 2016: S. 66ff.). Hieran anschließend besagt das ‚Prinzip der Flexibilität‘, dass, sofern es die Erkenntnisse des Forschungsprozesses verlangen, die Vorgehensweise des Forschungsprozesses abgeändert bzw. angepasst werden muss (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 23f.). In der vorliegenden Arbeit war dies der Fall, da es den interviewten Führungskräften nicht gleich leichtfiel, ihre Lernprozesse in Worte zu fassen. Je nach Situation war die Interviewerin also gefordert, individuell auf den/die GesprächspartnerIn einzugehen und gegebenenfalls die geplante Vorgehensweise im Interview abzuändern. Dies war in besonderem Maße bei der zu Beginn gefragten visuellen Aufbereitung des ‚Lern-Weges zur Führungskraft‘71 nötig. Programmatik qualitativer Forschung Eine Orientierung der Arbeit an dem qualitativen Forschungsansatz bedingt neben den dargelegten Grundsätzen auch, dass es bestimmte Kriterien gibt, welche das empirische Vorgehen präformieren. Sogenannte Gütekriterien ermöglichen eine Legitimation qualitativer Forschungsvorgehen. Wie bereits aufgezeigt, ermöglicht die Vorgehensweise qualitativer Forschung eine tiefe Exploration der einzelnen Individuen und somit deren Konstruktionen und Wirklichkeiten, ist jedoch oft dem Vorwurf einer geringen Objektivität ausgesetzt (vgl. Flick u. a., 2008: S. 13ff.). Um diesen kritischen Stimmen entgegenzuwirken, wurden im qualitativen Feld eine Vielzahl von sogenannten Kriterienkatalogen entwickelt, welche alle die Qualität eines Forschungsvorhabens sicherstellen wollen (u.a. Flick u. a., 2008; 71

Vgl. hierzu Kapitel 5.2.5.

98

5 Empirische Forschung

Lamnek, Krell, 2010; Mayring, 2016; Steinke, 2008). Mit der Frage nach Gütekriterien für die qualitative Forschung haben sich vor allem Mayring, Lamnek/Krell, Flick und Steinke beschäftigt.72 Im Folgenden werden Qualitätskriterien vorgestellt, an welchen sich die vorliegende Arbeit orientiert und welche somit als Maßstab herangezogen werden können, um die durchgeführte empirische Forschung zu evaluieren. Die Gütekriterien wurden aus den Arbeiten der vorgestellten Autoren herausgearbeitet und für diese Arbeit zusammengefasst. Es ergeben sich daraus für die hier durchgeführte empirische Forschung die Kriterien der ‚Nähe zum Gegenstand‘, der ‚Indikation des Forschungsprozesses‘, der ‚reflektierten Subjektivität‘, der ‚intersubjektiven Nachvollziehbarkeit‘, der ‚Regelgeleitetheit‘ sowie der ‚Kohärenz‘. Die ‚Nähe zum Gegenstand‘ ist eines der zentralen Gütekriterien überhaupt, um das Forschungsvorhaben zu legitimieren. Hierbei ist zunächst die Relevanz der Fragestellung ausschlaggebend, also inwiefern die neu entwickelte Theorie einen Beitrag leisten kann (vgl. Steinke, 2008: S. 330). Darüber hinaus soll die Alltagswelt der Beforschten möglichst direkt im Feld untersucht werden und im Idealfall eine Übereinstimmung dieser Interessen mit denen der forschenden Person vorhanden sein (vgl. Mayring, 2016: S. 146). In dieser Forschungsarbeit wird dem Kriterium der Relevanz und der Nähe zum Gegenstand insofern entsprochen, als die Interviews an den jeweiligen Arbeitsplätzen der Führungskräfte stattfanden und dass die eigenen Berufsbiografien den Forschungsgegenstand darstellten. Da das Thema Führung auch in dem zu untersuchenden Unternehmen hohe Aufmerksamkeit genießt, bestand hier bereits zu Beginn aufseiten der InterviewpartnerInnen großes Interesse. Neben dem Forschungsgegenstand an sich, ist auch der gesamte Forschungsprozess der Frage nach der Angemessenheit zu unterziehen. Hier muss dargelegt werden, inwiefern die Methode geeignet ist, die Forschungsfrage zu beantworten. Es stellt sich die Frage, ob ein qualitatives Vorgehen angebracht ist und ob die gewählten Methoden dazu passen (vgl. Steinke, 2008: S. 326f.). Um die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften untersuchen zu können, scheint ein qualitatives Design sinnvoll, da die Einschätzungen und Meinungen der Führungskräfte von Bedeutung sind, will man diesen Untersuchungsgegenstand verstehen. Im Rahmen der Einzelfallstudie soll dies elaboriert werden und da auch der Kontext als Einflussgröße relevant ist, erscheint es ebenfalls sinnvoll, diesen im Zuge einer Dokumentenanalyse zu untersuchen. In der vorliegenden empirischen For-

72

Eine gute Übersicht über die jeweiligen Ausführungen liefern Bortz/Döring (vgl. Bortz, Döring, 1995).

5.1 Qualitative Sozialforschung

99

schung wird also auf eine Methodentriangulation zurückgegriffen. Hierbei versucht die empirische Studie den Forschungsgegenstand aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten (vgl. Mayring, 2016: S. 147f.). Während sich die beiden vorangegangenen Kriterien auf den Forschungsprozess per se beziehen, nimmt die ‚reflektierte Subjektivität‘ vor allem die Rolle der Forschenden in den Blick. Inwiefern ist er/sie in seiner/ihrer Rolle bezüglich der eigenen Vorannahmen und dem biografischen Hintergrund reflektiert? Ist er/sie sich bewusst, dass auch die Forschenden einen Einfluss auf den Forschungsprozess nehmen? Passt die gewählte Forschungsmethode zur Person oder fühlt er/sie sich gegebenenfalls unwohl? (vgl. Steinke, 2008: S. 330f.). Da die Forscherin selber Mitarbeiterin einer Bank ist, verfügt sie über den Gegenstand betreffendes Wissen, welches Fachfremden vermutlich verborgen bleibt. Dies ist für den Ablauf der Interviews förderlich, da sie weiß, wovon die InterviewpartnerInnen sprechen, auch wenn es sich um fallabhängige Spezifika handelt. Auch für die Interviewatmosphäre ist dies von Vorteil, da der gemeinsame berufliche Hintergrund eine gewisse Verbindung aufbauen kann. Die Forscherin ist sich der Tatsache bewusst, dass dieser gemeinsame Hintergrund zu einer eventuellen Voreingenommenheit bei ihr führen kann. Dies wird im Sinne der ‚reflektierten Subjektivität‘ berücksichtigt und es wird versucht, die Aussagen der Interviewten unvoreingenommen zu behandeln. Gerade die Offenheit und Flexibilität der qualitativen Forschung stellen die Stärken dieser Vorgehensweise dar. Jedoch bergen diese Grundprinzipien auch das größte Risiko: Eine explizite Replikation und Überprüfung wie bei quantitativen Forschungsdesigns wird kaum möglich sein. Aus diesem Grund wird als Gütekriterium auf die ‚intersubjektive Nachvollziehbarkeit‘ der Forschung verwiesen (vgl. Steinke, 2008: S. 324ff.). Um diese zu gewährleisten, muss der Forschungsprozess dokumentiert und die Vorgehensweise somit nachvollziehbar gemacht werden. Dies bezieht sich auf alle Schritte des Forschungsprozesses (vgl. Mayring, 2016: S. 144f.; Steinke, 2008: S. 324ff.). So muss zum einen das Vorverständnis dargelegt werden. Dies geschah in der Aufarbeitung relevanter theoretischer Literatur aus den Bereichen der Führung, der Kompetenzdiskussion, der Debatte um das informelle Lernen und das Lernen am Arbeitsplatz. Des Weiteren muss das Analyseinstrumentarium transparent gemacht werden.73 Bei der Dokumentation der Vorgehensweise ist der Aspekt der ‚Regelgeleitetheit‘ ein weiterer zur Sicherung der Qualität. Trotz Flexibilität und Offenheit im gesamten Forschungsprozess darf dieser nicht völlig willkürlich und unsystematisch ablaufen. Ähnlich wie die quantitative, muss auch die qualitative Forschung bei der Vorgehensweise gewisse Regeln berücksichtigen. Gerade die 73

Vgl. hierzu Kap. 5.2.

100

5 Empirische Forschung

Techniken der Auswertung benötigen konkrete Schritte, durch welche der Analyseprozess strukturiert wird (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 23; Mayring, 2016: S. 145f.; Steinke, 2008: S. 328f.). Die Regeln zur Analyse des empirischen Materials in dieser Arbeit werden in Kapitel 5.3 näher beschrieben. Auch die sogenannte ‚kommunikative Validierung‘ stellt eine Möglichkeit dar, die Daten angemessen und regelgeleitet zu behandeln. Hierbei werden die Interpretationen der Forschenden den InterviewpartnerInnen vorgelegt und nochmals gemeinsam diskutiert (vgl. Mayring, 2016: S. 147; Steinke, 2008: S. 329). Am Ende der durchgeführten Interviews wurden die Kernpunkte des Gespräches von der Forscherin zusammengefasst und der Führungskraft noch einmal rückgespiegelt. Dies gab den interviewten Personen die Möglichkeit, Dinge gegebenenfalls zu korrigieren, zu bestätigen bzw. noch weitere Aspekte zu ergänzen. Den Abschluss der Arbeit bildet die Darstellung der noch offenen und unbeantworteten Fragen. Limitationen werden beschrieben und ein Ausblick gegeben, wie diese durch zukünftige Forschung abgebaut werden können. Dies stellt ein wichtiges Güterkriterium dar: die ‚Kohärenz‘. Am Ende eines Forschungsprozesses muss die Prüfung der elaborierten Theorie stehen. Etwaige Widersprüche in den Daten müssen thematisiert werden und die Theorie muss auf ihre Stimmigkeit geprüft werden (vgl. Steinke, 2008: S. 330).

5.2

Forschungsdesign und Vorgehensweise

Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben aufbauend auf den Prinzipien der qualitativen Sozialforschung das konkrete Forschungsdesign und die Vorgehensweise der empirischen Forschung dieser Arbeit. Es wird zunächst auf die Besonderheit der Einzelfallstudie eingegangen und die damit verbundenen Verfahren der Datenerhebung sowie anschließend auf die gegenständliche Durchführung der empirischen Forschung. Die Vorgehensweise hat einen explorativen Charakter, was bedeutet, dass „sinnvolle Erkundungen neuer und theoretisch noch wenig strukturierter Gegenstands-bereiche“ (Lamnek, Krell, 2010: S. 81) geleistet werden sollen, da konkret zu dem Untersuchungsgegenstand der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz kaum Erkenntnisse vorliegen. Ziel ist es, durch die empirische Forschung Erkenntnisse über den Gegenstand zu erlangen und die bestehende Theorie im Bereich des ‚workplace learning‘ und der ‚informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften‘ zu erweitern bzw. weiterzuentwickeln (vgl. Kromrey, 2002: S. 67). Abbilung 6 gibt einen Überblick über die Vorgehensweise und visualisiert das Forschungsdesign der Dissertation.

5.2 Forschungsdesign und Vorgehensweise

101

Abbildung 6: Forschungsdesign und Vorgehensweise (eigene Darstellung)

Wie der Grafik entnommen werden kann, wurde im Rahmen einer Einzelfallstudie zum einen eine Dokumentenanalyse des Führungshandbuches und des Kompetenzmodells des untersuchten Unternehmens vorgenommen und zum anderen leitfadengestützte, problemzentrierte Interviews mit Führungskräften dieser Bank durchgeführt. Der Rahmen der Einzelfallstudie und die Beschreibung des Falles „Sometimes we simply have to keep our eyes open and look carefully at individual cases – not in the hope of proving anything, but rather in the hope of learning something.“ (Eysenck, 1976: S. 9)

Aufgrund dieser Intention, nämlich über die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte neue Erkenntnisse zu erlangen und über dieses Themengebiet etwas „zu lernen“, orientiert sich die durchgeführte empirische Forschung an dem Format der Einzelfallstudie. Es handelt sich hierbei weder um eine Technik der Datenerhebung noch um ein eigenständiges methodologisches Paradigma. Die Einzelfallstudie an sich ist vielmehr ein Forschungsansatz, welcher einem bestimmten theoretischen Paradigma folgt (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 272), in diesem Fall dem des Sozialkonstruktivismus. Das Ziel ist hierbei, „ein ganzheitliches

102

5 Empirische Forschung

und damit realistisches Bild der sozialen Welt zu zeichnen“ (Lamnek, Krell, 2010: S. 273). Die Einzelfallstudie ermöglicht es, einen Untersuchungsgegenstand in seiner Gesamtheit und in all seinen Facetten zu erfassen, um diesen somit detailliert verstehen zu können. Im Bereich der Bildung handelt es sich dabei in den meisten Fällen um Bildungsprogramme und Menschen, mit dem Ziel, ein Verständnis derselben zu erlangen (vgl. Stake, 1995: S. xi-2). Durch das Anwenden einer Einzelfallstudie wird in der vorliegenden Arbeit eine Erkenntnis darüber gewonnen, wie die Führungskräfte ihrer Meinung nach ihre Führungskompetenz erwerben. Da hierbei auch der organisationale, gesellschaftliche und soziale Kontext eine Rolle spielen, wurde eine Methodentriangulation vorgenommen, wie sie oft im Rahmen einer Einzelfallstudie zum Tragen kommt. Dadurch kann das zu untersuchende Phänomen anhand unterschiedlicher Methoden betrachtet und somit ein umfassendes Bild der Dimensionen, Aspekte und Facetten informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften nachgezeichnet werden (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 273f.). Einzelfallstudien werden auch herangezogen, um Hypothesen zu testen, sind jedoch hierauf nicht zu reduzieren: So dienen sie vor allem in der qualitativen Forschung der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Theorien (vgl. Flyvbjerg, 2006: S. 13f.). Da die vorliegende Arbeit das Ziel einer Theorieweiterentwicklung verfolgt, erscheinen sie als Forschungsansatz für die empirische Vorgehensweise sehr passend. Um informationsreiche Ergebnisse zu erlangen, muss ein besonderes Augenmerk auf die Auswahl eines geeigneten Falles gelegt werden. Die Forscherin orientiert sich bezüglich der Fallauswahl an der Form des ‚critical cases‘. Hierbei wurde das zu untersuchende Unternehmen aufgrund des Kriteriums „having a strategic importance in relation to the general problem“ (Flyvbjerg, 2006: S. 14) ausgewählt. Es wird davon ausgegangen, dass die Ergebnisse, welche für den Fall zutreffend sind, auch auf andere Fälle übertragen werden können, sofern diese in der Struktur der Kontexte ähnlich sind (vgl. Flyvbjerg, 2011: S. 307; Mayring, 2001: S. Abs. 19). Die Festlegung auf einen typischen Fall impliziert demnach, dass durch eine bewusste bzw. absichtsvolle Auswahl der InterviewteilnehmerInnen ein besonders informationsreicher Fall ausgewählt wurde. Informationsreich ist hierbei immer auf die jeweilige Forschungsfrage zu beziehen (vgl. Schreier, 2010: S. 241). Im vorliegenden Fall wurde eine Bank ausgewählt, von der angenommen wird, dass sie im Genossenschaftsbereich als typisches Beispiel, also als ‚most likely case‘ angesehen werden kann. Die Definition dieser Bank als idealtypischer Fall wird folgendermaßen begründet (vgl. Fatke, 1997: S. 62):

5.2 Forschungsdesign und Vorgehensweise







103

Der Bankensektor kann für die Forschung exemplarisch herangezogen werden, da es sich hier um einen höchst dynamischen Sektor handelt, der sich mit starken Strukturveränderungen und Anpassungsdruck konfrontiert sieht. Diese Branche ist einem hohen Maß an Wettbewerb ausgesetzt, durch welchen die Qualität des Humankapitals zu einem essenziellen Faktor wird (vgl. Riekeberg, Stenke, 2013: S. 27). Die große Bedeutung des Personals in Bezug auf einen reibungslosen Geschäftsbetrieb führt dazu, dass das Feld der Aus- und Weiterbildung im Bankensektor immer schon eine hohe Aufmerksamkeit fand und dadurch eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Bereich festzustellen ist (vgl. Hartmann, Strenske, 2015: S. 75). Die ausgewählte Bank ist aufgrund ihrer Struktur, Organisation und ihres Leitbildes kennzeichnend für den Genossenschaftsbereich und bildet daher ein typisches Abbild dessen. Es kann darüber hinaus eine hohe Aussagekraft der Ergebnisse für andere mittelständische Finanzdienstleister angenommen werden, da das vorliegende Unternehmen in seiner Größe hinsichtlich MitarbeiterInnen, Bilanzsumme, betreutem Kundenvolumen und der Geschäftsorganisation mittelständischen Finanzdienstleitern im deutschsprachigen Raum entspricht (vgl. bmwfw, online, 2017; Wagner, online, 2017; LfM, online, 2017). Durch die vorhandene Personalentwicklungsabteilung der Bank werden gezielt Entwicklungsprogramme für Führungskräfte aller Führungsebenen aufgesetzt und durchgeführt, was auf eine gewisse Lernkultur schließen lässt und wodurch Personalentwicklungsmaßnahmen als solche von den Beteiligten wahrgenommen und genutzt werden.

Gerade im Bereich des informellen Lernens bieten sich Fallstudien als empirische Vorgehensweise an. Sie werden als „zwingend notwendig“ angesehen, um das Verständnis um das informelle Lernen zu erweitern und um gerade in Bezug auf ein Lernen im Rahmen des Arbeitsplatzes die relevanten Dimensionen und Dynamiken erfassen zu können (vgl. Livingstone, 2001: S. 24f.). Da die Einzelfallstudie als Ansatz der empirischen Sozialforschung gesehen wird, ist hinsichtlich der Erforschung der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz ein geeignetes Untersuchungsdesign zu entwerfen. Aufgrund des explorativen Vorgehens eignen sich insbesondere offene, wenig vorstrukturierte Erhebungsinstrumente wie bspw. leitfadengestützte Interviews (vgl. Kromrey, 2002: S. 67).

104

5 Empirische Forschung

Methodik der Datenerhebung Als Form des Untersuchungsinstrumentes wurden zwei unterschiedliche Arten zur Erhebung der Daten gewählt. Zum einen wurde eine Dokumentenanalyse des Führungshandbuches und des Kompetenzmodells der Bank durchgeführt, zum anderen erfolgten leitfadenorientierte Interviews in der Form des problemzentrierten Interviews nach Witzel (2000). Die Dokumentenanalyse ermöglicht es, bereits bestehendes Material zu den Bereichen ‚Führung und Führungskräfte‘ sowie ‚Aspekte der Führungskompetenz‘ im untersuchten Unternehmen zu analysieren und als Grundlage bzw. Vorverständnis für die Interviews zu nehmen. Das zu analysierende Material muss also somit nicht erst erhoben werden (vgl. Mayring, 2015: S. 47). Die intensive Auseinandersetzung mit dem Führungshandbuch und dem Kompetenzmodell erlaubt eine detaillierte Kenntnis der generellen Unternehmenskultur, im Speziellen der Führungskultur, sowie der geforderten Führungskompetenz und erlaubt somit die Führungslandschaft und das Führungsverständnis der Bank abzubilden. Dies ist besonders im Hinblick auf das Design der Einzelfallstudie essenziell, um den Kontext aufzuzeigen und mit zu erfassen, sowie für den Interviewprozess an sich, indem der Überblick über die Unternehmens- und Führungsgrundsätze sowie die einzelnen Führungstools es gestattet, die Aussagen aus den Interviews vor diesem Hintergrund zu verstehen und zu interpretieren. Das leitfadengestützte, problemzentrierte Interview impliziert eine halbstrukturierte und zugleich offene Vorgehensweise. Hierbei wird den Interviewten möglichst viel Freiraum gegeben, um sich zu dem Forschungsgegenstand zu äußern. Es soll eine Gesprächssituation erzeugt werden, in welcher sich die Beteiligten ungezwungen unterhalten und nur im Falle eines Stockens durch den/die InterviewerIn auf den Leitfaden zurückgegriffen wird. Er dient demnach als Basis und Anhaltspunkt für das Gespräch, muss jedoch in keiner Weise strikt Punkt für Punkt „abgearbeitet“ werden und ermöglicht somit eine variable Vorgehensweise je Interview und ein individuelles Eingehen auf die InterviewpartnerInnen (Mayring, 2016: S. 66ff.; vgl. Witzel, 1985: S. 235–252). Das problemzentrierte Interview ermöglicht sowohl eine induktive als auch eine deduktive Vorgehensweise und wird dem sozialkonstruktivistischen Paradigma insofern gerecht, als es durch diese Kombination ein Erfassen der durch die Individuen konstruierten Wirklichkeiten erlaubt. Es ist gekennzeichnet durch drei Kriterien, welches die Methode determinieren: Die ‚Problemzentrierung‘, die ‚Gegenstandsorientierung‘ und die ‚Prozessorientierung‘ (Witzel, 1985: S. 230–235). Die ‚Problemzentrierung' leitet den gesamten Ablauf des Interviews. So elaboriert der/die ForscherIn im Vorfeld eine relevante Problemstellung, um diese dann im weiteren Verlauf adäquat beantworten zu können. Dies bedingt die Dar-

5.2 Forschungsdesign und Vorgehensweise

105

bzw. Offenlegung der bereits aufgearbeiteten Theorien und einschlägigen Forschungsarbeiten zu dem Bereich der Forschungsfrage. Das durch Literaturrecherchen erlangte Wissen dient somit als Grundlage zur Erstellung des Interviewleitfadens und fügt dem Forschungsprozess deduktive Aspekte bei. Neben dem theoretischen Vorverständnis erweitern die in den Interviews gewonnenen Daten die Perspektive des/der InterviewerIn und fließen in den empirischen Prozess ein, um ggf. die Forschungsfrage anzupassen, zu erweitern und zu überarbeiten (vgl. hierzu auch Lamnek, Krell, 2010: S. 333). Die ‚Gegenstandsorientierung‘ will „die prinzipielle Sicherstellung eines geeigneten Zugangs zu Handlungs- und Bewusstseinsanalysen bieten“ (Witzel, 1985: S. 232), um somit den bestmöglichen Zugang zur Beantwortung der Problemstellung zu gewährleisten. Hierbei kommt es also nicht auf Forschungsmethoden an, welche im Vorhinein bis ins Detail vorstrukturiert und ausgefeilt wurden, sondern vielmehr auf die individuelle Passung dieser zur jeweiligen Forschungsfrage. Die Abwandlung der Methoden auf den vorliegenden Gegenstand impliziert somit im vorliegenden Fall die Möglichkeit, während der einzelnen Interviews je nach GesprächspartnerIn differenziert vorzugehen. Ein Interview muss also nicht dem anderen in Ablauf und Struktur gleichen. So kann in den Gesprächssituationen auf die jeweilige Führungskraft eingegangen und die subjektiven Wahrnehmungen über deren Kompetenzentwicklung elaboriert werden. Da es sich bei der Entwicklung von Führungskompetenz um einen höchst individuellen Prozess handelt, der bei jeder Führungskraft anders ausgestaltet sein kann, eignet sich dieser individualisierte Ansatz hier in besonderem Maße. Das letzte der drei Kriterien, die ‚Prozessorientierung‘, bezieht sich neben der Gestaltung des Ablaufs des Forschungsprozesses auch auf die Interviewführung an sich. Während im ersteren Fall die flexible und offene Vorgehensweise des/der ForscherIn gemeint ist, bezieht sich Letzteres auf die konkrete Interviewsituation. Hier soll in der vorliegenden Forschung durch den Austausch zwischen Forscherin und Führungskräften eine Vertrauensbasis geschaffen werden, die es ermöglicht, Wissen zu generieren und dieses den Führungskräften durch Kommunikation zurückzuspiegeln und somit bereits während des Gesprächs gemeinsam zu reflektieren. Die Interviewerin ist hierbei gefordert, den Verstehens- und Interpretationsprozess der befragten Führungskräfte zu erfassen und ihnen die Möglichkeit der Explikation dieser Prozesse zu geben (vgl. hierzu auch Lamnek, Krell, 2010: S. 334). Das problemzentrierte Interview eignet sich besonders im Rahmen der Fallstudie, da dadurch vor allem auf die Individuen und ihre subjektiven Wahrnehmungen eingegangen werden kann und es ähnlich wie die Fallstudie selber Flexibilität und Offenheit im gesamten Forschungszugang postuliert.

106

5 Empirische Forschung

Beschreibung der InterviewpartnerInnen Die Auswahl der InterviewpartnerInnen erfolgte vor dem Hintergrund der Einzelfallstudie und der Zusammensetzung der Stichprobe als ‚idealer‘ Fall. Die Gruppe der Führungskräfte weist hierbei Merkmale auf, die sich für die Erforschung der informellen Kompetenzentwicklung als durchaus positiv erweisen: Ihnen werden laut wissenschaftlicher Literatur die Eigenschaften von ‚Lernexperten‘ zugeschrieben, welche die Wichtigkeit des Lernens als essenzielle Voraussetzungen für eine gelungene Führungsarbeit ansehen (vgl. Bennis, Nanus, 2005: S. 176; Hasanbegovic, Seufert, 2008: S. 25). Dieser Umstand lässt annehmen, dass durch das vorhandene Bewusstsein für die Wichtigkeit des Lernens eine leichtere Identifizierung von Lern- und Kompetenzentwicklungsprozessen aufseiten der Führungskräfte möglich ist (vgl. Seufert u. a., 2013a: S. 8). Das Sampling im vorliegenden Fall wurde in einem ersten Schritt bestimmt und soll die Gesamtstruktur der Bank bestmöglich wiedergeben74 und somit als ideales Abbild der Führungsstruktur fungieren, um den Einzelfall zu einem möglichst informationsreichen Fall werden zu lassen (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 286; Patton, 1990: S. 169ff.). Die InterviewteilnehmerInnen wurden also nicht zufällig ausgewählt, sondern analog zu den Merkmalen der Führungsstruktur im Unternehmen. Die Auswahl erfolgte nach den Kriterien Alter, Geschlecht, Führungsebene75 und Führungsspanne76. Darüber hinaus wird die von Patton beschriebene Art des ‚intensity sampling‘ angewandt, bei dem die InterviewpartnerInnen unter dem Gesichtspunkt ausgewählt werden, möglichst viel über alle relevanten Aspekte des Forschungsgegenstandes zu erfahren (vgl. Patton, 1990: S. 171f.). Es sollte zwar die Führungslandschaft der Bank abgebildet werden, dennoch wurden Führungskräfte ausgewählt, die für die Forschungsfrage „gute Informationen“ liefern können. Dies schließt unter anderem die Fähigkeit ein, sich artikulieren und reflektieren zu können sowie die Bereitschaft, an der Studie teilzunehmen (vgl. Merkens, 1997: S. 101). Um dies zu gewährleisten, wurden mögliche InterviewpartnerInnen zusammen mit Verantwortlichen der Personalentwicklung des Unternehmens ausgewählt. Diese Auswahl beruht also nicht auf quantifizierbaren Leistungen, sondern 74

75 76

Wenngleich es sich nicht um eine statistische Repräsentativität handelt, welche bei quantitativen Studien gefordert wird, sondern um eine inhaltliche Repräsentativität (vgl. Merkens, 1997: S. 100). F1 wird durch Führungskräfte bekleidet, die direkt unter dem Vorstand arbeiten. Daran schließt F2 und daran wiederum die Ebene F1 an. Hierbei handelt es sich um die Anzahlt der geführten MitarbeiterInnen pro Führungskraft.

5.2 Forschungsdesign und Vorgehensweise

107

darin, wie ihr „Ruf“ im Unternehmen bzgl. ihres Führungsverhaltens und ihrer Persönlichkeit aufscheint. Die ausgewählten Führungskräfte stellen insofern geeignete GesprächspartnerInnen dar, da sie offen und reflektiert auftreten. Dies ist hilfreich, da ein Beschreiben von informellen Kompetenzentwicklungsaktivitäten nicht jeder Person gleich gut gelingt (vgl. Seufert u. a., 2013a: S. 8). Die Kombination aus ‚typical case‘ und ‚intensity sampling‘ erweist sich für die vorliegende Arbeit als das ideale Vorgehen, da die Auswahl so äußerst reich an Informationen für das Forschungsinteresse ist. Die konkrete Zusammensetzung lautet wie folgt: Insgesamt wurden 21 (von insgesamt ca. 120) Führungskräfte befragt. Von den 21 Führungskräften waren 7 weiblich und 14 männlich.77 Die Verteilung nach Alter, Geschlecht und Führungsebene lässt sich grafisch folgendermaßen darstellen: Tabelle 3:

Beschreibung der InterviewpartnerInnen nach Alter und Führungsspanne (eigene Darstellung)

Alter

F1

F2

F3

gesamt

20 - 35

Vorstand

2 (m)

4 (3m/1w)

2 (w)

8

36 - 50

5 (4m/1w)

3 (3m/1w)

0

8

51 +

1 (m)

1 (m)

0

2 (w)

4

gesamt

1

8

8

4

21 (14m/7w)

Der Verlauf der Untersuchung zeigte, dass nach 21 Interviews eine inhaltliche Sättigung eintrat und keine weiteren Erkenntnisse gewonnen werden konnten (vgl. König, 2005: S. 88ff.; Patton, 1990: S. 183ff.). Planung und Organisation der Interviews In Absprache mit der Leitung der Personalabteilung wurde das Forschungsvorhaben dem personalverantwortlichen Vorstandsmitglied der Bank vorgestellt und dessen Genehmigung zur Durchführung der empirischen Forschung eingeholt. Daneben wurde außerdem der Betriebsrat über die geplante Befragung der Führungskräfte informiert. 77

Dies bildet die Verteilung der in der Bank vorherrschenden Führungspositionen nach Geschlecht ab. Es sind deutlich mehr männliche als weibliche Führungskräfte in leitenden Funktionen eingesetzt.

108

5 Empirische Forschung

Vor der eigentlichen Befragung wurde ein Probeinterview durchgeführt. Dies diente dem Testen des Leitfadens und der Aufdeckung möglicher inhaltlicher sowie struktureller Probleme und berücksichtigte somit auch die bereits beschriebene Prozessorientierung des problemzentrierten Interviews (vgl. Jüttemann, 1990: S. 36; Mayring, 2016: S. 69; Witzel, 1985: S. 233ff.). Die Impulse, welche die interviewte Person gab, wurden anschließend in den endgültigen Leitfaden eingearbeitet. Die insgesamt 21 problemzentrierten Interviews dauerten im Schnitt ca. eine Stunde. Alle Interviewpartner wurden vorab per Anschreiben, welches den Forschungsgegenstand sowie die Vorgehensweise beschrieb, über die geplante Forschung, sowie die Sicherstellung der Anonymität informiert, um mögliche Vorbehalte aus dem Weg zu räumen. Wichtig ist zu erwähnen, dass es sich um eine freiwillige Teilnahme an der Studie handelt. Zu Beginn des Interviews wurde das Einverständnis der Führungskräfte eingeholt, die Gespräche per Tonband aufzeichnen zu dürfen. Außerdem wurde dargelegt, dass die Anonymität der gewonnenen Daten in jeder Hinsicht gewährleistet ist und in keinem Fall Rückschlüsse auf die Person des/der Interviewten möglich sind. Nach einer kurzen Erfassung der personenbezogenen Variablen sowie biografischer Daten mittels eines Kurzfragebogens wurde noch einmal der Gegenstand des Forschungsinteresses umrissen. Dies erfolgte jedoch nur kurz, um die Führungskräfte in ihren Antworten möglichst nicht zu beeinflussen. Die Verwendung eines Leitfadens ermöglicht ein offenes und flexibles Vorgehen während der gesamten Interviewsituation und ein individuelles Eingehen auf die situativen Gegebenheiten und Äußerungen der InterviewpartnerInnen (vgl. König, 2005: S. 91). Der Leitfaden wurde anhand der im Theorieteil ausgearbeiteten, bzgl. der Forschungsfrage relevanten Aspekte erstellt und in drei verschiedene Bereiche untergliedert: Einstieg in das Thema durch die Bearbeitung einer Reflexionsaufgabe,78 den Hauptteil und Abschluss des Interviews. Der Hauptteil besteht aus fünf Leitfragen, welche sich konkret auf die Entwicklung der Führungskompetenz und damit verbundener Einflussfaktoren (organisatorische, soziale Rahmenbedingungen, das ‚Selbst‘ etc.) beziehen. Zusätzliche Unterfragen zu den einzelnen Hauptleitfragen wurden notiert, um gegebenenfalls während des Gespräches auf diese zurückgreifen zu können. Da der Leitfaden nur eine grobe Struktur, jedoch kein starres Schema darstellt, wurde die Reihenfolge im Laufe der Interviews verändert, andere Fragen gestellt bzw. manche vernachlässigt, da sie bereits durch den/die Interviewten vorgebracht wurden (vgl. König, 2005: S. 95). 78

Eine nähere Beschreibung derselben erfolgt in Kapitel 5.2.5.

5.2 Forschungsdesign und Vorgehensweise

109

Abschließend wurde gezielt nach zukünftigen Lernthemen und damit zusammenhängenden Strategien gefragt sowie den Führungskräften die Möglichkeit gegeben, die zu Beginn gestellte Aufgabe zu ergänzen. Außerdem wurden die der Forscherin essenziell erscheinenden Aussagen des Interviews zusammengefasst und den GesprächspartnerInnen im Sinne einer ‚kommunikativen Validierung‘ zurückgespiegelt. Dadurch wurde ihnen die Möglichkeit der Ergänzung oder auch Berichtigung gegeben (vgl. Terhart, 2000: S. 166). Durchführung der Interviews Wie in der theoretischen Auseinandersetzung aufgezeigt wurde, werden informelle Kompetenzentwicklungsprozesse von den Betroffenen oftmals nicht explizit wahrgenommen (vgl. u.a. Burbules, 2008: S. 674; Livingstone, 1999b: S. 169). Darüber hinaus ist es für Personen generell schwierig, über Lernprozesse zu sprechen und diese zu artikulieren, da dies ein Feld darstellt, welches im alltäglichen Leben nicht zwangsläufig reflektiert wird. Wird dennoch darüber nachgedacht, sind es vorwiegend die formalen Prozesse, die artikuliert werden können, da die informellen Ereignisse mehr als Arbeit und seltener als Lernen wahrgenommen werden. Ähnlich gestaltet sich die Situation in Bezug auf die Kompetenzentwicklung. Auch Kompetenzen sind unter Umständen nicht direkt abrufbar, da sie durch Dimensionen sozialer und motivationaler Art determiniert sind (vgl. Eraut, 2000: S. 15ff.; Kirchhof, 2007: S. 25; Klieme, Hartig, 2008: S. 24; Weiß, 1999: S. 483). Dieser Aspekt stellt für die Erforschung des Phänomens der informellen Kompetenzentwicklung eine gewisse Herausforderung dar. Für die Durchführung der Interviews wurde daher eine Besonderheit gewählt, welche die dargestellten Schwierigkeiten minimieren und die es den InterviewpartnerInnen erleichtern sollte, Ereignisse der informellen Kompetenzentwicklung zu identifizieren. In Anlehnung an die Strukturlegetechnik von Feldmann (1979), deren Intention die „Rekonstruktion der Erklärungsmuster für bestimmte Situationen, Ereignisse oder Verhaltensweisen“ (Feldmann, 1979: S. 108) darstellt, wurden die TeilnehmerInnen in einem ersten Schritt aufgefordert, ihren ‚Lern-Weg zur Führungskraft‘ grafisch zu gestalten. Die Vorgehensweise wurde durch die Interviewerin bereits im Vorfeld vorbereitet und somit zum Teil strukturiert. Die InterviewpartnerInnen wurden aufgefordert, ihren ‚LernWeg zur Führungskraft‘ grafisch auf einem Plakat darzustellen.79 Es wurden darüber hinaus keine weiteren Anweisungen gegeben, es folgte lediglich der Hinweis,

79

Hierfür standen unterschiedliche Materialen zur Verfügung (Stifte, Kreiden, Karteikärtchen etc.).

110

5 Empirische Forschung

dass es kein richtiges oder falsches Bearbeiten der Aufgabe gebe. Die Ausarbeitungen sollten als Gesprächsgrundlage dienen und konnten währenddessen ergänzt werden. Im Anschluss an diese im Schnitt 15 Minuten dauernde Aufgabe, wurden den InterviewteilnehmerInnen noch weitere Kärtchen vorgelegt, die verschiedene Einflussfaktoren auf den Kompetenzentwicklungsprozess darstellen können. Diese wurden aus den theoretischen Ausführungen abgeleitet und die Führungskräfte sollten ihr Bild, sofern sie es als passend empfanden, mit diesen ergänzen.80 Durch das Anwenden dieser Technik wird in Anlehnung an Flanagan versucht, sogenannte kritische Ereignisse zu identifizieren. Hierbei handelt es sich um Ereignisse, welchen die einzelnen Personen eine besondere Bedeutung zuweisen (vgl. Flanagan, 1954: S. 327). Die Führungskräfte wurden also durch die Einstiegsaufgabe angestoßen, über ‚critical incidents‘ auf ihrem ‚Lern-Weg zur Führungskraft‘ nachzudenken. Solche Ereignisse können unkontrolliert, unerwartet und nicht geplant sein und haben vor allem auf die persönliche Entwicklung entscheidende Auswirkungen (vgl. Woods, 2012: S. 1). Es wird in dieser Studie davon ausgegangen, dass diese Ereignisse eine besondere Bedeutung hinsichtlich des Prozesses der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften haben und daher für die Klärung der Forschungsfrage äußerst förderlich sind. Da es sich bei der Entwicklung von Führungskompetenz um einen Prozess handelt, der sich über die gesamte Lebensspanne des Individuums erstreckt, wurde hier explizit nach dem Weg zur Führungskraft gefragt. Somit konnte erfasst werden, wo die InterviewpartnerInnen den Startpunkt ihrer Entwicklung sehen und welche Zeitspanne ihrer Meinung nach relevant ist. Anhand der somit entstehenden grafischen Darstellungen der jeweiligen Berufsbiografien erfolgte der weitere Verlauf des Interviews anhand des Leitfadens, um zu einer Beantwortung der Forschungsfrage zu kommen. In Anlehnung an Eraut konnte mithilfe dieser ‚mediating objects‘ (vgl. Eraut, 2000: S. 17) das Sprechen über die erforderlichen Aspekte der Führungskompetenz sowie die Entwicklung derselben deutlich erleichtert werden. Den InterviewpartnerInnen bereitete es dadurch weniger Schwierigkeiten, sich an informelle Prozesse zu erinnern.

80

Es handelte sich dabei bspw. um Karten mit den Beschriftungen MentorInnen, KollegInnen, soziale Medien, Zeit, etc.

5.2 Forschungsdesign und Vorgehensweise

111

Nachfolgende Abbildung zeigt exemplarisch eines der erstellten ‚mediating object‘:

Abbildung 7: Lernweg zur Führungskraft‘ (Interview 18; Anmerkung CE)

Die Phase nach dem eigentlichen Interview war ebenfalls von entscheidender Bedeutung für die Forscherin. Hierbei kam es oftmals zu privaten Aussagen, die in Anbetracht der Aufnahmesituation im vorhergehenden Gespräch nicht dargelegt wurden. Diese zusätzlichen, „informellen“ Aussagen wurden notiert und bei der späteren Auswertung herangezogen, um das Verständnis der Antworten in den jeweiligen Interviews zu komplettieren (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 356). Neben der Aufnahme des Interviews an sich wurde im Anschluss an das Gespräch zusätzlich ein sogenanntes Postskriptum verfasst. Dies ermöglicht das Festhalten all der Elemente, die auffällig sind, jedoch auf den ersten Blick nicht direkt mit der Interviewsituation zusammenhängen. Eventuelle Störungen und äußere Einflussfaktoren sowie Beobachtungen, die den/die InterviewpartnerIn betreffen, bspw. das Verhalten, können von Interesse sein. Beide hier erwähnten Formen, die Notizen nach Abschalten des Aufnahmegerätes und das Postskriptum, ergän-

112

5 Empirische Forschung

zen die Interviews und liefern unter Umständen zusätzliche, wertvolle Informationen, wenn es um das Verstehen und die Interpretation der Aussagen geht (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 357f.). Transkription der Interviews Im Anschluss an die Durchführung der Interviews wurden diese transkribiert. Die schriftlich festgehaltenen Aussagen können so als Textdokumente durchgearbeitet und analysiert werden (vgl. Dresing, Pehl, 2013: S. 17). Durch die Umwandlung der Audiodateien in ein Textformat kann auch dem Anspruch der Nachvollziehbarkeit der empirischen Daten gerecht und dem Vorwurf der Beliebigkeit im Forschungsprozess entgegengewirkt werden (vgl. Lamnek, Krell, 2010: S. 356). Hierbei stellt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen die Interviews transkribiert werden sollen. Da es sich um keine linguistische Arbeit handelt und vielmehr die Inhalte der Gespräche eine Rolle für die Auswertung spielen, wird nach den Regeln der einfachen Transkription wie folgt vorgegangen: Das gesprochene Wort wird in die schriftsprachliche Form transkribiert. Das heißt, Umgangssprache und Dialekt werden in die hochdeutsche Sprache übertragen, um die Lesbarkeit der Texte zu erhöhen. Sprechpausen, Satzabbrüche und Wortwiederholungen werden nur dann gekennzeichnet, wenn sie relevant für das Nachverfolgen der Gedanken der sprechenden Person sind. Nonverbale Äußerungen, die Emotionen zeigen, werden gekennzeichnet, indem sie in Klammern gesetzt werden [lachend], ebenso werden Aussagen gehandhabt die unverständlich waren [unv.] (vgl. Dresing, Pehl, 2013: S. 20–23).

5.3

Auswertung der Daten

Sowohl das Führungshandbuch als auch die geführten Interviews wurden anhand des Schemas der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert. Ziel dieser Analyse ist ein systematisches und regelgeleitetes Vorgehen während des gesamten Auswertungsprozesses (vgl. Mayring, 2015: S. 11ff.), mit dessen Hilfe die Theoriebildung in der vorliegenden Arbeit erfolgen wird. Dies ist ein zentrales Merkmal der qualitativen Analyse, die es neben der Identifikation von einzelnen Elementen auch ermöglicht, etwaige Zusammenhänge derselben abzuleiten und herzustellen (vgl. Mayring, 2015: S. 22). Die Grundpostulate der qualitativen Inhaltsanalyse implizieren das Aufstellen eines sogenannten Ablaufmodells der Inhaltsanalyse, um die einzelnen Schritte für Dritte nachvollziehbar darzustellen und somit überprüfbar zu machen. Trotz der dadurch vorgegebenen Struktur bleibt das

5.3 Auswertung der Daten

113

Modell flexibel in seiner Anwendung, da es je nach Material und Fragestellung individuell angepasst werden sollte (vgl. Mayring, 2015: S. 61). Auswertung des Führungshandbuchs und des Kompetenzmodells Für die Analyse des Führungshandbuches wurde nach dem Schema der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring vorgegangen, da hier das Ziel darin lag, Anforderungen und Aufgaben von Führungskräften des Unternehmens herauszufiltern, den Kontext inklusive des Führungsverständnisses der Fallstudie aufzuzeigen sowie die Teilaspekte der im Unternehmen verfolgten Führungskompetenz zu identifizieren. Die zusammenfassende Inhaltsanalyse ermöglicht es, durch Reduktion einen Überblick über das Material zu gewinnen, ohne den Verlust entscheidender Inhalte in Kauf nehmen zu müssen (vgl. Mayring, 2015: S. 67). Im Folgenden wird das Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalyse für die Auswertung des Führungshandbuches und des Kompetenzmodells angepasst dargestellt.

114

5 Empirische Forschung

Abbildung 8: Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalyse (in Anlehnung an Mayring, 2015: S. 70)

5.3 Auswertung der Daten

115

Bevor mit der eigentlichen Analyse begonnen werden kann, muss in einem ersten Schritt das Ausgangsmaterial genau bestimmt und durch die jeweilige Fragestellung genau definiert werden, was zusammengefasst werden soll (vgl. Mayring, 2015: S. 71). Hierfür wurde zum einen das Führungshandbuch herangezogen, welches verschiedene Dokumente zur Unternehmenskultur sowie der Führungskultur inkl. aller Führungstools des Unternehmens beinhaltet,81 zum anderen das im Unternehmen verwendete Kompetenzmodell, welches die Facetten der Fachund Methodenkompetenz, der personalen und der sozialen Kompetenz definiert. 82 Im Anschluss an die Beschreibung des Materials muss die Fragestellung der Analyse dargelegt und somit das genaue Ziel der Interpretation definiert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Analyse die gewünschten Ergebnisse liefert (vgl. Mayring, 2015: S. 58). Im Fall des Führungshandbuches sollen einerseits Aussagen über den Gegenstand der Führung im Unternehmen getroffen werden: Was wird von Führungskräften erwartet und wie gestalten sich ihre Aufgabenfelder? Andererseits soll der Kontext des Unternehmens näher beschrieben werden. Hierbei wird der kulturelle Hintergrund anhand des Leitbildes analysiert und die Unternehmenskultur inklusive Lernkultur betrachtet. Durch die Analyse des Kompetenzmodells wird dargestellt, welche Aspekte in der Bank unter Führungskompetenz verstanden werden und wodurch diese konstituiert werden. Der erste eigentliche Schritt der zusammenfassenden Inhaltsanalyse besteht nun in der Bestimmung der Analyseeinheit. Hier werden die Kodiereinheit, die Kontexteinheit und die Auswertungseinheit festgelegt. Die Kodiereinheit gibt an, welches der kleinste Textbestandteil sein darf, der in eine jeweilige Kategorie aufgenommen werden kann. Im vorliegenden Fall die Proposition. Die Kontexteinheit, der größte Textbestandteil, umfasst hier das gesamte Führungshandbuch sowie das Kompetenzmodell. Als Letztes gibt die Auswertungseinheit vor, in welcher Reihenfolge die Textteile ausgewertet werden sollen. Dies geschieht analog des Aufbaus des Handbuches und daran anschließend des Kompetenzmodells (vgl. Mayring, 2015: S. 61). In Schritt zwei erfolgt nun die Paraphrasierung der Kodiereinheiten. Unwichtige, nicht inhaltstragende Textstellen werden gestrichen und die Paraphrasen auf eine einheitliche sprachliche sowie grammatikalische Kurzform gebracht. Im Anschluss daran wird das Abstraktionsniveau bestimmt und es erfolgt eine Generalisierung der Paraphrasen im Hinblick darauf (vgl. Mayring, 2015: S. 70f.). Hier

81 82

Die Dokumente werden im Verlauf ‚Dokument A, B, C, D etc. Führungshandbuch‘ genannt, um die Anonymität des Unternehmens zu gewährleisten. Diese Dokumente werden analog zum Führungshandbuch ‚Dokument A, B, C, D, etc. Kompetenzmodell‘ genannt.

116

5 Empirische Forschung

geschieht die Bildung von Kategorien unter Spiegelung des Materials mit theoretischen Vorüberlegungen, wodurch diese Inhaltsanalyse dem Postulat der Theoriegeleitetheit gerecht wird (vgl. Mayring, 2015: S. 59). Folgende Kategorien konnten unter Einbezug der theoretischen Vorarbeiten vor allem zum Bereich der Kompetenzen identifiziert werden: ◼ ◼ ◼ ◼ ◼ ◼

Wie ist das Unternehmensleitbild definiert? Wie gestaltet sich der Unternehmenskontext (hinsichtlich einer Lehr-/Lernkultur)? Wie sind die Aufgabenfelder der Führungskräfte in der Bank definiert? Welche Faktoren konstituieren die Fach- und Methodenkompetenz laut Kompetenzmodell? Welche Faktoren konstituieren die personale Kompetenz laut Kompetenzmodell? Welche Faktoren konstituieren die soziale Kompetenz laut Kompetenzmodell?

Durch die erste und zweite Reduktion werden bedeutungsgleiche oder bezogen auf das Abstraktionsniveau unwichtige Passagen gestrichen, gebündelt und in bestehende Kategorien integriert. Das durch die beschriebenen Schritte entstandene Kategoriensystem wird im Anschluss auf seine Darstellung des Ausgangsmaterials hin überprüft (vgl. Mayring, 2015: S. 70ff.). Auswertung der Interviews Da das Ziel der Dissertation in der Aufdeckung persönlicher und individueller Handlungsmuster bei der informellen Aneignung von Führungskompetenz liegt, bietet sich für die Auswertung der Interviews das Heranziehen einer speziellen Form der qualitativen Inhaltsanalyse an, nämlich die der induktiven Kategorienbildung. Die induktive Kategorienbildung ist dem Typ der zusammenfassenden Inhaltsanalyse, die bereits bei der Analyse des Führungshandbuches angewandt wurde, sehr ähnlich. Der Ablauf dieser Analysetechnik orientiert sich also stark an dem Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalyse mit dem Zusatz, dass die Kategorien nicht aus „Voruntersuchungen, dem bisherigen Forschungsstand, […] oder Theoriekonzepten“ (Mayring, 2015: S. 85) entwickelt, sondern direkt aus dem vorliegenden Material herausgearbeitet werden (vgl. Mayring, 2015: S. 85). Hierbei handelt es sich um die reine Form der induktiven Kategorienbildung. Wie

5.3 Auswertung der Daten

117

nachfolgend gezeigt wird, geschieht in der Regel eine Abschwächung 83 dadurch, dass die Kategorienformulierung durch eine zuvor vorgenommene Themendefinition anhand theoretischer Vorüberlegungen eingegrenzt wird. Bevor mit der eigentlichen Analyse begonnen wurde, wurde jedem/er InterviewpartnerIn das eigene Transkript vorgelegt, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dieses zu ergänzen oder Stellung dazu nehmen zu können. Im Zuge dessen gab es jedoch keine Modifizierungen an den Interviews, die auf den Inhalt derselben abzielten und daher deren Aussagekraft verändert hätten. Diese Vorgehensweise erfolgte in Anlehnung an die kommunikative Validierung, bei der den InterviewpartnerInnen die Ergebnisse vorgelegt werden, um gemeinsam mit ihnen über diese zu diskutieren (vgl. Terhart, 2000: S. 166). Die nachfolgende Grafik beschreibt die Vorgehensweise der induktiven Kategorienbildung nach Mayring (vgl. Mayring, 2014: S. 79–87).

83

Eine Ausnahme stellt hier das Vorgehen nach dem Ansatz der ‚Grounded Theory‘ dar (vgl. Glaser, Strauss, 1967).

118

5 Empirische Forschung

Abbildung 9: Prozessmodell induktiver Kategorienbildung (in Anlehnung an Mayring, 2014: S. 80)

5.3 Auswertung der Daten

119

Das Selektionskriterium für die Analyse basiert auf der Forschungsfrage „In welcher Art und unter welchen Umständen entwickeln Führungskräfte ihre Führungskompetenz informell im Arbeitsalltag?“ und dem damit verbundenen Ziel der Identifizierung von Prozessen der Kompetenzentwicklung jenseits formaler und non-formaler Kontexte, um diese beeinflussen und konkrete Hinweise geben zu können, wie Unternehmen die informelle Kompetenzentwicklung ihrer Führungskräfte unterstützen bzw. verbessern können. Um das Kriterium festzulegen, bedarf es zunächst einer Bestimmung der Kategorien, ein deduktiver Prozess, bei dem basierend auf den theoretischen Überlegungen der vorhergehenden Kapitel die für die Forschungsfrage relevanten Themeneinheiten definiert werden, die dann im folgenden Schritt zusammen mit dem Abstraktionslevel für die Kodierung des Materials herangezogen werden (vgl. Mayring, 2014: S. 80f.). Die Definition erfolgte aufgrund der Überlegungen zur Führungskompetenz, zum informellen Lernen und der informellen Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz und lautet: ◼ ◼

Beschreibung der Aspekte und Faktoren von Führungskompetenz basierend auf dem Verständnis der Führungskräfte. Beschreibung der Aktivitäten/Merkmale der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften.

Das damit verbundene Abstraktionslevel wird folgendermaßen festgelegt: ◼ ◼

Konkrete Beschreibung der Teilbereiche Sach-, Personal- und Fachkompetenz der Führungskompetenz aus Sicht der Führungskräfte. Konkrete Handlungen aller beteiligten Personen, förderliche und hinderliche Faktoren der Umwelt, sowie Erlebnisse und Ereignisse in Bezug auf die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte, bezogen auf die gesamte Lebensspanne.

Basierend auf der Bestimmung der Kategorien sowie dem Abstraktionslevel erfolgt in einem nächsten Schritt die eigentliche Bearbeitung des Materials, sprich aller 21 transkribierten Interviews. Sobald Aussagen gefunden wurden, die der Bestimmung der Kategorien entsprechen, also bspw. ein Merkmal beschrieben wird, dass von den InterviewpartnerInnen als Kriterium einer erfolgreichen Führungskraft angesehen wird, erfolgt die Formulierung einer Kategorie (dies ist der eigentliche Kodiervorgang). Durch eine kurze Charakterisierung bzw. Ankerbeispiele wird die Kategorie beschrieben, um für das weitere Kodieren festzulegen, was diese Kategorie konkret bedeutet. Sofern eine weitere Passage zu der bereits definierten Kategorie passt, wird diese subsumiert oder es wird – im Falle, dass eine Subsumtion nicht passend ist – eine neue Kategorie formuliert.

120

5 Empirische Forschung

Nach einer Bearbeitung von fünf Interviews erfolgte keine neue Kategorienbildung, es wurde daher eine Revision des gesamten Kategoriensystems vorgenommen, um abzugleichen, ob es frei von Überschneidungen ist und ob das Abstraktionslevel nach wie vor passend erscheint.84 Da eine Änderung an dem vorläufigen Kategoriensystem vorgenommen wurde, musste das gesamte Material erneut bearbeitet werden. Im Anschluss an diese Revision wurden in Anlehnung an die Vorgehensweise der zusammenfassenden Inhaltsanalyse Hauptkategorien formuliert, um das Material übersichtlicher zu strukturieren85 (vgl. Mayring, 2014: S. 81). Mayring definiert in Schritt sieben einen Intra- und einen Intercodercheck. Durch einen erneuten Kodierprozess wurde das gesamte Material auf Stimmigkeit geprüft (hierbei wurden erneut alle 21 Interviews mit dem bestehenden Kodiersystem bearbeitet). Der Intercodercheck wurde anhand einer Art ‚cross validation‘ durchgeführt. Hierbei wurden jedoch nicht die Interviewtranskripte herangezogen, sondern die in den Interviews produzierten grafischen Darstellungen der jeweiligen individuellen Lernwege zur Führungskraft (also die ‚mediating objects‘). Mit ExpertInnen aus dem Forschungsbereich der Wirtschaftspädagogik wurde im Rahmen eines ‚peer debriefing‘ diskutiert: „Welche Momente/Aspekte des Werdens einer Führungskraft sind aus den Plakaten erkennbar bzw. stechen besonders hervor?“ Dieser Austausch diente dem Zweck, das Kategoriensystem zu besprechen, evtl. „blinde Flecken“ der Forscherin aufzudecken und die Ergebnisse zur Diskussion zu stellen (vgl. Flick, 2011: S. 500). Das ‚peer debriefing‘ ergab, dass das Kodesystem alle von den KollegInnen identifizierten Aspekte enthielt, das Kodesystem bedurfte somit keiner erneuten Revision. Den letzten Schritt der induktiven Kategorienbildung nach Mayring bildet die Darstellung, Interpretation und Diskussion der Ergebnisse und letzten Endes eine Weiterentwicklung der Theorie. Dies erfolgt in den nachfolgenden Kapiteln.

84 85

Es wurden hierbei einige Kategorien herausgestrichen, da sie in anderen Kategorien wiederzufinden waren. Die Hauptkategorien können dem Kapitel 6 entnommen werden, da sich dessen Aufbau an diesen orientiert.

6 Die Ergebnisse der Fallstudie Basierend auf den 21 Interviews sowie der Dokumentenanalyse des Führungshandbuchs und des Kompetenzmodells wurden zahlreiche Daten bezüglich der Forschungsfrage generiert. Diese werden nun im Folgenden dargestellt und erläutert. Die Darstellung erfolgt anhand direkter Zitate aus den einzelnen Interviews, um die subjektiven Wahrnehmungen der einzelnen Führungskräfte zu veranschaulichen bzw. im Fall der Dokumentenanalyse die Unternehmenskultur sowie Aspekte der Führungskompetenz zu beschreiben. Es besteht die Möglichkeit, dass ein Zitat in den Ausführungen mehrfach angeführt wird, da es hinsichtlich unterschiedlicher Gesichtspunkte analysiert wurde. Die Aussagen wurden vollständig anonymisiert, um keine Rückschlüsse auf die InterviewpartnerInnen oder die in den Gesprächen genannten Personen zu erlauben.

6.1

Beschreibung des Unternehmens

Die nachfolgende Beschreibung des untersuchten Unternehmens dient der Darstellung der kontextuellen Faktoren der Fallstudie. Dafür wird zum einen die Bank mit der vorherrschenden Unternehmens- sowie Führungskultur beschrieben, zum anderen werden die aktuellen Herausforderungen, denen sich die Bank sowie die gesamte Bankenlandschaft momentan gegenübersieht, ausgeführt. Zahlen und Fakten Bei dem untersuchten Unternehmen handelt es sich um eine Deutsche Genossenschaftsbank mit einer Bilanzsumme von rund 5 Milliarden Euro und mehr als 1.000 MitarbeiterInnen. Stetiges Wachstum im Bereich der Bilanzsumme sowie des betreuten Kundenvolumens zeigen, dass die Bank zu einer kapital- und ertragsstarken Bank im Genossenschaftsbereich zählt. Das genossenschaftliche Modell „Nähe zum Kunden, Verantwortung in der Region und Partner des Mittelstandes […]“ (Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverbund, online, 2017) wird von der analysierten Bank in ihrem Leitbild festgelegt und soll somit die Grundlage des Handelns aller MitarbeiterInnen bilden (vgl. Dokument A - Führungshandbuch, S. 1).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_6

122

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Unternehmenskultur Die Unternehmenskultur der Bank ist deutlich geprägt von dem bereits beschriebenen genossenschaftlichen Geschäftsmodell. Verantwortung für KundInnen, die Region, aber auch für die einzelnen MitarbeiterInnen wird großgeschrieben (vgl. Dokument A - Führungshandbuch, S. 1). Als essenzielle Säulen der Unternehmenskultur werden ein ‚menschliches Miteinander‘, ‚ein gutes Betriebsklima‘, ‚Loyalität‘ sowie die ‚Eigenverantwortung aller MitarbeiterInnen‘ hervorgehoben (vgl. Dokument D - Führungshandbuch). Menschliches Miteinander. „Wir kommunizieren offen, sind zuverlässig, verbessern kontinuierlich unsere Zusammenarbeit und helfen uns gegenseitig im Alltag.“ (Dokument D - Führungshandbuch, S.1) Offenheit, Zuverlässigkeit, eine ehrliche Kommunikation und Hilfe im Geschäftsalltag werden unter einem menschlichen Miteinander verstanden. Die in den Leitsätzen niedergeschriebene gegenseitige Unterstützung wird von den Führungskräften beispielsweise folgendermaßen erlebt: „[…] man wird unterstützt hier drin. […] das ist dieses, […] wenn es jemandem schlecht geht, wenn jemand ein Problem hat in der Familie, sonst irgendwas, dann wird dem geholfen.“ (Interview 14, 00:53:32)

Betriebsklima. Der aktive Beitrag jedes/jeder Einzelnen zu einem positiven Betriebsklima stellt ebenso einen Teil der Unternehmenskultur dar und wird auch in den Interviews als Notwendigkeit hervorgehoben sowie als Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeitsleistung angesehen. „Das positive Betriebsklima in dieser Filiale, wo ich sehr lange war ... da war ich acht Jahre lang. Und ... das bringt natürlich auch eine gewisse Freude an der Arbeit.“ (Interview 13, 00:02:39)

Loyalität. Von den MitarbeiterInnen wird ein hohes Maß an Commitment und Loyalität zur Bank erwartet. Die vereinbarte Linie und Strategie soll verbindlich umgesetzt und die Bank in der Öffentlichkeit vertreten werden (vgl. Dokument B - Führungshandbuch, S. 2). Vice versa werden auch Commitment und Loyalität durch den Arbeitgeber gegenüber den MitarbeiterInnen eingefordert. „Ja, und genauso wie er [der Arbeitgeber] Verlässlichkeit und Loyalität von mir verlangt, ist es mir auch wichtig, dass auch mein Arbeitgeber loyal zu mir ist.“ (Interview 09, 00:37:08; Anmerkungen CE)

Eigenverantwortung. Eigenverantwortung im Rahmen der Unternehmenskultur bedeutet das eigenverantwortliche Arbeiten und somit eine aktive Rolle bei der Erreichung des Geschäftserfolges.

6.1 Beschreibung des Unternehmens

123

„Wir arbeiten eigenverantwortlich im Rahmen der Strategie und definierter Vereinbarungen und tragen durch unseren Einsatz zum gemeinsamen Erfolg bei.“ (Dokument C - Führungshandbuch, S. 1)

Hierbei ist aber auch die eigenständige persönliche Weiterentwicklung der MitarbeiterInnen gemeint. Sie werden aufgefordert, sich aktiv mit der eigenen Rolle, ihren Zielen und den möglichen Perspektiven auseinanderzusetzen, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen (vgl. Dokument B - Führungshandbuch, S. 2). Die geforderte Eigenständigkeit wird dementsprechend kommuniziert und von den MitarbeiterInnen akzeptiert. „Also, die Philosophie von der Bank ist ja […]: Man muss selber wollen. Also Eigeninitiative. Und das, finde ich, ist auch grundsätzlich mal der Knackpunkt.“ (Interview 18, 0:39:46)

Voraussetzungen für eine aktive Eigenverantwortung sind laut Meinung der Führungskräfte ein hoher Grad an Freiraum, eine gelebte Fehlerkultur sowie Möglichkeiten der Karriere- bzw. Weiterentwicklung. Ein gewisser Freiraum, um Dinge mitzugestalten und selber Entscheidungen zu treffen, ohne vorher alles bis ins Detail darlegen zu müssen, impliziert laut InterviewpartnerInnen eine Fehlerkultur, die von allen Ebenen der Bank gelebt wird. „Also … dieses Wissen, ich darf auch einfach mal loslegen, auch wenn’s noch nicht hundertprozentig ist. Auch das ist glaube ich irgendwo eine Kultur.“ (Interview 01, 00:45:25)

Das Schaffen von solchen Rahmenbedingungen gehört demnach unweigerlich zu einer Unternehmenskultur, in der viel Wert auf Eigeninitiative gelegt wird. In der untersuchten Bank wird dies postuliert und Weiterbildung in hohem Maße gefördert und ermöglicht (vgl. beispielhaft hierzu Interview 4, 10, 20). Aktuelle Herausforderungen Die Herausforderungen, welchen sich die gesamte Bankenlandschaft aktuell gegenübersieht, wirken auch auf die untersuchte Bank und stellen in Hinblick auf die Führungstätigkeit in dem Haus nicht zu verkennende Einflussfaktoren dar. Hierbei geht es um die Themen ‚Veränderungsdynamik‘, ‚Bankenkrise‘, ‚Digitalisierung‘ und speziell im vorliegenden Fall ‚Fusionierung‘. Auch das Vorherrschen relativ ‚traditionell geprägter Strukturen‘ kann eine gewisse Hürde darstellen. Die Auswirkungen der Finanzkrise ab 2007 sind deutlich zu spüren. Die momentane Niedrigzinsphase bringt unter den MitarbeiterInnen Unsicherheit in Hin-

124

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

blick auf Aufstiegsmöglichkeiten und auf die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze generell. Die Veränderungen des Bankensektors implizieren Anpassungen der MitarbeiterInnen und der Umgang mit Schnelllebigkeit und den dadurch gestiegenen Anforderungen werden von den Führungskräften als Herausforderungen genannt (vgl. hierzu beispielhaft Interview 04, 03, 08). „Aber jetzt merkt man auch, dass halt sich die Bankenlandschaft verändert oder einfach das Umfeld verändert, und dann ist ja klar, gehst mit, oder du wirst gegangen, so ungefähr.“ (Interview 04, 00:33:23)

Im Speziellen sieht sich die untersuchte Bank darüber hinaus gezwungen, das Thema Digitalisierung stark zu forcieren. Aus Sicht des Vorstandes stellt dies eine zwingende Voraussetzung dar, gerade für die älteren Führungskräfte jedoch eine große Herausforderung in ihrer täglichen Arbeit. „Also, Internet ist halt das Thema für die Zukunft. Wenn du da nicht dabei bist, hast du keine Berechtigung im Management in einer Top-Position zu sein.“ (Interview 21, 00:24:59)

Eine weitere herausfordernde Situation sind die Fusionierungsprozesse, welche sich durch das gesamte Unternehmen ziehen und auch Auswirkungen auf die Personalentwicklung der Führungskräfte hat. „Also, es war gleich jetzt mit der Fusion ... war mal so ein kleiner Cut mit drin. Hat der Herr [Nachname der Person] ja letztes Mal gesagt, dass es auch der Personalabteilung durchaus bewusst ist [Lacht], dass dort die Personalabteilung mehr mit Fusion beschäftigt war.“ (Interview 02, 00:27:13)

Auch die immer noch traditionell geprägten Strukturen der Bank spielen eine Rolle und stellen ggf. hinderliche Faktoren dar. Dazu zählt zum einen das noch sehr stark hierarchisch geprägte Organigramm im Unternehmen und damit verbunden, wahrgenommene Ungleichheiten im Umgang mit den MitarbeiterInnen. Zum anderen auch der Umstand, dass die gesamte Bankenlandschaft sehr stark von männlichen Führungskräften geprägt ist (vgl. Holst, Wittenberg, 2016; Holst, Wrohlich, 2017). Dies wird sowohl von den weiblichen, als auch von den männlichen InterviewpartnerInnen registriert und als Hindernis angesehen. „Ich habe es jetzt mal einfach ... „Frau, Fragezeichen“ hingeschrieben. Aber es war halt wirklich damals die Aussage: ‚Sie sind jetzt Mitte 20, und ...‘... man hat es nicht explizit gesagt ‚Sie werden ja eh Kinder kriegen‘, aber das kam so unterschwellig durch, und ‚Dann brauchen Sie sich doch ein Studium nicht mehr anzutun‘.“ (Interview 01, 00:30:11)

Des Weiteren wird die vorhandene Altersstruktur von den InterviewpartnerInnen als problematisch angesehen – vor allem in Bezug auf die Weiterentwicklung der

6.1 Beschreibung des Unternehmens

125

Gesamtbank. Die Führungskräfte gaben an, dass ältere MitarbeiterInnen nicht mehr dieselbe Leistungsbereitschaft bzw. -fähigkeit aufwiesen wie die jüngere Generation. „Wir haben schon in der Altersstruktur ziemliche Probleme gehabt; Leute, die halt einfach auch nicht mehr leisten wollen oder können; einige drin gehabt, wo man sagt, da muss man jetzt erst mal warten, bis sich das von Haus aus ein bisschen austauscht.“ (Interview 10, 00:40:30)

Ebenso traditionell bedingt ist der Umstand, dass die Führungskräfte in dieser Bank häufig aus den eigenen Reihen kommen. Dies birgt neben vielen Vorteilen auch Herausforderungen für die Personen selbst, vor allem in Bezug auf ihre eigene Rollenfindung sowie die Akzeptanz bei den MitarbeiterInnen. „Bin ja jetzt nicht irgendwann gekommen und war das schon und so, sondern habe mit allen auf der gleichen Ebene quasi angefangen. Und da ist dann ein bisschen schwierig, da den Spagat zu schaffen.“ (Interview 15, 00:04:42)

Führungsverständnis laut Führungshandbuch Das Führungsverständnis, welches aus dem Führungshandbuch abzuleiten ist, bildet die Grundlage für sämtliche Inhouse-Schulungen im Bereich der Führungskräfteentwicklung sowie für die tägliche Führungsarbeit selber und zeigt, welchen Stellenwert das Thema Führung in dem vorliegenden Unternehmen besitzt. Die Führungskraft in der untersuchten Bank ist TrainerIn und Coach, erste/r PersonalentwicklerIn, Vorbild und soll die ‚MitarbeiterInnen entwickeln‘, ihnen ‚Richtung geben‘, das ‚Betriebsklima fördern‘, ‚kommunizieren‘ und ‚strategisch handeln‘. Entwickeln. „Wir sind der erste Personalentwickler.“ (Dokument E - Führungshandbuch, S. 1) Die Führungskraft soll demnach ihren MitarbeiterInnen erster Ansprechpartner in Sachen Weiterentwicklung sein. Das obige Zitat impliziert das Aufzeigen von Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten. Darüber hinaus ist die Führungskraft „ständig als Trainer und Coach gefordert“ (Dokument E - Führungshandbuch, S. 1), indem sie die Stärken und Schwächen der MitarbeiterInnen erkennt und demensprechend fördert; dies verlangt nach einer ständigen Begleitung am Arbeitsplatz. Richtung geben. Durch Zielvereinbarungen anhand der „SMART“-Kriterien86 wird die Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen gefördert und verbunden mit ständigem Feedback die Erreichung derselben konstruktiv kontrolliert. 86

‚SMART‘ ist hier definiert als: spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und temporär.

126

6 Die Ergebnisse der Fallstudie „Wir vermitteln unseren Mitarbeitern (kontinuierlich) die Gesamt- und Bereichsstrategie und sorgen dafür, dass jeder weiß, welchen Beitrag er zum Gesamterfolg liefern soll und warum.“ (Dokument E - Führungshandbuch, S. 2; Hervorhebungen im Original)

Betriebsklima fördern. „Wir schaffen eine motivierende Atmosphäre durch Vertrauen, Transparenz, Fairness und Glaubwürdigkeit.“ (Dokument E - Führungshandbuch, S. 1) Motivation durch ein gutes Betriebsklima wird in der Bank als ein Teilbereich des Führungsverständnisses gesehen. Durch den aktiven Einbezug der MitarbeiterInnen sowie ein Interesse an deren Belangen kann eine Führungskraft dies erreichen. Kommunizieren. Bei diesem Teilbereich geht es um eine aktive, offene und ehrliche Kommunikation. Eine gelebte Feedbackkultur und der gegenseitige Austausch von Erwartungen müssen durch die Führungskraft angestoßen werden. Wichtige Aspekte sind hierbei Transparenz und Fairness. Auch die Weitergabe und Verbreitung von Wissen fällt hierunter. „Bei größeren Besprechungen schaffen wir die Möglichkeit für einen informellen Austausch.“ (Dokument E - Führungshandbuch, S. 2) Strategisch handeln. Die Führungskräfte im Haus werden als Impulsgeber für die Entwicklung einer Gesamtstrategie im Unternehmen gesehen. Sie sollen daran mitwirken und diese dann in ihrem Bereich umsetzen. Entscheidungen werden abgestimmt und mit Verbindlichkeit umgesetzt. „Der Vorstand definiert in der Jahresplanung zusammen mit den verantwortlichen Führungskräften die strategisch wichtigen Themen und die Richtung, die dabei verfolgt wird.“ (Dokument E - Führungshandbuch, S.1)

6.2

Aspekte der Führungskompetenz laut Kompetenzmodell

Das Kompetenzmodell der Bank definiert die für die Führungskräfte des Unternehmens notwendige Führungskompetenz. Personale -, soziale - und Fach- und Methodenkompetenz werden anhand von je zwei bis drei Ausprägungen, welche mit Hilfe von sogenannten Verhaltensankern näher definiert werden, dargestellt. Diese Verhaltensanker geben eine detaillierte Beschreibung darüber, wie die einzelnen Kompetenzen im Verhalten der Führungskräfte sichtbar werden, respektive woran man die Kompetenzen im täglichen Verhalten erkennen kann (vgl. Dokument A - Kompetenzmodell).

6.2 Aspekte der Führungskompetenz laut Kompetenzmodell

127

Fach- und Methodenkompetenz laut Kompetenzmodell Die Fach- und Methodenkompetenz ist aufgegliedert in die Bereiche des ‚strategischen Vorgehens‘, des ‚Methodenwissens‘ sowie des ‚Fachwissens‘. Strategisches Vorgehen. Dieses ist durch die Ausprägungen des analytischen Denkens, des Richtung-Gebens sowie weiters durch unternehmerisches Denken und Handeln ausdifferenziert. Die Führungskräfte sollen in der Lage sein, die Arbeitsprozesse von sich und ihren MitarbeiterInnen analysieren zu können, Problemstellungen zu erkennen und dazu passende Lösungen zu elaborieren. Es soll die Unternehmensstrategie verfolgt und umgesetzt werden und im Rahmen dieser, Zielvereinbarungen nach den SMART-Kriterien zur verbindlichen Umsetzung vereinbart werden. Eigenverantwortliches Denken und Handeln soll im Sinne der Gesamtstrategie erfolgen und so zum Erfolg und der Zukunftsfähigkeit der Bank beitragen (vgl. Dokument G - Kompetenzmodell). Methodenwissen. Projektmanagement/Arbeitsaufträge, Genossenschaftliche Beratung sowie Digitalisierung definieren den Teilbereich des Methodenwissens. Die Führungskraft soll für den eigenen Bereich ein Zielbild definieren, welches innerhalb des Teams gemeinsam zu erarbeiten und umzusetzen ist. Hierfür wird das Beherrschen von Moderationstechniken vorausgesetzt. Das Anwenden und Vorleben der „Genossenschaftlichen Beratung“87 stellt ein weiteres Element des Methodenwissens dar. Die Führungskraft soll hierbei als Vorbild fungieren – dies soll auch in Bezug auf das Nutzen digitaler Medien erfolgen (vgl. Dokument H Kompetenzmodell). Fachwissen. Dieser Aspekt bezieht sich auf ein allgemeines Wissen im Bankenbereich, Informations- und Kommunikationstechniken sowie auf bereichsspezifisches Fachwissen. Die Führungskräfte sollen wesentliche Trends und Erfolgsfaktoren des eigenen Bereiches kennen und dabei auf das Wissen anderer zurückgreifen. Sie nutzen die digitalen Medien und agieren hierbei als Vorbild für ihre MitarbeiterInnen und KollegInnen des Unternehmens. Darüber hinaus sollen die Führungskräfte die Produkte der Bank anwenden können und offen und flexibel hinsichtlich Neuerungen und Veränderungen sein (vgl. Dokument I - Kompetenzmodell).

87

Hierbei handelt es sich um ein an den KundInnen ausgerichtetes Beratungskonzept anhand folgender Grundsätze: „Wir beraten ehrlich […] Wir sprechen verständlich […] Wir handeln glaubwürdig […].“ (Internetauftritt des Unternehmens, online, 2017)

128

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Personale Kompetenz laut Kompetenzmodell Die personale Kompetenz wird in dem Kompetenzmodell der Bank durch die ‚innere Einstellung‘ und die ‚Selbstführung‘ definiert. Innere Einstellung. Von den Führungskräften werden positives Denken, Leistungsbereitschaft und das Leben von Veränderungen erwartet. Eine positive Denkweise impliziert die Auffassung, Misserfolge als Chancen zur Weiterentwicklung anzusehen. Das ständige Streben nach Erfolg zeichnet eine hohe Leistungsbereitschaft und Zielstrebigkeit aus. Veränderungen sollen von den Führungskräften aktiv forciert werden und zusammen mit den MitarbeiterInnen soll an der Umsetzung derselben gearbeitet werden (vgl. Dokument - B Kompetenzmodell). Sich selbst führen. Dieser Aspekt beinhaltet die Verhaltensanker Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen, Selbstreflexion, Authentisch sein, Intuition – Zugang zu Emotionen sowie Achtsamkeit. Die Führungskräfte tragen die Konsequenzen für ihr eigenverantwortliches Handeln, lernen aus gemachten Fehlern und halten sich an getroffene Vereinbarungen. Aufgrund von Reflexion über das eigene Verhalten werden die eigenen Werte identifiziert, Fehler eingestanden und gezielt an der persönlichen Weiterentwicklung gearbeitet. Auf Basis dieses Wertesystems handeln die Führungskräfte authentisch und ehrlich. Durch ein Bewusstsein der eigenen Gefühle sollen die Führungskräfte in der Lage sein, diese zu kommunizieren sowie auf die Emotionen anderer einzugehen. Ein angemessenes Selbstbewusstsein ermöglicht ein Handeln innerhalb der eigenen Grenzen, jedoch auch eine ständige Weiterentwicklung und Arbeit an der eigenen Person (vgl. Dokument C - Kompetenzmodell). Soziale Kompetenz laut Kompetenzmodell ‚Klar kommunizieren‘, ‚Weiterentwicklung fördern‘ und ein ‚Umgang miteinander‘ sind die Elemente der sozialen Kompetenz laut Kompetenzmodell. Klar kommunizieren. Eine klare Kommunikation stellt ein Kriterium der Sozialkompetenz einer Führungskraft dar. Sie wird mit den Aspekten ehrlich und glaubwürdig, Feedback sowie Informationsfluss umschrieben. Basis hierfür ist eine Kultur des Zuhörens und Nachfragens im Rahmen einer vertrauensvollen Atmosphäre, in welcher regelmäßiges Feedback eingefordert und gegeben wird. Konkret geht es darum, dass eine Führungskraft einen effektiven Informationsfluss sowie einen informellen Austausch fördert. Die Führungskraft übernimmt hierbei eine Multiplikator-Funktion hinsichtlich der Weitergabe von relevanten Informationen. Außerdem gehört das Initiieren und Gestalten eines regelmäßigen Dialogs

6.2 Aspekte der Führungskompetenz laut Kompetenzmodell

129

über die gegenseitigen Erwartungen in den Tätigkeitsbereich einer Führungskraft (vgl. Dokument D - Kompetenzmodell). Weiterentwicklung fördern. Die Weiterentwicklung der MitarbeiterInnen soll durch das Anstoßen von Veränderungsbereitschaft, das erfolgreich Machen von KollegInnen bzw. des Teams und durch die Steigerung der eigenen Motivation und Übernahme der Vorbildfunktion gewährleistet werden. Das Leben einer Fehlerkultur und damit verbunden einer Lernkultur impliziert eine Offenheit gegenüber neuen Ideen und ein Ausprobieren neuer Wege. Durch eine wertschätzende Grundhaltung, das Teilen von Erfolgen, gegenseitige Unterstützung und das Aussprechen von Lob fördert die Führungskraft den Zusammenhalt im Team. Neben der Entwicklung der MitarbeiterInnen forciert die Führungskraft selbstständig auch die eigene Weiterentwicklung, indem sie Feedbackgespräche und Maßnahmen der Personalentwicklung einfordert – jedoch immer vor dem Hintergrund eines unternehmerischen Denkens und Handelns (vgl. Dokument E - Kompetenzmodell). Umgang miteinander. Dieser Aspekt der Sozialkompetenz einer Führungskraft umfasst das Einfühlungsvermögen, die Teamfähigkeit und die Konfliktfähigkeit. Die Führungskraft soll Vertrauen und einen wertschätzenden Umgang fördern, indem sie auf die Bedürfnisse, Emotionen und Vorstellungen der Einzelnen eingeht. Sie pflegt eine Zusammenarbeit im Team und erkennt Diversität als Chance an. Darüber hinaus spricht sie auftretende Konflikte frühzeitig an und sucht aktiv nach Lösungen, wobei sie Kritik annimmt und Fehler nicht nur bei anderen sucht (vgl. Dokument F - Kompetenzmodell). Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die Charakteristika der Führungskompetenz laut dem Kompetenzmodell der untersuchten Bank.

130

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Abbildung 10: Darstellung der Elemente des Kompetenzmodells (eigene Darstellung in Anlehnung an das Kompetenzmodell)

6.3

Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen „Hm. Führungskompetenz ist zunächst ... ist für mich die Führungspersönlichkeit darzustellen. […] Ich muss in der Lage sein, mit Werkzeugen umzugehen. […]. Menschenkenntnis ist für mich eine absolute Führungskompetenz. Ich muss eine gewisse Empathie haben. Ich muss ... ich kann nicht der ... der Antimensch sein. So, weil der ganz, ganz massive Probleme in der Zusammenarbeit mit anderen ... ich muss halt eben eine gewisse Teamfähigkeit haben. Ich muss ... letztendlich … ja ... situationsgerecht handeln. Das schließt eine ganze Menge mit ein.“ (Interview 20, 00:25:50)

Eine Diskrepanz hinsichtlich der Auffassung von Führungskompetenz besteht in den Ergebnissen zwischen der Ansicht, dass Führungskräfte bezüglich ihrer Fachkompetenz als Allrounder oder als Fachexperten in den bankspezifischen Themenbereichen gelten. So thematisieren einige der InterviewpartnerInnen die Wichtigkeit, selber als Vorbild zu agieren, indem sie ein hohes Fachwissen und exzellente Kenntnisse in ihrem Fachgebiet besitzen. Andere hingegen sehen in der Menschenführung und in der Motivation der MitarbeiterInnen die Hauptgewichtung von Führungsprozessen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 09, 16).

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

131

Nachfolgende Ausführungen beschreiben die Ergebnisse der Interviews hinsichtlich der subjektiven Einschätzung der Führungskräfte in Bezug auf die einzelnen Komponenten einer Führungskompetenz (also Fach-, Personal-(Human-) sowie Sozialkompetenz). Fachkompetenz laut Interviewergebnissen Fachkompetenz wird in den Interviews kaum thematisiert und erscheint daher nicht so wichtig, darf jedoch nicht unterschätzt werden. Sie wird von den Führungskräften als Basis vorausgesetzt, um darauf aufbauend die Elemente der Personal- bzw. Humankompetenz und der Sozialkompetenz im Prozess der Arbeit zu entwickeln. „Es ist eine Basis. […] Also, ein gewisses Basiswissen brauche ich, um überhaupt mitspielen zu dürfen.“ (Interview 17, 00:18:17) Fachkompetenz lässt sich laut den befragten Führungskräften in drei Teilbereiche gliedern. Zum einen in ‚theoretisches Wissen‘ über bankspezifische Themen, Führungswissen und ein Wissen über die Nutzung digitaler Medien. Zum anderen in ‚Methodenwissen‘ bzgl. Organisation, Strukturierung, Kommunikation sowie über Führungsmethoden. Drittens in ‚konkrete Vorgehensweisen und Abläufe‘ die sich auf fachliche, sprachliche, unternehmerische und führungstechnische Prozesse beziehen. Den letzten Teilbereich stellt die Fähigkeit zum unternehmerischen Denken dar. Theoretisches Wissen. Das theoretische Wissen beinhaltet Fachwissen zu bestimmten Bankprodukten bspw. aus den Bereichen Anlage und Kredit. Das theoretische Führungswissen bezieht sich auf die Kenntnis von Führungstheorien, stilen, Führungswerkzeugen/-instrumenten sowie dem Verständnis über bestimmte psychologische Modelle wie DISG oder auch INSIGHT.88 Die Führungskräfte gaben an, dass dies als Basis oder auch Grundgerüst diene, und je nach Situation und eigener Einschätzung dann selektiv ausgewählt und angewendet werden könne. Das Wissen über die Auswirkungen von Digitalisierung in der Bank wie bspw. die Nutzung sozialer Medien, Kalkulationsprogrammen etc. stellt laut Führungskräften ein weiteres Element des theoretischen Wissens und darüber hinaus gerade für die Älteren die größte Herausforderung in diesem Teilbereich dar (vgl. beispielhaft hierzu Interview 09).

88

Die beiden Modelle stellen Grundlagen dar, um Persönlichkeitsmerkmale von Individuen analysieren und letztendlich einschätzen zu können, und werden in der Bank als solcherart Analyseinstrumente verwendet.

132

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Beherrschen konkreter Methoden. Ein methodisches Vorgehen im Bereich Organisation bedeutet eine strukturierte und organisierte Planung und Vorgehensweise in der Führungstätigkeit. Sie erstreckt sich über alle Bereiche des Handelns von Führungskräften und beinhaltet laut Interviewergebnissen bspw. die Strukturierung der anfallenden Arbeiten sowie des Tagesablaufes und damit Aspekte des Zeitmanagements. „Es gab dann auch die Modelle dazu, wie kann ich […] wie strukturiere ich meine Tage.“ (Interview 20, 00:13:44) Daneben müssen auch Mitarbeitergespräche oder anfallende Projekte im Vorhinein strukturiert und darin getroffene Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden. Die Methoden zur Kommunikation bestehen aus dem Wissen über Feedbackregeln sowie über Formulierung und Aufbau von Mitarbeiter- oder auch Kundengesprächen, um hier eine strukturierte Vorgehensweise zu gewährleisten. Konkrete Methoden zur Führung beziehen sich vor allem auf die Zielvereinbarung und die Nutzung von Führungswerkzeugen wie im vorliegenden Fall der Tools, welche im Führungshandbuch zusammengefasst sind (vgl. beispielhaft hierzu Interview 06, 13, 17). Die Kenntnis und das Beherrschen von bestimmten Abläufen und Vorgehensweisen ist laut Führungskräften ein weiterer Bestandteil der Fachkompetenz. Hierunter fallen fachliche (z.B. das Arbeiten nach bestimmten Abläufen), sprachliche (z.B. die Anpassung an einen Dialekt) sowie unternehmerische (z.B. die Benennung des richtigen Ansprechpartners) Vorgehensweisen. Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass die Orientierung an bestimmten Vorgehensweisen eine Routine in den Handlungen bewirke und für die Ausübung der Führungstätigkeit von Vorteil sei. Auch das Eingehen auf die KundInnen verlange nach der Fähigkeit, sich an diese anzupassen. „Ich habe mich ja sogar sprachlich [an die Kunden] ja angepasst, damit das funktioniert. Weil, ich stamme ja nicht aus Bayern, habe aber relativ schnell gemerkt: […] Am Land, wenn du diese Sprache nicht beherrschst, da verhungerst du.“ (Interview 17, 00:30:01; Anmerkung CE)

Unternehmerisches Denken. Den letzten Teilbereich der Fachkompetenz stellt das unternehmerische Denken dar. Führungskräfte sollten demnach in der Lage sein, in Gesamtzusammenhängen zu denken und mögliche Auswirkungen ihres Handelns bereits im Vorhinein abschätzen und berücksichtigen zu können. Das Erkennen von Zusammenhängen ist wichtig, um strategisch vorgehen und mögliche Einflussfaktoren identifizieren zu können. „Und dass man sich immer vor Augen hält, was hat das für eine Auswirkung […] Verursacht das jetzt Arbeit ... und somit Zeitaufwand?“ (Interview 15, 00:31:25)

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

133

Personal- bzw. Humankompetenz laut Interviewergebnissen Um eine Entwicklung im Bereich der Personal- bzw. Humankompetenz im Rahmen der Führungsaufgaben zu ermöglichen, werden ein hoher Anspruch an sich selbst und das Thema ‚Wollen‘ angeführt. Der Wille sich weiterzuentwickeln, kombiniert mit Ehrgeiz und einem Streben nach Erfolg werden als Voraussetzungen für die Herausbildung einer angemessenen Führungskompetenz angesehen. Darüber hinaus bildet theoretisches Wissen über Methoden zur Strukturierung/zum Priorisieren des Tagesablaufes oder eines Zeitmanagements die Basis für bestimmte Elemente der personalen Kompetenz wie bspw. dem Treffen von Entscheidungen. Als weitere notwendige Bedingung wird eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Führungsverständnis gesehen. Nur wenn man sich selber darüber im Klaren ist, wie man auf seine MitarbeiterInnen wirken und wie man als Führungskraft wahrgenommen werden will, kann die Personalkompetenz adäquat entwickelt werden, was wiederum zu Authentizität im gesamten Auftreten führt. Personal- bzw. Humankompetenz setzt sich laut Aussagen der Führungskräfte zusammen aus den Elementen ‚Selbstkenntnis‘, ‚Bewusstsein über das eigene Auftreten/die Wirkung auf andere‘, ‚Flexibilität/Offenheit‘, ‚Anspruch an sich selbst‘ sowie ‚Klarheit/Konsequenz‘. Selbstkenntnis. „Wut, Angst, Trauer, Freude, und das halt auch mal miterlebt, wie das bei einem selber ist.“ (Interview 19, 00:12:54) Dies ist ausschlaggebend für die Entwicklung der gesamten Führungskompetenz, insbesondere jedoch für die Personal- bzw. Humankompetenz. Ohne das Wissen um die eigene Person ist ein Herausbilden eines eigenen Führungsverständnisses nicht möglich und dementsprechend auch keine Entwicklung der personalen Kompetenz in Bezug auf die Führung. Das Erfahren und Identifizieren der eigenen Werte und Normen sowie der Emotionen ist ein wichtiger Bestandteil der eigenen Führungsidentität und beeinflusst das gesamte Führungshandeln in hohem Maße. Neben der Kenntnis der eigenen Emotionen gaben die Führungskräfte an, dass eine positive Grundeinstellung das Führungsverhalten forme und Chancen dadurch besser wahrgenommen und genutzt werden könnten. „Aber diese besonderen Wendungen und Ereignisse jetzt ganz speziell hier, also man muss ... immer das Positive zu sehen, das habe ich gelernt im Leben.“ (Interview 09, 00:59:00)

Neben der Auseinandersetzung mit den Emotionen, bedeutet auch das Kennen und Respektieren seiner Grenzen ein zentrales Element dieses Teilbereiches der Führungskompetenz. Die Fähigkeit sich angemessen im Rahmen seiner Stärken und Schwächen zu bewegen, zu erkennen, wann es zu viel werden kann, bewirkt ein

134

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

authentisches und glaubwürdiges Auftreten und hilft dabei, sich auf die eigentlichen Führungsaufgaben zu konzentrieren und sich dabei selber nicht zu verlieren. Nur wenn eine Führungskraft sich dessen bewusst ist, kann sie bezogen auf MitarbeiterInnen oder andere Akteure angemessen agieren und mit den unterschiedlichen Charakteren umgehen. Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass dieses Sich-mit-sich-selber-Beschäftigen direkte Auswirkungen auf den Umgang mit Menschen bringe, und daher hinsichtlich eines Führungshandelns, das auf ein Miteinander abzielt, wichtig sei (vgl. beispielhaft hierzu Interview 03, 06, 07, 19). „Also ich habe mich […] in diesen Punkten viel mit mir selber beschäftigt. Also auch unabhängig vom Arbeitgeber. Und wo ich merke, je mehr dass ich mich da beschäftige, umso leichter fällt mir das dann auch, das Team zu führen.“ (Interview 19, 00:10:10)

Verbunden mit dem Kennen der eigenen Grenzen stellt auch das Anerkennen einer Work-Life-Balance einen Aspekt der Personalkompetenz dar. Einen Ausgleich zur den fordernden Aufgaben des Arbeitsalltages zu finden, zeichnet laut InterviewpartnerInnen eine Führungskraft aus. Das Thema Gesundheit bildet einen entscheidenden Schlüssel, um ein erfolgreiches Führungshandeln zu gewährleisten (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 21). Ein ebenfalls entscheidender Aspekt der Personal- bzw. Humankompetenz erscheint daneben die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Sie dient in der gesamten Führungstätigkeit als Grundlage und ermöglicht ein wertvolles Auseinandersetzen mit der eigenen Rolle als Führungskraft. Selbstreflexion bedeutet eine kritische Auseinandersetzung mit sich selber sowie dem Umfeld, das Entwickeln einer eigenen Führungsidentität und den damit verbunden Werten und Vorstellungen. „Immer wenn ich irgendwo Situationen sehe, wo ich sage: ‚Nee, so mag ich jetzt nicht als Führungskraft wirken, oder so bringt es keinen Mehrertrag für uns oder für mich im Team‘, dann weglassen. Und wenn ich sage: ‚Ja, das ist eigentlich eine Idee, wo ich sage, das könnte in meinem Team auch was Gutes tun‘, dann mit dazu tun.“ (Interview 04, 00:06:13)

Bewusstsein über Wirkung auf andere. Die Wirkung auf andere spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, als Führungskraft wahrgenommen zu werden. Aufbauend auf das Führungsverständnis müssen sich Führungskräfte bewusst sein, dass ihr Handeln von anderen Akteuren, seien es MitarbeiterInnen, KollegInnen, Vorstand oder KundInnen, beobachtet und bewertet wird. Die InterviewpartnerInnen gaben hier an, dass vor allem Authentizität und eine Vorbildfunktion entscheidende Faktoren seien. Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und Selbstvertrauen in das eigene Können und Handeln führen zu einer Wirkung der eigenen Person, die von anderen als „Führungspersönlichkeit“ wahrgenommen wird.

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

135

Diese Aspekte sowie Souveränität und Gelassenheit werden im Laufe der Führungslaufbahn entwickelt und finden sich daher vor allem bei den älteren Führungskräften wieder (vgl. beispielhaft hierzu Interview 08, 14, 18). Zwar wird Charisma bei Führungskräften als ein charakterisierendes Merkmal genannt, doch müssen diese Personen nicht zwangsläufig ein extrovertiertes oder außerordentlich auffälliges Auftreten besitzen, „aber eine gewisse, ja, Außenwirkung braucht man schon. […] auch von der Körperhaltung“ (Interview 18, 00:27:34). Damit verbunden ist die Fähigkeit, sich vor anderen präsentieren zu können und auch eine gewisse Art des Eigenmarketings zu unternehmen. Dies spielt dann letztendlich in die Ausprägung der Sozialkompetenz hinein, andere begeistern und mitnehmen zu können. Generell benötigt eine Führungskraft laut Interviews auch ein ausgeprägtes Durchsetzungsvermögen, um von anderen als Führungskraft wahr- bzw. ernst genommen zu werden (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01). Flexibilität/Offenheit. Als ein weiteres konstituierendes Element der Personalbzw. Humankompetenz wird eine generelle Flexibilität genannt. Diese spiegelt sich darin wider, dass Führungskräfte offen für neue Perspektiven sind, nach Alternativen suchen und über den Tellerrand schauen können, eine gewisse Bereitschaft für Veränderungen besitzen und Niederlagen als Chance sehen, daran zu wachsen. „Und ... wo man dann verschiedene Sachen auch austestet und immer wieder drauf stößt: ‚Ja, okay, das war jetzt auch nicht der richtige Weg.‘ Also immer wieder merkt, ja, da geht’s auch nicht weiter. […] einen neuen Trampelpfad finden muss, […] um die Steine herum.“ (Interview 19, 00:16:33)

Eine Offenheit gegenüber neuen Wegen, anderen Zugangsarten, das Ausprobieren unkonventioneller Vorgehensweisen in Verbindung mit einer Bereitschaft sich ständig weiterzuentwickeln – diese Handlungsweisen wurden von den InterviewpartnerInnen als wichtig für eine Führungskraft beschrieben. Darunter fallen auch das eigenständige Suchen nach alternativen Möglichkeiten sowie das Annehmen von Tipps bzgl. Arbeitsstrategien durch dritte Personen wie bspw. KollegInnen oder Vorgesetzte. Die Bereitschaft zur Veränderung und der dadurch entstehende Umgang mit Herausforderungen wird von den Führungskräften in der heutigen Zeit als äußerst entscheidend bezeichnet, da sich das Bankenumfeld in einer unsicheren Phase befindet und die Landschaft von Niedrigzinsen sowie Fusionen geprägt ist (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 03, 15). Anspruch an sich selbst. „Ich habe festgestellt, dass das System, sich was zuzutrauen, Ziele zu haben, selber einen hohen Anspruch an sich selber, […] dass das gut funktioniert hat.“ (Interview 21, 00:20:05) Laut Interviewergebnissen zeichnet

136

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Führungskräfte außerdem ein hoher Leistungsanspruch aus. Das Streben nach Erfolg und der Ehrgeiz, etwas erreichen zu wollen, erfordert Disziplin, eine Orientierung an selbstgesteckten Zielen sowie eine gewisse Selbstlosigkeit in manchen Phasen des Führungslebens. Auch die Fähigkeit, sich für eine Sache begeistern zu können wird hier als Aspekt genannt. Klarheit/Konsequenz. „[…] als Führungskraft muss ich klar sein ... ja ... das ist glaube ich mit das Schwierigste überhaupt in der Führung, sage ich nach wie vor. Ich muss klar sein.“ (Interview 10, 00:05:06) Klares und konsequentes Handeln stellt einen weiteren Grundpfeiler der Personal- bzw. Humankompetenz von Führungskräften dar. Es handelt sich dabei um eine Voraussetzung für ein authentisches Führungsverhalten und weniger um ein Auftreten als autoritäre Führungskraft. Eine klare Erwartungshaltung gegenüber anderen bedingt, sich mit seinen eigenen Erwartungen auseinanderzusetzen und sich über diese klar zu werden. Es geht letztendlich darum, sie über ein konsequentes Handeln einzufordern und so Nachhaltigkeit zu erzeugen. Geradlinigkeit, Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit, also hinter seinen eigenen Entscheidungen zu stehen und diese begründen zu können, sind Elemente, welche Führungskräfte in ihrer Führungsarbeit auszeichnen sollten. Geradlinigkeit bedeutet in dem Zusammenhang auch anzuerkennen, dass man es nicht jedem/r MitarbeiterIn recht machen kann und dass unterschiedliche Charaktere unterschiedliche Ansichten haben. Sozialkompetenz laut Interviewergebnissen „Aber so ein Grundgerüst beim Thema Menschlichkeit braucht man, um eine gute Führungskraft zu sein.“ (Interview 09, 00:26:42)

Als Voraussetzungen für die Herausbildung einer entsprechenden Sozialkompetenz in Bezug auf die Führungstätigkeiten wird ein gewisses Grundgerüst an Menschlichkeit, ein Interesse für Menschen, die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, sowie ein Grundverständnis für ein Miteinander beschrieben. Ähnlich wie bei der Personal- bzw. Humankompetenz stellt ein theoretisches Wissen, beispielsweise über die Phasen des Konfliktmanagements oder Regeln zur Kommunikation bzw. Feedback geben, die Basis für die praktische Umsetzung am Arbeitsplatz dar. Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass die Fähigkeit zur Selbstreflexion förderlich im Hinblick auf die Entwicklung der Sozialkompetenz sei, dass jedoch nicht jede Führungskraft über dieses Vermögen verfüge. Sozialkompetenz lässt sich im Hinblick auf Führungskräfte in die Teilbereiche ‚Teamfähigkeit und Teamgeist fördern‘, ‚Kommunikation‘, ‚MitarbeiterInnen

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

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entwickeln‘, ‚Struktur/Richtung geben‘, ‚Feedback-/Fehlerkultur leben‘ und ‚Beziehungen gestalten‘ aufgliedern. Teamfähigkeit und Teamgeist fördern. Die Gespräche mit den Führungskräften ergaben, dass die Fähigkeit im Team zu arbeiten, sich in dieses einzufügen und sich selbst als Teil des Arbeitsteams zu sehen, auf der einen Seite von entscheidender Bedeutung ist. Den Teamgeist unter den MitarbeiterInnen zu fördern, das gesamte Team weiterzuentwickeln sowie für Veränderungen vorzubereiten, ist auf der anderen Seite ein wichtiges Merkmal der Sozialkompetenz im Hinblick auf Führungskräfte (vgl. beispielhaft hierzu Interview 04, 05). Zusammenhalt unter den Teammitgliedern, einschließlich der Führungskraft, impliziert eine gegenseitige Unterstützung, eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen und benötigt daher eine Vertrauensbasis, die eine enge Beziehung unter den Mitgliedern ermöglicht.89 „Immer für mich entscheidend ist das Thema Vertrauen, also das gegenseitige Vertrauen, wo ich sage, wenn das nicht gegeben ist, dann tue ich mich schon schwer. Also, wenn ich das Gefühl habe, ich werde kontrolliert in meiner Tätigkeit, tue ich mich schwer. Und das Gleiche ist dann aber auch zu meinen Mitarbeitern. Die sollen jetzt nicht das Gefühl haben, dass ich da hinter ihnen stehe und schaue, was machen die. Also, da steckt sehr viel Vertrauen einfach drin.“ (Interview 04, 00:21:07)

Neben dem Herstellen einer gemeinsamen Vertrauensbasis führt eine Führungskraft über eine gemeinsame Zielvorstellung die Interessen der Mitglieder im Sinne von „an einem Strang ziehen“ zusammen und lenkt diese zu einer effizienten Zusammenarbeit. In der Führungstätigkeit geht es also weniger darum, als Einzelkämpfer zu agieren, sondern vielmehr gemeinsam die Anforderungen des Arbeitsalltags zu erledigen. „[…] weniger hierarchisch, also Führung aus der Hierarchie raus, sondern es ist mehr miteinander gewesen.“ (Interview 09, 00:11:06) Das Fördern eines funktionierenden Teams fordert von einer Führungskraft auch die Fähigkeit, auftretende Konflikte (auch außerhalb des eigenen Teams) angemessen zu lösen. Hierbei geht es darum, einen Konflikt rechtzeitig zu erkennen und auch abzuwägen, an welchem Zeitpunkt eingeschritten werden sollte (vgl. beispielhaft hierzu Interview 20). Kommunikation. Um erfolgreich im Team arbeiten, um Menschen verstehen und auf sie eingehen zu können, benötigt eine Führungskraft eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit. Hierzu zählt unter anderem eine Gesprächsführung, die

89

Eine nähere Ausführung, welche weiteren Faktoren diese vertrauensvolle Beziehung ausmacht, erfolgt unter den Punkten ‚Kommunikation‘, und ‚Wertschätzung‘.

138

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

durch nachfolgende Merkmale gekennzeichnet ist. Ein offenes und direktes Ansprechen von Themen ohne konkrete Aspekte zu verschweigen oder wegzulassen, weil man denkt, es könnte den/die andere/n verletzen oder verärgern gehören zu einer klaren Kommunikation. Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass sie Offenheit und Klarheit in der Kommunikation von einer Führungskraft erwarten würden und selber so agieren wollten. Dies impliziert, Erwartungen klar darzulegen und Entscheidungen gegenüber den MitarbeiterInnen zu argumentieren und zu begründen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 08). Darüber hinaus stellt auch die Fähigkeit, situationsangemessen zu formulieren und sich auf den/die GesprächspartnerIn (sei es in Mitarbeiter- oder auch Kundengesprächen) individuell einstellen zu können, einen Teil der Sozialkompetenz dar. Hierunter fallen sowohl eine sprachliche Anpassung des Gesprächs als auch Gestik, Mimik sowie der gesamte Aufbau und die Struktur. „[…] also, es kommt immer ganz drauf an, was er für einen Kunden vor sich gehabt hat.“ (Interview 13, 00:10:47) Eine angemessene Gesprächskultur setzt die Fähigkeit, zuzuhören und auch zwischen den Zeilen lesen zu können wie auch den/die InteraktionspartnerIn etc. aussprechen zu lassen, voraus. Außerdem bedeutet es, dass eine Führungskraft in der Lage ist, auf der einen Seite Emotionen zu erfassen und im Gespräch zu berücksichtigen, und sich auf der anderen Seite nicht zu stark von den eigenen Gefühlen lenken zu lassen. Das Bewältigen dieses Spannungsfeldes stellt laut den InterviewpartnerInnen eine Herausforderung dar, die nicht immer gelingt (vgl. beispielhaft hierzu Interview 03, 07). „Also, man braucht dieses Einfühlungsvermögen, das Mitnehmende […] sich in die anderen reinversetzen zu können, zu verstehen, was ist in dem grad los, und dann auch hinzugucken, was ist gerade. Und die Sprechblase mal zu sehen oder die Emotion zu sehen und zu fragen: ‚Hey, was ist denn grad los?‘“ (Interview 17, 00:19:07)

MitarbeiterInnen entwickeln. Sozialkompetenz in Bezug auf Führungstätigkeit bedeutet auch, die eigenen MitarbeiterInnen erfolgreich zu machen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln. Dazu gehört zunächst einmal, sich Zeit für jede/n Einzelne/n zu nehmen. Besonders für die Führungskräfte im Bereich Vertrieb stellt dies ein großes Spannungsfeld dar. Die Tatsache, dass die Führungskräfte selber als Vertriebskräfte agieren, und daher auch selber noch zu hundert Prozent am Kundengeschäft (inkl. Zielerreichung etc.) beteiligt sind, verhindert möglicherweise eine uneingeschränkte Konzentration auf die Führungstätigkeiten. „Weil, ich denke, die Position, die ich habe, die ist eine der größten Allround-Positionen, die es überhaupt. Aber ... es ist alles doch bloß so halb, wenn ich mal ganz ehrlich bin. Man kann sich nie hundertprozentig auf den Vertrieb konzentrieren, und

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

139

ich kann mich schon gleich überhaupt nicht hundertprozentig auf die Führung konzentrieren. Das ist ein Riesenspannungsfeld, das gefühlt so da ist.“ (Interview 16, 00:38:05)

Die Führungskräfte gaben an, dass sie sich in der Rolle als PersonalentwicklerIn sähen und daher als Coach ihre MitarbeiterInnen unterstützen und sie je nach individuellen Voraussetzungen fördern würden. Dazu gehört vor allem, Entwicklungspotenziale, jedoch auch die Grenzen der MitarbeiterInnen zu erkennen und dementsprechend zu fördern oder zu beachten. „Damals habe ich auch gemerkt, dass Führung halt auch heißt, ja, coachen, wenn du die Leute wirklich erfolgreich machen willst.“ (Interview 10, 00:32:35) Das Fördern der MitarbeiterInnen kann durch direkte Aktivitäten (bspw. dem direkten Einbeziehen der MitarbeiterInnen in Entscheidungsprozesse, der Vermittlung von Neuem) der Führungskraft selber geschehen oder durch die Ermöglichung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen bzw. dem Aufzeigen von Perspektiven zur Entfaltung der Kompetenzen. Ziel einer erfolgreichen Förderung ist die Motivation der MitarbeiterInnen hinsichtlich ihrer Tätigkeiten. Sofern dies gelingt, ist es möglich, von den MitarbeiterInnen die bestmöglichste Leistung abzurufen, da diese dann aus eigener Überzeugung handeln und voll und ganz hinter den zu erledigenden Arbeiten stehen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 06, 07, 09, 13, 18). Die Führungskräfte gaben in den Interviews an, dass je nach MitarbeiterIn ein individuelles Eingehen notwendig sei. Das Bewusstsein, und dann auch ein dementsprechendes Handeln, dass jeder Mensch einzigartig ist und daher einer unterschiedlichen Betreuung bedarf, zeichnen diesen Teilbereich der Führungskompetenz aus. „Ich arbeite mit Individuen, mit Menschen, nicht mit Maschinen. Ergebnis: bei Mitarbeiter A ist es sicherlich anders als bei Mitarbeiterin B oder beim Auszubildenden C.“ (Interview 20, 00:33:51)

Richtung/Struktur geben. „Und dass ich auch das weitergebe, dass ich sage: ‚Ihr müsst jetzt noch nicht genau wissen, wo’s genau endet. Das kann sich zwischendurch auch mal ändern, wo’s hingeht. Aber mit absoluter Sicherheit sagen zu können: Es geht irgendwo hin‘.“ (Interview 01, 00:37:45)

Ein weiterer wichtiger Teilbereich der Sozialkompetenz ist der Aspekt des Richtung- und Strukturgebens. Den MitarbeiterInnen das Gefühl von Sicherheit und Ordnung vermitteln, ihnen einen Rahmen vorzuleben, in welchem sie sich bewegen können, werden von den InterviewpartnerInnen hier als wichtige Aspekte genannt. Dazu gehört das Spannungsverhältnis zwischen Freiraum und Kontrolle, zwischen Delegation und Entscheidungen treffen. Ein hoher Grad an Delegation

140

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

und Übertragung von Verantwortung auf die MitarbeiterInnen wird von den Führungskräften als wichtig, jedoch auch als herausfordernd genannt (vgl. beispielhaft hierzu Interview 02, 09). Das Gewähren von Freiräumen für die MitarbeiterInnen bedingt, dass Führungskräfte die Entscheidungen der ArbeitnehmerInnen mittragen und hinter diesen stehen. Trotz eines hohen Grades an Freiraum stellt auch das Aufzeigen von Grenzen und Entscheidungen treffen einen entscheidenden Faktor der Sozialkompetenz dar. „Herausforderung ist natürlich immer, so diesen Spagat hinzukriegen, ich bin trotzdem noch die Führungskraft, muss auch mal sagen können: ‚Jungs und Mädels, bis hierher und keinen Schritt weiter!‘“ (Interview 01, 00:49:48)

Durch klare Ansagen und Erwartungshaltung bekommen die MitarbeiterInnen so einen Orientierungsrahmen für ihr Verhalten und lernen ihre Führungskraft einzuschätzen und somit die Erwartungshaltung letztendlich auch erfüllen zu können. Darüber hinaus ermöglicht eine klare Erwartungshaltung auch ein konsequentes Handeln. Sofern die Anforderungen an die MitarbeiterInnen kommuniziert und auch festgehalten werden, kann eine Führungskraft bspw. die vereinbarten Ziele auch einfordern. Durch eine Konsequenz in der Führungstätigkeit wird also zum einen eine effektive Arbeit möglich, zum anderen bewirkt sie wiederum ein authentisches Auftreten der Führungskraft selber, da die MitarbeiterInnen ihre Führungskraft ernst nehmen, wenn Konsequenzen auf ihr Handeln folgen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 04, 10). Zwei weitere essenzielle Aspekte, welche im Hinblick auf eine erfolgreiche Führungstätigkeit Hand in Hand gehen, stellen das Leben einer Feedbackkultur und ein wertschätzender Umgang dar. Feedback- und Fehlerkultur leben. „Zum Beispiel auch Feedback geben und nehmen. Und da auch ein positives und negatives Feedback geben.“ (Interview 13, 00:17:47) Eine offene und gelebte Feedbackkultur zeichnet sich dadurch aus, dass Führungskräfte in der Lage sind, sowohl positives Feedback, in Form von Lob und Anerkennung, als auch negatives Feedback geben zu können. Es ermöglicht den MitarbeiterInnen, die eigenen Lernpotenziale zu erkennen und an diesen zu arbeiten. Es geht um ein gegenseitiges Geben und Nehmen von Rückmeldungen, um sich dadurch weiterentwickeln und durch den Austausch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gewährleisten zu können. Es handelt sich dabei nicht nur um eine gelebte Feedbackkultur, sondern ebenso um einen offenen Umgang mit Fehlern. Eine Führungskraft muss laut InterviewpartnerInnen Fehler tolerieren und den MitarbeiterInnen offen kommunizieren, dass diese keine Angst vor Fehlern haben müssen. Neben dem Akzeptieren und Tolerieren von Fehlern, welche

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

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durch MitarbeiterInnen gemacht werden, impliziert das Leben einer Fehlerkultur auch, dass Führungskräfte ihre eigenen Fehler erkennen und gegenüber ihren MitarbeiterInnen oder anderen KollegInnen eingestehen. Eine „gute“ Führungskraft ist demnach nicht unfehlbar (vgl. beispielhaft hierzu Interview 09, 18). „Also, ich bin mir bewusst, dass ich jeden Tag so und so viele Fehler mache. Zu sagen, Mensch, ich mache keine Fehler, das wäre ein Irrglaube.“ (Interview 09, 00:22:27)

Gestalten von Beziehungen auf Grundlage einer Vertrauensbasis. Ziel einer gelungenen Führungsarbeit ist das Gestalten von sozialen Beziehungen im Rahmen einer auf Vertrauen basierenden Atmosphäre. Neben einem wertschätzenden Umgang ist es laut InterviewteilnehmerInnen äußerst förderlich, sich auch für den/die MitarbeiterIn außerhalb des Arbeitslebens zu interessieren, um einen hohen Grad an Vertrauen herzustellen. Hierbei geht es nicht darum, in die Privatsphäre der MitarbeiterInnen einzudringen, sondern vielmehr um ein ehrliches Interesse an dem/r MitarbeiterIn als Mensch und dessen/deren Anliegen sowie Ängste ernst zu nehmen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 14, 19). „Es ist nichts anderes als Menschlichkeit. […] Es geht nur darum zu erkennen, wie geht’s dem anderen, wie geht’s einem selber grade, und dann das anzusprechen, und zwar ehrlich anzusprechen.“ (Interview 14, 00:25:26)

Die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die emotionale Welt anderer Menschen einzufühlen, ermöglicht den Führungskräften einen sensiblen Umgang mit anderen und trägt dazu bei, mit dem Gegenüber eine Beziehung aufzubauen, da dadurch ein empfindsames einfühlsames und individuelles Eingehen auf die jeweilige Person möglich ist. Dies ermöglicht ihnen auch, eine enge Beziehung zu ihnen zu knüpfen. Durch das Bewusstsein der Existenz von Emotionen können die Gefühle der anderen besser wahrgenommen und in der Führungsarbeit berücksichtigt werden. Es geht darum, eine gesunde Mischung zu erlangen, in der Gefühle durchaus gezeigt werden dürfen und deren Auswirkungen auf die Arbeitsleistung somit berücksichtigt werden. Andererseits ist jedoch auch eine bewusste Zurücknahme der eigenen Emotionen notwendig, um als Führungskraft in bestimmten Situationen „rational“ handeln zu können (vgl. beispielhaft hierzu Interview 07). Der Einbezug des privaten Umfeldes wird dahingehend begründet, dass zum einen gemeinsame Interessen aufgedeckt werden können. Zum anderen ist den Interviewten bewusst, dass das Privatleben auch einen erheblichen Einfluss auf die Arbeitsleistung der MitarbeiterInnen haben kann. „Also, wenn ein Mitarbeiter das so offensichtlich mitbringt, ein privates Thema, dann macht’s echt Sinn, weil sonst kannst du auf den oder diejenige nicht zählen. Da kommt keine Leistung mehr, wenn man das nicht verarbeitet hat.“ (Interview 10, 00:29:15)

142

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Ein zentraler Aspekt einer Vertrauensbasis ist das Zutrauen oder auch das Vertrauen in die MitarbeiterInnen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass ein Zutrauen immer damit verbunden sein sollte, dass die MitarbeiterInnen das Gefühl haben, im Falle eines Scheiterns auf die Führungskraft zurückgreifen zu können (vgl. Interview 10). Laut Interviewergebnissen sehen die Führungskräfte ihre MitarbeiterInnen in gewisser Weise als ihre „Schützlinge“, für die sie sowohl bezogen auf die Arbeitsleistung als auch auf deren Wohlbefinden Verantwortung übernehmen wollen. „[…] welche Tragweite und welche Verantwortung auch dahintersteckt, zu sagen ich bin... oder ich fühle mich für Menschen verantwortlich.“ (Interview 08, 00:03:10) Grundlage einer vertrauensvollen Beziehung ist ein wertschätzender, respektvoller Umgang. Eine offene, ehrliche Feedback- und auch Fehlerkultur, sowie generell das gesamte Führungshandeln basiert laut den InterviewpartnerInnen auf einem wertschätzenden Umgang miteinander. Hierbei geht es darum, dass Führungskräfte Meinungen von ihren MitarbeiterInnen akzeptieren, aber auch darum, die Leistung dieser zu würdigen. Wertschätzung bedeutet, MitarbeiterInnen zu ermutigen, ihnen zu sagen, dass ihre Arbeit im Unternehmen wertvoll ist, aber auch einen respektvollen Umgang innerhalb der Gemeinschaft. Ein wertschätzender Umgang impliziert im Prinzip Themen wie Menschlichkeit, Herzlichkeit, Harmonie, Respekt, Integrität, Diskretion, Fairness (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 10).

6.3 Aspekte der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen

143

Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die Charakteristika der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen.

Abbildung 11: Charakteristika der Führungskompetenz laut Interviewergebnissen (eigene Darstellung)

Führungsverständnis laut Interviewergebnissen „Führungskompetenz ist zunächst ... ist für mich, die Führungspersönlichkeit darzustellen.“ (Interview 20, 00:25:49)

Das der soeben dargestellten Führungskompetenz zugrunde liegende Führungsverständnis der InterviewteilnehmerInnen wird nun nachfolgend beschrieben.

144

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Kein richtiges Führen. Vorab kann gesagt werden, dass sich die befragten Führungskräfte dahingehend einig waren, dass „das richtige Führen“ bzw. „die richtige Führung“ nicht existent ist und dass jede/r seinen/ihren eigenen Führungsstil entwickeln muss, da nur dann ein authentisches Handeln möglich ist. „Allein schon, wenn man uns jetzt anschaut, der Herr [Nachname der Person] und ich, wir haben schon sehr unterschiedliche Führungsstile. Und beide sind wir aber im Grunde erfolgreich. Das ist das, was interessant ist, ja?“ (Interview 06, 00:48:34)

Führung ist darüber hinaus situativ und je nach Gegebenheit, Umstand oder Interaktionspartner unterschiedlich zu gestalten. Manche MitarbeiterInnen benötigen mehr Kontakt und Anleitung durch ihre Führungskraft, andere hingegen arbeiten besser, je mehr Freiraum ihnen gelassen wird (vgl. beispielhaft hierfür Interview 09, 20). Nahe, emotionale Führung. „[…] ich sehe es so, dass ich als Führungskraft zunächst einmal im Kern die Mitarbeiter als Menschen zu sehen habe.“ (Interview 20, 0:04:58) Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Führung ist aus Sicht der InterviewpartnerInnen ein Führungsverständnis, welches den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Ein Interviewteilnehmer hat dies mit folgendem Satz beschrieben: „Ich schreibe jetzt mal: ‚Menschen sind der Schlüssel‘. Und dann ist man automatisch bei den Emotionen.“ (Interview 05, 00:21:37) Menschlichkeit, Nähe, ein ehrliches Interesse an seinen MitarbeiterInnen und anderen KollegInnen sowie das Akzeptieren unterschiedlicher Charaktere sind Grundlage des Führungsverständnisses der befragten InterviewpartnerInnen. Spannungsfeld Führungskraft vs. Vertriebskraft. Im vorliegenden Fall stellt sich für einige Führungskräfte der Bank eine spezielle Herausforderung aufgrund ihrer Funktion im Unternehmen. Diese Führungskräfte sind per definitionem sowohl Führungskraft als auch Vertriebskraft. Das heißt, sie sind in das Tagesgeschäft mit den KundInnen eingebunden und bringen zum Teil einen nicht zu verkennenden Anteil am Gesamtgeschäft der jeweiligen Filiale und somit der Bank. Nachfolgende Aussage beschreibt dieses Spannungsfeld sehr anschaulich: „Ich bin ja nicht nur Führungskraft, sondern ich bin Berater, manchmal Mädchen für alles, manchmal komme ich mir vor wie der Hausmeister von dem Gebäude hier. […] Der auch mal Auffangbecken ist für Kummer und Schmerz, wenn die Welt zu ungerecht ist. Und da überall ein Ohr zu haben. Der Ergebnisverantwortung hat, der Filialverantwortung hat.“ (Interview 09, 00:44:57)

Diese doppelte Rolle stellt die Vertriebsführungskräfte vor die Entscheidung, wie viel Zeit sie in ihre Führungsaufgaben investieren, immer vor dem Hintergrund,

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

145

dass dadurch weniger Zeit für das Geschäft mit den KundInnen zur Verfügung steht. Die dargestellten Ausführungen haben den Führungskontext des untersuchten Falls abgebildet. Nachfolgend werden nun die Aktivitäten und Möglichkeiten informeller Kompetenzentwicklung beschrieben, die von den InterviewpartnerInnen im Rahmen der Gespräche genannt und aufgrund der ‚critical incidents‘ identifiziert wurden.

6.4

Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

„Also, Lernen am Arbeitsplatz passiert immer.“ (Interview 03, 00:29:07) Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im direkten Prozess der Arbeit wurden von den Führungskräften als allgegenwärtig beschrieben und als etwas, das nicht als direkt geplant wahrgenommen wird, sondern eher „nebenbei“ passiert. Dieses Kennzeichen und der Umstand, dass sich die TeilnehmerInnen vor dem Interview noch keine Gedanken über ihren ‚Lern-Weg zur Führungskraft‘ gemacht haben, kann erklären, dass Aktivitäten des Lernens und der Kompetenzentwicklung teilweise erst im Verlauf des Interviews als solche erkannt und dementsprechend benannt wurden. Hervorzuheben ist die Erkenntnis, dass Inhalte aus formal oder non-formal organisierten Settings als Grundlage für eine informelle Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz fungieren und den Führungskräften eine Richtung geben, wie sie die Herausforderungen des Arbeitsalltages managen können. Durch die dort erlernten theoretischen Modelle wird den Führungskräften eine Basis gegeben, die es ihnen ermöglicht, das Erlernte am Arbeitsplatz umzusetzen und deren Funktionalität in der Praxis zu erproben. Darüber hinaus stellt die Fähigkeit zur Selbstreflexion der Führungskräfte eine notwendige Voraussetzung für eine informelle Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz dar, um die Ereignisse und Erfahrungen im Arbeitsalltag zugunsten ihrer Kompetenzentwicklung erkennen und nutzen zu können. Aus den Interviews konnten informelle Aktivitäten zur Entwicklung der Führungskompetenz identifiziert werden. Es handelt sich hierbei um Aktivitäten, in denen unterschiedliche Akteursgruppen die Initiative ergreifen, sowie um Chancen und Möglichkeiten zur informellen Kompetenzentwicklung, die aufgrund der Ausführung der Führungstätigkeit und aufgrund spezieller Ereignisse entstehen.

146

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Bei den Aktivitäten der Lernenden in Form eines Selbststudiums unternehmen die Führungskräfte Handlungen, die ohne direkten Kontakt mit anderen Personen vollzogen werden und die sich in den theoretischen Ausführungen von Livingstone im Bereich des ‚self-directed learning‘ befinden. 90 Weitere Aktivitäten stellen im Gegensatz zum Selbstlernen jene dar, in denen der/die LernerIn bewusst in Interaktion mit anderen Personen tritt. Der Anstoß dieser Lernprozesse kann wie bei den vorherigen Handlungen von den Führungskräften ausgehen oder auch durch andere Akteure gezielt initiiert werden. Hierbei spielen Vorgesetzte, MentorInnen91, andere MitarbeiterInnen sowie Lerngruppen eine entscheidende Rolle. In beiden Fällen handelt es sich dem theoretischen Verständnis nach um den Bereich der ‚informal education‘ bzw. des ‚informal trainings‘.92 Neben diesen expliziten Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung konnten weiters inzidentelle Aktivitäten identifiziert werden, die nicht konkret auf ein Lernergebnis bezogen waren und somit ein Nebenprodukt anderer Tätigkeiten darstellen. Im Vergleich zu impliziten Aktivitäten werden sie jedoch unmittelbar im Anschluss an Situationen des Lernens bzw. der Kompetenzentwicklung bewusst als solche erkannt.93 Es handelt sich hierbei um Aktivitäten, die aufgrund der Arbeitsaufgabe oder speziellen Situationen entstehen. Implizite Aktivitäten zur informellen Kompetenzentwicklung sind nicht intentional und werden im ersten Moment auch nicht als solche erkannt.94 Im Gegensatz zu den inzidentellen, welche noch in bzw. unmittelbar nach der Lernsituation erkannt werden, beginnt bei den impliziten Aktivtäten der Aufmerksamkeitsprozess oft erst dann, wenn sich die Führungskraft selber in der Führungsrolle wiederfindet oder anderweitige Anstöße zu Reflexionsprozessen erlebt. Das heißt, die erlebten Aktivitäten werden zwar wahrgenommen, jedoch unter Umständen erst später relevant und als Prozesse der Kompetenzentwicklung erkannt.95

90 91 92 93 94 95

Vgl. Kapitel 4.1. Auf den Unterschied zw. Vorgesetzten und Mentoren wird in Kapitel 7.2.2 eingegangen. Vgl. Kap. 4.1. Vgl. Kap. 4.1. Vgl. Kap. 4.1. Im vorliegenden Fall war es bei manchen Führungskräften die Interviewsituation der empirischen Studie, die einen Anstoß zur Reflexion gab und wodurch informelle Kompetenzentwicklungsprozesse als solche sichtbar wurden.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

147

Nachfolgend werden die Aktivitäten und Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung aus den Interviewergebnissen anhand der Inhalts-, Antriebs- und Interaktionsdimension des ‚advanced model of workplace learning‘ dargestellt und näher beschrieben. Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Inhaltsdimension „Und ich habe dann 2011 auch begonnen, mich persönlich weiterzuentwickeln. […] Aber da jetzt gezielt, durch eben Selbststudium, drum habe ich das auch mal hergeschrieben, auch speziell im Führungsbereich, aber allgemein, ja, menschlich, sage ich jetzt mal, auch noch mal.“ (Interview 03, 00:05:15)

Um eine ‚Funktionalität‘ zu entwickeln, die im Rahmen der Inhaltsdimension des ‚advanced model of workplace learning‘ geformt wird, ist eine Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt vonnöten.96 Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass sie bewusst Reflexionsprozesse angestoßen und vorgenommen hätten, um über sich selbst und ihre Umwelt nachzudenken und diese vor dem Hintergrund der eigenen Identität widerzuspiegeln. Darüber hinaus stellen auch spezielle Situationen wie negative Ereignisse Anlässe dar, um ein Nachdenken und Reflektieren der Führungskräfte zu initiieren. Reflexionsprozesse vornehmen. Die Reflexion über sich selbst, sich aus einer Situation bewusst herauszunehmen, um über das Geschehene nachzudenken, wird von den Führungskräften gezielt im Hinblick auf ihre Weiterentwicklung unternommen. Aus den Interviewergebnissen ging hervor, dass die GesprächspartnerInnen dadurch ihre Personalkompetenz im Bereich der Führungskompetenz herausbilden bzw. weiterentwickeln. Themen der Selbstwahrnehmung und Selbstkenntnis sowie das Bewusstsein über das eigene Auftreten wurden hierbei angesprochen und als Entwicklungsfelder definiert. Bei den unternommenen Prozessen kann unterschieden werden in eine Reflexion über die Arbeitsbedingungen und das eigene Zeitmanagement wie auch über das Verhältnis zu anderen Personen.97 Entscheidungen hinsichtlich des Verlaufs des Berufslebens werden dadurch beeinflusst und somit neue Entwicklungsperspektiven und -wege forciert (vgl. beispielhaft hierzu Interview 14, 21). „Im Endeffekt war’s dann aber so, dass das nicht alles so gelaufen ist, wie ich mir das

96 97

Vgl. Kap. 4.3.3.1. Dies entspricht der strukturellen Reflexivität (vgl. Kap. 4.1).

148

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

vorgestellt habe, auch geschäftspolitisch die Dinge eine andere Richtung genommen haben; […] dass ich gesagt habe: Langfristig ist das nicht mein Ding. Und bin dann zur [XY Bank] gewechselt.“ (Interview 21, 00:10:30) Andererseits erwähnten die InterviewpartnerInnen ganz konkret, über sich selbst zu reflektieren. Dies betrifft bspw. die Wirkung auf andere, das eigene Führungsverständnis, die eigenen Grenzen oder den vorhandenen Lernbedarf hinsichtlich des Ausübens der Führungstätigkeiten98 (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 06, 18). „Und wenn ich dann angefangen habe, das Ganze zu reflektieren und mir zu denken, okay, woran liegt’s, dass ich heute so bin, und dann die Schritte zurückgegangen bin und gemerkt habe, ich bin einfach mal wieder selber über meine Grenze gegangen.“ (Interview 01, 00:52:05)

Negative Ereignisse überstehen. Während herausfordernde Arbeitsaufgaben99 zwar auch als unangenehm empfunden werden, stellen negative Erlebnisse drastische Einschnitte bzw. folgenschwere Veränderungen dar. Trotz des negativen Charakters dieser Situationen, gaben die Führungskräfte an, diese Ereignisse als Chancen für ihre Weiterentwicklung angesehen und dann auch genutzt zu haben. Durch Scheitern bzw. Niederlagen im Führungsalltag, werden sie zum Nachdenken und Reflektieren angeregt. Hierzu zählen Hindernisse im Umgang mit den eigenen MitarbeiterInnen oder aufgrund von Versetzungen gleichermaßen. „[…] und dass man, wenn man sich nicht selber verändert, dass man dann verändert wird. Weil, da [zeigt drauf] wollte ich mich eigentlich nicht verändern. Und da [zeigt drauf] auch nicht. Und dann bin ich verändert worden. […] Weil, das war nicht freiwillig, dass ich ... da bin, wo ich jetzt bin.“ (Interview 15, 00:13:42)

Auch negatives Feedback zur Arbeitsleistung bzw. Rückmeldungen zur eigenen Person, welche im ersten Moment erschütternd erscheinen, werden von den Führungskräften als Ansporn genommen, der wiederum den eigenen Ehrgeiz steigert. Negative Erlebnisse wurden nicht nur durch andere Personen initiiert. Ein Großteil der Führungskräfte gab an, dass sie sich bereits mit dem Thema Überforderung konfrontiert sahen und dies Anlass für Veränderungen in ihren Verhaltensweisen war. Die Erkenntnis, wie wichtig eine ‚Work-Life-Balance‘ ist, und dass man an dieser aktiv arbeiten muss, wurde beispielsweise durch solche Erlebnisse gewonnen.

98 99

Dies entspricht der Selbstreflexivität (vgl. Kap. 4.1). Darauf wird in Kap. 6.4.3 noch näher eingegangen.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

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„Ich hatte eine Zeit, wo ich nur noch an die Bank gedacht habe […] damals habe ich wieder begonnen, Musik zu spielen. Das hat mir persönlich sehr geholfen.“ (Interview 21, 00:27:18)

Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Antriebsdimension Die Aktivitäten im Rahmen der Antriebsdimension beziehen sich vor allem auf die Motivation der Führungskräfte, Anstrengungen hinsichtlich ihrer Kompetenzentwicklung zu unternehmen. Darüber hinaus wird hier vor allem auch der Bezug zur Gefühlswelt der Lernenden sichtbar. Die folgenden Aktivitäten beziehen sowohl Selbstlernaktivitäten und explizite Aktivitäten der Vorgesetzten als auch inzidentelle Möglichkeiten aufgrund spezieller Situationen ein. Bücher/Zeitschriften lesen. Anhand von selbst gewählter Literatur werden bestimmte Themen, welche die einzelnen Führungskräfte interessieren, aufgearbeitet. Diese Tätigkeiten finden auch zu einem großen Teil in der Freizeit statt und betreffen überwiegend die Themenfelder Führungstheorien, bankspezifisches Wissen, Zeit-/Selbstmanagement, Kommunikation sowie Selbstwahrnehmung bzw. -kenntnis. „Bücher, Zeitschriften: Bücher habe ich viele, viele gelesen. Ich habe mich sehr autodidaktisch weitergebildet, grade im Thema Führung.“ (Interview 21, 00:28:16)

Internet nutzen. Ein weiteres Medium, das von den InterviewpartnerInnen im Rahmen des Selbststudiums genutzt wird, ist das Internet. Die Führungskräfte beschäftigen sich hierbei anhand verschiedener Webseiten, YouTube-Videos sowie einschlägiger Blogs vor allem mit Themen der Sozial- und Personalkompetenz. Dabei geht es um die Aufbereitung von Vorträgen, das richtige Auftreten, die Wirkung auf andere und darum, wie man MitarbeiterInnen begeistern und mitnehmen kann. „[…] ich bewege mich sehr viel auch in Blogs. Informiere mich da ständig letztendlich, also mir ist da dieses Thema sehr wichtig. YouTube ist so ein Thema.“ (Interview 18, 00:14:36)

Bewusste Arbeit an sich selbst. Ein gezieltes Ausprobieren von ungewohnten und neuen Verhaltensweisen wurde von den Führungskräften ebenfalls als expli-

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

zite Lernstrategie genannt. Die InterviewpartnerInnen gaben an, gezielt an den eigenen identifizierten Schwächen gearbeitet zu haben.100 Die folgende Aussage zeigt diese bewusste Vorgehensweise. „[…] dann gibt’s ja Typen, extrovertierte, […]. Ich war eher nicht so der Typ. Ich war eher immer so der Abwartende. Und da habe ich mal versucht, das … bewusst daran zu arbeiten. Weil das auch ein Thema Selbstbewusstsein ist.“ (Interview 18, 00:27:34)

Die weiteren Aktivitäten beziehen sich vor allem auf den emotionalen Zustand der Führungskräfte und betreffen das Herstellen einer emotional stabilen Umwelt, in welcher eine informelle Kompetenzentwicklung stattfinden kann. Ein gutes Gefühl geben. Diese Aktivität zielt auf die Gefühlsebene der Führungskräfte ab und wurde in hohem Maße in den Interviews thematisiert. Es handelt sich hierbei um das Gefühl der Wertschätzung, des ‚Ernstgenommen-Werdens‘ sowie des ,Wichtig-Seins‘. Die InterviewpartnerInnen explizierten, dass, sofern diese Gefühle aktiv durch die Vorgesetzten gefördert wurden, ihre Motivation zur Weiterentwicklung anstieg und somit förderliche Bedingungen für die informelle Kompetenzentwicklung entstanden (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 10). Sicherheit geben. Die InterviewpartnerInnen berichteten, dass sie von ihrer Führungskraft das Gefühl der Rückendeckung bekommen hätten, damit ein Lernen durch Ausprobieren ohne Bedenken stattfinden konnte. Der/die Vorgesetzte stand mit Rat und Tat zur Seite sowie hinter ihnen und fungierte somit auch als eine Art ‚Back-Up‘ bei schwierigen Themen bzw. Situationen. Die dadurch entstehende Sicherheit gab den Führungskräften die Möglichkeit, ihre Führungsaufgaben auszuführen und aus den dabei auftretenden Fehlern zu lernen. „[…] diese Notreserve, die der Herr [Nachname der Person] in dem Sinne mir war, weil ich immer einen gehabt habe, den man dann noch fragen konnte oder der irgendwann noch eingesprungen ist […].“ (Interview 03, 00:22:16)

Zutrauen und Freiräume gewähren. Durch Zutrauen in das Können der Führungskraft ermöglichen die Vorgesetzten den Führungskräften, Dinge auszuprobieren und somit ein ‚learning by doing‘. Darüber hinaus wird das Selbstbewusstsein gestärkt und die Führungskräfte erlangen Selbstvertrauen in ihr eigenes Können. Das Gewähren von Freiräumen und das Gefühl von möglichst wenig Kontrolle ermöglicht eine Entfaltung der Führungskräfte in Bezug auf ein selbstständiges Arbeiten und eigenständiges Denken (vgl. beispielhaft hierzu Interview

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Der Anstoß hierzu wurde aufgrund von Selbstreflexionsprozessen, Rückmeldungen, Fehlern etc. gegeben.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

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01, 04, 15). Auch hier wird wieder der Bezug zu der Gefühlswelt der Führungskräfte und der Verbindung zur Antriebsdimension des Modells sichtbar. „Wenn jemand einem was zutraut und sagt: ‚Der kann das, und […] mach! Und lern was dabei!‘ Das ist eine schöne Emotion gewesen.“ (Interview 15, 00:54:43)

Vertrauensvorschuss gewähren. Das Thema Zutrauen spielt vor allem bei der Beziehung zwischen Führungskraft und MentorIn eine entscheidende Rolle. Der/die MentorIn zeigte laut InterviewteilnehmerInnen ein hohes Maß an Vertrauen und ebnete somit die Rahmenbedingungen für die informelle Kompetenzentwicklung der jeweiligen Führungskraft. Ohne dass die Führungskraft sich in bestimmten Bereichen beweisen musste, wurde bereits ein hohes Maß an Verantwortung an sie abgegeben und somit auf deren Können vertraut (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 13, 19). „[…] Meine direkte Führungskraft in [Name des Ortes]. Der ... der hat uns da sehr, sehr freie Hand gelassen in dem, was wir gemacht haben. Und auf der anderen Seite auch mir im Endeffekt alles zugetraut. Also, es war da sehr, sehr viel Zuspruch da, auch gegenüber der Position. Und ... ich habe da sehr viel Vorschussvertrauen gekriegt.“ (Interview 19, 00:19:13)

Erfolgserlebnisse wahrnehmen. Positive, besonders hervorstechende Ereignisse stellen inzidentelle Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung dar. Eine positive Wahrnehmung der eigenen Arbeit fördert beispielsweise das Selbstvertrauen der Führungskräfte. Durch die Anerkennung, selber etwas geleistet oder besonders gut gemacht zu haben, entsteht ein positives Gefühl, welches sich wiederum auf die Motivation der Führungskräfte hinsichtlich ihrer Weiterentwicklung auswirkt. Sofern eine Arbeit als gelungen identifiziert wird, steigt die Selbstwirksamkeitserwartung hinsichtlich der eigenen Führungstätigkeit (vgl. beispielhaft hierzu Interview 04, 07, 16). Ebenso gaben die Führungskräfte an, dass Vertriebserfolge zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen. Auch hier geht es vor allem um die Entwicklung und Förderung von Selbstvertrauen und -bewusstsein im Rahmen der Personalkompetenz. „Vertriebserfolge, […] Weil das einfach auch dann extrem viel mit Selbstvertrauen […] zu tun hat, wenn man sagen kann, das haben wir schon alles erreicht, und dann erreichen wir das auch wieder. Also, da geht man mit einem anderen Selbstverständnis hin.“ (Interview 16, 00:46:14)

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Produktionsseite der Arbeitswelt Neben gezielten Aktivitäten der Vorgesetzten und MentorInnen bieten sich im Rahmen der Produktionsseite der Arbeitswelt weitere Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung: zum einen durch die Arbeitsaufgabe bzw. Tätigkeit der Führungskräfte selber, zum anderen aufgrund von speziellen Ereignissen. Durch die Möglichkeit, an Führungstätigkeiten teilnehmen und diese auch selber ausüben zu können, wird die informelle Kompetenzentwicklung angestoßen, sofern den Führungskräften der nötige Freiraum hierfür gewährt wird. Öffnen von Karrierewegen. Die Förderung durch die Vorgesetzten wurde von den InterviewteilnehmerInnen dahingehend beschrieben, dass das Ermöglichen der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen und das Aufzeigen von Entwicklungsperspektiven im Unternehmen als rahmende Faktoren für die informelle Kompetenzentwicklung wahrgenommen wurden. Das Eröffnen dieser Möglichkeiten vermittelt den Führungskräften Wertschätzung und durch konkrete Perspektiven wird wiederum ihre Motivation gesteigert, an der eigenen Kompetenzentwicklung zu arbeiten. Hier ist der Bezug zu der zuvor beschriebenen Antriebsdimension erkennbar. „Was hat mich unterstützt? Hm ... der damalige Geschäftsstellenleiter, den ich während der Ausbildung schon hatte, der hat wirklich während meinem zweiten Lehrjahr schon zu mir gesagt: ‚Willst du bei uns bleiben? Du passt hier rein‘. Der hat dann auch das damals, dass ich den Fachwirt machen darf ... das war damals nicht so bei uns, dass wir das selber anmelden durften, so wie hier, sondern das hast du von der Bank bezahlt bekommen, und dementsprechend hast du das nur dann machen dürfen, wenn jemand gesagt hat, das ist für dich der richtige Weg.“ (Interview 01, 00:20:07)

Einbinden und Einbeziehen. Zentral in Bezug auf die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte ist auch das gezielte Einbinden in Führungsaufgaben. Dabei handelt es sich um die Übertragung von Verantwortung sowie konkreter Aufgaben. Die Führungskräfte beschrieben dies als ein „schrittweises Hineinwachsen“ in ihre Führungsrolle und als förderlich für die Herausbildung von Selbstbewusstsein und Sozialkompetenz. Durch die Übernahme bestimmter Führungsaufgaben wird den Führungskräften die Möglichkeit gegeben, Dinge auszuprobieren und aus den gemachten Erfahrungen zu lernen. „Habe dann auch erste Aufgaben ‚Führung‘ gekriegt, dass er [der Vorgesetzte] gesagt hat: ‚Gut Urlaubsplanung läuft über dich.‘ […] Und ... ja ... da habe ich quasi dann Führungsaufgaben gehabt, obwohl man keine Führungskraft war.“ (Interview 15, 00:23:52; Anmerkung CE)

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

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Ebenso wird das Einbeziehen der Führungskräfte in Entscheidungsprozesse auf ihrem Weg zur Führungskraft als unterstützend sowie wertschätzend angesehen. Eine Führungskraft beschrieb dies wie folgt: „[…] der Herr [Nachname der Person], der hat mich schon in gewissen Bereichen dann wirklich gefördert, indem dass er mich auch in der Praxis mitgenommen hat. Er war dann Führungskraft und hat mich mitgenommen und hat gesagt: Wie würdest du das jetzt entscheiden, was würdest du da machen?‘“ (Interview 03, 00:07:17)

Zum Einbeziehen gehört für die InterviewpartnerInnen auch, dass die jeweiligen Vorgesetzten ihre Entscheidungen und die Gründe für bestimmte Handlungen erklären und darlegen. Dies schafft Klarheit und Verständnis aufseiten der Führungskräfte und gibt ihnen die Möglichkeit andere Perspektiven einzunehmen. „Er sagt mir auch danach immer, warum er es getan hat. Und das ist das Gute. Also ... er ... er sagt nicht einfach: ‚Ja, das habe ich gemacht.‘ Sondern er sagt: ‚Das habe ich gemacht, weil ...‘ Und dass man die Konsequenzen auch versteht.“ (Interview 15, 00:07:32)

Fördern und Fordern. „[…] einen Chef, mit dem ich gut auskomme, der mich auch fördert und fordert.“ (Interview 11, 00:09:13) Die konkrete Förderung durch den Vorgesetzten wurde von den InterviewpartnerInnen als wichtig beschrieben, da diese Situationen herbeigeführt habe, in denen die Führungskräfte ihre Kompetenzen hatten weiterentwickeln können. Ein erstaunlich hoher Anteil der informellen Kompetenzentwicklung wurde durch Redewendungen beschrieben wie „Wurf ins kalte Wasser“ oder „ins offene Messer laufen lassen“. Die Vorgesetzten hatten die Lernenden bewusst mit neuen Aufgaben oder unbekannten Situationen konfrontiert und somit ein ‚learning by doing‘ bzw. ein Lernen durch ‚trial and error‘ forciert. „Da hat er mich dann bewusst in manche Sachen auch reingeschmissen und gesagt: ‚Jetzt mach mal.‘ Er hat mich auch nie alleine gelassen. Mittlerweile lässt er mich viel allein. Sagt: ‚Das kannst du schon.‘ […] Ja, dann kann man’s auch. Auch wenn’s manchmal zach ist.“ (Interview 15, 00:28:38)

Obwohl diese Handlungen von manchen Führungskräften als herausfordernd und im ersten Moment als unangenehm beschrieben wurden, gaben sie an, dass der Lerneffekt hierbei sehr hoch gewesen sei. Dies war der Fall, sofern dieses „Inskalte-Wasser-Werfen“ mit direktem Feedback zu den gemachten Fehlern und einem Begleiten am Arbeitsplatz verbunden war. Eine weitere explizite Aktivität im Arbeitsprozess ist eine direkte Begleitung durch die Vorgesetzten. Anhand von Tipps oder durch die aktive Unterstützung in Mitarbeitergesprächen werden die Führungskräfte selbstsicher im Auftreten und

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

in der Gesprächsführung. Die Erfahrungen der Vorgesetzten werden hier als hilfreich in Bezug auf die eigene Führungstätigkeit empfunden und durch den gegenseitigen Austausch können andere Perspektiven eingenommen sowie Verhaltensweisen angenommen werden. „[…] Und habe letztendlich mit ihm [dem Chef] gemeinsam Führungsgespräche gemacht.“ (Interview 18, 00:09:06; Anmerkung CE) Zur Führungskraft machen. Laut Interviews sind es im Gegensatz zu den Vorgesetzten die MentorInnen, die den Führungskräften einen Aufstieg im Unternehmen erst wirklich ermöglichen. Dies geschieht dadurch, dass sie das Führungspotenzial in den jeweiligen Personen erkennen, auch wenn sich die Führungskräfte selber dessen noch nicht bewusst sind. Es geht also um das Identifizieren der Führungskräfte und im Anschluss um das Vertrauen in sie. Eine Führungskraft beschrieb dies folgendermaßen: „Mentor […] da geht es um das Thema Vertrauen, oder der sieht in einem etwas, was ich vielleicht selber noch gar nicht sehen. Das ist der Mentor. Und das ist bei mir absolut ein Gefühlsthema dann gewesen, dass der in mir was gesehen hat, und ich habe natürlich auch schon das Vertrauen in den Mentor gehabt, dass der das gut mit mir meint. Also, da stecken diese Gefühle drin.“ (Interview 04, 00:15:55)

Dieses Zitat macht deutlich, dass es bei den MentorInnen um eine vertrauensvolle und höchst emotionale Beziehung geht, welche der informellen Kompetenzentwicklung förderlich ist. Daneben wurde die Definition der Führungskraft als mögliche/r NachfolgerIn von den InterviewpartnerInnen als Möglichkeit zur Weiterentwicklung genannt. Aufgrund dieses Ernennens durch Dritte werde die Motivation der Führungskräfte gesteigert, Anstrengungen zur Weiterentwicklung zu unternehmen und daher die informelle Kompetenzentwicklung ebenfalls gefördert. „Gut, wie gesagt, 2011 ist mir dann das Vertrauen gegeben worden. Ich habe geschrieben, mit Rückendeckung und Förderung vom Vorstand. Also, ich habe vom ersten Tag weg die Rückendeckung gehabt. Habe ich auch gespürt, natürlich auch von dem [Vorname der Person], weil der gesagt hat: ‚Für mich gibt es nur einen Nachfolger, und das bist du‘.“ (Interview 03, 00:03:50)

Während die soeben beschriebenen Aktivitäten durch die Handlungen von Personen beeinflusst werden, stellen die nachfolgenden Ausführungen Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung aufgrund der Arbeitsaufgabe sowie spezieller Situationen dar, die von den Führungskräften selber genutzt werden müssen, um positive Auswirkungen zu erzielen.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

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Schrittweise Zunahme der Verantwortung. Die Führungskräfte berichteten, dass ihre Kompetenzentwicklung auch durch die Übernahme der Führungsrolle im Rahmen einer neuen Stelle angestoßen wurde. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass viele Führungskräfte dem eigenen Haus entstammen und zu Beginn bereits als Verantwortliche für Auszubildende erste Führungsverantwortung übernehmen. Diese Erfahrungen wurden als besonders wertvoll empfunden, da sie für die spätere Führungstätigkeit vorbereitend wirken und den Teilbereich der Sozialkompetenz positiv prägen. „Meine erste Führungsaufgabe. [Lacht] Also, […] [als] Führungskraft der Azubis. Man hat da auch schon erste Personalgespräche, vielleicht auch schon mal erste schwierigere Gespräche, wo man dann schon mal schauen muss, also das war für mich ein ganz großer Schritt, einfach in Richtung Führung, wo man das Ganze eigentlich hat wie später, nur im Kleinen.“ (Interview 02, 00:04:30; Anmerkung CE)

Interaktion mit anderen. Die Interaktion mit KundInnen, MitarbeiterInnen, FührungskollegInnen oder den Vorgesetzten, welche automatisch aufgrund der Ausführung der Führungstätigkeiten entsteht, ermöglicht ebenfalls einen Rahmen zur informellen Kompetenzentwicklung. Diese spielt vor allem in die Entwicklung der Sozialkompetenz hinein. Durch den Kontakt mit KundInnen lernen die Führungskräfte im Arbeitsalltag sich diesen anzupassen, auf sie einzugehen und Elemente einer angemessenen Kommunikation sowie eines empathischen Umgangs anzuwenden. „Ja, aber auch die Kunden lernen uns was. Ich würde es jetzt mal so bezeichnen: So wie ich halt da hereinrufe, so kommt es halt auch zurück.“ (Interview 06, 00:34:17)

Auch die Zusammenarbeit mit den eigenen MitarbeiterInnen ermöglicht den Führungskräften eine ständige Weiterentwicklung und birgt Lernmomente hinsichtlich des Umgangs und des eigenen Auftretens gegenüber diesen. Beispielhaft hierfür ist das Anwenden einer klaren und direkten Kommunikation. „[…] das ist für mich so ein Entwicklungsschritt gerade im Moment; man lernt auch daraus; weil es ist, wie ich gesagt habe, es ist wirklich nicht so einfach. Aber ich habe gemerkt, je klarer man die Erwartungen ausspricht, desto leichter tut man sich dann auch immer wieder, das zu begleiten und auch zu unterstützen.“ (Interview 03, 00:27:06)

Wiederholen der Tätigkeit. Die Führungskräfte beschrieben, dass sie durch das mehrmalige Ausführen einer Tätigkeit, im vorliegenden Fall bspw. eines Mitarbeitergesprächs, Routine erlangten und somit Sicherheit im eigenen Auftreten entwickelten. Dieses Wiederholen hilft, die notwendigen Kompetenzen herauszubilden, und führt somit zu einer effektiven Festigung und Verankerung dieser. Vorgehensweisen und Strategien werden hierdurch angeeignet und auf eine neue

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Gegebenheit adaptiert was dann wiederum ein leichteres Agieren in ungewohnten Situationen ermöglicht. „Und so hat man einfach schon mal ... man weiß schon mal, okay, wie führe ich das Gespräch, wie geht das vonstatten ungefähr. […] man hat einfach schon mal ein bisschen die Übung und einfach schon mal etwas im Hinterkopf, was mache ich mit der Person, was kann ich ansprechen.“ (Interview 02, 0:05:44)

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf Momente der informellen Kompetenzentwicklung aufgrund spezieller Ereignisse und damit aufgrund von Situationen, die nicht Teil des täglichen Arbeitslebens sind und daher als Besonderheit (positiv wie auch negativ) wahrgenommen werden. Teilnahme an Projekten. „Projektgruppen, Führung, Kultur, und-und-und, dass mich die Kollegen sehr schätzen. Und ich habe aber auch gemerkt, dass das unwahrscheinlich viel Spaß macht; mit Leuten zu arbeiten.“ (Interview 14, 00:08:00)

Im Rahmen von Projekttätigkeiten bieten sich zahlreiche Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung. Auch hier gaben die Führungskräfte an, vorwiegend Kompetenzen aus den Bereichen der Sozial-, und Personalkompetenz entwickelt zu haben. Das Arbeiten auf derselben Hierarchiestufe ermöglicht ein gutes Zusammenwirken aller Beteiligten und fördert laut Führungskräften die Fähigkeit mit anderen Menschen umzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Im Rahmen von Projektgruppen wird die Arbeit der Führungskräfte ausgeweitet und es werden neuartige Fragestellungen und Themen bearbeitet, die unter Umständen nicht Teil der täglichen Führungsarbeit sind. Durch TeilnehmerInnen aus unterschiedlichen Bereichen und Ebenen treffen verschiedene Perspektiven aufeinander und durch den Austausch mit diesen wird bei den Führungskräften eine Weiterentwicklung oder Neuformung ihrer Kompetenzen angestoßen. „[…] also, ich habe mich da einmal freiwillig gemeldet bei so Projekten, wo ich gesagt habe, die interessieren mich. Also, das sage ich jetzt auch wieder, Verantwortung übernehmen, das kann man in Projekten eben auch, obwohl ich noch nicht mal Führungskraft war, oder vielleicht ganz frisch war. Das war vielleicht auch ein ‚LernWeg‘.“ (Interview 04, 00:35:00)

Lernen durch Fehler. Fehler bei der Ausführung der Führungsaufgaben spielen in der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte eine entscheidende Rolle. Interessant stellt sich der Umstand dar, dass die InterviewpartnerInnen ihre Fehler generell positiv und als Lernchance bzw. Möglichkeit sahen, sich weiterzuentwickeln bzw. sich zu verbessern. Fehler veranlassten die Führungskräfte, neue Wege zu suchen und auch zu den eigenen Fehlern zu stehen. Das Anerkennen

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

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einer Fehlerkultur im Unternehmen wurde von den InterviewpartnerInnen als wichtige Voraussetzung hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung angesehen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 04, 07, 09, 18). „Also, ich lerne schon von mir selber, von meinen Fehlern, die ich mache, weil das war definitiv ein Fehler, dass ich einfach so lange nur noch runtergeschluckt habe.“ (Interview 07, 00:35:05)

Gemachte Fehler wurden von den Führungskräften häufig in Verbindung mit Rückmeldungen anderer genannt und implizieren daher auch das Leben einer Feedbackkultur auf allen Ebenen des Unternehmens.101 „[…] oft kommen auch dann die Rückmeldungen, wenn man dann irgendwie eine EMail schreibt, dann schreibt er dann zurück: „Okay, ich bin der falsche Ansprechpartner.“ (Interview 02, 00:26:19)

Herausforderungen meistern. Herausforderungen im Arbeitsalltag wurden von den Führungskräften als unangenehmem empfunden, jedoch durchaus als förderlich hinsichtlich ihrer informellen Kompetenzentwicklung beschrieben. Problematische Gespräche führen, negatives Feedback geben, Bewertungsverfahren durchlaufen und auch die Übernahme eines neuen Jobs – diese herausfordernden Situationen wurden aufgezählt und in Verbindung mit der eigenen Entwicklung gebracht. Werden diese Erlebnisse reflektiert und verarbeitet, bieten sie Chancen, um vor allem die Teilbereiche der Sozial- und Personalkompetenz weiterzuentwickeln und nehmen somit Einfluss auf die eigenen Einstellungen und den Umgang mit anderen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 03, 07, 15). „[…] ich habe dann mit ihr auch das Gespräch gesucht, aber das ist für mich schwierig, weil ich schon sehr harmoniebedürftig bin. […] Es gibt immer mal unangenehme Themen, die muss ich natürlich auch ansprechen.“ (Interview 07, 00:11:16)

Generell handelt es sich bei den Aktivitäten und Möglichkeiten im Rahmen der Produktionsseite der Arbeitswelt um ein Lernen aufgrund von Erfahrungen, welches sowohl inzidentell als auch implizit geschehen kann. Durch die Erlebnisse im Arbeitsalltag und bei der Ausführung der Arbeitsaufgabe bzw. dem Erleben von speziellen Situationen bieten sich für die Führungskräfte Möglichkeiten, alle Teilbereiche der Führungskompetenz auszubauen und weiterzuentwickeln. „Ja, und dann, ich sag‘ mal, die Zeit als [Beschreibung der Position] ... dann habe ich fast sechs Jahre als [Position] gearbeitet. Eine sehr gute Ausbildung, habe da viele Erfahrungen gemacht, wo ich gesehen habe, wie Unternehmen laufen.“ (Interview 21, 00:05:42)

101

Auf die Wichtigkeit von Feedback wird im nachfolgenden Kapitel näher eingegangen.

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Lernen durch Erfahrung im Zuge der inzidentellen Aktivitäten bedeutet, dass die Lern- und Kompetenzentwicklungsaktivitäten direkt wahrgenommen werden. Lernen durch Erfahrung im Falle der impliziten Aktivitäten beinhaltet wiederum, dass die Aktivtäten nicht sofort, sondern erst durch spätere Reflexionsprozesse wahrgenommen werden.102 „Ja, man hat viele Erfahrungen gemacht ... im Geschäft einfach auch gemacht. […] ich denke, das Hauptthema ist wirklich ‚Erfahrungen‘.“ (Interview 16, 00:38:05)

Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der Gemeinschaftsseite der Arbeitswelt Grundlage für die informelle Kompetenzentwicklung im Rahmen der Gemeinschaftsseite der Arbeitswelt bildet das Eintauchen in die Arbeitsgemeinschaft und die dadurch entstehenden Möglichkeiten der Interaktion mit anderen. Hier kann unterschieden werden in solche Aktivitäten, die von den Führungskräften oder anderen Akteuren am Arbeitsplatz explizit initiiert werden, sowie in inzidentelle und implizite aufgrund des Verhaltens dieser Personen. Nachfragen. Auffallend bei dieser Aktivität ist, dass dadurch überwiegend Fachkompetenz aufgebaut bzw. entwickelt wird. Die Führungskräfte gaben an, sich gezielt andere Personen zu Hilfe zu holen, sofern sie selber nicht mehr weiterkamen. Vor allem die direkten Vorgesetzten traten hier häufig in Erscheinung; das wurde zum einen damit begründet, dass diese durch ihren Erfahrungsschatz geeignete AnsprechpartnerInnen darstellen, zum anderen geben sie den Lernenden aufgrund ihrer Position und den damit verbundenen Informationskenntnissen Struktur und Richtung für die weitere Vorgehensweise. „[…] wenn’s Fälle gibt, die ich nicht gut alleine beurteilen kann, dann gehe ich auf ihn zu und sage, ich würde gerne das mit ihm besprechen.“ (Interview 11, 00:33:44)

Unterstützung holen. Diese Aktivität wurde vor allem bei schwierigen Mitarbeitergesprächen vorgenommen. Die Führungskräfte wandten sich, ähnlich wie beim Nachfragen, hauptsächlich an ihre Vorgesetzten. Es ging hier um die tatsächliche Begleitung von Gesprächen, d.h. die Führungskräfte wurden durch die Anwesenheit einer erfahreneren Person in Gesprächsaufbau sowie Gesprächsführung unterstützt. Es geht also nicht nur um das Teilen von Wissensbeständen, sondern vielmehr auch um das Gefühl der Sicherheit, in schwierigen Situationen nicht auf sich alleine gestellt zu sein. Dadurch wird wiederum der Bezug zum emotionalen 102

Bspw. durch das Bekleiden und Ausführen der Führungsrolle oder auch durch den Anstoß der durchgeführten Interviews.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

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Erleben der Führungskräfte der Antriebsdimension deutlich. „Ja, da habe ich mir Unterstützung geholt vom Herrn [Nachname der Person]. Noch mal eine Führungskraft mit mehr Erfahrung.“ (Interview 02, 00:11:54) Nachfragen und Unterstützung holen stellen Handlungen dar, die durch die lernende Führungskraft selber initiiert werden. Die nachfolgenden Tätigkeiten können ebenfalls den expliziten Aktivitäten zugeordnet werden, jedoch sind hier Vorgesetzte, MentorInnen und MitarbeiterInnen als Auslöser der Prozesse der Kompetenzentwicklung zu sehen. Ausübung Mentorentätigkeit/Lehraktivitäten. „Und Mentoring glaube ich hat ja was in beide Richtungen. Auch ein, sage ich mal, sehr erfahrener Kollege kann ja davon profitieren, sich mit einem jüngeren Kollegen auszutauschen.“ (Interview 09, 00:55:57)

Durch teilweise non-formal bzw. informell entstandene Mentoringbeziehungen und im Rahmen der Tätigkeit als Auszubildendenverantwortliche werden Kompetenzen in allen Bereichen entwickelt, vorwiegend jedoch die Sozial- bzw. Personalkompetenz. Die Führungskräfte haben durch die Weitergabe von eigenen Werten, Einstellungen und Wissen infolge von Coaching- und Mentoringaktivitäten Selbstbewusstsein entwickelt sowie Sicherheit in der Förderung von MitarbeiterInnen erlangt. Das Übernehmen von Lehrtätigkeiten im Rahmen dieser bewirkt somit eine Förderung der informellen Kompetenzentwicklung. „Was auch noch mein Selbstbewusstsein gestärkt hat ... Thema ‚Coaching‘, wir haben bei uns einen Mitarbeiter gehabt, […] [der] war im Endeffekt halt schlecht im Verkauf. Und, ja, er hat nicht recht gewusst, an was es liegt […] und die Lösung war dann letztendlich Coaching, der sollte sich einfach einen suchen, also wiederum einen Mentor, und der ist auf mich zugekommen. Das war erst mal eine Wertschätzung mir gegenüber. Und da habe ich selber auch wieder gelernt, wie coacht man.“ (Interview 18, 00:36:47; Anmerkung CE)

Hilfestellung bei Netzwerkbildung. Das Herstellen von Kontakten zu anderen Personen103 stellt eine weitere Aktivität dar, die von den direkten Vorgesetzten unternommen wurde. Für die Führungskräfte öffnete sich somit die Möglichkeit, neue Perspektiven einzunehmen und ein Netzwerke aufzubauen, welches für die spätere Entwicklung als sehr hilfreich angesehen wurde. Da Kontakte oftmals über Dritte leichter hergestellt werden können, ermöglicht diese Hilfestellung, dass Führungskräfte leichter zu einem Austausch mit anderen Personen kommen. Die

103

Dies sind Personen, die über relevantes fachliches Wissen, einen reichen Erfahrungsschatz oder wiederum zahlreiche Kontakte verfügen.

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

dadurch entstehenden Interaktionsmöglichkeiten mit erfahreneren MitarbeiterInnen des Unternehmens sowie außerhalb desselben, bieten Potenziale, um die Fach, Sozial-, und Personalkompetenz zu entwickeln.104 „[…] der Herr [Nachname der Person], als damaliger Vorstand […] der hat mir dann damals gesagt: ‚Rufen Sie doch mal bei [Name der Bank] an, wie die das machen.‘ Und das war so mein erster Kontakt mit dem [Vorname der Person].“ (Interview 01, 00:20:07)

Gelebtes Miteinander. Ein Gefühl der Sicherheit bedeutete für die InterviewpartnerInnen auch, dass ihre Vorgesetzten sie nicht als Konkurrenz sehen. Ein Verhältnis, in dem jede/r ihre/seine Stärken einbringen kann, wird als fruchtbar für die informelle Kompetenzentwicklung angeführt. Eine Zusammenarbeit, die von den Vorgesetzten als miteinander gelebt wird, sehen die Führungskräfte als entscheidend an, um ihre Kompetenzen entsprechend entwickeln zu können. Hierzu gehören eine enge Zusammenarbeit, eine gegenseitige Unterstützung sowie der Abbau vorhandener Machtverhältnisse durch die Vorgesetzten. „[…] und dass wir uns gegenseitig auch wirklich diese Unterstützung geben, dass jeder das, was er besser kann als der andere, macht. Also, das ist für mich absolut ideal.“ (Interview 01, 00:53:46)

Präsenz und Greifbarkeit. Eine ebenso wesentliche Verhaltensweise der eigenen Vorgesetzten, die von den Führungskräften wahrgenommen wurde, ist deren Greifbarkeit und Anwesenheit. Die Option, bei Fragen oder Problemen, im vorliegenden Fall vorwiegend beruflicher Art, auf den/die direkte/n Vorgesetzte/n zurückgreifen zu können, wurde von den Führungskräften als fördernde Bedingung für ihre informelle Kompetenzentwicklung angesehen. „Ja, was ich bei Führungskräften, die ich bisher hatte, positiv feststellen muss: Die haben immer Zeit für mich gehabt. Also, das ist etwas Positives. Also, da hatte ich jetzt nie das Gefühl, ich kann da nicht reingehen, oder der fühlt sich jetzt irgendwie gestört oder so.“ (Interview 02, 00:31:00)

Die Führungskräfte betonten, dass das Gefühl, sich jederzeit mit den eigenen Anliegen an den/die ChefIn wenden zu können, die eigene Entwicklung positiv beeinflusst habe. Auch diese Aktivität ist wiederum eng mit der Antriebsdimension verknüpft.

104

An dieser Stelle sei bereits auf Kapitel 6.4.5 verwiesen, in welchem Aktivitäten außerhalb des Unternehmens beschrieben werden.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

161

Fehler- und Feedbackkultur leben. Auf ein Lernen durch Fehler wurde bereits eingegangen.105 Das aktive Leben einer Fehlerkultur durch die Vorgesetzten ermöglicht den Führungskräften die informelle Entwicklung ihrer Führungskompetenz in allen Bereichen. Die Führungskräfte gaben an, dass Vorgesetzte, die Fehlern gegenüber offen und konstruktiv eingestellt sind, einen Rahmen böten, in dem unbekannte Tätigkeiten ausgeführt werden könnten, ohne dass mit negativen Konsequenzen gerechnet werden müsse (vgl. beispielhaft hierzu Interview 04, 09, 18). „Mit meinem Chef ist es so, er sagt oft: ‚Das Ergebnis passt. Aber der Weg zum Ergebnis, das hast du dort nicht super gemacht und dort nicht super gemacht.‘ Und da kann man auch Beispiele sagen. Und ... dann kann man das wieder verknüpfen und sagen: ‚Okay, beim nächsten Mal weiß ich ja, auf was ich schauen muss.‘ […] Und das macht dann einen Vorgesetzten aus. Der soll ein Vorbild sein, sage ich immer. Und soll auch das, was er verlangt, auch selber machen können.“ (Interview 15, 00:12:50)

Eine konkrete Rückmeldung durch die Vorgesetzten zu der eigenen Arbeit sollte laut den InterviewpartnerInnen zwingend stattfinden, um aus Fehlern und durchgeführten Tätigkeiten für spätere Situationen lernen zu können. In Verbindung mit Feedback werden diese Situationen reflektiert und dadurch zu Momenten der informellen Kompetenzentwicklung. Voraussetzung hierfür ist eine Vertrauenskultur, die im gesamten Unternehmen gelebt wird (vgl. Interview 05). Feedback wird auch von den MitarbeiterInnen an ihre direkte Führungskraft gegeben, wobei sich diese gezielten Rückmeldungen in der Realität als eher selten erweisen, auch wenn von den InterviewteilnehmerInnen gerade dies als besonders wertvoll angesehen wird. Sowohl Lob und Bestätigung als auch negatives Feedback wird von den InterviewpartnerInnen sehr geschätzt und in ihrer Kompetenzentwicklung als fördernder Faktor genannt. Das tatsächliche Ausgestalten einer Feedbackkultur stellt daher auf allen Ebenen des Unternehmens eine Bedingung dar, welche die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte fördern oder hemmen kann. „Und das hat uns weitergebracht beide, also das Thema Feedback ist etwas, was ich nutze. Natürlich bekommt man auch gern Lob anstatt, das war jetzt ein kritisches Thema. Aber ich sage, das sollte sich halt die Waage halten. Es gibt immer etwas, was man lernen kann und wo man genauer hinschauen sollte. Also, ich bin mir bewusst, dass ich jeden Tag so und so viele Fehler mache. Zu sagen, Mensch, ich mache keine Fehler, das wäre ein Irrglaube.“ (Interview 09, 00:22:27)

105

Vgl. Kap. 6.4.3.

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6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Sorgen und Kümmern. Auch das Meistern schwieriger Situationen wurde von den Vorgesetzten unterstützt. Sei es bei Problemen im Arbeitskontext, Krankheitsfällen im familiären Umfeld oder bei persönlichen Krisen – durch das Gestalten von unterstützenden Rahmenbedingungen förderten die Vorgesetzten die Entwicklung der Führungskräfte. Hierbei wurden beispielsweise zeitliche Ressourcen zur Verfügung gestellt und den Führungskräften somit die Möglichkeit gegeben, bestimmte Themen aufzuarbeiten (vgl. beispielhaft hierfür Interview 01, 06, 14). „[…] wenn es jemandem schlecht geht, wenn jemand ein Problem hat in der Familie, sonst irgendwas, dann wird dem geholfen. […] Also, klar, ich muss irgendwo schauen, wo sind meine Schäflein. Aber da ist der Punkt, wo ich sage, diese Menschlichkeit auf dieser Ebene, wenn’s jemandem schlecht geht, die ist da.“ (Interview 14, 00:53:32)

Beobachtung ermöglichen. Neben dem gemeinsamen Führen von Gesprächen schaffen die MentorInnen die Möglichkeit des „Dabeiseins“ bei Kunden- oder Mitarbeitergesprächen und bieten somit laut Interviews eine Chance für die Entwicklung der Führungskräfte. Durch die Teilnahme können die Führungskräfte deren Verhaltensweisen beobachten und konkrete Aspekte der Gesprächsführung und Sozialkompetenz aufnehmen. Im Gegensatz zum Abschauen von Vorbildern werden hierbei vorwiegend durch die MentorInnen explizit Gelegenheiten geboten, in denen den Führungskräften die Teilnahme an Lernsituationen ermöglicht wird. „Ich war bei Beratungsgesprächen dabei, und es hat mich teilweise verblüfft, wie er mit den Kunden gesprochen hat. Teilweise auch ... also, es kommt immer ganz drauf an, was er für einen Kunden vor sich gehabt hat. […] Also, das hat mich da schon beeindruckt, und deswegen habe ich mir da viel abschauen können.“ (Interview 13, 0:10:47)

Emotionale Bindung stärken. Die InterviewpartnerInnen beschrieben ihr Verhältnis zu den jeweiligen MentorInnen als emotional, eng und auf der Gefühlsebene aufbauend. Gerade in Bezug auf die Entwicklung der Personalkompetenz wurde eine enge, einfühlsame Beziehung als fruchtbar wahrgenommen. Das bereits beschriebene Vertrauen war gegeben und eine solche Beziehung knüpfte an die Emotionen der Führungskräfte an und vermittelte ihnen ein „gutes Gefühl“. „Und da ist der Lerneffekt […] Also, durch Erlebnisse und emotionale Bindungen ... […] Also, hier ist mehr Nähe da und das gute Gefühl, wenn mir was passiert, ich weiß, da ist was; ich kann mich fallen lassen.“ (Interview 17, 00:25:14)

Die Führungskräfte beschrieben, dass zum Aufbau solcher emotionalen Beziehungen Gemeinsamkeiten bzw. eine Ähnlichkeit von MentorIn und Mentee hilfreich

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

163

seien. Je ähnlicher diese wahrgenommen werden, desto höher ist laut Interviewergebnissen die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine emotionale Beziehung aufbaut (vgl. beispielhaft hierzu Interview 12, 18). Eine Öffnung der MentorInnen wie auch der Führungskräfte selber in Bezug auf die eigene Gefühlswelt wird hier von den Führungskräften als fruchtbar angeführt. „Es geht jetzt nicht darum, dass ich mich in die Privatsphäre vom Mitarbeiter einmische. Da, glaube ich, muss man aufpassen, dass man da nicht übergriffig wird. Aber je mehr ein Mitarbeiter dann von sich preisgibt, auch was so seine Gefühlswelt angeht, umso leichter tue ich mich natürlich auch in der Führung.“ (Interview 19, 00:12:54)

Neben den Vorgesetzten und MentorInnen treten auch MitarbeiterInnen als relevante Gruppe hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte in Erscheinung. Unterstützung geben. Ein gegenseitiges Helfen und die Unterstützung der Führungskräfte durch ihre MitarbeiterInnen werden von den InterviewteilnehmerInnen als fördernd in Bezug auf ihre informelle Kompetenzentwicklung bezeichnet. Dies tritt vor allem im Bereich der Fachkompetenz in den Vordergrund. Hierdurch werden Fachkenntnisse ausgetauscht und Wissen geteilt, bzw. durch gezielte Unterstützung gemeinsam Strategien zum Lösen von Problemen erarbeitet (vgl. Interview 01). „Das war ein genialer Weg gemeinsam. Die Kolleginnen, die haben einfach mich auch komplett unterstützt in vielen Dingen.“ (Interview 06, 00:30:07) Fragen stellen und Rat suchen. Die Tatsache, dass die Führungskräfte bei Fragen und Problemen zu Rate gezogen werden, wirkt sich, ähnlich wie bei den unternommenen MentorInnentätigkeiten, fördernd auf die Personal- und Sozialkompetenz aus. Gestiegenes Selbstbewusstsein und die Erkenntnis, dass man sich auch um die privaten Belange der MitarbeiterInnen kümmern sollte, sind die Ergebnisse dieser Aktivitäten. „[…] ich habe dann irgendwann mal gemerkt, hey, die Leute, die fragen mich, die wollen von mir was wissen. Ohne jetzt da irgendwie überheblich zu wirken, im Verkauf, da bin ich gut. Ich weiß, was ich mache. Und das haben die Leute auch gemerkt. Und das war dann so die erste Initialzündung, wo ich sage, ja ... hm ... ich brauche mich eigentlich nicht zu verstecken.“ (Interview 18, 00:30:32)

Während bei den inzidentellen Aktivitäten die Handlungen anderer direkt in der Situation bzw. unmittelbar danach wahrgenommen werden, erfolgt die informelle Kompetenzentwicklung aufgrund impliziter Aktivitäten erst viel später und hierbei durch konkrete Anstöße zur Reflexion. Dies kann zum einen dann geschehen, wenn die angehenden Führungskräfte die Rolle der Führungskraft einnehmen, zum anderen wurden diese Aktivitäten auch erst durch die Interviews der vorlie-

164

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

genden Dissertation bewusst gemacht. Die InterviewpartnerInnen nannten im Verlauf der Gespräche Handlungen, Verhaltensweisen oder auch die Wirkung anderer Personen, welche sie selber im Laufe ihres Berufslebens als positiv oder negativ empfunden haben. Im Rahmen eines Lernens am Modell hat sowohl das Abschauen von negativen als auch von positiven Vorbildern vor allem einen Einfluss auf die Entwicklung der Personal- sowie Sozialkompetenz; die Fachkompetenz wird nicht erwähnt. Abschauen von positiven Vorbildern. Durch tägliche Interaktionen mit den direkten Vorgesetzten und MentorInnen bieten sich Möglichkeiten, Verhaltensweisen und Handlungsstrategien abzuschauen und zu übernehmen. Das aktive Aneignen und Übernehmen der Elemente, welche die Führungskraft als nützlich und hilfreich empfindet stellt eine Form der informellen Kompetenzentwicklung dar und wirkt sich wiederum vor allem auf die Teilbereiche der Sozial- und Personalkompetenz sowie auf die Formulierung eines eigenen Führungsverständnisses aus. „[…] das lernt man im täglichen Umgang. Und ... man ... man hat seinen Chef vor sich, wo man auch vieles abschauen kann. Oder seinen Mentor, oder wie auch immer. Und versucht das, auf sich selber anzuwenden und bestmöglich umzusetzen.“ (Interview 13, 00:30:08)

Als positive Vorbilder agieren die Gruppen der direkten Vorgesetzten, der MentorInnen, der externen TrainerInnen, der Väter106 sowie ‚der Besten‘. Letztere müssen nicht zwangsläufig andere Führungskräfte sein. Es handelt sich hierbei auch um KollegInnen im Haus, wie bspw. SpezialistInnen, welche für ein bestimmtes Gebiet (bspw. Kredit, Anlage etc.) bekannt und darin besonders erfolgreich sind. „Lernen von den Besten war für mich auch ein Erfolgsschlüssel im Haus oder wo man halt sonst Kontakte hat, dass man sagt: Na ja, der macht es gut. Dass man darauf schaut, warum macht er das gut?“ (Interview 05, 00:05:25)

Hierbei wurden vor allem Verhaltensweisen übernommen, wie „hinter den eigenen Leuten zu stehen“, Geradlinigkeit, Ehrlichkeit und das Streben nach Erfolg. Die Führungskräfte gaben an, dass diese Personen ihr eigenes Führungsverständnis maßgeblich geprägt hätten und durch das Reflektieren der erlebten Vorbilder positiv empfundene Aspekte in das eigene Führungshandeln übernommen worden seien (vgl. beispielhaft hierzu Interview 10, 14)

106

Auf die Gruppe der Personen außerhalb des beruflichen Kontextes wird in Kapitel 6.4.5 noch eingegangen.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

165

Abschauen von negativen Vorbildern. Ebenso wie Verhaltensweisen und Vorgehensweisen im positiven Sinne von den Besten abgeschaut werden, kann dies auch umgekehrt der Fall sein. So werden auch negative Verhaltensweisen oder Handlungen wahrgenommen und dann von den Führungskräften selektiert und bewusst abgelehnt. „Lernen von den Besten, aber auch von den Schlechten. [Lacht] Muss man klipp und klar so sagen. Also, man nimmt auch vieles mit, wo man sagt: Nein, so möchte ich es nicht machen.“ (Interview 05, 00:18:35)

Die Personengruppe, zu der negative Vorbilder zählen, ist auch hier die der Vorgesetzten. Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass sie im Lauf ihres Berufslebens selber unter Vorgesetzten gearbeitet hätten, deren Verhalten nicht mit den Vorstellungen ihres eigenen Führungsverständnisses vereinbar sei. „[…] mit einer [Nachname der Person] als meiner direkten vorgesetzten Führungskraft, wenn man es so bezeichnet ... au, das war schon heftig. […]. Also, lernen tut man halt eines draus: Dass ich heute sage: Es ist fatal, wenn ich mit Mitarbeitern über andere Mitarbeiter spreche.“ (Interview 10, 00:20:14)

Neben den Vorgesetzten wurden auch andere KollegInnen aus dem Führungskreis genannt, von denen die Führungskräfte angaben, dass sie so in ihrer eigenen Führungsrolle nicht wirken wollten. „[…] ich glaube, der ist als Vorgesetzter Horror. Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass er ordentlich mit einem Mitarbeiter sprechen kann, sei es ein Feedbackgespräch, […], sei es ein Personalgespräch […] Also, der hat seine Meinung, die vertritt er, und alles andere zählt nicht. […] also, so haben wir uns so schon verstanden, aber ich habe mir gedacht. Ich möchte den nie als Chef haben, ich finde den unmöglich.“ (Interview 07, 00:33:38)

Negative und positive Vorbilder stellen somit gleichermaßen Quellen der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte dar, von denen Verhaltensweisen übernommen oder hinsichtlich des eigenen Führungshandelns explizit abgelehnt werden. Eine informelle Kompetenzentwicklung aufgrund von Prozessen des Beobachtens wird durch den Arbeitsalltag ermöglicht, sofern die jeweiligen Personen präsent und greifbar sind. Teilnahme an Lerngruppen. Eine weitere explizite Aktivität der informellen Kompetenzentwicklung stellt die Teilnahme an Lerngruppen dar. In Anlehnung an das informelle Lernverständnis von Livingstone entwickeln die Führungskräfte ihre Führungskompetenz auch im Rahmen eines ‚collective learning‘.107 Es wer-

107

Siehe Kapitel 4.1.

166

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

den sowohl Aspekte der Fach- und Personal- als auch der Sozialkompetenz entwickelt. Durch den Austausch mit anderen gaben die InterviewpartnerInnen an, in einer Art „Selbsthilfegruppe“ konkrete Probleme zu besprechen oder den Rat von anderen FührungskollegInnen einzuholen. Diese Lerngruppen entstanden hauptsächlich im Anschluss an non-formale Weiterbildungsangebote und wurden dann von den Führungskräften selbstständig weitergeführt. Durch die daraus resultierenden Möglichkeiten der Interaktion werden Erfahrungen ausgetauscht sowie andere Perspektiven eingenommen und dadurch die eigene Sichtweise erweitert. „Lerngruppen: einfach der Austausch untereinander. […] überwiegend mit anderen Führungskräften, und hier einfach dieser Austausch. Dass man sagt: „Hey, wie machst denn du das, oder wie könnte man das machen?“ Oder auch dann einfach Fachthemen dann gemeinsam erarbeiten, wo jeder seine Stärken einbringen kann. Ja und dann auch, was sicherlich da sehr wichtig war, deswegen habe ich gesagt ‚Selbsthilfegruppe‘, wenn es einem mal nicht so gut gegangen ist, dass man immer eine Gruppe gehabt hat, wo man gesagt haben: ‚Okay jetzt, heute geht es mir nicht so gut.‘ Und dass man einfach mal Probleme einfach mal bereden kann.“ (Interview 05, 00:09:10)

Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung über den beruflichen Kontext hinaus Die bisherigen Ausführungen zu den Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften beziehen sich auf das Umfeld des Arbeitsplatzes und lassen sich in die Dimensionen und Prozesse des ‚advanced model of workplace learning‘ von Illeris einordnen. In den Interviews wurden darüber hinaus jedoch auch Aspekte der informellen Kompetenzentwicklung genannt, die nicht ohne Weiteres dem vorliegenden Modell zugeordnet werden können. Es handelt sich hierbei um den ‚Einbezug des Privatlebens‘, die Entgrenzung der Berufsbeziehung‘, um die ‚Hinwendung zur Spiritualität‘ sowie das ‚Abschauen von Vorbildern außerhalb des beruflichen Kontextes‘. Einbezug des Privatlebens. Ein Arbeitsklima, in dem auch das Privatleben einen gewissen Stellenwert hat und in welchem sich vor allem die Vorgesetzten explizit für das Umfeld der Führungskräfte interessieren und auch von ihrem eigenen erzählen, wurde von den InterviewpartnerInnen als nutzbringend hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung empfunden. Sie gaben an, dass dadurch eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werde, was sich förderlich auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirke. Der Einbezug des privaten Umfeldes wird daher als wichtig erachtet, da dies Umstände sind, die sich in das berufliche Leben hin-

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

167

einziehen und einen Einfluss darauf nehmen. Das Kennen der privaten Lebensumstände führt laut Ergebnissen zu einem erhöhten gegenseitigen Verständnis und dadurch zu einem empathischeren Umgang miteinander, in welchem sich die Führungskräfte dementsprechend wohl fühlen und somit empfänglicher für Prozesse der Kompetenzentwicklung sind. „[…] ist der Herr [Nachname der Person] für mich immer ein wahnsinnig wichtiger Ansprechpartner, beruflich und privat.“ (Interview 15, 00:47:18) „Aber bei uns innerhalb der Abteilung war auch seine Frau präsent, er hat auch Sachen angesprochen, wir wussten auch, wenn irgendwas nicht läuft innerhalb der Familie oder gerade ... […] Und dann konnten wir auch damit umgehen, wenn er sagt, jetzt ist er mal schlechter drauf, oder wir wussten, das hat jetzt nichts mit uns zu tun. Aber wir wussten auch ganz bewusst, wenn es mit uns etwas zu tun hat.“ (Interview 08, 00:40:21)

Neben den Aktivitäten der Vorgesetzten sind, wie bereits beschrieben, auch die MentorInnen relevant, die an der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte mitwirken. Zu erwähnen ist hierbei, dass im vorliegenden Fall die direkten Vorgesetzten häufig auch die Rolle des/der MentorIn eingenommen haben und daher eine doppelte Funktion bekleideten. Entgrenzung der Berufsbeziehung. Stärker als bei den Vorgesetzten wurde bei den MentorInnen das Privatleben thematisiert. Neben dessen gerade beschriebenem Einbezug besteht bei einigen Führungskräften auch außerhalb des Berufslebens eine Beziehung zu ihren MentorInnen. Dies wird positiv empfunden, da die Führungskräfte angeben, dass die MentorInnen sie dadurch kennen und ihre Stärken bzw. Schwächen besser einschätzen können. Ein gezieltes Eingehen auf die jeweilige Führungskraft sei somit leichter möglich, da dadurch ein Gespür für den richtigen Umgang mit der jeweiligen Person entwickelt werde (vgl. beispielhaft hierzu Interview 03, 04). „Also, zwei Mentoren würde ich jetzt in der Berufswelt sehen. Das ist, wie gesagt ... das war der Leiter der [Name der Abteilung], der Herr [Nachname der Person] Den kenne ich auch vom Sport. Also, da war natürlich schon eine Beziehung nicht nur aus der Berufswelt da, sondern auch aus dieser Welt da. Ich glaube, das hilft dann schon immer weiter, dass man sagt, er hat mich woanders auch schon kennengelernt wie ich bin, dadurch nochmals das Thema Vertrauen ... ein sehr hohes Vertrauensverhältnis. Der Mentor hat mich aus meiner Sicht da schon richtig gefordert, also nicht nur gefördert, sondern auch wirklich gefordert, vor allem auch in der Tätigkeit bei ihm. Also, da haben wir schon das Gefühl gehabt, der überträgt mir mehr Verantwortung als den anderen, und ... hat einfach geschaut, wie ich dann damit umgehe.“ (Interview 04, 00:24:16)

168

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Hinwendung zur Spiritualität. Auch persönliche Krisen wurden von den interviewten Führungskräften bezüglich ihrer informellen Kompetenzentwicklung genannt. Krankheiten, Unfälle oder Schicksalsschläge im familiären Umfeld waren oftmals Auslöser für eine Veränderung der eigenen Persönlichkeit. „Ich hab’s erwähnt, das ist einmal ein [Schicksalsschlag im privaten Umfeld]. […][da] habe ich meine persönliche Krise gehabt über ... da wo ich wirklich auch mal [einige Wochen] nicht hier war. Weil einfach auch irgendwo diese Überforderung, dieses ... wie soll ich denn sagen ... auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzend, mit einem sehr hohen Werteanspruch und einem sehr hohen Eigenanspruch. Und dann halt irgendwann mal überschlägt sich das Ganze. Aber auch das macht wieder irgendwo stärker.“ (Interview 14, 00:14:06; Anmerkung CE)

Ähnlich wie bei einem Lernen aus Fehlern oder dem Meistern negativer Ereignisse, ist auch hier die Einstellung der Führungskräfte erkennbar, dass jede Niederlage eine Chance darstellt, persönlich zu wachsen. Eng damit verbunden ist die Suche nach alternativen Möglichkeiten, um vor allem einschneidende Erlebnisse zu meistern. Die Führungskräfte gaben ein erhöhtes Interesse an spirituellen Praktiken an und sahen dies als hilfreich für die informelle Kompetenzentwicklung an. Durch die Beschäftigung mit Astrologie, Familienaufstellungen, Meditation und Psychologie eigneten sich einige der InterviewpartnerInnen Empathie und ein eigenes Verständnis darüber an, wie sie als Führungskraft sein wollen. Die Personen, die diesen Weg einschlugen, gaben an, dass sie dadurch ein wesentlich besseres Verständnis für ihre eigene Person und Zwischenmenschliches besäßen. Dies wiederum wird als essenzielle Voraussetzungen für eine Führungskraft gesehen 108 (vgl. beispielhaft hierzu Interview 03, 14, 18). „Das geht dann so weit, zu Meditation und so weiter und mit so Themen habe ich mich auch beschäftigt. Und da hat es viele Sachen gegeben, die haben mir da wirklich sehr, sehr geholfen. Oft banale Geschichten.“ (Interview 18, 00:21:08) „Das hat jetzt aber nichts mit dem […] Christentum zu tun, sondern ... wie man ihn auch immer nennen mag, ob man ihn Gott nennen mag, oder keine Ahnung was. Also das … dieses Vertrauen dahin, das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt. […] der ‚Weg zu mir‘ eigentlich ... […] gibt mir auch die innere Ruhe, Gelassenheit und auch die Sicherheit, ich werde da das Richtige tun.“ (Interview 03, 00:13:39)

Abschauen von positiven Vorbildern. Als weiteren förderlichen Aspekt außerhalb des Arbeitsumfeldes werden, ähnlich wie bei den Vorbildern im Arbeitsumfeld, Personen genannt, die in den Augen der Führungskräfte eine Modellfunktion innehaben. An dieser Stelle handelt es sich jedoch ausschließlich um positive Vorbilder. Externe TrainerInnen bzw. Coaches sowie die Vaterfigur werden genannt, 108

Vgl. hierzu auch Kap. 6.3.4.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

169

die zwar nicht zwangsläufig im direkten beruflichen Kontext auftreten, sehr oft jedoch als zentral für die informelle Führungskompetenzentwicklung angesehen wurden. Ehrgeiz und ein Streben nach Leistung, sowie ein empathischer, jedoch gleichzeitig konsequenter Umgang wurden als Elemente genannt, die von diesen Personen übernommen wurden (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 04). Formale und non-formale Aus- und Weiterbildung. Als letzten noch zu ergänzenden Aspekt muss die Teilnahme an formalen und non-formalen Aus- und Weiterbildungsprogrammen genannt werden. Obgleich in den Interviews der Fokus auf den Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz lag, wurde von den InterviewpartnerInnen auch dieser Bereich thematisiert und im Rahmen der ‚critical incidents‘ genannt. Dies impliziert eine Bedeutsamkeit dieser Maßnahmen aus Sicht der Führungskräfte hinsichtlich ihrer Kompetenzentwicklung. Wie in den Ausführungen zu den Aspekten der Führungskompetenz sichtbar wurde, stellt die Fachkompetenz oder wie die InterviewpartnerInnen es nannten, die Theorie, die selbstverständliche Basis für die informelle Kompetenzentwicklung dar. Aus den biografischen Verläufen der Führungskräfte ist abzuleiten, dass der überwiegende Teil eine Banklehre durchlief, bevor eine Führungsposition angetreten wurde. Dieser Weg ist klassisch für den Genossenschaftssektor und wurde von den Führungskräften als Grundlage ihrer Kompetenzentwicklung angesehen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 02, 09, 13, 15, 19, 21). Darüber hinaus wurden durch die Bank angebotene interne Seminare zur Führungskräfteentwicklung sowie die Weiterbildungsprogramme des Fach- und Betriebswirtes von den Führungskräften in Anspruch genommen und als wichtig angesehen (vgl. beispielhaft hierzu Interview 01, 02, 13, 16, 19). Neben diesen Weiterbildungen ist auch eine dahingehende Tendenz erkennbar, dass die Führungskräfte zusätzliche, unter Umständen auch fachfremde Ausbildungen absolvieren.109 „Ja, sind ja viele Seminare gewesen. Es waren ja etliche. Ich war ja da [Anzahl der Jahre] berufsbegleitend unterwegs.“ (Interview 17, 00:23:00) Hierbei handelt es sich vorranging um Coaching-Ausbildungen und solche im Rahmen der Hinwendung zur Spiritualität. Diesen wird hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung ein hoher Stellenwert beigemessen und sie tragen vor allem zur Steigerung der Sozial- und Personalkompetenz bei. „[…] wie sorge ich für den richtigen Teamgeist, wie löse ich Konflikte, und auch, wie sorge ich für mehr Zeiteffektivität. Im Sinne von: Ich bin natürlich auch selber in erster Linie Vorbild, so sehe ich mich auch, dass man es vorlebt natürlich, und dann natürlich auch dementsprechend immer wieder mit den Leuten in Einzelgesprächen auch die Themen offen ansprechen.“ (Interview 06, 00:05:45) 109

Hierbei handelt es sich bspw. um Ausbildungen zum Businesscoach, zur systemischen Aufstellungsarbeit, zum pferdegestützten Coaching etc..

170

6 Die Ergebnisse der Fallstudie

Generell kann festgehalten werden, dass auch die formalen und non-formalen Programme einen wichtigen Stellenwert einnehmen, wenn es um die Entwicklung der Führungskompetenz geht. Sie geben den Führungskräften eine Richtung, wie sie die Herausforderungen des Arbeitsalltages managen können. Durch die dort erlernten theoretischen Modelle wird den Führungskräften eine Basis gegeben, die es ihnen ermöglicht, das Erlernte am Arbeitsplatz umzusetzen und dessen Funktionalität in der Praxis zu erproben. Oftmals werden die entsprechenden Seminare jedoch erst nach Antreten der Führungspositionen besucht, sodass die Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz dem Erlernen von Theorien vorausgeht. Durch diese Umkehrung der Abfolge kann der Idee der Herausbildung einer entsprechenden Wissensbasis nicht entsprochen werden und so ist es nicht verwunderlich, dass die InterviewpartnerInnen das Verhältnis von Lernen am Arbeitsplatz und einem Lernen in formalen und non-formalen Maßnahmen wie folgt beschreiben: „Ich hätte jetzt gesagt 75:25, also 75 das so in der Praxis, und 25 Theorie.“ (Interview 03, 00:29:22) „Lernen durch ‚learning by doing‘ sozusagen zu 80 Prozent und 20 Prozent mache ich durch Workshops und durch Theorie.“ (Interview 09, 01:05:05) „50 Prozent wahrscheinlich ... könnten auch 60 Prozent sein, über diesen Studienweg. […] 40 Prozent sind dann eher die Erfahrungen.“ (Interview 20, 00:07:02)

Um einen Überblick zu geben, werden die Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften in der nachfolgenden Grafik zusammengefasst und visualisiert.

6.4 Aktivitäten der Kompetenzentwicklung im Prozess des alltäglichen Arbeitens

171

Abbildung 12: Aktivitäten und Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung (eigene Darstellung)

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse „In der Fallstudie, die auf wissenschaftliche Erkenntnis zielt, ergibt sich das zusätzliche Problem, daß das Ergebnis der Fallanalyse zu den vorhandenen allgemeinen Wissensbeständen in Beziehung gesetzt werden muß, um den Fall als einen typischen, exemplarischen auszuweisen, der eine wissenschaftliche Erkenntnis sichtbar macht und die allgemeinen Wissensbestände bereichert.“ (Fatke, 1997: S. 62)

Die in den vorangehenden Ausführungen dargestellten Interviewergebnisse werden daher nun für die weitere Diskussion und Interpretation der Daten herangezogen und mit den theoretischen Ausarbeitungen der Dissertation in Beziehung gestellt, um sie im Hinblick auf die Forschungsfrage zu interpretieren. Ziel ist es, Hinweise dafür zu geben, wie die relevanten Personengruppen die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte unterstützen können, um diese zu ermöglichen. Seufert (2013) beschreibt diese Notwendigkeit folgendermaßen: „Im Bereich des informellen Lernens vollziehen sich darüber hinaus Prozesse der Kompetenzentwicklung, die jenseits der Wissensentwicklung für relevant, aber schwierig beeinflussbar gelten. […] Sollen diese Kompetenzentwicklungsbereiche jedoch beeinflusst werden, dann sind verstärkt auch Kontexte jenseits der Kompetenzentwicklung in formellen Kontexten zu identifizieren und zu gestalten.“ (Seufert u. a., 2013b: S. 501)

Die nachfolgende Diskussion baut auf den Ergebnissen der Interviews auf und betrachtet diese hinsichtlich der Besonderheiten des Aneignungs- und des Interaktionsprozesses des ‚advanced model of workplace learning‘ von Illeris, welches in Kap. 4.3.3 für die Gruppe der Führungskräfte dargestellt wurde. Dadurch werden die Aussagen der InterviewpartnerInnen vor diesen theoretischen Ausführungen gespiegelt sowie relevante Auffälligkeiten und Gemeinsamkeiten thematisiert.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_7

174

7.1

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

Besonderheiten hinsichtlich des individuellen Aneignungsprozesses

Inhalt des individuellen Aneignungsprozesses ist im vorliegenden Fall die Führungskompetenz mit ihren Teilbereichen der Fach-, Personal- und Sozialkompetenz, die mit den Elementen der reflexiven Führungsfähigkeit, sprich der Fähigkeit zu struktureller Reflexivität, Selbstreflexivität und den Persönlichkeitseigenschaften in einer Wechselbeziehung steht und dadurch ein reflexives Handeln in der Führungstätigkeit ermöglichen soll. Der durch die Dimension des Inhalts und des Antriebs geprägte Aneignungsprozess ist somit durch all das gekennzeichnet, das im weitersten Sinn erlernt werden kann und wird durch emotionale, volitionale und motivationale Faktoren gelenkt. Aktivitäten zur informellen Kompetenzentwicklung, die im Rahmen dieses Prozesses unternommen werden, zielen daher vor allem auf Reflexionsprozesse, Emotionen sowie eine Steigerung der Motivation und Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskräfte ab. Hierzu zählen zum Beispiel das Schaffen eines Klimas der Wertschätzung, des Wichtig-Seins oder auch des Ernstgenommen-Werdens durch die Vorgesetzten sowie das Nachdenken über das eigene Führungsverständnis (vgl. Kap. 6.4.1; 6.4.2). Die nachfolgenden Ausführungen zeigen auffällige Aspekte des Aneignungsprozesses auf und stellen diese zur Diskussion. Überfrachtung des Anforderungsprofils von Führungskräften oder auch die Ausgrenzung des Fachlichen? Während die ursprüngliche Definition der Inhaltsdimension auf Wissen, Fähigkeiten und Kenntnisse abzielt, werden durch die Prozesse der Akkommodation und Transformation vor allem solche Prozesse angestoßen, durch welche eine Entwicklung von Kompetenzen bei den Führungskräften vonstattengeht. Somit muss der Inhalt dieser Prozesse um Meinungen, Einstellungen und Werte etc. erweitert werden (vgl. Kap. 4.3.3.1). Hinsichtlich der Facetten der Führungskompetenz lässt sich feststellen, dass die Analyse der Ergebnisse sowohl der Dokumente des Führungshandbuches und des Kompetenzmodells als auch der Interviews eindeutig die Teilbereiche der Sozial- und Personalkompetenz hervorhebt. Besonders im Führungshandbuch und im Kompetenzmodell der Bank liegt der Fokus stark auf der Sozialkompetenz. Führungskräfte werden vor allem als erste/r PersonalentwicklerIn, TrainerIn und Coach vor Ort gesehen und als diejenigen, die ein vertrauensvolles Betriebs- und Teamklima durch eine aktive, wertschätzende Kommunikation gestalten. Im Ver-

7.1 Besonderheiten hinsichtlich des individuellen Aneignungsprozesses

175

gleich hierzu sehen die Führungskräfte vor allem die Personalkompetenz als essenziellen Bereich an, um als Führungskraft erfolgreich agieren zu können. Die Führungskräfte betonten, dass der Wille sich weiterzuentwickeln, kombiniert mit Ehrgeiz und Streben nach Erfolg, die Voraussetzungen für die Herausbildung einer Führungskompetenz sind. Daneben sahen sie auch die Fähigkeit, sich mit der eigenen Führungsidentität auseinanderzusetzen, als entscheidenden Faktor für den Entwicklungsprozess an (vgl. Day, Harrison, 2007). Da gerade die Herausbildung der Führungsidentität als Zusammenspiel von Prozessen in der Arbeit selber sowie außerhalb dieser definiert wird, stellt sich in Bezug auf die Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung die Frage nach der Entgrenzung derselben.110 Dass die Fachkompetenz weder im Führungshandbuch bzw. Kompetenzmodell noch in den Interviews eine besonders starke Betonung erfährt, darf jedoch nicht zu der Annahme einer geringeren Bedeutsamkeit dieser führen. In den Interviewergebnissen lässt sich vielmehr erkennen, dass sie als Voraussetzung und Fundament für die informelle Kompetenzentwicklung gesehen wird. Es findet jedoch eine geringe Entwicklung dieser im Rahmen informeller Prozesse am Arbeitsplatz statt, trotzdem gaben die GesprächspartnerInnen immer wieder Hinweise darauf, dass sie sich diese durch formale und non-formale Aus- und Weiterbildungsprogrammen aneignen. In der Teilnahme an Schulungsmaßnahmen, die sowohl Inhalte aus dem Fachgebiet der Führungskräfte als auch aus fachfremden Gebieten umfassen, wird die theoretische Basis für die Führungsarbeit gesehen. Auf dieser Grundlage wurden auch organisatorische Kompetenzen entwickelt, die eine informelle Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz erleichtern. Strukturiertes Vorgehen und Zeitmanagement im Rahmen eines angemessenen Selbstmanagements können hier beispielhaft angeführt werden (vgl. Kap. 6.3.5; Hrivnak u. a., 2009). Hinsichtlich der Ausprägung der Fachkompetenz muss auf eine Besonderheit der Tätigkeiten jener Führungskräfte hingewiesen werden, die „am Markt“, d.h. im Vertriebsgeschäft eingesetzt sind. Diese Führungskräfte sind im vorliegenden Fall neben ihrer Führungstätigkeit auch noch voll im Tagesgeschehen aktiv und tragen in den meisten Fällen auch zum Großteil des Geschäfts ihrer Filiale bei (vgl. Schmoll, 2012). Dies stellt die Führungskräfte vor die Herausforderung, den Spagat zwischen Führung und Vertriebsaufgaben zu meistern, was die Frage aufwirft, ob dieser zu bewerkstelligen ist, oder eher zu einer Überforderung führt (vgl. Kap. 6.3.4). Betrachtet man die Interviewergebnisse und hierbei die auffällig hohe Gewichtung der Sozialkompetenz im Vergleich zur Fachkompetenz, kann davon ausgegangen werden, dass der überwiegende Anteil der Führungskräfte die ‚personal110

Darauf wird im Kapitel 7.3 eingegangen werden.

176

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

interaktive‘ Führung als seine Hauptaufgabe sieht (vgl. Wunderer, 2009). Dennoch besteht eine Diskrepanz zwischen der Ansicht darüber, ob Führungskräfte bezügliche ihrer Fachkompetenz als Allrounder oder doch als Fachexperten in den bankspezifischen Themenbereichen gelten sollen (vgl. Kap. 6.3.1; Schmoll, 2012). Die Bedeutung des Kontextes für die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften Wie die Untersuchung zeigt, nimmt der Kontext mit seinen Facetten einen Einfluss auf die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte am Arbeitsplatz (vgl. Evans u. a., 2006). Hierzu gehören der direkte unternehmerische Kontext mit seiner Unternehmens- und Organisationskultur und dem damit verbundenen Führungsverständnis sowie auch der rahmende gesellschaftliche und wirtschaftliche Kontext, bspw. die Entwicklungen in der Bankenbranche seit 2007. Die aktuellen Herausforderungen, welche allgemein im gesamten Bankensektor spürbar sind, wie Bankenkrise und Niedrigzinsphase sowie im Fall der vorliegenden Bank zusätzlich Fusionierung und Digitalisierung führen dazu, dass Unsicherheit und Veränderungsdynamik hinsichtlich der Arbeitsplätze und damit aufgrund steigender Anforderungen die Motivation zu Weiterentwicklung und ständiger Anpassung auch die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte beeinflusst. Die Führungskräfte sehen sich gezwungen, sich auf die Veränderungen einzustellen, und sind sich dessen bewusst, dass dafür umfassende Kompetenzen notwendig sind und Lern- bzw. Kompetenzentwicklungsprozesse zum täglichen Arbeitsleben gehören. Das noch immer traditionell geprägte hierarchische Verständnis der Bank, welches sich in der Dominanz männlicher Führungskräfte und der Ernennung der Führungskräfte aus den eigenen Reihen zeigt, bildet unter Umständen Barrieren, wenn es um die persönliche Weiterentwicklung der Führungskräfte geht, da hierdurch die Motivation der Führungskräfte negativ beeinflusst werden kann (vgl. Kap. 6.1.3). 111 Eng verbunden mit den Entwicklungen im Umfeld der Bank ist auch das Führungsverständnis. Wenn man sich die einzelnen Ausprägungen der Führungskompetenz im Führungshandbuch sowie in den Interviewergebnissen ansieht, dann ist erkennbar, dass die Auffassung der Führungskräfte über ihr eigenes Führungsverständnis maßgeblich durch die Unternehmenskultur der Bank geprägt ist. Die

111

Vgl. hierzu die in der Praxis vieldiskutiere Metapher der „Gläsernen Decke“. Zum Problem der Geschlechterungleichheit in Unternehmen vgl. Krell (2011).

7.1 Besonderheiten hinsichtlich des individuellen Aneignungsprozesses

177

Kompetenzen, welche von der Bank als wichtig empfunden werden, um eine Führungstätigkeit ausführen zu können, werden den Führungskräften überwiegend über non-formale Schulungen vermittelt und beeinflussen diese dahingehend, dass die Führungskräfte diese Aspekte zum Großteil als ebenso wichtig empfinden. Führung und somit das gesamte Führungsverständnis ist ein soziales Konstrukt (vgl. Kap. 2.1) und die Entwicklung der Führungskompetenz ist in den Kontext der sozialen Praxis eingebunden und dementsprechend situiert (vgl. Lave, Wenger, 1991). Die in dem Führungshandbuch112 beschriebenen Säulen der Unternehmenskultur ‚menschliches Miteinander‘, ‚gutes Betriebsklima‘, ‚Loyalität‘ sowie die ‚Eigenverantwortung aller MitarbeiterInnen‘ finden sich in den Aussagen der Führungskräfte wieder. Hinsichtlich der Forschungsfrage muss der kontextuelle Faktor mitgedacht und die Aussagen der Führungskräfte vor dem Hintergrund der Unternehmenskultur interpretiert werden (vgl. Sambrook, 2006). Wie die Ergebnisse der Interviews zeigen, sollte die Unternehmens- und vor allem die Organisationskultur eine Fehler-, Feedback- sowie Lernkultur umfassen und auf einem vertrauensvollen Verhältnis der gesamten Belegschaft aufbauen. Das Leben dieser Feedbackkultur muss auf alle Personen im Unternehmen bezogen werden und umfasst sowohl ein aktives Einholen von Rückmeldungen als auch das Darlegen der eigenen Wahrnehmung gegenüber Personen aller Hierarchieebenen. Eine starke Unternehmenskultur fördert neben Handlungsorientierung und Komplexitätsreduktion auch die Bereitschaft der Mitglieder des Unternehmens, Engagement zu zeigen, und wirkt sich durch diese Motivation wiederum unterstützend auf die informelle Kompetenzentwicklung aus (vgl. Kap. 6.3.4; Graf, 2000: S. 351). Während affirmative Rückmeldungen anderer zu einer Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung und somit zu dem Streben der Führungskräfte nach Weiterentwicklung führen (vgl. Bandura, 1977, 1997), kann Feedback, welches Potenziale und Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt und im ersten Moment vielleicht bestürzend wirkt, einen Ansporn hervorrufen, die Kompetenzen weiterzuentwickeln und an diesen zu arbeiten (vgl. Kap.6.3.4). Durch eine ermöglichende Lernkultur, welche durch ausreichende Handlungsspielräume, Kooperations- bzw. Kommunikationsmöglichkeiten, die Möglichkeit für zwischenmenschliche Kontakte, die Übertragung von Verantwortung, die Möglichkeit selbstständiger Bearbeitung, die Anerkennung von Entwicklungsund Partizipationsmöglichkeiten sowie ausreichende zeitliche Ressourcen für ein Lernen gekennzeichnet ist, wird die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte gefördert (vgl. Graf, Laske, 2011: S. 130f.; Kap. 4.1). Die Ergebnisse 112

Neben der Vision und dem Leitbild stellt das Führungshandbuch eine Möglichkeit dar, die Verinnerlichung der Werte der Bank zu bewirken (vgl. Kieser, Walgenbach, 2010: S. 121f.).

178

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

der Studie zeigen auch, dass zu einer Lernkultur die Möglichkeit der Teilnahme an Weiterbildungsprogrammen gehört. Hierbei handelt es sich wie bereits erwähnt um das Schaffen von Fachkompetenz als Grundlage, jedoch auch um eine Weiterentwicklung von Personal- und Sozialkompetenz, sofern eine gezielte Arbeit an beispielsweise den eigenen Werten und dem Führungsverständnis erfolgt (vgl. Kap. 6.1.2, 6.3.5). Die Inhalte der Unternehmenskultur sollten entsprechend auf allen Ebenen des Unternehmens kommuniziert und diese auch tatsächlich gelebt werden. Hierbei nehmen vor allem die oberen Etagen und Führungskräfte eine Vorbildfunktion ein und fungieren, sofern sie sich mit dieser identifizieren, als Kulturträger, da sie durch die Aktivitäten ihres Führungsverhaltens die Orientierungsmuster der MitarbeiterInnen beeinflussen, Werte weitergeben und so einen Einfluss auf die Kulturgestaltung nehmen können (vgl. Graf, 2000; Schein, 1995). Die Relevanz von Reflexion und Emotion Einen weiteren wichtigen Aspekt im Rahmen des individuellen Aneignungsprozesses stellt die Rolle von Reflexionsprozessen und Emotionen dar. Die Interviewergebnisse zeigen, dass diese die informelle Kompetenzentwicklung in besonderem Maße beeinflussen und von den Führungskräften als bedeutsam angesehen werden. „Aufpassen, sensibel sein; da habe ich was nicht wahrgenommen. Also, ich gucke dann bei mir und lerne schon wieder. Also bin ich schon ein Selbstlerner, weil ich reflektiere. Häufiger als andere. Nicht immer. Aber häufiger als andere vielleicht.“ (Interview 17, 00:40:15)

Strukturelle Reflexivität und Selbstreflexivität werden in den empirischen Ergebnissen als Grundlage zur Entwicklung der Führungskompetenz identifiziert. Sie werden einerseits als Voraussetzung für die informellen Entwicklungsprozesse angesehen, andererseits stellen sie einen Teilaspekt der Personal- bzw. Humankompetenz dar und ermöglichen somit, dass gemachte Erfahrungen zu Lern- bzw. Kompetenzentwicklungsmöglichleiten werden. Die strukturelle Reflexion, also das Reflektieren des Arbeitskontextes und der gegebenen Ressourcen (inkl. der darin agierenden Personen), hängt stark mit der Selbstreflexivität zusammen. Die Vorstellung darüber, wie der eigene Arbeitskontext und die tägliche Arbeit aussehen sollen, wird mit den tatsächlich gegebenen Möglichleiten abgeglichen und veranlasst die Führungskräfte, Anstrengungen hinsichtlich ihrer informellen Kompetenzentwicklung zu unternehmen oder zu unterlassen. Da Selbstreflexivität die Auseinandersetzung mit sich selbst bedeutet,

7.1 Besonderheiten hinsichtlich des individuellen Aneignungsprozesses

179

stellt sie zum einen die Voraussetzung dar, den Arbeitskontext vor dem Hintergrund der eigenen Vorstellungen zu reflektieren. Zum anderen tangiert sie zwangsläufig die Identitätsbildung und damit die Entwicklung von Kompetenzen. Laut empirischer Untersuchung kann angenommen werden, dass Führungskräfte bereits eine hohe Selbstreflexionsfähigkeit besitzen, dennoch erscheint eine gezielte Förderung derselben sinnvoll, sofern die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte unterstützt werden soll. Auffällig ist hierbei, dass jene Führungskräfte eine höhere Reflexionsfähigkeit bei sich selber wahrnahmen, die in ihrem privaten Umfeld Kontakt zu spirituellen Praktiken aufwiesen (vgl. Goleman u. a., 2002). Da Reflexionsprozesse neben der Auseinandersetzung mit früheren Erlebnissen immer auch deren Spiegelung mit den eigenen Gefühlen und Werten bedeutet, besteht hier eine direkte Verbindung zu der Emotionswelt der LernerInnen. Die Wichtigkeit von Emotionen wurde bereits im Rahmen der Selbstreflexivität betont. Dabei ging es jedoch vorrangig um das Bewusstwerden der eigenen Gefühle und den Umgang mit diesen. Die empirische Untersuchung ergab jedoch des Weiteren, dass es dabei auch um das Bewusstsein der Gefühle anderer, also einem Empathievermögen und darüber hinaus auch um das Gestalten der Gefühlslagen aller Akteure im Unternehmen gehen muss. „[…] dass man in Gefühle reingeht ... bewusst in Gefühle reingehen, in Wut, Angst, Trauer, Freude, und die halt wirklich auch mal miterlebt, wie das bei einem selber ist. Und ich glaube, dass nochmals diese ... diese vier Grundgefühle unterm Strich ... ich schätze jetzt mal ... 90 Prozent von unserem ganzen Handeln beeinflussen.“ (Interview 19, 00:12:54)

Die Übertragbarkeit von Stimmungen auf andere und die dadurch entstehende Beeinflussung der Verhaltensweisen und das Herstellen eines positiven Arbeitsklimas (vgl. Büser, 2004) stellen bedeutende Bedingungen informeller Kompetenzentwicklungsprozesse von Führungskräften dar, da sich Gefühle als lernfördernd oder lernhemmend erweisen können (vgl. Gieseke, 2016). Der aktuelle emotionale Zustand der Lernenden nimmt einen entscheidenden Einfluss auf ihre Selbstwirksamkeitserwartung und eine positive Gefühlslage wird als eher förderlich hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung angesehen. Die Aktivitäten, die den emotionalen Zustand und das Herstellen einer positiv wahrgenommenen Umwelt abbilden, sind bspw. das Wahrnehmen von Erfolgserlebnissen, Sicherheit und Rückendeckung sowie gefühlte Wertschätzung (vgl. Kap. 6.3.2). Das Lernen durch Situationen, die einem „Wurf ins kalte Wasser“ gleichen, stellt ein Beispiel dar, welches die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Gefühlen zeigt. Während die Führungskräfte dies als äußerst relevant für die informelle Kompetenzentwicklung bezeichneten, wurde gleichzeitig thematisiert, dass diese Situationen, wenn

180

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

sie einen positiven Einfluss auf die Weiterentwicklung hatten, immer mit dem Gefühl der Rückendeckung verbunden waren. Die Führungskräfte hatten somit ein Gefühl der Sicherheit, in schwierigen Lagen vor allem auf die jeweiligen Vorgesetzten zurückgreifen zu können, und gaben an, sich selber dadurch mehr zuzutrauen und Dinge auszuprobieren (vgl. Kap. 6.3.2). Auch das Meistern von drastischen Einschnitten in das Leben der Führungskräfte wurde in den Interviews als Möglichkeit zur informellen Kompetenzentwicklung gesehen. Sie stellen emotionale Krisen dar, welche als biografische und inhaltliche Lernanlässe angesehen werden können und, sofern sie entsprechend begleitet werden, zu einer Entwicklung der Führungskompetenz führen können (vgl. Gieseke, 2016). Aktivitäten zur Förderung der Reflexionsfähigkeit sollten gezielt unternommen werden (vgl. Graf, Laske, 2011: S. 108). Durch die bereits thematisierte Feedbackkultur können Anstöße gegeben werden, um eine Reflexion über Situationen sowie die eigene Person hervorzurufen. Auch hinsichtlich der Emotionen im Prozess der Kompetenzentwicklung müssen verschiedene Aspekte beachtet werden. Zum einen müssen Emotionen als ständige Begleiter und Ermöglicher von Lernund Kompetenzentwicklungsprozessen gesehen werden. Ein positives Arbeitsklima kann dabei einen entscheidenden Beitrag leisten. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass nicht nur positive Emotionen Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse bewirken, sondern dass auch unangenehme Gefühle zu diesen führen können (vgl. Greder-Specht, 2009). Zum anderen stellen Emotionen auch Inhalte dieser Prozesse dar und sind daher ein zentrales Element der Führungskompetenz. Hierzu gehören die Förderung eines offenen Umgangs mit den eigenen Gefühlen und das Beachten der Emotionen der anderen Akteure (vgl. Kap. 3.3). Der Umgang mit Emotionen wird im nachfolgenden Kapitel, im Rahmen der Diskussion um den Stellenwert von Beziehungen für die informelle Kompetenzentwicklung nochmals aufgegriffen, da emotionale Intelligenz und eine ausgeprägte Empathiefähigkeit Voraussetzungen sind, um lernförderliche Beziehungen zu ermöglichen.

7.2 Zur Bedeutsamkeit des Interaktionsprozesses

7.2

181

Zur Bedeutsamkeit des Interaktionsprozesses

Der Interaktionsprozess der Führungskräfte hinsichtlich der jeweiligen Umwelt wird durch die Produktionsseite der Arbeitswelt sowie durch deren Gemeinschaftsseite determiniert. Die Ergebnisse der empirischen Studie zeigen, dass der Gemeinschaftsseite bezüglich der informellen Kompetenzentwicklung eine überaus entscheidende Bedeutung zukommt. Hierbei werden vor allem der Stellenwert emotionaler Beziehungen und dabei die Relevanz der handelnden Akteure thematisiert und hervorgehoben. Dies stellt eine wichtige Grundlage dar und knüpft an das Konzept der ‚communities of practice‘ an, welches die Teilhabe an solchen sozialen Interaktionen ermöglicht und als Quelle für die Entwicklung eines dynamischen Wissens im Unternehmen gesehen wird. Durch ein gemeinsames Unterfangen, gegenseitiges Engagement sowie durch ein gemeinsames Repertoire an bspw. Werten, Routinen etc., werden Erkenntnisse und Ideen ausgetauscht, Lösungen gesucht und dadurch ein soziales Lernen ermöglicht. Die Ergebnisse zeigten, dass die Führungskräfte in eine oder auch mehrere ‚communities of practice‘ eintauchen, welche nicht zwingend durch das eigene Team abgebildet werden müssen. Auch Lerngruppen oder regelmäßige Treffen innerhalb der FührungskollegInnen werden als fruchtbar für den informellen Kompetenzentwicklungsprozess angeführt (vgl. Kap. 6.3.4; Fuller, Unwin, 2011; Wenger, 1998). Informelle Kompetenzentwicklung aufgrund von Interaktionen mit anderen nimmt vor allem die Gestalt des Lernens am Modell an (vgl. Kap. 6.4.4), da durch diese Kontakte das Abschauen von positiven wie auch negativen Vorbildern ermöglicht wird. Neben MentorInnen, externen TrainernInnen, Vätern und den „Besten“ (FührungskollegInnen oder Fachspezialisten), werden hier meist die direkten Vorgesetzten als positive Vorbilder gesehen und durch Beobachtung und Imitation deren Verhaltensweisen in das eigene Führungshandeln übernommen, sofern sie als mit der eigenen Führungsidentität vereinbar angesehen werden (vgl. Kap. 6.3.4). Auch die Teilnahme an Kundengesprächen der Vorgesetzten oder KollegInnen arrangiert Momente der Weiterentwicklung infolge von Beobachtung der Verhaltensweisen anderer. Es wird dadurch ein Lernen durch Erfahrungen möglich, sofern diese von den Führungskräften auch reflektiert werden, sei es direkt im Anschluss an die jeweilige Situation oder erst im Rahmen der eigenen Führungstätigkeit oder späterer Reflexionsprozesse (vgl. Kap. 6.4.3). In Situationen, in denen der/die Lernende bisher keine Erfahrungen gemacht hat, spielen soziale Vorbilder eine entscheidende Rolle. Der eigene Erfolg wird hierbei an dem Erfolg derer gespiegelt, die als sozial anerkannte Vergleichsgruppe angesehen werden. Die Selbstwirksamkeitserwartung wird vor allem dann gestärkt, wenn die beobachteten Personen erfolgreich sind und Ähnlichkeiten zur eigenen Person aufweisen. Je größer die wahrgenommene Übereinstimmung ist,

182

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

desto einschlägiger sind die Erfolge oder Misserfolge der Modellperson auf die Selbstwirksamkeitserwartung. Bandura nennt das ‚vicarious experiences‘ (vgl. Bandura, 1977: S. 195–200, 1997: S. 3ff.). Neben einem Abschauen von positiven Vorbildern, erlauben soziale Interaktionen auch ein Lernen von negativen Vorbildern, wobei es sich hierbei eher um Widerstände gegen das Lernen dieser Verhaltensweisen handelt. Ähnlich wie bei den positiven Vorbildern sind es die direkten Vorgesetzten, jedoch auch weitere FührungskräftekollegInnen, die in ihrem Führungshandeln unangebrachte Verhaltensweisen unternehmen (vgl. Kap. 6.3.4; Illeris, 2010b). Die Gemeinschaftsseite lebt von Interaktionen mit anderen Personen. Durch soziale Beziehungen werden diese Interaktionsprozesse ermöglicht. In den empirischen Ergebnissen zeigte sich, dass vor allem jene Beziehungen als fruchtbar erachtet werden, die durch ein enges, emotionales Verhältnis der Personen zueinander gekennzeichnet sind. Der Stellenwert sozialer Beziehungen „Wir benötigen also Orte des Lernens, in denen soziale Beziehungen sich entwickeln können“ (Gieseke, 2016: S. 136).

„Die Kraft der Beziehungen“ wie es Goleman formulierte, wurde auch von den InterviewpartnerInnen betont und bedarf daher einer Berücksichtigung, wenn es um die Betrachtung informeller Kompetenzentwicklungsprozesse geht. Wie bereits in den Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung sichtbar wurde, beschreiben die InterviewpartnerInnen viele Situationen als förderlich, in welchen sie in Kontakt mit anderen Personen traten. Sei es durch gezieltes Nachfragen, Unterstützung holen, die aktive Zusammenarbeit, die Übernahme von Lehrtätigkeiten oder das Anbieten von Unterstützungsprozessen – in all diese Aktivitäten sind neben den Führungskräften weitere Akteure involviert, welche auf die informelle Kompetenzentwicklung einwirken. Die Führungskräfte unterhalten im Idealfall eine Vielzahl an verschiedenen Beziehungen zu anderen Personen. Durch die Verschiedenartigkeit dieser Relationen bieten sich für die Führungskräfte unterschiedliche Möglichkeiten der Kompetenzentwicklung und es werden vor allem die Teilbereiche der Sozial- und Personalkompetenz angesprochen (vgl. Kap. 6.3.4; Kram, 1996). Durch gegenseitige Unterstützung werden Lern- und Entwicklungsprozesse angestoßen, die nicht nur einseitig den Führungskräften helfen, sondern gleichzeitig auch den anderen Beteiligten von Vorteil seien können (vgl. Kap. 6.3.4). Da eine Arbeitstätigkeit von Führungskräften in den meisten Fällen durch Zusammenarbeit und Kollaboration gekennzeichnet ist, bieten sich somit in der Regel häufig Möglichkeiten, mit anderen in Interaktion zu treten, und die Prozesse

7.2 Zur Bedeutsamkeit des Interaktionsprozesses

183

des Abschauens und Zuhörens bieten hier Lernmöglichkeiten nebenbei und ohne große Planungs- oder Organisationsnotwendigkeit (vgl. Billet, 2012). Die Auswirkungen dieser sozialen Beziehungen auf die informelle Kompetenzentwicklung waren laut Führungskräften dann am förderlichsten, wenn es sich um enge, emotionale Beziehungen zu den jeweiligen Personen handelte. Diese sind vor allem durch ein hohes gegenseitiges Vertrauen gekennzeichnet. „[…] das Thema Vertrauen ... ein sehr hohes Vertrauensverhältnis.“ (Interview 04, 00:24:16) Wie bereits in den theoretischen Ausführungen deutlich wurde, bildet Vertrauen eine essenzielle Grundlage der informellen Kompetenzentwicklung. Es bildet „[…] demnach den Schlüssel zu zwischenmenschlichen Beziehungen“ (Appelmann, 2009: S. 170) und ermöglicht die Entfaltung der Potenziale der Führungskräfte (vgl. Goleman u. a., 2002). Die Interviewergebnisse belegen, dass eine vertrauensvolle Atmosphäre sowohl das gegenseitige Vertrauen, also hauptsächlich ein personales Vertrauen (vgl. Graf, 2000), wie auch ein Zutrauen in die Kompetenzen der Personen umfasst. Ersteres wird durch das Anerkennen und Beachten von Emotionen geschaffen. Das Kennen der eigenen Gefühle und der Einbezug der Gefühle anderer bildet demnach die Voraussetzung für enge, emotionale Beziehungen. Hierbei sind laut Führungskräften ein ehrliches Interesse an den Menschen und auch der Einbezug der Ereignisse aus dem privaten Umfeld notwendig (vgl. Kap. 6.2.3). Dieses Zutrauen wurde von den Führungskräften vor allem durch wahrgenommene Freiräume beschrieben. Die Übertragung von Aufgaben, verbunden mit einem geringen Grad an Kontrolle, steigert das Selbstvertrauen und dadurch die Motivation der Führungskräfte. Durch einen „Vertrauensvorschuss“ wird das Ausführen bisher unbekannter Tätigkeiten ermöglicht und dadurch die Gelegenheit der informellen Kompetenzentwicklung aufgrund der Arbeitsaufgabe selbst geboten (vgl. Kap. 6.3.3). Durch enge, emotionale Beziehungen wird ein Lernen durch Ausprobieren innerhalb eines geschützten Rahmens sowie eine offene Kommunikation und Feedbackkultur gefördert (vgl. Deci, Ryan, 1993). Ein wertschätzender und respektvoller Umgang aller Akteure im Unternehmen bildet dabei die Basis für Kommunikations- und Feedbackprozesse. Rückmeldungen von anderen Personen stellen zentrale Lern- und Entwicklungsmomente dar, da dadurch Reflexions- und Selbstreflexionsprozesse angestoßen werden. Dabei stellt sich der Feedback-Erhalt von direkten MitarbeiterInnen als schwierig und gleichzeitig jedoch als äußerst wichtig heraus. Innerhalb von engen, emotionalen Beziehungen ist dies weniger problematisch, da hier die hierarchischen Strukturen in den Hintergrund treten (vgl. Kap. 6.3.4; Bungard, 2005: S. 4).

184

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

Emotionale Beziehungen sind in höherem Maße durch eine enge Zusammenarbeit, eine gegenseitige Unterstützung sowie den Abbau vorhandener Machtverhältnisse gekennzeichnet. Darüber hinaus nehmen sie einen Einfluss auf die Emotionen der Führungskräfte und somit wiederum einen Einfluss auf die Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse (vgl. Gieseke, 2016). Anzustreben sind also enge, emotionale Beziehungen, die jedoch in ihrer Professionalität erhalten bleiben und in welchen die Dimensionen der Nähe und Distanz in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Ist dies nicht der Fall, kann zum einen ein zu starkes Abhängigkeitsverhältnis unter Umständen einen hemmenden Einfluss auf die Entwicklung der Führungskräfte ausüben. Zum anderen besteht die Gefahr eines „Kuschelkurses“, sofern ehrliches Feedback zugunsten eines „harmonischen Miteinanders“ abgeschwächt wird (vgl. Kap. 6.6.4; DeRue, Myers, 2014: S. 845; Rieckmann, 2005, p. 64ff.).113 Bei der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften handelt es sich also um einen individuellen Aneignungs- sowie einen sozialen Interaktionsprozess. Da die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte zu einem hohen Grad durch negative und positive Vorbilder, also durch soziale Beziehungen angestoßen wird, erscheint ein ‚Management von vertrauensvollen Beziehungen‘114 als wichtige Voraussetzung für diese. Relevante Akteure der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz Wie aus den Aktivitäten der informellen Kompetenzentwicklung ersichtlich ist, treten im Rahmen sozialer Beziehungen und der Teilhabe an den ‚communities of practice‘ neben den Führungskräften selber weitere Personen als fördernd in Erscheinung. Zum einen sind dies die direkten MitarbeiterInnen, die durch explizite Aktivtäten wie das Bitten um Hilfe und Rat oder in ihrer Rolle als Mentees die Führungskraft in Situationen versetzen, in welcher sie konkrete Lehrtätigkeiten ausüben muss. Die InterviewpartnerInnen gaben an, dass sich dies positiv auf das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen auswirkt und dadurch die Personalkompetenz gefördert wird. Durch die tägliche Interaktion mit den MitarbeiterInnen, KollegInnen anderer Abteilungen oder auch KundInnen wird vor allem der Teilbereich der Sozialkompetenz weiterentwickelt. Inzidentelle Aktivitäten, welche aufgrund der Ausführung der Führungstätigkeit entstehen, nehmen Einfluss 113

114

Zur Auseinandersetzung mit Nähe und Distanz in pädagogischen Arbeitsfeldern vgl. Dörr, Müller (2012). Rieckmann spricht hierbei von ‚funktionaler Vertrautheit‘ (vgl. Rieckmann, 2005: S. 64ff.). Vgl. hierzu Kap. 8.2.

7.2 Zur Bedeutsamkeit des Interaktionsprozesses

185

auf die informelle Kompetenzentwicklung. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die angemessene Kommunikation und den Umgang mit anderen (vgl. Kap. 6.4.4). Die Ergebnisse zeigten weiter, dass neben den alltäglichen InteraktionspartnerInnen am Arbeitsplatz (vgl. Eraut, 2007a) zwei Personengruppen für die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte eine bedeutende Rolle bekleiden. Die direkten Vorgesetzten auf der einen Seite und die informellen MentorInnen auf der anderen. Letztere sind vorwiegend Vorgesetzte, PersonalchefIn, KollegInnen oder auch externe TrainerInnen. Entgegen der in der Literatur vorherrschenden Auffassung handelt es sich hierbei jedoch immer nur um eine einzige Mentoring-Beziehung zu dem jeweiligen Zeitpunkt, was nicht ausschließt, dass die Personen immer wieder wechseln. Das Netzwerk der Führungskräfte ist zwar nicht auf diese eine Beziehung beschränkt, doch die Kennzeichen dieser zu dem/der jeweiligen MentorIn unterscheiden sich von denen, welche mit anderen Personen, die nicht als MentorInnen angesehen werden, gepflegt werden. Es handelt sich hierbei um ‚multiple developmental relationships‘ (vgl. Kram, 1996). Beide Gruppen unternehmen verstärkt sowohl explizite, inzidentelle als auch implizite Aktivitäten zur Förderung der informellen Kompetenzentwicklung. Betrachtet man die expliziten Aktivitäten, so wird sichtbar, dass die MentorInnen zusätzlich zu den Tätigkeiten der Vorgesetzten weitere Handlungen ausführen. Während die Beziehung zu den Vorgesetzten gekennzeichnet ist von gegenseitiger Unterstützung, einem Miteinander, Herzlichkeit, Menschlichkeit, einem hohen Grad an Eigenverantwortung, jedoch auch von Auseinandersetzungen und Druck, so kennzeichnet die Beziehung zu den MentorInnen besonders die Interaktion über die einer bloßen Arbeitsbeziehung hinaus sowie ein hoher Grad an gegenseitigem Vertrauen. Dies wird vor allem durch die Entgrenzung der Berufsbeziehung deutlich, welche auch das Privatleben einbezieht. Dadurch wird eine Beziehung ermöglicht, die auf einer engen, emotionaleren und intensiveren Basis beruht als es bei den Vorgesetzten der Fall ist (vgl. Kram, 1985). „[…] da geht es um das Thema Vertrauen […] Und das ist bei mir absolut ein Gefühlsthema dann gewesen, […] und ich habe natürlich auch schon das Vertrauen in den Mentor gehabt, dass der das gut mit mir meint. Also, da stecken diese Gefühle drin.“ (Interview 04, 00:15:55)

Aufgrund dieser emotionalen Verbundenheit besteht ein höheres Bestreben der MentorInnen den jeweiligen Mentee (im vorliegenden Fall die Führungskraft) zu fördern und durch eine länger dauernde Begleitung bis in die Position der Führungskraft zu bringen. Es findet sehr häufig ein intensives ‚Management der Karrierewege‘115 statt. Vorgesetzte fördern zwar die Entwicklung formal definierter 115

Vgl. hierzu in Kap. 8.1.

186

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

NachfolgerInnen, das Erkennen bzw. Identifizieren von potenziellen Nachwuchsführungskräften geschieht jedoch vorwiegend durch die MentorInnen. Hierbei ist auch der Vertrauensvorschuss, den die Führungskräfte von den MentorInnen bekommen von hoher Bedeutung. Er weist auf die enge und auf einem hohen Vertrauen beruhende Beziehung hin, welche für die informelle Kompetenzentwicklung unterstützend ist. „In other words, trust is the fundamental currency exchanged in many mentoring relationships.“ (Ensher, Murphy, 2005: S. 142) Mentoring umfasst also neben einer instrumentellen bzw. karrierebezogenen Funktion (bspw. Gönnerschaft), auch eine emotionale Funktion (bspw. soziale Akzeptanz) (vgl. Eby u. a., 2010). Die Interviewergebnisse dokumentieren, dass es sich bei den genannten MentorInnen nicht um formal definierte Personen handelt. Es sind vielmehr solche, die sich aufgrund der alltäglichen Interaktion geformt haben. Informelles Mentoring wie es in der Fallstudie durch die InterviewpartnerInnen beschrieben wurde birgt ein höheres Entwicklungspotenzial und wird somit gegenüber dem formalen als wertvoller angesehen. Die Tatsache, dass sich Mentee und MentorIn in ihrer Person sehr ähnlich sind, vor allem in Bezug auf Charakter, Werte und Einstellungen, lässt annehmen, dass dadurch eine emotionalere Beziehung entstehen kann und deshalb die informelle Kompetenzentwicklung stärker unterstützt wird. Im Gegensatz zu der gängigen Ansicht, dass formale Mentoringsysteme zur Führungskräfteentwicklung einen entscheidenden Beitrag leisten und es sich bei den MentorInnen in der Regel um höher gestellte Führungskräfte handelt (vgl. Hrivnak u. a., 2009; Yukl, 2010), sollte die Mentoringbeziehung anders gedacht werden. Hierbei kann der Einbezug weiterer Mentoringformen (wie bspw. peermentoring, collaborative mentoring) von Vorteil sein (vgl. Mullen, 2012: S. 16ff.). 116 Da die Mentoringbeziehung, wie durch die Ergebnisse sichtbar wird, durch eine sehr enge Bindung und einen hohen Grad an positiven Emotionen gekennzeichnet ist, stellt sich die Frage nach der Effektivität von formalen Mentoringprogrammen bzw. danach, wie informelle MentorIn-Mentee Beziehungen im Unternehmen angestoßen und gefördert werden können. Hier kann an die Charakteristika dieser Beziehung angeknüpft werden und das Schaffen von engen, vertrauensvollen Beziehungen in den Fokus des Interesses rücken.117 Die Beziehungen der Führungskräfte, welche für die informelle Kompetenzentwicklung notwendig sind, werden im Rahmen von Netzwerken aufrechterhalten. Das Aufbauen eines Netzwerkes hilft den Führungskräften, ihren eigenen Horizont zu erweitern und von anderen die Strukturen und 116 117

Für eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Feld des Mentoring am Arbeitsplatz vgl. u.a. Allen u. a. (2004); Allen, Eby (2010); Ensher, Murphy (2005); Mullen (2012). Vgl. hierzu Kap. 8.2.

7.3 Die Notwendigkeit eines ‚expanded workplace learning‘?

187

Organisationsmechanismen eines Unternehmens zu lernen. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Beziehungen um solche mit anderen, bzw. höher gestellten Führungskräften (vgl. Allen, Hartman, 2008: S. 80). Die Chancen von Netzwerken liegen vor allem in der ‚Versorgung mit relevanten Informationen‘, dem hohen Grad an ‚Solidarität‘ und damit einem sozialen Rückhalt, und drittens in der ‚Kontrolle‘. Letzteres impliziert eine vorgegebene Struktur, durch welche die Erwartungen an die Mitglieder klar und offenkundig sind und somit das Verhalten der Beteiligten vorhersagbar machen (vgl. Rastetter, Cornils, 2012: S. 47–51). Die empirische Studie zeigt, dass das Aufbauen eines solchen Netzwerkes durch alle Akteure angestrebt und gefördert werden sollte (vgl. Kap. 6.4.4). Die Kontakte die hierbei geknüpft werden bieten Interaktionsmöglichkeiten für die Führungskräfte und somit Möglichkeiten eines gegenseitigen Austausches sowie eines Einnehmens anderer Perspektiven und führen im Idealfall zu Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten (vgl. Rastetter, Cornils, 2012). Das Pflegen eines Netzwerkes hilft den Führungskräften dabei, sich in dem Unternehmen zurechtzufinden, und wird auch in späteren Situationen als Ressource genutzt. Das Netzwerk umfasst demnach nicht nur Personen aus dem aktuellen privaten oder beruflichen Umfeld, sondern auch aus vergangenen Lebens- bzw. Berufsabschnitten.

7.3

Die Notwendigkeit eines ‚expanded workplace learning‘?

Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf den Arbeitsplatz als Ort der informellen Kompetenzentwicklung. Die empirische Untersuchung zeigt jedoch auch, dass die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften nicht allein auf diesen reduziert werden kann, sondern darüber hinaus Kontexte außerhalb des Arbeitsumfeldes einbezogen werden müssen, um eine ganzheitliche Perspektive gewährleisten zu können (vgl. Evans u. a., 2006). Beispielhaft kann hier die Beziehung zu MentorInnen angeführt werden, die sich nicht nur auf den beruflichen Kontext beschränkt, sondern auch den privaten tangiert. Außerdem wurden Freundschaften am Arbeitsplatz als hilfreich angesehen, da aufgrund dieser Vertrautheit eine enge Beziehung zwischen den Akteuren besteht. Hier ist allerdings auf die hinderlichen Aspekte (wie bspw. Interessenkonflikte sowie das Nähe–Distanz-Problem) hinzuweisen, die auftreten können, wenn beruflicher und privater Kontext stark miteinander verbunden sind. Da sich die Entwicklung von Führungskompetenz in einem lebenslangen Prozess vollzieht (vgl. Dehnbostel u. a., 2003) spielen auch biografische Ereignisse eine Rolle, die bereits vor Antreten einer Führungsposition bzw. des Berufslebens aufgetreten sind. Die InterviewpartnerInnen gaben hier bspw. Erlebnisse

188

7 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

aus ihrer Kindheit oder auch die Tätigkeit in Vereinen oder Ehrenämtern an (vgl. Day, 2012; Dehnbostel u. a., 2003; Kempster, 2009). Vor allem einschneidende Ereignisse im privaten Umfeld wie Krankheiten und Schicksalsschläge im Familienkreis geben Anstöße zu einer Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Gerade solche Krisensituationen können ausschlaggebend für transformative Lernprozesse sein und sind somit hinsichtlich der Entwicklung von Kompetenzen besonders effektvoll (vgl. u.a. Illeris, 2006a). Diese kritischen Ereignisse können im Rahmen des Berufslebens auftreten, wenn es sich bspw. um Karriererückschläge oder Überforderung handelt, welche das Selbst bzw. die eigene Identität tief erschüttern. Überwiegend wurden jedoch Situationen aus dem privaten Umfeld beschrieben. Schicksalsschläge wie Todesfälle oder Krankheiten im familiären Bereich wurden von den Führungskräften im Nachhinein als Impuls für eine persönliche Weiterentwicklung identifiziert. Das Meistern solcher Situationen wurde in den meisten Fällen durch spirituelle Prozesse unterstützt. Durch Meditation, Familienaufstellung oder mittels psychologischer Beratung erfolgt eine Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und Vorstellungen und der Identität, was wiederum zu Anstößen der informellen Kompetenzentwicklung führt und wodurch eine gezielte Arbeit an der eigenen Personal- und Sozialkompetenz stattfinden kann (vgl. Kap. 4.3.2). Das Ergebnis sind bspw. ein besseres Verständnis für sich und andere und auch die Herausbildung eines Empathievermögens – Elemente, die dann wiederum die Führungskompetenz prägen. Dies geschieht dabei aufgrund von Reflexions- und Selbstreflexionsprozessen. Die Fähigkeit hierfür wird also maßgeblich durch spirituelle Praktiken herausgebildet und stellt daher auch eine Rahmung informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften dar (vgl. Goleman u. a., 2002). Wie später beim ‚Management von Reflexionsprozessen und Emotionen‘118 noch gezeigt wird, bedarf es auch hier des Einbezugs von Personen mit entsprechender Fachexpertise, um aus diesen Erlebnissen auch tatsächlich Momente der informellen Kompetenzentwicklung zu generieren. Neben den verschiedenen Orten,119 die einen Rahmen der informellen Kompetenzentwicklung darstellen, ist es auch notwendig, die verschiedenen Formen der Führungskräfteentwicklung hinsichtlich einer ganzheitlichen Rahmung zu berücksichtigen. Die unterschiedlichen Wege der Führungskräfteentwicklung dürfen nicht separat verfolgt und gedacht werden, sondern es müssen in einer integrativen Betrachtungsweise die formalen, non-formalen sowie informellen Settings gleichermaßen als Möglichkeiten zur Entwicklung der Führungskompetenz gesehen werden. Die Definition des einen Settings als einem anderen gegenüber überlegen, führt zu einer unzureichenden Auffassung informeller Kompetenzentwicklung 118 119

Vgl. hierzu Kap. 4.1. Arbeitsplatz, Familie, Freizeit etc.

7.3 Die Notwendigkeit eines ‚expanded workplace learning‘?

189

von Führungskräften (vgl. Armstrong, Fukami, 2009: S. 2; Hrivnak u. a., 2009: S. 464; Seufert, 2013). Wie bereits aufgezeigt, sind es vor allem die formalen und non-formalen Programme, die zur Bildung einer theoretischen Grundlage der Führungskräfte verhelfen, welche dann wiederum die Prozesse der informellen Kompetenzentwicklung positiv beeinflussen (vgl. Kap. 7.1). Es muss also die Entgrenzung der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften berücksichtigt werden. Diese Entgrenzung der Lebens- und Arbeitssituationen der Individuen führt zu einer Verschmelzung von Lernsituationen im privaten und beruflichen Kontext (vgl. Overwien, 2002), die sich im Rahmen der betriebliche Bildungsarbeit durch die Anerkennung der verschiedenen Lernorte ausdrückt (vgl. Dehnbostel, Pätzold, 2004). Sowohl das berufliche als auch das private Umfeld mit all seinen Ausprägungen (Familie, Freunde, Freizeit etc.) bilden somit Orte der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften.

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften Um nun konkret darauf einzugehen, wie eine informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatzt unterstützt werden kann und um Hinweise für eine effektive Gestaltung dieser geben zu können, wurde, basierend auf den theoretischen Überlegungen und dem empirischen Ergebnissen ein Modell der ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ herausgearbeitet. Der Begriff der Rahmungen wird hierbei in Anlehnung an Molzberger (2007) verwendet. Darunter werden „Kontextfaktoren und Bedingungen der Einbettung informellen Lernens in der Arbeit […] sowie Wirkungszusammenhänge zwischen informellen Lernprozessen des Individuums und rahmenden betrieblichen Bedingungen“ (Molzberger, 2007: S. 87) verstanden.

Das Modell nimmt auf der einen Seite die Dimensionen der informellen Kompetenzentwicklung der Individuen in den Blick, auf der anderen Seite betrachtet es den betrieblichen Kontext als gestaltbaren Faktor. Kompetenzentwicklung findet demnach in einem Raum statt, der durch Rahmungen determiniert ist, die sich förderlich auf die informelle Kompetenzentwicklung auswirken sollen. Sie selber werden wiederum von den verschiedenen Akteuren gelebt und modifiziert. Diese Dualität von Handlung der/des LernerIn und Struktur des Umfeldes steht im Fokus des herausgearbeiteten Modells (vgl. Molzberger, 2007: S. 221). Das Modell nimmt eine ganzheitliche Perspektive hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung ein, die dementsprechend den individuellen Aneignungsprozess wie auch den sozialen Interaktionsprozess und die drei Dimensionen des Lernens, die Inhaltsdimension, die Antriebsdimension und die Dimension der Interaktion, betrifft. Diese Perspektive erlaubt es, alle relevanten Einflussfaktoren der informellen Kompetenzentwicklung der Führungskräfte zu berücksichtigen. Es werden somit sowohl die kognitiven, motivationalen, emotionalen als auch sozialen Faktoren bei der Rahmung informeller Kompetenzentwicklung erfasst und daher Möglichkeiten zur Gestaltung der Rahmung dieser aufgezeigt. Es wird also zum einen die Wichtigkeit des Individuums betont, gleichzeitig jedoch die Kraft der sozialen Beziehungen sowie die Relevanz des Umfeldes hervorgehoben.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_8

192

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

Abbildung 13: Modell ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ (eigene Darstellung)

7.3 Die Notwendigkeit eines ‚expanded workplace learning‘?

193

Abbildung 13 visualisiert das Modell der ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘; die einzelnen Facetten werden in den nachfolgenden Kapiteln eingehend beschrieben. Im Zentrum des Modells steht der Kontext, in welchem die jeweilige Kompetenzentwicklung geschieht und welcher auf diesen Einfluss nimmt. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Führungskontext und damit verbunden um die Entwicklung der Führungskompetenz. Daran schließen sich alle relevanten Akteure, die für die Rahmung informeller Kompetenzentwicklung eine Rolle spielen, an. Es handelt sich hierbei um Akteure des beruflichen sowie des privaten Kontextes und um den/die Lernenden selber (im vorliegenden Fall um die Führungskraft). Sie alle sind in dem jeweiligen Kontext eingebettet, der durch seine Charakteristika Einfluss auf die Akteure nimmt. Die Hauptakteure des beruflichen Umfeldes sind wie bereits beschrieben die direkten Vorgesetzten sowie MentorInnen aus dem Unternehmen. Darüber hinaus nehmen auch weitere Gruppen, die Führungskräfte-KollegInnen, MitarbeiterInnen sowie Trainer oder Coaches durch ihre Verhaltensweisen und Aktivitäten Einfluss auf die Gestaltung der informellen Kompetenzentwicklung. Entsprechend übernehmen im privaten Umfeld oftmals Familienangehörige, Freunde und Personen mit einem spirituellen Hintergrund diese tragende Rolle und geben somit einen Hinweis auf die Entgrenzung der informellen Kompetenzentwicklung.120 Auch die Führungskraft selber, bzw. der/die Lernende gestaltet die informelle Kompetenzentwicklung durch seine/ihre Aktivitäten und individuellen Voraussetzungen. Vor allem motivationale und emotionale Aspekte bilden hier die Grundlage für die unternommenen Anstrengungen und die Effektivität der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung. Sie bewirken eine unterschiedliche Gewichtung der Managementaspekte je nach Individuum. Es handelt sich also nicht um starre Verhältnisse, sondern um dynamische, je nach LernerIn veränderbare Rahmungen. Die beschriebenen Akteure sind also verantwortlich für die Gestaltung der Elemente, welche die informelle Kompetenzentwicklung fördern können. Es handelt sich hierbei um das ‚Management von Karrierewegen‘, das ‚Management von vertrauensvollen Beziehungen‘, das ‚Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen‘ und das ‚Management von Reflexionsprozessen und Emotionen‘. Der Begriff ‚Management‘ impliziert eine Berücksichtigung der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung vor dem Hintergrund des betriebspädagogischen Spannungsfeldes von individueller Entwicklungsperspektive der Einzelnen und ökonomischer, wirtschaftlicher Perspektive der Unternehmen. 120

Es handelt sich hierbei vorwiegend um ein „Quasi-didaktisches Handeln“, d.h. die Rolle der Lehrenden wird nicht von professionellem Bildungspersonal übernommen, sondern von bspw. FachexpertInnen oder KollegInnen (vgl. Molzberger, 2007: S. 230).

194

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

Die einzelnen Managementfelder stellen die Bereiche dar, die durch die Akteursgruppen gestaltet werden können. Es sind Handlungsfelder, welche die informelle Kompetenzentwicklung unterstützen können, und werden daher in den nachfolgenden Kapiteln ausgeführt. Obgleich eine analytische Trennung vorgenommen wird, bedingen sich die Merkmale der einzelnen Managementbereiche jedoch gegenseitig und stellen damit keine isolierten Handlungsfelder da. Sie müssen also im Modell als miteinander in Verbindung stehend, sich überschneidend und dadurch als sich gegenseitig beeinflussend gedacht werden.121 Die Entgrenzung der informellen Kompetenzentwicklung wurde bereits bei den relevanten Akteursgruppen angesprochen. Wie in der Darstellung erkennbar ist, steht die informelle Kompetenzentwicklung im Kontext des privaten und beruflichen Umfeldes. Darüber hinaus nimmt das ‚Modell der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung’ eine integrative Perspektive hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten der Entwicklung von Kompetenz, im Speziellen der Führungskompetenz ein. Formale, non-formale und informelle Settings der Kompetenzentwicklung stehen gleichberechtigt nebeneinander und müssen in einer ganzheitlichen Erfassung gleichermaßen betrachtet werden, da in der Schnittmenge dieser drei die ‚kompetente Führungskraft‘ zu verorten ist 122. Die kommenden Kapitel führen nun die einzelnen Managementfelder aus und zeigen auf, durch welche Facetten die einzelnen Bereiche konstituiert sind und wie sie in Anbetracht der Förderung informeller Kompetenzentwicklung gestaltet werden können.

8.1

Das Management von Karrierewegen

Das Ebnen der Karrierewege stellt eine entscheidende rahmende Bedingung für die informelle Entwicklung von Führungskompetenz am Arbeitsplatz dar. Um den Führungskräften die Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu geben, ist es förderlich, ihren beruflichen Aufstieg mitzugestalten und mitzutragen. Hierzu gehört das Aufzeigen von Perspektiven im Unternehmen, womit den Führungskräften die Chance gegeben wird, zielgerichtet auf eine bestimmte Position hinzuarbeiten. Dadurch wird ihre Motivation erhöht, Anstrengungen bezüglich ihrer Weiterentwicklung zu unternehmen (vgl. Day, 2011). Des Weiteren werden durch das Einnehmen anderer Positionen Wege zu neuen lernförderlichen Tätigkeiten geschaffen, die wie bereits beschrieben ein hohes Entwicklungspotenzial implizieren (vgl. 121 122

Dies wird durch die gestrichelte Linie in dem Modell dargestellt. Vgl. hierzu den dunkelgrauen Bereich in Abbildung 13.

8.1 Das Management von Karrierewegen

195

Yukl, 2010). Durch diese neuen und ungewohnten Arbeitshandlungen und der damit in der Regel verbundenen Ausweitung von Verantwortungsbereichen werden Herausforderungen geschaffen, die transformative Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse anstoßen können (vgl. McCauley, Brutus, 1998). Meist sind es die direkten Vorgesetzten oder MentorInnen, welche die Perspektiven aufzeigen, aufgrund derer die jeweiligen Personen erst zu Führungskräften „gemacht“ werden. Dies geschieht häufig durch das Definieren der Nachfolge und zeigt auf, dass Führung nicht allein durch die Führungskräfte selbst implementiert wird, sondern ein aktiver Interaktionsprozess aller Beteiligten und daher sozial konstruiert ist (vgl. Grell, 2010). Dies wird als wertschätzend angesehen und bedingt ein gesteigertes Selbstwertgefühl, was sich wiederum auf die Selbstwirksamkeitserwartung und damit auch auf die unternommenen Anstrengungen zur Entwicklung der Kompetenzen auswirkt. Neben dem Aufzeigen von möglichen Perspektiven und der Definition als Führungskraft, erweist sich auch die Ermöglichung der Teilnahme an Karriereprogrammen als ein rahmender Faktor für die informelle Kompetenzentwicklung. Dadurch wird zum einen eine Verzahnung von formaler, non-formaler und informeller Kompetenzentwicklung möglich, zum anderen bieten sich während formalen und non-formalen Weiterbildungsprogrammen auch wiederum Chancen zur informellen Kompetenzentwicklung. Durch den Austausch mit anderen FührungskräftekollegInnen können konkrete Themen informell besprochen und Perspektiven gewechselt werden. Hierbei können Netzwerke aufgebaut werden, die über die formalen Rahmungen hinaus weiterbestehen und für die informelle Kompetenzentwicklung förderlich sein können. Ein erfolgreiches ‚Management von Karrierewegen‘ setzt voraus, dass die relevanten Akteure das Potenzial zur Führungskraft in den jeweiligen Individuen erkennen. Dies geschieht vorwiegend durch MentorInnen oder solche Vorgesetzte, die sich intensiv mit Menschenführung beschäftigen. Da sich die Führungskraft dessen selber häufig gar nicht bewusst ist, impliziert ein solches Erkennen eine gewisse Sozialkompetenz, die, wie bereits aufgezeigt wurde, von Führungskräften in hohem Maße verlangt wird (vgl. Kap. 6.3.3.). Die Ausgestaltung der Karrierewege sollte als rahmender Faktor für die informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften und für die Kompetenzentwicklung allgemein berücksichtigt und in ihrer Wichtigkeit erkannt werden. Das Schaffen von Strukturen und das Richtung-Geben auf dem beruflichen Weg sowie eine klar definierte Strategie für die gesamte Personalarbeit und insbesondere für die Führungskräfteentwicklung erweisen sich als essenzielle Elemente hinsichtlich der Motivation der Führungskräfte zur Weiterentwicklung. An der Gestaltung der genannten Aspekte sollten insbesondere sowohl die direkten Vorgesetzten als auch MentorInnen, Verantwortliche der Personalentwicklungsabteilung sowie das

196

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

oberste Management der Bank mitwirken, da sie es sind, die hier maßgeblichen Einfluss haben können. Die beschriebenen Faktoren welche das ‚Management der Karrierewege‘ konstituieren, dienen zum einen der Entwicklung des Selbstbewusstseins und Selbstvertrauens der Führungskräfte, zum anderen bieten sie Entwicklungschancen durch neue herausfordernde Aufgaben und steigern die Motivation der Führungskräfte sich weiterzuentwickeln.

8.2

Das Management von vertrauensvollen Beziehungen

Das ‚Management von vertrauensvollen Beziehungen‘ erscheint deshalb so wichtig, weil die Führungskräfte nach sozialer Eingebundenheit und Zugehörigkeit streben und die Gemeinschaft als Quelle der informellen Kompetenzentwicklung ansehen. Im Rahmen von ‚communities of practice‘ werden Interaktionen mit anderen Personen unternommen und dadurch das Herstellen von Beziehungen ermöglicht. Das Aufbauen und Aufrechterhalten von Beziehungen kann von Unternehmen durch eine gezielte Unterstützung dieser Gemeinschaften erleichtert werden (bspw. durch eine aktive Unterstützung der Mitglieder durch das Gewähren zeitlicher Ressourcen, dem Bereitstellen von Informations- und Kommunikationsplattformen oder durch das Vernetzen mit anderen ‚communities‘ (vgl. u.a. North u. a., 2004; Wenger, 1998). 123 Vor allem die Beziehungen zu MentorInnen sind von einem engen, emotionalen Verhältnis geprägt, welches sich förderlich auf die Entwicklung des Teilbereiches der Personalkompetenz auswirkt. Die Gestaltung von Beziehungen stützt sich zum einen auf die organisatorischen und strukturellen Gegebenheiten, zum anderen auf die Art und Weise, wie Beziehungen tatsächlich gelebt werden. Ersteres kann durch die praktische Gestaltung der Arbeitsumgebung beeinflusst werden, indem der Arbeitsplatz als Ort der Begegnung gestaltet wird und somit physische Möglichkeiten der sozialen Interaktion bietet (bspw. durch die Gestaltung von Sitzecken und offenen Begegnungszonen) (vgl. Seufert u. a., 2013b: S. 498).124 Lern- und kompetenzförderliche Beziehungen können sich dort am besten herausbilden, wo der Arbeitsplatz ein von Vertrauen geprägtes Umfeld aufweist und auch die Unternehmens- und Organisationskultur eine Lernkultur unterstützt, welche die informellen Prozesse als wesentlich für die Entwicklung der Kompe123 124

Für eine weitere Auseinandersetzung mit den ‚communities of practice‘ vgl. North u. a. (2004); Wenger (1998). Ein Beispiel hierfür ist die Deutschland-Zentrale von Microsoft mit seinen ‚smart workspaces‘ (vgl. Microsoft, online, 2017).

8.2 Das Management von vertrauensvollen Beziehungen

197

tenzen allgemein und der Führungskompetenz im Speziellen anerkennt. Eine Stärkung der Unternehmenskultur hinsichtlich des Anerkennens einer Lernkultur kann bspw. durch Rituale gefördert werden, z.B. durch ein regelmäßiges Frühstück mit dem Ziel, eine abteilungsübergreifende Kommunikation und einen Wissensaustausch zu initiieren (vgl. Kieser, Walgenbach, 2010: S. 122). Es sollte sich um eine unternehmensweite Verhaltensweise handeln und auf allen Ebenen des Unternehmens anerkannt und gelebt werden. In einer Organisationskultur, die durch vertrauensvolle Beziehungen aller Akteure geprägt ist, werden informelle Kompetenzentwicklungsprozesse ermöglicht, da somit Verhaltensweisen ausprobiert werden können, ohne dass die Lernenden mit negativen Konsequenzen rechnen müssen. Vertrauen bildet auch die Grundlage für ein Lernen aus Fehlern. In gewisser Weise bildet eine vertrauensvolle Atmosphäre auch die Basis für alle anderen Facetten des Modells. So sind Beziehungen in besonderem Maße dann lernförderlich, wenn sie auf Vertrauen zwischen den Akteuren aufbauen und als vertrauensvoll wahrgenommen werden (vgl. Goleman u. a., 2002). Vertrauen nimmt unterschiedliche Ausprägungen an und zeichnet sich somit durch das eben beschriebene gegenseitige Vertrauen der Akteure sowie durch ein Zutrauen dieser aus. Vertrauensfördernde Maßnahmen, die sowohl das personelle als auch das institutionelle Vertrauen stärken können, zeigen sich vor allem darin, dass Freiräume zur Mitgestaltung und zur Entscheidung im Rahmen der Führungstätigkeit gewährt werden und Kooperation und Kollaboration auch abteilungsübergreifend stattfinden. Sofern die Führungskräfte das Gefühl von Autonomie spüren, wird ein eigenständiges Arbeiten und Denken gefördert, was zu einer steigenden Selbstwirksamkeitserwartung führt und dadurch die informelle Kompetenzentwicklung unterstützt. Die direkten Vorgesetzten sowie die Ebene des Vorstandes sind hier in hohem Maße gefragt, da die Vertrauenswürdigkeit dieser einen entscheidenden Einfluss auf das personale sowie das institutionelle Vertrauen nimmt (vgl. Graf, 2000: S. 341). Vertrauen bedeutet wie bereits erwähnt auch ein Zutrauen und drückt sich dadurch aus, dass die Führungskräfte oftmals neue und bisher unbekannte Aufgaben ausführen müssen bzw. dürfen. Die Grundlage hierfür bildet das Erkennen des Führungskräftepotenzials und Könnens durch andere Personen, wie im vorhergehenden Kapitel beschrieben wurde. Durch ein Zutrauen in das Können der Führungskräfte wird ein Vorschussvertrauen gewährt, was wiederum Herausforderungen aufgrund unbekannter Situationen darstellt sowie die Selbstwirksamkeitserwartung der Führungskräfte hinsichtlich des eigenen Könnens positiv beeinflusst, wodurch ebenfalls Momente der informellen Kompetenzentwicklung ermöglicht werden.

198

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

Dieses ‚learning by doing‘ bietet zwar Entwicklungschancen, jedoch auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen. Um Fehler als Lernmomente nutzen zu können, stellt das Leben einer Fehlerkultur eine notwendige Voraussetzung für eine vertrauensvolle Unternehmens- und Organisationskultur dar. Hierbei geht es um eine allgemeine Anerkennung von Fehlern als Chancen der Kompetenzentwicklung (vgl. Illeris, 2011b). Das Leben einer Fehlerkultur ermöglicht das Gewähren von Freiräumen für eine Mitgestaltung und ein eigenverantwortliches Treffen von Entscheidungen durch die Führungskräfte und wirkt sich dadurch förderlich auf die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte aus. Da Fehler vor allem dann Momente der Kompetenzentwicklung darstellen, wenn sie thematisiert werden und es konkrete Rückmeldungen dazu gibt, impliziert das Leben einer Fehlerkultur nicht nur das Zulassen dieser, sondern verlangt auch nach einer damit verbundenen Feedbackkultur, daran anschließenden Reflexionsprozessen sowie einem Gefühl der Sicherheit.125 Lern- und kompetenzförderliche Beziehungen werden darüber hinaus durch die nachfolgend beschriebenen Aspekte konstituiert. Für den Aufbau von emotionalen und vertrauensvollen Beziehungen können Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten der Akteure von Nutzen sein. Je ähnlicher sich diese sind, desto eher geschieht hier eine Kompetenzentwicklung aufgrund eines Modelllernens durch Vorbilder. Dabei geht es um die Thematisierung von gemeinsamen Interessen, die als Anknüpfungspunkte bzw. als Gesprächsgrundlage dienen, um in einen Kontakt zu kommen, der sich nicht rein auf berufliche Themen beschränkt. Diese Anknüpfungspunkte können aus dem privaten Umfeld stammen, weshalb dessen Berücksichtigung im Arbeitsleben sinnvoll erscheint. Die Untersuchung zeigt, dass das private Umfeld einen erheblichen Einfluss auf die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte besitzt und diesem daher auch im beruflichen Kontext ein gewisser Stellenwert eingeräumt werden und ein Einbezug des privaten Umfeldes geschehen sollte. Dies kann durch ein gegenseitiges Interesse der Akteure an dem Privatleben der anderen geschehen und liefert unter Umständen auch Erklärungsmuster, warum Individuen in bestimmten Situationen so handeln, wie sie handeln. Neben den Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten der Akteure kommt es auch darauf an, wie die Beziehungen faktisch ausgestaltet werden. Hierbei ist ein gelebtes Miteinander förderlich für die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte. Durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten wird der Rahmen für eine kompetenzfördernde Umgebung geschaffen. Eine enge Zusammenarbeit bedingt den Abbau von Hierarchie-, Profilierungs- und Konkurrenzdenken und ein Arbeiten auf Basis gleichberechtigter Verhältnisse. Diese Möglichkeiten sind vor 125

Auf diese Charakteristika wird in Kap 8.4 eingegangen.

8.3 Das Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen

199

allem in Projektarbeiten zu erkennen, da hier unterschiedliche Individuen außerhalb ihrer alltäglichen Strukturen zusammenarbeiten, Menschen verschiedenster Abteilungen in Kontakt miteinander stehen und somit ein hoher Grad an Diversität vertreten ist (vgl. Derue, Wellman, 2009). Kompetenzförderliche Beziehungen werden weiterhin durch eine Kultur der Greifbarkeit determiniert. Das heißt, dass vor allem die jeweiligen Vorgesetzten nicht unnahbar sind, sondern vielmehr ein Verhalten zeigen, dass durch Nähe und Erreichbarkeit gekennzeichnet ist. Regelmäßige Treffen und die Möglichkeit, sich in jeder Situation an diese wenden zu können, werden als förderliche Bedingungen für die informelle Kompetenzentwicklung angesehen (vgl. Clawson, 1980). Neben einer engen Zusammenarbeit und Greifbarkeit, stellt auch eine gegenseitige Unterstützung aller Beteiligten eine Rahmung informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften dar. Es handelt sich hierbei um einen wechselseitigen Prozess, d.h. die Führungskräfte werden durch andere unterstützt und handeln auch demensprechend gegenüber diesen und weiteren Personen. So stellen Mentoringprogramme bspw. kein einseitiges Lernverhältnis dar, vielmehr kann auch der/die MentorIn etwas von seinem/ihrem Mentee lernen. Lerngruppen sowie Netzwerke bieten eine gute Möglichkeit, um durch einen gegenseitigen Austausch Hilfe zu erlangen. Das ‚Management von vertrauensvollen Beziehungen‘ ist ein zentraler Faktor bei der Förderung der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften. Um das Potenzial vertrauensvollen Handelns als Quelle dafür zu nutzen, muss dieses gezielt durch Verhaltensweisen aller Akteure aufgebaut werden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Unternehmens- bzw. Organisationskultur von sich aus eine Vertrauensbasis bildet.

8.3

Das Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen

Neben dem Herstellen vertrauensvoller Beziehungen bildet auch das ‚Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen‘ eine Rahmung informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften. Auch hier nimmt die konkrete Gestaltung unterschiedliche Facetten an. Verantwortung bezieht sich demnach zum einen auf das Übernehmen der bzw. die Übertragung von Verantwortung durch/auf die Führungskräfte hinsichtlich ihrer Arbeitsaufgaben und Tätigkeiten. Zum anderen schließt es auch die Verantwortung gegenüber anderen Personen ein. Führungskräfte übernehmen hierbei in gleichem Maße Verantwortung gegen-

200

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

über ihren MitarbeiterInnen, anderen FührungskräftekollegInnen oder Vorgesetzten, wie diese auch verantwortungsvoll hinsichtlich der Führungskräfte agieren sollten. Durch ein gezieltes Einbinden in Führungsaufgaben wird den Führungskräften eine Übernahme von Verantwortung ermöglicht. Die Initiierung der Einbindung kann sowohl durch die Führungskräfte selber als auch durch alle andern Akteure geschehen (vgl. Livingstone, 2001). Durch ein schrittweises Hineinwachsen in die Führungsaufgaben wird die informelle Kompetenzentwicklung (vor allem der Teilbereich der Sozialkompetenz) gefördert, die durch die soziale Interaktion mit KundInnen, MitarbeiterInnen, FührungskollegInnen, Vorgesetzten und anderen Akteuren beeinflusst wird (vgl. Lave, Wenger, 1991). Das Einbinden in die Führungsaufgaben wird bspw. durch eine gezielte Aufgabenübertragung bzw. durch die gezielte Übertragung von Verantwortung determiniert. Sofern Aufgaben an die Führungskräfte übertragen werden, sollte beachtet werden, dass sie lernförderlichen Charakter haben (bspw. das Angebot von neuartigen Aufgabenbereichen, das Schaffen von Veränderung, ein hoher Grad an Verantwortung, die Zusammenarbeit mit Menschen über die eigene Abteilung hinaus und das Managen von Diversität). Durch die Erlebnisse bei der Ausführung der Führungsaufgabe bieten sich für die Führungskräfte somit Möglichkeiten, alle Teilbereiche der Führungskompetenz auszubauen und weiterzuentwickeln. Die Tätigkeiten stellen dann die größtmögliche Chance einer informellen Kompetenzentwicklung für die Führungskräfte dar, wenn sie einen hohen Grad an Verantwortung mit sich bringen (vgl. McCauley, Brutus, 1998). Projektarbeiten haben ein großes Potenzial, da sie einen hohen Grad an Verantwortungsübernahme ermöglichen und daher sehr effektvoll hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung sind. Neben der Verantwortung für bestimmte Tätigkeiten bestimmt auch der Grad der Eigenverantwortung die Weiterentwicklung der Führungskräfte. Das Bedürfnis nach Autonomie bzw. Selbstbestimmung nimmt Einfluss auf die Selbstwirksamkeitserwartung und die Motivation der Führungskräfte und somit wiederum auf ihre informelle Kompetenzentwicklung (vgl. Deci, Ryan, 1993). Ein Gefühl von wenig Kontrolle und einem großen Freiraum hinsichtlich eigenständigem Denken und Arbeiten führt dazu, dass ein ‚learning by doing‘ möglich wird – jedoch immer in Verbindung mit einer gelebten Fehlerkultur. Durch das Schaffen von zeitlichen Freiräumen werden den Führungskräften die nötigen Ressourcen für eine informelle Kompetenzentwicklung gegeben (vgl. Fuller, Unwin, 2011). Ein Gefühl der Sicherheit bzw. der Rückendeckung ist Teil der zweiten Ausprägung von Verantwortung, nämlich der Verantwortungsübernahme für andere

8.3 Das Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen

201

Personen und durch andere in Bezug auf die Führungskräfte.126 Vor allem die direkten Vorgesetzten und MentorInnen sollten bei sämtlichen Fragen und Problemen beratend zur Seite stehen, da durch diesen Umstand vor allem ein Lernen durch Ausprobieren möglich ist. Hierbei ist also wiederum die bereits beschriebene vertrauensvolle Unternehmenskultur relevant, da den Führungskräften dadurch Sicherheit in ihrem Handeln gegeben wird. Ein weiterer Aspekt, welcher die Verantwortungsübernahme für andere Personen konstituiert, bezieht sich auf den Fürsorglichkeitsauftrag hinsichtlich der einzelnen Individuen im Unternehmen. So handelt es sich hierbei um die Unterstützung bei der Bewältigung kritischer Ereignisse wie bspw. persönlicher Krisen und Schicksalsschlägen im privaten Umfeld. Gerade solche Krisensituationen stellen die Basis für transformative Lernprozesse dar und sind somit hinsichtlich der Entwicklung von Kompetenzen besonders effektvoll sofern sie entsprechend professionell begleitet werden. Auch Lerngruppen können hierbei durch das Aufeinandertreffen verschiedener Perspektiven und eine gegenseitige Hilfestellung eine unterstützende Rolle übernehmen (vgl. Gieseke, 2016: S. 135f.). Ein damit verbundenes Sorgen und Kümmern um die einzelnen Personen entsteht einerseits durch die Fürsorge anderer, andererseits durch die Fürsorge der Führungskräfte hinsichtlich deren MitarbeiterInnen oder anderen Akteuren im Unternehmen. Durch die Übernahme von Mentoringaufgaben bieten sich vor allem Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Sozialkompetenz der Führungskräfte. Ähnlich verhält es sich mit der Übernahme von Tätigkeiten als AZUBI-Verantwortliche. Hier wird bereits vor der Übernahme der eigentlichen Führungsrolle Verantwortung für andere Personen übernommen und dadurch die informelle Kompetenzentwicklung gefördert.127 Das ‚Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen‘ bietet vielschichtige Gestaltungsspielräume und übernimmt hinsichtlich der Förderung der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften eine wichtige Funktion. Durch das gezielte Einbinden in Führungsaufgaben wird den Führungskräften die Möglichkeit gegeben, Tätigkeiten auszuprobieren und so nach und nach ihre Kompetenzen zu entwickeln. Auch die gezielte Begleitung und Unterstützung kritischer Ereignisse im Leben der Führungskräfte ermöglicht es, diese als Prozesse der informellen Kompetenzentwicklung zu nutzen. In direkter Verbindung

126

127

An dieser Stelle wird bereits auf die Ausführungen zum ‚Management von Reflexionsprozessen und Emotionen‘ verweisen, da Gefühle hinsichtlich der Verantwortungsübernahme für andere Personen eine entscheidende Rolle spielen, jedoch erst in dem nachfolgenden Kapitel näher auf die Emotionen eingegangen wird. Dabei kann es sich zum Teil um die Übernahme von Aufgaben im Rahmen non-formaler Settings handeln.

202

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

mit diesem Bereich steht das ‚Management von Reflexionsprozessen und Emotionen‘, da dies als essenzielle Voraussetzung angesehen wird, um die gemachten Erfahrungen zu Momenten des Lernens bzw. der Kompetenzentwicklung zu transformieren.

8.4

Das Management von Reflexionsprozessen und Emotionen

Die Betrachtung von Führungskompetenz als Bestandteil der reflexiven Handlungsfähigkeit impliziert bereits die Wichtigkeit von Reflexionsprozessen hinsichtlich einer Entwicklung von Kompetenzen. Auch im Zuge des vorgestellten Modells bildet die Gestaltung von struktureller sowie Selbstreflexivität einen zentralen Bestandteil, um eine informelle Kompetenzentwicklung zu fördern. Als Voraussetzung sowie gleichzeitig als Bestandteil der Führungskompetenz ermöglicht die Fähigkeit zur Reflexion, dass aufgrund gemachter Erfahrungen am Arbeitsplatz, Interaktionen mit anderen Personen sowie kritischer Ereignisse, die Möglichkeiten der informellen Kompetenzentwicklung darstellen, auch tatsächlich eine Entwicklung der Führungskompetenz eintritt. Hier spielt vor allem die Selbstreflexivität eine entscheidende Rolle, da sie sich auf die strukturelle Reflexionsfähigkeit, also auf die Auseinandersetzung mit dem Arbeitskontext vor dem Hintergrund der eigenen Wertevorstellungen, auswirkt. Sie kann sich auf verschiedene Bereiche beziehen. Da es darum geht, sich selber kennenzulernen, ist ein Bewusstwerden der eigenen Grenzen notwendig. Dadurch können die Führungskräfte ihr Führungsverständnis entwickeln und in diesem Rahmen authentisch und konsequent handeln. Es geht in gewisser Weise auch darum, sich selber innerhalb dieser Grenzen bewegen zu können, bzw., sofern sie übertreten werden, sich dessen bewusst zu sein. Über die Kenntnis der eigenen Grenzen ist es auch möglich, den Lernbedarf und eventuelle Entwicklungspotenziale zu identifizieren und diese dann gezielt zu bearbeiten. Diese Zielorientierung wirkt sich wie bereits erwähnt positiv auf die Motivation der Führungskräfte aus, Anstrengungen hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung zu unternehmen (vgl. Day, 2011). Über die Selbstreflexivität wird auch ein Bewusstsein für die Wirkung auf andere geformt, was sich wiederum auf das ‚Management von vertrauensvollen Beziehungen‘ auswirkt. Reflexionsprozesse werden aufgrund verschiedener Ereignisse angestoßen. Hierbei handelt es sich um herausfordernde Situationen, in welchen die Führungskräfte an ihre Grenzen stoßen. Gemachte Fehler im Arbeitsprozess oder auch kri-

8.4 Das Management von Reflexionsprozessen und Emotionen

203

tische Ereignisse, sei es aufgrund beruflicher Umstände oder privater Schicksalsschläge, werden von den Führungskräften in der Regel zum Anlass genommen, um über diese Situationen bzw. sich selbst zu reflektieren. In manchen Fällen geschieht dies durch die Hinwendung zu spirituellen Praktiken. Neben konkreten Ereignissen sind es darüber hinaus auch Personen, die den Anstoß zu Reflexionsprozessen geben. Gezielte Rückmeldungen zur eigenen Person oder zum Handeln veranlassen die Führungskräfte, diese zu reflektieren und gegebenenfalls Änderungen in ihren Verhaltensweisen anzustreben. Eine gelebte Feedbackkultur erscheint daher als Rahmenbedingung für informelle Kompetenzentwicklungsprozesse als essenziell und stellt einen Bereich des ‚Management von Reflexionsprozessen und Emotionen‘ dar. Positives wie negatives Feedback zu bestimmten Tätigkeiten ermöglicht, dass diese gemachten Erfahrungen zu Momenten des Lernens bzw. der Kompetenzentwicklung für die Führungskräfte werden. Die Vertrauenskultur, welche bereits angesprochen wurde, stellt die Basis für jede Art von Rückmeldungen dar. Hierbei geht es darum, Feedback nicht als Kritik, sondern vielmehr als Chance zur Kompetenzentwicklung zu sehen und dieses auch an hierarchisch höher gestellte Personen zu geben (vgl. Yukl, 2010). Emotionen spielen sowohl bei strukturellen als auch bei Selbstreflexionsprozessen eine tragende Rolle. Sie bilden dabei die Hintergrundfolie, vor welcher die gemachten Erfahrungen und Situationen gespiegelt und interpretiert werden. Daher muss die aktuelle Gefühlsage der Lernenden beachtet werden, sofern die informelle Kompetenzentwicklung unterstützt werden soll. Durch das Herstellen eines angenehmen und positiven Arbeitsklimas können Emotionen herbeigeführt werden, die motivierend wirken und die Selbstwirksamkeitswahrnehmung der Führungskräfte stärkt. Ein generell „gutes Gefühl“ wirkt motivierend und kann als Grundlage für die informelle Kompetenzentwicklung ansehen werden. Dies spiegelt sich in einem Gefühl der Wertschätzung, dem Gefühl ‚ernst genommen zu werden‘ und in dem Gefühl des ‚Wichtigseins‘ wieder. Eine wertschätzende Grundhaltung sowie das Gefühl des Ernst-Nehmens aller Akteure des Unternehmens führen zu dem Willen der Führungskräfte ihr Bestes zu geben und sich dementsprechend weiterzuentwickeln. Ein emotionaler Zustand, in welchem sich die Führungskräfte als Individuen wichtig fühlen und nicht nur hinsichtlich ihrer Arbeitsleistung, bewirkt ein vertrauensvolles Arbeitsklima und dadurch wiederum die Grundlage für Beziehungen sowie letzten Endes dafür, Anstrengungen in Bezug auf die informelle Kompetenzentwicklung zu unternehmen. Auch hier sind in großem Maße die direkten Vorgesetzten entscheidend, da sie mit ihren Verhaltensweisen Stimmungen auf ihre MitarbeiterInnen übertragen können (vgl. Bandura, 1977, 1997; Noe u. a., 2017: S. 13f.).

204

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

Obwohl Führungskräfte bereits in einem gewissen Maße über die Fähigkeit zur Reflexion verfügen, muss diese im Rahmen des ‚Management von Reflexionsprozessen und Emotionen‘ unterstützt werden und auch hinsichtlich aller Akteure im Unternehmen gedacht werden. Es reicht im Hinblick auf die informelle Kompetenzentwicklung nicht aus, dass nur die Gruppe der Führungskräfte über diese Fähigkeit verfügt, sie sollte auf allen Ebenen im Unternehmen vorhanden sein bzw. dementsprechend gefördert werden. Das Ziel sollte die Herstellung einer ‚reflexiven Praxis‘ sein, die durch „die Verknüpfung von Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigem […] zu einem vertiefte[n] Verständnis des aktuellen Handelns führt“ (Bräuer, 2016: S. 10f.; Anmerkungen CE) und das gezielte Einsetzen von Reflexions- und Feedbackprozessen im Unternehmen verlangt (vgl. Fandel-Meyer, Meier, 2016). Dies stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar und bedarf der gezielten Begleitung durch professionelles Personal (bspw. durch Portfolioarbeit, Mentoring, Gruppenprozesse etc.).128 Ebenso sollte der emotionale Faktor der informellen Kompetenzentwicklung beachtet und sowohl der emotionalen Intelligenz des/der LernerIn als auch dem Gefühlszustand dieser sowie aller Akteure ein hoher Stellenwert im täglichen Arbeiten eingeräumt werden. Eine Vernachlässigung dieser Elemente kann zu einer Distanzierung und zu einem Motivationsverlust der Führungskräfte und damit verbunden einem Widerstand gegenüber Lernen und Kompetenzentwicklung führen (vgl. Illeris, 2010b).

8.5

Zusammenfassende Gedanken und wissenschaftlicher Beitrag

Die Entwicklung eines möglichen Modells der ‚Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ versucht die Lücke zu schließen, die im Bereich des informellen Lernens am Arbeitsplatz identifiziert wurde. Durch das Management der beschriebenen Handlungsfelder kann die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte gezielter gefördert werden. Durch die Gestaltung und das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten werden die Motivation der Führungskräfte gesteigert und zielgerichtete Aktivitäten zur informellen Kompetenzentwicklung unternommen. Basis ist eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre, die auf allen Ebenen des Betriebes gelebt wird und durch Zutrauen in das Können und die Fähigkeiten der Führungskräfte ein ‚learn-

128

Für einen guten Überblick über die Möglichkeiten, eine ‚reflexive Praxis‘ zu fördern vgl. Bolton (2010).

8.5 Zusammenfassende Gedanken und wissenschaftlicher Beitrag

205

ing by doing‘ fördert und durch das aktive Praktizieren einer Fehlerkultur ermöglicht wird. Durch ein ‚Management von Verantwortung und kritischen Ereignissen‘ können die Führungskräfte kompetenzförderliche Tätigkeiten ausführen, wodurch eigenverantwortliches Arbeiten zu einer steigenden Selbstwirksamkeitserwartung führt. Auch die Übernahme von Verantwortung gegenüber andern führt zu einer Entwicklung der Führungskompetenz, insbesondere des Teilbereichs der Sozialkompetenz. Die Gestaltung von Zusammenarbeit, die durch enge, emotionale und vertrauensvolle Beziehungen und durch ein angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz gekennzeichnet ist, beinhaltet das Aufbauen von Netzwerken und informellen Mentoringprogrammen, den Einbezug des privaten Umfeldes, den Abbau von Hierarchie-, Profilierungs- und Konkurrenzdenken und die gegenseitige Unterstützung aller Akteure im Unternehmen. Basis der informellen Kompetenzentwicklung bildet die Fähigkeit zur strukturellen Reflexivität sowie zur Selbstreflexivität und bedeutet die Spiegelung von Erlebnissen vor dem Hintergrund der eigenen Person. Die Herstellung einer reflexiven Praxis bedarf vor allem des Einbezugs professionellen Personals, da das Initiieren und Begleiten von Reflexionsprozessen Fachexpertise verlangt. Der emotionale Faktor der informellen Kompetenzentwicklung beeinflusst das gesamte Handeln der Akteure und umfasst die Fähigkeit, sich der eigenen Gefühle bewusst zu werden und dementsprechend handeln zu können. Darüber hinaus geht es um das Herstellen einer Arbeitsatmosphäre, in welcher die Führungskräfte eine positive Gefühlslage empfinden. Kritische Ereignisse, die im Arbeits- sowie im privaten Leben nicht alltäglich sind, können, sofern sie begleitet werden, zu Momenten der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften werden. Auch hier empfiehlt sich die Unterstützung von professionellem Personal, da kritische Situationen oftmals mit einschneidenden Veränderungen der eigenen Identität einhergehen. Das ‚Modell der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ berücksichtigt sowohl den/die individuelle/n LernerIn als auch den sozialen Kontext mit all seinen Akteuren und Interaktionen, wodurch eine ganzheitliche Erfassung der Prozesse der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften ermöglicht wird. Durch diese Perspektive werden Wege aufgezeigt, wie informelle Kompetenzentwicklung in Unternehmen gefördert werden kann. Das Modell zeigt darüber hinaus die Wichtigkeit sozialer Beziehungen, des emotionalen Faktors und des Kontextes im Entwicklungsprozess der Führungskräfte auf und weist dezidiert darauf hin, wie wichtig diese nicht nur in Führungsprozessen, sondern auch für die Kompetenzentwicklung der Führungskräfte sind. Eine Beachtung der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung ermöglicht die Gestaltung und Nutzung des Arbeitsplatzes als Ort der Kompetenzentwicklung. Es handelt sich dabei letzten Endes um das, was Seufert mit der „Planung des Zufalls“ (vgl. Seufert u. a., 2013b) definiert. Es wird versucht, informelle

206

8 Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften

Prozesse der Kompetenzentwicklung didaktisch zu gestalten und damit eine gezielte Förderung derselben zu erreichen. Dadurch wird der informelle Charakter des Informellen zwar in gewisser Weise „formalisiert“, das darf jedoch nicht zu dem Rückschluss führen, dass informelle Prozesse in Unternehmen dadurch unterbunden werden sollen. Durch die Rahmungen der informellen Kompetenzentwicklung sollen vielmehr die Potenziale der informellen Prozesse genutzt und durch eine gezielte Organisation unterstützt werden. Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass das informelle Setting nicht alleine stehen darf, sondern im Sinne einer integrativen Führungskräfteentwicklung als einer von drei Bestandteilen 129 gelten sollte.

129

Diese sind wie bereits beschrieben, das formale, non-formale und informelle Setting.

9 Schlussbetrachtung Informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften stellt ein Feld dar, dass in der wissenschaftlichen Literatur bisher wenig untersucht wurde. Im Rahmen von empirischen Arbeiten wurde zwar das informelle Lernen thematisiert, jedoch fehlen auch hier konkrete Ansätze einer Rahmung informeller Lernprozesse. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, einen Beitrag zur Theorieentwicklung des informellen Lernens und insbesondere der informellen Kompetenzentwicklung zu leisten. Dies geschah unter anderem vor dem Hintergrund eines integrativen Ansatzes der Führungskräfteentwicklung, der die folgenden Aspekte einbezieht (vgl. Day, 2012: S. 129ff.): 1. 2. 3.

die intra- wie auch die interpersonalen Ebenen der Führungskräfteentwicklung (‚LMD as a dynamic interplay and a multilevel process‘), die unterschiedlichen Entwicklungsprozesse, die je nach Führungskraft aufgrund von individuellen Erfahrungen und Erlebnissen variieren (‚LMD as a individualized process‘), die Entwicklung von Führungskompetenz als lebenslanger Prozess, der sich über die gesamte Lebensspanne hinweg vollzieht (‚LMD as a life span process‘)

Zum Erhalt von Hinweisen, wie eine Organisation aussehen könnte, die einer informellen Kompetenzentwicklung förderlich ist, sollte vor allem ein Blick auf die „Organisation des Informellen“ (Seufert u. a., 2013b: S. 487) geworfen werden. Mithilfe der qualitativ-explorativ empirischen Untersuchung wurde basierend auf den Wahrnehmungen der befragten Führungskräfte in Kombination mit den theoretischen Ausarbeitungen aus den Bereichen der Kompetenzdiskussion, der Debatte um das Lernen am Arbeitsplatz und das informelle Lernen ein mögliches ‚Modell der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ entwickelt. Es liefert Hinweise dafür, welche Faktoren hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften beachtet bzw. „gemanagt“ werden sollten. Es wird eine Perspektive ermöglicht, die beleuchtet, welche Aktivitäten die Lernenden selber sowie die relevanten Akteure, wie bspw. das oberste Management eines Unternehmens, Bildungsverantwortliche etc., hinsichtlich einer Förderung der informellen Kompetenzentwicklung unternehmen können. Darüber hinaus wurde aufgezeigt, dass informelle Kompetenzentwicklung von Führungskräften ähnlich wie das informelle Lernen durch den Entgrenzungsgedanken gekennzeichnet ist und ein Phänomen darstellt, dass sich nicht alleine © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 C. Ehrlich, Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung, Economics Education und Human Resource Management, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31362-3_9

208

9 Schlussbetrachtung

auf den Arbeitsplatz beziehen lässt, sondern vielmehr im Rahmen eines ‚expanded workplace learning‘ thematisiert werden sollte. Die Entgrenzung der informellen Kompetenzwicklung von Führungskräften umfasst demnach sowohl Lern- und Entwicklungsprozesse am Arbeitsplatz als auch unter formalen und non-formalen Bedingungen sowie Aktivitäten im privaten Umfeld. Eine Verzahnung von all diesen Bereichen sollte angestrebt werden, um die Kompetenzentwicklung ganzheitlich zu fördern.

9.1

Limitationen der vorliegenden Studie

Obgleich das ‚Modell der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ einen entscheidenden Beitrag zur informellen Kompetenzentwicklung im Rahmen der ,workplace learning’-Literatur leistet, muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um ein spezifisches und nicht allgemeingültiges Modell der informellen Kompetenzentwicklung handelt. Zum einen ist es auf die Gruppe der Führungskräfte aus dem Bankensektor zugeschnitten und kann, sofern es sich um ein anderes Unternehmen oder sogar nur um eine andere Personengruppe desselben Betriebes handelt, anders aussehen. Zum anderen variieren seine Ausprägungen unter Umständen auch innerhalb der Gruppe der befragten Führungskräfte. Aufgrund unterschiedlicher individueller Voraussetzungen wird die Wichtigkeit der einzelnen Managementfelder von Führungskraft zu Führungskraft eine andere Gewichtung bekommen. Auch betrachtet das Modell in erster Linie die Faktoren der informellen Kompetenzentwicklung von Führungskräften, jedoch nicht, ob diese eventuell auch hinsichtlich der formalen und non-formalen Formen der Kompetenzentwicklung gelten, bzw. wie genau diese miteinander in Verbindung stehen. Durch das Modell wird zwar deutlich, dass alle drei Formen berücksichtigt werden sollten, wenn es um die Entwicklung einer kompetenten Führungskraft geht, es können jedoch keine Aussagen darüber getroffen werden, in welchem Verhältnis dies geschehen soll. Auch wenn in den empirischen Ergebnissen von einer Kompetenzentwicklung von ca. 30-40% am Arbeitsplatz gesprochen wurde, kann daraus nicht ohne weitere Untersuchungen auf die Bedeutung formaler bzw. non-formaler Programme geschlossen werden. Der Tatsache, dass vor allem auch die Arbeitsbedingungen und Tätigkeitsinhalte einen entscheidenden Einfluss auf das informelle Lernen haben und gerade bei den Führungskräften ein hohes Potenzial für informelle Prozesse der Kompetenzentwicklung beinhalten, kann die Wahrnehmung darüber, dass ein direktes Lernen im Arbeitsumfeld vergleichsweise wichtiger sei,

9.2 Relevanz für die Praxis

209

unter Umständen beeinflussen (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2016). Wie bereits in Kapitel 5.2.5 aufgezeigt, stellt das Feld der informellen Kompetenzentwicklung an sich eine Herausforderung für dessen Erforschung dar. Der Umstand, dass Kompetenzen nicht direkt überprüfbar sind, da sie durch soziale und motivationale Elemente determiniert und sich die Lernenden oftmals der Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse nicht bewusst sind, verlangte nach einem Forschungsansatz, der die Selbsteinschätzung der Führungskräfte und somit die Sichtweise der Betroffenen herausarbeitet. Anhand von leitfadengestützten, problemzentrierten Interviews mit den Führungskräften der Bank wurden diese individuellen Wahrnehmungen identifiziert. Die Orientierung an einer qualitativen Interviewstudie impliziert eine Einschränkung auf die individuellen Sichtweisen der InterviewpartnerInnen und führt dazu, dass die Ergebnisse immer auf das einzelne Individuum bezogen sind. So können die herausgearbeiteten Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung je nach Person unterschiedlich ausgeprägt sein. Hierauf wurde bereits in der Darstellung des Modells hingewiesen. Der gewählte Forschungsansatz der Fallstudie im Rahmen der qualitativen Vorgehensweise ermöglichte es, das Forschungsfeld in seiner Gesamtheit zu erfassen und vor allem auch die kontextuellen Einflussfaktoren informeller Kompetenzentwicklung der Führungskräfte zu berücksichtigen. Die Fokussierung auf den konkreten Fall einer typischen Genossenschaftsbank, die durch ihre traditionellen Strukturen und aktuellen Herausforderungen geprägt ist und somit spezifisch für dieses Feld steht, ermöglicht es, die Ergebnisse auf andere Banken des Genossenschaftssektors sowie weiterer mittelständischer Finanzdienstleister im deutschsprachigen Raum zu übertragen, da diese in den Strukturen ähnlich sind. Eine Umlegung auf andere Sektoren kann erfolgen, sofern sich die Kontexte der Forschungsfelder in ihrer Organisation und Struktur ähneln (vgl. Flyvbjerg, 2011). Sofern diese jedoch divergieren, kann sich eine Übertragung als problematisch erweisen, da dann unter Umständen andere kontextuelle Aspekte relevant werden und einen Einfluss auf die möglichen Ergebnisse nehmen.

9.2

Relevanz für die Praxis

Neben dem wissenschaftlichen Beitrag, können auch aus einer praxisorientierten Sicht Implikationen aus der vorliegenden Arbeit abgeleitet werden. Die Kompetenzentwicklung von Führungskräften stellt hier ein Feld dar, das gerade in Bezug auf die Planung von Programmen der Führungskräfteentwicklung in Unternehmen von großem Interesse ist. Es geht um die Frage, wie diese effektiv gestaltet werden sollten, damit Führungskräfte einen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leisten

210

9 Schlussbetrachtung

können. Hierbei muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Führungskräfteentwicklung im Rahmen einer betrieblichen Bildungsarbeit gedacht werden sollte. Dies stellt die Grundlage eines Verständnisses der Führungskräfteentwicklung hinsichtlich der notwendigen Betrachtung von Kompetenz- und Identitätsentwicklung als Zielkategorie dar und bildet damit die Basis für die Anwendung des ‚Modells der informellen Kompetenzentwicklung‘ von Führungskräften. Auch wenn das Modell wie beschrieben dynamisch in seinem Charakter ist und so je nach Führungskraft eine unterschiedliche Gewichtung besitzt, liefert es dennoch Anhaltspunkte, die für die Gestaltung der Führungskräfteentwicklung im Rahmen einer betrieblichen Bildungsarbeit ausschlaggebend sind. Die Gestaltung der Managementbereiche betrifft alle Akteure im Unternehmen und stellt nicht eine Aufgabe einzelner Personen dar. Dennoch sind vor allem die obersten Ebenen sowie die Personalentwicklungsverantwortlichen eines Unternehmens gefragt, wenn es darum geht, die Entwicklungspotenziale der Führungskräfte zu erkennen, da vor allem Letztere bezüglich der Gestaltung und dem Aufzeigen möglicher Karrierewege im Unternehmen über die nötigen Kompetenzen verfügen. Das Ermöglichen eines schrittweisen Hineinwachsens in die Führungsaufgaben wird durch gezielte Entwicklungspläne möglich, in welchen die Führungstätigkeiten nach und nach übernommen werden können. Ebenso verhält es sich mit der Herstellung einer reflexiven Praxis, welche bspw. anhand von individueller Einzelarbeit oder auch in Form von Gruppenprozessen durch professionelles Personal begleitet werden sollte, um die Entwicklung von struktureller sowie Selbstreflexivität der Akteure zu fördern. In Anbetracht der Herstellung enger, emotionaler Beziehungen sollte die Möglichkeit eines Aufbaus von Netzwerken und informellen Mentoringbeziehungen gezielt unterstützt werden. Hierbei ist die Frage nach der Zweckmäßigkeit formaler Programme zu stellen und eine Unterstützung von informellen MentorInMentee Beziehungen zu leisten. Durch die Möglichkeit von regelmäßigen Treffen, welche ausdrücklich dem Informationsaustausch dienen, oder auch der Gestaltung von offenen Begegnungszonen, können solche Interaktionsgelegenheiten geschaffen werden. Auch die Arbeit in Projektgruppen erscheint sinnvoll, um eine Zusammenarbeit zu ermöglichen, die durch den Abbau von Hierarchie-, Profilierungs- und Konkurrenzdenken gekennzeichnet ist und eine Übernahme von Verantwortung impliziert. Die Unternehmens- und Organisationskultur sollte dahingehen gestaltet werden, dass das Leben einer Fehler- und Feedbackkultur angestrebt wird und diese auf einer Atmosphäre aufbauen, die von gegenseitigem Vertrauen gekennzeichnet

9.3 Ausblick und weiterführende Forschung

211

ist. Hierbei erscheint der Einbezug des privaten Umfeldes sowie der damit verbundene Fürsorgeauftrag des Betriebes gegenüber all seinen MitarbeiterInnen wichtig. Für die Praxis der Führungskräfteentwicklung sind die einzelnen Elemente der Rahmungen des Modells als Handlungsfelder anzusehen, die durch eine gezielte Gestaltung von Karrierewegen, Vertrauen, Verantwortung, Beziehungen, Reflexionsprozessen, Emotionen und kritischen Ereignissen die informelle Kompetenzentwicklung der Führungskräfte fördern und erleichtern können.

9.3

Ausblick und weiterführende Forschung

In der vorliegenden Arbeit wurde eine Untersuchung informeller Kompetenzentwicklung von Führungskräften am Arbeitsplatz anhand einer explorativen Fallstudie vorgenommen. Trotz der dadurch entstandenen Erweiterung der theoretischen Auseinandersetzung in den Gegenständen des informellen Lernens und der Entwicklung von Kompetenzen im Arbeitsumfeld sowie der Entwicklung eines ‚Modells zur Rahmung informeller Kompetenzentwicklung‘ von Führungskräften werden durch die offene Fragestellung der Studie weitere Fragen für die betriebspädagogische Forschung aufgeworfen. Neben der hohen Bedeutung informeller Kompetenzentwicklungsprozesse für die Entwicklung von Führungskompetenz machen die Ergebnisse die Wichtigkeit von Weiterbildungsmaßnahmen außerhalb informeller Rahmenbedingungen deutlich. In Hinblick auf die Führungskräfteentwicklung erscheinen daher weiterführende empirische Studien interessant, um den Zusammenhang von formellem, non-formalem und informellem Setting zu identifizieren und darauf aufbauend eine integrative Betrachtung der Führungskräfteentwicklung vornehmen zu können. Das ‚Modell der Rahmungen informeller Kompetenzentwicklung‘ von Führungskräften wurde im Rahmen einer Fallstudie und auf den konkreten Fall einer typischen Genossenschaftsbank, die durch ihre Organisation und aktuellen Herausforderungen geprägt ist und somit spezifisch für dieses Feld steht, entwickelt. Denkbar wären hier weitere, auf der Forschungsarbeit aufbauende Untersuchungen in anderen Wirtschaftssektoren, um einen Vergleich zu der vorliegenden Fallstudie herzustellen und um Ähnlichkeiten sowie eventuelle Abweichungen identifizieren und diskutieren zu können. Ebenso wären weitere Untersuchungen hinsichtlich der informellen Kompetenzentwicklung von anderen Akteuren interessant, um eventuelle Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zu der Gruppe der Führungskräfte herauszuarbeiten.

212

9 Schlussbetrachtung

Die Ergebnisse der Studie basieren auf der Auswahl der InterviewpartnerInnen vor dem Hintergrund, einen möglichst informationsreichen Fall entstehen zu lassen. Eine Replikation der Untersuchung mit Führungskräften, die genau dem Gegenteil dieser Kriterien entsprechen, könnte sich als spannend hinsichtlich der Auswirkungen eines Samplings nach den Kriterien eines atypischen Falls erweisen.

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