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German Pages 286 [288] Year 1798
Table of contents :
Erstes Kapitel. Worin der geneigte Leser in einem Miltagsmal einges laden wird
Zweites Kapitel. Dient zum Wegweiser
Drittes Kapitel. Einige Bekanntscaften. Der Hauptmann und feilte Trau
Viertes Kapitel. Der Maler Hagellin, eine Originalmännchen
Fünftes Kapitel. Fräulein Vechten, ein dito etwas feiner
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel. Wie viel darauf ankommt die Sprache zu verftehn
Achtes Kapitel. Das Fräulein .leirer ihren Anschlag ein
Neuntes Kapitel. Die Sache kömmt zum Spruch
Zehntes Kapitel Sprüchwörter
Elftes Kapitel. Sie verstummen
Zwölftes Kapitel. Ein Vorschlag zur Güte
Dreizehntes Kapitel. Etwas vom Pastor Hell
Vierzehntes Kapitel. Der Maler sucht seinen Fehler wieder gut zu machen
Fünfzehntes Kapitel. Das Geburtsfest
Sechszehntes Kapitel. Eine wunderseltsame Komödie
Siebzehntes Kapitel. Schöne Raritäten
Achtzehntes Kapitel. Die Ueberraschung
Neunzehntes Kapitel. Das Spiel
Zwanzigstes Kapitel. Wobei gebeten wird, nicht zu vergessen, Saß von einem kleinen Städtchen die Rede sei
Einundzwanzigstes Kapitel. Eine Geistergeschichte
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Der Morgen in Freimann's Hause
Dreiundzwanzigstes Kapitel. Dem Freimann wird das Rathsel gelöst
Vierundzwanzigstes Kapitel. Ein Versuch Etende glüklich zu machen
Fünfundzwanzigstes Kapitel. Bader Liborius als Arzt
Sechsundzwanzigstes Kapitel. Von Invitiren
Siebenundzwanzigstes Kapitel. Was der Pastor ferner versehen
Achtundzwanzigstes Kapitel, Das freundschaftliche Gastmahl
Neunndzwanzigstes Kapitel. Geschichte des Pastors Dampfig
Dreissigstes Kapitel. Der Leser wird auf die Burg geführt
Einunddreissigstes Kapitel. Eine Abendgesellschaft
Zweiunddreissigstes Kapitel. Ein konditionirter Svasvogel
Dreiunddreissigstes Kapitel. Ein Originalmännchen
Vierunddreissigstes Kapitel. Eine andre Figur
Fünfunddreissigstes Kapitel. Ein Reformationeplan
Ton
Der
in kleinen Städten, oder
Nevo lutionen im
Städtchen * *.e drei Meilen von Berlin.
Eine k o m i s ch e Geschichte,
Erster Theil. Neue Auflage. Berlin, bei Arnold Wever.
1 7 9 7.
Erstes Kapitel. Worin -er geneigte Leser in einem MiltagSmal elnges laden wird.
(V ^Zn der Kurmark Brandenburg liegt ein kleines Städtchen (sein Name thut ja wohl
nicht« zur Sache?) voll niedriger, baufälliger Hauser, ungrader Strassen, selten von Rei,
senden besucht, und in dieses — freilich so wenig sich empfelende Sertchen, will ich Dich,
lieber Leser, führen.
Mache keine so finstre
Stirn, biedrer Greestädter, Dir,
ich verspreche
Deine Gefälligkeit soll Dich nicht
reuen, denn Du findest hier eine herrliche, reizende Gegend und wenigsten« ein Paar
wakre Metischen.
Und sieh, da« will im,
mer bei einer Volkszahl von höchstens zwei, lausend Seelen viel sagen, von denen der
grösste Theil Zahr aus Jahr ein unter sei, nem Vieh lebt nnd webt und durch diesen beständigen Umgang viel von dessen Art
Elftes DiinSch.
2l
und Weise «»nimmt. Topp! Du folgst mir? Nun so nimm meine Anweisung wahr. Er/
laubt es Deine Lunge und 'S« gehst per pedes von Berlin aus, so darfst Du nur
im schönen Lenz mit Sonnenaufgang den Stab ergreifen, und Du wirst, wenn Du
ein etwa« geübter Fuewandrer bist. Dein Mitkagsmal bei mir einnemen können, frei/
lich ganz schlecht und
recht, ein Gericht
Kohl oder Kartoffeln, oder was sonst die Jahreszeit giebt.
Allein denke nur nicht,
daß Du dieser
Einladung wegen mein Büchlein lesen sollst, nein, lieber Bewohner der Grosstädte, ich
möchte Dich
nur gern etwas besser nut
unsern Freuden und Leiden bekannt machen. Mancher unter Euch macht sich eine so fürch terliche Vorstellung von den kleinen Stad/ teil, daß er eine Verweisung in dieselbe für sein Todesnrtheil halten würde.
Schade
nur, daß dieser Widerwille auch auf un arme Kleinstädter den »achtheiligstcn Ein-
Kus hat.
Freilich fehlen uns Maskeraden
[
3
]
und Balle, Opern und Komödien, grosse
Konzerte u. d. gl. und was ebenfalls nicht zu läuguen und um so schlimmer ist, wir Vermissen nicht einmal alle diese schöne Sa,
chey.
Hieraus schliesst denn mancher sehr
scheinbar, es mangle uns Armen an Sinn
für schönere Vergnügungen und unsre Ner, ven wären zu stumpf, um feineren Freuden.
Geschmak abgewinnen zu können.
Zhr be,
trachtet uns daher oft mit einem Mr klei
den, das manchen braven Provinzialen zurükfthrekt und kränkt.
Hierzu kommt noch
unsre wenige Bekanntschaft mit den bei Euch
Vielgeltenden Kleinigkeiten des guten Tons, und die verzweifelte Langsamkeit, mir der
wir uns dem ehernen Arm Eurer flatter haften
Mode
unterwerfen.
Nun,
hebe
Leset aus der Hauptstadt, Euch wollt' ich
uur in diesem Büchlein zeigen, daß es uns Kleinstädtern nicht an Gefühl und nicht an
Gelegenheit fehlt, feinere und edlere Freu
den zu schmekken, daß
wir warlich nicht
blos Sinn für Essen, Trinken und Ruhe A 2
[ 4 J habe« und mithin so wenig Eures Mitten dens, als Eurer Geringschäzung wert sind.
Aber ich traf auch hin und wieder un ter Tuch nicht Wenig«/ denen das Ländle,
den über alles reizend schiel», dene»» wir Provinziale»» die glüklichsten Mensche»» zu
sein bäuchten. „Gottes reine Lust athmend, immer den Anblik der ofiie» herrlichen Na, tue geniessend, verleben sie In unschuldiger
Vertraulichkeit friedfertig ihre Tage. Hier weis man nichts von beleidigendem Stolz; Falschheit mit glatter Zunge vergiftet hier keine Freuden, sondern Unschuld, Offenheit,
Treuherzigkeit
und
Wohlwollen
schlingen
ihr festes Band um den kleinen Kreis der Einwohner."
Ach, edle Seelen! daß ich'6
sagen muS, Ihr irrt! Wir sind Menschen
wie Zhr; alles ist bei uns, wie bei Euch,
nur die äussere Schale anders. Endlich
auch Euch, Zhr Mitgenossen
der ländlichen Freude»» und Leiden, Euch andre Kleinstädter labe ich ein, lest dieses
Büchlein und beherziget es.
Zch war schon
C
5
]
an manchem kleinen Orte und überall fand
jch dieselben Uebel, überall waren sie brüf> fenfc, und überall—dachte man nicht daran
sie zu heben. Möchte sich doch bei Euch auch litt Hell und ein Fr ei mann finden, die
mit eben so viel Schonung, als Beharrlichkeit
gegen sie ankämpften, wie manche Thräne würde dann bei
Euch
weniger verweint,
wie manches Gute, das bisher Uneinigkeit
und Misgunst hinderte, eingeführt werden
und Seegen über Euch und Eure Enkel ver, breiten.
Zweites Kapitel. Dient zum Wegweiser.
Nun, Leser, wer Du auch bist Gros,
»der Kleinstädter, komm, ich will Dich in
unsre Thore einführen. Angenommen, Du
schlendertest auf der Berliner Strasse zu une, so würd' ich Dir den Rath geben:
trink auf der Hälfte des Weges Deinen
Kaffee und ie ein Stük Brod dazu, aber
A;
[
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1
weiter nichts, sonst mtttr ich zu lang war»
teil und meine Aartoffeln fthmekkcn Dir nicht.
Noch eine kleine Warnung : verlier
bei der kezten Meile nicht Deine Geduld,
Du verlängerst sie sonst,
üNd, wenn Da
kannst, so fasse den Fussteig, der Dich durch Wiesen und Fruchtfelder dem lezten Dorfe
zuführt.' Zezt lieber Gast, sind wir schon ziemlich nahe beisammen,
noch eine kleine
Stunde und — ich schüttle Dir die Hand. Wandre nur gemächlich dem sanft sich heben
den Hügel hinan,
und — wenn Du mir
und Dir eine» Gefallen thun willst —> so
zähle die Steine, die Dir im. Wege liegen, sieh nicht auf, bis Du merkst, daß es berg unter geht.
Halt! da warst Du und nun
den Kopf in dieHöh! — Was hier zu sehen ist? — Das will ich herzlich gern sagen, so gut sich so etwas sagen lasst. ÄZendcst Du Dich gegen Abend,
so schrekt Dich der
Grospapa von allen den übrigen Bergen, womit die ganze Gegend schier eingefasst ist.
Dunkle Föhren find sein Schmuk vom Schen
r ? ] tel bis zum Fus. Hier machen schimmer«»,
de Birken mit ihren langhaarichten Zweigen die Scheidewand zwischen ihm und einem
kleinen, friedlichen Dörfchen, da« seinen Namen dem Berge leiht. Wiesen voll bu»,
«en Klees und weidender Thiere schliessen -sich dem Dörfchen an, wechseln mit Frucht, selbem roth und gelb und grün und weis
ab, und ziehn sich so in traulicher Mischung bis zu Deinem Hügel hin.
de aus gegen Mittag,
Siehst Du gra«
so ärgre Dich nur
nicht über den schnurgeraden Dach, der mir
nichts, Dir nichte alle die Wiesen und Fel,
der- queer
durchschneidet,
ohne auch: nur
ein einziges Mal eine kleine Krümmung zu
»nachen.
Es »st freilich sehr starrköpfig und
was noch schlimmer scheint, sehr altmodisch so stramm und steif seinen Weg fortzusezen,
aber viel •—das ist nicht zu läugnen —•
viel erspart man doch, mungen vermeidet.
Weidenallee,
wenn man Krüm
Vergieb es auch dec
die von Deinem Hügel an
hebt, daß sie Dich so ziemlich grade auf
A 4
[
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1
die zwei Windmühlen znführt, die vor un serm Städtchen Wache halten, Du kommst
ja desto eher zu uns. Aber eh' Du Deinen Stab weiter fort, sezest, blikke auch einmal links gegen Mvr,
gen und freue Dich der unter Dir weiden,
den Hecrdcn,
und weiterhin der ämstgen
und' frohen Arbeiter und sich nur, wie sich
jene Tandhügel so trozig und neidisch.in den Weg ziehen,, als ginnten sie Dir den schönen Anblik nicht.
Sie rauben Dir in
der That »les, aber das liebe, neugebaule
Dörfchen mit dem schönen Kirchthurm und der noch schöneren Kirche können sie doch
nicht verstekken.
Da ist ein wakrer Pa,
stör, zu dem ich Dich auch bei Gelegenheit führen will.
Drittes Kapitel. eiHige DekannliLafren. Der Hauptmann und feilte
Trau.
Mit unsrer Gegend wärest Du nun ziem,
sich bekannt, und
so unvollkommen
meine
t
9
]
Beschreibung Immer war, so wirst Du doch
so viel daraus ersehn, daß sich die liebe
Natur nicht ganz stiefmütterlich gegen uns bewiesen hat.
Nun käme die Reihe an die
Menschen, und auch diese will ich Dir nach
der Reihe vorführen.
Freilich kann ich sie
nicht alle vom Bürgermeister an bis zu den Hirten herab zeichnen, ich weis. Du wirst
herzlich gern zufrieden sein, wenn ich Dich nur mit denen bekannt mache, die mittel öder unmittelbar auf das allgemeine Wohl
oder Weh unsers Städtleins Einflus hatten. Leider kann ich Dir nicht versprechen, daß
Du lauter liebliche Gesichter sehen wirst — welches Dlumenbeetchen
ohne alles
wäre
Unkraut? — aber ganz verzerrte werden Dich wenigstens nicht schrekken und manche ofne
und grade Stirn wird Dir das Verschrobne der andern erträglich machen. Durch eine sonderbare Verirrung waren in diesem Stäbchen Menschen zusammenge,
kommen, pon denen einige gar ihrem rechten Plaz standen. A 5
nicht auf
Da saß ein
[
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I
alter verabschiedeter Hauptmann Herr von
Erkrat
auf
seinem
kleinen
Rittergute,
kommandirte Kälber und Hüner, musterte die Enten, führte mit den Fliegen blutige
Kriege und fluchte und, argette sich, so ost er in den Zeitungen las, daß der Russe den
Türken geschlagen habe. Er war im Dienst um sein-rechtes Auge gekommen; dies und das inständige Bitten seiner stetigen Fran Mama hatte ihn bewogen, wider Neigung
den Abschied zu nemen.
Der Verlust die
ses Zluges war freilich kein geringes Unglük für t^ti,
denn natürlich blieb nun alles,
was rechts lag, seinem Dlik verborgen, und
wehe dem, der da was sah-, wo er nichts oder etwas anders sah.
Schon als Junker
Hänschen hatte seine gnädige'Frau Mama
dafür gesorgt, daß der junge Herr jederzeit Recht haben musste, und weit er. nun so lange im ausschliessenden Besiz der Unfehl barkeit gewesen war, so lies er sich ganz
natürlich nie oder doch sehr'' schwer daraus verdrängen.
[
II
J
Nur feine Frau, der es nicht an te des Herzens und an Verstand gebrach, wusste mit ihm fertig zu werden. Du hast Recht, Papachen, sing sie jederzeit ihre Widerlegung an. Du hast Recht, ich mer, ke nun selbst wohl, daß wir uns geirrt haben, aber sieh nur — Hier gab sie ihm eine so gefchikte, aber ««merkliche Wen dung, daß sein gesundes Auge auf die rem qnastienis fiel — sieh nur, wenn man die Sache so betrachtet, wie leicht kann man da nicht getäuscht werden. — Da stand nun der alte biedre Hauptmann, ward ein wenig roth und rief im sanftem Tone: Nun, da hast Du'auch nicht ganz Unrecht, aber sag' ich doch, wenn----- komm her, liebes Weib und gieb mir einen Kus. Nach dem abgebrochnen wenn, sollte eigentlich folgen: wenn das rechte Au ge blind ist, so kann auch rechts nichts da fein. — aber er hielt es ent weder nicht für nöthig Mehreres zu Ver folgung seines Sieges hinzu zu sezen, oder
C
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]
w.'s wahrscheinlicher ist, er schämte sich de«
falschen Schluffes, dessen Nachsaz freilich hätte heissen sollen: so kann i ch auch rechts
nicht sehen.
Doch,
lieber Hauptmann,
Du bist nicht der Einzige, der so schliesst, und nicht jeder hat eine Gattin, die seine
blinde Seite dreht.
Viertes Kapitel. Der Maler Hagcllln, eine OriginalmLnnchen.
Ein Unglük war's Immer, wie gesagt,
daß der arme Hauptmann sein rechtes Au ge verloren hatte.
Das war die Quell?
aller seiner Streitigkeiten und machte ihn um so hartnäkkiger, je mehr er vermuten muffle,
mall hielte ihn für einen Mann,
der nur die Sachen Halo sähe. Es war da, her sehr schwer für ihn eine neue Bekannt^
schäft zu machen, denn gewöhnlich gerieth er mit jedem Fremden schon bei dem ersten
Besuche in
solche Zänkereien, daß beiden
Theilen die Lust verging, einander wieder
[ zu sehen.
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]
Sein ganzer Umgang blieb also
auf sehr wenige eingeschränkt, die ihn sämt/ lich zu handhaben verstanden, nur freilich
jeder auf seine eigene Art. Wir wollen unsre Leser in diesem Kapitel wenigstens mit ei/ hem bekannt machen,
dem am häufigsten
die langweiligen Stunden
unsers gestren,
gen Junkers auszufüllen die Gnade ward. Es war der Maler Hagelün, ein Mann chen,
das gleichfalls nicht auf seinem rech/
ten Plaz stand.
Er hatte für seinen Pin/
sei und für seinen unstaten Geist hier zu wenig Beschäftigung. Indessen verstand er meisterlich die Kunst vom Morgen bis zum
Abend höchst thätig zu scheinen. Seine über/ triebne und oft übelangebrachte Dienstfer, tigkeit, sein unersättlicher Durst nach Neu
igkeiten und sein heftiger Drang immer in Gesellschaft zu sein, «amen ihm die meiste
Zeit des Tages weg.
Freilich
war seine
liebe Ehehälfte gar nicht damit zufrieden
und empfing ihn gewöhnlich bei jeder Nach/ hausekunft mit den artigsten
Vorwürfen-
[
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]
die er dann mit Aufzälung aller der kleinen Dienstleistungen erwiderte, welche er dem Gevatter N- und dem Nachbar N. und der
Frau Muhme N. habe thun müssen. Sei, ne Frau, übrigens ein fleissiges und ordent, lichee Weib, hatte viel Aehnlichkeit mit der
Gattin des Weisesten der Griechen und ge,
riech natürlich über diese Entschuldigungen
in noch grössere Wut.
„So? also Frau
und Kind hnngern lassen? bei andern kannst Du arbeiten, nur zu Hause willst Du nichts
thun, liederlicher
ruhig,
Schlingel!" Kind, sei
nun soll es desto rascher gehn! —
und damit wusch er die Pinsel
aus, rei,
nigtr die Tablette oder rieb Farben.
Aber
länger, als eine halbe Stunde war es ihm
durchaus nicht möglich, in seinen vier Pfä, len zu bleiben. —• Poz Wetter! rief er dann ängstlich aus, hätt' ich's doch bald vergess sc», der Hauptmann wird sehnlichst auf
mich warten, ich habe versprechen müssen zu ihni zu kommen — und husch schlüpfte da«
qucksilberne Männchen zur Thür hinaus»
c 15 i Herr Hagelün war übrigens
der et#
kärmlichste Maler im ganzen heiligen Teut schen Reich und hatte überdies eine unüber
windliche Abneigung gegen jede ernste und
anhaltende Beschäftigung.
Allein im-Stok/
schnizeln, Fischangeln, Hünersezen- Stie
felwichsen und
Frisiren
suchte er seinen
Meister. Ausserdem gab es noch eine Men,
ge andrer kleiner Künste, die Niemand im ganzen Orte so gut verrichtete, als unser
Hayelün. Sein Dienstfertigkeiteeifer dräng
te sich jedem auf und mau war unbillig ge,
nug, nur zu oft davon Gebrauch zu machen. Hatte sich eine Gaus verlaufen, so hies e«:
Herr Hagelun wird sie uns schon wieder schaffen, und Herr Hagelün, der in fein..!
eigenen
Angelegenheiten
nicht
gern
zwei
Schritte that, lief stundenlang herum und
spionirte sie aus. Das that er freilich nicht eben darum, andern nüzlich zu fein, son
dern wie es allen Anschein hatte,
sich ge,
fällig zu machen und aufkleine Gegengefal,
ligkeiten Anspruch zu
haben.
Wenigstens
r
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j
rmterlies er niemals, so oft er unbemerkt eine offenstehende Gartenthür zugemacht hat,
re, es dem Besizer anzuzeigen, daß er ihm
dies zu verdanken habe.
Indessen erreichte
er seinen Zwek, man sah ihn überall gern und selbst der Hauptmann,
der sich über
seine Unwissenheit in politischen Dingen und seine herzlich winzige Urtheilskraft oft nicht
wenig ereiferte, konnte doch ohne den Ma,
ler keinen Tag hinbringen.
Wirklich musst*
er auch seine Gesellschaft nicht unangenem zu unterhalten, kein Reisender konnte vor
ihm unbemerkt durchwandern, keine Kuh kalben, kein Zwist unter Mann und Frau Vorfällen, Herr Hagelün erfuhr es gewis
auf frischer That.
Freilich grif er alles auf
was sich ihm darbot, Gutes mit) Böses, von Lreurrd und Feind, und er hätte sicher
seines eigenen Vaters nicht geschont, wä,
re ihm eine skandalöse Geschichte von ihm zu Ohren gekommen; aber, eben so unbefan,
gen berichtete er auch, von seinem bittersten Feinde
(
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]
Feinde die edelsten Anekdoten.
Ihm war
es genug, wenn er nur unterhalten konnte.
Seme Begierde sich angenem zu ma
chen, lies es hrerbei nicht bewenden, son
dern er suchte sich auch in die Lieblingsneigung eines .Jeden so tief einzuschmiegen, als es ihm immer glükken wollte.
War
sein Gesellschafter ein Blumenfreund,
so
schäzte Niemand die Tulpen und Hiaein-
een und Aurikeln und Nelken mehr, Herr Hagelnn.
als
Der ^anptmann hasste
die Russen von ganzem Herzen und Herr Hagelün schwor, sie waren ihm unauesteh,
lich.
Kurz es ging so weit- daß er nur
-inen schnarren oder lispeln hören durfte,
um acht Tage lang selbst zu schnarren oder zu lispeln.
Bei der Leerheit seines Kopfs
und seiner unbeschreiblich regen- Phantasie,
machte alles Neue einen angenemen Eindruk auf ihn, weil
es erstere etwas aus
füllte und leztere wenigstens eine Zeitlang
beschäftigte.
Erstes Döndcp.
B
t 18 ] Fünftes Kapitel. Fräulein Dechren, ein dito etwaS feiner. Daß sich dieses gelenkige Männchen in
die Launen und Eigenheiten unsers barschen
Hauptmanns leicht habe zu schikken wis sen, darf ich wohl nicht erst sagen.
Er sah
nur das, was der Hauptmann sah, und
fand es auf ein Haar so, wie der gnädi ge Herr beliebte.
Gingen sie den Garten
auf und meder, so dlSputirte der Haupt-
mann bei dem Gange nach dem Garren-
Häuschen pro und bei der Rükkehr contw, je nachdem sein gesundes oder fern blindes
Auge dem Streitpunkt zugekehrt war. Der friedfertige Maler drükte gewöhnlich beide Augen fest zu und stimmte jeder Behaup
tung
des
Edelmanns mit
allerdings,
ganz natürlich u. s. w, bei. Und doch,so gern auch unser Hauptmann Recht halte
mio so wenig
er
Widerspruch
vertragen
konnte, befriedigte ihn Herr Hagelün'o Ge schmeidigkeit gar nicht.
Es war ihm eben
E
19
]
so schimpflich ohne Widerspruch, als ohne
Kampf xu siegel». sern Maler
Er verachtete daher un
herzlich und doch
war ihm
eben -derselbe so unentbehrlich, daß er e# keine» Tm; ohne ihn aushalten konnte.
Nicht so gefällig gegen unsern Junker war Fräulein Selgard von Vechten, eine Verwandte des Haupttnan-i's.
Sie
zählte eben ein halbes Säkulum und hatte
alle die Fehler, Hie' einer erzwungenen Ehe/
lssigkeit natürlich ankleben, in nicht gemei-
nem" Grade.
Eine alte Jungfer mus von
Seiten ihres Herzens und Verstandes gut verwahrt sein, wenn sie nicht von Mann/ sucht und
soll.
Menschenhae - befallen werden
Was Fräulein Oelzard betrift, -so
kann man nicht läugnen, daß sie ausseror
dentlich viel Scharfsinn
besas, wenn es
drauf ankatn/die geheimen Schwächen ih
res Nächsten auSzUspähen, oder wenn sie irgend einen Plan dürchsezen wollte.- Auch fehlte re ihr nicht an Wiz, der-freilich, weil
er'zu stumpf war,, nicht rizte, aber doch B r
[
20
3
Waue Flehen gab. Ueberdies verstand sie meisterlich die Kunst stundenlang hinter einander sortzuplappern, so daß sie jedes, mal, wenn auch nicht ihre Gegner wider, legte und überzeugte, doch sie wenigstens ermüdete und betäubte. Sie hatte sich da, durch so furchtbar im ganzen Städtchen ge-, macht, daß des Gewürzkrämers Frau, ei» ne nicht schlechte Rednerin, öffentlich ge stand: mit Fraulein Oelgard möchte sie selbst nicht anbinden, die hatte ein verteu feltes Schandmaul. Diese sonderbare Lobprelsung erregte überall keine geringe Mei nung von dem Verstände des Fräuleins, und wenn wir nur ihre eigene vielfache Aeusserungen dazu »enteil, so ergiebt sich freilich, daß ihr diese Ueberlegenheit nicht abgesprochen werden könne. Von Seiten ihres Herzens müssen wir uns bei ihren alleinigen Aussagen beruhi ge», da ich bei der mühsamsten Nachforschung doch auch kein einziges günstiges Ur theil von irgend einer Seele habe anfipure»
r
-i
]
sinnen. Selbst'der alte Hauptmann Hab ihr
oft .das Assugms, daß sie ein erzkiatjchiges, neidisches und boshaftes Affenaeschöpf seu
Doch, aufrichtig und unparteufch wie wir sind, wollen wir auch nicht übergehn, wie
Fräulein von ‘Fechten sehr oft von Men schenliebe sprach,
wie sie bisweilen ihren
Gesell schaftcrn im Vertrauen gestand, daß die erste Ursache, warum sie nicht tn den Stand der Ehe trete, die Besorgnis fei, ihr zu theilnemendes, zu gefühlvolles Herz
würde nicht vermögend sein, die Leiden und
Unannemlichkeiten dieses Standes zu ertragen; ja sie warf sich sogar nicht selten zur Ver
theidigerin von ziemlich offenbaren Schur ken auf,
zog mit
der ihr eignen Bered
samkeit'auf die Lästerzungen los und eiferte
mit frommer Wut gegen die wenige Men
schenliebe.
Bei solchen Gelegenheiten zeig
te sie sich allemal in . vollem Glanze. Mit
einem
allerliebsten
und
unbeschreiblichen
Hohnlächeln trat sie auf und sah dre Ger feüschaft, ihres Sieges gewis, mmriphirentz B 3
[ non eher.
In der That kann der?r'reLmaiin eine kleine Demüthigung nichts schaden, und ich bin eine
zu grosse Freundin von Sprüchwörtern, als
daß ich glauben sollte, das bekannte: Gleich uiib gleich gesellt sich gern! sollte hier ganz und gar seine Kraft verloren Habern Dock
ich will nicht richten und findet man in Zukunft, wenn sie die Noth etwas Tirre gemacht hat, daß sie rursers Mitleids nicht ganz unwert sei, so kann man ja noch im,
wer etwas für sie thun. Frau Firlich. Ja wohl, und der Herr
Hauptmann könnten sich wahrhaftig grausamlich prosterniren, wenn der Afzier sähe,
daß sich Ihr Gnaden der Frau eines Lands,
perräthers annamen thäten, Frau
[
6‘iv.u Deihel.
49
Jh!
]
Kehl» doch Zhr
Gnade», iS ja an dem Weibe noch nix dran.
Der Hauptmann warf einen verächtli
chen Blik auf alle diese Geschöpfe und wollte fort, da stürzte stch ihm ferne mit Vorschnelle eilte er davon. „Thor gen bring' ich'6, rief er noch im Wcggc-
hen, und llebermorge» ist Probe. —" Schoi; gut! entgegnete die Gervürzkramerin und kam mit einer geheimnisvollxir Mine in die Wohnstube zurük.
Zhr fflicwu, der in der That nicht Her schlauste war, hatte sich schon nicht wenig
den- Kops zerbrochen, was sie woh-l auszu, führen gedachten.
Daß es etwas
sein
müsse,
hatte er schon glüklich herausge
bracht.
Allein hierbei blieb sein-unermüde
ter Geist nicht stehen, er wollte auch wis sen, w a 6. es sei. Nach langem vergeblichen
Grübeln ging ihm endlich mit Einemmal
ein Licht auf. „Mir kommt nicht, rief er plözlich und
brach in ein wieherndes Triumphgelächter
«ue, ich habe den Braten gerochen. Müsst Eyre Sache» klüger anstellen, wenn ich
[
76
]
nichts merken soll. — Was? entgegnete sei/
ne Fran, was, Mann! Du wüsstest's? — Srehst Du, ich will mich im Mörser klein
stampfen lassen, wenn Du nur so viel bw
von weg hast, das will ich! „Geh' doch,
Heh, versezte ihr pfiffiger Gatte, mich macht Ahr nicht dumm, da müsse Ahr früher auf/
stehn. — So sprich doch, Dummbart, fuhr die aufgebrachte Hälfte fort und stemmte
beide Aenne in die Seiten, he? was weisst Du denn?' Firlich -(ittlr schalNschen kacheln-) Soll ich? — Ma! Herr' Hagelün mus auf das Geburts
fest des Hauptmanns was malen — Da hast Du düs'-ganze Geheimnis. aachr sE-
zu frieden.) Frau Firlich stand schier nute mit ofnem Munde,
eine Mb
ehe sie:
Poz
Gimpel über alle Gimpel, wenn Du mei, ter nichts weisst, heran--brachte.
Sieht,
daß der Maler Farben und Papier mit,
nimmt und zerbricht sich
noch den Kopf,
ehe cr's vausknegt, daß was gemalt wer
den soll.
Hast nicht gehört, was der Ma,
[
77
3
ler beim Abschied sprach? — Nichts von Probe?
Siehst,
daß Du dumm bist und
Vichts weisst. Herr FirlLch
schnitt ein
Gesicht, al§
hatt' er in einen sauern Apfel gebissen und
ward unwillig.
„Bekümmre mich viel uni
Eure Narrenpossen, hörst Du's, mag der Henker wissen, was Jhrvorhabr!" Seine sonst wortreiche Frau begnügte sich statt
aller Antwort ein Siegsgelachter 'anzuheben. Am andern Tage stellte sich Herr
gelün nur einem beschriebenen Dogen City fradjte semen sechsjährigen Buben mit uni> begab sich mit Frau Firlich nebst ihrem
Knaben von
Stübchen.
gleichem Alter in das kleine
Was sie hier gemacht haben,
kann uns selbst Herr Firlich nicht verra then, der,
so sorgfältig er auch sein Ohr
dem Schlüsselloch andrütte, doch nichts wei, ter vernam, als daß man den Kindern ei nen Spruch vorsagte, wie er sich ausdrük,
te; aus welchem Liede, konnte er nicht Her
ausbringen. Der Maler entfernte sich sodann
c 78 j mit der Erinnerung: Fran Firlichen, für meines steh' ich, der
mus es morgen kön-
ne», geben Sie Sich ja alle Mühe, dann will ich den Kindern noch die Aktion bei bringen.
„Nun,
da haben wir's,
die Knaben
sollen dem Junker ein Wunschsprüchclchm sagen, rief Herr Firlich. Ueber die Heim lichkeit! Fehlgeschossen, mein Freund! mehr
erwiderte seine kluge Gattin nicht. Zch übergehe die übrigen Tage der Zu
rüstungen, die von Seite» des Malers so
geheimnisvoll und verstekt betrieben
wur
den, daß das ganze Städtchen zulezt auf merksam darauf ward.
Ma» merkte end
lich wohl, daß eine Komödie solle gespielt werden,
besonders da am" Vorabend Herr
Hagelüu mit einem
grosse» Barte
Kiehnrus und einem langen
von
Schwerte um
seine Lenden über die Strasse zur General probe ging.
Endlich erschien der so sehr gewünschte Tag. Herr Hagelün war mit seiner Arbeit
[
79
]
fertig, die Komödie cinftutirt, und die edl^ Luise lud die sämtlichen Honoratioren des
Ovts, bie wir schon kennen, zum Mittages
mal. Fünfzehntes Kapitel. DaS GeburtSfest.
Der Hauptmann war heute ungemein
heiter, er empfing ferne Gäste mit der sicht barsten Freude und schien allen Unwillen
wegen des lezten Vorfalls abgelegt zu ha
ben.
Selbst dem Maler drükte er recht
herzlich die Hand.
Pastor Hell,
Frei
mann und d-ie edle Luise sahen sich wech, selöweis an und jeder las in des Andern
Augen die heissesten Wünsche für ihren edel, wüthigen Freund.
Selbst Fraulein X)ed;,
ten war heute — gar nicht Fräulein X>ecb,
ten, so viel
Theilrrame
und unverstellte
Freude fand man auf ihrem Gesicht.
Sie
schien heute etwas Wichtiges im Schilde 511
führen, denn oft (taub sie in tiefen Gcdan,
E
So
3
Een, wendete die Augensiarr nach der Dek
ke und bewegte sprachlos ihre Lippen, bis
sie dann, wieder aus dieser Betäubung mit einiger Bestürzung erwachte.
Indessen da
sie sich selbst mit nichts vor der Hand aus«
lies, so kommt es mir noch weniger zu,
Mutmaassungcn darüber anzustellen.
Nie,
mand aber zeigte seine Freude nachdrükli, chcr, als unser Hagelün.
Alles lebte an
ihm, wenigstens dreimal schon hatte er dem
alten Zöllner auf den Fus getreten, indem er wie der Wind bei ihm vorbei hüpfte, um
ein verlornes Schnupftuch oder eine Nadel
ihrem Vesizer ausheben zu können. Wirk lich hatte auch der Maler alle Ursache sich
zu 'freuen, denn er fand heute nicht nur eine
erwünschte Gelegenheit, sich die Gnade deS Hauptmanns wieder zu erwerben, sondern auch seine Geschiklichkcit und Erfindung«,
kraft an den Tag zu legen. Kurz alles war;
froh, nur der gefühllose Zöllner mit seiner
gleichgestimmten Ehehälfte nicht, die ohne
die
r st ] Sie geringste merkliche Theilname in ihren Alltagsgesichtern erschienen waren.
Die
Tiftbe,
Gesellschaft fejte nachdem man
sich endlich zu
sich diesmal kaum
eine kleine Viertelstunde um die Pläze ge
stritten hatte, und wobei eben weiter nichts fonderltches vorfiel, als daß der allzudienst, fertige Maler feine Frau Nachbarin, die
der Gefahr
Gewürzkranreri»,
aussezte,
rükwärts zu Boden zu fallen, indem er ihr den Stuhl, mehrerer Bequemlichkeit we
gen, zu weit zurük geschoben hatte.
Zum
Glük hielt sich Fra» Firlich lwch zu rech ter Zeit an dem Tische fest, bevor sie das
Uebergewlcht bekam.
Einige Gläser gingen
freilich bei dieser Erschütterung zu Grunde, doch waren sie noch leer, weswegen denn
auch der Maler mit einem kleinen Verwei se davon kam.
Die Speisen so wohl, als
die Tischgespräche
übergehen wir, so gut
auch beide sein mochten, und schreiten so
gleich zum Kuchen. Wie dieser aufgetragen ward, erschienen zwei alte Manner in ihEriicr Diinvkh.
F
ren bäurischen
Feierkleidern.
WaS wollt
Ihr Kinder? fragte der Hauptmann.
„Unserm guten Vater und Wohlthäter Glük wünschen.
Leben Sie lange, Herr
Hauptmann, und sein Sie noch unsern
Kindern, was Sie uns waren!/z -r Die Thränen liefen dabei den Greisen von den Wangen.
Länger konnte sich Herr Hage-
lün nicht hatten, er
sprang von seinem
Stuhl auf, ergrif sein Glas und krähte
im ausgelassensten Zubelton: Vivat! es (ex be unser gnädiger Herr Hauptmann! -Alle folgten der Aussoderung, die grämliche Zöllnerin selbst nicht
unserm Maler gegen
ausgenommen, die
über sa6.
Vivat!
wiederholte dieser noch einmal und reichte der Frau Deihel das Glas zum Anstos,
die das ihrige ebenfalls emporhob.
Allein
Herr Hagelün raunte mit dem feinigen so
kräftig dagegen, daß
ihr der ganze Wein
auf die stoffene Andrienne geschüttet ward. Wer beschreibt den Verdrus der Zöll
nerin, wer schildert die Angst des
Ma-
lero?
1
83
[
— „Ist Er
des Henkers, Hage,
Iün ? schrie der Hauptmann, als er von einem Paar Knaben
unterbrochen
ward,
von denen sich jeder'eirrer von seinen Handen
bemächtigte und sie in ländlicher Einsalt derb abherzte.
Was
wollt Ihr Kinder?
wer
seid Zhr? — „Der armen Wittwe Söhne
sind wir, der Zhr Gnaden erzeigen.
so viel Gut'6
Die neue Zakken hatt" uns die
gnäd'ge Fran machen lassen zu Zhrem Eh
rentage. Gott segne Sie, lieber Herr, und lass' es Ihnen noch lange wohl gehen." Der
Kleinste
von
ihnen
harre einen
Straus von Feldblumen gebunden und.siekte ihn dem
Hauptmann
in
die Hand.
Der edle Junker fühlre etwas ganz Frem
des in sich, es war ihm so heis, so wohl und doch so peinlich, daß er, wenn er nicht
Soldat gewesen wäre, gern ein Thränchen geweint hätte. „Dank' Euch, liebe Kinder, dank' Euch. Geht man da in die Nebenstube, sollt was
zu
essen
haben.
Und Zhr, alter Eürge,
L r
[
ß4
J
und Merten, kommt her und trinkt eins
auf meine „Gott
und
aller
Gäste Gesundheit.
lange unsern Wohlthäter
erhalte
und seine Freunde!" sagten die Männer,
scharrten weit zurük, neigten sich tief, tram
ken und gingen davon, nachdem sie dem Hauptmann
die
Hand
Was ich sagen wollte,
geküsst
hatten.
Kinder, morgen
kommt doch einmal zu mir, rief der Jun, ker ihnen noch nach und ward ein wenig rot.
-Hell lächelte Freimann zu, Leztrer
ergrtf sein Glas: Nun Herr Hauptmann,
lange glüklich sein und lange glüklich mar chen! Alle wiederholten es und tranken ihre Glaser aus.
Sechszehntes Kapitel. Eine wunderseltsame Komödie. Sobald man
von Tische aufgestandeii
war, entfernte sich Herr Hagelün, Heu
Liborius und die Frau Sirlid), nachdem Erstrer den Herrn Freimann auf die Sei»
[
85
]
tc gezogen und ihm eröfnet hatte: er habe ein kleines Lustspiel: der Sieg
Miner
vene über den Mare betitelt, verferti get.
Ane Mangel eines bessern Orte wer
de es auf dem Scheuriflur aufgeführt wer
den. Herr Fremrann möchte doch indessen den Herrn Hauptmannu nterhallen, damit
er ihn nicht mitten in der Zubereitung über
rasche.
Sobald
die Hörner sich
hören
liessen, könne die Gesellschaft erscheinen und grade ihren
Gang
nach dem Scheunthor
nemen, wiewohl solches dem Anschein nach
verschlossen sein
würde.
Unser Freimann richtete sein Geschäft
treulich aus und unterhielt sich
nebst dem
Pastor Hell mit unserm Junker und
sei
ner Luise eine Stunde lang so wohl, daß
sie beinahe das Geschmetter der Waldhörner ganz überhört hätten, wenn nicht der-alte Zöllner wie .aus citiern Traum aufgefah ren wäre: „Hml was ist das?" — Eine
Freude Dir zu Ehren, mein Theurer, sag-
F 3
[
86
]
te Luise, kommen Sie allerseits und nr>
men Theil. Indes
der
Hauptmann,
Hell
und
Freinrann mit ihren drei Frauen und Herrn
und Frau Deihe! den
langen Gang zur
Hinterthür hi'nanswandern, will ick meinen Leseyr ein wenrg die Lage des Schlosses be
schreiben.
Die herrschaftlichen Gebäude bil
deten ein fast gleichseitiges Vierek, von dem
das
Schlos die Fronte, dre
Ställe und
Scheunen aber die Selten und den Hinter
grund machten.
Der freie Plaz innerhalb
dieser Gebäude war mehr für die Wirt schaft, als für Lustbarkeiten der Art einge richtet.
Ausser eirrem schmalen Wege/ der
rings an den Seiten herum ging, war das übrige meist unter Wasser gesezt oder we-
nigstenö sehr sumpfig, was den Gänsen und
Entenund Schweinen des Edelhofs sehr wohl behagte,
worüber man aber nicht anders,
als mittelst herübergelegter Bretter kommen
konnte. Nun hatte der Maler die mittelste Scheune, der Hinterthür grad gegenüber.
[
]
8?
zum Theater gewählt. Vor dem Thor berfeb
bem war in eitriger Entfernung, ein küustli, cher Wald von Dirken gestekt, hinter welchem
die Srze für die zuschauenden Herrschaf ten verborgen waren.
Zn der Mitte des
Hofes standen zwei papierne Statüen, wo von eine die Gerechtigkeit, die andre die
Tapferkeit vorstellte. Naher am Schloe sah man die Venns und Minerva. Dies waren die Anstalten des Malern, der dadurch die grösste Ueberraschung bewir
ken wollte, daß, wenn der Junker mit sei, ner Gejelljchaft bis zum Birkenwald würde gekommen sein,.plözlich und mit Geräusch
die Thorflügel der Scheune geösnet werden sollten.
Allen; mit nicht weniger Geschik-
lichkeit hatte Fräulein rechten es veranstal, tet, dem Hauptmann Freude zu machen.
eine unerwartete
Sie hatte zwischen der
Venus und Minerva auf den Brettern
Posto gefasst, hielt in einer Hand einen Blumenkranz und in der andern einen zier,
lichen seidener; Tabaksbeutel, beides mit ge,
$4
[
88
J
bogenem Arm ,unb so vieler Grazie, als ih re Figur unb ihre Jahre nur erlaubte»«. Der Hauptmann kam mit seiner Be
gleitung an. Seho» stiegen ste den Damm hinunter,
da that das entschlossene Fräu
lein drei Schritte mit Majestät vorwärts und ; rief:
„Empfange
—
Puf!
—
brrr! r— Puf! —> brrr!— und plumps!
fiel die Nednerir» in bei» Kot.
Holl und
Freimann spränge», hinzu -und hoben sie
auf, indes der Hauptmann „Bravo! rief; bravo! noch einmal aus den Flek."
Unsern Lesern mi'isse»» wir die Sache er klären: Herr Hagelün halte, um beit Glanz des Festes zu vermehren, die Knechte mit
Flinten versehe» und sie ans beide Seite»
des Schlosses postirt, mit bem Bedeuten, sobald
sie den Hauptmann
gewahrten,
eine Salve zu geben. Das arme Fraulein wustre davon so wenig etwas, als der Ma-
lev von ihrem Borsaz, eine Rede zu hal
te». Zum Unglük hatte sie eine solche Angst vor allem Schiesgewehr, daß sie selbst eine
[
«9
J
ungeladene Flinte nicht ohne Schändern er-
blikkcn konnte.
Der Hanptnrann, Sol,
bat wie wer ar, freute sich herzlich über die Schüsse und da Fräulein Vechten nach
seiner rechte» Seite hinpurzelte,. so ward
er nnfange ihres Unfalls gar nicht gewahr. Indessen war sie mit einigen Schmuzflckken
davon gekommen und sie lies sich, so un gehalten sie zuvor war,
doch bald durch
das Versprechen besänftigen, daß nicht mehr geschossen werden sollte, wozu denn auch
sogleich Befehl gegeben ward. Der Zug sezte nach dieser kleinen Stö rung seine» Marsch weiter fort unter dem
beständigen Gedröhne der Hörner.
Dies
Konzert kam von niemand anders, als un
serm Hagelün, der nebst dem Herrn Li borius sich vor das Scheunthor mit diesen
Instrumenten gestellt hatte. man
dem künstlichen
Schon war
Birkenhain
liahe,
als die Hörner durch ein lebhaftes Schmer,
tern das Zeichen der Ankunft gaben, wo»
auf ein Paar handfeste Stallknechte mit F $
E 9° ] aller Gewalt die beiden Flügel des Scheun-
thoro aufstiessen.
Zum Unglük harre Herr
^agelün vergesse», dem Herrn Liborius Nachricht davon zu geben, dieser ward also
von dem rechten Flügel ergriffen und ziem lich unfeinst nebst seinem Horn in die na
he Pfüze geschleudert zur grössten Belusti gung dce Hauptmanns, der ihm wieder holt znrief: „Sicht Er, Bader, hat man chen ehrlichen Mann schon eingeseift, nun ist an Ihn auch mal die Reihe gekommen!"
Hagelün, der etwas weiter ab stand, rette
te steh glüklich durch einen
und schlich
Seitenspriing
durch- eine Oefnung
in das
Theater.
Siebzehntes Kapitel. Schöne Raritäten.
Die Bühne stellte itri Hintergründe die
Stadt Troja vor, wie die Ueberschrift be sagte.-, Sie war auf das. beste befestigt,
harre Pallisaden, Mauern und Wälle, auf
I 9i. I denen es nicht an Kanonen fehlte, so toe# ntg als an einer zahlreichen Besazung, die
ittit anfaepflanztem Bajonek Wacke hielt. Meiler vor waren zwei Zelte anfgeschlagc» von Graotüchern verfertigt lind urit blauem
Papier oben eingefasst.
Auf jeder Seite
stand ein Stalirnecdt'in Preussischer Uni# form wit einer aus Holz geschnitten Flin# te.
Statt der Kulissen waren die Wände
nur Papier bekleidet, wo ant der .einen Sei# te das Scbloö des Junkers, auf der an# dern fein Wappen sehr schiklich angebracht
war.
Nach einer kleinen Pause kam hin
ter Troja ein Tambour im leinenen Kit#
tel mit blauen Aufschlagen hervor und trom#
melke die Neveille.
Nachdem er einigemal
auf dem ThSater auf und nieder gewirbelt
hatte, zog er sich wieder zurüL. Hierauf riefen Die Schiidwachen: abgelöstl
allein
aus Mangel an Spielern wechselten beide
Knechte nur ihren Standort. Dem Haupt mann gefiel der Anfang ungemein.
[ 92 3 Endlich trat Herr Hagelün in der Gestalt des Kriegsgottes Mars auf, Sem Anzug war wirklich zu sonderbar, als daß er nicht ein wenig naher beamlizt zu wer den verdiente. Er hatte nemlich eine alte Uniform des Hauptmanns angezogen, un ter welcher der kurze, rote Friesrok des Stubenmädchens sich ganz vortrefllch ausnam. Auf feut Gesicht schien er die mei ste Sorgfalt verwendet zu haben. Augen braunen und Stuzbart waren pechschwarz, die Wange mit dem dlksten Rötel, das Kinn mit dem schönsten Blau betüncht. Ueberdies hatte noch der schlaue Maler ei nen breiten grünen Streif auf der rechten Bakke anaebracht, der eine Marbe und so§ nach ein Zeichen der Bravour des unverlezlichen Kriegsgottes anzeigen sollte. Auf diesem allerliebsten Köpfchen sas ein Helm von Goldpapier und, um das Kostüm durch nichts zu verlezen, erschien er mit blossen Füssenz die mit rothem Bande umwikkelt waren, ausser Bühne. Zn der rechten
1
93
C
Hand hielteinen blanken Husarensäbe^ die Linke w-r mit Les. Junkers Voqelfiim
te bewafnet.
Nachdem er einigemal sehr
gravitätisch auf und abgegarrgen war, be gann er also: Ich bin der Kriegsgott Mars genannt, Wohl in der gamcn Welt bekannt.
Von mir kriegt mancher Erdensohn
Ob seiner Tapferkeit die Kron.
Hier wollte er dem Alexander dem Gros, fen,
der rechte unter dem Zelt lag,
Zeichen geben,
daß
er
auftreten
ein
sollte.
Dieser Alexander war niemand andere,
als sein kleiner Karl, der eben auf allen Vieren hervorzukriechen im Begrif stand.
Allein unser Gott Mare war so unglük-
lich dies Merkzeichen mit dem Fue ein we nig zu nachdrüklich auf die Hand des Bu ben zu drükken, und nun erhob Alexan
der Magnus, statt vorzukommen, ein gar klägliches
Geheul.
Nach
vielem Zureden
entschlos er sich endlich das Zelt zu verlassen.
ü
94
]
war aber nicht vermögend Ein Wort «njifc
bringen.
Gott Mars gab sich elfe dir
Mühe eü ihm vorzusagen. Ich bil» der grosse Alexander, Mir gleicht an Tapferkeit kein ander,
Ich stürme Euch in Troja ein
Mit diesem SpieS und Schwerte mein.
Mars verftzte hierauf: Du hast zwar oftmals Vie! gethan,
S3üv Troja bist Du nicht mein Mann Da muS ich einen andern ha'n
Der besser noch bestürmen kann.
Drauf erhob sich unter
dem linken Zelt
Karl der Grosse, des Gewürzkrämers Söhnlein, der das Merkzeichen nicht ab*
warten wollte und pipte mit vielem Mut: Ich Karl der Grosse bin gar groS,
Ich stosse Euch durch Emen CtoS Die ganze Mauern Troja'S ein
So wahr ich bin, mit Einem Vein.
Hier machte der Zunge die vom Maler erlernte Aktion mit ein wenig zu viel Nach,
r 95
7
bruk und purzelte auf die Nase.
Mars
lies sich das nicht anfechten und fuhr fort: Der mud noch lange auf die Mast,
Bevor er so viel Kräfte har, AlS Troja braucht, die grosse Last
lind nur der Herr VON Erkrat hat.
PlSzlich erschien Minerva, die rvürzkramerin,
eine dikke,
Ge,
kleine Figur.
Ihr rothseid'ner Rok war künstlich in zwei lange Beinkleider umgestaleet worden,
ihrer linken
in
hielt sie ein Pfeffersieb statt
des Schildes, in der rechten einen vom Nacht
wächter entlehnten langen Spies, auf dem Kopf prunkte ein Helm von
Silberpapier.
Sie begann so: Was willst Du doch. Du dummer Wicht!
Du kriegst den Hans von Erkrat nicht
Fort pakke Dich auf mein GeheiS Sonst kriegst Du eins auf Deinen Sreis.
Nach diesem
starken Stük getrau' ich
mir nicht meinen Lesern mehr von der romv
ü er seltsam en Komödie des Herrn Hagelrm
[ anfzurtscherr.
96
J
Kurz, nach einem äusserst pk
helhaften Streit der beiden Götter, jagt Minerva glüklich den Mare davon,und
nun fallt
Troja im Hintergründe nieder
und eine Landschaft mit Schnittern und Hirten kommt zum Vorschein. Mare und Alexander und Karl der Grosse, wie
auch die Schildwachten werfen ihre Waf fen weg, Minerva ihren Nachwächter-
spiee und ihr Sieb.
Götter und Helden
und Soldaten machen drei Paare, Libo
rius stösst in'e Horn, der Hirte, ein abge,
dankter Tambour, rührt die Trommel und
Las Lustspiel beschliesst sich mit einem aller liebsten
Tanz
und wiederholtem Rufen:
Es lebe unser gnädiger Herr Hauptmann hoch!: -
Acht-
[
97
3
Achtzehntes Kapitel. Die Ueverraschung.
Na Maler, rief der frohe Junker,
hat Seine Sache recht gut gemacht! Aber
sieht Er, Recht hat Er denn doch nicht, wenn Er
sagt. Unsereins würde da die
-Mauern allein einstürmen thun, und mehr
als Karl der Grosse und der andre, der
da vorkroch,
ausrichten.
Indessen weis
wohl, das ist man so gesagt.
Und Sie
Frau Firlichen haben sich brav gehalten, dacht'ö gleich, daß Sie würden mit dem
Maler fertig werden. Na dank' Euch, lie# be Kinder, dank' Euch! Und nun nam man den Nükzug auf
eben die Art,
wie man gekommen war.
Hier fiel dem Junker das Bildnis der Ge
rechtigkeit in sein gesundes Auge: Sich! über
den Bliz.-Maler, hat er nicht die Frau Ge, rvürzkramerin, wie sie leibt und lebt, ge,
konterfeit!" — Zu diesem Irrthum derlei,
tete ihn die Wage, die jene ui der linke» Erstes Diinrch.
G
c 98 j Hand hielt:
Begierig blinzle ihr schlauer
Gemahl, Herr Firlich, die Skatüe an und
versezte mit dem schallendsten
Gelächter:
Ei Herr Hauptmann! sehen Sie nicht die
Ueberschrift, ist ja Ihre Jungfer Auegeberin Justine.
Diesen Namen hatte Herr
Firlich aus
Jnstit.
(Justitiar
buchstabirt.
Nickt doch, rief Bader Liborius, kennen
Sie nicht die Judith aus den alten heidnir
scheu Zeiten, Herr Gevatter? — Auf mei
nen Reisen-------- Um Vergebung, schrie Gott Mars, der den Zug beschlos und
aus Besorgnis, man möchte seine Erklärung nicht recht vernemen, herab in den
Morast
von den Brettern
sprang und
dem
Hauptmann näher zu kommen eilte, wobei denn ganz
natürlich die Gesellschaft nicht
wenig besprizt ward. Um Vergebung, Herr Hauptmann, wiederholte er nun, da er dem Hauptmann zur Seite war, es ist
Justitia, zu Teutsch die Gerechtigkeit." Maler! ist Er des Henkers, rief der erstaunte Junker, ein Ferkel mag Er sei»,
[
99
]
geh Er uns vom Leibe oder — Hier ward
der Haupmann von Freimannen unter brochen, der sich früher als die übrigen zu-
rükbegeben hatte und nun an jeder Hand
mit einem armen, zerlumpten Knaben, de nen schüchtern eine abgezehrte, nur halbbeklei
dete Frau nachschllch, kam.
Ihr
dem Zuge entgegen
Glüklichen vergesst
es
nicht,
war Freimann's Anrede, vergesst es nicht,
daß hier die Menschheit weint.
Diese Kin
der haben keinen Vater, kein Brot, keine Kleidung und jenes Bild des Todes, ihre
Mutter,
hat
nicht Kräfte sie zu nähren.
Sollten diese trauren, da wir so froh sind? Edler Mann, erlauben Sie uns gemein schaftlich das Elend dieser Unglüklichen et was erträglicher zu machen, damit auch sie diesen uns so festlichen Tag segnen.
So
gleich nam er seinen Hut, warf einige Gro schen hinein, reichte ihn dem Hauptmann,
der nicht mit der heitersten Mine eine Klei nigkeit beitrug.
Luisen standen die Thrä
nen im Auge und sie ersezte unvermerkt G 2
[
lOO
J
die karge Gabe ihres Gatten reichlich. Mit der edelsten Bescheidenheit drükte das Frau,
lein so verborgen * als möglich schen zur Masse.
einen Gro-
Der Zöllner sah sich ge,
fangen, zog endlich mit vieler Anstrengung
seinen Beutel und that, nach langem Su chen, einen Dreier dazu.
Starr sah ihm
Freimann in's Gesicht,
seufzte
tief und
schwieg. Der Maler nnzre den Befehl des
Hauptmanns sich zu
entfernen und der
Gewürzkrämer konnte mit Herrn Liboriuo nicht satt werden auf der Mitte des Ganges die Statuen zu besichtigen. Pastor
Hell war der
lezre,
freudig reichte ihm
Freimann den Hut entgegen und er legte einen Sechser ein.
Wenig fehlte, so hätte
der unerwartete Schrek den Doktor eben so gut, als kurz zuvor das Fraulein, in
den Pful gestrekt. Der Prediger sezt? un befangen seinen Weg fort und Freimann stand noch lange mit ausgestrektem Arm, be vor er wieder zu sich kam.
Ihr sollt nicht
dabei leiden! rief er endlich mit dem lebhaft
r roi ] testen Unmut und war eben im Begrif feb nett Deutel auszuleeren, als Pastor Hell mit ernster aber liebreicher Stimme: Svev tnann! sprach. Sogb ich stekte dieser seine Börse wieder ein und übergab, mit Thränen im Auge, das Gesammelte der armen Wittwe, die bei dem Aublik des vielen Geldes nahe beim Junker zur Erde stürze te. Weib! was soll das? sprach dieser mit donnernder. Stimme. „Gott danken will ich, gnädiger Herr, und Ihnen Allen Seegen erflehen." Sanftmütiger sezte der Hauptmann hinzu: das mag sie, habe nichts dann, der.
Neunzehntes Kapitel. Das Spiel.
Verstimmt trat nun die ganze Gesell, schäft in das Schlvö und jeder brachte sei, ne eigne Mine und seine eigne Gedanken mit, selbst der Pastor war ein wenig ern, G 3
[
102
]
(ter, als gewöhnlich. Nun, wo (lest beim der Maler? unterbrach endlich der Jun»
ker die allgemeine Stille, als das huttige
Männchen eben umgekleidet ins Zimmer hüpfte. Na Maler, fuhr der Hauptmann
fort, thn Er mir mal den Gefallen und
besorg' Er die Spieltische. Allgemach stellte sich die vorige Lustigkeit wieder ein, nur Areimann blieb finster
und
*>ell ernst.
Sie machen doch heute ein Spielchen mit, lieber Pastor? fragte der Junker.
Bra,
vo, rief Luise und streichelte ihrem Man»
ne die Bakken, bravo! Du wirbst doch noch für mich.
Unser Freimann und ich brau,
cheu höchst nöthig den dritten Mann zum Tarok und, liebes Männchen, zu Deinem
Spiel taugt der Herr Pastor doch nicht. Du weisst ja — Hauptmann.
Weis wohl,
hat's vor,
redt um Geld zu spielen und ich mag nicht
Ursache sein, daß er sein Wort bricht.
Pastor. Verredet, lieber Hauptmann?
[ io3 1 Hauptmann. Nun, oder wie Sie fa« gen thun,
Zhre Grundsaze leidens nicht
und was die nicht leiden, das ist
so gut,
wie verrcdt.
Pastor.
Nur, daß jenes gewisse Ein
schränkungen erlaubt,
lezteres aber nicht.
Auch ich spiele um Geld, wenn es nicht anders fein kann und (bedachtsam) wenn das Vergnügen der Gesellschaft nicht dabei lei det.
Fräulein Vechtcu.
Ich sollte meinen,
wem« ein Spiel so niedrig gespielt wird, wie es bei uns geschieht, so könnte das
Vergnügen der Gesellschaft nie dadurch ver mindert, sondern vermehrt werden.
Pastor, (lächelnd) Lassen Sie uns das Ende Ihres Spiele abwarten, mein Fräulein, und wenn der Ausgang Zhren Ausspruch
rechtfertiget, so werd' ich mich herzlich gem
für überwunden erkennen. So zuverlässig konnte unser Hell spre
chen, weil er zu oft Augenzeuge von den
schädlichen Wirkungen des Spiels gewesen
G 4
C
war.
104
]
Immer stand der grösste Theil bet
Spieler ziemlich mismütig auf und dies konnte nach der gemischten Gesellschaft, wie sie es
denn gewöhnlich in
allen kleinen
Städten ist, nicht anders sein.
Der Bader so wohl, wie Herr Hage-
lun waren em Paar arme Teufel, die der
Verlust weniger Groschen zu sehr ernsthaf
ten Betrachtungen veranlasste. ner und
Gewürzkramer
Der Zöll
konnten
ihrer
Vermögensumstände wegen sehr leicht eine mässige Summe diesem Vergnügen aufop-
fern, allein
des Erstem äusserst geiziger
und des zweiten kaufmännischer Geist mach
ten sie bei der kleinsten Einbusse trübsinnig.
Der Hauptmann noch einmal
hingegen
so viel
würde gern
verschleudert haben,
wenn es die Gesellschaft als ein freiwilli
ges Geschenk hätte annemen wollen, aber verloren zu
haben — das schien ihm so
gut, als besiegt zu sein und dem Sieger
die Deute zu überlassen, mithin war auch er nach jedem, auch dem kleinsten Verlust
t
105
7
Fräulein Rechten,
unzufrieden.
die keine
geringe-Meinung von ihrem Verstände hat,
U, schien allezeit auf das empfindlichste ge, demütiget zu sein, wenn sie im Spiel un-
Natürlich bewirkte
glükllch gewesen war.
dies nicht die
bei
angenemste Stimmung
ihr, luib sie stand, so oft sie nach ihrem Aus-
druk maiheur gehabt hatte, mit vielem Un, muth auf.
Was das
schlimmste bei
der
Sache war, so fand man die Zahl der Un zufriedenen immer grösser, als die der Zu, friedenen und selbst diese Leztern vermehrten
durch ihre Lustigkeit den Verdrus der Er
stem..
Daö Spiel begann, es war Ome und alle Therlnemer versicherten,
demi daß ein
so geringer Verlust, wie er sie nach Maasga
be ihres Spiels treffen könnte, einen üblen Einflus
Spieler haben würde. Pastors
Wirklich schien des
Weissagung für heute
zu bleiben,'
kein
unmöglich
auf irgend einen der
unerfüllt
unzufriedenes Wörtchen
entwischte den Verlierenden lange Zeit
G 5
und
[
TO 6
1
selbst der Hauptmann scherzte noch, nach dem er sich dreimal hinter hatte.
gekauft
Nur der
schon ein sehr betrübtes
immer chen,
mehr
einander todt
Dader Ichmtt
Gesicht auf sem
einschrumpfendes
Geldhauft
allein desto froher war Herr Hage,
lün, dessen freilich ganz geringe Kasse sich
fast zur Hälfte verdoppelt hatte. Er erhöh, te seinen Saz, fuhr bei jedem Gewinst mit
den posslrltchsten Geberden vom Stuhl auf, brach, so oft der Bankspieler sich todt kauft
Le, in das ausgelassenste Gelächter aus und kurz — ward fo ziemlich unausstehlich. Dem Zöllner rann der Angstschweis vom Ange,
sicht, denn eben
Groschen. dächte,
verlor er seinen zehnten
Tief ersenfzte er und rief: Ich
er wäre heute sehr heis!
Errtsez,
lief) heis, wiederholte Hcrr Liborius. Fräulein Oelgar r übergab nunmehr die
Bank, die sie bisher und zwar mit Vor, theil, gehabt hatte, dem Hauptmann und
sezte mit einem Seitenblik auf den Pastor hinzu: „noch, dacht' ich, hatte unser Ver,
[
io?
]
-trügen nicht gelitten, ich sollte vielmehr,
meinen, eö hätte gewonnen, nicht wahr Herr Deihel-
Sie sind troz Ihrem klei
nen Verluste so vergnügt, wie zuvor? —
O ja! stotterte dieser mühsam heraus und rieb sich die Thränen aus den Augen. — Und Sie mon eher? foderte das Fräulein
den Hauptmann auf, der bedachtsam sei ne Pfeife aus dem Munde nam, ein zwei deutiges Hum! Hum! brummte und dann
die Karte mischte.
Froh wie ein König bin ich,
fiel der
seelenvergnügte Maler ein und wer sollte es nicht, mein Fräulein? o! so ein Spiel
chen ist ganz was Vortrefliches. Herr Haupt mann,
ich verdoppele
noch
einmal den
Saz. Sehn Sie Sich vor. Sie haben es mit einem scharfen Gegner zu thun!
So sehr hatte sich Hagelün noch nie vergessen, aber trunken von der Freude über
den Gewinn bedachte er
nicht,
daß der
Junker dies für eine drohende Auffoderung annemen müsse, eine Sache, die er selbst
io8
[
]
nicht im Scherze vertragen konnte.
iYT&
die Karte weg und
ler! rief dieser, legte
sah ihn gar grimmiglich an, Maler! plagt ihn der Henker? Fräulein Drehten, die um alles in der
Welt willen die
Prophezeihung des
Pa
stors zu nichte macken wollte, hielt es für ratsamer,
dem
Streite vorzubeugen,
so
gern sie auch dem Maler eine gute Lektion gegönnt hatte.
Noch konnte sie ihm den
Schrek nicht vergeben, bett er ihr
durch
die Flintenschüsse verursacht hatte, als wo/
durch ihre zierliche Oration schmälich unter
brochen
ward.
Erinnern Sie sich,
fiel
sie schnell ein mon eher, daß dies nicht der Maler Herr Hagelün, sondern der Kriegs
und was vermögen
gott Mars sprach,
die Allgewalt der
sterbliche Hände gegen
Götter? (lachend) Ich rathe selbst, rremen
Sie Sich in Acht.
Der Hauptmann,
daran gelegen war,
dem nicht weniger
die
gute Sache des
Spiels gegen den Pastor zu vertheidigen,
[
109
]
Ward ruhiger, dock konnte .er sich nicht ent halten, mit polternder Stimme htnzuzuse-
zen: Hör' Er mal, Herr Hagelün, und
wenn Er auch zehnmal
der Gott Mars
wäre, so wollt' ich mich weder vor ihm,
noch vor seinen beiden Dengeln/dem Ale-
xander und Karl dem Grossen fürch ten thun. Hört' Er's? Der Hauptmann zwang tief) dabei zu lächeln, wodurch der ganz ausgelasiene Maler noch mehr ange
Was steht die Wette Herr
feuert ward:
Hauptmann, rief er mitfrolvkkendemUeber-
tnut. Sie müssen Sich gleich zum ersten mal todt kaufen! — Der Junker konnte
sich kaum massigen, Hasenfus! brummte er und gab Karte.
Fräulein
Oelgart
befürchtete Unheil
und wollte den Maler wohlweislich war,
neu, sie strekte demnach ihr linkes Fuschen so weit,
als sie vermochte, über Herrn
Airlich's Beine weg, glaubte nun in des
Malers Region zu fein und drükte ihr spizes
AbsLzchen ziemlich kräftig auf-Herrn
[
HO
]
, a
[ zuthun.
116 ]
Herr Liborius und Herr Der,
fort zu versichern,
Hel fuhren
nach solchen Vorfällen
würden»
nie
daß
sie
mehr spielen
Herr Lirlich ward indes nicht
müde, die Parteien aussöhnen zu wollen «nd strengte so viel möglich alle Kräfte an,
um Iseiirer Stimme und sinnen Gründen Eingang zu verschaffen.
Kurz der Lerm
war ganz fürchterlich. Der Hauptmann geriet in die grösste Hize, schön fünfmal hatte er mit einem
„Bliz und der Donner!"
durchzudringen
gedacht, aber eben so oft erfuhr er, daß seine Lunge vergebens sich anstrengte. Voll
Aergernis sprang er auf und schrie: „Hol
der Teufel daö verdammte Spiel! Pastor Sie haben
Recht!'•
Thür hinaus.
und marschirte zur
Hierdurch ward zuerst der
Maler zum Schweige:» gebracht, dem bald Herr Dethel und Herr Liborius nach,
folgten, indem sich Beide in eine entfernte Ekke des Zimmers fezten. Der Maler war
«egen der Folgen besorgt, strich sein Gelb
[ ein,
H7
J
und schlich sich hinter Freimaimett,
bei dem er vor dem Angrif dee Haupt mann» sicher zn sein glaubte.
Der Gewürzkramer gab endlich alle Hofnung auf, das Spiel wieder hergestellt
zu sehn, unmutig erhob er sich also und versicherte, daß er nie wieder spielen wer, de. Fräulein
Vechten räumte .zulezt den
Pla; und schwor auf ihre Ehre,
daß sie
unter Menschen von so weniger Politesse keine Karte mehr anrühren würde.
Ich
gebe Ihnen Recht, Herr Prediger, hier leidet das
Vergnügen beim Spiel
sezte
sie hinzu und zerrte das Wort hier so lang sie konnte. Am zweiten Tische war wenig Erheb, liches vorgefallen.
Beide Männer waren
anfangs ernst, fv sehr Luise sie auch zn
erheitern
suchte.
Pastor,
rief
endlich
Freimantt und ergrif seine Hand, sagen Sie mir, war die arme Frau eine Unwürdige? — Das fürcht' ich nicht, antworte
te Jener.
Nicht?
fuhr Freimann fort,
H 3
[ stB 3 und koch — Männl warum wollest Die mir rin Rätsel sein? — Morgen, lieber Freimann, versezte
Hell liebreich tatauf
und drükte seine Hand, morgen wird sich'ü
lösen.
Freimann ward
ruhiger und
die
poffirlichen Auftritte am ersten Tische brach ten
endlich
die vorige -Heiterkeit zurük.'
Auch sie endigten nun, jedoch mit allgemein her Zufriedenheit ihr Spiel.
Zwanzigstes Kapitel. Wobei gebeten wird, nicht zu vergessen, Saß von einem kleinen Städtchen die Rede sei.
Nach und nach fand sich die Gesellschaft wieder zusammen.
Der aufbrausende Zorn
hatte sich zwar bei
allen gelegt,
aber
in seine Stelle war ein empfindlicher Um-
mut getreten, den die Scham, sich zu sehr übereilt Man
zu
haben,
wünschte
einen
nicht
von
verminderte. der
Gesell«
schäft finden zu können, auf den inan die ganze Schuld an diesem Zwist laden und
feinen Unwillen werfen dürfte, allein zum
C US 3 Unglük öder Glük waren
die
sämtliche«»
Spieler in zwei Parteien getheilt und man musste bei- jedem eiirzelnen deir ganzen An
hang
wider
sich
aufziiregcn
befsirchtem
Endlich fiel der Unmut Aller auf das Spiel
und sie versicherten sämtlich feierlich, diest Anreizung zu uiiangencmen Vorfällen gänz lich tn Zukunft zu vermeiden. Aber sagt mir nur, -Ihr Herren, 6e#
gaim
null der
Hauptmann utib stopfte
sich eine frische Pfeife, wie das zugeht? — Es ist doch man ein kleines,
lnmpiges
S-pielchen? Freimann^
Sie meinen, fder .Verlust
dabei könne nur unbedeutend sein, Allerdings l • Gesiezt nun
^auptmamt.
auch, ich verlöre einen Gulden oder Tha ler, nun, was thäte das?
Freimann.
Ihnen mchts, aber mir
zum Beispiel viel.
Hagelün.
Allein,
Herr Freimann«
man verliert auch nicht immer.
H 4
[
12»
3
Gut Herr Hagelün, Sit
Freimann.
werdm uns am besten sagen können, oh Sie mehr gewonnen oder grösser« Schaden
erlitten haben. Hagelün.
Die Wahrheit zu gestehen,
war wohl der Verlust grösser. Pastor Hell.
Und was das Schlimm
ste dabei ist, so sezte Sie dieser Verlust gtt
wis oft in die Verlegenheit,
einen nüzli,
chen Vorsaz unausgeführt zu lassen.
Mir
wenigstens ging es einmal so auf der Universi tät, wo ich das zu einem sehr vortreflichen Buche bestimmte Geld im Spiel verlor.
Hagelün. -iger.
Wohl wahr,. Herr predi,
Ging es
mir doch vor drei Wo
chen auf kein Haar anders.
Lassen
Sie
.Sich dienen, da hatt' ich eben vier Thaler
zusammengebracht, um.mir ein Schweinchen
dafür in die Wirthschaft anzukaufen,,
es
war auch schon gehandelt und alles richtig; Was geschieht? wir -kommen, hier zusam men, ich habe mein Geld bei mir, wir ma
chen ein Spielchen und stehe da, ich verlte-
[
121
J
re netto achtzehn Groschen von meiner Dar, schäft.
Ein verteufelter Streich! Aue dem
Kauf konnte nun vor der Hand nichts wer den. — Hauptmann.
Bliz noch einmal! Na
Maler, Er hat heute gewonnen, mach Er
die vier Thaler wieder voll und
kauf Er
Sein Schwein. Hagelun. -Die vier Thaler? — Za,
ja Herr Hauptmann, wo sind die hinge
wandert, über alle Berge! wenn so was einmal angerissen ist,
da
verfliegt's wie
Spaniol.
Hauptmann.
Donner und das Wet-
ter! Maler, ich will nicht Hans von Erkrat
heissen, wenn Er mir noch einmal in mei ner Gegenwart eine Karte anrühren soll.
Fräulein Vechten der dies Gespräch zu
langweilig schien, Gesellschaft,
entfernte sich von der
nachdem sie zuvor noch ein
mal ihre Ehre zum Unterpfand gesezt Har le, nie sich wieder bei so bewandten Um
ständen in ein Spiel einzulassen.
H S
[
122
J
Schade ist's immer, versezte der Hauptr
mann, daß man dies Vergnügen so ganj entbehren soll. igelt
Sic meinen also wirklich,
daß
das Spiel ein Vergnügen sei? Hauptmann. Sie fragen thun.
igelt
Alle Welt, Pastor, wie
Was wär'« denn?
Nach meiner Meinung, das aU
lerlezte Hülfsmittel die lästige Zeit zu tödten und die Langeweile z» verscheuchen, das,
wa« bas Schlimmste ist, erst den Eigennuz
aufregen muö, um Theilname zu verschaft
fcn.
Sagen Sic mir, lieber Hauptmann,
warum verursacht ein Spiel, das umsonst
oder sehr gering gespielt wird, den meisten
Menschen Ekel und wird ihnen unertragi» lich? Hauptmann,
(Nachdenkens» Hm! hm!
da haben Sie nicht ganz Unrecht.
Abet
ein Vergnüge» ist es denn doch.
Hell. Sie meinen doch nicht überhaupt? Freilich macht es dem, der glüklich spielt Vergnügen, aber der unglükliche Spieler,
k
123
J
Ker so oft sich getäuscht sieht, dessen sicher,
pe Hofnungen zu
Grunde gehen, dessen
-estansgedachten Plane mLslingen, der, wär'
er auch der gelassenste und verträglichste Mann, verliert doch nicht selten seine Ge,
duld oder wenigstens seine Heiterkeit, und wird auf die übrige Zeit gewöhnlich
der
Gesellschaft unbrauchbar. Hcnrptmann.
Wohl wahr, Pastor.
Und mit dem Gewinnen könunt es auch nur selten.
AelL Wenigstens kann man rechnen, daß im Durchschnitt eben
so oft verloren als
gewonnen wird. Und geschehe auch das lezte
häufiger,
so ist schon der Gedanke, wem
Vergnügen mit dem Misvergnügen anderer
erkauft zu haben, wirklich nicht der angeuemste, ohne die Störung der allgemeinen Freude, die notwendig bei dem Unmut eu Niger Freunde enrssehen mus, in Anschlag zu bringen.
Hauptmann.
Na, Pastor, es bleibt
[
124 ]
dabei. Kürfftig fein Spiek mehr, oder ich will nicht-----Plözlich entstand auf dem Hausflur ein fürchterlich Angstgcschrei. „Was ist das?" rief der erschrokrre Bader und prallte sor schnell und so weit als möglich von der Stubenthür ab. Der alte Zöllner, der indessen, nach seiner beliebten Sitte, ein Schläfchen gemacht hatte, fuhr darüber mit einem lauten Schrei vom Stuhle auf. Die Idee von Verlust, womit er eingeschlum mert war, hatte ihm den fürchterlichsten Traum erzeugt. Seine Klasse ward nemlich befreien, die wehklagende Stimme vom Hausflur schien ihm das Hülfgeschrei sei ner von den Räubern gemarterten Haus ehre zu sein. Er erwachte eben, da der ge ängstigte Bader vorbei eilte und hielt foicz fen für den fliehenden Dieb. Mit-einer ungewohnten Munterkeit sprang er auf, ergrif Herrn Liborius beim Kragen und schrie aus Leibeskräften: Hülfe! Hülfe! hier ist der Räuber! Dieser, der bei dem
[
125
]
Zöllner einen Zufluchtsort gesucht hatte, fuhr eben so geschwind, als er gekommen war, wieder zurük und hinterlies dem wü,
renden Deihel seinen dikkeu falschen Pu, dsrzopf, an den er sich angeklammert har,
re.
E§ kostete viele Mühe den Zöllner von
(einem Irrthum zurükzubringen,
beson
ders da das Klageheul noch fortdauerte.
Indessen waren der Hauptmann, und Freimattri zufrieden,
dies
Hell
komische
Handgemenge geendigt zu sehen und über,
liessen es den beiden Herren selbst, sich zu
weil das beständige Nothge,
verständigen, (chrei auf dem
Flur ihren Beistand
vor,
langte.
Einundzwanjigstes Kapitel. Eine Geistergeschichte.
Hier fanden sie nun den armen Ma
ler lang auögestrekt mit dem Gesicht auf der Erde liegen.
Sultan stand neben ihm
und zerrte, so viel er vermochte, an seinem Kleide, ihn wieder m die Höh zu bringen.
[
136
]
allein HerrHagelün gab, ausser einem ängst
Zeichen des Lebens
lichen Krächzen, kein von sich.
Maler, rief endlich der Haupt
mann, nachdem er ihn von oben bis un ten beleuchtet hatte, plagt Zhn der Hen
ker? so red' Er doch.
Dieser flies einen
tiefen Seufzer aus, wollte jedoch sein Ant-
l!z nicht erheben, sondern rief mit Zittern
und Beben : Zst Er noch da? Wer denn? fragte der Junker.
Der Geist, versezte
Dieser, der mich verfolgte und erbärmlich
gezwikt hat.
Ach! ich bin des Todes! —
So steh Er man auf,
fuhr1 der Haupt
mann fort, der Geist ist niemand anders,
als Sultan. Er mag mir ein schöner Gott Mars fein! „Bei meiner armen
Seele,
gnädiger
Herr, erwiderte der Maler, ich hab' ihn gesehn, leibhaftig gesehn — eine weisse lan
ge Gestakt mit funkelnden Augen bei der Scheune.
Mehr konnte der arme Hage-
luit nicht hervorbringen- ein heftiger Fie
bersrost unterbrach seine Rede. Unterdessen
[
127
]
hatte sich die übrige Gesellschaft eingestellt Herr Liborius, der nun gern einen auf,
fallenden Beweis feiner Herzhaftigkeit ab,
legen wollte, um sein vorige« furchtsame« Betragen vergessen zu machen, glaubte über, zeugt zu sein,
daß nichts weiter als der
Zagdhmrü dem feigen Maler den Schrek verursacht habe, er erbot sich daher, dies«
bedenkliche Sache sogleich zu uirtersuchen und gradeöwege rwch der Scheune zu ge, her«.
Der Hauptmann, dem eö nicht ein# mal einfiel, daß dazu Mut gehören könne, hatte nichts dagegen eiiizuivenden.
„Blei,
ben Sie alle hier, sezte der beherzte Ba, der noch hinzu, ich allein will dem Geist
nachspüren.
Sein Sie übrigens meinetwe,'
wegen ohne alle Sorgen!" und so ging er
festen Trittes zur Hinterthür hinaus. In dessen daß man den halbiodren Maler mit
Gewalt von der Erde aufhob und in die
Stube zu schleppen bemüht war, entschloS
sich der neugierige Herr Firlicl), dem Abem
[
128
1
teuer des Laders näher zu zuschauen. Da dieser sich bis in
den Hof gewagt hatte,
so glaubte er nicht viel wagen zu dürfen,
wenn er an der Hinterthür eilten Zuschauer
«bgäbe.
Kaum hatte er aber seinen Plaz
eingenommen, als Herr Liborius mit fol, cher Gewalt auf ihn losrannte, daß sie bei#
de in dieselbige Lage versezt wurden, in der
man kurz zuvor den Maler gefunden hat, te.
Schmerzen und Angst pressten diese»
zwei Helden ein so fürchterliches Brüllen aus, daß die Gesellschaft von neuem nicht
wenig bestürzt ward. Man brachte den Maler geschwind auf
ein Bette und eilte den Nothleidenden Hül, fe zu leisten.
'so
Hier fand man denn einen daß der sonst so
komischen Auftritt,
ernste Hauptmann in das unmäßigste Ge, lachtet auszubrechen sich
gezwungen sah.
Der Bader, war auf Herrn Firlich gefal
len, dieser dem dadurch alle Gelegenheit zur
Flucht benommen war,
Dekke. recht herzlich.
freute sich seiner
Er betrachtete den Herrn
f
129
]
Herrn Liborus als eine Vormauer gegen
des Gottseibeiuns,
tue 'Anläufe
und um
schlang ihn daher mit beiden Fäusten kräftig, daß der Bader wider Dillen
so
sick
gezwungen sah, in dieser äußerst unbehag lichen Lage zu bleiben.
das, wie
man
sich
Sein kurzes Haar, erinnern
schlaftrunkne Zöllner aus
wird,
der
seinem Gefäng
nis, dem falschen Zopfe befreit hatte, stroz, te fürchterlich empor,
und vermehrte da6
Lächerliche dieser Scene um vieles. Zn aller Welt, hub endlich der Jun
ker an und hielt sich noch immer den Bauch vor Lachen,
sagt mit nur Leute,
prügelt
Ihr Euch oder habt Ihr Euch so lieb? Ach, der Geist l der Geist!
schrie der
geängstigte Gewürzkramer unter dem Ba
der hervor. Gnädiger Herr, fiel Liborius ein, der Maler hat Recht, ich hab' ihn selbst gese
hen, den Geist, mit funkelnden Augen ver, folgte er mich. kommen,
Kaum war er so weit ge
als eine weisse Gestalt sich der
Ech.es Bändchen.
I
[ Thür näherte.
I3Q Dem
]
Zöllner,
der
sich
weislich am entferntesten gehalten, wiewohl
immer starr feine Augen auf die Thür gerichtet hatte, fiel die Erscheinung zuerst in die Augen.
Gott sei mir Sünder
dig, da kömmt der Geist leibhaftig!
gnä
rief
er erschrokken aus, fasste seine alte Ehehälf te beim Arm und stolperte so
gehen wollte,
dem
schnell es
Zimmer zu.
Man
weis nicht, ob der Gewürzkrämer durch
de» Zuspruch des Hauptmanns die um, fchlungeuen und mit Riesenkraft geschloss-
nen Hande schon vorher aufgelöst hatte,
oder ob chieö eben der neue Schrek bewirk te, oder endlich ob der Bader durch de« Ausruf des Zöllner'» so erschüttert ward,
daß er selbst vermögend war, diese Baude zu durchbrechen, kurz -er sprang, wie ein Bliz auf und drängte sich mit der gröss
ten Schnelle durch das fliehende alte Ehe paar durch, welches so gewaltsam geschah,
daß die alte Zöllnerin rechts und ihre be tagte Stüze links, jedoch ohne Schaden,
[ Boden
zu
]
IZI
geworfen
würzkrämer merkte
wurden.
Der
gar schlau,
bei dem Aufsteheu zu viel
Ge,
daß er
Zeit verlieren
würde, er kroch demnach auf allen Vieren
mit ungemeiner Behendigkeit unter die Nökke seiner beherztem Gattin.
Zndeö kam die Gestalt naher und siehe — es war niemand andere als Fräulein Nech, ten.
Die ganze Gesellschaft empfing
sie
mit einem lauten Gelächter und war eben
im Begrif, ihr dle komische Geschichte mitzutheilen, als die stolze Dame in einem hohen und aufgebrachten Ton so begann:
Es scheint, meine Herren, als hätten Sie
Sptelwerk der
mich dazu ausersehn, das
Gesellschaft zu sein.
Vielleicht
ist es Zh,
nen allerseits unbegreiflich, wie ein zärtli, ches und gefühlvolles Herz die Einsamkeit suchen und tm schaurigen Dunkel am An,
bltk des silbernen Mondes sich erlaben kann, allein wahrhaftig,
dafür
verdienen
Mitleid, ich aber nicht Spott.
I r
Sie
E
iZ2
]
— Du liebliche Schdne des Himmels Lustbemandleriu, Dunkelerleucheerin, SrernregenliN Nimmer-----
Hier ward die mit Kosegarten sich aufschwingende Rednerin auf das unange-
nemste unterbrochen.
Herr Firlich, der
die Stimme des Fräuleins bald erkannte,
glaubte nun ohne alle Gefahr feine höchst unangeneme Stellung verändern zu können
und kroch daher eben so,
doch rükwarts
hervor und verursachte dadurch dem Fräu lein einen Schrek, der dem nicht viel nach
gab, den sie dem Maler und Bader ein gejagt hatte. Poz!
über die Luftwandlerin! rief der
Hauptmann, sind ja erschrokken, wie der
arme Maler. Kommen Sie, sollen die gan ze Komödie hören,
ist zum Todtlachen.
Sehn Sie da den Gewürzkrämer, den haben Sie auch in'6 Mauseloch getrieben.
Fräulein Oelgart, die nach einem Schrek
gewöhnlich
allen
konnte sich
zwar aus dem Hauptmann
Unwillen
fahren
lies,
133
[
«licht finden,
aber doch
folgte
zen Gesellschaft in's
Zimmer.
ker fort,
sollen
sehn.
der gan Der Ma
fuhr der
sterben thun,
ler will
liegen
J
Jun
man den armen Teufel
Mit
Worten nahte
diesen
man sich dem Bette, ans dem man Herr» ^egehtn gelassen hatte.
Allein wie gro«
war ihr Erstaunen, als man dasselbe leer antraf.
.Der Maler
durch die Lap
ist
pen gegangen, rief der Hauptmann, Bliz
«och einmal! und war doch so schachmatt, daß er weder Hand noch FuS regen konn te.
Alsobald vernam man einen gar kläg
lichen Seufzer der hinter dem Ofen vor kam.
Ein Theik der Anwesenden war ein
mal aufgeschrekk wenig
da?
zusammen.
und
fuhr darüber nicht
Sizt
das
Vögelchen
verscztr der Junker lachend,
na?
komm Er man vor, Maler, ist doch ein Allerweltehasenfus! - Zitternd
und bebend
drängte sich Herr Hagelün aus seiner en
gen Oefnung hervor und versicherte
mit
schwacher Stimme, er habe fürchterlich ausI 3
s
*34
]
gestanden, während daß man ihn allein ge
lassen, der Geist habe ihn endlich aus dem
Bette gerissen und hinter den Ofen gewor fen. Der Hauptmann
entdekte nun dem
beschämten Maler, wer das vermeinte Ge spenst gewesen sei, und Freimann gab sich
die Mühe,
dem
immer noch
erstaunten
Fräulein befriedigenden Ausschlus -u ge
ben. Hierdurch ward die Ruhe wieder her gestellt und die Gesellschaft begab sich am
Ende dieses,
an sonderbaren Vorfällen so
reichen Tages auegesöhnt und vergnügt nach
Hause.
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Der Morgen in Freirnann's Hause.
ES tagte; da erhub sich die Magd aus
ihrem Kämmerlein, die Küchenthür knarrte
Und bald draug das Pinken des abgenuzten Stahls zum Ohre
der Schlafenden,
aber Freimann strebte »««bekümmert nur
[
135
J
desto weiter seine ruhenden Glieder aus, indes seine Gattin, ihm zur Seite, den Kopf munter erhob, das Auge prüfend er-
öfnete und die Stunde des Tages ahnend,
sanft wieder zurüksank, nachdem sie zuvor eine lästige Fliege vom Kopf des ihr lie ben Schläfers verjagt hatte.
Ein sanfter
Schlummer wiegte sie wieder ein, täuschen de Bilder gaukelten unstät und flüchtig ih
rer Seele vor, aber keines, auch schlafend ihren Pflichten getreux konnte ihr Verges
senheit des Entschlusses einzaubern,
das Bette zu verlassen.
Schon
bald
dampfte
auf dem Heerde das trokne Reis, gierig grif die Flamme nach der festem Nahrung,
die Marien'sHände sorgsam und künst, lich anfschichteten,
prasselnd
brauste
die
Glut in die Höhe und so oft es knitterte,
scholl ein Ruf in der lauschenden Hausfrau Ohr: wach' auf zu neuen Freuden! Endlich erhob die geschäftige Magd, ih
rer Pfiegvertrauten sich erinnernd, rüstig
das plumpe Stampfeisen und zermalmte 3 4
r 'ZS J die verworfene Kartoffel und die dem Kohl etimipften Blätter. Schnell und leise schlich
sich sofort die von
ihres
wirtschaftliche Frrderike
Gatten Seite,
raubte dem
Schläfer verstolen einen Kus und freute sich
der kleinen Nekkerei,
ihm nun den Vor
wurf machen zu können, unerwidert ihn
gegeben zu haben.
Schlummernde
2(6er der zum Schein
hatte ihr leisestes Nahen
gewahrt, umsing sie mit schalkischen Han
den und gab ihr das Empfangene doppelt zurük.
„Las mich Lieber und ruhe noch ew
Weilchen, kalt ist der Morgen, ich bereite
Dir indes cm heimliches Feuer auf dem
Kamin." Eilig entfloh sie und er zog noch einmal die wärmende Dekke fest über sich
und
nach.
lauschte dem
lokkenden Schlummer
Aber ihr muntrer Dube kroch schnell
von seinem Lager und folgte der Mutter
mit einem freundlichen Morgengrus. Bald trug nun Marie die rauchenden Bränder vom Heerd auf den Kamin und den dam,
pfenden Kaffeetopfund die sprudelnde Milch/
r 137 ] indes sieb Mutter und Sokn am Wasche
tisch beschäftigten. Darauf räumte Lrtderike im Zimmer umher,- wies jeder Sache
ihren bestimmten Pia; an,
säuberte hier
und wischte dort den gesammelten Staub ab, nur bei dem Pult des L'neherrn ging
die behutsame Gattin mit schonender Ehrt furcht vorüber. Dann nam sie zwei reinliche
Tassen von der Kommode herab, fasste je,
den Oberkopf am Henkel und drehte ihn behutsam nm.
Doch
erklang das hell
tönende Porzellan ; mitunterdrüktemQlhem,
zug horchte sie, ob ihr Fretmann sich rüh, re und lächelte dann über den tiefen Schlä, fer.
Darauf ergrif sie den angefangcncn
Strumpf, feste sich an den Kamin und
wehrte klüglich der aufschäumenden Milch
den Aussius, harrend
und.blikre von Zeit zu Zeit
nach dem
Schlafgemach.
Zum
dritten Mal sah sie nun nach der pikken, den Uhr und rief dem spielenden Wilhelm;
Geh, Kind,
wekke Deinen Vater, schon
ist's sechs Uhr.
Hurtig eilt» der Rnabs 3 f
[
*38
J
den airgenemen Befehl zu vollziehen, öfne, te leise die Thür und fasste deö Schlafen
den Hand: „Ei, wie bist Du so lauge im
Bett, Vater!" — Und dieser dehnte sich mächtig und rief gähnend: was willst Du, Dube? —„Dich wekken Vater, es ist spät."—
Hab' ich schon etwas versäumt ? — //Sie schwarze Henne war schon einmal an der
Thür und federte ihr Futter." —* Und Du
liessest sie hungrig wieder gehn? — „Was Ich noch von meinem Morgenbrot hatte,
gab ich ihr, aber es war wenig — Komm,
Vater, gieb mehr." — Bube geh, ich kamme.
Der Knabe ging und Freimann kleide
te sich an.
Zu feinem Morgeüschlummer
hatte er die Vorfälle des vergangenen Ta
ges noch einmal verlebt, hatte noch einmal die arme Witwe mit ihren beiden Kindern beweint, noch einmal über den Dreier des
Zöllners geseufzt und die unerklärbar kar ge Gabe des sonst so edlen pastor's hatte
noch einmal sein höchstes Staunen erregt.
rZ9
[
]
Abwechselnd
brummte er
i£el[, ^ell!
bald:
mm
bald: 0
Nur sechs Pfennige!
bald: Drei arme Leidende!
Ernst und fast
mehr als ernst trat er in die Wohnstube,
aber sein vorsichtiges,
zärtliches Weib sah
seine umwölkte Stirn nicht,
lächelnd um,
fing sie ihn: „Nun, Langschläfer, hast Du
Dich satt geruht? sieh, da steht schon Dein Stuhl am Kamin, komm und wärme Dich."
Schweigend erwiderte er die Umarmung, trat zum Waschtisch und folgte dann der
Einladung seiner Gattin. Armes Männchen! hast heute keine Obst,
begann
nun Friderike.
Ich kann entbehren, liebes Weib, ver-
fezte Freimann.
Friderike.
Das sollst Du wenigstens
für heute und morgen nicht.
Sieh zwei
schöne Birnen von unserm kleinen Bäum, chen.
Freimann.
(nimt fa, flill; nach einer Pause)
Du thust gern Gutes, liebes Werb. Dank Dir!
(
I4o
Spötter!
Ariderike.
]
was könnt' ich
wohl bei dem besten Willen.
Freimann.
Ist der genug, aber Du
Ich und Du und der Bettier
kannst auch.
und der König wir können alle, können viel,
wenn wir nur wollen.
Wilhelm.
Vater, die schwarze Henne!
Areimann ging mit seinem Knaben «nd futterte die Hüncr.
Da kamen sie weis
und schwarz und bunt herbcigeflogen und
kakelten vor Freude auf. Knabe.
Ach! wie sie froh sind, die gu«
ten Puttchen!
Pater.
Gefallt Dir das?
Knabe! S! wie sollt' es nicht! Vater,
gieb ihnen mehr. Vater,
(vor iw» So dachtest Du, Pa,
stör, gestern nicht. «s«m «nahen.) Merk' Di«
das, Sohn r Du kannst Dir selbst kein grös
seres Vergnügen verschaffen, als wenn Du
andre froh machst. Sie gingen drauf Beide zurük zur Mutt ter, die bas kleine Mittagsmahl mit rein*
[
r4i
]
lichen Handen selbst bereitete. Komm, Steh
mann: rief sie ihm entgegen/ und spiele UNS ein Morgenlied. Dieser trat zum
vier und begann: Lu deinem Preis und Ruhm erwacht re. Mutter und Sohn stimmtei> ein. Beim Schluö des vierten Verses
ösnete sich (ctse die Thür, Pastor 'Zeil schlich
herein, nikte der FreLmannin zu, sezte sich in aller Stille und begleitete den fünften Vers mit einem angenemen Bae:
Gieb, daß ich fern von Müssiggang Sn meinem Stande treu Und, wenn ich kann, mein Lebelang Bereit ru dienen sei. Hier drehte sich Freimann um, bewMommre den Pastor.
und
[
142
]
Dreiundzwanzigstes Kapitel. D.em Freimann wird daS Rarhsel gelöst. Areimann.
So früh, lieber Pastor?
das ist mir lieb. Pastor,
Sollt' ich nicht? — Wir ha
ben ja heute einen Festtag, von dem roi