Diskriminierungsverbote und Sportautonomie: Eine rechtsvergleichende Untersuchung im deutschen, europäischen und US-amerikanischen Recht [1 ed.] 9783428508075, 9783428108077

Die Autorin setzt sich mit der Frage auseinander, ob und inwieweit der Autonomie der Sportverbände durch Vorgaben der st

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Diskriminierungsverbote und Sportautonomie: Eine rechtsvergleichende Untersuchung im deutschen, europäischen und US-amerikanischen Recht [1 ed.]
 9783428508075, 9783428108077

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SUSANNE ZINGER

Diskriminierungsverbote und Sportautonomie

Beiträge zum Sportrecht Herausgegeben von Kristian Kühl, Peter J. Tettinger und Klaus Vieweg

Band 11

Diskriminierungsverbote und Sportautonomie Eine rechtsvergleichende Untersuchung im deutschen, europäischen und US-amerikanischen Recht

Von Susanne Zinger

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Eberhart-Karls-Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 200112002 unter dem Namen "Susanne Beer" als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 21 Alle Rechte vorbehalten

© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-7925 ISBN 3-428-10807-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Vorwort Die vorliegende Abhandlung wurde im Wintersemester 2001/2002 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Der Arbeit liegt die im US-amerikanischen Recht zunehmend an Bedeutung gewinnende Frage zugrunde, ob und inwieweit Diskriminierungsverbote der staatlichen Rechtsordnung die Autonomie der Sportverbände beschränken können. Durch die rechtsvergleichende Betrachtung soll der Versuch unternommen werden, in der deutschen Rechtsordnung eine Sensibilisierung in bezug auf diese Problematik zu erreichen. Mein Dank gilt insbesondere meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Burkhard Heß, der die dieser Arbeit zugrundeliegende Thematik im US-amerikanischen Recht und deren Bedeutung für den Sport entdeckte und meine Ausarbeitung stets durch wertvolle Anregungen bereichert hat. Herrn Prof. Dr. Hermann Reichold danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Darüber hinaus bin ich der Studienstiftung des deutschen Volkes zu Dank verpflichtet, durch deren Unterstützung ich mich ausschließlich auf meine Dissertation konzentrieren konnte. Schließlich danke ich von ganzem Herzen meinem Mann, Herrn Dr. Georg Zinger, der die Ausarbeitung meiner Dissertation neben seiner eigenen von Anfang bis zum Ende mit sehr großem Engagement begleitet und mit zahlreichen wertvollen Gedanken bereichert hat. Stuttgart, im Februar 2002

Susanne Zinger

Inhaltsübersicht Erster Teil Einleitung und Problemaufriß

23

Zweiter Teil Die Situation im deutschen Recht

27

A. Die Organisation des Sportgeschehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

B. Begründung der Sportautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf............. .. .. . ..

71

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen zur Geltendmachung unzulässiger Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 E. Anspruch des Vereinsmitgliedes gegen den Verein auf Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . 115

F. Anspruch des Sportlers wegen Verletzung der Mitgliedschaft aus § 823 I BGB . . . . . . 119 G. Diskriminierungsverbote im Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Dritter Teil Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

127

A. Anwendbarkeit des EG-Vertrages auf den Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

B. Grundfreiheit der Freizügigkeit nach Art. 39 I EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 C. Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 bzw. Art. 49 des EG-Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 D. Assoziierungsabkommen mit Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 E. Wettbewerbsrecht Art. 81 , 82 (ex-Art. 85, 86) EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

8

Inhaltsübersicht VienerTeil Die Situation im US-amerikanischen Recht

142

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Fünfter Teil Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

217

A. Normierung der Diskriminierungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

219

Sechster Teil Schlußbetrachtung

232

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Einleitung und Problemaufriß

23

Zweiter Teil

Die Situation im deutschen Recht

27

A. Die Organisation des Sportgeschehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

I. Aufbau der "klassischen" Vereins- und Verbandsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

II. Entstehen neuer Sportorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

I. Deutsche Eishockey Liga Betriebsgesellschaft mbH (DEL) . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

2. ATPTour/WTA Tour ... . . . ...... . .... . .. . ... . .... . ...... .. ... . .. . .... . ... .

29

a) Entwicklung im 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

b) Struktur der WTA-Tour, Inc. (WTA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

3. Professional Golfers Association (PGA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

III. Rechtsstellung des Sportlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

I. Rechtsstellung des Sportlers gegenüber dem Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

a) Die unmittelbare Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

b) Gesonderter privatrechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

aa) Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

bb) Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

2. Rechtsstellung des Sportlers gegenüber dem Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

a) Figur der mittelbaren Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

b) Vertragliche Unterwerfungserklärung

36

c) Gesonderter privatrechtlicher Vertrag .. . . . . .. . .. . .. . . .. . .. . . . . . . . . . .. ..

36

d) "Muster-Athletenvereinbarung" des DSB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

10

Inhaltsverzeichnis 3. Rechtsstellung gegenüber Sportlervereinigungen (ATP, WTA, PGA) . . . . . . . .

38

a) Rechtsstellung gegenüber der WTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

b) Rechtsstellung gegenüber der ,,PGA European Tour" . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

4. Rechtsstellung gegenüber dem Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

a) Der Begriff des Veranstalters in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

b) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

c) Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Athleten und dem Veranstalter eines Wettkampfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

aa) Der sportliche Wettkampf als "Preisausschreiben" nach§ 661 BGB

44

bb) Rechtsverhältnisse bei mehreren Veranstaltern - Beispiel Tennissport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

5. Kollisionsrechtliche An.knüpfung bei internationalen Sportereignissen......

48

a) Anknüpfung bei unmittelbarer Mitgliedschaft in einer (internationalen) Sportvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

aa) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts nach der Sitztheorie . . . . . . . . .

49

bb) Auswirkung der Centros-Entscheidung des EuGH auf die Sitztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

b) An.knüpfung bei vertraglicher Rechtsbeziehung zwischen Sportler und (internationalem) Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

aa) "Regelanerkennungsvertrag" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

bb) Sonstige vertragliche Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

c) Anknüpfung der Rechtsbeziehung zwischen Sportler und lokalem Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

B. Begründung der Sportautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

I. Die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 9 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

I. Begriff der "Vereinigung" i. S. d. Art. 9 I GG... . .. .. ...... . ........... . .. ..

57

2. Schutz der individuellen und kollektiven Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . .

58

3. Umfang des Grundrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

4. Übertragung auf den Sportbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

li. Die Vereinsautonomie der§§ 21 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .

62

I. Grundlage der Vereinsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

2. Umfang der Vereinsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

3. Sportrecht als Sonderprivatrecht . .. .. .. . . .. . . . . .. .. .. .. . . .. .. .. .. .. . . .. . . ..

66

Inhaltsverzeichnis

II

4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

5. Verhältnis zwischen Sport und Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

6. Ergebnis für die nachfolgende Untersuchung . . .. .. . . . .. . .. .. . . . .. . . . .. . .. . .

71

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7I

I. Kartellrechtlicher Aufnahme- I Teilnahmeanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

I. Der Sportler als Unternehmen i. S. d. GWB . . . .. . . .. . .. . .. . .. .. . . . . . .. . . . . .

72

a) Der Berufssportler als Unternehmen i. S. d. GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

b) Der Amateursportler als Unternehmen i. S. d. GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

2. Inhalt des vom Sportler erhobenen Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

3. Abgrenzung zwischen Aufnahme- und Teilnahmeanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

4. Anspruchsvoraussetzungen ... .. ........ . .......... . ... . .... .. .. .. . ..... ....

77

a) Berücksichtigungsfähige Interessen des Sportlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

aa) Berücksichtigung von Grundrechten im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . .

78

bb) Berücksichtigung des Art. 3 II, III 1 GG zugunsten des Sportlers . .

8I

(i) Verhältnis des Art. 3 II zu Art. 3 I1I I GG .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..

81

(ii) Anwendungsvoraussetzungen des Diskriminierungsverbotes nach Art. 3 III I GG .. . . . .. . . .. . .. .. .. . . . .. .. .. .. . . .. . . .. . . . .

83

(iii) Subsumtion der Anwendungsvoraussetzungen im Bereich des Sports . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

cc) Art. 3 111 2 GG . . .. .. .. . . .. .. . . .. .. . . .. .. .. . . . . .. .. . . .. . . .. . . .. . . . .

85

(i) Entstehungsgeschichte des Art. 3 III 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

(ii) Regelungsgehalt des Art. 3 III 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

(iii) Anwendungsvoraussetzungen des Art. 3 III 2 GG . . . . . . . . . . . .

88

(iv) Subsumtion des Falles Casey Martin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

b) Berücksichtigungsfähige Interessen der Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

c) Abwägung der gegenüberstehenden Interessen im Rahmen von § 20IGWB ......... . ....................... . ................... . ... .. .

90

aa) Grundsätze zur Interessenahwägung . . .. . . .. . .. . . .. . . . .. . .. .. . .. ..

90

bb) Sportbezogene Anwendung der Interessenahwägung . . . . . . . . . . . . . .

9I

(i) Abwägung mit dem Differenzierungsverbot wegen des Geschlechts nach Art. 3 III 1 GG . .. .. .. . .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .

92

(ii) Abwägung mit dem Benachteiligungsverbot des Art. 3 III 2GG .. . . . . .. . ............. . .. . ... . ............... . ... . ... .. .

95

12

Inhaltsverzeichnis 5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

II. Anspruch auf Teilnahme an einem Turnier nach der von der Rechtsprechung zum Aufnahmeanspruch in einen Verein entwickelten Formel . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen zur Geltendmachung unzulässiger Diskriminierung.......... . ..................... . . .. . ................. . ..... 101 I. Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Bestimmungen . . . 101 II. Prüfungsmaßstab im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB . . . . . . . . . . . . 103 1. Anwendbarkeit der Grundsätze des AGB-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

a) Unmittelbare Geltung des AGB-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Entsprechende Anwendung des Prüfungsmaßstabes nach § 9 AGB-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2. Sportbezogene Durchführung der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Inhaltskontrolle des Verbandsregelwerkes am Beispiel des Tennissports . . . . . . . . 107 1. Möglichkeiten des Sportlers, gegen verbandsrechtliche Regelbestimmungen vorzugehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Geltendmachung gegenüber der WTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Geltendmachung gegenüber dem lokalen Veranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Inhaltliche Überprüfung der Bestimmung über die Preisgeldauszahlung . . . . 111 a) Rechtsgrundlage der Inhaltskontrolle.... . . .......... . .................. 112 b) Berücksichtigung des Art. 3 I GG .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 113 c) Ergebnis der Inhaltskontrolle nach§ 9 I AGBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 E. Anspruch des Vereinsmitgliedes gegen den Verein auf Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . 115 I. Anspruch des unmittelbaren Vereinsmitgliedes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1. Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Bedeutung des Art. 3 III 2 GG im Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft . . . . . . 116 II. Anspruch auf Gleichbehandlung im mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnis

118

F. Anspruch des Sportlers wegen Verletzung der Mitgliedschaft aus § 823 I BGB . . . . . . 119 I. Tatbestandsvoraussetzungen des § 823 I BGB .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 119 II. Rechtsfolgen . . . .. . . . . .. .. .. .. . .. . .. . . . . .. . . . .. . . . .. . . . .. .. . . . . .. . . .. .. . . .. . . . . 120

Inhaltsverzeichnis

13

G. Diskriminierungsverbote im Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Gesetzliche Gleichbehandlungspflichten.......... . ... . ............... . ....... . 121 1. § 611 aBGB . ...... . ...... . ............... . ... . ... .. .................. . ... . 122

2. § 612 111 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Übertragbarkeit des Grundsatzes der Lohngleichheit bei Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 II. Allgemein arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Dritter Teil

Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

127

A. Anwendbarkeit des EG-Vertrages auf den Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I. Sport als Teil des Wirtschaftslebens i.S.v. Art. 2 EGV. . ................... . ... . 127 II. Anwendbarkeit des EG-Vertrages im Amateursport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 B. Grundfreiheit der Freizügigkeit nach Art. 39 I EGV.... . ... . ... . ... .. ... . .. . ... . ... . 131

I. Eingriffin die Freizügigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Rechtfertigung des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 C. Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 bzw. Art. 49 des EG-Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 D. Assoziierungsabkommen mit Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 E. Wettbewerbsrecht Art. 81, 82 (ex-Art. 85, 86) EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Vien er Teil

Die Situation im US-amerikanischen Recht

142

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 I. Die Organisation des HighSchool- und College Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Der HighSchool Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

2. Die Organisation des College Sports .. .. . . .. . .. . . . .. . . .. . . .. . . .. .. .. . .. . . . . 144

14

Inhaltsverzeichnis a) Die "National Collegiate Athletic Association" (NCAA)

144

aa) Entstehungsgeschichte und Aufgabe der NCAA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Die Struktur der NCAA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 cc) Grundsätze der "educational primacy" und des "amateurism" . . . . . 147 dd) Kontrollvorbehalt der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Andere Vereinigungen im College Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

II. Das "außeruniversitäre" Sportgeschehen... . .. . . . . . . . ... . ............. . ... . ... . 151 1. Das "pyramidenförmige" Verbandssystem....... . .. . .................. . .... 151

2. Der .,Amateur Sports Act of 1978" . . .. .. . . . . . . . . . . .. . .. .. . . .. .. . . . . . . . .. . . . 152 3. US-amerikanische Profisportligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4. Umfang und Grenzen der Autonomie der Sportvereinigungen . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Verfassungsrechtliche und privatrechtliche Grundlagen der Autonomie . 156 b) Begrenzung der Autonomie durch die Rechtsprechung

157

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Inhalt der .,equal protection clause" des 14. Zusatzartikels der Verfassung . . . . . 160 II. "State action" als Anwendungsvoraussetzung der .,equal protection clause" . . . 161 III. Der Prüfungsmaßstab im Rahmen der .. equal protection clause" . . . . . . . . . . . . . . . 163

IV. Der Sport und die .,equal protection clause" des 14. Zusatzartikels der Verfassung. . . . .. ......... . . . . .... . ...... . .. . ...... . .... . .. . ...... . ....... . .. .. ....... 164 1. Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . .. . . . .. . . . .. .. . . . .. . . . .. . . . 164

2. Aktuelle Situation im Sport .. . .. .. . . . .. . . . .. . . . .. .. . . . .. . . .. .. . . . .. . . . .. . . . 166 C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

I. Die .. equal protection clause" als Verbot einer Diskriminierung auf Grund

des Geschlechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . .. . . . .. . . . . .. .. . .. . . . . . . . . 167

2. Auswirkungen auf den Sport . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Übersicht über die einschlägige Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Brenden v. lndependent School District . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Clark v. Arizona lnterscholastic Association . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Inhaltsverzeichnis

15

cc) O'Connor v. Board of Education of School District 23 und Fortin v. Darlington Little League, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Zusammenfassung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 II. " Title IX of the Education Amendments Act of 1972" (Title IX) . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Inhalt des "Title IX of the Education Amendments Act" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

2. Rechtsprechung zur Anwendung des Title IX im College- und High School Sport...................................... . . . . ... . ........ . .......... . ... . . 175 a) Cohen v. Brown University . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

b) Kelley v. University of Illinois . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Zusammenfassung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

III. Der "Civil Rights Act of 1964" I "Equal Pay Act"

178

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

I. Der "Rehabilitation Act of 1973" (Section 504) (abgekürzt RA) . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Regelungsgehalt des RA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

2. Anwendung des RA im Bereich des College- und HighSchool Sports . . . . . . 181 a) Die ältere Rechtsprechung zur Anwendung des RA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Die jüngere Rechtsprechung zur Anwendung des RA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Pahulu v. University of Kansas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

(i) Bestehen einer Behinderung i. S. d. RA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (ii) Vorliegen der sonstigen Teilnahmevoraussetzungen . . . . . . . . . . 185 bb) Knapp v. Northwestem University . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (i) Bestehen einer Behinderung i. S. d. RA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (ii) Vorliegen der sonstigen Teilnahmevoraussetzungen . . . . . . . . . . 187

c) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Auslegung des Begriffs der Behinderung i. S. d. RA...... .. .. .. ... 188

bb) Ausschluß zum Schutz des behinderten Sportlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Der "Americans with Disabilities Act" (abgekürzt ADA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Entstehungsgeschichte und Regelungsgehalt des ADA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Der Rechtsstreit Martin v. PGA Tour, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Der zugrundeliegende Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Die Anwendungsvoraussetzungen des ADA . ........ . ...... . ... . . ...... 194

16

Inhaltsverzeichnis aa) Unanwendbarkeit des ADA auf private Vereinigungen

194

(i) Rechtsauffassung des erstinstanzliehen Gerichts in Martin v. PGA Tour, lnc. und Kritik der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (ii) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 bb) Der Begriff des "Place of public accomodation" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (i) Auslegung durch das erstinstanzliehe Gericht in Martin v. PGA Tour, lnc. und Bewertung der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (ii) Bewertung der Entscheidung Martin v. PGA Tour, lnc. unter Berücksichtigung weiterer Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (iii) Auswirkungen auf den Wettkampfsport in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 cc) Inhaltskontrolle nach Maßgabe des ADA.................... . ... . . 202 (i) Rechtsprechung zum ADA im Bereich des High School- und College Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (ii) Rechtsauffassung des Gerichts in der Entscheidung Martin v. PGA Tour, lnc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

(iii) Rechtsauffassung des Gerichts in der Entscheidung Olinger v. U.S.G.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (iv) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Ausschluß eines behinderten Sportlers zu dessen eigenem Schutz .... . ...... 212 III. Zusammenfassung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Fünfter Teil

Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

217

A. Nonnierung der Diskriminierungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Das deutsche Recht ..... .. .. .. ................. .. . . . ... . ........ :. . . . . . . . . . . . . . 217

II. Das US-amerikanische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 1. Verankerung in der Bundesverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

2. Diskriminierungsverbote auf einfachgesetzlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 I. Anerkennung einer Sportautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . 220 II. Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

1. Generelle Zulässigkeil einer geschlechtsbezogenen Trennung im Sport . . . . . 221

Inhaltsverzeichnis 2. Zulassungsverweigerung wegen des Geschlechts im Einzelfall

17 221

a) Durchführung einer Einzelfallprüfung.......... . ......... . .... . ... . ... . 221 b) Teilnahme einer Sportlerio an einer Herrenveranstaltung . . . . . . . . . . . . . . . 222 c) Teilnahme eines Sportlers an einer Damenveranstaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 223 d) Besonderheiten des High School- und College Sports . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 III. Verbot der Benachteiligung auf Grund einer Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Inhalt des Benachteiligungsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

2. Abwägung Benachteiligungsverbot - Autonomie der Sportvereinigungen . . 227 a) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Durchführung einer Einzelfallprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 c) Auslegung des Begriffs der Behinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3. Selbstgefährdung als sachlicher Rechtfertigungsgrund einer Benachteiligung ...... . ..... . ........ . ....... . .... . . . ..... . ... . .... . ... . ........... . .. . 230 Sechster Teil

Schlußbetrachtung

232

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

2 Zinger

Abkürzungsverzeichnis a.A.

andere(r) Ansicht

a.a.O.

an aufgeführtem Ort

AAU

Amateur Athletic Union

ABF ABlEG.

Amateur Boxing Federation Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

ADA

Americans with Disabilities Act

a.E.

amEnde

a.F. AG AIAW

alte Fassung Amtsgericht

Ala. L. Rev.

Alabarna Law Review

AMB L.J.

American Business Law Journal

ATP BAG

Association of Tennis Professionals Bundesarbeitsgericht

BB Bd.

Betriebs-Berater

her.

berichtigt

BGB BGBl.

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH BGHZ

Association for Intercollegiate Athletics for Women

Band

Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Zivilsachen

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungssammlung des BVerfG

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

bzgl. CIAC

bezüglich Connecticut lnterscholastic Athletic Conference, lnc.

DEB

Deutscher Eishockey-Bund

DEL

Deutsche Eishockey-Liga

Denv. U. L. Rev.

Denver University Law Review

DFB

Deutscher Fußball-Bund

DGV DLV

Deutscher Golf Verband Deutscher Leichtathletik-Verband

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

Abkürzungsverzeichnis DSB

Deutscher Sportbund

DSV

Deutscher Skiverband

DTB

Deutscher Tennis-Bund

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

DZWiR

Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EuRatS

Satzung des Europarates

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

e.V.

Eingetragener Verein

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

EWS

Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht

19

F.A.Z.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Fed. Law.

Federal Lawyers

FIA

Federation Internationale de !'automobile (Internationaler Automobil-Verband)

FIFA

Federation Internationale de Football Association (Internationaler Fußball-Verband)

Fla. St. U. L. Rev.

Florida State University Law Review

Fn

Fußnote

FS

Festschrift

geänd.

geändert

GG

Grundgesetz

GRUR

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Hous. L. Rev.

Houston Law Review

How. L. J.

Howard Law Journal

Hrsg.

Herausgeber

HStR

Handbuch des Staatsrechts

IAAF

International Amateur Athletic Federation (Internationaler Leichtathletik-Verband)

IAAUS

Intercollegiate Athletic Association of the United States

IBF

International Boxing Federation

i.d.F.

in der Fassung

lnd. L. Rev.

Indiana Law Review

Indus.& Lab. Rel. Rev.

Industrial and Labor Relations Review

IOC

International Olympic Comittee (Internationales Olympisches Komitee)

IPRax i. s. d.

im Sinne des

ITF

International Tennis Federation (Internationaler Tennis-Verband)

2*

Praxis der Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

20

Abkürzungsverzeichnis

i.V.m.

in Verbindung mit

J. Art & Ent. L.

Journal of Art and Entertainment Law

J. c. &

Journal ofCollege and University Law

u. L.

J. Contemp. Legal Issues Journal of Contemporary Legal Issues Jh.

Jahrhundert

J. Prac. & Clin. L.

Journal of Practical and Clinical Law

JR

Juristische Rundschau

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

Law & Ineq. L. Rep.

Law & Inequality: Journal of theory and practice Law Reporter

L. Rev.

LawReview

Marq. Sports L. J.

Marquette Sports Law Journal

MHSAA

Michigan High School Athletic Association

MIPTC

Men's International Professional Tennis Council

MSHSAA m.w.N.

Missouri State High School Athletic Association

NAIA

National Association of lntercollegiate Athletics

NBA

National Basketball Association

mit weiteren Nachweisen

NCAA

National Collegiate Athletic Association

NCCAA

National Christian College Athletic Association

N. D. L. Rev. n.F. NFHSA

North Dakota Law Review neue Fassung National Federation of High School Associations

NFL

National Football League

NGB

National Governing Bodies

NJCAA

National Junior College Athletic Association

NJW NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift NJW- Rechtsprechungs- Report Zivilrecht

NLCAA

National Little College Athletic Association

NOC/NOK

National Olympic Comrnittee (Nationales Olympisches Komitee)

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

o.c. OLG

Olympische Charta Oberlandesgericht

Or. L. Rev.

Oregon Law Review

o.V.

ohne Verfasser

PAC-10

Pacific Athletic Conference

PCOS

President's Comrnittee on Sports

Pepp. L. Rev. PGA

Pepperdine Law Review Professional Golfers Association

QLR

Quinnipiac Law Review

Abkürzungsverzeichnis RA

Rehabilitation Act of 1973

RdA

Recht der Arbeit

RdJB

Recht der Jugend und des Bildungswesens

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

RTDEur

Revue trimestrielle de droit europeen

Rz.

Randziffer

SchwbG

Schwerbehindertengesetz

Seton Hall. J. Sport L.

Seton Hall Journal of Sport Law

Slg.

Rechtssprechungssammlung des EuGH

SMU L. Rev.

Southern Methodist University Law Review

sog.

sogenannt

SPG- Antitrust

Special Sports Issue: Antitrust and the Business of Sports

Sports Law. J.

Sports Lawyers Journal

SpuRt

Sport und Recht

TAC

The Athletic Congress

TAS

Tribunal Arbitral du Sport ( Sportschiedsgerichtshof des IOC)

u. a.

unter anderem

21

U. Ark. Little Rock L. R. University of Arkansas at Little Rock Law Review U. Civ. Rts. L. J.

University Civil Rights Law Journal

UEFA

Union des Associations Europeennes de Football (Europäische Fußball-Union)

U. Kann. L. Rev.

University of Kansas Law Review

U . L. Rev.

University Law Review

USGA

usoc

United States Golf Association United States Olympic Comrnittee

USSF

United States Soccer Federation

USTA

United States Tennis Association

Va. J. Sports & L.

Virginia Journal of Sports and the Law

Vand. J. Transnat'l L.

Vanderbilt Journal ofTransnational Law

VersR

Versicherungsrecht

Vill. Sports & Ent. L. J.

Villanova Sports and Entertainment Law Journal

VSSR

Vierteljahresschrift für Sozialrecht

Washburn L. J.

Washburn Law Journal

WIPTC

Women's International Professional Tennis Council

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis

WTA

Women's Tennis Association

WTC

World Championship Tennis

WuB

Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht

WuW

Wirtschaft und Wettbewerb

WuW/E

Wirtschaft und Wettbewerb I Entscheidungssammlung

z. B.

zum Beispiel

ZfSH

Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch

22 ZGR ZHR ZIP ZZPint

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Zivilprozeßrecht International

Erster Teil

Einleitung und Problemaufriß Der Sport hat in den letzten Jahrzehnten einen bedeutenden Wandel in seinem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stellenwert erfahren. Das steigende gesellschaftliche Interesse an sportlichen Höchstleistungen hat zu einem sich wechselseitig beeinflussenden Prozeß der Kommerzialisierung und Professionalisierung geführt mit der Folge, daß die Einnahmen aus dem Sport für viele Hochleistungsathleten zur Lebensgrundlage geworden sind. Um den Leistungsanforderungen zu genügen, können Sportler oft keiner oder nur eingeschränkt einer beruflichen Tatigkeit zur Sicherung ihrer Existenz nachgehen, so daß sie auf Erträge aus dem Sport bzw. finanzielle Unterstützung durch Sponsoren angewiesen sind. Gleichzeitig hat die Kommerzialisierung des sportlichen Wettkampfes dazu geführt, daß dieser zu einer lukrativen Beschäftigung geworden ist, die den Sportlern oft ein sehr viel höheres Einkommen gewährt als ihr erlernter oder in Betracht gezogener außersportlicher Beruf. So verdiente der 23-jährige Profigolfspieler Tiger Woods allein im Jahr 1999 eine Summe von 7,28 Millionen Dollar und illustriert damit beispielhaft das Ausmaß der Kommerzialisierung. 1 Hinzu kommt das öffentliche Interesse an dem Sportler selbst, der seine Person durch Werbe- und Sponsorenverträge gewinnbringend vermarkten kann? Mit rund 2,5 Milliarden DM ist der Sport mittlerweile der größte Sponsoringbereich der Wirtschaft. 3 Gleichzeitig vermittelt insbesondere der international betriebene Wettkampfsport ein wachsendes nationales Integrations- und Repräsentationsbewußtsein und erreicht damit eine neue gesellschaftspolitische Dimension. Diese beeinflußt wieI Süddeutsche Zeitung vom 22. 11. 99, S. 44; ein weiteres Beispiel im Spitzensport ist der Formel-l-Rennfahrer Michael Schumacher, dessen Jahreseinkommen auf 115 Millionen DM geschätzt wird, F.A.Z. Nr. 106 vom 06. 05. 2000, S. 48; die TennisspieleTin Martina Hingis verdiente im Jahr 1999 auf der Damen-Tour allein 3,3 Millionen Dollar Preisgeld, Süddeutsche Zeitung vom 05. 01. 99, S. 39; zu dieser Entwicklung Grüschow, in Bundesinstitut für Sportwissensch. (Hrsg.), Eliten, S. 41 ff.; vgl. auch Frick, in Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 43 ff. 2 Zu den ökonomischen Auswirkungen des Sports vgl. die umfassende Bestandsaufnahme in Weber I Schnieder I Kortlüke I Horak, Die wirtschaftliche Bedeutung des Sports, insbes. s. 149 ff. 3 Stuttgarter Zeitung vom 03. 12. 99, S. 37; der Sportausriister Nike hat allein in der Saison 1999/2000 10 Millionen Dollar in die Werbekampagne des Radrennfahrers Lance Armstrong investiert, F.A.Z. Nr. 170 vom 25. 07. 2000, S. 48; zum Sportsponsoring Gäb, in Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), Eliten, S. 33 ff.; vgl. auch Wilson, The Sports Business, S. 157 ff.

24

1. Teil: Einleitung und Problemaufriß

derum das öffentliche Interesse und die Anteilnahme am organisierten Sportgeschehen und wirkt auf das Verhältnis zwischen Sport und Staat ein. Der sportliche Wettkampf insbesondere in seiner internationalen Dimension hat zu einer Art nationalen Identifizierung bzw. Repräsentation durch die Sportausübung geführt. 4 Auch außerhalb des Spitzensports hat die sportliche Betätigung eine neue Dimension erhalten. Wettkämpfe gewinnen durch ansteigende Preisgelder größere Bedeutung, und selbst wenn eine Professionalisierung wie im Spitzensport fehlt, ist für viele die Ausübung des Sports, häufig im Wettkampf, zu einem zentralen Element ihrer Lebensgestaltung geworden.5 Diese Entwicklungen haben dazu geführt, daß der von den Verbänden grundsätzlich autonom organisierte Sportinfolge seines soeben skizzierten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stellenwertes stets neuen rechtlichen Fragestellungen ausgesetzt ist und wird. Ein Schwerpunkt rechtlicher Diskussion betrifft die Rechtsstellung des einzelnen Athleten innerhalb der Verbandsstrukturen und die Frage nach der Vereinbarkeit gegenläufiger Rechtspositionen von Athlet und Verband bzw. Verein. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Teilnahme eines Sportlers an Wettkämpfen und sonstigen Veranstaltungen, da sie insbesondere auf Grund der stattfindenden Kommerzialisierung und Professionalisierung für den Athleten von elementarer Bedeutung ist. 6 Die Sportverbände und -vereine können sich grundsätzlich auf die gesetzlich garantierte Vereinsautonomie berufen und den darauf beruhenden Selbstbestimmungsanspruch bei Organisation und Ausgestaltung der sportlichen Betätigung umsetzen. Andererseits stellt die staatliche Rechtsordnung, in deren Gefüge auch die Inanspruchnahme gewährter Vereinsautonomie erfolgt, Grundsätze zum Schutz der Rechtsstellung des Einzelnen auf. Eines dieser Prinzipien ist der Grundsatz der Gleichbehandlung, der in der Rechtsordnung unterschiedliche Ausprägungen findet: So gilt beispielsweise im Vereinsrecht ein vereinsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz, 7 das Kartellrecht 4 Vgl. F.A.Z. Nr. 153 vom 05. 07. 2000 in bezug auf die Bewerbung Deutschlands um die Austragung der Fußballweltmeisterschaft 2006: "Im Endspurt der WM-Bewerbung wird der Kanzler Wahlhelfer"; Bundesinnenminister Schily sieht den Erfolg deutscher Athleten im internationalen Sport als "Werbung für unser Land" und beschreibt das Beziehungsgeflecht zwischen Sport und Staat unter dem Aspekt, daß derjenige, der den Sport vernachlässigt, der inneren Sicherheit schadet, F.A.Z. Nr. 113 vom 16. 05. 2000, S. 48 (Otto Schily im F.A.Z.Sportgespräch); vgl. auch F.A.Z. vom 15. 01. 2000, S. 6: "Fußballdiplomatie zwischen Teheran und Washington" über ein Fußballspiel zwischen den USA und dem Iran, das zum "Politikum" wird, da die diplomatischen Beziehungen zwischen den Ländern seit über 20 Jahren unterbrochen sind. s Zur Bedeutung des Begriff "Sport" siehe Kette/er, SpuRt 1997,73 ff. 6 "Die Teilnahme ist ... aus mehreren Gründen zentral für den Sport in seinen vielfaltigen Erscheinungsformen: Als Mittel zur Realisierung des Wettkampfprinzips, zur Selbstentfaltung und Kommunikation sowie als Einkunftsquelle.", Vieweg, in Deutsch (Hrsg.), Teilnahme am Sport als Rechtsproblem, S. 23. 7 Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 II 4 b), S. 468 f.; van Look, in Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rz. 543 ff.; ausführlich hierzu Roitzsch, Minderheitenschutz, S. 33 ff.

1. Teil: Einleitung und Problemaufriß

25

statuiert unter besonderen Voraussetzungen ein Diskriminierungsverbot (§ 20 I, IV GWB). Der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungssatz des Art. 3 GG kann über seine Ausstrahlungswirkung ebenfalls Einfluß auf das Privatrecht erlangen. Im Bereich des Sports stellt sich die Frage, inwieweit der Autonomie der Sportverbände durch die Geltung derartiger Gleichbehandlungsgrundsätze bzw. -pflichten Grenzen gesetzt werden können oder diese sogar einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Verbände rechtfertigen. So sperrte die amerikanische Amateur Athletic Union (AAU) einen Basketballtrainer aus Chicago für drei Jahre, weil er bei einem AAU-Turnier, das nur für Jungen ausgeschrieben war, ein Mädchen einsetzte, das bereits seit drei Jahren im Jungen-Team der Chicago Demons spielte. 8 Begründet wurde die Sperre mit dem Hinweis, daß der Trainer sich nicht einfach über von der AAU aufgestellten Teilnahmeregelungen hinwegsetzen könne. Unbeantwortet blieb aber die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige Regelbestimmungen zulässig und wirksam sind. Die gleiche Problematik stellt sich, wenn zum Beispiel eine Profigolfspielerin ihre Teilnahme an einem im Vergleich zu den Damenturnieren sehr viel höher dotierten Herren-Profiturnier unter den gleichen Startvoraussetzungen wie ihre männlichen Konkurrenten fordert und mit der Begründung abgelehnt wird, als Frau nicht startberechtigt zu sein.9 Ein weiteres Beispiel ist die Situation des gehbehinderten OS-amerikanischen Berufgolfers Casey Martin, der seine Zulassung zu einem Turnier der OS-amerikanischen Profi-Tour forderte, verbunden mit der Erlaubnis, entgegen den Regelbestimmungen des Turnierveranstalters einen Golfwagen benutzen zu dürfen. Nachdem der Veranstalter dies abgelehnt hatte, erhob Martin Klage bei dem zuständigen Bundesgericht des Staates Oregon und begründete seinen Anspruch auf Teilnahme unter Berufung auf ein OS-Bundesgesetz, das Diskriminierungen Behinderter bei öffentlich zugänglichen Einrichtungen verbietet. 10 In diesem Rechtsstreit hatte ein staatliches Gericht erstmals über die Anwendung eines Antidiskriminierungsgesetzes im professionellen Sport und dem damit verbundenen staatlichen Eingriff in die Autonomie einer Sportvereinigung zu entscheiden. In den Vereinigten Staaten besteht im Hinblick auf die Problematik der Diskriminierung eine sehr viel größere Sensibilität, die durch die historischen Hintergründe dieses Landes erklärbar ist. Dies gilt unter anderem auch für das US-amerikanische AusF.A.Z. vom 11. 12. 99, S. 38. Vgl. zu den Problemen der Profigolfturniere für Damen in Europa F.A.Z. vom 18. 08. 1998, S. B 4- Golf International-; vgl. auch F.A.Z. vom 30. 03. 1999, S. B 9- Golf International; eine Teilnahme der Damen an den Profigolfturnieren der Herren ist insbesondere deshalb in Erwägung zu ziehen, weil im Vergleich zu den Damengolfturnieren wesentlich mehr Herrenturniere ausgetragen werden und diese auch mit sehr viel höheren Preisgeldern dotiert sind, auf diese Überlegung auch hinweisend Weiler I Roberts, Sports and the Law, Ch. 12, Sec. B, S. 878. IO Martin v. PGA Tour; Inc., 984 F. Supp. 1320 ff. (D. Or. 1998) (einstweilige Verfügung); Martin v. PGA Tour; Inc., 994 F. Supp. 1242 ff. (Hauptsacheverfahren); bestätigt in 204 F.3d 994 (9th Cir. 2000). 8

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1. Teil: Einleitung und Problemaufriß

bildungswesen, in dem der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sport wiederholt im Zentrum gerichtlicher Entscheidungen stand. Vor diesem Hintergrund erscheint es von besonderer Bedeutung, den Blick auf die Rechtsentwicklung in den Vereinigten Staaten zu richten. Im folgenden wird zunächst die Situation im deutschen Recht dargestellt. Dabei steht die Fragestellung im Mittelpunkt, wie die deutsche Rechtsordnung das Spannungsfeld zwischen der Autonomie der Sportverbände und dem, unter dem Blickwinkel bestehender Diskriminierungsverbote beleuchteten, staatlichen Kontrollund Regelungsvorbehalt aufzulösen vermag (dazu unten Zweiter Teil). In diesem Zusammenhang schließt sich die Frage an, welche Vorgaben das europäische Recht beinhaltet, diskriminierende Verhaltensweisen und Regelbestimmungen von Sportverbänden gegenüber Athleten zu sanktionieren (dazu unten Dritter Teil). Im Anschluß daran folgt die Darstellung der skizzierten Thematik im US-amerikanischen Recht, deren Schwerpunkt in der Aufarbeitung einschlägiger Rechtsprechung aus dem High School- und College Sport sowie dem professionellen Wettkampfsport liegt (dazu unten Vierter Teil). Der abschließende Vergleich des deutschen Rechtssystems mit der Rechtslage in den U.S.A. erscheint auch im Hinblick auf die internationale Dimension und Universalität des Sportgeschehens von Bedeutung (dazu unten Fünfter Teil).

Zweiter Teil

Die Situation im deutschen Recht A. Die Organisation des Sportgeschehens Die Verbandsstrukturen im Sportwesen haben sich aus den sportspezifischen Bedürfnissen heraus entwickelt und spiegeln diese wider, gleichzeitig sind sie in den Rahmen der deutschen Privatrechtsordnung einbezogen und finden dort ihre rechtlichen Grundlagen.

I. Aufbau der "klassischen" Vereins- und Verbandsstruktur Erstes Kennzeichen des Sportverbandswesens ist der pyrarnidenförmige Aufbau von Sportvereinen und -verbänden. 1 Ein Sportverein als Zusammenschluß sportinteressierter Mitglieder ist selbst korporatives Mitglied im örtlichen Stadt- bzw. Kreissportbund sowie in den Landesfachverbänden der jeweiligen in dem Verein betriebenen Sportarten. Diese Landesfachverbände sind zum einen in Landessportbünden zusammengeschlossen, deren Einzugsbereiche sich grundsätzlich mit den Grenzen der Bundesländer decken. Gleichzeitig sind die Landesfachverbände Mitglieder ihres jeweiligen nationalen Spitzenverbandes, der selbst wiederum ordentliches Mitglied des DSB ist. 2 Daneben sind auch die auf Bundeslandebene bestehenden Landessportbünde Mitglieder des DSB? Zweites Kennzeichen des Sportverbandswesens ist das sog. "Ein-Platz-Prinzip", das unter anderem in § 5 Nr. 2 DSB-Satzung seinen Niederschlag gefunden hat. Es besagt, daß für jedes Bundesland nur ein Landessportbund und für jede Sportart nur ein Spitzenverband in den DSB aufgenommen wird. Ähnlich ist das "EinPlatz-Prinzip" in den Landessportbünden verwirklicht4 und auch in den Statuten der internationalen Fachsportverbände verankert. 5 Dies begründet sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene eine fachlich-räumliche Monopolstellung der Sportverbände. Vieweg, SpuRt 1995,97 (98); Osrnann, SpuRt 1999,228 (229). Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 34. 3 § 5 Nr. 1 DSB-Satzung. 4 Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 108. s Vgl. z. B. § 4 I IAAF-Satzung. I

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Begründet wird dieser Aufbau der Sportverbände und -vereine mit der Notwendigkeit, einheitliche und gleiche Rahmenbedingungen im Sport zu schaffen, um so Wettkampf- und Chancengleichheit gewährleisten zu können. Dieses berechtigte Interesse der Sportverbände hat gleichzeitig zur Folge, daß ein Verein, der nicht in diese Verbandshierarchie eingebettet ist, Schwierigkeiten hat, sich wettkampfmäßig zu betätigen und Mitglieder zu gewinnen. 6 Darüber hinaus bietet der Dachverband Leistungen an, die ohne Mitgliedschaft gar nicht oder nur schwer zu erlangen sind. Dazu zählen z. B. die Informations-, Beratungs- und Versicherungsleistungen der Verbände oder auch von diesen veranstaltete Schiedsrichterschulungen und Trainerlehrgänge.7 Drittes Kennzeichen des Sportverbandswesen ist schließlich die Normierung eines im wesentlichen einheitlichen Verbandsrechtes, das für alle Verbände und Vereine einer Sportart gleichermaßen Geltung beansprucht. 8 Der Verbandsbeitritt eines Vereins bzw. eines in der Verbandspyramide untergeordneten Verbandes erfolgt durch Aufnahmevertrag und begründet ein unmittelbares Mitgliedschaftsverhältnis.9 Mit der Aufnahme anerkennt das Mitglied die Satzung und etwaige Nebenordnungen der Sportorganisation und wird so an dessen Regelwerk gebunden. Gleichzeitig schreiben die Spitzenverbände in ihren Satzungen vor, daß die ihnen angeschlosssenen Landesfachverbände die Verbandsvorschriften des Spitzenverbandes wörtlich oder zumindest sinngemäß in ihre Satzungen übernehmen und ihrerseits die Übernahme für ihre unmittelbaren Mitgliedsvereine verbindlich vorschreiben. 10 Auf diese Weise wird erreicht, daß die sportliche Betätigung flächendeckend durch ein einheitliches Regelwerk in Form von Verbandsrecht geordnet wird. 11 II. Entstehen neuer Sportorganisationen In den letzten Jahren entstanden neue Sportorganisationen, die sich nicht in die soeben beschriebene "herkömmliche" Verbandsstruktur einordnen lassen. Sie existieren vornehmlich im Bereich des Profisports, um dort den aktuellen Bedürfnissen der Sportler und ihrer Sportart Geltung zu verleihen. 1. Deutsche Eishockey Liga Betriebsgesellschaft mbH (DEL)

Im Eishockey erfolgte im Jahr 1997 eine Loslösung von den klassischen vereinsrechtlichen Strukturen durch die Gründung der Deutschen Eishockey Liga BeSummerer; Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 109. Steinbeck, WuW 1996,91 (93). 8 Pfister; SpuRt 1996, 48 ff., der auch die hier möglichen Konfliktsituationen beleuchtet. 9 Summerer; Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 146. IO Vieweg, JuS 1983, 825 (826). II Nicklisch, Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, S. 13. 6 7

A. Die Organisation des Sportgeschehens

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triebsgesellschaft mbH (DEL). 12 Die DEL stellt einen Zusammenschluß der am Ligabetrieb teilnehmenden Clubs dar, diese wie auch die Gesellschaft selbst sind außerordentliche Mitglieder des Deutschen Eishockeybundes (DEB). Im übrigen ist die Ligagesellschaft- im Rahmen des DEB- rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich selbständig. Der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Unternehmenszweck besteht in der Förderung und Entwicklung des berufsmäßig ausgeübten Eishockeysports in Deutschland, insbesondere durch Organisation, Gestaltung und Durchführung des Spielbetriebes im Rahmen der "Deutschen Eishockey Liga". 13 Diese Entwicklung veranschaulicht eine infolge der Komrnerzialisierung und Professionalisierung vornehmlich im Spitzensport beginnende Loslösung von den "klassischen" Vereins- und Verbandsstrukturen, die ihren Ursprung in der Förderung des Amateursports hatten und hierauf auch in der Organisationsform angelegt waren. 2. ATP Tour I WTA Tour

Ein weiteres Beispiel für die Entstehung neuer, an die Bedürfnisse des kommerzialisierten Spitzensports angepasster Sportvereinigungen ist im Tennissport zu finden. a) Entwicklung im 20. Jahrhundert

Im Jahr 1913 gründeten die nationalen Tennisverbände den internationalen Tennisdachverband "International Tennis Lawn Association" (heute "International Tennis Federation" (ITF)), der u. a. die Austragung von Tennisturnieren auf internationaler Ebene organisierte und dessen grundlegendes Prinzip die Amateureigenschaft der Tennisspieler war. 14 Einhergehend mit der im Tennissport stattfindenden Kommerzialisierung und Professionalisierung forderten Tennisspieler, auch als Profisportler zu den Wettkämpfen zugelassen zu werden. Um diesen Bedürfnissen der Spieler gerecht zu werden, organisierte Lamar Hunt in den sechziger Jahren 12 Vgl. hierzu ausführlich Schäfer, in Scherrer, Urs (Hrsg.), Sportkapitalgesellschaften, S. 17 ff. Der damalige Geschäftsführer der DEL Schäfer begründete die Notwendigkeit einer solchen Neustrukturierung mit dem Umstand, daß der im Spitzenmannschaftssport mittlerweile erforderliche Umfang an Investitionen, cash-flow und professionellem Management nicht mehr im Rahmen von ehrenamtlich geführten gemeinnützigen Vereinen zu bewerkstelligen sei. 13 Vgl. § 1 und § 2 des Kooperationsvertrages zwischen dem DEB, der Clubliga und den DEL Clubs, dieser ist zwischenzeitlich durch eine Interimsvereinbarung abgelöst worden, abgedruckt bei Schäfer, in Scherrer (Hrsg.), Sportkapitalgesellschaften, S. 17 (18); Auslöser für die Gründung der Ligagesellschaft war der wirtschaftliche Zusammenbruch der Eishockeybundesliga im Jahr 1994, da acht von zwölf Bundesliga-I-Vereinen die zur Uzenzerteilung erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht nachweisen konnten. 14 Vgl. ausführlich hierzu Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch. 12 Sec. D, S. 885 ff.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

die "World Championship Tennis" (WTC), eine Turnierserie für Profisportler, die diesen eine finanzielle Einkommensquelle bot. Aus Angst, dadurch hochkarätige Spieler zu verlieren, ließ die ITF 1968 erstmals Profispieler an den von ihr organisierten Grand Siam-Turnieren zu. Vier Jahre später gründeten männliche Tennisspieler eine Vereinigung "Association of Tennis Professionals" (ATP), die anfangs in Zusammenarbeit mit der ITF in dem "Men's International Professional Tennis Council" (MIPTC) die internationalen Herrenturniere organisierte. 1990 löste sich die ATP von der ITF und organisierte eine eigene Herren-Tour, die sog. "ATP-Tour". Eine ähnliche Entwicklung fand auch im Damentennis statt: In den siebziger Jahren wurde die "Women's Tennis Association" (WTA) gegründet, die mittlerweile auch eine eigene Damen-Tour, die sog. "WTA-Tour", organisiert. 15 Die ITF selbst ist zwar noch für die Ausrichtung der Grand S1am-Turniere verantwortlich. 16 Die Erstellung der Weltranglisten haben jedoch die ATP bzw. WTA mit der Organisation der großen internationalen Turnierserien übernommen. 17 b) Strukturder WTA-Tour, Inc. (WTA) 18

Die WTA-Tour ist ein Prämienwettbewerb, der im Jahr 1999 55 Turniere in 24 Ländern urnfaßte und für alle weiblichen Tennisspielerinnen offen ist. Verwaltet und organisiert wird die Tour von der WTA, einer gemeinnützigen Vereinigung mit Sitz in den Vereinigten Staaten, deren Mitglieder die Spie1erinnen, die weltweit lizenzierten Turnierausrichter sowie die ITF sind. 19 Die WTA erteilt für die Ausrichtung der einzelnen Turniere an nationale Verbände oder auch Privatpersonen Berechtigungen, die grundsätzlich an den Besitzer (Tournament Ownership") gebunden sind. 20 Die einzelnen Turnierveranstalter bewerben sich um die Austragung eines Turnieres bei der WTA. Diese erteilt dem Bewerber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Berechtigung zur Ausrichtung, wodurch ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen der WTA und dem Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch. 12 Sec. D, S. 887. Süddeutsche Zeitung vorn 25. 11. 99, S. 41. 17 Vgl. hierzu Deutsche Tennis Zeitung 1990, Nr. 3, S. 47. 18 Auf Grund der bestehenden Ähnlichkeit zwischen ATP und WTA werden die Grundstrukturen dieser Sportvereinigungen exemplarisch an der WTA aufgezeigt. Im folgenden wird die Vereinigung WTA-Tour, Inc. nur noch mit "WTA" bezeichnet in Abgrenzung zu der Turnierserie "WTA-Tour". 19 WTA-Tour Rule Book 1999, I. Introduction; früher wurde diese Vereinigung überwiegend als "Spielergewerkschaft" bezeichnet, heute gilt sie als "einzigartige Organisation im Sport", vgl. F.A.Z. Nr. 93 vorn 19. 04. 2000, S. 47 in bezugauf die ATP Tour. 20 So organisiert beispielsweise der DTB ein ATP-Turnier in Harnburg/Rothenbaurn (http://www.dtb-tennis.de), der Privatmann lvan Radosevic hat die Berechtigung zur Austragung eines WTA-Turnieres, das in den letzten Jahren in Leipzig durchgeführt wurde, F.A.Z. vorn 05. 11. 1999, S. 40. 15 16

A. Die Organisation des Sportgeschehens

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zur Turnierdurchführung Berechtigten begründet wird. Hierbei anerkennt der Turnierveranstalter das Regelwerk der WTA und akzeptiert dessen Bestimmungen, die genaue Vorgaben über Gestaltung und Ablauf des Turnieres enthalten. So ist er etwa verpflichtet, den Namen "WTA-Tour" auf werbegeeigneten Materialien einzusetzen und kenntlich zu machen, daß sein Turnier der WTA-Tour angehört. Darüber hinaus umfaßt das Regelbuch genaue Vorschriften beispielsweise über die Beschaffenheit des Tennisplatzes und der Umkleideräume, die Durchführung des Tennismatches einschließlich der Modalitäten der Preisgeldauszahlung bis hin zu der Bereitstellung von Hotelzimmern und Aufenthaltsräumen? 1 Im Fall der Nichtdurchführung des Turnieres verpflichtet sich der Turnierveranstalter, die im WTATour Rule Book bezeichneten Preisgelder an die WTA auszuzahlen sowie entstandene Kosten selbst zu tragen.Z2 Auf der Gegenseite garantiert die WTA dem Lizenzinhaber die Teilnahme bestimmter Spielerinnen an dessen Turnier und verpflichtet sich zur Zahlung einer Entschädigung bei Nichterscheinen dieser Spielerinnen. 23 Durch die vertragliche Bindung der Turnierausrichter an ihr Regelwerk stellt die WTA sicher, daß bei der Durchführung der einzelnen zur Tour gehörenden Turniere einheitliche Bestimmungen gelten und damit eine faire Weltrangliste der einzelnen Spielerinnen ermittelt werden kann?4

3. Professional Golfers Association (PGA)

Im Golfsport existeren in verschiedenen Ländern auf nationaler Ebene Vereinigungen der Profigolfspieler, sog. "Professional Golfers Association" (PGA)?5 Im Gegensatz zum Tennissport besteht allerdings keine internationale Dachvereinigung. Einzig in Europa wurde eine "PGA European Tour" gegriindet, durch die die nationale "PGA Germany" an Bedeutung verloren hat. Zentrale Aufgabe dieser Vereinigungen der Profigolfspieler ist es, Golfturniere zum wirtschaftlichen Nutzen ihrer Mitglieder, der Berufsgolfer, zu fördern, zu organisieren, zu leiten und zu verwalten. 26 Nach dem Regelwerk der "PGA European Tour" werden einzelne 21 Vgl. hierzu die Bestimmungen im WTA-Tour Rule Book 1999, IX. Toumament and WTA Tour Responsibilities I On-Site Personnel, S. 66 ff. und X. Toumament Responsibility I Facility Requirement, S. 75 ff. 22 WTA-Tour Rule Book 1999, V. Toumament Financial Payment, F. No Release, S. 46 f. 23 WTA-Tour Rule Book 1999, III. Player Commitment, Sec. K., S. 36 ff. 24 Die zwischen der einzelnen Spielerin und der WTA bzw. dem einzelnen Turnierausrichter bestehenden Rechtsverhältnisse werden bei der Erörterung der Rechtsstellung des Sportlers unter A.III.3.a. bzw. A.ßl.4.c.bb. dargestellt. 25 Erstmals erfolgte die Gründung der PGA in den Vereinigten Staaten im Jahr 1916, dazu Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch. 12 Sec. B., S. 871. 26 Siehe beispielsweise für die "PGA European Tour": 1999 European Tour, Handbook: General Regulation, Preamble, Nr. 1; für die US-PGA vgl. Martin v. PGA Tour, lnc., 984 F.Supp. 1320 (1323) (D.Or. 1998).

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

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Golfturniere in die Tour aufgenommen, wenn sie von dem entsprechenden nationalen Dachverband vorgeschlagen und vom Vorstand der Tour gebilligt werden. 27 Der Turnierveranstalter ist bei der Durchführung des Turnieres an das Regelwerk der "PGA European Tour" gebunden, dieses enthält Regelungen zur Organisation und zum Ablauf des Turnieres. 28 Insoweit ähneln sich die Spielervereinigungen im Tennis- und Golfsport, allerdings garantiert im Gegensatz zum Profitennis die "PGA European Tour" gegenüber dem Turnierveranstalter nicht die Teilnahme bestimmter Sportler an einem Turnier. 111. Rechtsstellung des Sportlers Die sportliche Betätigung als Grundlage und Mittelpunkt der sportverbandsrechtlichen Regelsetzung wird von dem einzelnen Sportler ausgeführt, er steht somit im Zentrum des organisierten Sportverbandswesen. Um die Frage zu beantworten, ob und inwieweit ein Sportler gegenüber dem Verband I Verein bzw. Veranstalter individuelle Rechtspositionen durchsetzen und damit möglicherweise sogar eine Abänderung der geltenden Regelbestimmungen bewirken kann, müssen zunächst die Rechtsbeziehungen beleuchtet werden, durch die der Sportler in das "System Sport"29 eingebunden ist. 1. Rechtsstellung des Sportlers gegenüber dem Verein

a) Die unmittelbare Mitgliedschaft

In aller Regel sind (Freizeit-)Sportler ordentliche bzw. unmittelbare Mitglieder der Vereine, in denen sie sich sportlich betätigen.30 Im Spitzensport dagegen tritt die Vereinsmitgliedschaft immer mehr in den Hintergrund und wird von anderen privatrechtliehen Rechtsbeziehungen überlagert, die das Verhältnis von Athlet, Wettkampfveranstalter, Sponsor und Verein/Verband bestimmen. Dies hat in den letzten Jahren zu einer steigenden Zahl an Sportlern geführt, die ohne Vereinsbindung am Wettkampfgeschehen teilnehmen. 31

1999 European Tour, Handbook: General Regulation, Preamble Nr. 2. 1999 European Tour, Handbook: C.l. Administration and Conduct of Tournaments I Tournament Administration. 29 So Digel, früherer Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, der von dem "System Sport" spricht, in das der Sportler eintritt und dabei verspricht, die Regeln einzuhalten, F.A.Z. Nr. 27 vom 02. 02. 2000, S. 48. 30 Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 105. 3t BGHZ 128,93 (100). 27

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A. Die Organisation des Sportgeschehens

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b) Gesonderter privatrechtlicher Vertrag

Neben oder auch anstelle einer vereinsrechtlichen Bindung besteht vielfach ein gesonderter privatrechtlicher Vertrag zwischen Sportler und Verein, der den Athleten zu sportlicher Tätigkeit gegen Entgelt verpflichtet. 32 Fritzweiler bezeichnet solche Verträge allgemein als "Sportleistungsverträge"33 in Abgrenzung zur "Sportvereinsmitgliedschaft", aus der alleine derartige schuldrechtliche Leistungsverpflichtungen nicht erwachsen können. 34 Die Rechtsnatur dieses privatrechtliehen Vertrages bestimmt sich nach dem jeweiligen Vertragsinhalt aa) Arbeitsvertrag In den Mannschaftssportarten besteht nach der Rechtsprechung des BAG regelmäßig ein Arbeitsverhältnis zwischen Sportler und anstellendem Verein?5 Die Arbeitnehmereigenschaft hängt davon ab, ob der Spieler aufgrund des mit dem Verein geschlossenen Vertrages seine Leistung in einer für das Arbeitsverhältnis typischen persönlichen, nicht notwendig wirtschaftlichen Abhängigkeit erbringt. Dabei muß jedoch die Weisungsgebundenheit über die im Rahmen einer regulären Vereinsmitgliedschaft ohnehin bestehenden Weisungsbindung hinausgehen. 36 Diese im Bereich des Profifußballs entwickelte und mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des BAG, die vom EuGH bestätigt wurde, 37 hat auch in der Literatur weitgehend Zustimmung erfahren und wurde nur vereinzelt einer Kritik unterzogen.38 Auch außerhalb der Mannschaftssportarten ist der Abschluß eines Arbeitsvertrages mög-

32 In der Fußballbundesliga sind die Fußballspieler der einzelnen Bundesliga-Vereine regelmäßig nicht Mitglieder dieser Vereine, sondern durch einen Arbeitsvertrag an sie gebunden(§ 10 Lizenzspielerstatut), während zwischen Bundesliga-Spieler und DFB eine unmittelbare Bindung nach § 11 Lizenzspielerstatut besteht. 33 Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 7 ff. 34 Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 12. 35 BAG, NJW 1980, 470; OLG Stuttgart, Handbuch Sportrecht 30 47 1; vgl. auch Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 14 ff.; in der Fußballbundesliga sind die Spieler der einzelnen Bundesliga-Vereine regelmäßig nicht Mitglieder dieser Vereine, sondern durch einen Arbeitsvertrag an sie gebunden. 36 BAG AP Nr. 51 zu§ 611 BGB; zu dieser Thematik ausführlich Westermann, in Reschke (Hrsg.), Sport als Arbeit, S. 35 ff. 37 EuGH, Rs. C-415/93 Union Royale Beige des Sociites de Football Association u. a.l Jean Mare Bosman, S1g. 1995 I, 4921. 38 So z. B. Fischer, SpuRt 1997, 181 ff., der sog. Spitzensportler als selbständige Unternehmer und nicht als Arbeitnehmer einstuft. Abgrenzungskriterien zur Bestimmung eines "Spitzensportlers" gegenüber dem "normalen Mannschaftssportler" sieht er in der Höhe der Bezüge des Sportlers im Vergleich zu dem Durchschnitt der betreffenden Mannschaft, in zusätzlichen Einnahmen aus der Vermarktung der individuellen Persönlichkeit sowie einer herausragenden sportlichen Leistungsfahigkeit.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

lieh, entscheidend ist letztlich die inhaltliche Ausgestaltung des privatrechtliehen Vertrages. 39 bb) Dienstvertrag Fehlen die Kriterien, die eine Arbeitnehmereigenschaft begründen, so wird die gegenüber dem Verein begründete vertragliche Verpflichtung des Sportlers, eine Sportleistung gegen Entgeld zu erbringen, als eine Form des Dienstvertrages nach § 611 I BGB eingeordnet. 40 Gemäß § 611 II BGB können Dienste jeder Art Gegenstand eines Dienstvertrages sein. Der konkrete Regelungsgehalt des Vertragsverhältnisses hängt stets von den Umständen des Einzelfalles und den Besonderheiten der einzelnen Sportdisziplinen ab. So kann sich beispielsweise ein Hochleistungssportler verpflichten, am Wettkampfsport teilzunehmen und hierfür ein bestimmtes Training weisungsungebunden zu absolvieren. Als Gegenleistung erhält er von dem Verein als Vertragspartner eine vereinbarte Vergütung. Derartige Vertragsgestallungen sind überwiegend bei Einzelsportarten zu beobachten, in denen der Sportler bei Sportveranstaltungen als Einzelkämpfer auftritt, wie z. B. Tennis, Leichtathletik oder Reiten. Dazu wird man auch das Golfspielen zählen, denn hier trainieren die Sportler in der Regel ebenfalls weisungsungebunden, verpflichten sich selbständig gegenüber dem Veranstalter und regeln Ihre Teilnahme an Turnieren eigenständig.41 Zu unterscheiden davon ist in diesem Zusammenhang der Vertrag, den ein Verein als Veranstalter eines konkreten Wettbewerbes mit einzelnen Sportlern schließt.42 Hier stellt beispielsweise die Vereinbarung eines Startgeldes, das der veranstaltende Verein dem Sportler für seine Teilnahme am Wettkampf zahlt, eine typische Erscheinungsform eines Dienstvertrages nach § 611 BGB dar.43

39 So z. B. ArbG Bielefeld, NZA 1989, 966, das ein Arbeitsverhältnis zwischen einer Tennisspieletin und einem Verein annahm. 40 Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 13; zu den Voraussetzungen eines Dienstvertrages vgl. Soergell Kraft, vor§ 611 BGB Rz. 1 ff. 41 Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 11, 15a. 42 Etwas ungenau in diesem Zusammenhang Fritzweiler, der seine Ausführungen darauf beschränkt, daß der Verein als Veranstalter eines Wettbewerbes auftritt und damit nicht die Fälle unterscheidet, in denen sich der Sportler außerhalb eines von dem Verein veranstalteten Wettbewerbs gegenüber diesem zur Erbringung sportlicher Leistungen gegen Entgelt verpflichtet, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 13, 15a. 43 So z. B. bei dem Golfspieler Tiger Woods, der für seine Teilnahme beim World-Cup der Profigolfer in Kuala Lumpur 1999 ein Antrittsgeld in Höhe von 1,5 Millionen Dollar von den Turnierorganisatoren erhielt, Süddeutsche Zeitung vom 22. 11. 99, S. 44; vgl. auch Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 8 ff. und 13.

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2. Rechtsstellung des Sportlers gegenüber dem Verband

Auf Grund der gewachsenen Strukturen im deutschen Sport ist der einzelne Athlet grundsätzlich zwar ordentliches Mitglied seines Vereins, jedoch nicht auch Mitglied des regelaufstellenden Spitzenverbandes.44 a) Figur der mittelbaren Mitgliedschaft

Um diese Gegebenheit rechtlich zu fassen, wurde die Figur der mittelbaren Mitgliedschaft konstruiert. 45 Eine solche liegt vor, wenn Rechte und Pflichten des Einzelmitglieds gegenüber dem Dachverband begründet werden, ohne daß eine ordentliche Mitgliedschaft zwischen letzterem und dem Athlet besteht. Damit wird den Umständen Rechnung getragen, daß einerseits eine unmittelbare Mitgliedschaft einen erheblichen organisatorischen Aufwand zur Folge hätte. Andererseits kann die für eine chancengleiche Ausübung des Sports notwendige Einheitlichkeit des nationalen sowie internationalen Regelwerkes der Verbände nur dann umgesetzt werden, wenn dieses auch gegenüber dem einzelnen Sportler Geltung erlangt. Über dieses Ergebnis besteht in Literatur und Rechtswissenschaft mittlerweile Einigkeit. 46 Nach dem .,Gebot der mehrfachen Satzungsverankerung" wird das Verbandsrecht für die Einzelmitglieder dann verbindlich, wenn der Dachverband in seiner Satzung bestimmt, welche Regelungen auch für die Einzelmitglieder gelten sollen.47 Ferner muß der Mitgliedsverein satzungsgemäß festlegen, daß die entsprechenden Teile des vom Dachverband gesetzten Rechts auch für seine Einzelmitglieder verbindlich sein sollen und diese Passagen ausdrücklich benennen. 48 Im Sport begegnet die Umsetzung dieser Erfordernisse Schwierigkeiten. Der Eigenart des Sportverbandswesen entspricht es, daß das von dem (internationalen) Fachsportverband gesetzte Regelwerk pyrarnidenförmig bis in die untersten Sportvereine Geltung erlangt und der in diese Verbandshierarchie eingebundene einzelne Verein insoweit keine abweichenden Regeln aufstellen kann. Das Erfordernis der ausdrücklichen Übernahme jeder einzelnen Regelbestimmung ist von den einzelnen Sportvereinen angesichts des Umfangs verbandsrechtlicher Regelwerke jedoch kaum zu bewältigen. Haas/ Prokop, SpuRt 1996, 109 ff. Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 106. 46 Siehe etwa Pfister, SpuRt 1996,48 (49 ff.); Vieweg, SpuRt 1995,97 (98); Haas/ Prokop, SpuRt 1996, 109 f.; Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 105 f. 47 Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 106. 48 Nur so wird dem vom BGH aufgestellten formalen Kriterium Rechnung getragen, wonach die wesentlichen Regelungen für das Mitgliedschaftsverhältnis in der Satzung selbst festgelegt werden müssen, BGHZ 105, 306 (314); Münchener Kommentar/ Reuter, Vor § 21 BGB Rz. 122. 44 45

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b) Vertragliche Untenveifungserklärung

Diesen Besonderheiten im Sport hat der BGH in der "Reiter-Entscheidung"49 Rechnung getragen und verschiedene Möglichkeiten einer vertraglichen UntenverJung des Sportlers unter das Verbandsregelwerk des Spitzenverbandes aufgezeigt:50 Neben dem in der Praxis selten vorkommenden individuell ausgehandelten Einzelvertrag zwischen einem Spitzensportler und dem Verband als Veranstalter besteht die Möglichkeit, daß der Sportler durch seine Meldung zu einem konkreten Wettbewerb konkludent oder ausdrücklich erklärt, daß er die Wettkampf- und Disziplinarordnung des für die betreffende Sportart verantwortlichen Verbandes, nach der der Wettkampf ausdrücklich ausgeschrieben ist, als verbindlich anerkennt. Weiterhin ist eine rechtsgeschäftliche Unterwerfungserklärung darin zu sehen, daß der Sportler bei dem Erhalt einer von ihm beantragten generellen Start- oder Spielerlaubnis versichert, das von dem Verband aufgestellte Regelwerk bei seiner sportlichen Betätigung zu beachten. Damit wird die Geltung des Verbandsregelwerkes auch auf solche Sportler erstreckt, die ohne Vereinszugehörigkeit am organisierten Wettkampfgeschehen teilnehmen wollen. 51 Diese rechtliche Konstruktion, mit der der BGH einerseits den Anforderungen des staatlichen Rechts und andererseits den praktischen Bedürfnissen des organisierten Sports Rechnung getragen hat, ist von der sportrechtlichen Literatur im Grundsatz begrüßt worden. 52 Zwar begründet die Unterwerfungsvereinbarung bzw. -erklärung zugunsten des Sportlers keine unmittelbare Mitgliedschaft im Verband, jedoch verschafft sie ihm eine der Vereinsmitgliedschaft stark angenäherte Stellung mit gegenseitigen Treue- und Fürsorgepflichten. 53 c) Gesonderter privatrechtlicher Vertrag

Der Sportler kann mit dem Verband auch einen gesonderten privatrechtliehen "Sportleistungsvertrag" abschließen, im Rahmen dessen der Athlet sich gegenüber dem Verband verpflichtet, eine bestimmte Sportleistung zu erbringen und als Gegenleistung eine vereinbarte Vergütung erhält. 54 Hierbei handelt es sich um eine im Einzelfall geschlossene privatrechtliche Vereinbarung, die zu trennen ist von dem reinen "Regelanerkennungsvertrag" in Form einer vertraglichen Unterwerfungserklärung. 55 Liegt im Einzelfall eine über diesen Regelanerkennungsvertrag BGHZ 128, 93 ff. BGHZ 128, 93 (104). 51 BGHZ 128, 93 (100). 52 Vieweg, SpuRt 1995,97 (100); Pfister, JZ 1995,464 ff. 53 Haas/Prokop, JR 1998,45 (46); dies., SpuRt 1996, 109 (110); ebenso Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 106. 54 Beispiel für eine solche Rechtsbeziehung ist der Vertrag zwischen Boris Becker und dem Deutschen Tennisbund, aus Fenn, SpuRt 1997, 77 (78). 49

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hinausgehende besondere Rechtsbindung vor, ergeben sich je nach ihrem Inhalt verschiedene Rechte und Pflichten, die über die Einordnung des Vertrages als Arbeits- oder Dienstvertrag entscheiden. 56 d) "Muster-Athletenvereinbarung" des DSB Eine besondere Ausprägung hat die vom BGH entwickelte individualrechtliche Lösung durch die Einführung sog. "Athletenvereinbarungen" erfahren. Der DSB hat eine "Muster-Athletenvereinbarung" erarbeitet, die die Spitzenfachverbände in der jeweiligen Sportart mit ihren Athleten des A-, B- oder C-Kaders vereinbaren. 57 Zielgruppe der Athletenvereinbarung sind solche Sportler, die infolge der Intensität der Inanspruchnahme von Verbandsleistungen in einem besonderem Näheverhältnis zum Verband stehen.58 Der Inhalt derartiger Athletenvereinbarungen regelt die Rechtsstellung des Sportlers im Verhältnis zum Verband umfassend: Neben reinen Sportausübungsregelungen und Bestimmungen z. B. über die Teilnahme am Training und am Wettkampf werden auch Bereiche außerhalb des Wettkampfs von der Vereinbarung umfaßt, so z. B. die Verpflichtung, den Kampf gegen Doping zu unterstützen oder die Bereitschaft, sich an Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu beteiligen. 59 Andererseits werden die Pflichten des Verbandes gegenüber dem Athleten konkretisiert: Ein zentraler Gesichtspunkt ist dabei der Grundsatz der Gleichbehandlung, der u. a. die Wettkampf- und Trainungsförderung durch den Verband beherrschen soll.60 Diskutiert wird die Frage, inwieweit die Verpflichtung des Sportlers gegenüber dem Verband, eine Sportleistung gegen Zahlung einer angemessenen Aufwandsentschädigung zu erbringen, eine über das mitgliedschaftliehe Rechtsverhältnis hinausgehende Sonderbeziehung in Form eines Dienst- oder Arbeitsvertrages begründen kann. Nach Haas61 stellt die Athletenvereinbarung ausschließlich eine 55 Als "Regelanerkennungsvertrag" bezeichnete Pfister bereits vor der "Reiterentscheidung" des BGH die Verträge, durch die ein Sportler das Verbandsregelwerk als verbindlich anerkennt, FS Lorenz, S. 171 (184 f.). 56 So strebt z. B. der DTB einen "leistungsorientierten Davis-Cup-Vertrag" mit dem Profitennisspieler Thomas Haas an, um diesen vertraglich an das Nationalteam zu binden, F.A.Z. Nr. 27 vom 02. 02. 2000, S. 47; als Arbeitsvertrag wurde die vertragliche Bindung zwischen dem Skispringer Andreas Goldherger und dem nationalen Skiverband eingeordnet, LG Ried (als ArbG), SpuRt 1998, 79 ff.; insoweit bestehen keine Unterschiede zu den Ausführungen über den Abschluß eines gesonderten privatrechtliehen Vertrages mit einem Verein, dazu oben Zweiter Teil. A.III.1.b. 57 Vgl. Mustervereinbarung, abgedruckt in: DSB (Hrsg.), Rechte der Athleten, Akademieschrift Nr. 49, S. 35 ff. 58 Haas!Prokop, SpuRt 1996, 109 (110). 59 Athletenvereinbarung des DLV, aus Summerer; Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 161. 60 Haas!Prokop, SpuRt 1996, 109 (112).

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Konkretisierung der mitgliedschaftsähnlichen Rechtsbeziehung dar mit der Folge, daß der Sportler auffreiwillige finanzielle Leistungen des Verbandes keinen durchsetzbaren Anspruch hat. Der Grundsatz der Privatautonomie ermöglicht den Parteien, ihre Rechtsbeziehung entsprechend ihrem Willen zu gestalten. Dies muß grundsätzlich auch dann gelten, wenn die Parteien in einem mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnis stehen. Entscheidend ist jeweils der konkrete Inhalt der getroffenen Vereinbarung. Dieser bestimmt, ob lediglich eine Konkretisierung der mitgliedschaftsähnlichen Rechtsbeziehung oder ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis mit entsprechenden Rechten und Pflichten begründet wurde. 62 3. Rechtsstellung gegenüber Sportlervereinigungen (ATP, WTA, PGA)

a) Rechtsstellung gegenüber der WTA

Die Meldung einer Sportlerin zur Teilnahme an einem der WTA- Tour angehörenden Turnier erfolgt gegenüber der Spielervereinigung WTA durch Zusendung eines von dem Sportler unterschriebenen Meldeformulars. 63 Die WTA prüft die Meldeformulare und entscheidet über die Zulassung entsprechend dem aktuellen Ranking der Bewerberinnen. Im Anschluß daran wird die Sportlerin von der WTA schriftlich über ihre Zulassung informiert und dem Turnierveranstalter das aktuelle Teilnehmerfeld bekanntgegeben.64 Mit der Unterzeichnung des Meldeformulares unterwirft sich die Spielerin dem Regelwerk der WTA und anerkennt es als für sie verbindlich. 65 Dieses Regelwerk begründet Rechte und Pflichten, so beispielsweise die Verpflichtung der Spielerinnen, nach Beendigung der Spiele ein mindestens fünfzehnminütiges Interview zu geben, für Sponsoren- und Medienveranstaltungen zur Verfügung zu stehen, oder auch die Pflicht, sich jährlich einer Gesundheitsuntersuchung zu unterziehen. 66 Darüber hinaus verpflichten sich die anband der aktuBaas/ Prokop, SpuRt 1996, 109 (112). Ebenso Fritzweiler; Praxishandbuch Sportrecht, 3. Teil Rz. 12; vgl. z. B. die ,,Aktivenvereinbarung" im Skisport. 63 WTA-Tour Rule Book 1999, XU. Player Entry and Acceptance Procedures, A. Entry Procedures, S. 113. 64 WTA-Tour Rule Book 1999, XII. Player Entry and Acceptance Procedures, B. Toumament Player Acceptance Lists, S. 114 f. 65 WTA-Tour Rule Book 1999, Code of Conduct, III. Applicability, Nr. 3.2.: Die Bindungswirkung umfaßt den Code of Conduct, die im Rule Book enthaltenen Regelbestimmungen sowie die allgemeinen Tennisregeln. 66 Vgl. WTA-Tour Rule Book 1999, XI. Player Responsibilities, S. 99 ff.; eine entsprechende Regelung ist in dem ATP Tour Official Rulebook 1999 enthalten: Player Code of Conduct/Media Conference, S. 74; siehe auch Süddeutsche Zeitung Nr. 62 vom 15. 03. 2000, "Ohne Worte", S. 42: Der Tennisspieler Andre Agassi mußte $ 1.000 Vertragsstrafe zahlen, weil er während eines ATP-Tumieres in Indian Wells zur Pressekonferenz nach einem Spiel nicht erschienen war. 61

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ellen Weltrangliste zu ermittelnden besten Spielerinnen gegenüber der WTA, eine bestimmte Anzahl von Turnieren der Tour zu spielen.67 Denkbar wäre, daß die WTA bei der Zulassung eines Spielers .zu einem konkreten Turnier als Stellvertreter des jeweiligen Turnierausrichters handelt mit der Folge, daß durch die Zulassung ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen Spielerio und Turnierveranstalter entsteht. Dagegen aber spricht allein der Ablauf des Turnienneldeverfahrens. Die WTA entscheidet selbständig und allein auf Grund der aktuellen Weltrangliste über die Teilnahme einzelner Spielerinnen und setzt den Veranstalter über das Teilnehmerfeld lediglich in Kenntnis. Für die Annahme einer Stellvertretung besteht insoweit kein Raum. Meldung und Zulassung zu einem Turnier begründen vielmehr ein Schuldverhältnis unmittelbar zwischen Spielerio und der WTA. Darüber hinaus besteht eine schuldrechtliche Bindung des Turnierausrichters vor Ort mit der WTA,68 nicht aber zwischen lokalem Veranstalter und den einzelnen Spielerinnen. Eine Ausnahme hiervon bilden Sicherheitsfragen im Verlauf eines Turnieres. Hier bestimmt das Regelwerk ausdrücklich, daß der Turnierveranstalter und die Spielerinnen die passenden Parteien sind, Sicherheitsfragen zu lösen. 69 Im Umkehrschluß läßt sich dieser Bestimmung entnehmen, daß im übrigen eine direkte vertragliche Bindung gerade nicht zwischen dem lokalen Turnierausrichter und der Spielerin, sondern nur gegenüber der WTA begründet wird. 70 Auf diese Weise können Spielerinnen bestehende Rechtsprobleme direkt mit der WTA, deren Mitglieder sie selbst sind, lösen und sind nicht gezwungen, sich mit den einzelnen lokalen Turnierausrichtern in über 20 verschiedenen Ländern auseinanderzusetzen. Damit wird gleichsam der Zweck der Spielervereinigung unterstrichen, die Interessen der Spieler zu fördern und bestehende Konfliktsituationen im internationalen Sportgeschehen umfassend und einheitlich zu lösen.

67 Dies betrifft die ersten 50 Spielerinnen der Weltrangliste, das Rule Book legt Anzahl und Art der zu spielenden Turniere entsprechend dem Ranking der Spielerinnen detailliert fest, vgl. hierzu WTA-Tour Rule Book 1999, III. Player Cornrnitment, S. 15 ff.; bei Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtung statuiert das Regelwerk finanzielle Konsequenzen wie Zahlung einer Geldstrafe und Nichtteilnahme an der Verteilung der Bonus Pool Gelder, vgl. hierzu Ill. A. Nr. 4. und Nr. 5. 68 Zweiter Teil.A.II.2.b. 69 WTA-Tour Rule Book 1999, IX. Tournament and WTA Tour Responsibilities/On-Site Personnel, A. Nr. 1 und Nr. 2, S. 66: "The WTA-Tour has considered Tournarnent security issues and has deterrnined that the Tournarnents and players are the appropriate parties to bear the responsibility for Tournarnent security. Each Tournarnent shall be responsible for providing on-site security for players, Tournarnent staff and officials, and spectators. Players shall cooperate with Tournarnent security measures." 70 Zu dem Rechtsverhältnis zwischen Spielerio und lokalem Turnierausrichter unten, Zweiter Teil. A.III.4.c.

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b) Rechtsstellung gegenüberder "PGA European Tour"

Die Rechtsbeziehungen zwischen Spielern, Turnierausrichtern und der hier beispielhaft herangezogenen "PGA European Tour" als Organisator der Turnierserie gestalten sich im Golfsport grundsätzlich wie im Tennissport, so daß auf obige Ausführungen verwiesen werden kann. 71 Eine bedeutende Abweichung besteht jedoch insoweit, als die "PGA European Tour" gegenüber dem lokalen Turnierausrichter keine Gewähr für die Teilnahme bestimmter Spieler übernimmt, sondern die Rechtsstellung der einzelnen Spieler als unabhängige vertragschließende Partei anerkennt. 72 Allerdings müssen sich die Mitglieder der "PGA European Tour" den Bestimmungen hinsichtlich konkurrierender Wettkämpfe unterwerfen mit der Folge, daß sie an bestimmten Turnieren, die in Konkurrenz zu der "PGA European Tour" stehen, nicht teilnehmen dürfen?3

4. Rechtsstellung gegenüber dem Veranstalter

Abschließend ist auf das Rechtsverhältnis zwischen dem an einem Wettkampf teilnehmenden Sportler und dem Veranstalter dieses Sportereignisses einzugehen. Dies erfordert zunächst eine Definition des Veranstalterbegriffs, bevor die Rechtsbeziehungen des Athleten zu diesem erörtert werden können. Eine allgemeingültige Darstellung ist auf Grund der Unterschiedlichkeit der einzelnen Sportarten schwer möglich, so daß im folgenden nur Grundgedanken formuliert werden können mit Bezug auf einzelne Sportdisziplinen. a) Der Begriff des Veranstalters in der Rechtsprechung

Nach der vom BGH entwickelten Definition ist Veranstalter, "wer in organisatorischer und finanzieller Hinsicht für die Veranstaltung verantwortlich ist, werderen Vorbereitung und Durchführung übernimmt und dabei das unternehmensehe Risiko trägt". 74 Diese Kriterien werden von der Literatur im wesentlichen übernommen.75 Als charakteristisch für die Rechtsposition des Veranstalters gelten vor71

Siehe vorstehend Zweiter Teil. A.III.3.a.

n 1999 European Tour Handbook: "The PGA European Tour recognizes the individual

rights of all Members of the Tour operating as independent contractors. The Tour therefore recognizes and warrants to all Members that at no time does it hold out to toumament Sponsors and I or Promotors the guaranteed appearance or entry of any individual Member." 73 1999 European Tour Handbook, C. Administration and Conduct of Toumaments, Nr. 6 Conflicting events, S. 16. 74 BGH, GRUR 1956,515 (516) ("Tanzkurse"); BGHZ 27, 264 (265 f.) ("Box-Programmheft"); BGH, GRUR 1960, 255 (,,Autoskooter"); BGHZ 39, 352 (354) ("Vortragsabend"). 75 Vgl. etwa Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1420 f.); Jänisch, GRUR 1998, 438 (439); Hausmann, BB 1994, 1089 (1091).

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nehmlich dessen Abwehrrecht nach § 1 UWG sowie ein Hausrecht nach §§ 862, 859 bzw. §§ 903, 1004 BGB als Besitzer oder Eigentümer des Veranstaltungsortes.76 Darüber hinaus ist der Veranstalter originärer Inhaber der Fernsehübertragungsrechte an der von ihm durchgeführten Sportveranstaltung.77 Schwierigkeiten bei der Subsumtion unter den Veranstalterbegriff treten auf, wenn, wie beispielsweise im internationalen Tennissport, die Ausrichtung einzelner Wettkämpfe gleichzeitig Bestandteil einer großen Turnierserie ist, die von einer übergeordneten Vereinigung organisiert wird. In diesem Zusammenhang kommt der Entscheidung des BGH über die Vermarktung der Europapokalheimspiele Bedeutung zu.78 Das Gericht entschied, daß die Lizenzligavereine, die sich am UEFA-Pokal und am Pokal der Pokalsieger mit ihren Mannschaften beteiligen, jedenfalls Mitveranstalter der auf ihrem Platz ausgetragenen Heimspiele sind. Somit könne der DFB nicht als alleiniger Veranstalter von Europapokalheimspielen angesehen werden. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, daß, auch wenn DFB und UEFA den organisatorischen Rahmen für den Wettbewerbfußball schafften, die die Fußballspiele austragenden Vereine wesentliche wirtschaftliche Leistungen für die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte erbringen und auch die notwendige organisatorische Arbeit vor Ort leisten würden. Offen ließ das Gericht die Frage, ob die "am Wettbewerb teilnehmenden Vereine jeweils die marktfähige Leistung alleine schaffen und ob sie demgemäß die alleinigen Inhaber der Vermarktungsrechte sind oder ob mit ihnen weitere Organisationen an der Schaffung dieser Leistung in einer Weise beteiligt sind, daß auch sie an der Vermarktung der Spiele aus eigenem Recht mitwirken können ... ".79 Basierend auf diesen Ausführungen folgerte eine Auffassung in der Literatur, daß mehrere Beteiligte eines professionellen Fußballspiels die Veranstaltereigenschaft erfüllen können und eine Rechtsgemeinschaft nach den Vorschriften der §§ 741 ff. BGB bilden. 80 Das OLG Frankfurt formulierte in einem obiter dictum, daß der internationale Dachverband des Automobilsports (FIA) bei den einzelnen Rennen einer von ihm organisierten Rennserie, dem sog. "European Truck Racing Cup", neben dem Ausrichter vor Ort als Mitveranstalter angesehen werden könne. 81 Zwar sei die FIA maßgebliche "Ausrichterin" und "Erfinderin" der Rennserien, die eigentliche Um76 Vgl. z. B. Wertenbruch, ZIP 1996, 1417 (1420). BGH, ZIP 1990, 949 (953) ("Sportübertragungen"). BGH, SpuRt 1998, 28 ff. (,,Europapokalheimspiele"). 79 BGH, SpuRt 1998, 28 (30). 80 Stopper; SpuRt 1999, 188 (189 ff.): Stopper kommt zu dem Ergebnis, daß der wettbewerbsrechtliche Abwehranspruch aus § 1 UWG die maßgebliche Grundlage des Veranstalterrechts darstellt, und ermittelt in diesem Zusammenhang über eine sog. Wertschöpfungsmethode die Arbeitsanteile der einzelnen Beteiligten, die dann über das Veranstalterrecht entsprechend verwertet werden mit der Folge, daß mehrere wertschöpfende Beteiligte als Veranstalter eine Rechtsgemeinschaft bilden. 81 OLG Frankfurt, SpuRt 1999, 200 (201). 77 78

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

setzung erfolge jedoch nur durch die Beteiligten vor Ort, so daß nach der oben genannten Definition des Veranstalterbegriffes allein der lokale Ausrichter die Veranstaltereigenschaft erfülle. Die Annahme einer Mitveranstaltereigenschaft des Dachverbandes könne jedoch daraus hergeleitet werden, daß die FIA derartige Rennserien einführte, Fachpersonal am Rennort zur Verfügung stelle, die jeweiligen Rennen koordiniere und deren technische Überwachung übernehme.

b) Stellungnahme und Ergebnis

Sowohl die höchstrichterlichen Ausführungen zur Veranstaltereigenschaft der Lizenzligafußballvereine bei Europapokalheimspielen als auch das obiter dieturn des OLG Frankfurt haben die von der Rechtsprechung entwickelte Definition des Veranstalterbegriffs nicht obsolet werden lassen. Grundsätzlich gilt nach wie vor deijenige als Veranstalter, der die wirtschaftliche und organisatorische Verantwortung des sportlichen Ereignisses übernimmt und das finanzielle Risiko trägt. Bei einer Vielzahl sportlicher Ereignisse ist dies der Verein/Verband oder die Privatperson, die die Ausrichtung des Wettkampfes vor Ort in wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Hinsicht übernimmt, so z. B. der örtliche Reitverein, der ein Reitturnier ausschreibt und in eigener Verantwortung ausrichtet. Anders dagegen stellt sich die Situation dar, wenn der einzelne Wettkampf Teil einer Turnierserie ist, die von einem Dachsportverband initiiert und ausgestaltet wird. In diesen Fällen gewinnt das einzelne Turnier dadurch an Bedeutung, daß es Bestandteil dieser von dem Dachverband organisierten Turnierserie ist. Diese Situation besteht beispielsweise bei den von der FIA ins Leben gerufenen Rennserien, die sich aus einzelnen Rennen an unterschiedlichen Orten zusammensetzen: Der internationale Dachverband organisiert und lizenziert das Rennprogramm, die einzelnen Rennen werden entsprechend den von der FIA erlassenen Regeln durchgeführt. Eine ähnliche Situation besteht im Tennissport. Auch hier hat die Dachvereinigung ATP- bzw. WTA eine Tennistour organisiert, die aus einer Vielzahl einzelner Turniere an verschiedenen Orten der Welt besteht. 82 Die einheitliche Durchführung der einzelnen Wettkämpfe wird durch konkrete inhaltliche Vorgaben der Dachvereinigung gewährleistet. Bei der Durchführung des Turnieres trägt jedoch allein der lokale Turnierausrichter das finanzielle Risiko sowie die organisatorische Verantwortung, 83 so daß er nach der oben genannten Definition als Veranstalter des AusfUhrlieh hierzu bereits oben Zweiter Teil. A.II.2.b. Vgl. WTA-Tour Rule Book 1999, V.Toumament Financial Payments F. No Release, S. 46 (financial obligations); IX. Toumament and WTA Tour Responsibilities, A. Toumament, Nr. 3., S. 66 (responsibility for conduct and organization of the Toumament); IX.F. Breach of Toumament Standards of Performance, S. 86 f. (87): Das Regelwerk bestimmt gleichzeitig eine Vertragsstrafe, die der lokale Turnierausrichter bei Nichterfüllung zahlen muß. 82

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Sportereignisses anzusehen ist. Andererseits gewinnt das einzelne Tennisturnier mit seiner Aufnahme in die von der Dachvereinigung organisierte internationale Turnierserie an sportlicher und infolgedessen auch wirtschaftlicher Bedeutung. 84 Insoweit könnte man auch hier überlegen, die Rechtsfigur der Mitveranstaltereigenschaft mehrerer Beteiligter heranzuziehen. 85 Zu bedenken ist, daß dem Ausrichter vor Ort die alleinige Verantwortung in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Art bei der Durchführung der einzelnen Veranstaltung obliegt. Dagegen ist die WTA- bzw. ATP-Tour, Inc. Organisatorin und Koordinatorin der gesamten Tour, die sich aus den einzelnen Turnieren zusammensetzt. Insoweit trägt sie maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg der Tour selbst sowie der einzelnen Turniere bei und erbringt wesentliche wirtschaftliche Leistungen für die Vermarktung der Fernsehübertragungsrechte. Dies begründet auch den Umstand, daß die ATP bzw. WTA Inhaberinnen der Fernsehübertragungsrechte der Tour sind,86 und stützt die Überlegung, eine Veranstaltereigenschaft der Dachorganisation hinsichtlich der Turnierserie als solcher anzunehmen. In bezug auf die Durchführung der einzelnen Turniere vor Ort allerdings ist die Veranstaltereigenschaft der Dachorganisation nach den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Kriterien abzulehnen, vielmehr ist insoweit der jeweilige Ausrichter eines einzelnen Turnieres als lokaler Veranstalter anzusehen. c) Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Athleten und dem Veranstalter eines Wettkampfes

Bereits oben87 wurde festgestellt, daß zwischen Veranstalter und Sportler ein Teilnahmevertrag mit dem Inhalt geschlossen werden kann, daß der Veranstalter dem Sportler für seine Teilnahme ein Entgelt, sog. Startgeld, bezahlt. Im folgenden wird untersucht, wie sich die Rechtsbeziehung zwischen dem in organisatorischer und finanzieller Hinsicht verantwortlichen Veranstalter eines sportlichen Wettkampfes und dem einzelnen Teilnehmer gestaltet, wenn eine derartige vertragliche Vereinbarung nicht abgeschlossen wurde. 88

84 Vgl. z. B. Stuttgarter Zeitung vom 25. 11. 1999 in Zusammenhang mit dem Abzug des 1999 zum letzten Mal in Hannover ausgetragenen ATP-Turnieres: "Der Tennisstandort Deutschland verliert an Bedeutung." 85 Für eine Rechtsgemeinschaft plädierend Stopper, SpuRt 1999, 188 (189 f.). 86 Die ATP-Tour beispielsweise ist Inhaberinder Fernsehübertragungsrechte der Tour, die wichtigsten Turniere werden von einer Schweizer Agentur für die ATP-Tour vermarktet, Süddeutsche Zeitung Nr. 275 vom 27./28. 11. 1998, S. 50; auch die WTA-Tour ist Inhaberinder Fernsehübertragungsrechte, vgl. F.A.Z. vom 21. 02. 2000, S. 48. 87 Zweiter Teil. A.III.l .b.bb. 88 Die Zahlung eines Startgeldes stellt eher die Ausnahme dar und wird grundsätzlich nur mit den Spitzensportlern einer Sportart vereinbart, im Regelfall erhalten die Sportler allein für ihre Teilnahme am Wettkampf kein Entgelt.

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aa) Der sportliche Wettkampf als "Preisausschreiben" nach§ 661 BGB Das Rechtsverhältnis zwischen Athlet und Veranstalter eines Wettkampfes wurde in Rechtsprechung und Literatur mehrmals bereits als ein "Preisausschreiben" nach§ 661 BGB eingestuft. 89 Hierbei handelt es sich um eine Unterart der Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstand hat. Auslobung ist das öffentlich bekanntgemachte Versprechen einer Belohnung für die Vomahme einer Handlung (§ 657 BGB). Die Preisbewerbung nach§ 661 BGB unterscheidet sich von der gewöhnlichen Auslobung dadurch, daß das Versprechen nur gegenüber den Personen erfolgt, die sich um den Preis bewerben, und daß der Anspruch auf die Belohnung nicht schon durch die Leistung des Bewerbers als solche, sondern erst durch die Zuerkennung des Preises entsteht.90 Gegenstand einer Preisbewerbung kann die Lösung von Aufgaben verschiedenster Art sein, dazu zählt auch die Erbringung einer sportlichen Leistung.91 Der Veranstalter legt in der Ausschreibung des Wettkampfes den Gegenstand der Preisbewerbung fest, indem er Art und Umfang der geforderten sportlichen Leistung darstellt. Gleichzeitig bestimmt er den Preis, der einerseits in einem wirtschaftlichen Vorteil bestehen kann, z. B. einem Preisgeld, andererseits aber auch einen ideellen Wert besitzen kann wie z. B. der Erhalt einer Medaille, der Gewinn einer Meisterschaft oder der sportliche Aufstieg. 92 Die Preisbewerbung nach § 661 BGB stellt ein einseitiges Rechtsgeschäft93 dar, aus dem sich verschiedene Rechtswirkungen ergeben. Zum einen verpflichtet sich der Auslobende, d. h. der Veranstalter, demjenigen Bewerber den Preis zuzuerkennen, dessen Leistungen entsprechend den Auslobungsbedingungen die Zuteilung des Preises rechtfertigen. Die Entscheidung darüber, wem der ausgelobte Preis zuzusprechen ist, treffen der Veranstalter oder von ihm benannte Personen, sog. Preisrichter. Der durch die Entscheidung der Preisrichter benannte Bewerber hat somit einen klagbaren Anspruch gegen den Veranstalter als Auslobenden auf Voll89 BGH LM Nr. 2 § 661 BOB (Pferderennen); OLG Köln, VersR 1997, 125 f. (Reitturnier); OLG Frankfurt a.M., SpuRt 1998, 237 ff.; siehe auch Pfister, SpuRt 1998, 221 (223). 90 Staudinger I Wittmann, § 661 BOB Rz. l. 91 Palandt/Sprau, § 661 BOB Rz. 1; Staudinger!Wittmann, § 661 BOB Rz. 2; auch die Motive haben "körperliche Fertigkeiten" als Gegenstand der Auslobung bezeichnet, Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, BD. II, S. 519. 92 Dazu, daß der ausgelobte Preis sowohl materiellen als auch ideellen Wert besitzen kann: RGZ 143, 259 (262); Münchener Kommentar/Seiler, § 657 BOB Rz. 7 m. w. N. Nach § 661 BOB muß darüber hinaus eine Frist für die förmliche Bewerbung bestimmt worden sein und die Aufforderung zur Preisbewerbung öffentlich erfolgen. Die Ausschreibungen sportlicher Wettkämpfe basieren überwiegend auf detaillierten Teilnahme- und Zulassungsvoraussetzungen, so daß sich die Auslobung des Turnierveranstalters grundsätzlich nur an eine begrenzte Personengruppe wendet. Allerdings hat der BGH entschieden, daß bei eingeschränkter Öffentlichkeit zumindest eine entsprechende Anwendung der Auslobungsnonnen erfolgt, BGHZ 17,366 ff.; BGH LM Nr. 2a zu§ 661 BOB. Außerdem hatjeder Sportler die Möglichkeit, entsprechende Teilnahmevoraussetzungen in seiner Person zu verwirklichen, so auch Pfister, SpuRt 1998, 221 (223). 93 Palandt I Sprau, § 657 BOB Rz. 1.

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zug der Entscheidung, d. h. auf Leistung des ihm vom Preisgericht zugesprochenen ausgelobten Preises. 94 Der Grund der Verpflichtung des Auslobenden liegt allein in der verbindlichen Kraft seines einseitigen öffentlichen Versprechens. 95 Darüber hinaus bestehen bestimmte einklagbare Nebenpjlichten: Jeder Bewerber, der die Teilnahmebedingungen der Preisbewerbung erfüllt, kann vom Auslobenden Zulassung zur und Teilnahme an der ausgeschriebenen Konkurrenz, d. h. dem sportlichen Wettkampf, beanspruchen. 96 Darüber hinaus treffen den Veranstalter eines Sportereignisses bestimmte Schutzpflichten für die Teilnehmer, deren Verletzung Schadensersatzanspruche begrunden kann. 97 Fraglich bleibt aber, ob der Gesetzgeber Sportveranstaltungen in ihrer heutigen Erscheinungsform in den Anwendungsbereich des § 661 BGB miteinbeziehen wollte. Als Beispiele eines Preisausschreibens sind vom Gesetzgeber die Lösungen von Aufgaben auf dem Gebiet der Wissenschaft, Kunst und Technik genannt worden.98 Unzweifelhaft werden auch in diesen Lebensgebieten mit der Beteiligung an Wettbewerben, beispielsweise Architektenwettbewerben, oft existenzwichtige Wirtschaftsinteressen verfolgt, so daß der Aspekt der Komrnerzialisierung und Professionalisierung des Sportgeschehens der Anwendung des § 661 BGB nicht entgegensteht. Allerdings muß man auch den Regelungsgehalt des§ 661 II 2 BGB berucksichtigen, nach dem die Entscheidung des Preisgerichts über die Zuerkennung des Preises für die Beteiligten verbindlich ist. Dies hat zur Folge, daß selbst grob unbillige Entscheidungen nicht anfechtbar sind, da deren Überprufung auf ihre sachliche Richtigkeit ausgeschlossen ist. 99 Der Preisspruch ist grundsätzlich nur einer Nachprufung auf schwerwiegende Mängel des Verfahrens zugänglich, die den Inhalt der Entscheidung offensichtlich beeinflußt haben. 100 Die Geltung dieser Bestimmung im monopolartig organisierten Sportverbandswesen erscheint bedenklich. Zwar kann diese Vorschrift der Eigenständigkeil des Sports Rechnung tragen, andererseits darf der einzelne Sportler in der Verbandspyramide nicht völlig rechtschutzlos gestellt werden. Denn er ist auf Grund der monopolartigen Struktur und dem faktischen Mitgliedschaftszwang in der Verbandspyramide auf die Teilnahme an den Wettbewerben und die dort erfolgende Münchener Kommentar I Seiler, § 661 BGB Rz. 13. So die Pollizitationstheorie, der sich auch der Gesetzgeber anschloß, vgl. hierzu Staudinger I Wittmann, Vorbem. zu §§ 657 BGB Rz. 3. 96 Münchener Kommentar I Seiler, § 661 BGB Rz. 9. 97 OLG Köln, VersR 1997, 125 (126). 98 Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. II, S. 523. 99 Staudinger I Wittmann, § 661 BGB Rz. 10. too Münchener Kommentar I Seiler, § 661 BGB Rz. 12: Dariiber hinaus ist nach Seiler eine Überprüfbarkeit auch bei unüberwindlichen Widersprüchen im Entscheidungsinhalt möglich; Staudinger I Wittmann, § 661 BGB Rz. 10: Nach Wittmann erfolgt eine zusätzliche Prüfung der Entscheidung, ob diese in rechtlich unzulässiger Weise herbeigeführt wurde. 94

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Bewertung seiner sportlichen Leistung angewiesen. Hier liegt der Unterschied zu den Wettbewerben in der Kunst, Technik oder Wissenschaft, die der Gesetzgeber vor Augen hatte, da in diesen Lebensbereichen eine dem Sportwesen vergleichbare hierarchische und monopolartige Struktur fehlt. Gleichwohl erfüllen viele sportliche Wettbewerbe die Tatbestandsvoraussetzungen eines Preisausschreibens nach § 661 BGB. Allein der Umstand, daß die rechtlichen Folgen, d. h. die Verbindlichkeit der Entscheidung des Preisgerichts, bei unbesehener Anwendung im Bereich des Sports zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen können, begründet nicht die Unanwendbarkeit des § 661 BGB. Zu überlegen wäre hier möglicherweise, im Rahmen der Anwendung dieser zivilrechtliehen Norm den Besonderheiten des Sportwesens durch eine gewisse Sondergesetzlichkeit Rechnung zu tragen. 101 Von einer schuldrechtlichen Bindung nach § 661 BGB zu trennen sind daneben bestehende Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien, die eine Anwendung der §§ 657 ff. BGB nicht ausschließen: 102 Zum einen kann eine vertragliche Verbindung zwischen Sportler und Veranstalter dergestalt bestehen, daß der Veranstalter dem Athleten für seine Teilnahme am Wettkampf ein Antrittsgeld zahlt. Zum anderen wird durch die rechtsgeschäftliche Unterwerfungserklärung eines Sportlers unter das Regelwerk des Dachverbandes ein mitgliedschaftsähnliches Rechtsverhältnis begründet. 103 Richtet beispielsweise der nationale Dachverband einen Wettkampf aus, z. B. eine deutsche Meisterschaft, kann durch eine Unterwerfungserklärung des Sportlers einerseits ein mitgliedschaftsähnliches Rechtsverhältnis zu diesem Dachverband begründet werden. Daneben können den Verband als Veranstalter des Wettkampfes die Verpflichtungen in seiner Eigenschaft als Auslobender treffen, wenn dieser sich als eine Preisbewerbung i. S. d. § 661 BGB darstellt. Die Reiter-Entscheidung des BGH betraf ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen Sportler und regelaufstellendem Dachverband. 104 Dieser war jedoch nicht Veranstalter des örtlichen Reitturnieres. Auf die rechtliche Beziehung zwischen Sportler und lokalem Veranstalter des Turnieres, die nicht Gegenstand der Entscheidung bildete, sind die soeben dargestellten Grundsätze der Preisbewerbung anzuwenden. 105

Ausführlich hierzu unten Zweiter Teil. B.II.5. BGHZ 17, 366 (369) = BGH, NJW 1955, 1473; Staudinger!Wittmann, Vorbem. zu §§ 657 BGB Rz. 3. 103 Dieses beeinflußt aber nicht das Vorliegen einer Preisbewerbung seitens des jeweiligen Veranstalters. Zum mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnis Zweiter Teil. A.III.2.a. 104 BGHZ 128, 93 ff.: Erstreckung der Satzungsgewalt des Dachverbandes auf den einzelnen Sportler durch eine rechtsgeschäftliche Unterwerfungserklärung. lOS Dazu, daß die Durchführung eines örtlichen Reitturnieres eine Auslobung i. S. d. § 661 BGB darstellt, OLG Köln, VersR 1997, 125 f. 101

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bb) Rechtsverhältnisse bei mehreren Veranstaltern - Beispiel Tennissport Vorstehend wurden bereits die Rechtsbeziehungen in dem Dreiecksverhältnis zwischen Spielerinnen, WTA und Veranstaltern vor Ort skizziert mit dem Ergebnis, daß eine schuldrechtliche Bindung einerseits zwischen WTA und Spielerinnen, andererseits zwischen WTA und dem einzelnen Turnierausrichter besteht. 106 Eine vertragliche Bindung zwischen den Spielerinnen und dem Veranstalter vor Ort wurde dagegen abgelehnt. 107 Dies wirft die Frage auf, ob zwischen diesen Parteien ein Schuldverhältnis in Gestalt einer vorstehend dargestellten Preisbewerbung begründet werden kann, mit der Folge, daß der Sportler beispielsweise einen klagbaren Anspruch gegen den Veranstalter auf Auszahlung des Preisgeldes geltend machen oder Schadensersatz bei der Verletzung gewisser Schutzpflichten fordern kann. 108 Die WTA-Tour teilt die der Tour angehörenden Turniere in verschiedene Kategorien ein, für die sie eine Mindesthöhe des zu gewinnenden Preisgeldes festlegt. Der lokale Veranstalter eines Turnieres ist verpflichtet, diese Mindestsumme an Preisgeld direkt an die Spielerinnen auszuzahlen, darüber hinaus kann er bei der WTA beantragen, ein höheres Preisgeld zu zahlen. 109 Auf diese Weise kann er die Höhe des Preisgeldes beeinflussen, wofür er die alleinige finanzielle Verantwortung trägt. Die Verpflichtung zur Auszahlung entsteht mit der öffentlichen Ausschreibung bzw. Zulassung seines Turnieres zu der Tour, so daß der Veranstalter insoweit als Auslobender i. S. d. §§ 657 ff. BGB auftritt. Allerdings setzt der lokale Turnierausrichter nicht die Auslobungsbedingungen selbst fest, diese werden vielZweiter Teil. A.ll.2.b. sowie III.4.c.bb. In diese Richtung tendierte auch das LG Hamburg, NJW 1997, 2606 (2607), das über eine Klage der Tennisspieleein Monica Seles gegen die Veranstalteein eines Tennisturnieres (ein Wirtschaftsunternehmen des DTB) entscheiden mußte. Diese hatte mit der WIPTC (dem Vorgänger der WTA-Tour) einen Ausrichtervertrag über die Durchführung des Turnieres abgeschlossen. Das Gericht neigte dazu, ein unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen der Spieleein und dem beklagten Veranstalter insbesondere in Form eines SportveranstaltungsTeilnahmevertrages zu verneinen, denn allein die tatsächliche Teilnahme der Spielerinnen mit Wissen und Wollen der Beklagten könne nicht schon konkludent als eine vertragliche Einigung zwischen Veranstalter und Spieleein angesehen werden; vgl. hierzu auch Mohr, SpuRt 1997, 191 ff. 108 Der Umstand, daß, wie oben festgestellt, zwischen Veranstalter vor Ort und Spieleein keine vertragliche Bindung besteht, hindert nicht das Vorliegen einer Preisbewerbung i. S. d. § 661 BOB, denn diese setzt ja als einseitiges Rechtsgeschäft gerade keine vertragliche Bindung voraus, vgl. OLG Köln, VersR 1997, 125 f.: Der Veranstalter eines Reitturnieres hatte in seiner Ausschreibung ausdrücklich erklärt, daß zwischen ihm und den Pferdebesitzern sowie Reitern kein Vertragsverhältnis zustande komme. Das Gericht verneinte daraufhin das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Veranstalter und dem klagenden Turnierteilnehmer, bejahte aber das Vorliegen einer Auslobung i. S. d. § 661. 109 Vgl. WTA-Tour Rule Book 1999, V. C. Toumaments Paying Prize Money in Excess of the Minimum Prize Money Level, S. 40 sowie XIV. Prize Money, S. 153: "The Tournarnent shall be responsible for distribution of the Prize Money consistent with all the laws concerning withholding taxes. The Prize Money shall be distributed directly to the players." 106

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mehr durch das Regelwerk der WTA-Tour bestimmt. Auch entscheidet nicht der Veranstalter vor Ort, sondern die Dachorganisation über die Zulassung der Spielerinnen zu einem Turnier. Dies beruht auf der Besonderheit, daß das einzelne Turnier Teil einer von der WTA organisierten Turnierserie ist. Die Privatautonomie läßt jedoch durchaus zu, daß der Auslobende nicht selbst die Auslobungsbedingungen festsetzt, sondern diese von einem Dritten übernimmt und den Wettkampf in Einklang mit diesen Bestimmungen ausführt. Als Auslobenden treffen den lokalen Turnierveranstalter unter anderem gewisse Schutzpflichten gegenüber den Bewerbern. 110 Dies entspricht den Bestimmungen des Regelwerkes der WTA-Tour, in denen ausdrücklich festgestellt wird, daß Sicherheitsfragen zwischen den Spielern und dem Veranstalter zu regeln sind.111 5. Kollisionsrechtliche Anknüpfung bei internationalen Sportereignissen

Zentrale Ausprägung des internationalen Sportgeschehens stellt neben einer von internationalen Dachorganisationen vorgegebenen einheitlichen Regelsetzung die Veranstaltung internationaler Sportereignisse dar, die einen Bezug zu Rechtsordnungen verschiedener Staaten aufweisen. Aus deutscher Sicht ist das materiell anwendbare Recht anhand der Kollisionsnormen des EGBGB zu bestimmenden (Art. 3 EGBGB). Da die Rechtsbeziehungen zwischen Sportler, Dachverband und Veranstalter entsprechend der internen Organisationsform einer Sportart variieren, werden im folgenden verschiedene Konstellationen unterschieden und an diesen die Grundlagen einer kollisionsrechtlichen Anknüpfung im internationalen Sport aufgezeigt. a) Anknüpfung bei unmittelbarer Mitgliedschaft in einer (internationalen) Sportvereinigung

Wie vorstehend erörtert, existieren vornehmlich in professionell ausgeübten (Einzel-)Sportarten sog. Spielerorganisationen, in denen die Athleten selbst unmittelbare Mitglieder sind. Beispielhaft ist die Dachvereinigung "WTA Tour, Inc." zu nennen, die den internationalen Wettkampfbetrieb der Damen im Tennis organisiert. 112 Die unmittelbare Mitgliedschaft ist Grundlage für die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Sportler und Vereinigung, im Rahmen dessen auch Vgl. oben Zweiter Teil. A.III.4.c.aa.; OLG Köln VersR 1997, 125 (126). WTA-Tour Rule Book 1999, IX. Toumament and WTA Tour Responsibilities/On-site Personnel, S. 66: "The WTA-Tour has considered Toumament security issues and has determined that the Toumaments and players are the appropriate parties to bear the responsibility for Toumament security measures."; hierzu bereits oben Zweiter Teil.A.III.3.a. 112 Ausführlich hierzu oben Zweiter Teil.A.II.2. und A.III.3.; gleiches gilt für die Spielervereinigung der Männer im Tennis, die ATP, sowie die PGA im professionellen Golfsport 110

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Vereinbarungen über Rechte und Pflichten bei der Durchführung der Turnierserie "WTA Tour" getroffen werden. In einer Gesamtschau ist diese Rechtsbeziehung als mitgliedschaftsrechtlich geprägte zu qualifizieren, so daß kollisionsrechtlich an das Gesellschaftsstatut anzuknüpfen ist. 113 Dieses bestimmt, "unter welchen Voraussetzungen die juristische Person entsteht, lebt und wieder untergeht" 114 und umfaßt die Organisation der Gesellschaft, zu der unter anderem die satzungsrechtlichen Bestimmungen über Rechte und Pflichten der Organe und Mitglieder zählen.115

aa) Bestimmung des Gesellschaftsstatuts nach der Sitztheorie Über die Ermittlung des maßgeblichen Gesellschaftsstatuts herrscht ein Streit, bei dem sich die sog. Gründungstheorie und die Sitztheorie gegenüberstehen. Während die Gründungstheorie an das Recht anknüpft, nach dem die Gründer die juristische Person errichtet haben, 116 beurteilt die Sitztheorie die Rechtsbeziehungen einer juristischen Person nach dem Recht des Staates, in dem der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung liegt. 117 In Deutschland hat sich ebenso wie in Frankreich, Belgien, Luxemburg und Österreich die Sitztheorie durchgesetzt, so daß nach deutschem Kollisionsrecht zur Bestimmung des maßgeblichen Gesellschaftsstatus an den Sitz der tatsächlichen Hauptverwaltung anzuknüpfen ist. 118 Im Fall der oben erwähnten Spielervereinigung "WTA Tour, Inc." wäre somit das Recht des Bundesstaates Connecticut anzuwenden, da die juristische Person dort ihren Verwaltungssitz innehat. Die Zulässigkeit einer solchen kollisionsrechtlichen Anknüpfung gemäß der Sitztheorie ist allerdings durch die Centros-Entscheidung des EuGH in Frage gestellt worden. 119

113 Staudinger/Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, Rz. 12, 106 ff.; Münchener Kommentar I Ebenroth, Nach Art. 10 EGBGB Rz. 119. 114 BGHZ 25, 134 (144). 115 Kropholler, Internationales Privatrecht, § 55 II., S. 495; v. Hojfmann, Internationales Privatrecht, § 7 Rz. 23 ff. ; ausführlich Münchener Kommentar/ Ebenroth, Nach Art. 10 EGBGB Rz. 244 ff. 116 Staudinger I Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, Rz. 27 f.; Münchener Kommentar/ Ebenroth, Nach Art. 10 EGBGB Rz. 143 ff. m. w. N. 117 BGHZ 97, 269 (271); Kropholler, Internationales Privatrecht, S. 456 ff.; Kegel, Internationales Privatrecht,§ 17 II, S. 413 ff.; Staudinger/Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, Rz. 22 ff. 118 Die Gründungstheorie dagegen hat sich im anglo-amerikanischen Bereich sowie Dänemark, Irland, Schweden, Norwegen, Finnland und den Niederlanden durchgesetzt, Werlauff, ZIP 1999, 867 (874). 119 EuGH, Rs. C-212/97 Centros Ltd. V. Erhvervs-og Selskabsstyrelsen, EuZW 1999, 216.

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bb) Auswirkung der Centros-Entscheidung des EuGH auf die Sitztheorie In seinem Urteil vom 9. 3. 1999 hat der EuGH zur Ausübung der in Art. 43 (ex Art. 52) EG normierten gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit durch Gesellschaften Stellung genommen. 120 Danach verstößt " ... ein Mitgliedsstaat, der die Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft verweigert, die in einem anderen Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, rechtmäßig errichtet worden ist, aber keine Geschäftstätigkeit entfaltet, ... gegen Art. 52 und Art. 58 EGV, wenn die Zweigniederlassung es der Gesellschaft ermöglichen soll, ihre gesamte Geschäftstätigkeit in dem Staat auszuüben, in dem diese Zweigniederlassung errichtet wird ...". 121 Diese Entscheidung löste eine heftige Diskussion in der Literatur aus, in deren Zentrum insbesondere die Auswirkungen des Urteils auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung nach der Sitztheorie stehen. So wird die Meinung vertreten, daß mit der Entscheidung des EuGH die Unzulässigkeit der Sitztheorie zur Bestimmung des Gesellschaftsstatuts festgestellt worden sei und diese im Rahmen des internationalen Gesellschaftsrechts der Mitgliedsstaaten keine Anwendung mehr finden könne. 122 Eine derart weitreichende Interpretation des Urteils vermag jedoch nicht zu überzeugen. Vielmehr ist eine Differenzierung zwischen der Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat errichteten Gesellschaft zur Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Niederlassungsfreiheit und der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts durch die einzelnen Mitgliedstaaten vorzunehmen. 123 Auf letztere entfaltet das Urteil selbst keine unmittelbare Auswirkungen, denn Gegenstand der Entscheidung war allein die Auslegung der Grundfreiheit des Art. 43 (ex-Art. 52) i.V.m. Art. 48 (ex-Art. 58) EGV. 124 Da die in den Rechtsstreit involvierten Mitgliedstaaten Dänemark und England beide die Gründungstheorie vertreten, mußte der EuGH zu der Frage der Vereinbarkeit der Anknüpfung an den effektiven Verwaltungssitz mit dem Gemeinschaftsrecht auch keine Stellung nehmen. 125 Jedoch läßt das Urteil die Tendenz und Intention des

12o Gemäß Art. 48 (ex-Art. 58) EG stehen Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats gegründet wurden und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gerneinschaft haben, den natürlichen, vom Anwendungsbereich des Vertrages erfaßten Personen gleich und können sich somit ebenso wie diese auf die Grundfreiheiten wie etwa die Niederlassungsfreiheit berufen. 121 EuGH, Rs. C-212/97 Centras Ltd. V. Erhvervs-og Selskabsstyrelsen, EuZW 1999, 216. 122 Sandrock, BB 1999, 1337 (1340); Sedemund/Hausmann, BB 1999, 810; Werlauff, ZIP 1999, 867 (874 f .); Meilicke, DB 1999,625 (627). 123 Roth, ZIP 1999, 861 (862); Sonnenberger/Großerichter, RIW 1999, 721 (726); vgl. Freitag, EuZW 1999, 267 (268). 124 Darauf hinweisend Behrens, IPrax 1999, 323 (331). 125 Hinzu kommt, daß der EuGH in der Entscheidung Daily Mail noch davon ausgegangen war, daß die Frage der Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten überlassen sei, EuGH Rs. 81/87 Daily Mail, Slg. 1988, 5505 (5512, Rz.23), vgl.

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EuGH erkennen, im internationalen Rechtsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Gründungstheorie den Vorrang einzuräumen, so daß die weitere Anwendung der Sitztheorie in Frage gestellt ist. 126 Zwar betrifft dies unmittelbar nur das Verhältnis der Mitgliedstaaten, jedoch würde eine unterschiedliche Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts gegenüber Mitgliedstaaten und Drittstaaten aus Gründen der inneren Entscheidungsharmonie bedenklich erscheinen. 127 b) Anknüpfimg bei vertraglicher Rechtsbeziehung zwischen Sportler und (internationalem) Verband

Im Gegensatz zu den vorstehend erörterten Spielervereinigungen 128 erwirbt der einzelne Sportler innerhalb der pyramidenförrnigen Verbandsstruktur grundsätzlich keine unmittelbare Mitgliedschaft in einer Dachvereinigung. Eine rechtliche Bindung an diese entsteht allein auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung, deren Qualifikation im Hinblick auf die kollisionsrechtliche Anknüpfung Bedeutung gewinnt. aa) "Regelanerkennungsvertrag" Die Qualifikation des "Regelanerkennungsvertrages" ist in der Literatur umstritten. Wahrend teilweise eine vertragliche Qualifikation vorgeschlagen wird, 129 begründet nach überwiegender Ansicht der Literatur die Unterwerfungsvereinbarung ein mitgliedschaftsähnliches Rechtsverhältnis mit der Folge, daß kollisionsrechtlich über das Gesellschaftsstatut an den Sitz des Verbandes anzuknüpfen ist. 130 Der zentrale Inhalt des "Regelanerkennungsvertrages", der in der Eingliederung des Sportlers in eine fremdbestimmte Organisation besteht und nicht zu einer Leistung oder einem Leistungsaustausch zwischen den Parteien führt, spricht gegen die Annahme einer vertraglichen AnknüpfungY 1 Auch der BGH hat in der "Reiter-Entin diesem Zusammenhang auch Ebke, JZ 1999,656 (658) sowie Sonnenberger/Großerichter, RIW 1999, 721 (726). 126 Ebke, JZ 1999, 656 (661): ,,Die Sitztheorie ist und bleibt daher nur eine Theorie auf Zeit."; Roth, ZIP 1999, 861 (863); Geyrhalter, EWS 1999, 201 (203); Freitag, EuZW 1999, 267 (269); auf die durch Centros entstandene Rechtsunsicherheit hinweisend Sonnenherger I Großerichter, RIW 1999,721 (732). 127 Ebenso Geyrhalter, EWS 1999, 201 (203). 128 Hierzu vorstehend Zweiter Teii.A.III.5.a. 129 Pfister, Handbuch des Sportrechts, 6. Teil Rz. 30. 130 Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. l (34 ff.); Haas I Prokop, JR 1998, 45 (52); Reuter, in ders., Einbindung des nationalen Sportrechts in internationale Bezüge, S. 53 (59 f.); ausführlich Summerer, Internationales Sportrecht vor dem staatlichen Richter, S. 118 ff. 131 Hierauf hinweisend etwa Reuter, DZWiR 1996, l (v). 4*

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scheidung" festgestellt, daß die Unterwerfungsvereinbarung in erster Linie auf die "Aufstellung von Normenwerken sozial-organisatorischer Natur" ziele, und somit eine vereinsrechtliche Qualifizierung nahe gelegt. 132 Von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des Rechtsverhältnisses zu trennen ist die Überlegung, mit welchem Verband der Athlet eine mitgliedschaftsähnliche Rechtsbindung begründet. Veranstaltet beispielsweise der nationale Dachverband einen internationalen Wettkampf, erfolgt die Unterwerfungserklärung des teilnehmenden Sportlers regelmäßig nur gegenüber dem veranstaltenden nationalen Verband, so daß ein mitgliedschaftsähnliches Verhältnis zwischen diesen Parteien begründet wird. 133 Hier überzeugt das Argument von Heß, daß bereits über den Regelanerkennungsvertrag mit dem "lokalen" Veranstalter das Regelwerk des Spitzenverbandes Geltung erlangt. 134 Eine Rechtsbeziehung zum internationalen Dachverband kommt dagegen in Betracht, wenn dieser selbst Veranstalter eines Wettkampfes ist und die Unterwerfungserklärung des Sportlers unmittelbar gegenüber dem internationalen Verband abgegeben wird. 135 bb) Sonstige vertragliche Rechtsverhältnisse Neben der Begründung eines mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnisses durch den ,,Regelanerkennungsvertrag" können weitere schuldrechtliche Bindungen zwischen Dachverband und Sportler bestehen, die einer gesonderten Prüfung unterliegen. Zu denken ist hier etwa an einen "Sportleistungsvertrag", durch den der Sportler sich verpflichtet, unter bestimmten Konditionen gewisse sportliche Tätigkeiten zu erbringen und als Gegenleistung eine finanzielle Vergütung oder andere geldwerte Vorteile erhält. 136 Grundsätzlich sind derartige Rechtsverhältnisse vertraglich anzuknüpfen mit der Folge, daß bei fehlender Rechtswahl gemäß Art. 28 II EGBGB das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringt, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist der Athlet verpflichtet, eine sportliche Tätigkeit gegen Entgelt zu erbringen, erhält der Vertrag den Charakter eines Dienstvertrages, im Rahmen dessen im allgemeinen das Erbringen der geforderten Tätigkeit die charakteristische Leistung darBGHZ 128, 93 (101). Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (34 f.); a.A. Adolphsen, IPRax 2000, 81 (87), demzufolge unabhängig von der Veranstaltereigenschaft eine mitgliedschaftsähnliche Rechtsbeziehung zu dem internationalen Dachverband begründet wird; ebenso Haas I Prokop, JR 1998, 45 (51). 134 Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (36, Fn. 172). 135 So etwa bei den Olympischen Spielen, ausführlich hierzu Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (37 f.). 136 Ausführlich zum Inhalt derartiger Sportleistungsverträge oben Zweiter Teil.A.III.l.b. und 2.b. /c. 132 133

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stellt, 137 so daß das Recht des Landes anzuwenden ist, in dem der Sportler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob ähnlich dem "Regelanerkennungsvertrag" auch die zusätzlich zwischen Sportler und Verband bestehenden vertraglichen Bindungen eine eher vereinsrechtliche Prägung aufweisen und infolgedessen das anwendbare Recht über eine akzessorische Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut ermittelt werden sollte. Diese Überlegung könnte mit dem Argument der Rechtssicherheit begründet werden: Zum einen ist der gewöhnliche Aufenthalt bei international aktiven Sportlern nicht immer eindeutig zu bestimmen, zum anderen würde die gesamte Rechtsbeziehung zwischen Sportler und Verband einer einheitlichen Rechtsordnung unterliegen. Durch eine Abweichung von dem Grundsatz der vertraglichen Anknüpfung erfolgt eine Differenzierung zwischen dem Verband als Vertragspartner des Sportlers und einem außerhalb der Verbandspyramide stehenden Dritten, dessen Rechtsverhältnis zu dem Athleten unzweifelhaft vertraglich zu qualifizieren ist. 138 Infolgedessen stellt sich die Frage, worin die Begründung einer solchen unterschiedlichen Anknüpfung liegen könnte. Da die Geltung einer einheitlichen Rechtsordnung im Verhältnis Verband - Sportler jederzeit durch eine Rechtswahl (Art. 27 EGBGB) zu erreichen ist, kommt allenfalls der Inhalt der vertraglichen Vereinbarung als Legitimation einer anderweitigen Anknüpfung in Betracht. Bedenkt man in diesem Zusammenhang, daß Sportler sich gegenüber dem Verband beispielsweise verpflichten, bei bestimmten Sportereignissen anzutreten, um auf diese Weise die Vermarktung der Veranstaltung zu verbessern, 139 unterscheidet sich dieser Vertragsinhalt nicht wesentlich von Sportleistungsverträgen, die Athleten mit außerhalb der Verbandspyramide stehenden Dritten abschließen. Eine vereinsrechtliche Prägung ist dieser Rechtsbindung nicht mehr immanent, vielmehr überwiegt insoweit der Leistungsaustausch als Ausfluß des kommerzialisierten Sportgeschehens und legt insoweit eine vertragliche Anknüpfung nahe. 140 Hinzu kommt, daß infolge der Centros-Rechtsprechung eine akzessorische Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut nur sehr zurückhaltend in Betracht gezogen werden sollte. Eine Aufgabe der Sitztheorie würde zu einem "Vakuum der Schutzmechanismen"141 führen, da die Gründer einer Gesellschaft in Übereinstimmung Münchener Kommentar I Martiny, Art. 28 EGBGB Rz. 32. Pfister, Praxishandbuch Sportrecht, 6. Teil Rz. 19. 139 Ein weiteres Beispiel ist die verbindliche Erklärung der Athleten, das Ansehen des Verbandes in der Öffentlichkeit zu stärken, indem sie sich bereitwillig an Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit beteiligen, so etwa die Athletenvereinbarung des DLV für Kaderathleten, aus Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 161. 140 Darin besteht der maßgebliche Unterschied zu dem "Regelanerkennungsvertrag", dessen Inhalt gerade nicht auf einen Leistungsaustausch, sondern auf die Einordnung in eine fremde Organisation gerichtet ist, vgl. Reuter, DZWiR 1996, 1 (5). 141 So Geyrhalter, EWS 1999, 201 (203); vgl. auch Sonnenberger/Großerichter, RIW 1999, 721 (732). 137

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

mit der Gründungstheorie zur Errichtung der juristischen Person eine Rechtsordnung wählen könnten, die die für sie günstigsten Rahmenbedingungen besitzt. 142 Infolgedessen könnten etwa Dachverbände einen Gründungsstaat wählen, dessen Rechtsordnung nur eingeschränkte Mechanismen zum Schutz der diesen Vereinigungen gegenüberstehenden Rechtssubjekten gewährleistet. Gerade im Bereich des Sports jedoch erfordert die monopolartige Verbandsstruktur einen umfassenden Schutz der individuellen Rechtsposition des Athleten. Dieser könnte bei einer akzessorischen Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut durch eine entsprechende Wahl des Gründungsstaates außer Kraft gesetzt oder zumindest eingeschränkt werden. Somit sind Rechtsverhältnisse zwischen Verband und Sportler grundsätzlich dann vertraglich anzuknüpfen, wenn die Kommerzialisierung des Sportgeschehens Grundlage der vertraglichen Bindung darstellt und infolgedessen der Leistungsaustausch zwischen den Vertragsparteien im Vordergrund steht. Eine vereinsrechtliche Qualifikation kommt dagegen in Betracht, wenn die Vereinbarung das Ziel verfolgt, den Athleten in die verbandsrechtliche Organisationsstruktur einzubinden. In diesem Fall bildet die Unterstellung der sportlichen Tätigkeit des Athleten unter das einheitliche Regelwerk des Verbandes den zentralen Regelungsgegenstand des Rechtsverhältnisses. 143

c) Anknüpfung der Rechtsbeziehung zwischen Sportler und lokalem Veranstalter

Abschließend ist die Anknüpfung der Rechtsverhältnisse zu erörtern, die zwischen dem lokalen Veranstalter eines internationalen Sportereignisses und den teilnehmenden Athleten bestehen. Zu unterscheiden ist zunächst der Inhalt der rechtlichen Bindung: Treffen Sportler und Veranstalter beispielsweise eine Vereinbarung, wonach der Athlet für seine Teilnahme an dem Wettkampf ein Antrittsgeld erhält, wird eine vertragliche Bindung begründet, die den Charakter eines Dienstvertrages aufweist. 144 Verpflichtet sich der Veranstalter dagegen in einer einseitigen Erklärung, ein konkretes Preisgeld für die Erbringung einer bestimmten sportlichen Leistung auszuzahlen, liegt insoweit ein einseitig verpflichtendes Rechtsgeschäft vor, das die Tatbestandsmerkmale eines "Preisausschreibens" gemäß § 661 BGB erfüllt.I45 142 Zur Problematik sog. "Oasen-Gesellschaften" Roth, ZIP 1999, 861 (863 f.) m. w. N. 143 In diese Richtung auch Pfister, Praxishandbuch Sportrecht, 6. Teil Rz. 20, 33 f., der

eine "akzessorische" Anknüpfung an das Verbandsstatut in Betracht zieht, wenn der Vertrag zwischen Mitglied und Verband einen "mitgliedschaftsbezogenen" Inhalt aufweist, im übrigen aber eine individuelle Anknüpfung nach dem Vertrags- bzw. Deliktsstatut befürwortet. 144 Zum Vorliegen eines solchen "Teilnahmevertrages" oben Zweiter Teil.A.Ill.4.c. 145 Ausführlich zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 661 BGB oben Zweiter Teil. A.Ill.4.c.aa.

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Grundsätzlich werden derartige Rechtsverhältnisse vertraglich über Art. 27, 28 EGBGB angeknüpft. In den Fällen, in denen etwa ein nationaler Dachverband einen internationalen Wettbewerb ausrichtet, könnte man wiederum die Überlegung aufgreifen, eine akzessorische Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut vorzunehmen. Eine solche ist jedoch aus vorstehend erörterten Gründen im allgemeinen abzulehnen: 146 Zum einen spricht der Schutz der Rechtsstellung des Athleten gegen eine akzessorische Anknüpfung. Darüber hinaus besteht der Inhalt der rechtlichen Bindung primär darin, eine sportliche Tätigkeit oder einen sportlichen Leistungserfolg durch die Zahlung eines Antrittsgeldes bzw. die Zuerkennung des Preisgeldes zu würdigen. Insoweit weisen derartige rechtliche Bindungen eine größere Nähe zu einer Austauschbeziehung als zu einem mitgliedschaftlieh geprägten Rechtsverhältnis auf. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn ein Verein oder Verband einen Wettkampf veranstaltet, bei dem der ausgelobte Preis einen ausschließlich ideellen Wert besitzt wie etwa den sportlichen Aufstieg innerhalb des verbandsintern organisierten Wettkampfbetriebes. In diesem, bei internationalen Sportereignissen wohl recht selten vorkommenden Fall könnte auf Grund des engen Bezugs zur verbandsrechtlichen Organisationsform eine akzessorische Anknüpfung an das Gesellschaftsstatut in Betracht gezogen werden. Jedenfalls ist eine akzessorische Anknüpfung ausgeschlossen, wenn ein außerhalb der Verbandspyramide stehender Dritter einen Wettkampf veranstaltet. 147 Diese Situation besteht beispielsweise im professionellen Tennissport. 148 Das zwischen Wettkampfteilnehmer und lokalem Veranstalter begründete Rechtsverhältnis weist keine mitgliedschaftliehe Prägung auf, so daß eine vom Gesellschaftsstatut losgelöste kollisionsrechtliche Anknüpfung vorzunehmen ist. Regelmäßig sind sonach zwischen Veranstalter und Teilnehmer bestehende Rechtsverhältnisse vertraglich zu qualifizieren. Besteht zwischen Veranstalter und Athlet ein "Teilnahmevertrag", der den Charakter eines Dienstvertrages aufweist, ist bei fehlender Rechtswahl gemäß Art. 28 II EGBGB grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Sportler im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 149 Dies hätte zur Folge, daß die einzelnen Verträge, die ein Veranstalter anläßlich eines konkreten Sportereignisses mit Sportlern aus verschiedenen Ländern abschließt, verschiedenen Rechtsordnungen unterliegen würden. Daher wird vorgeschlagen, über Art. 28 V EGBGB eine engere Bindung des Vertrages mit dem Veranstaltungsort anzunehmen und eine einheitliche Anknüpfung gleichartiger Verträge an das Recht des Veranstaltungsorts vorzuneh-

146

Siehe Zweiter Teil.A.III.5.b.bb.

147

Pfister, Praxishandbuch Sportrecht, 6. Teil Rz. 19.

Im einzelnen hierzu oben Zweiter Teil.A.lll.4.c.bb. Hierzu bereits oben Zweiter Teil.A.Ill.5.b.bb.; nach Pfister erbringt der Sportler jedenfalls dann die charakteristische Leistung i. S. d. Art. 28 ll EGBGB, wenn er seine sportliche Leistung in erster Linie wegen des für diese gewährten Entgelts erbringt, siehe im einzelnen Praxishandbuch Sportrecht, 6. Teil Rz. 41-43. 148 149

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

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men. 150 Diese Überlegung überzeugt auch unter dem Gesichtspunkt, daß die Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts international aktiver Hochleistungssportler oft Probleme aufweisen wird. Zum einen verfügen Athleten im Spitzensport teilweise über mehrere Wohnsitze in verschiedenen Staaten, an denen sie sich abwechselnd aufhalten. Darüber hinaus reisen sie zumindest während der Saison von einem Wettkampfort zum nächsten oder verbringen längere Zeit in Trainingslagern, so daß die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts als der "aus den tatsächlichen Verhältnissen ersichtliche Daseinsmittelpunkt" 151 jedenfalls eine gewisse Rechtsunsicherheit in sich birgt. Dagegen ist der Veranstaltungsort ein klar bestimmbares Anknüpfungsmoment und bildet das ,,Zentrum, auf das alle Verträge ausgerichtet sind" 152 und in dem die sportliche Leistung als prägendes Kernelement der Vereinbarung zu erbringen ist. 153 Eine einheitliche Anknüpfung an den Veranstaltungsort über Art. 28 V EGBGB erscheint somit dann sinnvoll, wenn ein Vertragsverhältnis ausschließlich in bezug auf die Durchführung eines konkreten Sportereignisses begründet wurde. Gleiches gilt für einseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte des Veranstalters, die etwa die Tatbestandsvoraussetzungen einer Preisbewerbung erfüllen. 154 Zwar kommt grundsätzlich bei fehlender Rechtswahl gemäß Art. 28 II EGBGB das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Veranstalter als Auslobender und damit Erbringer der charakteristischen Leistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seine Hauptverwaltung hat. 155 Dadurch wäre die Geltung einer einheitlichen

150

Pfister, Praxishandbuch Sportrecht, 6. Teil Rz. 42.

Im Hinblick auf Art. 36 EGBGB ist eine autonome Auslegung des Begriffs geboten, welcher vorn EVÜ nicht näher definiert wird, Soergellvon Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rz. 61; der gewöhnliche Aufenthalt muß von gewisser Dauer sein und es müssen weitere Beziehungen insbesondere in beruflicher oder familiärer Hinsicht bestehen, der BGH spricht in diesem Zusammenhang von einem "faktischen" Wohnsitz, BGHZ 78, 293 (295). 152 Pfister, Praxishandbuch Sportrecht, 6. Teil Rz. 42. 153 Bei einem punktuellem Leistungsaustausch gestattet Art. 28 V EGBGB, von der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erbringers der gewöhnlichen Leistung abzusehen, Soergellv. Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rz. 61 sowie Rz. 97: "Abs. II bestimmt das regelmäßige Zentrum des Leistungsaustausches. Läßt sich im konkreten Einzelfall jedoch eindeutig ein anderes Zentrum des Leistungsaustauschs ermitteln, ist ... eine Anknüpfung nach Abs. V vorzunehmen." 154 Das in Art. 27, 28 EGBGB enthaltene Tatbestandsmerkmal des "Vertrages" wird in Übereinstimmung mit dem Römischen EWG-Übereinkommen (EVÜ) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vorn 19. 06. 1980 autonom ausgelegt (vgl. Art. 36 EGBGB). Da sich der Anwendungsbereich des EVÜ auf vertragliche Schuldverhältnisse bezieht, zu denen nach dem Wortlaut des Art. I EVÜ grundsätzlich auch einseitige Rechtsgeschäfte zählen können, sind auch einseitige Rechtsgeschäfte wie die Auslobung unter das Tatbestandsmerkmal des "Vertrages" in Art. 27, 28 EGBGB zu subsumieren, hierzu ausführlich Münchener Kommentar I Martiny, Vor Art. 27 EGBGB Rz. 7 ff. (16); v. Hoffmann, Internationales Privatrecht, § 10 Rz. 22. 155 Zur Bestimmung der charakteristischen Leistung beim Rechtsverhältnis der Auslobung Soergel I v. Hoffmann, Art. 28 EGBGB Rz. 521; v. Bar, Internationales Privatrecht II, Rz. 496. 151

B. Begründung der Sportautonomie

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Rechtsordnung gegenüber allen teilnehmenden Sportlern sichergestellt. Jedoch besteht auch hier aus vorstehend genannten Gründen eine engere Bindung zum Veranstaltungsort, so daß über Art. 28 V EGBGB an diesen anzuknüpfen ist. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß Rechtsverhältnisse, die in bezug auf die Durchführung eines konkreten Sportereignisses begründet werden, grundsätzlich vertraglich anzuknüpfen sind. Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, kommt über Art. 28 V EGBGB eine Anknüpfung an den Veranstaltungsort in Betracht, da zu diesem regelmäßig die engste Verbindung bestehen wird.

B. Begründung der Sportautonomie Die Organisation des Sportverbandswesens sowie Aufstellung und Durchsetzung der im Sport geltenden Regelwerke erfolgt auf Grundlage der den Sportverbänden/ -vereinen gewährten Autonomie. 156 Diese berechtigt die Verbände/ Vereine, selbst und eigenständig Regeln zu setzen und das Sportgeschehen grundsätzlich unabhängig von staatlicher Einflußnahme zu gestalten. Im deutschen Rechtssystem kommen als rechtliche Grundlage der Autonomie der Vereine und Verbände zum einen die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 9 I GG, zum anderen die vereinsrechtliche Verankerung in den§§ 21 ff. BGB in Betracht. I. Die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 9 I GG Art. 9 I GG gewährt allen Deutschen das Recht, Vereine und Verbände zu bilden. Die Möglichkeit, sich - zu beliebigen Zwecken - mit anderen in Vereinen, Verbänden und Assoziationen aller Art zusammenzuschließen, gehört zu den elementaren Äußerungsformen der menschlichen Handlungsfreiheit. 157 1. BegritT der "Vereinigung" i. S. d. Art. 9 I GG

Die Legaldefinition des Vereins in § 2 I VereinsG gilt nach herrschender Ansicht auch für den Vereinigungsbegriff des Art. 9 I und II GG.158 Danach ist ein Verein 156 Der Begriff "Autonomie" hat seinen Ursprung in der griechischen Sprache und wird mit der Umschreibung "Befugnis und Fähigkeit, sich selbst Rechtsnormen zu geben" übersetzt, Baecker. Grenzen der Vereinsautonomie, S. 18. 157 BVerfGE 38, 281 (303) unter Hinweis auf BVerfGE 17, 306 (314); in einer grundlegenden Entscheidung zu Art. 9 I GG hat das BVerfG in dieser Grundfreiheit ein ,,konstituierendes Prinzip der demokratischen und rechtsstaatliehen Ordnung des Grundgesetzes" festgestellt: Das "Prinzip freier sozialer Gruppenbildung, NJW 1979, 699 (705). 158 Scholz, in Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 9 Rz. 57; Löwer. in v. Münch/ Kunig, GG Kommentar, Art. 9 Rz. 9; Pieroth/Schlink, Grundrechte Staatsrecht li, Rz. 720/ 721.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

"ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen haben." Für das Sportverbandswesen bietet einzig das Merkmal des freiwilligen Zusammenschlusses Anlaß zu näherer Betrachtung. 159 Dem Sportler sowie dem einzelnen Verein steht grundsätzlich die Entscheidung frei, sich in eine Vereins- I Verbandsstruktur einzuordnen oder nicht. Jedoch besteht auf Grund des "Ein-Platz-Prinzips" sowie des pyramidenförmigen Aufbaus 160 sowohl für den Sportler, der sich wettkampfmäßig betätigt, als auch für den Verein, der im Wettkampfsport aktiv sein möchte, faktisch ein Zwang zur Mitgliedschaft in dieser Vereins- I Verbandspyramide. Ein faktischer Zwang kann mit einem gesetzlichen Zwang nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden. Darüber hinaus erfolgt der pyramidenförmige Aufbau im Interesse des einzelnen Sportlers, um die erforderliche Wettkampf- und Chancengleichheit zu gewährleisten. Das Bestehen eines "faktischen" Zwangs zur Mitgliedschaft kann allerdings Bedeutung erlangen, wenn bei einem Zusammentreffen mit Individualinteressen des einzelnen Sportlers der Umfang der grundrechtlich geschützten Vereinigungsfreiheit zu bestimmen ist. 2. Schutz der iodividueUen und koUeküven Vereinigungsfreiheit

Die allgemeine Vereinigungsfreiheit ist zunächst als Individualrecht ausgestaltet und gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen. 161 Gleichzeitig beinhaltet sie ein sog. "Gruppengrundrecht", 162 das dem gebildeten Kollektiv selbst in unmittelbarer Anwendung des Art. 9 GG eine eigenständige Grundrechtssubjektivität zuerkennt. 163 Begrundet wird diese Interpretation der Vereinigungsfreiheit als "Doppelgrundrecht" 164 mit dem Gebot eines effektiven Grundrechtsschutzes, da ansonsten der Schutz des Vereinsbestandes und der Vereinsbetätigung ins Leere liefe. 165 159 Von dem Grundrechtsschutz des Art. 9 GG ausgeschlossen sind privatrechtliche Zwangsvereinigungen, d. h. bei Bildung solcher Organisationen durch den Staat (Zwangskartelle) oder gesetzlicher Zwangsmitgliedschaft in privatrechtliehen Vereinigungen, Kemper; in v. Mangoldt I Klein I Starck, GG I, Art. 9 Rz. 78. 160 V gl. oben, Zweiter Teil. A.I. 161 BVerfGE 80,244 (252 f.); Löwer, in v. MünchiKunig, GG Kommentar, Art. 9 Rz. 1. 162 Scholz empfiehlt die Bezeichnung "Verbandsgrundrecht", in MaunziDürig, Kommentar zum GG, Art. 9 Rz. 24. 163 Erstmals für Art. 9 I GG BVerfGE 13, 174 (175); ebenso BVerfGE 50, 290 (354); Merten, Vereinsfreiheit, HStR VI,§ 144 Rz. 27 f.; Löwer; in v. MünchiKunig, GG Kommentar, Art. 9 Rz. 17. 164 Die Lehre vom "Doppelgrundrecht" wurde vor allem für Art. 9 111 GG entwickelt, vgl. hierzu grundlegend BVerfGE 4, 96 (101 ff.); a.A. Scholz, Koalitionsfreiheit, S. 121 ff., der den Schutz der Vereinigung selbst über Art. 19 111 GG i. V.m. Art. 9 I GG begründet.

B. Begründung der Sportautonomie

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Der einzelne Sportler, der eine Teilnahme am nationalen und internationalen Wettkampfbetrieb anstrebt, benötigt eine feste Organisation sowie ein im wesentlichen weltweit einheitliches Regelwerk. Um dies zu erreichen, schließen sich die Athleten in Vereinen zusammen und übertragen die ihnen zustehende Autonomie, sich selbst Regeln bei der Sportausübung zu setzen, auf den Verein sowie die übergeordneten Verbände. 166 Art. 9 GG gewährleistet darüber hinaus dem einzelnen Verein I Verband das Recht, sich in übergeordneten Vereinigungen, etwa einem Dachverband, zusammenzuschließen, 167 da unter den Voraussetzungen des Art. 19 III GG die Grundrechte auch bei juristischen Personen des Privatrechts Anwendung finden. 168 3. Umfang des Grundrechtsschutzes

Der Schutz des Grundrechts umfaßt die Selbstbestimmung über die interne Organisation der Vereinigung, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte. 169 Neben der Vereinsgründungsfreiheit wird der Bestand der Vereinigung gewährleistet sowie das Recht, das Vereinsleben autonom zu gestalten. 170 Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG schützt Art. 9 GG insbesondere vor einem Eingriff in den Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit, 171 denn nur durch den Schutz auch des Vereinsbestandes sowie seiner Tätigkeit kann ein umfassender Grundrechtsschutz erreicht werden. 172 Allerdings bedarf die Vereinigungsfreiheit der gesetzlichen Ausgestaltung, die "die freien Zusammenschlüsse und deren Wirken in die allgemeine Rechtsordnung einfügt, Rechte der Mitglieder sichert, die Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleistet und den schutzbedürftigen Belangen Dritter oder auch öffentlichen Interessen Rechnung trägt." 173 Der konkrete Umfang der verfassungsrechtlich gewährleisteten Autonomie wird somit erst von den inhaltlichen Vorgaben der staatlichen Rechtsordnung ausgestaltet. Durch die Wahrung eines Kernbereichs der Vereinigungsfreiheit wird gleichsam erreicht, daß die verfassungsrechtliche Werteentscheidung auch vom einfachen Recht übernommen wird. 165 BVerfGE 13, 174 (175); 30, 227 (241); diese Autonomie wird den Vereinen und Verbänden somit nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Gesamtheit der Sportler gewährt, darauf hinweisend Pfister, FS Lorenz, S. 171 (181); ebenso Stern, Grundrechte des Sportlers, S. 142 ff.; vgl. auch Leßmann, NJW 1978, 1545 (1547). 166 Pfister, FS Lorenz, S. 171 (180). 167 Scholz, in Maunz I Dürig, Kommentar zum GG, Art. 9 Rz. 54. 168 Löwer, in v. Münch/Kunig, GG Kommentar, Art. 9 Rz. 11. 169 BVerfGE 50, 290 (354); BVerfGE 80, 244 (253). 170 Scholz bezeichnet dieses Recht zur organisatorischen Selbstbestimmung als "Organisationsautonomie, in Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 9 Rz. 84. m BVerfGE 30, 227 (241); so schon zu Art. 9 II1 GG, vgl. BVerfGE 4, 96 (108). 172 Menen, Vereinsfreiheit, HStR VI,§ 144 Rz. 49 ff. 173 BVerfGE 50, 290 (354); BVerfGE 84,372 (378).

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht 4. Übertragung auf den Sportbereich

In der Literatur finden sich verschiedene sportbezogene Konzeptionen, die den Umfang der den Sportverbänden gewährten Autonomie, die sog. "Sportautonornie", anhand sportspezifischer Gesichtspunkte zu konkretisieren versuchen. Bereits vor über 25 Jahren entwickelte Kurnrner 174 die Unterscheidung zwischen Spiel- und Rechtsregel mit der Bedeutung, daß Spielregeln für die Rechtsordnung keine Bedeutung hätten und von dieser somit auch nicht überprüft werden könnten. Als solche stufte er Regeln des einzelnen Spiels (Spielregeln im engeren Sinne), des Mehrstufenspiels (Turnier, Liga), der Spielbefugnis und der technischen Spielbehelfe (Material) ein. Pfister versucht den Kernbereich der Sportautonomie durch das Kriterium des "Sport-Typischen" zu bestimmen. Als "sport-typisch" bezeichnet er die vorn Staat über Art. 9 I GG anerkannten und geförderten gruppenspezifischen Zwecke der Sportler, eine gemeinschaftliche Sportausübung mit weltweiter Tendenz durch ein einheitliches Regelwerk zu erreichen. 175 Darüber hinaus teilt er auch das Sportregelwerk unter dem Aspekt der Sport-Typizität auf: "Sport-typische Regeln" seien solche, die "die betreffende Sportart prägen, ihren typischen Reiz und ihre Attraktivität für Spieler- aber auch für Zuschauer- ausrnachen". 176 Je sport-typischer eine Regel oder eine Verbandsmaßnahme sei, desto mehr Entscheidungskompetenz stehe dem Verein I Verband zu, je mehr sie in den außersportlichen Bereich eingreife, desto mehr seien die allgerneinen staatlichen Regeln zu beachten. 177 Eine generelle Unterscheidung zwischen Spiel- und Rechtsregel sowie eine allgemeine Differenzierung nach der "Sporttypizität" einer Regelung können bei der praktischen Anwendung zu Unsicherheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten führen, da diese Begriffe selbst wiederum ausfüllungsbedürftig sind. Oft ist die Trennlinie nur sehr schwer zu ziehen, so daß der Umfang der Vereinsautonomie letztlich durch eine Vielzahl von Einzelentscheidungen ermittelt werden rnüßte. 178 Zuzustimmen ist Pfister insoweit, als er den Kernbereich der Sportautonomie mit dem "Sport-Typischen" umschreibt und darin die gruppenspezifischen Zwecke der Sportler sieht, eine einheitliche gerneinsame Sportausübung zu erreichen. Der 174 Kummer, Spiel- und Rechtsregel, S. 10 ff.; vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht SpuRt 1995, 211 (212), das eine staatliche Kontrolle mit der Abgrenzung SpielregelsphäreNormbereich begründet. 175 Pfister, FS Lorenz, S. 171 (182). 176 Dazu zählen nach Pfister die Spielregeln im engeren Sinne, d. h. solche, die das Spiel gestalten, sowie Spielregeln im weiteren Sinne, die Regelungen des Mehrstufenspiels betreffend sowie Bestimmungen über Kaderauswahl und Nachwuchsförderung, FS Lorenz, S. 171 (177). m Pfister, FS Lorenz, S. 171 (180). 178 Dies gilt insbesondere für das von Pfister entwickelte System ,je sport-typischer, desto mehr Entscheidungskompetenz", das wiederum einer Konkretisierung bedarf, so bereits Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (22).

B. Begründung der Sportautonomie

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vornehmliehe Zweck der Bildung von (internationalen) Sportvereinigungen besteht darin, möglichst länderuhergreifend einheitliche Rahmenbedingungen für die gemeinschaftliche sportliche Tätigkeit zu schaffen. 179 Dazu gehören zum einen der Erlaß einheitlicher Spiel- und Sportregeln sowie Maßnahmen und Regeln zur Organisation des Sportgeschehens. 180 Darüber hinaus ermöglicht die Vereinigungsfreiheit dem verbandsorganisierten Sport eine eigene, aus der Gemeinschaft der Sportler hervorgehende und damit staatsfreie sportbezogene Wert- und Maßstabbildung, die keinem Vorbehalt des Allgemeinwohls unterliegt. 181 Die Schaffung "sportethischer Grundvorstellungen" wie z. B. das Verständnis dessen, was unter "fairem Verhalten" 182 zu verstehen ist, gehören ebenso zu der substantiellen Autonomie des Sports. 183 Als grundlegende "überindividuelle Werte" des Sports bezeichnet Häberle Fairneß, Toleranz und Chancengleichheit. 184 In der Literatur wird Sport überwiegend als eine Ausformung von Kultur qualifiziert, die sportliche Betätigung als ein "Stück kultureller Freiheitsverwirklichung" gesehen. 185 Damit wird das Selbstverständnis des Sports vergleichbar mit dem Selbstverständnis der Kirche und der Kunst, deren Eigenständigkeit der Staat anerkannt und im Konfliktfall angemessen zu beriicksichtigen hat. 186 In diese Richtung zielt auch der unter dem Gesichtspunkt der Sportethik entwickelte Ansatz Meinbergs, den Sportverein/ -verband als eine moralische Institution anzusehen. 187 Das auf diese Weise definierte Selbstverständnis des Sports entspricht der vom BVerfG geforderten Gewährleistung eines Kernbereiches der Vereinigungsautonomie. Dagegen werden der konkrete Umfang der Autonomie und ihre Grenzen entInsoweit wie Pfister, FS Lorenz, S. 171 (182). Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rz. 9. 181 Steiner schreibt in diesem Zusammenhang: "Eine Anpassungspflicht ~~s Sportrechts an den ethischen Standard der Durchschnittsgesellschaft besteht nicht.", DOV 1983, 173 (175). 182 Siehe hierzu auch die "Karlsruher Erklärung zum Fair Play" des Konstanzer Arbeitskreises für Sportrecht e.V. vom 09. 05. 1998, abgedruckt in SpuRt 1998, 261 ff.: Der Grundsatz des "Fair Play" wird als eine "übergreifende, ethischen Prinzipien verpflichtete Geisteshaltung" beschrieben, die sowohl die Verbände als auch die einzelnen Sportler sowie Trainer, Betreuer und auch die Medien binden soll. 183 NachSteinerist der" ... verfassungsrechtliche Schutz der in der organisierten Sportgemeinschaft vorherrschenden sportethischen Anschauungen" von großer Bedeutung, FS Stern, S. 509 (513); ders., NJW 1991, 2729 (2730); Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rz.9. 184 Häberle, FS Thieme, S. 25 ( 45, 46). 185 Häberle, FS Thieme, S. 25, (44, 45); ebenso Stern, FS Thieme, S. 269 (274). 186 Für die Kunst vgl. Denninger, Freiheit der Kunst, HStR VI, § 146 Rz. 1; für die Kirche BVerfGE 70, 138 (167). 187 Meinberg, in Scheffen (Hrsg.), Sport, Recht und Ethik, S. 11 (12); vgl. auch Heringer, der den Sport als soziale Institution beschreibt, die eine eigene Moral für den Umgang miteinander herausbildet, die nicht von aussen an sie herangetragen wird, in Gerhardt I Lämmer (Hrsg.), Faimeß und FairPlay, S. 55 ff. 179

180

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

sprechend der Rechtsprechung des BVerfG erst im Rahmen der Anwendung des einfachen Rechts zu bestimmen sein.

II. Die Vereinsautonomie der §§ 21 ff. BGB Das Vereinsrecht des BGB normiert die Vereinsautonomie nicht ausdrücklich, doch wird das Selbstbestimmungsrecht der Vereine von Rechtsprechung und Lehre aus der Gesamtheit der vereinsrechtlichen Vorschriften entnommen und als ein das Vereinsrecht prägender Grundsatz anerkannt. 1ss

1. Grundlage der Vereinsautonomie

Als Grundlage der vereinsrechtlichen Autonomie wird überwiegend der das Privatrecht prägende Grundsatz der Privatautonomie herangezogen. 189 Nach Flume bezeichnet die Privatautonomie das "Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen nach seinem Willen" und ist damit "ein Teil des allgemeinen Prinzips der Selbstbestimmung des Menschen." 190 Dies spiegelt sich auch in der Wesensart des Vereins als einem vornehmlich von der Willensbestimmung und -betätigung seiner Mitglieder getragenen Personenverband. 191 Vieweg 192 dagegen sieht in der Vereins- I Verbandsautonomie eine vom Staat abgeleitete Kompetenz zur Normsetzung und -anwendung in eigenen Angelegenheiten, deren wichtigste Grundlage Art. 9 GG darstelle. 193 Die Regelung der§§ 21 ff. BGB sei konturenlos und unzureichend, um Umfang und Grenzen der Verbandsautonomie zu bestimmen, so daß es einer verfassungsmäßigen Konkretisierung bedürfe.194

188 RGZ 49, 150 (155); BGHZ 13, 5 (11); BVerfGE 83, 341 (358); Staudinger I Weick, Vorbem. zu§§ 21 ff. BGB Rz. 30; Lukes, FS Westermann, S. 325 (326, 327); auf diese Weise wird gleichsam die verfassungsrechtlich gewährleistete Vereinigungsfreiheit in das einfache Recht übertragen, Palandt/ Heinrichs, § 25 BGB Rz. 7. 189 Coing, FS Flume, S. 429 (430); Schockenhoff, AcP 193, 35 ff. (39 f.); Nicklisch, Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, S. 24; Summerer, FS Hanisch, S. 267 (274); Staudinger I Weick, Vorbem. zu§§ 21 ff. BGB Rz. 38. 190 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, S. 1. 191 Vgl. hierzu auch BVerfGE 83, 341 (358). 192 Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 147 ff., S. 164. 193 Infolgedessen unterscheidet Vieweg zwischen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Grenzen der Verbandsautonomie. Erstere ergäben sich aus der allgemeinen staatlichen Justizgewährungspflicht, wonach der Staat keine unbeschränkte Autonomie zur privaten Rechtsetzung gewähren könne, deren Inanspruchnahme zu Fehlabgrenzungen grundrechtlieh geschützter Positionen führe, Normsetzung und -anwendung, S. 162, 165 ff. 194 Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 154.

B. Begründung der Sportautonomie

63

Gegen die dogmatische Herleitung der Vereinsautonomie als staatliche Legitimation privater Normsetzung spricht die systematische Einordnung des Vereinsrechts in die Privatrechtskodifikation. Art. 9 GG schützt Vereinigungen vor staatlichen Eingriffen, daraus folgt aber keine Legitimation zu einer privaten Normsetzung, die neben der staatlichen Rechtsordnung Geltung beansprucht. 195 Mit der Einordnung in das Privatrecht wird nicht nur die Grundlage der Vereinsautonomie als Ausfluß der Privatautonomie begründet, vielmehr sind auch die Grenzen der gewährten Vereinsautonomie im Privatrecht zu suchen. Dieses stellt verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, auch verfassungsrechtliche Wertungen in das einfache Recht mit einzubeziehen. 2. Umfang der Vereinsautonomie

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und vorherrschender Meinung im Schrifttum beinhaltet der Grundsatz der Vereinsautonomie die "Befugnis der Vereine/Verbände, ihre Struktur und inneren Verhältnisse selbst zu gestalten. 196 Ein wesentliches Merkmal ist die Satzungsautonomie, die den Verein berechtigt und verpflichtet, "die das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen als "Verfassung" des Vereins in die Satzung aufzunehmen." 197 Inhaltlich umfaßt die Vereinsautonomie das Recht zur eigenen Rechtsetzung, vor allem durch Satzungen und Nebenordnungen, das Recht zur Selbstverwaltung durch Anwendung des selbstgesetzten Rechts sowie dessen Durchsetzung. 198 Die vereinsinterne Zuständigkeit zur privatautonomen Festlegung der Vereinsverfassung verbietet gleichsam über § 138 I BGB eine "Selbstentmündigung" des Vereins, durch die die Zuständigkeit zur verbindlichen Festlegung des Inhalts der Satzung auf einen außerhalb des Vereins stehenden Dritten übertragen wird.199 Demzufolge sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sog. "dynamische Verweisungen" unzulässig, die auf eine fremde Satzungsbestimmung in ihrer jeEbenso Staudinger I Weick, Vorbem. zu§§ 21 BGB Rz. 35. So die Definition von Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 24.V.l., S. 712; ebenso Pa1andtl Heinreichs, § 25 BGB Rz. 7; BVerlG NJW 1991, 2623 (2625); zum Begriff der "Vereinsautonomie" vgl. auch Schockenhoff, AcP 193, 35 (37 139). 197 BGHZ 105, 306 (313 f.) m. w. N.; StaudingeriWeick, § 25 BGB Rz. 3; Münchener Kommentar I Reuter, § 25 BGB Rz. 1; das Bürgerliche Gesetzbuch manifestiert diesen Grundsatz des Selbstbestimmungsrechtes eines Vereins insbesondere durch die Bestimmungen über die Satzung und deren Abänderbarkeit (§§ 25, 33 BGB) sowie den Beschluß der Mitgliederversammlung in Angelegenheiten des Vereins(§§ 32, 37 BGB). 198 Hierzu Heß, in Jur. StudGesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen, S. 1 (15 f.); Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 3; ausführlich zu Grundlagen und Umfang der Vereinsautonomie Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 16 ff., 33 ff. 199 Heß, in Jur. StudGesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (16); Reichert/ van Look, Handbuch des Vereins-und Verbandsrechts, Rz. 297; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 24.V.l. mit Verweis auf§ 5.1.3. (S. 88 f.). 195

196

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

weils geltenden Form verweisen. 200 Hier fehlt eine konkrete Willensbildung hinsichtlich der Übernahme zukünftig formulierter Satzungsbestimmungen, so daß der Grundsatz des Selbstbestinunungsrechts des Vereins nicht mehr gewährleistet ist.2o1 Dem Ziel eines universellen und hierarehieb organisierten Sportverbandswesens entspricht es, daß die Regelbestimmungen im Sport von den nationalen bzw. internationalen Dachsportverbänden erlassen werden und die in der Verbandspyramide untergeordneten Vereine sich verpflichten, diese Regelsetzungen sowie Änderungen im Regelwerk des Spitzenfachverbandes zu übernehmen. 202 lnfolge dieser Verpflichtung zur Übernahme von Satzungsbestimmungen bzw. -änderungen fehlt eine tatsächliche, auf die konkrete Änderung bezogene Willensbildung des einzelnen Vereins. Dieser hat sein Selbstbestinunungsrecht jedoch dahingehend ausgeübt, sich im eigenen Interesse in die Verbandspyramide einzuordnen, um der im Sport bestehenden Notwendigkeit einer einheitlichen Regelsetzung und -anwendung Rechnung zu tragen. 203 Insoweit greift das Argument, den betreffenden Verein vor der Willkür des übergeordneten Verbandes und einer "Selbstentmündigung" schützen zu wollen, hier fehl und wird das strikte Verbot einer dynamischen Verweisung der Rechtstatsächlichkeit im Sport nicht gerecht. 204 Dies gilt jedenfalls dann, wenn sichergestellt ist, daß den Mitgliedern des die Bestimmungen des Regelwerkes übernehmenden Vereines I Verbandes die Kenntnisnahme der betreffenden Bestimmungen und Mitwirkung an ihrer Ausgestaltung jederzeit möglich ist.2os 200 BGHZ 128, 93 (100); zulässig ist dagegen die Übernahme einer von einem Dritten, z. B. einem übergeordneten Verband, formulierten Satzung in ihrer bestehenden Fassung, sofern der Wille hierzu durch ein Vereinsorgan gebildet worden ist (sog. "statische Verweisung"), BGH, NJW-RR 1989, 376 (377); Reichertlvan Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rz. 297; Stöber; Handbuch zum Vereinsrecht, Rz. 34; Münchener Kommentar/ Reuter; Vor§ 21 BGB Rz. 121 ; ausführlich Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 172 ff. 201 Schockenhoff, AcP 193, 35 (66 f.), kritisiert die vereinsrechtliche Verpflichtung zur Wahrung der Autonomie unter Hinweis auf die in § 40 BGB normierten Disposivität der Vorschriften über die Satzungsänderung bzw. Mitgliederversammlung (§§ 32 I, 33 BGB). Diese Argumentation übersieht jedoch, daß die Regelung des § 40 BGB verbunden ist mit dem vereinsrechtlichen Prinzip der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft, die gerade in sozial und wirtschaftlich mächtigen Vereinen nicht besteht. 202 Die Rechtsprechung hat dies bisher nicht als unzulässig beanstandet, vgl. OLG München, SpuRt 1996, 133 ff. ("Katrin Krabbe"). 203 Ebenso V!eweg, Normsetzung und -anwendung, S. 345. 204 Ebenso Heß, in Jur. StudGesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (17 f.); vgl. auch Prokop, der in bezug auf die Kontrolle und Sanktion von Dopingverstößen darauf hinweist, daß die Landesverbände in der Leichtathletik die entsprechenden Dopingbestimmungen des DLV überwiegend in Form einer dynamischen Verweisung in ihre Satzungen übernommen haben, in DSB (Hrsg.), Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 28 (33); vgl. ebenso Röhricht, in: DSB (Hrsg.), Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 12 (17). 205 A.A. Haas/Prokop, SpuRt 1998, 15 (17 f.): Die Autoren begründen das Verbot dynamischer Verweisungen mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, das Selbstbestimmungs-

B. Begründung der Sportautonomie

65

Da das Bürgerliche Gesetzbuch keine weiteren, die Vereinsautonomie konkretisierenden Vorschriften enthält, wurde deren Umfang maßgeblich durch die Rechtsprechung geprägt. Das Reichsgericht ging ursprünglich von einer sehr weiten Autonomie der Vereine/Verbände aus.206 Leitbild des Bürgerlichen Gesetzbuchs war ein Vereinsmodell, das einen für die Mitglieder Überschau- und beherrschbaren Zusammenschluß zu geselligen und kulturellen Zwecken, wie z. B. den Rauchoder Kegelclub, darstellte. 207 Die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft wirkte hier als Korrektiv und Selbstregulierungsmechanismus gegen den Mißbrauch von Verbandsmacht 208 Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hat das Verbandswesen in Deutschland einen starken Aufschwung erfahren, es entstanden große und einflußreiche Organisationen, die Weick als sog. "intermediäre Gewalten zwischen dem Einzelnen und dem Staat" bezeichnet, 209 Diese Entwicklung beeinflußte maßgeblich die Entwicklung der vereinsrechtlichen Rechtsprechung: Hinzuweisen ist hier insbesondere auf die Durchführung einer Inhaltskontrolle von Vereinssatzungen und -Ordnungen nach §§ 242, 315 BGB 210 sowie die Begründung von Aufnahmeansprüchen gegenüber einem Verband bzw. Verein.Z 11 Ausgehend von dem Gedanken, daß es sich bei den wirtschaftlich, gesellschaftlich oder sozial mächtigen Verbänden mehr oder weniger um einen öffentlichen Bereich handele, finden sich in der Literatur Ansätze, ein von öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten geprägtes Sonderrecht für diese Vereine I Verbände zu entwickeln.Z 12 Nach Lessmann muß das private Vereinsrecht, das die Existenz der Verbände gewährleistet, zur Bestimmung der rechtlichen Grenzen der Verbandsautonomie verfassungsrechtlich, d. h. grundrechtlich, "überformt" werden.Z 13 Somit stelle sich Verbandsrecht als "materiell-öffentliches Privatrecht" dar, wobei das "Materiell-Öffentliche" aus der Verfassung zu entnehmen sei. 214 Das Privatrecht recht und die Eigenständigkeit des Vereins zu wahren, gehen aber nicht auf den Umstand ein, daß das Sportverbandswesen mit dem Leitbild des Gesetzgebers nur noch wenige Gemeinsamkeiten aufweist; Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 172 ff. 206 Palandt I Heinrichs, § 25 BGB Rz. 7; vgl. auch Staudinger I Weick, Vorbem. zu §§ 21 BGB Rz. 6 ff. 207 Steinbeck, WuW 1996, 91 (93). 208 Münchener Kommentar/ Reuter, Vor§ 21 BOB Rz. 93. 209 Staudinger/Weick, Vorbem. zu§§ 21 BGB Rz. 5; Burmeister spricht von der .,Rolle der Verbände als .,Staaten im Staat", DÖV 1978, 1 (2). 210 Vgl. BGHZ 105,306 ff.; siehe auch Münchener Kommentar/Reuter, Vor§ 21 BGB Rz. 114; ausführlich unten Zweiter Teil. D. 211 Grundlegend BGHZ 63, 282 ff.; siehe auch unten Zweiter Teil. C.I.3. 212 Vgl. hierzu Coing, FS Flume, S. 429 (430 ff.). 213 Lessmann, NJW 1978, 1545 (1547 ff.). 214 In bezug auf die privatrechtlich organisierten Wirtschaftsverbände begründet Lessmann die Notwendigkeit einer verfassungsmäßigen Bindung mit einem .,rechtlichen Sonderstatus", der durch die von diesen Verbänden wahrzunehmenden Aufgaben und Funktionen geschaffen werde, Öffentliche Aufgaben und Funktionen privatrechtlicher Wirtschaftsverbände, S. 238 ff. 5 Zinger

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

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enthält verschiedene zwingende, die Privatautonomie beschränkende und sie kanalisierende Regeln, bei deren Anwendung auch verfassungsrechtliche Wertungen miteinfließen können, 215 so daß es der Schaffung eines besonderen "materiell-öffentlichen" Privatrechts nicht bedarf. 216 3. Sportrecht als Sonderprivatrecht

In der Literatur wird der Ansatz diskutiert, auf Grund der rechtstatsächlichen Besonderheiten des Sportverbandswesens innerhalb des Privatrechts eine gewisse Sonderbeurteilung zuzulassen. Sportvereine beispielsweise werden überwiegend in der Rechtsform des Idealvereins organisiert, der nur im Rahmen des Nebenzweckprlvileges wirtschaftliche Tätigkeit entfalten darf. Insbesondere im Spitzensport aber erzielen Sportvereine oft Millionen-Umsätze, die eine Vereinbarkeit mit der Rechtsform des Idealvereins in Frage stellen. 217 Auch ist die Wahrung des vereinsrechtlichen Grundsatzes der Selbstbestimmung für den einzelnen Verein und das daraus resultierende Verbot "dynamischer Verweisungen" mit der Rechtstatsächlichkeit des Sportgeschehens nur schwer zu vereinbaren.Z 18 Westeemann geht in diesem Zusammenhang der Frage nach, ob das Recht des Leistungssports als Sonderprivatrecht ähnlich wie das Arbeits, Wirtschafts- und Verbraucherschutzrecht einzuordnen ist. 219 Bezugnehmend auf die rechtstatsächliche Situation des Leistungssports und die dort bestehenden sportspezifischen Fragestellungen plädiert er dafür, "eine gewisse Sondergesetzlichkeit der auf den Leistungssport bezogenen Rechtssätze ... zu formulieren und diese gegenüber dem allgemeinen Privatrecht hervorzuheben." Ziel solle sein, diese Sondergebiete dem Zugriff des Rechts erschließen zu helfen.". 22° Für den "Leistungssport als soziales Subsystem" skizziert Westeemann eine von "wirtschaftsrechtlichen Prinzipien geleitete Ordnung",221 die die sportspezifischen Umstände beriicksichtigt sowie Dazu unten Zweiter Teil. C.l.5.a. sowie D.III.2. Ebenso Weick, der feststellt, daß für eine Anwendung öffentlich-rechtlicher Prinzipien die Grundlage im positiven Recht fehle, Staudinger, Vorbem. zu§§ 21 BGB Rz. 42; vgl. auch Coing, der darauf hinweist, daß "die privatrechtliche Lösung ... deswegen auch da, wo zwingende Bestimmungen des Privatrechts ins Spiel gebracht werden, die freiheitlichere Lösung und als solche vorzuziehen" ist, FS Flome, S. 429 (442). 217 So schon Coing, FS Flome, S. 431; vgl. auch Westermann, FS Rittner, S. 771 (780); ebenso Raupach, SpuRt 1995, 241 ff. Die Gründung der Deutschen Eishockey Liga Betriebsgesellschaft mbH (DEL), (hierzu Zweiter Teil. A.ll.l.), veranschaulicht diese Konfliktsituation ebenso wie die Überlegung einer Umwandlung der Profiabteilungen von Fußballvereinen in Aktiengesellschaften, vgl. Habersack, in Scherrer (Hrsg.), Sportkapitalgesellschaften, S. 45 ff.; siehe auch die sportökonomische Analyse von Franck, in Büch (Hrsg.), Märkte und Organisationen im Sport, S. 11 ff. 218 Hierzu bereits oben Zweiter Teii.B.II.2. 219 Westermann, FS Rittner, S. 771 ff. 22o Westermann, FS Rittner, S. 771 (774). 215

216

B. Begründung der Sportautonomie

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sportbezogenen Wertvorstellungen und Interessenlagen angemessen Rechnung trägt. Dies gelte insbesondere für einen effektiven Schutz des Sportlers, der vor allem im Spitzensport, um wirkliche Höchstleistungen erbringen zu können, große Einschränkungen in persönlicher und gesundheitlicher Hinsicht auf sich nehmen müsse?22 Die Notwendigkeit einer privatrechtliehen Organisation des Sportverbandswesens werde dadurch nicht in Frage gestellt, jedoch müsse deren normative Bewertung von den spezifischen sportlichen Interessenlagen und Schutzgütern geprägt sein. 223 Auch in der Rechtsprechung des BGH lassen sich Ansätze in diese Richtung erkennen. In der für das Sportwesen grundlegenden "Reiter-Entscheidung" 224 trägt der Bundesgerichtshof den Anforderungen des staatlichen Rechts, ausgestaltet durch das Privatrecht, sowie den besonderen Bedürfnissen des organisierten Sports Rechnung: Die von den Sportverbänden erlassenen Regelwerke seien "aus der Eigenart des Sports im allgemeinen und der betreffenden Sportart im besonderen heraus entwickelt worden."225 In ihnen würden grundsätzlich auch die weltweit akzeptierten Standards internationaler Spitzenverbände berücksichtigt, da ansonsten die Teilnahme deutscher Sportler am internationalen Wettkampfgeschehen gefährdet wäre. Somit sei der "Sport in seiner Gesamtheit wie jeder einzelne, der am organisierten Sportbetrieb aktiv teilhaben will", auf die "Existenz derartiger Regelungen unumgänglich angewiesen." 226 In der Literatur wurde diesem sportbezogenen Ansatz der zivilrechtliehen Normanwendung vereinzelt auch Kritik entgegengebracht. So wendet sich beispielsweise Pfister gegen die Schaffung eines Sonderprivatrechts und plädiert für eine Lösung über das allgemeine Zivilrecht. 227 4. Stellungnahme

Die von Westeemann erwogene Konzeption eines "Sonderprivatrechts" weist einen erfolgversprechenden Ansatz auf. Die Berücksichtigung der besonderen rechtstatsächlichen Situation im Sport sowie der zugrundeliegenden sportspezifiWestennann, FS Rittner, S. 771 (775). Westennann, FS Rittner, S. 771 (778, 787). 223 Zustimmend Heß, in Jur. StudGesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. I (23 f.). 224 BGHZ 128, 93 ff.; ausführlich zu dieser Entscheidung bereits oben Zweiter Teil. A.III.2.a. 22s BGHZ 128, 93 (97). 226 Unter Anerkennung dieser sportspezifischen Besonderheiten unterwarf der BGH das zugrundeliegende Regelwerk einer zivilrechtliehen Inhaltskontrolle nach § 242 BGB, BGHZ 128, 93 (98). 227 Pfister, JZ 1995, 464 ff., der sich in seinem Beitrag allerdings auf die Lösung der der BGH-Entscheidung zugrundeliegenden rechtlichen Problematik beschränkt und auf andere bestehende Konfliktsituationen zwischen der Rechtstatsächlichkeit im Sportwesen und dem allgemeinen Zivilrecht nicht weiter eingeht. 221

222

5*

68

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

sehen Wertvorstellungen kann als Grundlage dienen, die allgemeinen staatlichen Schutzvorschriften interessengerecht und sportbezogen zur Anwendung zu bringen. Damit wird der Sport nicht seiner Verankerung im Privatrecht entzogen, vielmehr wird die Anwendung privatrechtlicher Normen sichergestellt und gleichzeitig der Besonderheit des Sportwesens Rechnung getragen. Für eine solche Konzeption spricht auch die internationale Dimension des Sportgeschehens. Das Interesse des nationalen sowie internationalen Sportverbandswesens, ein einheitliches Regelwerk und folglich auch dessen einheitliche Anwendung und Durchsetzbarkeit zu erreichen, würde konterkariert, wenn die jeweiligen nationalen Schutzvorschriften unbesehen zur Anwendung kämen und auf diese Weise die erstrebte länderübergreifende Universalität des Sportgeschehens bedroht würde. 228 So kann auch der Entwicklung eines "internationalen Sportrechts" Rechnung getragen werden, das insbesondere durch die Gründung des Internationalen Sportschiedsgerichts "Tribunal Arbitral du Sport" (TAS) Vorschub erfährt. 229 Der Besonderheit des Sports entspricht es gerade, daß er einerseits internationalen Entwicklungen ausgesetzt und andererseits über die Verbandsstrukturen in nationale Rechtsordnungen eingebunden ist. Die Beachtung international entwickelter sportrechtlicher Aspekte innerhalb der nationalen Rechtsordnung kann daher zur Bildung und Anerkennung einer universellen Sportwerteordnung beitragen. Gleichzeitig erscheint unter dem Aspekt der Besonderheit des Sports auch die Frage nach der Beziehung zwischen Sport und Staat von Bedeutung, so daß sich die Frage stellt, ob nicht auch diesem Umstand bei einer sportbezogenen Anwendung der zivilrechtliehen Vorschriften Rechnung getragen werden muß. 5. Verhältnis zwischen Sport und Staat

Die wachsende Bedeutungsdimension des Sports in der Gesellschaft und die damit verbundene gesellschaftspolitische Relevanz des Sportwesens haben das Beziehungsgeflecht zwischen privat organisiertem Sport und Staat entscheidend geprägt. Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang der heute zumeist professionell betriebene "Show-Sport" und der von der Allgemeinheit ausgeübte "Breitensport". 22s In diesem Sinn auch Heß, in Jur.StudGesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (24); vgl. auch Reuter in bezug auf die internationale Dimension des Sports, der seine rechtliche Verankerung in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen findet: "Der Lebenssachverhalt Sport hat durchaus eine Eigengesetzlichkeit, die das Recht nicht ignorieren darf . ..", DZWiR 1996, I (3). 229 Die von diesem gefällten Schiedsurteile haben sich bereits zu einer wertvollen Rechtsquelle für das Sportrecht entwickelt und können damit einen wesentlichen Beitrag zur Vereinheitlichung des internationalen Sportgeschehens leisten, vgl. hierzu Netzle, SpuRt 1995, 89

(90).

B. Begründung der Sportautonomie

69

Einen bedeutenden Faktor bildet zunächst die staatliche Sportförderung. So betrug der Haushaltstitel Sportförderung im Etat des Bundesinnenministers im Jahr 2000 allein DM 244,5 Millionen. Hinzu kommen vielseitige Fördermaßnahmen durch die Länder sowie Städte und Kommunen. 230 Der Sport wird heute allgemein als öffentliche Aufgabe anerkannt, Burmeister begründet dies mit der "Gemeinwohlrelevanz" des Sports.Z31 Überwiegend wird Sport als Ausformung von Kultur angesehen und als kulturelle Staatsaufgabe qualifiziert.232 Kultur umfaßt alle Bereiche geistig-schöpferischer Betätigung des Menschen, insbesondere die Wissenschaft, Bildung und Kunst, der Sport wirkt in alle Bereiche hinein. 233 Infolgedessen leiten die Länder ihre Kompetenz zur Sportforderung aus ihrer Kulturhoheit nach Art. 30, 70 GG ab. 234 Der Bund stützt sein sportbezogenens Handeln zum einen auf nicht sportspezifische Bundeskompetenzen. Für die Förderung des Hochleistungssports bezieht er seine ungeschriebene Kompetenz aus dem Gesichtspunkt der "Natur der Sache" über Art. 30 GG bzw. der besonderen Aufgabenstellung einer "gesamtstaatlichen und nationalen Repräsentanz nach innen und außen". 235 Neben der finanziellen Förderung bestehen weitere Verflechtungen zwischen Staat und Sportwesen. So werden beispielsweise Verbände oder anderere Organisatoren bei ihren Bewerbungen um die Ausrichtung internationaler Wettkämpfe sowie deren Durchführung von seiten des Staates unterstützt. 236 Gleichzeitig ist die Durchführung eines Sportereignisses für den Austragungsort bzw. Veranstalter von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.237 Fachleute gehen etwa davon aus, daß 230 F.A.Z. vom 05. 11. 1999, S. 40; vgl. auch die umfassende Darstellung in Weber/ Schnieder I Kortlüke I Horak, Die wirtschaftliche Bedeutung des Sports, S. 220 ff.; Trosnien

(Hrsg.), Die Sportbranche, S. 194 ff. 231 Burmeister, in ders. (Hrsg.), Sport im kommunalen Wirkungskreis, S. 37 (44 f.); Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rz. 13; Stern, in Schroeder (Hrsg.), Sport und Recht, S. 142 ff.; Steiner, SpuRt 1994, 1 ff. 232 Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rz. 13; Häberle, FS Thieme, S. 25 (40); differenzierend zwischen soziologischem und juristischem Kulturbegriff Steiner, SpuRt 1994, I (1 f.). 233 Stern, FS Thieme, S. 269 (274). 234 Ausführlich Fritzweiler; Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rz. 18.

235 Im einzelnen hierzu Steiner, NJW 1991, 2729 (2731); ebenso Fritzweiler; Praxishandbuch Sportrecht, 1. Teil Rz. 17. 236 So sind bei internationalen medienwirksamen Sportereignissen häufig Staatsmänner als Repräsentaten anwesend. In der "Karlsruher Erklärung zum FairPlay" vom 09. 05. 1998 wird darauf hingewiesen, daß der Spitzensport nicht zum Instrument außersportlicher Interessen, wie etwa staatlicher Selbstdarstellung, werden darf, abgedruckt in SpuRt 1998, 261 (263). 237 Zur Eigenschaft des Spitzensports als Standortfaktor Lintner; in Bundesinstitut für Sportwiss. (Hrsg.), Eliten, S. 15 ff.; vgl. auch F.A.Z. vom 07. 12. 1999, S. 54: Die sächsische Kleinstadt Riesa, die 1999 die Sumo-Weltmeisterschaft ausgetragen hat, sieht in der Durchführung derartiger Sportveranstaltungen für die Stadt "eine neue Existenzberechtigung" nach dem Zusammenbruch des Stahlwerkes und will zukünftig auf den Wirtschaftsfaktor Sport setzen; ebenso F.A.Z. Nr. 183 vom 09. 08. 00, S. 42: "Aus der "schwarzen Stadt" Riesa ist die Sportstadt Riesa geworden".

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

70

die Fußball-Weltmeisterschaft, die im Jahr 2006 von Deutschland ausgetragen wird, ein "positives Ergebnis von bis zu 4,6 Milliarden DM" erreichen wird. Ökonomen rechnen mit mehreren Tausend zusätzlichen Arbeitsplätzen sowie höheren Steuereinnahmen von etwa einer Milliarde DM, zugleich biete die Weltmeisterschaft "eine umfassende Werbeplattform für Bund, Länder und Kommunen, aber auch für Wirtschaft, Kultur und Sport.• ms Stern umschreibt diese Entwicklung als eine "seit langem zu beobachtende Verlagerung des Sports aus der Sphäre privatautonomer Beliebigkeit in eine öffentliche Dimension". 239 Die Überlegung, der Sportförderung als Staatszielbestimmung Verfassungsrang zu verleihen, dokumentiert die Verflechtung zwischen privatautonom organisiertem Sport und dem Staat. Einige Länderverfassungen haben mittlerweile eine Sportförderungsbestimmung in ihre Verfassung aufgenommen. 240 In der Literatur wird die Notwendigkeit und Bedeutung einer Staatszielbestimmung "Sportförderung" sehr kontrovers diskutiert. Die Gegner argumentieren insbesondere mit der Gefahr einer Verstaatlichung des Sports und dem damit einhergehenden Verlust der den Sport prägenden Autonomie?41 Die Befürworter dagegen betonen, daß die Aufnahme einer Staatszielbestimmung die Autonomie des Sports unberiihrt lasse und die privatrechtliche Organisationsform nicht in Frage stelle, gleichzeitig aber der gesellschaftlichen Bedeutungsdimension des Sports angemessen Rechnung getragen werde?42 Der Sport lebe auch unter dem "Staatsziel Sportförderung" nach dem Privatrecht, das allerdings "in den grundrechtssensiblen Bereichen Wertungen des Grundgesetzes aufzunehmen" habe. 243 Ohne im einzelnen auf die Diskussion über die Notwendigkeit und Auswirkungen einer Staatszielbestimmung auf Verfassungsebene einzugehen, manifestiert diese Problematik die Rechtstatsächlichkeit des Sports, der trotz seiner privatrechtliehen Organisationsform in einer vielschichtigen Interessenverflechtung mit dem Staat verbunden ist und eine Aufgabe erfüllt, die mittlerweile öffentlichen Charakter und einen staatlichen Bezugspunkt erlangt hat.

238

F.A.Z. Nr. 155 vom 07. 07. 2000, S. 15.

239

Stern, FS Thieme, S. 269 ( 276).

240 Art. 35 Brandenburgische Verfassung: "Sport ist ein förderungswürdiger Teil des Lebens. Die SportfOrderung des Landes, der Gemeinden, und Gemeindeverbände ist auf ein ausgewogenes Verhältnis von Breitensport und Spitzensport gerichtet. Sie soll die besonderen Bedürfnisse von Schülern, Studenten, Senioren und Menschen mit Behinderungen berücksichtigen."; Art. 11 I Verfassung Freistaat Sachsen: ,,Das Land fördert die sportliche Betätigung."; vgl. auch Art. 16 I Verfassung Mecklenburg-Vorpommern; Art. 36 Verfassung Sachsen-Anhalt; Art. 30 111 Thüringische Verfassung; Art. 18 I der Verfassung von NordrheinWestfalen. 241 So etwa Fritzweiler; Praxishandbuch Sportrecht, l. Teil Rz. 15; Kirchhof, in ders. (Hrsg.), Sport und Umwelt, S. 41 ff. (54 f.). 242 Steiner; SpuRt 1994, 1 (1, 5); ders., FS Stern, S. 508 (515 ff.); ebenso Stern, FS Thieme, S. 269 (284, 285). 243 Steiner; SpuRt 1994, 1 (5).

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

71

6. Ergebnis rlir die nachfolgende Untersuchung

Bei einer sportbezogenen Anwendung der zivilrechtliehen Vorschriften muß der Rechtstatsächlichkeit des Sportwesens auch unter dem oben dargestellten Aspekt der Beziehungen zum Staat Rechnung getragen werden. Die grundsätzliche Autonomie und "Staatsfreiheit" des Sports charakterisieren das Sportspezifische ebenso wie der Öffentlichkeitsbezug und die Interessenverflechtungen mit dem Staat. Dies wiederum kann zu einer verstärkten Bindung an verfassungsrechtlich manifestierte Wertentscheidungen führen, die über das Zivilrecht auch gegenüber privatrechtliehen Vereinigungen Anwendung finden. Gleichzeitig sind die Eigenständigkeit des Sportwesens sowie dessen spezifische Wertvorstellungen durch Anerkennung der Autonomie des Sports zu bewahren mit dem Ziel, beide Aspekte bei der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften in Einklang zu bringen. Die Bedeutung einer derartigen sportbezogenen Auslegung des Privatrechts insbesondere im Hinblick auf Diskriminierungsverbote wird allerdings erst bei der konkreten Anwendung der zivilrechtliehen Normen erkennbar werden.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf Die Teilnahme eines Sportlers an Wettkämpfen ist zentrales Element der sportlichen Betätigung,244 denn sie ermöglicht dem Athleten den direkten Leistungsvergleich mit der Folge, daß ein sportlicher Erfolg anerkannt wird. Gleichzeitig gewährt der Erfolg im Wettkampf in zahlreichen Sportarten nicht nur lukrative Preisgelder, sondern steigert den Bekanntheitsgrad des Athleten, wodurch er seine Person gewinnbringend gegenüber Sponsoren vermarkten kann. In Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts stellen die Sportverbände Regeln auf, die unter anderem die Zulassungsvoraussetzungen und Modalitäten der Teilnahme eines Sportlers an einem Wettkampf festlegen. Unter Berücksichtigung der für den Leistungssportler bestehenden Notwendigkeit, an Wettkämpfen teilzunehmen, gewinnt die Frage an Bedeutung, ob und inwieweit ein Sportler seine Teilnahme an einem Wettkampf unter Berufung auf die staatliche Rechtsordnung entgegen den Bestimmungen des verbandsrechtlichen Regelwerkes erzwingen kann. Konkrete Fallgestaltungen werden als Ausgangspunkt vorangestellt: Der amerikanische Profigolfspieler Casey Martin erhob im Jahre 1998 Klage vor einem US-amerikanischen Bundesgericht gegen den Veranstalter der US-amerikanischen Profigolftumierserie, um seine Forderung, auf Grund einer Gehbehinderung entgegen dem Regelwerk des Veranstalters während des Turnieres einen Golfwagen benutzen zu dürfen, durchzusetzen.245 Dieser Sachverhalt wird bei der Prüfung des materiellen deutschen Rechts im folgenden zugrundegelegt 244

Vieweg, in Deutsch (Hrsg.), Teilnahme am Sport als Rechtsproblem, S. 23.

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

72

Eine Golferin möchte an einem Golfturnier der Herren unter den gleichen Startvoraussetzungen wie ihre männlichen Konkurrenten teilnehmen bzw. eine weibliche Spielerin erstrebt die Teilnahme an einem nur für Männerausgeschriebenen Schachwettbewerb.246

I. Kartellrechtlicher Aufnahme-/ Teilnahmeanspruch Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) normiert spezielle Anspruchsgrundlagen zum Schutz eines Unternehmens gegen Diskriminierung im Rahmen der geschäftlichen Tatigkeit. § 20 I GWB verbietet marktbeherrschenden Unternehmen die Behinderung bzw. sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung einzelner Unternehmen, § 20 VI GWB statuiert einen Aufnahmezwang in Wirtschafts- und Berufsvereinigungen und ergänzt damit als eine besondere Diskriminierungsregelung das "allgemeine" Diskriminierungsverbot des § 20 I GWB.247

1. Der Sportler als Unternehmen i. S. d. GWB

Der Begriff des Unternehmens i. S. d. GWB ist entsprechend dessen Zweck, den Wettbewerb umfassend in allen Wirtschaftsbereichen zu schützen, möglichst weit auszulegen. 248 Seine Funktion besteht im wesentlichen darin, den rein privaten Verbrauch, die abhängige Arbeit sowie den hoheitlichen Tätigkeitsbereich von der Anwendung des Gesetzes auszuklammern.24 9 Für die Annahme eines Unternehmens i. S. d. GWB genügt grundsätzlich jede selbständige, nicht rein private und außerhalb des Erwerbslebens liegende Tätigkeit einer Person im geschäftlichen Verkehr.Z50 Nicht erforderlich sind Nachhaltigkeit und Planmäßigkeit der Tätigkeit, 245 Martin v. PGA TOUR, lnc., 984 F. Supp. 1320 ff. (D. Or. 1998) (einstweilige Verfügung); 994 F. Supp. 1242 ff. (Hauptsacheverfahren I. Instanz); bestätigt in 204 F.3d 994 (9th Cir. 2000). 246 Vgl. zu den Problemen der Profigolfturniere für Damen in Europa F.A.Z. vom 18. 08. 1998, S. B 4- Golf International; vgl. auch F.A.Z. vom 30. 03. 1999, S. B 9- Golf International; eine Teilnahme der Damen an den Profigolfturnieren der Herren ist insbesondere deshalb in Erwägung zu ziehen, weil im Vergleich zu den Damengolfturnieren wesentlich mehr Herrenturniere ausgetragen werden und diese mit sehr viel höheren Preisgeldern dotiert sind. Auf diese Überlegung auch hinweisend Weiler I Roberts, Sports and the Law, Ch. 12, Sec. B, S. 878. 247 Markert, in Immenga/Mestmäcker, § 27 GWB a.F. (§ 20 VI n.F.) Rz. 1; nach Lübbert statuiert § 20 I GWB kein allgemeines Diskriminierungsverbot, die Norm solle vielmehr wettbewerbliehe Steuerungsdefizite ausgleichen, die Märkte offenhalten und die Freiheit des Wettbewerbs als Institution durch Aufrechterhaltung des Leistungswettbewerbs und der Chancengleichheit der Wettbewerber sichern, in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 7. Kapitel, § 24 Rz. I. 248 Emmerich, Kartellrecht, 1. Teil, § 2 Nr. 1, S. 17. 249 lmmenga, in Immenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rz. 35.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

73

so daß eine ununterbrochene Geschäftstätigkeit nicht verlangt wird?51 Auch muß die das Unternehmen begründende Tatigkeit weder hauptberuflich noch in einem bestimmten Ausmaß betrieben werden. 252 a) Der Berufssportler als Unternehmen i. S. d. GWB

Mittlerweile allgemein anerkannt ist, daß der Berufssportler, der seine Person durch Werbe- und Sponsorenverträge vermarktet und mit seiner sportlichen Betätigung Einnahmen erzielt, als Unternehmer i. S. d. GWB gilt. 253 Gleiches trifft auf den Sportverein zu, der im Rahmen seines Nebenzweckprivilegs wirtschaftlich tätig wird. Ohne Zweifel vermarktet der Verein, der eine Profiabteilung unterhält, seine Spieler und bietet das "Ereignis Sport" gegen Entgelt an, so daß er auch als Idealverein die Voraussetzungen eines Unternehmens i. S. d. GWB erfüllt. 254 b) Der Amateursportler als Unternehmen i. S. d. GWB

Dagegen wurde die Anwendbarkeit des GWB im Bereich des Amateursports bisher überwiegend abgelehnt: Amateursportler könnten nicht unternehmerisch tätig werden, da ihnen eine Vermarktung der Sportleistung und ihrer Person verboten sei. 255 Diese Trennung zwischen Berufs- und Amateursport als Abgrenzungskriterium für die Anwendbarkeit des GWB wird in jüngster Zeit zunehmend in Frage gestellt. 256 Dahinter steht die Überlegung, daß die Kommerzialisierung auch den Amateursportbereich erfaßt und verändert hat, so daß es willkürlich erscheine, eine Trennlinie zwischen dem sog. Amateur- und Berufssport zu ziehen?57 Verwiesen Vgl. BGHZ 19,72 (79 f.); BGHZ 36,91 (102 ff.); BGHZ 52,65 (66). Bunte, in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, §I Rz. 10; lmmenga, in Immenga/Mestmäcker, §I GWB Rz. 44 m. w. N.; in diese Richtung auch BGHZ 31, IOS (I08 ff.). 252 OLG Düsseldorf, WuW /E I977, OLG 1793 ("Vergütungsabrede"). 253 WuW /BKartA 357 = BB 1961, 657 ("Berufsboxer"); OLG Frankfurt, BB 1986, 554 sowie OLG Frankfurt, GRUR I983, 517 (518); BGH, WuW /E 389. 254 BGH, NJW 1987, 3007 ("Inter-Mailand-Spiel"); ebenso Immenga, in Immenga/ Mestmäcker, § 1 GWB Rz. 79 m. w. N. 255 lmmenga, in lmmenga/Mestmäcker, § 1 GWB Rz. 79; im Ergebnis ebenso Grunewald, AcP 182, 181 (209); auch die Rechtsprechung hat bisher die Anwendbarkeit des GWB immer unter ausdrücklicherBezugnahme auf die beruflich ausgeübte sportliche Tätigkeit bejaht. 256 Steinbeck, WuW 1996, 91 (96); Summerer; Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 110; ebenso Hohl, der eine Trennung von Amateur- und Berufssportlern ablehnt und die Unternehmereigenschaft von Spitzensportlern annimmt, ohne jedoch näher festzulegen, nach welchen Kriterien die Spitzensportlereigenschaft bestimmt werden soll, Nominierung von Leistungssportlern, S. 195. 2so

251

74

2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

wird beispielsweise auf eintrittspflichtige Volley- oder Handballturniere in der Regionalliga oder die Werbung auf der Kleidung der Tennisspieler in der Oberliga. Diese in der Literatur geäußerte Ansicht versucht durch Aufhebung der Trennung zwischen Amateur- und Berufssport der Rechtstatsächlichkeit des Sportgeschehens gerecht zu werden. Die bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten werden in der Leichtathletik besonders sichtbar: Das Statut der IAAF setzt für die Zulassung zu Leichtathletikwettbewerben den "Amateur"-Status der Sportler voraus,258 eine entsprechende Zulassungsregel enthält auch die Satzung des DLV. Gleichzeitig erhielt der Sprinter Michael Johnson bei den unter dem Regelwerk der IAAF ausgetragenen Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1999 in Sevilla für seinen Sieg über 400 mein Preisgeld von 160 000 Dollar. Damit sind Spitzensportler in der Leichtathletik "nicht mehr weit entfernt von den Verdienstmöglichkeiten beispielsweise der Tennisprofis". 259 Summerer spricht in Zusammenhang mit oben genannter Leichtathletik-Zulassungsregelung von dem "antiquierten Begriff des "Amateurs"?60 Auch in der Rechtsprechung finden sich Formulierungen, die die herkömmliche Unterscheidung von Berufs- und Amateursportlern in Zweifel ziehen: So stelle der "Begriff des Amateursports heutzutage ohnedies nur noch eine Etiquette" dar, die "die Kleinverdiener von den Großverdienern im Profisport unterscheidet. " 261 Gleiches gilt auch außerhalb des nationalen und internationalen Spitzensports. Nicht nur bei Turnierveranstaltungen werden finanzielle Interessen durch Einnahmen von Eintrittsgeldem und Produktwerbung verfolgt, in der Praxis erhalten die Sportler für ihre sportliche Leistung oft mehr als eine reine Aufwandsentschädigung.262 Hintergrund dieser Entwicklung im Amateursport ist der Umstand, daß auch hier das Niveau der sportlichen Leistung und die Anforderungen an die Sportler ständig zunehmen. Dies erfordert ein immer intensiveres und umfassenderes Trainingsprogramm, das das Leben des Sportlers bestimmt und kaum mehr Ähnlichkeit mit der den Amateursport ursprunglieh kennzeichnenden Freizeitbeschäftigung aufweist. Eine pauschale Ausblendung der Amateursportler aus dem Anwendungsbereich des GWB erscheint unter diesen Gesichtspunkten nicht gerechtfer257 Steinbeck, WuW 1996, 91 ( 96); im Ergebnis ebenso Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 110. 258 Regeln 51 ff. der Satzung der IAAF: "Cornpetition under IAAF Rules is restricted to arnateur athletes ... ". 259 Zitat aus Süddeutscher Zeitung vorn 28./29. 08. 99, S. 4: ,,Michael Johnson- Leichtathletik-Weltmeister und Fabel-Weltrekordler". 260 Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 176. 261

(36).

ArbG Frankfurt a.M., SpuRt 1997, 64 (64); vgl. auch FG Bremen, SpuRt 2000, 34

262 Eine verdeckte materielle Unterstützung erfolgt beispielsweise durch den verbilligten Bezug eines PKWs, die Zurverfügungstellung einer Wohnung bis hin zu verdeckten Zuwendungen finanzieller Art, Weisemann, Sport, Spiel und Recht, Rz. 25; vgl. auch Krogmann, Grundrechte im Sport, S. 39 f.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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tigt. Stattdessen sollten die von Rechtsprechung und Literatur zur Begründung der "Unternehmenseigenschaft" entwickelten Kriterien herangezogen und im Einzelfall unter Berücksichtigung der sportspezifischen Besonderheiten geprüft werden. 2. Inhalt des vom Sportler erhobenen Anspruchs

Zu klären ist weiterhin, welchen konkreten Inhalt die von einem Athleten gegenüber dem Veranstalter I Verband geltend gemachte Forderung hat, mittels der er seine Teilnahme an einem bestimmten sportlichen Wettkampf erreichen möchte. Eine Golfspielerio beispielsweise, die an einem für Herren ausgeschriebenen Golfturnier teilnehmen möchte, begehrt ihre Zulassung zu dem Wettkampf unter Abänderung bzw. Nichtanwendung der Regelbestimmung, die eine Teilnahmeberechtigung nur Männern gewährt. Ziel ist die Aufhebung einer durch diese Regelung bestehenden Ungleichbehandlung zwischen männlichen und weiblichen Sportlern bei der Turnierausschreibung. Dem Golfer Casey Martin wurde die Zulassung zu dem von der US-PGA veranstalteten Profigolfturnier unter Anwendung der für alle Teilnehmer verbindlichen Regelbestimmungen nicht versagt, jedoch verlangte Martin auf Grund seiner Behinderung eine Ausnahmeregelung. Deren Erlaß wollte er mit dem Ergebnis durchsetzen, gegenüber seinen Mitkonkurrenten eine Sonderbehandlung zu erfahren. Andererseits führte die strikte Einhaltung der geltenden Wettkampfordnung gegenüber dem behinderten Sportler zu dessen faktischem Ausschluß, da er auf Grund seiner Behinderung nicht in der Lage war, ohne Benutzung eines Golfwagens an dem Turnier teilzunehmen. Im Zentrum der von den Sportlern geltend gemachten Forderung steht somit das Problem, ob das Festhalten an der für alle Turnierteilnehmer geltenden Wettkampfregel gegenüber Martin bzw. der die Teilnahme begehrenden Golfspielerio eine unzulässige Diskriminierung seitens des Wettkampfveranstalters darstellt. 3. Abgrenzung zwischen Aufnahme- und Teilnahmeanspruch

Im Gegensatz zu dem Anspruch auf Teilnahme an einem konkreten Wettkampf wurde die Verpflichtung eines Vereins oder Verbandes zur Aufnahme von Mitgliedern in der vereinsrechtlichen Rechtsprechung bereits sehr ausführlich erörtert. 263 Dogmatisch stellt die Verpflichtung eines Verbandes bzw. Vereins zur Aufnahme von Mitgliedern eine Form des Kontrahierungszwangs im Privatrecht dar, der seine Rechtfertigung in der Monopolstellung der Verbände bzw. Vereine findet. 264 263 Grundlegend BGH, NJW 1975, 771 ff. ("Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität"); BGH, NJW-RR 1986, 583 ("Aikido-Verband"); BGH LM Nr. 3 zu § 38 BGB ("Berufsboxer"). 264 Steinbeck, WuW 1996, 91 (92); so auch Grunewald, AcP 182 (1982), 181 ff.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung werden als Grundlage eines solchen Aufnahmeanspruchs die §§ 826, 249 BGB in Verbindung mit § 20 VI GWB (§ 27 GWB a.F.) herangezogen: Prüfungsmaßstab ist eine "an die Vorschrift des § 826 BGB und die Tatbestandselemente des § 20 VI GWB angelehnte Formel, wonach die Ablehnung der Aufnahme ... nicht zu einer - im Verhältnis zu bereits aufgenommenen Mitgliedern - sachlich nicht gerechtfertigten ungleichen Behandlung und unbilligen Benachteiligung eines die Aufnahme beantragenden Bewerbers führen darf. "265 Nick.lisch266 dagegen zieht die sog. Horizontalwirkung der Grundrechte als Grundlage des Aufnahmeanspruches heran, ebenso begründet Baecker267 eine Aufnahmepflicht der Sportverbände und -vereine aus dem Gleichbehandlungsgebot heraus: Hierbei handele es sich um einen überpositiven Grundsatz, der als allgemeines, die gesamte Rechtsordnung durchdringendes Prinzip anerkannt sei. Bei Ungleichgewichtigkeit der Vertragspartner sei es Aufgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes, die Wiederherstellung des Gleichgewichts und damit der Gerechtigkeit zu gewährleisten?68 Trotz dieser unterschiedlichen dogmatischen Anspruchsbegründung folgen alle Ansätze inhaltlich den in der " Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität"-Entscheidung festgelegten Vorgaben des Bundesgerichtshofs,269 wonach eine Abwägung der berechtigten gegenüberstehenden Interessen des die Aufnahme beantragenden Bewerbers und des Monopolverbandes zu erfolgen hat. 270 Der Anspruch auf Teilnahme an einem Wettkampfturnier weist gewisse Ähnlichkeiten mit dem Aufnahmeanspruch in einen Verband bzw. Verein auf. Auch hier handelt es sich um eine Form des Kontrahierungszwanges, denn der Sportler möchte seine Zulassung zu den Wettkämpfen erreichen. Darüber hinaus besteht eine Gemeinsamkeit insoweit, als der Anspruch auf Aufnahme in einen Verband 265 BGHZ 63, 282 (285); BGH, NJW-RR 1986, 583; Hintergrund der nur sinngemäßen Anwendung des § 20 VI GWB ist der Umstand, daß die Rechtsprechung zwar beispielsweise den DFB, nicht aber einzelne Amateursportverbände als "Wirtschafts- oder Berufsvereinigung" i. S. d. § 20 VI GWB anerkannt hat, da deren Ziele nicht auf die wirtschaftliche Förderung ihrer Mitglieder gerichtet seien, OLG Frankfurt, WRP 1983, 35 (37); OLG Frankfurt WRP 1986, 281 (283); offengelassen in BGHZ 63, 282 (286); a.A. Steinbeck, WuW 1996,91 (94), die eine pauschale Abgrenzung zwischen Amateur- und Berufssport ablehnt und damit in logischer Konsequenz für eine unmittelbare Anwendung des § 20 VI GWB im Einzelfall auch auf Amateursportvereine plädiert; ebenso Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 111; Emmerich, Kartellrecht, § 2 1 Nr. 1, S. 259; ausfürlieh bereits oben Zweiter Teil. C.l.1.b. 266 Nicklisch arbeitet mit einer Ausdehnung der Grundrechtsbindung auf solche Verbände, die durch wirtschaftliche und soziale Macht den Einzelnen in eine ähnliche Position versetzen wie gegenüber dem Staat oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften, wenn also ein "staatsähnliches Über-und Unterordnungsverhältnis" besteht, JZ 1976, 105 (107 ff.). 267 Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie, S. 74 ff. 268 Baecker, Grenzen der Vereinsautonomie, S. 79. 269 Vieweg, JuS 1983, 825 (827). 21o BGH, NJW 1975,771 (772).

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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ebenso wie der auf Teilnahme an einem Wettkampf mit einer sachlich nicht gerechtfertigten und damit unzulässigen Ungleichbehandlung begründet werden. 271 § 20 VI GWB normiert ein besonderes Diskriminierungsverbot in bezugauf die Aufnahme in "Berufs- und Wirtschaftsvereinigungen" und ergänzt damit die Regelung des § 20 I GWB. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches dieses speziellen Tatbestandes ist methodisch abzulehnen. 272 Zur Begründung eines Anspruches auf Teilnahme an einem Wettkampf ist stattdessen auf die "allgemeine" Regelung des Verbotes diskriminierender Behandlung nach § 20 I GWB i.V.m. § 33 GWB zurückzugreifen. 273 Auf Grund der inhaltlichen Ähnlichkeit sind jedoch bei der Ausgestaltung dieses Anspruchs auf Teilnahme an einem Wettkampf die vom BGH in seiner Grundsatzentscheidung 274 zum Aufnahmezwang festgelegten Kriterien zur Bestimmung des Umfangs und der Grenzen der Verbandsautonomie mit einzubeziehen.

4. Anspruchsvoraussetzungen

§ 20 I GWB verbietet marktbeherrschenden Unternehmen jede unbillige Behinderung oder sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung einzelner Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist.

Der Sportler, der mit der selbständigen Ausübung und I oder Vermarktung seines Sports Einnahmen erzielt, besitzt die Unternehmereigenschaft i. S. d. GWB, unabhängig von der Einordnung als Berufs- oder Amateursportler. 275 Ein marktbeherrschendes Unternehmen liegt gemäß § 19 II 1 GWB dann vor, wenn und soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen entweder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist (Nr. 1) oder eine überragende Machstellung besitzt (Nr. 2). Die Sportverbände nehmen auf Grund des "Ein-Platz-Prinzips" sowie der hierarchisch aufgebauten Verbandsstruktur eine fachlich-räumliche Monopolstellung ein und gelten 271 Vgl. insoweit den Priifungsmaßstab der Rechtsprechung zum Aufnahmeanspruch sowie den unter C.I.2. festgestellten Inhalt des Anspruchs auf Teilnahme an einem Wettkampf. 272 So auch Hohl in bezug auf den Nominierungsanspruch eines Sportlers gegen den Verband. Dieser Anspruch betrifft das verbandsinterne Auswahlverfahren bzgl. einer Teilnahme an Wettkämpfen und ist dem Anspruch gegen den Veranstalter eines Wettkampfes auf unmittelbare Teilnahme an diesem Wettkampf in gewisser Weise vorgeschaltet, in seiner inhaltlichen Zielsetzung, der Zulassung zu dem Turnier, jedoch sehr ähnlich, Nominierung von Leistungssportlem, S. 184 f., S. 191, zum Inhalt des Nominierungsanspruch ausführlich S. 25. 273 Ebenso hat die Rechtsprechung den Abwehranspruch eines Athleten gegen sportgerichtliche Entscheidungen auf § 20 I GWB n.F. (§ 27 GWB a.F.) gestützt, hierzu Haas/ Prokop, JR 1998,45 (47). 274 BGH, NJW 1997, 771 ff. ("Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität"). 275 Zweiter Teil. C.l.l.a. und b.; vgl. auch Traub, WRP 1985, 59 (593).

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

daher als marktbeherrschend i. S. d. § 19 II 1 GWB. 276 Gleiches muß auch für die oben beschriebenen Profispielervereinigungen gelten. 277 Im Golfsport beispielsweise bildet der Deutsche Golf Verband (DGV) die nationale Dachorganisation des Amateurgolfes, die PGA-Gerrnany übernimmt im Bereich des Profigolfsports die Organisation und Leitung der Profiwettkämpfe. Hierbei hat sie eine Monopolstellung inne, die eine Subsumtion unter den Begriff des marktbeherrschenden Unternehmens rechtfertigt. Der Umstand, daß die Spieler selbst Mitglieder dieser Vereinigungen sind, ändert an der Macht- und Monopolstellung im Profisport und der damit einhergehenden Einordnung als marktbeherrschendes Unternehmen nichts. 278 Die in § 20 I GWB normierten Tatbestände der unbilligen Behinderung bzw. der sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung überschneiden sich weitgehend, so daß eine klare Trennung nicht möglich ist. 279 Die Prüfung der Unbilligkeit bzw. Grundlosigkeit einer Ungleichbehandlung erfolgt nach den gleichen Kriterien: Maßstab ist eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB. 280 a) Berücksichtigungsfähige Interessen des Sportlers

Die Teilnahme an Wettkämpfen stellt jedenfalls für einen Berufssportler die Existenzgrundlage dar und ist mithin von entscheidender Bedeutung. Unter dem Blickwinkel einer geltend gemachten Diskriminierung stellt sich darüber hinaus die Frage der Geltung von Grundrechten im Privatrecht, d. h. ob und inwieweit sich ein Sportler auf den Gleichheitssatz des Art. 3 GG berufen kann. aa) Berücksichtigung von Grundrechten im Privatrecht Die Frage nach der Wirkung der Grundrechte im Privatrecht stand in den fünfziger und sechziger Jahren im Mittelpunkt rechtlicher Diskussion der Grundrechtslehre. Nachdem sich Stimmen in der Literatur,281 gefolgt von der Rechtsprechung des BAG,282 für eine unmittelbare Anwendung bestimmter Grundrechte im Privat276 Summerer. Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 108 f.; vgl. auch BGH WM 1998, 147 (149 ff.) sowie Hohl, Nominierung von Leistungssportlern, S. 195. 277 Zu diesen ausführlich oben, Zweiter Teil. A.II.2. und 3. 278 Da die unmittelbare Mitgliedschaft in diesen Spielervereinigungen für die Athleten essentielle Voraussetzung zur Ausübung des Wettkampfsports ist, sind sie auf eine Mitgliedschaft faktisch angewiesen. 279 Markert, in lmmenga/Mestmäcker, § 26 GWB a.F. (§ 20 GWB n.F.) Rz. 182. 280 Markert, in lmmenga/Mestmäcker, § 26 GWB a.F. Rz. 196. 28 1 Nipperdey, Grundrechte und Privatrecht, S. 13 ff.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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recht ausgesprochen hatten, entwickelte Dürig283 die These der nur mittelbaren Wirkung der Grundrechte im Privatrecht und begründete die vom BVerfG284 übernommene und heute anerkannte Lehre der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte. 285 Nur vereinzelte Stimmen in der Literatur sprechen sich noch für eine unmittelbare Geltung der Grundrechte im Privatrecht aus: So entfalten nach Hage~86 die Grundrechte unmittelbare Geltung gegenüber bürgerlich- rechtlichen Gesetzen wie auch gegenüber rechtsgeschäftliehen Vereinbarungen. Dementsprechend bilde beispielsweise § 20 I GWB eine Grenze der Privatautonomie, die im Gleichheitssatz wurzele. Diese Auffassung ist mit der Struktur und Bedeutung der Grundrechte nicht zu vereinbaren. Der Staat ist Adressat der Grundrechte, die in ihrer Ausgestaltung als Freiheits- und Gleichheitsrechte die Ausübung staatlicher Gewalt verpflichten und begrenzen. 287 Eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Bürger in ihrem Verhältnis untereinander verkennt diese den Grundrechten zugrundeliegende Systemeinordnung. Jedoch verkörpert die Gesamtheit der Grundrechte eine objektive Werteordnung, die nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch das Privatrecht beeinflußt. Sowohl der Gesetzgeber als auch der Richter sind an die Vorgaben der Verfassung gebunden. Damit werden die Grundrechte gleichsam Maßstab für die Gestaltung und Auslegung des einfachen Rechts. Diese Einwirkung grundrechtlicher Werteentscheidungen bezeichnet die im Grundsatz allgemein anerkannte Lehre der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte. 288 Hesse bestimmt die Beziehung zwischen Verfassungs- und Privatrecht als ein "Verhältnis wechselseitiger Ergänzung und Bedingtheit". Der Verfassung komme neben der Wahrung und Sicherung grundlegender Wertmaßstäbe auch eine "Schrittmacherfunktion" zu, indem es dem Privatrecht "Richtlinien und Impulse" vermittele und damit für eine "sachgemäße Fortbildung des Privatrechts" von entscheidender Bedeutung sei?89 Gleichzeitig darf durch die Einwirkung des Verfassungsrechts in das ZivilVgl. BAGE 1, 185 (193); BAGE 4, 274 (276m. w. N.). Dürig, FS Nawiasky, S. 157 (176 ff.). 284 BVerfGE 7, 198. 285 A.A. insoweit Zöllner; der sowohl eine unmittelbare als auch mittelbare Anwendung der Grundrechte auf vertragliche Absprachen ablehnt, AcP 196, 1 ff. 286 Hager; JZ 1984, 373 (380, 383). 287 Pieroth/Schlink, Grundrechte Staatsrecht II, Rz. 43. 288 Ausführlich Bleckmann, DVBI. 1988, 938 ff. (943); Pieroth/Schlink, Grundrechte Staatsrecht II, Rz. 76 ff.; Stein, Staatsrecht, § 26.V.; Kanngengießer; in Schrnidt-Bieibtreu/ Klein, GG Kommentar, Vorbem. v. Art. 1 Rz. 6 ff.; vgl. auch Starck, in v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG I, Art. I Rz. 262 ff.; den Begriff der Drittwirkung als verwirrend und dogmatisch ungenau kritisierend, im Ergebnis aber zustimmend Rüfner, Grundrechtsadressaten, HStR V, § 117 Rz. 58. 289 Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, S. 31,40 ff. 282 283

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

recht die zu schützende Eigenständigkeit des Privatrechts nicht aufgegeben werden, denn dieses verwirklicht mit dem tragenden Grundsatz der Privatautonomie gleichfalls eine Grundwerteentscheidung der Verfassung.290 In bezug auf den Gleichheitssatz wird dessen Einfluß auf das Privatrecht von Teilen der Literatur mit der Begründung in Frage gestellt, daß Art. 3 GG einen "ganz anderen Inhalt und eine andere Funktion als die Freiheitsrechte" habe, die Lehre der mittelbaren Drittwirkung aber anhand der Freiheitsrechte entwickelt worden sei?91 Gerade die Bindung einer Privatperson in ihren persönlichen und wirtschaftlichen Dispositionen an den Gleichheitssatz würde sich als eine Beschränkung grundrechtlich gesicherter Freiheiten darstellen. 292 Eine Geltung des Gleichheitssatzes komme aber in Betracht, wenn das Privatrechtssubjekt in stärkerem Maße als üblich in eine soziale Verantwortung hineinwachse, die eine Gleichsetzung der Pflichten mit denen des Staates verlange. 293 Dies gelte insbesondere bei Bestehen einer Monopolsituation 294 oder bei Inanspruchnahme einer bedeutenden Marktmacht. 295 In bezugauf bestehende Monopol- und Machtstellungen einzelner Privatrechtssubjekte greift die von Canaris angeführte Schutzgebotsfunktion der Grundrechte, einen Bürger gegenüber diesem Monopolisten vor einem Eingriff in das grundrechtlich gewährleistete Recht auf Gleichbehandlung zu schützen. 296 Da die Sportverbände auf Grund der pyrarnidenförrnigen Struktur des Sportverbandswesens eine monopolartige Stellung einnehmen und § 20 I GWB gerade Ausdruck der Begrenzung bestehender Machtpositionen ist, sind die in Art. 3 GG manifestierten Wertentscheidungen in Übereinstimmung mit den Auffassungen in der Literatur bei der Auslegung dieser kartellrechtlichen Vorschrift mit einzubeziehen.297 Nach Vieweg zielt die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Verbandswesen auf eine vom Staat vorgenommene Begrenzung der Verbandsmacht im Verhältnis zu den unmittelbaren und mittelbaren Verbandsmitgliedern 298 und muß bei der Konkretisierung der zivilrechtliehen Vorschriften, die für die Beziehung der einzel290 Auch im Kartellrecht wird die Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Wertungen befürwortet, wobei v. Ungern-Sternenbergvornehmlich die Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG im Blickfeld hat, FS Odersky, S. 987 (997). 291 Salzwedel, FS Jahrreiß, S. 339 ff.; Bleckmann, Die Struktur des allgemeinen Gleichheitssatzes, S. 109; Rüfner, Grundrechtsadressaten, HStR V,§ 117 Rz. 69. 292 Scho/z, in MaunziDürig, Kommentar zum GG, Art. 31 Rz. 506,507. 293 Bleckmann, Die Struktur des allgemeinen Gleichheitssatzes, S. 109. 294 Starck, in v. Mangoldt I Klein I Starck, GG I, Art. 3 Rz. , 266 ff., 269. 295 Scho/z, in Maunz I Dürig, Kommentar zum GG, Art. 3 I Rz. 511; Jarass, in Jarass I Pieroth, GG Kommentar, Art. 3 Rz. 10. 296 Canaris, Grundrechte und Privatrecht, S. 36 ff. (38). 297 Vgl. auch Plath, der in bezugauf die Monopolstellung der Sportverbände von einer unmittelbaren Grundrechtsbindung ausgeht, Individualrechtsbeschränkungen im Berufsfußball, s. 51 ff. (55). 298 Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 190.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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nen Ebenen der Sportverbandspyramide zueinander wesentlich sind, herangezogen werden. 299 Dies münde in eine Güterabwägung, die durch Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips sinnvoll durchgeführt werden könne. 300 Die Lehre der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte übernimmt den Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, der durch die Ausstrahlungswirkung verfassungsrechtlicher Werteentscheidungen in das einfache Recht verwirklicht wird. Auf diese Weise wirken die Grundrechte auch auf die privatrechtlich begrundete Autonomie der Verbände ein und gestalten deren Umfang aus.

bb) Beriicksichtigung des Art. 3 II, III 1 GG zugunsten des Sportlers Eine Ausstrahlung verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen in das Privatrecht setzt zunächst voraus, den Inhalt der Grundrechtspositionen und ihre Bedeutung als Manifestation einer für die gesamte Rechtsordnung maßgebenden Werteentscheidung zu ermitteln. Bezugnehmend auf den eingangs erwähnten Beispielsfall der Golfspielerin, die an einem Golfturnier der Herren teilnehmen möchte, 301 ist das verfassungsrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts (Art. 3 II, III 1 GG) in Betracht zu ziehen. (i) Verhältnis des Art. 3 Il zu Art. 3llll GG Art. 3 II GG konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG für das Verhältnis von Frau und Mann und bestimmt, daß der Geschlechtsunterschied keinen beachtlichen Grund für Differenzierungen darstellen kann. 302 Art. 3 III 1 GG verbietet ebenfalls in Konkretisierung des Art. 3 I GG Benachteiligungen oder Bevorzugungen wegen des Geschlechts und nimmt insoweit den Inhalt des Art. 3 II 1 GG auf. 303 Das Verhältnis der Absätze II und III zueinander wird von Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich bewertet. In neuererRechtsprechunghat das BVerfG das Verbot der Differenzierung wegen des Geschlechts ausschließlich Art. 3 III 1 GG zugeordnet304 und Art. 3 II GG einen dariiber hinausgehenden Inhalt zugemessen: Vieweg, Normsetzung und -anwendung, S. 192. Dieser Ansatz Viewegs basiert auf der oben dargestellten Annahme, Art. 9 GG gewähre den Verbänden eine vorn Staat abgeleitete Kompetenz zu privater Normsetzung, deren Grenzen unter anderem durch die Wahrung grundrechtlich geschützter Positionen bestimmt würden, dazu oben Zweiter Teil. B.Il.l. 301 Zweiter Teil. C. vor I. 302 BVerfGE 31, 1 (4) unter Hinweis auf BVerfGE 21, 329 (343). 303 In einer früheren Entscheidung zog das BVerfG als Prüfungsmaßstab Art. 3 II GG heran, "dessen Inhalt mit dem in Art. 3 III GG normierten Verbot einer Bevorzugung oder Benachteiligung wegen des Geschlechts übereinstimmt, BVerfGE 43, 213 (225). 299

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6 Zinger

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

In einem obiter dieturn erklärte das BVerfG, daß der über das Diskriminierungsverbot des Art. 3 III 1 GG hinausgehende Regelungsgehalt von Art. 3 II GG darin bestehe, daß er ein "Gleichberechtigungsgebot aufstellt und dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt."305 Mit der Einfügung des Art. 3 II 2 GG im Jahr 1994, der das Gleichberechtigungsgebot ausdrücklich feststellt, ist diese erweiternde Auslegung des BVerfG zu Art. 3 II 1 GG obsolet geworden. Sie bildet aber die Grundlage für die vom BVerfG vorgenommene Verhältnisbestimmung der beiden Absätze zueinander und führte dazu, daß seither bei der Prüfung einer nach dem Geschlecht differenzierenden Regelung ausschließlich Art. 3 III 1 GG als Differenzierungsverbot herangezogen wird. 306 Der Regelungsgehalt des Art. 3 II GG dagegen zielt nicht nur auf die Beseitigung von Rechtsnormen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern möchte darüber hinaus für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen und eine Angleichung der Lebensverhältnisse erreichen. 307 Die zuständigen staatlichen Organe werden angehalten, Maßnahmen zur Angleichung der Lebensverhältnisse von Männern und Frauen zu ergreifen, indem die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung gefördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hingewirkt wird. Mit diesem Inhalt normiert Art. 3 II 2 GG ein Staatsziel, das eine "Gleichstellung" zwischen Männern und Frauen zu erreichen sucht. Die Formulierung als Staatsziel verdeutlicht gleichsam, "daß kein Individualanspruch auf ein bestimmtes staatliches Handeln eingeräumt werden soll".308 Der Umstand, daß Art. 3 II 2 GG keine individuellen subjektiven Rechte begründet, sondern eine Staatszielbestimmung normiert, verhindert nicht die Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Werteentscheidung im Rahmen einer 304 Grundlegend BVerfGE 85, 191 (206): Verstoß des Nachtarbeitsverbotes für Arbeiterinnen(§ 19 AZO) gegen Art. 3 IIl GG; ebenso BVerfGE 92, 91 (108 f.): Die Beschränkung einer Feuerwehrdienstpflicht und der hieran anknüpfenden Abgabepflicht auf Männer verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Ili GG. 305 BVerfGE 85, 191 (206); ebenso, wiederum nicht entscheidungsrelevant BVerfGE 89, 276 (285). 306 Diese Auslegung wird in der Literatur kritisiert und die Spezialität des Art. 3 II GG gegenüber dem Abs. III hervorgehoben unter Hinweis auf Art. 117 I GG, der für eine Übergangszeit bis 1953 die Wirksamkeit von Rechtsnormen bestimmte, die gegen einzelne aufgeführte Verfassungsnormen verstoßen. Daß hierbei nur Art. 3 II GG, nicht auch dessen Abs. III erwähnt werde, verdeutliche, daß ausschließlich dem Absatz II die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau zuzuordnen sei, so etwa Starck, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 3 Rz. 280; ebenso lpsen, Staatsrecht li, Rz. 789; die frühere Rechtsprechung des BVerfG zog ebenfalls Art. 3 II GG als vorrangigen Prüfungsmaßstab heran, so noch etwa BVerfGE 43, 213 (225). 307 BVerfGE 89, 276 (285) unter Hinweis auf BVerfGE 85, 191 (207). 308 So die Begründung der Gerneinsamen Verfassungskornrnission: BT-Drucks. 12 I 6000, S. 50; ebenso die übereinstimmende Auffassung der Literatur, vgl. Ipsen, Staatsrecht II Rz. 793, Starck, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 3 Rz. 286 f.; nach Stein manifestiert Art. 3 II 2 GG die allgerneine Schutzpflicht des Staates für gefährdete Grundrechtsgüter, Staatsrecht, § 49 1.3.b., S. 405.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht. 309 Allerdings kann diese Verfassungsnorm nicht als subjektive Rechtsposition des Sportlers in die Interessenahwägung einbezogen werden. (ii) Anwendungsvoraussetzungen des Diskriminierungsverbotes

nach Art. 3 l/1 I GG

Art. 3 III 1 GG normiert ein grundsätzliches Differenzierungsverbot Ausnahmsweise zulässige Differenzierungen können sich nur aus biologischen Unterschieden zwischen Mann und Frau sowie aus anderen Verfassungsnormen ergeben. 310 Einige Stimmen in der Literatur sprechen deshalb von einem "absoluten" oder "kategorischen" Differenzierungsverbot 311 Nach Sachs erscheint ,jede denkbare Ungleichbehandlung als Ausnahme", die "durch Begrenzungen zu rechtfertigen ist. ..312 Die frühere Rechtsprechung des BVerfG erachtete Differenzierungen im Hinblick auf das Geschlecht ausnahmsweise als zulässig, wenn "im Hinblick auf die objektiven biologischen oder funktionalen (arbeitsteiligen) Unterschiede nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses eine besondere Regelung erlaubt oder sogar geboten ist ..."? 13 Diese über lange Zeit verwendete Formel wurde in neuerer Rechtsprechung dahin abgewandelt, daß an das Geschlecht anknüpfende Regelungen mit Art. 3 III 1 GG nur dann vereinbar sind, "soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind." Wenn es an derart zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung fehlt, kann sich die Zulässigkeit der in Rede stehenden differenzierenden Regelung "nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht" ergeben? 14 Grundlage der Anwendbarkeit des Diskriminierungsverbotes ist die Vergleichbarkeit der zugrundeliegenden Lebenssachverhalte. 315 Diese nimmt das BVerfG dann an, wenn der zu ordnende soziale Lebenstatbestand, vom Geschlecht des BeSo auch Osterloh, in Sachs, Grundgesetz, Art. 3 Rz. 262. Starck, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 3 Rz. 295 ff.; zur Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichberechtigung, S. 28 ff. 311 So etwa Dürig, in Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 3 III Rz. 1; lpsen, Staatsrecht II, Rz. 795; weitere Nachweise bei Sachs, Grenzen des Diskrirninierungsverbots, S. 48 (Fn. 252). 312 Sachs, Grenzen des Diskriminierungsverbots, S. 48. 313 BVerfGE 74, 173 (179), in dieser Entscheidung wurde noch Art. 3 II GG als normiertes Differenzierungsverbot herangezogen unter Hinweis auf BVerfGE 3, 225 (242); 43, 213 (225); 52, 369 (374); 57, 335 (342 f.). 314 BVerfGE 85, 191 (207); BVerfGE 92, 91 (109). 315 Grundlegend für diese ständige Rechtsprechung BVerfGE 6, 389 (422 f.) ("Homosexuellen-Entscheidung"); ebenso BVerfGE 15, 337 (343); 37,217 (249 f.). 309 310

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troffenen abgesehen, weitere wesentliche Elemente umfaßt, die ihrerseits gleich sind? 16 Nach Ansicht des Gerichts scheidet die Anwendbarkeit des Diskriminierungsverbotes nicht nur dann aus, wenn "gemeinsame Elemente überhaupt nicht vorhanden sind", sondern auch, "wenn der biologische Geschlechtsunterschied den Lebenssachverhalt so entscheidend prägt, daß etwa vergleichbare Elemente daneben vollkommen zurücktreten. " 317 (iii) Subsumtion der Anwendungsvoraussetzungen im Bereich des Sports

Im Sport wird innerhalb der einzelnen Disziplinen überwiegend zwischen Männem und Frauen getrennt. Nur wenige Sportarten wie beispielsweise das Reiten werden von Männem und Frauen in direkter Konkurrenz betrieben. Bei den getrennt betriebenen Sportarten ähneln sich zumeist die Modalitäten der sportlichen Betätigung, vom Bewegungsablauf bis hin zu den grundlegenden, die Eigenart der Sportart charakterisierenden Regelungen? 18 Bestehende Unterschiede sowohl im Regelwerk als auch in der konkreten Betätigung beruhen zumeist auf der biologisch bedingt unterschiedlichen physischen Konstitution von Mann und Frau sowie einer daraus resultierenden unterschiedlichen Leistungsstärke. Die grundsätzlich gleiche Art der sportlichen Betätigung nach einem in den Grundzügen identischen Regelwerk schafft sonach gemeinsame Elemente, die eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte innerhalb einer Sportdisziplin zulassen. Nach Art. 3 III 1 GG ist in diesen Fällen eine Ungleichbehandlung nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Lösung von Problemen, die der Natur nach nur bei Männem oder Frauen auftreten können, zwingend erforderlich ist. Die unterschiedliche körperliche Konstitution von Männem und Frauen begründet in den meisten Sportarten die Trennung der Geschlechter. Frauen haben von Natur aus ein schwächeres Knochengerüst sowie eine geringere Muskelmasse, 319 wodurch die körperliche Leistungsfähigkeit eines Mannes grundsätzlich höher zu bewerten ist als die einer Frau. Ein fairer und chancengleicher Wettbewerb ist daher oft nur bei einer Trennung von Damen- und Herrenwettkämpfen möglich. 320 Im Golfsport wird der unterschiedlichen körperlichen Konstitution und damit einhergehenden höheren Schlagkraft der Männer dadurch Rechnung getragen, daß der Abschlag der Damen um einige Meter vor dem der Herren liegt. Allerdings ist die Schlagkraft nicht einziges und entscheidendes Kriterium im Golfsport. Dieser erfordert ebenso ein ausgeprägtes Ballgefühl sowie die Fähigkeit, den Golfball gezielt und mit einem genau taxierten Kraftaufwand zu schlagen. Der erste Abschlag BVerfGE 6, 389 (422). BVerfGE 6, 389 (423). 318 Vgl. etwa die Allgemeinen Tennisregeln der ITF oder die Allgemeinen Golfregeln, die von der USGA und dem Royal and Ancient Club of St. Andrews erlassen werden. 319 Darauf hinweisend BVerfGE 92, 91 (ll9). 320 So z. B. in der Leichtathletik, beim Schwimmen, Radfahren oder auch Boxen. 316 317

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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ist dabei nur einer von mehreren Faktoren, die ein erfolgreiches Golfspielen bedingen. Eine Trennung von Damen und Herren erscheint damit nicht gleichsam zwingend wie beispielsweise in der Leichtathletik, in der die gesamte sportliche Betätigung maßgeblich von der körperlichen Grundkonstitution beeinflußt wird. Auch der Schachsport trennt bei den Turnierveranstaltungen zwischen Damenund Herrenturnieren. 321 Hier steht die geistige Herausforderung im Mittelpunkt des Wettbewerbes, die körperliche Konstitution spielt allenfalls im Hinblick auf Konzentration und Durchhaltevermögen eine Rolle. Dies allein kann eine auf Grund biologischer Unterschiede zwingende Notwendigkeit der Trennung von Damen- und Herrenturnieren allerdings nicht begründen. Ein weiteres Beispiel ist das Synchronschwimmen, das bisher fast ausschließlich von Frauen betrieben wird, Männer bilden hier eine Ausnahme. 322 Grundsätzlich fordert diese Sportart keine besonderen Fähigkeiten, die aus der Natur der Sache heraus bei Frauen zwingend vorhanden sind, bei Männern aber fehlen. Entscheidende körperliche Eigenschaften wie beispielsweise Beweglichkeit oder Grazie mögen im allgemeinen vielleicht bei Frauen stärker ausgeprägt sein als bei Männern, daraus allein kann aber nicht geschlossen werden, daß diese Voraussetzungen bei Männern zwingend fehlen und ihren Ausschluß von dieser Sportdisziplin rechtfertigen. Bei den soeben dargestellten Beispielen kann die Differenzierung nach dem Geschlecht nicht ohne weiteres mit biologischen Unterschieden zwischen Mann und Frau begründet werden, so daß einzig eine Kollision mit anderen Verfassungsgütern die Ungleichbehandlung legitimieren kann. cc) Art. 3 III 2 GG Das Grundgesetz normiert in Art. 3 III 2 GG ein weiteres spezielles Diskriminierungsverbot, das die Benachteiligung Behinderter verbietet. Dies wirft die Frage auf, ob beispielsweise im Fall des Golfspielers Casey Martin diese Verfassungsnorm die kartellrechtliche Abwägungsentscheidung zugunsten des behinderten Sportlers beeinflussen kann.

(i) Entstehungsgeschichte des Art. 3 IlJ 2 GG Erstmals in der deutschen Verfassungsrechtsgeschichte wurden mit der Neuregelung des Art. 3 III 2 GG Behinderte im Grundgesetz genannt und mit einem eigenen Grundrecht ausgestattet. 321 Siehe die Turnierordnung des Deutschen Schachverbandes e.V. vom 25. 05. 99, A-1.1. und A-1 .2. (Allgemeine Bestimmungen, Spielbetrieb). 322 So z. B. der Amerikaner Bill May, der als einziger Mann 1998 Mitglied der OS-amerikanischen Nationalmannschaft der Synchronschwimmer war.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Als auslösender Faktor für die akuten Bemühungen, die Anliegen der Behinderten auf Verfassungsebene besser zur Geltung zu bringen, wird die Antidiskriminierungsgesetzgebung in den USA aus dem Jahr 1990 genannt, wozu insbesondere der "Americans with Disabilities Act" (ADA) zählt. 323 In Frankreich ging der Gesetzgeber mit dem Antidiskriminierungs-Gesetz vom Juli 1990 sogar so weit, jede Benachteiligung eines Behinderten im öffentlichen Leben unter Strafe zu stellen. Diese Entwicklung, insbesondere die Verabschiedung des ADA in den USA, motivierte die Bestrebungen der deutschen Behindertenbewegung, die Manifestierung der Rechtsstellung Behinderter auf Verfassungsebene zu fordern. 324 Angestrebt wurde eine Ergänzung des Art. 31II GG um das Merkmal der "Behinderung". Die Gegner einer solchen Verfassungsergänzung argumentierten, daß damit dem Wortlaut des Art. 3 III GG entsprechend gleichzeitig Bevorzugungen Behinderter verboten seien, wodurch z. B. Sozialleistungen zugunsten Behinderter verfassungswidrig würden. Der daraufhin erarbeiteten Ergänzung des Art. 3 III GG in der Fassung des heute geltenden Satz 2 wurde entgegengehalten, daß die Verantwortung der staatlichen Gemeinschaft gegenüber behinderten Menschen bereits über die Menschenwürdegarantie des Art. 1 I GG sowie das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I GG verfassungsrechtlich verankert sei und die Gleichstellung Behinderter ein gesellschaftliches, kein verfassungsrechtliches Problem darstelle. 325 Trotz dieser geäusserten Bedenken wurde die Verfassungsänderung beschlossen, das die Einfügung des Art. 3 III 2 GG bestimmende Änderungsgesetz trat am 15. 11. 1994 in Kraft. (ii) Regelungsgehalt des Art. 3 III 2 GG

Das Regelungsziel des Art. 3 III 2 GG besteht im wesentlichen darin, "für die Behinderten verbesserte Lebensbedingungen, insbesondere eine weitgehende Integration und gleiche Teilnahmemöglichkeiten in allen Lebensbereichen zu schaffen, ferner auch darin, Diskriminierungen durch andere Privatpersonen zu beseitigen"? 26 Das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung begründet nach Wortlaut, Systematik und erklärtem Zweck ein subjektives grundrechtliches Abwehrrecht. 327 Umstritten ist die Frage, ob Art. 3 III 2 GG nur eine Benachteiligung Behinderter verbietet oder gleichermaßen auch eine Bevorzugung verhindern möchte. 328

323 Sachs, RdJB 1996, 154 (156); vgl. auch Scholz, in Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 3 III Rz. 175; ausführlich zum Inhalt des ADA und dessen Anwendung im US-amerikanischen Sport unten Vierter Teil. D.II. 324 Zur Entstehungsgeschichte des Art. 3 III 2 GG Jürgens, ZfSH/SGB 195,353 (354 ff.). 325 Jahn, DVBI. 1994, 177 (183). 326 Sachs, Das Grundrecht der Behinderten aus Art. 3 III 2 GG, RdJB 1996, 154 (161). 327 Osterloh, in Sachs, Grundgesetz, Art. 3 Rz. 305.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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Diese Überlegung ist insbesondere in einer Fallkonstellation wie der des Golfspielers Martin von Bedeutung, da er ja eine Bevorzugung dergestalt begehrt, im Gegensatz zu seinen Konkurrenten einen Golfwagen benutzen zu dürfen. 329 Nach Auslegung des BVerfG sind Bevorzugungen mit dem Ziel einer Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten erlaubt, aber nicht verfassungsrechtlich geboten. 330 Der Umstand, daß das Merkmal der "Behinderung" nicht einfach zu Art. 3 III 1 GG hinzugefügt wurde, sondern der Gesetzgeber eine eigene Formulierung in Satz 2 gewählt hat, die im Gegensatz zu Satz I nur Benachteiligungen verbietet, unterstreicht die eigenständige Bedeutung dieser Verfassungsbestimmung. Das BVerfG trug durch seine Auslegung dieser Bedeutung Rechnung: Behinderung sei eine Eigenschaft, die die Lebensführung für den Betroffenen im Verhältnis zu Nichtbehinderten grundsätzlich schwieriger mache, und diese besondere Situation solle "weder zu gesellschaftlichen noch zu rechtlichen Ausgrenzungen führen", diese sollten im Gegenteil verhindert oder überwunden werden. 331 Damit beinhaltet der Regelungsgehalt des Art. 3 III 2 GG eine über das reine Benachteiligungsverbot hinausgehende Staatszielbestimmung, 332 die dem einzelnen Behinderten zwar keine verfassungsunmittelbaren Ansprüche gewährt, aber als für die gesamte Rechtsordnung geltende Wertentscheidung die Auslegung und Anwendung der Rechtsnormen beeinflußt. Osterloh formuliert in diesem Zusammenhang, daß "das Maß auch zivilrechtlich gebotener gegenseitiger Rücksichtnahme und Toleranz jetzt grundsätzlich neu und anders zu bestimmen" ist. 333 Mit der Normierung dieser Staatszielbestimmung wird die Herstellung von Gegebenheiten, die Behinderten ein gleichwertiges Leben in der Gemeinschaft ermöglichen, zur Aufgabe aller gesellschaftlichen Gruppen und Individuen. 334 Caspar unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen einem negativen und einem positiven Benachteiligungsverbot: Während ersteres allein eine Benachteiligung Behinderter gegenüber nichtbehinderten Personen verbiete, ziele das positiv verstandene Benachteiligungsverbot - in seiner Umkehrung als Bevorzugungsgebot - auf einen möglichst 328 So Kannengießer, in Schrnidt-Bleibtreu/Klein, GG Kommentar, Art. 3 Rz. 42; a.A. Berlit, RdJB 1996, 145 (145); ebenso Starck, in v. Mangold! /Klein/ Starck, GG I, Art. 3 III Rz. 383. 329 Ob die Benutzung tatsächlich einen Vorteil darstellt, ist umstritten, in diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß das Fahren zu einem Konzentrationsverlust führe und den Rhythmus störe, so daß die meisten Golfspieler freiwillig das Laufen vorziehen würden, vgl. Walters, 45-0CT Fed. Law. 49 (50) (1998). 330 BVerfG, NJW 1998, 131 (132). 331 BVerfG, NJW 1998, 131 (132). 332 Starck, in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 3 Rz. 383; ebenso Rüfner, Bonner Kommentar, Art. 3 GG Rz. 869, 884; Jarass, in Jarass/Pieroth, GG Kommentar, Art. 3 Rz. 105; Scho/z, in Maunz /Dürig, Kommentar zum GG, Art. 3 III Rz. 174. 333 Osterloh, in Sachs, Grundgesetz, Art. 3 Rz. 307. 334 Dabei sind die gesellschaftlichen und sonstigen Gegebenheiten nach den spezifischen Bedürfnissen der Behinderten zu gestalten, Jürgens, ZfSH I SGB 1995, 353 (360).

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

weitgehenden Ausgleich bestehender Nachteile durch staatliche Eingriffe und damit auf eine "Gleichstellung". 335 Bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften ist diese Wertentscheidung des Verfassungsgebers als gesellschaftlicher Auftrag dahingehend zu sehen, die Diskriminierung Behinderter zu überwinden und deren gesellschaftliche Integration zu fördern. (iii) Anwendungsvoraussetzungen des Art. 3 l/1 2 GG

Der Begriff der Behinderung wird von Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend in Anlehnung an die Legaldefinition in § 3 I 1 SchwbG ausgelegt und als Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung verstanden, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht. 336 Der Tatbestand des Art. 3 III 2 GG verbietet ausschließlich die Benachteiligung Behinderter. Eine solche liegt nach neuerer Rechtsprechung des BVerfG zum einen dann vor, wenn Regelungen oder Maßnahmen "die Situation des Behinderten wegen seiner Behinderung verschlechtern, indem ihm etwa der tatsächlich mögliche Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen verwehrt wird oder Leistungen, die grundsätzlich jedermann zustehen, verweigert werden". 337 Benachteiligt i. S. d. Art. 3 III 2 GG ist ein Behinderter aber auch bei einem "Ausschluß von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt ... , wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. " 338 Das BVerfG verdeutlicht mit seiner Auslegung des Begriffes der Benachteiligung den über das Benachteiligungsverbot hinausgehenden Regelungsgehalt des Art. 3 III 2 GG, durch eigenständige Maßnahmen die Integration und Gleichstellung Behinderter anzustreben und zu fördern. Darüber hinaus hat das Gericht klargestellt, daß nur auf Grund einer Würdigung der Gesamtumstände im Einzelfall 335 Caspar, EuGRZ 2000, 135 (139 f.): Im Ergebnis führt nach Caspar das "positive Benachteiligungsverbot" zwar nicht zu einem unmittelbaren subjektiven Teilhaberecht des Behinderten auf konkrete staatliche Leistungen, jedoch begründe es eine abgeschwächte Rechtsposition, "im Rahmen des staatlichen Gestaltungsermessens bei der Entscheidung über Privilegierungen angernessen berücksichtigt zu werden". 336 BVerfG, NJW 1998, 131; ebenso Osterloh, in Sachs, Grundgesetz, Art. 3 Rz. 309; zum Begriff der Behinderung ausführlich Caspar, EuGRZ 2000, 135 (136 f.). 337 BVerfG, NJW 1998, 131 (132). 338 BVerfG, NJW 1998, 131 (132): Der zu entscheidende Fall betraf die Frage, ob in der Überweisung eines behinderten Schülers an eine Sonderschule eine nach Art. 3 III 2 GG verbotene Benachteiligung zu sehen ist. Das BVerfG stellte fest, daß eine solche dann vorliege, wenn die Überweisung erfolgt, obwohl eine Unterrichtung an der allgerneinen Schule mit sonderpädagogischer Förderung möglich ist, der dafür benötigte personelle und materielle Aufwand mit vorhandenen Personal-und Sachrnitteln bestritten werden kann und auch organisatorische Schwierigkeiten und schutzwürdige Belange Dritter der integrativen Beschulung nicht entgegenstehen.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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entschieden werden kann, ob eine Benachteiligung im Sinne des Art. 3 III 2 GG vorliegt. 339 (iv) Subsumtion des Falles Casey Martin

Casey Martin leidet unter dem sog. Klippel-Trenaunay-Weber Syndrom, einer angeborenen Krankheit, durch die sein rechtes Bein stark unterentwickelt und insbesondere die Durchblutung gestört ist. Das Laufen ist stets mit der Gefahr eines Beinbruches sowie einer auftretenden Thrombose verbunden. Das Merkmal der Behinderung i. S. d. Art. 3 III 2 GG ist somit erfüllt. Auf Grund dieser Behinderung beantragte Martin bei der US-PGA, der Vereinigung amerikanischer Berufsgolfer, bei einem von dieser veranstalteten Golfturnier einen Golfeart benutzen zu können. 340 Bei diesem Turnier handelte es sich um das letzte von drei Qualifikationsturnieren für die Teilnahme an der "PGA-Tour", der im amerikanischen Profigolf bedeutendsten Turnierserie. Die besten 35 Spieler des letzten Qualifikationsturnieres werden auf der "PGA-Tour" zugelassen, die nachfolgenden 70 Spieler erwerben eine Teilnahmeberechtigung für die sog. "NikeTour"?41 Wahrend bei den ersten beiden Qualifikationswettbewerben die Benutzung eines Golfwagens zugelassen ist, gilt bei dem dritten und entscheidenden Ausscheidungswettkampf die Regel, daß die Spieler die gesamte Runde laufend absolvieren müssen. Im Fall Martin führte diese Bestimmung zu seinem Ausschluß von der Teilnahme, so daß sich die Frage stellt, ob darin eine verbotene Benachteiligung i. S. d. Art. 3 III 2 GG zu sehen ist. Nach der Rechtsprechung des BVerfG342 ist dies dann der Fall, wenn Martin von einer Teilnahme ausgeschlossen wird, obwohl seine Zulassung durch kompensatorische Maßnahmen wie die in Rede stehende erstrebte Erlaubnis zur Benutzung eines Golfwagens möglich ist. Die Möglichkeit kompensatorischer Maßnahmen wiederum wird entscheidend von entgegenstehenden Interessen anderer, hier insbesondere des Tumierveranstalters, beeinflußt. Eine Abwägung der entgegenstehenden Rechtspositionen kann erst dann vorgenommen werden, wenn die gegenüberstehenden Belange des Turnierveranstalters ermittelt wurden. b) Berücksichtigungsfähige Interessen der Vereinigung

Die den Sportverbänden gewährte Autonomie wird über Art. 9 I GG geschützt. Dieser verfassungsrechtliche Schutz garantiert nach der Rechtsprechung des 339 340

341 342

BVerfG, NJW 1998, 131 (132). Walters, 45-0CT Fed. Law. 49 (1998). Pascarelli, 8 DePaul-LCA J. Art & Ent. L. 303 (305) (1998). Vgl. die Entscheidungsgründe in BVerfG, NJW 1998, 131 ff.

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BVerfG einen unantastbaren Kernbereich, dessen Wahrung Aufgabe der Rechtsordnung ist. Der Umfang dieses Kernbereichs bezieht sich im wesentlichen darauf, daß die Verbände Regeln aufstellen, die die konkrete Ausübung und Darstellung der Sportart festlegen sowie Organisation und Ablauf der Wettkämpfe bestimmen. 343 Hierzu zählt auch die Entwicklung sportbezogener Wertmaßstäbe, die der sportlichen Betätigung ein spezifisches Gepräge verleihen. c) Abwägung der gegenüberstehenden Interessen im Rahmen von § 20 I GWB

Im Rahmen der kartellrechtlichen Abwägungsentscheidung sind die sich gegenüberstehenden Interessen des Sportlers und der Sportvereinigung gegeneinander abzuwägen und in einen verfassungskonformen Einklang miteinander zu bringen. aa) Grundsätze zur Interessenahwägung Rechtsprechung und Literatur nehmen übereinstimmend im Rahmen des

§ 20 I GWB eine "Abwägung der beiderseitigen Interessen der Beteiligten unter

Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes" vor. 344 Dieser noch ausfüllungsbedürftige Bewertungsmaßstab legt zunächst fest, daß die Beurteilung durch den Bezug auf die Individualinteressen der Beteiligten nur einzelfallbezogen sein kann, gleichzeitig aber das gesetzliche Wertungssystem, zu dem auch der Normzweck des § 20 I GWB gehört, mit einschließt. Infolgedessen wird das Ziel eines von Beschränkungen möglichst freien Wettbewerbs durch einen umfassenden Schutz wettbewerblieber Betätigungsmöglichkeiten zu einer zentralen Rechtsanwendungsmaxime. 345 Damit wird den Normadressaten grundsätzlich ein höheres Maß an Rücksichtnahme auferlegt, als sich bereits aus der reinen Individualinteressenabwägung ergibt. Das Vorgehen marktstarker Unternehmen muß objektiv sachgemäß und angemessen sein. Ihnen wird gleichsam die Verpflichtung auferlegt, zur Verfolgung ihrer legitimen Interessen jeweils das mildeste, die wettbewerbliehen Betätigungsmöglichkeiten Dritter am wenigsten beeinträchtigende Mittel zu wählen. 346 Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung wird zusätzlich von der konkreten Machtstärke des behindernden oder unterschiedlich behandelnden Normadressaten beeinflußt: Je mächtiger ein Unternehmen am Ausführlich Zweiter Teil. B.l.4. Ständige Rechtsprechung des BGH seit BGHZ 38, 90 (102); BGHZ 52, 65 (71); Bechtold, Konunentar zum Kartellgesetz, § 20 Rz. 42; weitere Nachweise bei Markert, in lnunenga/Mestmäcker, § 26 GWB a.F. Rz. 196. 345 BGHZ 81,322 (339); BGH, GRUR 1989,220 (221 f.). 346 Emmerich, Kartellrecht, § 20 Nr. 6 b, S. 238; Markert, in Inunenga/Mestmäcker, § 26 GWB a.F. Rz. 203, 210. 343

344

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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Markt ist, desto größere Einschränkungen seiner Macht muß es sich gefallen lassen?47 bb) Sportbezogene Anwendung der Interessenahwägung Die die Interessenahwägung im Rahmen des § 20 I GWB prägenden Beurteilungsmaßstäbe sind grundsätzlich auch bei der Subsumtion im Bereich des Sportwesens zu berücksichtigen. 348 Gleichzeitig sollte nach oben entwickelten Grundsätzen349 durch eine sportbezogene Anwendung bestimmter zivilrechtlicher Normen der Rechtstatsächlichkeil im Sport sowie dessen Eigenständigkeil Rechnung getragen werden. Darüber hinaus sind die grundrechtlich verankerten objektiven Wertentscheidungen als Grundsatznormen der Rechtsordnung bei einer zivilrechtliehen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Die durch Art. 9 I GG sowie§§ 21 ff. BGB gewährleistete Eigenständigkeil des Sportwesens ist ein unverzichtbares Element und entspricht der Systematik des Grundgesetzes, das die staatsfreie individuelle Betätigungsfreiheit in den Mittelpunkt stellt und auf eine Begrenzung der staatlichen Regulierungskompetenz angelegt ist. 350 Damit einhergehend ist aber zu bedenken, daß die den Verbänden/Vereinen zustehende kollektive Vereinigungsfreiheit, die ihren Ursprung in der individuellen Vereinigungsfreiheit der einzelnen Sportler findet und auf dieser basiert,351 den Aufbau eines monopolartigen Verbandssystems ermöglicht hat, in dem der einzelne Sportler nur noch eingeschränkt seine individuellen Rechtspositionen verfolgen kann. Allein der für den einzelnen Sportler bestehende faktische Zwang zur Mitgliedschaft in der Sportverbandspyramide verdeutlicht das Machtungleichgewicht und die schwächere Position des Sportlers.352 Ebenso veranschaulicht das zwischen Sport und Staat bestehende Beziehungsgeflecht die herausragende gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Stellung der Sportverbände, die den Bereich rein privater Betätigung längst verlassen und eine Dimension erreicht hat, in der der Schutz des einzelnen Sportlers innerhalb dieser mächtigen Verbandsstrukturen entscheidende Bedeutung erlangt. 353 347 BGH, BB 1976, 1334; OLG München, JuS 1974, 668 Nr. 8; Markert, in lmmenga/ Mestmäcker, § 26 GWB a.F. Rz. 211 m. w. N. 348 Ebenso Hohl, Nominierung von Leistungssportlem, S. 199 ff. 349 Zweiter Teil. B.II.3. und 6. 350 Hierzu Stern, in Schroeder (Hrsg.), Sport und Recht, S. 142 (143 ff.). 351 Zweiter Teil. B.l.2. 352 Zweiter Teil.B.I.1. 353 Hierzu Zweiter Teil. B.II.5.; vgl. auch Hesse, Verfassungsrecht und Privatrecht, S. 33, 34, der allgemein zur Entwicklung des Privatrechts feststellt, daß sich ein Wandel der Anschauungen von einer individuellen Willens- und Freiheitsethik hin zu einer sozialen Verantwortungsethik vollzogen hat und damit auch im Privatrecht die Gewährleistung der Existenz der Rechtsgenossen und der Schutz des Schwächeren gleichen Rang gewinnt wie die Verfolgung der eigenen Interessen.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Der Schutz des Sportlers wiederum muß gleichsam auch im Interesse des einzelnen Sportlers unter Berücksichtigung der sportspezifischen Interessen und Wertvorstellungen erfolgen, deren Herausbildung durch die sportliche Betätigung des einzelnen Athleten entscheidend mitgeprägt wurde. (i) Abwägung mit dem Differenzierungsverbot wegen des Geschlechts nach Art. 3 l/1 1 GG Das Prinzip der Chancengleichheit bildet eine sportliche Wertvorstellung, deren Einhaltung im Interesse der Sportler sowie der sportlichen Betätigung an sich von grundlegender Bedeutung ist. Eine Trennung in Damen- und Herrendisziplinen kann diesem Grundsatz der Chancengleichheit Rechnung tragen. Sportarten, bei denen der sportliche Erfolg maßgeblich durch die körperliche Konstitution beeinflußt wird, müssen grundsätzlich von Damen und Herren getrennt ausgeübt werden, um zu verhindern, daß Frauen auf Grund ihrer biologisch bedingt schwächeren anatomischen Konstitution im direkten Wettkampf mit den Männern benachteiligt werden. 354 Dies rechtfertigt beispielsweise eine Trennung in der Leichtathletik, beim Schwimmen oder im Tennis. Der Umstand, daß im Einzelfall ein Mann eine schwächere körperliche Grundkonstitution hat als eine Frau oder eine Frau über eine höhere Leistungsfähigkeit verfügt als mancher Mann, kann insoweit die anband objektiver, sachlich gerechtfertigter Kriterien entwickelte generelle Trennung nicht in Zweifel ziehen. Hat aber eine Frau, die trotz ihrer biologisch bedingt schwächeren anatomischen Grundkonstitution einen direkten Leistungsvergleich mit den Männern sucht und insoweit auf die Chancengleichheit zu ihren Lasten verzichtet, ein Recht auf Teilnahme an einem Herrenwettkampf? In zahlreichen Sportarten wird sich diese Frage nicht stellen, weil die physiche Konstitution für den sportlichen Erfolg derart ausschlaggebend ist, daß Frauen hier chancenlos sind und daher den direkten Leistungsvergleich nicht anstreben.355 Anders gestaltet es sich in den Sportarten, bei denen der Erfolg zwar auch von der körperlichen Konstitution abhängt, gleichzeitig aber durch weitere Elemente entscheidend beeinflußt wird. Beispielhaft ist hier wie bereits oben ausgeführt der Golfsport zu erwähnen. 356 Eine Teilnahme der Damen an einem Profigolfturnier der Herren ist insbesondere

354 Vgl. BVerfGE 92, 91 (llO) ("Feuerwehrabgabenentscheidung"): Das Gericht nennt als geschlechtsbezogene Besonderheiten das schwächere Knochengerüst, die geringere Muskelmasse sowie die niedrigere kardiopulmonale Leistungsfahigkeit bei Frauen. 355 Allerdings haben z. B. die Tennisdamen mittlerweile die Forderung nach einer Anpassung des Preisgeldes der internationalen Damentour (WTA-Tour) an das Niveau der Herrentour (ATP-Tour) erhoben, ausführlich hierzu Zweiter Teil. G.l.3. 356 Siehe etwa den eingangs beschriebenen Beispielsfall, Zweiter Teil. C. vor 1., sowie die diesbezüglichen Ausführungen unter C.I.S.a.bb.(iii); in besonderem Maße gilt nachstehende Darstellung für Sportarten, bei denen die biologisch bedingten physischen Unterschiede von

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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deshalb in Erwägung zu ziehen, weil im Vergleich zu den Damengolfturnieren wesentlich mehr Herrenturniere ausgetragen werden und diese auch mit sehr viel höheren Preisgeldern dotiert sind?57 Allein die traditionelle Prägung eines Lebensverhältnisses reicht für eine Ungleichbehandlung nicht aus?58 Dies wird durch das Gleichstellungsgebot des Art. 3 11 2 GG, das die Gleichberechtigung auf die gesellschaftliche Wirklichkeit zu erstrecken sucht, unterstrichen. Zieht man den ebenfalls in die Abwägung einfließenden Normzweck des § 20 I GWB heran, der einen von Beschränkungen möglichst freien Wettbewerb durch einen umfangreichen Schutz wettbewerblieber Betätigungsmöglichkeiten zu erreichen sucht, dann muß einer Frau, die unter den gleichen Startvoraussetzungen wie ihre männlichen Konkurrenten an einem Wettkampf teilnehmen möchte, die Möglichkeit der Teilnahme gewährt werden. 359 Darüber hinaus handelt es sich bei der Interessenahwägung im Rahmen des § 20 I GWB um eine Einzelfallentscheidung, 360 bei der konkret zu prüfen ist, ob die weibliche Bewerberin ebenso wie die männlichen Mitbewerber alle sonstigen Teilnahmevoraussetzungen erfüllt. Indem die Sportlerin, so z. B. die Golferin, ihre Zulassung unter den gleichen Voraussetzungen wie die Herren erstrebt, anerkennt sie die von dem Verband im Rahmen seiner Autonomie getroffenen Bestimmungen, so daß insoweit der Kernbereich des Selbstbestimmungsrechts nicht berührt wird und die Interessenahwägung zu Gunsten der Sportlerin erfolgen muß. Etwas anderes kann gelten, wenn mit der Unterteilung in Damen- und Herrendisziplinen neben der Wahrung der Chancengleichheit der körperliche Schutz des Sportlers gewährleistet werden soll und unter Umständen auch gegen den Willen der Athletin durchgesetzt werden kann. 361 Dies ist vor allem in den Sportarten denkbar, bei denen es zu einem direkten Körperkontakt zwischen den Sportlern kommt. Männer sind grundsätzlich kräftiger gebaut und verfügen über ein größeres Kraftpotential als Frauen, so daß bei Sportarten mit direktem Körperkontakt der

Mann und Frau nicht ausschließlich bzw. nicht hauptsächlich für den Leistungserfolg ausschlaggebend sind wie z. B. auch beim Schach. 357 Vgl. F.A.Z. vom 18. 08. 1998, S. B 4-Golflnternational: "Die Tragödie Damen Tour". 358 Leibholz I Rinckl Hesselberger; GG, Art. 3 Rz. 2604; vgl. auch Heun, in Dreier, GG Kommentar, Art. 3 Rz. 99. 359 In diese Richtung weist auch BVerfGE 92, 91 (HO) (,,Feuerwehrabgabenentscheidung"), in der das BVerfG feststellt, daß die geschlechtsbezogenen Besonderheiten nicht den generellen Ausschluß der Frauen von der Dienstpflicht fordern, sondern daß diesen durch eine auf die individuelle Konstitution abstellende Tauglichkeitsuntersuchung Rechnung getragen werden kann. 360 Markert, in Immenga/Mestmäcker, § 26 GWB a.F. Rz. 72. 361 In der Schweiz beispielsweise ist das Boxen von Frauen wegen gesundheitlicher Bedenken "tabu", F.A.Z. Nr. 41 vom 18. 02. 2000, S. 39; die Regelbestimmungen des Deutschen Amateur-Boxverbandes sowie des Bundes Deutscher Berufsboxer versuchen, die Gefahrlichkeit des Boxsports zu begrenzen und verfolgen damit ein besonderes, in dem Abwägungsprozeß zu berücksichtigendes Interesse, vgl. hierzu Fritzweiler; SpuRt 1995, 156 f.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Schutz der körperlichen Integrität der Sportlerinnen eine Trennung zwischen Damen und Herren rechtfertigen kann. 362 Eine weitere Interessenkollision kann sich in Sportarten ergeben, die bisher nur von einem Geschlecht betrieben wurden. Dabei ist die Frage, ob Verbände bzw. Vereine, die eine Sportart nur für Männer anbieten, diese auch für Frauen anbieten müssen, heute nicht mehr von zentraler Bedeutung, da die Frauen mittlerweile in fast allen Disziplinen, die früher nur von Männem ausgeübt wurden, nachgezogen haben, so z. B. im Boxen, Sumo-Ringen oder Catchen?63 Im umgekehrten Verhältnis bestehen nur sehr wenige Sportarten, die ursprünglich ausschließlich von Frauen betrieben wurden. Dazu zählt z. B. das Synchron-Schwimmen. Der OS-Amerikaner Bill May übt diese Sportart beruflich aus und ist einziges männliches Mitglied der amerikanischen Nationalmannschaft. Wegen seines Geschlechts wurde dem Sportler die Teamteilnahme an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen verwehrt und stattdessen eine Schwimmerio eingesetzt.364 Inwieweit das äußere Erscheinungsbild der Sportler für die Darstellung und Eigenart einer Sportart von Bedeutung ist, obliegt grundsätzlich dem Selbstbestimmungsrecht der Verbände. Sie definieren im Rahmen der ihnen gewährten Autonomie, welche Kriterien die Eigenart einer bestimmten Sportdisziplin prägen und ihr in Darstellung und Ausübung einen typischen Charakter verleihen. Diese Definitionsbefugnis dürfen Sportverbände allerdings nicht willkürlich ausüben. Unter Berücksichtigung der Wertentscheidung des Art. 3 III I GG sind geschlechtsspezifische Zulassungsvoraussetzungen nur dann zulässig, wenn sie durch biologische Unterschiede sachlich gerechtfertigt sind. Beispielhaft ist hier der Tanzsport zu nennen. Das Paar-Tanzen zeichnet sich dadurch aus, daß die geschlechtsspezifische Verschiedenheit von Mann und Frau in einer gemeinsamen Darstellung zu in einer harmonischen, sich ergänzenden Einheit verbunden wird. Diese den Tanzsport prägende Eigenart würde durch die Aufhebung der geschlechtsbezogenen Teilnahmemodalität und Zulassung eines gleichgeschlechtlichen Paares verloren gehen. Insoweit rechtfertigen zwischen Mann und Frau bestehende biologische Unterschiede die geschlechtsspezifische Zulassungsregelung.

362 Vgl. etwa F.A.Z. vom 11. 12. 1999, S. 38, "Mädchen im Jungen Team: Strafe für den Trainer": Sperre für einen Trainer, der ein zehnjähriges Mädchen in einem Turnier der Athletic Amateur Union (AAU) einsetzte, obwohl das Turnier nach den Regeln der AAU nur für Jungen unter 11 Jahren ausgeschrieben war. 363 Im vergangenen Jahr belegten bei der Wüstenrallye Paris-Dakar (heute Dakar-AgadezDakar) erstmals zwei Frauen den dritten Platz in der Gesamtwertung, Süddeutsche Zeitung Nr. 3 vom 05. 01. 2000, S. 40; bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City 2002 wird zum ersten Mal ein Wettbewerb im Damen-Bobfahren ausgetragen werden, F.A.Z. Nr. 23 vom 28.01.2000,S.39. 364 Der Spiegel, Nr. 39/1999, S. 251; zum Frauen-Sumo, das im Rahmen der Sumo-Weltmeisterschaft in Riesa 1999 stattfand, während es im traditionsbewußten Japan nicht vorgesehen ist, vgl. F.A.Z. vom 07. 12. 1999, S. 54.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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Anders dagegen stellt sich die Situation im vorstehend erwähnten Synchronschwimmen dar. Allein Eigenschaften wie beispielsweise Beweglichkeit oder Grazie können nur schwer eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Selbst wenn diese grundsätzlich häufiger bei Frauen als bei Männem vorliegen, rechtfertigt dies nicht die generelle Weigerung, Männer im Synchronschwimmen zuzulassen. Denn im Einzelfall können auch männliche Athleten gerade diese Kriterien erfüllen. Der Ausschluß eines männlichen Sportlers von Wettkämpfen wie etwa im Fall des OSamerikanischen Synchronschwimmers Bill May stellt infolgedessen eine nach Art. 3 III 1 GG unzulässige Diskriminierung dar, wenn er allein auf Grund des Geschlechts erfolgt.

(ii) Abwägung mit dem Benachteiligungsverbot des Art. 3 Ill2 GG Die Situation behinderter Sportler wird es oft erfordern, zugunsten des Behinderten eine Abweichung von dem den konkreten Wettkampf bestimmenden Regelwerk zuzulassen, um dem behinderten Athleten eine Teilnahme zu ermöglichen. Darüber hinaus besteht im Behindertensport auf Grund der Verschiedenheit der Behinderungen die Notwendigkeit, "Klassifizierungen" vorzunehmen, um den durch die Behinderung bestehenden Einschränkungen angemessen Rechnung zu tragen. Der Golfspieler Casey Martin beispielsweise forderte, einen Golfwagen benutzen zu dürfen, 365 der taubstumme Schwimmer Terence Parkin war für seine Teilnahme an den Kurzbahnweltmeisterschaften 2000 in Athen darauf angewiesen, daß ihm im Unterschied zu seinen Konkurrenten mittels eines Lichtreflexes das Startsignal vermittelt wurde?66 Hier greift die in Art. 3 III 2 GG manifestierte Wertentscheidung, Maßnahmen zu ergreifen, die auf eine Integration und Gleichstellung Behinderter innerhalb der Gesellschaft hinwirken. 367 Dieser Auftrag erfaßt auch den Bereich des Sports, der einhergehend mit seiner wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung eine immer stärker werdende Integrationsaufgabe zu erfüllen hat. 368 Gleichzeitig kommt dem Sport eine Vorbildfunktion zu, so daß durch eine Einbindung behinderter Menschen im Sport auch die allgemeine gesellschaftliche Umsetzung dieses verfassungsrechtlichen Integrationsauftrags gefördert wer365 Hierzu bereits oben Zweiter Teil. C.I.S.a.cc.(iv). ; zur Rechtslage im OS-amerikanischen Recht unten Vierter Teil. D.II.2. 366 F.A.Z. Nr. 66 vom 18. 03. 2000, S. 38: "Die Behinderung wird zum Wettbewerbsvorteil". 367 Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine nach Art. 3 III 2 GG verbotene Benachteiligung Behinderter erst dann vor, wenn ein "Ausschluß" nicht "durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird", BVerfG, NJW 1998, 131 (132). 368 Bereits im Jahr 1972 formulierte Stern, daß der Sport "im Zuge eines ständig wachsenden öffentlichen Interesses Gegenstand staatlicher Betreuung und verpflichtende Aufgabe des Gemeinwesens von eminenter Bedeutung geworden" ist, in Schroeder (Hrsg.), Recht und Sport, S. 142.

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den kann? 69 Dies darf allerdings nicht dazu führen, daß die Eigenständigkeit des Sports verloren geht. Der über Art. 9 I GG geschützte Kernbereich der Sportautonomie beinhaltet die Befugnis, eigenständig die Art und Weise der sportlichen Betätigung zu definieren und dieser ein spezifisches Gepräge zu verleihen. Maßnahmen zur Integration und Gleichstellung Behinderter dürfen daher nicht dazu führen, daß die Eigenart der sportlichen Betätigung beeinträchtigt wird. Im Fall Casey Martin stellt sich die Frage, ob das Laufen einen wesentlichen Bestandteil des GolfspieJens darstellt mit der Folge, daß durch die Erlaubnis, einen Golfwagen benutzen zu dürfen, die den Golfsport prägende Eigenart verloren geht. Die allgemeinen Golfregeln370 definieren das Laufen nicht als Bestandteil des Golfspielens. Bei nationalen und internationalen Golfturnieren gibt es Turniere, die die Benutzung eines Golfwagens zulassen, bei anderen gilt die Regel, daß die Teilnehmer laufen müssen. Das Laufen zählt somit jedenfalls nicht zu den unverzichtbaren Voraussetzungen, die dem Golfsport sein spezifisches Gepräge verleihen.371 Einfacher zu beantworten ist die Frage bei dem taubstummen Schwimmer Terence Parkin, der das Startsignal über einen Lichtreflex wahrnimmt. Die übliche akkustische Wahrnehmung des Startsignals stellt kein den Schwimmsport charakterisierendes Merkmal dar, so daß hier das Einführen eines optischen Startsignales sicher nicht die Eigenart der Sportart beeinflußt. In den Abwägungsprozeß muß allerdings auch die Überlegung miteinfließen, ob der behinderte Sportler durch Maßnahmen, die zu seiner Integration durchgeführt werden, gegenüber seinen Konkurrenten einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil erfahrt. Mit dem Prinzip der Chancengleichheit aller Wettbewerbsteilnehmer wird eine sportspezifische Wertevorstellung verwirklicht, die als Grundprinzip jeder sportlichen Betätigung in den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Sportautonomie fallt. 372 Der Umstand, daß Casey Martin im Gegensatz zu seinen Konkurrenten einen Golfwagen benutzen darf, könnte ihm einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und damit das Prinzip der Chancengleichheit verletzen. Die kar369 Der DFB veranstaltete im Juni 2000 eine Fachtagung zum Thema "Fußball zeigt soziale Verantwortung" und betonte in diesem Zusammenhang neben der sozialen Verantwortung die Erziehungsaufgaben insbesondere der Jugendtrainer sowie die Vorbildfunktion der Spitzensportler und Vereine, vgl. F.A.Z. Nr. 129 vorn 05. 06. 2000, S. 42. 370 Diese werden von der United States Golf Association (USGA) und dem Royal and Ancient Golf Club of St.Andrews, Scotland, herausgegeben und legen weltweit die Modalitäten des GolfspieJens fest. 371 Anders wäre die Situation zu beurteilen, wenn der behinderte Golfspieler etwa eine verkürzte Runde spielen wollte oder ein behinderter Leichtathlet bei einem 100 rn Sprint einen Vorsprung von einigen Metern fordern würde: Derartige Modifikationen würden die Eigenart einer Sportart grundlegend verändern, denn beispielsweise die Disziplin des 100 rn Sprints zeichnet sich gerade dadurch aus, daß die Sportler eine Distanz von 100 rn in schnellstmöglicher Zeit bewältigen, hierauf hinweisend auch die Berufungsentscheidung in Martin v. PGA Tour; lnc., 204 F.3d 994 (1001) (9th Cir. 2000). 372 Vgl. auch Häberle, FS Thierne, S. 25 (45 f.); ausführlich oben Zweiter Teil. B.I.2.e.cc.

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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tellrechtliche Abwägung erfordert eine Einzelfallentscheidung, die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu treffen ist. Jedoch entbindet dieser einzelfallbezogene Prüfungsmaßstab nicht von der Notwendigkeit, klare Maßstäbe zu entwickeln, die zur Beurteilung des zugrundeliegenden sowie zukünftiger Sachverhalte herangezogen werden. Grundsätzlich sind Einschränkungen, die der Behinderte auf Grund seiner Behinderung im sportlichen Wettkampf erfahrt und seine sportliche Leistung negativ beeinflussen können, in die Abwägung mit einzubeziehen. Die geforderte Maßnahme kann diese Nachteile möglicherweise ausgleichen, ohne gleichzeitig einen Wettbewerbsvorteil zugunsten des behinderten Sportlers zu schaffen. Im Fall Martin beispielsweise stellte das US-Bundesgericht im Hauptsacheverfahren fest, daß der Golfspieler auf Grund seiner Behinderung konstante Schmerzen und Schwierigkeiten beim Laufen und Stehen habe, die im Wettkampf eine nachteilige Wirkung entfalteten. 373 Durch die Benutzung eines Golfwagens erlangte Martin somit keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten, sondern es wurden die aus seiner Behinderung resultierenden Nachteile kompensiert.374 Eine derart einzelfallbezogene Abwägung kann zu einer gewissen Rechtsunsicherheit führen, da in jedem Fall eine auf den konkreten Umständen beruhende Entscheidung getroffen werden muß. 375 Andererseits verlangt gerade die verfassungsrechtliche Werteentscheidung des Art. 3 III 2 GG, die auf eine Integration und Gleichstellung der Behinderten in der Gesellschaft zielt, eine einzelfallbezogene Prüfung. Denn nur auf diese Weise können die individuellen Bedürfnisse des behinderten Menschen sachgerecht berücksichtigt und durch einzelne Maßnahmen ausgeglichen werden unter gleichzeitiger Wahrung der charakteristischen Eigenart einer Sportart. 376 Ergänzend ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung heranzuziehen, die in bezug auf das Bestehen eines Aufnahmeanspruchs gegenüber Verbänden bzw. Vereinen ergangen ist. 377 In einer zum verbandsrechtlichen Aufnahmezwang Martin v. PGA-Tour, Inc., 994 F.Supp. 1242 (1252) (D.Or.1998). Nach Ansicht des Profigolfers Thomas Gögele ist gerade Golf "eine ideale Sportart für Menschen mit Behinderungen jedweder Art. Da der Ball im Treffmoment ruht, kann sich der Golfer auf seinen Schlag vorbereiten, er muß nicht, wie in anderen Sportarten, sofort reagieren." Gögele spielte beim " 1. Thomas-Gögele-Benefizturnier" erstmals zusammen mit behinderten Golfspielern, eine Neuauflage dieses Turnieres soll zukünftig jedes Jahr stattfinden, F.A.Z. Nr. 111 vom 13. 05. 2000, S. 38: "Auch mit körperlichem Handicap ein gutes Golfhandicap". 375 Zu den Problemen, einerseits die auf Grund der Behinderung tatsächlich bestehenden Nachteile sowie andererseits den durch die konkrete Maßnahme entstehenden Wettbewerbsvorteil genau bestimmen und gegeneinander abwägen zu können, vgl. die US-amerikanische Rechtsprechung, Vierter Teil. D.II.2.cc.(ii) und (iii). 376 Diese Gefahr der Rechtsunsicherheit spricht auch Traub an und folgert daraus, daß die Rechtsprechung versuchen muß, durch eine möglichst beständige Rechtsprechung überschaubare Konturen zu schaffen, WRP 1985, 591 (597). 377 Hierzu bereits oben Zweiter Teil. C. 1.3. 373

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

grundlegenden Entscheidung kam der Bundesgerichtshof zu folgendem Ergebnis: "Ist zwar das Verbandsinteresse an dem mit der Aufnahmebeschränkung verfolgten Zweck sachlich gerechtfertigt, wäre aber die Zurückweisung des Bewerbers für diesen eine unbillige Benachteiligung, so muß unter Umständen dem Monopolverband, soweit möglich und zumutbar, augesonnen werden müssen, den ... verfolgten Zweck durch eine andere, "mildere" Ausgestaltung dieser Satzungsbestimmung zu erreichen und auf diese Weise dem Bewerber den Zugang zu den Yerbaudsvorteilen zu eröffnen. " 378 Diese Entscheidung stellt klar, daß der eine Monopolstellung innehabende Verband im Rahmen einer Abwägungsentscheidung verpflichtet sein kann, Bestimmungen seiner Satzung zu modifizieren, um die berechtigten Interessen eines Bewerbers zu erfüllen. Gleiches muß auch im Fall der Anwendbarkeit des Art. 3 III 2 GG gelten, da in dieser Verfassungsnorm das Gebot, besondere Maßnahmen zur Integration behinderter Menschen zu ergreifen, verfassungsrechtlich verankert ist. 379 In einer neueren Entscheidung hat der BGH als Begründungselement der Aufnahmepflicht erstmals explizit die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Zivilrecht herangezogen und eine Abwägung mit den gegenüberstehenden Positionen vorgenommen. 380 Da die Abwägung zwischen dem über Art. 9 I GG geschützten Selbstbestimmungsrecht der Verbände und der die Interessen des behinderten Sportlers wahrenden Verfassungsbestimmung des Art. 3 III 2 GG immer einzelfallbezogen erfolgt, bleibt Raum, die individuellen Umstände des Behinderten zu berücksichtigen, ohne die charakteristische Eigenart einer Sportart zu verändern. 381 5. Rechtsfolgen

Nach § 33 S. 1 GWB werden durch den Verstoß gegen eine Vorschrift des GWB, die den Schutz eines anderen bezweckt, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche begründet. 382 Da der Sportler regelmäßig die Teilnahme an einem Wettkampf erstrebt, wird ihm nur der Schadensersatzanspruch zum Erfolg verhelfen. Gemäß § 249 S. 1 BGB wird der Anspruchsgegner verpflichtet, den Zustand herzustellen, BGH, NJW 1975,771 (772) ("Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität"). Sachs weist zutreffend darauf hin, daß der Staat mit all seinen Funktionen aufgerufen sei, Behinderte vor Benachteiligungen durch andere Private zu schützen, so auch bei der Auslegungs- und Rechtsanwendungstätigkeit der Gerichtsbarkeit, RdJB 1996, 154 (170). 380 BGH, WM 1999,276. 381 Ein weiteres Beispiel für die Vereinbarkeit sportlicher Wertevorstellungen mit einer Integration Behinderter ist die Situation des Behinderten Holger Wölk, der mit einem stark verkürzten Bein ein Sportstudium absolvierte und dessen Prüfungsbedingungen (nur) beim Turnen und in der Leichtathlethik leicht abgewandelt wurden, F.A.Z. Nr. 12 vorn 15. 01. 2000, s. 40. 382 Der Schutzgesetzcharakter des Diskriminierungsverbotes aus § 20 I GWB ist unbestritten, statt aller Bechtold, Kommentar zum Kartellgesetz, § 33 Rz. 4; Emmerich, Kartellrecht, § 19 Nr. 16, S. 257. 378 379

C. Der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme an einem Wettkampf

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der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). 383 Dieser zum Ersatz verpflichtende Umstand liegt in der im Einzelfall diskriminierenden Entscheidung, den Sportler zu einem Wettkampf nicht zuzulassen bzw. eine von ihm auf Grund seiner Behinderung beantragte Änderung der Teilnahmemodalitäten nicht zu akzeptieren. 384 Somit steht dem Sportler primär ein Anspruch auf eine neue Entscheidung über seine Teilnahme zu. Nach den oben dargelegten Kriterien wird es sich bei den genannten Beispielsfällen um eine gebundene Entscheidung zu Gunsten des Sportlers handeln, da die Abwägung der gegenüberstehenden Grundrechtspositionen kein anderes Ergebnis rechtfertigt. 385 II. Anspruch auf Teilnahme an einem Thrnier nach der von der Rechtsprechung zum Aufnahmeanspruch in einen Verein entwickelten Formel

Der kartellrechtliche Teilnahmeanspruch aus § 20 I GWB steht ausschließlich solchen Sportlern zu, die mit ihrer sportlichen Tätigkeit die Eigenschaft eines Unternehmens i. S. d. Kartellrechts erfüllen?86 Dies wirft die Frage auf, ob auch Sportlern, die mit ihrer sportlichen Betätigung keine regelmäßigen Einnahmen erzielen und damit nicht in den Anwendungsbereich des GWB fallen, ein Anspruch auf Teilnahme an einem ihrem Leistungsniveau entsprechenden Turnier zustehen kann. Dies gilt etwa für den Freizeitsportler, der neben seinem Beruf einen Sport zwar auch wettkampfmäßig, aber außerhalb des Erwerbslebens betreibt. 387 Die Rechtsprechung hat eine an die Vorschrift des § 826 BGB und an die Tatbestandsmerkmale des § 27 a.F. GWB angelehnte Formel entwickelt, mit der sie das Bestehen eines Aufnahmeanspruches gegenüber einem Verband bzw. Verein begriindet, 388 ohne daß die einzelnen kartellrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Danach besteht ein Aufnahmeanspruch dann, wenn der Verein im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat Statt aller Palandt/ Heinrichs, § 249 BGB Rz. 1 m. w. N. Vgl. zu den Rechtsfolgen bei einer diskriminierenden Nominierungsentscheidung durch den Verband Hohl, Nominierung von Leistungssportlem, S. 202 f. 385 Ist eine Teilnahme wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich, kommt gemäß §§ 249, 252 S. 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns in Betracht. Zu den Schwierigkeiten, die bei der Ermittlung des konkreten Schadens entstehen, Haas/Reimann, SpuRt 2000, 49 ff. 386 Ausführlich oben Zweiter Teil. C. I. I. 387 Die Unternehmenseigenschaft i. S. d. GWB fordert ja gerade eine nicht rein private und außerhalb des Erwerbslebens liegende Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr, vgl. beispielsweise BGHZ 19, 72 (79). 388 Ständige Rechtsprechung seit BGH, NJW 1971, 771 ff. ("Rad- und KraftfahrerbundEntscheidung"); vgl. auch BGH, NJW-RR 1986, 583 ff. ("Aikido-Entscheidung"). 383

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

und ein wesentliches oder grundlegendes Interesse an dem Erwerb der Mitgliedschaft besteht. 389 Der Anspruch auf Teilnahme stellt ebenso wie der Anspruch auf Aufnahme in einen Verein eine Form des Kontrahierungszwangs im Privatrecht dar. 390 In beiden Fällen wird eine Form der Teilhabe erstrebt, sei es als Mitglied eines Vereins oder als Teilnehmer eines Turnieres. Auf Grund dieser Strukturähnlichkeit von Aufnahme- und Teilnahmeanspruch391 ist zu überlegen, dem rein freizeitlich aktiven Sportler unter Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Formel einen Anspruch auf Teilnahme an einem bestimmten Turnier zuzugestehen. 392 Dies setzt jedoch voraus, daß der Anspruchsgegner, d. h. der Veranstalter des Turnieres, eine überragende Machtstellung innehat und der Sportler ein grundlegendes Interesse an der Teilnahme vorweisen kann. Dies wird bei regionalen Turnieren, die beispielsweise von einem örtlichen Verein veranstaltet werden, in der Regel nicht der Fall sein. Vielmehr werden hier oft mehrere Wettkämpfe an verschiedenen Orten veranstaltet, so daß der einzelne Sportler nicht auf die Teilnahme an einem bestimmten Turnier angewiesen ist und eine überragende Machtstellung des einzelnen Veranstalters mithin nicht besteht. 393 Etwas anderes kann gelten, wenn es einem Sportler faktisch unmöglich ist, überhaupt an einem Wettkampf teilzunehmen. Ein "grundlegendes Interesse" des Sportlers an einer Wettkampfteilnahme wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn eine Meisterschaft beispielsweise auf regionaler Ebene ausgetragen wird. Hier kann der Sportler den Meisterschaftstitel nur durch die Teilnahme an dem betreffenden Wettkampf gewinnen. Auf diese Weise kann der Veranstalter eine Machtstellung erlangen, die die Anwendbarkeit der von der Rechtsprechung entwickelten Formel sowie die Berücksichtung geschützter Grundrechtspositionen des abgelehnten Bewerbers rechtfertigt.394

389 So zuletzt BGH, WM 1999, 276 (277); vgl. auch OLG Düsseldorf, SpuRt 1999, 35 f.; AG Frankfurt a. M., SpuRt 1999, 36 ff.; diese Formel übernehmend DEB-Schiedsgericht, SpuRt 1997, 162 ff. 390 Für den Aufnahmeanspruch in einen Verein Steinbeck, WuW 1996, 91 (92); ebenso Grunewald, AcP 182, 181 ff. 391 Hierzu bereits oben Zweiter Teil. C.l.3. 392 Vgl. auch Münchener Kommentar/Reuter, Vor§ 21 BGB Rz. 108, zu BGH, NJW 1980, 186 ("Hamburgischer Anwaltsverein"): Soweit der Verein für den Bewerber wichtige Einrichtungen betreibt, soll in erster Linie nicht ein Anspruch auf Aufnahme, sondern ein solcher auf Teilhabe als Nichtmitglied bestehen. 393 Vgl. auch Krogmann, Grundrechte im Sport, S. 92, der mit gleicher Begründung den Aufnahmeanspruch in einen lokalen bzw. regionalen Sportverein verneint. 394 Vgl. Jötten, der feststellt, daß die Sportvereine "gewisse sportliche Betätigungsformen wie Teilnahme an regionalen und überregionalen Wettkämpfen ,hoheitlich' verwalten", Vereinsautonomieund Grundrechtsschutz der Vereinsmitglieder, S. 61.

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

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D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen zur Geltendmachung unzulässiger Diskriminierung Nicht nur in bezug auf die Teilnahme, auch während der Durchführung eines sportlichen Wettkampfes kann der Sportler verbandsrechtlichen Regelbestimmungen unterworfen sein, die eine Ungleichbehandlung der Athleten statuieren. Folgender Beispielsfall vermag dies zu illustrieren: Eine Tennisspielerio scheidet im Achtelfinale eines in Deutschland veranstalteten Turnieres der WTA (Women's Tennis Association)-Tour aus. Die Auszahlung des ihr eigentlich zustehenden Preisgeldes wird von dem Veranstalter mit dem Verweis auf das Regelwerk der WTA-Tour verweigert, nach dem Amateure, die an WTA-Turnieren teilnehmen, im Gegensatz zu Berufsspielerinnen kein Preisgeld, sondern nur Spesenersatz für Reise und Unterkunft erhalten. 395 Eine Angreifbarkeit entsprechender Bestimmungen kann sich durch eine Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Regelwerke ergeben. Die Rechtsprechung hat unter bestimmten Voraussetzungen eine Inhaltskontrolle verbandsrechtlicher Satzungsbestimmungen über § 242 BGB für zulässig und erforderlich erachtet. I. Voraussetzungen für eine Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Bestimmungen

Ursprünglich waren Rechtsprechung und Lehre von einer weiten Vereinsautonomie ausgegangen, deren Umfang allein durch die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft und die damit jederzeit bestehende Austrittsmöglichkeit der Mitglieder bestimmt wurde. 396 Mit der Entstehung komplexer mächtiger Vereins- und Verbandsstrukturen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen verlor dieses Korrektiv der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft zunehmend an Bedeutung, da der Einzelne nunmehr oft auf die Mitgliedschaft angewiesen ist.397 Diese Entwicklung nahm die Rechtsprechung zum Anlaß, den Umfang der Vereinsautonomie zunehmend einzugrenzen.398 Den Abschluß dieser Entwicklung bildet die Entscheidung des Bundesge395 So im Fall der Tennisspielerio Alexandra Stevenson, die 1999 im Achtelfinale in Wimbledon ausschied, F.A.Z. vom 29. 06. 1999, S. 46; vgl. auch WTA- Tour Rule Book 1999, XIV. Prize Money I C. Amateur Expense. 396 Zweiter Teil. B.II.2. 397 In bezug auf die Sportverbände Zweiter Teil. A.I.; auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen fand eine ähnliche Entwicklung statt, so z. B. bei der Entstehung der Gewerkschaften oder bestimmter Fachverbände der Wirtschaft. 398 In der " Rad- und Kraftfahrerbund-Entscheidung" bejahte der BGH unter bestimmten Voraussetzungen einen Aufnahmeanspruch gegenüber einem Verein, der eine Monopolstellung besitzt, BGHZ 63, 282 (285). Diesen Aufnahmezwang erweiterte er auf solche Vereine und Verbände, die im wirtschaftlichen und sozialen Bereich eine überragende Machtstellung einnehmen, BGHZ 93, 151 (152 ff.). Später begrundete das Gericht in bezug auf diese Vereine die uneingeschränkte Überpriifbarkeit der Rechtmäßigkeit eines Vereinsausschlusses, vgl.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

richtshofs vom 24. 10. 1988,399 in der das Gericht ausführte, daß bei Vereinen mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine Inhaltskontrolle auch verbandsinterner, die Rechtsstellung der Mitglieder regelnder Normen über § 242 BGB zulässig und erforderlich sei.400 Diese Rechtsprechung wurde für den Bereich des Sports in der "Reiter-Entscheidung" übernommen. 401 In einem obiter dictum stellte der BGH fest, daß Satzungsbestimmungen eines Landes- bzw. Bundessportverbandes sowohl im Verhältnis zu den unmittelbaren als auch den mittelbaren Mitgliedern einer Prüfung auf ihre inhaltlichen Angemessenheit zugänglich sind. 402 Zwar stellt die Vereinsautonomie eine besondere Ausprägung der Privatautonomie dar und unterliegt insofern grundsätzlich keiner inhaltlichen Kontrolle. Jedoch setzt Privatautonomie ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis zwischen den beteiligten Parteien voraus, das gleichsam die Grundlage der Vertragsgestaltungsfreiheit darstellt. 403 Wenn auf Grund bestimmter Machtpositionen die Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Mitglieder eingeschränkt sind, etwa durch den faktischen Zwang zur Mitgliedschaft, entsteht ein Kräfteungleichgewicht, das die Funktionsvoraussetzungen der Vereinsautonomie außer Kraft setzen kann. In diesem Fall greift das Rechtsinstitut der Inhaltskontrolle als Korrektiv zur Machtposition der Vereine I Verbände. Dadurch wird gewährleistet, daß die den Vereinen gewährte Autonomie im Rahmen der Rechtsordnung durch Statuierung sachgerechter und angemessener Normen ausgeübt wird.404 BGHZ 102, 265 (275 ff.), und untersuchte schließlich Verbandsbestimmungen, die das Verhältnis zu Nichtmitgliedern betrafen, auf ihre Angemessenheil hin, BGH, WM 1972, 1249 f. 399 BGHZ 105, 305 ff. 400 BGHZ 105, 305 (318); in diesem Sinne bereits Flume, Die juristische Person, § 9 I, S. 320 f., sowie Möschel, Monopolverband und Satzungskontrolle, S. 15 ff. (19); a.A. Grunewald insoweit, als sie eine Inhaltskontrolle auch bei Vereinen ohne besondere Macht- oder Monopolstellung für zulässig und erforderlich erachtet, ZHR 152 (1988), 242 (261); ebenso Vieweg, allerdings mit anderer Begründung, FS Lukes, S. 809 (817); ders., Normsetzung und -anwendung, S. 235: Entsprechend dem unterschiedlichen Mißbrauchspotential einzelner Verbandstypen könne diesem Umstand durch eine angemessen abgestufte Kontrollintensität bei der Inhaltskontrolle Rechnung getragen werden. 401 BGHZ 128, 93 (101). 402 Vieweg sieht eine wichtige Konsequenz der "Reiter- Entscheidung" darin, daß auf lange Sicht "manche Verbandsnormen in eine Fassung gebracht werden, die gewährleistet, daß sie einer Inhaltskontrolle standhalten", und "Verbandsentscheidungen ... sich mehr an dem orientieren, was als Entscheidungsergebnis eines zur Kontrolle angerufenen staatlichen Gerichts zu erwarten wäre, SpuRt 1995, 97 (100); vgl. auch Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 224 (225 f.). 403 Bunte formuliert in diesem Zusammenhang zutreffend, daß der Rechtsgrund der Inhaltskontrolle von Vereinssatzungen in dem Angewiesensein der Mitglieder auf die Mitgliedschaft liege, ZGR 1991, 316 ff.; im Ergebnis ebenso Münchener Kommentar/ Reuter, Vor § 21 BGB Rz. 114. 404 Nicklisch, Inhaltskontrolle von Verbandsnormen, S. 24 f., 47; ebenso Jötten, Vereinsautonomie und Grundrechtsschutz der Vereinsmitglieder, S. 69 f.; sehr deutlich in diesem Sinn

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

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II. Prüfungsmaßstab im Rahmen der Inhaltskontrolle nach§ 242 BGB Der Bundesgerichtshof überprüft im Rahmen der Inhaltskontrolle, ob die betreffende vereinsrechtliche Bestimmung die schutzwürdigen Belange der Mitglieder unangemessen beeinträchtigt, ohne daß hiedür ein überwiegendes sachliches Interesse des Vereines bzw. Verbandes geltend gemacht wird. 405 Das in§ 242 BGB normierte Gebot von Treu und Glauben wird hierbei als Grundlage der Prüfung auf "inhaltliche Billigkeit" bzw. "inhaltliche Angemessenheit" herangezogen. In der Literatur wird vereinzelt vorgeschlagen, zur Konkretisierung des Prüfungsmaßstabes eine Parallele zu § 9 AGBG zu ziehen und dessen Inhalt als allgemeingültigen Prüfungsmaßstab anzulegen. 406 1. Anwendbarkeit der Grundsätze des AGB-Gesetzes

a) Unmittelbare Geltung des AGB-Gesetzes

Eine unmittelbare Anwendung des AGB-Gesetzes bei der Inhaltskontrolle von Vereinssatzungen ist grundsätzlich nicht möglich, da § 23 I AGB-Gesetz Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, worunter auch Vereinssatzungen fallen, 407 aus dem sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes ausschließt.408 Dies gilt jedenfalls im Rahmen der Rechtsbeziehung zwischen regelaufstellendem Verein I Verband und den unmittelbaren Mitgliedern, die rein vereinsrechtlich geprägt ist.409 Ebenso hat der Bundesgerichtshof eine unmittelbare Anwendung des AGBGesetzes im Verhältnis zwischen regelaufstellendem Verband und nur mittelbarem Verbandsmitglied abgelehnt: Auch dieses Rechtsverhältnis ziele primär auf die Aufstellung von Normenwerken sozial-organisatorischer Natur, während das AGB-Gesetz typischerweise "Leistungsaustauschbeziehungen mit von vornherein prinzipiell konträren Interessen" regele.410 auch Schmidt, Die Mitgliedschaft in Verbänden, S. 75; a.A. Vieweg, der als Grundlage der vereinsrechtlichen Inhaltskontrolle die staatliche Justizgewährungspflicht sieht, Norrnsetzung und -anwendung, S. 234, ausführlich hierzu oben Zweiter Teil. B.II.l. 405 BGHZ 105, 305 (320). 406 So etwa Bunte, ZGR 1991, 316 (324); ebenso Grunewald, ZHR 152, 242 (260 f.). 407 Ulmer, in Ulmer/Brandner/Hensen, Kommentar zum AGBG, § 23 Rz. 22; Horn, in Wolf/Hom/Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 23 Rz. 72, 81, 88 f. 408 Dies steht auch nicht in Widerspruch zu der Richtlinie 93 I 13 I EWG des Rates vom 5. Aprill993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und deren Umsetzung in § 12 und § 24 a AGBG, da die Richtlinie im Erwägungsgrund Nr. 10 explizit feststellt, daß Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts von der Richtlinie ausgenommen sind, ABlEG 1993, Nr. L 95, S. 29; vgl. auch Horn, in Wolf/Hom/Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 23 Rz. 4 f. 409 Vieweg, SpuRt 1995,97 (99). 410 BGHZ 128, 93 (102 f .).

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Dieser generellen Unanwendbarkeit des AGB-Gesetzes im Verhältnis zwischen Verband und mittelbarem Mitglied wird die Auffassung entgegengesetzt, das AGB-Gesetz dann anzuwenden, wenn die Rechtsbeziehung von einem Austauschverhältnis und keinem Mitgliedschaftsverhältnis geprägt ist.411 Eine derartige isolierte Herausnahme der die Austauschbeziehungen betreffenden Regelungen kann allerdings zu einer unnatürlichen Aufspaltung einer im Zusammenhang stehenden Rechtsbeziehung führen, die in ihrem Kern doch stark mitgliedschaftsrechtlich geprägt ist, und sollte aus diesem Grund nur mit Vorsicht in Betracht gezogen werden.412 Da der Bundesgerichtshof im Rahmen der auf§ 242 BGB gestützten Inhaltskontrolle Wertungsmaßstäbe des AGB-Gesetzes entsprechend heranzieht,413

ergeben sich bei der inhaltlichen Überpriifung keine Unterschiede, so daß eine vertiefte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Ansätzen unterbleiben kann. 414 b) Entsprechende Anwendung des Prüfungsmaßstabes nach§ 9 AGB-Gesetz Die Zulässigkeit einer entsprechenden Heranziehung der im AGB-Gesetz niedergelegten Grundsätze zur Inhaltskontrolle auch im Verhältnis zwischen Verband und unmittelbarem Mitglied wird damit begriindet, daß der Rechtsgrund für die Durchführung einer Inhaltskontrolle in beiden Fällen vergleichbar sei. Im Fall der Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes (§ 1 AGBG) besteht ein Schutzbedürfnis zugunsten der Partei, die nicht Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist, auf Grund ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit. Hier setzen die Regelungen des AGB-Gesetzes an, um einer Störung der Vertragsparität entgegenzuwirken und den Grundsatz der Vertragsfreiheit zu schützen. 415 Dies begrundet eine Parallele zu solchen Vereinen, bei denen ein faktischer Zwang zur Mitgliedschaft und damit ein Kräfteungleichgewicht auf vereinsrechtlicher Ebene besteht. 416 Die Überlegung, Rechtsgedanken der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz zu verallgemeinem und auf die vereinsrechtliche Kontrolle nach § 242 BGB zu übertragen, setzt stets auch die Vergleichbarkeit der zugrundeliegenden Fragestellungen 411 Summerer; Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 345 ff. (349): Als Beispiel einer durch ein Austauschverhältnis geprägten Rechtsbeziehung führt er an, daß bestimmte Sportverbände Vorgaben bestimmen, nach denen ein Athlet nur dann an einem Wettbewerb teilnehmen kann, wenn er die Ausrüstung eines bestimmten Herstellers trägt. 412 Vieweg, FS Lukes, 809 (813); ebenso Steinbeck, Vereinsautonomie und Dritteinfluß, S. 211. 413 BGHZ 128, 93 (103). 41 4 Darauf explizit hinweisend Summerer; Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 350. 415 Wolf, in Wolf/Hom/Lindacher, Kommentar zum AGBG, Einleitung Rz. 15; Bunte, ZGR 1991,316 (321); Schmidt, Mitgliedschaft in Verbänden, S. 61 ff. 416 Der BGH führte in der Entscheidung BGHZ 105, 315 (319) zur Inhaltskontrolle von Vereinssatzungen aus, daß "in solchen Fällen eine Ungleichgewichtslage gegeben (ist), wie sie typischerweise bei nicht ausgehandelten Vertragsbedingungen anzutreffen ist".

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

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voraus. Bei der inhaltlichen Überprüfung eines Regelwerkes ist stets "auf die Besonderheit des jeweiligen Vereins Rücksicht zu nehmen". 417 Ein Rückgriff auf geeignete Grundsätze des AGB-Gesetzes ist von vorneherein nur dann möglich, soweit "Eigenarten des Rechtsgebiets nicht entgegenstehen". 418 Bei Sportvereinen und -verbänden müssen die Eigenständigkeil des Sports sowie dessen sportspezifische Wertevorstellungen und Interessenlagen Berücksichtigung finden. Infolgedessen sollte eine Übernahme von Grundsätzen des AGB-Gesetzes nur mit Vorsicht erfolgen und im Rahmen der Inhaltskontrolle primär der Besonderheit des Sportgeschehens Rechnung getragen werden. 2. Sportbezogene Durchführung der Inhaltskontrolle

Die Rechtsprechung nimmt im Rahmen der Inhaltskontrolle eine umfassende Abwägung der gegenüberstehenden Interessen vor und bezieht in den Abwägungsprozeß Grundrechtspositionen ein, um den dort verankerten verfassungsrechtlichen Werteentscheidungen auch im Zivilrecht Geltung zu verleihen.419 Dabei gelten die Grundrechte als "Richtlinien" bei der Auslegung und Anwendung der Generalklauseln des§ 242 und§ 138 BGB. In bezug auf eine Inhaltskontrolle sportverbandsrechtlicher Regelwerke nach § 242 BGB verdient der Gedanke Beachtung, für den Sport eine Art "Sonderprivatrecht" zu entwickeln. Ziel dieser Überlegung ist, der rechtstatsächlichen Situation im organisierten Sport Rechnung zu tragen und eine interessengerechte und sportbezogene Anwendung der staatlichen Schutzvorschriften zu gewährleisten.420 Hier gewinnt der Ansatz von Heß eine besondere Bedeutung, den Bezugsrahmen der Inhaltskontrolle primär aus den "Regelungen und Wertvorstellungen des autonomen Sportrechts selbst" abzuleiten. 421 Durch den Vergleich der zu überprüfenden Verbandsregelbestimmung mit den Regelungswerken anderer internationaler Sportverbände werde ein Vergleichsmaßstab geschaffen, der der Autonomie der Sportverbände Rechnung trage. Gleichzeitig könne so die internationale Dimension der Sportregelwerke unmittelbar in den Prüfungsmaßstab der Inhaltskontrolle einbezogen werden. In einem zweiten Schritt müsse nach Heß die "Respektierung unverfügbarer Rechte der Sportler" geprüft und auf dieser Ebene die "grundrechtliche Interessenlage des Sportlers" herangezogen werden. 422 Diese Überlegung erscheint So Grunewald, ZHR 152, 242 (260). Horn, in Wolf/Horn/Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 23 Rz. 90. 419 So etwa BGH, SpuRt 2000, 19 ff.: Der Bundesgerichtshof führte in dieser Entscheidung die vereinsrechtliche Inhaltskontrolle in Form einer Gegenüberstellung und Abwägung der Grundrechte aus Art. 12 I GG und Art. 9 I GG durch mit dem Ergebnis einer praktischen Konkordanz der Grundrechte; vgl. auch OLG München SpuRt 1994, 89 ff.; siehe hierzu auch die Anmerkung von Schirnke, der von einer "unmittelbaren Anwendung des Art. 12 GG auf die Verbandssatzung" spricht, SpuRt 1994,91 (92). 420 Zweiter Teil. B.II.3., 5. und 6. 421 Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (32 ff.). 417

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

insbesondere unter dem Blickwinkel der Internationalität des Sportgeschehens von Bedeutung. Der von Heß gewählte Ansatz gewährleistet, daß einer einheitlichen sportspezifischen Werte- und Maßstabbildung auf internationaler Ebene Rechnung getragen wird. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß bereits die Konkretisierung eines anhand verschiedener Sportregelwerke zu entwickelnden Vergleichsmaßstabes Probleme aufwerfen kann: Zunächst stellt sich die Frage, welche und wieviele verschiedene Regelwerke anderer Sportarten herangezogen werden müssen, um einen aussagekräftigen Vergleichsmaßstab entwickeln zu können. Darüber hinaus haben einzelne Sportvereinigungen oft unterschiedliche Zielsetzungen, so daß ein Vergleich der jeweiligen Regelwerke nicht ohne weiteres möglich ist. 423 Entscheidend ist letztlich jedoch, daß der Rechtsgrund einer Inhaltskontrolle darin besteht, die von den Verbänden autonom gesetzten Regeln auf ihre Vereinbarkeil mit der staatlichen (nationalen) Rechtsordnung zu überprüfen. Aus diesem Grund kann auch auf einer ersten Prüfungsstufe das selbstgesetzte Recht der Verbände nicht als Maßstab dieser staatlichen Kontrolle dienen. Denn der staatliche Richter ist grundsätzlich nur an die vom verfassungsmäßig legitimierten Gesetzgeber geschaffene Rechtsordnung gebunden. Infolgedessen kann ein anhand internationaler Sportregelwerke entwickelter Vergleichsmaßstab lediglich eine Orientierungshilfe, nicht aber einen den Richter bindenden Kontrollmaßstab darstellen. Im Rahmen der Anwendung und Auslegung staatlichen Rechts sind jedoch die von den Sportverbänden entwickelten sporttypischen Wertevorstellungen angemessen zu berücksichtigen. Dadurch wird gleichzeitig sichergestellt, daß diese nicht von "allgemeinrechtlichen Maßstäben"424 überlagert und ausgeblendet werden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung ist somit bei Sportregelwerken der Prüfungsansatz an der nationalen Rechtsordnung auszurichten und primär eine Abwägung der gegenüberstehenden Grundrechtspositionen vorzunehmen. Im Fall einer geltend gemachten Diskriminierung kann sich der Sportler grundsätzlich auf das Grundrecht aus Art. 3 GG berufen, das nach den oben dargelegten Kriterien mit dem Grundrecht aus Art. 9 I GG in ein Verhältnis der praktischen Konkordanz zu bringen ist. 425 In diesem Zusammenhang ist auch der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Mitglieder zu beachten, der als allgemein geltendes Prinzip des Gesellschaftsrechts das Vereinsrecht beherrscht. 426 Er betrifft zunächst das Heß, in Jurist. Studgesell. (Hrsg.), Aktuelle Rechtsfragen des Sports, S. 1 (34). Eine internationale Vereinigung von Berufsspielern wie beispielsweise die PGA verfolgt primär die Förderung der kommerziellen Interessen der einzelnen Spieler, während der internationale Dachverband einer Sportart die Förderung und Reglementierung des Sports als solchem zum Ziel hat. 424 So Westennann, Verbandsstrafgewalt und das allgemeine Recht, S. 107, vgl. auch 422 423

s. 105.

425 Vgl. hierzu ausführlich die Abwägung im Rahmen des kartellrechtlichen Teilnahmeanspruchs unter Zweiter Teil. C.I.S.c.; ausführlich zur Interessenahwägung unter Berücksichtigung der Drittwirkung der Grundrechte Vieweg, DSB (Hrsg.), Verbandsrecht und Zulassungssperren, S. 36 (40 ff.), der im Ergebnis zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips kommt.

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

107

Verhältnis der unmittelbaren Mitglieder zueinander. Allerdings hat auch derjenige, der sich vertraglich einer Verbandsordnung unterwirft, innerhalb des Geltungsbereichs der Vereinbarung einen Anspruch auf gleichmäßige Behandlung.427 Eine Differenzierung und Ungleichbehandlung einzelner Mitglieder oder einer Gruppe von Mitgliedern ist nur dann zulässig, wenn sie auf einer sachlichen Rechtfertigung beruht. 428 Diese Werteentscheidung der nationalen Rechtsordnung stimmt mit der in der Olympischen Charta normierten Regelbestimmung überein: Danach ist jede Form der Diskriminierung eines Landes oder einer Person auf Grund von Rasse, Religion, Geschlecht oder aus politischen oder sonstigen Gründen mit der Zugehörigkeit zur olympischen Bewegung unvereinbar.429 Insoweit stimmen der sportspezifische und staatliche Wertemaßstab überein, wobei die Überprüfung eines Sportregelwerkes anhand der Vorgaben der nationalen Rechtsordnung unter Berücksichtigung der entsprechenden sportrechtlichen Wertevorstellungen erfolgt. 111. Inhaltskontrolle des Verbandsregelwerkes am Beispiel des Tennissports

Anhand des eingangs dargestellten Beispielsfalles430 wird im folgenden die Wirksamkeit der Regelbestimmung über die Auszahlung von Preisgeld bei einem Tennisturnier der WTA-Tour geprüft.431

426 Ausführlich Roitzsch, Minderheitenschutz, S. 33 ff.; van Look, in Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rz. 543 ff.; vgl. auch Vieweg, FS Lukes, S. 809 (814); Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 II 4 b), S. 468 f. 427 van Look führt in diesem Zusammenhang das Beispiel eines Sportlers an, der sich durch die Teilnahme an einem Sportwettbewerb vertraglich der Verbandsordnung unterwirft, in Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rz. 544. 428 van Look, in Reichert/van Look, Handbuch des Vereinsrechts, Rz. 545 ff. ; Reuter spricht von dem Gleichbehandlungsgrundsatz als einer "Auslegungsmaxime insofern, als man innerhalb von Gemeinschaften "nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte" (§ 157 BGB) vom Willen zur Vermeidung unsachlicher Differenzierungen ausgehen darf'. Diese Auslegungsmaxime gelte für solche Vereine, die einer Aufnahmepflicht unterliegen, was bei den Sportverbänden regelmäßig der Fall ist, Münchener Kommentar I Reuter, § 34 BGB Rz. 17; vgl. auch den Ansatz von Hueck, der die Rechtsgrundlage für die Gleichbehandlung in der Gemeinschaftsbindung mehrerer Personen sieht, Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung, S. 128 ff. (152). 429 Regel 3 Nr. I O.C.; Ebenso bestimmen Art. 3 Nr. 3.1. und 3.2. der Statute der FIFA, daß aus Griinden der Rasse, Religion oder aus politischen Griinden ein Land oder eine Einzelperson nicht diskriminiert werden dürfen. Dariiber hinaus kann ein Verband, der "Wettbewerbe toleriert, erlaubt oder organisiert, in denen Diskriminierung vorkommt," nicht Mitglied der FIFA werden, abgedruckt in Praxishandbuch Sportrecht, Anhang B, S. 577. 430 Zweiter Teil. D. vor I. 43 1 Eine inhaltsgleiche Bestimmung über die Preisgeldauszahlung existiert im Golfsport: Auch hier sind Golfspieler mit einer Amateurlizenz bei den Profiwettkämpfen teilnahme-

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht 1. Möglichkeiten des Sportlers, gegen verbandsrechtliche Regelbestimmungen vorzugehen

Wie vorstehend dargestellt besteht eine vertragliche Bindung zwischen lokalem Veranstalter und der WTA sowie eine Rechtsbeziehung zwischen dieser Spielervereinigung und den einzelnen Sportlerinnen.432 Im Verhältnis zwischen Spielerio und Turnierveranstalter liegt, soweit deutsches Recht zur Anwendung kommt, ein Preisausschreiben nach § 661 BGB vor.433 Aus Sicht der Athletin stellt sich somit die Frage, ob sie gegen die regelaufstellende WTA oder gegen den die Auszahlung verweigernden lokalen Turnierveranstalter vorgehen sollte, um das erspielte Preisgeld zu erhalten.

a) Geltendmachung gegenüber der WTA Das zwischen Spielerio und internationaler Spielervereinigung bestehende Rechtsverhältnis unterliegt OS-amerikanischen Recht, da nach der Sitztheorie434 das insoweit maßgebliche Gesellschaftsstatut an den Sitz der Hauptverwaltung anzuknüpfen ist. 435 In bezug auf die Bestimmung über die Preisgeldauszahlung könnte eine akzessorische Anknüpfung an das bei § 661 BGB maßgebliche Vertragsstatut436 in Erwägung gezogen werden. Eine isolierte Herausnahme einzelner Regelbestimmungen im Rahmen der kollisionsrechtlichen Anknüpfung vermag indes nicht zu überzeugen. Mit dem Erwerb der Mitgliedschaft in der Spielervereinigung wird der einzelne Sportler in den Organisationsrahmen der WTA eingebunden, der unter anderem die Modalitäten der Teilnahme an Turnieren sowie deren Durchführung detailliert festlegt. Das Rechtsverhältnis weist in seiner Gesamtheit eine überwiegend mitgliedschaftsrechtliche Prägung auf, der auch bei der kollisionsrechtlichen Anknüpfung Rechnung getragen werden muß. Der Vorteil eines Vorgehens gegen die WTA könnte darin bestehen, daß im Fall einer festgestellten Unwirksamkeit der Satzungsbestimmung diese zukünftig auch bei anderen Turnieren der WTA-Tour keine Rechtswirksamkeit mehr beansprucht. Die Spielerin, der die Auszahlung des Preisgeldes verweigert wurde, wird jedoch primär Interesse haben, das bereits erspielte Preisgeld zu erhalten. Bei festgestellberechtigt, jedoch erhalten sie kein Preisgeld, dieses wird stattdessen auf das Spielerfeld der Profis verteilt. So geschehen zuletzt im Fall des Amateurspielers Baddeley, der 1999 in Sydney die Australien Open für Profis gewann, F.A.Z. vom 30. 11. 1999, S. 46. 432 Zweiter Teil. A.II.2.b. sowie A.III.3.a. 433 Zweiter Teil. A.III.4.c.bb. 434 Zu den Auswirkungen der Centros- Entscheidung des EuGH auf den Fortbestand der Sitztheorie bereits oben Zweiter Teil.A.III.5.a.bb. 435 Ausführlich zur Qualifikation dieses Rechtsverhältnisses und der kollisionsrechtlichen Anknüpfung Zweiter Teil.A.III.5.a. 436 Zur kollisionsrechtlichen Anknüpfung Zweiter Teil.A.III.5.c.

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

109

ter Unwirksamkeit der Regelung könnte die WTA den Veranstalter vor Ort anweisen, die Auszahlung vorzunehmen, denn dieser hat sich der WTA gegenüber verpflichtet, sein Turnier entsprechend dem Regelwerk der WTA-Tour durchzuführen. Verweigert der Veranstalter die Auszahlung, kann die WTA möglicherweise aus Vertragsverletzung gegen ihn vorgehen, um eine Auszahlung an die Spielerin durchzusetzen. 437 b) Geltendmachung gegenüber dem lokalen Veranstalter

Insbesondere in den Fällen, in denen der Veranstalter ein über die von der WTA festgelegte Mindesthöhe hinausgehendes Preisgeld ausgeschrieben hat, kann ein großes Interesse seitens der Teilnehmerin bestehen, die Auszahlung des Preisgeldes direkt gegenüber dem lokalen Veranstalter geltend zu machen. 438 Die Rechtsbeziehung zwischen lokalem Veranstalter und Spielerin unterliegt deutschem materiellen Recht, wenn der Veranstaltungsort in Deutschland liegt,439 und ist als Preisausschreiben i. S. d. § 661 BGB zu qualifizieren. 440 Danach haben die vom Preisgericht als Gewinner benannten Bewerber gegen den Auslobenden einen klagbaren Anspruch auf Vollzug der Entscheidung, d. h. auf Leistung des ihnen vom Preisgericht zugesprochenen Preises oder Preisteiles.441 Zwar wird über § 661 II S. 2 BGB die gerichtliche Nachprüfbarkeit der Entscheidung des Preisgerichts auf ihre sachliche Richtigkeit hin ausgeschlossen. 442 Die Sportlerin greift aber nicht die Bewertung ihrer sportlichen Leistung an, denn diese wurde übereinstimmend vorgenommen, sie wendet sich einzig gegen die Weigerung, das auf 437 Der Veranstalter verpflichtet sich gegenüber der WTA, das Preisgeld bei Vorliegen der Voraussetzungen an die betreffenden Spielerinnen auszuzahlen, vgl. WTA-Tour Rule Book 1999, VI. Tournament Applications, F. No Release, S. 46: "After sanction and assignment of a place on the Calendar by the WTA-Tour, no Tournament may be released from its obligation to pay all fees and to award the designated prize money at the site (or to the WTA-Tour in the event that the Tournament is not held)... "; darüber hinaus muß der Veranstalter mit seiner Bewerbung um die Austragung eines WTA-Turnieres eine Sicherheit in Höhe von 25% des gesamten Preisgeldes leisten, die die WTA so lange einbehält, bis alle Spieler bezahlt worden sind, WTA Tour Rule Book 1999, VI. Tournament Applications, S. 44. 438 Die WTA hat durch die Festsetzung einzelner, an einer bestimmten Preisgeldrnindesthöhe orientierten Turnierkategorien gegenüber den Spielerinnen die Verpflichtung übernommen, eine entsprechende Preisgeldauszahlung sicherzustellen. Schreibt der Veranstalter ein höheres Preisgeld aus, handelt er in eigener finanzieller Verantwortung. Insoweit besteht seitens der WTA keine Verpflichtung, die Auszahlung sicherzustellen, vgl. WTA-Tour Rule Book 1999, V. Tournament Financial Payments, C. Tournaments Paying Prize Money in excess of the Minimum Prize Money Level, S. 40 f. 439 Zweiter Teil. A.III.5.c. 440 Zweiter Teil. A.III.4.c.bb. 441 Münchener Kommentar/ Seiler, § 661 BGB Rz. 13; vgl. auch Staudinger I Wittmann, § 661 BGB Rz. 10. 442 Staudinger I Wittmann, § 661 BGB Rz. 10.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Grund der unzweifelhaft erbrachten sportlichen Leistung ihr "eigentlich zustehende Preisgeld" auszuzahlen. Der Veranstalter beruft sich auf das Verbandsregelwerk der WTA-Tour, das gleichsam die Auslobungsbedingungen festlegt und bestimmt, daß eine Auszahlung des Preisgeldes an Amateurspielerinnen nicht erfolgt. Besitzt eine solche Klausel nach deutschem Recht Wirksamkeit, steht der Amateursportleein kein Anspruch auf Auszahlung des Preisgeldes zu. Nach deutschem Recht unterliegen Verbandsregelwerke einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB, wenn die Verbände eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich einnehmen. 443 Die Anwendbarkeit des AGBGesetzes ist dagegen grundsätzlich ausgeschlossen, da Verbandsregelwerke auch im Verhältnis zu mittelbaren Mitgliedern einen primär organisationsrechtlichen Charakter besitzen und infolgedessen die mitgliedschaftliehe Prägung überwiegt.444 Etwas anderes gilt jedoch, wenn wie im vorliegenden Fall ein außerhalb der Verbandspyramide stehender Dritter ein schuldrechtliches Rechtsverhältnis mit einem Sportler begründet. In Zusammenhang mit der kollisionsrechtlichen Anknüpfung wurde bereits darauf hingewiesen, daß diese rechtlichen Bindungen eine größere Nähe zu Leistungsaustauschverhältnissen als zu mitgliedschaftlieh geprägten Rechtsbeziehungen aufweisen und infolgedessen dem Vertragsstatut unterliegen.445 Gleiches gilt auch in bezugauf die Rechtsgrundlage einer durchzuführenden Inhaltskontrolle: Wird eine vereinsrechtliche Prägung des Rechtsverhältnisses abgelehnt, bestehen auch gegen die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes keine Bedenken.446 Gemäß Art. 29a EGBBG sind nationale Bestimmungen zur Umsetzung der europäischen Verbraucherrichtlinien, zu denen unter anderem das AGB-Gesetz zählt, auch auf solche Verträge anzuwenden, die auf Grund einer Rechtswahl weder dem Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union noch dem eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum unterliegen. Voraussetzung hierfür ist, dass der zugrundeliegende Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet eines Mitglied- oder anderen Vertragsstaates des Abkommens aufweist. 447 Ein solcher ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn Zweiter Teil.D.I. Ausführlich hierzu oben Zweiter Teil.D.II.l. 445 Siehe Zweiter Teil.A.III.5.c. 446 Zwar setzt § 1 AGBG dem Wortlaut nach das Vorliegen eines Vertrages voraus, jedoch gelten nach den Motiven des Gesetzgebers für das Rechtsverhältnis der Auslobung im allgemeinen dieselben Rechtsnormen wie für den zweiseitigen Vertrag, Staudinger I Wittmann, Vorbem zu §§ 657 ff. BGB Rz. 1. Darüber hinaus wird die Geltung des AGB-Gesetzes auch bei bestimmten einseitigen Rechtsgeschäften angenommen, so daß im Ergebnis an der Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf vorliegendes Rechtsverhältnis keine Zweifel bestehen, Ulmer; in UlmeriBrandneriHensen, Kommentar zum AGBG, § 1 Rz. 16 ff.; vgl. BGHZ 105, 24 (27) in Bezug auf Bewerbungsbedingungen, die die Voraussetzungen für die Teilnahme von Anbietern an öffentlichen Ausschreibungen für Bauaufträge festlegen; siehe auch Wolf, in Wolf I Horn I Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 1 Rz. 8. 447 Mit der Einfügung des Art. 29a EGBGB durch ein Gesetz vom 27. 06. 2000 entfiel der zuvor speziell die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes in oben genannten Fällen regelnde§ 12 443

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D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

111

der Veranstaltungsort in Deutschland liegt, so daß unabhängig von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des Vertragsstatuts an den Veranstaltungsort448 in diesen Fällen die Normen des AGB-Gesetzes über Art 29a Abs. 1 EGBGB beanspruchen.449 Bei den vom Veranstalter zugrundegelegten Auslobungsbedingungen handelt es sich um von diesem einseitig gestellte Bedingungen, die für eine Vielzahl von inhaltsgleichen Rechtsverhältnissen vorformuliert wurden450 und gemäß § 2 I AGBG Bestandteil des Rechtsverhältnisses geworden sind.451 2. Inhaltliche Überprüfung der Bestimmung über die Preisgeldauszahlung

Gemäß dem Verbandsregelwerk der WTA, das gleichzeitig auch die der Inhaltskontrolle unterliegenden Auslobungsbedingungen festlegt, steht die Teilnahme an einzelnen Turnieren grundsätzlich allen weiblichen Tennisspielerinnen offen. 452 Dementsprechend wird die Berechtigung zur Austragung eines WTA-Turnieres nur dann vergeben, wenn das Turnier grundsätzlich alle weiblichen Spielerinnen ohne Diskriminierung zuläßt. 453 Auch bei der Preisgeldauszahlung gilt der Grundsatz, daß eine Diskriminierung bei der Auszahlung unzulässig ist.454 Weigert sich AGBG. Zum früheren§ 12 AGBG, durch den die Vorgaben des Art. 6 Il der Richtlinie 931 13 I EWG betreffend das AGBG umgesetzt wurden, vgl. Lindacher, in Wolf I Horn I Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 12 Rz. 2 ff. 448 Ausführlich hierzu Zweiter Teil.A.III.5.c. 449 Allein die Tatsache, daß der Vertragspartner seinen Wohnsitz bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, kann keinen hinreichenden Inlandsbezug nach§ 12 S. 1 AGBG begründen, Lindacher, in Wolf/HorniLindacher, Kommentar zum AGBG, § 12 Rz. 26; zu den Voraussetzungen des Regelbeispiels gemäß § 12 S. 2 AGBG ders., § 12 Rz. 19 ff. 450 Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß die Auslobungsbedingungen durch das Regelwerk der WTA festgelegt werden, da die Vorformulierung nicht zwingend durch den Verwender selbst erfolgen muß, sondern auch von einem Dritten vorgenommen werden kann, Ulmer, in UlmeriBrandneriHensen, Kommentar zum AGBG, § 1 Rz. 21; mit ausdrücklichem Hinweis darauf, daß der vorformulierende Dritte auch ein Verband sein kann, Wolf, in Wolf I Horn I Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 1 Rz. 12. 451 Überwiegend werden Berufssportler an den Turnieren teilnehmen, die auf Grund ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit Unternehmer i.S.v. § 24 Nr. 1 AGBG sind mit der Folge, daß die§ 2, 10, 11 AGBG keine Anwendung finden. Der Begriff des Unternehmers in§ 24 AGBG entspricht dem Begriff des Gewerbetreibenden in Art. 2 lit.c der Richtlinie 93 I 13 I EWG und wird konform mit dieser ausgelegt, vgl. Wolf, in Wo1f1Horn1Lindacher, Art. 2 RiLi Rz. 9 sowie § 24 AGBG Rz. 6. Eine entsprechende Legaldefinition der Begriffe des "Verbrauchers" sowie des "Unternehmers" wurde mit Gesetz vom 27. 06. 2000 in§ 13 und § 14 BGB eingeführt. 452 WTA-Tour Rule Book 1999, I. Introduction: "The WTA TOUR (the Tour) is an award competition open to all women players." 453 WTA-Tour Rule Book 1999, V.H. Qualifications for Application Approval, S. 47: "The Tournament is open to all categories of women p1ayers without discrimination." 454 WTA-Tour Rule Book 1999, XIV.A. Prize MoneyiDistribution, S. 153: "Payment of the same Prize Money must be availab1e to all competitors without discrimination."

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

eine Spielerin jedoch, ihren Amateurstatus aufzugeben, soll sie kein Preisgeld, sondern nur Ersatz der tatsächlich entstandenen, angemessenen und erforderlichen Kosten erhalten. 455

a) Rechtsgrundlage der Inhaltskontrolle Im Rahmen des zwischen lokalem Veranstalter und Spielerin bestehenden schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses ist § 9 AGBG als Rechtsgrundlage einer lnhaltskontrolle heranzuziehen. Dieser stellt eine Ausprägung des in § 242 BGB normierten allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben dar. 456 Das Vorliegen einer mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarenden unangemessenen Benachteiligung gemäß § 9 I AGBG ist auf Grund einer umfassenden Interessenahwägung festzustellen. Dieser Prüfungsmaßstab entspricht dem in Art. 3 der Richtlinie 93 I 13 I EWG über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vorgegebenen und bei der Auslegung der nationalen Vorschriften heranzuziehenden Kontrollmaßstab.457 Grundsätzlich werden im Rahmen der Inhaltskontrolle nur die Interessen der Vertragsparteien gegeneinander abgewogen. Der Verwender kann jedoch bei der Gestaltung der in Frage stehenden Bestimmung auch Interessen Dritter wahrnehmen, wenn er und der Dritte durch Vertragsbeziehungen verbunden sind und dadurch gleichgerichtete Interessen haben. 458 Da die WTA in ihrem Verbandsregetwerk die Modalitäten der Preisgeldauszahlung festgelegt und der Veranstalter sich vertraglich verpflichtet hat, diese Vorgaben umzusetzen, ist bei der Interessenabwägung auf Seiten des Veranstalters ein Rückgriff auf die Interessen der Spielervereinigung zulässig.459

455 Das Verbandsregelwerk bestimmt in diesem Zusammenhang, daß jede Teilnehmerin, die Preisgeld bei einem Turnier erhält, als Berufsspielerin gilt, WTA- Tour Rule Book 1999, XIV. C. Amateur Expense, S. 153: .,Any Player who receives Prize Money at a Tournament of from the WTA Tour Bonus Pool will be considered to be a professional. However, if a player does not wish to forfeit her amateur status, she may not receive Prize Money, but may receive only reasonable, actual und necessary expenses substantiated by receipts and as documented on a signed WTATour Amateur Reimbursement Form." 456 BGHZ 128, 92 (102); Wolf, in Wolf/HomiLindacher, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 25, 50 ff. ; zum identischen Prüfungsmaßstab von§ 9 AGBG und§ 242 BGB bereits oben Zweiter Teil.D.II.1. 457 ABlEG 1993, Nr. L 95, S. 29; Brandner; in UlmeriBrandneriHensen, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 5c; Wolf, in Wolf/HomiLindacher, Kommentar zum AGBG, Art. 3 RiLi Rz. 12. 458 BGH, NJW 1984,2816. 459 Ausführlich zur Berücksichtigung von Drittinteressen Brandner; in Ulmer I Brandner I Hensen, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 124 f. m. w. N.; Wolf, in Wolf/HomiLindacher, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 11 0; a.A. Münchener Kommentar I Kötz, § 9 AGBG Rz. 11.

D. Inhaltskontrolle vereinsrechtlicher Regelbestimmungen

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b) Berücksichtigung des Art. 3 I GG

Im Rahmen der Interessenahwägung sind auch grundrechtliche Rechtspositionen gemäß dem Grundsatz der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte zu berücksichtigen. Dies gilt auch für den allgemeinen Gleichheitssatz mit der Maßgabe, daß die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht willkürliche Differenzierungen zwischen Vertragspartnern mit gleicher Interessenlage vornehmen dürfen.460 Der einzelne Veranstalter ist auf Grund der vertraglichen Berechtigung zur Austragung eines der WTA-Tour angehörenden Turnieres in die Monopolstellung des Dachverbandes eingebunden. Sonach kommt auch ihm bei der Ausrichtung des Wettkampfes gegenüber den teilnehmenden Sportlern eine bedeutende Machtstellung zu, die eine Geltung des Gleichheitssatzes im Rahmen der Inhaltskontrolle über § 9 AGBG rechtfertigt. 461 Nach der neuen Formel des BVerfG ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 I GG dann verletzt, wenn "eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten." 462 Eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von Berufs- und Amateurspielerinnen in bezug auf die Preisgeldzahlung könnte darin liegen, daß die Spielervereinigung WTA mit der Auszahlung des Preisgeldes durch den Veranstalter die Verdienstmöglichkeiten der Berufssportler fördern und eine finanzielle Einnahmequelle sichern möchte.463 Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der WTA-Tour, so war deren Gründung eine Reaktion auf den Umstand, daß die bis dahin unter der Obhut der ITF stattfindenden Tennisturniere nur für Amateure zugänglich waren, die mit dem Tennisspielen nicht ihren Lebensunterhalt verdienten. Das vorrangige Ziel der Gründung der WTA- bzw. ATP-Tour bestand infolgedessen darin, eine eigene Turnierserie zu organisieren, um denjenigen Spielern, die sich berufsmäßig auf das Tennisspielen konzentrieren, eine Teilnahme an Wettkämpfen und finanzielle Einnahmequellen zu ermöglichen. 464 460 Wolf, in Wolf I Horn I Lindacher, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 113, der jedoch nicht darauf eingeht, ob der Verwender auch eine Monopol- oder bedeutende Machtstellung einnehmen muß; siehe auch BGH, NJW 1990,761 (763). 461 Zum Grundsatz der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte in Bezug auf den Gleichheitssatz Zweiter Teil.C.I.5.a.aa. 462 Sog. "neue Formel" des BVerfG seit 1980, zunächst im 1. Senat, BVerfGE 55, 72 (88); ab 1986 auch vom 2. Senat übernommen, BVerfGE 75, 108 (157); weitere Nachweise bei Starck, in v. Mangold! I Klein I Starck, GG I, Art. 3 Rz. 11. 463 Das zwischen WTA, Veranstalter und Spielerio bestehende "Dreiecksverhältnis" begründet das Abstellen auf die Interessenlage des Dachverbandes, der zwar im Rechtsverhältnis zwischen Sportler und Veranstalter als Dritter anzusehen ist, aber den Inhalt der Rechtsbeziehungen maßgeblich vorgegeben hat, zur Zulässigkeil der Einbeziehung von Drittinteressen Brandner; in UlmeriBrandneriHensen, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 124 f.; Wolf, in Wolf/HorniLindacher, Kommentar zum AGBG, § 9 Rz. 109.

8 Zinger

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Die Entscheidung, Profisportler zu Wettkämpfen nicht zuzulassen, an denen Amateure teilnehmen, kann grundsätzlich ihre sachliche Rechtfertigung in dem sporttypischen Prinzip der Chancengleichheit finden, da zugunsten der Berufssportler zumeist ein struktureller Wettbewerbsvorteil bestehen wird. 465 Im vorliegenden Fall jedoch ist die Situation genau umgekehrt: Ein Amateur nimmt am Wettbewerb der Profis teil und erbringt eine sportliche Leistung im direkten Vergleich mit den Berufsspielern. Gelingt es ihm, die gleiche sportliche Leistung zu erbringen wie ein Berufssportler, muß er auch das festgesetzte Preisgeld erhalten, da die erbrachte sportliche Leistung das maßgebliche Kriterium für die Zuerkennung des Preises darstellt. 466 Dieses wird nicht als Gegenleistung beispielsweise für die Teilnahme am Wettbewerb oder zur Unterstützung der Berufsspielerinnen gezahlt, sondern als Anerkennung des auf Grund der eigenen sportlichen Leistung erzielten Resultats. Als sachliche Rechtfertigung könnte man weiterhin die Überlegung heranziehen, daß die ein Preisgeld annehmende Athletin automatisch den Status einer Amateursportlerin verliert, da dieser sich gerade dadurch auszeichnet, daß die sportliche Leistung nicht gegen Entgelt erbracht wird. Tatsächlich kann die Annahme des Preisgeldes dazu führen, daß die Sportlerin zukünftig zu reinen Amateurwettbewerben nicht mehr zugelassen wird. Diese Auswirkung auf die zukünftige Zulassung zu Amateurwettkämpfen kann aber nicht die Ungleichbehandlung zwischen Amateur- und Profispielerinnen im vorliegenden Wettbewerb rechtfertigen, da bei diesem sowohl Amateur- als auch Profispielerinnen teilnahmeberechtigt sind. Vielmehr muß sich die Spielerin über die Konsequenz bewußt sein, daß sie durch die Annahme des Preisgeldes ihren Amateurstatus verlieren kann. Vor diesem Hintergrund muß sie die Entscheidung treffen, ob sie das Preisgeld annehmen möchte oder nicht. 467 Die Dachvereinigung allerdings, die die sportliche Leistung der Teilnehmer mit der Auszahlung des Preisgeldes würdigt, kann nicht zwingend 464 Die Vereinigungen im professionellen Tennissport wurden nach dem Leitbild der PGA-Tour, der ersten Vereinigung von Berufssportlern im Golfsport, gegründet, vgl. hierzu ausführlich Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch. 12, Sec. D., S. 864, 885 ff. 465 Mit dieser Begründung wurde der Bowlerin Andrea Mirschel ein Spielverbot auf Bundesebene erteilt, nachdem sie in den Vereinigten Staaten Mitglied in der Professional Bowling Association geworden war und dort die Profilaufbahn eingeschlagen hat, F.A.Z. Nr. 69 vom 22. 03. 2000, S. 48. 466 Die Staffelung des bei einem Turnier zu verteilenden Preisgeldes wird von der WTA festgesetzt und richtet sich ausschließlich danach, welche Plazierung die SpieleTin erreicht haben. 467 Besonders deutlich wird dieser Aspekt im Golfsport: "Hier ist ein Wechsel von der Amateur- in die Profilaufbahn sehr ,,riskant", da das Spiel durch engere Bahnen, das seitlich höhere Rough sowie schnellere Grüns anspruchsvoller wird, gleichzeitig müssen die Profispieler ihre Teilnahme an Wettkämpfen selbständig organisieren und Flug- und Hotelkosten selbst bezahlen, während dies für Amateurspieler der Dachverband DGV übernimmt", so der Profi-Golfer Tobias Dier über die Schwierigkeiten am Beginn seiner Profilaufbahn, F.A.Z. vom 03. 12. 1999, S. 40.; ebenso F.A.Z. Nr. 199 vom 28. 08. 2000, S. 43: "Nicole Stillig wagt dennoch den Wechsel zu den Profis"; der englische Golfspieler Justin Rose beispielsweise

E. Anspruch des Vereinsmitgliedes gegen den Verein

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festlegen, daß Amateurspielerinnen, die die gleiche sportliche Leistung erbringen, kein Preisgeld erhalten. c) Ergebnis der Inhaltskontrolle nach§ 9/ AGBG

Die in Rede stehende Regelung über die Preisgeldauszahlung nimmt eine Differenzierung vor, die durch sachliche Interessen des Verwenders bzw. der internationalen Spielervereinigung nicht gerechtfertigt ist und der verfassungsrechtlichen Werteentscheidung des Art. 3 I GG widerspricht. Infolgedessen stellt sie eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. § 9 AGBG dar. Dies begründet die Unwirksamkeit der Klausel und führt zu deren Nichtigkeit, wodurch die in Art. 6 I der Richtlinie 93 I 13 I EWG bestimmten Vorgaben richtlinienkonform umgesetzt werden.468 Die Weigerung des Veranstalters, das Preisgeld an die Spielerin auszuzahlen, hat somit nach deutschem Recht keinen Bestand, vielmehr steht der Sportlerin nach § 661 I BGB ein klagbarer Anspruch auf Leistung des ausgelobten Preises zu.

E. Anspruch des Vereinsmitgliedes gegen den Verein

auf Gleichbehandlung

Die Mitgliedschaft in einem Sportverein ist für den einzelnen Sportler grundsätzlich von besonderer Bedeutung für die Ausübung der sportlichen Tatigkeit, insbesondere im Wettkamptbetrieb. 469 In folgenden Abschnitt steht die Frage im Mittelpunkt, inwieweit den Sportler seine Rechtsstellung als Vereinsmitglied gegen diskriminierende Einzelmaßnahmen durch den Verein schützt.

I. Anspruch des urunittelbaren Vereinsmitgliedes 1. Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung

Das Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft wird unter anderem von dem im Gesellschaftsrecht allgemein geltenden Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Mitglieder geprägt. 470 Danach steht dem Vereinsmitglied gegen den Verein ein Anbelegte 1998 als Amateur Rang fünf bei den British Open, wechselte daraufhin sofort ins Profilagerund "verschwand (danach) in der Versenkung", F.A.Z. vom 30. 11. 1999, S. 46. 468 Zum Inhalt von Art. 6 I Richtlinie 93 I 13 I EWG vgl. Wolf, in Wolf I Horn I Lindacher, Kommentar zum AGBG, Art. 6 RiLi Rz. 4. 469 Dies gilt für den Spitzensport ebenso wie für den Breitensport, selbst wenn mittlerweile einige Sportler vereinsungebunden an Wettkämpfen teilnehmen, darauf hinweisend BGHZ 128, 93 (98); vgl. auch Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Teil Rz. 2. 470 Zur Begründung wird überwiegend die auch das Privatrecht beherrschende Gerechtigkeitsidee herangezogen, nach der innerhalb einer Gemeinschaft Differenzierungen ohne sachlichen Grund unzulässig sind, vgl. hierzu ausführlich Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßi8*

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

spruch auf Gleichbehandlung zu, der nicht darauf gerichtet ist, allen Mitgliedern gleiche Rechte zu gewähren bzw. gleiche Pflichten aufzuerlegen, sondern eine ungerechtfertigte und damit sachwidrige Schlechterstellung eines Mitgliedes oder einer Gruppe von Mitgliedern verbietet. 471 Liegt eine solche willkürliche Ungleichbehandlung vor, kann sich daraus ein klagbarer Leistungsanspruch des benachteiligten Mitglieds ergeben, so gestellt zu werden wie die übrigen. 472 Das Mitglied kann infolgedessen bei gleicher Sachlage in gleichem Umfang und in gleicher Weise wie andere Mitglieder Leistungen des Vereins, Zugang zu der Benutzung von Vereinseinrichtungen oder Teilhabe an sonstigen Vorteilen aus der Verfolgung des Vereinszwecks verlangen. Eine Ungleichbehandlung der Vereinsmitglieder seitens des Sportvereins beispielsweise bei der Zulassung zu Trainingseinrichtungen oder der Meldung zu Wettkämpfen ist danach nur dann zulässig, wenn die Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Hierbei müssen sowohl allgemein sportspezifische Aspekte als auch mit dem Vereinszweck festgelegte Grundentscheidungen miteinbezogen werden: 473 In einem Verein beispielsweise, der sich in besonderem Maße der Förderung des Leistungssports verschreibt, besteht ein sachgerechtes Interesse an der verstärkten Ausbildung und Förderung der Leistungssportler, so daß es im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein kann, diesen Mitgliedern z. B. längere Trainingszeiten in den Vereinseinrichtungen zu gewähren als anderen. Gleiches gilt bei der Zulassung und Meldung zu Wettkämpfen, die sachliche Rechtfertigung einer Differenzierung muß auch hier im Zusammenspiel mit den sporttypischen Interessenlagen erfolgen. 2. Bedeutung des Art. 3 Ill 2 GG im Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft

Dem behinderten Mitglied steht ebenso wie allen anderen Mitgliedern der oben beschriebene Anspruch auf Gleichbehandlung zu. Dies beantwortet aber nicht die gen Behandlung im Privatrecht, S. 128 ff. (152), 250 ff.; Münchener Kommentar/ Reuter; § 34 BGB Rz. 16; siehe auch oben Zweiter Teil. 0.11.2. a.E. 471 Soergel/ Hadding, § 38 BGB Rz. 19; van Look, in Reichert/van Look, Handbuch des Vereinsrechts, Rz. 545 ff.; vgl. auch BGH, NJW 1960, 2142 (2143) (für eG); zuvor schon RGZ 73, 187 (191); vgl. auch RGZ 120, 177 (180). 472 Soergel/ Hadding, § 38 BGB Rz. 19; ebenso van Look, der allerdings darauf hinweist, daß primär der Verein den gleichheitswidrig gewährten Vorteil von den anderen Mitgliedern zurückfordern muß, und nur soweit dies nicht möglich ist, ein Leistungsanspruch der benachteiligten Mitglieder auf Gleichstellung besteht. In Ausnahmefällen kann auch ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Forderungsverletzung des Mitgliedschaftsverhältnisses in Betracht konunen, in Reichert/van Look, Handbuch des Vereinsrechts, Rz. 551; der Bundesgerichtshof spricht in diesem Zusammenhang von einem Schadensersatzanspruch "ähnlich der positiven Vertragsverletzung", für die der Verein nach § 31 BGB haftet, BGHZ 110, 323 (327); vgl. hierzu die kritische Stellungnahme von Hadding, FS Kellermann, S. 91 (98). 473 Zur Bedeutung des Vereinszwecks bei der Prüfung eines Aufnahmeanspruchs in einen übergeordneten Verband vgl. AG Frankfurt a.M., SpuRt 1999, 36 ff.

E. Anspruch des Vereinsmitgliedes gegen den Verein

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Frage, ob der behinderte Sportler vom Verein auch die Durchführung bestimmter Maßnahmen verlangen kann, um dadurch beispielsweise eine Zugangsmöglichkeit zu Vereinseinrichtungen zu erhalten. Das BVerfG hat in einer grundlegenden Entscheidung zu Art. 3 III 2 GG festgestellt, daß eine Bevorzugung Behinderter mit dem Ziel einer Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten erlaubt, aber verfassungsrechtlich nicht geboten sei. 474 Das behinderte Mitglied, das seine Zulassung zu Vereinseinrichtungen begehrt, verlangt keine Bevorzugung, vielmehr wünscht es die Zulassung, die auch den anderen Mitgliedern gewährt wird, ihm jedoch auf Grund seiner Behinderung nur über die Durchführung besonderer Maßnahmen möglich ist. 475 Art. 3 III 2 GG trifft als Staatszielbestimmung eine für die gesamte Rechtsordnung geltende Wertentscheidung, die eine rechtliche und gesellschaftliche Ausgrenzung Behinderter auf Grund ihrer Behinderung zu verhindem bzw. zu überwinden sucht. 476 Ein behindertes Mitglied kann zur Umsetzung des vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes wegen seiner Behinderung auf die Durchführung bestimmter Maßnahmen angewiesen sein. Zwar ist ein Privatrechtssubjekt grundsätzlich nicht unmittelbar an die in Art. 3 GG verankerten Diskriminierungsverbote gebunden, denn die Bindung einer Privatperson an den Gleichheitssatz würde gleichsam zu einer Beschränkung grundrechtlich gesicherter Freiheiten führen und den das Privatrecht prägenden Grundsatz der Privatautonomie stark einschränken.477 Etwas anderes kommt jedoch bei solchen Rechtsverhältnissen in Betracht, denen der Grundsatz der Gleichbehandlung immanent ist wie beispielsweise dem Verein.478 Hier kann dem Privatrechtssubjekt in einem bestimmten Maß abverlangt werden, die verfassungsrechtliche Werteentscheidung des Art. 3 III 2 GG umzusetzen und Maßnahmen zur Integration Behinderter zu treffen. Dies darf allerdings nicht dazu führen, daß die Privatautonomie völlig eingeschränkt oder zurückgedrängt wird. Vielmehr ist ein angemessener Ausgleich zwischen dem Interesse des behinderten Mitglieds an einer Teilnahmemöglichkeit und den Interessen des Vereins zu suBVerfG NJW 1998, 131 (132). Beispielsweise fordert das Mitglied eines Tennisvereins, das im Rollstuhl sitzt, einen behindertengerechten Zugang zu den Tennisplätzen. 476 Das Regelungsziel des Art. 3 IIl 2 GG besteht darin, eine weitgehende Integration und gleiche Teilnahmemöglichkeiten in allen Lebensbereichen zu schaffen und Diskriminierungen durch andere Privatpersonen zu beseitigen, Sachs, RdJB 1996, 154 (161). 477 Speziell in Bezug auf Art. 3 III GG Starck, in v. Mangoldt/ Klein I Starck, GG I, Art. 3 Rz. 347m. w. N.; ebenso Scholz, in Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 3 III Rz. 174; siehe auch Zweiter Teil. C.l.5.a.aa. 478 V gl. auch Soergel/ Hadding, § 38 BOB Rz. 19: Hadding sieht in der gebotenen Gleichbehandlung das Erfüllen einer Treuepflicht des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern, in einem konkreten Fall jedoch könne sich "eine darüber hinausgehende (individuelle) Rücksichtspflicht des Vereins gegenüber einem bestimmten Mitglied ergeben", dabei handele es sich um einen für das Mitglied "im jeweils konkreten Zusammenhang mit diesem oder jenen Inhalt" klageweise durchsetzbaren Anspruch. 474 475

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

chen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß die Teilnahme am Sport mittlerweile einen zentralen Stellenwert einnimmt und gleichsam einen Bereich bildet, der auf Grund seiner gesellschaftlichen Bedeutungsdimension eine Umsetzung der Werteentscheidung des Art. 3 III 2 GG fördern sollte. II. Anspruch auf Gleichbehandlung im mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnis Durch die vertragliche Unterwerfungserklärung eines Sportlers unter das Verbandsregelwerk wird ein mitgliedschaftsähnliches Rechtsverhältnis zwischen Athlet und Dachverband begründet.479 In der "Reiter-Entscheidung" hat der BGH argumentiert, daß es auch im Verhältnis zwischen Verband und Nichtmitgliedern um die "Aufstellung von Normenwerken sozial-organisatorischer Natur" gehe, die eine Nähe zu mitgliedschaftsrechtliche Beziehungen im engeren Sinne regelnden Ordnungen aufweisen würden. 480 Mit dieser Begründung hat das Gericht die inhaltliche Ähnlichkeit von mitgliedschaftlichem Rechtsverhältnis und vertraglicher Unterwerfungserklärung hervorgehoben. Durch die Unterwerfung unter das Verbandsregelwerk begründet der Sportler ein Rechtsverhältnis, das der Rechtsposition des unmittelbaren Mitglieds in wesentlichen Teilen entspricht, da beide die Verbindlichkeit des Regelwerkes und der darin begründeten Rechte und Pflichten akzeptieren. Insoweit erscheint es angemessen, den Schutz des Sportlers im mitgliedschaftsähnlichen Verhältnis entsprechend dem vereinsrechtlichen Mitgliederschutz auszugestalten. 481 Für diese Annahme spricht auch der Umstand, daß der Bundesgerichtshof die Verbandsregeln im Rahmen einer vertraglichen Unterwerfungserklärung grundsätzlich dem gleichen inhaltlichen Kontrollmaßstab nach § 242 BGB unterwirft wie innerhalb eines mitgliedschaftliehen Rechtsverhältnisses.482 Der Sportler, der in einem mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnis zu dem Verband steht, kann somit unter den gleichen Voraussetzungen wie das unmittelbare Vereinsmitglied einen Anspruch auf Gleichbehandlung geltend machen und durchsetzen. 483

479 Zur Begründung eines mitgliedschaftsähnlichen Rechtsverhältnisses durch eine UnterwerfungsvereinbarungZweiter Teil. A.III.2.a., grundlegend BGHZ 129, 93 ff. ("Reiter-Entscheidung"). 480 BGHZ 128, 93 (102) in Bezug auf die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes bei der Erstreckung des Verbandsregelwerkes auf Nichtmitglieder. 481 So auch Haas/Adolphsen, NJW 1995, 2146 (2148). 482 BGHZ 128,93 (101 ff.). 483 van Look weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß ein Sportler, der sich z. B. durch die Teilnahme an einem Sportwettbewerb vertraglich einer Verbandsordnung unterwirft, innerhalb des Geltungsbereichs dieser Vereinbarung einen Anspruch auf gleichmäßige Behandlung mit den Vereinsmitgliedern hat, in Reichert I van Look, Handbuch des Vereinsrechts, Rz. 544; darüber hinaus muß dieser Anspruch auf gleiche Behandlung auch im Ver-

F. Anspruch des Sportlers wegen Verletzung der Mitgliedschaft

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F. Anspruch des Sportlers wegen Verletzung der Mitgliedschaft aus § 823 I BGB Auf die Bedeutung der Mitgliedschaft in einem Sportverein I -verband wurde bereits hingewiesen und dargestellt, welche Ansprüche dem einzelnen Sportler als Vereins- bzw. Verbandsmitglied bei einer sachwidrigen Ungleichbehandlung gegen den Verein/Verband zustehen. 484 In seiner Entscheidung vom 12. 03. 1990485 anerkannte der Bundesgerichtshof das Mitgliedschaftsrecht erstmals ausdrücklich als sonstiges Recht i. S. d. § 823 I BGB und bestätigte damit eine in der Literatur bereits seit langem vorherrschende "allgemeine Rechtsauffassung".486 I. Tatbestandsvoraussetzungen des § 823 I BGB Der Bundesgerichtshof ließ in seiner Entscheidung die Frage offen, ob jede schuldhafte Beeinträchtigung des Mitgliedschaftsrechts eine Verletzungshandlung i. S. d. § 823 I BGB darstellt oder ob ein "unmittelbar gegen den Bestand der Mitgliedschaft oder die in ihr verkörperten Rechte und Betätigungsmöglichkeiten gerichteter Eingriff von erheblichem Gewicht erforderlich ist."487 Da sich der Satzungszweck des beklagten Vereins auf die Förderung eines bestimmten Bootstyps und seiner Eigner beschränke und das klagende Vereinsmitglied mit seinem Eintritt in den Verein an dieser Förderung teilhaben wollte, sei durch die Weigerung des Beklagten, das Boot des Klägers als zu dieser Bootsklasse zugehörig anzuerkennen, die Mitgliedschaft des Klägers jedenfalls in ihrem Kern betroffen.488

hältnis zwischen den einzelnen Sportlern, die sich vertraglich dem Verbandsregelwerk unterworfen haben, Anwendung finden. 484 Vorstehend Zweiter Teil. unter E. 485 BGHZ 110, 323 ff. = VersR 1990, 987 ff.; verwiesen wird insbesondere auf die umfassende Bearbeitung der Thematik unter Einbeziehung der Entscheidung des BGH in Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 117 ff. 486 Diesen Begriff gebrauchend BGHZ II 0, 323 (327); Larenz, Schuldrecht II, § 72 I, S. 605; Münchener Kommentar I Mertens, § 823 BGB Rz. !52; Soergell Zeuner, § 823 BGB Rz. 60; Staudinger I Hager, § 823 BGB Rz. B 141 ff.; van Look, in Reichert I van Look, Handbuch des Vereinsrechts, Rz. 473; Münchener Kommentar I Reuter, § 38 BGB Rz. 10; a.A. Hadding, FS Kellermann, S. 91 (105). Nach Deutsch wird mit dieser höchstrichterlichen Entscheidung "der Anspruch des Sportlers auf Teilnahme am Sport in eine neue Dimension eingestellt.", VersR 1991, 837. 487 BGHZ 110, 323 (334). 488 Diese Auffassung ist in der Literatur teilweise auf heftige Kritik gestoßen, siehe etwa Schmidt, IZ 1991, 157 (160), der auf die Gefahr schwer übersehbarer haftungsrechtlicher Folgen, insbesondere bei einer Übertragung der Rechtsprechung auf Kapitalgesellschaften hinweist, sowie Hadding, EWiR 1990, 745 (746), demzufolge die Entscheidung des BGH Rechtsunsicherheit in Bezug auf den Umfang des deliktsrechtlichens Schutzes der Mitgliedschaft schaffe.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Die Entscheidung darüber, ob im Einzelfall eine nach § 823 I BGB tatbestandliehe Verletzungshandlung vorliegt, muß stets unter Berücksichtigung der konkreten Umstände erfolgen. Der Bundesgerichtshof stellte dementsprechend sowohl auf den Vereinszweck als auch auf das von dem Mitglied mit seiner Mitgliedschaft verfolgte Ziel ab. 489 Auf diese Weise kann einerseits dem Selbstbestimmungsrecht des Vereins Rechnung getragen und andererseits die schützenswerte Rechtsposition des Mitglieds ermittelt werden. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, bestimmte sportspezifische Aspekte und Interessenlagen angemessen zu berücksichtigen. Im Bereich des organisierten Sports wird eine Mitgliedschaft oft mit dem vorrangigen Ziel begründet, in dem Sportverein an Wettkämpfen teilnehmen zu können bzw. Trainingsmöglichkeiten innerhalb der Vereinseinrichtungen zu nutzen. Jedes Mitglied kann in diesem Zusammenhang verlangen, mit anderen Vereinsmitgliedern gleich behandelt zu werden.490 Wird einem Mitglied diese Teilnahmemöglichkeit ohne sachliche Rechtfertigung entzogen oder willkürlich eingeschränkt, liegt unter Berücksichtigung sporttypischer Wertvorstellungen ein Eingriff in "wesentliche Ausformungen des Mitgliedschaftsrechts" vor, der einen deliktsrechtlichen Schutz über § 823 I BGB angemessen erscheinen läßt.49 1 II. Rechtsfolgen

Die schuldhafte Verletzung des Mitgliedschaftsrechts als eines sonstigen Rechts i. S. d. § 823 I BGB begründet einen Anspruch auf Schadensersatz, welcher grundsätzlich im Wege der Naturalrestitution zu leisten ist (§ 249 S. 1 BGB). Das Vereinsrnitglied kann beispielsweise verlangen, die Möglichkeit zur Sportausübung gewährt zu bekommen oder für Wettkämpfe gemeldet zu werden. 492 Besteht ein Ermessensspielraum seitens der Vereinsverantwortlichen, hat der Sportler grundsätzlich Anspruch auf eine erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung. 493 Ist die Naturalrestitution nicht möglich oder ungenügend, kann Geldersatz verlangt werden, der auch den entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) umfaßt.494

489 Wie der BGH eine Verletzung des Mitgliedschaftsrechts i. S. d. § 823 I BGB annehmend Münchener Kommentar I Reuter, § 38 BGB Rz. 10; a.A. Beuthienl Kießler, die darauf abstellen, daß das Mitglied nicht unmittelbar durch den Verein, sondern durch den Veranstalter der öffentlichen Regatta an der Ausübung seines vereinsrechtlichen Nutzungsrechts gehindert wurde und allein die falsche Auskunft keinen unmittelbaren Eingriff in die Mitgliedschaft darstelle, WuB II L. § 31 BGB 1.91, S. 56. 490 Deutsch, VersR 1991, 837 (841). 491 Ebenso Heß, der in der Entziehung der internationalen Starteriaubnis, die gleichsam zum Ausschluß von der Teilnahme an den Qualifikationswettbewerben führt, einen Eingriff in den Kernbereich des Mitgliedschaftsrechts sieht, ZZPint 11996, 371 (388). 492 Deutsch, VersR 1991, 837 (841). 493 Vgl. in bezug auf den Nominierungsanspruch des Sportlers gegen den Verband Hohl, Nominierung von Leistungssportlern, S. 203.

G. Diskriminierungsverbote im Arbeitsverhältnis

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Im Rahmen der Prüfung eines Mitverschuldens des Vereinsmitglieds (§ 254 I BGB) stellte der Bundesgerichtshof jedoch fest, daß das Vereinsmitglied auf Grund einer aus der Sonderverbindung der Mitgliedschaft resultierenden gesteigerten Treuepflicht verpflichtet ist, grundsätzlich zunächst auf "Durchsetzung der vereinsrechtlichen Erfüllungsansprüche" zu klagen.495 Da das Mitglied vorrangig seine mitgliedschaftliehen Teilnahmemöglichkeiten ausüben möchte, erscheint es durchaus angemessen, das Mitglied unter Zugrundelegung dieses eigentlichen Klageziels grundsätzlich auf eine Leistung- bzw. Feststellungsklage gegen den Verein zu verweisen. 496

G. Diskriminierungsverbote im Arbeitsverhältnis In Mannschaftssportarten besteht überwiegend ein Arbeitsvertrag zwischen dem einzelnen Athleten und dem anstellenden Verein bzw. Verband. 497 Dies wirft die Frage auf, inwieweit besondere arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote auch im Bereich des Sports Anwendung finden und die Autonomie der Vereine als Arbeitgeber einschränken.

I. Gesetzliche Gleichbehandlungspflichten In Literatur und Rechtsprechung besteht Einigkeit, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz zu den tragenden Ordnungsprinzipien des Arbeitsrechts gehört und die willkürliche, d. h. sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer verbietet.498 Der Gesetzgeber hat durch verschiedene Ausgestaltungen das Prinzip der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer gesetzlich normiert, wobei sich die folgende Darstellung vornehmlich auf die in §§ 611 a, 612 BGB normierten Pflichten zur Gleichbehandlung von Mann und Frau konzentriert.

494 Nach Deutsch liegen z. B. entgangene Werbeeinnahmen im Schutzbereich des "sonstigen Rechts" an der Mitgliedschaft, VersR 1991, 837 (842); zur konkreten Schadensermittlung vgl. Haas I Reimann, SpuRt 2000, 49 ff. 495 Da das Berufungsgericht hierzu keine Ausführungen gemacht hatte, verwies der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurück, BGHZ 110, 323 (329 ff.). 496 Zum klagbaren Anspruch auf Gleichbehandlung Zweiter Teil. E.l. und II. 497 Zweiter Teil. A.III.l.b.aa. 498 Umstritten ist allerdings die dogmatische Begründung der Gleichbehandlungspflicht, Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 112 Rz. 5 f. m. w. N.; siehe auch Brox/ Rüthers, Arbeitsrecht, Rz. 134; Richardi, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht,§ 14 Rz. 6 f.

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht 1. § 611 a BGB

§ 611 a BGB setzt ebenso wie §§ 611 b und 612 III BGB sowie die Ergänzung des § 613 a BGB verschiedene europarechtliche Richtlinien in nationales Recht um. 499 Durch das "Gesetz über die Gleichbehandlung von Männem und Frauen am Arbeitsplatz und über die Erhaltung von Ansprüchen bei Betriebsübergang (Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz)" vom 13. 8. 1980500 wurden diese Vorschriften in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. Im Zusammenwirken mit § 611b sowie§ 612 III BGB gewährleistet§ 611 a BGB die Gleichberechtigung der Geschlechter im Arbeitsrecht. Der in § 611 a BGB normierte Grundsatz verbietet dem Arbeitgeber jede Benachteiligung eines Arbeitnehmers wegen seines Geschlechts in bezug auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses sowie alle Vereinbarungen und Maßnahmen im Rahmen eines bestehenden. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist gemäß § 611 a I S. 2 BGB jedoch zulässig, soweit die vom Arbeitnehmer auszuübende Tatigkeit betroffen und ein bestimmtes Geschlecht "unverzichtbare Voraussetzung" für diese Tatigkeit ist.

Der unmittelbare Leistungsvergleich stellt ein zentrales Element des Sports dar, so daß das Prinzip der Chancengleichheit bei zahlreichen Sportarten eine Trennung der Geschlechter rechtfertigt. 501 Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten des Sports kommt dem Diskriminierungsverbot bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses in den meisten Sportarten keine Bedeutung zu. Unabhängig von der in der Literatur umstrittenen Auslegung des Begriffes der "unverzichtbaren Voraussetzung" sind jedenfalls die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau als eine solche zu bewerten und rechtfertigen eine geschlechtsbezogene Trennung bei der Begründung der Arbeitsverhältnisse. 502 Anders gestaltet sich die Situation lediglich in den Sportarten, bei denen die physiologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau eine nur untergeordnete Rolle spielen und die einzelnen Sportler auf Grund der Ausgestaltung ihrer rechtlichen Beziehungen zu einem Verein oder Verband ein arbeitsrechtliches Verhältnis begründen.503 In diesem Fall sind Vereinbarungen und rechtsgeschäftliche Maßnahmen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 611 a I 1 BGB verstoßen, gemäß § 134 BGB nichtig. 504 499 Richtlinie Nr. 751117/EWG vom 10. 2. 1975, Nr. 761207/EWG vom 9. 2. 1976, Nr. 771187 IEWG vom 14. 2. 1977. 500 BOBl. 1980 I, S. 1308. 501 Zweiter Teil. C.I.5.a.bb.(iii) sowie C.I.5.c.bb.(i). 502 Vgl. etwa Münchener Kommentar I Müller-Glöge, § 611 a BOB Rz. 26 ff. (27); Staudinger I Richardi I Annuß, § 611 a BOB Rz. 52 ff. 503 Da ein Arbeitsverhältnis zumeist nur in Mannschaftssportarten begründet wird und bei diesen der physischen Konstitution überwiegend zentrale Bedeutung zukommt (etwa im Eishockey, Fußball, Basketball oder Handball), ist diese Fallgestaltung wohl eher selten. 504 Münchener Kommentar I Müller-Glöge, § 6ll a BOB Rz. 40; Staudinger I Richardil Annuß, § 611 a BOB Rz. 64; ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei der Begründung ~ines Arbeitsverhältnisses begründet gemäß § 6ll a II 1 BOB einen Anspruch des benachteiligten Arbeitnehmers auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

G. Diskriminierungsverbote im Arbeitsverhältnis

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2. § 612 III BGB

§ 612 III BOB setzt das in Art. 141 EG verankerte Gebot gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit in nationales Recht um und stellt eine besondere Normierung des bereits in § 611 a BGB enthaltenen Gleichheitsgrundsatzes dar. 505

Erste Voraussetzung der Pflicht zur Gleichbehandlung ist die vergleichbare Situation mehrerer Arbeitnehmer, die nach überwiegender Auffassung nur bei Arbeitnehmern desselben Betriebes oder derselben Dienststelle vorliegt. 506 Übertragen auf den Sportbereich bedeutet dies, daß eine vergleichbare Lage nur zwischen den Sportlern bestehen kann, bei denen der Arbeitgeber identisch ist, d. h. ein Verein oder Verband arbeitsvertragliche Bindungen sowohl mit weiblichen als auch männlichen Sportlern begründet und infolgedessen eine Damen- und eine Herrenmannschaft aufgestellt hat. In vielen Mannschaftssportarten erhalten die Spieler der Herrenmannschaft eine wesentlich höhere Vergütung als die Spielerinnen der entsprechenden Damenmannschaft. § 612 III BGB verbietet eine Lohndifferenzierung zwischen Männern und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Gleiche Arbeit wird geleistet, wenn die üblichen Tätigkeiten der verglichenen Personen identisch oder unter Berücksichtigung von Belastung, Verantwortung, Arbeitsbedingungen und Qualifikation jedenfalls gleichartig sind, so daß die Arbeitnehmer einander bei Bedarf ersetzen könnten. 507 Eine gleiche Arbeit wird im Sportgeschehen regelmäßig nicht vorliegen. Denn in den meisten Mannschaftssportarten erhält der Spielverlauf unter anderem durch die geschlechtsspezifische physische Konstitution der Sportler ein typisches Gepräge. Darüber hinaus kann beispielsweise im Fußball, Volley- oder Basketball eine Spielerio nicht einfach gegen einen männlichen Athleten ausgetauscht werden, da dies im allgemeinen auf Grund der biologischen Unterschiede zu einer Wettkampfungleichheit führen würde.

Der Maßstab für die Bewertung gleichwertiger Arbeit wird vom Gesetz nicht vorgegeben. Als Beurteilungsaspekte sind insoweit Ausbildung, Erfahrung, Geschicklichkeit und Handfertigkeit, körperliche bzw. geistige Beanspruchung, Verantwortung für Personen und Sachen sowie Umgebungseinflüsse heranzuziehen.508 Die sportliche Leistung als Gegenstand der zu erbringenden Arbeitsleistung ist jedenfalls im professionellen Sport untrennbar mit dem Öffentlichkeitsinteresse an der betreffenden Sportart und den einzelnen Athleten verknüpft. In Münchener Kommentar/ Schaub, § 612 BGB Rz. 49, 51. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch,§ 112 Rz. 15. 507 Schlachter, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Nr. 230, § 612 BGB Rz. 62; Staudinger I Richardi I Annuß, § 612 BGB Rz. 6 1. 508 Schlachter, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Nr. 230, § 612 BGB Rz. 63.; die Gleichwertigkeit einer Arbeit soll nach objektiven Maßstäben der Arbeitsbewertung ermittelt werden, hierzu ausführlich Münchener Kommentar I Schaub, § 612 BGB Rz. 259, 264 ff. 505 506

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

zahlreichen Sportarten wie beispielsweise dem Fußball erweckt die von männlichen Athleten ausgeübte Sportart ein wesentlich größeres Interesse bei der Bevölkerung als das entsprechende Spiel der Damen. Je größer die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wird, desto stärker ist auch die Anteilnahme der Medien an dem Sportereignis, einhergehend mit einer zunehmenden Aktivität bedeutender Sponsoren. Dadurch steigen die mit einer Sportveranstaltung zu erzielenden finanziellen Erträge,509 gleichzeitig nehmen die Attraktivität und der "Wert" des Sportlers zu, der dieses Sportereignis erfolgreich und im Fokus der Öffentlichkeit gestaltet. 510 Dies wiederum beeinflußt die für eine sportliche Leistung zu zahlende Vergütung. Somit wird der Wert der Arbeitsleistung neben den rein sportlichen Fähigkeiten entscheidend durch die Marktabhängigkeit im Sinne eines Öffentlichkeitsbezugs bzw. -interesses bestimmt. 511 Vorstehend genannte Faktoren können im zu prüfenden Einzelfall einen unterschiedlichen Wert der Arbeitsleistung begründen mit der Folge, daß eine gleichwertige Arbeit i. S. d. § 612 III BGB nicht vorliegt und eine unterschiedliche Vergütung der Athleten in der Damen- bzw. Herrenmannschaft nicht gegen den Lohngleichheitssatz verstößt. 3. Übertragbarkeit des Grundsatzes der Lohngleichheit bei Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses

In Einzelsportarten wie Tennis, Golf oder Reiten wird die sportliche Leistung regelmäßig im Rahmen eines Dienstvertrages512 oder unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber dem Veranstalter eines Wettkampfes auf Grund eines Rechtsverhältnisses nach§ 661 BGB erbracht.513 Die in§ 612 III BGB normierte Pflicht der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau findet ausschließlich auf Arbeitsverträge und Dienstverträge arbeitnehmerähnlicher Personen Anwendung, nicht aber auf sonstige Dienstverträge.514 509 Allein für die Saison 2000/2001 investieren Sponsoren eine Summe von mindestens 125,3 Millionen DM in die Fußball-Bundesliga der Herren, F.A.Z. Nr. 171 vom 26. 07. 2000, S.48. 510 Der steigende Wert sportlich talentierter Fußballspieler wird durch die Höhe der Ablösesummen illustriert, die Vereine für einen Transfer solcher Spieler zahlen. Bisher teuerster Fußballspieler der Welt ist der Portugiese Luis Figo, der für eine Ablösesumme von 116 Millionen DM seinen Arbeitgeber wechselte, F.A.Z. Nr. 169 vom 24. 07. 2000, S. 38 mit einer Auflistung der teuersten Fußballtransfers. 511 Hinzu kommt, daß mit wachsendem Öffentlichkeitsinteresse und zunehmendem Bekanntheitsgrad auch die öffentliche Erwartungshaltung steigt, eine gute sportliche Leistung zu erbringen, wodurch auf vielen Sportlern ein erhöhter Erfolgsdruck lastet, der jedenfalls im Hochleistungssport häufig mit einer besonderen nervlichen und geistigen Beanspruchung verbundenist 512 Zweiter Teil. A.III.l.b.bb. bzw. A.III.2.b. 513 Siehe die Darstellung zum Tennissport oben Zweiter Teil. A.II.4.b. 514 Schlachter, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, Nr. 230, § 612 BGB Rz. 49.

G. Diskriminierungsverbote im Arbeitsverhältnis

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Eine Bindung an den Gleichheitssatz in bezug auf die Entlohnung der sportlichen Leistung von Mann und Frau kommt somit nur über die objektive Werteentscheidung des Art. 3 II, III I GG in Betracht und setzt zudem voraus, daß der zur Zahlung Verpflichtete eine bedeutende Macht- oder Monopolstellung einnimmt. 515 Darüber hinaus verbietet der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz eine Ungleichbehandlung nur dann, wenn sie willkürlich, d. h. sachlich nicht gerechtfertigt ist. Das unterschiedlich große Interesse von Öffentlichkeit und Medien an einer ausschließlich von Männern oder allein von Frauen ausgeübten Sportart kann wie soeben festgestellt den Wert einer sportlichen Leistung maßgeblich beeinflussen und eine unterschiedliche Vergütung bei einer Damen- bzw. Herrenveranstaltung begründen.516 Diese Problemstellung wurde im Tennissport diskutiert, nachdem die Damen in bezug auf das Grand-Slam Turnier in Wimbledon wiederholt ein gleiches Preisgeld wie bei den Herrenwettkämpfen gefordert hatten. 517 Eine solche Forderung kann grundsätzlich nur Erfolg haben, wenn sie sich gegen einen Veranstalter richtet, der sowohl ein Damen- als auch ein Herrenturnier ausrichtet. 518 Gegenüber einem Veranstalter, der ausschließlich einen Damenwettkampf, etwa ein WTA-Turnier, durchführt,519 kann diese Forderung mit dem Verweis auf ein höheres Preisgeld bei einem ATP-Turnier der Herren nicht begründet werden. 520 Hier handelt es sich um zwei verschiedene Veranstalter, die unabhängig voneinander die Wettkämpfe ausrichten. Die Höhe des dabei zu verdienenden Preisgeldes wird von zahlreichen verschiedenen, insbesondere wirtschaftlichen Faktoren beeinflußt. Richtet dagegen wie beispielsweise bei den Grand-Slam Turnieren ein Veranstalter im Rahmen eines Turnieres einen Damen- sowie einen Herrenwettkampf aus, können unter anderem folgende Kriterien ein ungleiches Preisgeld sachlich rechtfertigen: Zum einen beeinflußt das Zuschauer- und Medieninteresse, das wiederum eng verknüpft ist mit dem Umfang der Sponsorenleistungen, den zu erzie515 Zur Geltung der Grundrechte im Privatrecht Zweiter Teil. C.I.5.a.aa. 516 Siehe vorstehend unter G.I.2. 517 Süddeutsche Zeitung vom 23. 06. 1999, S. 38: "Eine Frage des Prinzips- Die Frauen

fordern in Wimbledon gleiches Preisgeld wie die Männer". 518 Dies ist im professionellen Tennissport nur bei den Grand- Siam-Tumieren (U.S. Open, Australian Open, French Open, Wimbledon) der Fall: Bei den U.S. Open beispielsweise ist das Preisgeld der Damen und Herren seit 1973 gleich hoch, 1972 betrug es bei den Männern noch $ 25.000 im Gegensatz zu $ 10.000 bei den Damen; einzig beim Grand-Slam Turnier in Wimbledon besteht nach wie vor ein Preisgeldgefalle zum Nachteil der Frauen (11 % zu Beginn der neunziger Jahre), hierzu Kahn, 44 Indus. & Lab. Rel. Rev. 395 (412 et seq.) (1991). 519 Zweiter Teil. A.III.3.a. 520 So kann beispielsweise die Forderung der Tennisdamen nach einer Anpassung des Preisgeldes der internationalen Damentour (WTA-Tour) an das Niveau der Herrentour (ATPTour) rechtlich nicht erzwungen werden, auch wenn hier ein starkes Preisgeldgefälle besteht: Im Jahr 1999 betrug die Summe der Preisgelder auf der ATP-Tour 65 Millionen Dollar, während auf der Damentour insgesamt nur 47 Millionen Dollar verdient werden konnten, Süddeutsche Zeitung vom 05. 01. 2000, S. 39: "Hingis droht mit Boykott".

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2. Teil: Die Situation im deutschen Recht

Ienden finanziellen Ertrag und damit auch die Höhe des Preisgeldes. Desweiteren wird argumentiert, daß die Spielausgestaltung bei den Herren, die regelmäßig nicht wie die Damen über zwei, sondern über drei Gewinnsätze spielen müssen, eine größere körperliche Anstrengung fordere und insofern ein höheres Preisgeld rechtfertige. 521 Dagegen wird eingewandt, daß die durchschnittliche Dauer der Ballwechsel bei den Damen länger sei als bei den Herren, wodurch die Spieldauer verlängert und die Attraktivität des Spielverlaufs gesteigert werde. Diese die sportliche Ausgestaltung betreffenden Umstände werden letztlich durch die Anzahl der Zuschauer an diesem Sportereignis illustriert. Zentrales Kriterium für die Festlegung des Preisgeldes stellt somit die bestehende Marktnachfrage dar, denn dieses beeinflußt den Wert der Fernsehübertragungsrechte, die Preishöhe für eine Eintrittskarte sowie den Umfang der Sponsorenleistungen und bestimmt damit gleichzeitig die Höhe der Preisgelder. 522 Somit kann der unterschiedlich große Öffentlichkeitsbezug einer Sportveranstaltung im Einzelfall eine Differenz in der Preisgeldhöhe sachlich rechtfertigen.

II. Allgemein arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz Sofern keine gesetzlich normierten Pflichten zur Gleichbehandlung der Arbeitnehmer bestehen, kommt dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Bedeutung zu. Dieser verpflichtet den Arbeitgeber grundsätzlich bei allen Maßnahmen und Entscheidungen, Arbeitnehmer, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, nicht aus sachfremden Gründen unterschiedlich zu behandeln.523 Zur Bestimmung der sachlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung sind die rechtlich anerkannten Differenzierungsverbote heranzuziehen, die den Bewertungsmaßstab bei der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes festlegen. 524 Eine Differenzierung darf infolgedessen nicht gegen die Verfassungsbestimmungen des Art. 3 GG verstoßen, die als Diskriminierungsverbote und objektive Wertentscheidungen die Ausgestaltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes berühren.525 Somit verstößt eine Ungleichbehandlung dann gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn sie willkürlich, d. h. sachlich nicht gerechtfertigt ist.526 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 23. 06. 1999, S. 38. Kahn stellt als Maßstab für den Unterhaltungswert und das Zuschauerinteresse einer Sportveranstaltung insbesondere auf die Fernseheinschaltquoten ab, 44 Indus. & Lab. Rel. Rev. 395 (413) (1991). 523 Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 112 Rz. 5 f. ; Brox/ Rüthers, Arbeitsrecht, Rz. 136. 524 Richardi, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht,§ 14 Rz. 21 f. 525 Zum Inhalt von Art. 3 GG im einzelnen Zweiter Teil. C.l.5.a.bb.(ii) bzw. C.I.5.a.cc.(ii) und (iii). 526 Die von Art. 3 III 2 GG geforderte Integration und Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft wurde darüber hinaus positivrechtlich in dem Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft umgesetzt (SchwbG i.d.F. vom 26. 08. 1986, BGBI. I 1421, ber. 1550, geänd. 19. 12. 1997, BGBI. I 3158). 521

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Dritter Teil

Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts A. Anwendbarkeit des EG-Vertrages auf den Sport Weder der EG- noch der EU-Vertrag enthalten eine ausdrückliche Kompetenzzuweisung bzgl. Sportfragen. Der Begriff "Sport" wird erstmals in dem Vertrag von Amsterdam erwähnt. In der Erklärung Nr. 29, die über die Schlußakte Bestandteil des Amsterdamer Vertrages 1 ist, hebt die Konferenz die gesellschaftliche Bedeutung hervor, die dem Sport "bei der Identitätsfindung und der Begegnung der Menschen zukommt". Sie "appelliert daher an die Gremien der Europäischen Union, bei wichtigen, den Sport betreffenden Fragen die Sportverbände anzuhören". Darüber hinaus sollen die Besonderheiten des Amateursports besonders berücksichtigt werden. I. Sport als Teil des Wirtschaftslebens i.S.v. Art. 2 EGV Mit der Entscheidung Walrave2 begründete der EuGH seine mittlerweile gefestigte Rechtsprechung, wonach die Ausübung von Sport insoweit dem Gemeinschaftsrecht unterfällt, als sie zum Wirtschaftsleben i.S. v. Art. 2 EG gehört. 3 Trotz dieser gefestigten Rechtsprechung des EuGH wird vereinzelt die Unanwendbarkeit der im EG-Vertrag normierten Grundfreiheiten durch die Anerkennung einer Bereichsausnahme zugunsten des Sports vorgeschlagen. Begründet wird diese Überlegung unter anderem mit der Eigengesetzlichkeit des Sportgeschehens und seiner besonderen kulturpolitischen und gesellschaftlichen Dimension.4 Palme begründet mit der Einordnung des Sports in den Bereich der Kultur die AnABlEG 1997, Nr. C 340, S. 136. EuGH, Rs. 36/74 Walrave und Koch/Association Union cycliste Internationale, Slg. 1974, 1405 ff. 3 Diese Argumentation wurde unter anderem bestätigt in EuGH, Rs. 13/76 DonoJMantero, Slg. 1976, 1333 (1340) sowie EuGH, Rs. C-415 /93 Union Royale Beige des Societes de Football Association u. a. I Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 73 ff.). 4 Scholz/Aulehner, SpuRt 1996,44 (44); diese Argumentation wird auch häufig von den Sportverbänden vertreten, so z. B. der UEFA, die für eine Einordnung des Sports als Kulturgut eintritt, F.A.Z. Nr. 130 vom 06. 06. 2000, S. 46; vgl. auch Krogmann, Grundrechte im Sport, S. 191; weitere Nachweise bei Streinz, SpuRt 1998, 1 (2). I

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Buroparechts

wendungdes Art. 151 (ex-Art. 128) EGV: Auf diese Weise werde ein "Sportvorbehalt" geschaffen, auf den sich die Mitgliedstaaten sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Sportverbände als Privatrechtssubjekte gegenüber der Union berufen könnten, sobald diese durch ihre Tätigkeit sportliche Aspekte tangiert. 5 Auch wenn die sportliche Betätigung einerseits durchaus als eine Ausformung von Kultur anzusehen ist,6 wird sie andererseits entscheidend durch einen voranschreitenden Prozeß der Kommerzialisierung geprägt. 7 Es kennzeichnet gerade die Eigenart des Sports, daß dieser auf der einen Seite einen Teil des Wirtschaftslebens darstellt und andererseits auf Grund seiner Eigenart und sporttypischen Besonderheit ein besonderes Gepräge besitzt. 8 Auch die im Vertrag von Amsterdam enthaltene "Erklärung Nr. 29 zum Sport" rechtfertigt keine Bereichsausnahme zugunsten des Sports, sondern steht mit der Rechtsprechung des EuGH "insoweit im Einklang, als sie Situationen betrifft, in denen die Ausübung eines Sports zum Wirtschaftsleben gehört. 9 Indem die Konferenz die gesellschaftliche Bedeutung des Sports hervorhebt und gleichzeitig darauf hinwirkt, daß die Gremien der Europäischen Union bei wichtigen, den Sport betreffenden Fragen die Sportverbände anhören, unterstreicht sie die Bedeutung und Besonderheit des Sports. Dieser muß bei der Anwendung europarechtlicher Normen angemessen Rechnung getragen werden. 10 Infolgedessen fallt die Ausübung von Sport insoweit unter das Gemeinschaftsrecht, als sie einen Teil des Wirtschaftslebens i.S.v. Art. 2 EG darstellt. Dieses Kriterium wird dadurch erfüllt, daß eine Tätigkeit, hier die sportliche Leistung, gegen Entgelt erbracht wird. 11 Somit unterfallen jedenfalls Berufssportler dem Anwendungsbereich des EG-Vertrages, da sie unabhängig von ihrer Einordnung als Arbeitnehmer oder Selbständige ihre sportliche Leistung gegen Entgelt erbringen 12 und damit am Wirtschaftsleben i. S. d. Art. 2 EG teilnehmen. 13 Palme, JZ 1996, 238 (240). Siehe oben Zweiter Teil. B.II.5. 7 Der Sport nimmt mittlerweile einen Anteil von 3% des Welthandels ein, Osmann, SpuRt 1999, 228 (228); Streinz weist zutreffend darauf hin, daß viele rechtliche Fragestellungen erst aus der Kommerzialisierung des Sports erwachsen, SpuRt 1998, 1. 8 Dieser Eigenständigkeil muß bei der konkreten Anwendung der einzelnen Rechtsnormen Rechnung getragen werden, sie rechtfertigt jedoch nicht die Unanwendbarkeit von Teilen der geltenden Rechtsordnung, so auch Pfister, in Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 151 (152); die Anwendbarkeit des EG-Vertrages, insbesondere der Grundfreiheiten, auf den Sport ebenfalls bejahend Fischer, SpuRt 1996, 34 (34 f.); Krogmann, Grundrechte im Sport, s. 191 ff. 9 EuGH, Rs. C-51 I 96 Deliege I Ligue francophone de judo et disciplines associees ASBL, Ligue belge de judo ASBL, Union europeenne de judo, 11. 04. 2000, NJW 2000, 2011 (2013). IO Vgl. auch Streinz, EuZW 1998, 137 (146). II Mit dieser Begründung die Anwendbarkeit des EG- Vertrages bejahend EuGH Walrave, Slg. 1974, 1405 (1418); EuGH "Dona", Slg. 1976, 1333 (1340); EuGH Bosman, NJW 1996, 505 (508). 12 Vgl. Zweiter Teil. A.III.l.b. sowie A.III.2.b. 5

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A. Anwendbarkeit des EG-Vertrages auf den Sport

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II. Anwendbarkeit des EG-Vertrages im Amateursport Da der Prozeß der Kommerzialisierung mittlerweile bis in die unteren Ebenen der Sportverbandspyramide vorgedrungen ist, 14 bereitet eine pauschale Abgrenzung zwischen Amateur- und Berufssportler im heutigen Sportgeschehen Schwierigkeiten. Selbst wenn ein Sportverband in seinem Statut seine Sportler als Amateure bezeichnet, muß im Einzelfall geprüft werden, ob der Athlet tatsächlich auf rein ideeller Basis Sport betreibt oder ein Entgelt für seine sportliche Leistung erhält und damit dem Anwendungsbereich des EG- Vertrages unterfällt. 15 In diese Richtung weist auch die Entscheidung Deliege, in der der EuGH zu entscheiden hatte, ob sich eine Judokämpferin, die den Sport "halbprofessionell" betreibt, auf die Dienstleistungsfreiheit berufen kann. 16 Aufbauend auf dem Grundsatz, daß der Begriff des Wirtschaftslebens in Art. 2 EG sowie die Dienstleistungsfreiheit des Art. 59 EG nicht einschränkend ausgelegt werden dürften, urteilte der Gerichtshof wie folgt: "Im Rahmen sportlicher Tätigkeiten, insbesondere der Teilnahme von Hochleistungssportlern an einem internationalen Wettkampf, werden mehrere eigene, aber eng miteinander verknüpfte Dienstleistungen erbracht, die auch dann unter Artikel 59 EG fallen können, wenn einzelne Dienstleistungen nicht von denen bezahlt werden, denen sie zugute kommen." 17 Die Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen müsse stets unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles erfolgen, allein die Tatsache, daß ein Sportverband die ihm angehörenden Sportler als Amateure qualifiziere, schliesse nicht aus, daß die Tätigkeit dieser Sportler zum Wirtschaftsleben i. S. d. Art. 2 EG gehöre. Im Ergebnis befürwortete der Gerichtshof die Anwendbarkeit des EG-Vertrages gegenüber der den Judosport halbprofessionell betreibendenden Klägerin. 18 Damit bleibt weiterhin die Frage offen, inwieweit der reine Freizeitsportler, der den Sport ohne wirtschaftlichen Bezug betreibt, über die Anwendung europarecht13 So etwa EuGH, Rs. C-415/93 Union Royaie Beige des Sociitis de Football Association u. a./Jean Mare Bosman, S1g. 1995 I, 4921; EuGH, Rs. C-176/96 Lehtonen, Castors Canada Dry Namur-Braine ASBLI Fidiration royaie beige des sociitis de basket-ball ASBL, EuZW 2000, 375. 14 Hierzu bereits oben Zweiter Teil. C.l.1.b. 15 Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Sportler im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mit einem Verein, Verband oder Sponsor oder infolge einer gewinnbringenden Vermarktung durch Werbeeinnahmen seine sportliche Leistung gegen Entgelt erbringt. In diesem Sinne auch Pfister, in Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 151 (166 ff.); ebenso Streinz, SpuRt 1998,45 (46). 16 EuGH, Rs. C-51/96 Deliege I Ligue francophone de Judo et disciplines associies ASBL, Ligue beige de Judo ASBL, Union europeenne de Judo, 11. 04. 2000, NJW 2000, 2011 ff. !7 EuGH SpuRt 2000, 148 (150). 18 Der Gerichtshof stützte sich im wesentlichen darauf, daß die Klägerin finanzielle Zuwendungen auf Grund früherer sportlicher Leistungen sowie durch Sponsorenverträge erhalten habe, die in direktem Zusammenhang mit den von der Sportleein erzielten Ergebnissen stünden, NJW 2000, 2011 (Rz. 51).

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

licher Normen gegen diskriminierendes Verhalten geschützt ist. Die Rechtsprechung war mit dieser Fragestellung bisher noch nicht befaßt. Nach einer in der Literatur verbreitetenen Ansicht steht Arbeitnehmern, die sich aus beruflichen Gründen in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten, ein Recht auf gleichberechtigte Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen und in Sportvereinen zu. 19 Begründet wird dies mit dem Erfordernis einer umfassenden Integration der "EU-Ausländer" im Aufnahmeland. In diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, der auf der Grundlage von Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer an diese weitgehende Forderungen nach Gleichheit der Lebensbedingungen anknüpft. 20 Die Teilnahme am Sport kann einen entscheidenden Faktor der sozialen Eingliederung in das Aufnahmeland darstellen und wirkt auf diese Weise mittelbar auch auf die zu beruflichen Zwecken gewährleistete Arbeitnehmerfreizügigkeit ein. 21 Somit unterfällt der Freizeitsport, soweit er von WandeTarbeitnehmern ausgeübt wird, als wesentlicher Aspekt der sozialen Integration des Arbeitnehmers dem Anwendungsbereich des EG- Vertrages. Fehlt diese Anknüpfung an die Arbeitnehmereigenschaft, ist die Anwendbarkeit des EG-Vertrages auf den sonstigen Freizeitsport sehr zweifelhaft.22 Zwar hat die Europäische Union seit den Maastrichter Verträgen gemäß Art. 151 (ex-Art. 128) EG eine spezielle Zuständigkeit für die Kulturpolitik erlangt, jedoch kommt eine Tätigkeit der Gemeinschaft auf dieser Grundlage im Bereich des Sports, der gleichwohl im weitesten Sinne als Ausformung von Kultur anzusehen ist, kaum in Betracht. 23

19 Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 7. Teil Rz. 54 ff.; Schroeder, Sport und Europäische Integration, S. 44 ff. (57); Zuleeg, in Will (Hrsg.), Sportrecht in Europa, S. 1 (6). 2o EuGH, Rs. 32/75 Cristini!SNCF, Slg. 1975, 1085 (1095): Der Begriff der "sozialen Vergünstigung" in Artikel 7 Abs. 2 der Verordnung 1612/68 dürfe nicht einschränkend ausgelegt werden und umfasse im Sinne der von dieser Bestimmung angestrebten Gleichbehandlung alle sozialen und steuerlichen Vergünstigungen; vgl. auch EuGH, Rs. 59 I 85 Niederländischer Staat/A.F.Reed., Slg. 1986, 1283 (1303): Bedingungen, die für die volle Integration der Arbeitnehmer und ihrer Familien in das Gastland notwendig sind, gelten als "soziale Vergünstigungen" im Sinne der Verordnung 1612/68. 21 Ausführlich hierzu Schroeder, Sport und Europäische Integration, S. 44 ff. 22 Diese ablehnend Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 7. Teil Rz. 60; a.A. Gutmann, der ohne genauere Begründung den EG-Vertrag auch in bezug auf den reinen Amateursportler anwenden will, Schach, SpuRt 1997, 38 (40). Dies widerspricht der Entscheidung Deliege allerdings insoweit, als im Einzelfall zu prüfen ist, ob die sportliche Betätigung einen Teil des Wirtschaftslebens darstellt, und dies für den ausschließlich auf ideeller Basis sportlich Aktiven gerade nicht der Fall ist, EuGH, Rs. C-51 /96 Deliege/Liguefrancophone de judo et disciplines associies ASBL, Ligue beige de judo ASBL, Union europeenne de judo, 11. 04. 2000, NJW 2000, 2011 ff. 23 Die Aufgabe der Gemeinschaft, Tätigkeiten der Mitgliedstaaten im kulturellen Bereich zu ergänzen (Art. 151 II EGV), besteht nur dann, wenn die Mitgliedstaaten ihre Kulturpolitik in unzureichender Weise ausüben, so daß die Möglichkeit einer eigenen Kulturpolitik der Gemeinschaft von vomherein sehr beschränkt ist, vgl. Schweitzer I Hummer, Europarecht, Rz. 1654.

B. Grundfreiheit der Freizügigkeit nach Art. 39 I EGV

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Im Jahr 1992 wurde vom Ministerkomitee des Europarates eine Europäische Sportcharta beschlossen, die unter anderem den Grundsatz beinhaltet, daß es Benachteiligungen aufgrund der Staatsangehörigkeit beim Zugang zu Sporteinrichtungen oder zu sportlichen Aktivitäten nicht geben darf. 24 Diese entfaltet zwar keine unmittelbare Bindungswirkung in den Mitgliedstaaten,25 jedoch hat das Ministerkomitee in einer Empfehlung an die Regierungen der Mitgliedstaaten diese aufgefordert, den Inhalt der Charta zu beachten und seine Umsetzung auch durch die nationalen Sportdachverbände zu fördern. 26 Das Europäische Parlament nahm im Mai 1994 eine Entschließung über die EU und den Sport an, in der u. a. gefordert wurde, den Amateursport in der EU für alle EU-Staatsangehörigen zugänglich zu machen und die auch im Amateursport praktizierte Diskriminierung auf Grund der Nationalität aufzuheben.27

B. Grundfreiheit der Freizügigkeit nach Art. 39 I EGV Die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer stellen unmittelbar geltendes Recht dar und verleihen den erfaßten Personen eine subjektive Rechtsposition, die jeder entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschrift vorgeht. 28 Erstmals im Bereich des Sports wurde die Grundfreiheit der Freizügigkeit zugunsten eines Athleten im Fall Bosman29 angewendet und dariiber eine verbandsrechtliche Regelbestimmung für unwirksam erklärt. I. Eingriff in die Freizügigkeit Die von Art. 39 EG gewährleistete Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft umfaßt die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen (Art. 39 II EGV). 30 Das Diskrimi24 In der Charta wird Sport als soziale Betätigung und somit Bestandteil der menschlichen Gesellschaft verstanden, der zur Kultur im weitesten Sinn zählt. Die Charta ist veröffentlicht unter http://culture.coe.fr. I infocentre I txt I eng I espcharter92.htm. 25 Oppermann, Europarecht, Rz. 55. 26 Art. 15 b EuRatS; der Inhalt der Empfehlung ist veröffentlicht unter http://culture. coe.fr. I infocentre I txt I eng I esprec92.13htm. 27 ABlEG 1994, Nr. C 205, S. 486 (487). 2s Fischer, Europarecht, § 15 I, Rz. 3. 29 EuGH, Rs. C-415193 Union Royale Beige des Sociitis de Football Association u. a.l Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921. Jo Der Begriff des Arbeitnehmers ist nach Gemeinschaftsrecht auszulegen, führt inhaltlich aber zu keiner Abweichung gegenüber der im deutschen Recht geltenden Definition: ,.Arbeitnehmer ist, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

nierungsverbot ist zwar in erster Linie auf die Beseitigung staatlicher Maßnahmen gerichtet, allerdings hat der EuGH bereits im Fall Walrave die Drittwirkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie der Dienstleistungsfreiheit anerkannt mit der Feststellung, daß die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auch in Privatrechtsverhältnissen Anwendung findet. 31 Dadurch wird verhindert, daß der Anwendungsbereich der Grundfreiheiten in privatrechtlich geregelten Verhältnissen unterlaufen werden kann. Im Bosman-Urteil stellte der Europäische Gerichtshof klar, daß Art. 39 EG nicht ausschließlich ein Diskriminierungsverbot enthält, sondern dariiber hinaus auch dann eingreift, wenn Vorschriften, die unabhängig von der Staatsangehörigkeit Geltung beanspruchen, "einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates daran hindem oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen ..."?2 Damit wird die Arbeitnehmerfreizügigkeit entsprechend der Rechtsprechung zum freien Warenverkehr33 als Beschränkungsverbot ausgelegt. Demzufolge stellen Transferregelungen im Profifußball, wonach beim Wechsel eines EU- angehörigen Berufsfußballspielers zu einem Verein in einem anderen Mitgliedstaat Ablösegelder zu zahlen sind, einen Eingriff in die Freizügigkeit dar, da derartige Regelungen geeignet sind, den Zugang der Spieler zum Arbeitsmarkt der anderen Mitgliedstaaten unmittelbar zu beeinflussen.34 Durch die Auslegung des Art. 39 EG als umfassendes Beschränkungsverbot verstößt eine Regelbestimmung im Sport nunmehr grundsätzlich bereits dann gegen die Freizügigkeit, wenn sie geeignet ist, den Zugang der Sportler zum Arbeitsmarkt eines anderen Mitgliedstaates zu beschränken. Dariiber hinaus urteilte der EuGH in der Entscheidung Bosman in bezug auf Ausländerklauseln, daß diese erst recht eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit darstellen, wenn durch sie die Teilnahme von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten an Fußballspielen zahlenmäßig beschränkt werde.35 Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.", EuGH, Rs. 66 I 85 Lawrie-Bium v. Land Baden-Württemberg, Slg. 1986, S. 2121 (2144). 31 EuGH, Rs. 36/74 Wairave, Slg. 1974, 1405 (1420.). 32 EuGH, Rs. C-415 /93 Union Royaie Beige des Sociitis de Football Association u. a.l Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 96). 33 EuGH, Rs. 120/78 Cassis de Dijon, Slg. 1979,649 (662 ff.). 34 EuGH, Rs. C-415/93 Union Royaie Beige des Sociitis de Football Association u. a./ Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 99, 103); die Entscheidung selbst sowie ihre Auswirkungen auf den Profifußball wurden in der Literatur hinreichend und sehr kontrovers diskutiert, vgl. etwa Westermann, DZWiR 1996, 82 ff.; Parensen, in Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 70 ff.; Hilf/Pache, NJW 1996, 1169 ff.; weitere Nachweise bei Streinz, SpuRt 1998, 1 (7). 35 Als unerheblich sah es der EuGH an, daß nicht bereits die Beschäftigung von Spielern anderer Mitgliedstaaten, sondern nur deren Teilnahme an offiziellen Wettkämpfen zahlenmäßig begrenzt war. Da die Teilnahme an derartigen Turnieren das wesentliche Ziel der Tätigkeit eines Berufsfußballspielers darstelle, werde auf diese Weise auch die Beschäfti-

B. Grundfreiheit der Freizügigkeit nach Art. 39 I EGV

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Liegt allerdings kein grenzüberschreitender Sachverhalt vor, ist die Geltung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten ausgeschlossen mit der Folge, daß allein die nationalen Rechtsordnungen über die Zulässigkeit entsprechender Regelbestimmungen entscheiden. 36 In bezug auf Transferregelungen hat das BAG in der Entscheidung Kienass 37 festgestellt, daß diese mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG nicht vereinbar und damit auch bei einem Wechsel von EUAngehörigen innerhalb Deutschlands unzulässig sind. II. Rechtfertigung des Eingriffs

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit beeinträchtigende Bestimmungen sind gemäß Art. 39 EG nicht verboten, wenn der Eingriff gerechtfertigt ist. Ein Rechtfertigungsgrund ist nach der Rechtsprechung des EuGH dann gegeben, wenn die in Frage stehende Regelung "einen mit dem Vertrag zu vereinbarenden berechtigten Zweck" verfolgt und "aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls" erlassen wurde. Zudem muß sie "geeignet sein, die Verwirklichung des verfolgten Zweckes zu gewährleisten" und darf "nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist."38 In der Entscheidung Bosman stellte der EuGH in bezug auf die Ausländerklauseln fest, daß Regelungen, die ausländische Spieler von der Teilnahme an einem Wettbewerb aus "nichtwirtschaftlichen Gründen" ausschließen, mit der Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit vereinbar sind. Nichtwirtschaftliche Gründe seien solche, die "mit dem spezifischen Charakter und Rahmen dieser Begegnungen zusammenhängen und deshalb nur den Sport als solchen betreffen, wie es bei Spielen zwischen den Nationalmannschaften der Fall ist". 39 Auf diese Weise gungsmöglichkeit der Spieler eingeschränkt, EuGH, Rs. C-415/93 Union Royaie Beige des Societes de Football Association u. a./ Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 119 ff.). 36 Nach deutschem Recht kommt eine Anwendung des Gleichheitssatzes in Betracht, wenn bei einem vergleichbaren Sachverhalt eine Differenzierung auf Grund der fehlenden Grenzüberschreitung vorgenommen wird, ausführlich zur Anwendbarkeit des Art. 3 I GG im Fall einer Inländerdiskriminierung Schilling, JZ 1994, 8 (10 ff.), der im Ergebnis beim Vorliegen einer Inländerdiskriminierung regelmäßig einen Verstoß gegen Art. 3 I GG annimmt; vgl. auch Hilf/Pache, NJW 1996, 1169 (1174). 37 BAG Urt. v. 20. 11. 1996, SpuRt 1997,94 (96 ff.); vgl. auch Pfister, in Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 151 (161). 38 EuGH, Rs. C-415/93 Union Royaie Beige des Societes de Football Association u. a.l Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 104) unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung. 39 EuGH, Rs. C-415/93 Union Royaie Beige des Societes de Football Association u. a.l Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 127); zustimmend u. a. Fischer, SpuRt 1996, 34 (37); vgl. auch die der Bosman- Entscheidung vorangegangene Stellungnahme Fischers, wonach eine Zugangsbegrenzung von EU-Bürgern auch in der oberen Spielklasse zulässig sei, soweit dies zur Bildung eines Kaders von inländischen Spielern für die Nationalmannschaft

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

suchte der Gerichtshof, der Besonderheit des Sports Rechnung zu tragen, indem er sporttypische Merkmale des Sportgeschehens etwa in bezug auf den Leistungsvergleich verschiedener Nationen berücksichtigte. 40 Die Eigenart eines Wettbewerbs, dessen Bedeutung gerade in dem sportlichen Leistungsvergleich verschiedener Nationen liegt, erfordert, daß die einzelnen Mannschaften ausschließlich von Staatsangehörigen einer Nation gebildet werden.41 Gleiches muß bei Wettkämpfen in Einzelsportarten gelten, die einen Sportler als nationalen Meister ermitteln, so etwa bei der Teilnahme an den deutschen Leichtathletikmeisterschaften, die ausschließlich deutschen Staatsangehörigen vorbehalten ist.42 In Zusammenhang mit der Vereinbarkelt sportlicher Regelsetzung und den gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sind auch die im Anschluß an Bosman ergangenen Urteile des EuGH von Bedeutung, die eine Tendenz erkennen lassen, der Autonomie der Sportvereinigungen einen weiteren Raum einzuräumen. So entschied der EuGH in dem Verfahren Deliege43 , daß Auswahlregelungen über die Teilnahme an einem internationalen Sportereignis, an dem sich keine Nationalmannschaften gegenüberstehen, nicht gegen Art. 49 EG verstoßen, soweit sie zur Organisation eines solchen Wettkampfes erforderlich sind. Zunächst stellte der EuGH fest, daß die streitigen Auswahlregeln weder eine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit noch ein Zugangshindernis beinhalteten. Damit deutet sich die Überlegung an, entsprechend der Keck-Rechtsprechung in bezug auf die Warenverkehrsfreiheit bereits einen Eingriff in die Grundfreiheit der Freizügigkeit zu verneinen.44 Zwar fehlt insoweit eine klarstellende Aussage in dem Urteil, jedoch läßt dieses erkennen, daß der Geltungsanspruch der Grundfreiheiten im Sport zurückgenommen wurde. Im Ergebnis lehnte der EuGH eine Beeinträchtigung mit der Begründung ab, daß die Regelung zur Organisation eines Wettkampfes erforderlich sei. Hinzu kommt, daß der Gerichtshof explizit auf die Verbandsautonomie hinwies mit der Feststellung, daß es "die natürliche Aufgabe der unabdingbar notwendig sei, SpuRt 1994, 174 (177 f.); a.A. in bezugauf das Vorliegen "nichtwirtschaftlicher Gründe" Thony, SpuRt 1999, 177 (179). 40 a.A. Fikentscher, Adrian, der sich gegen eine "gemeinschaftsrechtliche Privilegierung von Nationalmannschaften" ausspricht, da auch der Nationalmannschaftssport einen Teil des Wirtschaftslebens darstelle und der sportliche Erfolg eine wesentlich größere Bedeutung habe als die Repräsentation einer Nation, FS Fi.kentscher, S. 635 ff. (653). 41 Die Aufstellung von Nationalmannschaften im internationalen Sportgeschehen erfüllt nicht nur eine bedeutende Repräsentationsaufgabe, indem die Mannschaften das Erscheinungsbild ihrer Nation in der Offentlichkeit entscheidend mitprägen, darüber hinaus kommt ihr eine bedeutende Integrationsfunktion nach innen als identifikationsstiftender Faktor zu, hienu Zweiter Teil. 8 .11.5. 42 Ebenso Streinz, SpuRt 1998, 89 (91). 43 EuGH, Rs. C-51 I 96 Deliege I Ligue froncophone de judo et disciplines associees ASBL, Ligue beige de judo ASBL, Union europeenne de judo, 11. 04. 2000, NJW 2000, 2011 ff. 44 Röthel, EuZW 2000, 379 (380); Streinz, JuS 2000, 1015 (1017); vgl. auch Becker, RIW 2000, 554 (555), der die Entscheidung Deliege dahingehend auslegt, daß der EuGH eindeutig einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit abgelehnt habe.

B. Grundfreiheit der Freizügigkeit nach Art. 39 I EGV

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betroffenen Stellen, der Veranstalter von Turnieren, der Sportverbände oder auch der Vereinigungen von Berufssportlern (ist), geeignete Regeln aufzustellen und in Anwendung dieser Regeln eine Auswahl zu treffen".45 Diese, in dem Verfahren Deliege anklingende Tendenz, dem Selbstbestimmungsrecht der Verbände weitergehend Rechnung zu tragen, wird in der Entscheidung Lehtonen fortgesetzt. Hier stellte der EuGH fest, daß die streitigen Verbandsregeln, die bestimmte Transferfristen für den Einsatz von Basketballspielern aus anderen Staaten der europäischen Zone festlegen, 46 ein Hindernis für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer darstellen. Jedoch komme eine objektive Rechtfertigung in Betracht, soweit es zur Sicherung eines geordneten Wettkampfablaufs erforderlich ist.47 Mit diesem Urteil führt der EuGH grundsätzlich die in der Entscheidung Bosman ersichtliche Linie fort, eine objektive Rechtfertigung der Transferfristen zu suchen, und deutet gleichwohl eine breitere Akzeptanz und Anerkennung der Autonomie der Sportverbände an, als die Entscheidung Bosman es nahegelegt hatte. Bestehen bleibt allerdings auch nach der Entscheidung Lethonen die Problematik, welche Maßstäbe an das Vorliegen objektiver Rechtfertigungsgründe zu stellen sind, wenn über die Drittwirkung der Grundfreiheiten deren Geltungsanpruch gegenüber Privatrechtssubjekten eingefordert wird. In diesem Zusammenhang gewinnt die gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Vereinigungsfreiheit an Bedeutung, auf die sich Sportverbände grundsätzlich berufen können. Der EuGH anerkennt Grundrechtspositionen, unter anderem die Vereinigungsfreiheit, 48 als allgemeine Rechtsgrundsätze, die aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten sowie den von diesen abgeschlossenen völkerrechtlichen Menschenrechtsverträgen, speziell der Europäischen Menschenrechtskonvention, abzuleiten sind. 49 Art. 11 Abs. I EMRK verankert den sich aus den gemeinsamen Ver45 EuGH, Rs. C-51 I 96 Deliege I Ligue francophone de judo et disciplines associees ASBL, Ligue beige de judo ASBL, Union europeenne de judo, 11. 04. 2000, NJW 2000, 2011 (Rz. 67). 46 Die in Rede stehende Regelung sieht vor, daß bei nationalen Meisterschaften Vereine nach einem für einzelne, von der FIBA festgelegte Zonen geltenden Stichtag keine Spieler mehr in ihre Mannschaft aufnehmen dürfen, die in derselben Saison bereits in einem anderen Land dieser Zone gespielt haben. Für die europäische Zone gilt insoweit der 28.02., während der Transfer von Spielern aus anderen Zonen auch danach noch zulässig ist. 47 Infolgedessen verwies der EuGH die Sache zur Prüfung, ob derartige objektive Gründe zur Rechtfertigung vorliegen, an das vorlegende Gericht zurück. 48 EuGH, Rs. 175173 Gewerkschaftsbund, Massa, Kortner/Rat, Slg. 1974, 917 (925); ausführlich zum Inhalt und Umfang der Vereinigungsfreiheit als Gemeinschaftsgrundrecht Gramlich, DÖV 1996, 801 (806 ff.); Streinz. Europarecht, Rz. 372; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rz. 805. 49 Durch Art. 6 II EUV wird die Europäische Union explizit zur Achtung der Grundrechte, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet sind und sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, verpflichtet. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob der EMRK im Gemeinschaftsrecht unmittelbare Bin-

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

fassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergebenden "Grundsatz"50 der individuellen Vereinigungsfreiheit, die gemäß der in Art. II Abs. II EMRK enthaltenen Schrankenregelung einer Einschränkung unter anderem durch die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten zugänglich ist. 51 In der Entscheidung Bosman hat der EuGH die eigentlich an die Mitgliedstaaten gerichteten Schranken der Grundfreiheiten in vollem Umfang gegenüber den Sportverbänden als Privatrechtssubjekte herangezogen, ohne in diesem Zusammenhang explizit auf die diesen gewährleistete Vereinsautonomie einzugehen. Zwar finden sich in den Urteilsgriinden allgemeine Ausführungen zur Autonomie der Sportverbände, die nicht dazu führen dürfe, daß die Ausübung der dem Einzelnen durch den Vertrag verliehenen Rechte eingeschränkt werde. 52 Jedoch fehlt auf der Ebene der Rechtfertigung des Eingriffs in eine Grundfreiheit eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen der betroffenen Grundfreiheit und dem gegenüberstehenden Gemeinschaftsgrundrecht der Vereinigungsfreiheit.53 Die EntscheidungenDeliege und Lethonen lassen zwar die Tendenz erkennen, die Autonomie der Verbände dem Geltungsanspruch der Grundfreiheiten entgegenzustellen, jedoch unterläßt es der EuGH weiterhin, im Rahmen der inhaltlichen Ausformung der Rechtfertigungsgrunde der Verbandsautonomie exlizit Rechnung zu tragen. 5 4

C. Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 bzw. Art. 49 des EG-Vertrages Im Bereich des Sports können die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG sowie die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EG Bedeutung erlangen, wenn der Sportler kein Arbeitnehmer und damit die Anwendung des Art. 39 EG ausgeschlossen ist. Von den Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EGV) werden solche Dienstleistungen erfaßt, die von einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Leistungserbringer gegen Entgelt in einem anderen Mitgliedstaat erbracht werden. Neben dem Merkmal der Entgeltlichkeit muß die Dienstleistung selbständig und grenzüberschreitend erbracht werden. 55 dungswirkungzukommt oder nur eine Hinweisfunktion in bezugauf Inhalt und Umfang der europäischen Grundrechte, Schweifzer I Hummer, Europarecht, Rz. 799; Notthoff, RIW 1995, 541 (544) m. w. N. 50 So EuGH Union Royale Beige des Socitftes de Football Association u. a./ Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 79). 51 Ausführlich zu Art. 11 EMRK Gramlich, DÖV 1996, 801 (808). 52 EuGH Union Royale Beige des Socieres de Football Association u. a./ Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 79). 53 Nach Schroeder ist ein Ausgleich im Sinne einer praktischer Konkordanz zu erreichen, da beide Rechtspositionen gleichberechtigt sind, JZ 1996, 254 (256). 54 So auch Röthel, EuZW 2000, 379 (380).

D. Assoziierungsabkommen mit Drittstaaten

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Während in Mannschaftssportarten überwiegend die Arbeitnehmereigenschaft der Sportler zu bejahen ist, sind in vielen Einzelsportarten wie beispielsweise Tennis oder Golf die Sportler selbständige Unternehmer, die ihre sportliche Leistung im Rahmen vertraglicher Bindungen weisungsunabhängig gegen Entgelt erbringen.56 In diesen Fällen kann ein Sportler unter Berufung auf die Dienstleistungsbzw. Niederlassungsfreiheit fordern, unter den gleichen Bedingungen wie ein Inländer seine Tätigkeit auszuüben. 5 7 Auf Grund der "Konvergenz der Grundfreiheiten"58 wird die Dienstleistungsfreiheit des selbständigen Sportlers in gleichem Umfang geschützt ist wie die Freizügigkeit eines als Arbeitnehmer zu qualifizierenden Athleten. 59

D. Assoziierungsabkommen mit Drittstaaten Nicht erfaßt vom Anwendungsbereich des EG-Vertrages werden Sportler, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates, sondern die eines Drittlandes besitzen. Diese können sich nicht auf Bestimmungen des EG-Vertrages berufen, um eine Ungleichbehandlung auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit geltend zu machen.60 Infolgedessen können beispielsweise Ausländerklauseln gegenüber Staatsangehörigen der EU gemäß Art. 39 EG unwirksam sein, gegenüber Sportlern aus Drittstaaten aber weiterhin Geltung beanspruchen, da ein Verstoß gegen Art. 39 EG mangels Anwendbarkeit des EG-Vertrages nicht vorliegt. Allerdings haben verschiedene Staaten mit der Europäischen Union Assoziierungsabkommen geschlossen, auf deren Grundlage im Anschluß an die Rechtsprechung Bosman die Anwendbarkeit von Ausländerklauseln gegenüber Sportlern aus diesen Drittstaaten in Frage gestellt wurde. In einer einstweiligen Verfügung entschied das LG Frankfurt a.M., daß eine Differenzierung in der Lizenzerteilung zwischen EU-Angehörigen und Sportlern aus den Drittstaaten Türkei und Polen, mit denen die Europäische Union Assoziierungsabkommen geschlossen hatte, mit dem Inhalt der Abkommen vereinbar sei: 61 Diese gewährten polnischen bzw. türkiFischer; Europarecht, § 17 I 1, Rz. 1 ff.; Oppermann, Europarecht, Rz. 1592 ff. Zweiter Teil. A.III.1.b.aa. und bb. 57 Schweitzer I Hummer; Europarecht, Rz. 1172 f., 1186 f. ; Streinz, Europarecht, Rz. 754 ff.; zur Anwendung der Dienstleistungsfreiheit im Sport EuGH EuGH, Rs. C-51/96 Deliegel Ligue francophone de judo et disciplines associees ASBL, Ligue beige de judo ASBL, Union europeenne dejudo, 11. 04. 2000, NJW 2000, 2011 ff. 58 HilfiPache, NJW 1996, 1169 (1176); in diesem Sinne auch Oppermann, Europarecht, Rz. 1584. 59 Ebenso Vieweg, in Tokarski (Hrsg.), EU-Recht und Sport, S. 151 (160); Zuleeg, in Will (Hrsg.), Sportrecht in Europa, S. 1 (7). 60 Ein Schutz der Rechtsposition des ausländischen Sportlers kommt insoweit allein über die jeweilige nationale Rechtsordnung, im deutschen Recht möglicherweise über Art. 3 III 1 GG, in Betracht. 55

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

sehen Arbeitnehmern keine Freizügigkeit i.S. v. Art. 39 EGV, sondern lediglich Schutz vor Diskriminierung in bezug auf Entlohnung, Entlassung und sonstige Arbeitsbedingungen.62 Ausländerklauseln stellten aber keine Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen dar, sondern begründeten eine Beschränkung der Beschäftigung,63 die durch das Assoziierungsabkommen gerade nicht verboten sei.64 Zu einem gegenteiligen Ergebnis in bezug auf die Auslegung des Art. 37 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Polen kam der Cour administrative d'appel de Nancy: 65 Der französische nationale Basketballverband hatte sich auf Grund der im Regelwerk enthaltenen Ausländerklausel geweigert, einer Basketballspielerio mit polnischer Staatsangehörigkeit die Lizenz für ihre Teilnahme an Wettkämpfen zu erteilen. Unter Hervorhebung der Tatsache, daß die Sportlerio bereits einen nach französischem Recht wirksamen Arbeitsvertrag mit dem betreffenden Verein geschlossen hatte und über eine gültige Aufenthaltsgenehmigung verfügte, entschied das Gericht, daß die Weigerung des Dachverbandes eine gemäß Art. 37 des Assoziierungsabkommens unzulässige Diskriminierung in bezug auf die bestehenden Arbeitsbedingungen darstellte. 66 Unzweifelhaft gewährt Art. 37 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Polen kein Recht auf Freizügigkeit des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern bietet nur Schutz vor Diskriminierung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. In der Entscheidung Bosman stellte der EuGH fest, daß eine Regel, die den Einsatz eines Sportlers bei Wettkämpfen beschränke, "auch" die Beschäftigungsmöglichkeiten des betroffenen Spielers einschränke.67 Unabhängig davon steht es den Vereinen jedoch frei, beliebig viele Spieler aus Nicht-EU-Staaten vertraglich zu verpflichten. Liegt insoweit ein nach dem jeweiligen nationalen Recht wirksames Arbeitsverhältnis vor und SpuRt 1997, 170; in diesem Sinne auch LG Dortmund, SpuRt 1998, 32. Art. 37 Abs. 1 Polnisches Assoziierungsabkommen, Art. 37 des Zusatzabkommens zum türkischen Assoziierungsabkommen und Art. 10 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates zwischen der EWG und der Türkei. 63 Das Gericht bezog sich insoweit auf die Entscheidung Bosman, in der der EuGH dahingehend argumentiert hatte, daß die Aufstellung von Sportlern bei Wettbewerben das wesentliche Ziel der Tätigkeit eines Berufsspielers darstellten, so daß eine Einschränkung der Einsetzbarkeit einer Beschränkung der Beschäftigung gleichstehe, EuGH Union Royaie Beige des Societes de Football Association u. a./ Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 120). 64 Zustimmend Kahienberg, SpuRt 1997, 171; in einer späteren Entscheidung verneinte das LG Frankfurt die Geltung derartiger Assoziierungsabkommen gegenüber einer inländischen Privatperson, SpuRt 1998, 78 (79). Der EuGH hat jedoch wiederholt festgestellt, daß Vorschriften europarechtlicher Verträge Drittwirkung entfalten können, dies muß grundsätzlich auch gegenüber Assoziierungsabkommen gelten, so auch Tschimer; SpuRt 1998, 75 (77). 65 RTD Eur 2000, 384 ff. 66 RTD Eur 2000, 384 (387); siehe hierzu auch die Anmerkung von Auneau, RTD Eur 2000, 389 ff. 67 EuGH Union Royaie Beige des Societes de Football Association u. a. I Jean Mare 8osman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 120). 61

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E. Wettbewerbsrecht Art. 81, 82 (ex-Art. 85, 86) EGV

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verfügt der betreffende Sportler über eine gültige Aufenthaltsgenehmigung, stellt die Weigerung, dem Spieler eine Teilnahmeberechtigung für die Wettkämpfe zu erteilen, eine unzulässige Diskriminierung in bezug auf die Arbeitsbedingungen des Berufssportlers dar. 68 In diesen Fällen sind Sportler aus Drittstaaten, mit denen entsprechende Assoziierungsabkommen bestehen,69 wie EU-Angehörige zu behandeln, so daß die Ausländerklausel ihnen gegenüber nicht zur Anwendung kommt. 70 Die Argumentation, daß die Benachteiligung von Arbeitnehmern aus Assoziierungsstaaten von der Vereinigungsfreiheit des Art. 9 I GG gedeckt sei, vermag nicht zu überzeugen. 71 Das Assoziierungsabkommen mit Polen etwa hat in der Bundesrepublik Gesetzeswirkung erlangt.72 Der Umfang der verfassungsrechtlich gewährleisteten Vereinsautonomie wird durch das einfache Recht ausgestaltet. Dazu zählt auch das in dem Abkommen statuierte Diskriminierungsverbot gegenüber ausländischen Arbeitnehmern. Dessen Geltung konkretisiert den Bestand des Selbstbestimmungsrechts, ohne in den verfassungsrechtlich gewährleisteten Kernbereich der Vereinigungsfreiheit einzugreifen.73

E. Wettbewerbsrecht: Art. 81, 82 (ex-Art. 85, 86) EGV Das von der Europäischen Gemeinschaft angestrebte Ziel, einen Wirtschaftsraum ohne Binnengrenzen zu verwirklichen, fordert Mechanismen, die den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft vor "Verfalschung, Behinderung und Ausschaltung" schützen. 74 Dementsprechend wird eine Wettbewerbsbeschränkung durch Privatpersonen gemäß Art. 81, 82 (ex-Art. 85, 86) EG sanktioniert, wonach Kartellabsprachen sowie der Mißbrauch marktbeherrschender Stellungen verboten sind.

68 Auch die Generaldirektion V der EU-Kommission vertrat in einem Schreiben vom 23. 04. 1997 die Ansicht, daß das Mitwirken an Sportbegegnungen Bestandteil der Arbeitsbedingungen von Berufssportlern sei, aus LG Frankfurt a.M., SpuRt 1997, 170, das diese Auffassung jedoch, wie vorstehend dargestellt, ablehnt. 69 So etwa gemäß Art. 37 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Polen oder Art. 37 des Zusatzabkommens zum türkischen Assoziierungsgabkommen und Art. 10 des Beschlusses Nr. 1 I 80 des Assoziationsrates zwischen der EWG und der Türkei; gleiches gilt gegenüber Angehörigen anderer Staaten, mit denen EU-Assoziierungsabkommen mit Diskriminierungsklauseln bestehen wie etwa Ungarn, Tschechien, Slowakei, Rumänien und Bulgarien sowie Marokko, Tunesien und Algerien, siehe hierzu Kahlenberg, SpuRt 1997, 171. 10 Vgl. auch LG Hannover, SpuRt 1998,74. 71 So etwa LG Frankfurt a.M., SpuRt 1998, 77; ebenso Kahlenberg, SpuRt 1997, 171. n Gesetz vom 26. 08. 1993, BGBI. II 1093, 1316. 73 Ebenso Tschimer, SpuRt 1998, 75 (77); ausführlich zum Umfang des Grundrechtsschutzes des Art. 9 I GG oben Zweiter Teil.B.I.3. 74 EuGH, Rs. 6/72 Europemballage und Continental Can/Kommission, Slg. 1973, 215 (244 f.).

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3. Teil: Diskriminierungsverbote nach Maßgabe des Europarechts

Art. 81 EG untersagt Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfalschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Nach Art. 82 EG ist der Mißbrauch einer den Markt beherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen verboten, soweit dies den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann. Als Unternehmen i. S. d. Art. 81 ff. EG gilt jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung, eine Gewinnerzielungsabsicht wird nicht verlangt. 75 Profisportvereine erfüllen jedenfalls die Unternehmenseigenschaft, da sie eine wirtschaftliche Tatigkeit ausüben. Die Sportverbände stellen zum einen Unternehmensvereinigungen dar, gleichzeitig können sie selbst auch Unternehmen i. S. d. Art. 81 ff. EG auf Grund eigener wirtschaftlicher Betätigung sein. 76 Ebenso ist der einzelne Sportler, der den Sport als Dienstleistung gegen Entgelt erbringt und insoweit am Wirtschaftsleben teilnimmt, als Unternehmen i. S. d. Art. 81 ff. EG einzustufen. 77 Die in Art. 81 ff. EG verbotenen Maßnahmen bzw. Verhaltensweisen müssen weiterhin geeignet sein, spürbar den Handel, wozu auch Dienstleistungen zählen, zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (,,Zwischenstaatlichkeitsklausel"),78 Art. 81 EG verlangt darüber hinaus das Vorliegen einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung der in Frage stehenden Maßnahme. Klauseln in Vereinsoder Verbandssatzungen, die den Einsatz "EU-ausländischer" Spieler zahlenmäßig begrenzen, beschränken unzweifelhaft den Wettbewerb und sind geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, mit der Folge, daß sie mit Art. 81 EG nicht vereinbar sind. 79 Der einzelne Sportler, der sich gegen eine ihn diskriminierende Maßnahme eines Sportvereins oder -verbandes zur Wehr setzt, wird wie im Fall Bosman überwiegend die Grundfreiheiten des EG-Vertrages heranziehen, wenn es sich um einen 75 Bleckmann, Europarecht, Rz. 1826 f. m. w. N.; vgl. auch Schweizer/Hummer; Europarecht, Rz. 1265. 76 Fleischer; WuW 1996, 473 (474); Summerer; Praxishandbuch Sportrecht, 7. Teil Rz. 122f.; Hilf/Pache, NJW 1996, 1169 (1176); Streinz, SpuRt 1998,89 (92). 77 Bleckmann, Europarecht, Rz. 1827; vgl. zur Unternehmenseigenschaft des einzelnen Sportlers i. S. d. GWB oben Zweiter Teil. C.l.l.a. und b. 78 Schweitzer/Hummer; Europarecht, Rz. 1271 f., 1292; Streinz, Europarecht, Rz. 817. 79 Ausführlich Weiß, SpuRt 1998, 97 (98 ff.); Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 7. Teil Rz 126; Hilf/Pache, NJW 1996, 1169 (1176); Streinz, SpuRt 1998,89 (92); der EuGH unterließ in der Entscheidung Bosman eine Prüfung der Vereinbarkeil dieser Ausländerklauseln mit dem Wettbewerbsrecht des EG-Vertrages, da er bereits einen Verstoß gegen Art. 39 EG bejaht und infolgedessen auf die fehlende Entscheidungsrelevanz dieser Bestimmungen hingewiesen hatte, EuGH Union Royale Beige des Socieres de Football Association u. a. I Jean Mare Bosman, Slg. 1995 I, 4921 (Rz. 138).

E. Wettbewerbsrecht Art. 81, 82 (ex-Art. 85, 86) EGV

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grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt. Allerdings unterliegen die Regelwerke privatrechtlicher Verbände oder Vereine durch die Anwendbarkeit der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des EG-Vertrages einer inhaltlichen Kontrolle, die von der Kommission als zuständigem Organ der Wettbewerbssicherung durchgeführt wird. 80 Stellt diese einen Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen fest, ist die in Rede stehende Regelwerkbestimmung oder Maßnahme gemäß Art. 81 II EG nichtig. Wahrend die Unvereinbarkeit einer Regelbestimmung mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages nur zur Unwirksamkeit gegenüber "EU-Ausländern" führt, entfaltet die Nichtigkeit nach Art. 81 II EG allgemeine Geltung, d. h. auch gegenüber Inländem.81 Da bereits die Eignung einer Beeinträchtigung ausreicht, besteht insoweit ein breit angelegter Kontrollmechanismus seitens der Kommission, dem die Sportverbände bei der Aufstellung ihrer Regelwerke Rechnung tragen müssen. 82

80 Art. 85 EG begründet die allgemeine Zuständigkeit der Kommission zur Überwachung und Aufsicht. 81 Grundlegende Voraussetzung ist allerdings, daß die in Rede stehende Maßnahme oder Bestimmung geeignet ist, den Handel bzw. die Dienstleistung zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. 82 Ausdruck einer verstärkten Kontrollintensität ist auch die Initiative des EU-Wettbewerbs-Kommissars Mario Monti, der das derzeitige Transfersystem vollständig ,,kippen" möchte und Ablösezahlungen auch bei Wechseln aus laufenden Verträgen abschaffen möchte, F.A.Z. Nr. 199 vom 28. 08. 2000, S. 42; vgl. auch Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 7. Teil Rz. 124 ff., der verschiedene Bereiche im Sport aufzählt (Produktwerbung, Disziplinarmaßnahmen, Ausländer- und Transferklauseln), deren Bestimmungen einer Überprüfung durch Art. 81 EG unterliegen, und in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis kommt, daß die Bestimmung von Wartefristen bei einem Nationalitätenwechsel gegen Art. 81 EG verstoßen, wenn sie über sechs Monate hinausgehen (Rz. 130).

Vierter Teil

Die Situation im US-amerikanischen Recht Im Mittelpunkt der Darstellung stehen drei Diskriminierungstatbestände, die einen kontinuierlichen Entwicklungsprozeß in der amerikanischen Gesellschaft aufzeigen: Zunächst erfolgte eine Sensibilisierung bezüglich der Diskriminierung auf Grund der "Rassenzugehörigkeit" (dazu unten B. ), gefolgt von der rechtlichen Sanktionierung einer Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts (dazu unten C.) sowie schließlich das Verbot einer Benachteiligung auf Grund einer Behinderung (dazu unten D.). Da die Frage der Diskriminierung im Sport in engem Zusammenhang mit dessen Organisationsformen steht, werden zunächst die Strukturen des Sportgeschehens in den Vereinigten Staaten dargestellt (dazu unten A.).

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten In den Vereinigten Staaten kommt dem von Studenten bzw. Schülern ausgeübten Sport eine herausragende Bedeutung zu, während in der Bundesrepublik Deutschland der universitäre Sport eine nur untergeordnete Rolle einnimmt. Infolgedessen besitzt der arnerikanische Ausbildungssport eine komplexe Organisationsform, die in Deutschland kein vergleichbares Äquivalent findet. Die Unterteilung des Sportgeschehens in den Ausbildungssport einerseits und den außeruniversitären ("noncollegiate"), für jeden zugänglichen Sport andererseits trägt der Bedeutung des College I High School Sports als zentralem Bestandteil des US-arnerikanischen Sportwesens Rechnung und hebt seine spezifischen Besonderheiten hervor. 1

I Teilweise wird eine allgemeine Unterscheidung in Amateur- und Profisport vorgenommen mit dem Hinweis darauf, daß in den Vereinigten Staaten eine organisatorische Trennung des professionellen Sports vom Amateursports bestehe, so etwa Buchberger, Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 187 ff. Diese allgemeine Aufteilung vermag insofern nicht zu überzeugen, als auch in den Vereinigten Staaten im Zuge fortschreitender Kommerzialisierung eine klare Trennung zwischen Amateur- und Profisport kaum mehr möglich ist. Auch Buchherger weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß eine Abgrenzung und Definition des Amateursportlers im aktuellen Sportgeschehen Schwierigkeiten bereitet, a. a. 0., S. 192 f.

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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I. Die Organisation des High School- und College Sports 1. Der High School Sport

Die sportliche Betätigung und der sportliche Wettkampf auf der Ebene der High School werden in den einzelnen Bundesstaaten von Vereinigungen organisiert, die den High School Sport reglementieren und überwachen. Diese Vereinigungen besitzen überwiegend die Rechtsform einer privaten gemeinnützigen "corporation" oder eines nichtrechtsfcihigen Vereins. So ist beispielsweise die "Connecticut lnterscholastic Athletic Conference, Inc." (CIAC) eine gemeinnützige Körperschaft, die den auf Schulebene von 175 öffentlichen und privaten weiterführenden Schulen im Staat Connecticut betriebenen Sport regelt und kontrolliert. Die einzelnen Schulen sind Mitglieder dieser Dachorganisation und finanzieren diese durch ihre Mitgliedsbeiträge? Gleiches gilt für die "Florida High School Athletic Association", zu deren Mitgliedern fast alle weiterführenden Schulen des Bundesstaates Florida zählen und die die "exclusive authority and responsibility for controlling all aspects of interscholastic activities in both public and private high schools throughout Florida" besitzt.3 Teilweise werden wie etwa im Bundesstaat Michigan Existenz und Regelungsbefugnis der Dachvereinigung des High School Sports ("Michigan High School Athletic Association") durch ein Gesetz des Bundesstaates vorgeschrieben und festgelegt. 4 Auf nationaler Ebene stellt die "National Federation of HighSchool Associations" (NFHSA) einen Zusammenschluß der in den einzelnen Bundesstaaten maßgeblichen High School-Sportvereinigungen dar. Diese Dachvereinigung ist keine reine Sportorganisation sondern betreut und koordiniert verschiedene schulische Aktivitäten. 5 Im Bereich des Sports hat die NFHSA in 16 Sportarten Regeln in bezug auf die Durchführung sportlicher Wettkämpfe normiert, zu deren Umsetzung und Einhaltung die einzelnen High School Sportvereinigungen als Mitglieder der 2 Dennin v. Connecticut Interscholastic Athletic Conference, Inc., 94 F.3d 96 (98) (2nd Cir. 1996); hierzu auch Heckrrwn, 143 West's Education Law Reporter l (2000); im Bundesstaat Oregon umfaßt die Vereinigung "Oregon School Activities Association" 226 öffentliche und 52 private weiterführende Mitgliedschulen, Bingham v. Oregon School Activities Association, 37 F.Supp. 2d ll89 (ll92) (D.Or. 1999). 3 The Florida High School Activities Association v. Thorrws, 434 So.2d 306 (307 et seq.) (Aa. 1983); in Oklahoma sind mehr als 490 weiterführende Schulen Mitglieder der "Oklahoma Secondary Schools Activities Association", einer nichtrechtsfähigen Vereinigung, die die ausschließliche Befugnis und Verantwortung besitzt, die sportlichen Aktivitäten der Mitgliedsschulen zu kontrollieren, Mahan v. Agee, 652 P.2d 765 (766) (Okla. 1982). 4 M.C.L.A. § 380.1289(ii): "An association established for the purpose of organizing and conducting athletic events, contests, or toumaments among schools shall be the official association of the state. The association is responsible for the adoption and enforcement of regulations relative to eligibility of pupils in schools for participation in interscholastic athletic events, contests, or tournaments." 5 "NFHSA is the national service and administrative organization of high school athletics and fine arts programs in speech, debate and music", siehe www.nthsa.org.

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

NFHSA verpflichtet sind. Diesen wiederum wurde die ausschließliche Befugnis übertragen, gegenüber ihren Mitgliedsschulen verbindlich das Regelwerk auszulegen und durchzusetzen. 6 Die Dachvereinigung normiert zwar in einzelnen Sportarten die Regelbestimmungen, jedoch werden Konflikte in bezug auf deren Anwendung ausschließlich mit der auf Bundesstaatenebene verantwortlichen Sportvereinigung ausgetragen, so daß die Bedeutung der nationalen Dachvereinigung als gering zu bewerten ist. Die Zielvorstellungen der nationalen Dachvereinigung bzw. der auf Bundesstaatenebene maßgeblichen High School Sportvereinigungen bestehen vornehmlich in dem Erlaß und der Durchsetzung einheitlicher Regelbestimmungen in bezug auf die Teilnahmeberechtigung der Schüler an Sportprogrammen und Wettkämpfen. 7 Weiterführende Schulen, die Mitglied der jeweiligen Dachvereinigung ihres Bundesstaates werden wollen, müssen das von dieser erlassene Regelwerk übernehmen und sind verpflichtet, ihre Sportangebote und -Veranstaltungen in Übereinstimmung mit diesem durchzuführen.8 Auf diese Weise wird auf Bundesstaatenebene bzw. in einzelnen Sportarten sogar auf nationaler Ebene die Einheitlichkeit der sportlichen Ausübung sichergestellt. 2. Die Organisation des College Sports

Im Gegensatz zur föderalen Organisationsstruktur des HighSchool Sports unterliegt der College Sport einem einheitlichen Organisationsrahmen, der maßgeblich von der nationalen Dachvereinigung "National Collegiate Athletic Association" gestaltet und reglementiert wird. a) Die " National Collegiate Athletic Association" (NCAA) aa) Entstehungsgeschichte und Aufgabe der NCAA Die NCAA besitzt die Rechtsform einer "private unincorporated association", vergleichbar einem nichtrechtsfähigen, gemeinnützigen Verein, zu deren Mitgliedern derzeit 1.200 öffentliche und private Universitäten sowie Colleges mit vierjähriger Studienzeit in den Vereinigten Staaten zählen.9 Die Aufgabe dieser Vereinigung besteht vornehmlich darin, auf nationaler Ebene einheitliche Rahmenbedinwww.nfhsa.org. Der Schutz der körperlichen Integrität der Sportler stellt eine weitere grundlegende Zielsetzung dar, so beispielhaft die Satzung der "Michigan High School Athletic Association" (MHSAA), MHSAA Handbook 1994-95 at 13, zitiert aus Sandison v. MHSAA, 863 F.Supp. 483 (486) (E.D.Mich. 1994). 8 Zu den Sanktionsmöglichkeiten durch die regelaufstellende Vereinigung bei Mißachtung des Regelwerkes siehe Heckman, 143 West's Education Law Reporter 1 (ii) (2000). 9 www.ncaa.org. 6

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A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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gungen für die Teilnahme und Ausübung des College Sports zu schaffen und deren Umsetzung sicherzustellen. Die Mitglieder, Universitäten und Colleges, verpflichten sich, Sportprogramme und -Veranstaltungen entsprechend den Bestimmungen der NCAA durchzuführen. Dabei erwerben die einzelnen Athleten keine Mitgliedschaft in der Dachvereinigung, 10 sie sind jedoch gegenüber ihrer Universität, die sie repräsentieren, verpflichtet, die Regelsetzung der NCAA bei der Ausübung des Sports zu befolgen, so daß die Geltung eines uniformen Regelwerks im College Sport sichergestellt ist. 11 Die Notwendigkeit, einheitliche Rahmenbedingungen für den sportlichen Wettkampf zu schaffen, war der Anlaß für die Gründung der heutigen NCAA zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nachdem mehrere Studenten infolge mangelnder Organisation und fehlender allgemeiner Regelbestimmungen bei universitären FootballTumieren verletzungsbedingt ihr Leben verloren hatten, rief Präsident Roosevelt im Jahr 1905 Vertreter von dreizehn Universitäten zu einer Übereinkunft zusammen, in deren Rahmen die Bildung einer dauerhaften Vereinigung zur Organisation und Reglementierung des College Sports beschlossen wurde. 12 Diese "lntercollegiate Athletic Association of the United States" (IAAUS), die ursprünglich aus 62 Mitgliedsuniversitäten bestand, wurde im Jahr 1910 in "National Collegiate Athletic Association" (NCAA) umbenannt und hat allein in den letzten 50 Jahren weitere 600 neue Mitglieder hinzugewonnen, so daß mittlerweile jede anerkannte Hochschule unter dem Dach der NCAA organisiert ist. 13 Die Organisation des Damensports erfolgte erst in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Ansicht bei den universitären Sporttrainern vorgeherrscht, daß ein Wettkampf zwischen Studentinnen nicht nur "unwomenly", sondern auch für die körperliche Integrität gefährlich sei. Erst 1966 wurde die "Commission on Intercollegiate Athletics for Women" gegründet, die fünf Jahre später in "Association for Intercollegiate Athletics for Women" (AIAW) umbenannt wurde. Als im Jahr 1981 auch die NCAA begann, Wettkämpfe für Studentinnen auszurichten, erlitt die organisatorisch schwächere und kleinere AIAW schwere finanzielle Einbußen, was zu ihrer Auflösung im Jahr 1982 führte. 14 Seither wird auch der College Sport der Damen maßgeblich von der NCAA organisiert und reglementiert.

10 Darauf ausdrücklich hinweisend das Gericht in Gulf South Conference v. Boyd, 369 So.2d 553 (557) (Ala. 1979). II Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (7) (2000); Davis, 6 Marq. Sports L. J. 199 (200) (1996). 12 Broyles, 46 Ala. L. Rev. 487 (489) (1995); Hakim, 2 Va. J. Sports & L. 145 (153) (2000); Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (9 et seq.) (2000); ausführlich zur Entstehungsgeschichte der NCAA Smith, Sportsand Freedom, S. 191 et seq. 13 www.ncaa.org; Schubert/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 1 et seq. 14 Hierzu Farell, 32 Hous. L. Rev. 993 (1003) (1995).

10 Zinger

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

bb) Die Struktur der NCAA Die Bildungseinrichtungen, die Mitglieder der NCAA sind, werden in drei Abteilungen ("Division I, II und III") unterteilt, wobei Universitäten bzw. Colleges mit den bedeutendsten und finanziell lukrativsten Sportprogrammen wie beispielsweise Basketball und Football in Division I zu finden sind. 15 Im Football ist die Division I in drei weitere Unterabteilungen lA, IAA und IAAA aufgeteilt, wobei wiederum in der ersten Abteilung (lA) die Schulen zusammengefaßt werden, die mit ihrem Footballprogramm am erfolgreichsten und damit in der Öffentlichkeit ambekanntesten sind. 16 In den Jahren 1996 I 97 wurde die Struktur der NCAA grundlegend verändert mit dem Ergebnis, daß bedeutende Kompetenzen, die zuvor einem zentralen Organ der Vereinigung zustanden, auf die einzelnen Divisionen übertragen wurden. 17 Hintergrund dieser Kompetenzumverteilung war der Umstand, daß einzelne Universitäten, insbesondere solche der Division I, mit ihrem Austritt aus der NCAA gedroht hatten, wenn ihnen nicht größere Autonomie bei der Kontrolle ihrer Sportprogramme zugestanden und auf diese Weise die "zentralistische" Struktur der Vereinigung aufgebrochen würde. 18 Infolge der Reform wurde das Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Mitgliedsinstitutionen über die von ihnen angebotenen Sportprogramme gestärkt und gleichzeitig der Verschiedenheit der einzelnen Sportarten Rechnung getragen. Vor der Reform war eine Normsetzung nur durch eine Entscheidung der gesamten Mitgliederversammlung möglich, so daß die verschiedenen Abteilungen ohne Zustimmung dieses Gremiums nur schwer einzelne Regelbestimmungen den Bedürfnissen einzelner Sportarten innerhalb ihrer Division entsprechend abändern konnten. 19 Durch die Umstrukturierung wurde den einzelnen Divisionen die Befugnis zuerkannt, unter bestimmten Voraussetzungen eigenständig und ohne Zustimmung der gesamten Mitgliederversammlung Regelbestimmungen zu erlassen bzw. abzuändem. 20 Gleichzeitig wurde den einzelnen Divisionen die Kompetenz zugesprochen, gegen Regelverstöße vorzugehen und diese zu sanktionieren. 21 15 Die Einteilung in die einzelnen Divisionen erfolgt nach verschiedenen Kriterien wie etwa einer bestimmten Anzahl an Sportangeboten, Vorgaben über Stipendienvergaben oder einen Mindesturnfang an Präsenz bei Wettbewerben, siehe 1995-96 NCAA Manual. Bylaws, Art. 20, § 20.01.2, at 353, §§ 20.9-20.11, at 361 -77, aus Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (7) (2000). 16 Allison, 44 U. Kan. L. Rev. 1 (1995). 17 Zu der Struktur der NCAA vor der Reform Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (12 et seq.) (2000). 18 Ausführlich zur historischen Entwicklung der Struktur der NCAA Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (39 et seq., 49) (2000). 19 Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (14) (2000). 20 So etwa, wenn der Regelungsgegenstand ausschließlich eine Division betrifft oder den Besonderheiten der in dieser Division vertretenen Sportarten Rechnung getragen wird.

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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Auch die Organisation und Durchführung der von der NCAA gesponsorten Wettkämpfe fällt nunmehr in den Aufgabenbereich der einzelnen Divisionen. cc) Grundsätze der "educational primacy" und des "amateurism" Die Tätigkeit der NCAA wird von zwei elementaren Grundsätzen geprägt: Zum einen dem Vorrang der akademischen Ausbildung ("educational primacy"), zum anderen dem Prinzip des Amateursports ("amateurism"). Diese sind zentrale Elemente der von der NCAA formulierten Zielsetzung, die sportliche Betätigung als einen integrierten Bestandteil der akademischen Ausbildung zu bewahren, und auf diese Weise eine klare Trennung zwischen dem College- und professionellen Sport aufrecht zu erhalten. 22 Weitere manifestierte Grundsätze sind das Prinzip der "gender equity" und der "nondiscrimination" gegenüber aktiven Sportlem.23 Die NCAA hat verschiedene Bestimmungen erlassen, die die Einbindung des Sports als ein Element der akademischen Ausbildung sicherstellen und verhindem sollen, daß diese in einer immer stärker professionalisierten Sportwelt in den Hintergrund rückt oder vollständig aufgegeben wird. So schreibt etwa die sog. "core course"-Regel vor, daß ein Student in Sportprogrammen nur dann teilnahmeberechtigt ist, wenn er bestimmte akademische Mindestleistungen erreicht hat. 24 Diesem Ziel, den Vorrang der akademischen Ausbildung zu gewährleisten, dienen auch die Vorschriften über den Amateurstatus der Sportler. Seit ihrer Gründung hält die NCAA an dem Prinzip fest, daß Studenten für ihre sportlichen Leistungen keine finanzielle Vergütung erhalten dürfen und bei einem Verstoß ihre Teilnahmeberechtigung an universitären Sportereignissen dauerhaft verlieren. Einzig die Gewährung eines Sportstipendiums durch die Universität stellt eine zulässige finanzielle Unterstützung dar, die allerdings nur die zur akademischen Ausbildung erforderlichen Kosten etwa für Studiengebühren, Wohnheim oder Studienbücher umfassen darf.Z5 Um zu verhindern, daß der im Sport stattfindende Prozeß der 21 Wahrend vor der Umstrukturierung das "Committee on Infractions" für die Verhängung von Sanktionsmaßnahmen ausschließlich zuständig war, existieren seit der Reform in jeder der drei Divisionen einzelne Komitees, die für die Verhängung und Durchsetzung der Sanktionen zuständig sind. So hat beispielsweise die Division I ein ,.eigenes" ,.Infractions Comrnittee" sowie ein "Infractions Appeals Committee", ausführlich hierzu Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (17, 31 et seq.) (2000). 22 ,..•. to maintain intercollegiate athletics as an integral part of the educational program and the ath1etes as an integral part of the student body and, by so doing, retain a clear line of demarcation between intercollegiate athletics and professional sports.", NCAA Manual arts. 1.1.3. Dariiber hinaus wird die Schaffung und Erhaltung der Wettkampfgleichheit zwischen den Mitgliedsuniversitäten sowie die Förderung des wirtschaftlichen Wohlergehens der Mitglieder als Zielsetzung formuliert, aus Davis, 6 Marq. Sports L. J. 199 (200) ; siehe auch Kobin, 4 Seton Hall J. Sports L. 483 (484) (1994). 23 1995-96 NCAA Manual, Const., Art. li, at 3-5, aus Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (14) (2000). 24 Ausführlich zum Inhalt der ,.core course"-Regel unten Vierter Teil.D.I1.2.b.cc.(i).(3). 10*

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

Kommerzialisierung auch den College Sport beeinflußt, erließ die NCAA eine "No Agent"- sowie eine "No Draft" Rule. Erstere verbietet den Sportlern, sich von einem Sportlervermittler vertreten zu lassen, der die sportlichen Leistungen des Studenten gewinnbringend vermarktet. 26 Die "No Draft" Rule besagt, daß der Sportler seinen Amateurstatus und mithin seine Teilnahmeberechtigung im universitären Sport verliert, wenn er mit einer Profiliga in Kontakt tritt, um an dem Auswahlverfahren für professionelle Nachwuchsspieler teilzunehmen. 27 Auch wenn die NCAA durch ein insoweit strenges Regelwerk die Amateureigenschaft der Studentensportler erhalten möchte, hat die fortschreitende Komrnerzialisierung des Sportgeschehens auch den Bereich des College Sports nicht unberührt gelassen. Die Vermarktung der Sportereignisse unter anderem durch Eintrittsgelder bei Veranstaltungen, Gewährung von Fernsehübertragungsrechten oder Werbeverträge steigerten die finanziellen Erträge in beachtliche Dimensionen: Im Jahr 1996 beliefen sich die Einnahmen der NCAA auf$ 232 Millionen, zwei Jahre später betrugen sie bereits $ 276 Millionen. 28 Ein Großteil dieses Betrages wird nach Maßgabe eines Verteilungsplans an die einzelnen Mitgliedsuniversitäten weitergeleitet, wobei der größte Anteil den in der Division I zusarnmengefaßten Universitäten zufließt. 29 Berechnungen, wie hoch der finanzielle Gewinn einer Universität durch den sportlichen Leistungserfolg talentierter Studenten anzusetzen sind, variieren in erheblichem Maße in einer Bandbreite von bis zu $ 200.000 in einem Studienjahr.30 Diese Zahlen veranschaulichen den Konflikt zwischen dem 25 NCAA Manual By1aw Art. 15.2, aus Shropshire, 14-SPG Antitrust 46 (46 et seq.) (2000). 26 "An individual shall be ineligible for participation in an intercollegiate sport if he or she ever has agreed (orally or in writing) to be represented by an agent for the purpose of marketing his or her athletic ability or reputation in that sport. Further, an agency contract not specifically limited in writing to a sport or particular sports shall be deemed applicable to all sports, and the individual shall be ineligib1e to participate in any sport.", 1994-95 NCAA Manual operating bylaws goveming Division I Art. 12, Sec. 12.3.1., aus Fisher, 3 Sports Law. J. 1 (4) (1996); ausführlich zur Bedeutung der Sportlervermittler im US-amerikanischen Profisport, Schubert/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 123 et seq. 27 "An individual loses amateur status in a particular sport when the individual asks to be placed on the draft Iist or supp1emental draft Iist of a professional league in that sport, even though: (a) The individual asks that bis or her name be withdrawn from the draft Iist prior to the actual draft; (b) The individual's name remains on the Iist but he or she is not drafted, or (c) The individual is drafted but does not sign an agreement with any professional athletics team.",1994-95 NCAA Manual operating bylaws operationg Division I Art. 12, Sec. 12.2.4.2., aus Fisher, 3 Sports Law. J. 1 (7) (1996). 28 Carter, 2 Va. J. Sports & L. 1 (24) (2000). 29 Der Leistungserfolg ist ein maßgebliches Kriterium für die Zuteilung der finanziellen Einnahmen: So erhielten etwa bei den Basketball- Meisterschaften im Jahr 1990 die Universitäten der im Finale teilnehmenden Mannschaften jeweils $ 1.1 Millionen, die in der ersten Runde antretenden Universitäten dagegen eine Summe von $ 294.468. Die exklusiven Fernsehübertragungsrechte für dieses Sportereignis brachten der NCAA über einen Zeitraum von sieben Jahren eine Summe von einer Milliarde Dollar ein, ausführlich hierzu Davis R., 66 N. D. L. Rev. 239 (253 et seq.) (1990).

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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Prinzip des Amateursports, dessen Geltung erforderlich ist, um den Grundsatz des Vorrangs der akademischen Ausbildung bewahren zu können, und der fortschreitenden Kommerzialisierung, von der auch der College Sport erfaßt wird. So werden vielfach die mit der vorstehend erwähnten "No Draft" Rule verfolgten Zielvorstellungen konterkariert, wenn nach Angaben der NFL seit 1989 nur 55% der Studenten, die gegenüber der NFL ihre Bereitschaft erklärt hatten, in der Profiliga zu spielen, tatsächlich einen Vertrag als Profi- Spieler abschlossen. Die übrigen 45% konnten auf Grund der "No Draft" Rule ihr Studium oft nicht beenden, da sie die Teilnahmeberechtigung am Sportprogramm und damit auch ihre finanzielle Förderung durch ein Sportstipendium verloren hatten.31 Hinzu kommt, daß viele Sportler, die im Verlauf ihres Studiums sportliche Erfolge erzielen, das Studium abbrechen, um sich ausschließlich dem Sport zu widmen und finanzielle Einnahmen erzielen zu können. 32 Um zu verhindern, daß Studenten aus finanziellen Erwägungen ihr Studium abbrechen, plädieren mittlerweile Stimmen in der Literatur dafür, eine finanzielle Vergütung der sportlichen Leistungen während der Studienzeit zuzulassen.33 Vor dem Hintergrund fortschreitender Kommerzialisierung bleibt abzuwarten, welche Entwicklung der College Sport in bezug auf den Amateurstatus der Athleten nehmen wird. dd) Kontrollvorbehalt der Rechtsprechung Der Umfang und das Ausmaß, in dem die privatrechtliche Vereinigung NCAA einem staatlichen Kontrollvorbehalt unterliegt, wird maßgeblich durch die USamerikanische Rechtsprechung geprägt. Diese billigte der Organisation durch eine zumeist sehr eingeschränkte richterliche Kontrolle weitgehende Autonomie zu. Begründet wird dieses Selbstbestimmungsrecht mit unterschiedlichen Ansätzen: Zum einen wurde der Grundsatz herangezogen, wonach Bildungseinrichtungen in Fragen der akademischen Aus- und Weiterbildung auf Grund ihres Fachwissens 30 Eine exakte Kalkulation ist auf Grund fehlender konkreter Zahlen nur schwer möglich, siehe zu den einzelnen BerechnungenDavis R., 66 N. D. L. Rev. 239 (254 et seq.) (1990), sowie Shropshire, 14-SPG Antitrust 46 (47) (2000). 31 Ausführlich Fisher. 3 Sports Law. J. 1 (9) (1996). 32 Da ein Sportstipendium inuner nur für die Dauer von einem Jahr gewährt wird, ist es den Studenten ohne weitere Konsequenzen möglich, ihr Studium nach ein oder zwei Jahren abzubrechen und die Profilaufbahn einzuschlagen. Ausführlich zu dieser Problematik Hakim, 2 Va. J. Sports & L. 145 et seq. (2000), der für den Abschluß eines längerfristigen Vertrages zwischen Universität und Student plädiert, um auf diese Weise dem Abschluß der akademischen Ausbildung ein größeres Gewicht beizumessen; nach einer Erhebung der "Associated Press" zu Beginn der neunziger Jahre erreichten fast zwei Drittel der College- Sportler, die von der NFL und der NBA als Nachwuchsspieler ausgewählt wurden, keinen akademischen Studienabschluß, USA Today, July 24, 1990, at 1C, aus Davis R., 66 N. D. L. Rev. 239 (249) (1990). 33 So etwa Shropshire, 14-SPG Anititrust 46 (49) (2000); ebenso Tollison, 14-SPG Antitrust 21 (23 et seq.) (2000).

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

eine bestimmte Eigenständigkeil ("academic freedom") gewährt wird. 34 Daneben kann sich die NCAA als privatrechtliche Vereinigung auf das Recht der Vereinigungsfreiheit berufen, wonach sie grundsätzlich eigenständig und ohne staatlichen Kontrollvorbehalt Regelbestimmungen erlassen kann.35 Dem Ziel der NCAA, den Sport als integrierten Bestandteil der akademischen Ausbildung zu bewahren und eine Trennung zwischen College- und professionellem Sport aufrecht zu erhalten, wird von der Rechtsprechung ein sehr hoher Stellenwert beigemessen. So formulierte der Supreme Court in Zusammenhang mit einem geltend gemachten Verstoß der NCAA gegen das US- amerikanische Kartellrecht, daß "as the guardian of an important American tradition, the NCAA 's motives must be accorded a respectful presumption of validity". 36 Auch wenn das Gericht im Ergebnis einen Verstoß der NCAA gegen das Kartellgesetz bejahte, illustriert diese Formulierung eine grundsätzliche Einstellung der Rechtsprechung, die Autonomie der NCAA als traditionswahrende Vereinigung des universitären Amateursports weitestgehend zu bewahren. 37 Gleichzeitig veranschaulicht die Anwendung des Kartellrechts die voranschreitende Kommerzialisierung auch im universitären Sportgeschehen und zeigt die Grenzen des Selbstbestimmungsrechts der NCAAauf. 38 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die Rechtsprechung grundsätzlich nur zögernd das Selbstbestimmungsrecht der NCAA einschränkt, wobei der konkrete Umfang der Autonomie erst durch die Anwendung einzelner gesetzlicher Vorschriften durch die Rechtsprechung bestimmt werden kann. 39 b) Andere Vereinigungen im College Sport

Neben der NCAA als größte und mächtigste Organisation im College Sport existieren weitere Organisationen auf nationaler Ebene, deren Bedeutung allerdings 34 Regents ofthe University of Michigan v. Ewing, 474 U.S. 214 (225, 226); in bezugauf den universitären Sport Ross v. Creighton University, 957 F.2d 410 (7th Cir. 1992). 35 Ausführlich zum Inhalt und dem Umfang der Autonomie privatrechtlicher Vereinigungen unten Vierter Teil.A.II.4.; vgl. auch Schulz v. U.S. Boxing Association, 105 F.3d 127 (132) (3rd Cir. 1997); Hurley v. lrish-American Gay, Lesbian and Bisexual Group of Boston, Inc., 515 U.S. 557 (1995). 36 NCAA v. Board of Regents of University of Oklahoma, 104 S.ct. 2948 (2960) (1984), mit gleichzeitigem Hinweis, daß allein gute Motive kein wettbewerbbeschränkendes Verhalten rechtfertigen. 37 Noch weitergehend argumentierten in einer dissenting opinion zwei Richter, der NCAA auf Grund ihrer besonderen Stellung ("unique role") eine Sonderstellung in bezug auf die Anwendung des Kartellrechts zu gewähren, 104 S.ct. 2948 (2970 et seq.) (1984). 38 Ausführlich hierzu Carter, 2 Va. J. Sports L. 1 (70 et seq.) (2000). 39 Dies gilt beispielsweise für die Frage, ob die Handlung der NCAA als "state action" eingestuft werden kann mit der Folge, daß die Vereinigung unmittelbar an die Verfassungsgarantien gebunden ist, hierzu unten Vierter Teil.B.II.

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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im Vergleich zu der NCAA als gering einzustufen ist.40 Dazu gehört etwa die "National Association of Intercollegiate Athletics" (NAIA), zu deren Mitgliedern Universitäten und Colleges mit vierjähriger Studienzeit zählen. Ebenso wie die NCAA normiert auch die NAIA Regelungen über die Teilnahmeberechtigung von Studenten an Sportprogrammen sowie ihre Durchführung. Dabei stellen die von der Vereinigung erlassenen Bestimmungen Mindestanforderungen dar, so daß es den Mitgliedern unbenommen bleibt, weitergehende Regelungen für ihr universitäres Sportprogramm zu erlassen. 41 Wahrend sowohl die NCAA als auch die NAIA auf nationaler Ebene agieren, existieren verschiedene Vereinigungen, die regional das universitäre Sportgeschehen organisieren. Eine typische Erscheinungsform derartiger regionaler Vereinigungen sind sog. "conferences", deren Mitglieder ebenfalls einzelne Universitäten und Colleges sind. Die "conferences" wiederum besitzen eine unmittelbare Mitgliedschaftsstellung in der NCAA oder NAIA. Diese bestimmen in ihren Regelwerken gewisse Mindestanforderungen, an deren Einhaltung die regionalen "conferences" gebunden sind, jedoch steht es ihnen frei, einzelne Regelungen zu erlassen, die über diese Minimalvoraussetzungen hinausgehen. 42

II. Das "außeruniversitäre" Sportgeschehen Das "außeruniversitäre" Sportgeschehen ("noncollegiate athletics") umfaßt die sportliche Betätigung, die im Gegensatz zum Ausbildungssport, an dem ausschließlich Schüler bzw. eingeschriebene Studenten teilnehmen können, grundsätzlich jedermann zugänglich ist. 43 1. Das "pyramidenf'örmige" Verbandssystem

In den Vereinigten Staaten besteht ebenso wie im deutschen Recht ein pyramidenförmiges Verbandssystem, das seine Grundlage ursprünglich im Amateursport fand, allerdings durch den fortschreitenden Prozeß der Kommerzialisierung mittlerweile häufig auch die professionelle sportliche Betätigung urnfaßt. 44 So regle40 Dazu zählen etwa die "National Little College Athletic Association" (NLCAA), die "National Junior College Athletic Association" (NJCAA) oder die "National Christian College Athletic Association" (NCCAA), vgl. Schuben!Smith/Trentadue, Sports Law, S. 4 et seq. 41 Siehe im einzelnen Schuben/Smith!Trentadue, Sports Law, S. 3 et seq.; Informationen über die Organisation auch unter www.naia.org. 42 Im Einzelnen Schuben/Smith/Trentadue, Sport Law, S. 6. 43 Insoweit spricht man von "Unrestricted Competition" im Gegensatz zu der "Restricted Competition" etwa im College Sport, siehe Buchberger, Überprüfbarkeil sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 187 f. 44 Hierzu oben Zweiter Teii.A.I.

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

mentiert etwa die "United States Tennis Association" (USTA) als nationaler Dachverband die Organisation sowohl des Amateur- als auch des Profitennis in den Vereinigten Staaten.45 In der Leichtathletik bestimmt der US-amerikanische Dachverband "The Athletic Congress" (TAC) die Rahmenbedingungen nach Maßgabe des Regelwerkes des internationalen Vereinigung "International Amateur Athletic Federation" (IAAF).46 Mitglieder der einzelnen nationalen Dachvereinigungen sind in der Verbandshierarchie untergeordnete Vereinigungen, die auf Bundesstaatenebene die einzelnen Sportarten organisieren, wobei entsprechend dem im deutschen Sportverbandswesen geltenden "Ein-Platz-Prinzip" innerhalb einer Sportart nur jeweils eine Vereinigung die Mitgliedschaft in der nationalen Dachorganisation erwerben kann.47

2. Der ,,Amateur Sports Act of 1978"

Im Jahr 1950 wurde von der US-amerikanischen Regierung das "United States Olympic Committee" (USOC) als unabhängige Vereinigung gegründet.48 Nachdem Effektivität und Kompetenz des USOC auf Grund verschiedener sportlicher Enttäuschungen während der Olympischen Spiele 1972 zunehmend in Frage gestellt und langanhaltende Machtkämpfe zwischen verschiedenen Vereinigungen innerhalb einer Sportart um die Anerkennung als Dachvereinigung ausgetragen wurden,49 bildete der US-amerikanische Präsident Ford ein sog. "President's Committee on Sports" (PCOS). Die Aufgabe dieses Komitees bestand darin, das olympische Sportgeschehen der Vereinigten Staaten zu bewerten. 50 Im Jahr 1978 verabschiedete der Kongreß in Übereinstimmung mit dem von dem PCOS erarbeiteten Ergebnis den sog. "Amateur Sports Act of 1978",51 der die Existenz und Regelungsbefugnis des USOC gesetzlich normierte. Dessen zentrale Aufgabe besteht darin, das Sportgeschehen innerhalb der Vereinigten Staaten in bezug auf die Teil45 Siehe Gunter Harz Sports, lnc. v. U.S. Tennis Association, lnc., 511 F.Supp. 1103 (1107) (D.C.Neb. 1981). 46 In der "Amateur Athletic Union" sind u. a. die Dachverbände der Sportarten Leichtathletik, Boxen und Gewichtheben zusammengeschlossen; weitere nationale Dachverbände sind etwa die "U.S. Soccer Federation" (USSF) oder die "Amateur Boxing Federation" (USA/ ABF). 47 Vgl. etwa Burrows by Burrows v. Ohio High School Athletic Association, 891 F.2d 122 (124) (6th Cir. 1989) in bezugauf die Verbandsstruktur im Fußball. 48 Das USOC erwarb als Nationales Olympisches Komitee der Vereinigten Staaten die Mitgliedschaft in dem "International Olympic Committee" (IOC), ausführlich Nafziger, International Sports Law, S. 166 et seq. 49 Im Mittelpunkt standen die Konflikte zwischen der NCAA und der AAU in bezugauf die Frage, welche Organisation über die Teilnahme amerikanischer Sportler bei internationalen Leichtathletikveranstaltungen entscheiden sollte, ausführlich hierzu Buchberger, Überprüfbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 194. 50 Vgl. Nelson, 26 Vand. J. Transnat'l L. 895 (908 et seq.) (1993). 51 36 U.S.C. §§ 371 - 396 (1978).

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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nahme am internationalen Wettkampfsport, insbesondere den Olympischen Spielen, zu koordinieren und organisieren. 52 In dem Gesetz wurde ein Verfahren festgelegt, um Konflikte zwischen verschiedenen Dachvereinigungen innerhalb einer Sportart zu beseitigen, die ihre Anerkennung als "offizielle" nationale Dachvereinigung ("National Governing Bodies") erstreben. 5 3 Infolgedessen wurde das USOC gesetzlich ermächtigt, einzelne Vereinigungen als nationalen Dachverband einer olympischen Sportart anzuerkennen, sofern sie bestimmte gesetzlich festgelegte Voraussetzungen erfüllen.54 Zu diesen zählen unter anderem, daß die Vereinigung nach Maßgabe der Gesetze eines Bundesstaates die Rechtsform einer "not-for-profit corporation" besitzt und darlegt, daß sie autonom und unabhängig die Organisation der betreffenden Sportart gewährleisten kann. 55 Darüber hinaus darf der Erwerb der Mitgliedschaft keinen Beschränkungen unterliegen. Die Vereinigung muß sicherstellen, daß die Möglichkeit der Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen dem Grundsatz der Gleichbehandlung entspricht und keine Diskriminierung auf Grund von Rassenzugehörigkeit, Hautfarbe, Religion, Alter, Geschlecht oder nationaler Herkunft erfolgt.56 Gleichzeitig normiert das Gesetz verschiedene Anforderungen, die eine Vereinigung als "National Governing Body" einer Sportart erfüllen muß, wie z. B. eine angemessene Unterstützung der Teilnahme weiblicher Sportler am Sportgeschehen oder eine Förde-

52 36 U.S.C. § 375 (a) " ... (1) serve as the coordinating body for amateur athletic activity in the United States directly relating to international amateur athletic competition; ... (3) organize, finance, and control the representation of the United States in the competitions and events of the Olympic games and of the Pan- American Games, and obtain, either directly or by delegation to the appropriate national governing body, amateur representation for such games"; ausführlich Nafziger, International Sports Law, S. 171 et seq. 53 Darüber hinaus normiert der .,Amateur Sports Act" im Verhältnis zwischen Athlet und Verband die Einrichtung eines internen Schlichtungsverfahrens, um zwischen Sportler und Dachorganisation bestehende Konflikte auszutragen. Allerdings gewährt das Gesetz dem Sportler selbst kein subjektives Recht, da nach den Motiven des Gesetzgebers die Konfliktlösung zwischen den Sportvereinigungen im Mittelpunkt stand, Michels v. United States Olympic Committee, 741 F.2d 155 (157 et seq.) (7th Cir. 1984); Oldfield v. Athletic Congress, 779 F.2d 505 (507) (9th Cir. 1985); ausführlich zum Inhalt dieses gesetzlich vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens Hollis, 71 Ind. L. J. 183 et seq. (1995); ebenso Nelson, 26 Vand. Transnat'l L. 895 (918 et seq.) (1993); Na/ziger, International Sports Law, S. 200 et seq. 54 36 U.S.C. § 391(a): "For any sport which is included on the program of the Olympic Games or the Pan- American Games, the Corporation (the USOC) is authorized to recognize as a national governing body an amateur sports organization which files an application and is eligible for such recognition, in accordance with the provisions of subsection (b) of this section... ". 55 36 U.S.C. § 391 (b)(l) und (4). 56 36 U.S.C. § 391 (b) Eligibility requirements- No amateur sports organization is eligible to be recognized or is eligible to continue to be recognized as a national governing body unless it- . . .. (6) provides an equal opportunity to amateur athletes, coaches, trainers, managers, adrninistrators, and officials to participate in amateur athletic competition, without discrirnination on the base of race, color, religion, age, sex, or national origin .. .".

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

rung des Behindertensports etwa durch eine Erweiterung der Teilnahmemöglichkeiten behinderter Sportler. 57 Für den Bereich des College Sport (sog. "Restricted Competition") anerkennt der "Amateur Sports Act" die NCAA als alleinvertretungsberechtigte Organisation, die allerdings der Genehmigung des jeweiligen nationalen Dachverbandes bedarf, wenn sie beabsichtigt, in einer Sportart internationale Wettbewerbe auszutragen. 58 Der Begriff des "Amateur" im Gesetzestitel "Amateur Sports Act" ist insoweit verwirrend, als nach der Legaldefinition ein Sportler bereits dann als "amateur athlete" gilt, wenn er die von dem nationalen Dachverband der betreffenden Sportart festgelegten Teilnahmevoraussetzungen erfüllt. 59 Seit dem Erlaß des Gesetzes im Jahr 1978 haben viele internationale Sportverbände und insbesondere auch das IOC ihre Zulassungsvoraussetzungen auf Grund der fortschreitenden Kommerzialisierung gelockert und sind von dem herkömmlichen Begriff des "Amateursportlers", der ohne finanzielle Vergütung seine sportliche Leistung erbringt, abgeriickt.60 Diese Entwicklung kann der "Amateur Sports Act" auf Grund seiner allgemein formulierten Legaldefinition mit einbeziehen, so daß auch Vereinigungen, in deren Sportart nicht mehr allein der "klassische" Amateur den Sport ausübt, vom Geltungsbereich dieses Gesetzes erlaßt werden können. 61 3. US-amerikanische ProfiSportligen

Im Zuge fortschreitender Kommerzialisierung und Professionalisierung des Sports entstanden in den Vereinigten Staaten sog. "professional sports leagues", die losgelöst von der herkömmlichen Verbandsstruktur den professionellen Spielbetrieb in einzelnen Mannschaftssportarten zentral organisieren und in besonderer Weise das Vermarktungspotential des sportlichen Wettkampfes illustrieren. 62 36 O.S.C. § 392 (a)(6) und (7). 36 O.S.C. § 396, umfaßt werden von dieser gesetzlichen Bestimmung auch andere Bereiche der "Restricted Competition" wie etwa der Militärsport 59 36 O.S.C. § 373 (1) "arnateur athlete" means any athlete who meets the eligibility Standards established by the national governing body for the sport in which the athlete competes". 60 Vgl. zum Wandel des Amateur- Begriffes des IOC und einiger internationaler Sportverbände Reschke, Zur Entwicklung des Amateurstatus, in ders. (Hrsg.), Sport als Arbeit, S. 1 (2 et seq., 10 et seq.). 61 Vgl. Buchberger, Überprüfbarkeil sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 192; in der OS-amerikanischen Literatur wird zunehmend gefordert, den .,Amateur Sports Act" zu aktualisieren und den Entwicklungen des Sportgeschehens anzupassen, hierzu Nelson, 26 Vand. J. Transnat'l L. 895 (910) (1993) in bezug auf die Streitschlichtungsverfahren; ebenso Hollis, 71 lnd. L. J. 183 et seq. (1995); der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich das Recht vorbehalten, den Inhalt des .,Amateur Sports Act" jederzeit zu ändern, ergänzen oder aufzuheben, 36 O.S.C. § 382. 57

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Diese Ligen, die in den populärsten Mannschaftssportarten Football, Baseball, Hockey und Basketball "Major Leagues" genannt werden, besitzen überwiegend die Rechtsform einer "unincorporated non-profit association", was im deutschen Recht mit einem nicht rechtsfähigen gemeinnützigen Verein vergleichbar ist. 63 Damit ist die Liga selbst nicht auf Erzielung von Gewinn ausgerichtet. Ihre Aufgabe besteht vielmehr darin, die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern, indem sie die aus der Vermarktung des Liga-Sports erzielten Erträge an diese weiterleitet. 64 Zu den Mitgliedern zählen Privatpersonen oder Gesellschaften, die jeweils ein Sportteam betreiben, das organisatorisch als Club bezeichnet wird und in den überwiegenden Fällen die Rechtsform einer "corporation" oder "lirnited partnership" besitzt. 65 In der NFL beispielsweise ist die Anzahl der Mitglieder von vornherein auf 28 begrenzt. Da eine im deutschen Mannschaftssport übliche Auf- und Abstiegsregelung in den US-amerikanischen Profiligen nicht existiert, wird eine neue Mitgliedschaft nach einem umfangreichen Bewerbungsverfahren durch einen Beschluß der aktuellen Mitglieder begriindet.66 Mit der Mitgliedschaft erwirbt ein Club das Recht, an Veranstaltungen der Liga teilzunehmen und das Ereignis "LigaSport" in einem bestimmten Gebiet ("Horne Territory") exklusiv zu vermarkten. Gleichzeitig werden die Mitglieder an den aus Kartenverkäufen, Werbeverträgen und Fernsehübertragungen erzielten Erträgen beteiligt. 67 Die Ligen haben komplexe Regelwerke erlassen, die die Organisation des Spielbetriebs und die wirtschaftliche Vermarktung des sportlichen Profi- Wettkampfes umfassend regeln und zu deren Einhaltung die einzelnen Mitglieder verpflichtet sind.68 Diese wiederum müssen sicherstellen, daß auch die einzelnen Spieler ihrer Clubs an die Satzungsbestimmungen der Liga gebunden sind, so daß die zwischen Ligaclub und Spieler abgeschlossenen Verträge eine entsprechende Unterwerfungserklärung durch den Spieler enthalten.69 Den Berufssportligen kommt inso62 Zur ausführlichen Darstellung der Struktur und Bedeutung von Berufssportligen wird verwiesen auf Klingmüller; Die rechtliche Struktur der US-amerikanischen Berufssportligen. 63 In bezugauf die NFL Lentze, 6 Marq. Sports L. J. 65 (68) (1995). 64 Allerdings wickelt beispielsweise die NFL verschiedene Geschäfte über eine unabhängige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Gesellschaft, die "NFL Properties, lnc.", ab. 65 Klingmüller; SpuRt 1998, 177 (178); ausführlich zur Rechtsform der "corporation" und "limited partnership" Bungen, Gesellschaftsrecht in den USA, S. 14 ff., 19 ff., 38 ff. 66 Ausführlich in bezug auf die NFL Buchberger; Überpriitbarkeit sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 196 f. 67 Grundlage dieser Mitgliedschaftsrechte ist das "Franchise Certificate of Membership", ausführlich in bezug auf die NFL Maier; Rechtsfragen der Organisation und Autonomie im Verbands- und Berufssport, S. 31 ff.; siehe auch Klingmüller; SpuRt 1998, 177 (178 f.). 68 Zur internen Struktur der Liga und der Stellung des "Comrnissioner" als zentrales Verwaltungsorgan Lentze, 6 Marq. Sports L. J. 65 (71 et seq.) (1995). 69 Maier; Rechtsfragen der Organisation und Autonomie im Verbands- und Berufssport, s. 33.

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

weit eine Monopolstellung zu, die den Schutz der Rechtsstellung der Mitglieder und insbesondere der einzelnen Spieler erfordert. Dies hat in den sog. "Major Leagues" zur Gründung von Spielergewerkschaften geführt, die die Interessen der Spieler vertreten und damit einen Gegenpol zum Monopol der Liga bilden. 70 4. Umfang und Grenzen der Autonomie der Sportvereinigungen

a) Veifassungsrechtliche und privatrechtliche Grundlagen der Autonomie

Das Recht, sich zu privaten Vereinigungen zusammenzuschließen, ist in der USamerikanischen Verfassung in dem 1791 eingefügten 1. Zusatzartikel sowie der "due process"-Klausel des 14. Zusatzartikels enthalten. 71 Auch wenn die textliche Ausformung des 1. Zusatzartikels explizit nur die Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit normiert, hat der Supreme Court die Vereinigungsfreiheit als Bestandteil dieser kommunikativen Freiheiten anerkannt und einem einheitlichen verfassungsrechtlichen Schutz unterstellt. 72 Inhalt der Vereinigungsfreiheit ist neben der sog. "intimate association"73 das "right of expressive association", das den Zusammenschluß mehrerer Personen zu politischen, sozialen, wirtschaftlichen, akademischen, religiösen oder kulturellen Zwecken gewährleistet. 74 Der verfassungsrechtliche Schutz umfaßt grundsätzlich das Recht der Vereinigung, ihre Mitglieder frei auszuwählen und autonom etwa durch Erlaß eigener Regelwerke zu handeln. 75 Da der Zweck des Zusammenschlusses keine Relevanz besitzt,76 fallen sowohl die "unincorporated associations", vergleichbar den Vereinen bzw. Verbänden im deutschen Recht, als auch ge70 So handelten Spielergewerkschaften in "Collective Bargaining Agreements" etwa bestimmte Mindestgehälter, Versicherungen, Bonusregelungen und Pensionspläne aus, durch die eine "Mindestabsicherung" der Spieler erreicht wurde, Klingmüller; SpuRt 1998, 177 (181 ). 71 Der in der "due process" Klausel des 5. und 14. Zusatzartikels enthaltene Begriff der Freiheit wird nach der Auslegung des Supreme Court nicht nur prozedural interpretiert, sondern besitzt in einigen Bereichen auch substantielle Bedeutung als inhaltliche Grenze staatlicher Regelungsmacht, hierzu Lentze, 6 Marq. Sports L. J. 65 (76) (1995); ausführlich Brugger; Einführung in das öffentliche Recht der U.S.A., S. 92 ff., 102 f. 72 National Association for the Advancement of Colared People v. State of Alabama, 78 S.Ct. 1163 (1171) (1958). 73 Die sog. "intimate association" als intime, höchstpersönliche Gemeinschaft von Personen wie etwa die Familie genießt einen hohen verfassungsrechtlichen Schutz und ist einer Einschränkung kaum zugänglich, hierzu Roberts v. United States Jaycees, 104 S.Ct. 3244 (3250) (1984). 74 Roberts v. United States Jaycees, 104 S.Ct. 3244 (3252) (1984); ausführlich auch Nowak/Rotunda /Young, Constitutional Law, § 16.41, S. 947 et seq. 75 o.V., 76 Harv. L. Rev. 990 (1963). 76 Vgl. National Association for the Advancement of Colared People v. Alabama, 357 U.S. 449 (460et seq.) (U.S. 1958) m. w. N.

A. Die Organisation des Sports in den Vereinigten Staaten

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seilschaftsrechtliche Vereinigungen, sog. .,corporations", in den verfassungsrechtlichen Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit Eine Einschränkung der verfassungsrechtlichen Autonomie ist jedoch nach der Rechtsprechung des Supreme Court zulässig, soweit sie zur Durchsetzung zwingender staatlicher Interessen erforderlich ist. Ein Beispiel für derart bedeutende staatliche Interessen kann etwa ein Antidiskriminierungsgesetz sein, durch dessen Anwendung gegenüber einer Vereinigung die Rechtsprechung den konkreten Umfang des Selbstbestimmungsrechts ausgestaltet. 77 Neben dem verfassungsrechtlichen Schutz wird die Autonomie privater Vereinigungen durch die im Rahmen des .,Common Law"-Systems entwickelte .,Doctrine of Association" gewährleistet, nach der privatrechtliehen Vereinigungen ein Mindestmaß an Freiheit vor äußeren Einflüssen zugestanden werden muß. 78 b) Begrenzung der Autonomie durch die Rechtsprechung

Die Rechtsprechung billigte Vereinigungen in bezug auf ihre internen Angelegenheiten über einen langen Zeitraum ein weitgehend uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht zu, da die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft einen ausreichenden Kontroll- und Selbstregulierungsmechanismus der Vereinstätigkeit darstellte. 79 Erst mit dem Entstehen mächtiger, oft monopolartig strukturierter Vereinigungen und dem daraus häufig resultierenden faktischen Zwang zur Mitgliedschaft verstärkten die Gerichte ihre Kontrollintensität, um einen Ausgleich zwischen den Interessen der Vereinigung und der Rechtsstellung der einzelnen Mitglieder herbeizuführen.80 77 Roberts v. United States Jaycees, 104 S.Ct. 3244 (1984): Der Supreme Court urteilte, daß der beklagte Verein, nach dessen Satzung nur Männer die Mitgliedschaft erwerben konnten, verpflichtet war, in Übereinstimmung mit dem "Minnesota Human Rights Act", der unter bestimmten Voraussetzungen eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts verbietet, die weibliche Klägerin als ordentliches Mitglied aufzunehmen; ausführlich zur Antidiskriminierungsgesetzgebung und dessen Anwendungsvoraussetzungen unten Vierter Teil. C.III. und D.II.2.b. 78 Philpot/Mackall, 24 Stanford L. Rev. 903 (910); o.V., 76 Harv. L. Rev. 985 (1963); ausführlich hierzu Buchberger; Überprüfbarkeil sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, s. 204 f. 79 Finley & Co., Inc. v. Kuhn, 569 F.2d 527 (542) (7th Cir. 1978): ... .. it is generally held that courts will not intervene in questions involving the enforcement of bylaws and matters of discipline in voluntary associations ... the courts are generally not available to an association or its members to review actions of a voluntary association with respect to its own members." Brotherhood of R.R. v. Price, 108 S.W.2d 239 (241) (Tex.civ.App. 1937): " ... Courts are not disposed to interfere with the intemal management of a voluntary association. The right of such an organization to interpret its own organic agreements, its laws and regulations, after they are made and adopt, is not inferior to its rights to make and adopt them . .. ";siehe auch Lentze, 6 Marq. Sports L. J. 65 (76 et seq.) (1995); Nelson, 26 Vand. Transnat'l L. 895 (907) (1993).

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

So urteilte beispielsweise ein Gericht des Bundesstaates New Jersey in bezug auf die "International Boxing Federation" (IBF), die konkurrierend mit zwei weiteren Vereinigungen, der "World Boxing Association" und dem "World Boxing Council", den professionellen Boxsport auf internationaler Ebene reglementiert, daß dieser im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Zusammenschluß verschiedener Personen etwa zu sozialen Zwecken eine besondere Bedeutung zukomme: Zum einen übe die auf Gewinnerzielung ausgerichtete Vereinigung IBF bedeutende wirtschaftliche Macht über die unter ihren Statuten kämpfenden Athleten aus. Dariiber hinaus habe die Öffentlichkeit ein bedeutendes Interesse an der Tatigkeit der IBF und deren Integrität. 81 Dadurch werde ein größeres Schutzbedürfnis des Einzelnen gegenüber dieser Vereinigung begriindet, das sich in einem verstärkten staatlichen Kontrollvorbehalt manifestiere. 82 Die Entscheidungsgrunde belegen beispielhaft, daß die Rechtsprechung den Entwicklungen des Sportgeschehens, insbesondere dessen fortschreitender Kommerzialisierung sowie dem ausgeprägten Öffentlichkeitsbezug, Rechnung trägt und einen strengeren Priifungsmaßstab zugrunde legt. In der älteren Rechtsprechung hielten einige Gerichte ein Einschreiten nur dann für gerechtfertigt, wenn durch die zu priifende Vereinsmaßnahme ein sog. "Property Interest" betroffen ist. 83 Jüngere Gerichtsentscheidungen lassen eine Tendenz erkennen, auf dieses Kriterium entweder vollständig zu verzichten oder sein Vorliegen an keine strengen Voraussetzungen zu knüpfen. Dementsprechend wird teil80 So etwa der Supreme Court von Oklahoma in Board of Regents v. NCAA, 561 P.2d 499 (504) (1977): "In dealing with an organization in which membership is an economic necessity, the courts must be particularly alert to the need for protecting the public welfare and advancing the interests of justice by reasonably safeguarding the individual's opportunity to eam a livelihood while not impairing the proper standards and objectives of the organization ... The necessity of court action is apparent where the position of a voluntary asociation is so dominant in its field that membership in a practical sense is not voluntary but economically necessary." Diese Argumentation übernehmend der Supreme Court von Alabama in Gulf South Conference v. Boyd, 369 So.2d 553 (557) (Ala. 1979); siehe auch Majorie Webster Jr. Col. V. Middle States Association ofC. & S.S., 432 F.2d 650 (655) (1970): " . .. the increasing importance of private associations in the affairs of individuals and organizations has led to substantial expansion of judicial control over the intemal affairs of Associations not for profit."; vgl. zur parallelen Entwicklung in Deutschland oben Zweiter Teil. B.II.2. 81 Schulz v. U.S. Boxing Association, 105 F.3d 127 (133) (3rd Cir. 1997). 82 "The judicial interest in protecting those who may be detrimentally affected by an organization like the IBF is greater than the judicial interest in protecting members of purely social organizations.. . . New Jersey's courts have a long tradition of intervening to protect the rights of those affected by organizations which possess near-monopoly power or which strongly affect the public interest.", Schutz v. U.S. Boxing Association, 105 F.3d 127 (133) (3rd Cir. 1997); vgl. auch Gulf South Conference v. Boyd, 369 So.2d 553 (557) (Ala. 1979): Das Gericht verwies zur Begründung eines strengeren Kontrollmaßstabs zusätzlich auf den Umstand, daß der einzelne Sportler kein unmittelbares Mitglied der Dachvereinigung und infolgedessen erhöht schutzbedürftig sei. 83 An den Inhalt dieses "Property Interest" werden unterschiedliche Anforderungen gestellt, hierzu Buchberger, Überprüfbarkeil sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 247 m.w.N.

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit

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weise bereits das Interesse an der Mitgliedschaft als ausreichend angesehen, ebenso kommen wirtschaftliche Interessen in Betracht, die im kommerzialisierten Sport zumeist berührt sein werden und eine Überprüfbarkeil begründen können. 84 Eine Vereinsmaßnahme ist grundsätzlich dann unzulässig, wenn sie auf Regelbestimmungen beruht, die gegen Grundsätze der "public policy" verstoßen, oder in einer Weise umgesetzt wird, die der Billigkeit widerspricht. 85 Die Gerichte überprüfen infolgedessen sowohl das vereinsrechtliche Regelwerk auf seine Angemessenheil ("Reasonableness") als auch die Auslegung und Anwendung der Regelbestimmung im Einzelfall, die sich nicht als willkürlich, unangemessen oder unbillig darstellen darf.86

Zusammenfassend ergibt sich, daß der konkrete Umfang der Vereinsautonomie entscheidend durch die Entwicklung der Rechtsprechung bestimmt wird. Dies gilt auch in bezug auf staatliche Gesetze wie beispielsweise die Antidiskriminierungsgesetzgebung. Ihre Anwendung gegenüber Sportvereinigungen kann zu Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts führen. Allerdings enthalten staatliche Diskriminierungsverbote häufig eine sog. "private club exemption clause", durch die private Vereinigungen vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen werden können. Ebenso wie bei der Frage der Überprüfbarkeil vereinsrechtlicher Entscheidungen ist es auch hier Aufgabe der Rechtsprechung, den von der staatlichen Rechtsordnung gewährten Umfang des Selbstbestimmungsrechts privater Vereinigungen durch Auslegung dieser Ausnahmeregelungen auszugestalten. 87

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit Die in der US- amerikanischen Verfassung normierte Gleichheitsgarantie und ihre Auslegung durch die Rechtsprechung reflektieren die Einstellung der US- amerikanischen Gesellschaft in ihrem Verständnis von Gleichbehandlung und Ausgrenzung, das entscheidend durch die bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts existierenden Rassenkonflikte geprägt wurde. 84 Schulz v. U.S. Boxing Association, 105 F.3d 127 (133 et seq.) (3rd Cir. 1997); Majorie Webster Jr. Col. v. Middle Stares Association of C. & S.S., 432 F.2d 650 (655) (1970): " ... deprivation of substantial economic or professiona1 advantages will often be sufficient to warrant judicial action." 85 So das Gericht in Schu[z v. U.S. Boxing Association, 105 F.3d 127 (133 et seq.) (3rd Cir. 1997) unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des New Jersey Supreme Court; siehe auch Nelson, 26 Vand. Transnat'l L. 895 (907) (1993). 86 Majorie Webster Jr. Col. V. Middle Stares Association of C. & S.S., 432 F.2d 650 (655) (1970); Kentucky High School Athletic Association v. Hopkins County Board of Education, 552 S.W.2d 685 (687) (Ky. App. 1977); Crandell v. Nonh Dakota HighSchool Activities Association, 261 N.W.2d 921 (926) (N.D. 1978); State ex rel. National Jr. College Athletic Association v. Luten, 492 S.W.2d 404 (407) (Mo. App. 1973). 87 Vgl. Jolly-Ryan, 25 Pepp. L. Rev. 495 (504 et seq.) (1997); ausführlich zu dieser Thematik unten Vierter Teii.D.II.2.b.aa.

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

I. Inhalt der "equal protection clause" des 14. Zusatzartikels der Verfassung Der Kern des Gleichbehandlungsgebotes ist in der sog. "equal protection clause" des 14. Zusatzartikels der amerikanischen Verfassung enthalten: "No state shall make or enforce any law which shall ... deny to any person ... the equal protection of the laws." Diese dem Wortlaut nach reine Rechtsanwendungsgleichheit wurde nach dem Bürgerkrieg (1861-1865) im Jahr 1868 in die Verfassung eingefügt und sollte vornehmlich die schwarze Bevölkerung vor rechtlichen Benachteiligungen schützen. 88 Der Supreme Court legte in der Folgezeit diese Verfassungsbestimmung als ein umfassendes Benachteiligungsverbot aus. Dabei überschritt das Gericht den eng gefaßten Gesetzeswortlaut einer Rechtsanwendungsgleichheit mit dem Hinweis auf die weitergehende historische Absicht des Zusatzartikels, rechtliche Benachteiligungen der farbigen Bevölkerung zu überwinden. 89 Zum Ende des 19. Jahrhunderts bewertete das Oberste Bundesgericht die sog. "separate but equal doctrine" als verfassungsgemäß, nach der die "schwarze Bevölkerung" zwar Anspruch auf gleiche Leistung hatte, aber räumlich von der "weißen Bevölkerung" getrennt wurde. Begründet wurde diese Rechtsauffassung mit dem Rückgriff auf die Tradition der Rassentrennung als ein "anzuerkennendes Gemeinwohl".90 In Anwendung des "separate but equal" Grundsatzes bestimmten staatliche Regelungen eine Rassentrennung in bezugauf die Inanspruchnahme und Nutzung von Gerichten, Schulen, Büchereien, Parks, Theater, Hotels, Krankenhäusem, Gehwegen und Friedhöfen.91 Erst im Jahr 1954 vollzog sich mit der Entscheidung Brown v. Board of Education of Topeka92 ein entscheidender Wandel im Verständnis der Gleichbehandlung von "Schwarz und Weiß". In Brown hatten farbige Schüler gegen die Rassentrennung im öffentlichen Schulwesen geklagt und eine Verletzung der "equal protection clause" geltend gemacht. Der Supreme Court gab der Klage mit der Begründung statt, daß eine Rassentrennung in der Schulbildung der "schwarzen Bevölkerung" einen Stempel der Minderwertigkeit aufdrücke und schädliche Auswirkungen auf die schulischen Leistungen der farbigen Schüler habe. Die mit der "separate but equal" Maxime verfolgte Trennung nach "Rassenzugehörigkeit" stelle somit einen Verstoß gegen die " equal protection clause" dar. 93

88 89 90 91 92

93

Ausführlich Nowak/Rotunda/Young, Constitutional Law, Ch. 14, § 14.8, S. 563 et seq. Strauder v. Virginia, 100 U.S. 303 (308) (U.S.W.Va. 1879). Plessy v. Ferguson, 163 U.S. 537 (U.S.La. 1896). Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der U.S.A., S. 114. 347 U.S. 483 (U.S. Kan. 1954). 347 U.S. 483 (490 et seq., 495) (U.S. Kan. 1954).

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit

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II. "State action" als Anwendungsvoraussetzung der "equal protection clause" Vergleichbar mit der Theorie der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im deutschen Recht stellt sich in der US-amerikanischen Rechtsordnung die Frage der Bindungswirkung der verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgarantie gegenüber Privatrechtssubjekten. Voraussetzung der Anwendbarkeit der Verfassungsgarantien ist das Vorliegen einer staatlichen Handlung ("state action") im Gegensatz zu rein privatem Handeln. Nach Auslegung der Rechtsprechung liegt eine "state action" vor, wenn eine hinreichend enge Beziehung zwischen dem Staat und der angegriffenen privaten Handlung besteht ("sufficiently close nexus"), so daß diese dem Staat wie eigenes Handeln zugerechnet werden kann. 94 Eine ausreichende Verbindung von staatlichem und privatem Handeln hat der Supreme Court insbesondere in zwei Fallgruppen angenommen: Die erste sog. "public functions doctrine" betrifft den Bereich, in dem staatliche Funktionen wahrgenommen werden: Danach liegt eine staatliche Handlung vor, wenn ein Privatrechtssubjekt mit staatlicher Billigung Aufgaben wahrnimmt, die üblicherweise ausschließlich von der öffentlichen Gewalt wahrgenommen werden. 95 Die zweite Fallgruppe betrifft staatlich unterstütztes oder mit Staatshandeln ausreichend eng verwobenes privates Handeln. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang, daß im Einzelfall entweder die öffentliche Gewalt ihre Macht, ihr Eigentum oder ihr Prestige hinter das verfassungswidrige private Handeln stellt und dieses unterstützt oder eine partnerschaftliehe Beziehung zwischen privatem und staatlichem Handeln vorliegt. 96 Gegenüber den auf Bundesstaatenebene maßgeblichen High School- Sportvereinigungen befürwortete die Rechtsprechung überwiegend das Vorliegen staatlichen Handeins mit der Begründung, daß diese Vereinigungen im Interesse ihrer Mitglieder, zu denen auch viele öffentliche Schulen gehören, die Durchführung der Sportveranstaltungen überwachen und damit traditionell dem Staat zufallende Aufgaben wahrnehmen. 97 Hinzu kommt, daß in einigen Bundesstaaten wie beispielsweise Michigan die Existenz einer privaten Dachvereinigung im High School-Sport gesetzlich vorgeschrieben ist, ihre Regelungsbefugnis auf gesetzlicher Grundlage beruht und sie als "official association of the state" gilt. 98 Jackson v. Metropoliran Edison Co., 419 U.S. 345 (349 et seq.) (U.S.Pa. 1974). Vgl. etwa Rendell-Baker v. Kahn, 457 U.S. 830 (837 et seq.) (U.S.Mass. 1982): Keine "state action" liegt bei der Handlung einer privaten Schule vor, die sich vornehmlich über öffentliche Dienstleistungen finanziert und deren Tätigkeit von Behörden sehr stark reguliert wird. 96 Ausführlich zum Vorliegen einer "state action" Nowakl Rotunda/Young, Ch. 12, § 12.2 et seq., S. 426 et seq.; Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der U.S.A., S. 86 ff. 97 Clark v. Arizona HighSchool Athletic Association, 695 F.2d 1126 (61h Cir. 1982); Louisiana High School Athletic Association v. St. Augustine High School, 396 F.2d 224 (51h Cir. 1968); Schubert/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 64. 94

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11 Zinger

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

Umstritten ist dagegen, ob auch die Handlung der NCAA als "state action" einzustufen ist. Während die ältere Rechtsprechung teilweise das Vorliegen einer staatlichen Handlung befürwortete,99 hat der Supreme Court in einer grundlegenden Entscheidung die Qualifizierung der NCAA als "state actor" verneint. 100 Zur Begründung führte er aus, daß die Regelsetzung der NCAA auf einer gemeinsamen Handlung der Mitgliedsuniversitäten beruhe, die durch eine vom Staat unabhängige privatrechtliche Organisation umgesetzt werde. Zwar sei die Tätigkeit einer öffentlichen Universität oder Schule innerhalb des Staates, von dem sie gegründet wurde, unzweifelhaft als Handlung dieses Staates einzustufen. Jedoch handele es sich bei der NCAA um einen Zusammenschluß vieler öffentlicher Bildungseinrichtungen einzelner Bundesstaaten, deren gemeinschaftliches Handeln keinem einzelnen Bundesstaat zugerechnet werden könne. 101 Den öffentlichen Mitgliedsuniversitäten stehe es frei, die Mitgliedschaft in der NCAA jederzeit zu beenden. Allein der Umstand, daß ein Privatrechtssubjekt eine Monopolstellung innehabe und dadurch einer öffentlichen Einrichtung seinen Willen faktisch auferlegen könne, führe nicht dazu, das Handeln dieses Monopolisten als staatliche Handlung einzustufen. 102 Darüberhinaus stelle die Organisation und Reglementierung des Amateursports durch die NCAA keine dem Staat traditionell zufallende Aufgabe dar, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt keine "state action" vorliege. 103 Indem der Supreme Court die Qualifizierung der NCAA als "state actor" ablehnten, stärkten sie die Autonomie der privatrechtliehen Vereinigung, die insoweit keiner unmittelbaren Bindung an die Verfassungsgarantien unterliegt. Gleiches gilt für die privatrechtlich organisierten Sportverbände, bei denen das Vorliegen einer "state action" kaum angenommen werden kann. Sowohl das USOC als auch die "National Governing Bodies" einer Sportart werden von der Rechtsprechung grundsätzlich nicht als "state actor" eingestuft, da sie keine traditionell dem Stadt zufallenden Aufgaben wahrnehmen und unabhängig von diesem ihre M.C.L.A. § 380.1289 (2); siehe hierzu bereits oben Vierter Teil.A.I. l. So etwa Regents of University of Minnesofa v. NCAA, 560 F. 2d (8th Cir. 1977); Howard University v. NCAA, 510 F.2d 213 (1975); Parish v. NCAA, 506 F.2d 1028 (5th Cir. 1975); Associated Students, Inc. v. NCAA, 493 F.2d 1251 (9th Cir. 1974). 100 NCAA v. Tarkanian, 109 S.Ct. 454 (457 et seq.) (1988); wie der Supreme Court bereits Mc Cormack v. NCAA, 845 F.2d 1338 (1988); Karmanos v. Baker, 816 F.2d 258 (6th Cir. 1987); Graham v. NCAA, 804 F.2d 953 (6th Cir. 1986); Arlosoroffv. NCAA, 746 F.2d 1019 (4th Cir. 1984). 101 Mit diesem Argument begründete der Supreme Court auch den Unterschied zu den High Schooi-Sportvereinigungen, deren öffentliche Mitgliedsschulen alle in einem Staat liegen und unter dessen Regelungsherrschaft stehen, NCAA v. Tarkanian, 109 S.Ct. 454 (463) (1988); siehe hierzu auch Heckman, 143 West's Education Law Reporter I (4) (2000). 102 Der Supreme Court hatte bereits in Jackson v. Metropoliran Edison Co. festgestellt, daß allein die Monopolstellung eines Privatrechtssubjekts nicht das Vorliegen einer "state action" begründen könne, 419 U.S. 345 (351) (U.S.Pa. 1974). 103 NCAA v. Tarkanian, 109 S.Ct. 454 (465) (1988); ausführlich zu der in bezug auf das Vorliegen von "state action" ergangenen OS-amerikanischen Rechtsprechung Buchberger, Überprüfbarkeil sportverbandsrechtlicher Entscheidungen, S. 207 ff. 98 99

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit

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Tatigkeit ausüben. 104 Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn die diskriminierende private Handlung an einem Ort vorgenommen wird, der einen hinreichend engen Bezug zum Staat aufweist. Mit dieser Begründung wurde in Ludtke and Time, /nc. v. Kuhn 105 das Vorliegen einer "state action" bejaht, da die Handlung in einem Stadion vorgenommen wurde, das im Eigentum der Stadt stand, von dieser an einen privaten Rechtsträger vermietet und durch öffentliche Gelder unterhalten wurde. 106 Infolge dieser Anknüpfung an die Örtlichkeit kommt eine Anwendung der "equal protection clause" dann in Betracht, wenn beispielsweise Sportveranstaltungen in Stadien und Arenen stattfinden, die im Eigentum des Staates stehen, oder Wettkämpfe beispielsweise auf öffentlichen Strassen oder Stränden ausgetragen werden. 107 Grundsätzlich kann dagegen allein die finanzielle staatliche Unterstützung durch öffentliche Mittel keine Qualifizierung als staatliches Handeln begründen. 108 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang jedoch, daß ein Bundesgesetz eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts in einem Bildungsprogramm oder einer Bildungstätigkeit verbietet, wenn diese durch Bundesmittel finanziell unterstützt werden. 109 111. Der Prüfungsmaßstab im Rahmen der "equal protection clause" Die US-amerikanische Rechtsprechung hat in bezug auf die Gleichheitsgarantie einen zweigeteilten Prüfungsmaßstab entwickelt: Danach erfolgt eine Prüfung der in Frage stehenden Regelung entweder anhand des traditionellen sog. ,,rational basis test" oder es kommt der sog. "strict scrutiny test" zur Anwendung, den der Supreme Court in Zusarnrnenhang mit Rassenklassifizierungen entwickelte. Letzterer Prüfungsmaßstab bestimmt, daß die gesetzliche Klassifizierung in einem engen Verhältnis zum Gesetzeszweck stehen und zur Verwirklichung eines überragend wichtigen Gemeinwohlinteresses geeignet und erforderlich sein muß. 110 Die104 San Francisco Arts & Athletics v. United States Olympic Committee, 107 S.Ct. 2971 (2985 et seq.) (1987); DeFrantz v. United States Olympic Committee, 492 F.Supp. 1181 (1192 et seq.) (D.D.C. 1980): Auch der Umstand, daß die Existenz des USOC gesetzlich normiert sei, begründe nicht das Vorliegen von "state action", bestätigt in 701 F.2d 221 (D.C.Cir. 1980); siehe hierzu auch Nelson, 26 Vand. J. Transnat'l L. 895 (913 et seq.) (1993); Nafziger, International Sports Law, S. 184 et seq. 105 461 F.Supp. 86 (S.D.N.Y. 1978). 106 Im vorliegenden Fall war weiblichen Reportern der Zugang zu den Umkleideräumen der Yankee-Baseballmannschaft im Clubhaus des Stadions verweigert worden, 461 F.Supp. 86 (88 et seq.) (S.D.N.Y. 1978). 107 Kosofsky, 4 Hastings Women's L. J. 209 (241) (1993). 108 So der Supreme Court in Rendell-Baker v. Kohn, 457 U.S. 830 (1982). 109 "1itle IX ofthe Education Amendments Act of 1972" , 20 U.S.C. s 1681 (a); ausführlich hierzu Vierter Teil.C.II.

II*

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

ser strenge Maßstab führt in aller Regel zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der in Frage stehenden Regelung. 111 Der "strict scrutiny test" kommt zur Anwendung, wenn ein sogenanntes verdächtiges Differenzierungskriterium ("suspect classification") vorliegt. Hierzu zählen neben der "Rassenzugehörigkeit" 112 die nationale Herkunft und der Ausländerstatus. Darüber hinaus wird dieser strenge Kontrollmaßstab angelegt, wenn durch die Klassifizierung ein grundlegendes Recht ("fundamental right") eingeschränkt wird. 113 Nach dem "rational basis test" steht eine Regelung bereits dann in Einklang mit der Verfassung, wenn die Klassifizierung in einem vernunftsmäßigen Verhältnis zu einem legitimen Gesetzeszweck steht. 114 Der eine Diskriminierung geltend machende Kläger muß nachweisen, daß die betreffende Regelung willkürlich ist und in keiner Weise den Gesetzeszweck fördern kann. 115 Da dieser Nachweis nur schwer zu führen ist, wird im Rahmen des "rational basis test" die Verfassungswidrigkeit der Regelung nur selten festgestellt.

IV. Der Sport und die "equal protection clause" des 14. Zusatzartikels der Verfassung 1. Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

Bis nach dem Zweiten Weltkrieg waren schwarze Athleten von einer Teilnahme am professionellen Sport weitgehend ausgeschlossen. Im Baseball beispielsweise erhielten farbige Athleten erstmals im Jahr 1947 eine Spielberechtigung in den Ersten Ligen. 116 Im Golfsport wurde noch in den fünfziger Jahren den Spielern der sog. "Negro Tour" die Teilnahme an Veranstaltungen der US-PGA verweigert. Erst 1961 wurde diese auf die "Rassenzugehörigkeit" abstellende Zulassungsvoraussetzung aufgegeben und farbigen Sportlern sowie anderen Minderheiten die Möglichkeit einer Teilnahme gewährt. 117 110 Ausführlich Nowak/ Rotunda/Young, Constitutional Law, Ch. 14, § 14.3, S. 528 et seq. (530). 111 Brugger. Einführung in das öffentliche Recht der U.S.A., S. 118, der diesen Prüfungsmaßstab als eine "strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung" bezeichnet. 112 Korematsu v. United States, 323 U.S. 214 (216) (U.S.Cal. 1944). 113 Nowak/ Rotunda/Young, Ch. 14, § 14.3, S. 531; Gerichte haben mehrfach entschieden, daß die Teilnahme am Sport zwar ein wichtiges Interesse betreffe, aber kein "fundamental right" darstelle, das den strengen Kontrollmaßstab begründe, Schuben/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 89 et seq. 114 Nowak/ Rotunda/Young, Constitutional Law, Ch. 14, § 14.3, S. 530. 115 Brugger. Einführung in das öffentliche Recht der U.S.A., S. 117. 116 Weiler/Robens, Sportsand the Law, Ch. 1, Sec. C.4.a., S. 73; Kahn, 44 Indus. & Lab. Rel. Rev. 395 (399) (1991); ausführlich zu den sog. "Negro Leagues" (der Begriff urnfaßt Mannschaften mit ausschließlich farbigen Berufssportlern, die in den Vereinigten Staaten von 1880 bis 1955 aktiv waren) Matthewson, 35 AMB L. J. 291 (292 et seq.) (1998); zur Organisation der Profiligen in den Vereinigten Staaten oben Vierter Teii.A.II.3.

B. Diskriminierungsverbot auf Grund der Rassenzugehörigkeit

165

Gleichzeitig setzten Sportler in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten die Gleichbehandlung von "schwarzen" und "weißen" Sportlern unter Berufung auf die "equal protection clause" gerichtlich durch. Dementsprechend bewertete ein Bundesgericht die Weigerung der High School-Sportvereinigung von Louisiana, eine Schule mit ausschließlich farbigen Schülern als Mitglied aufzunehmen, als einen Verstoß gegen die "equal protection clause ".118 Ebenso wurde die Aufrechterhaltung zweier nach Hautfarbe getrennter Sportprogramme einer High School als verfassungswidrig angesehen und ein Zusammenschluß der Ligen angeordnet. 119 Auch im Bereich des professionellen Sports stellten staatliche Gerichte die Verfassungswidrigkeit von Ungleichbehandlungen auf Grund der "Rassenzugehörigkeit" fest. Im Jahr 1954 beispielsweise erklärte ein Gericht ein Gesetz des Bundesstaates Texas für unwirksam, nach dem ein gemeinsamer Box- oder Wrestlingkampf zwischen "schwarzen" und "weißen" Sportlern verboten war. 120 Im Golfsport erzwangen mehrere farbige Spieler unter Berufung auf die "equal protection clause" ihre Teilnahme an einem Golfturnier, das von einem privaten Verein gefördert und auf einem im Eigentum der Stadt stehenden Golfplatz ausgetragen wurde. Das Gericht urteilte, daß "schwarze" Spieler nicht von einem auf öffentlichem Gelände ausgetragenen Wettkampf ausgeschlossen werden könnten. Gleichzeitig stellte es jedoch fest, daß keine Verpflichtung seitens des Vereins bestehe, farbige Mitglieder aufzunehmen. 121 Mit dem Erlaß des "Civil Rights Act of 1964" wurde das verfassungsrechtliche Verbot der Diskriminierung auf Grund der Rassenzugehörigkeit auf den privaten Rechtsverkehr erstreckt und der Wille des Gesetzgebers umgesetzt, die Rassendiskriminierung in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu überwinden. 122 Danach ist eine Diskriminierung auf Grund der Rasse, Hautfarbe, Religion oder nationalen Herkunft insbesondere bei öffentlich zugänglichen Einrichtungen sowie solchen, die Bundesmittel erhalten, unzulässig. 123 Darüber hinaus normiert der VII. Titel des Gesetzes ein umfassendes Diskriminierungsverhot im Arbeitsleben. 124 m Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch. I, Sec. C.4.a., S. 79. Louisiana HighSchool Athletic Association v. St. Augustine HighSchool, 396 F.2d 224 (227 et seq.) (5th Cir. 1968). 119 Lee v. Macon County Board ofEducation, 283 F.Supp. 194 (M.D.Ala. 1968). 12o Harvey v. Margan, 272 S.W.2d 621 (Tex.Civ.App.-Austin 1954). 121 Wesley v. City of Savannah, Georgia, 294 F.Supp. 698 (S.D.Ga. 1969). 122 Vgl. auch die Ziele des Gesetzgebers, formuliert in Zusammenhang mit Titel II des Gesetzes, 42 U.S.C. § 2000a Note 5, 7: In diesem Zusammenhang weist der Gesetzgeber auch auf die Notwendigkeit einer weiten Auslegung des Gesetzes hin, um bestehende Diskriminierungen umfassend zu beseitigen. 123 Der II. Titel verbietet eine Diskriminierung bei öffentlich zugänglichen Einrichtungen, 42 U.S.C. § 2000a (a); der VI. Titel normiert ein Diskriminierungsverbot gegenüber Einrichtungen, die Bundesmittel erhalten, 42 U.S.C. § 2000d. 124 42 U.S.C. § 2000e-2. 118

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

2. Aktuelle Situation im Sport

Heute dominieren in vielen Sportarten farbige Athleten. Bereits in der Saison 1985 I 86 waren beispielsweise 74% der professionalen Basketballspieler dunkelhäutig, Anfang der neunzigerwaren es 80%. In der NFL stellten 1988 die farbigen Spieler 56% der Teilnehmer, drei Jahre später bereits 67 %. Ein Vergleich mit dem Anteil der farbigen Bevölkerung an der gesamten zivilen Arbeitskraft, der im Jahr 1988 knapp 11 % betrug, verdeutlicht, daß die Repräsentation "schwarzer" Athleten im professionellen Sport eine überproportionale Entwicklung erfahren hat. Dagegen dominiert die "weiße" Bevölkerung weiterhin die Positionen im Trainerund Sportmanagement-Bereich. 125 Untersuchungen haben ergeben, daß zwar eine rechtlich greifbare Ungleichbehandlung zwischen "schwarzen" und "weißen" Sportlern in bezug auf Teilnahme und Bezahlung im professionellen Wettkampfsport weitestgehend beseitigt ist, ungeachtet der Tatsache, daß "weiße" oder "schwarze" Sportler in einer Sportart tatsächlich eine Minder- oder auch Mehrheit bilden. 126 Jedoch könne man im aktuellen Sportgeschehen weiterhin eine Form der unbewußten Diskriminierung auf Grund der Rasse ("unconscious racism") beobachten: Diese sei juristisch nicht greifbar, sondern allein durch eine Änderung der geistigen Einstellung aller Beteiligten zu überwinden. 127 Auch wenn das gesetzliche Verbot einer Diskriminierung auf Grund der Rassenzugehörigkeit im aktuellen Sportgeschehen überwiegend keine juristische Relevanz mehr aufweist, manifestiert die Entwicklung und gesellschaftliche Umsetzung dieses Diskriminierungsverbotes den Ausgangspunkt der modernen Gleichheitsgarantie im US- amerikanischen Recht und hat gleichzeitig zu einer Sensibilisierung der Gesellschaft in bezug auf weitere unzulässige Differenzierungen geführt. 128

125 Im Jahr 1995 beispielsweise wurden nur 12% der Cheftrainer-Positionen von farbigen oder ethnischen Minderheiten angehörenden Personen ausgeübt, ein Jahr zuvor waren es 14%, bei der NFL waren im Jahr 1995 5% Afro-Amerikaner im obersten Management-Bereich tätig, ausAnderson, 6 Marq. Sports L. J. 357 (372) (1996). 126 Ausführlich hierzu Kahn, 44 lndus. & Lab. Re!. Rev. 395 et seq. (1991). 127 Davis, 21 U. Ark. Little Rock L.Rev. 881 (1999); ebenso Anderson, 6 Marq. Sports L. J. 357 (386 et seq., 407) (1996): Anderson sucht eine Überwindung dieser nicht zielgerichteten Diskriminierung über die Bildung ethischer Wertmaßstäbe und einem daran orientierten ethischen Verhalten zu erreichen, an das alle Beteiligten, so etwa die Sportler, Trainer oder das Management, gebunden sein sollen. 128 Ebenso weist Davis darauf hin, daß die Auseinandersetzung mit dem Verbot der Diskriminierung auf Grund der "Rassenzugehörigkeit" im Sport von entscheidender Bedeutung ist zum einen für das Verständnis der heutigen Erscheinungsformen von Diskriminierung, die er als " ... modern, more subtle form of racism" bezeichnet, sowie für die Anwendung der Antidiskriminierungsgesetzgebung in anderen Bereichen der Gesellschaft, 1 Va. J. Sports & Law 250 (253 et seq.) (1999).

C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

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C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts I. Der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz Durch die Auslegung der Rechtsprechung wurde die "equal protection clause" des 14. Zusatzartikels der Verfassung zum Kernpunkt der allgemeinen verfassungsrechtlichen Gleichheitsgarantie. 1. Die "eqruzl protection clause" als Verbot einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts

Nachdem zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die rechtliche und gesellschaftliche Ungleichbehandlung auf Grund der Rassenzugehörigkeit aufzubrechen begann, folgte die Forderung nach einer rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Zu Beginn der siebziger Jahre änderte der Supreme Court, der bisher Differenzierungen nach dem Geschlecht routinemäßig aufrechterhalten hatte, seine Rechtsprechung und hob eine zwischen Frauen und Männern differenzierende Regelung als willkürlich und gegen die Gleichheitsgarantie des 14. Zusatzartikel verstoßend auf. 129 Überlegt wurde, eine Differenzierung nach dem Geschlecht ebenso wie eine Benachteiligung auf Grund der Rasse als sog. "verdächtige Klassifizierung" einzustufen und den "strict scrutiny test" anzuwenden. 130 Der Supreme Court lehnte dies jedoch ab und entwickelte einen mittleren Prüfungsmaßstab. Danach stehen Klassifizierungen auf Grund des Geschlechts nur dann in Einklang mit der Verfassung, wenn sie wichtigen staatlichen Interessen dienen und wesentlich dazu beitragen, diese zu verwirklichen. 131 2. Auswirkungen auf den Sport

Die Anerkennung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Mann und Frau führte insbesondere im High School- und College Sport zu einer Vielzahl von 129 Reed v. Reed, 404 U.S. 71 (U.S. ldaho 1971): Die in Frage stehende Regelung hatte bestimmt, daß bei gleichem Verwandtschaftsgrad Männern bei der Einsetzung als Verwalter eines Nachlasses der Vorzug zu geben sei. 130 Die Befiirworter einer Einordnung als "suspect classification" hatten argumentiert, daß die Position der Frauen im 19. Jh. in weiten Teilen mit der Stellung der "Schwarzen" unter den Sklavengesetzen vor dem Bürgerkrieg vergleichbar gewesen sei und Geschlecht wie "Rassenzugehörigkeit" unveränderliche Merkmale darstellten, die keine pauschale Benachteiligung rechtfertigen könnten, hierzu Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichbehandlung, S. 290; die entgegengesetzte Auffassung betonte, daß die zwischen Mann und Frau unterscheidenden Regelungen über lange Zeit Geschlechtsrollen widerspiegelten, die weitgehend als richtig angesehen worden waren und nicht auf eine generelle Minderwertigkeit der Frauen abstellten, ausfUhrlieh Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der U.S.A., S. 126. 131 Ständige Rechtsprechung seit Craig v. Boren, 429 U.S. 190 (197 et seq.) (U.S. Okla. 1976).

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

Rechtsstreitigkeiten, in denen Schüler(innen) gegenüber ihrer Schule I Universität bzw. der entsprechenden Sportvereinigung eine unzulässige Differenzierung auf Grund des Geschlechts geltend machten. a) Übersicht über die einschlägige Rechtsprechung

Im Zentrum der Anwendung des Gleichheitssatzes stand die Frage, ob weibliche Sportlerinnen ihre Zulassung zu dem Sportprogramm bzw. der Mannschaft der männlichen Schüler bzw. Studenten durchsetzen können. In diesem Zusammenhang riefen Sportlerinnen staatliche Gerichte mit der Begrundung an, daß das Angebot getrennter Sportprogramme für weibliche und männliche Sportler (sog. "separate but equal"-Programme) die Gleichheitsgarantie des 14. Zusatzartikels der Verfassung verletze. In Eucha v. Illinois High School Association 132 befand das Gericht, daß ein uneingeschränkter Wettbewerb zwischen Frauen und Männem auf Grund der physischen Unterschiede zu einer Dominanz der männlichen Athleten und damit einhergehend zu einer sinkenden Teilnahme weiblicher Sportler an den Veranstaltungen führen würde. Diese Überlegung stelle eine rationale Entscheidungsgrundlage ("rational basis") dar, so daß ein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Gleichheitsgarantie nicht vorliege. 133 Damit zeichnete sich eine vorsichtige und restriktive Tendenz in der Rechtsprechung ab. aa) Erenden v. Independent School District134 Nicht beantwortet wird in der Eucha- Entscheidung die Frage, ob weibliche Athleten einen Anspruch auf Teilnahme an dem Sportprogramm der Herren durchsetzen können, wenn in der betreffenden Sportart nur eine Mannschaft für männliche Sportler besteht. Ein solcher Sachverhalt lag der Entscheidung Erenden v. Independent School Distrief zugrunde: Zwei Schülerinnen einer High School klagten auf Zulassung zur Herrenmannschaft im Tennis sowie im Langstrecken- und Skilanglauf, da ihre High School keine entsprechenden Sportprogramme für die weiblichen Schüler anbot. Das Gericht hob zunächst hervor, daß es nur dariiber zu befinden habe, ob die Nichtzulassung im Fall der beiden Klägerinnen, die erwiesenermaßen über außer132 351 F.Supp. 69 (74) (N.D.Ill. 1972): Das Gericht wies in den Entscheidungsgründen ausdrücklich darauf hin, daß es nur über die Frage zu befinden habe, ob sog. .,separate but equal"-Sportprogramme als verfassungswidrig anzusehen sind. 133 351 F.Supp. 69 (75) (N.D.Ill. 1972); ebenso Ritacco v. Norwin School District, 361 F.Supp. 930 (932) (W.D.Pa. 1973): Das Angebot getrennter Sportprogramme (.,separate but equal") verstößt nicht gegen die Gleichheitsgarantie der Verfassung, da die physischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern eine Aufteilung rechtfertigen (.,rational basis"). 134 342 F.Supp. 1224 (D.Minn. 1972); 477 F.2d 1292 (S'h Cir. 1973).

C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

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gewöhnliche sportliche Leistungsfähigkeiten verfügten, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung auf Grund des Geschlechts darstelle. Zwar bestünden ohne Zweifel physiologische Unterschiede zwischen Mann und Frau, die im Nonnalfall die Mehrzahl der Frauen davon abhielten, gegen Männer im sportlichen Wettkampf anzutreten. 135 Diese rechtfertigten grundsätzlich eine geschlechtsspezifische Trennung des sportlichen Wettkampfs, deren Weiterentwicklung gefördert werden müsse, um die Chancengleichheit für die weiblichen Sportler zu wahren. Anders stelle sich aber die Situation im Fall der Klägerinnen dar, da diese über ein ausreichend hohes sportliches Leistungsniveau verfügten, um sich trotz der physiologischen Unterschiede im direkten Wettkampf mit den männlichen Sportlern messen zu können. Darüber hinaus bestehe bei einer Teilnahme weder für die Schülerinnen selbst, noch für die männlichen Sportler eine Verletzungsgefahr, so daß die Nichtzulassung der Klägerinnen willkürlich und unangemessen sei und eine Verletzung der "equal protection clause" begründe. Die Beklagten wandten ein, daß ein solcher Urteilsspruch allen weiblichen Schülern die Möglichkeit eröffnen würde, ihre Teilnahme am Sportgeschehen der Herren durchzusetzen und die Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Regelbestimmungen geltend zu machen. Dieses Argument lehnte das Gericht mit überzeugender Begründung ab: Der Umstand, daß zukünftig weitere Klagen gegen die in Rede stehende Regelung erhoben würden, könnte nicht die Abweisung der vorliegenden Klage begründen. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliehe Urteil und hob nochmals hervor, daß die Entscheidung, ob eine Sportlerin die Teilnahmevoraussetzungen erfülle, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall getroffen werden müsse und nicht auf Grund einer abstrakten Einschätzung der sportlichen Leistungsfähigkeiten der Frauen im allgemeinen. Gleichzeitig betonte das Gericht, daß in Sportarten, die physische Leistungskraft erforderten, die Technik als ein gerade nicht geschlechtsspezifisch ausgeprägtes Kriterium eine ebenso große Rolle spielen könne. Hierzu zählten insbesondere in Nicht- Kontaktsportarten Faktoren wie Koordination, Konzentration, Beweglichkeit und Zeiteinteilung. 136 Zu einem gleichen Ergebnis kam das Gericht in Reed v. Nebraska School Activities Association137 und gab der Klage einer Schülerin statt, die ihre Teilnahme an der Herren135 Männer sind im allgemeinen höher gewachsen als Frauen und stärker auf Grund einer vermehrten Muskelmasse, darüber hinaus verfügen sie über ein größeres Herz und intensiveres Atmungsvermögen, wodurch sie den Sauerstoff wirksamer zu nutzen imstande sind, schließlich können Männer auf Grund ihres Körperbaus im Bereich des Beckens und der Oberschenkel schneller laufen als Frauen. So das Gericht unter Bezugnahme auf die Aussage eines Sachverständigen, 342 F.Supp. 1224 (1233) (D.Minn. 1972). 136 477 F.2d 1292 (1300) (8th Cir. 1973); vgl. in bezug auf Nichtkontaktsportarten auch Morris v. Michigan State Board of Education, 472 F.2d 1207 (6th Cir. 1973); Kosofsky nennt in diesem Zusammenhang auch die körperliche Ausdauer und weist daraufhin, daß beispielsweise im Jahr 1989 die Athletin Ann Trason ein von Männern und Frauen gemeinsam ausgetragenes 24 Stunden-Rennen gewann, indem sie 143 Meilen zurücklegte, bzw. die Sportletin Seana Hogan im Jahr 1992 mit dem Fahrrad in der bisher kürzesten Zeit von San Francisco nach Los Angeles fuhr, 4 Hastings Women' s L. J. 209 (214, 215) (1993).

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

Schulmannschaft im Golfsport erzwang, der ähnlich wie Schwimmen oder Skilanglauf nicht zu den Kontaktsportarten zählt. 138 Einen ähnlichen Sachverhalt hatte das Gericht in Hoover v. Meiklejohn 139 zu entscheiden mit dem einzig bedeutenden Unterschied, daß die Klägerin, eine 16-jährige Schülerin, entgegen der Bestimmung des Colorado HighSchool-Sportverbands ihre Teilnahme in der Herrenmannschaft der Kontaktsportart Fußball durchsetzen wollte. Die Beklagten hatten den Ausschluß weiblicher Spielerinnen mit der im Vergleich zu den männlichen Sportlern erhöhten Verletzungsgefahr begriindet. Das Gericht urteilte, daß zwar allgemein Männer gegenüber Frauen einen Vorteil in bezug auf Stärke und Schnelligkeit haben und Frauen infolgedessen bei einer Kollision mit einem männlichen Spieler benachteiligt sein können. Andererseits sei aber das Ausmaß der individuellen Unterschiede zwischen einzelnen Sportlern innerhalb eines Geschlechts größer als die durchschnittlich festgestellten Unterschiede zwischen den Geschlechtern allgemein. Da die Beklagte es unterlassen habe, bestimmte physische Teilnahmevoraussetzungen zu schaffen, um auch schwache oder kleine männliche Spieler vor Verletzungen zu schützen, werde die Glaubwürdigkeit der Aussage, mit dem Ausschluß weiblicher Spieler diese vor Verletzungen schützen zu wollen, entwertet. 140 Wenn mit der in Frage stehenden Regelung das Ziel verfolgt worden sei, die Gesundheit und Sicherheit der Schüler zu gewährleisten, sei es willkürlich, einzig auf die allgemeinen physiologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern abzustellen, ohne die individuellen Unterschiede innerhalb eines Geschlechts angemessen zu beriicksichtigen. 141 bb) Clark v. Arizona Interscholastic Association 142 Während in den überwiegenden Fällen Frauen ihre Teilnahme an dem Sportangebot oder der Mannschaft der Herren gerichtlich einforderten, versuchten vereinzelt auch Männer unter Berufung auf das Diskriminierungsverbot ihre Zulassung in einem Damenteam zu erreichen. Der Entscheidung Clark v. Arizona lnterscho341 F.Supp. 258 (D. Nebraska 1972). Vgl. auch Haas v. South Bend Community School Corporation, 289 N.E.2d 495 (500, 501) (lnd. 1972): Solange keine entsprechende Damenmannschaft im Golfsport angeboten wurde, hatte die Klägerin Anspruch auf Teilnahme in der Herrengolfmannschaft der Schule, da es sich um eine Nichtkontaktsportart handelte, die Klägerin alle sonstigen Teilnahmevoraussetzungen erfüllte und allein die generellen Unterschiede in der physischen Leistungsfähigkeit zwischen den Geschlechtern nicht den Ausschluß der Klägerin im Einzelfall rechtfertigen konnten. 139 430 F.Supp. 164 (D.Colorado 1977). 140 430 F.Supp. 164 (169) (D.Colorado 1977). 141 430 F.Supp. 164 (170) (D.Colorado 1977); vgl. auch Darrin v. Gould, 85 Wash.2d 859 (867) (Wn. 2d 1975), Zulassung einer Schülerin zur Footballmannschaft der Herren auf Grund einer Einze1fallentscheidung. 142 695 F.2d 1126 (91h Cir. 1982). 137

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C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

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lastic Association lag die Klage eines männlichen Schülers zugrunde, der unter Berufung auf die "equal protection clause" seine Teilnahme in der Volleyballschulmannschaft der Mädchen durchzusetzen versuchte, da eine Herrenvolleyballmannschaft von der Schule nicht angeboten wurde. Das angerufene Gericht stellte darauf ab, daß Jungen generell eine bessere physische Eignung zum Volleyballspielen hätten, 143 so daß durch eine Zulassung männlicher Sportler diese die Mannschaft bald domineren würden und die Chancengleichheit für die weiblichen Athletinnen nicht mehr garantiert werden könne. Die in Frage stehende Regelung verfolge das legitime Ziel, die Chancengleichheit zugunsten der Frauen zu gewährleisten und deren frühere Diskriminierung im Sport auszugleichen. Darüber hinaus sei sie geeignet und erforderlich, um diese Zielsetzung umzusetzen, und der Ausschluß des Klägers von der Damenvolleyballmannschaft somit gerechtfertigt. 144

cc) O'Connor v. Board of Education of School District 23 145 und Fortin v. Darlington Little League, Inc. 146 Existieren auf Grund der unterschiedlichen physischen Konstitution von Mann und Frau gesonderte Sportprogramme, bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die allgemeine Trennung von Damen- und Herrensport durch die Aufstellung vergleichbarer und gleichwertiger sog. "separate but equal" Mannschaften. 147 Fraglich ist jedoch, ob im Einzelfall eine Sportlerio oder ein Sportler eine Teilnahmeberechtigung an dem Sportprogramm des anderen Geschlechts durchsetzen kann. In 0 'Connor v. Board of Education of School District 23 148 klagte eine 11 jährige Schülerin, vertreten durch ihre Eltern, auf Zulassung zu dem Jungenprogramm im Basketball mit der Begründung, daß sie durch das höhere Leistungsniveau bei den männlichen Schülern ihre eigenen sportlichen Fähigkeiten besser entwickeln könne. Obwohl nach der Aussage eines Berufsbasketballtrainers die Klägerin über ein mindestens gleichwertiges spielerisches und sportliches Leistungsvermögen wie die entsprechenden männlichen Sportler verfügte, fokussierte das zur Ent143 Dies zeige sich unter anderem daran, daß das Netz bei den Damen niedriger sei als bei den Herren, 695 F.2d 1126 (1128) (9th Cir. 1982). 144 A.A. Robinson, 9 J. Contemp. Legal Issues 321 (346 et seq., 355) (1998), die sich gegen die generelle Zulässigkeit einer geschlechtsspezifischen Trennung bei der Ausübung des Sports wendet und dafür plädiert, daß Frauen bei Männem grundsätzlich teilnahmeberechtigt sind und umgekeht Männer zu den Frauen dann zugelassen werden, wenn eine entsprechende Herrenmannschaft von der Schule I Universität nicht angeboten wird. 145 449 U.S. 1301 (U.S.Ill. 1980). 146 514 F.2d 344 (1 SI Cir. 1975). 147 Vgl. Schuben/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 91; daraufhinweisend auch Hoover v. Meiklejohn, 430 F.Supp. 164 (172) (D.Colorado 1977). 148 449 U.S. 1301 (U.S.Ill. 1980).

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4. Teil: Die Situation im US-arnerikanischen Recht

scheidung berufene Gericht den Prüfungsmaßstab auf die Frage, ob die Aufteilung der Sportprogramme nach dem Geschlecht allgemein einen Verfassungsverstoß darstellt. Dabei ging es von dem Grundsatz aus, daß mit einer Zulassung weiblicher Spielerinnen zu den Jungen diese zwangsläufig umgekehrt auch bei den Mädchen teilnahmeberechtigt seien. Die Konsequenz, daß die Herren dann jedenfalls in Kontaktsportarten das Sportangebot der Damen beherrschen und damit die Chancengleichheit bei Wettkämpfen gefährden würden, könne nur über eine allgemeine Differenzierung nach dem Geschlecht verhindert werden. Folglich stehe die allgemeine Regelung in Einklang mit der Verfassung und werde auch nicht dadurch verfassungswidrig, daß sie in einem Einzelfall als willkürlich erscheine. 149 Zum gegenteiligen Ergebnis kam die Entscheidung Fortin v. Darlington Little League, lnc., 150 in der das Gericht den Ausschluß weiblicher Sportlerinnen aus einer Herrenmannschaft auch bei Kontaktsportarten für verfassungswidrig erachtete. In der Urteilsbegründung wurde insbesondere der Umstand hervorgehoben, daß Mädchen im Alter von 8- 12 Jahren über etwa die gleichen physischen Fähigkeiten verfügten wie Jungen diesen Alters, so daß eine erhöhte Verletzungsgefahr der Mädchen auf Grund ihrer schwächeren physischen Konstitution ausgeschlossen sei. 151 Darüber hinaus erfüllte die Klägerin alle sonstigen physischen und medizinischen Teilnahmevoraussetzungen und konnte somit ihren Anspruch auf Zulassung zu der Herrenmannschaft erfolgreich durchsetzen. Unbeantwortet blieb die Frage, ob und inwieweit diese Rechtsprechung auf andere Altersgruppen übertragbar ist und auch ältere Sportlerinnen einen entsprechenden Anspruch auf Teilnahme an einem Sportprogramm gleichaltriger Männer durchsetzen können. b) Zusammenfassung und Stellungnahme Die im High School- und College Sport zur Anwendung der "equal protection clause" ergangene Rechtsprechung läßt erkennen, daß eine Differenzierung zwischen Mann und Frau zulässig ist, wenn biologische Unterschiede die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Bestehen keine derartigen biologischen Unterschiede, wie 449 U.S. 1301 (1306) (U.S.III. 1980). 514 F.2d 344 (1st Cir. 1975); siehe auch National Organization for Women v. Little League Baseball, lnc., 127 N.J.Super. 522 (N.J.Super.A.D. 1974). 151 Ebenso kam ein britischer Gutachter im Rechtsstreit der 12 jährigen Engländerin Theresa Bennett, die ihre Teilnahme in der Fußballmannschaft der gleichaltrigen Jungen gerichtlich durchzusetzen suchte, zu dem Ergebnis, daß bis zur Pubertät zwischen Jungen und Mädchen in bezug auf die sportliche Leistung nur marginale physische Vorteile der Jungen gegenüber den gleichaltrigen Mädchen bestünden, Guardian vorn 15. 06. 1978, S. I sowie Daily Express vorn 15. 06. 1978, S. 17; das erstinstanzliehe Urteil in Fortin v. Darlington Little League, lnc. hatte dagegen die Nichtzulassung weiblicher Spielerinnen im Baseball auf Grund einer erhöhten Verletzungsgefahr bei weiblichen Sportlern im Alter von 8 - 12 Jahren im Vergleich zu Jungen diesen Alters für gerechtfertigt erachtet, 376 F.Supp. 473 (479) (D. Rhode Island 1974). 149

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C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

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es beispielsweise das Gericht in Fortin v. Darlington Little League 152 in bezug auf Sportler im Alter von 8- 12 Jahren feststellte, ist die Ungleichbehandlung wegen eines Verstoßes gegen die "equal protection clause" verfassungswidrig und damit unwirksam. Fordert eine Sportleein ihre Zulassung zu der Herrenmannschaft, da von ihrer Schule keine entsprechende Damenmannschaft aufgestellt wird, ist zwischen Kontaktsportarten wie beispielsweise Football oder Basketball und Nicht-Kontaktsportarten wie etwa Golf, Tennis oder Schwimmen, zu unterscheiden. Bei ersteren stellt sich die Frage, inwieweit der Schutz der Sportlerinnen vor Verletzungen deren Ausschluß rechtfertigen kann. Wahrend einige Gerichte eine erhöhte Verletzungsgefahr bei weiblichen Spielern als legitime Zielsetzung anerkennen und dementsprechend einen Verfassungsverstoß verneinen, 153 plädieren andere für eine Einzelfallentscheidung, da eine pauschale Trennung nach dem Geschlecht willkürlich und damit verfassungswidrig sei. 154 Bei Sportarten, die keinen direkten Körperkontakt erfordern, läßt sich eine klare Tendenz der Rechtsprechung erkennen, anband der konkreten Umstände zu prüfen, ob die Anwendung der in Frage stehenden Vorschrift im Einzelfall eine unzulässige Diskriminierung darstellt. Insoweit erfolgt eine Unterscheidung zwischen der abstrakten Zulässigkeit einer allgemeinen Trennung der Sportangebote auf Grund der biologischen Unterschiede und der Anwendung dieser Regelbestimmung im Einzelfall. Erstrebt eine weibliche Sportlerin ihre Teilnahme bei den Herren, verzichtet sie zu ihren Lasten auf die mit der Geschlechtertrennung bezweckte Wahrung der Chancengleichheit mit der Folge, daß ihr die Teilnahme im Einzelfall nicht verwehrt werden kann. 155 Möchte dagegen im umgekehrten Fall ein männlicher Sportler an einem sportlichen Wettkampf der Damen teilnehmen, wird durch seine Zulassung die allgemeine Zielsetzung, die Chancengleichheit zu Gunsten der Frauen zu wahren, beeinträchtigt. Dies gilt auch dann, wenn der männliche Athlet im Einzelfall keine höhere Leistungsfähigkeit besitzt als die teilnehmenden Frauen. Hier begründen die objektiv bestehenden physiologischen Unterschiede verbunden mit der potentiell höheren physischen Leistungsfähigkeit des Mannes dessen Ausschluß von einer Teilnahme, um das Prinzip der Chancengleichheit effektiv gewährleisten zu können. 156 514 F.2d 344 (1 st Cir. 1975), Vierter Teii.C.1.3.a.cc. So beispielsweise die erstinstanzliehe Entscheidung in Fortin v. Darlington Little League, 376 F.Supp. 473 (479) (D. Rhode Island 1974); vgl. hierzu auch Schubert/Smith/ Trentadue, Sports Law, S. 92. 154 Hoover v. Meiklejohn, 430 F.Supp. 164 (D.Colorado 1977), Vierter Teii.C.I.3.a.bb. 155 Etwa Brenden v. Independent School District, 477 F.2d 1292 (81h Cir. 1973), hierzu oben Vierter Teii.C.1.3.a.aa.; Reed v. Nebraska School Activities Association, 341 F.Supp. 258 (D.Neb. 1972); Haas v. South Bend Community School Corporation, 289 N.E.2d 495 (lnd. 1972). 156 Vgl. Clark v. Arizona Interscholastic Association, 596 F.2d 1126 (9th Cir. 1982), Vierter Teii.C.I.3.a.bb. 152 153

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

Bestehen auf Grund der physiologischen Unterschiede getrennte Mannschaften für jedes Geschlecht, kann diese Aufteilung nach einhelliger Rechtsprechung nicht als verfassungswidrig angesehen werden, wenn sie den Sportlern vergleichbare Möglichkeiten bei der sportlichen Betätigung bietet. Ob diese bestehen, kann nur im Einzelfall durch einen konkreten Vergleich beider Sportangebote ermittelt werden. Insoweit geht die verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgarantie über ein Diskriminierungsverbot hinaus und gewährleistet die Schaffung gleichwertiger Sportprogramme. Auf diese Weise wird dem Grundsatz der Gleichbehandlung auch in bezug auf die Möglichkeit einer geschlechtsgetrennten sportlichen Betätigung Rechnung getragen. II. "Title IX ofthe Education Amendments Act of I972" (Title IX)

Im College- und HighSchool Sport hat neben dem 14. Zusatzartikel der Verfassung ein Bundesgesetz besondere Bedeutung erfahren. Hierbei handelt es sich um den sog. "1itle IX of the Education Amendments Act", den der Kongreß im Jahr 1972 verabschiedet und in Kraft gesetzt hat. 157 1. Inhalt des "1itle IX ofthe Education Amendments Acr'

Dieses Gesetz verbietet eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts in einem Bildungsprogramm oder einer -tätigkeit, wenn diese durch Bundesmittel finanziell unterstützt werden. 158 Nachdem der Supreme Court zunächst die Anwendbarkeit des 1itle IX auf einzelne Angebote abgelehnt hatte, die wie die Sportprogramme keine direkte finanzielle Unterstützung erhielten, 159 erließ der Kongreß im Jahr 1987 den sog. "Civil Rights Restoration Act". Dieser normierte explizit die Geltung des 1itle IX in bezug auf alle Programme, die von einer durch Bundesmittel unterstützten Schule oder Universität angeboten und durchgeführt werden.160 Damit wurde klargestellt, daß das Antidiskriminierungsgesetz auch auf Sportprogramme Anwendung findet, wenn diese von Schulen oder Universitäten angeboten werden, die in irgendeiner Form eine finanzielle staatliche Unterstützung erhalten. 161 157 20 u.s.c. §§ 1681 - 88. 158 "No person in the United States shall, on the basis of sex, be excluded from participa-

tion in, be denied the benefits of, or be subjected to discrirnination under any education program or activity receiving Federal financial assistance ... .", 20 U.S.C. s 1681 (a). 159 Vgl. Grove City College v. Bell, 465 U.S. 555 (U.S.PA. 1984): Der Supreme Court hatte geurteilt, daß Title IX nicht gegenüber der Schule insgesamt, sondern nur gegenüber den Programmen Anwendung findet, die eine direkte finanzielle Unterstützung erhalten. Hierzu zählten die Sportprogramme nicht. Zu den die Anwendbarkeit des Title IX einschränkenden Verwaltungsvorschriften vgl. Weiler I Robens, Sports and the Law, Ch. 11, S. 799 et seq. 160 20 u.s.c. s 1687 (1988).

C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

175

2. Rechtsprechung zur Anwendung des Title IX im College- und High School Sport

Ausgelöst durch die Klarstellung des erweiterten Anwendungsbereichs des Title IX erhoben zumeist weibliche Schüler bzw. Studenten unter Berufung auf Title IX Klage gegen ihre Schule bzw. Universität und machten eine unzulässige Ungleichbehandlung der Geschlechter in bezug auf das sportliche Angebot der Schule geltend. a) Cohen v. Brown University 162

Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Entscheidung Cohen v. Brown University zu, einem Rechtsstreit, der über zwei Instanzen zugunsten der klagenden Studentinnen entschieden wurde. Eine Gruppe von Studentinnen klagte gegen die Brown University, nachdem diese infolge einer allgemeinen Budgetbeschränkung die Damenvolleyballmannschaft und das Damengymnastikprogramm sowie zwei Herrensportarten aus ihrem universitären Sportangebot gestrichen hatte. Die Klägerinnen verlangten die Wiedereinführung dieser Damensportarten und beriefen sich hierbei auf das Diskriminierungsverbot des IX. Titels mit der Begriindung, daß das Herrensportangebot überproportional stark vertreten sei. Das Berufungsgericht führte unter Heranziehung der bindenden Ausführungsbestimmungen zu Title IX eine Art "Drei-Stufen-Test" durch. 163 Danach ist ein Verstoß gegen Title IX in erster Stufe dann ausgeschlossen, wenn der Anteil der für Männer bzw. Frauen angebotenen Sportmöglichkeiten dem prozentualen Anteil des jeweiligen Geschlechts in der Gesamtschüler- I Gesamtstudentenschaft entspricht. 164 Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist auf der zweiten Stufe danach zu fragen, ob die Schule bzw. Universität kontinuierlich die Sportangebote für das unterrepräsentierte Geschlecht erweitert, um gleichberechtigte Sportmöglichkeiten für Männer und Frauen zu schaffen. Wird auch diese Frage verneint, ist auf der dritten Stufe eine Ungleichbehandlung nur dann noch gerechtfertigt, wenn 161 Bereits zuvor waren Ausführungsbestirrunungen zu Title IX erlassen worden, die die Anwendbarkeit des Gesetzes gegenüber Sportprograrrunen explizit festlegen, 34 C.F.R. s 106.41 (1993); ausführlich Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch. 11, Sec. B, S. 805 et seq.; ausführlich zur Entstehung und Entwicklung des Title IX Harris, 72 Denv. U. L. Rev. 57 (60 et seq.) (1994). 162 Cohen v. Brown University, 809 F. Supp. 987 (D.R.I. 1992) (Einstweilige Verfügung erste Instanz), bestätigt in 991 F.2d 888 (1 81 Cir. 1993); 879 F.Supp. 185 (D.R.I. 1995) (Hauptsacheentscheidung erste Instanz), teilweise bestätigt in 101 F. 3d 155 (1 81 Cir. 1996). 163 Zu der Bindungswirkung von Ausflihrungsbestirrunungen gegenüber den Gerichten Chevron U.S.A. v. Natural Resources Defense Council, 467 U.S. 837 (U.S. 1984). 164 Sind beispielsweise 30% der eingeschriebenen Studenten weiblich, ist die erste Stufe des "Drei-Stufen-Tests" erfüllt, wenn auch 30% der bestehenden Sportangebote von Studentinnen wahrgenorrunen werden können.

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

für alle erkennbaren sportlichen Interessen des unterrepräsentierten Geschlechts entsprechende Sportangebote eingerichtet wurden. 165 In Cohen v. Brown University erfüllte die Universität weder die erste noch die zweite Stufe, so daß sie einzig über die Voraussetzungen der dritten Stufe eine Verletzung des Title IX vermeiden konnte. Auf dieser Ebene verlangt der "Drei-Stufen-Test" jedoch, daß die Universität alle erkennbaren sportlichen Interessen der weiblichen Studentinnen durch die Einrichtung entsprechender Sportprogramme erfüllt. Das Berufungsgericht urteilte im einstweiligen Verfügungsverfahren, daß, um diese Erfordernisse der dritten Stufe zu erfüllen, die Universität bei einer Kürzung ihrer Sportangebote nicht die gleiche Anzahl von Programmen bei den Damen wie bei den Herren streichen könne. Vielmehr sei sie verpflichtet, das Sportprogramm des unterrepräsentierten Geschlechts (hier der Damen) beizubehalten, um dessen sportliche Interessen vollständig zu erfüllen. Eine Kürzung der universitären Sportangebote müsse sich infolgedessen gegebenenfalls auf Sportprogramme der Herren beschränken.166 Diese Argumentation wurde vom Berufungsgericht im Hauptsacheverfahren übernommen. Zugleich betonte das Gericht, daß 1itle IX die generelle Zulässigkeil von getrennten Sportmannschaften und -programmen nicht in Frage stelle. Vielmehr solle durch das Gesetz gewährleistet werden, daß bei getrennten Sportangeboten weder die weiblichen noch die männlichen Athleten benachteiligt würden.167 Abschließend führte das Gericht aus, daß die Normierung des Tztle IX den Damensport selbst sowie das gesellschaftliche Interesse an diesem und die Einstellung gegenüber weiblichen Athleten grundlegend verändert habe. Der große Erfolg der Sportlerinnen bei den Olympischen Sommerspielen 1996 verdeutliche den positiven Einfluß des Gesetzes auf die Leistungsfähigkeit der weiblichen Sportler.168 b) Kelley v. University of Illinois 169

Betrachtet man das Ergebnis der Gesetzesauslegung, so wie sie in Cohen v. Brown University vorgenommen wurde, 170 überrascht der Gegenzug der männli165 Zum "Drei-Stufen-Test" ausfUhrlieh Weiler I Roberts, Sports and the Law, Ch. 11, Sec. B, S. 807. 166 Cohen v. Brown University, 991 F.2d 888 (897 et seq.) (1 51 Cir. 1993) (Berufungsinstanz einstweiliges Verfügungsverfahren); ebenso bereits in erster Instanz 809 F.Supp. 1001 (D.R.I. 1992). 167 Cohen v. Brown University, 101 F.3d 155 (177 et seq.) (1st Cir. 1996); insoweit die erstinstanzliehe Entscheidung bestätigend, 879 F.Supp. 185 (D.R.l. 1995). 168 Zu der Entscheidung Cohen v. Brown University Blumberg, 31 Suffolk U. L. Rev. 987 et seq. (1998). 169 35 F.3d 265 (71h Cir. 1994). no Im Ergebnis ebenso Roberts v. Colorado State University, 814 F.Supp. 1507 (D.Colo. 1993), insoweit wie Roberts v. Colorado State Board ofAgric" 998 F.2d 824 (lOth Cir. 1993);

C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

177

chen Athleten nicht: Auf Grund eines Budgetdefizits entschloß sich die beklagte Universität of Illinois, vier universitäre Sportangebote zu streichen: Dazu zählten das Tauchen der Männer und Frauen, das Herrenfechten sowie das Schwimmen der Männer. Einer der Hauptgründe für die Beibehaltung des Schwimmangebotes für Frauen bestand darin, eine Verletzung des Title IX zu vermeiden, da insgesamt 44% der eingeschriebenen Studenten weiblich waren, während nur 23% am Sportangebot teilnahmen. Männliche Studenten der aufgelösten Schwimmmannschaft erhoben daraufhin Klage und machten unter Berufung auf Tztle IX sowie die "equal protection clause" der Verfassung eine unzulässige Diskriminierung auf Grund ihres Geschlechts geltend. Das Berufungsgericht befand in Übereinstimmung mit dem erstinstanzliehen Urteil, daß durch die Entscheidung der beklagten Universität, das Schwimmprogramm der Damen beizubehalten, eine Verletzung des Tztle IX vermieden worden sei. Da das universitäre Damensportangebot weder die Voraussetzungen der ersten noch die der zweiten Stufe des sog. "Drei-Stufen-Tests" 171 erfüllte, war die Universität auf der dritten Stufe verpflichtet, alle erkennbaren sportlichen Interessen der Studentinnen vollständig zu erfüllen. Eine Streichung des Schwimmangebotes für Damen hätte dazu geführt, daß die diesbezüglich bestehenden Interessen gerade nicht mehr umfassend befriedigt worden wären. Daher sei eine Kürzung bei dem Damensportprogramm nicht in Frage gekommen, währenddessen selbst bei einer überproportionalen Streichung von Herrensportangeboten kein Verstoß gegen Title IX in Betracht komme, da insgesamt der Umfang des Sportprogramms für Herren weiterhin mit den Erfordernissen der ersten Stufe des "Drei-Stufen-Tests" in Einklang stehe. 3. Zusammenfassung und Stellungnahme

Der Erlaß des Title IX sowie die hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen haben entscheidend zu einer Sensibilisierung der amerikanischen Gesellschaft, insbesondere auch der aktiven Sportler, gegenüber Ungleichbehandlungen auf Grund des Geschlechts beigetragen. Wiederholt haben US-amerikanische Gerichte klargestellt, daß an der Zulässigkeit der allgemeinen Trennung der Sportangebote in Damen- und Herrenmannschaften grundsätzlich keine Bedenken bestehen. 172 Eine Favia v. lndiana University of Pennsylvania, 812 F.Supp. 578 (W.D.Pa. 1993), bestätigt in 7 F.3d 332 (3'd Cir. 1993). 171 Dieser wurde in den zu Title IX ergangenen Auslegungsbestimmungen für die Gerichte bindend festgelegt, siehe hierzu bereits Cohen v. Brown University, 991 F.2d 888 (895 et seq. "Regulatory Framework", 897 et seq.) (1st Cir. 1993), Vierter Teil.C.II.2.a.; vgl. auch Weiler I Roberts, Sports and the Law, Ch. 11, Sec. B, S. 806 et seq. 172 Darauf hinweisend auch Kelley v. University of lllinois, 35 F.3d 265 (7 1h Cir. 1994) (270 et seq.); vgl. auch die Entscheidungsgründe in Cohen v. Brown University, oben Vierter Teil.C.II.2.a. 12 Zinger

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

unzulässige Differenzierung kann unter diesen Umständen jedoch vorliegen, wenn die Teilnahme- und Ausübungsmöglichkeiten für ein Geschlecht im Vergleich zu dem Angebot für das andere wesentlich schlechter sind. Verglichen werden nicht nur die Möglichkeiten, den Sport überhaupt ausüben zu können, sondern auch die Modalitäten der Ausübung beispielsweise in bezug auf Ausrüstung, finanzielle Unterstützung oder Training. 173 Regelungsgehalt und Auslegung des Title IX verdeutlichen damit, daß das Geschlecht im Bereich des Sports ein entscheidendes Kriterium darstellen und die Zulässigkeit einer Trennung zwischen männlichen und weiblichen Sportlern begründen kann.

111. Der "Civil Rights Act of 1964"/"Equal Pay Act" Mit dem Erlaß des "Civil Rights Act of 1964" wurde neben dem Merkmal der Rassenzugehörigkeit 174 auch das Verbot einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts im privaten Rechtsverkehr gesetzlich normiert. Nach Title VI/ des Bundesgesetzes ist eine Differenzierung zwischen Mann und Frau im Arbeitsleben unzulässig_'75 Ein weiteres Bundesgesetz, der sog. "Equal Pay Act", wiederholt ausdrücklich das Verbot einer Ungleichbehandlung bei der Vergütung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. 176 Wie im deutschen Recht besteht überwiegend in Mannschaftssportarten ein Arbeitsverhältnis, auf daß das USamerikanische Arbeitsrecht Anzuwendung findet. 177 Im Bereich des professionel173 Siehe etwa Cook v. Co/gate University, 802 F.Supp. 737 (N.D.N.Y. 1992), 992 F.2d 17 (2"ct Cir.1993) (Feststellung der Erledigung der Hauptsache); Harris, 72 Denv. U. L. Rev. 57 (41) (1994); ausführlich Evans, 42 How. L. J. 105 (109 et seq.) (1998), die gleichzeitig Be-

deutung und Auswirkungen untersucht, die sich ergeben, wenn das Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts und das der "Rassenzugehörigkeit" zusammenfallen. 174 Hierzu oben Vierter Teil.B.IV.I . 175 42 U.S.C. § 2000e-2(a) (1976): "lt shall be an unlawful employment practice for an employer(1) to fail or refuse to hire or to discharge any individual with respect to bis compensation, terrns, conditions, or privileges of employment, because of such individual 's race, color, religion, sex, or national origin; or (2) to Iimit, segregate, or classify bis employees or applicants for employment in any way which would deprive ortend to deprive any individual of employment opportunities or otherwise adversely affect bis status as an employee, because of such individual 's race, color, religion, sex, or national origin." 176 Equal Pay Act, 29 U.S.C. § 206 (d) (1) (1982): "No employer having employees subject to any provision of this section shall discriminate, within any establishment in which such employees are employed, between employees on the basis of sex by paying wages to employees in such establishment at a rate less than the rate at which he pays wages to employees of the opposite sex in such establishment for equal work on jobs the perforrnance of which requires equal skills, effort, and responsibility, and which are perforrned unter similar working conditions , except where such payment is made pursuant to ... (iii) a system which measures earnings by quantity of quality of production . . ." .

C. Diskriminierungsverbot auf Grund des Geschlechts

179

len Sports haben sich aktive Sportler in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer bisher weder auf den Title VII des "Civil Rights Act of 1964" noch auf den "Equal Pay Act" berufen, um eine Ungleichbehandlung im Arbeitsverhältnis auf Grund des Geschlechts geltend zu machen. 178 Entsprechend der Situation im deutschen Recht 179 ist eine Differenzierung zwischen einzelnen Arbeitnehmern verboten, wenn diese eine gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten. 180 Im Sport wird diese Voraussetzung zumeist mit der Begründung verneint, daß Frauen auf Grund der biologischen Unterschiede die erforderlichen physischen Qualifikationen fehlten, um bei den Herren teilnahmeberechtigt zu sein. Darüber hinaus würden Zuschauer Sportveranstaltungen männlicher Athleten oft größeres Interesse entgegenbringen.181 In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß eine Differenzierung bei der Entlohnung gerechtfertigt ist, wenn die zu vergleichenden Arbeitsleistungen einen unterschiedlichen "economic benefit" erzielen. 182 Das unterschiedlich starke Interesse der Öffentlichkeit an Damen- bzw. Herrensportveranstaltungen beeinflußt gleichzeitig deren wirtschaftlichen Erfolg und kann eine unterschiedliche Vergütung im Arbeitsverhältnis begründen. 183 Im Ergebnis bleibt somit für den Bereich des Sports festzuhalten, daß dem Verbot einer Diskriminierung wegen des Geschlechts im Arbeitsverhältnis keine große Relevanz beigemessen werden kann. 177 An der grundsätzlichen Geltung des US-amerikanischen Arbeitsrechts im professionellen Sport bestehen keine Bedenken, vgl. Wood v. National Basketball Association, 809 F.2d 954 (2nd Cir. 1987); Neeld v. American Hockey League, 439 F.Supp. 459 (1977); siehe auch Kosofsky, 4 Hastings Women's L. J. 209 (236) (1993). 178 Kosofsky, 4 Hastings Women's L. J. 209 (236) (1993); im Gegensatz zu den aktiven Sportlern sind etwa Sporttrainerinnen gegen eine Ungleichbehandlung unter Berufung auf T!tle VII des "Civil Rights Act of 1964" sowie den "Equal Pay Act" vorgegangen, zur einschlägigen Rechtsprechung Schubert/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 109 et seq. 179 Hierzu oben Zweiter Teil. G.l.l. und 2. 180 Zu den Anwendungsvoraussetzungen des T!tle VII des " Civil Rights Act of 1964" ausführlich Thau, Arbeitsrecht in den USA, S. 77 ff. 181 Kahn, 44 Indus. & Lab. Rel. Rev. 395 (412 et seq.) (1991); zu den Argumenten ausführlich Kosofsky, 4 Hastings Women's L. J. 209 (236 et seq.) (1993). 182 Hodgson v. Robert Hall Clothes, 1nc., 473 F.2d 589 (596) (3'd Cir. 1973); 414 U.S. 866 (1973) Certiorari denied; Arbeitgeber können eine Differenzierung bei der Entlohnung mit der Begründung rechtfertigen, daß mit der unterschiedlichen Entlohnung der Arbeitsleistung deren "quality of production" Rechnung getragen werde. Dies stellt nach dem Equal Pay Act ein zulässiges Differenzierungskriterium dar, 29 U.S.C. § 206 (d) (I); auf dessen Anwendbarkeit im professionellen Sport hinweisend Kosofsky, 4 Hastings Women's L. J. 209 (238) (1993). 183 Kahn, 44 Indus. & Lab. Rel. Rev. 395 (412 et seq.) (1991); siehe im einzelnen die Ausführungen zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland, Zweiter Teil. G.I.; a.A. Kosofsky, die eine derartige Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von Damen- und Herrenmannschaften ablehnt und im Ergebnis eine absolute Gleichbehandlung von Damen- und Herrensportlern in bezug auf Ausübungsmöglichkeiten und Bezahlung der sportlichen Leistung fordert. Auf diese Weise könne durch den Sport auch eine Verbesserung in der allgemeinen gesellschaftlichen Gleichstellung von Mann und Frau erreicht werden, 4 Hastings Women's L. J. 209 (238 et seq., 244, 247) (1993).

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

Title li des "Civil Rights Act of 1964" verbietet eine Diskriminierung bei öffentlich zugänglichen Einrichtungen auf Grund der Rasse, Hautfarbe, Religion oder der nationalen Herkunft. 184 Das Differenzierungsmerkmal des Geschlechts wird dagegen nicht ausdrücklich genannt. Weiler I Roberts werfen in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob etwa eine Profigolfspielerin, die auf Grund der lukrativeren Preisgelder bei den Turnieren der Herren mitspielen möchte, ihre Forderung unter Berufung auf Title 11 des "Civil Rights Act of 1964" durchsetzen könne. 185 Problematisch erscheint jedoch, daß der Gesetzeswortlaut eine abschließende Aufzählung vornimmt und dabei das Differenzierungsmerkmal des Geschlechts nicht ausdrücklich nennt. Viele Bundesstaaten haben ein entsprechendes Diskriminierungsverbot bei öffentlich zugänglichen Einrichtungen gesetzlich verankert und dort das Differenzierungsmerkmal des Geschlechts explizit aufgenommen, so daß insoweit primär die Gesetzgebung der Bundesstaaten heranzuziehen ist. 186

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung I. Der "Rehabilitation Act of 1973" (Section 504) (abgekürzt RA) Bis zum Jahr 1973 wurde die Rechtsstellung behinderter Menschen gegen Diskriminierungen auf Grund ihrer Behinderung weder in der Bundesverfassung noch durch Bundesgesetze ausdrücklich geschützt. Der "Rehabilitation Act" (RA) im Jahr 1973 hat erstmals das Verbot, behinderte Menschen auf Grund ihrer Behinderung zu benachteiligen, auf Bundesebene normiert. 1. Regelungsgehalt des RA

Der RA verbietet bei Programmen und Veranstaltungen, die durch Bundesmittel finanziell unterstützt oder von Verwaltungsbehörden durchgeführt werden, eine Ungleichbehandlung behinderter Menschen einzig auf Grund ihrer Behinderung, wenn sie die sonstigen Teilnahmevoraussetzungen erfüllen. 187 184 42 U.S.C. § 2000a (a); in bezugauf das Merkmal der Rassenzugehörigkeit siehe oben Vierter Teil. B.IV.l. Zu den Voraussetzungen einer Anwendwendbarkeit des 1itle ll des ,.Civil Rights Act of 1964" gegenüber privaten Sportvereinigungen vgl. die Ausführungen in bezug auf 1itle l/ des ,.Americans with Disabilities Act", der insoweit die gleichen Tatbestandsvoraussetzungen enthält, Vierter Teil. D.II.2.b.aa. 185 Weiler/Robens, Sportsand the Law, Ch. 12, Sec. B, S. 878. 186 Hierzu Theuman, 38 ALR 4th 339 et seq. (1985). 187 29 U.S.C. § 794: "No otherwise qualified disabled (a.F. handicapped) individual in the United States, as defined in section 706 (7) of this title, shall, solely by reason of his handicap, be excluded from participation in, be denied the benefits of, or be subjected to discrimination under any program or activity receiving Federal financial assistance or under any pro-

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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Durch das Kriterium staatlicher Einflußnahme, sei es als Veranstalter oder durch finanzielle Unterstützung, ist der Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbotes auf bestimmte Ereignisse beschränkt. Besondere Bedeutung erfuhr das Bundesgesetz im Ausbildungswesen, da sowohl Schulen als auch Universitäten und Colleges fast ausschließlich durch Bundesmittel finanziell unterstützt werden und infolgedessen dem Anwendungsbereich des RA unterliegen. 188 Das Bundesministerium für Erziehung erließ Durchführungsbestimmungen zu diesem Gesetz, die die Anwendung des RA im Schulwesen konkretisierten. So wurde auch im Bereich des College- und High School Sports das Verbot einer Diskriminierung auf Grund einer bestehenden Behinderung explizit festgelegt. 189 2. Anwendung des RA im Bereich des College- und High School Sports

Unter Berufung auf den RA erhoben Schüler und Studenten Klage auf Teilnahme an den Sportangeboten der High School und Colleges, indem sie ihren Ausschluß als unzulässige Diskriminierung auf Grund einer Behinderung werteten. a) Die ältere Rechtsprechung zur Anwendung des RA

Unklarheit bestand zunächst über die Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals "otherwise qualified handicapperl (n.F. disabled) individual", 190 d. h. die Frage, wann ein behinderter Sportler als "otherwise qualified" einzustufen ist. gram or activity conducted by any Executive agency or by the United States Postal Service ..." 188 In der Entscheidung Wright v. Columbia University, 520 F.Supp. 789 (792) (E.D.Pa. 1981), befand ein Bundesgericht, daß sec. 504 des RA eine Diskriminierung Behinderter bei der Aufnahme in die Football-Mannschaft einer Universität verbietet, auch wenn das Football-Programm selbst nicht unmittelbar öffentliche Gelder erhält. Ausreichend für die Anwendbarkeit des RA sei der Umstand, daß die Universität, die das Football-Programm anbietet, Empfänger öffentlicher Mittel sei, eine direkte finanzielle staatliche Unterstützung der Sportveranstaltung Football sei nicht erforderlich. Siehe auch Church/Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (109) (1998); Milani, 49 Ala. L. Rev. 817 (819) (1998); Schuben/Smith/Trentadue, Sports Law, S. 111 et seq. 189 34 C.F.R. § 104,43 (a) (1994): "No qualified handicapperl student shall, on the basis of handicap, be excluded from participation in, be denied the benefits of, or otherwise be subjected to discrimination under any academic, research, occupational training, housing, .. . , physical education, athletics, . ... , or other postsecondary education program or activity . . ." 34 C.F.R. § 104,47 (1994) (a) Physical education and athletics: (1) "In providing physical education courses and athletics and similar programs, and activities to any of its students, a recipient (of Federal financial assistance) to which this sub-partapplies may not discriminate on the basis of handicap. A recipient (of Federal financial assistence) !hat offers physical education coursesorthat operates or sponsors intercollegiate, club, or intramural ahtletics shall provide to qualified handicapped students an equal opportunity for participation in these activities." 190 29 u.s.c. § 794.

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

Im Rechtsstreit Kampmeier v. Nyquist 191 klagte eine Studentin, die auf einem Auge blind war, gegen eine staatliche Schule auf Teilnahme an den von dieser angebotenen Kontaktsportarten. Die Schule hatte eine Teilnahme der Klägerin auf Grund deren eingeschränkter Sehfähigkeit mit der Begründung abgelehnt, daß die Verletzungsgefahr des gesunden Auges zu groß sei. Obwohl die Klägerin die Schule von jeglicher Haftung für Verletzungen, die an dem gesunden Auge entstünden, freistellte und besondere Schutzlinsen trug, wurde die Klage in zwei Instanzen abgewiesen. Als Begründung führte das Gericht an, daß der Ausschluß der Klägerin gerechtfertigt sei ("substantial justification").Der RA verbiete nur dann eine Diskriminierung, wenn der Behinderte abgesehen von seiner Behinderungen alle sonstigen Voraussetzungen für die erstrebte Teilnahme erfülle ("otherwise qualified"). Diese lägen jedoch bei der Klägerin auf Grund der erhöhten Gefährdung des Sehvermögens bei einer Verletzung des gesunden Auges gerade nicht vor. Infolge dieser Argumentation führte allein die bestehende Behinderung zum Ausschluß der behinderten Sportlerin. Davon zu trennen ist die Überlegung, den Sportler zu seinem eigenen Schutz von einer Teilnahme auszuschließen. Dieses berechtigte Interesse des Sportveranstalters kann grundsätzlich eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts eines Sportlers und dessen Ausschluß rechtfertigen.192 Allerdings kann der Schutz des Sportlers nicht herangezogen werden, um das gesetzliche Kriterium des "otherwise qualified" zu erfüllen, da hier allein auf das objektive Vorliegen der Teilnahmevoraussetzungen abzustellen ist. Zwei Jahre später stellte der Supreme Court in Southeastem Community College v. Davis 193 klar, daß allein das Bestehen einer Behinderung nicht die fehlende Qualifizierung für die fragliche Tatigkeit begründen könne. Allerdings sei ein Behinderter nur dann als "otherwise qualified" einzustufen, wenn er trotz seiner Behinderung alle geforderten Voraussetzungen für eine Teilnahme erfülle. 194 Mit dieser höchstrichterlichen Auslegung des Begriffes "otherwise qualified handicapperl (n.F. "disabled") individual" wurde die Möglichkeit behinderter Sportler erweitert, ihre Teilnahme im HighSchool- und College Sport durchzusetzen. So erhob beispielsweise in Poole v. South Plainfield Board of Education 195 der ehemalige Schüler einer High School Klage auf Schadensersatz mit der Begründung, daß die Schule seine Teilnahme in der Wrestling-Schulmannschaft zu Unrecht abgelehnt habe. Dem Argument der Beklagten, daß eine Teilnahme des Klägers, dem eine Niere fehlte, zu gefährlich sei, folgte das Gericht nicht. Vielmehr stellte es fest, daß der RA gerade darauf abziele, Behinderten ein weitestgehend normales Leben zu ermöglichen. Dazu gehöre auch, selbst darüber zu entscheiden, welche Sportarten zu gefahrlieh seien. Da Poole alle Voraussetzungen für eine 191 192 193 194 195

553 F.2d 296 (2nd Cir. 1977). Ausführlich zu dieser Problematik Vierter Teil.D.I.2.c.bb. 60 L Ed 2d 980 (U.S.N.C. 1979); 442 US 397. 60 L Ed 2d 980 (988) (U.S.N.C. 1979). 490 F.Supp. 948 (D.N.J. 1980).

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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Teilnahme erfüllt habe und er sowie seine Eltern sich der Gesundheitsgefahr bewußt gewesen seien, hätte die Schule dem Kläger die Zulassung nicht vetweigern dürfen, sondern sich darauf beschränken müssen, auf die bestehenden Risiken hinzuweisen. Dem Zweck des RA entspreche es, bei einer unzulässigen Diskriminierung eine Klage auf Zahlung von Schadensersatz zu erheben, wenn wie im Fall Poole die ursprünglich begehrte Zulassung wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich sei. 196 Mit einer der Argumentation in Poole v. South Plainfield Bd. of Educ. entsprechenden Begründung erzwang ein Schüler in Grube v. Bethlehem Area School District197 seine Teilnahme in der Footballmannschaft Diese wurde dem Kläger, der wie Poole nur eine Niere hatte, mittels einstweiliger Verfügung unter der Voraussetzung gewährt, daß der Schüler die Verantwortung für Verletzungen übernahm, die aus seiner Teilnahme resultierten, und die Schule von einer Haftung freistellte.

b) Die jüngere Rechtsprechung zur Anwendung des RA

Besondere Aufmerksamkeit riefen zwei jüngere Entscheidungen aus den Jahren 1995 und 1996 hervor, die sich ebenfalls mit dem Begriff des "othetwise qualified disabled individual" sowie der Frage des Bestehens einer Behinderung i. S. d. RA auseinandersetzten. aa) Pahulu v. University of Kansas 198 Pahulu spielte während seiner Studienzeit für die Universität von Kansas Football und wurde durch ein Sportstipendium gefördert. Infolge eines Schlages auf den Kopf während eines Footballspiels verlor der Student kurze Zeit das Bewußtsein und verspürte in der Folge Taubheitsgefühle sowie ein "Kribbeln" in Armen und Beinen. Der Teamarzt diagnostizierte einen von Geburt an extrem verengten Nervenkanal im Nacken und untersagte dem Studenten die weitere Teilnahme am Football, da ein sehr hohes Risiko für eine weitere, möglichetweise dauerhafte schwere Nervenverletzung einschließlich einer irreparablen Lähmung bestehe. Obwohl Pahulu anbot, die Universität von jeglicher Haftung freizustellen, und die Stellungnahmen von drei Spezialisten einholte, die erklärten, daß der Student beim Football keiner größeren Verletzungsgefahr ausgesetzt sei als jeder andere Spieler, vetweigerte die Universität eine weitere Teilnahme arn Football. In der daraufhin vor einem Bundesgericht gegen die Universität von Kansas erhobenen Klage 196 Der Kläger hatte zwischenzeitlich die HighSchool bereits beendet, ausführlich zu dem Anspruch auf Schadensersatz bei einer Verletzung des RA Poole v. South Plainfield Bd. of Educ. 490 F.Supp. 948 (949) (D.N.J. 1980). 197 550 F.Supp. 418 et seq. (E.D.Pa. 1981). 198 897 F.Supp. 1387 (D. Kan. 1995).

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

machte Pahulu geltend, daß die Nichtzulassung zum Footballspiel eine unzulässige Diskriminierung unter dem RA darstelle. 199 (i) Bestehen einer Behinderung i. S. d. RA

In einem ersten Schritt mußte das Gericht klären, ob bei dem Kläger die Voraussetzungen einer Behinderung i. S. d. RA vorlagen. Nach der Legaldefinition des Gesetzes gilt eine Person als behindert, wenn sie eine physische oder geistige Beeinträchtigung hat, die in erheblicher Weise eine oder mehrere bedeutende Lebensaktivitäten dieser Person beeinträchtigt. 200 Im Fall Pahulu war zunächst strittig, ob das universitäre Footballspielen als eine grundlegende Lebensaktivität ("major life activity") eingestuft werden kann. Die Beantwortung dieser Frage hängt entscheidend davon ab, ob man hierbei auf den Einzelfall abstellt, wonach das Footballspielen für denjenigen, der eine Behinderung geltend macht, eine grundlegende Lebensaktivität darstellen muß, oder danach fragt, ob universitäres Footballspielen allgemein als eine solche anzusehen ist. 20 1 Das Gericht zog einen individuellen Prüfungsmaßstab heran und kam zu dem Ergebnis, daß der Student durch die sportliche Betätigung besser und erfolgreicher habe lernen können. Somit könne das Footballspiel im Hinblick auf das Lernen für Pahulu eine grundlegende Lebensaktivität darstellen.Z02 Eine Behinderung i. S. d. RA liegt jedoch nur vor, wenn die betroffene "major life activity" in erheblicher Weise beeinträchtigt ist ("substantial Iimitation"). Das Gericht lehnte das Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung der Leemöglichkeiten des Klägers mit der Begründung ab, daß der Kläger zum einen durch ein Stipendium gefördert werde und zahlreiche andere Ausbildungsmöglichkeiten wahrnehmen könne. Darüber hinaus sei er weiterhin in der Lage, am Footballprogramm in einer anderen Funktion als der des aktiven Spielers teilzunehmen. Damit lag bei Pahulu keine Behinderung i. S. d. RA vor, so daß dessen Antrag auf Teilnahme am Footballsportprogramm abgelehnt wurde.203 199 Gleichzeitig stützte Pahu1u die Klage auf den 1990 erlassenen ADA (hierzu unten Vierter Teil.D.II.), der im vorliegenden Fall auf Grund der inhaltlichen Parallelität zu einem identischen Ergebnis führte. 200 29 U.S.C. § 706 (8) (B): " .. . a person is disabled if he has (i) a physical or mental impairment that substantially Iimits one or more of such person 's major life activities, (ii) has a record of such an impairment, or (iii) is regarded as having, such an impairment." Diese Definition entspricht der Legaldefinition im Rahmen des später erlassenen ADA (42 U.S.C. § 12102 (2)), hierzu unten Vierter Teil.D.II. 201 Diese von der beklagten Universität vertretene Sichtweise führt zu dem Ergebnis, daß das universitäre Footballspiel allgemein, d. h. in bezug auf den Durchschnittsbürger, nicht als grundlegende Lebensaktivität angesehen werden kann, 897 F.Supp. 1387 (1392) (D.Kan. 1995). 202 897 F.Supp. 1387 (1393) (D.Kan. 1995). 203 897 F.Supp. 1387 (1393) (D.Kan. 1995).

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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(ii) Vorliegen der sonstigen Teilnahmevoraussetzungen

Hilfsweise stellte das Gericht fest, daß der Kläger auch die allgemeinen Voraussetzungen für die begehrte Zulassung nicht erfülle und somit nicht als "otherwise qualified" im Sinne des Gesetzes gelte. Die beklagte Universität, die die Beweislast für das Nichtvorliegen der sonstigen Teilnahmevoraussetzungen trägt, hatte argumentiert, daß ein Student nur dann am Sportprogramm teilnehmen könne, wenn er eine ärztliche Teilnahmebestätigung ("medical clearance") erhalten habe. Da diese dem Kläger aber auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht habe ausgestellt werden können, sei er auch nicht als "otherwise qualified" einzustufen. Das Gericht befand, daß die Beklagte die Entscheidung über die Ablehnung der ärztlichen Teilnahmebestätigung in verständiger und angemessener Weise getroffen und auf wesentliche sachverständige Tatsachen gestützt habe. Eine weitere gerichtliche Überpriifung komme in diesem Fall nicht in Betracht. 204 Der Kläger erfülle somit nicht die allgemein geforderten Zulassungsvoraussetzungen und gelte daher in Übereinstimmung mit der Argumentation der beklagten Universität nicht als "otherwise qualified" i. S. d. RA. bb) Knapp v. Northwestern University 205 Die bisher jüngste Entscheidung über die Anwendung des RA im College Sport ist im Jahr 1996 in dem Rechtsstreit Knapp v. Northwestern University ergangen. Knapp war ein begabter Basketballspieler, dem bereits zu Beginn seiner High School Zeit verschiedene Universitäten angeboten hatten, im Rahmen eines Sportstipendiums für diese Basketball zu spielen. Nach Beendigung seines ersten High School Jahres nahm Knapp das von der beklagten Northwestern University angebotene Stipendium mündlich an. Im letzten Jahr der Schulausbildung erlitt Knapp nach einem Basketballspiel einen plötzlichen Zusammenbruch, ausgelöst durch ein Herzkammerflimmern, das zu einem kurzzeitigen Herzstillstand führte. Mit Hilfe von Elektroschocks gelang eine Wiederbelebung des Sportlers, dem in der Folgezeit ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde. Trotz dieses Ereignisses unterstützte die Universität weiterhin die Vergabe des Stipendiums zugunsten Knapps. Als dieser jedoch zu Beginn seiner Studienzeit an der Northwestern University medizinisch untersucht wurde, versagte ihm der leitende Teamarzt die Teilnahmeberechtigung am Basketball und stützte sich hierbei zum einen auf Knapps ärztliche Bescheinigungen, in denen mehrfach von einer Teilnahme am wettkampfmäßig betriebenen Basketball abgeraten wurde. Zum anderen zog er die Stellung-

897 F.Supp. 1387 (1394) (D.Kan. 1995). 938 F.Supp. 508 (N.D.Ill. 1996) (einstweiliges Verfügungsverfahren); 942 F.Supp. 1191 (N.D.Ill. 1996) (Hauptsacheverfahren erste Instanz); 101 F.3d 473 (7th Cir. 1996) (Berufungsverfahren); 117 S.Ct. 2454 (1997) (Certiorari denietf). 204

205

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

nahme eines zweiten Teamarztes heran sowie Empfehlungen von zwei nationalen Ärztekongressen, die sich mit dieser Problemstellung auseinandergesetzt hatten. Daraufhin forderte der Student unter Berufung auf den RA seine Zulassung zu der Basketball- Mannschaft der Universität. In erster Instanz obsiegte der Kläger sowohl im vorläufigen Rechtsschutz206 als auch im Hauptsache verfahren. 207 In zweiter Instanz jedoch wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kernpunkt des Rechtsstreits bildete die Frage, ob Knapp behindert i. S. d. RA ist und gleichzeitig die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen für eine Aufnahme in die universitäre Basketball- Mannschaft erfüllt. (i) Bestehen einer Behinderung i. S. d. RA

Zunächst hob das Gericht hervor, daß die Behinderung Knapps auf dem im Gegensatz zu anderen männlichen Basketballspielern erhöhten Schadensrisiko beruhe, da eine tatsächliche Behinderung erst in dem Moment eintrete, in dem das Herz des Studenten zu schlagen aufhöre.Z08 Die Parteien jedoch fokusierten sich auf die Frage, ob die Nichtzulassung des Klägers in die Basketball-Mannschaft ebenso wie im Rechtsstreit Pahulu v. University of Kansai09 als wesentliche Beeinträchtigung einer grundlegenden Lebensaktivität ("substantiallirnitation of a major life activity") einzustufen ist. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß zur Bestimmung der betroffenen grundlegenden Lebensaktivität ein objektivierter Maßstab anzulegen sei und erst bei der Frage der wesentlichen Beeinträchtigung die individuelle Situation des Betroffenen einbezogen werden müsse: Lernen könne allgemein als grundlegende Lebensaktivität angesehen werden. Ob diese allerdings durch die Nichtzulassung zum Basketballspielen wesentlich beeinträchtigt werde, bestimme sich unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der betroffenen Person. 210 Insoweit sei zu beachten, daß der Basketballsport nur eine von mehreren angebotenen Ausbildungsmöglichkeiten darstelle. Knapp werde weiterhin, ohne als Gegenleistung wettkampfmäßig Basketball zu spielen, durch das Stipendium der Universität gefördert und erhalte auf diese Weise Zugang zu allen akademischen und nichtakademischen Angeboten der Universität. Durch die Nichtzulassung zur BasketballMannschaft werde dem Kläger somit nur ein geringer Teil der universitären Mög-

938 F.Supp. 508 (N.D.Ill. 1996). 942 F.Supp. 1191 (N.D.Ill. 1996). 208 101 F.3d 473 (479) (7m Cir. 1996); darauf hinweisend auch Church/Neumeister; die allerdings überzeugend argumentieren, daß ein Zustand, der die Funktionsfähigkeit eines der zentralsten Organe des menschlichen Körpers betrifft, auch unter das Tatbestandsmerkmal der Behinderung zu subsumieren sei, 25 J. C. & U. L. 105 (168) (1998). 209 Hierzu vorstehend unter D.I.2.b.aa. 210 101 F.3d 473 (481 et seq.) (7'h Cir. 1996). 206

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lichkeiten verwehrt, so daß eine wesentliche Beeinträchtigung seines Lernprozesses nicht vorliege. 211 (ii) Vorliegen der sonstigen Teilnahmevoraussetzungen

Ebenso wie im Fall Pahulu prüfte das Gericht hilfsweise, ob der Kläger die übrigen Teilnahmevoraussetzungen für die begehrte Zulassung erfüllte ("otherwise qualified"). Dabei ging es von dem Grundsatz aus, daß das bedeutende Risiko einer körperlichen Verletzung den Ausschluß einer Person rechtfertige, wenn diese Gefahr nicht beseitigt werden könne. 212 Allerdings setze dies voraus, daß eine vernünftige Wahrscheinlichkeit für einen erheblichen Schaden bestehe. Allein eine erhöhte Verletzungsgefahr könne den Ausschluß des behinderten Sportlers nicht begründen. 213 Unstreitig ist die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bei Knapp höher zu bewerten als bei einem normalen männlichen Basketballspieler. Uneinigkeit bestand allerdings zwischen den medizinischen Gutachtern der Parteien über die Einschätzung der konkreten Höhe des Risikos. Während Gutachter des Klägers dieses als hinnehmbar einstuften, bewerteten Fachleute der beklagten Universität die Teilnahme Knapps am Basketball als inakzeptabel. Hierbei stützten sie sich auf den Umstand, daß der Student bereits einen Herzstillstand erlitten hatte und dieser beim Basketballspielen eingetreten war. Angesichts dieser gegensätzlichen medizinischen Einschätzungen urteilte das Berufungsgericht, daß es nicht dazu berufen sei, eine eigene medizinische Entscheidung in diesem Streitpunkt zu treffen. Vielmehr müsse es sich bei der Überprüfung der von der Universität getroffenen Entscheidung darauf beschränken, ob diese unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls getroffen wurde, der Billigkeit entspricht und auf qualifizierten medizinischen Tatsachen beruht. Eine weitergehende Prüfung und gerichtliche Abänderung der Entscheidung sei bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht möglich. Vielmehr könne die Universität auf dieser Entscheidungsgrundlage bestimmen, ob eine Person die medizinischen Teilnahmevoraussetzungen erfülle oder nicht, ohne dabei den RA zu verletzen.214 Im Ergebnis gewährte das Gericht der Universität einen Beurteilungsspielraum, der einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist. 211 Zu einem gegenteiligen Ergebnis kam das erstinstanzliehe Urteil: Unter Zugrundelegung der individuellen Umstände des Klägers stelle das universitäre Basketballspielen für diesen eine grundlegende Lebensaktivität i. S. d. RA dar, die durch die Nichtzulassung in die Basketball-Mannschaft wesentlich beeinträchtigt werde, 942 F.Supp. 1191 (1195, 1196) (N.D.Ill. 1996). 212 101 F.3d 473 (482 et seq.) (7th Cir. 1996). 213 101 F.3d 473 (483) (7th Cir. 1996) unter Bezugnahme auf Mantolete v. Bolger; 767 F.2d 1416 (1424) (9'h Cir. 1985). 214 101 F.3d 473 (484) (7rb. Cir. 1996); das erstinstanzliehe Gericht hatte eine entgegengesetzte Auffassung vertreten und festgestellt, daß es Aufgabe des Gerichts sei, bei widersprechenden medizinischen Einschätzungen der Parteigutachter eine eigene Entscheidung über die medizinische Fragestellung zu treffen, 942 F.Supp. 1191 (1197) (N.D.Ill. 1996).

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

c) Stellungnahme und Ergebnis

Die uneinheitliche Auslegung und Anwendung des RA durch die Rechtsprechung verschiedener Bundesgerichte betrifft verschiedene Problemstellungen: Zunächst stellt sich die Frage, ob das Vorliegen einer Behinderung i. S. d. RA auf Grund eines individuellen oder allgemeinen Prüfungsmaßstabes zu ermitteln ist. Desweiteren geht es darum, ob eine bestehende Verletzungsgefahr für den Behinderten dessen Ausschluß von der Teilnahme rechtfertigen kann und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine solche Entscheidung der gerichtlichen Überprüfung stand hält. aa) Auslegung des Begriffs der Behinderung i. S. d. RA Die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal der grundlegenden Lebensaktivität, die infolge einer körperlichen oder geistigen Fehlfunktion wesentlich beeinträchtigt sein muß, erfordert einen objektivierten Prüfungsmaßstab. Wenn bereits bei der Bestimmung der grundlegenden Lebensaktivität auf die konkrete Situation des Einzelnen abgestellt wird, führt dies im Ergebnis zu einer ausufernden Anwendung des Gesetzes. Es besteht dann die Gefahr, daß die Grenze zwischen einer die allgemeine Lebenssituation beeinträchtigenden Behinderung und der bloßen Einschränkung in einem individuell bestimmten Tätigkeitsbereich fließend wird. Bei einer subjektiven Prüfung würde beispielsweise für eine Person, die aus Leidenschaft den ganzen Tag Motorrad fährt, diese Beschäftigung eine grundlegende Lebensaktivität darstellen mit der Folge, daß eine körperlich oder seelisch bedingte wesentliche Beeinträchtigung dieser Aktivität das Vorliegen einer Behinderung i. S. d. RA begründen könnte. Dieses Ergebnis entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Antidiskriminierungsgesetzgebung den Schutz der Menschen zu erreichen suchte, die in ihrer allgemeinen täglichen Lebensführung auf Grund eines körperlichen oder geistigen Leidens beeinträchtigt sind. Insoweit muß die Bestimmung der grundlegenden Lebensaktivität anband eines objektivierten Maßstabes erfolgen und sich auf grundlegende Tätigkeiten wie Laufen, Sehen, Hören, Lernen, für sich selbst Sorge Tragen oder Arbeiten beschränken.215 Church I Neumeister schlagen vor, die sportliche Betätigung allgemein unter den Begriff der grundlegenden Lebensaktivität zu subsumieren. 216 Auch diese Auffassung legt einen objektivierten Prüfungsmaßstab an und anerkennt gleichzeitig die wachsende gesellschaftliche Bedeutungsdimension des Sports, der zunehmend als wichtiger Aspekt der Lebensgestaltung angesehen wird. 217 Im Rahmen der Prü215 So auch die Definition in den Durchführungsbestimmungen, siehe etwa 34 C.F.R. at 104.3 (j) (2) (ii): "Major life activities" means functions such as caring for one's self, performing manual tasks, walking, seeing, hearing, speaking, breathing, learning, and working. "; ebenso in 45 C.F.R. at 84.3 (j) (2) (ii). 216 Church/Neumeister; 25 J. C. & U. L. 105 (171 et seq.) (1998).

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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fung einer wesentlichen Beeinträchtigung der "major life activity" können dann die individuellen Umstände des Betroffenen berücksichtigt und dessen besonderer Situation Rechnung getragen werden. bb) Ausschluß zum Schutz des behinderten Sportlers Eine weitere Diskrepanz zwischen den einzelnen Urteilen betrifft die Frage, ob der Ausschluß eines behinderten Sportlers gerechtfertigt sein kann, um diesen vor Verletzungen zu schützen. Die Urteile Poole v. South Plainfield Board of Education und Grube v. Bethlehem Area School District stellten die Entscheidungsfreiheit des behinderten Studenten und dessen Eigenverantwortlichkeit in den Vordergrund mit dem Ergebnis, daß einem behinderten Sportler zu dessen eigenem körperlichen Schutz die Teilnahme nicht verweigert werden kann. Im Gegensatz hierzu wird in den Entscheidungen Pahulu v. University of Kansas sowie Knapp v. Northwestem University die grundsätzliche Zulässigkeit, einen behinderten Sportler auf Grund der für ihn bestehenden Verletzungsgefahr von einer Veranstaltung auszuschließen, nicht in Frage gestellt. Dieser Rechtsauffassung entsprechend definieren Durchführungsbestimmungen zu sec. 504 des RA einen für die Teilnahme qualifizierten Behinderten ("qualified handicapperl person") als eine Person, die, mit oder ohne angemessene Modifikationen, die wesentlichen Funktionen der betreffenden Aufgabe erfüllen kann, ohne dabei ihre eigene Gesundheit und Sicherheit oder die anderer zu gefährden.2I8 Zu bedenken ist, daß jedenfalls der körperlich behinderte Sportler oder gegebenenfalls dessen Eltern grundsätzlich eigenverantwortlich und selbständig darüber entscheiden können, ob sich der Athlet einer Verletzungsgefahr aussetzen möchte. Ein Entzug des Selbstbestimmungsrechts des Behinderten durch eine Art "Bevormundung" von Dritten würde der Zielsetzung des Antidiskriminierungsgesetzes entgegenlaufen, eine Gleichstellung und Integration der behinderten Menschen zu erreichen. 219 Andererseits dürfen die Interessen der die Nichtzulassung des Sportlers beschließenden Sportvereinigung nicht ausgeblendet werden. Diese kann ein berechtigtes und anerkennenswertes Bedürfnis haben, unter ihrer Leitung teilnehmende Sportler vor Verletzungen und Schäden bei der sportlichen Betätigung zu bewahren. 220 Die NCAA beispielsweise hat als allgemeine Zielsetzung einen 217 Church/Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (172) (1998): " ... participation in athletics can be deemed an important aspect of life, even for the disabled." 21s 34 C.F.R. § 1613.702 (f) (1991): "Qualified handicapped person" means with respect to employment, a handicapped person who, with or without reasonable accomodation, can perform the essential functions of the position in question without endangering the health and safety of the individual or others ..." 219 Vgl. Milani, 49 Ala. L. Rev. 817 (907) (1998); Tucker, 23 J. C. & U. L. 1 (33) (1996), schreibt in diesem Zusammenhang von einem "benevolent paternalism".

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Grundsatz nonniert, nach dem jede Mitgliedsvereinigung die Verantwortung hat, die Gesundheitjedes teilnehmenden Sportlers zu schützen und eine sichere Umgebung für die Athleten herzustellen. 221 Dies gilt sowohl gegenüber dem behinderten Sportler als auch den anderen teilnehmenden Athleten. Darüber hinaus wird geltend gemacht, daß durch einen schweren Unfall oder möglicherweise sogar Todesfall während eines Wettkampfes das Ansehen und der Ruf des Veranstalters in der Öffentlichkeit beeinträchtigt werden könnten.Z22 Der körperliche Schutz des an einem sportlichen Ereignis teilnehmenden Athleten stellt ein berechtigtes Interesse desjenigen dar, in dessen Verantwortung die Veranstaltung durchgeführt wird. 223 Abgesehen von den haftungsrechtlichen Konsequenzen, die möglicherweise durch eine Haftungsfreistellung des betreffenden Sportlers zu überwinden sind,224 besteht ein legitimes Bedürfnis der verantwortlichen Vereinigung, durch eine von ihr organisierte Veranstaltung keine über das allgemein bestehende Risiko hinausgehende Selbstgefährdung eines Teilnehmers herbeizuführen oder herauszufordern. In Knapp v. Northwestem University trug das Bundesgericht der grundsätzlichen Entscheidungsfreiheit des behinderten Sportlers Rechnung, indem es allein das Bestehen einer erhöhten Verletzungsgefahr als nicht ausreichend angesehen und eine vernünftige Wahrscheinlichkeit für einen bedeutenden Schaden verlangt hat. Auf diese Weise können Veranstalter behinderte Sportler nur in Ausnahmefällen, in denen die Gesundheit des Betroffenen in erheblicher Weise gefährdet ist, von einer Teilnahme auszuschließen. 225 220 Ausführlich Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (192) (1998), der zur Begündung dieses berechtigten Interesses der Sportvereinigungen, das er als "inherent right to protect an athlete's health" umschreibt, zusätzlich noch bestimmte "social jusifications" anführt: Als solche nennt er u. a., daß beispielsweise die öffentlichen Kosten für die infolge einer teilnahmebedingten Verletzung erforderliche Heilbehandlung gering gehalten würden und darüber hinaus der Verlust von leistungsfähigen Mitgliedern der Gesellschaft verhindert werde. 221 NCAA Manual, Constitution 2.2.3.: " ... it is the responsibility of each member institution to protect the health of and provide a safe environment for each of its participating student-athletes . .. .",zitiert aus Church!Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (173) (1998). 222 Knapp v. Northwestem University, 942 F.Supp. 1191 (1199) (N.D.Ill. 1996). 223 In diesem Sinn haben auch Gerichte beispielsweise die den Sportlern auferlegte Pflicht zur Dopingkontrolle u. a. mit dem Schutz der Sportler vor körperlichen Schäden begründet, so etwa Hili v. NCAA, 865 P.2d 633 (661) (Cal. 1994): "The NCAA ... has an interest in protecting the health and safety of Student athletes who are involved in NCAA-regulated competition." 224 Zu den Gefahren einer Unwirksamkeit solcher Haftungsfreistellungsvereinbarungen siehe Church/Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (180 et seq.) (1998); Wagenblast v. Odessa School District,. 758 P.2d 968 (Wash. 1988), Sittenwidrigkeit einer Haftungsverzichtsvereinbarung. 225 101 F.3d 473 (483) (7tlt Cir. 1996); ebenso Ham, 8 Seton Hall J. Sport L. 741 (750 et seq.) (1998); ausführlich zu dieser Problematik Tucker, 23 J. C. & U. L. I (30 et seq., 34) (1996), die ausführt, daß grundsätzlich das Selbstbestimmungsrecht des Sportlers nicht eingeschränkt werden dürfe und der Ausschluß eines behinderten Sportlers durch die Schule /Universität nur dann ausnahmsweise zulässig sei, wenn die Teilnahme ein bedeutendes Risiko ("significant risk") für eine schwere Körperverletzung oder den Tod des Sportlers darstelle

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Läßt man den Ausschluß eines behinderten Sportlers zum Schutz vor Verletzungen grundsätzlich zu, stellt sich die weitere Frage, welche Anforderungen zum Nachweis einer vernünftigen Wahrscheinlichkeit für einen bedeutenden Schaden erfüllt sein müssen. Der Rechtsstreit Knapl26 illustriert diese Problematik: Zwischen den medizinischen Gutachtern der Parteien bestand Uneinigkeit dariiber, wie groß bei Knapp während des Basketballspielens das Risiko einer wesentlichen Herzfehlfunktion einzustufen sei. Wahrend das erstinstanzliehe Gericht unter Würdigung der verschiedenen Auffassungen eine eigene gerichtliche Entscheidung über diesen medizinischen Streitpunkt traf, 227 hielt das Berufungsgericht seine Entscheidungsbefugnis für begrenzt und billigte der Universität einen Beurteilungsspielraum zu, der einer gerichtlichen Überprufung nicht zugänglich ist. 228 In bestimmten Bereichen wie beispielsweise der Zuerkennung eines Stipendiums oder der Bewertung bestimmter akademischer und nichtakademischer Leistungen wird man einer Universität grundsätzlich eine gewisse Entscheidungsprärogative einräumen. Im Hinblick auf die in Rede stehende medizinische Entscheidung handelt es sich jedoch um eine sachverständige Würdigung, die sich von akademischen oder sportlichen Einschätzungen unterscheidet. Mit dieser Überlegung begrundet eine Ansicht in der Literatur ihre Auffassung, nach der das Gericht im Fall Knapp ein medizinisches Sachverständigengutachten hätte einholen müssen, um auf dessen Grundlage eine eigene Entscheidung zu treffen. 229 Andererseits ist zu berucksichtigen, daß das Berufungsgericht in dem Rechtsstreit Knapp hervorgehoben hat, daß die zu beurteilende Entscheidung der universitären Teamärzte auf mehreren Stellungnahmen und Empfehlungen verschiedener unabhängiger Fachleute beruhte. Der Umstand, daß bereits verschiedene sachverständige Entscheidungsgrundlagen existierten, begrundete das Unterlassen einer weiteren Überprufung.230 Hinzu kommt, daß die Universität kein eigenes Interesse hatte, den Stuund diese Gefahr auch durch entsprechende angemessene Maßnahmen nicht eingeschränkt werden könne. Eine derartige Beurteilung der Sachlage müsse auf medizinischer Fachkenntnis und objektiven Beweisen beruhen, um die Art, Dauer und Schwere des Risikos sowie die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadenseintritts bestimmen zu können. 226 Knapp v. Northwestern University, 101 F.3d 473 (483) (7th Cir. 1996). 227 Knapp v. Northwestern University, 942 F.Supp. 1191 (1198) (N.D.Ill. 1996). 228 Zu den Entscheidungsgründen des Berufungsgericht bereits oben Vierter Teii.D.I.2.b. bb.(ii). 229 In diesem Sinne Church/Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (174) (1998); die KnappBerufungsentscheidung ebenso kritisierend Ham, 8 Seton Hall J. Sport L. 741 (763) (1998). 230 Das Gericht stützte sich insoweit auf eine Entscheidung des Supreme Court, der in diesem Zusammenhang festgestellt hatte, daß ein Gericht normalerweise die angemessenen medizinischen Stellungnahmen von Beamten aus dem Gesundheitswesen seiner Beurteilung zugrundelegen sollte. Gleichzeitig wies der Supreme Court ausdrücklich darauf hin, daß er nicht über die Frage zu entscheiden habe, ob ein Gericht auch angemessene Stellungnahmen privater Fachleute seiner Entscheidung zugrundelegen sollte, School Board of Nassau County, Florida v. Arline 480 U.S. 273 (287 et seq.); wie das Gericht Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (209 et seq., 223) (1998).

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denten, den sie mittels eines Sportstipendiums förderte, von einer Teilnahme an ihrem Sportprogramm auszuschließen. Vielmehr suchte sie eine sachliche medizinische Einschätzung der Situation, so daß insoweit auch kein Interessenkonflikt im Verhältnis zu dem Kläger bestand. Infolgedessen erscheint die Auffassung des Bundesgerichts in Knapp v. Northwestem University vertretbar, auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu verzichten und die auf verschiedene unabhängige, sachverständige Bewertungen gestützte Entscheidung der Universität nicht weiter auf ihre medizinische Richtigkeit hin zu überpriifen. Der Rechtsstreit Knapp illustriert das Problem, bei der Anwendung von Antidiskriminierungsgesetzen genau bestimmen zu können, welche konkreten Auswirkungen eine Behinderung im Einzelfall für den Betroffenen entfaltet. Erschwerend kommt hinzu, daß bestehende Behinderungen nicht nur in ihren Folgen für den Einzelnen variieren, sondern dariiber hinaus auch sehr vielfältige Erscheinungsformen aufweisen. Dies erfordert eine einzelfallbezogene Untersuchung, die oft eine Zuhilfenahme sachverständiger Einschätzungen erfordern wird, um der individuellen Situation des Behinderten angemessen und sachgerecht Rechnung tragen zu können.

II. Der ,,Americans with Disabilities Act" (abgekürzt ADA) Der vorstehend dargestellte .,Rehabilitation Act" besaß auf Grund des Kriteriums der staatlichen Einflußnahme einen relativ eingeschränkten Anwendungsbereich, so daß für viele Gesellschaftsbereiche das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen bedeutungslos und damit auch unbeachtet blieb. 231 Deshalb wurde ein zweites Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. 1. Entstehungsgeschichte und Regelungsgehalt des ADA

Der .,Americans with Disabilities Act" (ADA) wurde am 26. Juli 1990 vom Kongreß verabschiedet und in Kraft gesetzt. Inhaltlich knüpft er an den Regelungsgehalt des RA an, erweitert jedoch den Geltungsbereich dieses Diskriminierungsverbotes auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen.232 Motiv und Leitgedanken des Gesetzgebers bestanden darin, die in der Gesellschaft bestehenden Ungleichbehandlungen behinderter Menschen zu beseitigen und hierzu starke, klare Prinzipien aufzustellen. 233 Der Kongreß stellte fest, daß Vgi. oben Vierter Teii.D.I.l. Zu den gesetzlichen Diskriminierungsverboten gegenüber Behinderten im Sport Gorman, 3 Sports Law. J. 103 et seq. (1996). 233 42 U.S.C. §§ 12101 (b); vgi. auch Neikirk, 36 Hous. L. Rev. 1867 (1874 et seq.) (1999). 231

232

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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etwa 43 Millionen behinderter Menschen mit steigender Tendenz in den Vereinigten Staaten leben, die in vielen Bereichen des täglichen Lebens einer Diskriminierung wegen ihrer Behinderung ausgesetzt sind und dagegen oft keinen oder nur sehr eingeschränkten rechtlichen Schutz erlangen. Ziel müsse sein, behinderten Menschen unter anderem gleiche Teilnahmemöglichkeiten zu gewährleisten. 234 In der Literatur wird das Ziel des Gesetzgebers mit den Worten formuliert, die Diskriminierungen Behinderter "in allen Bereichen der Gesellschaft" zu beseitigen. 235 Das Gesetz unterscheidet drei Bereiche, für die einzelne Bestimmungen erlassen wurden: Das erste Unterkapitel betrifft das Arbeitsverhältnis (Subchapter I - Employment),236 im zweiten Unterabschnitt werden Diskriminierungsverbote bei öffentlichen Dienstleistungen statuiert (Subchapter II- Public Services),237 das dritte Unterkapitel umfaßt den Bereich öffentlich zugänglicher Einrichtungen und Dienstleistungen, die von einem privaten Rechtsträger betrieben bzw. erbracht werden (Subchapter /II- Public Accomodations and Services operated by private entities ). 238 In Zusammenhang mit der Teilnahme behinderter Sportler an Sportveranstaltungen und Wettkämpfen sind insbesondere die Unterkapitel II und III von Bedeutung.239

2. Der Rechtsstreit Martin v. PGA Tour, lnc.

Besondere Aufmerksamkeit erlangte das Antidiskriminierungsgesetz durch die Entscheidung Martin v. PGA Tour, Inc., 240 in der erstmals im professionellen Sport der ADA zur Anwendung kam und das Verbandsregelwerk der beklagten Sportvereinigung beeinflußte. Dieser Rechtsstreit illustriert das Spannungsfeld zwischen der Autonomie der Sportverbände und dem in der staatlichen Rechtsordnung verankerten Schutz der Rechtsstellung des behinderten Sportlers. 234 42 U.S.C. §§ 12101 (a) (8): ,.The Nation's proper goa1s regarding individua1s with disabilities are to assure equality of opportunity, full participation, independent Iiving, and econornic self-sufficiency für such indi viduals." 235 Cook, 6 Vill. Sports & Ent. L. J. 243 (245) (I 999): ,.One of the stated purposes of the ADA is to elirninate discrirnination against disabled Americans in all areas of society."; ebenso Hentges, 18 Law & Ineq. 131 (135) (2000); vgl. auch Walsh, 9 Seton Hall J. Sport L. 599 (608) (1999); ausführlich zum ADA auch Parry, 23 Mental & Physical Disability L. Rep. 9 et seq. (1999). 236 42 U.S.C. §§ 12111-12117. 237 42 U.S.C. §§ 12131-12165. 238 42 u.s.c. §§ 12181-12189. 239 Gonnan, 3 Sports Law. J. 103 (108) (1996). 240 984 F.Supp. 1320 (D.Or. 1998) (einstweiliges Verfügungsverfahren); 942 F.Supp. 1242 (D.Or. 1998) (Hauptsacheverfahren erste Instanz); bestätigt in 204 F.3d 994 (9th Cir. 2000) sowie durch den Supreme Court in 121 S. Ct. 1879 (29/05/01).

13 Zinger

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

a) Der zugrundeliegende Sachverhalt

Der Berufsgolfspieler Casey Martin leidet unter dem sog. Klippel-TrenaunayWeber Syndrom241 und beantragte bei der US-PGA-Tour, Inc., 242 einer Vereinigung amerikanischer Berufsgolfer, bei einem von dieser veranstalteten Golfturnier entgegen der geltenden Wettkampfbestimmungen einen Golfwagen benutzen zu dürfen. 243 Da diese sich weigerte, eine Abweichung vom Regelwerk zuzulassen, erwirkte Martin mittels einer von einem Bundesgericht in Oregon erlassenen einstweiligen Verfügung das Recht, während des dritten Qualifikationsturnieres für eine Teilnahme an der PGA Tour einen Golfwagen benutzen zu dürfen?44 Daraufhin hob die PGA die Regel, die das Laufen vorschreibt, für alle Teilnehmer dieser dritten Qualifikationsrunde auf, stellte aber gleichzeitig klar, an der Regel grundsätzlich bei zukünftigen Turnieren festhalten zu wollen. In dem sich anschließenden Hauptsacheverfahren erstrebte Martin eine gerichtliche Anordnung, die ihm die Benutzung eines Golfwagens auf allen Turnieren der PGA- sowie der Nike-Tour ermöglichte.

b) Die Anwendungsvoraussetzungen des ADA

Im Fall Martin wurde die Anwendbarkeit des ADA auf den dritten Unterabschnitt "Public accomodations and services operated by private entities" gestützt.245

aa) Unanwendbarkeit des ADA auf private Vereinigungen Die Anwendbarkeit des ADA ist gegenüber privatrechtliehen Vereinigungen ("bona fide private membership club") grundsätzlich ausgeschlossen. 246 Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die auf Grund der Bedeutung des in 241 Durch diese angeborene Krankheit ist das rechte Bein sehr stark unterentwickelt und insbesondere die Durchblutung gestört. Das Laufen ist immer mit der Gefahr eines Beinbruches oder sogar einer Amputation sowie einer auftretenden Thrombose verbunden. 242 Im folgenden wird die Vereinigung "PGA Tour, Inc." mit "PGA" bezeichnet in Abgrenzung zu der Turnierserie "PGA-Tour". 243 Zum Sachverhalt im einzelnen bereits oben Zweiter Teil.C.I.5.a.cc.(iv); vgl. auch Walters, 45-0CT Fed. Law. 49 (1998); Pascarelli, 8 DePaul-LCA J. Art & Ent. L. 303 (305) (1998). 244 Martin v. PGA TOUR, lnc., 984 F. Supp. 1320 et seq. (D. Or. 1998). 245 Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Martin und der PGA mit der Folge der Anwendbarkeit des I. Gesetzesteils (Diskriminierung im Arbeitsverhältnis) lehnte das Gericht ab, 994 F.Supp. 1242 (1247) (D.Or. 1998); siehe hierzu auch das identische Ergebnis im deutschen Recht, Zweiter Teil. A.III.l.b. 246 42 u.s.c. §§ 12187.

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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Frage stehenden Bundesgesetzes eng ausgelegt werden muß und die Beweislast für ihr Vorliegen auf den überträgt, der die Ausnahme geltend macht. 247 (i) Rechtsauffassung des erstinstanzliehen Gerichts in Martin v. PGA Tour, Inc. und Kritik der Literatur

Das Gericht untersuchte in diesem Zusammenhang die Wesensmerkmale der PGA und kam zu dem Ergebnis, daß trotz ihres Status als gemeinnützige Vereinigung ("non-profit association") die PGA eine Art Handelsunternehmen ("commercial enterprise") darstelle, deren Aufgabe darin bestehe, Golfturniere zum wirtschaftlichen Nutzen ihrer Mitglieder, der Berufsgolfer, zu veranstalten und zu fördern.248 Der finanzielle Erfolg dieser Tatigkeit sei stets abhängig von der öffentlichen Anteilnahme an den Turnieren durch Zuschauer und Beobachter. Eine nicht wirtschaftliche Vereinigung, deren Vereinszweck darin bestehe, ihren Mitgliedern finanzielle Einnahmen zu verschaffen, habe der Gesetzgeber aber nicht von der Ausnahmeregelung erfassen wollen. Im Anschluß daran priifte das Gericht anhand von sieben in der Rechtsprechung249 entwickelten, nachfolgend aufgeführten Kriterien, ob die PGA danach als ein "bona fide private club" eingestuft werden kann: (1) Echte Auswählbarkeit der Mitgliedschaft ("genuine selectivity of membership"), (2) Mitbestimmungsrechte der Mitglieder ("membership control"),

(3) Geschichte der Vereinigung ("history of organization"), (4) Inanspruchnahme von Einrichtungen durch Nichtmitglieder ("use of facilities

by nonmembers"),

(5) Vereinigungszweck ("club's purpose"),

(6) Werbung der Vereinigung um Mitglieder ("whether the club advertises for members"), sowie (7) Gemeinnützigkeit der Vereinigung ("whether the club is nonprofit").

Zunächst analysierte das Gericht als entscheidendes Kriterium die echte Auswählbarkeit der Mitgliedschaft. Da die Mitgliedschaft in der Vereinigung allein von den spielerischen Fähigkeiten der Sportler abhänge, könne jeder, der die entsprechende sportliche Leistung erbringt, auch Mitglied werden. 250 Diese "natural 247 Martin v. PGA Tour, Inc., 984 F.Supp. 1320 (1323) (D.Or. 1998); ebenso Nesmith v. YMCA, 397 F.2d 96 (101) (4th Cir. 1968). 248 Martin v. PGA Tour, lnc., 984 F.Supp. 1320 (1323) (D.Or. 1998) (einstweiliges Verfügungsverfahren). 249 United States v. Lansdowne Swim Club, 713 F. Supp. 785 (789) (E.D.Pa. 1989). 250 Das Berufungsgericht ergänzte die erstinstanzliehen Ausftihrungen zutreffend dahin, daß allein der Umstand, daß ein Turnier auf höchstem sportlichen Niveau ausgetragen werde

13*

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

weeding-out selectivity" gelte allgemein im Sport und könne der Vereinigung keinen privaten Status i. S. d. ADA verleihen. Eine unter die Ausnahmeregelung des ADA fallende private Vereinigung zeichne sich gerade dadurch aus, daß sie im Rahmen der ihr zustehenden Vereinigungsfreiheit die Mitgliedschaft nach bestimmten Kriterien, beispielsweise bestimmte soziale Umstände oder moralische Überzeugungen, begrenze und infolgedessen grundsätzlich nicht jeden, sondern nur bestimmte Personengruppen als Mitglieder aufnehmen würden. 251 Diese Argumentation des Gerichts ist in der Literatur teilweise auf Widerspruch gestoßen: Der Erwerb der Mitgliedschaft in der PGA erfolge über ein höchst selektives Verfahren, in dem nach bestimmten Kriterien ausschließlich die besten Golfspieler ermittelt und in die Vereinigung aufgenommen würden?52 Darüber hinaus sei die Anzahl neuer Mitglieder in jedem Jahr auf 35 begrenzt. Dies verleihe der Vereinigung eine besondere Exklusivität und unterstreiche ihre Eigenschaft als private Vereinigung i. S. d. ADA. 253 Das Gericht lehnte auch bei der Prüfung der übrigen sechs Kriterien die Eigenschaft der PGA als private Vereinigung i. S. d. ADA ab. Dabei stützte es sich insbesondere auf den wirtschaftlich ausgerichteten Vereinszweck der PGA, der darin bestehe, den Mitgliedern finanzielle Einnahmequellen zu verschaffen und als solcher gegen eine Einordnung der PGA als privater Verein i. S. d. ADA spreche. 254 Dieses Ergebnis werde auch nicht dadurch widerlegt, daß es sich um eine gemeinnützige ("non- profit") Vereinigung handele, da dieser Umstand nicht zwingend zum Vorliegen der Ausnahmeregelung für private Vereinigungen führe. Hierbei führte das Gericht die Entscheidung Quijano v. University Federal Credit Union 255 an, in der der Status einer privaten Vereinigung in bezug auf eine Kreditgenossenschaft mit der Begründung abgelehnt worden war, daß die Vereinigung ausschließlich wirtschaftliche Zwecke verfolge. 256 Gegen diese Argumentation wurde eingewandt, daß die Mitglieder der PGA anders als im Fall Quijano nur dann einen wirtschaftlichen finanziellen Nutzen aus der Mitgliedschaft ziehen, wenn sie durch ein und infolgedessen nur wenige, überdurchschnittlich begabte Golfspieler daran teilnehmen könnten, nicht über den Status einer öffentlich zugänglichen Einrichtung entscheiden könne. Damit wies das Gericht in überzeugender Weise die Argumentation der beklagten PGA zurück, nach der zwar ein reines Amateurgolftumier, bei dem grundsätzlich jedermann teilnahmeberechtigt ist, der Legaldefinition des "place of public accomodation" unterfalle, nicht aber ein Turnier der PGA-Tour, dessen Teilnehmerkreis auf eine sehr geringe Anzahl exzellenter Golfspieler beschränkt ist, 204 F.3d 994 (998 et seq.) (9th Cir. 2000). 251 Martin v. PGA Tour, Inc., 984 F. Supp. 1320 (1325) mit Verweis auf Quijano v. University Federal Credit Union, 617 F. 2d 129 (5!h Cir. 1980). 252 Kensky, 9 George Mason U. Civ. Rts. L .J. 151 (178 et seq.) (1998); ebenso Phillips, 2 T.M. Cooley J. Prac. & Clin. L. 351 et seq. (1999). 253 Maitland, 29 Golden Gate U. L. Rev. 627 (662) (1999). 254 Martin v. PGA Tour, /nc. , 984 F.Supp. 1320 (1325) in bezug auf den Vereinigungszweck ("the club's purpose") als fünftes der insgesamt sieben Kriterien. 255 Quijano v. University Federal Credit Union, 617 F.2d 129. 256 Martin v. PGA Tour, Inc. , 984 F. Supp. 1320 (1325) (D.Or. 1998).

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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erfolgreiches Golfspiel Preisgelder gewinnen. Es bestehe somit keine Garantie für die Mitglieder, an dem wirtschaftlichen Gewinn zu partizipieren. Der Hauptgrund der Mitgliedschaft liege vielmehr in der Teilnahme an den Golftumieren, so daß der wirtschaftliche Zweck der PGA bei ihrer Einordnung als private Vereinigung unberücksichtigt bleiben müsse. 257 Im Ergebnis verneinte das Gericht die Einstufung der PGA-Tour als private Vereinigung i. S. d. ADA.Z58 (ii) Stellungnahme

Die Argumentation, mit der das Gericht das Vorliegen der Ausnahmeregelung ablehnt, spiegelt das Bemühen wider, der Rechtstatsächlichkeit des Sports bei der Anwendung des ADA gerecht zu werden. Indem das Gericht den Zweck der Vereinigung dahingehend beschreibt, den Mitgliedern einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, tritt der Aspekt der Kommerzialisierung in den Vordergrund. Gleichzeitig wird die Abhängigkeit dieses erstrebten wirtschaftlichen Erfolges von dem Interesse und der Anteilnahme der Öffentlichkeit betont. Dieser Öffentlichkeitsbezug stellt ein entscheidendes Kriterium dar, die PGA nicht unter die für eine gemeinnützige Vereinigung geltende Ausnahmeregelung zu subsumieren. Die gesellschaftliche Bedeutungsdimension des Sports einhergehend mit einem sich gegenseitig beeinflussenden Prozeß der Kommerzialisierung und Professionalisierung haben dazu geführt, daß jedenfalls der Spitzensport den Bereich rein privater Tätigkeit längst verlassen und einen Marktbezug gewonnen hat. 259 Dieser Entwicklung versucht die Entscheidung Rechnung zu tragen, indem sie die PGA, eine "Donprofit association", dem Anwendungsbereich des ADA unterstellt. Dieses Ergebnis wird auch durch die Motive des Gesetzgebers gestützt, die bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale mit einfließen.260 Mit dem Erlaß des ADA suchte der Kongreß, eine Diskriminierung Behinderter innerhalb der Gesellschaft möglichst umfassend zu unterbinden, und erstreckte das Diskriminierungsverbot auf zahreiche privatrechtlich ausgestaltete Rechtsverhältnisse. Die hierbei normierte Ausnahmeregelung für private Vereine 257 Maitland, 29 Golden Gate U. L. Rev. 627 (672) (1999); im Ergebnis ebenso Kensky, 9 George Mason U. Civ. Rts. L. J. 151 (176 et seq., 182) (1998), der dafür plädiert, die Ausnahmeregelung im gesamten professionellen Sport anzuwenden. 258 Wie das Gericht z. B. Pascarelli, 8 DePaul-LCA J. Art & Ent. L. 303, (312 et seq.) (1998); Koepke, 38 Washbum L. J. 699 (713, 723) (1999); Sharpe, 26 Fla. St. U. L. Rev. 783 (793, 807) (1999); Cook, 6 Vill. Sports & Ent. L. J. 243 (261 et seq.) (1999); im Ergebnis ebenso Long, 77 Or.L.Rev. 1337 (1380) (1998); Walsh, 9 Seton Hall J. Sport L. 599 et seq. (1999); die Begründung des Gerichts kritisierend u. a. Hentges, 18 Law & Ineq. 131, (158) (2000); Phillips, 2 T. M. Cooley J. Prac. & Clinical L. 351 (1999), der darauf abstellt, daß allein der Öffentlichkeitsbezug der PGA nicht den Status einer privatrechtliehen Vereinigung nehme. 259 Vgl. auch die Ausführungen zum deutschen Recht oben Zweiter Teil. B.II.5. 260 Zur Berücksichtigung der gesetzgebensehen Motive bei der Anwendung des ADA ausführlich Hentges, 18 Law & lneq. 131 (167 et seq., 169) (2000).

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

anerkennt den Schutz der Vereinigungsfreiheit, die dem einzelnen Bürger das Recht gewährt, sich zu Vereinigungen zusammenzuschließen?61 Gleichzeitig darf sie nicht dazu führen, daß bedeutende Gesellschaftsbereiche aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeklammert werden. Denn eine solche Auslegung würde den Leitgedanken des Gesetzgebers, eine umfassende Geltung des Diskriminierungsverbotes zu normierten, widersprechen. 262 Die PGA als Veranstalter der bedeutendsten Profigolfturnierserie in den U.S.A. erfüllt eine Aufgabe mit hohem gesellschaftlichen und wirtschaftlichem Stellenwert. Würde man die Anwendbarkeit des ADA gegenüber dieser grundätzlieh verneinen, bliebe ein bedeutender gesellschaftlicher Bereich von der Geltung des Diskriminierungsverbotes ausgenommen. Im Ergebnis ist daher der Auffassung des Gerichts zuzustimmen und die für private Vereinigungen geltende Ausnahmeregelung zugunsten der PGA nicht anzuwenden. bb) Der Begriff des "Place of public accomodation" Titel III des ADA verbietet eine Diskriminierung bei öffentlich zugänglichen Einrichtungen ("places of public accomodation") durch ihren Betreiber?63 Das Gesetz selbst erläutert den Begriff "public accomodation", indem es aufzählt, welche privaten Erscheinungsfonneo im Sinne des ADA darunter zu subsumieren sind. Dazu zählen unter anderem Hotels, Restaurants, Bäckereien, Reisebüros, Tankstellen, Privatschulen und unter Buchstabe (L) der detaillierten Aufzählung auch ein Golfplatz.264 Die PGA argumentierte dahingehend, daß das Spielfeld der Golfanlage (fairways und greens) während des von ihr durchgeführten Turniers gerade nicht für die Allgemeinheit zugänglich sei, sondern vielmehr nur von den Turnierteilnehmern betreten werden dürfe. Der Begriff "öffentlich" ("public") setze aber voraus, daß die in Frage stehende Einrichtung für die gesamte Allgemeinheit offen sei. Dies habe zur Folge, daß die Turnierveranstaltungen vom Anwendungsbereich des ADA ausgenommen seien.265 Ausführlich hierzu oben Vierter Teil.A.II.4. In diesem Sinne auch Walsh, 9 Seton Hall J. Sport L. 599 (623 et seq.) (1999); ebenso Koepke, 38 Washbum L. J. 699 (723) (1999). 263 42 U.S.C . § 12182: ,,No individual shall be discriminated against on the basis of disability in the full and equal enjoyment of the goods, services, facilities, privileges, advantages, or accomodations of any place of public accomodation by any person who owns, leases (or leases to), or operates a place of public accomodation."; in der Entscheidung Martin v. PGA Tour, /nc. war das Tatbestandsmerkmal des Betreibens einer öffentlich zugänglichen Einrichtung einschlägig ("operates a place of public accomodation"). 264 42 U.S.C. § 12181 (7) (K). 265 Martin v. PGA Tour, lnc., 984 F.Supp. 1320 (1326) (D.Or. 1998); diese Argumentation unterstützend Phillips, 2 T.M. Cooley J. Prac. & Clinical L. 351 et seq. (1999). 261

262

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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(i) Auslegung durch das erstinstanzliehe Gericht in Martin v. PGA Tour, lnc. und Bewertung der Literatur

Die vorstehend ausgeführte Argumentation der Beklagten wurde von dem Gericht abgelehnt: Es widerspreche dem Sinn des Gesetzes, wenn die Anwendung des ADA innerhalb einer explizit erwähnten Einrichtung auf einzelne räumliche Teilbereiche begrenzt werde. 266 Der private Betreiber einer öffentlich zugänglichen Einrichtung könne nicht eigenmächtig private Bereiche ("private enclaves") schaffen und dadurch den Anwendungsbereich des ADA modifizieren. Der Umstand, daß das Golfturnier nicht für die Allgemeinheit, sondern nur für die Turnierteilnehmer zugänglich sei, beeinflusse das Vorliegen einer öffentlich zugänglichen Einrichtung nicht. Auch eine Privatschule, die nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dem Anwendungsbereich des ADA unterfalle, 267 sei nur für die zugelassenen Schüler zugänglich und nicht für die Allgemeinheit als solche?68 Somit finde der ADA auf den Golfplatz sowie das darauf stattfindende Golfturnier Anwendung. Diese Auslegung des Gesetzes wird von Teilen der Literatur stark kritisert: Zum einen werde von der Legaldefinition des Gesetzes ausschließlich die sportliche Betätigung an sich und der Freizeitsport, nicht aber der sportliche Wettkampf erlaßt. 269 Dariiber hinaus müsse eine öffentlich zugängliche Einrichtung i. S. d. ADA tatsächlich der Öffentlichkeit dienen ("serve the public"). Dieses Kriterium sei aber bei Wettkämpfen der PGA gerade nicht erfüllt, da diese nur für eine begrenzte Personenanzahl veranstaltet würden. 270 (ii) Bewertung der Entscheidung Martin v. PGA Tour, Inc.

unter Berücksichtigung weiterer Rechtsprechung

Nach übereinstimmender Rechtsprechung kann eine Vereinigung, im Fall Martin also die PGA, grundsätzlich nicht selbst unter den Begriff des "place of public accomodation" subsumiert werden.271 Etwas anderes gilt nur dann, wenn Martin v. PGA Tour, Inc., 984 F.Supp. 1320 (1326) (D.Or. 1998). 42 u.s.c. § 12181 (7 J). 268 Das Gericht stützte sich dabei auf Independent Living Resources v. Oregon Arena Corp., 982 F.Supp. 698 (758 et seq.) (D.Minn. 1972): Das in diesem Rechtsstreit zur Entscheidung berufene Gericht verwies in diesem Zusammenhang darauf, daß viele als öffentlich zugängliche Einrichtungen geltende Anlagen nur für eine bestimmte begrenzte Personengruppe zugänglich seien, so beispielsweise auch ein Golfplatz, den nur berechtigte Mitglieder sowie ihre Gäste betreten dürften. 269 Dies ergebe sich aus der abstrakten Umschreibung " . . . or other place of exercise or recreation" am Ende der Aufzählung unter Buchstabe (L) des Gesetzes, so Phillips, 2 T.M. Cooley J. Prac. & Clinical L. 351 (1999); ebenso Kensky, 9 George Mason U. Civ. Rts. L. J. 151 (184 et seq.) (1998). 270 Hentges, 18 Law & Ineq. 131 (166) (2000). 266 267

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

die Vereinigung mit einer öffentlich zugänglichen Einrichtung dergestalt verbunden ist, daß die Mitgliedschaft in der Vereinigung notwendige Voraussetzung für die Nutzung der Einrichtung ist. 272 Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die neuere Rechtsprechung, die sich mit der Frage auseinandersetzen mußte, ob die NCAA eine öffentlich zugängliche Einrichtung i. S. d. ADA betreibt. 273 In Tatum v. National Collegiate Athletic Association274 urteilte ein Bundesgericht, daß die NCAA eine derart bedeutende Kontrolle über die Sporteinrichtungen ihrer Mitglieder ausübe, daß sie selbst als Betreiber einer öffentlich zugänglichen Einrichtung angesehen werden könne. 275 Zu einem gegenteiligen Ergebnis kam die Entscheidung Matthews v. National Collegiate Athletic Association, 276 in der das Gericht die Einordnung der NCAA als Betreiber einer öffentlich zugänglichen Einrichtung ablehnte: Zum einen bestehe keine derart enge Verbindung zwischen der beklagten Vereinigung NCAA und einer öffentlichen Einrichtung, etwa der Sportstätte einer Mitgliedsinstitution. Zum anderen übe die NCAA keinerlei Regelungs- und Kontrollbefugnisse hinsichtlich dieser Sportstätten aus, so daß jedenfalls das Merkmal des "Betreibens" einer öffentlich zugänglichen Einrichtung fehle. Beide Entscheidungen stellen entscheidend auf die Einfluß- und Kontrollmöglichkeiten ab, die die Vereinigung auf Sporteinrichtungen ausübt. Damit wird das "Betreiben" einer öffentlich zugänglichen Einrichtung als entscheidendes Kriterium in den Vordergrund gerückt. In diese Richtung zielt auch die Entscheidung Olinger v. United States Golf Association. 277 Ein behinderter Berufgolfspieler klagte gegen den nationalen Golfdachverband der Vereinigten Staaten (USGA) auf Zulassung zu dem von der Beklagten veranstalteten Wettkampf der U.S. Open Championship. 278 Das Gericht konzentrierte sich bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des ADA auf das Merkmal des "Betreibens" ("...operates...") 271 So beispielsweise für die National Basketball Association Cortez v. National Basketball Association, 960 F. Supp. 113 (W.D.Tex. 1997). 272 Elitt v. U.S.A. Hockey, 922 F. Supp. 217 (223) (E.D.Mo. 1996) mit Verweis auf Clegg v. Cult Awareness Network, 18 F.3d 752 (755 et seq.) (9th Cir. 1994); Welsh v. Boy Scouts of America, 993 F. 2d 1267 (1272) (7'h Cir. 1993): " ... when the organization functions as a "ticket" to admission to a facility or location." 273 Ausführlich zur Struktur und Bedeutung der NCAA oben Vierter Teil.A.I.2.a. 274 992 F.Supp., 1114 (1119 et seq., 1121) (E.D.Mo. 1998). 275 Das Gericht bezog sich hier auf Ganden v. National Collegiate Athletic Association, No. 96 C-6953, 1996, WL 680000 (N.D.Ill. 1996): Hier hatte das Gericht entschieden, daß die NCAA selbst eine öffentlich zugängliche Einrichtung betreibt auf Grund ihrer engen Verbindung zu verschiedenen Sporteinrichtungen ihrer Mitgliedsinstitutionen. 276 79 F.Supp. 2d 1199 (1204 et seq., 1205) (E.D.Wash. 1999). 277 52 F.Supp. 2d 947 (N.D.Ind. 1999) (einstweiliges Verfügungsverfahren); 55 F.Supp. 2d 926 (N.D.Ind. 1999) (Hauptsacheverfahren erste Instanz); bestätigt in 205 F.3d 1001 (7'h Cir. 2000). 278 Die Entscheidung Olinger wurde zeitlich nach dem Urteil Martin v. PGA Tour und unter Bezugnahme auf dieses erlassen.

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

201

der öffentlich zugänglichen Einrichtung "Golfplatz". Dieses müsse recht weit ausgelegt werden und sei auch dann erfüllt, wenn das "Betreiben" nur über einen kurzen Zeitraum erfolge. Die beklagte USGA als Veranstalterin des Turniers habe während der Durchführung des Wettkampfes die alleinige Entscheidungsgewalt und Kontrolle über den Golfplatz, indem sie zum einen den Zugang zu diesem auf die Turnierteilnehmer beschränke und gleichzeitig die alleinige Verantwortung bei der Organisation und Durchführung des Turniers trage. 279 Damit galt die USGA als Betreiberin einer öffentlich zugänglichen Einrichtung und unterliegt während der Durchführung der sportlichen Veranstaltung dem Diskriminierungsverbot in Titel III des ADA. Die Fokusierung auf das Merkmal des "Betreibens" einer öffentlich zugänglichen Einrichtung beruht auf dem Umstand, daß Grundlage der Anwendbarkeit des ADA nicht die den Wettkampf ausrichtende Sportvereinigung selbst, sondern die Örtlichkeit als öffentlich zugängliche Einrichtung. Deshalb kann eine sportliche Veranstaltungen selbst nicht unmittelbar unter die Tatbestandsmerkmale des ADA subsumiert werden. 280 Dessen Anwendung in bezug auf Wettkämpfe ist erst über die Verbindung mit einer öffentlich zugänglichen Einrichtung, in oder auf der das sportliche Ereignis ausgetragen wird, erreichbar. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang, daß der Sportler zwar mittelbar auch die Zulassung zu dem Golfplatz begehrt, sein eigentliches Ziel aber darauf gerichtet ist, an dem von der PGA bzw. USGA auf dieser Einrichtung ausgetragenen Turnier teilzunehmen. Die Anknüpfung an den Austragungsort ist daher insoweit ungenau, als eine Zulassung zu diesem nur die Folge der eigentlichen Forderung darstellt. 281 Andererseits ergibt sich aus dem Gesetzestext des ADA eindeutig der Wille des Gesetzgebers, die Geltung des Diskriminierungsverbotes an Örtlichkeiten anzuknüpfen, so daß insoweit die von den Gerichten hergestellte Verbindung zwischen dem Wettkampf und der Lokalität, auf der dieser vom Veranstalter ausgetragen wird, sachgerecht erscheint. (iii) Auswirkungen auf den Wettkampfsport in den Vereinigten Staaten

Diese soeben dargestellte Gesetzesauslegung wirft die Frage auf, inwieweit die den Golfsport betreffenden Entscheidungen Martin und Olinger Auswirkungen auf andere Sportarten haben und damit die Entwicklung des Sports allgemein beeinflussen können. Olinger v. U.S.G.A., 55 F.Supp. 2d 926 (931 et seq.) (N.D.Ind. 1999). In diesem Sinne formulierte das Gericht in Olinger v. United States Golf Association, 55 F.Supp. 2d 926 (930 et seq.) (N.D.Ind. 1999): "The Congress chose to Iist places, not events or activities, as public accomodations." Infolgedessen kam das Gericht zu dem Ergebnis, daß die U.S. Open eine Veranstaltung ("event") sei und damit nicht unmittelbar unter den Begriff der öffentlich zugänglichen Einrichtung falle. 281 In Olinger v. U.S. Golf Association, 55 F. Supp. 2d 926 (931) (N.D.Ind. 1999) betonte das Gericht, daß der Golfspieler Zugang zu dem Golfplatz verlange, den die U.S.G.A. zur Austragung ihres Turnieres jedes Jahr benutze. 279

280

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

Nach Buchstabe (L) der Legaldefinition gelten als öffentlich zugängliche Einrichtungen "a gymnasium, health spa, bowling alley, golf course, or other place of exercise or recreation". 282 Mit dieser Aufzählung, insbesondere der letzten allgemeinen Formulierung, können generell die verschiedensten sportlichen Betätigungsformen vom Anwendungsbereich des ADA erlaßt werden. Heißt dies nun, daß beispielsweise auch ein Tennisplatz unter die Legaldefinition der öffentlich zugänglichen Einrichtung als "other place of exercise" einzuordnen ist? Die öffentlichkeitsbezogene Dimension ist bei einem Golfplatz grundsätzlich sicher höher zu bewerten als bei einem Tennisplatz. Dies wird allein daran deutlich, daß heute fast jeder Spitzentennisspieler und auch andere Spieler einen privaten Tennisplatz auf ihrem Grundstück haben, während die Errichtung eines eigenen Golfplatzes in der Regel nicht realisierbar ist. 283 Dies kann die explizite Nennung des Golfplatzes in der Legaldefinition des ADA begriinden. Jedoch vermag es nicht zu überzeugen, innerhalb des Sports die Anwendung des ADA auf einzelne Sportarten zu begrenzen. Dem Auftrag des Gesetzgebers, die Diskriminierung Behinderter in allen Bereichen der Gesellschaft zu beseitigen, kann nur dann angemessen Rechnung getragen werden, wenn man entweder eine weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals " ...other place of exercise or recreation ..." zuläßt oder eine Subsumtion unter andere Begriffe des Gesetzes vornimmt: Unter Buchstabe (C) der Legaldefinition werden beispielsweise ein Stadion sowie als allgemeine Samrneibezeichnung ein Ort der Ausstellung oder Unterhaltung("...other place of exhibition or entertainment") genannt. 284 Zu überlegen wäre, ob Sportveranstaltungen möglicherweise als ein Ort der Unterhaltung eingeordnet werden können, insbesondere wenn man das öffentliche Interesse an Sportwettkämpfen und deren hohen Unterhaltungswert beriicksichtigt. Nur über eine weite Auslegung und Anwendung des ADA kann einerseits das Diskriminierungsverbot im Bereich des Sports Bedeutung erlangen und dariiber hinaus eine Aufteilung des Sports in Sportarten, die dem Verbot der Diskriminierung Behinderter unterfallen, und anderen, die vom Anwendungsbereich des ADA ausgenommen sind, verhindert werden. cc) Inhaltskontrolle nach Maßgabe des ADA Als unzulässige Diskriminierung Behinderter gilt neben der unmittelbaren Benachteiligung auch das Unterlassen angemessener Modifikationen, um auf diese Weise dem Behinderten eine Teilhabemöglichkeit zu verschaffen. 285 Als Priifungs42 U.S.C. § 12181 (7). Darauf hinweisend F.A.Z. Nr. 93 vom 19. 04. 2000, S. 47 in bezugauf das Verhältnis zwischen dem professionellen Golf- und Tennissport, insbesondere der PGA-Tunierserie der Golfer und der ATP-Tour im Herrentennis. 284 42 U.S.C. § 12181 (7). 285 42 U.S.C. § 12182 (a), 12182 (b) (A) (ii) and (iii); Martin v. PGA Tour, Inc., 994 F.Supp. 1242 (1247) (D.Or. 1998). 282

283

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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maßstab hat das Gericht die Frage zugrundezulegen, ob eine angemessene Abänderung der in Frage stehenden Bestimmung des Regelwerkes in Betracht kommt, durch die eine Anpassung an die Bedürfnisse des Behinderten erreicht werden kann (" ... may a reasonable modification be made to accomodate a disabled individual?")?86 Dabei trägt der Kläger die Beweislast, daß die geforderte Änderung im allgemeinen angemessen ist. 287 Das Gericht prüft, ob eine Modifizierung dem Sinn und Zweck der in Frage stehenden Regelung zuwiderlaufen würde. 288 (i) Rechtsprechung zum ADA im Bereich des High School- und College Sports Mit der Klage des Golfspielers Martin wurde erstmals die Teilnahme eines behinderten Sportlers am professionellen Wettkampsport unter Berufung auf den ADA gefordert. Dagegen hatten im Bereich des High School- und College Sports bereits mehrere Gerichte über die Anwendbarkeit des ADA zur Durchsetzung einer Teilnahmeberechtigung bei Sportveranstaltungen zu entscheiden. (I) Pottgen v. Missouri State HighSchool Activities Association (MSHSAAy2 89 :

In Pottgen v. MSHSAA forderte der Kläger, ein Student der High-School, unter Berufung auf den RA sowie den ADA, in der Baseball-Mannschaft seiner High School spielen zu dürfen. Nach den Regelbestimmungen der MSHSAA sind Studenten nicht mehr teilnahmeberechtigt, wenn sie das 19. Lebensjahr vor Beginn des neuen Schuljahres vollendet haben. Pottgen hatte auf Grund einer später diagnostizierten Lernbehinderung währen der Grundschulzeit zwei Schuljahre wiederholen müssen, so daß er zu Beginn seines vierten HighSchool- Jahres bereits 19 Jahre alt und damit von einer Teilnahme an den sportlichen Veranstaltungen ausgeschlossen war. Gestützt auf den ADA forderte Pottgen eine Ausnahmeregelung von der Altersbeschränkung. Das Berufungsgericht kam zu dem Ergebnis, daß die in Frage stehende Regelung für den High School Sport als grundlegend einzustufen sei, da sie einen Wettbewerbsvorteil zugunsten von Mannschaften mit älteren Sportlern verhindere. Gleichzeitig schütze die Bestimmung jüngere Athleten vor Verletzungen und verhindere, daß die sporttreibenden Studenten die Schulzeit verzögerten, um ihre sportliche Leistungsfähigkeit zu steigern. 290 Die Abänderung einer als wesentlich eingestuften Regelbestimmung verändere die Natur des Wettkampfes grundlegend, so daß dem Klageantrag nicht entsprochen werden könne. Eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung, ob die Regelung über die Altersbeschränkung im Fall des Klägers erforderlich bzw. wesentlich sei, lehnte das Gericht ab. Zur Begründung führte

289

Martin v. PGA Tour, Jnc., 994 F.Supp. 1242 (1245) (D.Or. 1998). Martin v. PGA Tour, Jnc., 994 F.Supp. 1242 (1248) (D.Or. 1998). Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1246) (D.Or. 1998). 40 F.3d 926 (8th Cir. 1994).

290

Pottgen v. MSHSAA, 40 F.3d 926 (929) (8th Cir. 1994).

286 287 288

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

es aus, daß eine einzelfallbezogene Überprüfung der Regelbestimmung auf ihre Erforderlichkeit hin der beklagten MSHSAA eine übermäßige finanzielle und administrative Last auferlege und infolgedessen keine angemessene Änderung des Regelwerkes darstellen könne. 291 Über einen inhaltlich gleichen Sachverhalt wie im Fall Pottgen hatte das Gericht in Sandison v. Michigan High School Athletic Association (MHSAAy292 zu entscheiden: Bezugnehmend auf das Pottgen- Urteil kam das Berufungsgericht ebenfalls zu dem Ergebnis, daß eine Abänderung der Regelung über die Altersbeschränkung die Natur des Sportprogrammes grundlegend verändern würde. Eine individuelle Überprüfung der Erforderlichkeit der Regelung im Einzelfall sei abzulehnen, da dies eine übermäßige Belastung für die beklagte MHSAA begründe und somit nicht als angemessene Änderung des Regelwerkes angesehen werden könne. 293 (2) Mc Pherson v. Michigan HighSchool Athletic Association (MHSAAP 94 : In einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 hatte ein Bundesgericht darüber zu urteilen, ob eine Regelbestimmung der MHSAA, nach der eine Teilnahmeberechtigung am Sportprogramm der High School nur bis zum Ende des achten Semesters besteht (sog. "eight semester rule"), den ADA verletze, wenn sie gegenüber einem Studenten angewendet wird, der auf Grund einer Lernbehinderung die Regelstudienzeit von acht Semestern nicht einhalten konnte.

Das Berufungsgericht befand, daß das Ziel der Regelung zum einen darin bestehe, das Niveau der sportlichen Erfahrung und Leistung zu begrenzen, um dadurch eine größere Einheitlichkeit des Teilnehmerfeldes zu bewirken. Zum anderen werde die Körpergröße und -reife der Sportler zum Schutz aller Teilnehmer beschränkt, um den Spielern, die in Übereinstimmung mit der Regelung am Sportgeschehen teilnehmen, einen fairen und chancengleichen Wettbewerb zu gewähren. Diese Zwecksetzung begründe die Notwendigkeit der in Frage stehenden Regelung, deren Abänderung zu einer grundlegenden Veränderung des Sportprogramms führe. Darüber hinaus werde der MHSAA durch die Verpflichtung, über die Erforderlichkeit der Regelanwendung gegenüber jedem einzelnen Sportler zu entscheiden, eine sehr hohe finanzielle und administrative Last auferlegt. 295 (3) Bowers v. National Collegiate Athletic Association (NCAA/ 96 : In Bowers v. NCAA forderte der klagende Student unter Berufung auf seine Lernbehinderung 291 Diese Entscheidung wurde in einer abweichenden Stellungnahme des Vorsitzenden Richters Arnold heftig kritisiert. Dieser plädierte für eine Einzelfallprüfung, die im vorliegenden Fall zu einem gegenteiligen Ergebnis geführt hätte, 40 F.3d 926 (931 et seq.) (8th Cir. 1994). 292 64 F.3d 1026 (6'h Cir. 1995). 293 64 F.3d 1026 (1037) (6th Cir. 1995). 294 119 F.3d 453 (6th Cir. 1997). 295 119 F.3d 453 (462 et seq.) (61h Cir. 1997). 296 974 F.Supp. 459 et seq. (D.N.J. 1997).

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eine Ausnahme von der sog. "core course"-Regel, um eine Teilnahmeberechtigung am Sportprogramm seines Colleges zu erhalten. Diese von der NCAA normierte Bestimmung verlangt den Nachweis bestimmter akademischer Leistungen als Voraussetzung für die Teilnahme am Sportprogramm der Universitäten und Colleges. Da der Kläger diese nicht erfüllte, wurde ihm die Teilnahmeberechtigung verweigert. Gestützt auf den ADA verlangte Bowers, die sog. "core course"-Regel ihm gegenüber nicht anzuwenden und ihn zum universitären Sportprogramm zuzulassen. Der zur Entscheidung berufene District Court bewertete die in Frage stehende Regelung als grundlegend ("essential"), da sie erforderlich sei, um die Ziele des universitären Sportprogrammes zu erreichen. Diese bestehen in erster Linie darin, den Sport als integrierten Bestandteil des Ausbildungsprogramms beizubehalten und sicherzustellen, daß die Studenten, die durch den Sport ihre Universität repräsentieren, einen zufriedenstellenden Fortschritt auch in der akademischen Ausbildung erzielen.297 Eine völlige Aufgabe dieser wesentlichen Regelbestimmung würde mithin zu einer grundlegenden Veränderung des Regelwerkes und der Sportausübung führen. Da jedoch die Bestimmung selbst Möglichkeiten vorsehe, in Fällen einer Lernbehinderung Ausnahmeregelungen zuzulassen, müsse hier anband einer individuell auf den Kläger bezogenen Entscheidung geprüft werden, ob eine angemessene Änderung der Regelbestimmung in Betracht komme. 298 (ii) Rechtsauffassung des Gerichts in

der Entscheidung Martin v. PGA Tour, lnc.

In einer zusammenfassenden Analyse vorstehend dargestellter Entscheidungen stellte das Martin- Gericht fest, daß übereinstimmend zunächst Sinn und Zweck der vom Kläger angegriffenen Regelbestimmung ermittelt worden seien, um in einem zweiten Schritt die Angemessenheit der geforderten Modifikation des Regelwerkes bestimmen zu können. 299 Die beklagte PGA vertrat hingegen die Auffassung, daß eine Regelwerkbestimmung keiner Modifizierung zugänglich sei, wenn sie als substantiell ("substantive") einzustufen sei. Dies gelte etwa bei Regelungen, die über die Teilnahmeberechtigung entscheiden oder den Ablauf des Spiels bestimmen. 300 Dem widersprach das Gericht mit der Begründung, daß sich die PGA auf diese Weise faktisch dem Anwendungsbereich des ADA wieder entziehen könne. Die Aufgabe des Gericht bestehe vielmehr darin, Ziel und Zweck der in Frage stehenden Regelung zu ermitteln und dann sicherzustellen, daß durch eine angemessene Abänderung dieser Bestimmung deren Zielsetzung nicht untergraben 974 F.Supp. 459 (466) (D.N.J. 1997). Im Ergebnis wies das Gericht die Klage ab, da die Behinderung nicht ursächlich dafür war, daß Bowers die Voraussetzungen der "core course"-Regel nicht erfüllte, 974 F.Supp. 459 (467) (D.N.J. 1997). 299 994 F.Supp. 1242 (1246) (D.Or. 1998). 300 994 F.Supp. 1242 (1246) (D.Or. 1998). 297 298

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4. Teil: Die Situation im US-amerikanischen Recht

und die grundlegende Eigenart des Wettkampfes der PGA-Tour nicht verändert werde. 301 Aufbauend auf diesem Prüfungsansatz analysierte das Gericht die Regelbestimmung der PGA, die den Turnierteilnehmern die Benutzung eines Golfwagens untersagt. Dabei ging es von dem Grundsatz aus, daß das Interesse eines Behinderten an einer Gleichbehandlung im Sport ebenso groß sei wie in anderen Bereichen des täglichen Lebens. Gleichzeitig entspreche das Bedürfnis der Sportverbände im High School- und College Sport nach einer einheitlichen Anwendung ihrer Spürtregelwerke dem im professionellen Sport bestehenden Interesse. 302 In den allgemeinen Golfregeln 303 wird das Laufen nicht als Bestandteil des Golfspieleus definiert oder als solcher zugrundegelegt 304 Vielmehr hat die USGA in einer Entscheidung zu den Golfregeln erklärt, daß es zulässig ist, einen Golfwagen zu benutzen, wenn nicht die konkreten Wettkampfbedingungen bestimmter Wettkämpfe dies verbieten. 305 Nach den Turnierregeln der PGA ("Conditions of Competition and Local Rules"), die sowohl für die PGA- als auch die Nike-Tour gelten, finden die allgemeinen Golfregeln in modifizierter Form Anwendung. So gilt die Regel, daß die Spieler zu Fuß gehen müssen, wenn ihnen nicht von der PGA die Erlaubnis erteilt wird zu fahren. 306 Nach Auffassung des Gericht manifestiere der Umstand, daß die PGA in zwei der drei Qualifikationswettbewerben die Benutzung eines Golfwagens zulasse, die Überlegung, daß die PGA selbst das Laufen nicht als wesentlichen Bestandteil des Golfspieleus ansehe. Der Kläger habe infolgedessen den Beweis erbracht, daß seine Forderung eine angemessene Modifizierung der Regeln darstelle?07 Dies werde auch dadurch unterstützt, daß die NCAA und die PAC 10 bei von ihnen veranstalteten Wettbewerben behinderten Golfspielern die Benutzung eines Golfwagens gestattet hatten, obwohl auch nach deren Regelwerk Golfspieler im Wettkampf grundsätzlich keinen Golfwagen benutzen dürfen. 308 301 Insoweit folgte das Gericht in Martin v. PGA Tour, lnc. inhaltlich den soeben unter D.II.2.b.cc.(i). dargestellten Entscheidungen. 302 Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1246) (D.Or. 1998). 303 Diese werden von der United States Golf Association (USGA) und dem Royal and Ancient Golf Club of St. Andrews, Scotland, herausgegeben und legen weltweit die Modalitäten des GolfspieJens fest. 304 Vgl. Rule 1 - 1: ,.The Game of Golf consists in playing a ball from the teeing ground into the hole by a stroke or successive strokes in accordance with the rules." 305 Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1249) (D.Or. 1998). 306 Part 6/Transportation- Appendix 1: "Players shall walk at all times during a stipulated round unless permitted to ride by the PGA Tour Rules Committee." 307 Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1248) (D.Or. 1998); bestätigt in 204 F.3d 994 (999) (9th Cir. 2000): Das Berufungsgericht wies zusätzlich daraufhin, daß die erstrebte Modifikation notwendig sei, da Martin ansonsten an dem Turnier nicht teilnehmen könne, und angemessen auch insoweit, als die praktische Umsetzung der beantragten Abänderung keine Schwierigkeiten bereite. 308 Martin v. PGA Tour, Inc., 994 F.Supp. 1242 (1248) (D.Or. 1998); bei der 1994 von der PAC-10 veranstalteten Meisterschaft wurde auf Grund einstimmigen Beschlusses Martin die

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Die hiernach bestehende Verpflichtung der Beklagten zur Anpassung ihres Regelwerkes ist nur dann ausgeschlossen, wenn sie beweisen kann, daß die beantragte Änderung die Natur des Wettkampfes grundlegend verändern würde (" ... any alteration would fundamentally alter the nature of the competitions ... "). Umstritten ist, ob die Prüfung einer solchen Veränderung im Rahmen einer Einzelfalluntersuchung oder durch eine allgemeine Abwägung erfolgen soll?09 Diese Frage ist insofern von entscheidender Bedeutung, da generell der Spieler, der einen Golfwagen benutzen darf, möglicherweise einen Vorteil gegenüber den anderen Wettkampfteilnehmern erhält und damit die Chancengleichheit gefährdet werden kann? 10 Stellt man dagegen auf die persönliche Situation Casey Martins ab, kann die Benutzung des Golfwagens bestehende Nachteile, die Martin auf Grund der Behinderung gegenüber seinen Konkurrenten hat, kompensieren, ohne zu einem Wettbewerbsvorteil zu führen. Das Gericht entschied sich für letzteren Prüfungsmaßstab und führte eine Einzelfallprüfung durch. 311 Dem Ziel der in Frage stehenden Regelung, durch das Laufen das Element körperlicher Ermüdung in den Wettkampf mit einzubeziehen, widerspreche es nicht, wenn Martin einen Wagen benutzen dürfe. Denn die Anstrengung, die Martin auf Grund seiner Behinderung erfahre, sei sichtlich größer, als das Laufen bei gesunden Teilnehmern je bewirken könne? 12 Eine Teilnahme Erlaubnis erteilt, entgegen dem Regelwerk einen Golfwagen benutzen zu dürfen, ebenso entschied die NCAA zugunsten Mactins für die in der Saison 1994/95 von ihr veranstalteten Wettkämpfe, hierzu Koepke, 38 Washbum L. J. 699 (716) (1999). 309 Die PGA lehnte eine Einzelfallprüfung ab unter Berufung auf Pottgen v. MSHSAA, 40 F.3d 926 (930 et seq.) (8th Cir. 1994). 310 Das Laufen kostet den Körper Energie und kann zu schnellerer Ermüdung führen, wodurch die Konzentration des Sportlers eingeschränkt werden kann. Sehr umstritten dabei ist, in welchem Ausmaß das Laufen die körperliche Verfassung des Sportlers beeinflußt, vgl. hierzu die unterschiedlichen sachverständigen Aussagen in Olinger v. United States Golf Association, 52 F. Supp. 2d 947 (N.D.Ind. 1999) und Martin v. PGA Tour, Inc., 994 F.Supp. 1242 (1250) (D.Or. 1998); basierend auf dieser Überlegung eines Wettbewerbsvorteils zugunsten Martins argumentierte die PGA, daß sie keine einzelne Erlaubnis zur Benutzung eines Golfwagens erteilen könne, sondern dann gezwungen sei, die das Laufen vorschreibende Regel allgemein für alle Teilnehmer aufzuheben, Koepke, 38 Washbum L. J. 699 (718 et seq.) (1999). 311 994 F. Supp. 1242 (1249) (D.Or. 1998), ebenso die Berufungsinstanz, 204 F.3d 994 (1001) (9th Cir. 2000); zur Begründung führte das erstinstanzliehe Gericht die Entscheidungen Johnson v. Gambrinus Co./Spoetzl Brewery, 116 F.3d 1052 (1059) (5th Cir. 1997) an; zustimmend weite Teile der Literatur, u. a. Long, 77 Or. L. Rev. 1337 (1371 et seq.) (1998); Sharpe, 26 Fla. St. U. L. Rev. 783 (795) (1999). 312 Das Gericht stützte sich in diesem Zusammenhang auf die Aussage eines Professors für Physiologie, der feststellte, daß der Ermüdungsfaktor durch das Laufen kaum ins Gewicht falle: Der Kalorienverbrauch allein für das Laufen betrage nur etwa 500 Kalorien (bei einer Distanz von 5 Meilen in einem Zeitraum von 5 Stunden), hinzu komme, daß die Spieler verschiedene Ruhepausen einlegen und diese Gelegenheit auch zur Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme nutzen könnten, so daß die Ermüdung durch das Laufen als unbedeutend eingestuft werden könne, 994 F.Supp. 1242 (1250) (D.Or. 1998). Darüber hinaus ist zu bedenken, daß Martin trotzder Benutzung eines Golfwagens noch etwa 25% der gesamten Strecke laufend

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Martins unter den veränderten Bedingungen verändere mithin den Wettkampf nicht grundlegend. 313 Das Gericht entsprach infolgedessen dem Klageantrag Casey Martins und ordnete an, daß der Sportler bei seiner Teilnahme an den von der Beklagten veranstalteten Golfturnieren entgegen dem Regelwerk einen Golfwagen benutzen darf. 314 Dieses Ergebnis ist teilweise in der Literatur, insbesondere aber in Sportkreisen auf heftige Kritik gestoßen, die im Wesentlichen damit begrundet wurde, daß das Laufen einen wesentlichen und unverzichtbaren Bestandteil des Golfspielens darstelle. 315 (iii) Rechtsauffassung des Gerichts in der Entscheidung Olinger v. U.S.G.A.

Zu einem gegenteiligen Ergebnis kam das Gericht in Olinger v. U.S.G.A.: 316 Zwar sei es wahrscheinlich, daß der behinderte Golfspieler Olinger, selbst wenn er einen Golfwagen benutzen dürfe, am Ende eines Turniertages stärker ermüdet sei als ein gesunder Berufsgolfspieler. Jedoch bestehe eine ernstzunehmende Möglichkeit, daß an irgendeinem Tag durch die Benutzung des Golfwagens ein entscheidender Wettbewerbsvorteil entstehen könne. 317 Wenn beispielsweise im nächsten Jahr ein Teilnehmer ebenfalls die Erlaubnis fordere, einen Golfwagen benutzen zu dürfen, könnte dieser möglicherweise gegenüber dem ebenfalls fahrenden Olinger einen Wettbewerbsvorteil erlangen oder auch umgekehrt. Somit könne nicht sichergestellt werden, daß die Chancengleichheit gewahrt bleibe. Im Ergebnis begrundete das Gericht die Klageabweisung mit der Argumentation, daß die von Olinger begehrte Sonderregelung diesem einen potentiellen Wettbewerbsvorteil gewähren und dadurch die Natur des Wettkampfes grundlegend verändern würde. 318 absolvieren muß, da insoweit die Fahrt in dem Wagen nicht möglich ist, Manin v. PGA Tour. Inc., 204 F.3d 994 (1000) (9'h Cir. 2000). 313 994 F.Supp. 1242 (1252) (D.Or. 1998); wie das Gericht u. a. Pascarelli, 8 DePau1-LCA J. Art & Ent. L. 303 (323 et seq.) (1998); Walsh, 9 Seton Hall J. Sport L. 599 (623 et seq.) (1999); Koepke, 38 Washbum L. J. 699 (723 et seq.) (1999). 314 994 F.Supp. 1242 (1248 et seq., 1252) (D.Or. 1998). 315 Phillips, 2 T.M. Cooley J. Prac. & Clin. L. 351 (1999): Nach Phillips stellt das Laufen einen wesentlichen Bestandteil des Turniergolfsports dar, dessen spezifische Eigenart durch das Regelwerk der PGA festgelegt wird und insoweit keiner Änderung zugänglich ist; vgl. auch Maitland, 29 Golden Gate U. L. Rev. 627 (677 et seq.) (1999). 316 55 F.Supp. 2d 926 (935 et seq.) (N.D.Ind. 1999). 317 Zuvor hatte das Olinger-Gericht dem Antrag der beklagten USGA stattgegeben, die Aussage des Professors für Physiologie in bezug auf den geringen Kalorienverbrauch durch das Laufen (siehe Manin-Entscheidung, soeben unter D.II.2.b.cc.(ii)) nicht zu würdigen, da dessen sachverständige Aussage auf keinen zuverlässigen Grundlagen basiere, Olinger v. USGA, 52 F.Supp. 2d 947 (N.D.Ind. 1999). 318 55 F.Supp. 2d 926 (937) (N.D.Ind. 1999); bestätigt in 205 F.3d 1001 (1006 et seq.) (7th Cir. 2000): Das Berufungsgericht führte als weiteres Argument an, daß die administrative Last für die beklagte USGA, entsprechende Anträge für eine Regelabänderung zu prüfen und

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( iv) Stellungnahme

Die Entscheidungsgründe in Martin v. PGA Tour, lnc. belegen, daß das Gericht zunächst Eigenart und Wesensmerkmale der Sportart zu bestimmen versucht und auf dieser Grundlage die Rechtsposition des behinderten Sportlers in einen Abwägungsprozeß einbezogen hat. Die zentrale Frage, ob das Laufen wesentlicher Bestandteil des Golfspielens ist, beantwortete das Gericht unter Zugrundelegung der die Wesensmerkmale einer Sportart bestimmenden Regelwerke und trug hiermit in überzeugender Weise den sportspezifischen Wertvorstellungen Rechnung. Einen inhaltsgleichen Prüfungsansatz verfolgten die Entscheidungen im College- und High School Sport: Mit der Frage nach dem Ziel der angegriffenen Regelung bestimmten die Gerichte, ob die in Rede stehende Bestimmung als wesentlich einzustufen ist. In diesem Zusammenhang trugen sie den spezifischen Besonderheiten der sportlichen Betätigung Rechnung, um zu verhindern, daß die Eigenart der sportlichen Veranstaltung durch die Anwendung des ADA unterlaufen würde. Da die Gerichte in Pottgen und Sandison319 eine einzelfallbezogene Prüfung ablehnten, kamen sie zu dem Ergebnis, daß eine Abänderung der in Frage stehenden Bestimmung generell nicht möglich war, ohne dem Ziel dieser Regelung entgegenzuwirken. Der High School Sport zeichnet sich grundlegend dadurch aus, daß er von Jugendlichen einer bestimmten Altersgruppe (14-18 Jahre) ausgeübt wird, und erfüllt damit verschiedene Zwecksetzungen. 320 An der Beibehaltung dieser Altersgrenze besteht ein berechtigtes, die Eigenart des High School Sports charakterisierendes Interesse, das sicherlich durch eine generelle Abänderung dieser Regelung unterlaufen würde. 321 Andererseits ist zu berücksichtigen, daß in den vorliegenden Fällen eine Ausnahmeregelung auf Grund einer bestehenden Behinderung gefordert wurde. Der Regelungsgehalt des ADA zielt gerade darauf ab, eine Anpassung an die Bedürfnisse des einzelnen behinderten Menschen zu erreichen. Dies setzt eine einzelfallbezogene Prüfung voraus, denn nur so können die individuellen Bedürfnisse und Umstände des Behinderten angemessen berücksichtigt werden. Die Argumentation, eine Einzelfallprüfung würde den Sportvereinigungen eine übermäßige finanzielle und administrative Belastung auferlegen, 322 verkennt den Regelungsgehalt entscheiden, extrem sei und die USGA dafür ein bestimmtes System entwickeln und über besondere Fachkenntnis verfügen müsse, um feststellen zu können, ob die beantragte Modifikation im Einzelfall wirklich notwendig sei. 319 Zu den einzelnen Urteilen ausführlich bereits oben Vierter Teil.D.II.2.b.cc.(i).(l). 320 In bezug auf die mit der Altersbeschränkung verfolgten Ziele siehe die Entscheidungsgründe in Pottgen v. MSHSAA, 40 F.3d 926 (929) (8th Cir. 1994), Vierter Teil. D.II.2.b. cc.(i)(l); vgl. auch Long, 77 Or. L.Rev. 1337 (1373) (1998). 321 Gleiches gilt hinsichtlich der sog. "eight semester rule", durch die insbesondere eine Verbindung zwischen dem High School Sport und der akademischen Ausbildung erreicht werden soll, siehe Mc Pherson v. MHSAA, 119 F.3d 453 (6th Cir. 1997), ausführlich zum Inhalt dieser Entscheidung bereits oben Vierter Teil. D.II.2.b.cc.(i)(2). 14 Zinger

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des ADA: Zwar könnte theoretisch jeder Sportler, der zu einem gewissen Zeitpunkt die Altersgrenze erreicht hat, versuchen, eine Ausnahmeregelung zu fordern. Tatsächlich werden jedoch nur wenige Athleten ihre Teilnahme unter Berufung auf den ADA durchsetzen können, da dessen Anwendung stets an eine bestehende Behinderung sowie eine Diskriminierung des Sportlers auf Grund seiner Behinderung anknüpft. 323 Hinzu kommt, daß die Zahl der behinderten Sportler, die trotz ihrer Behinderung einen direkten Leistungsvergleich mit nichtbehinderten Athleten anstreben, begrenzt sein wird, so daß eine übermäßige administrative Belastung bei einer individuellen Prüfung regelmäßig nicht entstehen wird. Eine auf den Einzelfall abstellende Auffassung vertrat auch das Bundesgericht in Johnson v. Florida High School Activities Association, Inc. 324 In direktem Widerspruch zu dem Pottgen- Urteil prüfte es, ob durch eine Abänderung der Regelung über die Altersbeschränkung im vorliegenden Sachverhalt die Zielsetzungen dieser Bestimmung unterlaufen würden. 325 Ebenso folgte Dennin v. Connecticut Interscholastic Athletic Conference, Inc. 326 diesem Prüfungsansatz unter Hervorhebung der Bedeutung des ADA, dessen Ziel nur über eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung erreicht werden könne. 327 Der Entscheidung Bowers v. National Collegiate Athletic Association, 328 die ebenfalls eine Einzelfallprüfung durchführte, lag ein etwas veränderter Sachverhalt 322 So die Entscheidungen Mc Pherson v. MHSAA, 119 F.3d 453 (460); Sandison v. MHSAA, 64 F.3d 1026 (1035, 1037) (6th Cir. 1995); Pottgen v. MSHSAA, 40 F.3d 926 (930) (8th Cir. 1994). 323 Ebenso Milani, 49 Ala. L. Rev. 817 (885 et seq., 907) (1998). 324 899 F.Supp. 579 (M.D.Fla. 1995); 102 F.3d 1172 (11th Cir. 1997), (die Erledigung der Hauptsache feststellend). 325 Der Kläger, der im Alter von 9 Monaten sein Gehör fast vollständig verloren hatte, benötigte für die Schulausbildung auf Grund seiner Behinderung einen längeren Zeitraum, so daß er noch während des Besuches der HighSchool sein 19. Lebensjahr vollendete und damit nach der Bestimmung über die Altersbeschränkung von einer weiteren Teilnahme am Sport ausgeschlossen war. Im einstweiligen Verfügungsverfahren urteilte das Gericht, daß im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der Regel über die Altersgrenze deren Ziel nicht entgegenlaufe und gab infolgedessen dem Klageantrag statt, 899 F.Supp. 579 (585) (M.D.Fla. 1995). 326 913 F.Supp. 663 (D.Conn. 1996); 94 F.3d 96 (2nd Cir. 1996) (zur Erledigung der Hauptsache). 327 Der Kläger Dennin leidet unter dem Down-Syndrom, auf Grund dessen er im Alter von 19 Jahren noch die High School besuchte und somit infolge der Regelung über die Altersbeschränkung von einer Teilnahme am Schwimmsport ausgeschlossen wurde. Das Gericht stellte fest, daß die Zulassung von Dennin weder zu einem Wettbewerbsvorteil für diesen führe noch ein Sicherheitsrisiko für ihn oder andere darstelle, so daß eine Ausnahme von der Bestimmung über die Altersbeschränkung in diesem Fall angemessen sei, 913 F.Supp. 663 (669) (D.Conn. 1996); ausführlich zu dieser Problematik und der einschlägigen Rechtsprechung Church/Neumeister, University control of student-athletes with disabilities, 25 J.C. & U.L. 105 (145 et seq.) (1998). 328 974 F.Supp. 459 (D.N.J. 1997), zu Sachverhalt und Entscheidungsgründen bereits oben Vierter Teil. D.II.2.b.cc.(i)(3).

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zugrunde: Hier sah die vom Kläger angegriffene Regelbestimmung selbst bereits die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung vor, so daß sich hier allein aus der Eigenart der Bestimmung eine einzelfallbezogene Ausnahmeentscheidung rechtfertigen ließ. Darüber hinaus hatte die Beklagte bereits in einem Ausschuß ("Subcommittee on Initial-Eligibility Waivers") einheitlich entschieden, daß im Fall Bowers eine Ausnahme von der Qualifikationsregel nicht in Betracht komme: Auf Grund der akademischen Leistungen Bowers in der High School sei nicht davon auszugehen, daß Bowers das erste universitäre Studienjahr erfolgreich absolvieren werde, wenn er gleichzeitig die aus der Teilnahme an dem Sportprogramm resultierenden Verpflichtungen erfülle. 329 Das Gericht befand unter Würdigung des zugrundeliegenden Sachverhalts, daß Bowers mit seiner Klage eine zweite Ausnahmeregelung durchsetzen wolle, die im konkreten Fall zu einem gänzlichen Verzicht auf die Qualifikationsregel führen würde. Dies entspreche aber nicht der Zielsetzung des ADA, der nur eine angemessene Modifikation und keine allgemeine Aufgabe der in Frage stehenden Regelbestimmung fordere? 30 Unter Berücksichtigung des Bedeutungsgehalts des ADA sowie der einschlägigen Rechtsprechung überzeugt die Martin- Entscheidung mit ihrem einzelfallbezogenen Prüfungsansatz, in dessen Rahmen alle konkreten Umstände in den Abwägungsprozeß miteinbezogen werden können und müssen. 331 Dieses Erfordernis erfüllte das Martin- Gericht, indem es auch die aus der Behinderung resultierenden Nachteile berücksichtigte und einen Wettbewerbsvorteil zugunsten Martins ablehnte. In der Entscheidung Olinger v. U.S.G.A. führte das Gericht ebenfalls eine Einzelfallprüfung durch, jedoch bezog es auch zukünftige, möglicherweise eintretende Umstände in den Abwägungsprozeß mit ein?32 Ein Heranziehen fiktiver Umstände ist allerdings abzulehnen. Die Abwägungsentscheidung ist vielmehr al974 F.Supp. 459 (465 et seq.) (D.N.J. 1997). Das Bowers-Gericht stützte sich hierbei auf die Entscheidung Ganden v. NCAA, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag: Der Student Ganden erfüllte auf Grund einer Lernbehinderung nicht die nach der "core course"-Regel geforderten akademischen Qualifikationen. Auf Antrag Gandens wich die NCAA wegen dessen Lernbehinderung von dieser Bestimmung in einigen Teilen ab, indem sie Ergebnisse aus Unterrichtskursen in die Bewertung mit einbezog, die normalerweise keine Beriicksichtigung finden. Da der Student daraufhin immer noch nicht die nötige akademische Mindestqualifikation besaß, wurde ihm die Teilnahme in der Schwimm-Mannschaft verweigert. Die dagegen erhobene Klage Gandens wurde mit der Begriindung abgewiesen, daß an der Aufrechterhaltung der akademischen Qualifikationsregel ein berechtigtes Interesse bestehe und eine allgemeine Abänderung die Natur des Wettbewerbs grundlegend verändern würde. Da die NCAA bereits eine individuelle Ausnahmeentscheidung im Fall Ganden getroffen hatte, liege eine Verletzung des ADA nicht vor, denn dieser erfordere nicht die allgemeine Aufgabe einer Bestimmung, sondern nur deren angemessene Abänderung im Einzelfall, Ganden v. NCAA, No. 96 C-6953, WL 680000, 13 (15 et seq.) (N.D.Ill. 1996); hierzu auch Church/Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (153 et seq.) ( 1998). 331 Im Ergebnis ebenso Neikirk, 36 Hous. L. Rev. 1867 (1893) (1999), der in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hinweist, daß es viele Fälle geben kann, in denen Grad und Ausmaß der Behinderung nicht so klar ermittelt werden können wie im Fall Martin. 332 Hierzu oben Vierter Teil. D.II.2.b.cc.(iii). 329

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Iein unter Berücksichtigung der vorliegenden, bekannten Umstände zu treffen. Würde man auch zukünftige ungewisse Gegebenheiten zur Grundlage einer Einzelfallentscheidung machen, bestünde zum einen die Gefahr einer zunehmenden Rechtsunsicherheit Zum anderen könnte der Schutz Behinderter, den der ADA in der aktuellen Situation zu erreichen sucht, mit dem Verweis auf zukünftige Umstände unterlaufen werden. Da das Gericht unter den gegebenen Umständen einen Wettbewerbsvorteil zugunsten des Klägers nicht feststellen konnte, hätte es wie im Fall Martin dem Antrag des Klägers entsprechen müssen. 3. Ausschluß eines behinderten Sportlers zu dessen eigenem Schutz

Abschließend ist die Überlegung heranzuziehen, ob der Ausschluß eines behinderten Sportlers, um dessen Selbstgefährdung zu vermeiden, nach den Vorgaben des ADA zulässig ist und insoweit das Selbstbestimmungsrecht des behinderten Athleten einzuschränken vermag. 333 Im Bereich des College- und High School Sport berufen sich behinderte Sportler grundsätzlich auf den RA. Seit Erlaß des ADA machen sie jedoch häufig gleichzeitig eine Verletzung des jüngeren Gesetzes geltend. Generell führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da der ADA inhaltlich an den Regelungsgehalt des RA anknüpft. Umstritten ist dies allein in den Fällen, in denen der behinderte Sportler zu seinem eigenen körperlichen Schutz von der Teilnahme an einem Sportereignis ausgeschlossen wird. 334 In der Literatur wird teilweise argumentiert, daß bereits der Gesetzeswortlaut des ADA keinen Raum lasse, die Nichtzulassung eines Behinderten mit dessen Schutz vor Verletzungen zu rechtfertigen. 335 Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf eine Legaldefinition im II. Titel des Gesetzes. Danch ist eine Ungleichbehandlung im Arbeitsverhältnis zulässig, wenn der Betroffene eine direkte Bedrohung für die Gesundheit oder Sicherheit der anderen am Arbeitsplatz darstellt. 336 Aus dieser Formulierung ergebe sich im Umkehrschluß, daß nach dem Willen des Gesetzgebers eine Gefahr für den Betroffenen selbst gerade nicht zur Rechtfertigung einer Differenzierung herangezogen werden dürfe. Diese Auffassung vermag im Hinblick auf den dritten Unterabschnitt der öffentlich zugänglichen Einrichtungen und seiner Anwendung gegenüber SportvereiniZu dieser Problematik in bezugauf den RA bereits oben Vierter Teil. D.l.2.b. und c.bb. Siehe die Gerichtsentscheidungen in Pahulu v. University of Kansas, Vierter Teil. D.l.2.b.aa., Knapp v. Northwestem, Vierter Teil. D.l.2.b.bb., und Poole v. South Plainfield Board of Education, Vierter Teil. D.l.2.a. 335 Hierzu Milani, 49 Ala. L. Rev. 817 (896 et seq.) (1998); Church/ Neumeister, 25 J. C. & U. L. 105 (123) (1998); Neal, 46 SMU L.Rev. 483 (502 et seq.) (1992) zieht daraus den Schluß, daß das Selbstbestimmungsrecht des behinderten Sportlers keiner Einschränkung zugänglich ist. 336 42 U.S.C. § 12ll3 (b): "The term "qualification standards" may include a requirement that an individual shall not pose a direct threat to the health of safety of other individuals in the workplace." 333 334

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

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gungen nicht zu überzeugen. Mit dem Erlaß des ADA wollte der Gesetzgeber die Geltung des Diskriminierungsverbotes über den Anwendungsbereich des RA hinaus auf andere Bereiche der Gesellschaft erstrecken, ohne dadurch eine Modifikation des bereits bestehenden Schutzes Behinderter zu bewirken. Wie bereits oben festgestellt, kann eine Sportvereinigung mit dem Ausschluß eines behinderten Sportlers, um diesen vor einer Verletzung zu schützen, ein berechtigtes und Schützenswertes Interesse verfolgen. 337 Diese legitimen Belange der Sportvereinigungen, deren Schutz sich aus der Vereinigungsfreiheit ergibt, müssen bei der Anwendung des ADA angemessene Berücksichtigung finden. Ließe man nun im Rahmen des III. Titel des ADA eine solche Rechtfertigung nicht mehr gelten, könnte die im Rahmen des RA vorgenommene Interessenahwägung unterlaufen werden. Dies entspricht aber nicht dem Willen des Gesetzgebers, der mit dem Erlaß des ADA nicht den Inhalt des RA modifizieren, sondern dessen Regelungsgehalt auf weitere Gesellschaftsbereiche erstrecken wollte. Aus diesem Grunde ist jedenfalls den unter den Anwendungsbereich des RA fallenden Vereinigungen des High Schoolund College Sports auch innerhalb des ADA unter gleichen Voraussetzungen das Recht zuzubilligen, einen Sportler zu dessen eigenem Schutz von einer Teilnahme ausschließen zu können. Dies wirft die Frage auf, ob vorstehende Ausführungen auch im professionellen Sport, der dem Regelungsgehalt des RA nicht unterliegt, Anwendung finden, so daß auch ein Berufssportler zu seinem eigenen Schutz von einer Sportveranstaltung ausgeschlossen werden kann. In diesem Zusammenhang gewinnt der Ansatz von Mitten338 Bedeutung, der eine Unterscheidung zwischen dem Amateursport, d. h. insbesondere dem High School- und College Sport, und dem professionellen Sport vornimmt. Bei ersterem könne ein Sportler zu seinem eigenen Schutz dann von einer Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn ein der verantwortlichen Vereinigung angehörender fachkundiger Mediziner eine Zulassung aus gesundheitlichen Gründen ablehnt. Dagegen müsse im Bereich des professionellen Sports dem Selbstbestimmungsrecht des Athleten größeres Gewicht beigemessen werden, da die Nichtzulassung für den Berufssportler schwerere Konsequenzen beinhalte als für den Amateursportler. Infolgedessen sei der Berufssportler dann teilnahmeberechtigt, wenn er ein medizinisches Gutachten vorlegen könne, das entgegen der Auffassung des Verbands- oder Teamarztes seine Teilnahme aus medizinischer Sicht für vertretbar erachte. 339 Auch wenn eine pauschale Unterscheidung zwischen Beruf- und Freizeitsport heute der Rechtstatsächlichkeit nur noch schwer gerecht wird und daher kein taugliches Abgrenzungskriterium darstellt, 340 weist die Auffassung Mitrens überzeu337 Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (192) (1998); zu dieser Problematik in bezugauf den RA bereits oben Vierter Teil. D.l.2.c.bb. 338 Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (221 et seq.) (1998). 339 Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (222) (1998). 340 Hierzu bereits Zweiter Teil. C.l.l.

214

4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

gende Ansätze auf. Ebenso wie beim RA muß auch im Rahmen des ADA das legitime Interesse der Sportvereinigungen, die teilnehmenden Sportler vor Verletzungen und Schäden zu schützen,341 Berücksichtigung finden und darf nicht allein das Selbstbestimmungsrecht des Sportlers über dessen Teilnahme entscheiden. Dies führt zu einer Abwägung der gegenüberstehenden Interessen von Sportler und Sportvereinigung, bei der auch das Selbstbestimmungsrecht des Athleten einer Einschränkung zugänglich sein kann. 342 Bedeutung kommt insoweit auch den Konsequenzen zu, die sich für den Sportler bei seinem Ausschluß von einer Sportveranstaltung ergeben. Dabei kann dem Umstand Rechnung getragen werden, daß ein Berufssportler, für den die sportliche Betätigung eine Existenzgrundlage darstellt, durch die Nichtzulassung zu Wettkämpfen in der Ausübung seines Beruf beeinträchtigt und ihm möglicherweise sogar die Lebensgrundlage entzogen wird. Zwar ist die Teilnahme am Sport oft auch für den College Sportler ein zentrales Element seiner Lebensführung, jedoch wird diese sportliche Tätigkeit immer gekoppelt an die vorrangige akademische Ausbildung,343 die durch die Nichtzulassung zu einer sportlichen Betätigung nicht gänzlich in Frage gestellt wird. Eine pauschale Abgrenzung ist insoweit allerdings abzulehnen, vielmehr sind bei der im Rahmen des ADA vorzunehmenden Abwägungsentscheidung zwischen den Interessen der Sportvereinigung bzw. dem Veranstalter und dem Selbstbestimmungsrecht des Athleten jeweils die konkrete Umstände des Einzelfalls angemessen zu berücksichtigen und in diesem Kontext auch vorstehende Überlegungen einzubeziehen.

111. Zusammenfassung und Stellungnahme Während das Verbot der Diskriminierung Behinderter im High School- und College Sport bereits über den "Reluzbilitation Act" Anwendung fand, wurden die privatrechtlich organisierten Sportverbände bis zum Erlaß des "Americans with Disabilities Act" im Jahr 1990 von der Antidiskriminierungsgesetzgebung in bezog auf Behinderte nicht erlaßt. Inhaltlich knüpft der ADA an den Regelungsgehalt des RA an, so daß sich bei der Auslegung des Begriffs der Behinderung keine Unterschiede ergeben. Danach ist eine Person behindert, wenn sie in einer grundlegenden Lebensaktivität wesentlich beeinträchtigt ist ("substantial Iimitation of a major life acitivity"). 344 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung in Knapp v. Vierter Teil. D.l.2.c.bb. In diesem Sinn auch Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (221 et seq., 223) (1998); a.A. Neal, 46 SMU L.Rev. 483 (502 et seq.) (1992). 343 Zu den Zielen des College Sports als integrierter Bestandteil des Ausbildungsprogramm etwa Bowers v. NCAA, 974 F.Supp. 459 (D.N.J. 1997); ausführlich oben Vierter Teil. A.l.2.a.cc. 344 29 U.S.C. § 706 (8) (B) für den RA; 42 U.S.C. § 12102 (2) für Title I des ADA, diese Legaldefinition wurde jedoch auch in den Ausführungsbestimmungen zu 1itle 1/ und 1/l übernommen, 28 C.F.R. §§ 35.104 (4), 36.104 (1996). 341

342

D. Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung

215

Northwestem University 345 ist bei der Bestimmung der grundlegenden Lebensaktivität ein objektivierter Maßstab anzuwenden und die Auslegung auf elementare Tatigkeiten wie Laufen, Sehen, Hören, Lernen, für sich selbst Sorge tragen oder Arbeiten zu beschränken. 346 Erst bei der Frage der wesentlichen Beeinträchtigung gilt ein subjektivierter Prüfungsansatz, in dessen Rahmen den besonderen Umständen der einzelnen Person Rechnung getragen werden kann. 347

Der Ausschluß eines behinderten Sportlers zu dessen Schutz vor Verletzungen ist grundsätzlich möglich und zulässig. Das legitime Interesse der Sportvereinigungen bzw. -Veranstalter, die teilnehmenden Athleten vor Verletzungen und Schäden zu bewahren, muß auch bei einer Anwendung des RA sowie des ADA Berücksichtigung finden. 348 Erforderlich für eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Athleten ist allerdings, daß eine vernünftige Wahrscheinlichkeit für einen bedeutenden Schaden besteht. Die Feststellung des konkreten Verletzungsrisikos erfolgt grundsätzlich durch medizinische Gutachten von Fachleuten der Sportvereinigung bzw. des -Veranstalters und kann gegebenenfalls einen Ausschluß rechtfertigen. 349 Etwas anderes kann gelten, wenn etwa ein Berufssportler durch seine Nichtzulassung in der Ausübung seines Berufes eingeschränkt und ihm dadurch die Lebensgrundlage entzogen wird. In diesem Fall sollten dem Selbstbestimmungsrecht und der Handlungsfreiheit des behinderten Athleten jedenfalls dann Vorrang vor den Interessen des Verbandes I Veranstalters eingeräumt werden, wenn der Sportler kompetente medizinische Gutachten vorlegen kann, die seine Teilnahme aus medizinischer Sicht für unbedenklich erachten.350 Die Besonderheit des ADA gegenüber dem RA beruht auf dem Umstand, daß er den Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbots auf den privaten Rechtsverkehr ausdehnt und somit die Frage aufwirft, ob auch die privatrechtlich organisierten Sportverbände von seinem Regelungsgehalt erlaßt werden. In diesem Zusammenhang erlangt der Rechtsstreit Martin v. PGA Tour; Inc. besondere Bedeutung. Die Urteilsgründe illustrieren das Bemühen des Gerichts, der Rechtstatsächlichkeil 101 F.3d (473) (71h Cir. 1996). Mitten untersucht in diesem Zusammenhang, ob und wann ein Berufssportler, der auf Grund seiner Behinderung den Sport nicht mehr ausüben kann, in der Lebensaktivität des "Arbeitens" beeinträchtigt ist. Er kommt zu dem Ergebnis, daß dies dann der Fall ist, wenn ihm auf Grund seiner Behinderung sowohl vorn Dachverband seiner Sportart als auch von allen Teams die Ausübung des Sports, der seinen Beruf darstellt, verweigert wird, 8 Marq. Sports L. J. 189 (218 et seq. 220) (1998). 347 Im Einzelnen zu dieser Problematik, Vierter Teil. D.I.2.c.aa. 348 Siehe hierzu ausführlich oben Vierter Teil. D.l.2.c.bb. in bezug auf den RA;Vierter Teil. D.II.3. in bezug auf den ADA. 349 Knapp v. Northwestem University, 101 F.3d 473 (483 et seq.) (7th Cir. 1996), Vierter Teil.D.l.2.c.bb.: Die Aufgabe des Gerichts besteht in diesen Fällen darin, nachzuprüfen, ob das zugrundeliegende Gutachten auf einer vernünftigen medizinischen Grundlage beruht, die Umstände des Einzelfalls angernessen berücksichtigt und der Billigkeit entspricht, so auch Mitten, 8 Marq. Sports L. J. 189 (223) (1998). 350 Vierter Teil. D.II.3. 345

346

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4. Teil: Die Situation im OS-amerikanischen Recht

des aktuellen Sports Rechnung zu tragen, indem es die Ausnahmeregelung des "private club" in bezug auf die gemeinnützige Vereinigung PGA ablehnte und diese dem Anwendungsbereich des staatlichen Diskriminierungsverbotes unterstellte. 351 Dieses Ergebnis ist auch unter Berücksichtigung der Gesetzesmotive zu begrüßen, die mit dem Erlaß des ADA die Diskriminierung Behinderter in allen Bereichen der Gesellschaft zu unterbinden suchten. Eine Ausgrenzung des Sports aus dem Anwendungsbereich dieses Diskriminierungsverbotes würde der gesellschaftlichen Bedeutungsdimension des Sportgeschehens nicht gerecht werden. Hinzu kommt, daß gerade der professionelle Sport auf Grund des großen Öffentlichkeitsbezugs gleichsam eine gesellschaftliche Integrations- und Vorbildfunktion einnimmt. Allerdings darf die Anwendung des Diskriminierungsverbotes nicht dazu führen, daß die charakteristische Eigenart einer Sportart grundlegend verändert oder aufgehoben wird. Der ADA beinhaltet ausreichende Mechanismen, diesem berechtigten Bedürfnis des Sports Rechnung zu tragen: Ausgleichs- und Integrationsmaßnahmen zugunsten eines behinderten Sportlers fordert der ADA nur dann, wenn sie als angemessen und vernünftig eingestuft werden ("reasonable modifications"). Dariiber hinaus darf die vorzunehmende Abänderung nicht zu einer grundlegenden Veränderung der betreffenden Sportart bzw. des Sportereignisses führen ("fundamental alteration of the nature of the competitions"). 352 Diese gesetzlichen Vorgaben ermöglichen es dem zur Entscheidung berufenen Gericht, im Rahmen einer Einzelfallentscheidung353 einen angemessenen Ausgleich zwischen den Besonderheiten und der Eigenständigkeit des Sports und dem Schutz der Rechtsstellung des behinderten Sportlers herbeizuführen.

351 352 353

Vierter Teil. D.II.2.b.aa. Vierter Teil. D.II.2.b.cc.vor (i) sowie (ii). Zur Durchführung einer Einzelfallprüfung Vierter Teil.D.II.2.b.cc.(ii) und (iv).

Fünfter Teil

Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht Das Spannungsfeld zwischen der Autonomie der Sportverbände und dem Schutz des einzelnen Sportlers vor unzulässiger Diskriminierung durch die Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote illustriert im wesentlichen zwei Problemstellungen: Zum einen, welchen Ansatz eine Rechtsordnung wählt, um die Geltung staatlicher Diskriminierungsverbote im privaten Rechtsverkehr zu erreichen, zum anderen, wie die Rechtsordnungen das bestehende Spannungsfeld im Ergebnis auflösen.

A. Normierung der Diskriminierungsverbote I. Das deutsche Recht

Das deutsche Recht hat dem Verbot einer Differenzierung wegen des Geschlechts sowie dem Benachteiligungsverbot auf Grund einer Behinderung Verfassungsrang eingeräumt und damit die herausragende Bedeutung dieser Bestimmungen als objektive Werteentscheidungen hervorgehoben. Nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung beeinflussen und prägen diese verfassungsrechtlich verankerten Wertvorstellungen die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts durch die staatlichen Gerichte. Auf diese Weise wirken sie insbesondere über Generalklauseln wie§ 242, 138 BGB in das Privatrecht. In bezugauf den Gleichheitssatz wird die Geltung dieser Verfassungsbestimmung gegenüber privaten Rechtssubjekten mit deren Monopol- oder überragender Machtstellung begründet. 1 Liegt eine solche nicht vor, wird die Bindung einer Privatperson an den Gleichheitssatz grundsätzlich mit der Begründung abgelehnt, daß dies gleichsam zu einer Beschränkung grundrechtlich gesicherter Freiheiten führen würde. Diese Überlegungen hat der Gesetzgeber bei der Normierung des Privatrechts übernommen und spezielle Diskriminierungsverbote wie etwa § 20 I GWB an die Monopol- oder Machtstellung einzelner privater Rechtssubjekte angeknüpft? 1 2

Zum Grundsatz der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte Zweiter Teil. C.I.5.a.aa. Zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 20 I GWB im Sport Zweiter Teil. C.l.

218

5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

Auch der von der Rechtsprechung in Anlehnung an die §§ 826, 249 BGB in Verbindung mit § 20 VI GWB entwickelte Aufnahmeanspruch in einen Verein oder Verband wird mit der Monopolstellung des zur Aufnahme verpflichteten Verbandes begründet, dem es auf Grund seiner Machtstellung verwehrt ist, Bewerber ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln. 3 II. Das US-amerikanische Recht 1. Verankerung in der Bundesverfassung

Die US-amerikanische Bundesverfassung enthält in der "equal protection clause" des 14. Zusatzartikels ebenfalls eine Gleichbehandlungsgarantie, die unter anderem eine Differenzierung auf Grund der Rassenzugehörigkeit oder des Geschlechts verbietet. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist der Schutz behinderter Menschen vor Benachteiligungen nicht mit Verfassungsrang ausgestaltet, sondern nur einfachgesetzlich normiert. 4 Eine Bindungswirkung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes wird über das Vorliegen einer "state action" begründet. Eine Geltung im privaten Rechtsverkehr kommt in Betracht, wenn die diskriminierende private Handlung derart eng mit dem Staat verknüpft ist, daß diesem das Handeln wie eigenes zugerechnet werden kann. Dies wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn die Handlung an einem Ort vorgenommen wurde, der einen hinreichend engen Bezug zum Staat aufweist. 5 Infolgedessen kommt die Anwendung der .,equal protection clause" in Betracht, wenn beispielsweise Sportveranstaltungen in Stadien und Arenen stattfinden, die im Eigentum des Staates stehen, oder Wettkämpfe auf öffentlichen Straßen oder Stränden ausgetragen werden. 6 2. Diskriminierungsverbote auf einfachgesetzlicher Ebene

Durch spezielle Bundesgesetze wird die unmittelbare Geltung bestimmter Diskriminierungsverbote im privaten Rechtsverkehr begründet. Dabei stehen der 3 Zweiter Teil. C.l.l.; auch die im Arbeitsrecht normierten Diskriminierungsverbote wie etwa die §§ 611 a, 612 111 BGB knüpfen letztlich an ein bestehendes Machtungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und das infolgedessen erhöhte Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers an, hierzu Zweiter Teil. G. 4 Im US-amerikanischen Recht wurde das Verbot einer Benachteiligung Behinderter im "Rehabilitation Act of 1973" sowie im "Americans with Disabilities Act" aus dem Jahr 1990 normiert, Vierter Teil.D.I. und II. 5 Ludtke and Time, lnc. v. Kuhn, 461 F.Supp. 86 (S.D.N.Y. 1978): Die diskriminierende private Handlung wurde in einem Stadion vorgenommen, das im Eigentum der Stadt stand und durch öffentliche Gelder unterhalten und saniert wurde, hierzu Vierter Teil. B.II. 6 Kosofsy, 4 Hastings Women's L. J. 209 (241).

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

219

"Civil Rights Act of 1964" sowie der "Americans with Disabilities Act" im Zentrum der US-amerikanischen Antidiskriminierungsgesetzgebung. In Tztle 11 des "Civil Rights Act of 1964 " sowie Title 111 des "Americans with Disabilities Act" wird die Anwendung der gesetzlichen Diskriminierungsverbote über die Örtlichkeit begründet, auf oder in der die diskriminierende Handlung vorgenommen wurde.7 Dagegen knüpfen der" Title IX of the Education Amendments Act" sowie der "Rehabilitation Act of 1973" die Bindungswirkung des Diskriminierungsverbotes an die Gewährung finanzieller Unterstützung durch den Staat an. 8 Diese den privaten Rechtsverkehr erfassende Antidiskriminierungsgesetzgebung hat den Vorteil, daß sie die Geltung des Diskriminierungsverbotes auch gegenüber Privatpersonen explizit und unmittelbar festschreibt. Allerdings ist die Bindungswirkung stets an das Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale gebunden. Dies kann gleichsam zu einer tatbestandliehen Einschränkung des Anwendungsbereichs des Gesetzes führen. Der Fall Martin v. PGA Tour, Inc. hat die Problemstellungen illustriert, die das zur Entscheidung berufene Gericht zu überwinden hatte, um die Geltung des ADA gegenüber der beklagten PGA zu begründen.9 Andererseits vermag es nicht zu überzeugen, daß beispielsweise ein einzelner Bäcker, der in der Legaldefinition des ADA ausdrücklich genannt wird, an das Diskriminierungsverbot gebunden ist, während die PGA als exklusive Veranstaltetin der bedeutendsten Profigolftumierserie der Vereinigten Staaten von der Bindungswirkung ausgenommen bleiben soll. Dieses Ergebnis wäre letztlich auch mit den Zielen des Gesetzgebers, die Diskriminierung Behinderter in allen Bereichen der Gesellschaft zu beseitigen, nur schwer vereinbar. 10 Der konkrete Umfang der Bindungswirkung von Diskriminierungsverboten im Privatrecht wird somit in den Vereinigten Staaten ebenso wie im deutschen Recht maßgeblich durch die Rechtsprechung bestimmt.

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport Wie lösen nun die untersuchten Rechtsordnungen das Spannungsfeld zwischen der Autonomie der den Sport organisierenden Vereinigungen und dem Schutz der Rechtsstellung des einzelnen Sportlers inhaltlich auf?

7 Anknüpfungsmerkrnal ist insoweit ein "place of public accomodation", Title li des Civil Rights Act of 1964, § 2000a (a); Title Ili des ADA, 42 U.S.C. §§ 12181 - 12189. 8 Zum "Title IX of the Education Amendments Act", 20 U.S.C. §§ 1681-88, ausführlich oben Vierter Teil.C.II.; zum "Rehabilitation Act", 29 U.S.C. § 794, im einzelnen oben Vierter Teil.D.I.l. 9 Problematisch war zum einen die Frage, ob die PGA unter die für private Vereinigungen geltende Ausnahmeregelung flillt, Vierter Teil. D.II.2.b.aa., zum anderen die Überlegung, ob die PGA als Betreiberin einer öffentlich zugänglichen Einrichtung angesehen werden konnte, Vierter Teil. D.II.2.b.bb. IO Zu den Motiven des Gesetzgebers ausführlich oben Vierter Teil. D.II.l.

220

5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

I. Anerkennung einer Sportautonomie Im deutschen Recht wird die Wahrung sportspezifischer Grundlagen und Wertevorstellungen als Ausprägung der über Art. 9 I GG gewährleisteten Vereinigungsfreiheit geschützt. Auch die US- amerikanische Verfassung anerkennt ein Selbstbestimmungsrecht der Vereine und Verbände, das im 1. und 14. Zusatzartikel verankert ist. 11 Beiden Rechtsordnungen ist gemeinsam, daß eine Begrenzung dieser Autonomie durch einen staatlichen Kontrollvorbehalt ursprünglich nur sehr eingeschränkt erfolgte. Erst mit dem Entstehen wirtschaftlich und sozial mächtiger Verbandsstrukturen wurde die gerichtliche Überprüfbarkeit verbandsrechtlicher Regelwerke intensiviert, um die Rechtsstellung des Einzelnen zu schützen. Dies gilt auch in bezug auf Diskriminierungsverbote, deren Anwendbarkeit auf den Sport grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. Sowohl in der OS-amerikanischen als auch in der deutschen Rechtsprechung wird der Autonomie des Sports im Rahmen der Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote Rechnung getragen. Der US-amerikanische College Sport, der in Deutschland kein Äquivalent findet, zeichnet sich dadurch aus, daß er den sportlichen Wettkampf mit der akademischen Ausbildung verbindet. Über die Berücksichtigung dieser spezifischen Wertvorstellung und Zielsetzung anerkennt die US-amerikanische Rechtsprechung das Selbstbestimmungsrecht insbesondere der privaten Dachvereinigung NCAA. 12 Eine weitere Besonderheit im US- amerikanischen Sport besteht darin, daß durch den "Amateurs Sports Act of 1978" das USOC gesetzlich ermächtigt wurde, Dachverbände als "National Goveming Bodies" (NGB) einer Sportart anzuerkennen. Gleichzeitig werden in diesem Gesetz Regelungsbefugnisse und Kompetenzen der NGB normiert und ihre Autonomie als privatrechtliche Vereinigungen anerkannt.13 Insoweit besteht ein Unterschied zur deutschen Rechtsordnung, in der das pyramidenförmige Verbandssystem ausschließlich auf Verbandsrecht beruht. Grundlage der Autonomie im Sport bleibt allerdings in beiden Rechtsordnungen die Vereinigungsfreiheit, der die Rechtsprechung im Rahmen der Anwendung einzelner Gesetze Rechnung trägt.

II. Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts Die in der deutschen wie auch der US- amerikanischen Rechtsordnung normierten Gleichbehandlungsgarantien verbieten Differenzierungen allein wegen des Ge-

II Zur Rechtslage in Deutschland Zweiter Teil.B.; zur rechtlichen Situation in den Vereinigten Staaten Vierter Teil.A.II.4. 12 Ausführlich Vierter Teil.A.I.2.a.dd.; vgl. auch die Rechtsprechung, die eine Einstufung der NCAA als "state actor" verneint, Vierter Teil.B.II. 13 Zum Inhalt des "Amateur Sports Act" oben Vierter Teil.A.II.2.

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

221

schlechts. Eine Ungleichbehandlung kann nur auf Grund der zwischen Frau und Mann bestehenden biologischen Unterschiede sachlich gerechtfertigt sein. 1. Generelle Zulässigkeil einer geschlechtsbezogenen Trennung im Sport

Im Bereich des Sports kommt der physischen Konstitution und Leistungsfähigkeit des Athleten eine herausragende Bedeutung zu. 14 Dies betrifft insbesondere den Wettkampfsport, dessen zentrales Element der direkte Leistungsvergleich ist, und gilt in diesem Zusammenhang für Sportarten, bei denen der sportliche Erfolg entscheidend durch die körperliche Konstitution beeinflußt wird. 15 Daneben kann in Kontaktsportarten die unterschiedliche physische Konstitution der teilnehmenden Sportler ein wichtiges Kriterium für den sportlichen Erfolg und den Schutz der körperlichen Integrität der Athleten darstellen. Sportarten, bei denen der Leistungserfolg wesentlich durch die physiologische Konstitution des Athleten beeinflußt wird, erfordern eine geschlechtsbezogene Trennung, um das den Sport charakterisierende Prinzip der Chancengleichheit wahren zu können. In diesen Fällen ist sowohl im deutschen als auch im US- amerikanischen Recht eine von den Sportverbänden im Rahmen ihrer Autonomie bestimmte Differenzierung anhand des Geschlechts sachlich gerechtfertigt und steht in Einklang mit den Vorgaben der staatlichen Rechtsordnung. 2. Zulassungsverweigerung wegen des Geschlechts im Einzelfall

Der Umstand, daß die generelle Trennung der Geschlechter in den meisten Sportarten zulässig und zur Wahrung der Chancengleichheit auch erforderlich ist, beantwortet nicht die Frage, ob ein Athlet im Einzelfall seine Teilnahme an einer für das andere Geschlecht ausgeschriebenen Sportveranstaltung durchsetzen kann. Diese Überlegung kann in zwei Richtungen umgesetzt werden: Zum einen möchte eine Sportleein an einem Sportereignis der Herren teilnehmen oder umgekehrt verlangt ein Athlet die Teilnahmeberechtigung an einer für Damen ausgeschriebenen Veranstaltung. a) Durchführung einer Einzelfallprüfung

Derartige Forderungen können grundsätzlich nur dann Erfolg haben, wenn die maßgebliche Rechtsordnung eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung ermöglicht 14 Siehe etwa Kelley v. University of Illinois, 35 F.3d 265 (270 et seq.) (71h Cir. 1994), hierzu Vierter Teil. C.II.3. 15 Dies gilt für die meisten Sportarten wie etwa Leichtathletik, Radfahren, Schwimmen, etc.

222

5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

und nicht bei der zuvor festgestellten generellen Zulässigkeit einer geschlechtsbezogenen Trennung der Sportart stehen bleibt. Das deutsche Recht knüpft bei der Prüfung eines Zulassungs- bzw. Teilnahmeanspruchs stets an die konkreten Umstände an und führt eine einzelfallbezogene Prüfung durch. 16 Im US-amerikanischen Recht wurde diese Problemstellung nicht einheitlich gelöst. Ältere Gerichtsentscheidungen lehnten eine Einzelfallprüfung ab und beschränkten die Prüfung auf die Frage, ob eine Aufteilung der Sportprogramme nach dem Geschlecht allgemein einen Verfassungsverstoß darstelle. Ein solcher wurde mit dem Hinweis auf das Prinzip der Chancengleichheit verneint, auch wenn die betreffende Regelung im Einzelfall willkürlich erscheint. 17 Dieser Auffassung steht jedoch die neuere Rechtsprechung entgegen, die für eine Einzelfallprüfung plädiert und die konkreten Umstände der Prüfung einer sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung auf Grund des Geschlechts zugrundelegt Eine Gesamtschau der zu dieser Fragestellung einschlägigen Rechtsprechung läßt erkennen, daß mittlerweile auch im US- amerikanischen Recht eine auf den Einzelfall bezogene Entscheidung getroffen und auf diese Weise der konkreten Situation des betroffenen Sportlers Rechnung getragen wird. 18 b) Teilnahme einerSportlerinan einer Herrenveranstaltung

Anerkennt man einen auf den Einzelfall bezogenen Prüfungsmaßstab, muß in einem zweiten Schritt festgestellt werden, ob die die Teilnahme erstrebende Sportlerin in ihrer Person alle sonstigen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt und ausschließlich wegen ihres Geschlechts von einer Teilnahme ausgeschlossen wurde. Dies ist nur dann zulässig, wenn die Nichtzulassung der betroffenen Athletin sachlich gerechtfertigt ist. In der Mehrzahl der Sportarten wird diese Überlegung insbesondere im Wettkampfspürt keine Relevanz besitzen, da das Leistungsniveau zwischen Männern und Frauen so stark differiert, daß diese im allgemeinen kein Interesse an einem direkten Leistungsvergleich haben werden. Anders stellt sich die Situation im USamerikanischen High School- und College Sport dar. Hier steht nicht ausschließlich der Wettkampf im Vordergrund, sondern die klagenden Schülerinnen bzw. Studentinnen forderten häufig, durch ihre Teilnahme am Training und den sonstigen 16 Etwa bei der Abwägungsentscheidung im Rahmen des Anspruchs aus § 20 I GWB oder des an§§ 826,249 BGB i.V.m. § 20 VI GWB angelehnten Aufnahmeanspruchs in einen Verein oder Verband, hierzu Zweiter Teil. C.l.5.c.bb.(i) sowie C.II. 17 O'Connor v. Board of Education of School District 23, 449 U.S. 1301 (U.S.III. 1980); vgl. auch Clark v. Arizona lnterscholastic Association, 695 F.2d ll26 (9th Cir. 1982); siehe auch oben Vierter Teii.C.I.3.a.cc. ts Vgl. etwa Brenden v. Independent School District, 342 F.Supp. 1224 (D.Minn. 1972); ebenso Fortin v. Darlington Little League, lnc., 514 F.2d 344 (1st Cir. 1975); ausführlich hierzu oben Vierter Teii.C.I.3.a.aa.

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

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Angeboten eine Möglichkeit zur Sportausübung zu erhalten. 19 Darüber hinaus existieren verschiedene Sportarten wie beispielsweise Golf- oder Schachspielen sowie das Synchronschwirnrnen,20 bei denen nicht ausschließlich die physische Konstitution, sondern auch andere geschlechtsunabhängige Faktoren wie Technik, taktisches Gespür, Konzentration, Ballgefühl oder Geschicklichkeit den sportlichen Erfolg bedingen? 1 Während sich die deutsche Rechtsprechung mit dieser Thematik bisher noch nicht auseinandersetzen mußte, hatten US-amerikanische Gerichte mehrfach im Bereich des High School- und College Sports über die Zulassung einer Sportlerin zu Sportveranstaltungen, die ausschließlich für Männerangeboten wurden, zu entscheiden. Eine Analyse dieser einschlägigen Rechtsprechung führt zu dem Ergebnis, daß eine Sportlerin, die auf Grund ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit zu ihren Lasten auf das Prinzip der Chancengleichheit verzichtet, einen Anspruch auf Teilnahme an einer Veranstaltung für männliche Sportler grundsätzlich erfolgreich durchsetzen kann?2 Jedoch kann der Ausschluß einer Sportlerio sachlich gerechtfertigt sein, wenn sich die Athletin durch ihre Teilnahme einer erhöhten Verletzungsgefahr aussetzt. 23 Dies kommt insbesondere bei Kontaktsportarten wie beispielsweise Eishockey, Boxen oder Football in Betracht. 24 c) Teilnahme eines Sportlers an einer Damenveranstaltung

Anerkennt man im Einzelfall den Anspruch einer Sportlerin, an Sportveranstaltungen für Herren teilzunehmen, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob im umgekehrten Verhältnis auch männliche Athleten ihre Teilnahmeberechtigung bei Sportveranstaltungen durchsetzen können, die ausschließlich für Frauen angeboten wer19 Teilweise wurde eine Teilnahme bei den Herren auch mit der Begründung erstrebt, daß die Sportlerio durch das höhere Leistungsniveau bei den Herren ihre eigenen sportlichen Fähigkeiten besser entwickeln könne, so in O'Connor v. Bd. of Educ. of School District 23, 449 U.S. 1301 (U.S.Ill. 1980). 20 Siehe in diesem Zusammenhang die Ausführungen oben Zweiter Teil. C.l.5.c.bb.(i). 21 Hierzu ausführlich die Entscheidung des Berufungsgerichts in Brenden v. Independent School District, 477 F.2d 1292 (1300) (8th Cir. 1973). 22 So etwa Brenden v. Independent School District, 342 F.Supp. 1224 (D.Minn. 1972); 477 F.2d 1292 (8th Cir. 1973); Reed v. Nebraska Activities Association, 341 F.Supp. 258 (D.Nebraska 1972); Haas v. South Bend Community School Corporation, 289 N.E.2d 495 (lnd. 1972); vgl. auch oben Vierter Teil.C.1.3.a. 23 Vgl. Fortin v. Darlington Little League, Inc., 514 F.2d 344 (1st Cir. 1975): Das Gericht hatte hier argumentiert, daß Mädchen im Alter von 8-12 Jahren über etwa die gleichen physischen Fähigkeiten verfügten wie Jungen in diesem Alter, so daß eine erhöhte Verletzungsgefahr der Mädchen auf Grund ihrer schwächeren physischen Konstitution ausgeschlossen sei. Da die Klägerin alle sonstigen physischen und medizinischen Teilnahmevoraussetzungen erfüllte, konnte sie ihren Anspruch auf Zulassung erfolgreich durchsetzen. 24 Zur Problematik, in welchem Umfang das Selbstbestimmungsrecht eines Athleten einer Einschränkung zugänglich ist, unten Fünfter Teil.B.II.3.

224

5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

den. Über eine solche Klage in bezug auf die Zulassung zur DamenvolleyballMannschaft einer High School hatte ein US-amerikanisches Bundesgericht in Clark v. Arizona Interscholastic Association25 zu entscheiden. Dieses wies die Klage ab und befand, daß Jungen generell eine bessere physische Eignung zum Volleyballspielen hätten. Durch eine Zulassung männlicher Sportler würden diese die Mannschaft bald dominieren, so daß die Chancengleichheit für die weiblichen Athleten nicht mehr garantiert werden könne. 26 In den meisten Sportarten ist eine generelle geschlechtsbezogene Trennung zur Wahrung der Chancengleichheit zugunsten des physisch im allgemeinen schwächeren weiblichen Geschlechts zulässig und erforderlich?7 Würde man im Einzelfall einem männlichen Sportler die Teilnahmeberechtigung bei den Sportveranstaltungen der Frauen gewähren, wäre diese Chancengleichheit gefährdet. Dies gilt auch dann, wenn der einzelne männliche Sportler ein wesentlich niedrigeres Leistungsniveau hat als seine männlichen Konkurrenten bzw. ein vergleichbares gegenüber den weiblichen Teilnehmerinnen. Bei den Frauen gibt es ebenso wie bei den Männem individuell verschiedene Leistungsstärken. Es zeichnet gerade die Besonderheit des Sports aus, daß jeder einzelne Sportler über ein individuelles Leistungsniveau verfügt und der sportliche Erfolg demjenigen gebührt, der im sportlichen Wettbewerb eine bessere Leistung erzielt. Ein fairer Leistungsvergleich ist aber nur in solchen Gruppen möglich, die ohne Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit auf Grund ihrer biologischen Konstitution eine allgemein vergleichbare Ausgangssituation aufweisen. Dies erfordert eine Trennung der Geschlechter, um trotz der unterschiedlichen körperlichen Konstitution von Mann und Frau einen chancengleichen Leistungsvergleich zu ermöglichen?8 Die vereinzelte Zulassung eines männlichen Sportlers würde dieser Zielsetzung entgegenlaufen und ist daher abzulehnen. 29 Anders stellt sich die Situation dar, wenn eine weibliche Sportlerin auf Grund ihres hohen Leistungsniveaus zu ihren Lasten auf

695 F.2d 1126 (91h Cir. 1982). Zu den Entscheidungsgründen oben Vierter Teii.C.I.2.a.bb. 27 Siehe Fünfter Teii.B.I.I. 28 Diesem Ziel dient im Damenturniertennis der sog. "Weiblichkeitstest", mit dem bei auftretenden Zweifeln sichergestellt werden soll, daß tatsächlich nur Frauen im Wettkampf gegeneinander antreten, WTA-Tour Rule Book 1999, XII. Player entry and acceptance procedures, A.3. Feminity test, S. 114; vgl. aber Richards v. USTA, 400 N.Y.S. 2d 267 (1977): Die Anwendung dieses Tests, der das Nichtvorhandensein männlicher Chromosomen überprüft, wurde im vorliegenden Fall als unzulässige Diskriminierung gegenüber der klagenden Tennisspielerin gewertet. Diese hatteinfolge einer operativen und hormonellen Geschlechtsumwandlung zwar noch männliche Chromosomen in ihrem Körper, jedoch erklärten mehrere Mediziner, daß die Klägerin insgesamt durchaus als Frau einzustufen sei, sowohl äußerlich als auch innerlich sowie auf Grund ihrer physischen und psychischen Verfassung, so daß ein Ausschluß von den Damenturnieren infolge des Chromosomentests eine unzulässige Diskriminierung darstelle. 29 Clark v. Arizona Interscholastic Association, 695 F.2d 1126 (9th Cir. 1982). 25

26

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

225

das mit der Trennung verwirklichte Prinzip der Chancengleichheit verzichtet und den direkten Leistungsvergleich mit den männlichen Athleten anstrebt. d) Besonderheiten des HighSchool- und College Sports

Im High School und College Sport stellt der "Tztle IX of the Education Amendments Act" die zentrale Rechtsgrundlage einer geltend gemachten Diskriminierung auf Grund des Geschlechts dar. 30 Gerichte haben wiederholt klargestellt, daß an der generellen Zulässigkeit einer geschlechtsbezogenen Trennung im Sport grundsätzlich keine Bedenken bestehen.31 Eine nach dem Regelungsgehalt des Title IX unzulässige Differenzierung kann unter diesen Umständen aber dann vorliegen, wenn die Teilnahme- und Ausübungsmöglichkeiten für ein Geschlecht im Vergleich zu dem Angebot für das andere wesentlich schlechter sind. Verglichen werden nicht nur die Möglichkeiten, den Sport überhaupt ausüben zu können, sondern auch die Modalitäten der Ausübung beispielsweise in bezug auf Ausrüstung, finanzielle Unterstützung oder Training.32 Der zur Auslegung und Anwendung des Tztle IX entwickelte "Drei-Stufen-Test" bezieht den Umstand mit ein, daß der Anteil weiblicher Athleten strukturell immer kleiner war als der der Männer und zielt infolgedessen auf eine Förderung des Sportangebots für weibliche Sportler. Dies hat zur Folge, daß eine auf Grund von Budgetbeschränkungen notwendige Kürzung des universitären Sportangebotes überproportional oder sogar ausschließlich bei den Herrenprogrammen vorgenommen werden kann. 33 Damit geht der Regelungsgehalt des Tztle IX über ein reines Diskriminierungsverbot hinaus und versucht eine Gleichstellung der Geschlechter in bezug auf die sportlichen Angebote und deren Modalitäten zu erreichen bzw. honoriert die zu diesem Zweck vorgenommenen Maßnahmen, auch wenn sie im Einzelfall das überrepräsentierte Geschlecht überproportional belasten. Insoweit bestehen gewisse Ähnlichkeiten mit Art. 3 II 2 GG, der als Staatszielbestimmung Maßnahmen zur Angleichung der Lebensverhältnisse von Männern und Frauen fordert, um bestehende Nachteile zu beseitigen und die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. 34 Eine Übertragung auf das sonstige Sportgeschehen, insbesondere den professionellen Sport, ist indes nicht ohne weiteres möglich: Der Anwendungsbereich des Siehe Vierter Teil.C.II.2. So etwa Ke/ley v. University oflllinois, 35 F.3d 265 (270 et seq.) (7th Cir. 1994). 32 Cook v. Co/gate University, 802 F.Supp. 737 (N.D.N.Y. 1992); Harris, 72 Denv.U. L. Rev. 57 (41) (1994). 33 Zum sog . .,Drei-Stufen-Test" siehe Weiler/Roberts, Sportsand the Law, Ch.ll, Sec.B, S. 807. 34 BVerfGE 89, 276 (285) unter Hinweis auf BVerfGE 85, 191 (207); ausfUhrlieh oben Zweiter Teil. C.I.5.a.bb.(i). 30

31

15 Zinger

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5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

Title IX ist ausdrücklich auf Bildungseinrichtungen beschränkt, die durch Bundesmittel finanziell gefördert werden. Auch aus der Staatszielbestimmung des Art. 3 li 2 GG läßt sich ein subjektiver Anspruch des einzelnen Sportlers gegen den privatrechtlich organisierten Sportverband nicht herleiten. Als objektive Wertentscheidung kann diese Verfassungsnorm lediglich bei der Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Normen Berücksichtigung finden. Grundsätzlich liegt es somit im eigenen Ermessen des privaten Rechtsträgers, ob er sportliche Veranstaltungen für Männer oder Frauen anbietet. 35

111. Verbot der Benachteiligung auf Grund einer Behinderung Der Schutz behinderter Menschen vor Benachteiligungen auf Grund ihrer Behinderung hat zu Beginn der neunziger Jahre eine besondere Sensibilisierung in der Gesellschaft erfahren und führte zu einer Normierung spezieller Diskriminierungsverbote. Im Jahr 1990 wurde in den Vereinigten Staaten der "Americans with Disabilities Act" erlassen, in Deutschland ist der Schutz Behinderter vor Benachteiligungen auf Grund ihrer Behinderung seit 1994 in Art. 3 III 2 GG verankert. Bejaht man die Relevanz dieser gesetzlichen bzw. verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbote für den Bereich des Sports,36 muß in einem zweiten Schritt das Spannungsfeld zwischen der Autonomie der Sportverbände und dem Schutz des behinderten Sportlers vor einer Benachteiligung einer Auflösung zugeführt werden. 1. Inhalt des Benachteiligungsverbotes

Eine unzulässige Diskriminierung Behinderter i. S. d. ADA umfaßt nicht nur die unmittelbare Benachteiligung eines behinderten Menschen, sondern liegt darüber hinaus auch dann vor, wenn eine angemessene Modifikation unterlassen wird, durch die dem Behinderten eine Teilhabemöglichkeit eröffnet würde. 37 Entsprechend wird auch der Regelungsgehalt des Art. 3 III 2 GG ausgelegt. Diese Verfassungsbestimmung geht wie der ADA über ein reines Diskriminierungsverbot hinaus und zielt darauf, durch eigenständige Maßnahmen die Integration und Gleichstellung Behinderter umzusetzen und zu fördern. 38 35 Mittlerweile können die meisten Sportarten bei bestehendem Interesse von beiden Geschlechtern ausgeübt werden, so etwa das Boxen oder Catchen von Frauen oder das Synchronschwimmen von männlichen Athleten, hierzu Zweiter Teil. C.I.5.c.bb.(i). 36 Hierzu bereits Fünfter Teil.B.I. 37 42 U.S.C. § 12182 (a), 12182 (b) (A) (ii) und (iii); darauf hinweisend auch Martin v. PGA Tour, Inc., 994 F.Supp. 1242 (1247) (D.Or. 1998). 38 Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind auch Bevorzugungen Behinderter mit dem Ziel einer Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten erlaubt, aber

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

227

Der ADA stellt ausdrücklich fest, daß auch im privaten Rechtsverkehr unter bestimmten Voraussetzungen die Verpflichtung besteht, aktive Maßnahmen zur Gleichstellung des behinderten Menschen vorzunehmen. Begrenzt wird diese Pflicht durch das Kriterium der Angemessenheit ("reasonable modifications"). Auf diese Weise kann den Bedürfnissen und der konkreten Situation des privatrechtlich agierenden Adressaten des Diskriminierungsverbotes Rechnung getragen werden. Eine derartige Begrenzung ist auch im deutschen Recht zu befürworten. Zwar ist der Regelungsgehalt des Art. 3 III 2 GG als objektive Wertentscheidung bei der Auslegung und Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften zu berücksichtigen. Jedoch kann dies keine uneingeschränkte Verpflichtung zur Gleichstellung behinderter Menschen im privaten Rechtsverkehr begründen. Denn dies würde dem Grundsatz der Privatautonomie als einem "Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen nach seinem Wi11en" 39 entgegenlaufen. Infolgedessen ist die Durchführung von Maßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen nur in einem angemessenen Umfang zu fordern, durch den der insoweit Verpflichtete nicht übermäßig in seiner Handlungs- und Dispositionsfreiheit eingeschränkt wird. 2. Abwägung Benachteiligungsverbot - Autonomie der Sportvereinigungen

a) Prüfungsmaßstab

Im deutschen Recht läuft die Abwägung der gegenüberstehenden Interessen auf eine Verhältnisbestimmung im Wege einer praktischen Konkordanz der einzelnen Grundrechtspositionen hinaus. Dabei kann sich der Sportverband auf das Grundrecht aus Art. 9 I GG berufen, das einen Kernbereich der verfassungsrechtlich gewährleisteten Autonomie begründet, der keiner Einschränkung zugänglich ist. 40 Im Rahmen des ADA ist die Verpflichtung einer Sportvereinigung zur Anpassung oder Abänderung ihres Regelwerkes, um einem behinderten Sportler die Teilnahme zu ermöglichen, ausgeschlossen, wenn die in Rede stehende Änderung die Natur der Veranstaltung grundlegend verändern würde ("fundamental alteration").41 Der Prüfungsansatz variiert in den Rechtssystemen. Das deutsche Recht nimmt eine Abwägung zwischen einzelnen Grundrechtspositionen vor, während im OSamerikanischen Recht die einfachgesetzlich begründete Pflicht zur Anpassung an die Bedürfnisse behinderter Menschen durch eine von dem Verpflichteten zu beverfassungsrechtlich nicht geboten, grundlegend BVerfG NJW 1998, 131 (132 f.); hierzu Zweiter Teil. C.l.S.a.bb.(iii). 39 Flume, Allgerneiner Teil des Bürgerlichen Rechts II, S. 1; Zweiter Teil. B.II.l. 40 Im Einzelnen Zweiter Teil. B.l.2.d. und e. 41 Grundlegend die Entscheidung Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1245 et seq.) (D.Or. 1998); hierzu Vierter Teil.D.II.2.b.cc.(ii). 15*

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5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

weisende Ausnahmeregelung begrenzt wird. Inhaltlich führen beide Ansätze jedoch zu einem gleichen Ergebnis. Über den Kernbereich des Art. 9 I GG wird die Eigenständigkeit und Besonderheit des Sports angemessen berücksichtigt. 42 Ebenso sucht der ADA eine grundlegende Veränderung des Sportgeschehens zu vermeiden und trägt damit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Autonomie der Sportverbände Rechnung. 43 b) Durchführung einer Einzelfallprüfung

Die Analyse der einschlägigen Rechtsprechung US-amerikanischer Bundesgerichte illustriert die unterschiedlichen Ergebnisse, die sich aus einer die konkreten Umstände des Falles berücksichtigenden Betrachtung44 oder einer auf allgemeinen Erwägungen beruhenden Entscheidung45 ergeben. Letzterer Prüfungsmaßstab führt in der Regel dazu, daß eine allgemeine Abänderung einer Regelbestinunung die Natur des Wettbewerbs grundlegend verändern würde, da das mit dieser Regelung verfolgte Ziel im allgemeinen nicht mehr erreicht werden kann. 46 Bei der Durchführung einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung kann dagegen der besonderen Situation des behinderten Sportlers Rechnung getragen und auf dieser Grundlage entschieden werden, ob eine Abänderung des Regelwerkes im Einzelfall gleichsam zu einer grundlegenden Veränderung des sportlichen Wettkampfes führt. 47 Für einen solchen Prüfungsmaßstab spricht auch die Überlegung, daß Behinderungen in vielfältigen Erscheinungsformen auftreten und in ihren individuellen Auswirkungen stark variieren, so daß eine einzelfallbezogene Prüfung erforderlich ist, um die besonderen Bedürfnisse des einzelnen behinderten Menschen sachgerecht zu berücksichtigen. 48

42 Vgl. etwa die Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 20 I GWB, Zweiter Teil. C.I.5.c.bb.(ii). 43 Vgl. zum Prüfungsmaßstab im Rahmen des ADA, Vierter Teil.D.II.2.b.cc.(ii) und (iv); zur Autonomie der Sportvereinigungen Vierter Teil.A.II.4. 44 So etwa Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1249) (D.Or. 1998); Johnson v. Florida High School Activities Association, 899 F.Supp. 579 (M.D.Fla. 1995); Dennin v. Connecticut lnterscholastic Athletic Conference, Inc., 913 F.Supp. 663 (D.Conn. 1996). 45 In diesem Sinn etwa Pottgen v. The Missouri State High School Activities Association, 40 F.3d 926 (8th Cir. 1994); Sandison v. MHSAA, 64 F.3d 1026 (6th Cir. 1995). 46 Im Einzelnen zu der einschlägigen Rechtsprechung Vierter Teil.D.II.2.b.cc.(i), (ii) und (iv). 47 Vgl. BVerfG NJW 1998, 131 ff.; ausführlich zur Situation im deutschen Recht Zweiter Teil. C.l.5.a.cc. (iv). 48 Darüber hinaus können aus der Behinderung resultierende Nachteile in den Entscheidungsprozeß einbezogen werden, so etwa in Martin v. PGA Tour, lnc., 994 F.Supp. 1242 (1249) (D.Or. 1998).

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

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c) Auslegung des Begriffs der Behinderung

Diesem einzelfallbezogenen Prüfungsansatz könnte entgegengehalten werden, daß er die Gefahr einer Rechtsunsicherheit beinhaltet, da in jedem Fall eine individuelle, die zugrundeliegenden Tatsachen bewertende Entscheidung zu treffen ist. 49 Eine Fülle von Einzelentscheidungen kann letztlich auch zu einer allgemeinen Aufweichung der von den Sportverbänden festgelegten Regelwerke führen mit der Folge einer grundlegenden Veränderung der Natur des sportlichen Ereignisses. Die Verpflichtung zur Abänderung des Regelwerkes knüpft allerdings stets an das Vorliegen einer Behinderung an. Erforderlich ist daher, dem Begriff der Behinderung klare Konturen zu geben, um eine ausufernde Auslegung zu vermeiden. Dies bereitet im deutschen Recht bisher noch Schwierigkeiten: Zwar wird insoweit auf die "abstrakt formale" 50 Legaldefinition des§ 3 I 1 SchwbG51 zurückgegriffen. Bisher fehlt jedoch eine klare und einheitliche Begriffsbildung, die in das Verfassungsrecht übernommen werden könnte und eine konkrete Abgrenzung der Berechtigten ermöglicht. 52 Die Auslegung des Begriffs der Behinderung stand auch bei den US- amerikanischen Gerichtsurteilen Knapp v. Northwestem University53 sowie Pahulu v. University of Kansas54 im Zentrum der rechtlichen Analyse. Beide Entscheidungen lehnten das Bestehen einer Behinderung mit der Begründung ab, daß eine wesentliche Beeinträchtigung einer grundlegenden Lebensaktivität nicht vorliege (,,substantiallirnitation of a major life activity"). Das Gericht in Knapp vertrat die überzeugende Auffassung, daß zur Bestimmung der betroffenen grundlegenden Lebensaktivität ein objektivierter Maßstab anzulegen ist und infolgedessen nur grundlegende Funktionen wie Laufen, Sehen, Hören, Lernen, für sich selbst Sorge Tragen oder Arbeiten in Betracht kommen. Erst in einem zweiten Schritt müsse dann bei der Frage der wesentlichen Beeinträchtigung die individuelle Situation des Betroffenen mit einbezogen werden. Eine in diesem Sinne restriktive Auslegung des Merkmals der Behinderung ist zu begrüßen. 55 Denn zum einen wird auf 49 Auf diese Gefahr hinweisend Traub, WRP 1985, 591 (597); ebenso Long, 77 Or.L.Rev. 1337 (1378 et seq.) (1998): Beide Autoren kommen zu dem Ergebnis, daß auf Grund der Notwendigkeit von Einzelfallentscheidungen der Rechtsprechung eine erhöhte Bedeutung und Verantwortung zukommt. so So Scholz, in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3111 Rz. 176. s1 § 3 SchwbG definiert den Begriff der Behinderung als " .. . Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht". s2 Osterloh, in Sachs, Grundgesetz, Art. 3 GG Rz. 308 f.; ebenso Starck, in v. Mangoldt/ Klein I Starck, GG I, Art. 3 GG Rz. 384, der darauf hinweist, daß bisher offen ist, welche Funktionen i. S. d. Legaldefinition in Betracht kommen und wie intensiv und dauerhaft eine Beeinträchtigung sein muß, damit man von einer Behinderung i. S. d. Art. 3 III 2 GG sprechen kann. 53 Vierter Teil.D.I.2.b.bb. 54 Vierter Teil.D.I.2.b.aa.

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5. Teil: Vergleich zwischen dem deutschen und US-amerikanischen Recht

diese Weise der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz auf die Menschen beschränkt, die in ihrer allgemeinen täglichen Lebensführung in erheblicher Weise dauerhaft beeinträchtigt und infolgedessen auch wirklich schutzbedürftig sind. Gleichzeitig wird eine Aufweichung des allgemein verbindlichen Regelwerkes durch eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen verhindert. Die Zahl der Menschen, die trotz einer Behinderung den direkten sportlichen Leistungsvergleich mit nichtbehinderten Athleten suchen und infolgedessen eine Abänderung des Regelwerkes verlangen, wird auch zukünftig relativ gering bleiben. 56

3. Selbstgeflihrdung als sachlicher Rechtfertigungsgrund einer Benachteiligung

Die Gerichtsentscheidungen Pahulu v. University of Kansas57 sowie Knapp v. Northwestem University58 illustrieren die Problemstellung, ob und inwieweit eine Selbstgefährdung des behinderten Sportlers dessen Ausschluß von einer Teilnahme an Sportveranstaltungen rechtfertigen kann. Grundsätzlich kann ein Sportler selbständig und eigenverantwortlich über seine Teilnahme an Sportereignissen und der damit verbundenen Verletzungsgefahr entscheiden. 59 Die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts und der freien Entfaltungsmöglichkeiten stellen gerade Kernelemente zur Integration und Gleichstellung behinderter Menschen in der Gesellschaft dar. Auch die über Art. 2 ll 2 GG bestehende staatliche Schutzpflicht findet grundsätzlich ihre Schranken, wenn Sportler in ihrer freien Entscheidung bzgl. der Ausübung einer risikobehafteten Sportart eingeschränkt würden, obwohl ihnen dies als Teilbereich der Lebensgestaltung durch Art. 2 I GG gewährt wird. 60 Andererseits ist zu bedenken, daß die ein Sportereignis organisierende Vereinigung ein legitimes Interesse daran hat, den körperlichen Schutz der teilnehmenden Athleten sicherzustellen und durch ihre Veranstaltung keine über das allgemeine Verletzungsrisiko hinausgehende Selbstgefahrdung einzelner Sportler herauszufordern oder herbeizuführen.61 Dieses Interesse entspricht Siehe die Stellungnahme zu dieser Problematik oben, Vierter Teil. D.l.2.c. So etwa im Fall des Golfspielers Casey Martin, der trotz seiner Behinderung über ein sportliches Leistungsniveau verfügt, das nur sehr wenige Golfspieler jemals erreichen und ihm einen Leistungsvergleich auf höchster Ebene ermöglicht. 57 Zu Sachverhalt und Entscheidungsgriinden Vierter Teil.D.I.2.b.aa. 58 Zu Sachverhalt und Entscheidungsgriinden Vierter Teil.D.I.2.b.bb. 59 Im einzelnen zu dieser Problematik Vierter Teil.D.I.2.c.bb. 60 Würtenberger, in ders. (Hrsg.), Risikosportarten, S. 31 (33 f.): ,,Zur allgemeinen Handlungsfreiheit gehört ein Recht auf Selbstgefährdung, so daß gefährliche Sportarten wie Bergsteigen oder Drachenfliegen durch das allgemeine Polizeirecht nicht unterbunden werden können." Nach Würtenberger kommt eine staatliche Reglementierung nur in extremen Ausnamefällen in Betracht; siehe auch Fritzweiler, Praxishandbuch Sportrecht, I. Teil Rz. 28. 61 So etwa im Fall des Sportlers Knapp, der bereits einen Herzstillstand während des BasketballspieJens erlitten hatte und eine Wiederholungsgefahr weiterhin bestand, 101 F.3d 473 (483) (7th Cir. 1996). 55

56

B. Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote im Sport

231

der gesetzlich begründeten Verkehrssicherungspflicht, die der Veranstalter eines Sportereignisses insbesondere auch zum Schutz der teilnehmenden Sportler zu erfüllen hat. 62 Viele Bestimmungen im Regelwerk eines Verbandes verfolgen den Zweck, die Ausübung des Sports ohne erhöhte gesundheitliche Risiken zu gewährleisten.63 Hinzu kommt, daß durch einen schweren Unfall während eines Wettkampfes das Ansehen des Veranstalters und sein Ruf in der Öffentlichkeit in erheblicher Weise Schaden nehmen können. 64 Um zu verhindern, daß das Selbstbestimmungsrecht des behinderten Sportlers eine zu starke Einschränkung erfährt, sollte in Übereinstimmung mit der Entscheidung Knapp v. Northwestem University der Ausschluß eines Sportlers von einer Teilnahme nur dann möglich sein, wenn eine vernünftige Wahrscheinlichkeit für einen bedeutenden Schaden besteht. Dagegen ist allein das Vorliegen einer erhöhten Verletzungsgefahr als nicht ausreichend anzusehen. 65 Auf diese Weise wird einerseits der Eigenverantwortlichkeit des Sportlers Rechnung getragen und andererseits das legitime Interesse des Veranstalters berücksichtigt, die teilnehmenden Athleten vor einer über das allgemeine Verletzungsrisiko hinausgehenden bedeutenden Gesundheitsbeeinträchtigung zu schützen.

62 In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, daß ein Haftungsausschluß nur in den gesetzlichen Grenzen der§§ 276 li BGB, 11 Nr. 7 AGBG zulässig ist. 63 Darauf hinweisend auch Würtenberger, in ders. (Hrsg.), Risikosportarten, S. 31 (34); vgl. auch den im Regelwerk der NCAA normierten Grundsatz, nach dem jede Mitgliedsvereinigung die Verantwortung hat, die Gesundheit jedes teilnehmenden Sportlers zu schützen und eine sichere Umgebung für die Athleten herzustellen, dazu oben Vierter Teil.D.I.2.c.bb. 64 Siehe die Argumente der Beklagten in Knapp v. Northwestem University, 942 F.Supp. 1191 (1199) (N.D.Ill. 1996). 65 Im einzelnen zu den Entscheidungsgründen Vierter Teil. D.l.2.b.bb.

Sechster Teil

Schlußbetrachtung Der auf nationaler und internationaler Ebene ausgeübte Sport zeichnet sich grundlegend dadurch aus, daß er einerseits autonom von Verbänden organisiert und reglementiert wird und andererseits trotz seiner internationalen Dimension in die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen eingebunden ist. Das nationale Rechtssystem, das den Verbänden ein Selbstbestimmungsrecht gewährt, bestimmt gleichzeitig auch den Rahmen und die Grenzen, innerhalb der diese zuerkannte Autonomie ausgeübt werden kann. Dies begründet in vielen Fällen ein Spannungsfeld zwischen der Eigenständigkeif des Sportverbandswesens und dem Kontrollvorbehalt der staatlichen Rechtsordnung. Eine Auflösung dieses Spannungsfeldes ist dabei stets im Rahmen der nationalen Rechtsordnung zu suchen, wobei den Besonderheiten und der Eigenart des "Systems Sport" durch eine sportbezogene Anwendung einzelner nationaler Rechtsvorschriften Rechnung getragen werden kann. Überlegungen im deutschen Recht, eine Art Sonderprivatrecht für den Sport zu begründen, zielen in diese Richtung. Im US- amerikanischen Recht illustriert die Entscheidung Martin v. PGA Tour; Inc. die Anwendung staatlichen Rechts unter Anerkennung der sportspezifischen Besonderheiten. Auf diese Weise kann auch die internationale Dimension des Sportgeschehens einbezogen werden. Denn der Sport bleibt zwar in den nationalen Rechtsordnungen verankert, gleichzeitig ist er aber in ein internationales Verbandssystem eingebunden, das die Universalität der sportlichen Betätigung erfordert. Eine sportbezogene Anwendung nationaler Rechtsvorschriften unter dem Blickwinkel staatlicher Diskriminierungsverbote muß gewährleisten, daß diese auch im Sport grundsätzlich Geltung beanspruchen und die Autonomie der Vereine und Verbände ausgestalten, ohne dadurch sportspezifische Wertvorstellungen oder die Eigenart des Sportgeschehens zu beeinträchtigen. Obwohl das deutsche und US- amerikanische Rechtssystem unterschiedliche Wege gewählt haben, Diskriminierungsverbote zu normieren, stimmen deren Regelungsinhalte im wesentlichen überein. So ist in beiden Rechtsordnungen eine Differenzierung etwa auf Grund der "Rassenzugehörigkeit" oder nationalen Herkunft unzulässig: Wahrend in den Vereinigten Staaten dem Differenzierungsmerkmal der "Rasse" bis in die Sechziger Jahre eine große Bedeutung zukam, erfahrt in den europäischen Staaten das europarechtliche Verbot einer Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit besondere Aufmerksamkeit. Dieses greift allerdings dann nicht, wenn, etwa beim Leistungsvergleich verschiedener Nationen, die

6. Teil: Schlußbetrachtung

233

sportspezifische Eigenart der Veranstaltung eine Differenzierung auf Grund der Staatsangehörigkeit erfordert. Das von den nationalen Rechtsordnungen nonnierte Verbot einer Ungleichbehandlung von Mann und Frau findet grundsätzlich auch im Sport Anwendung. Eine Differenzierung ist danach zulässig, soweit sie auf Grund biologischer Unterschiede sachlich gerechtfertigt ist. Eine Trennung in Damen- und Herrendisziplinen trägt auf Grund der biologisch physischen Unterschiede von Mann und Frau in den meisten Sportarten dem Prinzip der Chancengleichheit Rechnung und begründet damit die Notwendigkeit einer Differenzierung. Verzichtet jedoch eine Sportlerio zu ihren Lasten auf diese Art von Chancengleichheit, ist ihr auf Grund einer Einzelfallentscheidung bei Vorliegen der sonstigen Zulassungsvoraussetzungen die Teilnahme zu ermöglichen. Darüber hinaus kann ein im Rahmen der Definitionsbefugnis der Sportverbände aufgestelltes geschlechtsspezifisches Teilnahmekriterium zulässig sein, wenn dieses der Sportart ihr typisches Gepräge verleiht, beispielsweise im Individualsport Paartanzen, und eine Aufhebung dieser Zulassungsvoraussetzung die spezifische Eigenart der sportlichen Betätigung verändern würde. Sowohl die US-amerikanische als auch die deutsche Rechtsordnung haben zum Schutz behinderter Menschen vor Benachteiligung ein an das Merkmal der Behinderung anknüpfendes Diskriminierungsverbot nonniert. Dieses sucht die Integration und Gleichstellung behinderter Menschen in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen gleiche Teilnahmemöglichkeiten zu verschaffen. Dementsprechend kann ein diskriminerendes Verhalten darin liegen, daß der Normadressat es im Einzelfall unterläßt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um dem behinderten Sportler eine Teilnahme zu ermöglichen. Diese Verpflichtung zur Durchführung integrierender Maßnahmen wird in einem angemessenen ("reasonable") Umfang gefordert, der sicherstellt, daß die Umsetzung der geforderten Modifikation zu keiner übermäßigen Belastung des Verpflichteten etwa in finanzieller oder organisatorischer Hinsicht führt. Gleichzeitig muß über eine sportbezogene Anwendung dieses staatlichen Diskriminierungsverbotes die Eigengesetzlichkeit des Sports Berücksichtigung finden. Eine Modifikation zur Integration behinderter Sportler wird danach nicht gefordert, wenn diese einen Eingriff in die Definitionsbefugnis der Sportverbände darstellt und die charakteristische Eigenart einer Sportart verändert. Der Ausschluß eines behinderten Sportlers zu dessen eigenem Schutz vor Verletzungen ist grundsätzlich zulässig, da der Veranstalter eines Sportereignisses ein legitimes Interesse hat, die körperliche Integrität der teilnehmenden Sportler zu gewährleisten. Allerdings muß eine vernünftige Wahrscheinlichkeit für einen bedeutenden Schaden bestehen, um einen derartigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Athleten rechtfertigen zu können. Die Geltung und Anwendung staatlicher Diskriminierungsverbote begründet eine Einzelfallprüfung, die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände auf einen Ausgleich zwischen dem von der staatlichen Rechtsordnung vorgegebenen

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6. Teil: Schlußbetrachtung

Schutz der Rechtsstellung des einzelnen Sportlers und der Wahrung der Eigengesetzlichkeit des Sports zielt. Durch eine sportbezogene Anwendung gesetzlicher Diskriminierungsverbote wird somit die Einbindung des Sportgeschehens in die nationale Rechtsordnung gewährleistet und kann gleichzeitig der spezifischen Besonderheit des Sports Rechnung getragen und dessen Eigenständigkeil bewahrt werden.

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Sachwortverzeichnis Abänderung des Regelwerkes 95, 205, 210, 229 Abwägungsentscheidung 90 ff., 211 Allgemeinwohl 133, 163 Amateur Sports Act 152, 220 Amateursport 71, 110, 113, 129, 147, 153 Amateurstatus 74 Angemessenheil 117, 227 Anknüpfung - akzessorisch 53, 108 - bei internationalen Wettkämpfen 49, 108 - Gesellschaftsstatut 49, 108 - Preisbewerbung 55 - Regelanerkennungsvertrag 51 - Sportleistungsvertrag 52 - Teilnahmevertrag 55 - Veranstaltungsort 55 - vereinsrechtlich 52 - vertraglich 52 Anpassung s. Abänderung Antidiskriminierungsgesetz 86, 156, 174, 189, 192 ff., 218 Arbeitnehmerfreizügigkeit 131 ff. Arbeitsbedingungen 137 Arbeitsrecht 121 ff., 178 ff. Arbeitsvertrag 33, 121 Assoziierungsabkommen 137 ff. Athletenvereinbarung 37 ATP Tour 29, 125 Aufenthaltsgenehmigung 139 Aufnahmeanspruch 75, 97, 99, 218 Aufnahmezwang 71 Ausbildungswesen 143 ff., 181 Ausländerklausel 132, 137 Ausländerstatus 164 Auslobung, s. auch Preisbewerbung 44 ff., 109 Auslobungsbedingungen 44, 47, 111 Ausnahmeregelung 203, 228

Ausrichtung Wettkampf 30 Austragungsort s. Veranstaltungsort Autonomie - des Sports 220 - des Verbandes/Vereines 57 ff., 101, 134, 149, 156 ff., 162, 193 Behinderung Definition 184, 186, 188, 229 Benachteiligungsverbot 88, 160, 180, 217, 226 Berufsfreiheit 133 Berufssportler 71, 113, 128 Beschränkungsverbot 132 Beurteilungsspielraum 187, 191 Bevorzugung Behinderter 87, 117, 226 Bildungseinrichtung 143 ff., 226 Biologische Konstitution 83, 92, 221, 223 Biologische Unterschiede 83, 92, 122 f., 168, 172, 179 Bundesmittel165, 174, 180, 219, 226 Bundesstaat 143 Chancengleichheit 84, 92 ff., 114, 122, 169 ff., 204,207,221 College Sport 144, 175 ff. Dachvereinigung 143 Dienstleistungsfreiheit 129, 136 ff. Dienstvertrag 34 Differenzierungsverbot s. Diskriminierungsverbot Diskriminierung - auf Grund der Rasse 159 ff. - auf Grund des Geschlechts 81 ff., 92 ff., 122, 167 ff., 220 ff. - auf Grund einer Behinderung 85 ff., 95 ff. 180 ff., 192 ff., 226 ff. Drittstaaten 137 Drittwirkung d. Grundrechte 113, 217

250

Sachwortverzeichnis

Educational primacy 147 Eigenart des Sports 66 f., 94, 96, 105 f., 206 Eigenverantwortlichkeit d. Sportlers 189, 212 ff. Ein-Platz-Prinzip 27, 58, 77, 152 Einzelfallentscheidung 93, 97, 169, 173, 203 ff., 221, 228 Einz~lsportart 34, 124, 137 Equa1 protection clause 160, 167 Europäische Menschenrechtskonvention 135 Europäische Sportcharta 131 Fernsehübertragungsrechte 41, 126, 148, 155 Förderungsmaßnahmen 88, 92 ff., 205 Freizeitsportler 129 Freizügigkeit d. Arbeitnehmers 130, 131 ff. Gemeinnützig 195 Gemeinsamer Markt 140 Geschlechtsspezifisch 94 Geschlechtsunabhängige Faktoren 84, 223 Gesellschaftsstatut s. Anknüpfung Gesellschaftsstatut Gesundheit 170, 190 Gewinnerzielung 158 Gleichbehandlungsgrundsatz 106 f., 111, 116, 121, 123, 125, 153 - im Arbeitsrecht 121 ff. Gleichstellung 82, 88, 225 f. Golfplatz 198 Grundrechte - Mittelbare Drittwirkung 79 Haftungsfreistellung 183, 190 HighSchool Sport 143 Inhaltskontrolle 66, 101 ff., 110, ll8, 141, 202 Integration 86, 95, 97, 117, 189, 216, 226, 230 Interessenahwägung 91, 112, 117, 213,227 Internationaler Wettkampf 48 Internationales Sportrecht 68 Justizgewährungspflicht 62 Kernbereich 59, 96,227 Kommerzialisierung 23, 129, 148, 159, 197

Kompetenz 69, 128 Konkordanz der Grundrechte 106, 227 Konstitution s. biolog. Konstitution Kontaktsportart 169 ff., 182, 221, Kontrahierungszwang 75, 100 Kontrollvorbehalt 149, 158 Kultur 69, 128, 130 Leistungsfahigkeit 203 Leistungsvergleich 92, 122, 134, Lernbehinderung 203 ff. Uzenzerteilung 137 Lohngleichheit 123, 124, 178 Mannschaftssport 33, 121, 178, Mannschaftssportart 137, 154 Marktabhängigkeit 124 Marktbeherrschende Stellung 139 Meldung Turnierteilnahme 38 Mitgliedschaft 115, 119, 195 Modifikationen des Regelwerkes 95, 203 ff., 226 Monopolstellung 27, 45, 75, 77, 91, 101, 113, 125, 156, 162, 217 National Collegiate Athletic Association 144,162,200,206,220, National Football League 155 National Governing Body 153, 162, 220 Nationalmannschaft 133 Negro Tour 164 Niederlassungsfreiheit 50, 136 Not-for-profit association 153, 155, 167, 195 Öffentlich zugängliche Einrichtung 165, 180, 198 ff., Öffentliches Gelände 163, 165 Öffentlichkeit 123, 126, 146, 157, 179, 190, 197,216,231 PGA - European Tour 31, 40 - Gerrnany 31 - Tour89, 194,218 Physische Eignung 171 Physische Unterschiede, s. auch biologische Unterschiede

Sachwortverzeichnis

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Preisausschreiben s. Preisbewerbung Preisbewerbung 44, 108 Preisgeld 47, 107, 125, 197 Privatautonomie 62, 102, 117,227 Piofisportler, s. auch Berufssportler 213 Profisportligen 148, 154 Public policy 159

Tradition 93 Transferfristen 135 Transferregelungen 132 Treu und Glauben 112 Treuepflicht 121 Tribunal Arbitral du Sport 68 Turnierausrichter s. Veranstalter

Rassenzugehörigkeit 159 ff., 164 Rechtfertigung d. Eingriffs 133 Regelanerkennungsvertrag 36, 118

Unangemessene Benachteiligung 112, 115 Unfa11231 Ungleichbehandlung s. Differenzierungsverbot Unternehmen - der Sportler 71, 111, 140 - marktbeherrschendes 77, 140 Unterwerfungserklärung, s. auch Regelanerkennungsvertrag 36, 118, 155

Satzungsautonomie 63 Satzungszweck 119 Schadensersatz 98, 120 Schutz des Sportlers 93, 170, 189, 204, 212 ff., 215, 221 Schutzpflichten d. Veranstalters 45, 213, 231 Selbstbestimmungsrecht 93, 139, 149, 156 - der Verbände, s. auch Autonomie 57 ff., 91 ff., 134, 139, 149, 156, 220 - des Athleten 212, 215, 230 Selbstgefahrdung 190, 212, 230 Sonderprivatrecht 66, 105 Spielergewerkschaft 156 Spielervereinigung 29, 38 Spielregeln 60 Sportangebote 175, 181,225 Sportautonomie 60, 89, 158 Sportförderung, s. auch Bundesmittel 69 Sportleistungsvertrag 33, 36 Sportlervennittler 148 Sportstipendium 147, 183, 185 Sporttypische Wertevorstellungen 60, 67, 96,106,209 Staatsangehörigkeit 131 Staatszielbestimmung 69, 82, 87, 225 Start-/ Spielerlaubnis 36 Startgeld 34 State action 161, 218 Teilnahme - arn Wettkarnpf71, 134, 164, 197 - an sportlicher Betätigung 130, 181 ff." 203 Teilnahmeanspruch 75, 100, 222 Tournament Ownership 30

Veranstalter 30, 40, 109, Veranstalter einer Turnierserie 41 Veranstaltungsort 109, 201 Verbandshierarchie s. Verbandspyramide Verbandspyramide 27, 35, 58, 64, 150, 220 Verbandsregelwerk 35 Verbraucherverträge 112 Vereinigung 27 ff., 156 ff., 194 Vereinigungsfreiheit 57 ff., 62 ff., 135, 150, 156 ff., 218 Vereinsmitgliedschaft 32, 35 Verhältnismäßigkeilsprüfung 90 Verkehrssicherungspflicht 231 Verletzungsgefahr 170, 182 ff., 187, 189, 223,230 Vertragsstatut 52, 110 Verweisung- dynamisch 63, 66 Werbevertrag 23, 148 Wesentlicher Bestandteil einer Sportart 96, 206,209, Wettbewerbsbeschränkung 139 Wettbewerbsvorteil 96, 114, 203, 207, Wirtschaftsleben 127 WTATour 29, 107, 125 Zulassung 39, 117 Zulassungsvoraussetzung 71, 74,94 Zwang zur Mitgliedschaft 58, 91, 101, 156 Zwischenstaatlichkeilsklausel 140