Inhalt und Grenzen des Erfüllungsanspruchs: Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum deutschen, niederländischen und englischen Recht [1 ed.] 3161615603, 9783161615603

Der Erfüllungsanspruch gehört zu den klassischen Themenkomplexen des Vertragsrechts und der Rechtsvergleichung. Quincy C

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Inhalt und Grenzen des Erfüllungsanspruchs: Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum deutschen, niederländischen und englischen Recht [1 ed.]
 3161615603, 9783161615603

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
I. Der Erfüllungsanspruch im rechtsvergleichenden Schrifttum
II. Erkenntnisinteresse und Fragestellung
III. Wahl der zu untersuchenden Rechtsordnungen
1. Niederlande
2. England
3. Sprachliche Vorbemerkung
IV. Rechtsvergleichende Vorgehensweise
V. Eingrenzung
VI. Gang der Untersuchung
Kapitel 1: Das praktische Bedürfnis nach Naturalerfüllung und die Interessen der Vertragsparteien
A. Grund und Ziel des Vertragsschlusses
I. Vorteilhaftigkeit des Vertrags
II. Naturalerfüllung als Ziel eines jeden Vertrags
B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen
I. Gläubiger der charakteristischen Leistung
1. Verwendungsinteressen im Allgemeinen
2. Rechtserheblichkeit der Verwendungsinteressen
II. Schuldner der charakteristischen Leistung
1. Vergütungsinteresse
a) Vergütungsinteresse im engeren Sinne
b) Gewinnerzielungsinteresse
2. Leistungserbringungsinteresse
a) Aus (betriebs-)wirtschaftlichen Gründen
b) Aus ideellen Gründen
c) Charakter des Leistungserbringungsinteresses
C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung
I. Defizite des Erfüllungszwangs allgemeiner Art
II. Art der zwangsweise durchzusetzenden Leistung
1. Verpflichtungen zum Geben
2. Verpflichtungen zum Tun
a) Allgemein
b) Erfolgsverpflichtungen und Verpflichtungen zum Tätigwerden
c) (Höchst-)Persönliche und nichtpersönliche Leistungspflichten
3. Verpflichtungen zum Unterlassen
III. Marktentwicklungen und anderweitige Verfügbarkeit der Leistung
IV. Bedeutung des Leistungszeitpunkts
V. Verhältnis der Interessen zueinander
VI. Schlussfolgerungen für die praktische Bedeutung der Naturalerfüllung
D. Zusammenführung der Ergebnisse
Kapitel 2: Dogmatik des Erfüllungsanspruchs
A. Der Anspruch im deutschen Recht
I. Rechtshistorische Hintergründe
1. Die Metamorphosentheorie Savignys
2. Der Anspruch Windscheids
II. Kodifikation des Anspruchs
1. Materielles Recht
2. Prozessrecht
III. Neuere Ansichten
1. Schuldrechtsreform
2. Literatur
IV. Naturalerfüllung als Primäranspruch
1. Terminologische Vorbemerkung
2. Naturalerfüllung gemäß § 241 Abs. 1 BGB sowie einigen weiteren Vorschriften
a) Grundsatz
b) Ausnahme des Fixhandelskaufs
3. Pflichtverletzung als zentraler Begriff des Leistungsstörungsrechts
B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht
I. Rechtshistorische Hintergründe
II. Begrifflichkeit im geltenden niederländischen Recht
1. Forderungsrecht
2. Rechtsforderung
a) Grundlagen
b) Ausnahmen
aa) Kraft Gesetzes
bb) Kraft Natur der Verpflichtung
cc) Kraft Rechtshandlung
III. Naturalerfüllung als Primäranspruch
1. Naturalerfüllung gemäß Art. 3:296 BW sowie einigen weiteren Vorschriften
2. Unzulänglichkeit der Erfüllung: Vom Primär- zum Sekundäranspruch
a) Unzulänglichkeit der Erfüllung als wichtigster Fall der Nichtleistung
b) Vertragsbruch und Sekundäransprüche
C. Rights und remedies im englischen Recht
I. Forms of action und writs
1. Ubi remedium, ibi ius
2. Judicature Acts
II. Das remedy
1. Bedeutungsübersicht
a) Remedy i. S. d. (forms of) action
b) Remedy als Folge der Rechtsverletzung bzw. des Eintretens eines korrekturbedürftigen Zustands
c) Remedies im Verfahrensrecht
aa) Verfahrensvorbereitende Maßnahmen als remedy
bb) Gerichtsentscheidung als remedy
cc) Vollstreckungsrechtliche Maßnahmen als remedy
d) Zwischenergebnis
2. Systematisierung der remedies
a) Self-help und judicial remedies
b) Legal und equitable remedies
aa) Hintergrund
bb) Relevanz heute und sog. Fusionsthese
cc) Ermessensspielräume des Gerichts
III. Das Verhältnis zwischen substantive rights und remedies
1. Die Einordnung des remedy in die englische Anspruchsdogmatik
a) Das remedy als Begriff des materiellen Rechts
b) Das remedy und das Gericht
c) Die Zwitterstellung des remedy
2. Substantive rights
a) Primary rights
aa) Inhalt des primary right
bb) Existenzberechtigung der primary rights
b) Secondary rights
3. Einordnung von specific performance
IV. Specific performance zur Verwirklichung des primary right
1. Specific performance im Allgemeinen
a) Inadäquanz des Schadensersatzes als Hauptvoraussetzung
aa) Anderweitige Verfügbarkeit
bb) Einzigartigkeit der geschuldeten Leistung
(1) Allgemein
(2) Kommerzielle Einzigartigkeit
(3) Unbewegliche Sachen
cc) Schwierigkeiten im Hinblick auf den Schadensersatz
(1) Bemessung des Schadensersatzes
(2) Erlangung des Schadensersatzes
b) Überwachung durch das Gericht
c) Eingriff in die Freiheit des Schuldners
d) Sonstiges
2. Specific performance durch injunction
a) Mandatory injunctions
b) Prohibitory injunctions
aa) Reine Unterlassungsansprüche
bb) Indirect specific performance
(1) Hintergründe und Grundsätze
(2) Indirect specific performance und Tätigkeitsverträge
c) Kohärenz
3. Specific performance und besondere Verträge
a) Kaufrecht
aa) Allgemeines Kaufrecht (Sale of Goods Act 1979)
bb) Verbraucherkaufrecht (Consumer Rights Act 2015)
cc) Eigentum und Deliktsrecht (Torts (Interference with Goods) Act 1973)
b) Mietrecht
4. Contempt of court als Ausschlussgrund von specific performance
5. Specific performance als Primäranspruch im heutigen englischen Recht?
a) Traditioneller Grundsatz
b) Neuere Entwicklungen
D. Rechtsvergleichende Überlegungen
I. Recht und Anspruch, Forderungsrecht und Rechtsforderung, rights und remedies
II. Naturalerfüllungsanspruch, recht op nakoming und specific performance
III. Die Klagebefugnis vor Fälligkeit
Kapitel 3: Unmöglichkeit
A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit
I. Unmöglichkeit im deutschen Recht
1. Überblick
2. Zwei Formen der Unmöglichkeit
a) Subjektive Unmöglichkeit
b) Objektive Unmöglichkeit
3. Bedeutung des Vertretenmüssens
4. Rechtsfolge
II. Absolute Unmöglichkeit im niederländischen Recht
1. Begriffsbestimmung
2. Fehlen einer gesetzlichen Grundlage
3. Grundsätze in der Lehre und Rechtsprechung
4. Verurteilung trotz Unmöglichkeit
5. Rechtsfolge
III. Impossibility im englischen Recht
1. Vorbemerkung: Zwei Funktionen der impossibility
2. Specific performance und impossibility
B. Vorübergehende Unmöglichkeit
I. Vorübergehende Unmöglichkeit im deutschen Recht
1. Gesetzliche Grundlage und Schuldrechtsreform
2. Rechtslage
II. Zeitweilige Unmöglichkeit im niederländischen Recht
III. Temporary impossibility im englischen Recht
C. Rechtliche Unmöglichkeit
I. Rechtliche Unmöglichkeit im deutschen Recht
II. Juristische Unmöglichkeit im niederländischen Recht
III. Illegality im englischen Recht
D. Rechtsvergleichende Überlegungen
I. Ergebnisse
1. Enge Auslegung der Unmöglichkeitstatbestände
2. (Ir-)Relevanz der Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit
3. Verschulden und Unmöglichkeit
4. Rechtsfolgen
a) Der Gläubiger kann die Leistung nicht verlangen
b) Leistungsverweigerungsrecht als Rechtsfolge der Unmöglichkeit?
c) Schadensersatzansprüche
5. Verurteilung trotz vorübergehender Unmöglichkeit
6. Rechtliche Unmöglichkeit
II. Weiterführende rechtsvergleichende Überlegungen
1. Unmöglichkeit der Vollstreckung als Ausschlusstatbestand?
2. Unmöglichkeit im Falle des Doppelverkaufs
Kapitel 4: Normative Unmöglichkeit: Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit
A. Unverhältnismäßigkeit
I. Das grobe Missverhältnis im deutschen Recht
1. Allgemein
2. Maßstab
a) Aufwand des Schuldners
b) Leistungsinteresse des Gläubigers
c) Grobes Missverhältnis
3. Bedeutung des Verschuldens
4. Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung
5. Rechtsfolge
a) Vom Schuldner nicht zu vertretendes Leistungshindernis
b) Vom Schuldner zu vertretendes Leistungshindernis
II. Praktische Unmöglichkeit im niederländischen Recht
1. Maßstab
2. Rechtsfolge
III. Hardship und impracticability im englischen Recht
1. Ocean Island-Fall
2. Weitere Fälle
IV. Rechtsvergleichende Überlegungen
1. Unverhältnismäßigkeit der Naturalerfüllung
2. Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung
B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen
I. Unzumutbarkeit im deutschen Recht
1. Maßstab
a) Persönlich zu erbringende Leistung
b) Leistungshindernis auf Schuldnerseite
c) Leistungsinteresse des Gläubigers
d) Unzumutbarkeit
2. Bedeutung des Verschuldens
3. Rechtsfolge
II. Moralische Unmöglichkeit im niederländischen Recht
III. Personal hardship im englischen Recht
1. Patel v Ali
2. Weitere Fälle
a) Restriktive Anwendung
b) Ehegüterrecht und specific performance
c) Sonstiges
3. Rechtsfolge
IV. Rechtsvergleichende Überlegungen
Kapitel 5: Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände
A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht
I. Historische Hintergründe
1. Voraussetzungslehre Windscheids
2. Reichsgericht
3. Praktische Relevanz
4. Kodifikation durch die Schuldrechtsreform
II. Fehlvorstellungen und Motivirrtümer
III. Abgrenzung
1. Unmöglichkeit, Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit
2. Irrtum
3. Mängelgewährleistungsrecht
4. Bereicherungsrecht
IV. Maßstab
1. Vertragsgrundlage
a) Vertragsgrundlage und Vertragsinhalt
b) Schwerwiegende Veränderung bzw. Fehlvorstellungen
2. Hypothetischer Parteiwille
3. Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag
a) Grundsätze der Rechtsprechung
b) Risikoverteilung
aa) Vertragliche Risikoverteilung
bb) Gesetzliche Risikoverteilung
cc) Bedeutung der Vorhersehbarkeit
c) Bedeutung des Verschuldens
V. Rechtsfolgen
1. Primäre Rechtsfolge
a) Anpassung
b) Nachverhandlungspflicht
2. Sekundäre Rechtsfolgen
a) Rücktritt
b) Kündigung
B. Imprévision im niederländischen Recht
I. Historische Hintergründe
1. Imprévision als Exponent des Grundsatzes von Treu und Glauben
2. Kodifikation im BW
II. Abgrenzung
1. Irrtum
2. Treu und Glauben
3. Unmöglichkeit
III. Maßstab
1. Unvorhergesehene Umstände
a) Allgemein
b) Bedeutung der Vorhersehbarkeit
2. Erwartendürfen des Festhaltens am Vertrag
a) Allgemein
b) Maßstäbe von Treu und Glauben
3. Gesichtspunkte des Art. 6:258 Abs. 2 BW
a) Kraft Natur des Vertrags
b) Kraft Verkehrsauffassungen
IV. Rechtsfolgen
1. Verhältnis zwischen Anpassung und Aufhebung
2. Notwendigkeit eines konstitutiven Urteils
3. Anpassung und Aufhebung
4. Bedingungen gemäß Art. 6:260 BW
5. Nachverhandlungspflicht
C. Frustration of contract im englischen Recht
I. Begriffsbestimmung und dogmatische Einordnung
1. Allgemein
2. Abgrenzung
a) Unverhältnismäßigkeit
b) Irrtum
II. Historischer Hintergrund
III. Die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe
1. Coronation cases
2. Weitere Fälle
a) Entwicklung im 20. Jahrhundert
aa) Implied condition und (hypothetischer) Parteiwille
bb) Radically different-Test
b) Multi-factorial approach
c) Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency
IV. Bedeutung der Vorhersehbarkeit
V. Rechtsfolge
D. Rechtsvergleichende Überlegungen
I. Allgemeine Beobachtungen
II. Historische Entwicklung
III. Die Kriterien im Einzelnen
1. Kernkriterium
2. Gesichtspunkte
3. Unvorhergesehenheit und Unvorhersehbarkeit
4. Zeitpunkt der Veränderung der Umstände
IV. Rechtsfolgen
1. Allgemein
2. Hierarchisches Verhältnis von Anpassung und Aufhebung
3. Anpassung ipso iure oder durch konstitutive Gerichtsentscheidung
V. Nachverhandlungspflicht
VI. Drei Fallgruppen
1. Äquivalenzstörungen
a) Überblick
b) Rechtliche Behandlung
c) Gesamtbetrachtung
2. Leistungserschwernis
a) Überblick
b) Rechtliche Behandlung
c) Gesamtbetrachtung
3. Zweckstörungen
a) Überblick
b) Rechtliche Behandlung
c) Gesamtbetrachtung
4. Gesamtergebnis
Kapitel 6: Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs
A. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe sowie von Handlungen und Unterlassungen im deutschen Recht
I. Herausgabe beweglicher Sachen
1. Bestimmte bewegliche Sachen
2. Gattungsschulden
3. Verfahren, insbesondere Betreten der Wohnung des Schuldners
4. Rechtsfolge
II. Herausgabe von Grundstücken und Schiffen
1. Person des Schuldners und Bestimmtheit des Titels
2. Verfahren
3. Vorgefundene bewegliche Gegenstände
a) Allgemein
b) Berliner Räumung; beschränkter Vollstreckungsauftrag gemäß § 885a ZPO
III. (Un-)Tätigkeitspflichten
1. Handlungspflichten
a) Vertretbare Handlungen
b) Nicht vertretbare Handlungen
aa) Allgemein
bb) Ausnahmen, insbesondere § 888 Abs. 3 ZPO
cc) Zwangsmittel des § 888 Abs. 1 ZPO
(1) Zwangsgeld
(2) Zwangshaft
2. Unterlassungs- und Duldungspflichten
a) Allgemein
b) Ordnungsmaßnahmen des § 890 ZPO
aa) Ordnungsgeld
bb) Ordnungshaft
3. Einheitliches Verfahren
IV. Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung
1. Regelfall des § 894 ZPO
2. Sonderfall des § 895 ZPO
3. Erteilung von Urkunden
B. Realexekution im niederländischen Recht
I. Verpflichtungen zum Tun und Unterlassen
II. Vornahme einer Rechtshandlung, insbesondere in Bezug auf unbewegliche Sachen
1. Urteil anstelle des gesamten Rechtsgeschäfts
2. Zwangsstellvertretung
3. Urteil anstelle einer Willenserklärung
III. Herausgabe beweglicher Sachen
IV. Herausgabe unbeweglicher Sachen
V. Indirekte Zwangsmittel: Zwangshaft und Zwangsgeld
1. Zwangshaft
a) Anwendungsbereich
b) Vollstreckung
c) Haftentlassung
2. Zwangsgeld
a) Hintergrund
b) Anwendungsbereich
aa) Grundsatz
bb) Ausnahmen
c) Ausgestaltung der Zwangsgeldregelung
d) Fälligkeit, Begünstigter und Vollstreckung
e) Anpassung des festgesetzten Zwangsgelds
C. Specific enforcement im englischen Recht
I. Contempt of court und die Zwangsmaßnahmen des englischen Rechts
1. Ziel und Charakter
2. Die Maßnahmen im Einzelnen
a) Committal
aa) Dauer
bb) Verfahren
cc) Beendigung der Haft
b) Sequestration
c) Fine
d) Weitere Maßnahmen
e) Ermessen des Gerichts bei der Wahl der Maßnahmen und deren Verhältnis zueinander
II. Herausgabe unbeweglicher Sachen
1. Überblick
2. Sondervorschriften für possession claims against trespassers
3. Eintragung der Gerichtsentscheidung in das Register
III. Herausgabe beweglicher Sachen
IV. Handlungen und Unterlassungen
1. Einheitliches Verfahren
2. Anwendungsbereich
3. Sondervorschrift für Handlungen: Ersatzvornahme
V. Zwangsstellvertretung
D. Rechtsvergleichende Überlegungen
I. Vorbemerkungen zur Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts
1. Das Zwangsvollstreckungsverfahren als Dreiparteienverhältnis
2. Vollstreckungsorgan
a) Natur
b) Haftung des Vollstreckungsorgans
3. Bestrafung in der Zwangsvollstreckung
4. Praktische Auswirkungen der systematischen Unterschiede
II. Die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Einzelnen
1. Unmittelbare Vollstreckung
a) Herausgabe beweglicher Sachen
b) Herausgabe unbeweglicher Sachen
aa) Übereignung
bb) Faktische Herausgabe
2. Mittelbare Vollstreckung
a) Zwangsgeld
aa) Anwendungsbereich und praktische Bedeutung
bb) Charakter
cc) Begünstigter
dd) Verfahren
b) Zwangshaft
aa) Anwendungsbereich und praktische Bedeutung
bb) Verfahren
III. Ergebnisse zur Vollstreckbarkeit einzelner Arten von Pflichten
1. Pflichten zum Geben
2. Pflichten zum Tun
3. Pflichten zum Unterlassen
Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
Sachverzeichnis

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 492 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Quincy C. Lobach

Inhalt und Grenzen des Erfüllungsanspruchs Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum deutschen, niederländischen und englischen Recht

Mohr Siebeck

Quincy C. Lobach, geboren 1989; Studium der Rechtswissenschaft in Groningen, Wien, München und Heidelberg; seit 2016 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg; 2021 Promotion an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg.

Die Drucklegung dieses Werks wurde durch die Studienstiftung ius vivum und die DeutschBritische Juristenvereinigung gefördert. Zugl.: Heidelberg, Univ., Diss. 2021. ISBN  978-3-16-161560-3 / eISBN  978-3-16-161561-0 DOI 10.1628/978-3-16-161561-0 ISSN  0720-1141 / eISSN  2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Printed in Germany.

Lucas

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2021/2022 von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Literatur konnte überwiegend bis Ende 2021 berücksichtigt werden. Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Pfeiffer, möchte ich herzlich für die Betreuung meines Dissertationsvorhabens, die lehrreiche Zeit an seinem Lehrstuhl sowie das mir entgegengebrachte Vertrauen danken. Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Prof. Dr. Christoph A. Kern, LL.M. (Harvard). Bei Prof. Dr. Marc-Philippe Weller bedanke ich mich für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes. Mein Dank gilt ferner der Studienstiftung des deutschen Volkes und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, die das Dissertationsprojekt finan­ ziell und ideell gefördert haben. Wesentlich zur Entstehung dieser Arbeit beigetragen hat auch die Unterstützung aus dem Ausland. Für die wertvolle Zeit, die ich am Institute of European and Comparative Law der University of Oxford verbringen durfte, bedanke ich mich herzlich bei Prof. Dr. Birke Häcker und Prof. em. Dr. John Cartwright. Bei der Beschaffung der Quellen zum niederländischen Recht konnte ich auf meine Studienkollegen Gert Jan, Hugo und Tom zählen. Für den fruchtbaren Austausch am Heidelberger Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht sei meinen Kollegen und Kolleginnen gedankt. Namentlich hervorheben möchte ich nicht nur Tobias, der sich dankenswerterweise auch zur kritischen Durchsicht der Arbeit bereit erklärt hat, sondern auch Christoph. Für seine Genauigkeit bei der Überarbeitung des Manuskripts danke ich ferner Johannes. Schließlich möchte ich meiner Frau Laura dafür danken, dass sie mich auf meinem Weg unterstützt und dabei immer die passenden Worte findet. Gewidmet ist dieses Buch demjenigen, dem ich im Leben am meisten zu verdanken habe. Heidelberg, den 8. März 2022

Quincy C. Lobach

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Kapitel 1:  Das praktische Bedürfnis nach Naturalerfüllung und die Interessen der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . 13 A. Grund und Ziel des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen . . . . . . . . . 14 C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung . . . . . 20 D. Zusammenführung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs . . . . . . . . . . . . 31 A. Der Anspruch im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht . . 44 C. Rights und remedies im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 53 D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Kapitel 3:  Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 108 B. Vorübergehende Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 C. Rechtliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit: Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A. Unverhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

X

Inhaltsübersicht

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . 157

Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht . . . . . . . 167 B. Imprévision im niederländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 C. Frustration of contract im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . 200 D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 A. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe sowie von Handlungen und Unterlassungen im deutschen Recht . . . . . . 240 B. Realexekution im niederländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 257 C. Specific enforcement im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 270 D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

I. Der Erfüllungsanspruch im rechtsvergleichenden Schrifttum . . 1 II. Erkenntnisinteresse und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . 3 III. Wahl der zu untersuchenden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . 3

1. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Sprachliche Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 IV. Rechtsvergleichende Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . 5 V. Eingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 VI. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Kapitel 1:  Das praktische Bedürfnis nach Naturalerfüllung und die Interessen der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . 13 A. Grund und Ziel des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Vorteilhaftigkeit des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 II. Naturalerfüllung als Ziel eines jeden Vertrags . . . . . . . . . . . 14 B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen . . . . . . . . . 14 I. Gläubiger der charakteristischen Leistung . . . . . . . . . . . . . 14 1. Verwendungsinteressen im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . 14 2. Rechtserheblichkeit der Verwendungsinteressen . . . . . . . . . 15 II. Schuldner der charakteristischen Leistung . . . . . . . . . . . . . 16 1. Vergütungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 a) Vergütungsinteresse im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . 16 b) Gewinnerzielungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2. Leistungserbringungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 a) Aus (betriebs-)wirtschaftlichen Gründen . . . . . . . . . . . 19 b) Aus ideellen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 c) Charakter des Leistungserbringungsinteresses . . . . . . . . . 20

XII

Inhaltsverzeichnis

C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung . . . . . 20 I. Defizite des Erfüllungszwangs allgemeiner Art . . . . . . . . . . 21 II. Art der zwangsweise durchzusetzenden Leistung . . . . . . . . . 22 1. Verpflichtungen zum Geben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2. Verpflichtungen zum Tun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Erfolgsverpflichtungen und Verpflichtungen zum Tätigwerden 24 c) (Höchst-)Persönliche und nichtpersönliche Leistungspflichten 25 3. Verpflichtungen zum Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

III. Marktentwicklungen und anderweitige Verfügbarkeit der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 IV. Bedeutung des Leistungszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . 28 V. Verhältnis der Interessen zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . 28 VI. Schlussfolgerungen für die praktische Bedeutung der Naturalerfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 D. Zusammenführung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs . . . . . . . . . . . . 31 A. Der Anspruch im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Rechtshistorische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

1. Die Metamorphosentheorie Savignys . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Der Anspruch Windscheids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Kodifikation des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Materielles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Neuere Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Schuldrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 IV. Naturalerfüllung als Primäranspruch . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Terminologische Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Naturalerfüllung gemäß §  241 Abs.  1 BGB sowie einigen weiteren Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Ausnahme des Fixhandelskaufs . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Pflichtverletzung als zentraler Begriff des Leistungsstörungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht . . 44 I. Rechtshistorische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Begrifflichkeit im geltenden niederländischen Recht . . . . . . . 45 1. Forderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Rechtsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Inhaltsverzeichnis

XIII

b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 aa) Kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 bb) Kraft Natur der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . 50 cc) Kraft Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 III. Naturalerfüllung als Primäranspruch . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Naturalerfüllung gemäß Art.  3:296 BW sowie einigen weiteren Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Unzulänglichkeit der Erfüllung: Vom Primär- zum Sekundäranspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Unzulänglichkeit der Erfüllung als wichtigster Fall der Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 b) Vertragsbruch und Sekundäransprüche . . . . . . . . . . . . 52

C. Rights und remedies im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Forms of action und writs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

1. Ubi remedium, ibi ius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Judicature Acts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Das remedy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1. Bedeutungsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Remedy i. S. d. (forms of) action . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Remedy als Folge der Rechtsverletzung bzw. des Eintretens eines korrekturbedürftigen Zustands . . . . . . . . . . . . . . 57 c) Remedies im Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Verfahrensvorbereitende Maßnahmen als remedy . . . . 57 bb) Gerichtsentscheidung als remedy . . . . . . . . . . . . . 58 cc) Vollstreckungsrechtliche Maßnahmen als remedy . . . . 58 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Systematisierung der remedies . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Self-help und judicial remedies . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Legal und equitable remedies . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Relevanz heute und sog. Fusionsthese . . . . . . . . . . 61 cc) Ermessensspielräume des Gerichts . . . . . . . . . . . . 64 III. Das Verhältnis zwischen substantive rights und remedies . . . . 67 1. Die Einordnung des remedy in die englische Anspruchsdogmatik 67 a) Das remedy als Begriff des materiellen Rechts . . . . . . . . 67 b) Das remedy und das Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 c) Die Zwitterstellung des remedy . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Substantive rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Primary rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 aa) Inhalt des primary right . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Existenzberechtigung der primary rights . . . . . . . . . 70 b) Secondary rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3. Einordnung von specific performance . . . . . . . . . . . . . . 74 IV. Specific performance zur Verwirklichung des primary right . . . 76 1. Specific performance im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . 76 a) Inadäquanz des Schadensersatzes als Hauptvoraussetzung . . 77

XIV

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aa) Anderweitige Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Einzigartigkeit der geschuldeten Leistung . . . . . . . . 78 (1) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (2) Kommerzielle Einzigartigkeit . . . . . . . . . . . . 79 (3) Unbewegliche Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . 79 cc) Schwierigkeiten im Hinblick auf den Schadensersatz . . 80 (1) Bemessung des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . 81 (2) Erlangung des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . 81 b) Überwachung durch das Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Eingriff in die Freiheit des Schuldners . . . . . . . . . . . . . 85 d) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Specific performance durch injunction . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Mandatory injunctions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 b) Prohibitory injunctions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 aa) Reine Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . 88 bb) Indirect specific performance . . . . . . . . . . . . . . . 89 (1) Hintergründe und Grundsätze . . . . . . . . . . . . . 89 (2) Indirect specific performance und Tätigkeitsverträge 90 c) Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Specific performance und besondere Verträge . . . . . . . . . . 92 a) Kaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Allgemeines Kaufrecht (Sale of Goods Act 1979) . . . . 92 bb) Verbraucherkaufrecht (Consumer Rights Act 2015) . . . 94 cc) Eigentum und Deliktsrecht (Torts (Interference with Goods) Act 1973) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Mietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4. Contempt of court als Ausschlussgrund von specific performance 95 5. Specific performance als Primäranspruch im heutigen englischen Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Traditioneller Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Neuere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Recht und Anspruch, Forderungsrecht und Rechtsforderung, rights und remedies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Naturalerfüllungsanspruch, recht op nakoming und specific performance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Die Klagebefugnis vor Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Kapitel 3:  Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Unmöglichkeit im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Zwei Formen der Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Subjektive Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Objektive Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

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XV

3. Bedeutung des Vertretenmüssens . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Absolute Unmöglichkeit im niederländischen Recht . . . . . . . 113 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Fehlen einer gesetzlichen Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Grundsätze in der Lehre und Rechtsprechung . . . . . . . . . . 114 4. Verurteilung trotz Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. Impossibility im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Vorbemerkung: Zwei Funktionen der impossibility . . . . . . . . 116 2. Specific performance und impossibility . . . . . . . . . . . . . . 118

B. Vorübergehende Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Vorübergehende Unmöglichkeit im deutschen Recht . . . . . . . 120 1. Gesetzliche Grundlage und Schuldrechtsreform . . . . . . . . . 120 2. Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Zeitweilige Unmöglichkeit im niederländischen Recht . . . . . . 122 III. Temporary impossibility im englischen Recht . . . . . . . . . . . 124

C. Rechtliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 I. Rechtliche Unmöglichkeit im deutschen Recht . . . . . . . . . . 125 II. Juristische Unmöglichkeit im niederländischen Recht . . . . . . 126 III. Illegality im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

1. Enge Auslegung der Unmöglichkeitstatbestände . . . . . . . . . 129 2. (Ir-)Relevanz der Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Verschulden und Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Der Gläubiger kann die Leistung nicht verlangen . . . . . . . 132 b) Leistungsverweigerungsrecht als Rechtsfolge der Unmöglichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 c) Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 5. Verurteilung trotz vorübergehender Unmöglichkeit . . . . . . . 133 6. Rechtliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Weiterführende rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . 135 1. Unmöglichkeit der Vollstreckung als Ausschlusstatbestand? . . . 135 2. Unmöglichkeit im Falle des Doppelverkaufs . . . . . . . . . . . 137

Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit: Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A. Unverhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Das grobe Missverhältnis im deutschen Recht . . . . . . . . . . 143

XVI

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1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 a) Aufwand des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Leistungsinteresse des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Grobes Missverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3. Bedeutung des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4. Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . 148 5. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Vom Schuldner nicht zu vertretendes Leistungshindernis . . . 149 b) Vom Schuldner zu vertretendes Leistungshindernis . . . . . . 149 II. Praktische Unmöglichkeit im niederländischen Recht . . . . . . 150 1. Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 III. Hardship und impracticability im englischen Recht . . . . . . . 152 1. Ocean Island-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Weitere Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 IV. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Unverhältnismäßigkeit der Naturalerfüllung . . . . . . . . . . . 155 2. Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . 157

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . 157 I. Unzumutbarkeit im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 157

1. Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Persönlich zu erbringende Leistung . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Leistungshindernis auf Schuldnerseite . . . . . . . . . . . . . 158 c) Leistungsinteresse des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . 158 d) Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Bedeutung des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Moralische Unmöglichkeit im niederländischen Recht . . . . . . 161 III. Personal hardship im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Patel v Ali . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Weitere Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Restriktive Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Ehegüterrecht und specific performance . . . . . . . . . . . . 163 c) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 IV. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht . . . . . . . 167 I. Historische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

1. Voraussetzungslehre Windscheids . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Reichsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

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XVII

3. Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 4. Kodifikation durch die Schuldrechtsreform . . . . . . . . . . . . 170 II. Fehlvorstellungen und Motivirrtümer . . . . . . . . . . . . . . . 171 III. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Unmöglichkeit, Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit . . 172 2. Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Mängelgewährleistungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 4. Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 IV. Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Vertragsgrundlage und Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . 175 b) Schwerwiegende Veränderung bzw. Fehlvorstellungen . . . . 177 2. Hypothetischer Parteiwille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 3. Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag . . . . . . . . . . . 179 a) Grundsätze der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 aa) Vertragliche Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Gesetzliche Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 181 cc) Bedeutung der Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . 182 c) Bedeutung des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Primäre Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Nachverhandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Sekundäre Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

B. Imprévision im niederländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 I. Historische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

1. Imprévision als Exponent des Grundsatzes von Treu und Glauben 188 2. Kodifikation im BW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 3. Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 III. Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Unvorhergesehene Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Bedeutung der Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 193 2. Erwartendürfen des Festhaltens am Vertrag . . . . . . . . . . . 193 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Maßstäbe von Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . 193 3. Gesichtspunkte des Art.  6:258 Abs.  2 BW . . . . . . . . . . . . 195 a) Kraft Natur des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Kraft Verkehrsauffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

XVIII

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IV. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Verhältnis zwischen Anpassung und Aufhebung . . . . . . . . . 197 2. Notwendigkeit eines konstitutiven Urteils . . . . . . . . . . . . 197 3. Anpassung und Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Bedingungen gemäß Art.  6:260 BW . . . . . . . . . . . . . . . 199 5. Nachverhandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

C. Frustration of contract im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . 200 I. Begriffsbestimmung und dogmatische Einordnung . . . . . . . . 200

1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Unverhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 II. Historischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 III. Die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe . . . . . . . . 204 1. Coronation cases . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 2. Weitere Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Entwicklung im 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . 206 aa) Implied condition und (hypothetischer) Parteiwille . . . . 206 bb) Radically different-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) Multi-factorial approach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency . 208 IV. Bedeutung der Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 V. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 I. Allgemeine Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 II. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 III. Die Kriterien im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

1. Kernkriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Unvorhergesehenheit und Unvorhersehbarkeit . . . . . . . . . . 218 4. Zeitpunkt der Veränderung der Umstände . . . . . . . . . . . . 219 IV. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Hierarchisches Verhältnis von Anpassung und Aufhebung . . . . 222 3. Anpassung ipso iure oder durch konstitutive Gerichtsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 V. Nachverhandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 VI. Drei Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 1. Äquivalenzstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Leistungserschwernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Inhaltsverzeichnis

XIX

b) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 3. Zweckstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 b) Rechtliche Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 c) Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 A. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe sowie von Handlungen und Unterlassungen im deutschen Recht . . . . . . 240 I. Herausgabe beweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

1. Bestimmte bewegliche Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Gattungsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 3. Verfahren, insbesondere Betreten der Wohnung des Schuldners . 241 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 II. Herausgabe von Grundstücken und Schiffen . . . . . . . . . . . 242 1. Person des Schuldners und Bestimmtheit des Titels . . . . . . . 243 2. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Vorgefundene bewegliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . 244 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 b) Berliner Räumung; beschränkter Vollstreckungsauftrag gemäß §  885a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 III. (Un-)Tätigkeitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Handlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Vertretbare Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Nicht vertretbare Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 bb) Ausnahmen, insbesondere §  888 Abs.  3 ZPO . . . . . . . 248 cc) Zwangsmittel des §  888 Abs.  1 ZPO . . . . . . . . . . . 249 (1) Zwangsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (2) Zwangshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 2. Unterlassungs- und Duldungspflichten . . . . . . . . . . . . . . 251 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Ordnungsmaßnahmen des §  890 ZPO . . . . . . . . . . . . . 253 aa) Ordnungsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 bb) Ordnungshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Einheitliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 IV. Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung . . . . . . . . . . . . 256 1. Regelfall des §  894 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 2. Sonderfall des §  895 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 3. Erteilung von Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

B. Realexekution im niederländischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 257

XX

Inhaltsverzeichnis

I. Verpflichtungen zum Tun und Unterlassen . . . . . . . . . . . . 258 II. Vornahme einer Rechtshandlung, insbesondere in Bezug auf unbewegliche Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

1. Urteil anstelle des gesamten Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . 259 2. Zwangsstellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 3. Urteil anstelle einer Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . 259 III. Herausgabe beweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 IV. Herausgabe unbeweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . 260 V. Indirekte Zwangsmittel: Zwangshaft und Zwangsgeld . . . . . . 262 1. Zwangshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 c) Haftentlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Zwangsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Ausgestaltung der Zwangsgeldregelung . . . . . . . . . . . . 267 d) Fälligkeit, Begünstigter und Vollstreckung . . . . . . . . . . 268 e) Anpassung des festgesetzten Zwangsgelds . . . . . . . . . . 269

C. Specific enforcement im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 270 I. Contempt of court und die Zwangsmaßnahmen des englischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

1. Ziel und Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2. Die Maßnahmen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 a) Committal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 aa) Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 bb) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 cc) Beendigung der Haft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 b) Sequestration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 c) Fine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 d) Weitere Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 e) Ermessen des Gerichts bei der Wahl der Maßnahmen und deren Verhältnis zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 II. Herausgabe unbeweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . 280 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 2. Sondervorschriften für possession claims against trespassers . . 281 3. Eintragung der Gerichtsentscheidung in das Register . . . . . . 282 III. Herausgabe beweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 IV. Handlungen und Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 1. Einheitliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 3. Sondervorschrift für Handlungen: Ersatzvornahme . . . . . . . 284

Inhaltsverzeichnis

XXI

V. Zwangsstellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 D. Rechtsvergleichende Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 I. Vorbemerkungen zur Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

1. Das Zwangsvollstreckungsverfahren als Dreiparteienverhältnis . 286 2. Vollstreckungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 a) Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Haftung des Vollstreckungsorgans . . . . . . . . . . . . . . . 289 3. Bestrafung in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . 290 4. Praktische Auswirkungen der systematischen Unterschiede . . . 291 II. Die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Einzelnen . . . . . . 291 1. Unmittelbare Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 a) Herausgabe beweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Herausgabe unbeweglicher Sachen . . . . . . . . . . . . . . 292 aa) Übereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 bb) Faktische Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 2. Mittelbare Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Zwangsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 aa) Anwendungsbereich und praktische Bedeutung . . . . . 295 bb) Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 cc) Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 dd) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Zwangshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 aa) Anwendungsbereich und praktische Bedeutung . . . . . 300 bb) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 III. Ergebnisse zur Vollstreckbarkeit einzelner Arten von Pflichten . 302 1. Pflichten zum Geben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Pflichten zum Tun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 3. Pflichten zum Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht a. F. alte Fassung AA Ars Aequi ABl.EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ABl.EU Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz AC Appeal Cases AcP Archiv für die civilistische Praxis Admin Administrative Court AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aleyn Aleyn’s Reports All ER All England Law Reports Alta. L. Rev. Alberta Law Review Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law Am. L. Rev. American Law Review Art. Artikel AT Allgemeiner Teil AUD Australischer Dollar Aufl. Auflage B&S Best and Smith’s Reports BAG Bundesarbeitsgericht Bb Bedrijfsjuridische berichten BB Betriebs-Berater Bd. Band bearb. v. bearbeitet von Benelux-GH Benelux-Gerichtshof Beschl. Beschluss BetrAVG Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BFH Bundesfinanzhof BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BR Tijdschrift Bouwrecht Brüssel Ia-VO Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen bspw. beispielsweise BT-Drs. Bundestagsdrucksache

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

Buff. L. Rev. Buffalo Law Review Bull. civ. Bulletin des arrêts des chambres civiles BVerfG Bundesverfassungsgericht BW Burgerlijk Wetboek bzw. beziehungsweise C. E. Conseil d’État CA Court of Appeal Cal. L. Rev. California Law Review Cambridge L. J. Cambridge Law Journal Cass. civ. Cour de cassation, chambre civile Cc Code civil Ch Chancery Ch D Chancery Division CHF Schweizer Franken CLR Commonwealth Law Reports Colum. L. Rev. Columbia Law Review Comm Commercial Court CPC Carswell’s Practice Cases CPR Civil Procedural Rule(s) d. h. das heißt DB Der Betrieb DDR Deutsche Demokratische Republik De G M & G De Gex, Macnaghten and Gordon’s Reports dergl. dergleiche DGVZ Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung Dig. Digesten DM Deutsche Mark Drew Drewry’s Chancery Reports EGLR Estates Gazette Law Reports EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGStGB Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einl. Einleitung EMRK Europäische Menschenrechtskonvention ER English Reports ERCL European Review of Contract Law ERPL European Review of Private Law ErwGr Erwägungsgrund etc. etcetera EU Europäische Union EuGH Gerichtshof der Europäischen Union EUR Euro EWCA Civ England and Wales Court of Appeal Civil Division EWCA Crim England and Wales Court of Appeal Criminal Division EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWHC England and Wales High Court EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Ex Court of Exchequer Chamber f. folgende

Abkürzungsverzeichnis Fam FamFG

XXV

Family Division Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ff. folgende FJR Tijdschrift voor Familie- en Jeugdrecht Fn. Fußnote FOB free on board Fordham L. Rev. Fordham Law Review FS Festschrift GBP Great Britain Pound Geo. J. Legal Ethics Georgetown Journal of Legal Ethics GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GPR Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union GS Gedächtnisschrift GVG Gerichtsverfassungsgesetz GVGA Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher GvKostG Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher GVO Gerichtsvollzieherordnung Harv. Int. L. J. Harvard International Law Journal Harv. L. Rev. Harvard Law Review Herv. Hervorhebung Herv. im Orig. Hervorhebung im Original HGB Handelsgesetzbuch HKK-BGB Historisch-kritischer Kommentar zum BGB HL House of Lords hM herrschende Meinung Hof Gerechtshof HR Hoge Raad Hrsg. Herausgeber hrsg. v. herausgegeben von i. H. v. in Höhe von i. S. d. im Sinne des, im Sinne der i. V. m. in Verbindung mit IHR Internationales Handelsrecht Int. R. Law & Econ. International Review of Law and Economics J. Comp. L. Journal of Comparative Law J. Emp. Leg. Stud. Journal of Empirical Legal Studies J. Leg. Stud. Journal of Legal Studies JAR Jurisprudentie Arbeitsrecht JbJZivRWiss Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler JBL Journal of Business Law JITE Journal of Institutional and Theoretical Economics JOR Jurisprudentie Ondernemingsrecht JR Juristische Rundschau Jura Juristische Ausbildung JuS Juristische Schulung

XXVI

Abkürzungsverzeichnis

JZ Juristen-Zeitung K. C. L. J. King’s College Law Journal Kap. Kapitel KB King’s Bench, King’s Bench Division KG Kammergericht, Kort Geding Ktr. Kantonrechter L & T R Landlord & Tenant Reports L. J. Ch. Law Journal Chancery l.Sp. linke Spalte LAG Landesarbeitsgericht LG Landgericht lit. litera Lloyd’s Rep Lloyd’s Law Reports LQR Law Quarterly Review m. w. N. mit weiteren Nachweisen McGill L. J. McGill Law Journal MDR Monatsschrift für Deutsches Recht Melb. U. L. Rev. Melbourne University Law Review Mich. L. Rev. Michigan Law Review Mio. Million MüKoBGB Münchener Kommentar zum BGB MüKoHGB Münchener Kommentar zum HGB MüKoZPO Münchener Kommentar zur ZPO MvT Memorie van Toelichting MvV Maandblad voor Vermogensrecht Nfld. & PEIR Newfoundland and Prince Edward Island Reports NJ Nederlandse Jurisprudentie, Neue Justiz NJB Nederlands Juristenblad NJF Nederlandse Jurisprudentie Feitenrechtspraak NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report NK-BGB Nomos Kommentar zum BGB NK-ZPO Nomos Kommentar zur ZPO NLG Niederländischer Gulden Nr. Nummer NTBR Nederlands Tijdschrift voor Burgerlijk Recht NYU L. Rev. New York University Law Review NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZA-RR Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungs-Report NZFam Neue Zeitschrift für Familienrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht OBW Oud Burgerlijk Wetboek OLG Oberlandesgericht Orig. Original Oxf. J. Leg. Stud. Oxford Journal of Legal Studies Par. Paragraph

Abkürzungsverzeichnis Parl. Gesch. Pauschalreise-RL

XXVII

Parlementaire Geschiedenis Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.  2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates PC Privy Council PD Practice Direction Prg. Praktijkgids PrKG Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden Q. J. Econ. Quarterly Journal of Economics QB Queen’s Bench, Queen’s Bench Division r.Sp. rechte Spalte RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rb. Rechtbank RdC Recueil des Cours RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RheinZ Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht des In- und Auslandes RIDC Revue Internationale de Droit Comparé RIW Recht der Internationalen Wirtschaft RMThemis Rechtsgeleerd Magazijn Themis Rn. Randnummer Rom  I-VO Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  I) Rv Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering RVR Rechtspraak Vastgoedrecht S. Satz, Seite S. Cal. Interdisc. L. J. Southern California Interdisciplinary Law Journal S. Cal. L. Rev. Southern California Law Review San Diego L. Rev. San Diego Law Review Sch. Schedule SCR Supreme Court Reports Sec. Section SLT Scots Law Times sog. sogenannt StGB Strafgesetzbuch StrVollstrO Strafvollstreckungsordnung TCC Technology and Construction Court TCR Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging Texas L. Rev. Texas Law Review TLR Times Law Reports TvI Tijdschrift voor Insolventierecht TvPP Tijdschrift voor de Procespraktijk u. a. und andere, unter anderem

XXVIII u. U. UKSC Univ. Chic. L. Rev. Univ. Colo. L Rev. Univ. Pa. L. Rev. UN-Kaufrecht

Abkürzungsverzeichnis

unter Umständen United Kingdom Supreme Court University of Chicago Law Review University of Colorado Law Review University of Pennsylvania Law Review Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf Urt. Urteil usw. und so weiter v versus v. von, vom VerbGK-RL Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter VerbrR-RL Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche Virg. L. Rev Virginia Law Review Vorbem. Vorbemerkung(en) VVG Versicherungsvertragsgesetz Warenhandel-RL Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG WLR Weekly Law Reports WPNR Weekblad voor Privaatrecht, Notariaat en Registratie WR WR, Tijdschrift voor Huurrecht Yale L. J. Yale Law Journal z. B. zum Beispiel ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZGS Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZMR Zeitschrift für Miet- und Raumrecht ZPO Zivilprozessordnung ZRG RA Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Romanistische Abteilung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZUR Zeitschrift für Umweltrecht ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft ZZP Zeitschrift für Zivilprozess

Einleitung I. Der Erfüllungsanspruch im rechtsvergleichenden Schrifttum Der Inhalt und die Grenzen des Erfüllungsanspruchs gehören zu den Kernthemen des Schuld- und Leistungsstörungsrechts. Das große Interesse der rechtsvergleichenden Forschung an dieser Thematik lässt sich sicherlich dadurch erklären, dass insbesondere der Inhalt des Erfüllungsanspruchs traditionell als eine der wesentlichen Divergenzen zwischen dem Civil Law einerseits und dem Common Law andererseits gesehen wird.1 Beide Rechtskreise gehen dem ersten Anschein nach von unterschiedlichen Grundsätzen aus. Civil Law-Rechtsordnungen gewähren dem Gläubiger grundsätzlich einen Anspruch auf Naturalerfüllung, der von Rabel als „Rückgrat der Obligation“2 bezeichnet worden ist. Das Primat der Naturalerfüllung wird üblicherweise mit der inhaltlich im Übrigen wenig aussagekräftigen Maxime pacta sunt servanda zum Ausdruck gebracht.3 In den diesem Rechtskreis angehörenden Rechtsordnungen existiert darüber hinaus typischerweise ein ausgefeiltes System prozessualer und vollstreckungsrechtlicher Instrumente, die es dem Gläubiger ermöglichen, den Anspruch auf Naturalerfüllung einzuklagen und erforderlichenfalls zwangsweise durchzusetzen. Lediglich ausnahmsweise wird der Naturalerfüllungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt. Common Law-Rechtsordnungen hingegen haben sich seit jeher skeptisch gezeigt, einen solchen grundsätzlichen Anspruch des Gläubigers auf Erfüllung in natura anzuerkennen. Vielmehr sehen deren Leistungsstörungsrechte einen Schadensersatzanspruch vor, während specific performance lediglich in Ausnahmefällen, unter bestimmten Voraussetzungen und in eng zugeschnitten Fallgruppen in Betracht kommen kann. Im rechtsvergleichenden Schrifttum werden diese grundlegend verschiedenen dogmatischen Herangehensweisen häufig vergleichsweise unnuanciert hervorgehoben, gleichzeitig wird allerdings darauf hingewiesen, dass die praktischen Un1 

Vgl. etwa Zimmermann, The Law of Obligations, S.  781. Rabel, Das Recht des Warenkaufs, Bd.  I, S.  375. 3  Siehe zu den rechtshistorischen Hintergründen näher Landau, in: FS Nörr, S.  457; Zimmermann, The Law of Obligations, S.  537 ff. 2 

2

Einleitung

terschiede weitaus geringer sein dürften, als aufgrund der theoretischen Gegensätze vermutet werden könnte.4 So schreibt Rabel bereits 1936 in Bezug auf das (internationale) Kaufrecht: „Diese Verschiedenheit der Ausgangspunkte bedingt äußerst weitgehende Verschiedenheiten im systematischen Aufbau und in der Begriffsbildung des Obligationenrechts. In der praktischen Durchführung des Kaufrechts jedoch sind die Unterschiede zwischen dem angelsächsischen und dem kontinentalen System nicht so groß, wie man denken könnte“.5

Das englische Recht hat sich auf einen ähnlichen Standpunkt gestellt. So schreibt Treitel: „it should be said at the outset that the difference between [German, French and the Common Law] is probably more marked in theoretical approach than in practical effect“.6

In einer der wichtigsten englischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte zu specific performance heißt es schließlich: „the general principle [is] that specific performance will not be ordered when damages are an adequate remedy. By contrast, in countries with legal systems based on civil law, such as France, Germany and Scotland, the plaintiff is prima facie entitled to specific performance. The cases in which he is confined to a claim for damages are regarded as the exceptions. In practice, however, there is less difference between common law and civilian systems than these general statements might lead one to suppose. […] I have made no investigations of civilian systems, but a priori I would expect that judges take much the same matters into account in deciding whether specific performance would be inappropriate in a particular case“.7

Während deshalb vielfach – teilweise ohne weitere Begründung – gesagt wird, es gebe zwar große dogmatische, aber keine praktischen Unterschiede,8 macht sich die vorliegende Untersuchung die Überprüfung des Realitätsgehalts dieser These zur Aufgabe. Es gilt dabei sowohl den Inhalt des Erfüllungsanspruchs als auch die diesen Anspruch begrenzenden Institute zu untersuchen. Denn aus dem Zusammenspiel des Inhalts und der Grenzen des Erfüllungsanspruchs ergibt sich letztlich, ob der Gläubiger die vertragsgegenständliche Leistung erhalten wird.

4 Vgl.

Gordley, ZEuP 1993, 498 (502); Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  482. 5  Rabel, Das Recht des Warenkaufs, Bd.  I, S.  376. 6  Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  47. 7  Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (11 f.). 8  Vgl. auch Eisenberg/Miller, 12 J. Emp. Leg. Stud. (2015), 29 (38): „the trend of modern research is to downplay the differences between civil- and common-law systems“.

III. Wahl der zu untersuchenden Rechtsordnungen

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II. Erkenntnisinteresse und Fragestellung Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Inhalt und den Grenzen des Erfüllungsanspruchs. Die Neutralität gegenüber dem Forschungsgegenstand gebietet eine weitestgehend rechtsordnungsunabhängige, nicht theoretisch oder dogmatisch vorgeprägte Formulierung der Fragestellung. Die Hauptfrage dieser Untersuchung lautet deshalb: Unter welchen Voraussetzungen gewähren die zu untersuchenden Rechtsordnungen dem Gläubiger (k)einen Erfüllungsanspruch und inwiefern bestehen sowohl bei dogmatischer Betrachtung als auch in praktischer Hinsicht Unterschiede und Gemeinsamkeiten?

Der Begriff des Erfüllungsanspruchs ist dabei zunächst im untechnischen, also insbesondere nicht im Sinne des deutschen Anspruchs zu verstehen. Vielmehr geht es darum, ob der Gläubiger den Schuldner dazu anhalten kann, die geschuldete Leistung zu erbringen. Nach diesem Verständnis stellt die Ersatzvornahme, bei der die Leistung gerade nicht vom Schuldner, sondern lediglich auf dessen Kosten erbracht wird, keine Form der Naturalerfüllung dar. III. Wahl der zu untersuchenden Rechtsordnungen Die Untersuchung richtet sich auf das deutsche und darüber hinaus auf das niederländische sowie englische Recht. 1. Niederlande Das niederländische Zivilrecht, das maßgeblich im BW kodifiziert worden ist,9 ist aus verschiedenen Gründen von Interesse. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das niederländische Recht in den letzten Jahrzehnten eine interessante Entwicklung durchlaufen hat. Während das alte Zivilgesetzbuch der Niederlande im Grunde eine Übersetzung des französischen Cc darstellte,10 hat sich die niederländische Rechtswissenschaft ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend vom deutschen Recht inspirieren lassen11. Die in der Nachkriegszeit be9 

Siehe zur Kodifikation und zu ihrer Geschichte aus der deutsch- und englischsprachigen Literatur im Allgemeinen Basedow, ZVglRWiss 79 (1980), 132; Hartkamp, in: Haanappel/ Mackaay, S. XIII; Hondius, AcP 191 (1991), 378; Schmiedel, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd.  I („Burgerlijk Wetboek“), S.  233 ff.; zum Schuldrecht im Allgemeinen Drobnig, ERPL 1993, 171; Hartkamp, AcP 191 (1991), 396; Vranken, AcP 191 (1991), 411; Smits, in: Remien, S.  117. 10 Vgl. Jansen, RabelsZ 81 (2017), 400 (401); Lokin, ZEuP 2004, 932 (942 ff.); Meijers, in: Verzamelde privaatrechtelijke opstellen, Bd.  I, S.  45 (47). Siehe zum Recht der Schuldverhältnisse auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  2 f. 11  Siehe etwa die Rekonstruktion bei Jansen, RabelsZ 81 (2017), 400 ff.; Lokin, in: Schulze, S.  253 ff.

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Einleitung

gonnene Neukodifikation des Zivilrechts ist wiederum in hohem Maße von rechtsvergleichenden Erkenntnissen beeinflusst worden.12 Diese Gegebenheiten haben zu einer vergleichsweise eklektischen Zivilrechtskodifikation geführt, die viel mehr als das alte Gesetzbuch von verschiedenen Rechtsordnungen inspiriert worden ist.13 Der wichtigste Teil dieser noch immer unvollendeten Neukodifikation wurde 1992 eingeführt.14 Das niederländische BW ist somit im europäischen Vergleich eines der neueren Zivilrechtsbücher15 und wurde darüber hinaus in bisherigen Untersuchungen zum vorliegenden Thema kaum berücksichtigt. Schließlich ermöglicht die Untersuchung einer zweiten Civil Law-Rechtsordnung den Vergleich verschiedener kontinentaleuropäischer Länder. Denn obwohl im rechtsvergleichenden Schrifttum insbesondere die Unterschiede zwischen Common und Civil Law hervorgehoben worden sind, ist auch innerhalb des letzten Rechtskreises keineswegs durchweg von einheitlichen Lösungen für jede Problematik die Rede.16 2. England Das Common Law stellt jedenfalls nach traditioneller rechtsvergleichender Ansicht das Gegenmodell zu den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen dar. Die vorliegende Studie beschränkt sich auf das englische Recht als Mutterrechtsordnung17 des Common Law. Ebenso wenig wie die Durchführung einer Unter12  In den Gesetzesmaterialien wird vielfach auf ausländische Zivilrechtskodifikationen verwiesen. Siehe näher etwa Van der Velden/Florijn, in: Netherlands Reports to the Thirteenth International Congress of Comparative Law, S.  43 ff. Auch Meijers, der die wesentlichsten Teile des BW verfasste, war mit verschiedenen fremden Rechtsordnungen durchaus vertraut. Vgl. Jansen, ZEuP 2008, 59 (77). 13 Vgl. Drobnig, ERPL 1993, 171 (187 f.); Hartkamp, 40 Am. J. Comp. L. (1992), 551 (570 Fn.  23); Jansen, ZEuP 2008, 59 (77); Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  100 f.; aus französischer Sicht etwa Tallon, ERPL 1993, 189 (195 ff.). 14  Am 01.01.1992 traten etwa der allgemeine Teil, das allgemeine und besondere Schuldrecht sowie das Sachenrecht in Kraft. Manche Vorschriften des OBW finden sich weiterhin im Buch 7A BW. Kritisch dazu Tjong Tjin Tai, WPNR 2016/7122, 693. Darüber hinaus ist Buch 9 BW, das für das derzeit außerhalb des BW in besonderen Gesetzen geregelte Recht des geistigen Eigentums vorgesehen ist, bisher inhaltsleer geblieben. Vgl. Visser/Spath, AA 2017, 381. 15  Seitdem haben insbesondere verschiedene zentral- und ost-europäische Zivilgesetzbücher eine an den marktwirtschaftlichen Verhältnissen angepasste Neukodifikation erfahren. Siehe dazu etwa die Beiträge in Horn u. a., Die Neugestaltung des Privatrechts in Mittelosteuropa und Osteuropa; Jessel-Holst/Kulms, Private Law in Eastern Europe; Schulze/Zoll, The Law of Obligations in Europe. 16  So auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1186. Vgl. zum französischen und deutschen Recht bspw. bereits Dawson, 57 Mich. L. Rev. (1959), 495. Siehe ferner die methodologischen Überlegungen bei Dannemann, in: Reimann/Zimmermann, S.  390 (413 ff.). 17  Siehe zu diesem umstrittenen, zunehmend in die Kritik geratenen Begriff und zur Rechts-

IV. Rechtsvergleichende Vorgehensweise

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suchung zu dem Civil Law eine taugliche Vorgehensweise darstellen kann, sollte sich auch der Rechtsvergleicher kontinentaleuropäischer Herkunft davor hüten, das Common Law als Vergleichsrechtsordnung heranzuziehen. Zwar existiert aus historischen Gründen ein lebendigerer Austausch zwischen den Common Law-Rechtsordnungen, als dies zumindest seit dem Ende des 18. Jahrhunderts unter den zunehmend introvertierten Rechtsordnungen mit einer Zivilrechtskodifikation der Fall war, gleichwohl haben sich die ersteren jedenfalls formal unabhängig voneinander weiterentwickelt. An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass für die vorliegende Thematik im Einzelnen in der Tat Unterschiede zwischen den verschiedenen Common Law-Rechtsordnungen existieren.18 3. Sprachliche Vorbemerkung Aufgrund der vergleichsweise geringen Verbreitung der niederländischen Sprache und zwecks Vermeidung einer Beeinträchtigung der Lesbarkeit wurden Begriffe, Zitate aus der Literatur und der Rechtsprechung sowie die wesentlichsten gesetzlichen Normen integral und in möglichst wortgetreuer Weise ins Deutsche übersetzt. Eine gewisse Verfremdung und etwaige in der deutschen Sprache eigentümlich anmutende Formulierungen wurden bewusst in Kauf genommen.19 Diese sollen gerade den besonderen juristischen Bedeutungsgehalt des Begriffs in der fremden Rechtsordnung zum Ausdruck bringen. In Ermangelung näherer Angaben wurden Übersetzungen vom Verfasser angefertigt. Aus Gründen der Redlichkeit und Überprüfbarkeit wird der Originaltext stets in den Fußnoten nachgewiesen. Auf die Übersetzung englischsprachiger Quellen, die der Leserschaft ohnehin verständlich sein dürften, wurde hingegen verzichtet. IV. Rechtsvergleichende Vorgehensweise Die Ziele und die Methodik der Rechtsvergleichung haben seit mehr als einem halben Jahrhundert zu einem äußerst umfangreichen, zum Teil sehr kontroversen Schrifttum Anlass gegeben. Vor diesem Hintergrund ist das rechtsvergleichende Vorgehen dieser Untersuchung näher darzulegen.

kreislehre im Überblick Glenn, in: Reimann/Zimmermann, S.  423 und ferner David/JauffretSpinosi/Goré, Les grands systèmes de droit contemporains; Glenn, Legal Traditions of the World; Kötz, ZEuP 1998, 493; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  63. 18  Siehe näher unten Kap.  2 C. IV.1.a)bb)(3) (S.  79). 19  Beispielhaft sei an dieser Stelle die Übersetzung des niederländischen Gerichtsvollziehers (gerechtsdeurwaarder) als Gerichtstürwärter erwähnt. Siehe dazu näher unten Kap.  6 D. I.2. (S.  287).

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Einleitung

Ein wesentliches Ziel dieser Untersuchung besteht zunächst in der systematischen Aufbereitung des fremden Rechts. Dieses häufig ein wenig herablassend als reine Auslandsrechtskunde bezeichnete Bemühen, das in erster Linie eine Sammlung und Systematisierung des Wissens und das Verständlichmachen des bisher Unverstandenen beinhaltet, ist nicht nur im wahrsten Sinne Wissenschaft,20 sondern kann auch eine Erweiterung des juristischen und (rechts-)kulturellen Horizonts mit sich bringen. Von geordneten, aufbereiteten Kenntnissen über fremdes Recht können zudem die Praxis und Forschung in ganz erheblichem Maße profitieren.21 Doch eine Studie zum ausländischen Recht, die zwar strukturiert, aber das Deskriptive nicht übersteigt, kommt in ihrer Tiefe zu kurz.22 Ein Schwerpunkt dieser Untersuchung liegt deshalb auf der Erklärung des fremden Rechts und einer kritischen Erörterung der Lösungen, die die zu untersuchenden Rechtsordnungen für die hier interessierenden Problemkomplexe bereitstellen.23 Insgesamt strebt diese Studie sowohl einen dogmatischen als auch einen ergebnisorientierten Vergleich der Rechtsordnungen an. Hinter den Eingangszitaten, die allesamt von einer vermeintlichen praktischen Ergebnisgleichheit ausgehen, verbirgt sich eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Dogmatik.24 Dafür sprechen auf den ersten Blick zwar pragmatische Erwägungen und spricht in Bezug auf etwaige Rechtsvereinheitlichungsprojekte wohl auch die Überlegung, dass sich, solange hinsichtlich der Ergebnisse Einigkeit besteht, Einheitsrecht leichter herausarbeiten lässt25 – oder auch nicht, falls es an einer Ergebnisgleichheit gerade fehlt26. Die dogmatische Untermauerung, Verfestigung und Siche20  Vgl. noch Rabel, RheinZ 13 (1924), 279 (285): „Der Name ihres [die Wissenschaft] Ziels hießt einfach Erkenntnis“; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  14: „Die primäre Funktion der Rechtsvergleichung ist – wie die aller wissenschaftlichen Methoden – Erkenntnis“. 21 Vgl. Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  12 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  14 ff. 22 Vgl. Michaels, in: Reimann/Zimmermann, S.  345 (369). 23 Vgl. Dannemann, in: Reimann/Zimmermann, S.  390 (419 f.). 24 Vgl. Michaels, in: Reimann/Zimmermann, S.  345 (347): „functionalist comparative law is nondoctrinal insofar as it focuses not on rules alone but on their effects, not on doctrinal structures and arguments alone but on the consequences they bring about“. Siehe in Bezug auf Rabels Recht des Warenkaufs auch Dannemann, in: Reimann/Zimmermann, S.  390 (393). 25 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  23: „Das jeweils Gleiche in den beteiligten Rechtsordnungen wird in das vereinheitlichte Normenwerk übernommen“. 26  In Bezug auf die vorliegende Thematik kann etwa auf das UN-Kaufrecht hingewiesen werden, das sich in Art.  28 zum Erfüllungsanspruch zwar äußert, dem Grunde nach allerdings keinen Ausgangspunkt festlegt. Vielmehr hat das UN-Kaufrecht eine Kompromisslösung geschaffen. Vgl. etwa Ferrari, RabelsZ 71 (2007), 52 (55 ff.); Müller-Chen, in: Schlechtriem/ Schwenzer/Schroeter, Art.  28 UN-Kaufrecht Rn.  3 m. w. N.

IV. Rechtsvergleichende Vorgehensweise

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rung der Ergebnisse stellt allerdings die Kernaufgabe und wesentlichste Leistung der Rechtswissenschaft dar, die keineswegs herabzuwürdigen ist. Die rechtsvergleichenden Kapitel dieser Untersuchung thematisieren zunächst den Rechtsrahmen der untersuchten Rechtsordnungen. Eine Beschränkung auf law in books wäre dabei verfehlt.27 Vielmehr sind die Rechtsprechung und so viel wie möglich auch die Vertragspraxis einzubeziehen und in dieser Weise letztlich die realistische Anwendung des Rechts zu ermitteln („law in action“28 oder „das lebendige Recht“29). Im englischen Recht ergibt sich die Notwendigkeit dieses Vorgehens bereits aus der Natur der Rechtsordnung und ihrer Rechtsquellenlehre. Am Ende eines jeden Kapitels werden sodann die Ergebnisse zusammengeführt, gegenübergestellt und kritisch diskutiert sowie weiterführende rechtsvergleichende Überlegungen angestellt.30 Dem Ausgangspunkt einer funktionalen Gleichheits-31 oder relativistischen Ungleichheitsvermutung32 wird von vornherein nicht gefolgt.33 Diesbezüglich beschränkt sich diese Untersuchung nicht auf ein Entweder-Oder, das in Anbetracht des Erkenntnisinteresses gewiss verfehlt wäre, sondern strebt vielmehr danach, Differenzen wie Koinzidenzen aufzudecken und zu erklären.34 Kein primäres Ziel dieser Untersuchung stellt die Ausweisung des besseren Rechts (better law) dar,35 obgleich auch dazu gelegentlich einige Überlegungen angestellt werden. In der klassischen funktionalen Rechtsvergleichung wird etwa 27 Vgl.

Rabel, RheinZ 13 (1924), 279 (282): „Ein Gesetz ist ohne die zugehörige Rechtsprechung nur wie ein Skelett ohne Muskel“. 28  Pound, 44 Am. L. Rev. (1910), 12. 29  Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  12. 30  Insofern folgt die Untersuchung der traditionellen Vorgehensweise. Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  6 und 42 ff. 31 Die praesumptio similitudinis, d. h. eine „Vermutung für die Ähnlichkeit der praktischen Lösungen“, wurde bekanntlich insbesondere von Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  39 aufgestellt. Vgl. zuvor bereits Zweigert, in: Mélanges Maury, Bd.  I, S.  579 (592) sowie Zweigert, RIDC 18 (1966), 5 f. 32  So etwa die „Distance and Difference“-Theorie, die sich gegen die funktionale Rechtsvergleichung im Allgemeinen gewendet hat und gerade von der verschiedenen Gestaltung menschlichen Zusammenlebens und des Rechts ausgeht. Siehe zunächst insbesondere Frankenberg, 26 Harv. Int. L. J. (1985), 411 (passim) und später Legrand, in: Legrand/Munday, S.  240 (250 ff.). 33  Siehe näher Dannemann, in: Reimann/Zimmermann, S.  390 (395 ff. m. w. N.). 34 Vgl. Dannemann, in: Reimann/Zimmermann, S.  390 (391): „There is no point in comparing what is identical, and little point in comparing what has nothing in common. It is therefore inevitable that comparing legal systems involves, at least to some degree, exploring similarities and differences“. 35 Laut Rabel, RheinZ 13 (1924), 279 (280) sei diese sogar kein Teil der Rechtsvergleichung: „Die Wertung gehört nicht mehr zur Rechtsvergleichung, aber zu der durch sie ermöglichten Rechtskritik“.

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Einleitung

danach gefragt, welche der verglichenen Rechtsordnungen ein bestimmtes Regelungsproblem am besten löst. Die heuristische Schwierigkeit liegt dabei nicht nur in der Festlegung des Bewertungskriteriums,36 sondern auch in der Bestimmung des zu erreichenden Ziels, auf das die Rechtsordnungen hinzuwirken haben.37 Die grundsätzliche Vorzugswürdigkeit der Naturalerfüllung oder des Schadensersatzes statt der Leistung zur Erzwingung der Einhaltung vertraglicher Pflichten, sofern man dies als Regelungszweck ansieht,38 soll somit nicht untersucht werden. Die rechtsvergleichende Literatur hat sich dabei in erster Linie rechtsphilosophischer und rechtsökonomischer Erkenntnisse als tertium comparationis bedient.39 Die rechtsphilosophische Begründung der Pflicht zur Einhaltung von Verträgen stützt sich zum einen im Wesentlichen auf die kantische Sittenlehre, in der das Versprechen als argumentativer Grundstein angesehen wird.40 Der Begriff des Versprechens als unbedingte Zusicherung der Erbringung einer Leistung einem anderen gegenüber kann nämlich letztlich nicht ohne innere Widersprüchlichkeit die Möglichkeit eines späteren Zurückkommens auf das Versprechen beinhalten, sodass der Versprechensempfänger bereits mit der Annahme des Versprechens den intelligiblen Besitz an die versprochene Leistung erhält.41 Sieht man zum anderen von der Skepsis in Europa und insbesondere in 36 

Siehe näher Siems, 9 J. Comp. L. (2014), 119 (120 ff.). insoweit noch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  32: „Denn wo es um die kritische Wertung geht, um die Frage nach der besseren Lösung, wird das entscheidende Kriterium oft allein die praktische Evidenz, die unmittelbar einleuchtende Sachgerechtigkeit sein können“. 38  In diesem Zusammenhang macht sich das eben erwähnte, fundamentale Problem der Bestimmung des Regelungszwecks bemerkbar, den das Recht unter funktionalen Gesichtspunkten in besserer oder schlechterer Weise erreichen kann. Solche Regelungszwecke haben häufig die Bewandtnis, dass sich hinter diesen ein weiteres, abstrakteres Ziel verbirgt. In der Tat ist auch im Rahmen der vorliegenden Thematik das Regelungsziel umstritten. So besagt die rechtsökonomische Theorie des effizienten Vertragsbruchs, dass auf die Einhaltung vertraglicher Pflichten gerade verzichtet werden soll, wenn dies eine effizientere Handlungsalternative darstellt. Oberstes Ziel ist somit nicht die Einhaltung des vertraglichen Versprechens, sondern vielmehr eine utilitaristische Nutzenmaximierung anhand eines Effizienzkriteriums. 39  Siehe aus dem deutschen Schrifttum etwa Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  150 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, passim; Weller, Die Vertragstreue, S.  347 ff. 40 Vgl. Kant, Die Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, S.  100: „Die Frage war: warum soll ich mein Versprechen halten? Denn daß ich es soll, begreift ein jeder von selbst. Es ist aber schlechterdings unmöglich, von diesem categorischen Imperativ noch einen Beweis zu führen“. 41 Vgl. Kant, Die Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, S.  70: „Dieses kann auch auf den Fall angewendet werden, da ich ein Verspechen acceptirt habe; denn da wird meine Habe und Besitz an dem Versprochenen dadurch nicht aufgehoben, dass der Versprechende zu einer Zeit sagte: diese Sache soll Dein seyn, eine Zeit hernach aber von ebenderselben Sache sagt: ich will jetzt, die Sache solle nicht Dein seyn. Denn es hat mit solchen intellektuellen Verhältnissen die Be37 Vereinfachend

V. Eingrenzung

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Deutschland gegenüber der rechtsökonomischen Analyse des Rechts, die auch in England keine derart große Gefolgschaft wie jenseits des Atlantiks gefunden hat, einmal ab,42 so kann festgehalten werden, dass die Effizienz des Leistungsstörungsrechts zu den kontroversesten Fragestellungen der Rechtsökonomik überhaupt gehört. Zu dieser Thematik existiert ein nahezu unüberschaubares Schrifttum,43 das sich im Grunde dahingehend zusammenfassen lässt, dass sich sowohl für das Primat des Naturalerfüllungsanspruchs als auch für die Abwicklung des Vertrags durch einen Schadensersatzanspruch im Falle der Vertragsverletzung plausible rechtsökonomische Argumente vorbringen lassen. V. Eingrenzung Zwecks Vermeidung eines Ausuferns dieser Untersuchung sind bereits an dieser Stelle einige Eingrenzungen vorzunehmen. Die rechtlichen Institute, die den Erfüllungsanspruch zumindest potenziell begrenzen können, sind besonders vielfältig,44 sodass eine Einschränkung auf für die Erfüllung charakteristische Institute erforderlich ist. Die vorliegende Untersuchung widmet sich den prominenteren Problematiken des Leistungsstörungsrechts. Thematisiert werden die Unmöglichkeit der Erbringung der Leistung, die Unverhältnismäßigkeit zwischen Erfüllungsaufwand des Schuldners und Erfüllungsinteresse des Gläubiwandtnis, als ob jener ohne eine Zeit zwischen beyden Declarationen seines Willens sagt: sie soll Dein seyn, und auch: sie soll nicht Dein seyn, was sich dann selbst widerspricht“. 42  Siehe dazu etwa Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, passim; Horn, AcP 176 (1976), 307; Taupitz, AcP 196 (1996), 114. Siehe zu den Gründen für die Rezeption in den USA und die Skepsis in Deutschland insbesondere Grechenig/Gelter, RabelsZ 72 (2008), 513. Siehe kritisch zur Rechtsökonomik in der Rechtsvergleichung auch Kischel, Rechtsvergleichung, §  3 Rn.  68 ff., S.  127. 43  Siehe etwa Adler, 83 NYU L. Rev. (2008), 1679; Baird, in: Parisi, S.  3; Barnes, 6 S. Cal. Interdisc. L. J. (1998), 397; Barton, 1 J. Leg. Stud. (1972), 277; Bishop, 14. J. Leg. Stud. (1985), 299; Brooks, 116 Yale L. J. (2006), 568; Cooter/Ulen, Law and Economics, S.  276 ff.; Craswell, 61 S. Cal. L. Rev. (1988), 629; Craswell, 67 Univ. Chic. L. Rev. (2000), 99; Craswell, 40 San Diego L. Rev. (2003), 1135; Eisenberg, 93 Cal. L. Rev. (2005), 975; Farnsworth, 70 Colum. L. Rev. (1970), 1145; Friedmann, 18 J. Leg. Stud. (1989), 1; Goetz/Scott, 77 Colum. L. Rev. (1977), 554; Goetz/Scott, 89 Yale L. J. (1980), 1261; Grundmann/Hoernig, in: Eger/Schäfer, S.  420; Kronman, 45 Univ. Chic. L. Rev. (1978), 351; Lewinsohn-Zamir, 168 JITE (2012), 5; Loeb, 30 Geo. J. Legal Ethics (2017), 893; Macneil, 68 Virg. L. Rev. (1982), 947; Markovits/ Schwartz, 97 Virg. L. Rev. (2011), 1939; Maultzsch, AcP 207 (2007), 530; Porat, in: Parisi, S.  308; Posner, 112 Yale L. J. (2003), 829; Posner, 107 Mich. L. Rev. (2009), 1349; Scalise, 55 Am. J. Comp. L. (2007), 721; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S.  547 ff.; Seligman, 117 Mich. L. Rev. (2019), 885; Schwartz, 89 Yale L. J. (1979), 271; Shavell, 99 Q. J. Econ. (1984), 121; Shavell, 84 Texas L. Rev. (2006), 831; Ulen, 83 Mich. L. Rev. (1984), 341. 44  So können auch die Sitten- und Gesetzeswidrigkeit, Verjährung, Verwirkung und dergl. den Erfüllungsanspruch beschränken.

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Einleitung

gers, die Unzumutbarkeit der Erbringung der Leistung aus persönlichen Gründen sowie die Fälle der grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände. Grundsätzlich beschränkt sich die Studie damit auf die Materien, die im deutschen Recht dem allgemeinen Schuldrecht zugeordnet werden. Sämtliche Regelungen des besonderen Schuldrechts können nicht eingehend untersucht werden. Gleichwohl sind Hinweise zu einzelnen gesondert geregelten Vertragstypen, insbesondere zum Kaufvertrag, der als gedanklicher Archetyp vielfach auf das allgemeine Schuldrecht ausstrahlt, sowie zum Werkvertrag, zur Darstellung des Gesamtbilds geboten. Die Untersuchung beschränkt sich ferner grundsätzlich auf das in den zu untersuchenden Rechtsordnungen geltende Recht. Für dessen Verständnis sind rechtshistorische Erkenntnisse zwar vielfach unerlässlich,45 eine umfassende entwicklungsgeschichtliche Aufarbeitung des Erfüllungsanspruchs soll jedoch nicht vorgenommen werden. Wie eingangs erwähnt, hat die Vertragserfüllung Juristen seit jeher beschäftigt, sodass ihre Entwicklungsgeschichte vergleichsweise gut dokumentiert worden ist und in diesem Zusammenhang auf einschlägige literarische Darstellungen verwiesen werden kann.46 Kein Gegenstand dieser Studie soll schließlich die Naturalerfüllung eines Anspruchs auf die Zahlung einer Geldsumme sein. Diese ist bei rechtshistorischer47 und rechtsvergleichender48 Betrachtung in aller Regel gegeben und insoweit von geringerem Interesse. 45 Vgl. etwa Flessner, ZEuP 1999, 513 (514 f.); Gordley, in: Zimmermann/Reimann, S.  754 ff.; Jansen, in: Zimmermann/Reimann, S.  291 (292); Johnston, ZEuP 1999, 560 f.; Kischel, Rechtsvergleichung, §  1 Rn.  30, S.  13; Kötz, JZ 1992, 20; Reimann, ZEuP 1999, 496. 46 Vgl. Coing, Europäisches Privatrecht, Bd.  I, S.  432 ff.; Dilcher, Die Theorie der Leistungsstörungen bei Glossatoren, Kommentatoren und Kanonisten; Dilcher, ZRG RA 78 (1961), 277; Dondorp, in: Smits/Haas/Hesen, S.  265; Dondorp, 16 Fundamina (2010), 40; Fischer, De geschiedenis van de reëele executie bij koop; Freund, Erfüllungszwang im Kaufrecht, S.  43 ff.; Kaufmann, JZ 1964, 482; Keiser, Vertragszwang und Vertragsfreiheit im Recht der Arbeit von der Frühen Neuzeit bis in die Moderne; Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht; Oosterhuis, Specific performance in German, French and Dutch Law in the Nineteenth Century; Repgen, Vertragstreue und Erfüllungszwang in der mittelalterlichen Rechtswissenschaft; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  70 ff.; Rütten, in: FS Gernhuber, S.  939; Weller, Die Vertragstreue, S.  70 ff.; Zimmermann, The Law of Obligations, S.  542 ff.; Zimmermann, JZ 1990, 825 (830 ff.); sowie die Beiträge in Hallebeek/Dondorp, The Right to Specific Performance. 47  Rechtshistorisch kam lediglich eine Geldkondemnation in Betracht (omnis condemnatio pecuniaria est). Vgl. Zimmermann, The Law of Obligations, S.  770 ff. Die Zwangsvollstreckung war somit ebenfalls ganz überwiegend auf die Herausgabe von Geld gerichtet, sodass diese Art der Vollstreckung weitreichendere Wurzeln als die Vollstreckung wegen Nichtgeldforderungen hat. Siehe näher auch Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  3.1 ff. 48 Vgl. Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1186.

VI. Gang der Untersuchung

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VI. Gang der Untersuchung Diese Untersuchung folgt dem natürlichen Verlauf des Naturalerfüllungsanspruchs im weiteren Sinne, der sich – wie in allen hier untersuchten Rechtsordnungen gelehrt wird – in drei Stufen entfaltet.49 Die Existenz eines Vertrags vorausgesetzt, stellt sich zunächst die Frage nach dem materiellrechtlichen Inhalt des Anspruchs auf Erfüllung in natura (Naturalerfüllungsanspruch im engeren Sinne, recht op nakoming, specific performance). Sofern das Recht diesen Erfüllungsanspruch grundsätzlich anerkennt, hängt dessen Durchsetzbarkeit in einer zweiten Phase davon ab, ob der Richter den Schuldner zur Erbringung der Leistung verurteilen kann oder möglicherweise sogar muss (Naturalkondemnation, veroordeling in natura, decree for specific performance). Leistet der Schuldner dem Urteil nicht freiwillig Folge, so stellt sich schließlich die Frage, ob die Rechtsordnung dem Gläubiger vollstreckungsrechtliche Instrumente zur zwangsweisen Durchsetzung der geschuldeten Leistung in die Hand gibt (Naturalexekution, reële executie, specific enforcement/execution of an order for specific performance). Erst aus der Summe des materiellen Rechts, der Verurteilung und der Zwangsvollstreckung ergibt sich bei realistischer Betrachtung letztlich die Durchsetzbarkeit des Naturalerfüllungsanspruchs im weiteren Sinne.50 Bevor der Erfüllungsanspruch aus juristischer Sicht behandelt werden kann, ist in Anbetracht der Eingangszitate zunächst erforderlich, die praktische Bedeutung der Naturalerfüllung zu thematisieren. Diese Studie nimmt dabei als Ausgangspunkt, dass sich der vermeintlich existierende praktische Gleichlauf in verschiedenen Rechtsordnungen im Grunde daraus ergibt, dass das Anstreben der Naturalerfüllung häufig nicht den Interessen des Gläubigers entspricht. Es gilt demnach die Interessen der Vertragsparteien näher zu erforschen. Den Entwicklungsphasen des Naturalerfüllungsanspruchs entsprechend wird im zweiten Kapitel zunächst der Inhalt des Erfüllungsanspruchs einer Untersuchung unterzogen. 49  Zum deutschen Recht Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  31 ff.; Rütten, in: FS Gernhuber, S.  939; Weller, Die Vertragstreue, S.  29; zum niederländischen Recht etwa Huydecoper, Reële executie, S.  2 ff.; zum englischen Recht Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  54: „The first phase is a claim which is the assertion of a right capable of being entertained and realised by a court. The second phase is the order that the court makes to realize the right. The third phase is the enforcement of that order“. Siehe zum englischen Recht auch Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  171: „the three important stages in the civil judicial process, with remedies coming in the middle, namely, the legal right or claim, leading to the appropri­ate relief or remedy into which the right or claim has been converted, which provides the basis for the appropriate process of enforcement of the relief or remedy granted by the court“. Vgl. auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  468 f. 50  Vgl. auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1205.

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Einleitung

Im Anschluss werden im dritten bis fünften Kapitel die verschiedenen den Erfüllungsanspruch begrenzenden Institute des Leistungsstörungsrechts behandelt. Liegt ein solcher Ausnahmetatbestand vor, kommt die Naturalerfüllung nicht in Betracht und wird der Gläubiger auf etwaige Sekundäransprüche, typischerweise auf die Lösung vom Vertrag und den Schadensersatz, verwiesen. In Bezug auf das englische Recht stellt sich bereits an dieser Stelle die Frage, ob eine Behandlung dieser begrenzenden Institute eine sinnhafte und vertretbare Vorgehensweise darstellen kann. Wer nämlich der Ansicht ist, im englischen Recht sei specific performance gerade ein den Schadensersatzanspruch begrenzendes Institut und deshalb das Regel-Ausnahme-Verhältnis im Vergleich zum kontinentaleuropäischen Recht umgekehrt, wird in diesem Rahmen Bedenken äußern. Es zeigt sich aber, dass specific performance jedenfalls bei dogmatischer Betrachtung vielmehr den Erfüllungsanspruch des englischen Rechts darstellt, der unter bestimmten Umständen – ebenso wie im kontinentaleuropäischen Recht – etwa wegen Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit ausscheidet. Deshalb kann sehr wohl zwischen den Voraussetzungen, unter denen specific performance in Betracht kommt, und den Fällen, in denen diese zwar grundsätzlich vorliegen, dem Gläubiger allerdings gleichwohl keine Naturalerfüllung gewährt wird, unterschieden werden. Die englische Rechtswissenschaft nimmt auch selbst eine solche Differenzierung vor. So schreiben bspw. Treitel/Peel: „The factors so far discussed [hardship, impossibility, frustration etc.] operate negatively, as grounds for refusing specific performance. Others may operate positively, as ground for awarding the remedy“.51

Vor diesem Hintergrund werden im dritten Kapitel der Reihe nach diverse Formen der Unmöglichkeit, und zwar die tatsächliche nachträgliche, vorübergehende und rechtliche Unmöglichkeit behandelt. Sodann richtet sich die Untersuchung im vierten Kapitel auf die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Leistungsinteresse des Gläubigers und dem Leistungsaufwand des Schuldners sowie auf die Unzumutbarkeit der Leistungserbringung aus die Person des Schuldners betreffenden Gründen. Deren Gemeinsamkeit liegt darin, dass beide Tatbestände viel mehr als die Unmöglichkeit von normativen Erwägungen geprägt werden. Im fünften Kapitel werden die Fälle der grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände behandelt. Im sechsten Kapitel sollen schließlich die vollstreckungsrechtlichen Aspekte des Erfüllungsanspruchs untersucht werden. Der letzte Abschnitt führt die Ergebnisse dieser Studie zusammen und kehrt schließlich zur Ausgangsfrage zurück. 51  Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-038. Vgl. auch Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  556, der von „hardship as a defence to specific performance“ spricht.

Kapitel 1

Das praktische Bedürfnis nach Naturalerfüllung und die Interessen der Vertragsparteien In diesem Kapitel sollen zunächst skizzenartig die Interessen beider Vertragsparteien aufgezeigt werden.1 Denn erst wenn ersichtlich ist, welche Interessen die Parteien üblicherweise mit dem Vertrag verfolgen und in welcher Weise sich diese im Falle der Leistungsstörung verändern, kann die Frage beantwortet werden, ob in praktischer Hinsicht überhaupt ein Bedürfnis nach einem Anspruch auf Erfüllung in natura besteht. Sollte dies nicht der Fall sein, so träfen die eingangs zitierten rechtsvergleichenden Überlegungen, nach denen praktisch kaum Unterschiede zwischen den untersuchten Rechtsordnungen existierten, insoweit zu. Dabei sollte sowohl die Perspektive des Gläubigers als auch die des Schuldners berücksichtigt werden. Paradigmatisch bei der nunmehr anzustellenden Untersuchung ist der synallagmatische Vertrag, bei dem der Gläubiger der charakteristischen oder Substanzleistung zugleich Schuldner der Geldleistung und vice versa ist.

A. Grund und Ziel des Vertragsschlusses I. Vorteilhaftigkeit des Vertrags Voraussetzung für das Zustandekommen und zugleich raison d’être eines jeden Vertrags ist, dass beide Parteien beim Vertragsschluss (ex ante) aus subjektiver Sicht davon ausgehen, bei ordnungsgemäßer Erfüllung (ex post) besser zu stehen, als es ohne den Vertrag der Fall gewesen wäre. Mangels einer solchen Vorteilhaftigkeit des Vertrags wäre keine Partei oder zumindest eine der beiden Parteien nicht zum Vertragsschluss bereit. Grund für die Erbringung der eigenen Leistung stellt dabei jeweils der Erhalt der anderen Leistung dar (do ut des).2 Aus Sicht des Gläubigers der für den Vertragstypus charakteristischen Leistung kommt der Vertrag zustande, weil dieser 1  Vgl.

auch Weller, Die Vertragstreue, S.  323 ff.; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  43 ff. 2 Vgl. Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, §  1 Rn.  16.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

eine Substanzleistung erhalten möchte, die für ihn einen größeren Wert als die von ihm im Gegenzug zu erbringende Geldleistung hat. Für den Gläubiger der Geldleistung gilt das Gegenteil; die Sachleistung hat für ihn einen geringeren Wert als die Geldsumme, die dieser für die Erbringung der Sachleistung erhält. II. Naturalerfüllung als Ziel eines jeden Vertrags Das primäre Ziel des Vertrags stellt demnach aus Gläubigersicht der Erhalt der Substanzleistung und die Erbringung der Geldleistung, aus Schuldnersicht die Erbringung der Substanzleistung und der Erhalt der Geldleistung dar.3 Verträge zielen, mit anderen Worten, stets darauf ab, dass die vereinbarte Leistung tatsächlich, d. h. in natura, erbracht wird.4 Dies ist „the only pure contractual interest“.5 Festgehalten werden kann: „In principle contracts are made to be performed and not to be avoided“.6

B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen I. Gläubiger der charakteristischen Leistung Das „Substanzinteresse“7 des Gläubigers der charakteristischen Leistung (= Schuldner der Geldleistung) ist kein isoliertes Interesse, sondern stellt vielmehr die Grundlage für die Verwirklichung der mit dem Vertrag verfolgten Zwecke dar. Der Gläubiger kontrahiert nicht lediglich zum Erhalt einer für ihn im Übrigen sinnfreien Substanzleistung, sondern möchte mit der Leistung bestimmte Zwecke erreichen.8 1. Verwendungsinteressen im Allgemeinen Der Gläubiger verfolgt mit der Substanzleistung in aller Regel ein oder mehrere Verwendungsinteresse(n) und wird die Leistung für irgendetwas gebrauchen, verbrauchen, benutzen oder einsetzen oder mit der Leistung sicherstellen wollen, 3 Vgl.

Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  43 f. und 49. Friedmann, 111 LQR (1995), 628 (629); Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1075; Mak, Performance-Oriented Remedies in European Sale of Goods Law, S.  68 f. 5  Friedmann, 111 LQR (1995), 628 (629). Vgl. auch Pearce/Halson, 28 Oxf. J. Leg. Stud. (2008), 73 (75); Webb, 26 Oxf. J. Leg. Stud (2006), 41 (45 ff.). 6  Cehave NV v Bremer Handelsgesellschaft mbH (The Hansa Nord) [1976] QB 44 (CA) (71). 7  Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  44. 8  Siehe zur Begrifflichkeit Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S.  21. 4 Vgl.

B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen

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dass irgendein Zustand nicht eintritt oder gerade hergestellt wird usw.9 Die denkbaren Verwendungsinteressen sind unendlich. Dem Verwendungsinteresse ist in allen Fällen am besten mit der Naturalerfüllung gedient.10 Wie bereits der vielzitierte11 Glossator Martinus im 12. Jahrhundert rhetorisch fragte: Was bringt dem Käufer eines Brotes ein Schadensersatzanspruch, wenn dieser verhungert?12 Besteht das Verwendungsinteresse des Gläubigers lediglich in der gewinnbringenden Weiterveräußerung der erhaltenen Substanzleistung, so lässt sich dieses dem ersten Anschein nach durch einen entsprechenden Ausgleich in Geld befriedigen, sodass es dem Gläubiger ausnahmsweise gleichgültig zu sein scheint, ob die Leistung in natura erbracht wird. Auch in diesem Fall kann der Gläubiger allerdings ein Interesse daran haben, die Substanzleistung zu erhalten. Erwähnt sei etwa der Fall, in dem sich der Gläubiger seinerseits bereits zur Leistung im Wege eines Vertrags mit einem Dritten verpflichtet hat, sodass sich dieser im zweiten Vertragsverhältnis schadensersatzpflichtig macht. 2. Rechtserheblichkeit der Verwendungsinteressen Mit der Feststellung, dass der Gläubiger mit der Leistung gewisse Zwecke verfolgt, geht nicht zwangsläufig einher, dass jegliches Verwendungsinteresse rechtliche Relevanz erlangen kann. Deshalb ist zwischen rechtserheblichen und rechtsunerheblichen Verwendungsinteressen zu unterschieden. Die Literatur differenziert dabei zunächst zwischen dem Primär-, d. h. dem Verpflichtungszweck (beim Kaufvertrag bspw. Eigentumserwerb13) und etwaigen Sekundärzwecken, also den eigentlichen Verwendungszwecken.14 Letztere sind im Grundsatz rechtlich ohne Bedeutung, denn der Schuldner kann etwaige Verwendungsinteressen des Gläubigers gar nicht erst kennen, sodass ihm a for­ tiori nicht das Vertragsrisiko für die Tauglichkeit der Substanzleistung für diese 9 Vgl.

Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  46; Weller, Die Vertragstreue, S.  324. Die Verwendungsinteressen können auch immaterieller Art sein. Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 1, S.  143. 10 Vgl. Weller, Die Vertragstreue, S.  324. 11  Vgl. etwa Dawson, 57 Mich. L. Rev. (1959), 495 (503); Nehlsen-von Stryk, AcP 193 (1993), 529 (540 f.); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  19; Rückert, in: FS Kilian, S.  705 (730). 12 Vgl. Haenel, Dissensiones Dominorum, Vetus Collectio, §  60, S.  47: „quia obligatus sit venditor ad rem tradendam, dicit, non posse liberari praestando interesse. Quaerit etiam Martinus: si panem vendideris, te non tradente mihi mortuo fame, quod interesse poterit praestari?“ (Herv. im Orig.). 13 Vgl. Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S.  50 ff. 14 Vgl. Weller, Die Vertragstreue, S.  325; ähnlich Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S.  50 ff.; Fikentscher, Die Geschäftsgrundlage als Frage des Vertragsrisikos, S.  24 ff.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

oder jene Verwendung auferlegt werden kann. Anders ist dies nur dann, wenn die Verwendungsinteressen zum Vertragsinhalt geworden sind und sich der Schuldner demnach mit der Übernahme dieses Risikos einverstanden erklärt hat.15 Verwendungsinteressen können auf zweierlei Weg Teil des Vertrags werden. Zum einen können die Parteien einen Zweck ausdrücklich oder konkludent vereinbaren, sodass die andere Partei das Risiko für die Geeignetheit der Leistung für gerade diese Verwendung übernimmt. Ob eine dahingehende Vereinbarung vorliegt und welche Verwendungen im Einzelfall vereinbart worden sind, ist im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln. Eine Vielzahl denkbarer Sekundärzwecke wird zum anderen kraft Gesetzes zum Vertragsinhalt.16 II. Schuldner der charakteristischen Leistung 1. Vergütungsinteresse Das Vergütungsinteresse setzt sich typischerweise aus dem Vergütungsinteresse im engeren Sinne und dem Gewinnerzielungsinteresse zusammen. a) Vergütungsinteresse im engeren Sinne Der Schuldner der charakteristischen Leistung (= Gläubiger der Geldleistung) verfolgt mit dem Vertrag üblicherweise primär das Ziel, die vereinbarte Geldsumme, also etwa den Preis, die Vergütung, den Lohn, die Miete, das Honorar usw., zu erhalten.17 Im Regelfall ist für die Befriedigung des Vergütungsinteresses (auch: Gegenleistungsinteresses18) die Erbringung der eigenen Leistung erforderlich, sodass der Schuldner üblicherweise den Vertrag wie vereinbart durchführen, mithin in natura erfüllen möchte.19 Ob und unter welchen Umständen die vereinbarte Vergütung ebenfalls geltend gemacht werden kann, ohne dass der Schuldner dafür seinerseits eine Leistung 15 Vgl.

Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S.  32 f.; Weller, Die Vertragstreue, S.  325. 16  So sind Kaufsache und Werk, „[s]oweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist“, vertragsgemäß, wenn diese sich „für die nach dem Vertrag vorausgesetzte“ oder allenfalls „für die gewöhnliche Verwendung“ eignen (§  434 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 und 2 bzw. §  634 Abs.  1 S.  2, Abs.  2 S.  2 Nr.  1 und 2 BGB). A. A. Klinke, Causa und genetisches Synallagma, S.  46 f., der davon ausgeht, gesetzestypische Verwendungszwecke würden aufgrund einer konkludenten Vereinbarung zum Vertragsinhalt werden. 17 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  49. 18 Vgl. Weller, Die Vertragstreue, S.  331; anders allerdings Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  49, welcher „das Interesse am Erhalt der Gegenleistung“ als „Gewinninteresse“ definiert, obwohl der Vertrag zwar häufig, allerdings nicht notwendigerweise in einem Gewinn für den Schuldner resultiert. Siehe dazu unten Kap.  1 B. II.2. (S.  18). 19 Vgl. Weller, Die Vertragstreue, S.  332.

B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen

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erbringt, hängt von der Ausgestaltung der Rechtsordnung, insbesondere der Regelung zum Gläubigerverzug, ab. Häufig lässt sich die Preisforderung wegen der Anrechnung etwaiger Ersparnisse nicht vollständig realisieren. Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass auch dem Vergütungsinteresse üblicherweise am besten mit der Naturalerfüllung gedient ist. b) Gewinnerzielungsinteresse Der wichtigste Grund für den Vertragsschluss besteht aus Sicht des Schuldners in aller Regel darin, mit dem Vertrag einen finanziellen Gewinn zu erzielen, dessen Höhe sich auf die Differenz zwischen den mit der Erbringung der Substanzleistung einhergehenden Kosten und der mit dem Vertragspartner vereinbarten Vergütung beläuft.20 Die Abwägung, ob mit dem Vertrag überhaupt ein Gewinn erzielt wird und, wenn ja, in welcher Höhe, bleibt dem Schuldner überlassen und ist aus Sicht des Gläubigers grundsätzlich ohne Bedeutung. Im Regelfall lässt sich das Gewinnerzielungsinteresse als Teil des Vergütungsinteresses durch Erbringung der geschuldeten Substanzleistung realisieren.21 Ob der Schuldner den Gewinn auch ohne Erbringung der Substanzleistung geltend machen kann, hängt erneut von der Ausgestaltung der Rechtsordnung ab. Selbst wenn dies allerdings zu bejahen wäre, ist zu bedenken, dass die Realisierung des isolierten Gewinnerzielungsinteresses die Offenlegung der Kostenstruktur und des Kalküls durch den Schuldner voraussetzt, welche aus betriebswirtschaftlichen Gründen in aller Regel äußerst unattraktiv ist.22 Hat der Schuldner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Gewinnerzielungsinteresse verfolgt und fällt die eben erwähnte Differenz im Nachgang – aus welchem Grund auch immer, sei es wegen eines Kalkulationsfehlers des Schuldners, wegen einer Steigung der Kosten bei gleichbleibender Vergütung oder wegen der mit der Nacherfüllung einer ursprünglich mangelhaften Leistung einhergehenden Kosten – negativ aus, so wird der Vertrag für den Schuldner zum Verlustgeschäft. Nichtsdestoweniger kann dieser weiterhin ein Interesse an der 20 Vgl.

Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  51. Weller, Die Vertragstreue, S.  332 ff. 22  Im Werkvertragsrecht ist vor diesem Hintergrund eine Erleichterung zugunsten des Unternehmers vorgesehen (§  648 S.  2 und 3 BGB). Vgl. BGH, Urt. v. 05.05.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (1956 Rn.  28): „Der Gesetzgeber hat mit §  649 S.  3 BGB eine Erleichterung für die sekundäre Darlegungslast der Unternehmer schaffen wollen, die sich nach seiner Auffassung größten Schwierigkeiten ausgesetzt sahen, einen nach Kündigung verbleibenden Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen durchzusetzen. Danach kann der Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung auch ohne eine Abrechnung des Vertrags geltend machen“. Siehe auch Busche, in: MüKoBGB, §  648 Rn.  31 f. 21 Vgl.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

Erbringung der Substanzleistung haben. Dies ist dann der Fall, wenn die Höhe des Verlusts die Kosten einer Entschädigung des Gläubigers nicht übersteigt.23 Erfüllt der Schuldner trotz negativer Bilanz des Geschäfts, so handelt es sich deshalb im Grunde um eine Beschränkung des Verlusts.24 Wird es für den Schuldner kostengünstiger, das Geldinteresse des Gläubigers zu ersetzen, d. h. dass der mit dem Vertrag einhergehende Verlust größer als das Interesse des Gläubigers ist, so möchte dieser üblicherweise nicht länger in natura leisten, sondern vielmehr eine entsprechende Entschädigung zahlen.25 Der Vertragsbruch ist für den Schuldner in diesem Fall die kostengünstigere Handlungsalternative. Selbst in diesem Fall kann der Schuldner allerdings ein Interesse daran haben, seine Reputation durch die Erbringung der Naturalleistung nicht zu schädigen (Reputationsinteresse).26 Ein solches Anliegen des Schuldners, (weiterhin) als zuverlässiger Geschäftspartner zu gelten, kann insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen oder bereits in Aussicht gestellten (Folge-)Verträgen vorliegen.27 2. Leistungserbringungsinteresse In manchen Fällen hat der Schuldner ein über das bloße Vergütungsinteresse hinausgehendes Interesse an der tatsächlichen Erbringung der Leistung („Leistungserbringungsinteresse“28 oder „Vertragsdurchführungsinteresse“29).30 Dabei handelt es sich insofern um eine atypische Konstellation, als es nicht vordergründig der Gläubiger ist, der ein Verwendungsinteresse für die Leistung hat und diese deshalb in natura erhalten, sondern im Gegenteil vielmehr der Schuldner ist, der die Leistung in natura erbringen will.31 Das Verhältnis zwischen dem Leistungserbringungsinteresse einerseits und dem Vergütungs- und Gewinnerzielungsinteresse andererseits kann sich unterscheiden. Nimmt der Schuldner (einmalig) eine geringere Vergütung in Kauf, bspw. weil der Vertrag für ihn aus anderem Grund von besonderer Vorteilhaftig23 Vgl.

Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  51. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  51. 25 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  51. 26 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  51. 27  Vgl. auch Beale, Remedies for Breach of Contract, S.  6. 28  Weller, Die Vertragstreue, S.  336. Vgl. auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  52. 29  Martens, RabelsZ 76 (2012), 705 (707). 30 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  52 f.; Weller, Die Vertragstreue, S.  336 ff. 31  Siehe zu dieser weitaus weniger diskutierten Konstellation insbesondere Martens, RabelsZ 76 (2012), 705. Vgl. auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  252 ff.; Stürner, JZ 1976, 384 (387). 24 Vgl.

B. Die Interessen der Vertragsparteien im Allgemeinen

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keit ist, so werden beide Interessen kumulativ verfolgt. So gibt sich der Praktikant, der im Rahmen seines Praktikums Erfahrungen sammeln möchte, möglicherweise mit einer geringen Vergütung zufrieden, weil dieser den gesammelten Erfahrungen ebenfalls einen Wert beimisst, ganz ohne Bedeutung ist der Erhalt der Vergütung dennoch nicht. Denkbar ist allerdings ebenfalls, dass das Vergütungsinteresse des Schuldners (vollständig) hinter dem Leistungserbringungsinteresse zurücktritt. Dies ist bspw. der Fall, wenn die Vergütung lediglich einen symbolischen Charakter hat (Vergütungsinteresse ist faktisch nihil) oder wenn dem Schuldner von vornherein deutlich ist, dass es sich beim Vertrag um ein kostendeckendes oder sogar um ein Verlustgeschäft handeln wird. Erwähnt seien beispielhaft der Verkauf einer Sache für einen symbolischen Euro oder der Fall, in dem ein Unternehmen ein Produkt für gewisse Zeit zu einem ermäßigten Preis mit dem Ziel anbietet, einen bestimmten Markt zu betreten oder seinen Marktanteil vergrößern zu können.32 Die Gründe für das tatsächliche Erbringenwollen der geschuldeten Leistung sind verschiedenster Art und liegen in der Regel außerhalb der Sphäre des betroffenen Vertragsverhältnisses. Hier wird im Schrifttum zwischen wirtschaftlichen und ideellen Interessen differenziert;33 bei den ersteren handelt es sich um auf einer gewissen betriebswirtschaftlichen Rationalität beruhende Interessen, letztere sind hingegen vielmehr persönlicher, künstlerischer oder sportlicher Art. Rechtserheblich ist die Unterscheidung allerdings grundsätzlich nicht. a) Aus (betriebs-)wirtschaftlichen Gründen Aus (betriebs-)wirtschaftlichen Gründen kann der Schuldner insbesondere deshalb ein Interesse an der Erbringung der Leistung in natura haben, weil diese der (weiteren) Verbreitung der betroffenen Substanzleistung oder als Referenzobjekt für etwaige Folgebestellungen dienen kann.34 In der Tat kann die Durchführung eines Vertrags mit bestimmten Gläubigern eine gewisse Vorteilhaftigkeit mit sich bringen, von der der Schuldner bei künftigen Vertragsverhandlungen profitieren kann. Auch bei einmaligen Ereignissen, exklusiven Absatzmöglichkeiten oder im Falle eines ein Monopol innehabenden Gläubigers kann der Schuldner die Leistung wie geschuldet erbringen wollen.

32 Vgl.

Weller, Die Vertragstreue, S.  336. Weller, Die Vertragstreue, S.  336 ff. 34 Vgl. Weller, Die Vertragstreue, S.  336 f. 33 Vgl.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

b) Aus ideellen Gründen Zu den ideellen Interessen zählen insbesondere künstlerische, gestalterische oder sportliche Interessen. Man denke etwa an Architekten oder bildende Künstler, die die Verwirklichung ihrer Entwürfe oder die Aufstellung ihrer Werke durchsetzen oder die Umgestaltung eines Werks verhindern möchten. Beispielhaft sei ferner der junge Musiker erwähnt, dessen mit dem Vertrag verfolgtes Interesse sich nicht im Verdienen eines (symbolischen) Honorars erschöpft, sondern vielmehr im tatsächlichen Auftreten für ein großes Publikum besteht. Der Arbeitnehmer kann ferner aus Gründen der persönlichen Entwicklung und der Selbstentfaltung die geschuldete Arbeitsleistung tatsächlich erbringen wollen. Der (professionelle) Sportler will schließlich am Wettkampf teilnehmen und damit die Chance auf das Einfahren sportlicher Erfolge erhalten. c) Charakter des Leistungserbringungsinteresses Abgesehen von der ideellen, intrinsischen Motivation des Schuldners zur Leistungserbringung, ist den beschriebenen Fällen des Vorliegens eines Leistung­ serbringungsinteresses des Schuldners gemeinsam, dass die Gründe für das Erbringenwollen zum Teil außerhalb der Sphäre des betroffenen Vertrags liegen können. Denn das Erbrachthaben der Leistung kann u. U. einen künftigen Vertragsschluss mit Dritten erst ermöglichen oder sich in Form einer höheren Vergütung bei späteren Verträgen auszahlen. Die ideellen Interessen können deshalb ebenfalls von einem wirtschaftlichen Interesse flankiert werden.

C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung Die grundsätzlich wenig überraschende Feststellung, dass Verträge letztlich mit dem Ziel geschlossen werden, eine vereinbarte Leistung tatsächlich zu bekommen bzw. zu erbringen – sowohl dem Verwendungs- als auch dem Vergütungsund Leistungserbringungsinteresse also im Regelfall am besten mit der Naturalerfüllung gedient ist – bringt allerdings nicht zwangsläufig mit sich, dass dies im Falle des Vertragsbruchs weiterhin der Fall ist. Denn die von den Parteien mit dem Vertrag verfolgten Interessen im Falle freiwilliger Durchführung des Vertrags sind von solchen im Falle der Leistungsstörung, d. h. dann, wenn der Vertrag nicht planmäßig abgewickelt wird,35 zu unterscheiden. Sobald nämlich die andere Partei nicht freiwillig leistet, sieht sich der Gläubiger vor die Frage gestellt, ob dieser den Schuldner zur Erfüllung anhalten und erforderlichenfalls 35 Vgl.

Grundmann/Hoernig, in: Eger/Schäfer, S.  420 (423).

C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung

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zwingen möchte. Bei dieser Abwägung des Gläubigers spielt eine Vielzahl pragmatischer und zum Teil auch rechtlicher Gesichtspunkte eine Rolle, welche im Folgenden zu skizzieren sind. I. Defizite des Erfüllungszwangs allgemeiner Art Mit Unberath kann festgestellt werden, dass der Leistungszwang nicht nur „kein vollkommenes Mittel zum Schutz des subjektiven Rechts auf die Leistung“, sondern „in vielerlei Hinsicht sogar ein völlig unzureichendes Instrument“ darstellt.36 In zeitlicher Hinsicht ist zunächst zu bedenken, dass zwischen Fälligkeit der Leistung und der gerichtlichen Geltendmachung und im Anschluss, soweit diese erforderlich sein sollte, der Vollstreckung einer ergangenen Gerichtsentscheidung oftmals mehrere Monate, nicht selten auch mehrere Jahre vergehen und deshalb „der Zwang erst mit Verzögerung einsetzt“37. In der Zwischenzeit kann der Gläubiger das Interesse am Erhalt der Leistung bereits teilweise oder gänzlich verloren haben oder können ihm Begleitschäden entstehen, welche bspw. wegen mangelnder Kausalität nicht (vollständig) ersatzfähig sind.38 Da­ rüber hinaus gehen sowohl das Prozessieren als auch das Betreiben der Zwangsvollstreckung mit Kosten einher, welche je nach Ausgestaltung des Kostenrechts nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang von der anderen Partei getragen oder erstattet werden.39 Das Verfolgen des Leistungszwangs ist aus Sicht des Gläubigers ferner in mehrerer Hinsicht eine risikobehaftete und kostspielige Angelegenheit, sodass dieser häufig auf den Schadensersatz ausweicht.40 Dem Gläubiger muss es zunächst einmal gelingen, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen und das von ihm ersuchte Urteil zu erlangen, wobei es der Gläubiger ist, der das Prozessrisiko und typischerweise auch das Beweisrisiko trägt. Beugt sich der Schuldner dem Urteil nicht, so ergeben sich weitere dahingehende Risiken, dass der Gläubiger die Naturalleistung letztlich lediglich in defizitärer Weise oder insgesamt nicht bekommt. Aus diesen Gründen soll der Erfüllungsanspruch auch auf dem europäischen Kontinent praktisch selten eine Rolle spielen. Dies geht zumindest aus 36  Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  200 f. Vgl. auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1208 f. 37  Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  201. Ähnlich Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 1, S.  140; Lawson, Remedies of English Law, S.  213; Schwartz, 89 Yale L. J. (1979), 271 (277). 38 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  45. 39 Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 1, S.  140. 40 Vgl. Lando/Rose, 24 Int. R. Law & Econ. (2004), 473 (481 f.); Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  482.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

einer in beschränktem Umfang durchgeführten rechtstatsächlichen Untersuchung hervor.41 Im Allgemeinen kann ferner gesagt werden, dass sich all diese soeben erörterten Schwächen typischerweise noch einmal vergrößern, wenn der Sachverhält internationale Bezüge aufweist. II. Art der zwangsweise durchzusetzenden Leistung In verschiedenen Rechtsordnungen war und ist die (Nicht-)Verfügbarkeit der Naturalerfüllung im weiteren Sinne von der Art der zu erbringenden Leistung abhängig. So differenzierte das (mittelalterliche) ius commune zwischen Verpflichtungen zum Geben (obligationes dandi) und Verpflichtungen zum Tun (obligationes faciendi).42 Die letzteren wurden aufgrund der Maxime nemo praecise cogi potest ad factum durch Schadensersatzzahlung abgewickelt.43 In ähnlicher Weise fand und findet sich im französischen Schuldrecht (vgl. Art.  1126, 1142 ff. Cc a. F.) – zumindest dem Wortlaut nach44 – eine Unterscheidung zwischen Leistungen zum Geben, Tun oder Unterlassen.45 Ähnlich war die Regelung nach altem niederländischen Recht.46 Für die Zwecke der Zwangsvollstreckung differenziert das deutsche Recht schließlich ebenfalls nach der Art der zu vollstreckenden Leistung (vgl. §§  883 ff. ZPO).47 Zwar sind die dieser Einteilung zugrundeliegenden Argumente rechtshistorisch und rechtsvergleichend betrachtet sehr unterschiedlich,48 richtig erkannt haben die Rechtsordnungen dennoch, dass sich die Interessenlage, zumeist aus rein faktischen Gründen, je nach Art der zu erbringenden Leistung unterscheidet.49 So ist der Gläubiger einer Schuld zum Tun bei der Durchführung des 41 Siehe Lando/Rose, 24 Int. R. Law & Econ. (2004), 473. Die Studie bezieht sich insbesondere auf Dänemark und Entscheidungen zum UN-Kaufrecht, also zum Recht des internationalen Warenkaufs. Gerade hier ist die Naturalerfüllung aus Sicht des Gläubigers allerdings häufig wenig attraktiv. 42  Siehe näher Zimmermann, JZ 1990, 825 (830 f.). 43  Siehe näher Rütten, in: FS Gernhuber, S.  939 (942 ff.); Schrage, Bulletin de la Société Archéologique et Historique de l’Orléanais, N. S. IX. 1985, 53; Zimmermann, The Law of Obligations, S.  773 ff. 44  Die französische Rechtsprechung hatte den Anwendungsbereich des Art.  1142 Cc a. F. bereits vor der Schuldrechtsreform dahingehend reduziert, dass Naturalerfüllung entgegen dem Wortlaut auch für derartige Verpflichtungen die Regel geworden war. Vgl. bereits Cass. civ. 19.01.1926, Dalloz Receuil hebdomadiare de jurisprudence 1926, 115 f. Siehe auch Laithier, Étude comparative des sanctions de l’inexécution du contrat, S.  48 m. w. N. 45 Vgl. Laithier, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker, S.  123 (126 f. und 131). 46  Siehe ausführlich unten Kap.  2 B. I. (S.  44). 47  Siehe ausführlich unten Kap.  6 A. (S.  240). 48  Siehe näher Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1209 ff. 49  Auch eine US-amerikanische empirische Studie zeigt, dass Parteien für bestimmte Arten

C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung

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Vertrags von der Kooperativität des Schuldners abhängig, während diese bei einer Verpflichtung zum Geben im Allgemeinen eine viel geringere Rolle spielt. Für die Zwecke der Erforschung der Interessen der Parteien kann die Einteilung demnach herangezogen werden. Im Folgenden wird unterschieden zwischen Verpflichtungen zum Geben, Tun und Unterlassen.50 Zu bedenken ist dabei, dass sich die herkömmlichen Vertragstypen bei näherer Betrachtung aus einer Reihe verschiedener Verpflichtungen zum Tun, Geben oder Unterlassen zusammensetzen können.51 Im Lebenszyklus des Arbeitsvertrags ist der Arbeitnehmer bspw. während der Dauer des Arbeitsverhältnisses zur Erbringung der Arbeitsleistung (Tun), unmittelbar nach Beendigung des Vertrags u. U. zur Rückgabe etwaiger vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Gegenstände (bspw. eines Fahrzeugs) (Geben) und schließlich möglicherweise für einen bestimmten Zeitraum nach Beendigung des Vertrags verpflichtet, nicht mit dem Arbeitgeber in Konkurrenz zu treten (Unterlassen). Aus Sicht des Arbeitgebers kann es im Hinblick auf das Anstreben der Naturalerfüllung einen Unterschied machen, welche dieser Pflichten der (ehemalige) Arbeitnehmer verletzt. 1. Verpflichtungen zum Geben Verpflichtungen zum Geben lassen sich häufig nicht nur in natura einklagen, sondern können erforderlichenfalls auch im Wege der Zwangsvollstreckung und zwar unmittelbar durchgesetzt werden. Eine herauszugebende bewegliche Sache kann dem Schuldner durch den Gerichtsvollzieher weggenommen und dem Gläubiger übergeben und eine unbewegliche Sache zwangsweise geräumt werden. Verpflichtungen zur Zahlung einer Geldsumme lassen sich in der Regel schließlich ebenfalls – die Solvenz des Schuldners vorausgesetzt – ohne Schwierigkeiten einklagen und vollstrecken. Der Geldbetrag kann dem Schuldner oder einem Dritten, bspw. dem Kreditinstitut oder dem Arbeitgeber des Schuldners, weggenommen werden. Im Falle der Illiquidität des Schuldners können darüber hinaus dessen Vermögensgegenstände zu Geld gemacht werden, sodass sich der Gläubiger aus dem Erlös befriedigen kann.

von Verträgen eher zum Aushandeln einer Klausel über Naturalerfüllung neigen, bei anderen Arten hingegen weniger. Vgl. Eisenberg/Miller, 12 J. Emp. Leg. Stud. (2015), 29 (52 ff.). 50  Eine solche Einteilung deckt sich sinngemäß mit der geläufigen Gruppierung verschiedener Vertragstypen. Vgl. bspw. Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, §  1 Rn.  16 ff.; Lawson, Remedies of English Law, S.  13 und 175. 51  Vgl. auch Esser/Schmidt, Schuldrecht, Bd.  I.1, §  5 I, S.  85.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

2. Verpflichtungen zum Tun a) Allgemein Anders als bei Leistungen, die ein Geben beinhalten, spielen bei Verpflichtungen zum Tun das Wohlwollen des Schuldners sowie die Kooperativität und das Vertrauensverhältnis beider Parteien häufig eine Rolle. Ist bspw. die Vertragsbeziehung zwischen dem Porträtmaler und der zu porträtierenden Person bereits in einer derartigen Weise geschädigt, dass der Erstere das Porträt unter rechtlichem Zwang malt, so wird es selten im Interesse des Letzteren sein, eine solche zwangsweise Geltendmachung tatsächlich anzustreben.52 Dabei ist folgende Unterscheidung zu berücksichtigen. b) Erfolgsverpflichtungen und Verpflichtungen zum Tätigwerden Die Unterscheidung zwischen Erfolgsverpflichtungen und Verpflichtungen zum Tätigwerden ist nach deutschem Recht insbesondere für die vertragstypologische Zuordnung eines Vertragsverhältnisses zum Werk- bzw. Dienstvertragsrecht von Bedeutung.53 Sie ist allerdings ebenso relevant für die Intensität der richterlichen Prüfung der Vertragsmäßigkeit einer erbrachten Leistung. Während dem Schuldner einer ergebnisbezogenen Verpflichtung zumindest hinsichtlich des Leistungserfolgs und damit in manchen Fällen ebenso bei der Durchführung des Vertrags keine bzw. vergleichsweise wenig Spielräume verbleiben, ist im Falle handlungsbezogener Leistungspflichten kein Leistungserfolg, sondern das bloße Tätigwerden geschuldet. Die Qualität der durch den Schuldner erbrachten Leistung kann sich somit innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen und, umgekehrt gesagt, erst wenn sie eine gewisse Erheblichkeitsschwelle unterschreitet, nicht mehr als vertragsgemäß angesehen werden. Aus Sicht des Gläubigers ist demnach insbesondere im Falle der zwangsweise erbrachten tätigkeitsbezogenen Leistungspflichten zu befürchten, dass die Leistung zwar die geschuldete, nicht aber die gewünschte Qualität aufweist.54 So heißt es in einer englischen Entscheidung: „If a singer contracts to sing, there could no doubt be proceedings for committal if, ordered to sing, the singer remained obstinately dumb. But if instead the singer sang flat, or sharp, or too fast, or too slowly, or too loudly, or too quietly, or resorted to a dozen of the manifestations of 52 Vgl.

Huber, in: FS von Caemmerer, S.  837 (847): „So gesehen, steckt in der alten Parömie ‚nemo praecise cogi potest ad factum‘ ein Stück unbezweifelbarer Wahrheit“. 53  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 16.07.2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323 (3324); Busche, in: MüKoBGB, §  631 Rn.  16; Looschelders, in: FS Canaris, S.  403 (406); Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, §  7 Rn.  7 ff. 54  Vgl. auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  21 und 433 f.

C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung

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temperament traditionally associated with some singers, the threat of committal would reveal itself as a most unsatisfactory weapon“.55

Das Konfliktpotenzial und das Risiko weiterer Streitigkeiten darüber, ob die erbrachte Leistung dem Vertrag entspricht, sind in diesen Fällen deshalb häufig besonders groß.56 c) (Höchst-)Persönliche und nichtpersönliche Leistungspflichten Ob die Leistung von einem anderen Schuldner erbracht werden kann, d. h. der Schuldner grundsätzlich austauschbar ist, ist aus Sicht des Gläubigers für die Zwecke des Anstrebens des Erfüllungszwangs eine rein faktische Frage, die von der rechtlichen Einordnung einer Leistungspflicht als (un-)persönliche zu trennen ist. Dass bspw. der zur Dienstleistung Verpflichtete (vgl. §  613 S.  1 BGB), der Beauftragte (vgl. §  664 Abs.  1 S.  1 BGB) sowie der Verwahrer (vgl. §  691 S.  1 BGB) im Zweifel in Person leisten müssen,57 heißt hingegen nicht zwangsläufig, dass aus Sicht des Gläubigers nicht weitere Personen existieren, die grundsätzlich die für die Erbringung derselben Leistung erforderlichen Eigenschaften, Fähigkeiten oder Kenntnisse besitzen. So ist der Arzt zwar grundsätzlich zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet (vgl. §  630b i. V. m. §  613 S.  1 BGB) – nur dessen Leistung hat demnach Erfüllungswirkung i. S. d. §  267 BGB –,58 auch andere Ärzte wären aber möglicherweise zur Durchführung derselben medizinischen Behandlung in der Lage. Hier ist es freilich im Interesse des Gläubigers, einen neuen Vertrag mit einem bereitwilligeren Schuldner zu schließen. 3. Verpflichtungen zum Unterlassen Die Existenz von Unterlassungspflichten wird zum Teil mit dem Argument bestritten, jedes Unterlassen ließe sich in einem Gebot, mithin in einem Tun erfas55  C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch) (969 f.). Vgl. auch Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  262. 56 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (16): „It […] yokes the parties together in a continuing hostile relationship. The order for specific performance prolongs the battle. An award of damages on the other hand, brings the litigation to an end. The defendant pays damages, the forensic link between them is severed, they go their separate ways and the wounds of conflict can heal“. Ähnlich Schwartz, 89 Yale L. J. (1979), 271 (277). 57 Vgl. Weller, Persönliche Leistungen, S.  69 ff. 58  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.12.2007 – III ZR 144/07, NJW 2008, 987 (Rn.  7); OLG Oldenburg, Urt. v. 14.12.2011 – 5 U 183/11, NJW 2012, 1597 (1598). Siehe ferner Wagner, in: MüKoBGB §  630a Rn.  77; Weller, Persönliche Leistungen, S.  72 ff.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

sen.59 Zugegebenermaßen haben viele Verpflichtungen zum Unterlassen in sprachlicher Hinsicht ein Pendant in Form eines Tuns. So könnte eine Geheimhaltungspflicht das Unterlassen einer Mitteilung oder auch das Tun eines Fürsichbehaltens sein. Dies darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass Inhalt, Charakter und Wesen der Leistung auch nach sprachlicher Umformulierung unverändert bleiben und sich auf eine Untätigkeit beziehen.60 Darüber hinaus lassen sich zwar Verpflichtungen zum Unterlassen in ein Tun umformulieren, umgekehrt gilt dies allerdings nicht.61 Denn ist bspw. der Behandelnde zur Leistung der Behandlung verpflichtet (vgl. §  630 Abs.  1 S.  1 BGB), so könnte zwar gesagt werden, er müsse all dasjenige, das die Behandlung gefährdet, unterlassen, diese Pflicht ist mit derselben zur ordnungsgemäßen Durchführung der Behandlung allerdings keineswegs deckungsgleich. Unterlassungspflichten stellen in der Regel Dauerschuldverhältnisse dar, sodass der Schuldner zumeist nicht lediglich zur einmaligen, sondern während der gesamten Vertragsdauer zur Leistung verpflichtet ist.62 Den Unterlassungspflichten ist deshalb gemeinsam, dass im Falle ihrer Verletzung keine Nachholung möglich ist und, zumindest für die Vergangenheit, sofortige Unmöglichkeit eintritt.63 Ob die Erfüllung damit auch für die Zukunft unmöglich wird, hängt vom Gegenstand des Unterlassungsanspruchs ab. Wurde z. B. eine Geheimhaltungspflicht verletzt, so ist üblicherweise weder die Nacherfüllung für die Vergangenheit möglich noch eine Verurteilung zur Naturalerfüllung für die Zukunft sinnvoll. Eine Nichtbebauungsverpflichtung lässt sich hingegen zukunftsbezogen durchsetzen, indem der Gläubiger auf Abriss eines errichteten Gebäudes klagt. Unterlassungspflichten sind ferner in aller Regel persönliche Leistungspflichten oder beziehen sich zumindest auf eine Person in bestimmter Kapazität, sodass die Leistung üblicherweise nicht von einem anderen als dem Schuldner erbracht werden kann und der Gläubiger ein gesteigertes Interesse an der Naturalerfüllung hat. Die Eigenheiten der Unterlassungspflichten zeigen sich insbesondere im Bereich des Vollstreckungsrechts.64 Zum einen lassen sich diese – insofern existiert kein Unterschied zur Tätigkeitspflicht – nur mittelbar erzwingen. Zum anderen kann der Gläubiger wegen des sofortigen Eintritts der Unmöglichkeit im Verletzungsfall die Erfüllung einer Verbindlichkeit zum Unterlassen nur einklagen und 59 Siehe die Diskussion bei Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, S.  10 ff. m. w. N. 60 Vgl. Köhler, AcP 190 (1990), 496 (499 f.). 61 Vgl. Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, S.  10 ff. 62 Vgl. Köhler, AcP 190 (1990), 496 (516 ff.). 63 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  53. 64 Vgl. Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  19.

C. Die Interessen des Gläubigers im Falle der Leistungsstörung

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vollstrecken, wenn dieser die bevorstehende Störung kennt. Sinnvoll ist die Durchsetzung einer Unterlassungspflicht mithin nur, bevor es zu einer (weiteren) Störung gekommen ist. III. Marktentwicklungen und anderweitige Verfügbarkeit der Leistung Bei der Abwägung des Gläubigers, den Erfüllungszwang anzustreben, ist es von eminenter Bedeutung, ob die geschuldete Leistung anderweitig, etwa durch ein Deckungsgeschäft, eine Ersatzvornahme oder dergl., beschafft werden kann. Ist dies der Fall, so wird sich der Gläubiger selten die Mühe machen wollen, den Schuldner zur Naturalerfüllung anzuhalten,65 denn das Substanzinteresse und damit die Verwendungsinteressen lassen sich häufig zeitnäher, kostengünstiger und effektiver durch eine solche anderweitige Beschaffung realisieren.66 Diese Erwägungen werden in aller Regel im (internationalen) Handelsverkehr ausschlaggebend sein. Sind hingegen keine oder zumindest keine gleichwertigen Alternativen auf dem Markt vorhanden,67 so ist der Gläubiger zur Befriedigung des Verwendungsinteresses auf den Schuldner und damit auf das Anstreben des Erfüllungszwangs angewiesen.68 Sofern sich die Marktlage zwischen Vertragsschluss und Vertragsbruch in quantitativer oder preislicher Hinsicht nicht verändert hat, ist zu bedenken, dass der Gläubiger die Leistung in aller Regel leicht anderweitig beschaffen kann. Dies gilt insbesondere im Falle gleichbleibender Marktpreise. Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, dass die Nichteinhaltung vertraglicher Pflichten bei unveränderten Preisen im Grunde ohne jegliche wirtschaftliche Konsequenz bleibt, denn der Schadensersatz gleicht in einem solchen Fall typischerweise null.69 Der Gläubiger wird vom Vertrag zurücktreten, die Leistung anderweitig beschaffen und es im Übrigen dabei belassen. Anders kann dies etwa dann sein, wenn auf dem Beschaffungsmarkt Engpässe entstehen und/oder sich größere Preissteigerungen ergeben. Hier ist denkbar, dass der Gläubiger die Leistung nicht länger beschaffen kann oder zur Vorfinan65 Vgl.

Müller-Chen, in: JbJZivRWiss 1996, S.  23 (33). Kleinschmidt, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd.  I („Erfüllungsanspruch“), S.  437; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  468. 67  Dies soll wegen zunehmender Produktdifferenzierung immer weniger der Fall sein. Vgl. Schwartz, 89 Yale L. J. (1979), 271 (276): „As product differentiation becomes more common, the supply of products that will substitute precisely for the promisor’s performance is reduced“. 68 Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 1, S.  143. 69 Von den praktisch selten isoliert als Schaden geltend gemachten Transaktionskosten wird einmal abgesehen. Siehe insbesondere Atiyah, Essays on Contract, S.  62: „The fact that lawyers and judges usually become involved in contract disputes only when some loss occurs seems to have obscured the reality that countless breaches of contract do not cause any recoverable loss at all“. 66 Vgl.

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

zierung des höheren Marktpreises, selbst wenn dieser ihm in Form des Schadensersatzes (zeitversetzt) erstattet wird, nicht in der Lage ist. Daraus kann sich u. U. ein gesteigertes Interesse an Erfüllung in natura ergeben. IV. Bedeutung des Leistungszeitpunkts Der Gläubiger will die Leistung typischerweise zum Zeitpunkt der Fälligkeit oder möglicherweise auch noch kurz danach erhalten, sodass er diese für die Befriedigung des Verwendungsinteresses wie geplant einsetzen kann. Riehm bezeichnet dies als „[d]as Interesse am rechtzeitigen bzw. zeitnahen Erhalt der Naturalleistung“ oder auch als „zeitabhängiges Verwendungsinteresse“.70 Hinsichtlich der Bedeutung des Leistungszeitpunkts für den Gläubiger ist zu unterscheiden. Der Leistungszeitpunkt kann aus dessen Sicht ohne Bedeutung sein, sodass sich die Leistung grundsätzlich nachholen lässt. Auf einer mittleren Stufe stehen solche Verträge, bei denen der Zeitpunkt der Leistungserbringung zwar eine gewisse, dennoch keine besonders wichtige Rolle spielt. Wird die Leistung nicht bei Fälligkeit erbracht, kann sie nachgeholt werden und behält der Gläubiger das Interesse am Erhalt der (verspäteten) Leistung. Denkbar ist allerdings, dass der Gläubiger zum Zwecke der Minimierung der Unsicherheit gleichwohl eine Ersatzbeschaffung dem Anstreben der Naturalerfüllung vorzieht. Von besonderer Bedeutung ist der Leistungszeitpunkt schließlich in dem Fall, in dem der Gläubiger das Interesse am Erhalt der Leistung gänzlich verliert, sofern diese nicht bei Fälligkeit erbracht wird.71 Lehrbuchbeispiel ist etwa die Lieferung einer Hochzeitstorte am Tag der Hochzeit.72 Eine anderweitige Beschaffung der geschuldeten Leistung kann in diesem Fall nur dann vorgenommen werden, wenn der Gläubiger bereits vor Fälligkeit erfährt, dass der Schuldner zum vereinbarten Zeitpunkt nicht leisten wird. V. Verhältnis der Interessen zueinander Welcher von diesen Gesichtspunkten letztlich darüber entscheidet, ob der Gläubiger an der Naturalerfüllung des ursprünglichen Vertrags durch den ursprünglichen Schuldner interessiert ist oder einen Ersatzvertrag mit einer anderen Partei schließt und sich im ersten Vertragsverhältnis ggf. mit einem Schadensersatzanspruch zufriedenstellt, kann nicht im Allgemeinen gesagt werden. Vielmehr macht der mit einem Vertragsbruch konfrontierte Gläubiger eine Abwägung im Einzelfall.73 70 

Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  47 ff. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 1, S.  140. 72  Vgl. etwa Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  470. 73  Schwartz, 89 Yale L. J. (1979), 271 (284); „Thus no single factor […] will determine the 71 Vgl.

D. Zusammenführung der Ergebnisse

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VI. Schlussfolgerungen für die praktische Bedeutung der Naturalerfüllung Die eben angestellten Überlegungen lassen sich dahingehend zusammenführen, dass der Gläubiger praktisch häufig kein Interesse an der Naturalerfüllung des Vertrags hat. Zwar strahlt die Ausgestaltung der Rechtsordnungen auf die Abwägung des Gläubigers bereits im Voraus in gewisser Weise aus, gleichwohl ist davon auszugehen, dass sich die geschilderten, doch weitestgehend rechtsunabhängigen, praktisch begründeten Interessen der Parteien im internationalen Vergleich nur unerheblich unterscheiden. Vor diesem Hintergrund ist in der Tat naheliegend, dass das praktische Bedürfnis nach dem Naturalerfüllungsanspruch ebenfalls vergleichbar sein dürfte. Daraus abzuleiten, es gäbe keine praktischen Unterschiede zwischen Common und Civil Law-Rechtsordnungen, wäre allerdings ein eklatanter Fehlschluss. Denn mit dem Bedürfnis nach Naturalerfüllung ist über deren rechtliche Verfügbarkeit noch nichts gesagt. Von Interesse ist im weiteren Verlauf dieser Untersuchung die Frage, ob das Recht die Naturalerfüllung in den Fällen sicherstellt, in denen der Gläubiger nach Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte zum Ergebnis kommt, dass das Anstreben der Naturalerfüllung seine Interessen am ehesten befriedigt. Es geht somit nicht länger darum, ob der Gläubiger nach Abwägung aller Umstände den Erfüllungszwang anstreben wird, sondern diese Studie setzt das Begehren des Gläubigers zur Naturalerfüllung gewissermaßen voraus. Vor diesem Hintergrund stellt sich erneut die Hauptfrage: In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen gewährt das Recht dem Gläubiger (k)einen Naturalerfüllungsanspruch?

D. Zusammenführung der Ergebnisse Verträge werden mit dem Ziel der tatsächlichen Erbringung bzw. des tatsächlichen Erhalts der Leistung geschlossen. Das Substanzinteresse oder performance interest, das kein isoliertes Interesse ist, stellt die Grundlage für die Verwirklichung weiterer mit dem Vertrag verfolgter Interessen dar. Der Gläubiger verfolgt mit der charakteristischen Leistung ein oder mehrere Verwendungsinteresse(n). Das Erreichen bzw. Ausbleiben derartiger Zwecke erlangt aus Sicht des Schuldners erst dann Relevanz, wenn dieser dafür das Vertragsrisiko kraft Vereinbarung oder Gesetzes übernommen hat. Der Schuldner der charakteristischen Leistung hat insbesondere ein Interesse am Erhalt der Vergütung und will mit dem Vertrag darüber hinaus in der Regel parties’ preferences as to remedy in all cases, for the parties’ preferences are context-dependent“. Vgl. auch Dawson, 57 Mich. L. Rev. (1959), 495 (532).

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Kapitel 1:  Die Interessen der Vertragsparteien

einen finanziellen Gewinn erzielen, wofür im Regelfall die Erbringung der Leistung in natura erforderlich ist. Selbst wenn der Vertrag zum Verlustgeschäft wird, kann es aus Gründen der Verlustbeschränkung oder zur Abwendung eines Reputationsverlusts gleichwohl im Interesse des Schuldners sein, die geschuldete Leistung wie vereinbart zu erbringen. In bestimmten Fällen hat der Schuldner darüber hinaus ein eigenes Interesse an der tatsächlichen Erbringung der Leistung. Dies ist dann der Fall, wenn die Durchführung des betroffenen Vertrags in Bezug auf etwaige weitere Verträge, mithin zukunftsbezogen, von besonderer Vorteilhaftigkeit ist. Insgesamt lässt sich festhalten, dass sowohl dem Verwendungsinteresse des Gläubigers als auch dem Vergütungs- und Leistungserbringungsinteresse – zumindest unter der Prämisse freiwilliger Leistungserbringung der anderen Partei – am besten mit der Naturalerfüllung gedient ist. Leistet der Schuldner hingegen nicht freiwillig, so hat der Gläubiger abzuwägen, ob dieser die Leistung zwangsweise erhalten möchte. Bei dieser Abwägung fließt eine Vielzahl praktischer und rechtlicher Gesichtspunkte mit ein. Im Allgemeinen gilt, dass der Erfüllungszwang häufig zeitaufwändig und kostspielig ist und nicht stets eine Aussicht auf Erfolg bietet. Die Art der Leistung ist für die Abwägung des Schuldners ebenfalls von Bedeutung. So lassen sich Verpflichtungen zum Geben häufig ohne größere Schwierigkeiten einklagen und vollstrecken. Anders ist dies bei Tätigkeits- und Unterlassungspflichten, die sich nur mittelbar vollstrecken lassen. Angesichts des erforderlichen Wohlwollens des Schuldners ist insbesondere bei handlungsbezogenen Tätigkeitsverpflichtungen letztlich eine Leistung minderwertiger Qualität zu befürchten. Von erheblicher Relevanz für die Entscheidung des Gläubigers über das Anstreben des Erfüllungszwangs ist der Umstand, ob die geschuldete Leistung auf dem Markt anderweitig beschafft werden kann. Bejahendenfalls lassen sich die Interessen des Gläubigers zumeist schneller, kostengünstiger und effektiver durch den Abschluss eines Deckungsgeschäfts befriedigen. Dies gilt umso mehr, wenn der Leistungszeitpunkt für den Gläubiger von besonderem Interesse ist. Bei unveränderten Marktverhältnissen kann der Schuldner den Vertrag in aller Regel ohne jegliche schadensersatzrechtlichen Folgen brechen. Welcher dieser Gesichtspunkte letztlich ausschlaggebend ist, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und hängt deshalb in hohem Maße von der Abwägung des einzelnen Gläubigers ab. Falls der Gläubiger allerdings nach Abwägung aller Umstände den Naturalerfüllungsanspruch durchsetzen will, stellt sich die Frage, ob das Recht ihm diesen Anspruch gewährt.

Kapitel 2

Dogmatik des Erfüllungsanspruchs In diesem Kapitel soll die Dogmatik des Erfüllungsanspruchs untersucht werden. In rechtshistorischer sowie rechtsvergleichender Hinsicht drängt sich diesbezüglich vor allem eine Kontrastierung auf.1 Einerseits können solche Rechtsordnungen ausgewiesen werden, in denen subjektive Rechte nur dann existieren, wenn das Prozessrecht eine entsprechende Klage bereitstellt. Mangels einer solchen Klagemöglichkeit wird auch die Existenz des subjektiven Rechts selbst in Frage gestellt. Das materielle Recht ist dem Prozessrecht deshalb weitestgehend untergeordnet. Diese Typisierung traf insbesondere auf das klassische römische Recht zu, in dem sich das Begehren des Klägers stets auf eine genau formulierte, prozessuale Klageformel stützen musste, woraufhin der praetor dem Kläger eine actio gewährte.2 In der actio wurden dem iudex zwar ebenfalls materiellrechtliche Tatbestände und Rechtsfolgen vorgegeben, ihre Bedeutung war jedoch hauptsächlich prozessualer Natur.3 Prozessrecht und materielles Recht bildeten somit eine Einheit.4 Eine erstaunliche Ähnlichkeit zum römischen Recht weist die historische Entwicklung des englischen Rechts auf,5 das ebenfalls vom Aktionendenken in Form der writs geprägt war.6 Dass das materielle Recht dem Prozessrecht folgte, kam besonders klar in der Maxime where there is no writ, there is no right oder positiv formuliert ubi remedium, ibi ius zum Ausdruck. Zwar wurden diese forms of action bereits Ende des 19. Jahrhunderts abgeschafft, das Verfahrensrecht hat aber, wie aufzuzeigen sein wird, auch heutzutage noch eine vergleichsweise dominante Stellung.7 1 

Friedmann, in: Cohen/McKendrick, S.  3 arbeitet ebenfalls verschiedene Mischformen heraus. 2  Siehe im Überblick Honsell, Römisches Recht, S.  83 ff.; Wesel, Geschichte des Rechts, S.  175 ff. 3 Vgl. Kaser/Knütel/Lohsse, Römisches Recht, §  4 Rn.  1 ff. 4 Vgl. Honsell, Römisches Recht, S.  83 ff.; Kaser/Knütel/Lohsse, Römisches Recht, §  4 Rn.  1 ff. 5  So auch Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  174 ff. 6 Vgl. Lawson, Remedies of English Law, S.  17 f. Siehe eingehend auch Peter, Actio und writ, S.  51 ff. 7 Vgl. Schmitthoff, JZ 1972, 38 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  175.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Die Entwicklung des gemeinen Rechts lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass sich der dogmatische Schwerpunkt subjektiver Rechte vom Prozesszunehmend in das materielle Recht verschiebt. Coing spricht von einer „Loslösung des Prozeßrechts vom Privatrecht“, sodass „[a]n die Stelle eines Katalogs von Aktionen […] ein System der subjektiven Rechte“ tritt.8 Der Pandektistik gelingt es schließlich, das materielle subjektive Recht von dessen prozessualer Verwirklichung zu trennen und die Einklagbarkeit als eine dem materiellen Recht anhaftende Eigenschaft desselben zu konstruieren. Auf der anderen Seite der oben erwähnten Unterscheidung stehen demnach bei entwicklungsgeschichtlicher Betrachtung solche Rechtsordnungen, die grundsätzlich alle materiellen subjektiven Rechte als einklagbar ansehen und zu denen insbesondere Deutschland aber auch die Niederlande zählen. Da diese pandektistische Anspruchskonzeption ihren Weg in das BGB gefunden hat9 und deshalb für das Verständnis des deutschen Anspruchsbegriffs nach geltendem Recht von erheblicher Relevanz ist, setzt diese Untersuchung bei ihr an.

A. Der Anspruch im deutschen Recht I. Rechtshistorische Hintergründe Für die dogmatische Loslösung der Klage vom materiellen Recht vor der Verabschiedung des BGB sind die Werke verschiedener Autoren maßgeblich. Zunächst wird das von Savigny in seinem „System des heutigen Römischen Rechts“ entfaltete, zu dieser Zeit herrschende Verständnis des Verhältnisses zwischen Recht und Klage besprochen.10 Die endgültige Trennung der beiden erfolgt letztlich im Wege der Kontroverse zwischen Windscheid und Muther. 1. Die Metamorphosentheorie Savignys Bereits Savigny trennte zwischen einem materiellen Recht und seiner prozessualen Geltendmachung11 und stellte dabei maßgeblich auf den Begriff der Rechtsverletzung ab12. Da Savigny die Klagebefugnis als ein Moment „in dem Lebens8 

Coing, in: Coing/Lawson/Grönfors, S.  7 (20). Vgl. auch Zöllner, AcP 190 (1990), 471. Coing, Europäisches Privatrecht, Bd.  II, S.  275. Siehe zu den vorherigen historischen Entwicklungen etwa Rütten, in: FS Gernhuber, S.  939 ff. 10 Vgl. Coing, Europäisches Privatrecht, Bd.  II, S.  274. Siehe näher auch Nörr, in: FS Flume, S.  191 ff.; zur Bedeutung der Historischen Schule für das Aktionenrecht im Allgemeinen Nörr, in: FS Tübinger Juristenfakultät, S.  73 ff. 11 Vgl. Hoffmann, in: Hofmann/Kurz, S.  45 (46); Weller, Die Vertragstreue, S.  378. 12 Vgl. Nörr, in: FS Flume, S.  191; Winkelmann, Der Anspruch, S.  61 ff. 9 Vgl.

A. Der Anspruch im deutschen Recht

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prozeß der Rechte, nicht als Rechte für sich“ und deren Erwachen als eine „Metamorphose, die in jedem selbstständigen Rechte eintreten kann“ verstand,13 wird das savignische Verständnis des Verhältnisses zwischen materiellem und prozessualem Klagerecht auch als Metamorphosentheorie bezeichnet14. Die Metamorphose besteht letztlich darin, dass sich das materielle Recht durch seine Verletzung in ein „neues Rechtsverhältnis“ zum Verletzenden wandelt,15 für das Savigny den Begriff der Klagebefugnis in einer materiellen („Klagerecht“) im Unterscheid zur Klage in einer formellen Bedeutung („Klagehandlung“) verwendet16. Erstere ist die actio, also „das Recht in Zustand seiner Verletzung“.17 Die Klagehandlung i. S. d. Erhebung der Klage und dergl., hingegen, „mit ihren Bedingungen und Formen, gehört in die Lehre vom Prozess“.18 Anders als Windscheid geht Savigny deshalb noch davon aus, dass das Klagerecht im Sinne eines Rechts auf prozessuale Durchsetzung des materiellen Rechts erst in dem Moment einer Rechtsverletzung desselben entsteht.19 Nach einer solchen Verletzung des materiellen subjektiven Rechts „erscheint es uns in einer neuen Gestalt, im Zustand der Vertheidigung“.20 Eine Klage, mit anderen Worten, setzt voraus: „ein Recht an sich, und eine Verletzung desselben“.21 „Fehlt das erste, so ist eine Rechtsverletzung undenkbar; fehlt die zweyte, so kann das Recht nicht die besondere Gestalt einer Klage annehmen.“22 2. Der Anspruch Windscheids Windscheids Relevanz für die Entwicklung der Anspruchsdogmatik besteht insbesondere darin, dass dieser nicht länger die Rechtsverletzung, sondern vielmehr das materielle Recht selbst als Entstehungsgrund für die Klagebefugnis ansieht und infolgedessen den zwischengeschalteten Begriff der actio als „Brücke“23 13 

Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  204, S.  3 Vgl. bspw. Hoffmann, in: Hofmann/Kurz, S.  45 (46); Weller, Die Vertragstreue, S.  379. 15  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  205, S.  5. 16  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  205, S.  6. 17  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  204, S.  2. Vgl. auch Kaufmann, JZ 1964, 482 (488); Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  528 ff.; Nörr, in: FS Flume, S.  191 (192 ff.); Winkelmann, Der Anspruch, S.  62. 18  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  205, S.  5 f. 19 Vgl. Kaufmann, JZ 1964, 482 (488); Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  172 f.; Weller, Die Vertragstreue, S.  378. 20  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  204, S.  2. 21  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  205, S.  6. 22  Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  V, §  205, S.  6. 23 Vgl. Simshäuser, Zur Entwicklung des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozeßrecht seit Savigny, S.  84. 14 

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

zwischen materiellem Recht und Prozess überflüssig macht.24 In einer „epochenmachenden Schrift“25 versucht Windscheid zunächst, die von Savigny vorgetragene, zur damaligen Zeit herrschende Auffassung zu widerlegen, die „unter Klagrecht das durch die Verletzung eines Rechts erzeugte Recht auf gerichtlichen Schutz, dasjenige Recht, in welches sich ein Recht durch seine Verletzung verwandelt“26, verstand.27 Vielmehr, so Windscheid, „ist das Klagerecht nichts als ein Schatten des Rechts, ein Ding, das in diesem aufgeht, nur von ihm sein Leben herleitet“.28 „Wie mögen wir also die Bestimmung der rechtlichen Verhältnisse vom Schatten hernehmen, und nicht vom Wesen?“29 Eine gewisse Rhetorik nicht scheuend betont Windscheid am Ende seiner Schrift, „[d]ie Wissenschaft [habe] keine dringendere Aufgabe, als [die Actionen] in das Grab zu legen, welches sie längst suchen“30, und zwar begleitet von der Forderung, „die Actionen aus unseren Darstellungen des heutigen Rechts [zu verweisen], und […] sie dahin [zu stellen], wohin sie gehören, in die Rechtsgeschichte“31. Die Forderung Windscheids nach der vollständigen Abschaffung des actio-Begriffs stieß auf Kritik, die insbesondere von Muther32 vorgetragen wurde.33 Die Kontroverse scheint zum Teil, worauf auch Windscheid in seiner Abwehr gegen Muther hinweist,34 terminologischer Art zu sein,35 hat allerdings ebenfalls eine inhaltliche Dimension. Zwar erkannte auch Muther an, dass eine Verletzung des 24 Vgl.

Dorn, in: HKK-BGB, §  241 Rn.  18; Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1362 f.; Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  576 ff.; Schmidt, in: FS Jahr, S.  401 (404 f.); Simshäuser, Zur Entwicklung des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozeßrecht seit Savigny, S.  78 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  197; Weller, JZ 2008, 764 (767); Weller, Die Vertragstreue, S.  374 ff.; Zöllner, AcP 190 (1990), 471 (473). 25  Kaufmann, JZ 1964, 482 (488). 26  Windscheid, Die Actio des römischen Zivilrechts, S.  1. Vgl. auch Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  I, §  44, S.  191. 27 Vgl. Simshäuser, Zur Entwicklung des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozeßrecht seit Savigny, S.  71. 28  Windscheid, Die Actio des römischen Zivilrechts, S.  229. 29  Windscheid, Die Actio des römischen Zivilrechts, S.  229 f.; Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  I, §  44, S.  191 sprechen von einem „Rechte der gerichtlichen Verfolgung“ als „die Folge […] statt des Grundes“. 30  Windscheid, Die Actio des römischen Zivilrechts, S.  230. 31  Windscheid, Die Actio des römischen Zivilrechts, S.  231. 32  Muther, Zur Lehre von der Römischen Actio. 33 Vgl. Kaufmann, JZ 1964, 482 (488). 34 Vgl. Windscheid, Die Actio, S.  24 f. 35  Muther wirft Windscheid einen „Mangel aller Schärfe der Begriffsbestimmungen“ sowie einen „Wechsel der Bedeutungen“ vor. Siehe Muther, Zur Lehre von der Römischen Actio, S.  12 ff.

A. Der Anspruch im deutschen Recht

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subjektiven Rechts nicht zu einer Wandlung desselben führt (womit er insoweit die Theorie von Savigny ablehnt), sondern „das alte Recht […] unzweifelhaft unverändert“ fortbesteht36, er hält allerdings an der Bedeutung der von ihm als „Klagrecht“ bezeichneten Klagebefugnis fest und ordnet den Begriff nicht dem Privat-, sondern dem Prozessrecht zu.37 Insofern weicht seine Sichtweise in für die dogmengeschichtliche Entwicklung erheblichen Teilen dem Grunde nach nur graduell von derselben Windscheids ab, sodass auch die Bedeutung Muthers für die Anspruchskonzeption des BGB nicht übersehen werden sollte. In seiner Replik räumt Windscheid daraufhin schließlich ein, dass das Klagerecht, „gefaßt als Recht auf Hülfe des Staates“38, weiterhin Bedeutung hat und er dessen Daseinsberechtigung keineswegs bestreitet,39 dieser Begriff allerdings in der Tat „nicht in das materielle, sondern in das Prozeßrecht“ gehört.40 Für den Begriff des Anspruchs hingegen kommt es nicht darauf an, ob dieser „vom Gerichte“, sondern vielmehr, dass dieser „vom Rechte“ anerkannt wird,41 während „das Gericht dem Rechte gegenüber keine Selbständigkeit […] mehr hat“42 und einen bloßen „Diener des Rechts“43 darstellt. II. Kodifikation des Anspruchs 1. Materielles Recht Das Anspruchsverständnis Windscheids fand seinen Weg in das BGB,44 verteilt über zwei Vorschriften, und zwar zum einen im Verjährungsrecht und zum anderen im Allgemeinen Teil des Schuldrechts. Ein Anspruch ist bekanntlich das 36 

Muther, Zur Lehre von der Römischen Actio, S.  42. Muther, Zur Lehre von der Römischen Actio, S.  40 ff. Vgl. auch Kaufmann, JZ 1964, 482 (488); Winkelmann, Der Anspruch, S.  70 f. 38  Windscheid, Die Actio, S.  26, d. h. „das Element […] des gerichtlichen Schutzes“. Siehe auch Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  I, §  44, S.  189 f. 39  Windscheid, Die Actio, S.  29. Dies betonend auch Bruns, in: Stürner, S.  227 (228). Siehe ferner Kaufmann, JZ 1964, 482 (488); Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  578 f.; Simshäuser, Zur Entwicklung des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozeßrecht seit Savigny, S.  78 f. 40  Windscheid, Die Actio, S.  26. Vgl. auch Raiser, JZ 1961, 465 (466). 41  Windscheid, Die Actio, S.  26. 42  Windscheid, Die Actio, S.  85. 43  Windscheid, Die Actio, S.  25. 44 Vgl. Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1363; Hermann, in: HKK-BGB, §§  194–225 Rn.  20; Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  607 ff.; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  99 ff.; Weller, JZ 2008, 764 (766); Weller, Die Vertragstreue, S.  381 ff. Siehe zur Kodifikationsgeschichte insbesondere Dorn, in: HKK-BGB, §  241 Rn.  31 ff.; Winkelmann, Der Anspruch, S.  74 ff. 37 

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§  194 Abs.  1 BGB). Bei dem Anspruch geht es also darum, die Erbringung der Leistung – notfalls mithilfe des Gerichts und im Anschluss des Vollstreckungsapparats des Staates durch Zwang – durchzusetzen.45 Aufgrund der Einordnung im Allgemeinen Teil des BGB bezieht sich der Begriff auf sämtliche Ansprüche, einschließlich solche dinglicher sowie familien- (vgl. §  194 Abs.  2 BGB) und erbrechtlicher Natur,46 während der Begriff der Forderung (als nominalisierte Form von „fordern“ i. S. d. §  241 Abs.  1 BGB) für obligatorische Ansprüche reserviert bleibt und diese mithin eine Unterart des Anspruchs i. S. d. §  194 Abs.  1 BGB darstellt.47 Die Forderung, mit anderen Worten, ist „der Anspruch des Schuld­ rechts“.48 Da das BGB zwar ein vergleichsweise ausgefeiltes Forderungsrecht bereithält (§§  241 ff. BGB), zum Anspruch aber kaum Vorschriften enthält, werden die Vorschriften, die verschiedene Aspekte der Forderung normieren, weitgehend analog auf den Anspruch angewendet.49 Die dogmengeschichtliche Aussagekraft des heutigen §  241 Abs.  1 BGB (§  241 BGB a. F.) liegt vor allem darin – und hier treten das Windscheid’sche Verständnis, die Ablehnung der Metamorphosentheorie sowie die Überwindung des gemeinrechtlichen Aktionendenkens50 am klarsten hervor –, dass der Gläubiger die Leistung „[k]raft des Schuldverhältnisses“ (Herv. QCL) und damit insbesondere nicht erst nach einer Rechtsverletzung fordern kann, sondern die Klagebefugnis einen materiellrechtlichen Teil des Anspruchs darstellt, die unmittelbar durch das und gleichzeitig mit dem Schuldverhältnis begründet wird.51 45 

Vgl. etwa Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (354 m. w. N.). Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1363; Esser/ Schmidt, Schuldrecht, Bd.  I.1, §  5 I, S.  85. Siehe näher auch Winkelmann, Der Anspruch, S.  318 ff. 47 Vgl. Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  6 f.; Medicus/Petersen, BGB AT, §  11 II Rn.  75; Neuner, BGB AT, §  20 Rn.  29; Olzen, in: Staudinger, §  241 BGB Rn.  113; Schulze, Die Naturalobligation, S.  472; Weller, JZ 2008, 764 (765); Weller, Die Vertragstreue, S.  381; a. A. noch Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1365: „Die Be­ griffe Anspruch und Forderung sind […] identisch“; ebenso S.  1370. Siehe zur Terminologie Windscheids auch Schmidt, in: FS Jahr, S.  401 (405 ff.). 48  Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §  3 I 5, S.  35. Ähnlich Esser/Schmidt, Schuldrecht, Bd.  I.1, §  5 I, S.  85; Neuner, BGB AT, §  20 Rn.  29: „Der Begriff der Forderung steht synonym für schuldrechtliche Ansprüche“. 49 Vgl. Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  6 f.; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §  3 I 5, S.  35; Medicus/Petersen, BGB AT, §  11 II Rn.  75; Neuner, BGB AT, §  20 Rn.  28; Olzen, in: Staudinger, §  241 BGB Rn.  113. 50  Motive, Bd.  I, S.  357: „Das römische Aktionensystem ist der heutigen Rechtsanschauung fremd. Man hat nicht ein Recht, weil man eine Klage hat, sondern eine Klage, weil man ein Recht hat“. 51 Vgl. Albers, ZEuP 2012, 687 (692); Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1363; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  242 f.; Rütten, in: FS 46 Vgl.

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Außer der bloßen Existenz eines Schuldverhältnisses ist die Entstehung des Erfüllungsanspruchs deshalb nicht von weiteren Voraussetzungen, insbesondere nicht vom Vorhandensein einer entsprechenden Klagemodalität abhängig. Wie bereits das Reichsgericht urteilte: „Das Recht des Käufers, von dem säumigen Verkäufer Realerfüllung des Vertrages […] zu verlangen, ist durch den Inhalt des Vertrages von selbst gegeben“.52

§  241 Abs.  1 BGB stellt zwar im Allgemeinen klar, dass der Schuldner aufgrund des Schuldverhältnisses zur Forderung der geschuldeten Leistung befugt ist, die Norm per se begründet allerdings keinen Anspruch.53 Vielmehr ergibt sich der konkrete Anspruch aus den für das jeweilige Schuldverhältnis geltenden Vorschriften. Dem Anspruch, und zwar jedem Anspruch wohnt die Klagebefugnis inne: „Die Klagbarkeit der Rechte ist die selbstverständliche Regel“ (Herv. im. Orig.).54 Lediglich ausnahmsweise fehlt es an dieser, wenn das Gesetz einem Anspruch die Klagbarkeit abspricht,55 wie es dies bei den Naturalobligationen, z. B. bei unvollkommenen Verbindlichkeiten i. S. d. Überschrift des 19. Titels des 8. Abschnitts des 2. Buchs, macht.56 Hier besteht zwar ein Schuldverhältnis, es fehlt allerdings an der Durchsetzbarkeit.57 Dass es sich dabei gleichwohl um eine Verbindlichkeit handelt, zeigt sich insbesondere darin, dass das freiwillig Geleistete nicht kondizierbar ist.58 Dieses Absprechen der Klagbarkeit hat zur Folge, dass von einem Anspruch nicht länger die Rede sein kann. Denn definitorisch setzt der Anspruch die Möglichkeit voraus, etwas „verlangen“ zu können (vgl. §  194 Abs.  1 BGB).59

Gernhuber, S.  939 (940 f.); Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  197 f.; Weller, Die Vertragstreue, S.  381 f. und 389. 52  RG, Urt. v. 02.03.1886 – III 296/85, RGZ 15, 66 (68). Siehe auch BGH, Urt. v. 20.01.2006 – V ZR 124/05, NJW 2006, 1198 (1199 Rn.  20). 53 Vgl. Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  10; Grüneberg, in: Grüneberg, §  241 BGB Rn.  1. 54  Motive, Bd.  I, S.  357. 55  Motive, Bd.  I, S.  357. 56  Siehe dazu ausführlich Schulze, Die Naturalobligation, passim, insbesondere S.  436 ff.; auch Weller, Die Vertragstreue, S.  384 m. w. N.; zu den typischen Erscheinungsformen im Überblick Schreiber, Jura 1998, 270; Schulze, JuS 2011, 193. 57 Vgl. Dorn, in: HKK-BGB, §  241 Rn.  50 ff.; Mansel, in: Jauernig, §  241 BGB Rn.  20. 58  Siehe etwa Dorn, in: HKK-BGB, §  241 Rn.  50; Fuchs, in: FS Medicus, S.  123 (131); Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §  4 V 2, S.  85; Olzen, in: Staudinger, §  241 BGB Rn.  129; Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (357); Schulze, Die Naturalobligation, S.  162 ff. m. w. N.; Wolf, in: FS Herrfahrdt, S.  197 (208 ff.). 59 Vgl. Wolf, in: FS Herrfahrdt, S.  197 (205).

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Die Klagebefugnis oder Klagbarkeit60 hat nicht nur, wie soeben dargelegt, eine materiellrechtliche Bedeutung, sondern wird terminologisch auch für die actio im Windscheid’schen Sinne verwendet.61 Dabei handelt es sich also um „das prozessuale Klagerecht“62 oder das „Klagerecht im öffentlich-rechtlichen Sinne“63. Aus der von Windscheid vollzogenen Trennung zwischen materiellem und prozessualem Klagrecht ergibt sich nämlich die Notwendigkeit eines Anspruchs gegen den Staat auf die Gewährung von Rechtsschutz bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Positionen (sog. Rechtsschutzanspruch64 oder Justiz(gewährungs) anspruch65).66 2. Prozessrecht Dass zwischen dem subjektiven Recht und dessen prozessualer Durchsetzung eine enge Verbindung besteht, zeigt sich etwa darin, dass auch das Prozessrecht zuweilen und bereits vor dem BGB den Begriff des Anspruchs verwendet (etwa in §§  253 Abs.  2 Nr.  2, 255 Abs.  1, 260, 261 Abs.  2, 265 Abs.  1, 322 ZPO).67 Nach hM ist allerdings trotz derselben Begrifflichkeit zu unterscheiden.68 Mit dem Anspruch im prozessrechtlichen Sinne ist vielmehr der Streitgegenstand gemeint, der sich jedenfalls nach hM und der Rechtsprechung des BGH aus dem Begehren in Gestalt des Antrags und dem Lebenssachverhalt zusammensetzt (sog. Theorie vom zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff69).70 Welche materiellrechtlichen Ansprüche für den prozessualen Anspruch in Betracht kommen, 60 Vgl.

Schulze, Die Naturalobligation, S.  632. Siehe näher Weller, Die Vertragstreue, S.  387 ff. 62  Schulze, Die Naturalobligation, S.  632. 63  Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1373. 64 Grundlegend Bülow, ZZP 31 (1903), 191; Hellwig, Anspruch und Klagrecht; Hellwig, Klagrecht und Klagmöglichkeit; Langheineken, Der Urteilsanspruch; Wach, ZZP 32 (1904), 1. Ablehnend etwa Kohler, ZZP 33 (1904), 211. 65  Vgl. etwa BVerfG, Urt. v. 11.06.1980 – 1 PBvU 1/79, NJW 1981, 39 (41); BVerfG, Beschl. v. 30.05.2012 – 1 BvR 509/11, NJW 2012, 2869. 66 Vgl. Bruns, in: Stürner, S.  227 (228 ff.). 67 Vgl. Larenz/Wolf, BGB AT, Rn.  69; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  93 Rn.  1. Siehe näher zum Verhältnis auch Winkelmann, Der Anspruch, S.  213 ff. 68 Vgl. Bruns, in: Stürner, S.  227 (228 f.); Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1368; Esser/Schmidt, Schuldrecht, Bd.  I.1, §  5 I, S.  86; Larenz/Wolf, BGB AT, Rn.  69 f. 69  Vgl. etwa Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  93 Rn.  25. 70  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 17.05.2001 – IX ZR 256/99, NJW 2001, 3713: „Nach der heute herrschenden prozessrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; dieser wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, die sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kl. die begehrte Rechtsfolge herleitet“. Vgl. auch BGH, Beschl. v. 29.06.2006 – III ZB 36/06, NJW-RR 2006, 1502 (Rn.  8). Siehe ferner ausführlich und m. w. N. 61 

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ist in Anbetracht des Grundsatzes ius novit curia auch mangels dahingehender Hinweise des Klägers vom Gericht zu prüfen.71 III. Neuere Ansichten 1. Schuldrechtsreform Die Schuldrechtsreform hat dem Inhalt nach an der bisher erörterten Dogmatik des Erfüllungsanspruchs nichts geändert. §  241 BGB in der bis zur Schuldrechtsreform geltenden Fassung wurde zum jetzigen ersten Absatz der Vorschrift, die darüber hinaus um einen zweiten Absatz über Rücksichtspflichten ergänzt wurde.72 2. Literatur Vereinzelt finden sich in der Literatur der letzten Jahrzehnte noch Stimmen, die „[f]ür mehr Aktionendenken“73 eintreten und im Grunde entsprechend dem vor-Windscheid’schen Verständnis maßgeblich auf die Verletzung eines subjektiven Rechts abstellen wollen.74 Vertreter sind etwa Schmidt75 und Bucher76. Grundlegend nehmen diese Autoren aus realitätsnaher Sicht an, dass der ordnungsgemäß erfüllte Vertrag nicht mit dem Recht in Berührung komme, sondern das Recht erst im Falle der Rechts- oder Vertragsverletzung ebendiese Verletzung zu sanktionieren habe.77 Nach Schmidt habe der Gläubiger zunächst eine Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, Einl. Rn.  69 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  93 Rn.  8 ff.; Seiler, in: Thomas/Putzo, Einl. II Rn.  1 ff. 71 Vgl. Larenz/Wolf, BGB AT, Rn.  74. 72  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  125 f. Siehe auch Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  47 ff., Dorn, in: HKK-BGB, §  241 Rn.  105 ff.; Olzen, in: Staudinger, §  241 BGB Rn.  1; Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (346); Winkelmann, Der Anspruch, S.  99. 73  Bucher, AcP 186 (1986), 1. 74  Siehe im Überblick auch Hoffmann, in: Hofmann/Kurz, S.  45 (47 ff.); Neufang, Erfüllungszwang als ‚remedy’ bei Nichterfüllung, S.  252 ff.; Weller, Die Vertragstreue, S.  394 ff. 75  Siehe insbesondere Schmidt, in: FS Jahr, S.  401 (402). 76 Vgl. Bucher, AcP 186 (1986), 1. 77 Vgl. Schmidt, in: FS Jahr, S.  401 „‚Recht‘ gibt es deshalb nur da, wo überhaupt Streit in einer Gesellschaft entsteht. Solange gesellschaftliche Vorgänge ‚unstreitig‘ ablaufen, ist Recht überhaupt nicht berührt; hier greifen vielmehr andere gesellschaftliche Ordnungsmuster (oder überhaupt keine Ordnungsmuster) ein. Der ‚normal‘ abgeschlossene und erfüllte Kaufvertrag ist deshalb zum Beispiel kein Rechtsproblem, sondern ein gesellschaftlicher Vorgang des Gütertransfers, der auch ohne die Vorstellung eines „dahinterstehenden“ entsprechenden Rechts genauso verliefe“ (Herv. im Orig.). Siehe auch Bucher, AcP 186 (1986), 1 (15): „Da privatrechtliche ‚Normen‘ niemals zwangsläufig, automatisch und von Amtes wegen, sondern nur auf Betreiben der Interessierten durchgesetzt werden, vielmehr ohne Initiative der Berechtigten wesenlos bleiben und ohne Folgen mißachtet werden können, wäre die Annahme der ‚Geltung‘

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Forderung, während der Erfüllungsanspruch vielmehr als „materiellrechtliche Sanktion für die Verletzung der die entsprechenden subjektiven Rechte […] mit konstituierenden Normenordnung“ (Herv. im Orig.) zu verstehen sei.78 In ähnlicher Weise will Bucher vielmehr auf die Sanktionierung und die Durchsetzung des Anspruchs abstellen.79 Fraglich ist allerdings, ob bereits die Grundthese, der freiwillig erfüllte Vertrag habe mit dem Recht nichts zu tun, zutrifft. Diese Ansicht verkennt die normative Aussagekraft des materiellen Rechts.80 Dass Verträge eingehalten werden, ist gerade der Ausstrahlungswirkung des Rechts zu verdanken.81 Auch Huber ist für ein Denken in Rechtsbehelfen und Sanktionen eingetreten.82 Nach dessen Ansicht ist „der schuldrechtliche Erfüllungsanspruch […] nur ein Rechtsbehelf“.83 Huber spricht deshalb von der „Sanktion des Erfüllungsanspruchs“,84 während „Schadensersatz wegen Nichterfüllung als die wirksamere Sanktion“85 anzusehen sei. Viel mehr als die anderen Autoren schließt sich Huber dem traditionellen remedy-Verständnis des englischen Rechts an.86 Demnach sei es „die Rechtsordnung und nicht der Vertrag, die den Erfüllungsanspruch“ erzeuge.87 Recht und Rechtsbehelf sind nach dieser Ansicht nicht deckungsgleich. „Man darf daher den Anspruch auf Erfüllung und die ihn spiegelnde Erfüllungspflicht, die Unterwerfung des Schuldners unter den notfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzenden Erfüllungszwang, und den ihm entsprechenden Gegenanspruch nicht einfach mit dem durch den Vertrag begründeten Schuldverhältnis gleichsetzen.“88 oder ‚Existenz‘ derartiger Normen, wenn diese ‚objektiv‘ […] verstanden würden, realitätsfern“ (Herv. im Orig.). 78  Schmidt, in: FS Jahr, S.  401 (415 ff.). 79  Bucher, AcP 186 (1986), 1 (passim, insbesondere 14 ff.). 80 Vgl. Larenz/Wolf, BGB AT, §  18 Rn.  68 Fn.  34: „[Gegen diese Ansichten] spricht, daß subjektive Rechte in den meisten Fällen, auch ohne daß es zum Prozeß kommt, respektiert werden und damit normativ und faktisch ‚gelten‘“. 81  Dies betonend Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1215; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  429 Fn.  4. 82  Vgl. etwa Huber, AcP 210 (2010), 319 (320): „Die Rechtsbehelfe, die das Gesetz dem Gläubiger für den Fall der unterbliebenen und der mangelhaften Erfüllung zur Verfügung stellt, haben in erster Linie die Funktion, die Verletzung vertraglicher Verbindlichkeiten, vor allem von Verbindlichkeiten aus entgeltlichen Austauschverträgen, mit effektiven Sanktionen zu versehen und auf diese Weise das Prinzip ‚pacta sunt servanda‘ zu verwirklichen und zu stabilisieren“ (Herv. im Orig.). Vgl. auch Huber, in: FS von Caemmerer, S.  837 (838). 83  Huber, in: FS von Caemmerer, S.  837 (846). 84  Huber, AcP 210 (2010), 319 (330). 85  Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 1, S.  144. 86  Vgl. auch Neufang, Erfüllungszwang als ‚remedy‘ bei Nichterfüllung, S.  254. 87  Huber, AcP 210 (2010), 319 (331). 88  Huber, AcP 210 (2010), 319 (331).

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Ganz vereinzelt wird der Erfüllungsanspruch seit der Schuldrechtsreform erneut als Rechtsbehelf angesehen.89 IV. Naturalerfüllung als Primäranspruch 1. Terminologische Vorbemerkung An dieser Stelle ist eine terminologische Klarstellung geboten, denn der Begriff des Primäranspruchs kann in zweierlei Weise verstanden werden. Mit dem Primäranspruch kann zum einen ein solcher Anspruch gemeint sein, der dem Gläubiger in dogmatischer Hinsicht primär zur Verfügung steht und deshalb im Verhältnis zu nachgelagerten, sekundären (und ggf. tertiären usw.) Ansprüchen vorrangig in Betracht kommt.90 Zum anderen kann der Primäranspruch als derjenige Anspruch verstanden werden, der auf Herbeiführung des geschuldeten Zustands, in Bezug auf den Vertrag also auf die Erbringung der versprochenen Leistung, abzielt.91 Sekundäre Ansprüche sind bei dieser Betrachtung deshalb solche, bei denen sich der Gläubiger statt der geschuldeten Leistung mit irgendeinem Ersatz, der zumeist der Herbeiführung eines erfüllungsähnlichen Zustands dient, zufrieden stellen muss.92 2. Naturalerfüllung gemäß §  241 Abs.  1 BGB sowie einigen weiteren Vorschriften Die Primäransprüche im dogmatischen und vertraglichen Sinne decken sich im deutschen Recht. Verträge werden grundsätzlich, d. h. primär, in natura erfüllt, während der Schadensersatz erst nachrangig, d. h. sekundär, wegen einer Verletzung der primären Leistungspflicht an die Stelle der geschuldeten Leistung tritt.93 a) Grundsatz Dogmatisch ergibt sich der Vorrang der Naturalerfüllung in erster Linie aus §  241 Abs.  1 BGB.94 Dies ist dem Wortlaut nach zwar nicht unmittelbar erkennbar, gleichwohl im Schrifttum unumstritten.95 89 Vgl. Kramme, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Vorbem. vor §§  275 ff. BGB Rn.  1 ff., insbesondere 10: „Der Erfüllungsanspruch ist ein Rechtsbehelf unter mehreren“. 90 Vgl. Huber, in: FS von Caemmerer, S.  837 (847), Rütten, in: FS Gernhuber, S.  939 f. 91  So etwa Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  26 f. 92 Vgl. Huber, AcP 210 (2010), 319 (321 f.); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  8; Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  204 ff. 93 Vgl. Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  205 f. 94 Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 2, S.  145; Weller, Die Vertragstreue, S.  106 f. und 391. 95  Vgl. etwa Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  41: „Unsere Rechtsordnung

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Der Grundsatz der Naturalerfüllung kommt ferner in einer Reihe von den §  241 BGB flankierenden Vorschriften des Leistungsstörungsrechts zum Ausdruck.96 §  275 Abs.  1 BGB setzt bspw. die Naturalerfüllung gewissermaßen voraus. Ist nämlich die Leistung unmöglich geworden, so entfällt die Leistungspflicht des Schuldners; gemeint ist die primäre Leistungspflicht.97 Der Vorrang der Naturalerfüllung zeigt sich ferner etwa darin, dass Sekundäransprüche erst nach dem Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen in Betracht kommen können.98 Eine Reihe von Vorschriften schützt somit das Naturalerfüllungsrecht des Schuldners.99 So stehen der Schadensersatzanspruch sowie der Rücktritt grundsätzlich unter der zusätzlichen Bedingung der Fristsetzung (vgl. §§  281 Abs.  1, 323 Abs.  1 BGB) oder der Mahnung (vgl. §  286 Abs.  1 BGB), die es dem Schuldner ermöglichen, die Leistung nachzuholen.100 Ähnliche Zwecke werden im besonderen Schuldrecht mit dem sog. Recht zur zweiten Andienung des Schuldners verfolgt (vgl. etwa §  439 Abs.  1, §  635 Abs.  1 BGB).101 Im Falle der Rückabwicklung eines Vertrags sind die erhaltenen Leistungen in natura zurückzugewähren (§§  346 Abs.  1, 812 Abs.  1 i. V. m. §  818 Abs.  1 BGB). Wertersatz für die erhaltene Leistung kommt erst subsidiär in Betracht (vgl. §§  346 Abs.  2, 818 Abs.  2 BGB). Schließlich finden sich im Sachenrecht diverse Vorschriften, die als Ausprägung des Grundsatzes der Naturalerfüllung verstanden werden können.102 b) Ausnahme des Fixhandelskaufs Für den Fixhandelskauf enthält §  376 HGB eine Sonderregelung, nach der der Gläubiger grundsätzlich lediglich Schadensersatz statt der Leistung verlangen ist von der Vorstellung geprägt, daß der Gläubiger grundsätzlich die geschuldete Leistung selbst verlangen und der Schuldner sich nicht gegen den Willen des Gläubigers durch die Leistung von Schadensersatz von der Obligation befreien kann, solange der Erfüllungsanspruch besteht“. Siehe ferner Ehmann, in: FS Canaris, Bd.  I, S.  165 (169); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  220 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  241 f.; Weller, Die Vertragstreue, S.  106 f.; oben Kap.  2 A. II.1. (S.  35). 96 Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 I 2, S.  145 f. 97 Vgl. Albers, ZEuP 2012, 687 (691 f.); Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  1; Stoll, JZ 2001, 589 (590). Siehe ausführlich unten Kap.  3 A. I.4. (S.  112). 98 Vgl. Huber, AcP 210 (2010), 319 (321). 99 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  22 ff.; aus rechtsvergleichender Sicht auch Markesinis/Unberath/Johnston, The German Law of Contract, S.  400 f. 100  Siehe eingehend Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  243 ff. 101 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  230: „Der Schuldner soll […] auch nach Eintritt der Leistungsstörung noch eine ‚zweite Chance‘ erhalten, die Leistung zu erbringen“. 102  Siehe dazu Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  404 ff.

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kann. Naturalerfüllung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Gläubiger dem Schuldner sofort nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit mitteilt, dass er auf die Erfüllung besteht (vgl. §  376 Abs.  1 S.  2 HGB).103 Die Vorschrift geht auf den auch im englischen Recht verbreiteten Gedanken zurück, dass die Parteien im Handelsverkehr den Vertrag typischerweise sofort beenden möchten, sodass sie anderweitig disponieren können.104 3. Pflichtverletzung als zentraler Begriff des Leistungsstörungsrechts Die Pflichtverletzung ist seit der Schuldrechtsreform der zentrale, in tatbestandlicher Hinsicht einheitliche Begriff des Leistungsstörungsrechts.105 Lediglich §  311a BGB für den Schadens- oder Aufwendungsersatz wegen anfänglicher Unmöglichkeit steht gewissermaßen außerhalb dieses Systems.106 Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn das Verhalten des Schuldners hinter dem Geschuldeten zurückbleibt, und zwar unabhängig von etwaigen Gründen oder Verschulden.107 Der viel kritisierte und umstrittene108 Begriff ist somit eher faktischer und nicht

103 Siehe näher Canaris, Handelsrecht, §  29 Rn.  33; Grunewald, in: MüKoHGB, §  376 Rn.  2 ff.; Leyens, in: Baumbach/Hopt, §  376 HGB Rn.  1 ff. 104  Denkschrift zum HGB, S.  222: „Nach der regelmäßigen Absicht der vertragschließenden Theile soll hier eine verspätete Erfüllung von vornherein ausgeschlossen sein“. Siehe näher Canaris, Handelsrecht, §  29 Rn.  34; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  376 f. 105  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  133 ff. Ernst, in: MüKoBGB, §  280 Rn.  10 spricht von einem „Sammelbegriff der Pflichtverletzung“, von dem eine Reihe verschiedener Fälle (Verzögerung der Leistung, Unmöglichkeit der Leistung, mangelhafte Leistung, positive Vertragsverletzung) erfasst wird. Vgl. auch Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  99 ff.; Grüneberg, in: Grüneberg, §  280 BGB Rn.  1/2; Medicus, NJW 1992, 2384; Stadler, in: Jauernig, Vorbem. §§  275–292 BGB Rn.  6. 106  Vgl. etwa Canaris, JZ 2001, 499 (507); Kohler, AcP 205 (2005), 93; Looschelders, in: FS Canaris, S.  403. 107  BT-Drs. 14/6040, S.  133 f.: „dass [der Schuldner] hinter dem Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses zurückgeblieben ist“; sowie S.  135: „Mit Pflichtverletzung meint die Vorschrift nur ein objektiv nicht dem Schuldverhältnis entsprechendes Verhalten des Schuldners, nicht die Frage, ob der Schuldner dieses Verhalten auch zu vertreten hat“. Vgl. auch Benicke/ Hellwig, NJW 2014, 1697 (1698); Canaris, JZ 2001, 499 (512); Grüneberg, in: Grüneberg, §  280 BGB Rn.  12; Magnus, in: Schulze/Schulte-Nölke, S.  67. 108  Siehe zum von ihm vorgeschlagenen Begriff der Nichterfüllung Huber, Gutachten, Bd.  I, S.  699 ff. und 752 f. sowie zum konkreten Vorschlag S.  779 f.; zustimmend Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  324; kritisch dazu Diederichsen, AcP 182 (1982), 101 (117 ff.); zum späteren Begriff der Pflichtverletzung mit scharfer Kritik Huber, in: Ernst/Zimmermann, S.  31 (93 ff.); kritisch auch Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, S.  43 (59 ff.); Ernst, NJW 1994, 2177 (2180); Schapp, JZ 2001, 583 ff.; Stoll, JZ 2001, 589 (593). Canaris, JZ 2001, 499 (522 f.), hat letztlich eine „Mischung von Nichterfüllungs- und Pflichtverletzungsterminologie“ vorgeschlagen. Siehe näher Looschelders, in: FS Canaris, S.  403 (405).

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

normativer Natur und stellt nach hM109 jedenfalls für Leistungspflichten auf ihre bloße Nichterfüllung ab.110 Die Einheitlichkeit der Pflichtverletzung zeigt sich auf der Rechtsfolgenseite vor allem darin, dass diese den Übergangstatbestand vom Primäranspruch zu sämtlichen Sekundäransprüchen darstellt.111 Ob der Schuldner abgesehen von den Fällen des §  275 Abs.  1, 2 und 3 BGB weiterhin Erfüllung des Primäran­ spruchs verlangen kann, hängt von der Art des Schadensersatzes ab. Schadensersatz neben der Leistung lässt den Primäranspruch naturgemäß unberührt. Sobald der Schuldner hingegen Schadensersatz statt der Leistung verlangt, wird der Primäranspruch durch §  281 Abs.  4 BGB beseitigt.

B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht I. Rechtshistorische Hintergründe Das alte, 1838 in Kraft getretene niederländische OBW stellte im Grunde eine Übersetzung des französischen Cc dar.112 Art.  1374 OBW113 enthielt eine Übersetzung des bekannten Art.  1134 S.  1 Cc a. F.114 und ist mit der französischen Vorschrift nahezu wortgleich. Beide Normen bestimmen kurzweg, dass der rechtmäßig zustande gekommene Vertrag zwischen den Parteien an die Stelle des Gesetzes tritt. Art.  1275 OBW115 bestimmte ferner in Anlehnung an Art.  1142 Cc 109  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  135; Canaris, JZ 2001, 499 (501); Ernst, in: MüKoBGB, §  280 Rn.  16 ff.; Looschelders, in: FS Canaris, S.  403 (412 f.); Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (352 f.); Schwarze, in: Staudinger, §  280 BGB Rn. C1 ff.; Stadler, in: Jauernig, §  280 BGB Rn.  8 ff.; a. A. insbesondere Harke, in: JbJZivRWiss 2001, S.  29 (58); Harke, ZGS 2006, 9 (10); ferner Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  63 f. und 83 f.; Schwab, JuS 2002, 1 (3). 110 Vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, §  280 BGB Rn.  13. Inhaltliche Unterschiede zwischen Pflichtverletzung und Nichterfüllung deshalb relativierend Grüneberg, in: Grüneberg, §  280 BGB Rn.  3. Siehe auch Benicke/Hellwig, NJW 2014, 1697 (1698); Looschelders, in: FS Canaris, S.  403 (405 f.). 111  Dies betonend Looschelders, in: FS Canaris, S.  403 (411). Vgl. auch Magnus, in: Schulze/Schulte-Nölke, S.  67 (69 f.). 112 Vgl. Lokin, ZEuP 2004, 932 (942 ff.); Meijers, Verzamelde privaatrechtelijke opstellen, Bd.  I, S.  45 (47). Siehe zum Recht der Schuldverhältnisse auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  2 f. 113  Art.  1374 OBW: „Alle wettiglijk gemaakte overeenkomsten strekken degenen die dezelve hebben aangegaan tot wet. […]“ 114  Art.  1134 Cc: „Les conventions légalement formées tiennent lieu de loi à ceux qui les ont faites. […]“ 115  Art.  1275 OBW: „Alle verbindtenissen om iets te doen, of niet te doen, worden opgelost

B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht

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a. F.116, dass Verbindlichkeiten zum Tun oder zum Unterlassen im Falle einer Pflichtverletzung durch Schadensersatz abgewickelt werden.117 Das alte niederländische Leistungsstörungsrecht glich somit in für die vorliegenden Zwecke erheblichen Teilen dem französischen Recht, zumindest in der Fassung bis zur französischen Schuldrechtsreform im Jahre 2016118. Im Ergebnis ähnlich wie die französische Cour de cassation119 hat auch der niederländische Hoge Raad nach Kritik an der Vorschrift im Schrifttum120 den Anwendungsbereich des Art.  1275 OBW im Laufe der Zeit zurückgedrängt, indem dieser urteilte, dass Tätigkeits- und Unterlassungspflichten grundsätzlich ebenfalls in natura zu erfüllen sind.121 Die Rechtsprechung hat sich dadurch zunehmend vom Wortlaut der Norm entfernt. Bereits unter dem alten Recht hatte somit die nunmehr zu besprechende Dogmatik des Erfüllungsanspruchs Eingang in das niederländische Recht gefunden.122 II. Begrifflichkeit im geltenden niederländischen Recht Das neue niederländische Recht unterscheidet das materielle Recht einerseits, die Klagebefugnis andererseits – dem Grunde nach in ähnlicher Weise wie das in vergoeding van kosten, schaden en interessen, ingeval de schuldenaar niet aan zijne verpligting voldoet“. 116  Art.  1142 Cc: „Toute obligation de faire ou de ne pas faire se résout en dommages et intérêts en cas d’inexécution de la part du débiteur“. 117 Vgl. Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  78. 118  Ordonnance Nr.  2016-131 v. 10.02.2016. Eine deutsche Übersetzung findet sich bei Sonnenberger, ZEuP 2017, 195. Siehe zur französischen Schuldrechtsreform aus der umfangreichen (rechtsvergleichenden) Literatur etwa Fauvarque-Cosson, ERCL 2017, 337; Helleringer, ERCL 2017, 355; Limbach, GPR 2016, 161; auch die Beiträge in Cartwright/Whittaker, The Code Napoléon Rewritten: French Contract Law after the 2016 Reforms; Bien/Borghetti, Die Reform des französischen Vertragsrechts. 119  Siehe oben Kap.  1 C. II. (S.  22). 120 Vgl. Opzoomer, Het Burgerlijke Wetboek, Bd.  V, S.  87 f., der die Ansicht vertreten hatte, zwischen Verpflichtungen zum Geben und Tun „existiert lediglich ein faktischer, kein juristischer Unterschied. Im Rechtssystem hat die ganze Unterscheidung zwischen Obligationen zum Geben und solchen zum Tun einen scheinbaren, keinen wirklichen Wert. Man könnte ohne einen Nachteil zu erleiden auf sie verzichten“. Orig.: „Er bestaat dus slechts een feitelijk, geen juridisch verschil. In het rechtsstelsel heeft de geheele onderscheiding tusschen de verbintenissen om te geven en die om te doen slechts een schijnbare, geen werkelijke waarde. Men zou haar zonder eenig nadeel te lijden best kunnen missen“. 121 Vgl. HR 18.06.1886, Weekblad van het Recht 48 (1886), 5312 (Van Wageningen/Wichers); HR 23.12.1887, Weekblad van het Recht 50 (1888), 5509 (Hollandsche IJzeren Spoorwegmaatschappij/Staat der Nederlanden); HR 23.06.1899, Weekblad van het Recht 61 (1899), 7302 (Van der Kraan/Van der Spiegel); HR 21.12.1956, NJ 1957, 126 (Meegdes/Meegdes). Vgl. auch Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  125 m. w. N. 122 Vgl. Helmich, NJB 1947, 165.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

deutsche Recht – mit dem spiegelbildlichen Begriffspaar vorderingsrecht bzw. rechtsvordering. Die Termini lassen sich vergleichsweise leicht ins Deutsche übersetzen;123 mit dem materiellen Recht ist das Forderungsrecht (vorderingsrecht) gemeint, während sich der Begriff der Rechtsforderung (rechtsvordering) zumeist auf das prozessuale Fordern des materiellen Rechts, also auf dessen prozessuale Geltendmachung bezieht.124 Der Gesetzgeber ist in terminologischer Hinsicht allerdings nicht stets stringent vorgegangen und auch im Schrifttum werden die Begriffe zuweilen uneinheitlich verwendet.125 1. Forderungsrecht Das Forderungsrecht setzt sich aus dem materiellen subjektiven Recht per se und der als ius agendi bezeichneten Klagebefugnis im materiellen Sinne zusammen126 und deckt sich insoweit mit dem deutschen Begriff des Anspruchs. Die materielle Klagebefugnis entsteht unmittelbar aus dem bloßen Vertragsschluss.127 Der Begriff des Forderungsrechts ist nicht legaldefiniert und wird zum einen mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt verwendet, zum anderen allerdings ebenso durch andere, dem Inhalt nach identische Begriffe ersetzt.128 So wird gelegentlich bloß von einer Forderung oder nur von einem Recht (i. S. d. Zustehens oder Verlangendürfens) gesprochen.129 2. Rechtsforderung a) Grundlagen Während der niederländische Gesetzgeber dem (vollständigen) Anspruchsbegriff i. S. d. Forderungsrechts keine Norm gewidmet hat, enthält das BW zur dem materiellen Recht anhaftenden Klagebefugnis sehr wohl eine Vorschrift.130 Diese 123 Auf

faux-amis sei allerdings an dieser Stelle hingewiesen. Siehe etwa Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (347), bei dem der Begriff des Forderungsrechts gerade mit entgegengesetzter Bedeutung verwendet wird. 124  Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  9. 125  So auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  32 m. w. N.; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  18 f.; zum alten Recht bereits Heemskerk, Vorderingsrecht en rechtsvordering, S.  7. 126 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  32; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  18. Siehe ferner Heemskerk, Vorderingsrecht en rechtsvordering, S.  6 ff. 127 Vgl. Haas, in: Hallebeek/Dondorp, S.  167 (172). 128  Siehe näher Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  32. 129 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  32 m. w. N. 130 Vgl. Haas, in: Hallebeek/Dondorp, S.  167 (168); Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  343.

B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht

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befindet sich im 11. Titel des 3. Buchs des BW, mithin im materiellen Recht,131 welcher die amtliche Überschrift „Rechtsvorderingen“ trägt und gewissermaßen die Brücke zwischen BW und Prozessrecht bildet. Unter der Rechtsforderung wird die prozessuale Geltendmachung des Forderungsrechts verstanden; hier kann also von einer actio gesprochen werden.132 Gemäß Art.  3:296 Abs.  1 BW kann der Schuldner gerichtlich die Erfüllung verlangen. Aufgrund seiner systematischen Stellung im 3. Buch des BW bezieht sich Art.  3:296 Abs.  1 BW, dem Grunde nach ähnlich wie im deutschen Recht, nicht nur auf schuldrechtliche, sondern auch auf dingliche Ansprüche.133 Art.  3:296 Abs.  1 BW: „Es sei denn, aus dem Gesetz, der Natur der Verpflichtung oder einer Rechtshandlung ergibt sich etwa anderes, so wird derjenige, der einem anderen gegenüber verpflichtet ist, etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen, dazu auf Antrag des Berechtigten durch den Richter verurteilt“.134

In den Gesetzesmaterialien heißt es: „Der Entwurf meint, nicht davon absehen zu dürfen, im Allgemeinen anzugeben, welche Rechtsforderungen einer Person zustehen, die dazu berechtigt ist, von einem anderen zu fordern, dass dieser etwas gibt, tut oder unterlässt. Für denjenigen, der den Kern bürgerlicher Rechte in der Rechtsforderung sieht, sodass ohne Rechtsforderung kein bürgerliches Recht anerkannt werden kann, spricht dies für sich. Aber auch wenn man, wie dies der Entwurf tut, nicht die Rechtsforderung als Kern eines jeden bürgerlichen Rechts ansieht, sondern einem bürgerlichen Recht auch unabhängig von der Existenz einer Rechtsforderung Bedeutung zuspricht, selbst dann ist die Bedeutung der Rechtsforderung für denjenigen, der ein Recht hat, derart groß, dass die An- oder Aberkennung im burgerlijk wetboek ihre Grundlage haben sollte“.135 131  Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  893; Stein, RMThemis 1975, 596 (598 ff.); kritisch dazu Heemskerk, Vorderingsrecht en rechtsvordering, S.  26 ff.; Jongbloed, Reële executie in het privaatrecht, S.  275 ff. 132 Vgl. Heemskerk, Vorderingsrecht en rechtsvordering, S.  10; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  18. 133  Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  895; Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  78. 134  Art.  3:296 Abs.  1 BW (Orig.): „Tenzij uit de wet, uit de aard der verplichting of uit een rechtshandeling anders volgt, wordt hij die jegens een ander verplicht is iets te geven, te doen, of na te laten, daartoe door de rechter, op vordering van de gerechtigde, veroordeeld“. 135  Vgl. Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  893 (Orig.): „Het ontwerpt meent zich niet te mogen onthouden van in het algemeen aan te geven welke rechtsvorderingen iemand ten dienste staan, die gerechtigd is van een ander te vorderen, dat hij iets geeft, doet of nalaat. Voor hem, die de kern van burgerlijke rechten in de rechtsvorderingen gelegen acht, zodat zonder rechtsvorderingen geen burgerlijk recht kan erkend worden, spreekt dit vanzelf. Maar ook indien men, gelijk het ontwerpt doet, niet de rechtsvordering als de kern van ieder burgerlijk recht beschouwt, maar aan een burgerlijk recht betekenis toekent onafhankelijk van het bestaan van een rechtsvordering, dan nog is de betekenis van de rechtsvordering voor hem wie een recht toekomt, zo groot, dat een al of niet toekenning in het burgerlijk wetboek haar grondslag moet vinden“.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Das materielle Recht und seine prozessuale Geltendmachung sind so eng miteinander verflochten, dass eine Abspaltung der Rechtsforderung vom Forderungsrecht ausgeschlossen ist. Art.  3:304 BW bestimmt nämlich, dass „[e]ine Rechtsforderung nicht vom Recht, dessen Schutz diese dient, getrennt werden kann“.136 Systematisch ist ferner noch darauf hinzuweisen, dass im Titel über die Rechtsforderung auch die Verjährung geregelt wird (Art.  3:306 ff. BW). Wie im deutschen zeigt sich darin auch im niederländischen Recht die Nähe der Klagebefugnis zum Verjährungsrecht. Auch hier verjährt lediglich die Rechtsforderung, nicht aber das subjektive Recht (sog. schwache Wirkung der Verjährung).137 Art.  3:296 Abs.  1 BW weist nicht den Grund der Verpflichtung aus, sondern setzt schlichtweg voraus, dass eine Person einer anderen gegenüber zu irgendetwas verpflichtet ist, ein materielles Recht also existiert.138 Ein solcher Grund hat sich deshalb für jeden Anspruch aus einer bestimmten Norm materiellen Rechts zu ergeben. Das niederländische Schuldrecht enthält demnach keine dem §  241 Abs.  1 BGB entsprechende Regelung genereller Art.139 Bemerkenswert ist insofern, dass während im niederländischen Schrifttum vereinzelt für die Kodifikation einer solchen Grundsatznorm plädiert wird,140 §  241 BGB a. F. bzw. §  241 Abs.  1 BGB wegen seiner (vermeintlichen) Inhaltsleere wiederholt kritisiert worden ist141. Wie der entsprechende deutsche Begriff der Klagebefugnis sowohl in materiellrechtlicher als auch in prozessrechtlicher Bedeutung verwendet wird, so gilt Ähnliches auch für die Rechtsforderung.142 Bereits Art.  3:296 Abs.  1 BW selbst verwendet den Begriff der Forderung bspw. im prozessualen Sinne der Klagemodalität, wenn dieser für das Urteil durch den Richter einen Antrag (vordering) des Berechtigten verlangt. Um dieselbe Bedeutung handelt es sich bei dem Titel der niederländischen ZPO, die sich Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering nennt. Demgegenüber ist die materielle Klagebefugnis gemeint, wenn das BW im Ver136 

Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  916. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  342. 138 Vgl. Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (14); Haas, in: Hallebeek/Dondorp, S.  167 (169). 139 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  14 ff. 140 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  18 ff.; Stolp, Ontbinding, schadevergoeding en nakoming, S.  255 f.; und im Anschluss an diese Autoren auch Van Nispen, Sancties in het vermogensrecht, S.  25. 141  Vgl. insbesondere Kramer, in: MüKoBGB, 5.  Aufl. 2007, §  241 Rn.  1: „theoretisierende Bestimmung ohne große Aussagekraft“; Grüneberg, in: Grüneberg, §  241 BGB Rn.  7: „Blankettnorm“. Siehe ferner Bachmann, in: MüKoBGB, §  241 Rn.  1; Olzen, in: Staudinger, §  241 BGB Rn.  1; a. A. Weller, Die Vertragstreue, S.  392. 142  Siehe bereits Helmich, NJB 1947, 165 (166 f. m. w. N. zum älteren Schrifttum). Vgl. auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  32. 137 Vgl.

B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht

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jährungsrecht dem Gläubiger eine Rechtsforderung abspricht, während es zudem an dieser im Falle einer natürlichen Verbindlichkeit (natuurlijke verbintenis) fehlt.143 Im älteren Schrifttum wurde die Klagbarkeit als notwendige Voraussetzung einer Verbindlichkeit angesehen und deshalb noch bestritten, dass es sich dabei überhaupt um eine Verbindlichkeit handele.144 Diese Ansicht ist weder in der Rechtsprechung145 noch im späteren Schrifttum146 auf Zustimmung gestoßen. Die niederländische Anspruchskonzeption scheint derzeit im Schrifttum kaum umstritten zu sein. Insgesamt kann festgehalten werden, dass diese bisher im Wesentlichen dem deutschen Recht entspricht. b) Ausnahmen Art.  3:296 Abs.  1 BW nennt allerdings im Unterschied zum deutschen Recht einige Gründe, die zum Ausschluss der Naturalkondemnation führen können. Der Richter kann den Gläubiger nämlich dann nicht zur Naturalleistung verurteilen, wenn sich dies aus dem Gesetz, der Natur der Verpflichtung oder einer Rechtshandlung ergibt. aa) Kraft Gesetzes Das Gesetz verhindert die Verurteilung des Schuldners zur geschuldeten Leistung insbesondere bei der bereits erwähnten Naturalobligation, die gerade als „rechtlich nicht erzwingbare Verbindlichkeit“ (Art.  6:3 BW)147 legaldefiniert ist.148 Ebenso kommt eine Verurteilung nach Eintritt der Verjährung im Falle der Erhebung dieser Einrede nicht länger in Betracht.149 Weitere Beispiele sind etwa die Verletzung einer Rügeobliegenheit (Art.  6:89 BW) oder der Rechtsmissbrauch (Art.  3:13 BW).150 143 Vgl.

Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  14 ff., insbesondere 68 ff. insbesondere Eggens, WPNR 1947/3966, 25 ff.; Schoordijk, Verbintenissenrecht, S.  59 ff. Siehe auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  14 m. w. N. 145  HR 12.03.1926, NJ 1926, 777 (Goudse bouwmeester). Siehe dazu Meijers, in: Verzamelde privaatrechtelijke opstellen, Bd.  III, S.  158 ff. 146 Vgl. Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  9 und 12 ff.; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  15 m. w. N. 147  Art.  6:3 Abs.  1 BW (Orig.): „Een natuurlijke verbintenis is een rechtens niet-afdwing­ bare verbintenis“. 148 Vgl. Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  79; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  344; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  19. Siehe zur niederländischen Vorschrift aus deutscher Sicht Schulze, Die Naturalobligation, S.  228 ff. und 437 f. 149 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  388. 150 Vgl. Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (15); a. A. Van Nispen, Sancties in het vermogensrecht, S.  25. 144  Vgl.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

bb) Kraft Natur der Verpflichtung Kraft Natur der Verpflichtung kommt insbesondere eine Verurteilung zur Erbringung einer höchstpersönlichen Pflicht nicht in Betracht. Die Gesetzesmaterialien erwähnen diesbezüglich den Fall, dass sich ein Autor dazu verpflichtet hat, ein Buch zu verfassen.151 Diese Einschränkung scheint auf vom französischen Recht inspirierte Überlegungen zurückzugehen, die unter der Geltung des alten Rechts angestellt wurden.152 In der älteren Literatur wurde nämlich angenommen, dass die Naturalkondemnation im Falle einer höchstpersönlichen Tätigkeitsverpflichtung deshalb auszuscheiden hat, weil diese einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit des Schuldners darstelle oder sich jedenfalls nicht vollstrecken lasse, sodass es dem Gläubiger an einem Interesse an der Verurteilung fehle.153 Derartige Überlegungen werden im neueren Schrifttum allerdings insoweit als nicht überzeugend zurückgewiesen, als höchstens die Vollstreckung, nicht aber bereits die Verurteilung eine solche Wirkung haben kann.154 Es wird deshalb überwiegend argumentiert, dass Art.  3:296 die Naturalkondemnation einschränkt, obwohl eine Beschränkung der Naturalvollstreckung – ähnlich wie im deutschen Recht155 – gereicht hätte.156 De lege lata ist allerdings problematisch, dass das Zwangsvollstreckungsrecht – in Anbetracht des Art.  3:296 Abs.  1 BW: konsequenterweise – keine normativen Verankerungen dafür bietet, die Naturalerfüllung aus Gründen der Höchstpersönlichkeit der Leistung zu untersagen. Die Anwendung von indirekten Druckmitteln wie dem Zwangsgeld – bei höchstpersönlichen Pflichten kommt eine Ersatzvornahme ohnehin nicht in Betracht – soll allerdings ausgeschlossen sein.157 Vereinzelt wird sogar vertreten, die Naturalverurteilung sowie die Verhängung eines Zwangsgelds auch für höchstpersönliche158 oder jedenfalls persönliche159 Tätigkeitsverpflichtungen zuzulassen.

151 

Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  895 f. So auch Dondorp, RMThemis 2011, 97 (98 ff.); Haas, RMThemis 2010, 162 (164). 153  Siehe zum alten Recht etwa Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  133. 154  Vgl. bereits Drion, RMThemis 1962, 203 (212 f.); ferner Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  75; Haas, RMThemis 2010, 162 (166 f.). 155  Siehe ausführlich unten Kap.  6 A. III.1.b)bb) (S.  248). 156 Vgl. Blaauw, Executiemiddelen, S.  6; Drion, RMThemis 1962, 203 (212 f.); Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  75; Haas, RMThemis 2010, 162 (166 f.); Van Nispen, Sancties in het vermogensrecht, S.  26; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  344. 157  Vgl. etwa Haas, RMThemis 2010, 164 (167). 158 Vgl. Dondorp, RMThemis 2011, 97 (103 f.); Huydecoper, Reële executie, S.  86 f. 159 Vgl. Haas, RMThemis 2010, 164 (168 f.). 152 

B. Forderungsrecht und Rechtsforderung im niederländischen Recht

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cc) Kraft Rechtshandlung Der Gesetzgeber hat schließlich privatautonome Einschränkungen der Naturalerfüllung anerkannt. Ein solcher Ausschluss der Naturalerfüllungspflicht kann sowohl zweiseitig als auch mittels einer einseitigen Rechtshandlung, bspw. im Testament,160 herbeigeführt werden. Diese Einschränkung hat keine große praktische Relevanz. III. Naturalerfüllung als Primäranspruch 1. Naturalerfüllung gemäß Art.  3:296 BW sowie einigen weiteren Vorschriften Das niederländische Recht hat sich ebenfalls klar zur Naturalerfüllung bekannt. Zwar folgt dies nicht unmittelbar aus dem Gesetz,161 der Gesetzgeber geht jedoch davon aus, dass grundsätzlich in natura erfüllt werden soll und hat aus Gründen der Selbstverständlichkeit auf den Erlass einer dahingehenden Norm verzichtet.162 Der Erfüllungsanspruch ist nicht von weiteren Voraussetzungen als dem Vorliegen eines wirksamen Vertrags abhängig. Insbesondere ist für die Geltendmachung des Naturalerfüllungsanspruchs im Gegensatz zu den Sekundäransprüchen nicht erforderlich, dass der Gläubiger dem Schuldner eine Mahnung zukommen lässt.163 2. Unzulänglichkeit der Erfüllung: Vom Primär- zum Sekundäranspruch Der zentrale Begriff des niederländischen Leistungsstörungsrechts stellt die Unzulänglichkeit der Erfüllung (tekortkoming in de nakoming) dar.164 a) Unzulänglichkeit der Erfüllung als wichtigster Fall der Nichtleistung Grundsätzlich ist eine Erfüllung unzulänglich, wenn eine fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht wird.165 In einigen Fällen, insbesondere solchen der vorherigen Leistungsverweigerung durch den Schuldner, macht das Gesetz von der Voraussetzung der Fälligkeit eine Ausnahme (vgl. Art.  6:80 BW). 160 

Vgl. Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  896. De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  3. 162  Vgl. Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  896; Haas, in: Hallebeek/Dondorp, S.  167 f.; Jongbloed, Reële executie in het privaatrecht, S.  282; Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  78; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  343; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) prak­ tijk, S.  35. 163 Vgl. HR 22.05.1981, NJ 1982, 59 (Van der Gun/Farmex). 164 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  317. 165  Vgl. auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  319. 161 Vgl.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Der Begriff umfasst sowohl die Nicht- als auch die Schlechtleistung. Die Unzulänglichkeit der Erfüllung ist somit ein rein faktischer, deskriptiver Begriff.166 Die Unzulänglichkeit der Erfüllung ist der wichtigste Fall der Nichterfüllung (niet-nakoming).167 Letztere umfasst neben der Unzulänglichkeit auch die Fälle der Nichtleistung vor Fälligkeit sowie solche, in denen sich der Schuldner auf ein Leistungsverweigerungsrecht (insbesondere die Einrede des nicht erfüllten Vertrags für synallagmatische Verträge, Art.  6:262 BW) berufen kann.168 In dieser Hinsicht gleicht die Unzulänglichkeit der Erfüllung des niederländischen Rechts bspw. dem deutschen Begriff der Pflichtverletzung,169 denn beide zeigen eine Verwandtschaft zum UN-Kaufrecht, das in Art.  79, 80 von Nichterfüllung spricht170.171 b) Vertragsbruch und Sekundäransprüche Für die Geltendmachung etwaiger Sekundäransprüche ist bloße Unzulänglichkeit der Erfüllung nicht ausreichend. Vielmehr ist zudem erforderlich, dass diese dem Schuldner zugerechnet werden kann, der Schuldner die Pflichtverletzung nach deutscher Terminologie also zu vertreten hat.172 Eine zurechenbare Unzulänglichkeit der Erfüllung wird als Vertragsbruch (wanprestatie) bezeichnet.173 Art.  6:74 Abs.  1 BW „Jede Unzulänglichkeit der Erfüllung einer Verbindlichkeit verpflichtet den Schuldner dazu, den dem Gläubiger daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, es sei denn, die Unzulänglichkeit kann dem Schuldner nicht zugerechnet werden“.174

Kann die Unzulänglichkeit dem Schuldner nicht zugerechnet werden, so wird von höherer Gewalt (overmacht) gesprochen.175

166 Vgl.

Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  318. Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  258. 168 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  320. 169  So auch Smits, in: Remien, S.  117 (121 f.). 170  Vgl. auch Art.  45 Abs.  1 UN-Kaufrecht: „Erfüllt der Verkäufer […] nicht“. Ebenso für den Käufer (Art.  61 Abs.  1 UN-Kaufrecht). 171 Vgl. Magnus, ZEuP 2007, 260 (262 f.); Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  323. 172  Vgl. auch Smits, in: Remien, S.  117 (122). 173  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  258; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  332. 174  Art.  6:74 Abs.  1 BW (Orig.): „Iedere tekortkoming in de nakoming van een verbintenis verplicht de schuldenaar de schade die de schuldeiser daardoor lijdt te vergoeden, tenzij de tekortkoming de schuldenaar niet kan worden toegerekend“. 175 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  332. 167 

C. Rights und remedies im englischen Recht

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C. Rights und remedies im englischen Recht In diesem Abschnitt soll die englische Anspruchskonzeption untersucht werden. Rechtsvergleichend ist in diesem Rahmen vielfach darauf hingewiesen worden, dass das englische System der Rechtsbehelfe gewissermaßen das „Gegenkonzept“176 oder „Gegenmodell“177 im Vergleich zur deutschen und auch zur niederländischen Anspruchsdogmatik darstelle. Die Unterschiede sollen sogar derart grundlegend sein, dass die Rechtsordnungen nicht sinnvoll miteinander verglichen werden können.178 Das remedy stellt einen begrifflichen Eckpfeiler des englischen Anspruchs dar. Trotz dieser prominenten Stellung ist dieses jedoch von Unklarheiten umgeben. Zum Teil liegt dies sicherlich daran, dass sich auch das englische Recht zwar punktuell, nicht aber grundsätzlich mit dem Erfüllungsanspruch im Allgemeinen und insbesondere mit dem remedy beschäftigt hat.179 Wie Burrows schreibt: „The concept of a remedy has rarely been subjected to rigorous analysis. Views may differ as to precisely what one is talking about“.180

Vielmehr findet man vielfach Darstellungen einzelner remedies,181 bspw. für den Fall des Vertragsbruchs (termination, damages, action for an agreed sum, specific performance usw.) oder eines Delikts oder es werden beide gemeinsam je nach Ziel (Kompensation, Restitution oder Bestrafung) behandelt182. Eine nähere Erforschung der Bedeutung und des Inhalts des remedy ist vor diesem Hintergrund dringend geboten, zumal der Begriff, insbesondere unter Einfluss des europäischen Verbraucherrechts, in dem vielfach, sei es mit ver176 

Weller, Die Vertragstreue, S.  392. Rütten, in: FS Gernhuber, S.  939. 178 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  5: „Die für den Erfüllungsanspruch geltenden Grundsätze des englischen Rechts unterscheiden sich so fundamental vom niederländischen Recht, dass es sich zum Teil um unvergleichbare Größen handelt. Die Rechtsvergleichung mit dem englischen Recht hat sich aus diesem Grund als weniger fruchtbar herausgestellt“. Orig.: „De uitgangspunten van het recht op nakoming in het Engelse recht verschillen zo fundamenteel van de uitgangspunten voor het Nederlandse recht, dat het deels onvergelijkbare grootheden betreffen. De rechtsvergelijking met het Engelse recht is dan ook minder vruchtbaar gebleken“. 179 Vgl. Davies, in: Hofmann/Kurz, S.  27 (31): „The language of remedies is often used loosely“; Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (423): „the word [remedy] is frequently and widely employed, often with no pretence to scientific precision“. 180 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  3; Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.01. 181 Vgl. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  23. 182 Bspw. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, passim, insbesondere S.  21. 177 

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

schiedener Bedeutung, von Rechtsbehelfen,183 Abhilfen184 oder sogar einem „Anspruch auf Abhilfen“185 die Rede ist, mittlerweile auch in die kontinentaleuropäische Literatur Eingang gefunden zu haben scheint.186 In der Tat wird mittlerweile auch in Deutschland über ein „German and European ‘Law of Remedies’“ als eigenständiger Untersuchungsgegenstand gesprochen.187 I. Forms of action und writs 1. Ubi remedium, ibi ius Wie eingangs erwähnt, lag dem englischen wie dem römischen Recht ein System zugrunde, in dem das Verfahrensrecht an zentraler Stelle stand. Für die Einklagbarkeit eines subjektiven Rechts waren stets entsprechende forms of action erforderlich, auf deren Grundlage ein writ erteilt wurde.188 Die Klageform war das Vorausgehende, das Recht das Nachkommende, da „[r]ights […] emerged as conceptualizations of the availability of a suitable form of action“.189 Lawson schreibt dazu Folgendes: „Ubi jus ibi remedium: where there’s a right there’s a remedy. To this the realist replies – ubi remedium ibi jus: where there’s a remedy there’s a right. The realist can also appeal to history. The rights that are recognised by law have crystallised around the remedies“.190

Dies hatte u. a. zur Folge, dass sich nicht ein einheitliches System subjektiver Rechte, sondern im Gegenteil ein System verschiedener forms of action, alle mit ihren eigenen Voraussetzungen und Besonderheiten, herausgebildet hat: 183  Vgl. bspw. 14., 53., 60., ErwGr und Art.  6 Abs.  1 lit.  t, Art.  18 Abs.  4 VerbrR-RL; 18. ErwGr Warenhandel-RL. 184  Vgl. bspw. 11. f. ErwGr und Art.  3 Abs.  3 und 5 VerbrGK-RL; 34. ErwGr und Art.  13 Abs.  4 und 6 Pauschalreise-RL 2015; 10., 11., 18., 35., 42., 47., 63., 71. ErwGr und Art.  1, 3 Abs.  7, 9, 10 Abs.  4 und 5, 13, 17 Abs.  2 lit.  a, 25 Warenhandel-RL. 185  41. ErwGr Warenhandel-RL. 186 Vgl. Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1083. 187  Siehe etwa den Band zur Tagung „Exploring Remedies – Impulses for a German and European ‘Law of Remedies’“ von Hofmann/Kurz, Law of Remedies. Vgl. auch Hofmann, JuS 2018, 833 (838). Kritisch wird dies wiederum von englischen Juristen gesehen. Vgl. Davies, in: Hofmann/Kurz, S.  27 (32 ff.): „it is difficult to justify remedies as a ‘stand-alone’ research area. The availability of a remedy is a question of substantive law, and dependent upon the cause of action at issue. There is little to be gained by considering the area of remedies to be distinct on this view“. 188 Vgl. Gordley, ZEuP 1993, 498 (499 f.). 189  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  12. Vgl. auch Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  295: „Substantive law should come first – adjective law, procedural law, afterwards. […] With this opinion I cannot agree“. 190  Lawson, Remedies of English Law, S.  2 f.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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„to a very considerable degree the substantive law administered in a given form of action has grown up independently of the law administered in other forms. Each procedural pigeon-hole contains its own rules of substantive law“.191

2. Judicature Acts Mit den Judicature Acts aus den Jahren 1873 und 1875 wurden die forms of ac­ tion abgeschafft,192 sodass sich jede Klage seitdem gewissermaßen auf eine und dieselbe Klagemodalität stützt. „We can no longer say that English law knows a certain number of actions and no more, or that every action has a writ appropriate to itself; the writ is always the same, the number of possible endorsements is as infinite as the number of unlawful acts and defaults which can give one man an action against another. All this is new. Formerly there were a certain number of writs which differed very markedly from each other.“193

Zwar kennt das englische Recht auch nach den Judicature Acts – ähnlich wie das deutsche Recht – verschiedene Verfahrensarten, derartige „differences of procedure arising out of the character of the various actions […] can now be regarded as mere variations of one general theme – procedure in an action“.194

Das System der forms of action und die writs wurden deshalb zwar abgeschafft, wie Maitland mit einem vielzitierten Satz sagt: „The forms of action we have buried, but they still rule us from their graves“.195

Das englische Recht ist aber in der Tat bis heute stärker als die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen von einem aktionenrechtlichen Denken geprägt.196 Dies kommt insbesondere beim nunmehr zu behandelnden Begriff des remedy zum Tragen, der noch vielfach mit einer solchen historischen Konnotation verwendet wird.

191 

Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  298. Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  302. Siehe zu den historischen Hintergründen etwa Polden, in: The Oxford History of the Laws of England, Bd.  XI, S.  757 ff. 193  Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  299. 194  Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  303. Vgl. auch Letang v Cooper [1965] 1 QB 232 (CA) (243). 195  Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  296. 196  So bspw. auch Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  174; Weller, JZ 2008, 764 (768). 192 Vgl.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

II. Das remedy 1. Bedeutungsübersicht Der Begriff des remedy197 wird im englischen Recht mit vielen verschiedenen Bedeutungen verwendet.198 Ganz im Allgemeinen kann gesagt werden, dass „[a]nything in the law that can be presented as the means of making a trouble better, or warding it off, can be called a remedy“.199

Dabei ist allerdings zu bedenken, dass der Begriff in unterschiedlichen Zusammenhängen und mit unterschiedlichem Inhalt verwendet wird. In der Literatur werden zumindest die folgenden Bedeutungen unterschieden.200 a) Remedy i. S. d. (forms of) action Wie soeben erwähnt und von Maitland prägnant zum Ausdruck gebracht, lässt sich zunächst eine historisch geprägte Verwendung des remedy-Begriffs beobachten: „The term ‘remedy’ is […] used in a way which is closely related to its sense of action or suit, namely, to refer to the availability or existence of a cause of action“.201

Dabei fehlt es dem Begriff jedoch heutzutage aus den dargelegten Gründen an Bedeutungsgehalt.202 Gemeint ist lediglich, dass ein Geschehen rechtliche Folgen auslöst,203 bei deren juristischer Bezeichnung das remedy als „conceptual or linguistic stepping stone“204 dient (z. B. ein deliktisches, vertragliches oder bereicherungsrechtliches remedy). So hat Lord Diplock einen cause of action wie folgt definiert: 197  Vom

Lateinischen remedium. Im Englischen auch relief. Vgl. Oxford English Dictionary, 3.  Aufl. 2009, Stichwort: remedy. Siehe zum etymologischen Hintergrund des Begriffs Birks, 11 K. C. L. J. (2001), 1 (2 f.); Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  8 f. 198 Vgl. Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (423). 199  Birks, 11 K. C. L. J. (2001), 1 (2). Siehe auch Miller, in: Cartwright/Vogenauer/Whit­ taker, S.  141 (149): „the term is […] universally understood as the bundle of legal (or self-help) actions available to the creditor, who wishes to take measures in response to the debtor’s non-performance of his contractual obligation“. 200  Vgl. insbesondere Davies, in: Hofmann/Kurz, S.  27 (31); Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (423 ff.); Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  11 ff. 201  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  12. 202 Siehe Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  50: „This usage is a hangover from the time when forms of action were thought to be remedies in themselves“. Vgl. auch Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (10): „this meaning of ‘remedy’ has become more fluffy“. 203  Dies betonend Smith, in: Essays for Peter Birks, S.  405 (410); Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (424 f.). 204  Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (10).

C. Rights und remedies im englischen Recht

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„A cause of action is simply a factual situation the existence of which entitles one person to obtain from the court a remedy against another person. Historically, the means by which the remedy was obtained varied with the nature of the factual situation and causes of action were divided into categories according to the ‘form of action’ by which the remedy was obtained in the particular kind of factual situation which constituted the cause of action. But that is legal history, not current law“.205

b) Remedy als Folge der Rechtsverletzung bzw. des Eintretens eines korrekturbedürftigen Zustands Von einem remedy wird ferner als Folge der Verletzung eines Rechts gesprochen.206 In Bezug auf das Vertragsrecht weist diese Bedeutung eine Ähnlichkeit zur Metamorphosentheorie Savignys und zur Frage des Entstehungszeitpunkts des Klagerechts auf. Im Falle einer Pflichtverletzung („wrong“207) schafft das Recht demnach in Form eines remedy Abhilfe; „the wrong gives rise to the remedy“.208 Eine großzügigere Ansicht spricht ebenfalls von remedies, wenn zwar keine Verletzung, aber ein solcher Zustand vorliegt, den das Recht für korrekturbedürftig hält. Das Recht reagiert in einem solchen Fall zwar nicht auf ein wrong, sondern auf ein „injustice“209 oder – in der Terminologie Birks’ – auf ein „notwrong“210. Davon sind bspw. auch bereicherungsrechtliche Ansprüche wie die condictio indebiti und insbesondere das indebitum solutum (mistaken payment) erfasst.211 c) Remedies im Verfahrensrecht aa) Verfahrensvorbereitende Maßnahmen als remedy Verschiedene verfahrensvorbereitende Maßnahmen werden gelegentlich ebenfalls als remedies bezeichnet.212 Burrows spricht in diesem Zusammenhang von „[p]re-trial judicial remedies“ und unterscheidet dabei zwischen solchen, die der Vorbereitung des Hauptverfahrens dienen, bspw. der Anordnung einer Offenle-

205 Vgl. Letang v Cooper [1965] 1 QB 232 (CA) (242 f.). Siehe auch Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  12. 206 Vgl. Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (423). 207  Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (8): „[a] wrong is a breach of duty“. 208  Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (13). 209 Vgl. Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (423). 210  Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (passim). 211  Siehe näher Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (13); Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (432); Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  10 f. 212  Kritisch dazu allerdings Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (426 f.).

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

gung (disclosure), und den auf den Schutz des Klägers gegen Verfahrensverzögerung abzielenden remedies.213 bb) Gerichtsentscheidung als remedy Ist ein Recht verletzt worden und wird durch das Gericht in Form eines Urteils Abhilfe geschaffen, so wird zum Teil erst das Urteil selbst als remedy verstanden.214 Das Gerichtsverfahren stellt demnach lediglich den Weg zum remedy dar: „The wrong gave rise to the action as the means or instrument for obtaining the remedy“.215

Dabei wird gelegentlich weiter zwischen Urteilen unterschieden, die ein bereits existierendes Recht nur artikulieren und solchen, in denen das Gericht kraft seines Ermessens ein Recht erst schafft.216 Bei letzteren hat der Kläger gerade kein vorheriges Recht, sondern schöpft das Gericht dieses erst.217 Gemeint sind im Grunde die Leistungs- und Feststellungsklage bzw. Gestaltungsklage im deutschen Sinne. cc) Vollstreckungsrechtliche Maßnahmen als remedy Unter remedies werden schließlich die vollstreckungsrechtlichen Maßnahmen verstanden, mit denen das Urteil des Gerichts effektuiert wird (auch: „post-trial judicial remedies“218). Zum einen sind damit solche Instrumente gemeint, derer sich der Gerichtsvollzieher oder das Gericht selbst zur Beachtung eines bzw. seines Urteils bedienen kann. Leistet der Schuldner bspw. einer ihn zu specific performance verurteilenden Gerichtsentscheidung keine Folge, so kann das Gericht gegen ihn die wegen contempt of court in Betracht kommenden Maßnahmen,219 die gewissermaßen remedies des Gerichts darstellen, verhängen.220 So schreiben Jones/Goodhart diesbezüglich, dass „the court has adequate remedies to compel compliance“ (Herv. QCL).221

Zum anderen ist mit remedy das Ergebnis der vollstreckungsrechtlichen Instrumente, d. h. die tatsächliche Herbeiführung des rechtmäßigen Zustands ge213 

Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.04 ff. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  17 f. 215  Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (15). 216 Vgl. Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (15 ff.); Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  18. 217 Vgl. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  18. 218  Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.05. 219  Siehe dazu ausführlich unten Kap.  6 C. I. (S.  272). 220 Vgl. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  18 ff. 221  Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  1. 214 Vgl.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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meint.222 Dieses Verständnis geht, mit anderen Worten, davon aus, dass erst mit der faktischen Heilung als Ergebnis des gesamten Gerichts- und Vollstreckungsverfahrens von einem remedy die Rede ist. Beide Bedeutungen sind präsent, wenn gesagt wird, dass „the remedy for the defendant’s refusal to vacate the premises was the bailiff’s ejectment of the defendant [als Instrument des Gerichtsvollziehers] and delivery of vacant possession to the claimant [als Ergebnis]“.223

d) Zwischenergebnis Die ausdifferenzierten forms of action, die das englische Recht bis spät ins 19. Jahrhundert beherrschten, wurden zwar abgeschafft, allerdings nicht durch eine einheitliche Dogmatik und Begrifflichkeit ersetzt. Der divergente Bedeutungsgehalt des remedy-Begriffs hat zu dogmatischen Ungereimtheiten hinsichtlich der englischen Anspruchskonzeption geführt. Wie Birks in diesem Zusammenhang schreibt: „All lawyers ought to have an instinctive aversion to terminological confusion. […] Rationality in law depends on careful and well-understood taxonomy, kept under constant critical pressure. The common law is not very good at maintaining this constant taxonomic debate, but the fact that we tend to neglect it does not diminish its importance. […] Multiplication of terminology is always dangerously confusing“.224

2. Systematisierung der remedies a) Self-help und judicial remedies Self-help remedies sind solche, „which are available without coming to court“, während unter judicial remedy „the relief that a person can seek from a court“ verstanden wird.225 Self-help remedies können durchaus dem Recht entstammen, wie es z. B. bei der Aufrechnung (set-off),226 der Liquidierung einer bestellten Sicherheit,227 der Einrede des nichterfüllten Vertrags228 oder etwaigen Zurückbehaltungsrechten (liens)229 der Fall ist. Zwingend ist dies allerdings nicht. So werden in einschlägigen literarischen Darstellungen, sofern sich diese überhaupt mit 222 Vgl.

Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  21 f. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  21. 224  Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (19). 225  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  3. Vgl. auch Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.01. Ähnlich Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, Remedies, S.  1. 226 Vgl. Lawson, Remedies of English Law, S.  38 f. 227 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  49. 228 Vgl. Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  3. 229 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  48 f. 223 Vgl.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

den self-help remedies beschäftigen,230 zum Teil ebenfalls solche außerrechtlicher Art, bspw. die Beschwerde des Gläubigers beim Schuldner oder die Androhung rufschädigender Publizität,231 thematisiert. Den self-help remedies ist jedoch gemeinsam, dass deren Vorhandensein stets von einer gewissen Zufälligkeit abhängt; aufrechnen oder zurückbehalten kann z. B. nur derjenige, der zufälligerweise eine Gegenforderung gegen den Schuldner bzw. dessen Sache unter sich hat. Damit ist selbstverständlich nicht gesagt, dass self-help remedies in diesem breitgefassten Sinne bei praktischer, sozialer und wirtschaftlicher Betrachtung ohne Bedeutung sind. Für die Zwecke dieser Untersuchung sind allerdings vor allem die judicial remedies von Interesse, die sich nicht durch eine Konstellationsabhängigkeit auszeichnen und beim Vorliegen ihrer Tatbestandsmerkmale sämtlichen Gläubigern gleichermaßen zur Verfügung stehen. Innerhalb der Kategorie der judicial remedies werden im englischen Recht weitere Kriterien zur Systematisierung angewendet. So wird zwischen monetary und non-monetary sowie zwischen substitutional und specific remedies unterschieden.232 Dies lässt sich jedoch weitestgehend auf ein übergeordnetes Kriterium zurückführen, und zwar das der Gerichtsbarkeit, in der die remedies entwickelt wurden.233 Von Interesse ist somit in erster Linie die Unterscheidung zwischen legal und equitable remedies. 230 

Bspw. ausgeklammert bei Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  2. Sie werden hingegen thematisiert von Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  43 ff.; Lawson, Remedies of English Law, S.  23 ff. 231 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  44 f. 232  Siehe zu näheren Unterscheidungen, etwa zwischen verschiedenen Klagearten wie der Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsklage, Lawson, Remedies of English Law, S.  12 ff., 231 ff. und 239 ff. Ähnlich auch Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  5. Siehe ferner Beale, Remedies for Breach of Contract, S.  2 ff. 233  Die Unterscheidung zwischen den auf die Zahlung einer Geldsumme abzielenden remedies und solchen, die einen anderen Gegenstand als Geld haben, geht darauf zurück, dass die früheren common law-Gerichte im Vertragsrecht lediglich zur Zahlung einer Geldsumme verurteilten, während non-monetary remedies dem Kläger lediglich in einem equity-Gericht gewährt werden konnten. Vgl. Burrows, in: English Private Law, 21.06; Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  173; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-018. Der dingliche Herausgabeanspruch in Bezug auf Immobilien (ejectment), der ebenfalls als specific anzusehen ist und gerade nicht auf eine Geldzahlung abzielt (vgl. Lawson, Remedies of English Law, S.  15 Fn.  20), kann hingegen auch im common law geltend gemacht werden. Vgl. Swadling, in: English Private Law, Rn.  4.21 ff. m. w. N. Bei der Störung des Eigentums an beweglichen Sachen (trespass to goods) kann das Gericht den Beklagten allerdings grundsätzlich nur zur Schadensersatzzahlung verurteilen, während der Herausgabeanspruch im Ermessen des Gerichts steht (vgl. Sec. 3 (2), (3)(b) Torts (Interference with Goods) Act 1977. Vgl. Harris, in: Harris/ Campbell/Halson, S.  542. Die Differenzierung zwischen monetary und non-monetary remedies steht somit in engem Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen specific und substituti-

C. Rights und remedies im englischen Recht

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b) Legal und equitable remedies aa) Hintergrund Die Abgrenzung zwischen legal remedies (auch: common law remedies oder remedies at law) und equitable remedies hat an erster Stelle einen historischen Hintergrund. Sie stammt nämlich aus einer Zeit, in der bestimmte remedies lediglich von common law courts bzw. vom Court of Chancery gewährt werden konnten.234 Seit der Zusammenfügung beider Gerichtsbarkeiten mittels der Judicature Acts wird mit diesem Begriffspaar zum Ausdruck gebracht, dass ein remedy bei historischer Betrachtung im einen oder anderen Gerichtszweig entwickelt worden ist.235 bb) Relevanz heute und sog. Fusionsthese Die Bedeutung der Unterscheidung der legal von den equitable remedies ist allerdings nicht bloß rechtsgeschichtlicher Art. Sie ist ebenso für das geltende englische Recht relevant, da sich die remedies gerade aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte in verschiedener Hinsicht unterscheiden. Im englischen Schrifttum herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, inwiefern diese Differenzen beibehalten oder die remedies, ganz im Gegenteil, angeglichen werden sollten.236 Manche Autoren messen diesen für das geltende Recht nach

onal remedies. Substitutional remedies beinhalten nämlich die Zahlung eines Schadensersatzes und sind deshalb stets als monetär anzusehen. Vgl. Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.06; Lawson, Remedies of English Law, S.  14; Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  1. Specific remedies sind demnach mit Ausnahme der Zahlung einer vertraglich vereinbarten Geldsumme (action for an agreed sum, vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27002), z. B. des Kaufpreises oder der Rückzahlung eines Darlehens (vgl. Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.166 ff.; Lawson, Remedies of English Law, S.  14) stets nichtmonetärer Natur. Vgl. Lawson, Remedies of English Law, S.  14 und 173. Specific remedies werden gelegentlich auch als literal remedies bezeichnet. Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  24. Siehe im Allgemeinen Lawson, Remedies of English Law, S.  14: „An award of damages, the commonest of all remedies, is clearly a substitute for performance and hence some American authors call it a substitutional remedy. The payment of damages is at best a substitute for the non-performance of a contract […]. On the other hand an order to repay a money loan or to pay a sum due on a cheque is not substitutional but specific. […] The typical specific remedies are an order to the defendant to restore a specific object to the plaintiff, and an order for specific performance of a contract“. Ähnlich auch Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.06. 234 Vgl. Elliott, in: Snell’s Equity, Rn.  14-001; Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  172; Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  63. 235 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  10; Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (2); Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.06. 236  Siehe eingehend Perell, The Fusion of Law and Equity, S.  134 ff.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

wie vor (große) Bedeutung bei,237 von anderen hingegen werden die Unterschiede relativiert238.239 So schreibt Spry in der Einleitung zum Werk „The Principles of Equitable Remedies“, das weitaus mehr als ein Jahrhundert nach dem Inkrafttreten der Judicature Acts lediglich equitable remedies thematisiert, dass diese „provide one of the bases of the legal systems of England and other common law jurisdictions […]. This position obtains as much today as it did under pre-Judicature Act systems, and in the absence of a complete legislative re-casting of substantive and procedural principles and rules it may be expected to continue to obtain in the future“.240

In der Tat betonen die Gegner der sog. Fusionsthese, dass lediglich eine Verschmelzung beider Gerichtsbarkeiten (vgl. Sec. 16 Judicature Act 1873) auf prozessualer Ebene bewerkstelligt worden ist, ein Angleichen des materiellen Rechts allerdings weder vom Gesetzgeber bezweckt wurde noch erforderlich ist.241 Sie plädieren deshalb für eine Weiterführung der materiellrechtlichen Zweigleisigkeit. Wie Ashburner dies 1902 bildlich ausgedrückt hat: „But the two streams of jurisdiction, though they run in the same channel, run side by side and do not mingle their waters. The distinction between legal and equitable claims […] has not been broken down in any respect by recent legislation“.242

237 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  174: „[legal and equitable remedies] remain separate and distinct“; Perell, The Fusion of Law and Equity, passim; Spry, The Principle of Equitable Remedies, passim. 238 Siehe Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (passim); ferner bspw. Sparkes, 8 Oxf. J. Leg. Stud. (1988), 350. Siehe aus der Rechtsprechung auch United Scientific Holdings Ltd v Burnley Borough Council [1978] AC 904 (HL) (925): „to perpetuate a dichotomy between rules of equity and rules of common law which it was a major purpose of the Supreme Court Judicature Act 1873 to do away with, is, in my view, conducive to erroneous conclusions as to the ways in which the law of England has developed in the last hundred years“. 239  Überblick bei Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 ff.; Mason, 110 LQR (1994), 238. 240 Vgl. Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  1. 241  Vgl. bspw. Heydon u. a., in: Meagher, Gummow & Lehane’s Equity, S.  36 ff.: „There was nothing in the Judicature Act which attempted to codify law and equity as one subject matter or which severed the roots of the conceptual distinctions between law and equity. The term ‘fusion’ […] referred to the establishment of the new court […] and the single procedure“ (46). Siehe auch Polden, in: The Oxford History of the Laws of England, Bd.  XI, S.  770: „The main purpose of the Judicature Acts was to effect a fusion of courts, not a fusion of law“. Vermittelnd Perell, The Fusion of Law and Equity, S.  129 ff. 242  Ashburner, Principles of Equity, S.  23.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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Sofern es zu materiellrechtlichen Kollisionen kommt, sollten diese mithilfe der Maxime equity shall prevail243 gelöst werden (Sec. 11 Judicature Act 1873244).245 Burrows hingegen, einer der prominenten Vertreter der Fusionsthese, gesteht zwar ein, dass Unterschiede zwischen law und equity existieren, weist allerdings darauf hin, „that the similarities far outweigh the differences; that the differences are relatively minor; that rationally there is no good reason for the differences; and that nothing would be lost, and some simplicity and rationality would be gained, if one took the small steps necessary to move to a fully fused system of remedies where it would be unnecessary to use the labels common law or equitable“.246

Ganz grundsätzlich wird in Zweifel gezogen, dass zwei unterschiedliche materielle Rechtsgebiete nebeneinander existieren und dieselben Lebensverhältnisse ohne Widersprüchlichkeiten normieren können.247 Burrows, der vielmehr von einer funktionalen Herangehensweise ausgeht und remedies anhand des Ziels kategorisiert,248 nimmt an, dass „legal and equitable remedies perform the same or similar functions“249, und lehnt eine strikte Trennung deshalb ab. Er spricht von „a grave error of some books and courses to perpetuate the historical division by treating equit­ able remedies separately from legal remedies as if they have no connection with each other“.250

Spry hingegen schreibt: „It is […] essential that common law attitudes, which tend towards the formulation of strict and inflexible rules, should not be permitted to limit the ability of courts with equitable jurisdiction to apply their principles in new circumstances and to do justice most nearly in accordance with the requirements of each particular situation“.251 243  Diese

Regel geht auf den berühmten Earl of Oxford’s case (1615) 21 ER 485 zurück. Siehe dazu im Überblick Heydon u. a., in: Meagher, Gummow & Lehane’s Equity, S.  8 f. 244  Derzeit Sec. 49 Senior Courts Act 1981: „(1) Subject to the provisions of this or any other Act, every court exercising jurisdiction in England or Wales in any civil cause or matter shall continue to administer law and equity on the basis that, wherever there is any conflict or variance between the rules of equity and the rules of the common law with reference to the same matter, the rules of equity shall prevail. (2) […]“ 245  Siehe zu dieser Position im Überblick Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (4). 246  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  11. 247  Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. 2002, 1 (5 ff.). 248 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  9 f.; Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.06 ff. So auch Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  30. 249  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  11. 250  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  11. 251  Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  26.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Was von alldem auch zu halten sei, für die Zwecke des besseren Verständnisses des englischen Anspruchs ist es hilfreich, die historischen Unterschiede, die sich, wie auch Burrows zumindest de lege lata eingestehen muss,252 in der Tat auch heutzutage noch bemerkbar machen, näher zu thematisieren. cc) Ermessensspielräume des Gerichts Die legal und equitable remedies unterschieden sich traditionell hinsichtlich der Frage, ob dem Gericht bei der Gewährung des remedy Ermessen (discretion) zusteht. Traditionell wird diese Frage für die legal remedies verneinend, für die equitable remedies hingegen bejahend beantwortet. Equitable remedies sind, so heißt es, „discretionary remedies“253 und es stehe im Ermessen des Gerichts, ob es dem Kläger ein bestimmtes remedy zuerkennt oder verwehrt.254 Legal remedies werden hingegen ohne Weiteres zuerkannt.255 Die Uneinigkeit im Schrifttum darüber, ob historische Unterschiede zwischen legal und equitable remedies beizubehalten sind, bezieht sich insbesondere auf das Ermessen des Gerichts.256 Aus deutscher Sicht wirkt die Diskussion um die Ermessensspielräume, die in der angelsächsischen Literatur in paradigmatischer Hinsicht von Dworkin maßgeblich geprägt worden ist,257 freilich etwas befremdlich. Vielfach werden die Auslegungsbedürftigkeit einer Regel aufgrund ihrer Unbestimmtheit oder aufgrund dessen, dass diese ein Wertungskriterium enthält, und die anschließende Subsumtion des Sachverhalts (sog. weak discretion im Sinne Dworkins) mit reiner Ermessensfreiheit i. S. d. Entscheidens nach dem, was dem Richter im Einzelfall gerecht (equitable) vorkommt (sog. strong discretion in dessen Sinne),258 vermischt.259 Dass dem Richter bei der Wertung der 252 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  11. Ähnlich auch Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  88 f., der ebenfalls die Existenz gewisser Unterschiede anerkennt, allerdings darauf hinweist, dass „the extent of this difference should not be overstated“. 253  Vgl. bspw. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (9). Siehe aus dem Schrifttum Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  88; in Bezug auf specific performance auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  1; Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  63. 254  In Bezug auf specific performance heißt es bspw. bei Campbell, in: Harris/Campbell/ Halson, S.  166: „The discretionary nature of the remedy was not considered to be unfair to [the claimant], since he could always fall back on his common law claim to damages if he failed to obtain specific relief“. 255  Dies betonend Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  175 f. 256  So auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  11. 257 Grundlegend Dworkin, Taking Rights Seriously, S.  48 ff. Siehe zur Einordnung der equit­able remedies in das Modell Dworkins näher Loughlan, 17 Melb. U. L. Rev. (1989), 132. 258  Vgl. dazu Loughlan, 17 Melb. U. L. Rev. (1989), 132 (134 ff. m. w. N.). 259  Siehe auch Hofmann/Kurz, in: Hofmann/Kurz, S.  3 (18 Fn.  82).

C. Rights und remedies im englischen Recht

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Fakten und der Auslegung einer Rechtsregel stets ein gewisses Ermessen zukommt, ist aus Sicht des Civil Law-Juristen eine Selbstverständlichkeit.260 Es ist einer abstrakt-generell gefassten Norm inhärent, dass diese der Anwendung im Einzelfall bedarf.261 Gleichzeitig ist damit nicht gesagt, dass der Richter bei ihrer Anwendung die ihm eröffneten Ermessenspielräume nach Belieben ausgestalten kann. Der Richter, ganz im Gegenteil, ist an Rechtsregeln gebunden und bedient sich bei deren Auslegung der herkömmlichen juristischen Methode.262 Ähnlich verhält es sich im Grunde im englischen Recht.263 Wie bereits Radbruch zutreffend beobachtete: „Auch die Equity ist also keine freisprudelnde, sondern eine juristisch gefaßte Rechtsquelle“.264

In der Tat weist auch die Law Commission darauf hin, dass „[e]quitable remedies share with common law remedies that they are awarded, or refused, in accordance with well-established rules and principles“.265

Die hM im englischen Schrifttum relativiert vor diesem Hintergrund die Bedeutung des richterlichen Ermessens mit zweierlei Zielrichtung. Zum einen weist sie daraufhin, dass dem Richter bei der Gewährung eines common law remedy vielfach ebenfalls große Ermessenspielräume zukommen,266 denn gerade das Schadensersatzrecht zeichnet sich, wie auch in Deutschland beobachtet werden kann (vgl. bspw. §  287 ZPO),267 durch richterliche Wertungsspielräume aus.268 Zum 260  Siehe zum Ganzen Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  99 ff. und 133 ff. 261  Siehe im Einzelnen Honsell, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, A. Rn.  49; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  33. 262  Siehe zum verbleibenden Beurteilungsspielraum des Richters Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  114 ff. 263 Vgl. Davies, in: Hofmann/Kurz, S.  27 (34 ff. m. w. N.). 264  Radbruch, Der Geist des englischen Rechts, S.  45. Ähnlich Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S.  144; a. A. Weller, Die Vertragstreue, S.  421 f. 265  Law Commission, Aggravated, Exemplary and Restitutionary Damages (Nr.  247), Rn.  1.84. So auch Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  501. 266  Vgl. etwa Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (10): „the courts have a wide discretion in deciding the losses to be compensated by damages for common law wrongs“. 267 Vgl. Reichold, in: Thomas/Putzo, §  287 ZPO Rn.  9 ff. Die Schadensbemessung bleibt zudem dem Tatrichter überlassen und die revisionsrechtliche Kontrolle ist beschränkt. Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 (3152 Rn.  12). Siehe auch Saenger, in: NK-ZPO, §  287 Rn.  21; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  115 Rn.  1 ff. und 23. 268 Vgl. Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (2): „It surely cannot be suggested that the law is less certain – that a judge has more discretion – in deciding whether specific performan-

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

anderen wird betont, dass sich im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung bezüglich der equitable remedies eine klare Rechtslage herauskristallisiert hat, sodass derartige remedies dem Kläger den darin entwickelten Maßstäben entsprechend gewährt oder verwehrt werden. Im Schrifttum wird die These insbeson­ dere am Beispiel von specific performance veranschaulicht.269 Bereits Maitland schrieb: „It is used to be said […] that specific performance is a discretionary remedy, but I think that of late years this talk has lost its old meaning, and that the right to specific performance may now be regarded as a right which normally accrues to every contractor when a contract falling within certain recognised classes has been broken. The exceptions have been brought under heads“.270

Das Ermessen des Gerichts bei den equitable remedies bezieht sich somit lediglich auf die Frage, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen und keine Ablehnungsgründe (bars) vorliegen.271 Dies ist letztlich eine Frage der Subsumtion. Burrows weist deshalb zu Recht darauf hin, dass jedes remedy Tatbestandsmerkmale kennt, von deren Vorliegen der Anspruch des Klägers abhängig ist, sodass das Merkmal des Ermessens zur Abgrenzung verschiedener Arten der remedies untauglich ist.272 Reine Ermessensfreiheit existiert hingegen weder im common law noch in der equity.273 ce should be ordered than in deciding, in relation to damages, whether a loss is too remote or whether an intervening cause has broken the chain of causation or whether the claimant has failed in its duty to mitigate its loss“. Ebenso O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-004. 269  Dies wird allerdings von Burrows, 22 Oxf. J. Leg. Stud. (2002), 1 (14 f.) mit dem Argument kritisiert, dass der Vergleich zwischen specific performance und Schadensersatz aufgrund ihrer grundlegend unterschiedlichen Zielrichtungen insgesamt nicht aufgehe. Vielmehr sei der Schadensersatz nach common law mit demselben in equity zu vergleichen. Demnach müsse man die Frage stellen, „whether there are defences that would apply to rule out equitable monetary remedies that would not apply to rule out common law monetary remedies“ (Herv. im Orig.), was zu verneinen sei. 270  Maitland, Equity and the Forms of Action at Common Law, S.  244. 271 Vgl. Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (24); Elliott, in: Snell’s Equity, Rn.  14-002; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-004; Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  92 f.: „How­ ever, it may be very difficult to determine whether the bars block the replicative remedy in a particular fact situation. This is the point at which the judge’s discretion or choice play its role. This is where the real discretion in relation to equitable replicative remedies resides“. 272  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  402: „In truth, the description ‘discretionary’ makes the essentially trivial point that, while there are no bars on damages, which are therefore available as of right for breach of contract […], there are numerous, albeit clearly established, bars to specific performance. The same trivial contrast can be made of all common law, as against equitable remedies for breach of contract“. Relativierend auch Elliott, in: Snell’s Equity, Rn.  14-002. 273  Samuel, Oxf. J. Leg. Stud. 2004, 335 (349): „[O]ne has to admit there is probably a

C. Rights und remedies im englischen Recht

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Im Ergebnis führen die Hervorhebung der Existenz richterlichen Ermessens in Bezug auf common law remedies sowie die Abschwächung der Bedeutung des richterlichen Ermessens hinsichtlich der equitable remedies dazu, dass von wesentlichen Unterschieden zwischen beiden Arten von remedies nicht länger oder jedenfalls kaum noch die Rede sein kann. Festgehalten kann deshalb werden, dass „the principles on which specific performance is granted became definite enough, as certain as those that govern awards of damages“.274

III. Das Verhältnis zwischen substantive rights und remedies Das Verhältnis subjektiver Rechte zu den remedies ließ sich, wie bereits mehrfach gesagt, bis zu den Judicature Acts dahingehend zusammenfassen, dass Rechte nur insoweit existierten, als die Rechtsordnung, insbesondere das Prozessrecht, eine entsprechende action zu deren Verwirklichung bereitstellte. Erst in jüngster Zeit findet man im englischen Schrifttum Untersuchungen, die sich der Klärung des Verhältnisses zwischen subjektiven Rechten und den remedies und der Rationalisierung der englischen Anspruchsdogmatik widmen. Erwähnenswert sind an dieser Stelle insbesondere die Arbeiten von Birks275 sowie das Werk „Remedies Reclassified“ von Zakrzewski. 1. Die Einordnung des remedy in die englische Anspruchsdogmatik a) Das remedy als Begriff des materiellen Rechts Remedies sind der im englischen Schrifttum hM zufolge Teil des materiellen Rechts und sollten insbesondere nicht dem Prozessrecht zugeordnet werden.276 Wie die Pandektistik das gemeinrechtliche, prozessual geprägte Klagerecht aus dem Verfahrens- in das materielle Recht überführte, so gilt Ähnliches auch für das remedy. Damit ist selbstverständlich nicht gesagt, dass das remedy nicht von seiner prozessualen Geltendmachung abhängig ist, wie Lawson darlegt: „The notion of ‘remedy’ is not easily defined, or even disengaged from its surroundings in the substantive law of rights, duties, powers and liabilities, or from the procedural steps that have to be taken in order to obtain a remedy, or, if necessary to enforce it. Moreover, the character, consensus amongst Western lawyers and jurists that a system openly based on discretion in the strong sense of the word would undermine the legitimacy and authority of the idea of law“. 274  Lawson, Remedies of English Law, S.  211. Vgl. auch Burrows, Remedies for Torts, ­Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  402: „the law on specific performance is relatively clear and certain“; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  1. 275  Siehe insbesondere Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1. 276 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  4 f.; Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  50.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

and sometimes even the existence, of a remedy are often determined by the means of enforcing it; to disregard those means entirely would be to leave everything ‘in the air’. […] But my main purpose is to set out what redress a person can obtain, not how he can obtain it“ (Herv. im Orig.).277

b) Das remedy und das Gericht Das remedy hat somit ebenfalls eine gewisse prozessuale Dimension, denn remedy ist „[the] order that the court makes to realize the right“.278 Wozu das Gericht den Schuldner verurteilen kann, ergibt sich allerdings aus dem materiellen Recht. Aus diesem Grund wendet sich Birks gegen die Verwendung der remedy-Terminologie, die insinuiere, letztlich entscheide das Gericht über das remedy.279 Hier zeigt sich erneut die Verflechtung zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht. c) Die Zwitterstellung des remedy Der Schlüssel zum Verständnis der englischen Anspruchsdogmatik liegt letztlich darin, dass right und remedy in inhaltlicher und tatbestandlicher Hinsicht nicht deckungsgleich sein müssen.280 Für den Erfüllungsanspruch i. S. d. specific performance gilt: Aufgrund des Vertrags hat der Gläubiger zwar ein Primärrecht auf Erbringung der geschuldeten Leistung, gleichwohl wird das Gericht nicht in allen Fällen zur Erbringung ebendieser Leistung verurteilen. Denn für specific performance als remedy bedarf es nicht nur eines Vertrags, sondern es müssen ebenfalls weitere Voraussetzungen, darunter in erster Linie die Inadäquanz des Schadensersatzes, vorliegen. Das remedy ist deshalb zwischen materiellem Recht und Prozessrecht angesiedelt.281 2. Substantive rights Das englische Recht unterscheidet ebenso wie das deutsche und niederländische Recht zwischen Primär- und Sekundäransprüchen. Beide sind als Teil des mate277 

Lawson, Remedies of English Law, S. v. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  54. 279 Vgl. Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (24): „We ought therefore to prefer the language of rights, not only because we must choose one way or the other, and not only in order to prevent the destruction of the taxonomy which classifies rights and their causative event, but also as a prophylactic against the rightlessness implicit in discretionary remedialism“. Siehe näher Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (435 f.). 280 Vgl. Smith, in: Essays for Peter Birks, S.  405 (419). 281 Vgl. Dedek, Negative Haftung aus Vertrag, S.  73; Hofmann, JuS 2018, 833 (835); Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  176; Weller, Die Vertragstreue, S.  146 f. 278 

C. Rights und remedies im englischen Recht

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riellen Rechts zu verstehen. Primary rights ergeben sich aus dem Vertrag. Secondary rights knüpfen an die Verletzung der primären Leistungspflicht an.282 Auch in der Rechtsprechung ist diese Unterscheidung zwischen „original rights“ und „substituted rights“ geläufig.283 Die Einführung der Dichotomie in das englische Recht ist maßgeblich von Lord Diplock in einer Reihe von Entscheidungen ab den 1960er Jahren vollzogen worden.284 Darin heißt es: „The primary obligations of the party in default to perform any of the promises made by him and remaining unperformed […] come to an end as does his right to continue to perform. But for his primary obligations there is substituted by operation of law a secondary obligation to pay to the other party a sum of money to compensate him for the loss he has sustained as a result of the failure to perform the primary obligations“.285

a) Primary rights aa) Inhalt des primary right Der Primäranspruch des englischen Rechts i. S. d. primary right wird durch den Vertrag begründet und zielt auf den gegenständlichen Erhalt der Leistung ab.286 Primary rights zeichnen sich somit dadurch aus, dass „they do not arise out of the wrong of breach of contract but through the consent of the parties“.287

Und Birks schreibt: „A wrong is an event which naturally needs a remedy, […]; but a contract is not a wrong and not grievance, and rights ex contractu cannot without extreme artificiality be called remedies“.288 282  Vgl. etwa Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444 (HL) (478): „enforcement may either take the form of requiring a party to perform his primary obligation to the other party under it (specific performance) or, if he has failed to perform a primary obligation, of requiring him to perform the secondary obligation, that arises only upon such failure, to pay monetary compensation (damages) to the other party for the resulting loss that he has sustained“. Siehe auch Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  13: „Substantive rights are of two kinds: primary or secondary […]. A secondary right arises from the legal wrong, a breach of a primary duty. […] A primary right is a right which exists independently of a wrong“. Siehe aus rechtsvergleichender Sicht auch Weller, Die Vertragstreue, S.  139 ff. 283  Hardwick Game Farm v Suffolk Agricultural and Poultry Producers Association Ltd [1966] 1 WLR 287 (CA) (341). Vgl. auch Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  13 ff. 284 Vgl. Dickson, 9 Oxf. J. Leg. Stud. (1989), 441 (446 ff.). 285  Lep Air Services Ltd v Rolloswin Investments Ltd [1973] AC 331 (HL) (350). Vgl. auch Photo Production Ltd v Securicor [1980] AC 827 (HL) (847 ff.); Alfred McAlpine Construction Ltd v Panatown Ltd [2001] 1 AC 518 (HL) (595). 286  Vgl. aus rechtsvergleichender Sicht Weller, Die Vertragstreue, S.  143. 287  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  16. 288  Birks, 20 Oxf. J. Leg. Stud. (2000), 1 (21). Kritisch dazu allerdings Samuel, 24 Oxf. J.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

bb) Existenzberechtigung der primary rights Dass materielle subjektive Rechte überhaupt existieren, geschweige denn rechtliche Anerkennung erfahren können, ist bekanntlich von Holmes bestritten289 und prägnant mit dem folgenden Zitat zum Ausdruck gebracht worden: „The duty to keep a contract at common law means a prediction that you must pay damages if you do not keep it, – and nothing else“.290

In einem früheren Werk hieß es bereits: „The only universal consequence of a legally binding promise is, that the law makes the promisor pay damages if the promised event does not come to pass. In every case it leaves him free from interference until the time for fulfilment has gone by, and therefore free to break his contract if he chooses“.291

Die damit aufgestellte „Haftungsthese“,292 die die Verbindung zwischen Schuld und Haftung293 auflöst und das Wesen der Obligation letztlich lediglich in letzterer sieht, ist im Laufe der Zeit sowohl in der angelsächsischen Literatur als auch im rechtsvergleichenden Schrifttum294 mit verschiedenen Argumenten bestritten worden. Zunächst ist bereits zu Lebzeiten von Holmes darauf hingewiesen worden, dass dessen Aussage keine Stütze im geltenden Recht finde.295 Zudem hat die Theorie insbesondere in England insgesamt keine Gefolgschaft gefunden.296 Der Schuldner hat ferner lediglich eine faktische Wahl; er kann leisten, oder, sofern specific performance nicht in Betracht kommt, Schadensersatz zahlen. Allerdings ist zu bedenken, dass Leg. Stud. (2004), 335 (349): „The common law, which throughout most of its history has classified according to its remedies, seems to have lasted quite well“. 289  Siehe dazu Weller, in: GS Unberath, S.  443 (446 ff.); Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  56. 290  Holmes, 10 Harv. L. Rev. (1897), 457 (462). 291  Holmes, The Common Law, S.  301. 292  Weller, in: GS Unberath, S.  443 (447). 293  Siehe in diesem Zusammenhang näher Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (349 ff.). 294  Siehe bereits Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S.  242 und insbesondere 247 f. 295  Vgl. etwa Pollock, Principles of Contract, S.  192 Fn. (k). Siehe auch Weller, in: GS Unberath, S.  443 (452 m. w. N.). 296 Vgl. Atiyah, Essays on Contract, S.  59: „Holmes’s theory of contract is tolerably well known among contract scholars in England, and has been regarded by virtually all as a brilliant but wholly unsound paradox“. Vgl. auch Webb, 26 Oxf. J. Leg. Stud (2006), 41 (46): „Although it is conceivable that a legal system could have a law of contract which does not provide for an interest in having the contract performed, but which protects merely an interest that the claimant should be compensated for losses caused by the defendant’s failure to provide a promised performance, this is a conception of contract foreign to English law“.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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„‘[p]erform or pay’ and ‘perform or prison’ […] merely describe economic choices; they say nothing about the legal character of these options“.297

In der Tat bestand Holmes’ Anliegen vielmehr darin, die aus seiner Sicht bestehende strikte Trennung zwischen Moral und Recht zu verdeutlichen.298 Nach diesem sog. bad man-approach ist letztlich lediglich die rechtliche Folge menschlichen Handelns relevant, nicht aber dessen moralische Bewertung.299 Insofern ist diese Sichtweise eng mit der sich erst etwa ein Jahrhundert später etablierenden Rechtsökonomik verwandt, die sich der Figur eines rational handelnden, moralisch indifferenten Menschen bedient. In der rechtsvergleichenden Literatur hat die Theorie Holmes’ große Beachtung gefunden. Vielfach wird gesagt: „[d]er Schuldner verspricht nicht eine Leistung, er übernimmt nur die Garantie für ihre Erbringung, indem er für den Fall der Nichterbringung Schadensersatz verspricht“.300 Mit besonderer Klarheit hat dies Rabel hervorgehoben: „Abweichend von den kontinentalen Systemen geht das common law von dem Gedanken aus, daß durch einen schuldrechtlichen Vertrag keine Ansprüche auf Erfüllung begründet werden,

297 

Brooks, 116 Yale L. J. (2006), 568 (572). Holmes, 10 Harv. L. Rev. (1897), 457 (460 ff.). Relativierend insofern Perillo, 68 Fordham L. Rev. (2000), 1085, der argumentiert, Holmes sei oft missverstanden worden. 299 Vgl. Friedmann, in: Cohen/McKendrick, S.  3 (4 f.). In dieser Traditionslinie steht im deutschen Schrifttum etwa Huber, vgl. insbesondere Leistungsstörungen, Bd.  II, S.  139 ff.; AcP 210 (2010), 319. 300  Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S.  158 (vgl. ferner S.  127), siehe aber auch S.  239 ff., auf denen dem Grunde nach ebenfalls zwischen primary und secondary rights unterschieden wird. Ähnlich von Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S.  72: „Das Common Law fasst also den schuldrechtlichen Vertrag stets als eine Art Garantieversprechen auf und gibt einer betroffenen Vertragspartei, sofern dieser ‚garantierte‘ Erfolg nicht eintritt, ausschließlich nur einen Schadensersatzanspruch wegen des Nichteinhaltens der garantierten Leistung“; Maultzsch, AcP 207 (2007), 530 (531): „Die vertraglichen Leistungspflichten stellen hier kein verbindliches Regelungsprogramm dar, sondern sie nehmen die Rolle einer Risikoverteilung im Fall ihrer Nichtbeachtung ein“; Vahle, ZVglRWiss 98 (1999), 54 (62): „In den Commonlaw-Staaten […] ist der primäre Rechtsbehelf der Schadensersatzanspruch. Grund dafür ist das Verständnis vom Leistungsversprechen als ein Garantieversprechen, den Gläubiger schadlos zu stellen, wenn Leistungsstörungen auftreten“; Veldman, WPNR 2001/6455, 727 (728); Vogenauer, in: Triebel u. a., S.  33 (82): „Nach englischem Verständnis hat der Gläubiger gegen den vertragsbrüchigen Schuldner keinen Anspruch (right), sondern nur einen Rechtsbehelf (remedy)“ (Herv. im Orig.); Zweigert/ Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  477 f.: „Daß […] durch den Vertragsabschluß eine rechtlich erzwingbare Verpflichtung zur Erfüllung begründet werde, ist eine dem Common Law durchaus fremde Vorstellung; vielmehr geht man [von der These Holmes’] aus“ (Herv. im Orig.) und S.  501 f.: „Im Unterschied zu den kontinentalen Rechtsordnungen faßt das Common Law den Vertrag grundsätzlich als ein Garantieversprechen auf“ (Herv. im Orig.). 298 Vgl.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

sondern nur Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verletzung der vertraglich übernommenen Obliegenheiten, also wegen Vertragsbruchs (breach of contract)“.301

Neuere Untersuchungen haben allerdings auf das Fehlen eines Grundes für die Haftung auf Schadensersatz hingewiesen. Sollte nämlich entsprechend der Vorstellung Holmes’ keine primäre Leistungspflicht existieren, kann diese ebenfalls nicht verletzt werden, sodass nicht ersichtlich ist, welche Pflichtverletzung den Schadensersatzanspruch begründen soll.302 Auch in faktischer Hinsicht trifft die These Holmes’ in leicht abgewandelter Form303 insoweit nicht zu, als eine Ausgestaltung des Schuldverhältnisses als Alternativschuld oder „disjunktive Obligation“,304 die entweder durch Leistung in natura oder durch Zahlung eines Schadensersatzes erfüllt werden kann („leiste oder zahle“ (Herv. im Orig.)305), nicht zu überzeugen vermag.306 Denn dies entspricht häufig nicht dem Willen der Parteien, die typischerweise an der Erbringung der Substanzleistung interessiert sind.307 Dass das Erfüllungsversprechen einen selbstständigen Wert hat, zeigt sich zudem darin, dass der Eingriff in die Vertragsbeziehung anderer, ähnlich wie im deutschen Recht,308 u. U. deliktische Ansprüche wegen der Verleitung zum Vertragsbruch (inducement of breach of contract) auslösen kann.309 In dem berühmten Fall der Opernsängerin,310 die sich trotz eines existierenden Engagements erneut einem anderen Opernhaus gegenüber verpflichtete, woraufhin der Erstgläubiger specific performance ver-

301 

Rabel, Das Recht des Warenkaufs, Bd.  I, S.  263. So insbesondere Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  206: „Wenn der Schuldner nicht als moralischer Urheber der Verletzung anzusehen ist, ist die Begründung eines auf ein Fehlverhalten gestützten Anspruchs nicht möglich“; sowie S.  227 ff. und S.  331 ff. Siehe ferner Schmidt, in: FS Jahr, S.  401 (414): „Dieser Anspruch [auf Zahlung von Schadensersatz in Geld] ist mit Sicherheit im allgemeinen nicht der Inhalt des Forderungsrechtes“. Vgl. auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  220. A. A. Freund, Erfüllungszwang im Kaufrecht, S.  218 f.; Weller, in: GS Unberath, S.  443 (447). 303 Vgl. Weller, in: GS Unberath, S.  443 (447). 304  Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  225 und 331. Siehe auch Weller, in: GS Unberath, S.  443 (453 f.). 305  Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  225. 306  Kritisch dazu auch Atiyah, Essays on Contract, S.  60; Weller, Die Vertragstreue, S.  120 ff. 307 Vgl. Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  227 ff.; Weller, in: GS Unberath, S.  443 (449 ff.). 308  Siehe näher etwa Ackermann, ZfPW 2018, 27 ff. 309  So auch Freund, Erfüllungszwang im Kaufrecht, S.  216; Weller, in: GS Unberath, S.  443 (454). Siehe eingehend aus rechtsvergleichender Sicht Rauser, Schadensersatz für vorsätzliche Eingriffe in fremde Vertragsbeziehungen, passim und zum Fall S.  13 ff. 310  Siehe dazu unten Kap.  2 C. IV.2.b)bb)(2) (S.  90). 302 

C. Rights und remedies im englischen Recht

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langte,311 wird bspw. häufig das weitere Verfahren zwischen den beiden Theatern übersehen.312 Schließlich zeigt sich die selbstständige Bedeutung des subjektiven Rechts darin, dass der Gläubiger im Falle der Veräußerung einer Immobilie durch den Schuldner an einen Dritten und damit wider den bereits existierenden Vertrag u. U. die mit dieser zweiten Transaktion erwirtschafteten Gewinne abschöpfen kann.313 b) Secondary rights Secondary rights entstehen, wenn eine Primärpflicht verletzt wird, also ein wrong oder breach vorliegt.314 Im Falle des Vertrags besteht der Sekundäranspruch in erster Linie in der Zahlung eines Schadensersatzes. „[A] secondary or remedial right is simply a right which correlates with a duty of a person who has infringed another’s right to answer for that infringement. […] A breach of contract infringes a primary contractual right and generates a secondary right to be paid damages by the contract-breaker.“315

Secondary rights weisen eine gewisse Nähe zu den remedies auf, denn beide werden dem Anschein nach durch die Verletzung einer Pflicht begründet und stellen somit eine Abhilfe gegen die Vertragsverletzung dar. Aus diesem Grund werden secondary rights und remedies häufig synonym verwendet, wie auch das obige Zitat zeigt.316 Dieses Verständnis ist allerdings unrichtig. Denn wie gleich zu zeigen sein wird, ist specific performance zwar ein remedy, nicht aber ein Sekundäranspruch. Denn Sekundäransprüche, insbesondere der Anspruch auf Schadensersatz, werden bzw. wird nicht erst durch das Urteil des Gerichts, sondern durch das materielle Recht begründet. Das Gericht, mit anderen Worten, artikuliert den Inhalt des Sekundäranspruchs lediglich (sog. „replication“317).

311 

Lumley v Wagner (1852) 1 De G M & G 604. Lumley v Gye (1853) 118 ER 749. Siehe aber Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  228 Fn.  90. 313 Vgl. Lake v Bayliss [1974] 1 WLR 1073 (Ch). Siehe näher Boosfeld, Gewinnausgleich, S.  139. 314 Vgl. Smith, in: Essays for Peter Birks, S.  405 (412); Tilbury, in: Essays for Peter Birks, S.  421 (422); Webb, 26 Oxf. J. Leg. Stud (2006), 41 (43). 315  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  165. 316 Vgl. Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  16 m. w. N.: „Secondary rights are commonly called remedies“. Vgl. auch Webb, 26 Oxf. J. Leg. Stud (2006), 41 (44). 317  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  55: „Where the claimant’s substantive right correlates with a duty on the defendant, a remedy may ‘replicate’ the right by restating the defendant’s duty“. 312 

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

„In making an award of damages for breach of contract, the judge does not make an order that transforms a substantive right, the judge merely makes an order that replicates a secondary right which substitutes for or reinforces a primary right.“318

3. Einordnung von specific performance Im rechtsvergleichenden Schrifttum wird häufig davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Naturalerfüllung i. S. d. specific performance eine Folge der Vertragsverletzung ist. So sei „[d]er klagbare Anspruch auf Naturalerfüllung (specific performance) […] ein vom primary right zu unterscheidender Rechtsbehelf (remedy), der erst im Verletzungsfall und nur bei Vorliegen der einschlägigen remedy-Voraussetzungen entsteht“.319 Specific performance sei somit eine „Sanktion einer Rechtsverletzung“.320 Bei richtiger Betrachtung ist specific performance allerdings vielmehr ein unmittelbar aus dem Vertrag stammender Anspruch, also ein primary right.321 Zwar steht dem Gläubiger specific performance in der Tat lediglich unter bestimmten, sogleich zu besprechenden Voraussetzungen zu, eine Vertragsverletzung stellt aber gerade keine solche Voraussetzung dar. Eine Verurteilung zu specific per­ formance ist somit kein secondary right, sondern bei richtiger Betrachtung „an authoritative official restatement of a duty owed by the defendant under a contract“.322

Mit anderen Worten: „a decree of specific performance gives direct effect to a positive primary contractual right“.323

Dass es für specific performance keiner Pflichtverletzung bedarf, ist sowohl im Schrifttum als auch in der Rechtsprechung anerkannt. So schreibt Chen-Wishart:

318 

Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  166. Weller, Die Vertragstreue, S.  393; ähnlich Van Kogelenberg, ERPL 2009, 599 (600): „specific performance […] is a secondary remedy“ (Herv. im Orig.); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  241 f.; Stürner, Europäisches Vertragsrecht, S.  418. 320  Neufang, Erfüllungszwang als ‚remedy‘ bei Nichterfüllung, S.  240. So auch Dedek, Negative Haftung aus Vertrag, S.  73: „Sanktion des Vertragsbruchs“. 321  So auch Weidt, Antizipierter Vertragsbruch, S.  173. 322  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  138. 323  Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  138. Siehe auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  401: „Specific performance is an equitable remedy which enforces a defendant’s positive contractual obligation: that is, it orders the defendant to do what he or she promised to do“; Smith, in: Essays for Peter Birks, S.  405 (409): „The obligation to perform a contract is not an obligation to remedy a wrong of anything else for that matter“; Johnson v Agnew [1980] AC 367 (HL) (393): „if an order for specific performance is sought and is made, the contract remains in effect and is not merged in the judgment for specific performance“. 319 

C. Rights und remedies im englischen Recht

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„The scope of the remedy [of specific performance] is in one respect wider than that of an action for damages, in that specific performance may be ordered even before there has been any breach“.324

Die hM stützt sich insbesondere auf einen älteren Fall, in dem der Kläger vor Fälligkeit der Leistung – und deshalb bevor es zu einer Verletzung der Hauptleistungspflicht gekommen sein konnte – auf specific performance klagte. Der Beklagte machte daraufhin geltend, das Gericht könne mangels eines Vertragsbruchs nicht zur Erbringung der Naturalleistung verurteilen. Der Privy Council war anderer Ansicht: „Their Lordship are of opinion that the fallacy of the submission consists in equating the right to sue for specific performance with a cause of action at law. In equity all that is required is to show circumstances which justify the intervention by a court of equity“.325

Zum Teil wird allerdings zumindest eine drohende Pflichtverletzung bei Fälligkeit verlangt, obwohl „there is no authority which positively hold that proposi­ tion to be correct“.326 Diese Voraussetzung scheint allerdings vielmehr das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers zu betreffen, das auch im deutschen und niederländischen Recht bei der Einklagbarkeit eines Anspruchs, d. h. bei der prozessualen Klagebefugnis, eine Rolle spielt. Wie noch zu zeigen sein wird, lassen nämlich auch jene Rechtsordnungen – wie das englische Recht – die Klage vor Fälligkeit nur ausnahmsweise zu.327 Aus einer neueren Entscheidung geht hervor, dass der Gläubiger nicht nur vor Fälligkeit auf specific performance klagen, sondern das Gericht vor diesem Zeitpunkt bereits Verfügungen erlassen kann, die der Sicherstellung der Erbringung der Leistung bei Fälligkeit dienen.328 In dem Fall handelte es sich um die Reali324  Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-012. Siehe ferner etwa Jones/Good­ hart, Specific Performance, 1.  Aufl. 1986, S.  2: „The court will not compel specific performance before the contract date arrives. But the right to sue for specific performance may arise before that time“. Vgl. auch O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-003; Webb, 26 Oxf. J. Leg. Stud (2006), 41 (50). Siehe bereits Williams, The Contract of Sale of Land, S.  132: „The cause of action – this is action for specific performance – therefore, is not a breach of the contract […], but it is the duty considered in equity to be incumbent on the defendant of actually doing what he promised by the contract to perform. It follows that a breach of the contract by one party thereto is not necessarily a condition precedent to the other party’s obtaining an order for its specific performance“. 325  Hasham v Zenab [1960] AC 316 (PC) (329). Vgl. auch Marks v Lilley [1959] 1 WLR 749 (Ch) (753 f.); Zucker v Tyndall Holdings plc [1993] 1 All ER 124 (CA) (131). 326  Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  237. Vgl. auch Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  501; Smith, in: Essays for Peter Birks, S.  405 (409). 327  Siehe ausführlich unten Kap.  2 D. III. (S.  104). 328  Airport Industrial GP Ltd v Heathrow Airport Ltd [2015] EWHC 3753 (Ch) (Rn.  109): „it is not necessary for [the claimant] to wait until [the contract date] before it is able to bring a claim for specific performance“.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

sierung verschiedener Parkplätze am Londoner Flughafen Heathrow. Deutlich war, dass die Fertigstellung des Projekts eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen würde, während der Schuldner seinerseits nicht das Nötige in die Wege geleitet hatte. Unter diesen Umständen hielt sich das Gericht für befugt, bereits vor Fälligkeit die Durchführung bestimmter für die Erbringung der vollständigen geschuldeten Leistung erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.329 Zusammenfassend kann also festgehalten werden: „[I]t is not an essential prerequisite of specific performance that the defendant is in breach of contract. Rather an action for specific performance is based on the mere existence of the contract, coupled with circumstances which make it ‘equitable’ to grant a decree. But, in practice, it is a breach of contract, actual or threatened, that renders it ‘equitable’ to grant specific performance“.330

Dass die Pflichtverletzung auch im englischen Recht kein Tatbestand für die Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs ist, sollte indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass specific performance, wie nun zu zeigen sein wird, sehr wohl von anderen, dem niederländischen und deutschen Recht fremden Voraussetzungen abhängig ist. IV. Specific performance zur Verwirklichung des primary right 1. Specific performance im Allgemeinen Specific performance ist traditionell, so heißt es in einschlägigen literarischen Darstellungen, ein „exceptional remedy“,331 in dem Sinne, dass sie dem Kläger lediglich ausnahmsweise zur Verfügung steht. Während die common law courts den Beklagten im Falle des Vertragsbruchs stets zur Zahlung einer Geldsumme verurteilen konnten, wurde specific performance in der equity-Rechtsprechung entwickelt.332 Historisch lässt sich diese Einschränkung darauf zurückführen, dass equity im Verhältnis zum common law eine nachgelagerte und ergänzende Funktion hatte.333 Die Gewährung von specific performance war und ist deshalb von zusätzlichen Voraussetzungen und Gesichtspunkten abhängig, von denen die 329 Vgl.

Airport Industrial GP Ltd v Heathrow Airport Ltd [2015] EWHC 3753 (Ch) (Rn.  113 ff.). 330 Vgl. Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.183. 331  Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  166; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  1. 332 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  166; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  1 ff.; Lawson, Remedies of English Law, S.  174 f. und 211; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-018; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  502. 333 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  402; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  167; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  31. Siehe aber auch Hazeltine, in: FS Kohler, S.  67 ff.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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Inadäquanz des Schadensersatzes (inadequacy of damages) das wichtigste Kriterium darstellt.334 a) Inadäquanz des Schadensersatzes als Hauptvoraussetzung Das Gericht wird den Schuldner traditionell nicht zu specific performance verurteilen, wenn Schadensersatz eine adäquate Abhilfe (adequate remedy)335 oder jedenfalls keine inadäquate Abhilfe (inadequate remedy)336 darstellt.337 Ob das Kriterium in positiver oder negativer Formulierung anzuwenden ist, scheint nicht abschließend geklärt zu sein. Die hM im Schrifttum und die Rechtsprechung tendieren zum ersten Maßstab.338 Schadensersatz stellt eine adäquate Abhilfe dar, wenn dem Gläubiger eine anderweitige Beschaffung der Leistung möglich ist, die im Vergleich zur geschuldeten Leistung eine gewisse Vergleichbarkeit bzw. Austauschbarkeit aufweist und ihn deshalb gleichermaßen befriedigt, d. h. als satisfactory equivalent angesehen werden kann.339 Der Schadensersatz beläuft sich in diesem Fall auf die Differenz zwischen der vertraglichen vereinbarten Gegenleistung und dem Marktpreis der vergleichbaren Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsbruchs, an dem der Gläubiger die Ersatzbeschaffung aufgrund seiner Schadensminderungsobliegenheit (duty to mitigate) tätigen sollte.340 aa) Anderweitige Verfügbarkeit Praktisch stellt sich deshalb häufig die Frage, ob ein Markt existiert, auf dem die Leistung frei verfügbar ist, sodass eine Ersatzbeschaffung (leicht) getätigt werden kann.341 Für eine Vielzahl von im regulären Wirtschaftsverkehr gehandelten 334  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  402 spricht von „the primary restriction“. Siehe auch Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  166; Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-015; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  61 ff. 335 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (11); Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  31; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-019. 336 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  166; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-007. 337  Offenlassend Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  514. 338 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (11); Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  31; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-019. 339 Vgl. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-020. 340 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  167 f. 341 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  168.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Waren dürfte ein solcher Markt in der Tat vorhanden sein,342 zumal das englische Recht die Vergleichbarkeit einer anderweitig zu erlangenden Leistung vergleichsweise schnell bejaht. So muss der Gläubiger u. U. erhebliche Wartezeiten ertragen. In Societe des Industries Metallurgiques (sic!) v The Bronx Engineering hatte sich der Verkäufer zur Lieferung einer Maschine verpflichtet, blieb aber säumig, woraufhin der Käufer specific performance verlangte. Trotz der vom Verkäufer vorgetragenen Tatsache, dass die Lieferzeit im Falle einer Ersatzbeschaffung etwa neun bis zwölf Monate betragen würde, sah das Gericht den Schadensersatz als adäquate Abhilfe an und wies es die Klage ab.343 In Anbetracht eines anderen, die Lieferung von Öl betreffenden Falls drängt sich eine gewisse Widersprüchlichkeit zur soeben besprochenen Entscheidung auf. Rohstoffe sind beinahe das Lehrbuchbeispiel für am Markt gehandelte Gattungssachen. Wegen der Ölkrisen der 1970er Jahre kam es allerdings zu Engpässen und daher zu Lieferproblemen. Daraufhin nahm der Käufer den Öllieferanten auf Naturalerfüllung in Anspruch. Das Gericht gab der Klage bemerkenswerterweise – genus non perit – statt.344 Tragender Grund für diese Entscheidungen war insbesondere, dass der Käufer wegen der Knappheit des Öls keinen anderen leistungsbereiten Anbieter gefunden hätte und deshalb seine Tätigkeiten hätte einstellen müssen. Dies hätte dem Käufer zufolge in schwer quantifizierbaren Folgenschäden resultiert. In der Literatur wurde jedoch darauf hingewiesen, dass – wenn die Prämisse, es sei nirgendwo zusätzliches Öl vorhanden, zutreffe –, die Fortsetzung der Lieferungen an den Kläger notwendigerweise zulasten anderer Abnehmer des Verkäufers gehen würde, sodass das Gericht das Problem im Grunde nur verlagert habe.345 bb) Einzigartigkeit der geschuldeten Leistung (1) Allgemein Schadensersatz stellt jedenfalls dann keine adäquate Abhilfe dar, wenn für die geschuldete Leistung wegen ihrer Einzigartigkeit (uniqueness) keine Alternativen existieren.346 In einem solchen Fall kann der Gläubiger naturgemäß nicht auf 342 Vgl.

Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-020 f. Societe des Industries Metallurgiques SA (sic!) v The Bronx Engineering Co Ltd [1975] 1 Lloyd’s Rep 465 (CA). 344  Sky Petroleum Ltd v VIP Petroleum Ltd [1974] 1 WLR 576 (Ch). Kritisch auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  405 f.; Campbell, in: Harris/ Campbell/Halson, S.  174. 345  Vgl. bspw. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  174 f. 346 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  403; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-009. 343 Vgl.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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den Markt verwiesen werden. Lehrbuchbeispiel sind in diesem Zusammenhang Kunstobjekte, bspw. besondere Porzellantöpfe.347 (2) Kommerzielle Einzigartigkeit Zudem sprechen die englischen Gerichte dem Gläubiger specific performance bei kommerzieller Einzigartigkeit (commercial uniqueness) zu.348 Dabei handelt es sich um Leistungen, die zwar nicht im wahrsten Sinne einmalig sind, sondern bei denen eine anderweitige Beschaffung derart schwierig wäre, dass diese nicht ohne erhebliche Störung der Geschäftsabläufe des Gläubigers getätigt werden könnte.349 In einer australischen, ebenfalls in Darstellungen zum englischen Recht zitierten Entscheidung wurde bspw. die Naturalerfüllung für den Verkauf eines Taxis mit einer nicht frei erhältlichen Taxilizenz angeordnet.350 Ähnlich lagen die Dinge beim Verkauf eines Schiffs, das bestimmte, für den Käufer bedeutsame Baumerkmale aufwies, während vergleichbare Schiffe zwar existierten, allerdings nicht käuflich waren.351 Dieser Fall ist ausweislich einer anderen Entscheidung allerdings nicht derart zu verstehen, dass Schiffe (wie etwa Grundstücke352) stets eine Einzigartigkeit aufwiesen, sodass dem Gläubiger ein Anspruch auf specific performance zustünde.353 (3) Unbewegliche Sachen Der Grundstückskauf nimmt für die Zwecke von specific performance eine besondere Stellung ein.354 Die englische Rechtsprechung geht nämlich davon aus, dass Grundstücke und Immobilien stets einmalig („unique“355) sind.356 Das 347 Vgl. Falcke v Gray (1859) 4 Drew 651. Siehe auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  404; Bridge, The Sale of Goods, Rn.  11.102; Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-020 ff.; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  144 ff. 348  Vgl. etwa Sky Petroleum Ltd v VIP Petroleum Ltd [1974] 1 WLR 576 (Ch). Siehe im Rahmen des Torts (Interference with Goods) Act 1977 auch Howard E Perry Co Ltd v British Railways Board [1980] 1 WLR 1375 (Ch) (1382 f.). Der Begriff geht auf Treitel, JBL 1966, 211 (215) zurück. Vgl. auch Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  172. 349 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  405 f. 350  Dougan v Ley (1946) 71 CLR 142. 351 Vgl. Behnke v Bede Shipping Co Ltd [1927] 1 KB 649 (KB) (661). 352  Siehe dazu gleich Kap.  2 C. IV.1.a)bb)(3) (S.  79). 353 Vgl. C N Marine Inc. v Stena Line A/B and Regie voor Maritiem Transport (The Stena Nautica) [1982] 2 Lloyd’s Rep 336 (CA). 354  Lawson, Remedies of English Law, S.  212 spricht vom „typical case where damages are inadequate“. 355  Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  31. 356 Vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-017; Lawson, Remedies of

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Grundstück habe für den Käufer typischerweise einen „peculiar and special value“ und etwaige vergleichbare Objekte stellten deshalb bereits in abstracto kein adäquates Substitut dar.357 In eine Bewertung des Einzelfalls treten die Gerichte nicht ein.358 Anders als bei beweglichen Sachen359 und anders als in manchen anderen Common Law-Rechtsordnungen360, ist es für den Erfüllungsanspruch nach englischem Recht somit unerheblich, wenn das Grundstück gerade keine besondere Bedeutung für den Käufer hat, bspw. weil dieser das Grundstück lediglich zum Zwecke eines gewinnbringenden Wiederverkaufs oder der Spekulation erwirbt.361 Für die Erfüllung einer auf die Übereignung einer unbeweglichen Sache abzielenden Verbindlichkeit kann der Käufer deshalb stets specific performance verlangen.362 Dasselbe gilt allerdings auch für andere dingliche Rechte an Grundstücken als das Eigentum und sogar für vertragliche, sich auf eine unbewegliche Sache beziehende Rechte, wie die Miete.363 cc) Schwierigkeiten im Hinblick auf den Schadensersatz Schadensersatz stellt zudem keine adäquate Abhilfe dar, wenn sich bei der Bemessung oder Erlangung des Schadensersatzes Schwierigkeiten ergeben bzw. English Law, S.  212; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-008; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  526. 357  Park Lane Ventures Ltd v Locke [2006] EWHC 1578 (Ch) (Rn.  115). Vgl. auch Jones/ Goodhart, Specific Performance, S.  31; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  515; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-021. 358 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  403: „even where this does not reflect reality“. Vgl. auch Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  175; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  128. 359  Cohen v Roche [1927] 1 KB 169 (KB) (179). 360  Siehe für Kanada bereits Heron Bay Investments Ltd v Peel-Elder Developments Ltd (1976) 2 CPC 338; Chaulk v Fairview Construction Ltd (1977) 14 Nfld. & PEIR 13; und insbesondere Semelhago v Paramadevan [1996] 2 SCR 415, Rn.  20: „While at one time the common law regarded every piece of real estate to be unique, with the progress of modern real estate development this is no longer the case. Residential, business and industrial properties are all mass produced much in the same way as other consumer products. If a deal falls through for one property, another is frequently, though not always, readily available“. Siehe näher etwa Brenner, 24 McGill L. J. (1978), 513; Clark, 37 Alta. L. Rev. (1999), 589. 361 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  403; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  176 m. w. N.; Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-017; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  32, 93 und 130 f. m. w. N. 362 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  175. 363 Vgl. Ashburn Anstalt v Arnold [1989] Ch 1 (CA); Verral v Great Yarmouth Borough Council [1981] QB 202 (CA); Luganda v Service Hotels Ltd [1969] 2 Ch 209 (CA). Siehe auch Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-017; Jones/Goodhart, Specific Performance, 1.  Aufl. 1986, S.  128; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-021.

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sich diese voraussichtlich ergeben werden.364 Auch in solchen Fällen kann der Schadensersatz u. U. unzulänglich sein, sodass eine Verurteilung zu specific performance in Betracht kommt. (1) Bemessung des Schadensersatzes Die Quantifizierung des Beschaffungsschadens knüpft, wie oben gezeigt, am (angestiegenen) Marktpreis an, welcher sich in der Regel vergleichsweise leicht feststellen lässt. Für die Ermittlung derartiger Schäden ist dies grundsätzlich eine praktikable Methode, die sich allerdings für Schadensposten, die nicht mithilfe des Markts beziffert werden können, weitaus weniger eignet.365 Dies ist insbesondere für Folgeschäden, entgangenen Gewinn usw. der Fall, zumal die Darlegung dieser Schadensposten dem Gläubiger angesichts rechtlicher Beweishürden u. U. nicht gelingen könnte.366 Hier besteht die Gefahr der Unterkompensation des Schadensersatzes.367 Deshalb wird dafür plädiert, dass die Gerichte bei diesbezüglichen Schwierigkeiten dem Gläubiger großzügiger specific performance gewähren sollten, als diese dies derzeit tun.368 (2) Erlangung des Schadensersatzes Nicht nur verschiedene Aspekte in Bezug auf die Ermittlung (der Höhe) des Schadensersatzes können zur Inadäquanz führen, sondern auch im Falle einer Einschätzung des Richters, der Schuldner sei nicht hinreichend solvent und die Verurteilung zur Zahlung eines Schadensersatzes würde deshalb ins Leere laufen, kommt specific performance in Betracht.369 So war in der soeben erwähnten Societe des Industries Metallurgiques (sic!) v The Bronx Engineering-Entschei364  365 

018.

Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-022. Siehe m. w. N. zur Rechtsprechung Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-

366 Vgl.

Decro-Wall International SA v Practitioners in Marketing Ltd [1971] 1 WLR 361 (CA) (371 f.); Thames Valley Power Ltd v Total Gas & Power Ltd [2005] EWHC 2208 (Comm) (Rn.  62 ff.); Araci v Fallon [2011] EWCA Civ 668 Rn.  44 ff.: „the assessment of damages for breach […] would be an extremely complex and unsatisfactory exercise“. Siehe auch Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  172 f.; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  69 f. 367 Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  31 f. 368  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  408. 369 Vgl. Eximenco Handels AG v Partrederiet Oro Chief and Levantes Maritime Corp (The Oro Chief) [1983] 2 Lloyd’s Rep 509 (QB) (521): „when the seller is insolvent and can pay no damages, [the creditor] will still obtain an order for specific performance“. Vgl. auch Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA [1973] 1 WLR 349 (CA) (380); Themehelp Ltd v West [1996] QB 84 (CA) (100 f.); Liberty Mercain Ltd v Cuddy Civil Engineering Ltd [2013] EWHC 4110 (TCC), Rn.  18. Siehe ferner Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  185; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  70 f.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-021 f.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

dung e contrario ein wichtiger Gesichtspunkt, dass die Beklagte besonders solvent war und deshalb Schäden wegen mehrmonatiger Produktionsausfälle durchaus begleichen konnte.370 Eine andere Entscheidung hingegen sieht den Umstand der Zahlungsunfähigkeit als irrelevant für die Zwecke der Gewährung der specific performance an.371 Dabei spielt die Überlegung eine Rolle, dass durch specific performance das Insolvenzverfahren umgangen werden könnte, während dies beim Schadensersatz nicht der Fall ist.372 Ein Grund für die Gewährung von specific performance kann im Umkehrschluss ebenfalls sein, dass eine Ersatzbeschaffung am Markt in Anbetracht gestiegener Preise seitens des Gläubigers zu Schwierigkeiten finanzieller Natur führen könnte. So könnte der Gläubiger, der zwar einen Ersatzanspruch gegen den Schuldner hat, die mit der Ersatzbeschaffung einhergehenden Kosten aber immerhin vorfinanzieren muss, selbst in Zahlungsschwierigkeiten geraten.373 b) Überwachung durch das Gericht Specific performance wird zudem nach traditioneller Ansicht nicht gewährt, wenn die Erbringung der geschuldeten Leistung der fortdauernden Überwachung (constant supervision) durch das Gericht bedarf.374 Dies ist insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen der Fall. So konnte keine specific performance von der Verbindlichkeit zum Betreiben eines Flugplatzes,375 zur Anstellung eines immer anwesenden Hausmeisters in einem Wohnungsblock376 oder zur Erbringung

370  Societe des Industries Metallurgiques SA (sic!) v The Bronx Engineering Co Ltd [1975] 1 Lloyd’s Rep 465 (CA) (468): „no suggestion of financial inability in the defendants to satisfy such a money judgment (whatever its dimensions) as might be awarded against them to cover all such items of damages as the plaintiffs could legitimately rely upon“. Vgl. auch Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  172. 371  Anders Utkilens Rederi A/S v O/Y Lovisa Stevedoring Co A/B (The Golfstraum) [1985] 2 All ER 669 (Ch) (673 f.). 372 Vgl. Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  71 m. w. N. 373 Vgl. Thames Valley Power Ltd v Total Gas & Power Ltd [2005] EWHC 2208 (Comm), [2006] 1 Lloyd’s Rep 441 (455). Siehe auch Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-022. 374  Siehe zu dieser Problematik ausführlich Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-042; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  44; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-015 ff.; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  107 ff. 375 Vgl. Dowty Boulton Paul Ltd v Wolverhampton Corp [1971] 1 WLR 204 (Ch). 376 Vgl. Ryan v Mutual Tontine Westminster Chambers Association [1893] 1 Ch 116 (CA).

C. Rights und remedies im englischen Recht

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von Catering-Dienstleistungen bei einer Konferenz- und Messestätte377 erlangt werden.378 Häufig spielt bei derartigen Fällen ebenfalls die Überlegung eine Rolle, dass die Vertragsbedingungen zu unpräzise sind, sodass das Gericht den Schuldner nicht zu einer genau beschriebenen Leistung verurteilen könne.379 „[T]he court must be careful to see that the defendant knows exactly in fact what he has to do and this means not as a matter of law but as a matter of fact, so that in carrying out an order he can give his contractors the proper instructions.“380

In Joseph v National Magazine scheiterte der Naturalerfüllungsanspruch eines Autors gegen eine Zeitschrift, die verweigerte, den Beitrag in der eingereichten Form zu veröffentlichen, daran, dass die Parteien lediglich das Thema des Beitrags, nicht aber die Veröffentlichungsbedingungen im Vertrag hinreichend präzisiert hatten.381 In späteren Entscheidungen382 und im Schrifttum383 werden derartige Überlegungen indes nicht länger als maßgeblich angesehen. Vielmehr wird betont, dass das Gericht den Schuldner nicht fortdauernd überwachen, sondern nur feststellen können muss, ob ein geschuldeter Erfolg herbeigeführt worden ist.384 Hier lässt 377 Vgl.

Kudo Catering (UK) Ltd v Manchester Convention Complex Ltd [2013] EWCA Civ 38 (Rn.  17): „without daily and detailed cooperation between the [parties] this contract would not be capable of performance“. 378 Siehe Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-044 m. w. N. aus der älteren Rechtsprechung. Vgl. auch Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-042. 379 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  428 f.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-047. Siehe kritisch allerdings zu Bauverträgen, bei denen diese Überlegung in der älteren Rechtsprechung ebenfalls eine Rolle spielten Jeune v Queens Cross Properties Ltd [1974] Ch 97 (Ch) (101): „But in a case such as the present ­where there has been a plain breach of a covenant to repair and there is no doubt at all what is required to be done to remedy the breach, I cannot see why an order for specific performance should not be made“. Siehe zu dieser Problematik Price v Strange [1978] Ch 337 (CA) (359); Rainbow Estates Ltd v Tokenhold [1999] Ch 64 (Ch) (68 ff.); Airport Industrial GP Ltd v Heathrow Airport Ltd [2015] EWHC 3753 (Ch) (Rn.  115); Blue Manchester Ltd v North West Ground Rents Ltd [2019] EWHC 142 (TCC) (Rn.  54 ff.). 380  Vgl etwa Redland Bricks Ltd v Morris [1970] AC 652 (HL) (666). 381 Vgl. Joseph v National Magazine Co Ltd [1959] Ch 14 (Ch). Siehe dazu auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  428. 382  Vgl. insbesondere C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch); Shiloh Spinners Ltd v Harding [1973] AC 691 (HL). 383 Vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-042 m. w. N.; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  44; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  507 m. w. N. 384 Vgl. C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch) (969 f.). Ebenso Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  108; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  507.

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sich demnach eine Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Tätigkeitsverpflichtungen erkennen: „for what the court has to do is to satisfy itself, ex post facto, that the covenanted work has been done, and it has ample machinery, through certificates, or by enquiry, to do precisely this“.385

Erforderlichenfalls kann eine Verurteilung zu specific performance erfolgen und können die Parteien zu gegebener Zeit nähere Verfügungen des Gerichts beantragen.386 Beide Gesichtspunkte sind im Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd-Urteil des House of Lords präsent.387 In dem Fall betrieb der Beklagte einen Supermarkt in vom Kläger gemieteten gewerblichen Räumlichkeiten, die Teil eines Einkaufzentrums waren. Der Mietvertrag sah eine Betriebspflicht des Mieters vor. Da der Supermarkt verlustbringend betrieben wurde, entschied sich der Mieter zu dessen Schließung und zur Kündigung des Mietvertrags.388 Der Vermieter begehrte daraufhin im Grunde Erfüllung der Betriebspflicht. Das Gericht relativiert, wie bereits in den soeben erwähnten früheren Entscheidungen und der späteren Literatur,389 die Bedeutung der Überwachungsproblematik, stellt allerdings ausdrücklich klar, dass zwischen einer dauerhaft geschuldeten Tätigkeit (wie im vorliegenden Fall dem Betreiben eines Supermarkts) und Erfolgsverpflichtungen zu unterscheiden ist.390 Insbesondere bei den ersteren spielt eine Rolle, dass sich die geschuldete Tätigkeit häufig nicht genau 385 

Shiloh Spinners Ltd v Harding [1973] AC 691 (HL) (724). Alfa Finance Holdings AD v Quarzwerke GmbH [2015] EWHC 243 (Ch) (Rn.  4 ff.): „it is appropriate in a case such as the present, if specific performance is ordered, to include a liberty to apply, so that the parties can, if it becomes necessary, come back for further directions“ (Rn.  9). Siehe in einem anderen Rahmen (vermeintliche Unmöglichkeit) auch Liberty Mercain Ltd v Cuddy Civil Engineering Ltd [2013] EWHC 4110 (TCC) (Rn.  44). Siehe relativierend Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-060 m. w. N. 387  Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1. Siehe zur Entscheidung ausführlich Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  693 ff. m. w. N. 388 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (9 ff.). 389  Siehe kritisch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  428 f.; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  107 ff.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-045. 390  Vgl. auch Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  694: „activities“ und „results“. Siehe Airport Industrial GP Ltd v Heathrow Airport Ltd [2015] EWHC 3753 (Ch) (Rn.  116): „there is a difference between an order which requires the achievement of a result and an order to carry out specified works; with the former order, the court may be asked to examine the ­finished work to see whether it achieves the result required by the order“. Vgl. auch Blue Manchester Ltd v North West Ground Rents Ltd [2019] EWHC 142 (TCC) (Rn.  54 ff.). 386 Vgl.

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im Tenor fassen lässt. Die vorliegende Vertragsklausel,391 so das Gericht, lässt bspw. Zweifel über die Modalitäten und den Umfang des Betreibens bestehen. Einige weitere Gesichtspunkte, bspw. das erhöhte Konfliktpotenzial, das eine unfreiwillige Fortsetzung des Vertrags mit sich bringen würde, sowie die Über­ legung, dass die Schließung des Supermarkts für die anderen Mieter des Einkaufszentrums zwar nachteilig, aber angesichts der Relativität der Schuldverhältnisse im vorliegenden Rechtsstreit nicht ohne Weiteres relevant sind,392 nennt das Gericht ebenfalls.393 Nach all dem lehnt das House of Lords, anders als die Vorinstanz,394 specific performance ab.395 c) Eingriff in die Freiheit des Schuldners Das englische Recht hat sich skeptisch gezeigt, der Naturalerfüllung in Fällen stattzugeben, in denen eine persönliche Leistung des Schuldners (personal service contracts) erforderlich ist.396 Diese Einschränkung beruht darauf, dass ein solcher Anspruch einen zu schweren Eingriff in die Freiheit des Schuldners darstellt.397 Insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts spielt darüber hinaus der Gedanke eine Rolle, den Arbeitnehmer zur Naturalerfüllung eines solchen Vertrags zu verurteilen, liefe gewissermaßen auf Sklaverei hinaus: „courts […] should [not] turn contracts of service into contracts of slavery“.398 391 

Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (10): „To keep the demised premises open for retail trade during the usual hours of business in the locality and the display windows properly dressed in a suitable manner in keeping with a good class parade of shops“. 392  Siehe kritisch dazu Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  695 f. 393 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (11 ff.). 394  Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1996] Ch 286 (CA). In einer hinsichtlich des Sachverhalts vergleichbaren schottischen Entscheidung kam das Gericht zu einem entsprechenden Ergebnis. Vgl. Highland and Universal Properties Ltd v Safeway Properties Ltd 2000 SLT 414. 395  Siehe kritisch dazu Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  694. 396 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  419 ff.; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  190 ff.; Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-036 f.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-039. 397 Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  56 f. m. w. N.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-039. 398  De Francesco v Barnum (1890) 45 Ch 430 (438). Dass ein Gericht den Arbeitnehmer nicht zur Erfüllung des Arbeitsvertrags verurteilen kann, bestimmt auch ausdrücklich Sec. 236 Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act 1992. Siehe ferner Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-037; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  56; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-013. Im umgekehrten Fall, in dem der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber auf Wiedereinstellung klagt und nunmehr der arbeitsrechtliche Kündigungsschutz

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Als weitere Argumente gegen specific performance bei persönlichen Tätigkeitsverträgen werden im englischen Schrifttum der Verlust eines für die Erbringung der Leistung erforderlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Gläubiger und Schuldner und damit einhergehend ein erhöhtes Konfliktpotenzial sowie die Annahme, die Leistung werde nicht die gewünschte Qualität aufweisen, vorgebracht.399 Bezieht sich die persönlich zu erbringende Leistung hingegen auf die Vornahme einer einzigen Handlung, bspw. die Ernennung eines Geschäftsführers, so kann u. U. specific performance gewährt werden.400 Sowohl in der Rechtsprechung401 als auch im Schrifttum402 wird gelegentlich bezweifelt, ob und inwiefern die traditionelle Ansicht, nach der specific performance bei Dienstleistungsverträgen stets ausscheidet, weiterhin in dieser Absolutheit überzeugend und ihr zuzustimmen ist. Dies geht insbesondere auf die Überlegung zurück, dass viele Vertragsverhältnisse in der heutigen Zeit nicht gleichermaßen persönlich sind, wie dies früher der Fall war.403 In einer neueren Entscheidung heißt es bspw.:

eine Rolle spielt, ist die Rechtslage anders und haben sich englische Gerichte von ihrer früheren Meinung, der Arbeitgeber dürfe stets das von ihm eingesetzte Personal frei wählen und solle nicht gezwungen werden, sich eines bestimmten Arbeitnehmers zu bedienen, abgewendet und großzügiger Klagen auf Wiedereinstellung stattgegeben (vgl. Sec. 113 ff. Employment Rights Act 1996). Siehe dazu Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  420 ff. m. w. N.; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  191; Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-037; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-040 f. m. w. N. Vgl. allerdings ebenfalls Ashworth v The Royal National Theatre [2014] EWHC 1176 (QB) (Rn.  16 ff.), in dem die Klage mehrerer Musiker gegen ein Theater auf Weiterbeschäftigung wegen des gestörten Vertrauensverhältnisses scheiterte. 399  Vgl. bspw. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  419 ff. m. w. N.; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  190 f.; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  123 ff.; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  508; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-039 f. 400 Vgl. C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch) (969 ff.). Siehe auch ChenWishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-040; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  125. 401 Vgl. C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch); Geys v Société Générale, London Branch [2012] UKSC 63. 402  Vgl. insbesondere Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-041 ff.; ferner Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  56 f. und 171 ff. 403 Vgl. C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch) (969 ff.); Geys v Société Générale, London Branch [2012] UKSC 63 (Rn.  77). So auch Treitel/Peel, The Law of Con­ tract, Rn.  21-042 m. w. N.; a. A. allerdings Ashworth v The Royal National Theatre [2014] EWHC 1176 (QB) (Rn.  16 ff.); Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-038 m. w. N.

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„The big question [is] whether nowadays the more impersonal, less hierarchical, relationship of many employers with their employees requires review of the usual unavailability of specific performance“.404

d) Sonstiges Auch der Anspruchsgegner kann die Verfügbarkeit von specific performance beschränken. So kann specific performance gemäß Sec. 21 (1)(a) Crown Proceedings Act 1947 nicht der Krone auferlegt werden.405 Die Vorschrift ist eng auszulegen. Unter „Crown“ kann nämlich sowohl das Staatsoberhaupt als auch die Exekutive verstanden werden, während lediglich ersteres von der Norm erfasst wird.406 2. Specific performance durch injunction Eine weitere Möglichkeit des englischen Rechts zur Erlangung von specific performance besteht darin, dass dem Schuldner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (interlocutory relief, interim injunctions)407 richterliche Ge- oder Ver­ bote (mandatory oder prohibitory injunctions) auferlegt werden, die zwar für sich genommen nicht zu specific performance verpflichten, bei funktionaler Betrachtung allerdings demselben Zweck dienen.408 Eine Besonderheit des englischen Rechts besteht sicherlich darin, dass die Schranken und relative Schwäche von specific performance durch injunctions zumindest teilweise umgangen bzw. ausgeglichen werden können. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass injunctions in der Praxis eine bedeutende Funktion erfüllen. Von Interesse sind insbesondere die prohibitory injunctions.

404 

Geys v Société Générale, London Branch [2012] UKSC 63 (Rn.  77). Siehe dazu Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  229; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  361 f.; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  523. Eine Zwangsvollstreckung gegen die Krone kommt ebenfalls nicht in Betracht. Vgl. CPR 66.6 f. Siehe näher Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.46; Zuckerman, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1310. 406 Vgl. M v Home Office [1994] 1 AC 377 (HL) (395 f. und 425 f.); anders noch Factortame Ltd v Secretary of State for Transport [1990] 2 AC 85 (145 ff.). 407  Neben den interim injunctions im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, die typischerweise gemeint sind, existieren ebenfalls solche injunctions, die im Hauptverfahren Teil des Endurteils sind. Dies sind die final injunctions. Siehe zur Unterscheidung Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  443. 408  Siehe ausführlich Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  589 ff. Vgl. auch Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  504. 405 

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a) Mandatory injunctions Mandatory injunctions verpflichten den Schuldner (positiv), eine Leistung zu erbringen, bspw. eine Handlung vorzunehmen oder eine Sache zu geben.409 In dieser Weise kann der Schuldner deshalb ebenso zur Erbringung der geschuldeten Leistung in natura verurteilt werden.410 Dabei spielen die oben erwähnten, bei specific performance maßgebenden Gesichtspunkte, darunter insbesondere die adequacy of damages, eine Rolle.411 Demzufolge wird in literarischen Darstellungen und in der Rechtsprechung hinsichtlich der Voraussetzungen nicht zwischen mandatory injunctions und specific performance differenziert.412 Bei einigen der besprochenen Fälle, bspw. der Sky Petroleum-Entscheidung, in der das Gericht im Wege einer mandatory injunction die Fortsetzung der Öllieferung an den Gläubiger anordnete, handelte es sich bspw. um eine solche injunction.413 b) Prohibitory injunctions aa) Reine Unterlassungsansprüche Bei prohibitory injunctions, mit denen der Schuldner (negativ) zu einem Unterlassen verurteilt wird,414 liegen die Dinge anders. Prohibitory injunctions können zum einen zu Naturalerfüllung führen, wenn die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.415 In einem solchen Fall spielen die Schranken von specific performance, mit welcher stets eine positive Leistung effektuiert werden soll, keine Rolle.416 In der Tat besteht somit bei der Verfügbarkeit der Naturalerfüllung eine gewisse Diskrepanz zwischen Unterlassungsansprüchen und sonstigen Arten der Leistung.417

409 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  442; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  200; Jones/Goodhart, Specific Performance, 1.  Aufl. 1986, S.  190 f. 410 Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, 1.  Aufl. 1986, S.  190. 411 Vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-077. 412  Vgl. bspw. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  456. 413  Siehe dazu oben Kap.  2 C. IV.1.a)aa) (S.  77). Vgl. auch Bridge, The Sale of Goods, Rn.  11.104. 414 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  442. 415 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  454 m. w. N.; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-005; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21059 f. 416 Vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-077; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-059 f. 417 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  198 f.

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bb) Indirect specific performance (1) Hintergründe und Grundsätze Von Interesse sind zum anderen insbesondere solche prohibitory injunctions, die dem Gläubiger zwar nicht gebieten, die geschuldete Leistung zu erbringen, ihm allerdings verbieten, in einer die Leistungserbringung gefährdenden Weise zu handeln. Diese werden unter dem Begriff der mittelbaren Naturalerfüllung (indirect specific performance) diskutiert, welche im Grundsatz ebenfalls nur dann zulässig sein sollte, wenn die Voraussetzungen für specific performance vorliegen.418 Die Gerichte machen von den prohibitory injunctions allerdings weitaus großzügiger Gebrauch, als angesichts des eben erwähnten Grundsatzes erwartet werden könnte. So wurde der Schuldner, der sich einem Energieunternehmen gegenüber zur exklusiven Abnahme seines gesamten Elektrizitätsbedarfs verpflichtet, allerdings von einem anderen Lieferanten Strom bezogen hatte, nicht zur Naturalerfüllung seiner Abnahmepflicht, sondern ganz im Gegenteil im Wege einer prohibitory injunction zur Unterlassung einer anderweitigen Beschaffung verurteilt.419 Weitere Beispiele aus dem Handelsverkehr existieren ebenfalls.420 Das englische Recht macht sich in derartigen Fällen im Grunde die bereits oben anhand des Beispiels des Behandlungsvertrags verdeutlichte Eigenheit des Unterlassens zunutze.421 Insgesamt handelt es sich dabei doch vielmehr um einen juristischen Kunstgriff. Wie es bereits in einer älteren kritischen Entscheidung heißt: „every agreement to do a particular thing in one sense involves a negative. It involves a negative of doing that which is inconsistent with the thing you are to do. If I agree with a man to be

418 Vgl.

Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  456: „what appears to be a prohibitory injunction enforcing a negative obligation is in reality specific performance of a positive obligation, and should be governed by specific performance principles“. Siehe ferner Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  205; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  177; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-005; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  509. 419  Metropolitan Electricity Supply Co Ltd v Ginder [1901] 2 Ch 799 (Ch). Siehe dazu auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  460 f.; Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  200. 420 Siehe Texaco Ltd v Mulberry Filling Station Ltd [1972] 1 WLR 814 (Ch) (Vertrag über die exklusive Abnahme von Öl durch eine Tankstelle; keine anderweitige Beschaffung); DecroWall International SA v Practitioners in Marketing Ltd [1971] 1 WLR 361 (CA) (Alleinvertriebsrecht; keine Belieferung anderer Unternehmen); Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA [1973] 1 WLR 349 (CA) (Alleinvertriebsrecht; keine Belieferung anderer Unternehmen). Siehe zu den Fällen auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  460 f. 421  Siehe oben Kap.  1 C. II.3. (S.  25).

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

at a certain place at a certain time, I impliedly agreed that I will not be anywhere else at the same time, and so on ad infinitim“ (Herv. QCL).422

Eine neuere Entscheidung, in der es sich um das Chartern verschiedener Schiffe bzw. das Unterlassen des Charterns jenseits des Vertrags geht, stellt das Verbot der mittelbaren specific performance jedoch in Frage: „[T]here is no inflexible principle precluding negative injunctive relief which prevents activity outside the contract contrary to its terms“.423

(2) Indirect specific performance und Tätigkeitsverträge Die Problematik der mittelbaren specific performance ist besonders virulent im Bereich der persönlichen Dienstleistungsverträge,424 da für derartige Verträge wegen eines zu großen Eingriffs in die Freiheit des Schuldners häufig keine specific performance angeordnet werden kann.425 Paradigmatisch ist in diesem Zusammenhang der Lumley v Wagner-Fall,426 in dem sich eine Opernsängerin trotz eines bereits existierenden Engagements einem anderen Opernhaus gegenüber zum Auftreten verpflichtete. Der Erstgläubiger versuchte dies durch ein richterliches Verbot zu verhindern und in der Weise – so liegt es zumindest auf der Hand – zugleich die Leistungserbringung im eigenen Opernhaus sicherzustellen.427 Das Gericht erwog, dass specific performance wegen der Freiheit der Sängerin nicht in Betracht kam, untersagte ihr allerdings, für die Dauer des ersten Vertrags in jeglichem anderen Opernhaus aufzutreten. Als tragenden Grund für die Entscheidung führte das Gericht insbesondere an, das Untersagen anderweitigen Auftretens berühre die persönliche Freiheit der Sängerin nicht, denn diese müsse den ersten Vertrag nicht erfüllen.428 Dieselbe Erwägung findet sich in der 422 

Whitwood Chemical Co v Hardman [1891] 2 Ch 416 (CA) (426). Siehe ferner Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-087. 423  Lauritzencool AB v Lady Navigation Inc [2005] EWCA Civ 579 (Rn.  20). 424  Siehe dazu Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, S.  2037 ff.; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  177; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  604 ff. und 621 ff. 425  Siehe oben Kap.  2 C. IV.1.c) (S.  85). 426  Lumley v Wagner (1852) 1 De G M & G 604. Siehe zum Opernfall Firth, 13 LQR (1897), 306; in neuerer Zeit Waddams, 117 LQR (2001), 431. Vgl. auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  457 ff.; Campbell, in: Harris/Campbell/ Halson, S.  205 ff.; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  177 ff.; Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  597 ff.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-064 f. 427  Der Erstgläubiger prozessierte darüber hinaus aufgrund einer deliktsrechtlichen Verleitung zum Vertragsbruch gegen den Zweitgläubiger. Vgl. Lumley v Gye (1853) 118 ER 749. 428 Vgl. Lumley v Wagner (1852) 1 De G M & G 604 (619). Ähnlich Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-082: „Such an injunction may provide an inducement to perform the positive obligation, but it falls short of indirectly compelling the employee to do the agreed work“.

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Gerichtsentscheidung zu einem vergleichbaren Fall einer Schauspielerin, die exklusiv für einen Filmproduzenten tätig werden sollte429, sowie im Falle eines Pferdejockeys, der sich dem Eigentümer eines Pferdes zum exklusiven Reiten des Pferdes verpflichtet hatte430.431 c) Kohärenz Bei derartigen Fällen der mittelbaren Naturalerfüllung drängt sich insgesamt eine gewisse Widersprüchlichkeit zwischen specific performance und den entsprechenden Grundsätzen im Rahmen der mandatory injunctions einerseits und den prohibitory injunctions andererseits auf. Für die Zulässigkeit der mittelbaren specific performance kommt es letztlich darauf an, ob dem Schuldner realistische Alternativen offenstehen oder die prohibitory injunction ihn faktisch dazu zwingt, die geschuldete Leistung zu erbringen.432 Im letzteren Fall kann das Gericht keine solchen negativen, auf ein Unterlassen abzielende injunctions verhängen, wenn es nicht auch zu specific performance der positiven, eigentlich geschuldeten Leistung verurteilen würde.433 „In such a case the court ought not to enforce the performance of the negative obligations if their enforcement will effectively compel the servant to perform his positive obligations under the contract.“434

So heißt es im Lumley v Wagner-Urteil: „It is true that I have not the means of compelling her to sing, but she has no cause of complaint if I compel her to abstain from the commission of an act which she has bound herself not to do, 429  Warner Bros Pictures Inc v Nelson [1937] 1 KB 209 (KB). Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass es nach dieser Logik dem Schuldner nicht die generelle Ausübung irgendeiner anderen Tätigkeit untersagen kann. Dieser würde sich andernfalls vor die Wahl zwischen „starvation or […] specific performance“ gestellt sehen (216). Ebenso Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  623. Siehe ferner Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-064 f. 430 Vgl. Araci v Fallon [2011] EWCA Civ 668. 431  In allen Fällen existierte allerdings eine ausdrückliche Exklusivitätsvereinbarung. Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  179: „There has been, however, no reported case where the courts have granted an injunction in the absence of a negative clause“. So auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  457. 432 Vgl. bspw. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-065: „The crucial question, in ­these cases, is whether the injunction would put undue pressure on an employee to perform his positive obligation to work“. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-083; Jones/ Goodhart, Specific Performance, S.  179. 433 Vgl. Warren v Mendy [1989] 3 All ER 103 (CA) (114); ähnlich bereits Lumley v Wagner (1852) 1 De G M & G 604 (619 ff.). Siehe auch Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  204 f.; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-063; a. A. Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  607 ff. 434  Warren v Mendy [1989] 3 All ER 103 (CA) (114).

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

and thus possibly cause her to fulfil her engagement. […] I disclaim doing indirectly what I cannot do directly“.435

Der Realitätsgehalt etwaiger dem Schuldner zur Verfügung stehender Handlungsalternativen ist allerdings im Einzelnen äußerst umstritten.436 Manche Gerichtsentscheidungen – der Fall der Opernsängerin zeigt dies deutlich – lassen bereits eine theoretische Möglichkeit ausreichen, irgendeine andere Tätigkeit aufzunehmen. Auch in der oben erwähnten Entscheidung über das Unterlassen eines anderweitigen Beschaffens des Elektrizitätsbedarfs wird der Schuldner die Lieferbeziehung mit dem Gläubiger bei lebensnaher Betrachtung fortsetzen müssen, sofern man zumindest den Verzicht auf die Nutzung von Elektrizität in der heutigen Zeit als unrealistische Handlungsalternative ansieht.437 In anderen Fällen wird hingegen vielmehr ein lebensnaher, pragmatischer Maßstab an den Tag gelegt. Mittelbare Naturalerfüllung soll nur dann zulässig sein, wenn dem Schuldner unter Berücksichtigung von „realism and practicality“ tatsächlich Alternativen offenbleiben.438 3. Specific performance und besondere Verträge a) Kaufrecht Für einen praktisch besonders bedeutsamen Teil des Vertragsrechts – das Kaufrecht sowie Verbraucherkaufrecht – existieren im englischen Recht Sonderregelungen zu specific performance. aa) Allgemeines Kaufrecht (Sale of Goods Act 1979) Im Bereich des Kaufrechts regelt das englische Recht specific performance gesondert. Sec. 52 (1) Sale of Goods Act 1979 lautet: „In any action for breach of contract to deliver specific or ascertained goods the court may, if it thinks fit, on the plaintiff’s application, by its judgment of decree direct that the contract shall be performed specifically, without giving the defendant the option of retaining the goods on payment of damages“.

435 Vgl.

Lumley v Wagner (1852) 1 De G M & G 604 (619 f.). Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-083 f. 437  In die Richtung auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  461. 438  Warren v Mendy [1989] 3 All ER 103 (CA) (112) und ferner (114): „Compulsion is a question to be decided on the facts of each case, with a realistic regard for the probable reaction of an injunction on the psychological and material, and sometimes the physical, need of the servant to maintain the skill or talent“. Ähnlich Page One Records Ltd v Britton [1968] 1 WLR 157 (Ch) (166). Siehe auch Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-083 f. m. w. N. 436 Vgl.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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Obwohl der Gesetzgeber mit der ursprünglichen Vorschrift (Sec. 2 Mercantile Law Amendment Act 1856) in Anlehnung an das schottische Recht439 insbesondere eine Ausweitung des Rechts auf specific performance bezweckt hatte,440 geht die Auslegung der heutigen Sec. 52 Sale of Goods Act 1979 vielmehr dahin, dass im Verhältnis zur equity-Rechtsprechung keine Unterschiede bestehen.441 Bereits die ältere Rechtsprechung hat die jetzige Sec. 52 Sale of Goods Act 1979 mit der Folge für eine abschließende Regelung gehalten,442 dass sofern die darin vorgesehene Kriterien nicht erfüllt sind, keine specific performance nach den andernfalls geltenden Regeln der equity gewährt werden konnte. In der Leitentscheidung Re Wait urteilte das Gericht, dass Sec. 52 Sale of Goods Act 1979 „reproduces the old law in a codifying statute“, ohne dass dies zu einer Änderung der Rechtslage geführt hätte.443 In der Literatur wird allerdings teilweise darauf hingewiesen, dass die Norm weder ihrem Wortlaut nach auf diese Restriktivität hindeutet noch bei wertender Betrachtung in dieser Richtung ausgelegt werden sollte.444 Jedenfalls de lege lata legt Sec. 52 Sale of Goods Act 1979 für das Kaufrecht im Grunde nur dasjenige fest, das in Ermangelung dieser Norm ohnehin für specific performance im Allgemeinen gelten würde.445 Insgesamt ist deshalb festzuhalten: „it is inherently unlikely that the equitable discretion, exercised on a case-by-case basis, could be applied more generously in favour of buyers“ (Herv. QCL).446 439 

Siehe dazu im Überblick etwa Macgregor, in: Smits/Haas/Hesen, S.  67 ff. Bridge, The Sale of Goods, Rn.  11.97; Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Rn.  27-023; Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  144 ff.; Treitel, JBL 1966, 211 (216 ff.). 441 Vgl. Merrett, in: Chitty on Contracts, Bd.  II, Rn.  44-441. 442 Vgl. Re Wait [1927] 1 Ch 606 (CA) (630): „the only remedy by way of specific performance is the statutory remedy“. Siehe ferner Behnke v Bede Shipping Co Ltd [1927] 1 KB 649 (KB) (660 ff.). 443  Re Wait [1927] 1 Ch 606 (CA) (617). 444 Vgl. McKendrick, in: McKendrick, Sale of Goods, S.  510 f., der bspw. auf den Sky Pe­ tro­leum-Fall hinweist, in dem Sec. 52 Sale of Goods Act 1979 mangels „specific and ascertained goods“ nicht anwendbar gewesen wäre, seiner Ansicht nach allerdings ebenfalls ein Bedarf nach specific performance bestand. Siehe auch Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-028, wo auf dieselbe Entscheidung verwiesen und im Ergebnis ähnlich argumentiert wird. Ebenso Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  147 ff.: „it would be unfortunate to conclude that discretion must always be exercised today in the same way as it had been exercised in the past“. 445  Vgl. bereits Treitel, JBL 1966, 211 (222 ff.); ferner Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-023; Merrett, in: Chitty on Contracts, Bd.  II, Rn.  44-441. Siehe auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  403: „the courts have not interpreted this section as removing the adequacy of damages hurdle or as altering their traditional approach to [specific performance]“. 446  Bridge, The Sale of Goods, Rn.  11.97. 440 Vgl.

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Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

bb) Verbraucherkaufrecht (Consumer Rights Act 2015) Im Falle eines Verbraucherkaufvertrags finden nicht die Vorschriften des Sale of Goods Act 1979 zu specific performance, sondern vorrangig die des Consumer Rights Act 2015 Anwendung (vgl. Sec. 52 (5) Sale of Goods Act 1979, Sec. 3 Consumer Rights Act 2015).447 Sec. 19 Consumer Rights Act 2015, die der Umsetzung der VerbrGK-RL diente, sieht zwar kein Recht auf Naturalerfüllung, wohl aber ein Recht auf Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung oder Nachbesserung vor. Diese Regelung, die zwar für sich keinen Anspruch auf Naturalerfüllung in das englische Recht eingeführt hat, dem Grunde nach allerdings – wie auch englische Autoren feststellen – vielfach einen solchen Anspruch beinhaltet, stellte insofern eine Neuheit dar.448 Sie ist gemäß Sec. 19 (9), (10) Consumer Rights Act 2015 jedenfalls bloß enumerativer Natur und hindert den Verbraucher nicht daran, weitere Ansprüche, darunter auch den Anspruch auf specific performance im Allgemeinen, geltend zu machen.449 cc) Eigentum und Deliktsrecht (Torts (Interference with Goods) Act 1973) Das englische Recht schützt das Eigentumsrecht in Ermangelung eines absoluten Eigentumsbegriffs nicht durch die Vindikation, sondern vielmehr mittels des Deliktsrechts.450 Die für die vergleichende Rechtswissenschaft im Bereich des Sachenrechts interessante Problematik kann zwar an dieser Stelle nicht vertieft werden, für die vorliegenden Zwecke soll allerdings gleichwohl auf einen für das Kaufrecht bedeutsamen Fall hingewiesen werden, in dem der Gläubiger zumin447  Der englische Gesetzgeber hatte die VerbrGK-RL zunächst im Sale of Goods Act 1979 umgesetzt, hat allerdings vor einigen Jahren ein Sondergesetz zum Verbraucherrecht erlassen, in dem die ursprünglichen Umsetzungsvorschriften des Sale of Goods Act 1979 implementiert worden sind. Vgl. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-029; Twigg-Flesner, ZEuP 2019, 170 (171 ff.). 448 Vgl. Bridge, The Sale of Goods, 3.  Aufl. 2014, Rn.  11.107: „The enforcement of consumer buyer’s right of repair or replacement is tantamount to specific performance of the con­ tract, though it is not directly described as specific performance“ (Herv. QCL). Siehe auch Howells/Twigg-Flesner, in: Schermaier, S.  303 (316): „To enable a consumer to ask for repair or replacement is effectively introducing a more wide-spread entitlement to specific performance, because the objective is to maintain the contractual relationship and to give the consumer what he has asked for“; Whittaker, 133 LQR (2017), 47 (61 f.); a. A. allerdings Watterson, ERPL 2001, 197 (212). Siehe auch Arnold/Unberath, ZEuP 2004, 366 (377 ff.); Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1219 ff.; Mansel, AcP 204 (2004), 396 (440 ff. und 447 ff.). 449 Vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-028 f.; Treitel/Peel, The Law of Contract, 14.  Aufl., Rn.  23-026. 450 Siehe etwa Bridge, Personal Property Law, S.  79 ff.; aus dem rechtsvergleichenden Schrifttum ausführlich Häcker, Consequences of Impaired Consent Transfer, S.  35 ff.; Müller, Besitzschutz in Europa, S.  166 ff.; Uniken Venema/Zwalve, Common Law en Civil Law, S.  98.

C. Rights und remedies im englischen Recht

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dest im Ergebnis ebenfalls die Leistung in natura bekommt. Der Käufer kann nämlich als Eigentümer gemäß Sec. 3 (1), (2)(a), (b) Torts (Interference with Goods) Act 1973 specific delivery der Kaufsache verlangen.451 Dies setzt allerdings voraus, dass das Eigentum an der Kaufsache bereits übergegangen ist, sodass der Käufer im Verhältnis zum Verkäufer das stärkere Recht hat.452 Zudem ist erforderlich, dass der Käufer seinerseits geleistet, also den Kaufpreis bezahlt oder dem Verkäufer dessen Zahlung jedenfalls angeboten hat.453 Sec. 3 (3)(b) Torts (Interference with Goods) Act 1973 stellt es in das Ermessen des Gerichts, den Schuldner gemäß Sec. 3 (2)(a) zur Naturalleistung zu verurteilen. Die Ausübung dieses Ermessens erfolgt weitestgehend nach den für specific performance geltenden Grundsätzen.454 Scheidet specific performance aus, so kann dem Kläger das Wahlrecht zwischen Erfüllung oder Zahlung eines Schadensersatzes eingeräumt oder kann dieser alternativ direkt zum Schadensersatz verurteilt werden (Sec. 3 (2)(b), (c) Torts (Interference with Goods) Act 1973). b) Mietrecht Im Mietrecht kann das Gericht den Vermieter gemäß Sec. 17 (1) Landlord and Tenant Act 1985 ungeachtet der sonstigen für specific performance geltenden Voraussetzungen zur Naturalerfüllung einer Wiederinstandsetzungsverpflichtung (repairing covenant) verurteilen.455 4. Contempt of court als Ausschlussgrund von specific performance Die Skepsis des englischen Rechts gegenüber specific performance hat ihren Grund sicherlich teilweise darin, dass die Sanktionierung der Nichtbefolgung einer zu specific performance verurteilenden Gerichtsentscheidung vergleichsweise strikt ist und einen quasi-strafrechtlichen Charakter hat.456 Wer nämlich 451 Vgl.

Nolan/Davies, in: English Private Law, Rn.  17.317. Für die Zwecke des Sale of Goods Act 1979 ist diese Frage hingegen nicht von Bedeutung. Vgl. James Jones & Sons Ltd v Earl of Tankerville [1909] 2 Ch 440 (Ch) (445). 453 Vgl. Cohen v Roche [1927] 1 KB 169 (KB) (179 f.). 454 Vgl. Whiteley Ltd v Hilt [1918] 2 KB 808 (CA) (819): „the power vested in the Court to order the delivery up of a particular chattel is discretionary, and ought not to be exercised when the chattel is an ordinary article of commerce and of no special value or interest, and not alleged to be of any special value to the plaintiff, and where damages would fully compensate. In equity, where a plaintiff alleged and proved the money value of the chattel, it was not the practice of the Court to order its specific delivery“. Vgl. auch Cohen v Roche [1927] 1 KB 169 (KB) (180 f.); Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  149. 455 Vgl. Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  503. 456 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (12). So auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  481. 452 

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einem Urteil keine Folge leistet, kann wegen einer Missachtung des Gerichts (contempt of court) u. a. mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden.457 Das englische Recht sieht das Verhängen einer solchen Strafe für die Zwecke des Vertragsrechts zwar nicht in allen Fällen als zu rigoros an, gleichwohl soll das Mittel nicht großzügig verwendet werden.458 Dies gilt umso mehr, als bis ins 19. Jahrhundert auch eine Inhaftierung für die Nichtzahlung einer Geldsumme (sog. debtors’ prisons) sehr verbreitet war. Diese Praxis sah sich allerdings zunehmend gesellschaftlicher und sogar literarischer Kritik ausgesetzt.459 Diese Skepsis hat dazu geführt, dass das Gericht specific performance bereits auf der Ebene der Naturalkondemnation scheitern lässt, das remedy also wegen der möglicherweise künftig zu verhängenden, dann allerdings drakonischen Sanktion gar nicht erst zuerkennt. Lord Hoffmann fasst zusammen: „[T]he only means available to the court to enforce its order is the quasi-criminal procedure of punishment for contempt. This is a powerful weapon; so powerful in fact, as often to be unsuitable as an instrument for adjudicating upon the disputes which may arise over whether a business is being run in accordance with the terms of the court’s order. The heavy-handed nature of the enforcement mechanism is a consideration which may go to the exercise of the court’s discretion in other cases as well, but its use to compel the running of a business is perhaps the paradigm case of its disadvantages“.460

5. Specific performance als Primäranspruch im heutigen englischen Recht? Nach den bisherigen Überlegungen stellt sich nunmehr die Frage, ob specific performance im englischen Recht als Primäranspruch im dogmatischen Sinne angesehen werden kann. a) Traditioneller Grundsatz Von der traditionellen Ansicht im rechtsvergleichenden Schrifttum, die in diesem Rahmen den Unterscheid zum Civil Law betont, wird diese Frage verneinend beantwortet.461 Bei historischer Betrachtung ist sicherlich zutreffend, dass die im 457 

Siehe ausführlich unten Kap.  6 C. I. (S.  272). Siehe näher Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  198. 459  Insbesondere von Charles Dickens, dessen Vater ebenfalls in einem debtors’ prison inhaftiert war, in dem Werk „Little Dorrit“. Vgl. Gest, 53 Univ. Pa. L. Rev. (1905), 401 (403). Siehe näher auch Coles, 59 Virg. L. Rev. (1983), 564. 460  Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (12). Vgl. auch Blue Manchester Ltd v North West Ground Rents Ltd [2019] EWHC 142 (TCC) (Rn.  53): „The court must always proceed with caution since it is a draconian remedy in the sense that failure to comply with an order for specific performance is a contempt of court“. 461 Vgl. Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  402: „a commonly-drawn contrast is between English law’s regard of specific performance as a secondary remedy to damages and the allegedly reverse situation under civil law systems“. 458 

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Verhältnis zum common law ergänzende Funktion der equity-Rechtsprechung462 auch zu einer konsekutiven und subsidiären Entwicklung von specific performance geführt.463 Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis wird in einschlägigen Werken ebenso in der Darstellung beibehalten. Lawson behandelt bspw. zunächst die „money remedies“ und erst im Anschluss die „specific remedies“.464 „It would seem logical to start a discussion of judicial remedies with specific remedies rather than substitutional remedies. They are what the plaintiff is most likely to want, that is to say, to be put as nearly as possible in the same position as if the wrong he complains of had not occurred. To be made to accept money from the defendant in lieu of the performance he is entitled to expect is only second best. […] And yet, […] specific relief has had great difficulty in forcing an entrance into English law.“465

Der Sache nach vergleichbar schreibt Burrows: „in contrast to damages, specific performance is not available for every breach of contract. Indeed, […] specific performance is best approached negatively, that is by examining the numerous restrictions on its availability. Positively, it then follows that if the remedy is not barred by such restrictions, a claimant who applies for it will succeed“.466

b) Neuere Entwicklungen Gleichwohl beobachtet die englische Literatur in der neueren Rechtsprechung eine interessante Entwicklung. Diese geht etwa dahin, dass die Gerichte die strikte Auslegung der verschiedenen Voraussetzungen für specific performance zunehmend gelockert und großzügiger zur Naturalerfüllung verurteilt haben.467 „[T]here are some indications that English courts are now prepared to accept that specific performance should be more freely granted and to reject precedent which inhibits their discretion to do so.“468

Die Bereitschaft englischer Gerichte, specific performance zu gewähren, wird in dogmatischer Hinsicht in unterschiedlicher Weise begründet. Zum Teil wird ge462 

Siehe zu den historischen Hintergründen etwa Baker, An Introduction to English Legal History, S.  105 ff.; Blackstone, Commentaries on the Laws of England, Bd.  III, S.  30 ff.; Milsom, Historical Foundations of the Common Law, S.  82 ff.; Pollock/Maitland, The History of English Law, Bd.  I, S.  168 ff.; Plucknett, A Concise History of the Common Law, S.  159 ff. 463  Siehe zu specific performance außerhalb der equity-Rechtsprechung aber Hazeltine, in: FS Kohler, S.  67 ff. 464 Vgl. Lawson, Remedies of English Law, S. vii. 465  Lawson, Remedies of English Law, S.  173. 466  Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.185. Vgl. auch Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  401. 467  Vgl. im Allgemeinen Burrows, 4 Legal Studies (1984), 102; Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.199; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-007. Siehe ferner Farnsworth, in: Zimmermann/Reimann, S.  899 (932); Jones, 56 Cambridge L. J. (1997), 488 (490 f.). 468  Jones/Goodhart, Specific Performance, 1.  Aufl. 1986, S.  3.

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sagt, die Gerichte würden das Merkmal der inadequacy schneller als erfüllt ansehen, sodass, häufiger als dies früher der Fall war, der Schadensersatz keine adäquate Abhilfe darstellt.469 Auf die Kritik an den in der älteren Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen und deren Rechtfertigung ist auch in dieser Untersuchung wiederholt hingewiesen worden.470 „Some recent cases indicate a weakening of this bar [inadequacy of damages], and it has even been argued that specific performance is now the primary remedy in England. This seems exaggerated, but a fascinating theme […] is the recent apparent weakening not only of this, but of several other of the traditional bars, so that specific performance may be more freely available now than it was in the past.“471

Andere Autoren gehen sogar noch weiter und nehmen mittlerweile an, das Merkmal der Inadäquanz sei weitgehend überholt und spiele für die Zwecke der Gewährung von specific performance kaum noch eine Rolle.472 Vielmehr sei entscheidend, ob specific performance im Vergleich zum Schadensersatz die passende Abhilfe („appropriate remedy“473) bzw. die gerechtere Lösung474 darstellt.475 In Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA heißt es bspw.: „The standard question in relation to the grant of an injunction [for specific performance], ‘Are damages an adequate remedy?’, might perhaps in the light of the authorities of recent years, be rewritten: ‘Is it just, in all the circumstances, that a plaintiff should be confined to his remedy in damages?’“.476

469 Vgl.

Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-015. Siehe insbesondere oben Kap.  2 C. IV.1. und C. IV.2. (S.  76 und 87). 471  Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  402. 472 Vgl. Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  62 m. w. N.: „[T]he occasions on which courts decline to consider specific performance […] by reference to the adequacy of damages have been becoming progressively fewer“. Siehe auch Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-030: „The question is not whether damages are an ‘adequate’ remedy“. 473 Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  5: „Specific performance should be decreed if it is the appropriate remedy“ (Herv. im Orig.); Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-030: „the availability of specific performance depends on the appropriateness of that remedy in the circumstances of each case“ (Herv. im Orig.). 474  Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  62 f. m. w. N.: „there has been a growing tendency by courts to treat a jurisdictional or threshold analysis as unnecessary, so that it is simply being asked as the ultimate question whether it would be more just to grant specific performance than to award damages“. Ähnlich Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-030. 475 Vgl. O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-007; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  514; kritisch Heydon u. a., in: Meagher, Gummow & Lehane’s Equity, S.  654 f. 476  Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA [1973] 1 WLR 349 (CA) (379). Vgl. auch Tito v Waddell (Nr.  2) [1977] Ch 106 (Ch) (322 f.): „[the court] will decree specific performance only if this will do more perfect and complete justice than an award of damages“. Siehe auch Blue Manchester Ltd v North West Ground Rents Ltd [2019] EWHC 142 (TCC) (Rn.  53): „[specific 470 

C. Rights und remedies im englischen Recht

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Manche Autoren sehen darin einen zumeist begrüßten Paradigmenwechsel hin zu specific performance als Primäranspruch, sei es zum Teil bezüglich einzelner Arten der Verbindlichkeiten.477 So schreibt McKendrick über die Beswick v Beswick-Entscheidung,478 die von der hM als charakteristisch für die bereits mehrfach erwähnte Tendenz angesehen wird: „[I]t is clear that the House of Lords envisaged a wider role for specific performance, based upon the appropriateness of the remedy in the circumstances of the case, rather than as a supplementary remedy in the hierarchical system of remedies“.479

Aus rechtsvergleichender Sicht legt Lawson dar: „As a result of this long course of development it would probably be correct to say that specific performance is now the normal remedy available against a defendant who fails to perform his contractual duty to ‘give’, unless the common law action for damages would provide a superior remedy. If that is so, English law not only approaches in practice the civilian position, in which a general availability of specific performance is subject to exceptions admitted on practical grounds, but is substantially identical in principle also“ (Herv. QCL).480

Andere Autoren sind nicht bereit, eine solche grundlegende Verschiebung anzuerkennen. Die Ausweitung der Verfügbarkeit von specific performance wird vor dem Hintergrund der oben besprochenen Argyll-Entscheidung, in der das Gericht der Klage auf specific performance einer Pflicht zum Betreiben eines Supermarkts nicht stattgab, zum Teil als Rückzug gesehen.481 Dies scheint zwar überperformance will be granted] where it appears to the court in all the circumstances to be just and equitable“. 477 Vgl. etwa Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  5: „This sensible and pragmatic approach is to be welcomed“; Lawson, Remedies of English Law, S.  211: „It would seem that if a party to a contract has promised a performance, he ought to perform without the option of paying damages; and also that if he does not perform he should be made to perform. In other words, the normal remedy for breach of contract should be specific performance“; McKendrick, Contract Law, S.  418 f.: „It is suggested that, because of the fact that damages do tend to undercompensate, specific performance should be generally available and that the courts should be willing to grant the remedy unless the defendant can satisfy the court that there is a good reason to refuse the remedy, or that an order of specific performance would violate, or be inconsistent with, established rules and doctrines of contract law“. 478  Beswick v Beswick [1968] AC 58 (HL). 479  McKendrick, Contract Law, S.  415. Siehe auch Burrows, 4 Legal Studies (1984), 102 (105 f.). 480  Lawson, Remedies of English Law, S.  213; relativierend auch Kötz, in: Reimann/Zimmermann, S.  902 (923 ff.); a. A. Farnsworth, in: Zimmermann/Reimann, S.  899 (932): „the attitudes of civil-law and common-law systems toward specific relief remain fundamentally different“. So auch Zimmermann, The Law of Obligations, S.  781: „the attitude adopted towards enforcement of actual performance of contract remains one of the fundamental differences between continental legal systems and the common law“. 481 Vgl. Rowan, 126 LQR (2010), 448 (450): „specific performance […] was marginalised

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zogen,482 aus zwei Entscheidungen neueren Datums geht aber immerhin hervor, dass der Schuldner weiterhin ein besonderes Interesse an der Naturalerfüllung darzulegen hat.483

D. Rechtsvergleichende Überlegungen I. Recht und Anspruch, Forderungsrecht und Rechtsforderung, rights und remedies Das deutsche und niederländische Recht gehen von einer weitestgehend vergleichbaren, dreigliederigen Dogmatik des Erfüllungsanspruchs aus, dessen Schwerpunkt im subjektiven Recht liegt.484 Dem subjektiven Recht wohnt zumindest im Grundsatz stets die Klagebefugnis im materiellen Sinne, also das ius agendi inne. Zur Inanspruchnahme des staatlichen Rechtsschutzes bedarf es der Klagebefugnis im formellen Sinne, d. h. einer actio oder Rechtsforderung. Die englische Konzeption des Anspruchs stellt traditionell maßgeblich auf den Begriff des remedy ab. Erstaunlich ist deshalb, dass das remedy von Unklarheiten umgeben ist und der Begriff mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen verwendet wird. Eine Systematisierung der remedies kann anhand verschiedener Merkmale erfolgen, maßgeblich ist allerdings letztlich der rechtshistorische Hintergrund des remedy (legal oder equitable). Hinsichtlich des letzteren Merkmals ist umstritten, inwiefern historische Unterschiede beizubehalten sind. Wer sich die Diskussion über die Ermessenspielräume des Gerichts in equity ansieht, könnte meinen, in der Zeit zurückversetzt zu sein. Die Parallele zum römischen Recht, in dem zwischen strengem Recht (ius strictum) und billigem Recht (ius aequum) unterschieden wurde,485 springt ins Auge. Windscheid/Kipp schreiben bspw.:

since Lord Hoffmann’s seminal speech in Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd“ (Herv. im Orig.). 482  Relativierend auch Burrows, in: English Private Law, Rn.  21.199; McKendrick, Contract Law, S.  416 ff. 483 Vgl. Cavendish Square Holding BV v Makdessi [2015] UKSC 67 (Rn.  30): „the minimum condition for an order of specific performance is that the innocent party should have a legitimate interest extending beyond pecuniary compensation for the breach“. Auf dieses Kriterium abstellend auch Zinc Cobham Ltd v Adda Hotels [2018] EWHC 1025 (Ch) (Rn.  48). 484  So auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1216. 485 Vgl. Coing, Europäisches Privatrecht, Bd.  I, S.  40 ff. und zum Vertragsrecht S.  404 f.; Kaser/Knütel/Lohsse, Römisches Recht, §  44 Rn.  1 ff.; Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  I, §  46, S.  196 ff.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

101

„[Die billigen Actiones] legen dem Judex gar keine Schranken auf, sondern überlassen es seinem Ermessen, worauf er den Beklagten verurteilen wolle. Freilich hat es dabei nicht sein Bewenden behalten: im Laufe der Zeit sind für dieses Ermessen durch die Jurisprudenz und die Kaisergesetzgebung Rechtsregeln ausgebildet worden, welche in das Detail hineingehen, soweit es irgend wünschbar ist“.486

Die englische Anspruchsdogmatik lässt sich wie folgt zusammenführen: Ebenso wie das deutsche und niederländische Recht unterscheidet das englische Recht zwischen Primär- und Sekundäransprüchen. Primary right ist das Recht auf die versprochene Leistung, das durch den Vertrag begründet wird. Die Ansicht, nach der ein Recht auf Naturalerfüllung dem englischen Recht fremd sei und lediglich eine Pflicht des Schuldners zur Zahlung des Schadensersatzes statt der Leistung im Falle des Vertragsbruchs existiere, ist als unzutreffend abzulehnen. Secondary rights sind solche Ansprüche, die lediglich im Falle der Verletzung der primären Pflicht in Betracht kommen. Remedies sind sämtliche rechtliche Vorgehensweisen, die dem Gläubiger im Falle der Leistungsstörungen gegen den Schuldner zustehen. Die Voraussetzungen für eine Verurteilung ergeben sich aus dem materiellen Recht. Der Begriff des remedy ist somit letztlich gemischt materieller und verfahrensrechtlicher Natur.487 Für die Zwecke von specific performance entfaltet das remedy seine Wirkung bei dem Übergang vom Naturalerfüllungsanspruch zur Naturalkondemnation. Versteht man unter remedy sämtliche rechtliche Vorgehensweisen, die dem Gläubiger gegen den Schuldner im Falle der Nichtleistung zustehen, oder die Summe der möglichen vom Gericht auszusprechenden Verurteilungen,488 so bestehen gegen die Verwendung einer solchen Begrifflichkeit im (kontinental)europäischen Diskurs keine grundlegenden Einwände. Anders ist dies, wenn unter remedy die Sanktionierung einer Vertragsverletzung oder Ähnliches verstanden wird oder der Begriff dogmatische Aussagekraft beanspruchen sollte.489 Bei der hier vorgeschlagenen Betrachtungsweise geht es allerdings letztlich darum, welche Ansprüche der Gläubiger im Falle einer bereits erfolgten oder bevorstehenden Pflichtverletzung gerichtlich geltend machen kann. Zu diesen Ansprüchen gehört jedenfalls nach deutschem und niederländischen Recht in erster Linie der Erfüllungsanspruch, der zwar nicht wegen der Rechtsverletzung erst entsteht, aber nichtsdestoweniger jedenfalls nach jener geltend gemacht und insofern ebenfalls als remedy bezeichnet werden kann.

486 

Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  I, §  46, S.  200 f. So auch Dedek, Negative Haftung aus Vertrag, S.  73; Weller, JZ 2008, 764 (767 f.). 488  Siehe auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1083 f. 489  Dagegen auch Flessner, ZEuP 1997, 1183 ff. 487 

102

Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

II. Naturalerfüllungsanspruch, recht op nakoming und specific performance Das Primat der Naturalerfüllung ist sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden unumstritten. Während in Deutschland das Recht auf Naturalerfüllung in §  241 Abs.  1 BGB normativ verankert ist, regelt das niederländische Recht lediglich die Naturalkondemnation. Das niederländische Recht sieht einige Ausnahmen von der grundsätzlichen Naturalkondemnation vor. Auch dem deutschen490 und englischen Recht sind die entsprechenden Kategorien zum Teil nicht fremd. So stellt in allen Rechtsordnungen die Zulässigkeit der Naturalerfüllung höchstpersönlicher Leistungspflichten eine Problematik dar.491 Das deutsche Recht lässt die Naturalerfüllung von Leistungen aus einem Dienstvertrag, um den es sich bei höchstpersönlichen Leistungspflichten typischerweise handelt, letztlich zwar ebenfalls (§  888 Abs.  3 ZPO), aber erst auf der Ebene des Zwangsvollstreckungsrechts, scheitern.492 Im niederländischen Schrifttum wird die Einschränkung der Naturalkondemnation deshalb für verfehlt gehalten und für eine Behandlung der Thematik im Rahmen des Zwangsvollstreckungsrechts plädiert. Für die Zwecke der specific performance misst das englische Recht der höchstpersönlichen Natur der Leistung großen Wert bei. Jedenfalls nach traditioneller Ansicht wird specific performance bei Dienstleistungen nicht zuerkannt, da dies einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit des Schuldners darstelle und sich deren Erbringung schwer vom Gericht überwachen lasse. Die neuere Rechtsprechung und Literatur haben derartige Überlegungen aus verschiedenen Gründen zunehmend als nicht überzeugend zurückgewiesen. Abgesehen davon, kann die Erbringung einer höchstpersönlichen Leistung u. U. de facto mittels der indirekten specific performance sichergestellt werden. Das englische Recht erkennt ebenfalls an, dass der Vertrag den Schuldner grundsätzlich zur Erbringung der geschuldeten Leistung verpflichtet, die Naturalerfüllung mithin Primäranspruch im vertraglichen Sinne ist. Im Wege von specific performance artikuliert das Gericht lediglich dasjenige, wozu der Vertrag bereits verpflichtet. So verhält es sich ebenfalls im deutschen und niederländischen Recht. In allen untersuchten Rechtsordnungen stellt die Rechtsverletzung keinen Grund für die Entstehung der Befugnis zur Inanspruchnahme des Gerichts dar. 490  Dies

gilt etwa für den Ausschluss der Naturalkondemnation kraft Gesetzes, bspw. bei Naturalobligationen oder nach Erhebung der Verjährungseinrede. A. A. Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1212. 491  Siehe näher Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1261 ff. 492 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  240. Siehe ausführlich unten Kap.  6 A. III.1.b)bb) (S.  248).

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

103

Sowohl im deutschen als auch im niederländischen Recht ist seit Langem und allgemein anerkannt, dass die Klagebefugnis im materiellen Sinne unmittelbar dem Vertrag entspringt.493 Der Gläubiger muss für die Begründetheit der Erfüllungsklage seit der Ablehnung der gemeinrechtlichen Metamorphosentheorie im Grundsatz lediglich das Vorliegen eines Vertrags, nicht etwa dessen Verletzung beweisen.494 Entgegen einer Meinung im rechtsvergleichenden Schrifttum495 ist auch im englischen Recht eine Rechtsverletzung keine Voraussetzung für die Entstehung des remedy von specific performance. Vielmehr kann der Gläubiger bereits aufgrund des bloßen Vertragsschlusses specific performance verlangen, zumindest sofern die sonstigen dafür geltenden Voraussetzungen vorliegen. Sekundäransprüche bzw. secondary rights kommen erst im Falle der Verletzung des Primäranspruchs in Betracht. Maßgeblicher Tatbestand für den Übergang vom Primäranspruch zu etwaigen Sekundäransprüchen ist die Pflichtverletzung bzw. die Unzulänglichkeit der Erfüllung. Sowohl das deutsche als auch das niederländische Leistungsstörungsrecht haben sich dabei (mittelbar) vom UN-Kaufrecht inspirieren lassen, das auf der Nichterfüllung aufbaut.496 Die Gemeinsamkeit dieser drei Begriffe liegt letztlich darin, dass diese in erster Linie faktisch und weder normativ geprägt sind noch auf den Grund für die Unzulänglichkeit abstellen.497 Für das Eintreten der Schadensersatzpflicht ist, abgesehen vom Zurückbleiben der Leistung hinter dem Schuldverhältnis, erforderlich, dass der Schuldner diese Pflichtverletzung zu vertreten hat oder die Unzulänglichkeit diesem zugerechnet werden kann. Im englischen Recht stellt der breach of contract diesen Übergangstatbestand dar. Dieser ist letztlich ebenfalls faktischer Natur, allerdings im Unterschied zum deutschen und niederländischen Recht verschuldensunabhängig.498 493 Vgl.

Weller, JZ 2008, 764 (768). Siehe zum deutschen Recht Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  35 II 1, S.  147 f.; Weller, JZ 2008, 764 (768); zum niederländischen Recht Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  136. 495  Vgl. etwa Freund, Erfüllungszwang im Kaufrecht, S.  248 f.; Van Kogelenberg, ERPL 2009, 599 (600); Neufang, Erfüllungszwang als ‚remedy‘ bei Nichterfüllung, S.  240; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  241 f.; Stürner, Europäisches Vertragsrecht, S.  418; Weller, JZ 2008, 764 (768). 496  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  135. In Deutschland spielte auch die Umsetzung der VerbrGK-RL im Rahmen der Schuldrechtsreform eine große Rolle. Diese baut allerdings ihrerseits in Teilen ebenfalls auf das UN-Kaufrecht auf. Vgl. Magnus, in: Schulze/Schulte-Nölke, S.  67 ff.; Schlechtriem, ZEuP 1993, 217 ff. Siehe ferner Anders, ZIP 2001, 184 (186); Schlecht­ riem, IHR 2001, 12 (15 ff.); Zimmermann, JZ 1995, 477 (481). 497 Vgl. Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1077 ff. 498 Vgl. Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1019; Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  33 und 35; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  501. 494 

104

Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

Trotz der dogmatischen Parallelen zwischen deutschem und niederländischem Recht einerseits und dem englischen Recht andererseits kann letztlich nicht übersehen werden, dass das englische Recht für die Naturalerfüllung Tatbestände kennt, die den anderen beiden Rechtsordnungen fremd sind. Zwar werden die für die Gewährung von specific performance geltenden Voraussetzungen seit geraumer Zeit derart ausgelegt, dass, leichter als dies früher der Fall war, zur Erbringung der geschuldeten Leistung in natura verurteilt werden kann. Nichtsdestoweniger bleibt ein wesentlicher dogmatischer Unterschied im Vergleich zum deutschen und niederländischen Recht bestehen: Der Grund für die Existenz des remedy ist nicht die Existenz des Vertrags per se. Das Vorliegen eines Vertrags reicht für eine Verurteilung des Schuldners im Wege des remedy von specific performance nicht aus. Es müssen weitere Voraussetzungen hinzutreten. Right und remedy sind somit nicht identisch. Diese Überlegungen und Unterschiede lassen sich in einem englischen Zitat festhalten, das eine Frage enthält, die sich im deutschen und niederländischen Recht nicht stellt oder die sich jedenfalls ohne Zweifel beantworten lässt. „The […] question is whether substantive rights arise because remedies are granted or whether remedies are granted because substantive rights are thought to exist. Where substantive rights come before remedies or vice versa seems like asking whether chickens existed before eggs.“499

III. Die Klagebefugnis vor Fälligkeit Nimmt man mit dem deutschen, niederländischen und englischen Recht an, dass die Klagebefugnis unmittelbar aus dem Schuldverhältnis erwächst und der Erfüllungsanspruch deshalb nicht von einer Vertragsverletzung abhängt, so müsste daraus ebenfalls folgen, dass der Gläubiger die Leistung grundsätzlich bereits vor Fälligkeit einklagen können müsste.500 Wer einen Anspruch auf eine künftige Leistung hat, dem fehlt es im Allgemeinen an einem Interesse an der frühzeitigen Einklagung desselben. Das Gerichtssystem sollte nicht mit der Einklagung nicht fälliger Ansprüche überfrachtet werden, die möglicherweise zum maßgeblichen Zeitpunkt ohnehin freiwillig vom Schuldner erfüllt werden. Auf der anderen Seite sprechen in bestimmten Fällen Erwägungen der Effizienz und des effektiven Rechtsschutzes dafür, den Gläubiger nicht erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit ein Verfahren anstreben zu lassen, sondern ihm bereits im Voraus die Klage zu gestatten, sodass das Urteil erforderlichenfalls unmittelbar nach der Fälligkeit 499 

Zakrzewski, Remedies Reclassified, S.  57. zum deutschen Recht etwa Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1366: „Die Fälligkeit ist keine begriffsnotwendige Voraussetzung des Anspruchs“. So auch Brox/Walker, BGB AT, §  30 Rn.  3; Neuner, BGB AT, §  22 Rn.  27. A. A. etwa Riehm, in: FS Canaris, S.  345 (363). Siehe näher auch Winkelmann, Der Anspruch, S.  183 m. w. N. 500 Vgl.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

105

zwangsweise durchgesetzt werden kann.501 In der Tat lassen alle hier untersuchten Rechtsordnungen die Klage für nicht fällige Ansprüche nur unter bestimmten Umständen zu. Nach deutschem Recht kann der Anspruch grundsätzlich nicht vor Fälligkeit eingeklagt werden. Eine dahingehende, im ersten Entwurf des BGB noch vorgesehene Klarstellung502 wurde aus Gründen der Selbstverständlichkeit nicht in das BGB übernommen.503 In bestimmten Fällen kann ein Anspruch allerdings ausnahmsweise bereits vor Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden.504 Die ZPO normiert in §§  257 ff. vier solcher Fälle. Insbesondere die letzte, in §  259 ZPO geregelte Konstellation ist hier von Interesse.505 Gemäß §  259 ZPO ist dem Gläubiger der Gerichtsweg erst dann eröffnet – wird ihm also die prozessuale Klagebefugnis erteilt506 –, wenn dieser das Ausbleiben der Leistung bei Fälligkeit befürchtet und deshalb ein besonderes Interesse an der frühzeitigen Geltendmachung nachweist.507 Ein solches Rechtsschutzinteresse ist im niederländischen Recht im Allgemeinen ebenfalls Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Gerichtswegs. Art.  3:303 BW bestimmt nämlich: „Ohne hinreichendes Interesse steht niemandem eine Rechtsforderung zu“. Dies ist eine Kodifikation des bereits im alten Recht etablierten Rechtssatzes „point d’intérêt, point d’action“.508 Auch im niederländischen Recht ist somit der Grundsatz etabliert, dass lediglich nach Fälligkeit (opeisbaarheid) der Leistung geklagt werden kann.509 Eingeklagt werden kann der nicht fällige Anspruch somit dann, wenn der Gläubiger ein Interesse

501 

Siehe zum deutschen Recht die Überlegungen in Motive, Bd.  I, S.  365. §  190 Abs.  1 BGB-E I: Die Verurteilung zu einer Leistung ist nur zulässig, wenn die Fälligkeit bereits eingetreten ist. 503  Vgl. Protokolle, Bd.  I, S.  244 f. Siehe auch Gsell, in: FS Buchner, S.  267 (276); Roth, ZZP 98 (1985), 287. 504  Siehe näher in diesem Zusammenhang auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  243 ff. 505  Die anderen Fälle sind die Klage auf künftige Zahlung oder künftige Räumung einer Immobilie (§  257 ZPO) und die Klage auf wiederkehrende Leistungen nach Erlass eines Urteils (§  258 ZPO). 506  Die Einordnung dieser Vorschriften in der ZPO ist deshalb nur konsequent. 507 Vgl. Weidt, Antizipierter Vertragsbruch, S.  170 f. Siehe zum Ganzen Roth, ZZP 98 (1985), 287 ff. 508  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  915; Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  127 m. w. N.; Van Nispen, Sancties in het vermogensrecht, S.  30. Siehe zu diesem Grundsatz ausführlich Van Baars, Point d’intérêt, point d’action. 509 Vgl. Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  79; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  343. 502 

106

Kapitel 2:  Dogmatik des Erfüllungsanspruchs

i. S. d. Art.  3:303 BW darlegt.510 Eine Verurteilung erfolgt in diesem Fall unter der Bedingung des Fälligwerdens des Anspruchs (vgl. Art.  3:296 Abs.  2 BW).511 Dies entspricht weitestgehend der Rechtslage nach englischem Recht, in dem die Pflichtverletzung zwar keine zwingende Voraussetzung für specific performance darstellt, aber zumindest eine drohende Pflichtverletzung für die Anrufung des Gerichts erforderlich ist. Funktional ist die drohende Pflichtverletzung als Voraussetzung für die Klage somit ohne Weiteres mit §  259 ZPO und Art.  3:303 BW vergleichbar.512 Die Problematik des zwischenzeitigen Unmöglichwerdens der Leistung, die im englischen Recht durch die spätere Aufhebung des Urteils behoben wird,513 löst das deutsche Recht wiederum im Rahmen des §  767 ZPO.514 Wer ohne ein Rechtsschutzinteresse einen Prozess anstrebt, geht das Risiko ein, die Prozesskosten (vgl. §  93 ZPO, Art.  237 Abs.  1 S.  3 Rv) und darüber hinaus die Schäden des anderen Teils wegen unnötiger Prozessführung tragen zu müssen.515 Derartige Erwägungen spielen auch im englischen Kostenrecht eine Rolle (vgl. CPR 44.2).516 Insoweit kommen die Rechtsordnungen deshalb zu vergleichbaren Ergebnissen.

510 

Vgl. Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  895; Huydecoper, Reële executie, S.  13 f.; Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  79; Van Nispen, Sancties in het vermogensrecht, S.  31; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  24 f. Widersprüchlich insofern Haas, De grenzen van recht op nakoming, der die Klagemöglichkeit vor Fälligkeit ebenfalls bejaht (S.  56 f.), an anderer Stelle allerdings darlegt: „Der Erfüllungsanspruch folgt nicht aus dem Vertragsbruch, sondern ist eine Fortsetzung desjenigen, das zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung ipso iure entstand“. Orig.: „Het recht op nakoming vloeit immers niet voort uit de contractbreuk, maar is een voortzetting van wat op het moment van het opeisbaar worden van de verbintenis van rechtswege ontstond“ (S.  13). 511  Vgl. Parl. Gesch. Boek 3 BW, S.  895; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  25 f. 512  So auch Weidt, Antizipierter Vertragsbruch, S.  172; a. A. in Bezug auf das US-amerikanische Recht Neufang, Erfüllungszwang als ‚remedy‘ bei Nichterfüllung, S.  245. 513  Hasham v Zenab [1960] AC 316 (PC) (330): „The court will […] give relief from any order in the event of an intervening circumstance frustrating the contract“. 514 Vgl. Weidt, Antizipierter Vertragsbruch, S.  172. 515 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  343. 516 Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  68.4 f. Siehe aber die Entscheidung Marks v Lilley [1959] 1 WLR 749 (Ch), in der dem Gläubiger sogar einen Anspruch auf Kostenersatz zugesprochen wurde.

Kapitel 3

Unmöglichkeit In diesem Kapitel soll das Unmöglichkeitsrecht der hier untersuchten Rechtsordnungen thematisiert werden. Die Besprechung beschränkt sich auf die tatsäch­ liche nachträgliche Unmöglichkeit, d. h. die Unmöglichkeit im „wirklichen“,1 „physischen“2 oder absoluten3 Sinne. Diese kann sowohl vorübergehender als auch dauerhafter Natur sein. Auch dies wird in diesem Kapitel behandelt, wobei insbesondere der Übergang von der ersteren in die letztere Form von Interesse ist. Ebenfalls besprochen wird die der tatsächlichen Unmöglichkeit vielfach gleichzusetzende rechtliche Unmöglichkeit, bei der die Erbringung der geschuldeten Leistung zwar nicht im wahrsten Sinne unmöglich ist, die Leistung allerdings nicht ohne die gleichzeitige Verletzung einer Rechtsregel erbracht werden kann.4 Dass das Recht es nicht ermöglicht, den Schuldner zum Unmöglichen anzuhalten, mag auf den ersten Blick als eine Selbstverständlichkeit erscheinen.5 Dies wird üblicherweise mit „la formule immortelle“6 des Celsus impossibilium nulla est obligatio ausgedrückt.7 Die Maxime ist im Laufe der Jahrhunderte von ihrer Bedeutung entfremdet worden, denn rechtshistorisch bezieht sich diese auf die hier nicht ausführlich zu behandelnde anfängliche Unmöglichkeit. Sie bringt nämlich zum Ausdruck, dass eine anfänglich unmögliche Leistung keine Obligation begründen kann.8 Dies entspricht allerdings nicht länger dem deutschen Verständnis,9 nach dem die Erbringung einer anfänglich unmöglichen Leistung sehr wohl wirksam vereinbart werden kann, während etwaige aus ei1 

Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  129 r.Sp. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  309. 3  Siehe unten Kap.  3 A. II. (S.  113). 4  Vgl. auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1250. 5  Vgl. auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1243. 6  Rabel, Gesammelte Werke, Bd.  IV, S.  105 (119). 7  Vgl. Dig. 50, 17, 185. Siehe dazu ausführlich Gordley, 52 Am. J. Comp. L. (2004), 513 (514); Schermaier, in: HKK-BGB, §  275 Rn.  12 ff. 8 Vgl. Gordley, 52 Am. J. Comp. L. (2004), 513 (514); Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1251. 9  Siehe näher Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  36; Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S.  67 m. w. N.; Schlechtriem, in: FS Sonnenberger, S.  125 (130 ff.). 2 Vgl.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

nem solchen Vertrag entstehende Schadensersatzansprüche nach den Maßgaben des durch die Schuldrechtsreform eingeführten §  311a Abs.  1 BGB10 gegeben sind. In den Niederlanden steht die anfängliche Unmöglichkeit dem Zustandekommen einer wirksamen Verbindlichkeit ebenfalls nicht im Wege.11 Auch das englische Recht hat schließlich seit jeher kein Problem darin gesehen, dass sich der Schuldner zur Erbringung einer unmöglichen Leistung verpflichtet.12 Insofern hat sich das deutsche Recht mit der Schuldrechtsreform in Richtung des englischen Rechts bewegt.13 Zu bedenken ist allerdings, dass es sich bei der anfänglichen Unmöglichkeit stets um die Frage handelt, ob der Schuldner Schadensersatz zu leisten hat. Eine davon zu unterscheidende Frage ist, ob der Gläubiger ebenfalls die Naturalerfüllung verlangen kann. Dass dies nicht der Fall ist, ist auch im englischen Recht anerkannt. „It is clearly established that the courts will not require that to be done which cannot be done.“14

Im Übrigen soll die anfängliche Unmöglichkeit an dieser Stelle außen vor bleiben.

A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit I. Unmöglichkeit im deutschen Recht 1. Überblick Das deutsche Recht regelt die tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit in §  275 Abs.  1 BGB. Diese Norm erfasst nur solche Fälle, in denen von vornherein klar ist, dass die Leistung schlichtweg nicht in natura erbracht werden kann, und zwar sowohl im Falle der nachträglichen als auch im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit.15 Die Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung ist nicht zuläs10  Siehe dazu Canaris, JZ 2001, 499 (505 ff.); Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  29; Ehmann, in: FS Canaris, Bd.  I, S.  165 (173). 11  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  485. 12 Vgl. Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  1-002 m. w. N. Siehe aber Sec. 6 Sale of Goods Act 1979: „Where there is a contract for the sale of specific goods, and the goods without the knowledge of the seller have perished at the time when the contract is made, the contract is void“. 13  Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  1-002 spricht in diesem Zusammenhang von „considerable convergence“. 14  Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  132. Vgl. auch Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  1-002. 15 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  6 und 12; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  33; Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  9; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  4.

A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit

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sig.16 Bei der Beurteilung der Unmöglichkeit einer Leistung gilt es zunächst nach dem Inhalt der Leistungspflicht zu fragen.17 Denn erst wenn festgestellt worden ist, welche Leistung geschuldet ist, kann im Anschluss die Unmöglichkeit deren Erbringung beurteilt werden. Der Zweck des §  275 Abs.  1 BGB besteht darin, den Anspruch des Gläubigers auf Erbringung der geschuldeten Leistung in natura zu begrenzen.18 Ist nämlich die geschuldete Leistung unmöglich geworden, so entfällt von Rechts wegen die Leistungspflicht des Schuldners.19 In einem solchen Fall wird der Gläubiger grundsätzlich ebenfalls von der Gegenleistungspflicht befreit (vgl. §  326 Abs.  1 S.  1 BGB). Dass der Gläubiger nicht länger kraft des Schuldverhältnisses die Naturalerfüllung verlangen kann (vgl. §  241 Abs.  1 BGB), lässt hingegen seinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung unberührt. Dies bringt §  275 Abs.  4 BGB zum Ausdruck.20 Für das Entfallen der Primärleistungspflicht und die Befreiung des Schuldners von der Schadensersatzpflicht gilt mithin keine einheitliche Regelung.21 Anders als im englischen Recht, in dem die Unmöglichkeit auch zu einer umfassenden Terminierung des Vertrags führen kann,22 liegt dem deutschen Recht deshalb eine „duale Befreiungsregelung“23 zugrunde, bei der zwischen dem stark faktisch geprägten, verschuldensunabhängigen Unmöglichkeitsbegriff24 und der normativen Frage nach dem Verschulden des Schuldners zu differenzieren ist. 2. Zwei Formen der Unmöglichkeit Das deutsche Recht differenziert zumindest auf Tatbestandsebene zwischen subjektiver und objektiver Unmöglichkeit. Die Leistungspflicht ist ausgeschlossen, soweit die Leistung für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist (§  275 Abs.  1 BGB). 16  So

bereits RG, Urt. v. 16.05.1923 – I 441/22, RGZ 107, 15 (17 f.). Siehe ferner bspw. BGH, Urt. v. 21.06.1974 – V ZR 164/72, NJW 1974, 1552 (1554); BGH, Urt. v. 26.03.1999 – V ZR 368/97, NJW 1999, 2034 (2035): „Die Verurteilung zu einer Leistung, deren Unmöglichkeit zwischen den Parteien unstreitig ist oder festgestellt wird, ist nach ständiger Rechtsprechung unzulässig“. 17 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  34 f. 18 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  1. 19  Siehe zu beweisrechtlichen Aspekten Kohler, AcP 205 (2005), 93 (94 ff.). 20 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  6. 21 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  1: „Das BGB regelt […] die Schuldnerbefreiung dualistisch“. So auch Looschelders, in: FS Canaris, S.  403 (415). 22  Siehe unten Kap.  3 A. III.1. (S.  116). 23  Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  9. 24 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  60 m. w. N.; Kohler, AcP 205 (2005), 93 (94).

110

Kapitel 3:  Unmöglichkeit

a) Subjektive Unmöglichkeit Subjektiv unmöglich ist die Leistung, wenn der Schuldner diese nicht erbringen kann.25 Dies entspricht etwa dem Unvermögen i. S. d. §  275 Abs.  2 BGB a. F.26 Nicht erforderlich ist, dass die Leistung nicht von einer anderen Person als dem Schuldner erbracht werden könnte.27 Fälle der subjektiven Unmöglichkeit ergeben sich bspw. bei höchstpersönlichen, tätigkeitsbezogenen Leistungspflichten, die vom Schuldner etwa wegen Krankheit oder Verhinderung nicht erbracht werden können.28 Subjektive Unmöglichkeit der Pflicht zur Übereignung kann vorliegen, wenn nicht der Schuldner, sondern eine andere Person Eigentümer einer verkauften Sache ist.29 b) Objektive Unmöglichkeit Unmöglichkeit für jedermann liegt vor, wenn die Leistung „nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik schlechthin nicht erbracht werden kann“,30 also von „genereller Unerfüllbarkeit“31 die Rede ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine geschuldete Sache nie existiert hat oder untergegangen (vernichtet, ab- oder ausgebrannt, vollständig zerstört usw.) ist.32 Die Stückschuld wird mit Untergang der Sache unmöglich. Die Ausweitung des Stückschuldbegriffs, die der BGH bei generischen Stücksachen, etwa Gebrauchtwagen, für die Nacherfüllung vorgesehen hat,33 spielt bei der Unmög25 Vgl.

Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  55; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  17. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  64; Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  9; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  23; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  311; a. A. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  55. 27 Vgl. Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  23. 28  Siehe etwa BAG, Urt. v. 02.11.2016 – 10 AZR 596/15, NJW 2017, 906 (908 Rn.  28); Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  78; a. A. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  39; Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  56 I 6, S.  709 f. Nach dieser Ansicht handele es sich um einen Fall der objektiven Unmöglichkeit. Siehe weitere Beispiele insbesondere bei Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  65 ff. Siehe ferner auch Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  17 ff. 29  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 146/11, NJW 2013, 152 (153 f.); Ekkenga/ Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  83. 30  BGH, Urt. v. 13.01.2011 – III ZR 87/10, NJW 2011, 756 (757 Rn.  10). Vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S.  129 r.Sp. 31  Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  13. 32 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  12 f.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  36; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  14; Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  56 I 2, S.  700; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  13. 33  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839 (2840 Rn.  18 ff.); BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 (1136 Rn.  29 ff.). 26 Vgl.

A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit

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lichkeit des Erfüllungsanspruchs keine Rolle.34 Für die Gattungsschuld kommt es maßgeblich darauf an, ob bereits eine Konkretisierung vorgenommen worden ist. Ist dies nicht der Fall, so gilt der Grundsatz genus non perit. Wurde das Leistungsobjekt hingegen bereits konkretisiert (vgl. §  243 Abs.  2 BGB), gilt das bei der Stückschuld Gesagte.35 Bei der Vorratsschuld tritt Unmöglichkeit ein, wenn die Leistung nicht aus der von den Parteien vereinbarten Gattung erbracht werden kann.36 Eine praktisch höchst relevante Fallgruppe der Unmöglichkeit nach §  275 Abs.  1 Fall 2 BGB stellen die absoluten Fixgeschäfte dar.37 Bei derartigen Geschäften ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung von einer derart erheblichen Bedeutung, dass sich der Vertragszweck des Gläubigers nach diesem Zeitpunkt nicht länger verwirklichen lässt.38 Lehrbuchbeispiel ist die Lieferung der Hochzeitstorte am Tag der Hochzeit. Streng genommen ist hier allerdings nach dem vereinbarten Zeitpunkt nicht die Erbringung der Leistung per se, sondern vielmehr die Erreichung des vom Gläubiger mit der Leistung angestrebten Zwecks unmöglich. Dieser Zweck ist dem Schuldner allerdings nicht zwangsläufig bekannt, sodass es interessengerecht erscheint, das Vorliegen eines Fixgeschäfts nicht zu leichtfertig zu bejahen.39 Erfasst sind insbesondere solche Geschäfte, die sich auf ein zeitlich begrenztes oder vorübergehendes Ereignis (Reise,40 Fest, Veranstaltung und dergl.) beziehen. Schwieriger zu beurteilen sind die Fälle der sog. praktischen Unmöglichkeit, bei denen die Leistung nicht im wahrsten Sinne unmöglich ist, sondern bei lebensnaher Betrachtung faktisch nicht oder jedenfalls nur mit exorbitantem Aufwand erbracht werden kann.41 Lehrbuchbeispiel ist die Bergung des Rings am 34  Siehe eingehend Musielak, NJW 2008, 2801 (2804 f.); zur unterschiedlichen Behandlung der Unmöglichkeit beim Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch insbesondere Balthasar/Bolten, ZGS 2004, 411. Gegen die Möglichkeit einer Nachlieferung beim Stückkauf etwa Ackermann, JZ 2002, 378 ff.; Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  7 f.; Faust, ZGS 2004, 252 ff.; Gruber, JZ 2005, 707 ff.; Huber, NJW 2002, 1004 (1006); Huber, in: FS Schlechtriem, S.  521 (523 Fn.  9); dafür Bitter, ZIP 2007, 1881 (1884 f.); Canaris, JZ 2002, 831 ff. 35 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  20 f.; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  8 ff.; Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  6 ff. 36 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  21. 37 Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, §  6 II, S.  157 ff.; Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  56 I 7, S.  710. 38 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  16 f.; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  48; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  50; Grüneberg, in: Grüneberg, §  271 BGB Rn.  17, §  275 BGB Rn.  15; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  14. 39 Zurückhaltend auch Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  51; Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, §  6 II, S.  157. 40  Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 21.03.1974 – VII ZR 87/73, NJW 1974, 1046 (1047). 41 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  38.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

Boden des Sees.42 Dass selbst die Phantasie der Rechtswissenschaft früher oder später von der Realität überholt wird, zeigt ein 2015 vom LG Berlin judizierter Fall, in dem die Klägerin einen vom Beklagten in einen Ring eingesetzten sog. Erinnerungsdiamanten während eines Bootausflugs verloren hatte.43 Bei derartigen Fällen ist in abstracto und war in concreto umstritten, ob diese nach dem ersten oder dem zweiten Absatz des §  275 BGB zu behandeln sind, obwohl im Ergebnis weitgehend Einigkeit darüber zu herrschen scheint, dass die Leistungspflicht ausgeschlossen ist. In der Tat besteht eine schwer zu ziehende, wohl eher fließende Grenze zwischen faktischer Unmöglichkeit nach §  275 Abs.  1 BGB und Unzumutbarkeit nach §  275 Abs.  2 BGB. Nach hM ist lediglich die echte Unmöglichkeit von Abs.  1, die praktische Unmöglichkeit aber von Abs.  2 erfasst.44 Die Unterscheidung ist wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte, zu denen die Rechtsfolgen eintreten, von Bedeutung. Darauf wird sogleich noch zurückzukommen sein.45 3. Bedeutung des Vertretenmüssens Anders als nach altem Recht, jedenfalls dem Wortlaut nach (vgl. §  275 Abs.  1 BGB a. F.),46 spielt das Verschulden des Schuldners hinsichtlich der zur Unmöglichkeit führenden Umstände bei der Frage nach dem Entfallen der Naturalleistungspflicht keine Rolle.47 Der Schuldner, der aufgrund zu vertretender Unmöglichkeit nicht leisten kann, kann zur Leistung gleichwohl nicht angehalten werden.48 4. Rechtsfolge Ist die Erbringung der Leistung unmöglich geworden, so ist der Erfüllungsanspruch des Gläubigers ausgeschlossen. Diese Rechtsfolge tritt von Rechts wegen 42 Siehe bereits Heck, Grundriss des Schuldrechts, §  28 Nr.  8, S.  89; BT-Drs. 14/6040, S.  129 r.Sp. f. 43  LG Berlin, Urt. v. 20.02.2015 – 11 O 90/14, NJW-RR 2015, 976. 44 Vgl. Canaris, JZ 2001, 499 (501); Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  38; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  22; kritisch Schlechtriem, in: FS Sonnenberger, S.  125 (126 f.); a.A LG Berlin, Urt. v. 20.02.2015 – 11 O 90/14, NJW-RR 2015, 976 (977); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  27. 45  Siehe dazu unten Kap.  3 A. I.4. (S.  112) sowie Kap.  4 A. I.5. (S.  148). 46  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  127 l.Sp. Im Schrifttum wurde bereits vielfach für eine andere Auslegung plädiert. Vgl. Canaris, JZ 2001, 499, (500); a. A. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, §  4 III 4 c), S.  120, beide m. w. N. 47  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  128 r.Sp.; Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  3; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  5; a. A. Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S.  249 ff. 48  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  128 r.Sp.; Canaris, JZ 2001, 499 (500).

A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit

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ein.49 Der Gläubiger kann die Leistung also nicht verlangen, der Schuldner kann diese im Umkehrschluss nicht erbringen. Nach anderer Ansicht soll die Unmöglichkeit lediglich den Leistungsanspruch des Gläubigers, nicht aber das Leistungsrecht des Schuldners ausschließen.50 Die Unmöglichkeit beschränkt den Erfüllungsanspruch, d. h. den Anspruch auf Erfüllung in natura,51 lässt allerdings etwaige Schadensersatzansprüche gemäß §  275 Abs.  4 BGB unberührt. Diese stehen dem Gläubiger stets dann zu, wenn der Schuldner den Entlastungbeweis für die zusätzliche Voraussetzung des Vertretenmüssens, dessen Vorliegen gemäß §  280 Abs.  1 S.  2 BGB vermutet wird,52 nicht führen kann.53 Der Anspruch auf die Gegen-, typischerweise die Geldleistung, entfällt grundsätzlich ebenfalls (§  326 Abs.  1 BGB) und der Gläubiger kann ohne Nachfristsetzung vom Vertrag zurücktreten.54 Ist der Gläubiger der Substanzleistung (= Schuldner der Gegenleistung) in Vorleistung getreten, so kann dieser die Leistung nach den Maßgaben des Rücktrittsfolgenrechts zurückfordern (§  326 Abs.  4 BGB). II. Absolute Unmöglichkeit im niederländischen Recht 1. Begriffsbestimmung Im niederländischen Recht wird zwischen der absoluten (auch vollkommenen, logischen oder theoretischen) und relativen Unmöglichkeit unterschieden (absolute und relatieve onmogelijkheid).55 Absolute Unmöglichkeit liegt vor, wenn die Leistung schlichtweg nicht erbracht werden kann.56 Der Begriff umfasst sowohl objektive als auch subjektive Unmöglichkeit und ist insofern der deutschen Unmöglichkeit i. S. d. §  275 Abs.  1 BGB gleichzusetzen. Unter relativer Unmöglichkeit werden verschiedene Fälle diskutiert, die unter Berücksichtigung norma49 Vgl.

Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  79; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  47; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  71; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  31; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  31. 50  So etwa Schlechtriem, in: FS Sonnenberger, S.  125 (126 ff.); ähnlich auch Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  79 f. (Blockierung der Durchsetzbarkeit des Anspruchs). 51 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  79; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  3. 52  Vgl. etwa Ernst, in: MüKoBGB, §  280 Rn.  34. 53  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  131 l.Sp.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  71 f. 54  Anders ist dies etwa dann, wenn der Schuldner für das Eintreten der Unmöglichkeit allein oder weit überwiegend verantwortlich oder im Annahmeverzug ist (§  326 Abs.  2 S.  1 BGB). 55 Vgl. Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (18); De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  31. 56 Vgl. De Jong, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  112.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

tiver Gesichtspunkte zum Ausschluss der Leistungspflicht führen. Erfasst ist etwa der Fall, in dem der Schuldner die Erfüllung nur unter der Tätigung eines ihm nicht zumutbaren Aufwands herbeiführen kann57 oder in dem die Erbringung ihm aus persönlichen Gründen nicht zumutbar ist.58 Hier handelt es sich bei rechtsvergleichender Betrachtung um die Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit.59 2. Fehlen einer gesetzlichen Grundlage Der niederländische Gesetzgeber hat zur absoluten Unmöglichkeit keine Norm erlassen.60 Gleichwohl ist im niederländischen Recht anerkannt, dass Unmöglichkeit grundsätzlich eine Verurteilung zur geschuldeten Leistung verhindert, die Pflicht zur Leistung allerdings bestehen bleibt.61 Zum Teil wird eine Grundlage im Gesetz darin gesehen, dass der Gläubiger im Falle der Unmöglichkeit kein hinreichendes Interesse an einer Verurteilung hat (vgl. Art.  3:303 BW), da diese nie zu einer Vollstreckung führen kann.62 3. Grundsätze in der Lehre und Rechtsprechung Eine Leistung ist absolut unmöglich, wenn diese schlichtweg nicht erbracht werden kann.63 Ist dies der Fall, kann der Schuldner nicht zur Naturalerfüllung verurteilt werden.64

57 Vgl.

HR 21.5.1976, NJ 1977, 73 (Oosterhuis/Unigro): „lediglich durch das Erbringen von Opfern, die unter Berücksichtigung aller Umstände billigerweise nicht von ihm verlangt werden können“. Orig.: „slechts door het brengen van offers die, alle omstandigheden in aanmerking genomen, in redelijkheid niet van hem gevergd kunnen worden“. Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  136; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11; De Jong, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  113. 58 Vgl. Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (18); De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11; De Jong, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  113. 59  Siehe ausführlich unten Kap.  4. (S.  142). 60  In der Tat hatte auch der deutsche Diskussionsentwurf die Unmöglichkeit zunächst weitestgehend ungeregelt gelassen. Vgl. Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes v. 04.08.2000, S.  309 ff. Siehe auch Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  3; Olzen, in: Staudinger, BGB, Einl. Schuldrecht, Rn.  196. 61 Vgl. De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  26 f. 62  Vgl. zum alten Recht Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  126. 63 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  244; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  10. 64 Vgl. Krans, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  79.

A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit

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Bei Gattungsschulden kann keine Unmöglichkeit vorliegen, wenn von der Gattung weitere Sachen existieren, die der Schuldner beschaffen kann.65 Anders kann dies etwa im Falle der beschränkten Gattungsschuld sein, bei dem der Schuldner eine Gattungssache bspw. aus eigener Herstellung oder einem bestimmten Bestand liefern muss.66 Die Erbringung einer Stückschuld wird unmöglich, wenn die Sache untergeht.67 Im Falle einer Fixschuld wird die Leistung unmöglich, wenn diese nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erbracht wird.68 Im Falle eines Dauerschuldverhältnisses wird eine Leistung, zumindest für die Vergangenheit, unmöglich, wenn die Leistung nicht nachgeholt werden kann, wie dies bspw. bei einer nicht nachholbaren Arbeitsleistung,69 der Pflicht des Mieters zum ordnungsgemäßen Umgang mit der Mietssache70 oder der dauerhaften Zurverfügungstellung von Motorrädern für Rennfahrwettbewerbe71 der Fall ist. Ohne Bedeutung für die Zwecke der Unmöglichkeit ist, ob der Schuldner diese zu vertreten hat.72 4. Verurteilung trotz Unmöglichkeit Art.  6:79 BW73 sieht vor, dass der Schuldner, der die zur Unmöglichkeit führenden Umstände nicht zu vertreten hat, gleichwohl zur Erfüllung verurteilt werden kann, wenn der Gläubiger eigenständig zur Erlangung des Geschuldeten in der Lage ist. Eine solche Möglichkeit hat der Gläubiger etwa dann, wenn diesem im Wege der Vollstreckung bspw. eine Ersatzvornahme oder eine Wegnahme der 65 Vgl.

Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  341. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  341. 67 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  382. 68  Bspw. wenn ein Rechtsanwalt einen Antrag nicht spätestens bis zum Auslaufen einer Frist gestellt hat. Vgl. HR 02.04.1982, NJ 1983, 367 (Smael/Moszkowicz). Siehe im Allgemeinen Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (18); Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  128 f.; De Jong, WPNR 2010/6826, 35; De Jong, in: Krans/De Jong/ Wissink, S.  112; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  383; a. A. HR 27.06.2008, NJ 2010, 83 (Moerings/Mol Agrocom); Van Schaick, NTBR 2012/40, 287 (Par. 4). 69 Vgl. HR 18.10.1985, NJ 1986, 338 (Dohdoh/Orchidflower). 70 Vgl. HR 11.01.2002, NJ 2003, 255 (Schwarz/Gnjatovic), Rn.  3.4. 71 Vgl. HR 20.01.2006, NJ 2006, 80 (Robinson/Molenaar Racing), Rn.  3.6. 72 Vgl. Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermogensrecht, S.  183. 73  Art.  6:79 BW: „Ist der Gläubiger, dessen Schuldner aufgrund eines ihm nicht zurechenbaren Umstands nicht leisten kann, gleichwohl in der Lage, sich selbst durch Exekution oder Aufrechnung das Geschuldete zu verschaffen, so ist er dazu befugt“. (Orig.): „Is de schuldeiser wiens schuldenaar door een hem niet toe te rekenen oorzaak verhinderd is na te komen, desondanks in staat zelf zich door executie of verrekening het verschuldigde te verschaffen, dan is hij daartoe bevoegd“. 66 Vgl.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

Sache zu Diensten steht.74 Ist eine persönliche Tätigkeitsverpflichtung bspw. wegen Krankheit des Schuldners ausgeschlossen, soll der Gläubiger gemäß Art.  6:79 BW gleichwohl zur Ersatzvornahme ermächtigt werden können. Dafür ist allerdings erforderlich, dass der Schuldner nicht aus einem Grund leistungsunfähig ist, den der Gläubiger zu vertreten hat.75 5. Rechtsfolge Ist eine Leistung unmöglich geworden, kann der Gläubiger nicht länger Erfüllung verlangen. Die Rechtsfolge tritt jedenfalls nach hM von Rechts wegen ein; insbesondere ist deshalb nicht erforderlich, dass der Schuldner die Unmöglichkeit geltend macht.76 Ob von einem Ausschluss der Leistungspflicht die Rede ist, sodass der Schuldner die Leistung nicht länger erbringen kann, ist umstritten.77 Zum Teil wird, ähnlich wie in Deutschland, ebenfalls vertreten, der Schuldner könne die Leistung weiterhin mit Erfüllungswirkung erbringen.78 III. Impossibility im englischen Recht 1. Vorbemerkung: Zwei Funktionen der impossibility Angesichts der beschränkteren Bedeutung des Naturalerfüllungsanspruchs kann es nicht verwundern, dass das Unmöglichkeitsrecht im englischen Recht eine andere Bedeutung79 als im deutschen und niederländischen Recht hat. Die Unmöglichkeit (impossibility) erfüllt im englischen Recht auf zweierlei Ebene eine Funktion. Zum einen fungiert diese, in ähnlicher Weise wie nach deutschem und niederländischem Verständnis, als Schranke des Naturalerfüllungsanspruchs.80 Die Unmöglichkeit, mit anderen Worten, beschränkt den Anspruch auf specific performance, selbst wenn die sonstigen dafür geltenden Voraussetzungen, darun74 Vgl. De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  29 ff. 75  Andere Lesart der Vorschrift bei De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  30 f. 76 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  246; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  382. 77  Bejahend jedenfalls Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  485. 78 Vgl. De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  12. 79  Vgl. auch Rückert, in: FS Kilian, S.  705 (730 f.). Siehe ferner Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  3; Markesinis/Unberath/Johnston, The German Law of Contract, S.  407; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  2; Weller, JZ 2008, 764 (770); Weller, Die Vertragstreue, S.  412 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  501. 80 Vgl. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  132; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  1-002.

A. Tatsächliche nachträgliche Unmöglichkeit

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ter insbesondere die inadequacy, vorliegen.81 Ist von Unmöglichkeit in diesem Sinne die Rede, so scheidet der Naturalerfüllungsanspruch aus und wird der Gläubiger auf den Schadensersatzanspruch verwiesen. Diese Funktion der Unmöglichkeit ist an dieser Stelle von besonderem Interesse. Zum anderen werden unter der später ausführlich zu behandelnden Lehre der frustration of contract, neben einigen weiteren Fallgruppen, ebenfalls Fälle der Unmöglichkeit thematisiert.82 Diese Fälle unterscheiden sich bei näherer Betrachtung insbesondere von der ersten Form der Unmöglichkeit hinsichtlich des zu lösenden Rechtsproblems sowie der Rechtsfolge. Bei der Unmöglichkeit im Rahmen der frustration of contract geht es nämlich vielmehr darum, den Schuldner, der zur Erbringung der Leistung die ihm zumutbaren Anstrengungen angestellt hat, die Leistung gleichwohl wegen Unmöglichkeit nicht erbringen kann, von der Schadensersatzpflicht zu befreien. Bei rechtsvergleichender Betrachtung handelt es sich demnach um Rechtsprobleme, die im deutschen Recht im Rahmen des Schadensersatzrechts (präziser: beim Merkmal des Vertretenmüssens) diskutiert werden.83 Erfasst werden im englischen Recht hauptsächlich Fälle der höheren Gewalt.84 Denn frustration of contract setzt stets voraus, dass dem Schuldner kein Verschuldens-, darunter auch kein Fahrlässigkeitsvorwurf, hinsichtlich des Vertragsbruchs gemacht werden kann, d. h. dass kein self-induced breach vorliegt.85 Ein wesentlicher Unterschied des englischen Rechts im Vergleich zum deutschen Recht besteht deshalb darin, dass das englische Recht für die Unmöglich81 Vgl. Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL) (13): „a refusal of specific performance even when damages are not an adequate remedy“. Siehe auch Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  2 Fn.  6. 82  Siehe eingehend zu den Begrifflichkeiten Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  17 ff.; zur Unmöglichkeit auch Treitel, Frus­ tration and Force Majeure, Rn.  3-001 ff. und 4-001 ff. 83 Vgl. Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  55; Weller, JZ 2008, 764 (770 f.). 84 Vgl. McKendrick, Contract Law, S.  280 f. m. w. N. 85  Vgl. bereits Bank Line Ltd v Arthur Capel & Co [1919] AC 435 (HL) (452): „it is now well settled that the principle of frustration […] assumes that frustration arises without blame or fault on either side“ und „Reliance cannot be placed on a self-induced frustration“. Siehe auch Maritime National Fish Ltd v Ocean Trawlers Ltd [1935] AC 524 (HL) (530) „The essence of ‘frustration’ is that it should not be due to the act of election of the party“. Siehe ferner Admiral Shipping Co Ltd v Weidner, Hopkins & Co [1916] 1 KB 429 (KB) (436 f.); Joseph Constantine Steamship Line Ltd v Imperial Smelting Corp Ltd [1942] AC 154 (HL); J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA) (10); sowie McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  46 ff.; McKendrick, Contract Law, S.  284 ff. Siehe ausführlich auch Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  131 ff.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

keit von einer einheitlichen Doktrin ausgeht, die im Falle des fehlenden Verschuldens zur Auflösung des gesamten Vertrags führt.86 Leitentscheidung ist Taylor v Caldwell,87 in der sich der Beklagte zu der Zurverfügungstellung einer Musikhalle samt Gärten verpflichtet hatte, in der der Kläger mehrere Konzerte veranstalten wollte. Die Konzerthalle brannte allerdings ab, woraufhin der Veranstalter die Erstattung vergeblicher Aufwendungen begehrte. Dieser Anspruch scheiterte deshalb, weil der Mieter wegen des Abrennens als frustrating event nicht länger zur Bereitstellung der Musikhalle verpflichtet war. Das Gericht weist hier allerdings nicht unmittelbar auf die Unmöglichkeit der Leistung hin, sondern bedient sich vielmehr der Lehre der implied condition:88 „the contract is […] subject to an implied condition that the parties shall be excused in case, before breach, performance becomes impossible from the perishing of the thing without default of the contractor“.89

Die Rechtsfolge liegt in der Auflösung des Vertrags, sodass beide Parteien nichts voneinander verlangen können.90 Konkret hat dies zur Folge, „that the Music Hall having ceased to exist, without fault of either party, both parties are excused, the plaintiffs from taking the gardens and paying the money, the defendants from performing their promise to give the use of the Hall and Gardens and other things“.91

Gesetzlich geregelt ist die soeben beschriebene Rechtslage für den Kauf einer Stücksache (vgl. Sec. 7 Sale of Goods Act 197992).93 2. Specific performance und impossibility Für die Zwecke des Entfallens der Naturalleistungspflicht ist im englischen Recht anerkannt, dass im Falle der Unmöglichkeit keine specific performance in Betracht kommen kann.94 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Un86 Vgl.

Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  508. Taylor v Caldwell (1863) 3 B&S 826. Siehe dazu ausführlich Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  7 ff. 88  Vgl. auch Thier, in: Hondius/Grigoleit, S.  15 (28). 89  Taylor v Caldwell (1863) 3 B&S 826 (833 f.). 90  Siehe etwa Hirji Mulji v Cheong Yue Steamship Co Ltd [1926] AC 497 (PC) (506 f.); British Movietonews Ltd v London and District Cinemas Ltd [1952] AC 166 (HL) (185 f.); ausführlich auch Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-026 und 2-040 ff. 91  Taylor v Caldwell (1863) 3 B&S 826 (840). 92  Sec. 7 Sale of Goods Act 1979: „Where there is an agreement to sell specific goods and subsequently the goods, without any fault on the part of the seller or buyer, perish before the risk passes to the buyer, the agreement is avoided“. 93  Siehe dazu auch Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  3-014 ff. 94 Vgl. North East Lincolnshire Borough Council v Millennium Park (Grimsby) Ltd [2002] EWCA Civ 1719. Siehe auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  15: „equity will deny 87 

B. Vorübergehende Unmöglichkeit

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möglichkeit ist die Fälligkeit der Leistung.95 Der Schuldner kann sich im Unterschied zur Lehre der frustration of contract96 auch dann auf die Unmöglichkeit der Leistung berufen, wenn dieser die Unmöglichkeit selbst herbeigeführt hat.97 Bleibt faktisch ungeklärt, ob die Leistung unmöglich ist, so kann das Gericht im Zweifel zu specific performance verurteilen.98 In einem solchen Fall kann das Gericht auf Antrag einer der Parteien die Verurteilung aufheben, wenn die Unmöglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt feststeht.99 Ist die Leistung unmöglich geworden, sodass specific performance ausscheidet, so kann der Gläubiger grundsätzlich gleichwohl Schadensersatz verlangen, und zwar zumeist sowohl at law als auch in equity (vgl. Sec. 50 Senior Courts Act 1981100).101

B. Vorübergehende Unmöglichkeit Von vorübergehender oder zeitweiliger Unmöglichkeit wird gesprochen, wenn die Leistung zwar bei Fälligkeit unmöglich ist, allerdings zu einem späteren Zeitpunkt (voraussichtlich) wieder erbracht werden kann.102

specific performance since you cannot do something which it is impossible to do“. Siehe auch Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  132 f.; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  574. 95 Vgl. Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  575. 96  Siehe oben Kap.  3 A. III.1. (S.  116). 97 Vgl. Heydon u. a., in: Meagher, Gummow & Lehane’s Equity, S.  674. 98 Vgl. Liberty Mercain Ltd v Cuddy Civil Engineering Ltd [2013] EWHC 4110 (TCC) (Rn.  15 ff. und 44); Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  574. 99 Vgl. Austins of East Ham Ltd v Macey [1941] Ch 338 (CA); Singh (Sudagar) v Nazeer [1979] Ch 474 (Ch) (479 ff.); Johnson v Agnew [1980] AC 367 (HL). Siehe auch Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  637. 100  Sec. 50 Senior Courts Act 1981: „Where the Court of Appeal or the High Court has jurisdiction to entertain an application for an injunction or specific performance, it may award damages in addition to, or in substitution for, an injunction or specific performance“. 101  Anwendungsbeispiel in Jaggard v Sawyer [1995] 2 All ER 189 (CA). Siehe ferner Johnson v Agnew [1980] AC 367 (HL) (392 ff.). Vgl. auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  13; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  632. 102 Ähnlich Arnold, JZ 2002, 866; Däubler, in: FS Heldrich, S.  55 (56 f.); Medicus, in: FS Heldrich, S.  347; terminologische Kritik bei Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  313 f.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

I. Vorübergehende Unmöglichkeit im deutschen Recht 1. Gesetzliche Grundlage und Schuldrechtsreform Die vorübergehende Unmöglichkeit wird nach hM ebenfalls im Rahmen des §  275 BGB, insbesondere dessen ersten Absatzes, diskutiert.103 Die Interessenlage ist insoweit mit der dauerhaften Unmöglichkeit vergleichbar, als der Schuldner nicht zur Erbringung einer – wenn auch vorübergehend – unmöglichen Leistung angehalten werden kann.104 Wie nach altem Recht ergibt sich dies indes nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, in der lediglich von einem Ausschluss des Erfüllungsanspruchs die Rede ist, „soweit“ die Leistung unmöglich ist. Dieses „soweit“ deutete und deutet insbesondere auf die Teilunmöglichkeit hin.105 Vor diesem Hintergrund hatte die Schuldrechtskommission vorgeschlagen, ebenfalls das Wort „solange“ aufzunehmen und damit auf eine klare Erfassung der vorübergehenden Unmöglichkeit abgezielt.106 Dieser Vorschlag wurde hingegen abgelehnt und die vorübergehende Unmöglichkeit wurde weiterhin der Lehre und Rechtsprechung überlassen.107 2. Rechtslage Ist eine Leistung nicht endgültig unmöglich, bleibt der Erfüllungsanspruch bestehen. Der Gläubiger kann diesen Anspruch während des Andauerns des Leistungshindernisses nach hM allerdings nicht gerichtlich durchsetzen, denn nach verbreiteter Ansicht ist eine Klage im Falle der zeitweiligen Unmöglichkeit als „zur Zeit unbegründet“ abzuweisen.108 Zum Teil wird ebenfalls, wenn auch mit unterschiedlichen prozessualen Ausgestaltungen, für eine Verurteilung zur Leis103  Auch bei den anderen Absätzen des §  275 BGB lassen sich Fälle der vorübergehenden Unmöglichkeit bilden. Denkbar ist insbesondere eine vorübergehende Unzumutbarkeit. Vgl. etwa Arnold, JZ 2002, 866 (870). 104 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  141; Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S.  308. 105 Vgl. Medicus, in: FS Heldrich, S.  347. 106  Vgl. Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, S.  117. 107  Vgl. BT-Drs. 14/7052, S.  183 r.Sp. Siehe ferner Arnold, JZ 2002, 866 (867 f.); Canaris, JZ 2001, 499 (500); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  49; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  15; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  66; Ernst, in: MüKo­ BGB, §  275 Rn.  139; Faust, in: Huber/Faust, 8. Kap. Rn.  3 ff.; Medicus, in: FS Heldrich, S.  347 (348). 108  BGH, Urt. v. 16.09.2010 – IX ZR 121/09, ZIP 2010, 2164 (Rn.  22): „Solange einem Anspruch der Einwand zumindest vorübergehender Unmöglichkeit entgegensteht, ist eine Klage als ‚zur Zeit unbegründet‘ abzuweisen“. Siehe ferner Canaris, in: FS Huber, S.  143 (147); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  48; Däubler, in: FS Heldrich, S.  55 (59); Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  141; Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S.  308; Medicus, in: FS Heldrich, S.  347 (348); Schlechtriem, in: FS Sonnenberger, S.  125

B. Vorübergehende Unmöglichkeit

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tung unter der Bedingung des Fortfalls des Hindernisses plädiert.109 Der Gläubiger kann seinerseits die Gegenleistung verweigern (§  320 BGB).110 Ob und inwiefern während des Schwebezustands weitere Rechte und Ansprüche, etwa die Beendigung des Vertrags durch Erklärung des Rücktritts sowie Schadensersatz statt oder neben der Leistung, geltend gemacht werden können, ist im Einzelnen höchst umstritten.111 Grundsätzlich ist allerdings festzuhalten, dass durchweg eine fällige Leistung vorliegen muss (vgl. insbesondere §§  323 Abs.  1, 280 Abs.  1, 3 i. V. m. §§  281 Abs.  1 und 283, 280 Abs.  1, 2 und 286 Abs.  1 BGB), an der es im Falle der vorübergehenden Unmöglichkeit wegen des Aussetzens der Leistungspflicht gerade fehlt.112 Zum Teil wird mit unterschiedlicher dogmatischer Begründung und beim Vorliegen unterschiedlicher Voraussetzungen dafür plädiert, dem Gläubiger gleichwohl den Rücktritt vom Vertrag zu erlauben.113 Sofern der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat, könne der Gläubiger u. U. ebenfalls Schadensersatz neben der Leistung verlangen.114 Praktisch bedeutsam ist somit vor allem die Frage, unter welchen Umständen die vorübergehende Unmöglichkeit einem dauerhaften Unmöglichsein der Leistung gleichgesetzt werden kann, sodass die Leistungspflicht endgültig entfällt.115 Beide Parteien können insbesondere aus Planungsgründen ein Interesse an der Beendigung des Schwebezustands und der Herbeiführung einer endgültigen Beendigung des Vertrags haben,116 zumal je nach Ansicht bis zur endgültigen Unmöglichkeit eine Auflösung des Vertrags nicht in Betracht kommt. Der BGH stellt für den Übergang von der zeitweiligen in die dauerhafte Unmöglichkeit auf

(129 f.); a. A. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  56: „Der Gläubiger kann das Leistungsurteil nicht vollstrecken, solange die Leistung unmöglich ist“ (Herv. im Orig.). 109  So etwa Kaiser, in: FS Hadding, S.  121 (128 f.); Gsell, in: FS Buchner, S.  267 (274 f.); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  317. 110 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  50; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  144; Kaiser, in: FS Hadding, S.  121 (132); a. A. Däubler, in: FS Heldrich, S.  55. 111  Vgl. eingehend Treichel, Zeitweilige Leistungshindernisse. 112  Vgl. im Einzelnen Arnold, JZ 2002, 866 (867 ff.); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  50; Däubler, in: FS Heldrich, S.  55; Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S.  312 ff.; Medicus, in: FS Heldrich, S.  347 (349 ff.); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  320 ff. 113  So etwa Arnold, JZ 2002, 866 (869); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  50; Däubler, in: FS Heldrich, S.  60 ff.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  151 f. m. w. N.; Faust, in: Huber/ Faust, 8. Kap. Rn.  7 ff.; Kaiser, in: FS Hadding, S.  121 (125 ff.). 114 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  68 f.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  153 ff.; Kaiser, in: FS Hadding, S.  121 (137 ff.). 115 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  53. 116  Näher zu den Interessen der Vertragsparteien Medicus, in: FS Heldrich, S.  347 (355).

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

einen in der Iran-Entscheidung aus dem Jahre 1982 festgelegten, später fortgeführten Maßstab ab.117 „Ein zeitweiliges Erfüllungshindernis ist einem dauernden gleichzustellen, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch die vorübergehende Unmöglichkeit in Frage gestellt wird und deshalb dem Vertragspartner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter billiger Abwägung der Belange beider Vertragsteile die Einhaltung des Vertrags nicht zugemutet werden kann.“118

Ob die Aufrechterhaltung des Vertrags unzumutbar geworden ist, hängt in hohem Maße von den Umständen des Einzelfalls ab. Als Daumenregel soll gelten, dass je länger ein Leistungshindernis voraussichtlich andauern wird, umso eher die dauerhafte Unmöglichkeit zu bejahen ist.119 Insbesondere im Handelsverkehr gehen die Parteiinteressen häufig dahin, dass eine vergleichsweise schnelle Auflösung des Vertrags angebracht ist.120 Ist die Dauer des Leistungshindernisses nicht leicht vorhersehbar, wie es typischerweise bei politischen Unruhen sowie dem Ausbruch eines Kriegs, einer Revolution oder einer Pandemie der Fall ist, so ist häufig dauerhafte Unmöglichkeit anzunehmen.121 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit bzw. Zeitweiligkeit der Unmöglichkeit ist nach Ansicht des BGH der Eintritt des Leistungshindernisses.122 In der Literatur wird dafür plädiert, ebenfalls Ereignisse zwischen Eintritt und gerichtlichem Verfahren bei dieser Beurteilung einzubeziehen.123 II. Zeitweilige Unmöglichkeit im niederländischen Recht Im Falle der vorübergehenden Unmöglichkeit (tijdelijke onmogelijkheid) ist die Leistungspflicht ausgesetzt und kann der Anspruch auf Erfüllung nicht durchgesetzt werden, solange die Unmöglichkeit anhält.124 Anders als nach der in Deutschland hM kann das Gericht trotz der vorübergehenden Unmöglichkeit zur 117 Vgl. BGH, Urt. v. 11.03.1982 – VII ZR 357/80, NJW 1982, 1458. Siehe auch Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  53 m. w. N.; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  70. 118  BGH, Urt. v. 08.05.2014 – VII ZR 203/11, NJW 2014, 3365 (3367 Rn.  23). 119  Medicus, in: FS Heldrich, S.  347 (356). 120 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  148 m. w. N. Siehe ferner zum Handelsrecht bereits Kap.  2 A. IV.2.b) (S.  42). 121 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  148. So im Ergebnis auch der BGH in der Iran-Entscheidung. 122 Vgl. BGH, Urt. v. 11.03.1982 – VII ZR 357/80, NJW 1982, 1458; BGH, Urt. v. 19.10.2007 – V ZR 211/06, NJW 2007, 3777 (3779 Rn.  24). So auch Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  56 m. w. N.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  147; Faust, in: Huber/Faust, 8. Kap. Rn.  1. 123 Vgl. Medicus, in: FS Heldrich, S.  347 (356). Siehe auch Däubler, in: FS Heldrich, S.  55 (58 m. w. N.). 124 Vgl. HR 16.01.2004, NJ 2004, 164 (Badawy/Atlanta), Rn.  3.7.2.

B. Vorübergehende Unmöglichkeit

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Erbringung der Leistung verurteilen, und zwar unter der Bedingung des Wegfalls der Unmöglichkeit. Art.  3:296 Abs.  2 BW, nach dem „derjenige, der unter einer Bedingung oder zu einem Zeitpunkt zur Leistung verpflichtet ist, […] dazu unter ebendieser Bedingung oder zu ebendiesem Zeitpunkt verurteilt werden“ kann, wird für die vorübergehende Unmöglichkeit analog angewendet.125 Zu den Rechten des Schuldners während der vorübergehenden Unmöglichkeit enthält das niederländische Recht einige klare Vorschriften, die den Gläubiger in eine vergleichsweise komfortable Lage bringen. Was zunächst den Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz anbelangt, so kann dieser den Schuldner im Falle der vorübergehenden Unmöglichkeit durch Mitteilung in den Zustand des Verzugs versetzen. Verzug (verzuim) setzt typischerweise eine Mahnung voraus, in der der Gläubiger dem Schuldner eine Nachfrist zur Erbringung der geschuldeten Leistung setzt (vgl. Art.  6:82 Abs.  1 BW). Da diese wegen der fehlenden Möglichkeit des Schuldners, die Leistung zu erbringen, bei vorübergehender Unmöglichkeit unpassend erscheint, sieht Art.  6:82 Abs.  2 BW hier eine besondere Art der Mahnung vor, mit der lediglich kenntlich gemacht werden soll, dass der Schuldner für das Ausbleiben der Leistung haftet (aansprakelijkheidsstelling).126 Zudem kann der Gläubiger nach dem klaren Wortlaut des Art.  6:265 Abs.  2 BW sofort, d. h. ohne Mahnungserfordernis und ohne Verzug des Schuldners, vom Vertrag zurücktreten.127 In den Gesetzesmaterialien wird allerdings darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift zum Rücktritt u. U. enger ausgelegt werden muss. Bei nicht vom Schuldner zu vertretenden, die Leistung verhindernden Umständen vorübergehender Art solle der Gläubiger in nicht näher konkretisierten Fällen gleichwohl Geduld zeigen müssen.128 Im Schrifttum wird dies dahingehend verstanden, dass der Gläubiger bei besonders kurz anhaltenden Umständen nicht zum Rücktritt berechtigt sein soll. Ein solcher Fall kann nämlich von der Ausnahme erfasst sein, dass das Rücktrittsrecht dem Gläubiger „wegen der besonderen Art der Unzulänglichkeit oder deren Geringfügigkeit“ nicht zusteht (Art.  6:265 Abs.  1 BW, vgl. im deutschen Recht §  323 Abs.  5 S.  2 BGB).129 Unklar ist, anhand welchen Kriteriums zu bestimmen ist, wann eine vorübergehende zur dauerhaften Unmöglichkeit wird. Ein Aussetzen des Vertrags wegen 125  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  485; Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (19); De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  28. 126 Vgl. De Jong, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  117; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  16; Stolp, Ontbinding, schadevergoeding en nakoming, S.  64. 127 Vgl. De Jong, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  117; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  16; Stolp, Ontbinding, schadevergoeding en nakoming, S.  61. 128  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  1004. Für eine Ausweitung auf zu vertretende Umstände spricht sich Stolp, Ontbinding, schadevergoeding en nakoming, S.  63 f. aus. 129 Vgl. Stolp, Ontbinding, schadevergoeding en nakoming, S.  62 f.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

eines Importverbots für die Dauer von etwa sieben Jahren hat dafür bemerkenswerterweise nicht ausgereicht.130 III. Temporary impossibility im englischen Recht Ist die geschuldete Leistung zeitweilig unmöglich, kann der Schuldner nach englischem Recht deren Erbringen für die Dauer der Unmöglichkeit verweigern. Die vorübergehende Unmöglichkeit stellt somit ein „excuse for non-performance“ dar.131 Weitere Ansprüche stehen dem Gläubiger in einem solchen Fall nicht zu, denn im Falle vorübergehender Unmöglichkeit liegt kein Vertragsbruch vor.132 Vereinzelt wurde in der Rechtsprechung angenommen, dass die zeitweilige Unmöglichkeit den Gläubiger zum Rücktritt berechtigt. In einem älteren Fall, in dem eine Sängerin kurz vor Beginn eines mehrmonatigen Engagements erkrankte und nach ihrer Heilung auf Wiedereinstellung klagte, beriefen sich die Gläubiger darauf, sie hätten in der Zwischenzeit bereits eine andere Sängerin verpflichtet und könnten den Vertrag auflösen. Das Gericht sah ein solches Rücktrittsrecht (rescission) in der Tat für gegeben an, da das Ausbleiben der Leistung „went to the root of the matter“.133 Im Übrigen behandelt das englische Recht Fälle der vorübergehenden Unmöglichkeit ganz überwiegend im Rahmen der Lehre der frustration of con­ tract.134 In der Tat ist die Grenze zwischen beiden häufig fließend, wie auch der Blick auf das deutsche Recht zeigt. Häufig können nämlich die zur Unmöglichkeit führenden Umstände ebenfalls der Geschäftsgrundlage zugeordnet werden. Dies kann insbesondere bei (ausländischen) Kriegs- und Revolutionsereignissen, die die Durchführung des Vertrags behindern, der Fall sein.

C. Rechtliche Unmöglichkeit In den Fällen der rechtlichen Unmöglichkeit verhindert das Recht die Erbringung der geschuldeten Leistung. Zum einen kann dies daran liegen, dass der Schuldner sich zu einer Leistung verpflichtet hat, die aus rechtlichen Gründen 130 Vgl.

HR 16.01.2004, NJ 2004, 164 (Badawy/Atlanta), Rn.  3.7.2. Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  5-059. 132  Poussard v Spiers & Pond (1876) 1 QB 410 (QB) (414). 133  Poussard v Spiers & Pond (1876) 1 QB 410 (QB). Siehe auch Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  38 ff.; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  5-061. 134  Vgl. etwa Pioneer Shipping Ltd v B. T. P. Tioxide Ltd [1982] AC 724 (HL) (752); MSC Mediterranean Shipping Co v Cottonex Anstalt [2016] EWCA Civ 789 (Rn.  25 ff.). 131 Vgl.

C. Rechtliche Unmöglichkeit

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nicht erbracht werden kann,135 bspw. wenn die Parteien unter Verletzung des sachenrechtlichen numerus clausus die Begründung einer nicht existierenden sachenrechtlichen Figur vereinbart haben. Zum anderen kann es sich bei der rechtlichen Unmöglichkeit um Fälle handeln, in denen der Schuldner die Leistung zwar grundsätzlich erbringen könnte, dafür allerdings eine Rechtsregel verletzen müsste.136 Die Fälle der rechtlichen Unmöglichkeit können ferner nach dem Zeitpunkt der Entstehung des rechtlichen Leistungshindernisses unterschieden werden. Denkbar ist, dass eine Leistung bereits ab initio rechtlich unmöglich ist (und ggf. zu einem späteren Zeitpunkt etwa durch Rechtsänderung möglich wird) oder die Unmöglichkeit aus rechtlichen Gründen erst nachträglich, d. h. zwischen Vertragsschluss und Erbringung der Leistung, eintritt. Schließlich kann hinsichtlich der Quelle des Verbotsgesetzes differenziert werden; dieses kann sowohl dem eigenen als auch einem fremden Recht entstammen. Je nach anwendbarem Recht ist hier eine Vielzahl von Konstellationen denkbar. Die Problematik, die einen engen Zusammenhang mit dem Internationalen Privatrecht, insbesondere mit der Rom  I-VO und dessen Art.  9 aufweist, soll an dieser Stelle nicht in aller Ausführlichkeit behandelt werden. Vielmehr soll die rechtliche Unmöglichkeit überblicksartig dargestellt werden. I. Rechtliche Unmöglichkeit im deutschen Recht Im deutschen Recht ist vorrangig zu untersuchen, ob ein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz i. S. d. §  134 BGB vorliegt. Denn ist das Rechtsgeschäft bereits nach dieser Vorschrift nichtig, so stellt sich die nachgelagerte Frage nach der rechtlichen Unmöglichkeit überhaupt nicht.137 Sofern keine Nichtigkeit gemäß §  134 BGB vorliegt, scheidet die Naturalerfüllung in den Fällen der rechtlich-logischen Unmöglichkeit aus.138 Dies ist bspw. dann der Fall, wenn das Verbotsgesetz erst nach Vertragsschluss erlassen wird, da diese Konstellation nach hM von §  134 BGB nicht erfasst wird.139 Gleiches gilt, wenn der Schuldner die Leistung lediglich unter gleichzeitiger Verletzung inländischen Rechts erbringen könnte.140 In diesen Fällen muss sich die 135 Vgl.

Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  42. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  43. 137 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  35; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  43. 138 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  42 m. w. N.; ähnlich Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  38 ff. 139 Vgl. Armbrüster, in: MüKoBGB, §  134 Rn.  30; Canaris, DB 2002, 930 ff.; Seibel/Fischinger/Hengstberger, in: Staudinger, §  134 BGB Rn.  81. 140  Siehe m. w. N. zu Beispielen aus der Rechtsprechung etwa Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  40 ff.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  41 ff.; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB 136 Vgl.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

vertragliche Pflicht aus Gründen der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung dem Gesetz beugen.141 Ob, und bejahendenfalls, in welcher Weise ausländische Verbotsgesetze im Rahmen des §  275 BGB ebenfalls eine rechtliche oder allenfalls eine tatsächliche Unmöglichkeit begründen können, ist im Einzelnen umstritten.142 Die Rechtsprechung neigt zu einer tatsächlichen Berücksichtigung, wenn der Schuldner die Leistung am Erfüllungsort schlichtweg nicht erbringen kann. Bereits das Reichsgericht urteilte in Bezug auf den Trading with the Enemy Act 1914, dass eine Rechtsanwendung zwar nicht in Frage komme, allerdings sehr wohl beurteilt werden könne, ob das ausländische Gesetz „im Sinne des deutschen Rechtes ein Hindernis für die Vertragserfüllung gebildet“, also „eine tatsächliche Unmöglichkeit für sie geschaffen hat“.143 Der BGH führte diese Rechtsprechung im Wesentlichen fort144 und auch die neuere unterinstanzliche Rechtsprechung scheint sich auf dieser Linie zu befinden.145 II. Juristische Unmöglichkeit im niederländischen Recht Juristische Unmöglichkeit (juridische onmogelijkheid) liegt vor, wenn eine Leistung aus rechtlichen Gründen nicht (länger) erbracht werden kann.146 Auch im niederländischen Recht ist vorrangig zu prüfen, ob der Vertrag bereits wegen Gesetzesverstoßes nichtig ist (vgl. Art.  3:40 Abs.  2 BW). Da die Leistung zumindest in den Fällen der praktischen rechtlichen Unmöglichkeit grundsätzlich erbracht werden könnte, wird diese im Schrifttum als Erscheinungsform der relativen Unmöglichkeit verstanden.147 Das niederländische Recht differenziert zuRn.  16 f.; zur rechtlichen Unmöglichkeit im Allgemeinen Jäpel, Rechtliche Unmöglichkeit und gesetzliches Verbot. 141 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  43. 142  Siehe eingehend Freitag, NJW 2018, 430; Pfeiffer, ZVglRWiss 116 (2017), 438 (460 ff.). 143  RG, Urt. v. 28.06.1918 – II 69/18, RGZ 93, 182 (184). 144 Vgl. BGH, Urt. v. 28.01.1965 – Ia ZR 273/63, MDR 1965, 361; BGH, Urt. v. 08.06.1983 – VIII ZR 77/82, NJW 1983, 2873 (2874). Siehe auch EuGH, Urt. v. 18.10.2016 – C-135/15 (Griechenland/Nikiforidis), Rn.  51; zu den offenen Fragen in Zusammenhang mit dieser Entscheidung Pfeiffer, LMK 2016, 382315. 145  Vgl. etwa LG Frankfurt/Main, Urt. v. 16.11.2017 – 2-24 O 37/17, NJOZ 2018, 196; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.09.2018 – 16 U 209/17, NJW 2018, 3591 (Rn.  42 ff.). Beide Gerichte bejahten die tatsächliche Unmöglichkeit in einem Fall, in dem eine kuwaitische Fluggesellschaft einem israelischen Staatsbürger die Beförderung verweigerte, weil sich diese nach einem kuwaitischen Gesetz zum Israel-Boykott strafbar machen würde. Siehe dazu Mankowski, RIW 2019, 180; Weller/Lieberknecht, JZ 2019, 317 ff. 146 Vgl. Haas/Jansen, in: Smits/Haas/Hesen, S.  11 (18); De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11. 147 Vgl. Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  129; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11 f.

C. Rechtliche Unmöglichkeit

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mindest in der älteren Rechtsprechung zwischen inländischen und ausländischen Verbotsgesetzen. Kann eine Leistung aufgrund eines niederländischen Verbotsgesetzes nicht erbracht werden, so ist diese rechtlich unmöglich. Der Pflicht zur Einhaltung des Gesetzes wird hier ein größerer Wert als der vertraglichen Leistungspflicht beigemessen.148 Bei ausländischen Verbotsgesetzen wurde hingegen keine Unmöglichkeit angenommen.149 So wurde der Schuldner, der zur Zahlung in den Niederlanden aufgrund eines ausländischen Devisengesetzes ohne Einholung einer behördlichen Genehmigung nicht im Stande war, gleichwohl zur Erfüllung verurteilt.150 Dies galt auch dann, wenn ausländisches Recht anwendbar war, der Leistungsort allerdings in den Niederlanden lag.151 Bereits im älteren Schrifttum wurde darauf hingewiesen, dass selbst wenn die rechtliche Unmöglichkeit verneint wird, die Leistung gleichwohl aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden kann oder diese Erbringung dem Schuldner aus persönlichen Gründen nicht zumutbar ist, bspw. wenn sich dieser strafbar machen würde.152 Nach neuerer Ansicht sollen in- und ausländische Verbotsgesetze gleich behandelt und das ausländische Recht sogar angewendet werden (sog. Fremdrechtsanwendung).153 III. Illegality im englischen Recht Im Falle der rechtlichen Unmöglichkeit der Leistung ist der Anspruch auf specific performance grundsätzlich ausgeschlossen,154 denn „[n]o person can be required to perform specifically a contract which is illegal“.155

Dies ist etwa dann der Fall, wenn der ganze Vertrag wegen Gesetzesverstoßes von Anfang an nichtig ist. Hier liegt bereits kein gültiger Vertrag vor, sodass 148 Vgl. De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  12; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  338. 149  Vgl. etwa HR 02.11.1917, NJ 1917, 1136 (Brice Whyte/Henkel); HR 26.05.1939, NJ 1939, 896 (Osram/Appeldoorn). Siehe auch Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  130. 150 Vgl. HR 26.05.1939, NJ 1939, 896 (Osram/Appeldoorn); ähnlich HR 12.01.1979, NJ 1980, 526 (Kharagjitsingh/Sewrajsing). 151 Vgl. HR 26.05.1939, NJ 1939, 896 (Osram/Appeldoorn). Siehe auch Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  131. 152 Vgl. Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  131. Siehe auch Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  275; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  33. 153  In diese Richtung offenbar HR 16.01.2004, NJ 2004, 164 (Badawy/Atlanta). Vgl. auch De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  12. 154 Vgl. Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  541. 155  Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  17.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

dessen Erfüllung im Wege von specific performance erst recht auszuscheiden hat.156 In Fällen der nachträglichen rechtlichen Unmöglichkeit (supervening illegality), in denen der Vertrag nicht ab initio nichtig ist, sondern die Leistung zwischen Vertragsschluss und Erfüllung rechtlich verhindert wird, kann nicht zu specific performance verurteilt werden.157 „It is plain that a contract to do what has become illegal to do cannot be legally enforceable.“158

In Fällen mit Auslandsberührung wird jedenfalls dann keine specific perfor­ mance gewährt, wenn der Erbringung der Leistung am Erfüllungsort rechtliche Hindernisse entgegenstehen, und zwar unabhängig davon, ob dieser Ort sich im In- oder Ausland befindet und welches Recht anwendbar ist159 sowie davon, ob das Heimatrecht des Schuldners diesem möglicherweise die Leistungserbringung untersagt160. So wurde in einem Vertrag, der englischem Recht unterlag, eine Lieferung (und Zahlung) von Jute in Barcelona zu einem bestimmten Preis vereinbart. Nach Vertragsschluss, aber bevor es zur Lieferung kam, trat ein spanisches Preiskontrollgesetz für Jute in Kraft. Der vereinbarte Kaufpreis lag allerdings erheblich über diesem Preis. Das Gericht schließt sich der Meinung von Dicey an, nach der ein Vertrag unabhängig vom anwendbaren Recht ungültig (invalid) ist, wenn „the performance of it is unlawful by the law of the country where the contract is to be performed“.161 In der bekannten, für die internationalprivatrechtliche comity-Lehre wegweisende Regazzoni v K C Sethia-Entscheidung wies das Gericht die Klage auf Erfüllung eines Vertrags über die Lieferung von Jutebeuteln aus Indien über Genua in Südafrika ab, da der Export von Jute nach Südafrika wegen der Apartheit unter ein indisches Embargo fiel. Die Lieferung in Genua diente somit lediglich der Umgehung dieses Embargos. Unter diesen Umständen kommt das Gericht letztlich zum Ergebnis: 156 Vgl. Rees v Marquis of Bute, Davies v Marquis of Bute [1916] 2 Ch 64 (Ch) (73 f.). Vgl. auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  63; O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-018. 157 Siehe Denny Mott & Dickson Ltd v James B Fraser & Co Ltd [1944] AC 265 (HL) (272 f.). Vgl. auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  64. 158  Denny Mott & Dickson Ltd v James B Fraser & Co Ltd [1944] AC 265 (HL) (272). 159 Vgl. Ralli Brothers v Compania Naviera Sota y Aznar [1920] 2 KB 287 (CA); Regazzoni v K C Sethia Ltd [1958] AC 301 (HL); The Nile Co for the Export of Agricultural Crops v H & J M Bennett (Commodities) Ltd [1986] 1 Lloyd’s Rep 555 (QB) (581). Vgl. auch Jones/ Goodhart, Specific Performance, S.  63; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23027; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  8-056. 160 Vgl. Libyan Arab Foreign Bank v Bankers Trust Co [1989] QB 728 (QB). 161  Dicey, A Digest of the Law of England with Reference to the Conflict of Laws, S.  553. Vgl. Ralli Brothers v Compania Naviera Sota y Aznar [1920] 2 KB 287 (CA) (291 f.).

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

129

„The contract was unenforceable since an English court will not enforce a contract, or award damages for its breach, if its performance would involve doing an act in a foreign and friendly State which violates the law of that State. This principle is based on public policy and international comity“.162

Eine Ausnahme könnte sich etwa dann ergeben, wenn das ausländische Recht gegen den ordre public verstößt.163

D. Rechtsvergleichende Überlegungen I. Ergebnisse 1. Enge Auslegung der Unmöglichkeitstatbestände Auf tatbestandlicher Ebene unterscheiden sich die Rechtsordnungen hinsichtlich der tatsächlichen Unmöglichkeit zunächst kaum. Im Allgemeinen kann beobachtet werden, dass das Vorliegen tatsächlicher Unmöglichkeit nicht leichtfertig angenommen wird, denn erforderlich ist, dass die Leistung schlichtweg nicht erbracht werden kann. Dies gilt auch für das englische Recht, in dem bei Zweifel an dem Vorliegen der Unmöglichkeit grundsätzlich zu specific performance verurteilt werden kann. Zugleich lässt sich nicht bestreiten, dass die Bestimmung des tatsächlich (Un-) Möglichen häufig nicht derart – in der Terminologie des niederländischen Rechts – „absolut“ ist, wie dieses auf den ersten Blick erscheint, sondern diese im Gegenteil ebenfalls zeitabhängig und von gewissen normativen Erwägungen über das Zumutbare geprägt ist.164 Dies zeigen die Fälle der praktischen Unmöglichkeit eindrucksvoll. Was die Unmöglichkeit bei Gattungsschulden, Stückschulden und absoluten Fixgeschäften anbelangt, so liegen insbesondere dem deutschen und niederländischen Recht vergleichbare Wertungen zugrunde. Im englischen 162 

Regazzoni v K C Sethia Ltd [1958] AC 301 (HL) (302). Im Grundsatz angenommen, das Vorliegen einer Ausnahme in concreto allerdings verneint in Re Claim by Helbert Wagg & Co Ltd [1956] Ch 323 (Ch) (352): „[the] court must be entitled to consider whether, looking at all the circumstances, the law is so far-reaching in its scope and effect as really to offend against considerations of public policy of this country“. Vgl. auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  63. 164  Treitel verweist in diesem Zusammenhang auf das Werk von Corbin aus dem Jahre 1963, in dem als Beispiel für eine (anfänglich) unmögliche Leistung das Versprechen, zum Mond zu fahren, erwähnt wird. Vgl. Corbin, Contracts, 1963, §  1325, zitiert nach Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  56 Fn.  3. Siehe auch Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  30 f.; a. A. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  309: „wertungsunabhängige[r] Ausschluss des Naturalerfüllungsanspruchs“. 163 

130

Kapitel 3:  Unmöglichkeit

Recht spielt die Unmöglichkeit als Ausschlusstatbestand des Anspruchs auf specific performance insgesamt eine geringere Rolle. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass specific performance ohnehin nicht in allen Fällen in Betracht kommt.165 Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass sich keine gleichermaßen ausdifferenzierte Rechtsprechung herausgebildet hat, wie sie etwa in Deutschland vorzufinden ist. 2. (Ir-)Relevanz der Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit Im deutschen und niederländischen Recht wird zwischen subjektiver und objektiver Unmöglichkeit differenziert. Im englischen Recht scheint die Unterscheidung eine weitaus geringere Rolle zu spielen. Eine strikte Trennung zwischen subjektiver und objektiver Unmöglichkeit ist aus verschiedenen Gründen ohne Relevanz.166 Zum einen unterscheiden sich beide Formen nicht hinsichtlich der Rechtsfolge; bei beiden entfällt die Naturalleistungspflicht.167 In der Tat wurde mit der deutschen Schuldrechtsreform eine „Gleichstellung von objektiver und subjektiver Unmöglichkeit“ bezweckt168 und wird die einschlägige Alternative des §  275 Abs.  1 BGB in der Rechtsprechung selten ausdrücklich erwähnt169. Zum anderen ist zu bedenken, dass die zweite Alternative des §  275 Abs.  1 BGB logisch auch stets die erste umfasst.170 Denn ist es keinem Menschen möglich, die Leistung zu erbringen, so wird auch der Schuldner diese nicht erbringen können. Insoweit ist die Reihenfolge, in der beide Varianten in §  275 Abs.  1 BGB Erwähnung finden, aus logischen Gründen befremdlich. Der Strukturierung des gedanklichen Ablaufs wäre mit einer Umkehrung besser gedient. Die für die Beurteilung der Unmöglichkeit eigentlich relevante Frage, die sich gewissermaßen hinter der Unterscheidung zwischen beiden Unmöglichkeitsformen versteckt, ist die nach dem im Wege der Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Schuldverhältnisses. Die Differenzierung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit täuscht darüber hinweg, dass der Schuldner bzw. die von ihm zu erbringende Leistung stets den Bezugspunkt der Unmöglichkeitsprüfung darstellt. Beinhaltet das Schuldverhältnis bspw. eine höchstpersönliche Leistung, so kann diese von vornherein lediglich vom Schuldner erbracht werden. In einem 165 

Siehe oben Kap.  2 C. IV. (S.  76). Siehe auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1245. 167  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  128 l.Sp.; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  6; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  5; Teichmann, BB 2001, 1485 (1486). 168  Canaris, JZ 2001, 499. 169  Siehe allerdings BGH, Urt. 08.05.2014 – VII ZR 203/11, NJW 2014, 3365 (3367 Rn.  23): „ein Fall der dauerhaften objektiven Unmöglichkeit iSv §  275 Absatz 1 Fall 2 BGB“. 170 Vgl. Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  9. 166 

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

131

solchen Fall ist für die Zwecke der Unmöglichkeit gleichgültig, ob möglicherweise irgendein Dritter zur Erbringung der Leistung fähig, d. h. die Leistung objektiv unmöglich wäre. Gleich verhält es sich, wenn bei der Stückschuld der Leistungsgegenstand untergegangen oder dem Schuldner abhandengekommen ist; der Schuldner ist hier nicht länger zur Eigentumsübertragung bzw. zur Besitzverschaffung in der Lage, sodass die Unmöglichkeit zu bejahen ist. 3. Verschulden und Unmöglichkeit In allen hier behandelten Rechtsordnungen ist mittlerweile zu Recht anerkannt, dass die Frage danach, ob der Schuldner die zu Unmöglichkeit führenden Umstände zu vertreten hat, für den Ausschluss der Leistungspflicht ohne Bedeutung ist. Die Leistung muss auch dann nicht erbracht werden, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit selbst herbeigeführt hat.171 Liegt kein Verschulden vor, so scheiden Schadensersatzansprüche grundsätzlich aus. Das deutsche Recht verlangt nämlich, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat, während das englische Recht jedenfalls die Fälle der höheren Gewalt über die Lehre der frustration of contract löst. Bemerkenswert und dogmatisch schwer einzuordnen ist der niederländische Art.  6:79 BW, nach dem sich der Gläubiger die Leistung auch mangels Vertretenmüssens des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung verschaffen kann. In einem solchen Fall des unverschuldeten Nichtleistenkönnens (overmacht) hat der Gläubiger zwar keinen Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner (vgl. Art.  6:74 f. BW), durch Naturalexekution lässt sich die Leistungspflicht letztlich dennoch durchsetzen. Insoweit bricht das BW an dieser Stelle mit dem Verschuldensgrundsatz im vertraglichen Haftungsrecht.172 Die Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung des Schadensersatzanspruchs und der Ermächtigung zur zwangsweisen Beschaffung der Leistung ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, denn gegenständlich zielen beide Ansprüche auf dasselbe ab. Auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung richtet sich nämlich nach den mit der Vornahme der Leistung durch einen Dritten einhergehenden Mehrkosten. Dasselbe gilt für die Ersatzvornahme auf Kosten des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung. Abgemildert wird die Wirkung der im niederländischen Schrifttum kaum thematisierten Vorschrift dadurch, dass diese ein Schattendasein zu führen scheint.

171 

Siehe näher auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1246 ff. Vegter, WPNR 1991/5997, 169 (171 f.), der die Vorschrift scharf mit dem Argument kritisiert, dass von einer Haftung ohne Schuld die Rede ist. 172 Vgl.

132

Kapitel 3:  Unmöglichkeit

4. Rechtsfolgen a) Der Gläubiger kann die Leistung nicht verlangen Die Rechtsfolge der Unmöglichkeit besteht in allen Rechtsordnungen in erster Linie darin, dass der Gläubiger die Leistung im Ergebnis nicht verlangen kann. Der Anspruch auf die Naturalleistung ist ausgeschlossen. b) Leistungsverweigerungsrecht als Rechtsfolge der Unmöglichkeit? Wie diese Rechtsfolge aus Sicht des Schuldners zu deuten ist, ist umstritten. Im deutsch-niederländischen Vergleich ist interessant, dass eine vergleichbare Diskussion über die Rechtsfolge der Unmöglichkeit geführt wird. Die hM in beiden Civil Law-Rechtsordnungen geht im Falle der Unmöglichkeit von einem generellen Ausschluss oder Entfallen des Anspruchs mit der Folge aus, dass wegen der Unmöglichkeit nicht länger eine Leistungspflicht besteht. Eine andere Ansicht will dem Gläubiger letztlich den Anspruch auf die Leistung, nicht aber dem Schuldner das Leistungserbringungsrecht nehmen. Dem Schuldner soll, mit anderen Worten, wie bei der Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen.173 Dadurch soll der Schuldner in die Lage versetzt werden, die Leistung trotz der Unmöglichkeit mit befreiender Wirkung zu erbringen. Wer annimmt, Unmöglichkeit liege erst dann vor, wenn die Leistung schlichtweg unerbringbar ist, sieht in dem Leistungsverweigerungsrecht einen logischen Widerspruch. Denn wegen der hohen Hürden für die Bejahung der Unmöglichkeit auf tatbestandlicher Ebene ist nicht vorstellbar, dass von Unmöglichkeit die Rede sein kann, wenn der Schuldner zur Erbringung der Leistung im Stande ist und sich dazu bereiterklärt. c) Schadensersatzansprüche Trotz des Ausschlusses des Anspruchs auf die Leistung ist der Gläubiger nicht daran gehindert, Schadensersatzansprüche statt der Leistung geltend zu machen. Im englischen Recht geht dies im Grunde aus der Systematik des Leistungsstörungsrechts hervor, in dem der Schadensersatzanspruch dem Gläubiger im Falle des Vertragsbruchs stets zusteht.174 Im deutschen Recht ordnet das Gesetz die Trennung zwischen dem Anspruch auf die Leistung und auf Schadensersatz ausdrücklich an (§§  275 Abs.  4, 280 Abs.  1 und 3, 283 S.  1 BGB). Das niederländi-

173 

Siehe dazu unten Kap.  4 A. I.5 (S.  148) bzw. B. I.3. (S.  160). Burrows, Remedies for Torts, Breach of Contract, and Equitable Wrongs, S.  430 f.

174 Vgl.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

133

sche Unmöglichkeitsrecht unterscheidet sich diesbezüglich dem Grunde nach nicht vom deutschen Recht.175 5. Verurteilung trotz vorübergehender Unmöglichkeit Anders als nach der hM in Deutschland, die die Klage im Falle der vorübergehenden Unmöglichkeit als zurzeit unbegründet abweisen will, lässt das niederländische Recht eine Verurteilung unter der Bedingung des Wegfalls der zur Unmöglichkeit führenden Umstände zu. Dafür scheinen auf den ersten Blick gewisse Effizienzerwägungen zu sprechen, die in Deutschland ebenfalls von einem Teil der Autoren vorgebracht werden. Der Gläubiger muss mit seiner Klage nämlich nicht bis zum Möglichwerden der Leistung abwarten, sondern kann die Leistung bereits im Voraus einklagen und somit letztlich unmittelbar nach dem Wegfall der verhindernden Umstände das Vollstreckungsverfahren in Gang setzen. Nach deutschem Recht ließe sich dieses Ergebnis durch eine Verurteilung zu einer künftigen Leistung (§  259 ZPO) unter der Bedingung der Wegfalls des Leistungshindernisses erreichen, wobei der Gläubiger, sobald die Leistung wiederum möglich geworden ist, diesen Umstand durch eine öffentliche Urkunde (§  726 Abs.  1 ZPO) oder im Rahmen des Vollstreckungsklauselerteilungverfahrens (§  731 ZPO) beweisen kann.176 Problematisch ist allerdings, dass beim frühzeitigen Einklagen des vorübergehend unmöglichen Anspruchs der Richter zu einem Zeitpunkt entscheidet, in dem möglicherweise nicht absehbar ist, ob und wann die vorübergehende Unmöglichkeit endet. Folglich ist für den Richter ebenfalls nicht absehbar, ob ein zeitweiliges Leistungshindernis zur dauerhaften Unmöglichkeit und deshalb zum endgültigen Entfallen der Leistungspflicht führen wird.177 Der Richter wird somit zu einer Prognose über das Andauern der vorübergehenden Unmöglichkeit gezwungen, die sich nach Zeitablauf leicht als fehlerhaft herausstellen kann, etwa dann, wenn das Leistungshindernis länger als erwartet andauert und somit bei späterer Betrachtung eine endgültige Unmöglichkeit begründet. Diesen Umstand kann der Schuldner im Rahmen des §  731 ZPO geltend machen. Zwar ist grundsätzlich der Eintritt der Bedingung Gegenstand dieses Verfahrens, da die grundsätzliche Existenz des Anspruchs bereits rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl. §  322 Abs.  1 ZPO). Die hM lässt allerdings im Rahmen des §  731 ZPO durch analoge Anwendung des §  767 ZPO auch materielle Ein-

175 

So auch Van Schaick, NTBR 2012/40, 287 (Par. 3). Dafür insbesondere Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  317. 177  Dies betonend auch Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1252. 176 

134

Kapitel 3:  Unmöglichkeit

wendungen zu, die ansonsten mit der Vollstreckungsabwehrklage hätten geltend gemacht werden müssen.178 Inwiefern in einer solchen Konstellation die Prozessökonomie noch gewahrt bleibt, erscheint fraglich, denn im Grunde wird über die Unmöglichkeit zweimal entschieden, und zwar zum einen nach Eintritt der zur vorübergehenden Unmöglichkeit führenden Umstände im Rahmen der frühzeitigen Leistungsklage des §  259 ZPO und zum anderen nachdem die Leistung wiederum möglich geworden und der Schuldner die endgültige Unmöglichkeit im Rahmen der §  731 i. V. m. §  767 ZPO (analog) (erneut) geltend machen kann. Vor diesem Hintergrund scheint die in Deutschland hM, die die Klage während des Anhaltens der Unmöglichkeit als vorübergehend unbegründet abweisen will, grundsätzlich vorzugswürdig. Eine Ausnahme könnte etwa dann in Betracht kommen, wenn sich der Zeitpunkt, zu dem das Leistungshindernis entfallen wird, bereits im Rahmen der Klage auf künftige Leistung mit Sicherheit feststellen lässt. 6. Rechtliche Unmöglichkeit Sofern der Vertrag wegen Gesetzesverstoßes nicht von vornherein nichtig ist, sondern die Leistung lediglich unter gleichzeitigem Verstoß gegen inländisches Recht erbracht werden kann, entfällt in allen untersuchten Rechtsordnungen der Anspruch auf die Leistung wegen rechtlicher Unmöglichkeit. Die vertragliche Pflicht tritt somit hinter dem Gebot zur Einhaltung des Gesetzes zurück. Die Behandlung ausländischer Verbotsgesetze für die Zwecke des Unmöglichkeitsrechts ist nicht abschließend geklärt. Grundsätzlich kann allerdings festgehalten werden, dass auch ausländisches Recht im Rahmen der Beurteilung der (Un-)Möglichkeit der Leistung nicht unberücksichtigt bleibt, sei es aufgrund einer Fremdrechtsanwendung oder durch eine Berücksichtigung auf tatsächlicher Ebene. Dogmatisch stützen sich die Rechtsordnungen dabei etwa auf den Grundsatz der international comity (so jedenfalls in England, nach geltendem Recht ggf. auch auf Art.  9 Abs.  3 Rom  I-VO) oder auf die Datumtheorie,179 die eine Berücksichtigung des ausländischen Verbotsgesetzes auf sachrechtlicher Ebene ermöglicht.

178 Vgl.

Lackmann, in: Musielak/Voit, §  731 ZPO Rn.  7 m. w. N.; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  731 ZPO Rn.  7. 179  Siehe grundlegend Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws, S.  67 ff.; Ehrenzweig, 16 Buff. L. Rev. (1966), 55 und in Deutschland Jayme, in: GS Ehrenzweig, S.  35. Vgl. aus dem neueren Schrifttum etwa Pfeiffer, in: Liber amicorum Schurig, S.  229 ff.; Weller, RabelsZ 81 (2017), 747 (777 ff.); Weller, in: Liber amicorum Jayme, S.  55 (69 ff.).

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

135

II. Weiterführende rechtsvergleichende Überlegungen 1. Unmöglichkeit der Vollstreckung als Ausschlusstatbestand? Im englischen Recht können prognostizierte Schwierigkeiten bei der Vollstreckung des Urteils bereits auf der Ebene der Kondemnation den Anspruch auf specific performance beschränken.180 Befindet sich der Beklagte bspw. nicht im Inland, sodass die Sanktionierung einer Nichtbefolgung einer richterlichen Anordnung mittels contempt of court ins Leere laufen würde,181 so soll sich das Gericht nicht selbst in eine Lage bringen, in der es seine eigene Anordnung nicht durchsetzen kann.182 In einigen der bereits oben besprochenen Entscheidungen, in denen der Gesichtspunkt der Unzweckmäßigkeit der specific performance wegen des Konfliktpotenzials zum Tragen kam, gehen derartige Erwägungen ebenfalls dahin, dass sich leicht Vollstreckungsstreitigkeiten ergeben können.183 Im niederländischen Recht liegen die Dinge anders.184 Bereits 1931 urteilte der Hoge Raad, „dass das Gesetz keine solche Regel kennt, dass eine Verurteilung nur dann erfolgen darf, wenn die Vollstreckung gewährleistet ist“.185 Dies entspricht ebenfalls dem deutschen Recht.186 Gegenteilig urteilte allerdings das OLG Karlsruhe in einem mit der Argyll-Entscheidung vergleichbaren Fall, in dem der klagende Vermieter von Geschäftsräumen in einer Einkaufspassage versuchte, die Erfüllung einer Betriebspflicht gegen die Mieterin durchzusetzen. Die Mieterin machte geltend, die Aufrechterhaltung des Geschäfts sei ihr zum einen wegen des durch Zahlungsunfähigkeit verursachten Einstellens der Belieferung durch verschiedene Zulieferer unmöglich und eine dahingehende Verurteilung ließe sich zum anderen weder nach §  887 noch nach §  888 ZPO vollstrecken. Nach Ansicht des Gerichts gilt zwar der Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung, hier handele es sich allerdings nicht um eine Geldleistung, sondern vielmehr um eine geschuldete Tätigkeit, sodass dieser Grundsatz keine Rolle 180 Vgl.

Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-037. Siehe auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  479 f. „Schon während des Erkenntnisverfahrens ‚schielt‘ also das Gericht gleichsam auf die Möglichkeiten zügiger Vollstreckung des Urteils“. 181 Vgl. Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-047. 182 Vgl. Locabail International Finance Ltd v Agroexport [1986] 1 WLR 657 (CA) (664 f.). 183 Vgl. aus rechtsvergleichender Sicht Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  251 ff. 184  Siehe auch Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  250; Huydecoper, Reële executie, S.  10 f. 185  HR 18.12.1931, NJ 1932, 771 (Welters/Nederlandsche Lloyd); bestätigt in HR 09.01.1942, NJ 1942, 305 (Venema/Van Dalen). Siehe auch Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  126; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  336. 186 Vgl. OLG Celle, Beschl. v. 03.07.2007 – 2 W 56/07, NJW-RR 2008, 168; Kießling, in: NK-ZPO, §  893 Rn.  1; a. A. offenbar Stoll, JZ 2001, 589 (591).

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

spielen dürfe. Vielmehr komme es darauf an, „ob der Schuldner trotz Unvermögens zu einer (gegebenenfalls nicht vertretbaren) Handlung gezwungen werden kann“. Ist dies nicht der Fall, so könne die Beklagte „bereits im Erkenntnisverfahren den materiellrechtlichen Einwand, zur Erfüllung der Betriebspflicht nicht in der Lage zu sein (§  275 Abs.  1 BGB), geltend machen“.187 In den beiden Civil Law-Rechtsordnungen wird diese Position dadurch begründet, dass zum einen bereits von dem Urteil per se ein moralischer Zwang ausgeht und sich der Schuldner – wie im praktischen Regelfall – dem Urteil schlichtweg beugt.188 Zur Betreibung der Zwangsvollstreckung muss es deshalb gar nicht zwingend kommen. Zum anderen kann der Schuldner erst einmal versuchen, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, „ohne schon im Klageverfahren darauf verwiesen zu werden, es sei schon jetzt abzusehen, dass die Zwangsvollstreckung voraussichtlich ins Leere laufe“.189 Sollte sich der Anspruch nicht zwangsweise durchsetzen lassen, so ist nicht die Leistung, sondern die Zwangsvollstreckung unmöglich. Hier bietet allerdings §  893 ZPO Abhilfe, denn der Schuldner kann jederzeit die Leistung des Geldinteresses verlangen. In der Tat sprechen die besseren Gründe dafür, etwaige Vollstreckungsprobleme erst auf ebendieser Stufe zu behandeln. Auch in der englischen Literatur wird zum Teil in diese Richtung plädiert.190 Die Beschränkung des Naturalerfüllungsanspruchs wegen der erwarteten Nichtvollstreckbarkeit des Urteils zeigt erneut die vergleichsweise starke Verschränkung von materiellem Recht und dem Verfahrensrecht in England einerseits und eine strikte Trennung zwischen materiellem Recht, dem in einer Gerichtsentscheidung mündenden Prozess und dem Vollstreckungsverfahren in Deutschland und den Niederlanden andererseits. Die Skepsis des englischen Rechts ist darüber hinaus insofern bemerkenswert, als das englische Prozessrecht auf der Ebene des Zwangsvollstreckungsrechts ebenfalls Möglichkeiten enthält, trotz einer Verurteilung zu specific performance letztlich doch das Leistungsinteresse geltend zu machen. CPR 70.2A (1)–(3) stellt es nämlich in das Ermessen des Gerichts, sofern der Schuldner der Verurteilung zu specific performance keine Folge leistet, eine Selbstvornahme durch 187 

OLG Karlsruhe, Urt. v. 08.11.2006 – 9 U 58/06, MDR 2007, 577. Siehe kritisch zur Entscheidung Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  59. 188 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  250 f. m. w. N.; Haas, RMThemis 2010, 164 (168); Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  126; Huydecoper, Reële executie, S.  13; Neufang, Erfüllungszwang als „remedy“ bei Nichterfüllung, S.  280; überbetonend allerdings Weller, Die Vertragstreue, S.  423, der aus ethischen und rechtsökonomischen Gründen annimmt, „die Bedeutung der Zwangsvollstreckung für die Realisierung vertraglicher Positionen [sei] gering […], weil die meisten Schuldner […] auf Grundlage eines rechtskräftigen Leistungstitels freiwillig leisten [würden]“. 189  OLG Celle, Beschl. v. 03.07.2007 – 2 W 56/07, NJW-RR 2008, 168. 190 Vgl. Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  134.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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den Gläubiger oder eine Ersatzvornahme durch eine vom Gericht zu bestimmende Person auf Kosten des Schuldners anzuordnen. 2. Unmöglichkeit im Falle des Doppelverkaufs Fälle des Doppelverkaufs ergeben sich, wenn sich der Schuldner zweimal zur Übereignung derselben einmaligen Sache verpflichtet, sodass dieser lediglich einen der beiden Verträge erfüllen können wird.191 Dazu kann es etwa dann kommen, wenn ein Zweitkäufer zur Zahlung eines höheren Preises bereit ist. In derartigen Fällen liegt es aus Sicht des Verkäufers auf der Hand, sich im Verhältnis zum Erstkäufer auf den Standpunkt zu stellen, die Erfüllung des Vertrags sei durch die Übereignung an den Zweitkäufer unmöglich geworden. Alle hier untersuchten Rechtsordnungen lassen einen solchen Doppelverkauf grundsätzlich zu.192 Übereignet der Schuldner die Sache an den Zweitkäufer, so stellt sich für die Zwecke der Beurteilung der Unmöglichkeit des Naturalerfüllungsanspruchs des Erstkäufers die Frage, ob bereits die bloße Tatsache, dass der Schuldner nicht länger Eigentümer der Sache ist, den Naturalerfüllungsanspruch unmöglich macht oder ob eine solche Unmöglichkeit erst dann feststeht, wenn der Schuldner die Sache nicht wiederbeschaffen kann.193 Vergleichbare Rechtsfragen können sich etwa bei der doppelten Vermietung oder ganz allgemein in Fällen der Doppelverpflichtung ergeben.194 Das deutsche Recht nimmt an, dass Unmöglichkeit i. S. d. §  275 Abs.  1 BGB erst dann vorliegt, wenn eine Wiedererlangung der geschuldeten Sache dem Schuldner nicht möglich ist.195 Nicht ausreichend für die Unmöglichkeit ist somit der bloße Umstand, dass der Schuldner die Dispositionsmöglichkeit über den

191 Vgl.

Ernst, in: FS Heldrich, S.  113. Siehe zum deutschen Recht Ernst, in: FS Heldrich, S.  113 m.w.N; Weller, Die Vertragstreue, S.  447 ff. Anders kann dies etwa im Falle der Sittenwidrigkeit des Zweitverkaufs sein, obwohl dafür nicht bereits ausreicht, dass der Zweitkäufer die Bereitschaft des Verkäufers „zum Abschluß eines zweiten Kaufvertrages in Kenntnis der nachteiligen Folgen für [den Erstkäufer] für eigene Interessen ausgenutzt hat“, BGH, Urt. v. 02.06.1981 – VI ZR 28/80, NJW 1981, 2184. Vgl. auch BGH, Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 (Rn.  8). Siehe näher Ackermann, ZfPW 2018, 27 (33 ff.). Siehe zum niederländischen Recht etwa ­Kleijn, WPNR 1998/6319, 416; u. U. kann der Erstkäufer auf deliktischer Grundlage eine schadensersatzrechtliche Naturalrestitution vom Zweitverkäufer verlangen. Vgl. HR 17.11.1967, NJ 1968, 42 (Pos/Van den Bosch). Siehe zum englischen Recht Lumley v Gye (1853) 118 ER 749; OBG Ltd v Allan [2007] UKHL 21; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  14-147 ff. 193  Siehe zu einer Reihe weiterer Fragen Ernst, in: FS Heldrich, S.  113 (115 ff.). 194 Vgl. Ernst, in: FS Heldrich, S.  113 (114 f.). 195 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  56; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  85. 192 

138

Kapitel 3:  Unmöglichkeit

Leistungsgegenstand verloren hat.196 Dies entspricht der Rechtslage nach altem Recht.197 Dass eine solche Wiederbeschaffung unmöglich ist, wird nicht leichtfertig angenommen. Feststehen muss, dass der Zweitkäufer/Erwerber seine Mitwirkung endgültig verweigert, sodass der Schuldner mit Sicherheit die Sache nicht übereignen198 oder, im Falle der Miete, nicht zur Verfügung stellen199 können wird. Nicht ausreichend ist, dass der Schuldner gegen den Zweitkäufer/Erwerber keinen Anspruch hat oder auf diesen nicht in anderer Weise, bspw. durch die Erteilung von Weisungen, rechtlich einwirken kann.200 Vielmehr hat der Verkäufer zu versuchen, tatsächlich auf den Zweitkäufer/Erwerber einzuwirken und die Sache auf dem Verhandlungswege, ggf. auch durch Zahlung eines Aufschlags, wiederzuerlangen.201 Diese Herangehensweise geht letztlich auf den Gedanken zurück, dass es der Schuldner andernfalls in der Hand habe, den Naturalerfüllungsanspruch zu vereiteln.202 Ist der Zweitkäufer/Erwerber zwar grundsätzlich, allerdings lediglich zu unverhältnismäßigen Konditionen (insbesondere der Zahlung eines großen Aufschlags) zur Rückübereignung an den Verkäufer oder zur Direktübereignung an 196 Vgl.

Gsell, JZ 2004, 110 (118); Weller, Die Vertragstreue, S.  431. auch Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  47 f.; Gsell, JZ 2004, 110 (118). Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 26.03.1999 – V ZR 368/97, NJW 1999, 2034 (2035 m. w. N. zur älteren höchstgerichtlichen Rechtsprechung): „Hat der Schuldner die geschuldete Sache veräußert, ist die Leistung nicht schon deswegen unmöglich, weil der Schuldner über den Gegenstand nicht mehr verfügen kann und auf ihn auch keinen Anspruch hat […]. Unmöglichkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn feststeht, daß der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen und zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs auch nicht auf die Sache einwirken kann […]. Solange dagegen die Möglichkeit besteht, daß der Dritte dem Schuldner die Verfügungsmacht wieder einräumt oder der Verfügung zustimmt, steht sein Unvermögen nicht fest […]“. Siehe zur Problematik nach altem Recht Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  57; Gsell, Beschaffungsnotwendigkeit und Leistungspflicht, S.  122 ff. Im Schrifttum wurde teilweise die entgegengesetzte Ansicht vertreten. Siehe etwa Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, §  3 I 3 S.  68 f.; Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  60 S.  833 ff.; Wilhelm/Deeg, JZ 2001, 223 (227). 198 Vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 146/11, NJW 2013, 152 (153 f.); Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  85; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  56 f. und Rn.  99; Gsell, JZ 2004, 110 (118). 199 Vgl. BGH, Urt. v. 09.10.1974 – VIII ZR 113/72, NJW 1974, 2317; BGH, Beschl. v. 22.11.1995 – VIII ARZ 4/95, NJW 1996, 515 (516 f. m. w. N. zur älteren Rechtsprechung); BGH, Urt. v. 20.02.1997 – III ZR 208/95, NJW 1997, 1581 (1582). 200 Vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1974 – VIII ZR 113/72, NJW 1974, 2317: „Denn eine Leistung ist nicht schon dann unmöglich, wenn der Schuldner auf den Leistungsgegenstand keinen rechtlichen Anspruch hat“. Siehe auch Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  57 m. w. N. 201 Siehe im Mietrecht BGH, Beschl. v. 22.11.1995 – VIII ARZ 4/95, NJW 1996, 515 (516 f.): „durch eine tatsächliche Einwirkung […], z. B. mit finanziellen Mitteln“. 202 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  56; Weller, Die Vertragstreue, S.  431 f.; ähnlich Gsell, JZ 2004, 110 (118). 197 So

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

139

den Erstkäufer bereit, so kann sich der Verkäufer auf §  275 Abs.  2 BGB berufen.203 Dabei ist allerdings zu bedenken, dass der Verkäufer den erhöhten Leistungserbringungsaufwand zu vertreten hat,204 sodass die für die Befreiung von der Naturalerfüllungspflicht geltende Schwelle jedenfalls nach der wohl hM entsprechend hoch anzusetzen ist.205 Der Verkäufer solle dem Zweitkäufer/Erwerber „in aller Regel wesentlich mehr als den Marktpreis bieten [müssen], um in den Genuß der Befreiung von seiner primären Leistungspflicht zu kommen“.206 Hat der Verkäufer die Zweitveräußerung hingegen nicht schuldhaft, sondern, bspw. nach einem Erbfall, irrtümlich herbeigeführt, soll sich dieser „immerhin bemühen, den Vertragsgegenstand von dem [Zweitkäufer/Erwerber] zurückzuerwerben, und diesem zumindest den Marktpreis, u. U. aber auch einen darüber liegenden Preis bieten“.207 Scheidet der Erfüllungsanspruch aus Gründen des §  275 Abs.  1 oder 2 BGB aus, so kann der Erstkäufer nach §§  280 Abs.  1 und 3, 283 BGB Schadensersatz sowie gemäß §  285 Abs.  1 BGB Herausgabe des Kaufpreises bzw. Abtretung des dahingehenden Anspruchs des Verkäufers gegen den Zweitkäufer verlangen.208 In der niederländischen Leitentscheidung zur vorliegenden Problematik handelt es sich um einen den Entscheidungsgründen nach vergleichbaren Fall der doppelten Vermietung, wobei der Vermieter dem Zweitmieter das Mietobjekt bereits zur Verfügung gestellt hatte. Für den Doppelverkauf gilt allerdings nichts anderes.209 Das Gericht erwägt zunächst, dass der Schuldner unbeschadet etwa­ iger Schadensersatzansprüche grundsätzlich nicht zur Naturalerfüllung verurteilt werden kann, wenn die Erbringung der Leistung für diesen zum Zeitpunkt der Verurteilung unmöglich ist. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner diese Unmöglichkeit selbst herbeigeführt hat, es also zu vertreten hat, dass er über die vertragsgegenständliche Sache nicht (länger) verfügt. Dem Fall der absoluten Unmöglichkeit ist der Fall gleichzustellen, in dem der Schuldner die Sache zwar wiedererlangen kann, allerdings lediglich in einer Weise, die ihm nicht zumutbar ist.210 Dies ist bspw. dann der Fall, wenn der Verkäufer die Sache nur mit unzu203 Vgl. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  47; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  99. 204 Vgl. Gsell, JZ 2004, 110 (118). 205  Siehe ausführlich unten Kap.  4 A. I.3. (S.  147). 206  Canaris, JZ 2001, 499 (503). Vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S.  130 l.Sp. 207  Canaris, JZ 2001, 499 (503). 208 Vgl. Ernst, in: FS Heldrich, S.  113 (135 ff.); aus rechtsökonomischer Sicht auch Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696. 209 Vgl. HR 09.05.1969, NJ 1969, 338 (Van der Pol/De Jong); HR 27.6.1997, NJ 1997, 641 (Budde/Tao Moa Cruising), Rn.  3.3; HR 27.06.1997, NJ 1997, 719 (Setz/Bruings), Rn.  3.4. 210  HR 21.05.1976, NJ 1977, 73 (Oosterhuis/Unigro); a. A. Jongbloed, Reële executie in het privaatrecht, S.  8, der hier auch die Verurteilung, nicht aber die Vollstreckung zulassen will.

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Kapitel 3:  Unmöglichkeit

mutbarem finanziellen Aufwand vom Zweitkäufer/Erwerber wiedererlangen kann.211 Liegt Unmöglichkeit vor, wird der Gläubiger auf Schadensersatz verwiesen, wobei nach Art.  6:104 BW auch eine Gewinnabschöpfung in Betracht kommen kann. Im englischen Recht kann nicht zu specific performance verurteilt werden, wenn der Verkäufer durch den Doppelverkauf die Verfügungsgewalt über den Leistungsgegenstand verloren hat und diese ebenfalls nicht wiedererlangen kann.212 In Coles (Trustees of the Ward Green Working Men’s Club) v Samuel Smith Old Brewery (Tadcaster) hatte eine Brauerei Coles vertraglich ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Nach dessen Ausübung hatte der Verkäufer die Immobilie zum Zwecke der Frustrierung des ersten Kaufvertrags mit Coles an eine 100 %-Tochtergesellschaft verkauft und übereignet.213 Der Erstkäufer nahm daraufhin sowohl die Brauerei als auch die Tochtergesellschaft auf specific performance in Anspruch. Da die Brauerei ihre Tochtergesellschaft zur Übereignung der Immobilie an Coles bewegen konnte, konnte zu specific performance verurteilt werden, wenn auch in Form einer unmittelbaren Übereignung von der Tochtergesellschaft an Coles.214 Insofern kommt das englische Recht für die Zwecke der Unmöglichkeit des Anspruchs des Erstkäufers gegen den Verkäufer im Falle des Doppelverkaufs zu mit dem deutschen und niederländischen Recht vergleichbaren Ergebnissen. Das englische Recht hält für den Doppelverkauf allerdings ebenfalls eine grundsätzlich andere Lösung bereit, sodass der Unmöglichkeit eine weitaus geringere Bedeutung zukommt. Durch den Abschluss des Kaufvertrags erwirbt der Käufer, auch bevor es zur Übereignung der Kaufsache gekommen ist, bereits ein equitable interest und wird ein vendor-purchaser constructive trust geschaffen.215 Dies geht auf den Leitsatz equity considers done, what ought to be done zurück.216 Der Anspruch auf Übereignung kann allerdings u. U. insbesondere bei Immobilien auch gegen den Zweitkäufer/Erwerber geltend gemacht werden, sofern dem Käufer für den ursprünglichen Anspruch gegen den Verkäufer specific performance zustünde.217 Hier bricht das englische Recht aus Gerechtigkeitser211 Vgl.

HR 21.05.1976, NJ 1977, 73 (Oosterhuis/Unigro); Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-I, Rn.  382. 212 Vgl. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-037 m. w. N. 213  Coles (Trustees of the Ward Green Working Men’s Club) v Samuel Smith Old Brewery (Tadcaster) [2007] EWCA Civ 1461 (Rn.  2 ff.). 214 Vgl. Coles (Trustees of the Ward Green Working Men’s Club) v Samuel Smith Old Brewery (Tadcaster) [2007] EWCA Civ 1461 (Rn.  29). Vgl. auch Vgl. Jones v Lipman [1962] 1 WLR 832 (Ch). 215 Vgl. Swadling, in: English Private Law, Rn.  4.337. 216  Walsh v Lonsdale (1882) 21 Ch 9 (CA). 217 Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  201 ff.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

141

wägungen gewissermaßen mit dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse (privity of contract). Insgesamt kann festgehalten werden, dass in allen Rechtsordnungen ein bloßer Verlust der Dispositionsbefugnis über den Vertragsgegenstand im Falle des Doppelverkaufs noch keine Unmöglichkeit begründet. Im deutschen und niederländischen Recht stellt der Doppelverkauf somit typischerweise einen Fall der Unverhältnismäßigkeit dar, die im nächsten Kapitel behandelt werden wird. Das englische Recht wählt zum Teil einen ähnlichen Lösungsweg, bewältigt die Problematik des Doppelverkaufs aber auch durch die Konstruktion eines trust.

Kapitel 4

Normative Unmöglichkeit: Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit Anders als bei der im vorherigen Kapitel besprochenen Unmöglichkeit, bei der die Leistung tatsächlich oder rechtlich schlicht nicht erbracht werden kann, wird der Schuldner u. U. in Fällen, in denen die Erbringung der Leistung eine besondere Härte mit sich bringen würde, ebenfalls von der Leistungspflicht befreit. Im Unterscheid zur echten Unmöglichkeit entfällt die Leistungspflicht des Schuldners deshalb nicht in erster Linie aus logischen, sondern vielmehr aus normativen Gründen.1 Zuvor wurde bereits darauf hingewiesen, dass auch bei der tatsächlichen Unmöglichkeit nicht von einem rein naturgesetzlichen, sondern von einem normativ geprägten Kriterium die Rede ist.2 Gleichwohl sollen die Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit, bei denen Wertungsgesichtspunkte deutlicher im Vordergrund stehen, in diesem Kapitel unter dem gemeinsamen Begriff der normativen Unmöglichkeit diskutiert werden.3 Zumeist handelt es sich um grundlegende, für die Leistungserbringung relevante, allerdings zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhergesehene oder vorsehbare Veränderungen, die dazu führen, dass das Erbringen der Leistung bei Fälligkeit nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich oder dem Schuldner nicht zumutbar ist. Die Verflechtung der normativen Formen der Unmöglichkeit zeigt sich in allen hier zu untersuchenden Rechtsordnungen. Insgesamt ergibt sich ein diffuses Bild. Im deutschen Recht sind die verschiedenen Erscheinungsformen der normativen Unmöglichkeit am klarsten abgegrenzt und im zweiten und dritten Absatz des §  275 BGB geregelt. Aus diesem Grund knüpft diese Untersuchung an der Einteilung des deutschen Rechts an. Sukzessive werden die Unverhältnismäßigkeit und die Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen thematisiert. Im niederländischen Recht wird, wie sich zeigen wird, bei rechtsvergleichender Betrachtung in ähnlicher Weise zwischen praktischer bzw. moralischer Unmöglich1 Vgl. Canaris, JZ 2001, 499 (505); Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1254; Schmidt-Recla, in: FS Laufs, S.  641 (644); Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  4. 2  Siehe oben Kap.  3 D. I.1. (S.  129). Vgl. auch Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  30 f. 3  Ähnlich geht Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  85 ff. vor.

A. Unverhältnismäßigkeit

143

keit unterschieden. Das englische Recht behandelt die Fälle der Unzumutbarkeit und der Unverhältnismäßigkeit überwiegend unter dem Begriff des hardship.4 Zumindest auf der Ebene der Fallgruppenbildung wird allerdings dem Grunde nach ebenso zwischen wirtschaftlicher und persönlicher Unzumutbarkeit differenziert.5 Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass bei der normativen Unmöglichkeit eine Diskrepanz zwischen praktischer Bedeutung und rechtsvergleichendem Interesse zu existieren scheint. Aus diesem Grund wird diese im Nachfolgenden vergleichsweise komprimiert behandelt.

A. Unverhältnismäßigkeit Unter dem Begriff der Unverhältnismäßigkeit werden Fälle diskutiert, in denen die Erbringung der Leistung dem Schuldner infolge bei Vertragsschluss nicht vorhergesehener Veränderungen erfüllungsrelevanter Umstände nur mit einem Aufwand möglich ist, der im Hinblick auf das Interesse des Gläubigers am Erhalt der Leistung unverhältnismäßig ist. I. Das grobe Missverhältnis im deutschen Recht 1. Allgemein Nach §  275 Abs.  2 S.  1 BGB kann der Schuldner eine grundsätzlich mögliche Leistung verweigern, „soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht“.6 Die Entstehung des Leistungsverweigerungsrechts des Schuldners setzt also eine Abwägung zwischen dessen Leistungserbringungsaufwand und dem Interesse des Gläubigers am Erhalt der Leistung voraus. Diese Abwägung muss den Schluss auf ein grobes Missverhältnis zulassen. Die Regelung des §  275 Abs.  2 BGB wurde mit der Schuldrechtsreform eingeführt und kodifiziert in Teilen die Grundsätze, die die Rechtsprechung bereits zuvor den §§  251 Abs.  2, 633 Abs.  2 S.  3 a. F., 242 BGB entnommen hatte.7 4  Siehe dazu ausführlich Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  202 ff. m. w. N. zur Rechtsprechung. 5  Vgl. bspw. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-032. 6  Die Norm setzt somit voraus, dass die Leistung grundsätzlich erbracht werden kann, also nicht etwa unmöglich i. S. d. §  275 Abs.  1 BGB ist. Vgl. auch Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  73; Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  12 f.; Schmidt-Recla, in: FS Laufs, S.  641 (645). 7  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 02.10.1987 – V ZR 140/86, NJW 1988, 699 (700). Siehe auch

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

Fälle der wirtschaftlichen Unmöglichkeit oder Unerschwinglichkeit sollen nicht von §  275 Abs.  2 BGB, sondern nunmehr von §  313 BGB erfasst werden.8 2. Maßstab Im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB ist letztlich eine Kosten-Nutzen-Kalkulation zwischen Leistungserbringungsaufwand und Leistungsinteresse durchzuführen, bei der zwei in der Norm genannte Gesichtspunkte – der Inhalt des Schuldverhältnisses sowie die Gebote von Treu und Glauben – zu berücksichtigen sind.9 a) Aufwand des Schuldners Zunächst gilt es den Inhalt der geschuldeten Leistung und den für deren Erbringung erforderlichen Aufwand zu ermitteln.10 Hat sich der Schuldner zur Erbringung einer von vornherein äußerst aufwändigen Leistung verpflichtet, so kann sich dieser nach Vertragsschluss nicht auf ein grobes Missverhältnis berufen.11 Engagiert bspw. der Eigentümer des verlorenen Rings einen Taucher, wird letzterer wegen des bereits anfänglich erkennbaren Aufwands nicht geltend machen können, der Tauchaufwand stehe im Vergleich zum Leistungsinteresse in einem groben Missverhältnis. Von dem Begriff des Aufwands erfasst sind sämtliche für die Erbringung der Leistung anzustellende Anstrengungen und zu tätigende Vermögensopfer, und zwar sowohl monetärer als auch anderer Natur.12

Canaris, JZ 2001, 499 (502); Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  118; näher zur historischen Entwicklung Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  168 ff. 8  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  130 l.Sp.; Canaris, JZ 2001, 499 (501); Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  21. Das Reichsgericht war noch anderer Ansicht gewesen und hatte auf derartige Fälle der wirtschaftlichen Unmöglichkeit §  275 BGB a. F. angewendet. Vgl. etwa RG, Urt. v. 23.02.1904 – II 398/03, RGZ 57, 116 (118 f.); RG, Urt. v. 12.11.1923 – VI 1286/22, RGZ 107, 156 (157 f.). Siehe zum alten Recht ferner Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  19 ff. und 80 f.; zur Terminologie etwa Schmidt-Recla, in: FS Laufs, S.  641 (646). 9 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  73 f.; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  25 f. 10  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  127 r.Sp.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  82; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  28. 11 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  92. 12  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  130 l.Sp.; Canaris, JZ 2001, 499 (502); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  100; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  137 ff.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  87.

A. Unverhältnismäßigkeit

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b) Leistungsinteresse des Gläubigers Das Leistungsinteresse des Gläubigers soll den „entscheidenden Bezugspunkt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung“ darstellen.13 Bei der Feststellung des Interesses des Gläubigers am Erhalt der Leistung kommt es auf das positive Interesse, also die Lage an, in der sich der Gläubiger bei Erfüllung befinden würde. Da es sich im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB um die Frage nach dem Entfallen der Naturalleistungspflicht handelt, ist die Naturalerfüllung in natura gemeint.14 Fehlerhaft wäre deshalb, zwischen Naturalerfüllung und Schadensersatz statt der Leistung abzuwägen15 und etwa wie im englischen Recht eine Adäquanzprüfung anzustellen16. Dies gilt umso mehr, da ein Schadensersatzanspruch nur im Falle des Verschuldens besteht und demnach die Wertung des Gesetzes, dass der Schuldner bei Verschulden gerade nicht leichtfertig befreit werden soll, durchkreuzt werden würde (dazu gleich).17 Bei der Ermittlung des Leistungsinteresses können sowohl materielle als auch immaterielle Interessen berücksichtigt werden.18 c) Grobes Missverhältnis Wie bereits eingangs erwähnt, liegt ein grobes Missverhältnis nur selten vor. Erforderlich ist, dass „kein vernünftiger Gläubiger [die Behebung des Leistungshindernisses] ernsthaft erwarten kann“19 oder „ganz offensichtlich kein vernünftiger Mensch daran denken würde, den unter den gegebenen Umständen erforderlichen Aufwand zu treiben, um sich in den Genuss der Leistung in Natur zu bringen“20. Das Missverhältnis muss demnach grob sein und „ein besonders krasses, nach Treu und Glauben untragbares Ausmaß erreichen“.21 13  Canaris, JZ 2001, 499 (501); ähnlich Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  92; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  133; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  28; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  25. 14 Vgl. Canaris, JZ 2001, 499 (502); Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  334 f. 15 Vgl. Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  31. So aber Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  175. 16  Siehe oben Kap.  2 C. IV.1.a) (S.  77). 17  Vgl. BT-Drs. 14/6040, 130 l.Sp. So auch Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  86. 18 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  97; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  83 ff.; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  134; Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  27; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  28; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  335; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  25; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  175. 19  BT-Drs. 14/6040, S.  129 r.Sp. 20  Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  94. 21  BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp.; Canaris, JZ 2001, 499 (503). Kritisch zu diesem Kriterium

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

Bei der Beurteilung des groben Missverhältnisses sind ausweislich der Norm der Inhalt des Schuldverhältnisses und die Gebote von Treu und Glauben zu berücksichtigen. Aufgrund des Inhalts des Schuldverhältnisses kann u. a. zwischen Stück- und Gattungsschulden differenziert werden, und zwar dahingehend, dass bspw. für die Wiederbeschaffung einer abhandengekommenen Stücksache keine großen Anstrengungen zu tätigen sind, da die Erfolgsaussichten häufig ohnehin gering sind, wohingegen der Leistungsgegenstand im Falle einer Gattungsschuld häufig anderweitig zu beschaffen ist.22 Ein bloßes rechnerisches Überschreiten des Leistungsinteresses durch den Leistungserbringungsaufwand, sodass die Erbringung letztlich mehr Kosten verursacht, als Nutzen stiftet, reicht keineswegs aus.23 Wann die Grenze aber erreicht ist, lässt sich in abstracto schwer sagen und sollte nach hM insbesondere nicht mithilfe weiterer zahlenmäßiger Präzisierungen verfestigt werden.24 Nach anderer Ansicht soll die Leistungspflicht bereits entfallen, wenn der Erbringungsaufwand 110–150 % (je nach Grad des Verschuldens) des Gläubigerinteresses beträgt.25 Kein taugliches Kriterium kann jedenfalls nach hM die vom BGH in der Porsche-Entscheidung26 entwickelte 130 %-Grenze darstellen.27 Diese wurde auf der Grundlage der §§  249 Abs.  2 S.  1, 251 Abs.  2 S.  1 BGB, mithin im Rahmen des Schadensersatzrechts entwickelt und soll in erster Linie das Affektionsinteresse des Schuldners schützen.28 Zwar handelt es sich auf den ersten Blick ebenfalls um eine Art der Unverhältnismäßigkeit, und zwar zwischen WiederherstelLobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S.  119 ff.; Lobinger, GPR 2008, 262 (267 f.). 22  Vgl. etwa Canaris, JZ 2001, 499 (503). 23 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  142 ff.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  95 mit ausführlicher Begründung. 24 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  101; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  148; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  94; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  339; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  179 ff. 25 Vgl. Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  68; dem folgend Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  26. 26 Grundlegend BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 314/90, NJW 1992, 302. Siehe ferner etwa BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439; BGH, Urt. v. 02.06.2015 – VI ZR 387/14, NJW 2015, 2958. 27 So Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  94; Faust, in: Huber/Faust, Kap.  2 Rn.  68 Fn.  57; Jaensch, NJW 2013, 1121 (1125). 28 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  94; Korch, JuS 2017, 10 ff.; Wellner, NJW 2012, 7 (9 f.). Im Grundsatz ähnlich liegen die Dinge bei den Richtwerten, die bei der Höhe von Behandlungskosten eines Tieres im Verhältnis zu dessen Wert (§  251 Abs.  2 S.  2 BGB) aufgestellt worden sind. Vgl. etwa BGH, Urt. v. 27.10.2015 – VI ZR 23/15, NJW 2016, 1589. Siehe näher Oetker, in: MüKoBGB, §  251 Rn.  52 ff.

A. Unverhältnismäßigkeit

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lung (Naturalrestitution) und Schadensersatz, bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass bei dieser schadensersatzrechtlichen Unverhältnismäßigkeit die Durchbrechung eines Leistungsversprechens überhaupt keine Rolle spielt. Aus diesem Grund erscheint die Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Unverhältnismäßigkeit des §  275 Abs.  2 BGB in der Tat unangebracht. 3. Bedeutung des Verschuldens Anders als bei der Unmöglichkeit nach §  275 Abs.  1 BGB, auf den sich der Schuldner auch im Falle der verschuldeten Unmöglichkeit berufen kann, sodass das Vertretenmüssen allenfalls bei der nachgelagerten Schadensersatzpflichtigkeit des Schuldners eine Rolle spielt, kommt dem Verschulden bei der Unzumutbarkeit bereits bei der Frage nach dem Schicksal des Naturalerfüllungsanspruchs Relevanz zu.29 Die Dinge liegen hier insoweit anders, als die Primärleistungspflicht nicht wegen der Unsinnigkeit einer Verurteilung zum Unmöglichen ausgeschlossen ist, sondern vielmehr danach gefragt wird, ob die Naturalerfüllung dem Schuldner trotz des großen Aufwands zumutbar ist.30 Die Vorschrift des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB beruht deshalb nach hM auf dem Gedanken, dass dem Schuldner, der sich unverschuldet mit steigenden Leistungserbringungskosten konfrontiert sieht, die Naturalerfüllung weniger, dem Schuldner, dem hinsichtlich des leistungserschwerenden Ereignisses ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, der erhöhte Leistungserbringungsaufwand hingegen eher zugemutet werden kann.31 Im Allgemeinen sollte aus §  275 Abs.  2 S.  2 BGB jedoch keineswegs geschlussfolgert werden, bei einem zu vertretenden Leistungshindernis stehe dem Schuldner das Leistungsverweigerungsrecht nie zu32 und ebenso wenig kann im umgekehrten Fall gesagt werden, der verschuldensfreie Schuldner müsse den Aufwand gar nicht betreiben33.34 29 Vgl. Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  65 f.; Schlechtriem, in: FS Sonnenberger, S.  125 (127 f.). 30 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  108. 31  Vgl. BT-Drs. 14/6040, 131 l.Sp.; Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, S.  43 (53); Canaris, JZ 2001, 499 (503); Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  27. 32 Vgl. BGH, Beschl. v. 22.01.2014 – VIII ZR 135/13, NJW 2014, 1881 (1882 Rn.  8): „Die Vorschrift des §  275 Abs.  2 BGB schließt es […] nicht aus, dass es Umstände geben kann, unter denen sich auch ein Schuldner, der das Leistungshindernis vorsätzlich herbeigeführt hat, mit Erfolg auf die Einrede berufen kann“. Vgl. auch BGH, Urt. v. 18.07.2008 – V ZR 171/07, NJW 2008, 3123 (3134 f.). Siehe ferner Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  77 f. 33 Vgl. Canaris, JZ 2001, 499 (503); Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  27. 34  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  131 l.Sp. So auch Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  107; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  160 f.; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  107.

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

4. Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung Das Kauf- und Werkvertragsrecht sieht für die Nacherfüllung eine selbstständige Unverhältnismäßigkeitsregelung vor. Diese ist in funktionaler Hinsicht mit §  275 Abs.  2 BGB insofern verwandt, als auch diese Sonderregelungen den Schuldner vor einer übermäßigen Belastung bei der Erfüllung vertraglicher Verbindlichkeiten schützen.35 Bei den leges speciales geht es allerdings um die sog. relative Unverhältnismäßigkeit, also um das Verhältnis der einen zur anderen Form der Nacherfüllung (vgl. §§  439 Abs.  4, 635 Abs.  3 BGB).36 Dieses Verhältnis ist für die vorliegenden Zwecke nicht von besonderem Interesse, denn sowohl bei der Nachbesserung als auch bei der Ersatzlieferung ist von Naturalerfüllung die Rede. Diese Regelung zur relativen Unverhältnismäßigkeit hindert den Gläubiger allerdings grundsätzlich nicht daran, die absolute Unverhältnismäßigkeit geltend zu machen (vgl. §§  439 Abs.  4 S.  1, 635 Abs.  3 BGB). Im Rahmen des Kaufrechts gilt dies allerdings nicht ausnahmslos. Die Ausnahme ergibt sich aus der richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift, die der Umsetzung der VerbrGK-RL dient. Aufgrund des Weber und Putz-Urteils,37 in dem der EuGH entschieden hat, beim Verbrauchsgüterkauf könne der Verkäufer die Nacherfüllung nicht wegen Unverhältnismäßigkeit verweigern, wenn lediglich eine Nacherfüllungsvariante verbleibt, wurde der Anwendungsbereich der Einrede der absoluten Unverhältnismäßigkeit erheblich eingeschränkt.38 Diese Rechtsprechung wurde in §  475 Abs.  4 BGB kodifiziert,39 der aufgrund seiner systematischen Stellung lediglich für Verbraucherverträge gilt.40 5. Rechtsfolge Anders als bei der Unmöglichkeit nach §  275 Abs.  1 BGB, bei der der Schuldner von Rechts wegen von der Leistung befreit wird,41 kann der Schuldner im Falle der Unverhältnismäßigkeit die Leistung verweigern. §  275 Abs.  2 BGB gibt dem Schuldner demnach eine Einrede an die Hand, von der dieser keinen Gebrauch 35 Vgl.

Wietfeld, AcP 15 (2015), 716 (719). Bianca, in: Grundmann/Bianca, Art.  3 Rn.  32 ff.; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  195. 37  EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 (Weber/Wittmer), C-87/09 (Putz/Medianess Electronics). 38 Vgl. Lorenz, in: MüKoBGB, §  475 Rn.  21 ff. 39  Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren v. 28.04.2017, BGBl. I, S.  969. 40  Siehe näher etwa Georg, NJW 2018, 199 (202); Müller/Sietz, NJW 2020, 3201. 41  Siehe oben Kap.  3 A. I.4. (S.  112). 36 Vgl.

A. Unverhältnismäßigkeit

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machen muss.42 Die Rechtfertigung dieser unterschiedlichen Behandlung von echter Unmöglichkeit und Unverhältnismäßigkeit besteht letztlich darin, dass es bei §  275 Abs.  1 BGB nicht sinnvoll ist, von einem Leistungsverweigerungsrecht zu sprechen, wenn der Schuldner gar nicht erfüllen kann.43 Dementgegen könnte sich der Schuldner trotz der Unverhältnismäßigkeit zur Erbringung der Leistung mittels eines überobligationsmäßigen Aufwands entscheiden.44 Erhebt der Schuldner hingegen die Einrede, so entfällt die Naturalleistungspflicht.45 Der Gläubiger kann daraufhin vom Vertrag zurücktreten (§  326 Abs.  1 S.  1 BGB). Für die Beantwortung der Frage, ob dem Gläubiger Schadensersatzansprüche zustehen, ist danach zu differenzieren, ob dem Schuldner (k)ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann. a) Vom Schuldner nicht zu vertretendes Leistungshindernis Hat der Schuldner das Leistungshindernis nicht zu vertreten, so entfällt nicht nur gemäß §  275 Abs.  2 BGB die Naturalerfüllungspflicht des Schuldners, sondern mangels Verschuldens entsteht auch kein Schadensersatzanspruch gemäß §  280 Abs.  1 S.  1 BGB.46 Dies liegt daran, dass beide Normen denselben Bezugspunkt haben; im Rahmen beider kommt es auf das Vertretenmüssen solcher Umstände an, die zum Eintreten des Leistungshindernisses geführt haben bzw. aufgrund derer der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. b) Vom Schuldner zu vertretendes Leistungshindernis Kann dem Schuldner hinsichtlich des Eintretens des Leistungshindernisses ein Verschuldensvorwurf gemacht werden, so gilt das Umgekehrte. Hier ist der Schadensersatzanspruch des Gläubigers gegen den Schuldner stets gegeben. 42 Vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 (Rn.  28); BT-Drs. 14/6040, S.  130 l.Sp.; Canaris, JZ 2001, 499 (501 und 504); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  88 und 114 f.; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  53 f.; Ekkenga/ Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  166; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  101; Faust, in: Huber/ Faust, 2. Kap. Rn.  1 und 5; Freitag, NJW 2014, 113 ff.; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  26 und 32; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  325; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  173; Weller, Die Vertragstreue, S.  432; a. A. Teichmann, BB 2001, 1485 (1487); kritisch Stoll, JZ 2001, 589 (591). 43  So etwa Canaris, in: Schulze/Schulte-Nölke, S.  43 (48); Canaris, JZ 2001, 499 (504). 44  So etwa Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  6; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  32. 45 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  102; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  26; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  32. 46 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  106; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  337; im Ergebnis ebenso, aber kritisch zur Regelung des Gesetzes Huber, in: Ernst/Zimmermann, S.  31 (70 ff.).

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

II. Praktische Unmöglichkeit im niederländischen Recht Das niederländische Recht unterscheidet die oben erwähnte absolute, also echte von der nunmehr zu besprechenden praktischen Unmöglichkeit (praktische onmogelijkheid), die die wichtigste Unterart der relativen Unmöglichkeit darstellt.47 Von praktischer Unmöglichkeit ist die Rede, wenn der Schuldner die Erfüllung nur unter der Tätigung eines ihm nicht zumutbaren Aufwands bewirken kann.48 Bei der praktischen Unmöglichkeit des niederländischen Rechts handelt es sich bei rechtsvergleichender Betrachtung deshalb um das Verhältnis zwischen dem Leistungsaufwand des Schuldners und dem Leistungsinteresse des Gläubigers, d. h. um die Unverhältnismäßigkeit des deutschen Rechts. Im älteren niederländischen Schrifttum wurden diese Fälle ebenfalls am Beispiel des Rings am Boden eines Sees diskutiert.49 Der niederländische Gesetzgeber hat der praktischen Unmöglichkeit, ebenso wie der absoluten Unmöglichkeit, bemerkenswerterweise keine allgemeine Norm gewidmet.50 1. Maßstab Im niederländischen Recht ist im Rahmen der relativen Unverhältnismäßigkeit einiges ungeklärt, denn abgesehen von dem Fehlen einer Norm existiert ebenfalls wenig Rechtsprechung. Ungeklärt ist insbesondere das für ein Entfallen der Naturalleistungspflicht erforderliche Maß an Unverhältnismäßigkeit. Als Daumenregel ist in diesem Rahmen in der Literatur eine 130 %-Grenze vorgeschlagen worden.51 Die Pflicht zur Erbringung der geschuldeten Leistung soll demnach dann entfallen, wenn die damit einhergehenden Kosten 130 % des Interesses des Gläubigers betragen. Diese Daumenregel ist maßgeblich von der Rechtsprechung des BGH zur Anwendung des §  251 BGB im Falle der Reparatur

47  Siehe oben Kap.  3 A. II.1. (S.  113) sowie De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  32. 48 Vgl. HR 21.5.1976, NJ 1977, 73 (Oosterhuis/Unigro): „lediglich durch das Erbringen von Opfern, die unter Berücksichtigung aller Umstände billigerweise nicht von ihm verlangt werden können“. Orig.: „slechts door het brengen van offers die, alle omstandigheden in aanmerking genomen, in redelijkheid niet van hem gevergd kunnen worden“. Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  136; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11. 49 Siehe Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  128; zum deutschen Recht bereits Kap.  3 A. I.2.b) (S.  110). 50  Vgl. auch Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  136; Stolp, Ontbinding, schadevergoeding en nakoming, S.  234 f.; Tjong Tjin Tai, WPNR 2004/6577, 363 (364 f.). Siehe zur absoluten Unmöglichkeit bereits Kap.  3 A. II.2. (S.  114). 51 Vgl. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  143 ff. und 156 ff.

A. Unverhältnismäßigkeit

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von Kraftfahrzeugen52 inspiriert worden.53 Bemerkenswert ist, dass die Übertragbarkeit dieser schadensersatzrechtlichen Rechtsprechung auf die Unverhältnismäßigkeit des §  275 Abs.  2 BGB im deutschen Schrifttum mit dem Argument abgelehnt wird, dass die schadensersatzrechtliche 130 %-Grenze vielmehr dem Schutz der Vertrautheit des Geschädigten mit dem eigenen Fahrzeug dient.54 Die vorgeschlagene 130 %-Regel ist in der niederländischen Literatur nicht auf Zustimmung gestoßen und hat, soweit ersichtlich, ebenso wenig Eingang in die Rechtsprechung gefunden.55 In einer Entscheidung aus dem Jahre 2001 hat der Hoge Raad zudem geurteilt, dass der Gläubiger bei der Wahl zwischen Nacherfüllung und Schadensersatz die Gebote von Treu und Glauben beachten muss.56 Die Entscheidung hat im niederländischen Schrifttum viel Aufsehen erregt und wurde sogar als „neuer Beschränkungsgrund des Erfüllungsanspruchs“57 und vereinzelt als eine Annäherung des niederländischen Rechts an das Common Law gedeutet.58 Bei näherer Betrachtung handelt es sich allerdings, wie auch die Begründung des Urteils zeigt, vielmehr um eine absolute Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung, deren Vorliegen im Ergebnis nicht einmal bejaht wird, denn wie das Berufungsgericht gibt der Hoge Raad der Klage auf Nacherfüllung in natura statt.59 52 Vgl.

BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 314/90, NJW 1992, 302. Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  156. 54 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  94. 55  Siehe etwa Huydecoper, Reële executie, S.  89 ff.; Van Nispen, MvV 2010, 93 (95); Van Nispen, Sancties in het vermogensrecht, S.  29 f. 56 Vgl. HR 05.01.2001, NJ 2001, 79 (Multi Vastgoed/Nethou), Rn.  3.5. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde. Nethou hatte sich Multivastgoed gegenüber zur Herstellung und Übereignung eines Bürogebäudes verpflichtet, dessen Fassade mit speziellen Aluminiumplatten zu verkleiden war. Aufgrund der Verwendung anderer Platten hatte der Bauherr eine sog. Filiformkorrosion festgestellt und Nacherfüllung in Form des Austausches sämtlicher Platten gefordert. Die damit einhergehenden Kosten beliefen sich auf 6 Mio. NLG, das Gesamtvertragsvolumen betrug etwa 157 Mio. NLG. Die Beklagte hatte sich auf den Standpunkt gestellt, die Korrosion könne ebenfalls, und zwar weitaus kostengünstiger, durch regelmäßige Reinigung der Fassade beseitigt werden und hatte angeboten, die Kosten dafür zu tragen. Der Hoge Raad erwog, dass dem Gläubiger im Grundsatz ein Anspruch auf Nacherfüllung zustehe und sich dieser nicht mit Schadensersatz zufrieden stellen müsse. Gleichwohl sei der Gläubiger bei der Wahl zwischen beiden Abhilfen nicht vollkommen frei, sondern habe dieser die Gebote von Treu und Glauben zu berücksichtigen, wobei auch die berechtigten Interessen der anderen Partei eine Rolle spielten. Dies ergebe sich aus dem insoweit verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken der kaufrechtlichen und der (zur damaligen Zeit noch nicht in Kraft getretenen) bauvertraglichen Sondernorm. 57  Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  243 (Orig.): „nieuwe beperkingsgrond van het recht op nakoming“. 58  Vgl. insbesondere Tjittes, RMThemis 2001, 161 f. 59 Vgl. HR 05.01.2001, NJ 2001, 79 (Multi Vastgoed/Nethou), Rn.  3.6. 53 Vgl.

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

2. Rechtsfolge Anders als bei der absoluten Unmöglichkeit entfällt die Leistungspflicht nicht ipso iure. Vielmehr muss sich der Schuldner auf die relative Unmöglichkeit berufen.60 Im Übrigen sind die Rechtsfolgen dieselben wie bei der tatsächlichen Unmöglichkeit.61 III. Hardship und impracticability im englischen Recht Für die Unverhältnismäßigkeit lässt sich im englischen Recht keine einheitliche Begrifflichkeit erkennen. Üblicherweise werden derartige Fälle unter den Begriffen des hardship oder der impracticability diskutiert.62 Ähnlich wie bereits bei der Unmöglichkeit sei hier erneut darauf hingewiesen, dass diese Begriffe zudem für verschiedene Institute mit unterschiedlichen Rechtsfolgen verwendet werden. Zum einen kann nämlich im Falle des hardship oder der impracticability der Anspruch auf specific performance ausgeschlossen sein, sodass der Gläubiger gegen den Schuldner lediglich Schadensersatzansprüche geltend machen kann.63 Zum anderen kann die Rechtsfolge darin bestehen, dass von einem discharge der Parteien wegen frustration of contract die Rede ist. In diesem Fall sind sämtliche Ansprüche des Gläubigers ausgeschlossen.64 Von hardship im ersteren Sinne ist die Rede, „where the cost of performance to the defendant is wholly out of proportion to the benefit which performance will confer on the claimant“.65 Praktisch ist dies selten der Fall, denn das englische Recht zeigt in diesem Rahmen große Zurückhaltung. „It is clear that in normal circumstances supervening hardship […] cannot be a basis for refusing specific performance. […] [I]t is only in ‘extraordinary and persuasive principles’ that hardship can supply an excuse for resisting specific performance.“66

Die Leitentscheidung, die zu den seltenen Fällen gehört, in denen hardship bejaht wurde, ist der sog. Ocean Island-Fall.67 60 Vgl.

Haas, De grenzen van het recht op nakoming, S.  245. Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  128. 62 Siehe zu terminologischen und inhaltlichen Unterschieden zwischen US-amerikanischem und englischem Recht Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  56 ff. 63 Vgl. Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  15. 64  Siehe aus rechtsvergleichender Sicht auch Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  53. 65  Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-032. 66  Matila Ltd v Lisheen Properties Ltd [2010] EWHC 1832 (Ch) (Rn.  253). 67  Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch). Siehe zum Ocean Island-Fall im Lichte des europäischen Privatrechts auch Remien, in: FS Hondius, S.  321 ff. 61 Vgl.

A. Unverhältnismäßigkeit

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1. Ocean Island-Fall Im Ocean Island-Fall wurde auf der pazifischen Insel Banaba ab etwa 1900 über mehrere Jahrzehnte Phosphat abgebaut. Der Fall ist in faktischer und juristischer Hinsicht zwar besonders vielschichtig,68 für die vorliegenden Zwecke ist allerdings lediglich relevant, dass sich ein Unternehmen im Gegenzug für die Erschließung der Ressource gegenüber einem Teil der einheimischen Grundstückseigentümer zur Wiederherstellung und Bepflanzung der Insel nach Beendigung des Abbaus verpflichtet hatte.69 Problematisch war allerdings, dass die Insel durch den Abbau derart verunstaltet worden war, dass das Wiederherrichten lediglich mit einem exorbitanten Kosten- und Zeitaufwand möglich gewesen wäre und voraussichtlich nicht einmal zum gewünschten Erfolg geführt hätte.70 Insgesamt, so das Gericht „the time and the cost would be very great, and wholly disproportionate to the meagre and long-delayed benefit that might in the end be achieved. […] The claim for specific performance seems to me to fail completely“.71

2. Weitere Fälle Im Übrigen lehnt das englische Recht das Institut der wirtschaftlichen Unmöglichkeit durchweg ab. 68  Der Verlauf der Dinge ist in Wahrheit wesentlich komplexer. Dieser setzt sich aus einer Reihe von Transaktionen zwischen verschiedenen Parteien und der indigenen Bevölkerung zusammen. Die Insel und ihre Bevölkerung litten darüber hinaus besonders unter der japanischen Besetzung und Zerstörung der Insel während des Zweiten Weltkriegs und die wenigen Überlebenden wurden schließlich zu einer etwa 1600 Meilen entfernten Insel umgesiedelt. Aus diversen Gründen ist der Anspruchsgegner ferner nicht das mittlerweile liquidierte Unternehmen, sondern sind dies die (Nachfolger der) British Phosphate Commissioners. Siehe Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch) (127 ff.). 69 Vgl. Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch) (143): „That [the company] shall return all worked out lands to the original owners, and that [the company] shall replant such lands – whenever possible – with coconuts and other food-bearing trees, both in the lands already worked out and in those to be worked out“. Das Gericht erwägt zwar, dass die Wiederherstellungs- und Bepflanzungsverpflichtung nicht hinreichend präzise sein könnte, sieht diese Überlegung per se allerdings nicht als hinreichende Rechtfertigung für die Ablehnung der specific performance an. Vgl. Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch) (321). 70  Es hätte Erde aus dem weitentfernten Australien importiert werden müssen. Dies hätte Kosten i. H. v. 32 bis 50 Mio. AUD verursacht und zwischen fünf und 17 Jahren gedauert. Erst im Anschluss hätten dann Kokospalmen gepflanzt werden können, welche bei optimalen Bedingungen erstmalig nach etwa zwölf bis 14 Jahren Früchte abgeworfen hätten und nach etwa 18 bis 20 Jahren vollständig fruchttragend gewesen wären. Vgl. Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch) (326 ff.). 71  Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch) (328).

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

„The argument that a man can be excused from performance of his contract when it becomes ‘commercially’ impossible […] seems to me a dangerous contention, which ought not to be admitted unless the parties have plainly contracted to that effect.“72

Etwaige Finanzierungsprobleme oder Preisschwankungen auf dem Immobilienmarkt führen nicht zum Ausschluss des Anspruchs auf specific performance.73 In einem Fall zur Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung hatte der Kläger den Beklagten mit der Herstellung eines Schwimmbads mit einer Tiefe von 7 Fuß und 6 Zoll beauftragt. Nach dem Bau stellte sich allerdings heraus, dass das Schwimmbad lediglich 6 Fuß tief war. Es stand allerdings fest, dass dieser Umstand weder eine Beeinträchtigung der praktischen Benutzbarkeit des Schwimmbads darstellte noch zu einer Wertminderung führte, während sich die Herstellung des geschuldeten Zustands nur durch Abriss des existierenden und Bau eines neuen Schwimmbads erreichen ließ. Die damit einhergehenden Kosten beliefen sich auf mehr als 21.000 GBP, die vereinbarte Vergütung hatte etwa 17.800 GBP betragen. Der Kläger berief sich auf Vertragsbruch und verlangt die Wiederherstellungskosten. Das Gericht stellte maßgeblich auf das Missverhältnis der Wiederherstellungskosten im Vergleich zum zusätzlichen bzw. verlorenen Gebrauchsvorteil des Schwimmbads ab. Ersatzfähig waren hier deshalb lediglich Schäden wegen entgangener Freude (loss of a pleasurable amenity), während Naturalerfüllung ausschied.74 Von Interesse ist schließlich ein Fall, in dem es sich ebenso wie in der Multi Vastgoed/Nethou-Entscheidung des Hoge Raad um eine Außenfassade mit mangelhafter Verkleidung handelte. In dieser weitestgehend gleichgelagerten Konstellation verneinte auch das englische Gericht das Vorliegen von (economic) hardship und gab es der Klage auf specific performance in Übereinstimmung mit der oben erwähnten baurechtlichen Rechtsprechung75 statt.76 Insgesamt kann festgehalten werden, dass das englische Recht bei der Unverhältnismäßigkeit eine große Zurückhaltung zeigt.77 IV. Rechtsvergleichende Überlegungen Terminologisch sind die Bezeichnungen, die die Rechtsordnungen für die hier interessierende Unverhältnismäßigkeit verwenden, zum Teil verwirrend. Das 72 

Tennants (Lancashire) Ltd v C. S. Wilson & Co Ltd [1917] AC 495 (HL) (510). Matila Ltd v Lisheen Properties Ltd [2010] EWHC 1832 (Ch) (Rn.  252 ff.). 74 Vgl. Ruxley Electronics and Constructions Ltd v Forsyth [1996] AC 344 (HL). 75  Siehe oben Kap.  2 C. IV.1.b) (S.  82). 76 Vgl. Blue Manchester Ltd v North West Ground Rents Ltd [2019] EWHC 142 (TCC) (Rn.  107 ff.). 77  Vgl. auch Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  75 ff. 73 Vgl.

A. Unverhältnismäßigkeit

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englische Recht unterscheidet nicht streng. Zumeist wird von impracticability oder (economic) hardship gesprochen, obwohl dieser Begriff auch im Sinne einer allgemeinen Interessenabwägung verwendet wird.78 Die absolute Unverhältnismäßigkeit des deutschen Rechts sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich auch dabei um ein relatives Konzept handelt, bei dem der Aufwand des Schuldners und das Leistungsinteresse des Gläubigers gegeneinander abgewogen werden. Die Bezeichnung als praktische Unmöglichkeit im niederländischen Recht ist schließlich verfehlt, weil die Erbringung der Leistung praktisch gerade möglich ist. Vorzugswürdig erscheint es somit insbesondere für rechtsvergleichende Zwecke, von einer Unverhältnismäßigkeit der Naturalerfüllung bzw. der Nacherfüllung zu sprechen. 1. Unverhältnismäßigkeit der Naturalerfüllung Der rechtsvergleichende Blick auf die hier untersuchten Rechtsordnungen zeigt zunächst, dass die Unverhältnismäßigkeit der Naturalerfüllung praktisch eine äußerst geringe Rolle spielt. Dies entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers79 und der hM im Schrifttum80 in Deutschland. Bei §  275 Abs.  2 BGB handelt es sich, so der BGH, um „eine eng auszulegende, nur selten anwendbare Ausnahmevorschrift“.81 Erfasst sein sollen die bereits erwähnten Fälle der faktischen oder praktischen Unmöglichkeit, also solche, die der echten Unmöglichkeit bei lebensnaher Betrachtung gleichgesetzt werden können.82 Dies zeigt auch die systematische Stellung der Norm, die „eine Ergänzung des §  275 Abs.  1 BGB um weitere Fälle der sinnlosen Naturalerfüllungspflicht“ darstellt.83 Im niederländischen Recht wird die praktische Unmöglichkeit im Schrifttum mangels Kodifikation typischerweise nur knapp behandelt und existiert kaum Rechtsprechung, in der die absolute Unverhältnismäßigkeit bejaht wurde. Das englische Recht 78 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  183: „On close analysis, the plea of hardship in all cases in which specific performance is contested may be seen actually to be a matter of comparing relative hardship. [The creditor] may claim that the denial of specific relief may cause hardship to him which would be greater than that suffered by [the debtor] if he is compelled to perform“. Ähnlich Spry, The Principle of Equitable Remedies, S.  204. 79  Vgl. BT-Drs. 14/6040, 129 r.Sp. f. 80 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  75; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  118; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  27; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  24; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  182; a. A. Lobinger, GPR 2008, 262 (263 f.). 81  BGH, Beschl. v. 14.01.2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 (1662 Rn.  18). 82  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  129 r.Sp.; Canaris, JZ 2001, 499 (501); Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  22. 83  Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  75; a. A. Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  185 ff.

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

steht, wie insbesondere im nächsten Kapitel zu thematisieren sein wird, dem richterlichen Eingriff in den Vertrag insgesamt besonders skeptisch gegenüber. Der Ocean Island-Fall, der im deutschen und niederländischen Recht wohl kaum anders zu lösen sein dürfte,84 ist eines der wenigen vertragsrechtlichen Anwendungsbeispiele der Lehre der impracticability. Umgekehrt ist nicht davon auszugehen, dass das englische Recht beim kontinentaleuropäischen Beispielfall des Rings, in dem specific performance wegen des einmaligen Charakters durchaus in Betracht käme, zu einem anderen Ergebnis kommen würde.85 Letztlich dient die Unverhältnismäßigkeit in allen untersuchten Rechtsordnungen der Vermeidung von besonders groben Ressourcenverschwendungen. Insofern kann die Unverhältnismäßigkeit durchaus als Ausdruck rechtsökonomischer Gesichtspunkte verstanden werden, obgleich dieser Ausnahmetatbestand lediglich negativ besonders flagrante Ineffizienzen verhindert und nicht positiv nach einer optimalen Ressourcenallokation strebt. Im niederländischen und englischen Recht scheint ungeklärt, ob und, bejahendenfalls, in welcher Weise das Vertretenmüssen des Schuldners hinsichtlich der zur Leistungserschwerung führenden Umstände bei der Befreiung von der Naturalerfüllungspflicht zu berücksichtigen ist. Dass das Verschulden im deutschen Recht eine Rolle spielt, ergibt sich zwar aus dem zweiten Satz des §  275 Abs.  2 BGB, umstritten ist allerdings, ob eine Berücksichtigung in beide Richtungen geboten ist, wie es von der hM vertreten wird. Teilweise wird argumentiert, der Zweck der Norm bestehe lediglich in der Entlastung des Schuldners, den kein Verschuldensvorwurf trifft, solle allerdings nicht zu einer Belastung des Schuldners, der die Leistungserschwerung zu vertreten hat, führen.86 Angesichts der ohnehin hohen Schwelle des §  275 Abs.  1 BGB werde letzterer andernfalls doch zum praktisch Unmöglichen angehalten.87 Bei der Herabstufung oder Hochstufung der Befreiungsschwelle wäre wohl in Erwägung zu ziehen, zwischen Vorsatz einerseits und Fahrlässigkeit andererseits zu differenzieren und zwar dahingehend, dass dem Schuldner, der den leistungserschwerenden Umstand vorsätzlich (oder ggf. auch noch in grob fahrlässiger Weise) herbeigeführt hat, ein wenig mehr zumutbar ist.88 84  Von etwaigen historischen, moralischen und politischen Pflichten aufgrund der kolonialgeschichtlichen Dimensionen dieser Entscheidung einmal abgesehen. 85  Siehe im Ergebnis auch Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  221. 86 So etwa Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  107; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  77 f. und 107; wohl auch Löhnig, ZGS 2005, 459 (462). 87  So etwa Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  77 f.: „‚Absenkung‘ der Befreiungsschwelle für den ‚schuldlosen‘ Schuldner“. Siehe auch Rn.  107. 88  In die Richtung auch BGH, Beschl. v. 22.01.2014 – VIII ZR 135/13, NJW 2014, 1881 (1882 Rn.  9): „die nach §  275 Abs.  2 BGB gebotene Abwägung [wird] bei einem Anspruch auf

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen

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2. Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung Bei der relativen Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung kommt es nicht – wie bei der absoluten Unverhältnismäßigkeit – auf ein Kosten-Nutzen-Kalkül an.89 Vielmehr wird zwischen verschiedenen Arten der Nacherfüllung abgewogen. Abgesehen von den kauf- und werkvertraglichen Sondervorschriften zur relativen Unverhältnismäßigkeit, lassen alle hier untersuchten Rechtsordnungen auch im Rahmen der Nacherfüllung die Einrede der absoluten Unverhältnismäßigkeit grundsätzlich zu. Dabei ist allerdings – jedenfalls in Deutschland und den Niederlanden – die Weber und Putz-Entscheidung des EuGH zu berücksichtigen.

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen Bei der Unzumutbarkeit der Leistungserbringung aus persönlichen Gründen stehen ebenfalls normative Erwägungen im Vordergrund. Im Unterschied zur Unverhältnismäßigkeit liegt der Grund für das Entfallen der Leistungspflicht hier in persönlichen Umständen seitens des Schuldners, die von einem derartigen Gewicht sind, dass die Erbringung dem Schuldner nicht zugemutet werden kann. I. Unzumutbarkeit im deutschen Recht Gemäß §  275 Abs.  3 BGB hat der Schuldner ein Verweigerungsrecht für eine persönlich zu erbringende Leistung, wenn diesem die Erbringung nicht zugemutet werden kann. Dabei sind das Leistungshindernis und das Leistungsinteresse des Gläubigers gegeneinander abzuwägen. Während im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB eine von objektiven Merkmalen geprägte Abwägung anzustellen ist, rücken bei dessen drittem Absatz auch subjektive, die Person des Schuldners betreffende Überlegungen in den Vordergrund.90

Beseitigung eines grob fahrlässig (und erst recht eines vorsätzlich) errichteten Überbaus in der Regel dazu führen […], dass die Einrede zu versagen ist“. Vgl. auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  338 f. 89 Vgl. Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1257 ff. 90 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  112; Henssler, AcP 190 (1990), 538; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  192.

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

1. Maßstab a) Persönlich zu erbringende Leistung Für die Bejahung der Unzumutbarkeit der Erbringung der Naturalleistung ist zunächst erforderlich, dass die Leistung eine persönlich zu erbringende ist.91 Dies ist dann der Fall, wenn der Schuldner sich für die Erbringung der Leistung keines Erfüllungsgehilfen bedienen darf, also nur der Schuldner selbst die Leistung mit befreiender Wirkung erbringen kann.92 Der Maßstab der persönlich zu erbringenden Leistung ist demnach insbesondere nicht erst im Falle einer höchstpersönlichen Leistung erfüllt.93 Aufgrund des Merkmals der persönlich zu erbringenden Leistung stellen die im Zweifel unübertragbaren Tätigkeitsverpflichtungen, wie sich diese etwa aus einem Dienst- (vgl. §  613 S.  1 BGB) und insbesondere Arbeitsvertrag sowie aus Auftrag (§  664 Abs.  1 S.  1 BGB) ergeben, einen wichtigen Anwendungsbereich für die vorliegende Norm dar.94 b) Leistungshindernis auf Schuldnerseite Seitens des Schuldners ist das der Leistung entgegenstehende Hindernis zu berücksichtigen. Dieses Hindernis kann materieller und insbesondere auch immaterieller Natur sein.95 Erfasst sind etwa die Freiheit, die Gesundheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und andere hochrangige (verfassungsrechtlich geschützte) Rechtsgüter des Schuldners.96 c) Leistungsinteresse des Gläubigers Der Begriff des Leistungsinteresses des Gläubigers unterscheidet sich nicht von dem des §  275 Abs.  2 BGB.97 Auch im Rahmen des §  275 Abs.  3 BGB sind so91  BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NJW 2016, 1754 (1755 Rn.  26); Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  81; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  355 und 360; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  189. 92 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  174; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  117. 93 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  117. 94  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp. Die Parteien können jedoch durch Vereinbarung die (Un-)Übertragbarkeit sowohl für diese Vertragstypen ab- als auch für andere Vertragstypen bedingen, sodass sich die Relevanz des §  275 Abs.  3 BGB keineswegs in den eben erwähnten Tätigkeitsvertragen erschöpft. 95 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  175; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  120. 96  Vgl. bereits Henssler, AcP 190 (1990), 538 (539). 97 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  176; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  118; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  190.

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen

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mit sowohl materielle als auch ideelle Interessen am Erhalt der Leistung zu berücksichtigen.98 d) Unzumutbarkeit Die Abwägung der beiderseitigen Interessen muss für das Entfallen der Naturalleistungspflicht zum Ergebnis führen, dass die Erbringung dem Schuldner nicht zugemutet werden kann. Dies soll dann der Fall sein, wenn „die Leistungserbringung in hohem Maße belastend ist“.99 Hinsichtlich der Quelle der zur Unzumutbarkeit führenden Umstände kann zwischen solchen, die den Schuldner selbst und solchen, die den Umkreis des Schuldners betreffen, differenziert werden.100 Bezugsperson für die Unzumutbarkeit bleibt in beiden Fällen letztlich allerdings der Schuldner. Von ersterer Gruppe, bei der die Ursache für das Leistungshindernis den Schuldner selbst betrifft, ist etwa die Rede, wenn der Schuldner zum ausländischen Wehrdienst eingezogen wird,101 dem Schuldner die Erbringung einer nicht bereits nach Abs.  1 subjektiv unmöglichen Arbeitsleistung krankheitsbedingt nicht zumutbar ist102 oder der Erbringung der geschuldeten Leistung, bspw. bei Sonntagsarbeit,103 Gewissensgründe entgegenstehen104.105 Ladungen zu Behörden und Gerichtsterminen können ebenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht begründen.106 Umstritten sind notwendige Arztbesuche während der Arbeits-

98 

Siehe oben Kap.  4 A. I.2.b) (S.  145). BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NJW 2016, 1754 (1755 Rn.  26). So auch Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  121. Siehe näher Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  365 ff. 100 Vgl. Henssler/Muthers, ZGS 2002, 219 (221). 101 Vgl. BAG, Urt. v. 22.12.1982 – 2 AZR 282/82, NJW 1983, 2782. Die Entscheidung beruht in Anbetracht des Entscheidungsdatums nicht auf §  275 Abs.  3 BGB, sondern insbesondere auf den Rechtsgedanken des §  616 (vorübergehende Verhinderung des zur Dienstleistung Verpflichteten) sowie der §§  228, 904 BGB (Notstand). Zustimmend BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp. 102  So etwa BAG, Urt. v. 02.11.2016 – 10 AZR 596/15, NJW 2017, 906 (908 Rn.  28). Ob der Fall des erkrankten Arbeitnehmers von §  275 Abs.  1 oder Abs.  3 erfasst wird, ist allerdings umstritten. Siehe BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NJW 2016, 1754 (1755 Rn.  26); Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  113; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  172; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn. m. w. N. Die Unterscheidung ist insbesondere für das Eintreten der Rechtsfolgen (ipso iure oder Einrede) von Bedeutung. 103  So zumindest Preis/Ulber, NZA 2010, 729 (733). 104 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  110; Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  123; anders noch BT-Drs. 14/6040, S.  130 l.Sp. 105  Siehe zum Ganzen Greiner, Ideelle Unzumutbarkeit. 106  BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp. 99 

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

zeit.107 Kein Leistungsverweigerungsrecht ist bei der Teilnahme an Sitzungen des Ortsvorstands einer Gewerkschaft gegeben.108 Verallgemeinert man das nicht einmal unumstrittene Lehrbuchbeispiel der Sängerin mit dem kranken Kind,109 so kann grundsätzlich die gebotene Pflege schwer erkrankter Angehöriger ein Leistungsverweigerungsecht begründen.110 2. Bedeutung des Verschuldens Anders als bei §  275 Abs.  2 BGB ist das Verschulden in Bezug auf das Eintreten des Leistungshindernisses im Rahmen des dritten Absatzes in Anbetracht der parlamentarischen Behandlung der Norm nicht von Bedeutung.111 Die wohl hM will das Verschulden gleichwohl berücksichtigen, sei es in unterschiedlicher Richtung, d. h. nur zugunsten des schuldlosen Schuldners112 oder entsprechend dem §  275 Abs.  2 S.  2 BGB sowohl nach unten als auch nach oben, mithin auch zulasten des Schuldners, der das Hindernis zu vertreten hat113. 3. Rechtsfolge Die Rechtsfolge des §  275 Abs.  3 BGB entspricht der des zweiten Absatzes.114 Die Normen gewähren dem Schuldner eine Einrede, die im Falle der Geltendmachung durch den Schuldner zum Ausschluss der Naturalleistungspflicht führt.115 107 

Erfasst nach BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp. Anzweifelnd Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  123. 108  BAG, Beschl. v. 13.08.2010 – 1 AZR 173/09, NZA-RR 2010, 640. 109  Ursprünglicher Fall nach Heck, Grundriß des Schuldrechts, §  28 Nr.  8, S.  89; in abgewandelter Form bei Huber, in: Ernst/Zimmermann, S.  31 (73). Für ein Leistungsverweigerungsrecht etwa BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp.; a. A. Canaris, JZ 2001, 499 (501). Hier ist das Gläubigerinteresse (Ausfall der gesamten Veranstaltung) weitaus höher, als es in den alltäglicheren arbeitsrechtlichen Konstellationen ist. 110  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  130 r.Sp.; ebenso Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  30; Henssler/Muthers, ZGS 2002, 219 (221 ff.); a. A. BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NJW 2016, 1754 (1755 Rn.  26). Siehe eingehend Treichel, NZA 2016, 459; ferner Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  355 f. 111  Die Relevanz des Verschuldens und die systematische Stellung des jetzigen §  275 Abs.  3 BGB waren im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  113 ff. m. w. N. Siehe näher auch Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  178; Henssler/Muthers, ZGS 2002, 219 (221 f.); Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  30. 112  So etwa Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  122; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  191. 113  So etwa Dauner-Lieb, in: NK-BGB, §  275 Rn.  63; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  337. 114 Vgl. Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  182. 115 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  124; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  32.

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen

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Gemäß §  275 Abs.  4 i. V. m. §§  280 ff. BGB bleiben Schadensersatzansprüche des Gläubigers grundsätzlich unberührt.116 Gleichwohl werden diese in Anbetracht der oben erwähnten Anwendungsfälle mangels Verschuldens des Schuldners typischerweise ausscheiden.117 II. Moralische Unmöglichkeit im niederländischen Recht Von moralischer Unmöglichkeit ist im niederländischen Recht die Rede, wenn die Erfüllung große Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sicherheit mit sich bringen würde.118 Im Schrifttum wird etwa der Fall erwähnt, in dem der Schuldner an einen Ort liefern muss, der aufgrund eines Kernunfalls nicht ohne erhebliche Gesundheitsgefahren erreicht werden kann119 oder sich der Schuldner am Sterbebett eines Angehörigen aufhält120. Die Rechtsfolge der moralischen Unmöglichkeit wird darin gesehen, dass der Schuldner nicht zur Leistung verurteilt werden kann. Etwaige Schadensersatzansprüche bleiben davon grundsätzlich unberührt.121 Die moralische Unmöglichkeit wird lediglich im Schrifttum vollständigkeitshalber erwähnt und spielt keine große praktische Rolle. Bei rechtsvergleichender Betrachtung können gleichwohl einige Fälle erwähnt werden, in denen die Naturalerfüllung aus die Person des Schuldners betreffenden Gründen ausscheidet. Diese Fälle werden allerdings vielmehr im Lichte des Grundsatzes von Treu und Glauben behandelt. So konnte der Ehemann in einem Rechtsstreit zwischen ehemaligen Ehegatten von der Ehefrau keine Erfüllung der Zahlungspflicht aus dem Vertrag über die Auflösung der Gütergemeinschaft verlangen, da dies zur Folge gehabt hätte, dass die Ehefrau mit den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern in die Obdachlosigkeit gedrängt worden wäre.122 III. Personal hardship im englischen Recht Die Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen wird im englischen Recht ebenfalls als Unterkategorie des hardship angesehen. Im Unterschied zur impractica116 

Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  131 l.Sp. So auch Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  124; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  336. 118 Vgl. Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  132; De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11; De Jong, in: Krans/De Jong/Wissink, S.  114; De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  33. 119 Vgl. De Jong, Niet-nakoming van verbintenissen, S.  11. 120 Vgl. Tjong Tjin Tai, WPNR 2004/6577, 363 (364). 121  Siehe zum alten Recht bereits Hofmann/Van Opstall, Het Nederlands verbintenissenrecht, Bd.  I, S.  132. 122 Vgl. HR 16.01.1981, NJ 1981, 312 (Katwijkse boedelscheiding). 117 

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

bility und zum economic hardship wird von personal hardship gesprochen. Hardship aus persönlichen Gründen wird in der Rechtsprechung selten angenommen.123 Kein specific performance verhindernder Fall der persönlichen Unzumutbarkeit lag bspw. vor, als der Verkäufer eines Hauses in Anbetracht des knappen Immobilienmarkts seinerseits Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche hatte und mit dem Erlös keine für ihn und seine Familie geeignete Unterkunft erwerben konnte.124 Dieser Umstand ist dem Vertrag vielmehr inhärent oder wird jedenfalls dem Risikokreis des Verkäufers zugeordnet.125 Mehr im Allgemeinen hat der Schuldner für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen.126 1. Patel v Ali Angesicht der restriktiven Anwendung der persönlichen Unzumutbarkeit sind vor allem solche Fälle von Interesse, in denen die persönliche Unzumutbarkeit bejaht wurde, wie etwa in der Leitentscheidung Patel v Ali. In dem Fall hatte die Beklagte eine Immobilie verkauft und verlangte der Kläger specific performance. Nach Vertragsschluss hatte sich die Lebenssituation der Beklagten allerdings drastisch verschlechtert.127 Wie oben erwähnt, wird specific performance im Falle des Grundstückskaufs üblicherweise ohne nähere Prüfung zuerkannt.128 Gleichwohl gilt, dass „extraordinary and persuasive circumstances can […] supply an excuse for resisting performance of a contract for the sale of immovable property“.129

Die Hürde dafür ist allerdings hoch, denn erforderlich ist, dass

123 

So auch Jones/Goodhart, Specific Performance, S.  117: „in exceptional circumstances“. Vgl. auch O’Sullivan, in: Snell’s Equity, Rn.  17-045. 124  Mountford v Scott [1975] Ch 258 (CA) (261 ff.). Siehe auch Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  21-032. 125 Vgl. Campbell, in: Harris/Campbell/Halson, S.  182. 126 Vgl. RVB Investments Ltd v Bibby [2013] EWHC 65 (Ch) (Rn.  51): „The only hardship relied on by [the debtor] is his impecuniosity. To my mind this is not a defence to a claim for specific performance“. 127  Gegen Herrn Ali war mittlerweile ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, der Insolvenzverwalter konnte allerdings den Verkauf der Immobilie gerichtlich verhindern. Nachdem die Pfändung aufgehoben wurde, erkrankte Frau Ali schwer und ihr wurde während der Schwangerschaft mit einem zweiten Kind das Bein abgenommen. Ihr Ehemann konnte sich wegen einer Freiheitsstrafe zudem nicht um sie kümmern, sodass Frau Ali im täglichen Leben von unmittelbar in der Nähe der streitgegenständlichen Immobilie wohnhaften Angehörigen und Bekannten abhängig war. Vgl. Patel v Ali [1984] Ch 283 (Ch) (286). 128  Siehe oben Kap.  2 C. IV.1.a)bb)(3) (S.  79). 129 Vgl. Patel v Ali [1984] Ch 283 (Ch) (288).

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen

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„specific performance would inflict on [the defendant] ‘a hardship amounting to injustice’“.130

Im vorliegenden Fall wurde hardship schließlich bejaht, der Klage auf specific performance also nicht stattgegeben.131 2. Weitere Fälle a) Restriktive Anwendung Der Sachverhalt in Patel v Ali stellt allerdings eine Besonderheit dar, wie in einer späteren Entscheidung betont wird. In dem Fall berief sich die Schuldnerin auf hardship wegen des Versterbens ihres Mannes. Diesem Umstand, selbst wenn dieser zu etwaigen psychischen Erkrankungen und verminderter Erwerbsfähigkeit geführt hatte, misst das Gericht keine hinreichende Bedeutung für die Verweigerung des Anspruchs auf specific performance bei.132 b) Ehegüterrecht und specific performance Die Klage auf specific performance scheiterte ebenfalls wegen hardship in Wroth v Tyler.133 In dem Fall hatte der Ehemann als Alleineigentümer das eheliche Wohnhaus ohne Beachtung des eherechtlichen Einwilligungsrechts der Ehefrau verkauft und, nachdem diese ihre Einwilligung verweigert hatte, die Übereignung der Immobilie verweigert. Die Klage des Käufers auf Übereignung des Hauses im Wege von specific performance war aus zwei Gründen erfolglos. Zum einen hätte, so das Gericht, die Stattgabe der Klage gegen den Ehemann unter Aufrechterhaltung des Wohnrechts der Ehefrau dazu geführt, dass die Ehegatten getrennt worden wären.134 Zur Beendigung der Wohnrechte der Frau hätte es zum anderen eines weiteren Prozesses zwischen den Ehegatten bedurft.135 Bei130  Patel v Ali [1984] Ch 283 (Ch) (288). Der angeführte Maßstab entstammt der älteren Entscheidung Tamplin v James (1880) 15 Ch D 215 (CA) (221). 131  Siehe zum Fall auch Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-048; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  86. 132 Vgl. Shah v Greening [2016] EWHC 548 (Ch) (Rn.  80 ff.): „this case does not exhibit the extraordinary and persuasive circumstances which are required if the court is to refuse to order specific performance on account of hardship“ (Rn.  91). 133  Wroth v Tyler [1974] Ch 30 (Ch). 134 Vgl. Wroth v Tyler [1974] Ch 30 (Ch) (53): „there is at least a real possibility that a decree of specific performance subject to the wife’s right not to be evicted or excluded would enable the plaintiffs, by taking suitable proceedings, to evict the defendant and perhaps the daughter, and thus split up the family. These circumstances seem to me to make the case one in which the court should be slow to decree specific performance“. 135  Der Matrimonial Homes Act 1967 sah eine solche Möglichkeit vor. Vgl. derzeit Sec. 1 (2) Matrimonial Homes Act 1983. Vgl. allerdings Wroth v Tyler [1974] Ch 30 (Ch) (51): „In

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Kapitel 4:  Normative Unmöglichkeit

des hätte letztlich einen zu großen Eingriff in die eheliche Lebensgemeinschaft dargestellt und sei dem Beklagten deshalb nicht zumutbar.136 c) Sonstiges Aus Gründen der Unzumutbarkeit wurde ferner die Klage eines Verkäufers auf specific performance (Abnahme einer vermieteten Immobilie) abgewiesen, da der Mieter im kaufgegenständlichen Haus ohne Kenntnis des Käufers ein Bordell betrieb.137 Die Gefahr eines Streiks des Personals stellt ebenfalls keinen Versagungsgrund für specific performance dar.138 3. Rechtsfolge Im Falle des personal hardship scheidet specific performance aus. Der Anspruch auf Schadensersatz bleibt davon unberührt.139 IV. Rechtsvergleichende Überlegungen Wie bei der Unverhältnismäßigkeit ist auch der Anwendungsbereich der Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen in allen untersuchten Rechtsordnungen besonders klein. §  275 Abs.  3 BGB spielt insbesondere im Arbeitsrecht eine Rolle und betrifft in erster Linie „das Spannungsverhältnis von Vertragstreue und Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung“.140 Dies führt im niederländischen und in geringerem Maße auch im englischen Recht dazu, dass die Unzumutbarkeit auch im Schrifttum kaum behandelt wird und ihre rechtliche Behandlung von großer Ungewissheit geprägt ist. Zumindest im niederländischen Recht schaffen in Erany case, the court would be reluctant to make an order which requires a husband to take legal proceedings against his wife, especially while they are still living together“. 136  Ähnlich auch Watts v Spence [1976] Ch 165 (Ch). Hier handelte es sich allerdings um Miteigentum der Ehegatten, obwohl das Verpflichtungsgeschäft nur von dem Ehemann vorgenommen wurde. „There could not properly be a decree of specific performance against Mr Spence alone for his part of the house in the present case. […] However, apart altogether from the reasons just given, it would be unreasonable to decree specific performance here since, quite clearly, Mrs Spence […] would be seriously prejudiced […]. The court would not therefore exercise its discretion to grant specific performance in this case in any event“ (532). Siehe auch Easton v Brown [1981] 3 All ER 278 (Ch). Siehe ferner Chen-Wishart, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  27-048. 137  Hope v Walter [1900] 1 Ch 257 (CA). 138  Howard E Perry v British Railways Board [1980] 1 WLR 1375 (Ch) im Rahmen des Torts (Interference with Goods) Act 1977. 139  Siehe ausdrücklich Hope v Walter [1900] 1 Ch 257 (CA) (259). 140  BAG, Beschl. v. 13.08.2010 – 1 AZR 173/09, NZA-RR 2010, 640 (641 Rn.  12); BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, NJW 2016, 1754 (1755 Rn.  26). Vgl. auch Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  170; Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  30.

B. Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen

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mangelung einer Kodifikation der Unzumutbarkeit auch die Gebote von Treu und Glauben für solche Fälle Abhilfe, in denen unerträgliche Ergebnisse drohen. Im Allgemeinen kann festgehalten werden, dass die Ausprägungen der Unzumutbarkeit in den untersuchten Rechtsordnungen besonders vielfältig sind. Bei rechtsvergleichender Betrachtung handelt es sich allerdings häufig um Fallkonstellationen, bei denen die verschiedenen Rechtsordnungen zwar zu vergleichbaren Ergebnissen kommen, dafür allerdings funktional äquivalente Institute geschaffen haben. Dies zeigt sich etwa bei den englischen Fällen über den Verkauf des Ehehauses ohne Einwilligung des anderen Ehegatten, die das deutsche Recht über §  1365 BGB, sofern die Ehewohnung im Sinne der Einzeltheorie nahezu das gesamte Vermögen darstellt,141 und das niederländische Recht über Art.  1:88 Abs.  1 lit.  a i. V. m. Art.  1:89 BW löst. Im deutschen Recht handelt es sich dabei um ein absolutes Veräußerungsverbot, sodass der Geschäftspartner des einen Ehegatten nicht gutgläubig erwerben kann142, während das niederländische Recht im Ergebnis eine relative Nichtigkeit vorsieht und den gutgläubigen Erwerb zulässt143. Die „typischen“ Fälle der Unzumutbarkeit, wie der Fall Patel v Ali, die Lieferung einer Sache an einen verseuchten Ort oder die akute Pflege von schwer erkrankten oder sterbenden Angehörigen, scheinen die Rechtsordnungen weitestgehend gleich zu lösen.

141 Grundlegend BGH, Beschl. v. 28.04.1961 – V ZB 17/60, NJW 1961, 1301. Vgl. auch Koch, in: MüKoBGB, §  1365 Rn.  13 ff. 142 Grundlegend BGH, Urt. v. 13.11.1963 – V ZR 56/62, NJW 1964, 347. Vgl. auch Koch, in: MüKoBGB, §  1365 Rn.  9. 143 Vgl. De Boer/Kolkman/Salomons, in: Asser, Bd.  1-II, Rn.  221 f.

Kapitel 5

Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände Bei der grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände handelt es sich um eine Problematik, die – jedenfalls im kontinentalen Schrifttum – unter dem Stichwort der Lehre von der clausula rebus sic stantibus diskutiert wird.1 Nach dieser Lehre, die in vollem Umfang im 16. und 17. Jahrhundert entwickelt wurde,2 soll jeder Vertrag die stillschweigende Bedingung enthalten, dass sich die äußeren Verhältnisse nicht grundlegend verändern bzw. dass „die Dinge so bleiben, wie sie sind“3.4 Zwar wird die Befreiung des Schuldners von der (ursprünglichen) Leistungspflicht mittlerweile überwiegend nicht länger unter Rückgriff auf den clausula-Gedanken begründet, mit dem Regelungsproblem, in welchen Fällen die Veränderung der für die Erfüllung des Vertrags relevanten Umstände von einem derartigen Gewicht ist, dass ein Festhalten am Vertrag nicht länger sachgerecht ist, sieht sich im Grunde aber jede Rechtsordnung konfrontiert.5 Dies zeigt auch der Blick auf das englische Recht, in dem nicht von der clausula-Lehre, sondern vielmehr von frustration of contract die Rede ist.6 Gleichzeitig stellt eine solche Auflösung einen tiefgreifenden Eingriff in die Vertragstreue und im Falle der Anpassung des Vertrags ebenfalls in die Vertragsfrei1 

Siehe zu den historischen Hintergründen etwa Gordley, 52 Am. J. Comp. L. (2004), 513 (525 ff.); Meijers, in: Bibliographie, S.  297; Rüfner, in: Jansen/Zimmermann, S.  901 ff.; Thier, in: Hondius/Grigoleit, S.  15; Zimmermann, The Law of Obligations, S.  579. Siehe rechtsvergleichend auch Kovac/Poncibò, ERCL 2018, 344; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  516. 2 Vgl. Gordley, 52 Am. J. Comp. L. (2004), 513 (525 ff.); Thier, in: Hondius/Grigoleit, S.  15 (19 ff.); Zimmermann, AcP 193 (1993), 121 (135). 3  Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  2; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  5. 4  Siehe zur geschichtlichen Entwicklung der clausula insbesondere Köbler, Die ‚clausula rebus sic stantibus‘ als allgemeiner Rechtsgrundsatz, S.  23 ff.; Luig, in: Zimmermann/Knütel/ Meincke, S.  171 (175 ff.); zu den funktional vergleichbaren Instrumenten des römischen Rechts Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  4. 5  Hongkong Fir Shipping Co Ltd v Kawasaki Kisen Kaisha Ltd [1962] 2 QB 26 (CA) (65 f.): „Every synallagmatic contract contains in it the seeds of the problem: in what event will a party be relieved of this undertaking to do that which he has agreed to do but has not yet done“. Vgl. auch Vogenauer, IWRZ 2021, 1 (5). 6 Vgl. Lorenz, in: Beatson/Friedmann, S.  357; Rösler, ERPL 2007, 483 (497).

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht

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heit dar. Vor diesem Hintergrund ist eine dogmatische Verfestigung der Eingriffsmöglichkeiten aus Gründen der Rechtssicherheit von eminenter Bedeutung. Dieses Spannungsverhältnis zwischen der Vertragstreue, der Erzielung sachgerechter Lösungen und der Rechtssicherheit hat bereits das Reichsgericht mit bemerkenswerter Klarheit zum Ausdruck gebracht. „Der Berufungsrichter begnügt sich hier mit der Bemerkung, daß, wenn man dem Beklagten wegen der Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein Recht zur Aufhebung des Vertrags geben wollte, dies zur völligen Rechtlosigkeit auf dem Gebiete des Vertragsrechts führen müsse. Diese Befürchtung ist unbegründet; es gilt nur vorsichtig die Grenzen zu ziehen, innerhalb deren der Einwand Beachtung verdient.“7

Mit den Worten von Lord Denning: „It is often difficult to draw the line. But it must be done. And it is for the court to do it as matter of law“.8

Vor diesem Hintergrund soll in diesem Kapitel untersucht werden, welche Lösungen die Rechtsordnungen für die Problematik der grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände bereithalten und an welcher Stelle sie die eben erwähnten Grenzen ziehen.

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht I. Historische Hintergründe 1. Voraussetzungslehre Windscheids Als im 19. Jahrhundert die Bedeutung des Parteiwillens stärker in den Vordergrund rückte, geriet die clausula-Lehre, die sich auf eine allgemeine hypothetische Vertragsklausel stützte, zunehmend in den Hintergrund.9 Die von Windscheid in mehreren Schriften entfaltete Voraussetzungslehre10 kann als „groß angelegte[r] Versuch einer Renaissance des clausula-Gedankens“ (Herv. im Orig.)11 verstanden werden, der eine Verbindung zwischen Willenstheorie und 7  RG, Urt. v. 03.02.1922 – II 640/21, RGZ 103, 328 (331). Vgl. auch Medicus, in: FS Flume, S.  629 (632). 8  Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (239 f.). 9 Vgl. Gordley, 52 Am. J. Comp. L. (2004), 513 (526); Rösler, ERPL 2007, 483 (487); Zimmermann, AcP 193 (1993), 121 (136). 10 Vgl. Windscheid, Die Lehre des römischen Rechts von der Voraussetzung; Windscheid, AcP 78 (1892), 161; Windscheid/Kipp, Lehrbuch Bd.  I, §  97, S.  507 ff. 11  Zimmermann, AcP 193 (1993), 121 (136); Zimmermann, JZ 1995, 477 (486).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

der clausula-Theorie versucht herzustellen.12 Windscheid unterscheidet dabei zwischen den expliziten, dogmatisch unproblematischen Bedingungen und den unausgesprochenen, gleichwohl gewollten Voraussetzungen.13 „Die Voraussetzung ist eine Willensbeschränkung, wie die Bedingung. Der Urheber der Willenserklärung sagt nicht: ich will wenn –, aber er sagt: ich will, würde aber nicht wollen, wenn nicht –.“14

Der Unterschied zur Bedingung liege letztlich darin, dass „die Voraussetzung eine unentwickelte Bedingung“ sei.15 Die Lehre stieß allerdings nicht auf breite Zustimmung16 und wurde letztlich nicht in der Ursprungsfassung des BGB kodifiziert.17 2. Reichsgericht Das Reichsgericht hatte zunächst in Übereinstimmung mit den gesetzgeberischen Vorstellungen die clausula-Lehre abgelehnt, denn das BGB „hat einen Satz des Inhaltes, daß jeder Vertrag oder doch das Termingeschäft als mit der clausula rebus sic stantibus abgeschlossen anzusehen sei, nicht aufgenommen“ (Herv. im Orig.).18 Die Voraussetzungslehre setzte sich ebenso wenig in der Rechtsprechung durch;19 das Reichsgericht lehnte die Windscheid’sche Lehre sogar ausdrücklich ab. Der Vertrag solle nicht wegen „einer beliebig gesetzten sogenannten ‚Voraussetzung‘“ aufgelöst werden können.20 12  Vgl. auch Lorenz, in: Beatson/Friedmann, S.  357 (361); Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  257. 13  Siehe auch Köbler, Die ‚clausula rebus sic stantibus‘ als allgemeiner Rechtsgrundsatz, S.  66; Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  7 f.; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  8. 14  Windscheid, AcP 78 (1892), 161 (195). 15  Windscheid, AcP 78 (1892), 161 (195). Vgl. auch Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  257; Teichmann, in: GS Wolf, S.  169 (173 ff.); Thier, in: Hondius/Grigoleit, S.  15 (29). 16  Siehe etwa die Kritik von Lenel, AcP 74 (1889), 213; Lenel, AcP 79 (1892), 49. 17 Vgl. Protokolle, Bd.  II, S.  690: „§  742 beruhe auf der Windscheid’schen Lehre von der Voraussetzung, für deren Beibehaltung Niemand in der Komm. eingetreten sei, weil man sich überzeugt habe, dass diese Lehre die Sicherheit des Verkehrs gefährden und deshalb als Grundlage für das Gesetzbuch sich nicht eigene. Ihr Einfluß auf die Theorie und Rechtsprechung […] sei neuerdings im Schwinden begriffen; auch das Reichsgericht […] habe sich von ihr abgewendet“. Vgl. auch Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  163 f.; Lorenz, in: Beatson/Friedmann, S.  357 (362); Luig, in: Zimmermann/Knütel/Meincke, S.  171 (177); MeyerPritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  10 ff.; Zimmermann, JZ 1995, 477 (486). 18  RG, Urt. v. 11.04.1902 – II 407/01, RGZ 50, 255 (257). Siehe zur Rechtsprechung des Reichsgerichts auch Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  183 f.; Luig, in: Zimmermann/Knütel/Meincke, S.  171 (passim); Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  30. 19 Vgl. Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  10 ff. 20  RG, Urt. v. 13.05.1889 – VI 60/89, RGZ 24, 169 (170).

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht

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Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts hielt das Reichsgericht an dieser strikten, sich auf die Auslegung des Vertrags stützenden Rechtsprechung fest.21 So wurde ein Mietvertrag trotz Ausbruchs des ersten Weltkriegs aufrechterhalten, da ein „Rücktrittsrecht wegen veränderter Umstände […] im Bürgerlichen Gesetzbuch im allgemeinen nicht gegeben“ sei und nur dann bestehe, „wenn es als stillschweigend vereinbart anzusehen wäre“.22 Das Institut der veränderten Umstände machte insbesondere in den 1920er Jahren allerdings eine rasante Entwicklung durch. Nach dem Ende des ersten Weltkriegs zeigte sich das Reichsgericht bereit, Verträge aufzuheben und diese auch anzupassen.23 Es hat die Problematik allerdings nicht länger unter Anwendung der clausula-Doktrin, sondern vielmehr mithilfe des Grundsatzes von Treu und Glauben gelöst.24 Die Erfüllung eines Vertrags könne nicht verlangt werden, „wenn in den Verhältnissen, unter denen der Abschluß oder die Bestätigung des Vertrags erfolgt ist, eine von den Parteien nicht vorausgesehene und nicht voraussehbare Veränderung so wesentlicher Art eingetreten ist, daß die Leistung unter Umständen stattzufinden hätte, die dem, was die Beteiligten vernünftigerweise beabsichtigt haben, so wenig entspricht, daß der Erfüllungszwang mit der durch §§  157, 242 BGB gebotenen Rücksichtnahme auf Treu und Glauben und die Verkehrssitte unvereinbar wäre und eine etwaige Leistung eine wesentlich andere als die vertraglich vorgesehene sein würde“.25

Etwa zwei Jahre nach diesem Urteil fand der inzwischen von Oertmann26 vorgeschlagene Begriff der Geschäftsgrundlage in der Vigognespinnerei-Entscheidung Eingang in die Rechtsprechung des Reichsgerichts.27 Damit legte es den Grundstein für die moderne Lehre der Störung der Geschäftsgrundlage.28 „Allgemein kommt es, um mit den Worten Oertmanns, Geschäftsgrundlage (1921), zu reden, immer darauf an, ob die Grundlage des Geschäfts im Sinne einer beim Geschäftsschluß zutage getretenen Vorstellung der Beteiligten über den Bestand gewisser maßgebender Verhältnisse hinfällig geworden ist.“29 21  Vgl. etwa RG, Urt. v. 09.01.1906 – II 226/05, RGZ 62, 267; RG, Urt. v. 05.04.1907 – VII 313/06, RGZ 66, 132; RG, Urt. v. 04.05.1915 – III 578/14, RGZ 86, 397; RG, Urt. v. 03.07.1917 – III 98/17, RGZ 90, 374. 22 Vgl. RG, Urt. v. 04.05.1915 – III 578/14, RGZ 86, 397 (398 f.). Vgl. Protokolle, Bd.  II, S.  690. 23 Vgl. RG, Urt. v. 21.09.1920 – III 143/20, RGZ 100, 129. 24  Vgl. auch Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  20 ff.; Rösler, ERPL 2007, 483 (488); Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  23. Siehe zum geltenden Recht auch Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  1. 25 Vgl. RG, Urt. v. 19.05.1920 – I 229/19, RGZ 99, 115 (116). 26  Oertmann, Die Geschäftsgrundlage. 27  RG, Urt. v. 03.02.1922 – II 640/21, RGZ 103, 328. 28  Vgl. auch Eidenmüller, Jura 2001, 824 ff.; Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  22 f.; Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295. 29  RG, Urt. v. 03.02.1922 – II 640/21, RGZ 103, 328 (332).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

Was die Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage anbelangt, so kommt es nicht zur sofortigen Auflösung des Vertrags, sondern es sollte „noch der Versuch gemacht werden, den Vertrag mit entsprechender Änderung aufrechtzuerhalten“, sofern dies als vom Parteiwillen getragen angesehen werden kann.30 Damit zeichnen sich im Grunde bereits die Konturen der späteren gesetzlichen Regelung ab. 3. Praktische Relevanz Das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage spielte in praktischer Hinsicht vor allem eine große Rolle in der Nachkriegszeit, in der der BGH im Wesentlichen die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Geschäftsgrundlage fortsetzte.31 Praktische Relevanz erlangte die Lehre ferner im Rahmen der Wiedervereinigung für zur DDR-Zeit geschlossene Verträge.32 Die Störung der Geschäftsgrundlage spiegelt somit, mehr als in anderen Ländern, „zugleich einen Gutteil der […] Wirtschafts- und Sozialgeschichte“ wider.33 4. Kodifikation durch die Schuldrechtsreform Mit der Kodifikation der Störung der Geschäftsgrundlage anlässlich der Schuldrechtsreform bezweckte der Gesetzgeber in erster Linie eine Kodifikation der in der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze.34 Die Bedeutung des 30 

RG, Urt. v. 03.02.1922 – II 640/21, RGZ 103, 328 (333 f.). Eidenmüller, Jura 2001, 824 (826); Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  36; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  25. 32  Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 25.02.1993 – VII ZR 24/92, NJW 1993, 1857; BGH, Urt. v. 26.10.1993 – XI ZR 222/92, NJW 1994, 260; BGH, Urt. v. 11.10.1994 – XI ZR 189/93, NJW 1995, 47. Siehe auch Pfeiffer, in: Schmidt-Kessel, S.  173; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  96 ff. 33  Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (296); ähnlich Pfeiffer, in: Schmidt-Kessel, S.  173. 34  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  175 l.Sp.: „Da die Grundsätze über das Fehlen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage ein anerkanntes Rechtsinstitut darstellen und ihre Anwendung in aller Regel zu übereinstimmenden und befriedigenden Ergebnissen führt, kann als Mangel des geltenden Rechts im Grunde nur das Fehlen einer allgemeinen Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch angeführt werden. Dieser Mangel wirkt sich zwar nicht auf die Rechtspraxis aus, jedoch muss es als unbefriedigend angesehen werden, wenn wichtige, seit vielen Jahrzehnten erprobte und bewährte Rechtsinstitute auf Dauer von einer Kodifikation ausgeschlossen bleiben. Im Falle des Instituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage würde dies besonders dann gelten, wenn es auch bei einer weit reichenden Umgestaltung des Leistungsstörungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht in das Gesetz aufgenommen würde. Der Umstand, dass der Entwurf nur das ohnehin schon Anerkannte wiedergeben will, spricht deshalb nicht gegen eine Aufnahme in das Bürgerliche Gesetzbuch“. Dieses Vorhaben stieß gleichwohl auf Kritik. Siehe etwa Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, S.  305 (321 ff.); Ehmann/Sutschet, Modernisiertes 31 Vgl.

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht

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§  313 BGB „soll allein darin liegen, die zum Rechtsinstitut gewordenen Grundsätze zum Fehlen und zum Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen ihrer erheblichen Bedeutung im [BGB] zu verankern“.35 Der Gesetzgeber hat jedoch die äußerst umstrittene Grundlage und Theorie der Störung der Geschäftsgrundlage mit dem Argument offengelassen, man streite sich ohnehin kaum über Ergebnisse.36 II. Fehlvorstellungen und Motivirrtümer §  313 BGB regelt bei näherer Betrachtung nicht nur den idealtypischen Fall einer nachträglichen erheblichen Veränderung der die Vertragsgrundlage bildenden Umstände (§  313 Abs.  1 BGB), sondern auch den Fall, in dem sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, schlichtweg als falsch herausstellen (§  313 Abs.  2 BGB).37 Angesichts des eher tatsächlichen Begriffs der Umstände i. S. d. Abs.  1 und des eher von den Parteien geprägten Begriffs der Vorstellungen i. S. d. Abs.  2 wird auch von der objektiven bzw. subjektiven Geschäftsgrundlage gesprochen.38 Eine Abgrenzung beider Fallgruppen ist sowohl praktisch schwer vorzunehmen39 als auch, oder vor allem, nicht zwingend erforderlich.40 Zum einen möge dies das Beispiel des Ausbruchs eines Kriegs verdeutlichen. Dabei kann letztlich häufig nicht auseinandergehalten werden, ob die Parteien die Möglichkeit eines Kriegs nicht bedacht haben (dann Abs.  1) oder ob diese positiv dachten, die Lage bleibe stabil bzw. es werde kein Krieg ausbrechen (dann Abs.  2). In beiden Fällen liegt letztlich eine schwerwiegende Veränderung solcher Umstände vor, die die Vertragsgrundlage bilden.41 Zum anderen unterscheiden sich beide Falltypen ausweislich des Wortlauts („[e]iner Veränderung der Umstände Schuldrecht, S.  162. Siehe zum Gesetzgebungsverfahren näher Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  182 (187 ff.). 35  BT-Drs. 14/6040, S.  175 r.Sp. Vgl. auch Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  1 f. 36  BT-Drs. 14/6040, S.  174 l.Sp.: „In der Rechtslehre sind zum Fehlen und zum Wegfall der Geschäftsgrundlage zahlreiche Theorien entwickelt worden, und es bestehen weitgehend unterschiedliche Auffassungen, die jedoch weniger die Ergebnisse als deren Begründung betreffen“. Im Jahre 1981 wurden in der Tat bereits mehr als 50 Theorien zur Störung der Geschäftsgrundlage gezählt. Vgl. Chiotellis, Rechtsfolgenbestimmung bei Geschäftsgrundlagenstörungen, S.  29. 37 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  54 f.; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  31 ff.; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  14. 38 Siehe Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  4; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  15. Die Einteilung geht auf Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, S.  17 zurück. 39  Siehe ausführlich Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  55 ff.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  12 ff. 40 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  55: „die Unterscheidung [ist] nicht zielführend“; Grüneberg, in: Grüneberg, §  311 BGB Rn.  3 f.; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  5. 41  Vgl. auch Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  54.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

steht es gleich“, §  313 Abs.  2 BGB) nicht hinsichtlich der Rechtsfolge.42 Die Daseinsberechtigung des zweiten Absatzes liegt somit vielmehr in der Klarstellung, dass auch beiderseitige Motivirrtümer von §  313 BGB erfasst sind.43 III. Abgrenzung 1. Unmöglichkeit, Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit Im Falle der tatsächlichen Unmöglichkeit ist vorrangig §  275 Abs.  1 BGB anzuwenden, denn für eine Anpassung ist nur Raum, sofern der Schuldner nicht bereits wegen Unmöglichkeit von der Naturalleistungspflicht befreit worden ist.44 Die Abgrenzung der Unverhältnismäßigkeit des §  275 Abs.  2 BGB von der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß §  313 BGB für Fälle des gestörten Äquivalenzinteresses gehört sicherlich zu den diffuseren Abgrenzungsfragen des Leistungsstörungsrechts.45 Liegt nämlich wegen einer Aufwandssteigerung ein grobes Missverhältnis i. S. d. §  275 Abs.  2 BGB vor, so wird deren Grund häufig eine schwerwiegende Veränderung der Umstände i. S. d. §  313 Abs.  1 BGB darstellen.46 Die Trennung beider Institute ist deshalb relevant, weil sich deren Rechtsfolgen unterscheiden.47 Im Falle der Unverhältnismäßigkeit nach §  275 Abs.  2 BGB wird der Schuldner nämlich von der Naturalleistungspflicht befreit;48 liegt hingegen ein Fall des §  313 BGB vor, so wird der Vertrag primär angepasst und kann der Benachteiligte sekundär vom Vertrag zurücktreten (§  313 Abs.  1 und 3 BGB)49. Das Merkmal zur Abgrenzung der Institute voneinander liegt letztlich in der Frage, ob das Interesse des Gläubigers am Erhalt der Leistung mit der durch das unerwartete Ereignis verursachten Kostensteigerung ebenfalls ansteigt. Ist diese Frage zu bejahen, so handelt es sich um einen Fall der Störung der Geschäftsgrundlage. Steigen nämlich Leistungserbringungsaufwand des Schuldners und 42 Vgl.

Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  5. Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176 r.Sp.; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  45; Rösler, JuS 2005, 120 (122). 44  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176 r.Sp.; Eidenmüller, Jura 2001, 824 (831); Jung, in: NKBGB, §  313 Rn.  24; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  21. 45 Ähnlich Eidenmüller, Jura 2001, 824 (827); Zimmer, NJW 2002, 1 (11 f.); a. A. Canaris, JZ 2001, 499 (504), der zwischen beiden „keine gravierenden Abgrenzungsprobleme oder gar Überschneidungen“ sieht; ähnlich Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  327 f. Siehe ausführlich zu dieser Problematik Schmidt-Recla, in: FS Laufs, S.  641 (659 ff.); Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  259 ff. 46 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  21 ff. 47 Vgl. Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  259. 48  Siehe oben Kap.  4 A. I.5. (S.  148). 49  Siehe unten Kap.  5 A. V. (S.  183). 43 

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Leistungsinteresse des Gläubigers gleichermaßen an, kann es aus rechnerischen Gründen nicht zu einem Missverhältnis i. S. d. §  275 Abs.  2 BGB kommen.50 Fälle der sog. wirtschaftlichen Unmöglichkeit werden deshalb von §  313 BGB erfasst.51 Nach anderen Ansichten werde §  275 Abs.  2 BGB von §  313 BGB aufgrund der lex specialis-Regel bei Äquivalenzstörungen stets verdrängt,52 habe §  275 Abs.  2 BGB ganz im Gegenteil Vorrang,53 solle ein Wahlrecht des Schuldners bestehen54 oder bestehe für §  275 Abs.  2 BGB insgesamt kein Anwendungsbereich55. Im Falle der persönlichen Unzumutbarkeit geht §  275 Abs.  3 dem §  313 BGB als lex specialis vor.56 2. Irrtum Ein Konkurrenzproblem mit der Anfechtung wegen Irrtums (§  119 BGB) kann sich ergeben, wenn irrtümliche Vorstellungen der Parteien ebenfalls eine Störung der Geschäftsgrundlage mit sich bringen.57 Handelt es sich um einen gemeinsamen Motivirrtum, der von §  119 BGB nicht erfasst wird, ist lediglich §  313 BGB anwendbar.58 Wie im Falle sonstiger gemeinsamer Irrtümer zu verfahren ist, ist umstritten. Die Abgrenzungsfrage ist wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen relevant; während der Vertrag nach §  313 Abs.  1 BGB grundsätzlich angepasst wird,59 macht sich der Anfechtende nach §  122 Abs.  1 BGB grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Aus diesem Grund gewährt die hM im Schrifttum dem Berechtigten ein Wahlrecht.60 Eine andere Ansicht will hier

50 Vgl. Ernst, in: MüKoBGB, §  275 Rn.  21 und 98; Faust, in: Huber/Faust, 2. Kap. Rn.  41; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  53; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  328; Rösler, JuS 2004, 1058 (1060); Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  281 f. 51 Vgl. Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  8; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  21 und 53; Stadler, in: Jauernig, §  275 BGB Rn.  11. 52  So etwa Grüneberg, in: Grüneberg, §  275 BGB Rn.  29. 53 Vgl. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  54. 54 Vgl. Caspers, in: Staudinger, §  275 BGB Rn.  120; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, §  275 BGB Rn.  126 und 130; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  36. 55 Vgl. Schmidt-Recla, in: FS Laufs, S.  641 (668). 56 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  21. 57 Vgl Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  16. 58 Vgl. Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  152 und 273 ff.; Huber, in: Huber/Faust, 9. Kap. Rn.  8; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  13; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  16. 59  Siehe dazu unten Kap.  5 A. V.1.a) (S.  184). 60  So etwa Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  22 f.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  149; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  16.

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§  119 BGB vorrangig anwenden.61 Die Rechtsprechung wendet hingegen §  313 BGB an.62 3. Mängelgewährleistungsrecht Im Bereich des Mängelgewährleistungsrechts wird §  313 BGB durch die §§  437 ff. BGB verdrängt, deren Zweck andernfalls unterlaufen würde.63 Dies setzt allerdings voraus, dass Mängelansprüche gegeben sind.64 4. Bereicherungsrecht Für die Fallgruppe der Zweckstörungen ist §  313 BGB von der Zweckverfehlungskondiktion des §  812 Abs.  1 S.  2 Fall 2 BGB abzugrenzen. Entscheidend ist dabei letztlich, ob der in Frage stehende Zweck Vertragsinhalt geworden ist. Ist dies der Fall, so ist der Fall nach dem Bereicherungsrecht zu lösen (vgl. „mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt“, §  812 Abs.  1 S.  2 Fall 2 BGB, Herv. QCL),65 wobei anzumerken ist, dass die Rechtsprechung für den Konsens der Parteien über den Zweck keine hohen Anforderungen stellt.66 Ist der Zweck hingegen nicht Vertragsinhalt geworden, sondern baut dieser vielmehr auf Umständen auf, die Vertragsgrundlage geworden sind, so ist §  313 BGB anwendbar.67 Praktisch spielt die Abgrenzung insbesondere bei familienrechtlichen Fällen eine Rolle, bspw. für Schenkungen der Eltern an das Schwiegerkind,68 Ehegat61 So

Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  184; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn.  162. 62 Vgl. BGH, Urt. v. 22.01.1993 – V ZR 165/91, NJW 1993, 1641 f.; BGH, Urt. v. 28.04.2005 – III ZR 351/04, NJW 2005, 2069; OLG Nürnberg, Urt. v. 27.06.1995 – 1 U 1318/95, NJW 1996, 1479; BFH, Urt. v. 28.10.2009 – IX R 17/09, NJW 2010, 1631. 63  Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 16.03.1973 – V ZR 118/71, NJW 1973, 1234; BGH, Urt. v. 07.02.1992 – V ZR 246/90, NJW 1992, 1384 (1385). Siehe auch Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  185; Grüneberg, in: Grüneberg, §  313 BGB Rn.  12; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  31; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  24; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  10. 64 Vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (374 Rn.  12 ff.). 65 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  56. 66 Vgl. BGH, Urt. v. 09.07.2008 – XII ZR 179/05, NJW 2008, 3277 (3280 Rn.  34): „Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen“. 67 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  56; offenlassend Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  23; a. A. Grüneberg, in: Grüneberg, §  313 BGB Rn.  15; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  35; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  13. 68 Vgl. BGH, Urt. v. 03.02.2010 – XII ZR 189/06, NJW 2010, 2202; BGH, Urt. v. 21.07.2010 – XII ZR 180/09, NJW 2010, 2884; BGH, Urt. v. 20.07.2011 – XII ZR 149/09, NJW 2012, 523.

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tenzuwendungen69 oder Schenkungen unter Lebenspartnern, bei denen der Fortbestand der Beziehung bzw. der Ehe u. U. als Geschäftsgrundlage angesehen werden kann.70 IV. Maßstab Nach hM setzt sich die Norm des 313 Abs.  1 BGB aus drei Tatbestandmerkmalen zusammen.71 Ein erstes, als „reales“72 oder „tatsächliches“73 bezeichnetes objektives Element fragt nach der Veränderung der Umstände, die zur Grundlage des Geschäfts geworden sind. Zweitens ist im Rahmen des „hypothetischen“, subjektiv geprägten Elements zu ermitteln, ob der Parteiwille dahingeht, dass die Parteien bei richtiger Vorstellung der Dinge den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit demselben Inhalt geschlossen hätten.74 Was schließlich das „normative“ Element anbelangt, so ist zu untersuchen, ob das Festhalten am geschlossenen Vertrag einer Partei nicht zumutbar ist.75 1. Vertragsgrundlage §  313 Abs.  1 BGB verlangt eine schwerwiegende Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gewordenen Umstände. Das Merkmal einer Veränderung zwingt dazu, eine Ausgangslage zu ermitteln, die nicht die Gleiche geblieben ist, sich also verändert haben muss, und zwar in schwerwiegender Weise. Bei der Feststellung der Ausgangslage als Bezugspunkt der weiteren Prüfung ist zwischen der Geschäfts- oder auch Vertragsgrundlage und dem Vertragsinhalt zu unterscheiden. a) Vertragsgrundlage und Vertragsinhalt Jedenfalls nach hM ist zwischen Umständen, die die Parteien gewissermaßen voraussetzen (dann Geschäftsgrundlage) und solchen, die zum Vertragsinhalt ge69  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 28.03.2006 – X ZR 85/04, NJW 2006, 2330; ausführlich Rauscher, NZFam 2014, 298 m. w. N. 70  Siehe zuletzt etwa BGH, Urt. v. 18.06.2019 – X ZR 107/16, NZFam 2019, 822; ferner Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  55; Rösler, JuS 2005, 120 f.; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  34; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  100 ff., alle m. w. N. 71  Siehe etwa Eidenmüller, Jura 2001, 824 (828); Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  56; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn.  165. 72  Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  56. 73  Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  31. 74  Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  56. Vgl. auch Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  32. 75  Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  56. Vgl. auch Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  32.

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worden sind, zu differenzieren.76 Erstere sind für die Durchführung des Vertrags besonders fundamental und werden von den Parteien implizit zur Grundlage des Vertragsverhältnisses gemacht, sind gleichzeitig aber derart weit von dem geschlossenen Vertrag entfernt, dass sich die aufgetretene Lücke nicht durch eine ergänzende Vertragsauslegung schließen lässt. §  313 BGB hat demnach im Verhältnis zur Auslegung einen nachgelagerten Charakter.77 Der Begriff der Geschäftsgrundlage geht, wie bereits erwähnt, auf Oertmann zurück.78 Unter Geschäftsgrundlage sei zu verstehen „die beim Geschäftsschluß zutage tretende und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung eines Beteiligten oder die gemeinsame Vorstellung der mehreren Beteiligen vom Sein oder vom Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut“.79

Zwar dürfen die Vorstellungen über die die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände nicht vereinbart sein (sonst Vertragsinhalt), gleichwohl ist erforderlich, dass die Vorstellungen von einem gewissen Konsens getragen werden oder jedenfalls bei beiden Parteien vorherrschen.80 Denn die Vorstellungen über die Umstände müssen, so Oertmann,81 von der anderen Partei erkannt worden oder 76 

Vgl. bereits BGH, Beschl. v. 12.12.1963 – V BLw 32/63, NJW 1964, 861: „[D]ie gemeinsamen Vorstellungen der Beteiligten über das Eintreten bestimmter Umstände oder Vorstellungen des einzelnen Partners, die vom anderen erkannt werden, [können] die Grundlage des Vertrages bilden, ohne daß sie zum eigentlichen Inhalt des Vertrages aufgenommen werden“; so auch Eidenmüller, Jura 2001, 824 (826 f.); Grüneberg, in: Grüneberg, §  313 BGB Rn.  10; Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  182 (184 f.); Huber, in: Huber/Faust, 9. Kap. Rn.  4; Jung, in: NKBGB, §  313 Rn.  19; Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (297 f. und 304 f.); Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  24; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  46; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  8; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  3; a. A. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  9 und 41, der die Störung der Geschäftsgrundlage letztlich als einen Sonderfall der ergänzenden Vertragsauslegung betrachtet. So auch Medicus, in: FS Flume, S.  629 (637). 77 Vgl. BGH, Urt. v. 18.11.2011 − V ZR 31/11, NJW 2012, 526 (528): „Erst wenn sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Möglichkeit der Anpassung […] nicht feststellen lässt, kommt die […] Anpassung nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht“. Siehe auch BGH, Urt. v. 21.12.2005 – X ZR 108/03, NJW-RR 2006, 699 (700 Rn.  11 ff.) und bereits BGH, Urt. v. 01.02.1984 – VIII ZR 54/83, NJW 1984, 1177 (1178). Siehe ferner Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  22; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  47. 78  Siehe oben Kap.  5 A. I.2. (S.  168). Vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S.  174; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  8. 79  Oertmann, Die Geschäftsgrundlage, S.  37. 80 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  10; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  37. 81 Vgl. Oertmann, Die Geschäftsgrundlage, S.  132: „Aber freilich, und darin liegt der entschiedene Gegensatz gegenüber der Voraussetzungslehre, muß der andere Teil die Vorstellung des einen erkannt und insofern sie sich zu eigen gemacht haben; bloße Erkennbarkeit des vorausgesetzten Umstandes für den Gegner genügt nicht, um ihn zu einer wirksamen Vertragsgrundlage zu erheben“.

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nach späterer Rechtsprechung jedenfalls erkennbar82 sein. Nach der Rechtsprechung des BGH genügt „es für eine Geschäftsgrundlage […], wenn die Parteien bestimmte Umstände als selbstverständlich ansahen, ohne sich diese bewußt zu machen“.83 Nach richtiger Ansicht werden deshalb Verwendungsinteressen des Gläubigers, sofern diese zumindest erkennbar sind, zur Vertragsgrundlage.84 Im Lehrbuchfall der bestellten Hochzeitstorte ist das Stattfinden der Hochzeit somit Geschäftsgrundlage.85 Die Anwendung des §  313 BGB scheidet bei derartigen Fällen typischerweise gleichwohl aus, weil das Festhalten am Vertrag in Anbetracht der gesetzlichen Risikoverteilung nicht unzumutbar ist.86 Zum Vertragsinhalt werden die Umstände bzw. Vorstellungen dann, wenn die Parteien diesbezüglich ausdrücklich oder konkludent Vereinbarungen treffen. Was die Parteien vereinbart haben, ist durch Auslegung des Vertrags, erforderlichenfalls auch durch ergänzende Auslegung zu ermitteln.87 b) Schwerwiegende Veränderung bzw. Fehlvorstellungen Stehen die Umstände und Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, fest, so ist im Anschluss zu ermitteln, ob sich diese verändert bzw. als falsch herausgestellt haben. Hier wird zumindest für die Zwecke der Einordnung verschiedener Fallgruppen zwischen der großen und kleinen Geschäftsgrundlage 82 Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 08.02.2006 – VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 (1038 Rn.  8): „Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut“ (Herv. QCL). So bereits BGH, Urt. v. 14.10.1992 – VIII ZR 91/91, NJW 1993, 259 (262); BGH, Urt. v. 08.02.1984 – VIII ZR 254/82, NJW 1984, 1746 (1747); BGH, Urt. v. 22.01.1993 – V ZR 165/91, NJW 1993, 1641 (1642). Siehe auch Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  10; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  44. 83  BGH, Urt. v. 21.12.2005 – X ZR 108/03, NJW-RR 2006, 699 (700 Rn.  19). So auch BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 164/94, NJW 1996, 990 (992). 84 So Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  11; a. A. Ehmann, JZ 2003, 702 (708 f.); Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  164. 85 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  11. Weniger zutreffend scheint allerdings das dort angeführte Beispiel: „[I]m Fall des aus einem speziellen Sortiment gekauften Verlobungsrings [ist] die spätere Heirat ‚Geschäftsgrundlage‘“. Geschäftsgrundlage des Kaufvertrags über den Verlobungsring ist höchstens das Zustandekommen (nicht: der Fortbestand) der Verlobung, nicht aber der Ehe. Zutreffend wäre das Beispiel für den Ehering. Eine a. A. zum Hochzeitstortenfall vertreten etwa Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  164, die bereits keine gestörte Geschäftsgrundlage annehmen wollen. 86 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  11. 87 Vgl Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  48.

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unterschieden.88 Bei ersterer handelt es sich um eine grundlegende Erschütterung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder natürlichen Lage der Dinge, etwa durch (Bürger-)Krieg, Revolution, Hyperinflation, Natur- und Umweltkatastrophen, Pandemien und dergl.89 Die kleine Geschäftsgrundlage ist nicht so sehr gesellschaftlicher, fundamentaler Natur, sondern bezieht sich vielmehr auf solche Umstände, die lediglich das konkrete Vertragsverhältnis oder jedenfalls nur eine beschränkte Zahl von Verträgen betreffen.90 Die Differenzierung ist allerdings insoweit nicht rechtserheblich, als beide Typen der Geschäftsgrundlage von §  313 BGB erfasst sind.91 Da der Vertrag den Parteien Planungssicherheit verschaffen soll und häufig gerade der Eliminierung bestimmter Risiken dient, kann es nicht überraschen, dass eine minimale Veränderung der Umstände für die Anwendbarkeit des §  313 BGB nicht genügt.92 Vielmehr muss diese im Hinblick auf Gewicht, Intensität, Ausmaß, Größenordnung, Reichweite, Umfang und dergl. eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten, sodass die Veränderung jenseits des Normalen ist. In §  313 BGB wird dies dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sich die Umstände in schwerwiegender Weise verändert haben und die fehlerhaften Vorstellungen „wesentlich“ sein müssen.93 Wann diese Schwelle überschritten wird, lässt sich in abstracto nicht leicht sagen und hängt ausweislich des §  313 Abs.  1 BGB in hohem Maße von den Umständen des Einzelfalls ab. 2. Hypothetischer Parteiwille Die schwerwiegende Veränderung muss den Rückschluss darauf zulassen, dass die Parteien den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit demselben Inhalt geschlossen hätten. Es bedarf demnach der Kausalität zwischen den die Geschäftsgrundlage bildenden Umständen oder Vorstellungen und dem Vertragsschluss.94 Dafür genügt freilich, dass eine Partei den vorliegenden Vertrag bei voller Kenntnis der Dinge nicht geschlossen hätte,95 denn für den anderen Teil ist die Vorteilhaftigkeit des Vertrags weiterhin gegeben oder sogar angestiegen.

88 Vgl.

Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  20; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  5. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  17; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  41. 90  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  174; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  17; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  42. 91 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  18; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  20. 92 Vgl. Weller, Die Vertragstreue, S.  298 f. 93 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  49; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  68 f. 94 Vgl. Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  25; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  57. 95  So auch Eidenmüller, Jura 2001, 824 (828); Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  58. 89 Vgl.

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3. Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag Schließlich ist erforderlich, dass das Festhalten am unveränderten Vertrag einem Teil nicht zugemutet werden kann. a) Grundsätze der Rechtsprechung Die Hürde für die Unzumutbarkeit ist in Anbetracht des Prinzips der Vertragstreue, von dem im Falle einer Störung der Geschäftsgrundlage eine Ausnahme gemacht wird, hoch.96 Nicht jede Störung der Geschäftsgrundlage kann somit zur Vertragsanpassung führen.97 Dies geht ebenfalls aus der sich im Laufe der Zeit verschiedener Formeln mit bloß graduellen Unterschieden bedienenden Rechtsprechung hervor. „Es müssen […] ganz besondere Umstände vorliegen, damit sich unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach §  242 BGB die Durchbrechung des Grundsatzes der Vertragstreue zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Ergebnisse als zulässig erweist.“98

In der späteren Rechtsprechung heißt es: „Nicht jede Störung der Geschäftsgrundlage ist […] rechtlich bedeutsam. Angesichts der überragenden Bedeutung, die dem Grundsatz der Vertragstreue zukommt, ist die Berufung auf eine Änderung oder einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nur zulässig, wenn das zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nicht zumutbaren Ergebnisses unabweislich erscheint“.99

In der neueren Rechtsprechung wurde erwogen, dass „nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§  313 Abs.  3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt“.100

96 Vgl.

Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  182 (185). BGH, Urt. v. 01.02.2012 − VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 (1720 Rn.  30); Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  62 ff. 98  BGH, Urt. v. 11.7.1958 – VIII ZR 96/57, NJW 1958, 1772; ähnlich BGH, Urt. v. 29.09.1961 – V ZR 136/60, NJW 1962, 29 (30). 99 Vgl. BGH, Urt. v. 08.02.1978 – VIII ZR 221/76, BB 1978, 1033. So auch BGH, Urt. v. 29.04.1982 – III ZR 154/80, NJW 1982, 2184 (2186); BGH, Urt. v. 05.01.1995 – IX ZR 85/94, NJW 1995, 592 (594); BGH, Urt. v. 18.01.1996 – I ZR 65/94, NJW-RR 1996, 942; BGH, Urt. v. 04.07.1996 – I ZR 101/94, NJW 1997, 320 (323); BGH, Urt. v. 26.09.1996 – I ZR 265/95, NJW 1997, 1702 (1704). 100  BGH, Urt. v. 01.02.2012 − VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 (1720 Rn.  30); ähnlich BGH, Urt. v. 13.05.1993 – IX ZR 166/92, NJW 1993, 2935 (2936); BGH, Urt. v. 05.01.1995 – IX ZR 85/94, NJW 1995, 592 (594). 97 Vgl.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

b) Risikoverteilung Bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls kommt der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung dem Wortlaut nach („insbesondere“, §  313 Abs.  1 BGB) eine besondere Bedeutung zu.101 aa) Vertragliche Risikoverteilung Im Rahmen der vertraglichen Risikoverteilung ist zunächst zu prüfen, ob der Vertrag für das betroffene Risiko eine Klausel enthält, die Parteien diesbezüglich eine konkludente Vereinbarung getroffen haben oder sich eine Regelung erforderlichenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung feststellen lässt.102 Die vertragliche Regelung kann sowohl die Umstände, unter denen nach Ansicht der Parteien von einer schwerwiegenden Veränderung die Rede ist, betreffen (Tatbestand), als auch darauf abzielen, wie in einem solchen Fall zu verfahren ist (Rechtsfolge).103 Beispiele sind sog. force majeure-, MAC- (material adverse change), Indexierungs- und Preisstabilitätsklauseln.104 Liegt eine vertragliche Regelung vor, so ist das Risiko im Vertrag eingepreist worden, sodass eine Anpassung mit der von den Parteien festgelegten Austauschgerechtigkeit intervenieren würde und für die Anwendung des §  313 BGB grundsätzlich kein Anlass besteht.105 Im Übrigen scheidet die Anwendung des §  313 BGB grundsätzlich aus, wenn der Zweck des Vertrags gerade in der Übernahme eines Risikos besteht.106 Besonders deutlich ist dies bei dem Versicherungsvertrag, bei dem die Absicherung 101 Vgl.

Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  61. BGH, Urt. v. 01.06.1979 – V ZR 80/77, NJW 1979, 1818 (1819); BGH, Urt. v. 01.02.1990 – VII ZR 176/88, NJW-RR 1990, 601 (602); BGH, Urt. v. 17.06.1992 – XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690 f.; BGH, Urt. v. 18.11.2011 − V ZR 31/11, NJW 2012, 526 (527). 103 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  39. 104  Siehe dazu ausführlich Vogenauer, IWRZ 2021, 3; Vogenauer, IWRZ 2021, 57; Vogenauer, IWRZ 2021, 112; Vogenauer, IWRZ 2021, 147; Vogenauer, IWRZ 2021, 209. Siehe ferner Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  39. 105 Vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2002 – XII ZR 8/00, NJW 2002, 2384 (2385); BGH, Urt. v. 12.07.2013 – V ZR 122/12, NJW 2013, 3779 (3781 Rn.  18). Vgl. Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  69 f.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  61; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  38 und 63. 106 Vgl. BGH, Urt. v. 21.09.2005 – XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 (901 Rn.  30): „für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage (jetzt §  313 BGB) […] [ist] grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage 102 Vgl.

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht

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eines bestimmten Risikos des Versicherungsnehmers die vertragstypische Pflicht des Versicherers darstellt (vgl. §  1 S.  1 VVG). Hier ist das Risiko zum Vertragsinhalt geworden, sodass für §  313 BGB grundsätzlich kein Raum besteht.107 Gleichwohl ist die Anwendbarkeit des §  313 BGB selbst in solchen Fällen nicht generell ausgeschlossen, denn immerhin ist denkbar, dass eine vertragliche Regelung andere, unvorhersehbare und deshalb nicht zur Vertragsgrundlage gewordene Umstände betrifft.108 bb) Gesetzliche Risikoverteilung Enthält der Vertrag für das eingetretene Risiko keine Regelung, so ist die gesetzliche Risikoverteilung zu ermitteln.109 Zunächst kann eine solche Risikoverteilung für eine Vielzahl von typischerweise mit dem Vertrag verbundenen Risiken dem dispositiven Recht entnommen werden.110 So ist es jedenfalls grundsätzlich „nicht unbillig, den Preis, zu welchem verkauft worden ist, als Wiederkaufspreis zu vereinbaren, da dies der Zweifelsregelung des §  456 Abs.  2 BGB (§  497 Abs.  2 BGB a. F.) entspricht“.111 In ähnlicher Weise wird das Risiko der Unwirksamkeit von AGB grundsätzlich von deren Verwender getragen, wie sich aus §  306 Abs.  1 und 2 BGB ergibt.112 Häufig handelt es sich allerdings vielmehr um Grundsätze und Wertungen, die sich nicht unmittelbar aus einer Vorschrift ergeben, sondern dem Gesetz zugrunde liegen.113 Denn wegen der Subsidiarität der Störung der Geschäftsgrundlage kommt deren Anwendung nur in Betracht, wenn „sachnähere schuldrechtliche oder familienrechtliche Regelungen – auch in analoger Anwendung – versagen“.114 So trägt grundsätzlich der Gläubiger der Substanzleistung das Verwenzu berufen“. Vgl. auch Grüneberg, in: Grüneberg, §  313 BGB Rn.  20; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  64; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  21. 107 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  59. 108 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  47; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  21. 109 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  68. 110 Vgl. BGH, Urt. v. 01.06.1979 – V ZR 80/77, NJW 1979, 1818 (1819); BGH, Urt. v. 17.06.1992 – XII ZR 253/90, NJW 1992, 2690 f.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  72. 111  BGH, Urt. v. 29.10.2010 – V ZR 48/10, NJW 2011, 515 (516 Rn.  12). Anders noch RG, Urt. v. 01.12.1927 – VI 161/27, RGZ 119, 188 (190 f.). 112 Vgl. BGH, Urt. v. 09.07.2008 – VIII ZR 181/07, NJW 2008, 2840 (2842 Rn.  20): „Bei der Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen weist §  306 BGB grundsätzlich dem Verwender das Risiko der Unwirksamkeit und der daraus erwachsenden Folgen zu. Denn nach §  306 Abs.  2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrags in diesem Fall nach den sonst zur Anwendung kommenden gesetzlichen Regelungen. […] Die wirtschaftlichen Nachteile der Klausel­ unwirksamkeit sind also ihrer Risikosphäre zugewiesen“. Vgl. auch Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  65. 113 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  65. 114  BGH, Urt. v. 30.06.1999 – XII ZR 230/96, NJW 1999, 2962 (2966).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

dungsrisiko (Einbaufähigkeit, Brauchbarkeit des gemieteten Gewerberaums115 usw.),116 der Eigentümer das Risiko des Sachuntergangs (res perit domino), der Gläubiger ab Gefahrübergang das Risiko des zufälligen Untergangs der Kaufsache (vgl. §§  446 f. BGB), der Schuldner der Substanzleistung das Beschaffungsrisiko,117 der Gläubiger einer Geldleistung das Risiko der Geldentwertung (Nominalitätsgrundsatz) und der Schuldner der Geldleistung das Finanzierungsrisiko („Geld muß man haben“118).119 cc) Bedeutung der Vorhersehbarkeit Keine ausdrückliche Voraussetzung für die Anwendung des §  313 Abs.  1 BGB ist, dass die Parteien die Veränderung der Umstände nicht vorhergesehen haben oder diese nicht vorhersehbar war. Der Gesetzgeber hat auf eine Bestimmung bewusst verzichtet.120 Eine solche Voraussetzung ergibt sich insbesondere nicht e contrario aus dem Wortlaut der Norm, wonach erforderlich ist, dass die Parteien den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt geschlossen hätten, „wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten“ (vgl. §  313 Abs.  1 BGB). Nichtsdestoweniger wird eine Störung der Geschäftsgrundlage häufig ausscheiden, wenn ein bestimmtes Risiko vorhersehbar ist.121 Denn sehen die Parteien das Risiko voraus oder hätten diese es voraussehen können, so liegt es nahe,

115 Vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1999 – XII ZR 313/98, NJW 2000, 354 (358); BGH, Urt. v. 21.09.2005 – XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 (901); BGH, Urt. v. 17.03.2010 – XII ZR 108/08, NJW-RR 2010, 1016 (1017 Rn.  17 m. w. N.). 116 Vgl. Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (316); Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  22; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  57. 117  So bereits grundlegend RG, Urt. v. 21.03.1916 – II 473/15, RGZ 88, 172 (177); RG, Urt. v. 15.03.1918 – III 522/17, RGZ 92, 322 (323 ff.); RG, Urt. v. 25.02.1919 – II 353/18, RGZ 95, 41 (43 f.). Dies kann u. U. mit sich bringen, dass der Schuldner zur frühzeitigen Einlagerung der Sache verpflichtet ist. Siehe im Rahmen der Ölkrise der 1970er Jahre BGH, Urt. v. 08.02.1978 – VIII ZR 221/76, BB 1978, 1033. Siehe ferner Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  22; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  55. 118  Medicus, AcP 188 (1988), 489. Siehe auch Pfeiffer, in: Schmidt-Kessel, S.  173 (175 f.); Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  59. 119  Siehe zu typischen Risiken bei verschiedenen Vertragstypen ferner Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  69 ff. m. w. N.; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  62 ff.; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  52 ff. 120  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  175 r.Sp. 121  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  175 r.Sp.; Eidenmüller, Jura 2001, 824 (829); Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  74; Grüneberg, in: Grüneberg, §  313 BGB Rn.  23; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  74; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  66: „Von erheblicher Bedeutung für die Risikotragung“; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  24; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  82; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  29.

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht

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eine vertragliche Regelung zu treffen. Der BGH geht sogar von einem grundsätzlichen Ausschluss des §  313 BGB aus: „Vorhersehbare Umstände, die im Vertrag durch eine ihnen Rechnung tragende Anpassungsklausel hätten berücksichtigt werden können, schließen einen Anpassungsanspruch nach §  313 Abs.  1 BGB grundsätzlich aus, weil in der Regel davon auszugehen ist, dass die Parteien das Risiko ihres Eintritts übernommen haben“.122

Letztlich kommt es darauf an, „ob das Risiko des Wegfalls bewusst in Kauf genommen worden ist“.123 c) Bedeutung des Verschuldens Ebenfalls keinen ausdrücklichen Hinweis enthält §  313 BGB auf das Verschulden. Gleichwohl ist für die Ermittlung der Unzumutbarkeit die Frage nach dem Verschulden am Eintreten des Risikos von Bedeutung.124 Stammt nämlich der Grund für die schwerwiegende Veränderung der Umstände aus der Risikosphäre der benachteiligten Partei oder ist das Eintreten des Risikos für diese beherrschoder jedenfalls beeinflussbar, so wird die Anwendung des §  313 BGB in der Regel ausscheiden.125 V. Rechtsfolgen Liegt ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage vor, so besteht die Rechtsfolge nach der Vorstellung des Gesetzgebers,126 der Rechtsprechung127 und der hM im Schrifttum128 primär in einer Anpassung des Vertrags (§  313 Abs.  1 BGB); 122 

BGH, Urt. v. 23.05.2014 – V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 (3442 Rn.  25). BGH, Urt. v. 28.09.1990 – V ZR 109/89, NJW 1991, 830 (831). Ähnlich BGH, Urt. v. 27.03.1981 – V ZR 19/80, NJW 1981, 1668 (1669): Die Klägerin hat die Veränderung „jedenfalls als Möglichkeit vorausgesehen und somit das Risiko einer solchen Äquivalenzverschiebung bewußt in Kauf genommen“. 124 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  75; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  76; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  67 ff. 125  BGH, Urt. v. 03.05.1995 – XII ZR 29/94, NJW 1995, 2028 (2031): „Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse selbst bewirkt hat, aus dem dadurch herbeigeführten Wegfall der Geschäftsgrundlage keine Rechte herleiten“. Vgl. auch BGH, Urt. v. 11.03.1993 – I ZR 27/91, NJW-RR 1993, 880 (881); BGH, Urt. v. 21.12.2010 − X ZR 122/07, NJW 2011, 989 (991); Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  76 f.; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  30; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  27. 126  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  175 l.Sp.: „Die […] Vertragsänderung besteht […] grundsätzlich in einer Anpassung an die veränderten Umstände; eine Auflösung des Vertrags kommt nur in Betracht, wenn eine Anpassung nicht möglich ist“. Vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S.  176 r.Sp. 127  Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 30.9.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (375 Rn.  22). 128 Vgl. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  174; Grüneberg, in: Grüneberg, §  313 BGB Rn.  40; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  32; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  73; 123 

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erst subsidiär kommt eine Auflösung in Betracht. Mit der Auflösung ist ein Rücktritt vom Vertrag (§  313 Abs.  3 S.  1 BGB) oder, im Falle eines Dauerschuldverhältnisses, die Kündigung (§  313 Abs.  3 S.  2 BGB) gemeint. 1. Primäre Rechtsfolge a) Anpassung §  313 Abs.  1 BGB gewährt beiden Vertragsparteien einen Anpassungsanspruch.129 Nach der Konzeption des Gesetzgebers sollen die Parteien erst selbst über die Anpassung verhandeln.130 Es handelt sich deshalb jedenfalls dem Grunde nach um einen Anspruch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, bei dem der angepasste Vertrag zumindest dogmatisch vom Konsens der Parteien getragen wird.131 Lässt sich eine Partei hingegen nicht auf diese Anpassung ein, kann sich eine etwaige anschließende Klage nach hM gleichwohl unmittelbar auf die angepasste Leistung richten.132 Materiellrechtlich bedarf es allerdings wiederum des gestaltenden Urteils des Richters für eine Anpassung.133 Der Vertrag wird deshalb, anders als nach altem Recht,134 nicht von Rechts wegen angepasst.135 In welcher Weise der Vertrag anzupassen ist, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab.136 Aus dem Wortlaut des §  313 Abs.  1 BGB geht jedenfalls hervor, dass es sich bei der Anpassung nicht um eine Alles-oder-NichtsLösung handelt („Anpassung des Vertrags […], soweit“, Herv. QCL). Vielmehr ist der Vertrag dahingehend anzupassen, dass dieser der benachteiligten Partei Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  27; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  263 ff.; Weller, Die Vertragstreue, S.  299; wohl auch Jung, in: NKBGB, §  313 Rn.  110 f. 129 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  82; eingehend Hau, Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag. 130  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176 l.Sp. Siehe auch Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  83. 131 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  82 f. 132  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176; BGH, Urt. v. 30.09.2012 – V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (376 Rn.  34); Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  83; Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  182 (197); Massing/Rösler, ZGS 2008, 374 (376); Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (137 f.); Wieser, JZ 2004, 654 f. Siehe zu den prozessualen Aspekten eingehend Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921; Loyal, AcP 214 (2014), 746 (750 ff.); Schmidt-Kessel/Baldus, NJW 2002, 2076 (2077). 133 Vgl. Loyal, AcP 214 (2014), 746 (752 f.); Lettl, JuS 2001, 660 (663). 134 Vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1968 – VII ZR 89/66, NJW 1969, 233; BGH, Urt. v. 30.03.1984 – V ZR 119/83, NJW 1985, 126 (127). Siehe auch Eidenmüller, Jura 2001, 824 (829). 135 Vgl. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  174; Huber, in: Huber/Faust, 9. Kap. Rn.  5; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  82; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  75; Schmidt-Kessel/Baldus, NJW 2002, 2076; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  263; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  133. 136  Siehe im Überblick Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  90 m. w. N.; Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (309 f.); Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  136 ff.

A. Die Störung der Geschäftsgrundlage im deutschen Recht

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zumutbar wird.137 In der Rechtsprechung wird vielfach als sach- und interessengerechte Lösung angesehen, dass „ein an sich von einer Partei zu tragendes Risiko auf beide Parteien je zur Hälfte verteilt wird“.138 In Betracht kommt im Übrigen insbesondere die Anpassung von Leistungspflichten.139 Eine Anpassung oder Aufhebung eines bereits abgewickelten Vertrags wird nach Ansicht des BGH zwar in aller Regel auszuscheiden haben, ganz ausgeschlossen ist ein nachträgliches Eingreifen in den Vertrag gleichwohl nicht.140 b) Nachverhandlungspflicht Umstritten war lange Zeit, ob sich aus §  313 BGB nach der schwerwiegenden Veränderung der Umstände ein Neuverhandlungsanspruch des davon Betroffenen bzw. eine Neuverhandlungspflicht des anderen Teils herleiten lässt. Vor der Schuldrechtsreform wurde dafür in der Literatur, insbesondere von Horn,141 mehrfach plädiert. Nach Ansicht des Gesetzgebers „sollen die Parteien zunächst selbst über die Anpassung verhandeln“ (Herv. QCL)142 und danach streben, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Dieser Hinweis kann nach hM allerdings weder als echte Pflicht noch als Obliegenheit verstanden werden.143 Lehnt also der andere Teil einen Anpassungsvorschlag des benachteiligten Teils ab, so kann 137 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  89; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  115; Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (309); Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  73. 138  BGH, Urt. v. 23.11.1989 – VII ZR 60/89, NJW 1990, 572 (573). Siehe auch BGH, Urt. v. 08.02.1984 – VIII ZR 254/82, NJW 1984, 1746 (1747); BGH, Urt. v. 23.11.1989 – VII ZR 60/89, NJW 1990, 572 (573); BGH, Urt. v. 14.10.1992 – VIII ZR 91/91, NJW 1993, 259 (262 f.); BGH, Urt. v. 01.02.2002 – V ZR 61/01, NJW-RR 2002, 853 (854); zustimmend Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (321); Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  73. 139  Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (309). Vgl. auch Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  28. 140 Vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 164/94, NJW 1996, 990 (991). Kritsch dazu Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (318). Siehe auch Loyal, NJW 2013, 417 (419 f.) und Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  70 f., die diesen Umstand bei der Unzumutbarkeit berücksichtigen wollen. 141 Vgl. Horn, AcP 181 (1981), 255; und später anlässlich des Schuldrechtsreformvorhabens Horn, Gutachten, Bd.  I, S.  551. 142  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176 l.Sp. 143 Vgl. Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (925); Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  122 m. w. N.; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  121 ff.; Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (324 f.); Martinek, AcP 198 (1998), 329 (passim); Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  33; Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (138); Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  79; Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  265 ff.; Teichmann, BB 2001, 1485 (1491); Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  151; Thole, JZ 2014, 443; a. A. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  174; Eidenmüller, Jura 2001, 824 (829 f.); Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  183 (195 ff.); Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (268 ff.); Nelle, Neuverhandlungspflichten, passim; Riesenhuber, BB 2004, 2697 (2699).

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der letztere nunmehr auf die Anpassung oder auch direkt auf die angepasste Leistung klagen.144 Die Meinung des BGH unterscheidet sich vom bisher Gesagten allerdings insofern, als das Gericht in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Vorvertrag auch eine Pflicht zur Mitwirkung bei der Anpassung angenommen hat.145 „Denn der durch [die Schuldrechtsreform] eingeführte Anspruch auf Vertragsanpassung nach §  313 Abs.  1 BGB verpflichtet die durch eine Störung der Geschäftsgrundlage begünstigte Vertragspartei, im Zusammenwirken mit der anderen Partei eine Anpassung des Vertrags herbeizuführen. Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Mitwirkungspflicht, deren Verletzung Schadensersatzansprüche nach §  280 Abs.  1 BGB auslösen kann.“146

2. Sekundäre Rechtsfolgen Die Vertragsauflösung ist ein Gestaltungsrecht, das sowohl im Falle des Rücktritts als auch im Falle der Kündigung durch eine Erklärung ausgeübt wird.147 Insofern unterscheiden sich die beiden nachgelagerten Rechtsfolgen grundsätzlich von der Anpassung.148 Anders als der Anpassungsanspruch, der beiden Parteien zukommt,149 ist darüber hinaus dem Wortlaut („so kann der benachteiligte Teil“, §  313 Abs.  3 S.  1 BGB) und den Gesetzesmaterialien150 nach nur die durch die Störung der Geschäftsgrundlage benachteiligte Partei Inhaber eines der beiden sekundären Rechte.151 Eine Vertragsauflösung kommt erst dann in Betracht, wenn eine Anpassung unmöglich oder einem Teil unzumutbar ist.152 Unmöglichkeit liegt entsprechend den oben bereits thematisierten Grundsätzen der tatsächlichen Unmöglichkeit,

144 Vgl.

BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (376 Rn.  34); auch Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  79 und 81. Die ältere Rechtsprechung hatte wegen der Anpassung kraft Gesetzes der Klage auf Anpassung gelegentlich nicht stattgegeben, da für diese das Rechtsschutzbedürfnis fehlte. Vgl. BGH, Urt. v. 30.03.1984 − V ZR 119/83, NJW 1985, 126 (127). Vgl. auch Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  82. 145  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 12.05.2006 − V ZR 97/05, NJW 2006, 2843 (2845 Rn.  26); Freitag, AcP 207 (2007), 287 ff.; Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  33. Weitere Erscheinungsformen von Verhandlungspflichten nennt Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (268 f. m. w. N.). 146  BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (376 Rn.  33). Siehe dazu etwa Thole, JZ 2014, 443. 147  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176 r.Sp.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  110; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  130. 148  Siehe aber Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  112. 149 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  75. 150  Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  176 r.Sp. 151  So auch Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  113. 152 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  76.

B. Imprévision im niederländischen Recht

187

also bspw. dann vor, wenn die Leistung schlichtweg oder wegen eines Gesetzesverbots nicht (mehr) erbracht werden kann.153 Ist die Anpassung nicht bereits unmöglich, so ist ausweislich §  313 Abs.  3 BGB erneut die Unzumutbarkeit zu prüfen. Der Bezugspunkt dieser Prüfung ist allerdings ein anderer als auf tatbestandlicher Ebene. Denn während die Zumutbarkeit sich dort auf das Festhalten am Vertrag bezieht, ist hier danach zu fragen, ob die Anpassung als Rechtsfolge einer der beiden Parteien nicht zumutbar ist. Eine Anpassung ist einem Vertragspartner grundsätzlich nicht bereits deshalb unzumutbar, weil der andere Teil seine Mitwirkung bei der Anpassung verweigert; vielmehr hat jener zu versuchen, den Anpassungsanspruch gerichtlich durchzusetzen.154 a) Rücktritt Hat der Benachteiligte dem anderen Teil den Rücktritt erklärt (vgl. §  349 BGB), so richten sich dessen Wirkungen nach §§  346 ff. BGB.155 Es handelt sich demnach um eine Rechtsfolgenverweisung; die Voraussetzungen für den Rücktritt sind abschließend in §  313 BGB geregelt. Insbesondere kennt §  313 BGB weder das Erfordernis einer (Nach-)Fristsetzung noch eine Ausübungsfrist.156 Es entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis, aufgrund dessen bereits erbrachte Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind (§  346 Abs.  1 BGB) oder Wertersatz zu leisten ist (§  346 Abs.  2 BGB). Der Rücktritt führt somit insgesamt zu einer Rückabwicklung des Vertrags. b) Kündigung Für Dauerschuldverhältnisse ist eine solche Rückabwicklung typischerweise keine sachgerechte Lösung. Vielmehr besteht die Rechtsfolge hier gemäß §  313 Abs.  3 S.  2 BGB in einer Kündigung.157

B. Imprévision im niederländischen Recht Das niederländische Recht behandelt die Fälle der Störung der Geschäftsgrundlage unter dem Begriff der unvorhergesehenen Umstände (onvoorziene omstan153 Vgl.

Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  115 f. BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (375 Rn.  25). 155 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  110; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  76; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  29. 156 Vgl. Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  72. 157 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  110; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  29. 154 Vgl.

188

Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

digheden). Die Lehre wird in Anlehnung an die französische Sprache, nicht jedoch an das französische bürgerliche Recht,158 auch als imprévision bezeichnet.159 I. Historische Hintergründe 1. Imprévision als Exponent des Grundsatzes von Treu und Glauben Das Institut der clausula rebus sic stantibus wurde insbesondere im niederländischen Schrifttum des frühen 20. Jahrhunderts lebhaft diskutiert.160 Die clausula-Theorie wurde wegen ihrer Realitätsfernheit vielfach kritisiert und im Schrifttum wurden die Fälle des unvorhergesehenen Ereignisses zunehmend vor dem Hintergrund des Grundsatzes von Treu und Glauben behandelt.161 In der Lehre wird in den 1930er Jahre die Idee hervorgebracht, dass ein Eingreifen in den Vertrag erst dann zulässig sein kann, wenn sich Umstände jenseits des Vertrags verändert haben.162 Diese sog. Lückentheorie trennt im Ergebnis, ebenso wie die deutsche Lehre der Geschäftsgrundlage, zwischen Vertragsinhalt und gemeinsamen grundlegenden Vorstellungen der Parteien. Der Hoge Raad hatte allerdings zunächst auf die Einhaltung vertraglicher Pflichten bestanden und Kontrahenten nach einem langen Aussetzen des Vertrags wegen des ersten Weltkriegs an den Vertrag gehalten.163 1965 erkannte der Hoge Raad sodann die Bedeutung des Grundsatzes von Treu und Glauben für die vorliegende Problematik grundsätz158 Die Cour de cassation lehnte die Theorie der imprévision bereits 1876 ab. Vgl. Cass. civ. 06.03.1876, Dalloz Recueil périodique et critique, Jurisprudence générale 1876, 193 (Canal de Craponne). Siehe näher zum französischen Recht und m. w. N. etwa Cashin-Ritaine, in: JbJZivRWiss 2001, S.  85 ff.; Doralt, RabelsZ 76 (2012), 761 ff.; Thibierge, Le contrat face à l’imprévu. Siehe aus rechtsvergleichender Sicht auch Rösler, ERPL 2007, 483 (500 ff.). Die französische Schuldrechtsreform hat im Jahre 2016 Art.  1195 Cc eingeführt, der eine Nachverhandlungspflicht und, unter zusätzlichen Voraussetzungen, auch die Möglichkeit einer Vertragsauflösung oder Vertragsanpassung vorsieht. Siehe dazu Fauvarque-Cosson, in: Cartwright/Whittaker, S.  187, insbesondere 192 ff.; aus rechtsvergleichender Sicht auch Häcker, in: Cartwright/Whittaker, S.  387 (399 ff.); Lutzi, in: Stijns/Jansen, S.  89 ff. Siehe aber im öffentlichen Recht C. E. 30.03.1916, Recueil Lebon 1916, 143 (Gaz de Bordeaux). 159  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  966; Busch/Hondius, ZEuP 2001, 223 (241 f.). 160  Siehe insbesondere die Schriften von Bregstein, in: Verzameld werk, Bd.  I, S.  200; Meijers, in: Verzamelde privaatrechtelijke opstellen, Bd.  III, S.  277; Löwensteyn, De relativiteit van de contractuele norm. Die Diskussion wurde um 1990 wieder belebt von u. a. Abas, Rebus sic stantibus, und Schoordijk, WPNR 1989/5922, 389; Schoordijk, WPNR 1989/5923, 413. Siehe auch die weiteren Nachweise bei Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  436 f.; Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  87. 161  Vgl. auch Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  438 f.; Nieuwenhuis, WPNR 1995/6164, 23 (25). 162 Vgl. Bregstein, in: Verzameld werk, Bd.  I, S.  200 (225 und 227 ff.). 163 Vgl. HR 08.01.1926, NJ 1926, 203 (Sarongs); HR 19.03.1926, NJ 1926, 441 (Weefge-

B. Imprévision im niederländischen Recht

189

lich, nicht aber in concreto an.164 In einigen späteren Urteilen wird der Maßstab verfeinert,165 bis der Hoge Raad im Jahre 1984 das Urteil der Vorinstanz bestätigt, das sich antizipierend an dem Kriterium des jetzigen Art.  6:258 BW orientiert hatte.166 Vor diesem Hintergrund wird angenommen, dass das alte Recht, unter dem das Kriterium mehrfach bestätigt wurde,167 im Wesentlichen dem neuen Recht entspricht.168 Das niederländische Recht hat das Institut der Veränderung vertragsrelevanter Umstände als Eingriffsgrund somit wesentlich später als in Deutschland anerkannt. 2. Kodifikation im BW Das niederländische BW regelt die imprévision in Art.  6:258, der 2017 eine geringfügige sprachliche Änderung erfahren hat.169 Art.  6:258 BW: „1. Der Richter kann auf Antrag einer der Parteien die Rechtsfolgen eines Vertrags ändern oder diesen ganz oder teilweise aufheben, wenn unvorhergesehene Umstände vorliegen, welche derart sind, dass der andere Teil nach Maßstäben von Treu und Glauben das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht erwarten darf. Die Änderung oder Aufhebung kann zurückwirken. 2. Eine Änderung oder Aufhebung kann nicht ausgesprochen werden, wenn die Umstände kraft Natur des Vertrags oder Verkehrsauffassungen zulasten desjenigen gehen, der sich auf diese beruft. 3. […]“170

touw). Siehe dazu etwa Meijers, in: Verzamelde privaatrechtelijke opstellen, Bd.  III, S.  277 (281 f.); Van Zijst, in: J. L. P. Cahen-bundel, S.  447 ff. 164  HR 14.02.1964, NJ 1965, 95 (Koorn en De Jong/Den Helder). 165  Vgl. insbesondere HR 16.12.1977, NJ 1978, 156 (Ziekenfonds/X). 166  HR 27.04.1984, NJ 1984, 679 (NVB/Helder), Rn.  3.2. Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  439. 167  Siehe ausdrücklich HR 28.11.1997, NJ 1998, 659 (Luycks/Kroonenberg), Rn.  3.5: „Was die Art.  6:248 und 6:258 anbelangt, so gilt, dass sich das vor dem 1. Januar 1992 geltende Recht nicht wesentlich vom jetzigen unterscheidet“. Orig.: „Voor wat betreft de art. 6:248 en 6:258 geldt dat […] het vóór 1 januari 1992 geldende recht niet wezenlijk van het huidige verschilt“. Vgl. ferner etwa HR 23.06.1989, NJ 1991, 673 (GCN/Nieuwegein), Rn.  3.3; HR 10.07.1989, NJ 1989, 786 (FNV/Campina), Rn.  3.1.1. 168 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  440. 169  Vgl. Kamerstukken II 2014/2015, 34212, Nr.  3 (MvT), S.  38. 170  Art.  6:258 BW (Orig.): „1. De rechter kan op vordering van een der partijen de gevolgen van een overeenkomst wijzigen of deze geheel of gedeeltelijk ontbinden op grond van onvoorziene omstandigheden welke van dien aard zijn dat de wederpartij naar maatstaven van redelijkheid en billijkheid ongewijzigde instandhouding van de overeenkomst niet mag verwachten. Aan de wijziging of ontbinding kan terugwerkende kracht worden verleend. 2. Een wijziging of ontbinding wordt niet uitgesproken, voor zover de omstandigheden

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

II. Abgrenzung 1. Irrtum Das Merkmal für die Abgrenzung zum Irrtum ist grundsätzlich der Moment der Veränderung der Umstände. Während zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vorliegende Umstände lediglich einen Irrtum (dwaling) begründen können (Art.  6:228 BW), kann Art.  6:258 BW lediglich angewendet werden, wenn der streitgegenständliche Umstand künftiger Natur ist.171 Eine Anfechtung wegen Irrtums über künftige Umstände schließt das Gesetz in Art.  6:228 Abs.  2 BW ausdrücklich aus.172 Schwierig ist es, wenn der Irrtum gerade in aktuellen Erwartungen über eine künftige Entwicklung liegt.173 In einem solchen Fall kann sich die betroffene Partei auf beide Normen berufen.174 Die Notwendigkeit der Abgrenzung wird im niederländischen Recht insofern relativiert, als auch das Irrtumsrecht u. U. eine Anpassung des Vertrags vorsieht.175 Gemäß Art.  6:230 BW176 scheidet nämlich eine Irrtumsanfechtung aus, wenn der Anfechtungsgegner rechtzeitig krachtens de aard van de overeenkomst of de in het verkeer geldende opvattingen voor rekening komen van degene die zich erop beroept. 3. […]“ 171  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  969. Vgl. auch HR 20.02.1998, NJ 1998, 493 (Briljant Schreuders/Pensioenfonds ABP), Rn.  4.3.2: „Von unvorhergesehenen Umständen i. S. d. Art.  6:258 kann nur dann die Rede sein, soweit es sich um Umstände handelt, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch in der Zukunft lagen.“ Orig.: „Van onvoorziene omstandigheden in de zin van art. 6:258 kan alleen sprake zijn voor zover het betreft omstandigheden die op het ogenblik van tot stand komen van de overeenkomst nog in de toekomst lagen“. Ebenso HR 24.12.2004, NJ 2007, 58 (Amstelimmo/Amsterdam), Rn.  3.7.1; HR 04.09.2009, NJ 2009, 398 (Van Eendenburg/De Alternatieve), Rn.  3.5. Vgl. auch Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermogensrecht, S.  408; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  455; Tanja, Bb 2018/1, 1; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  318. 172  Vgl. bereits HR 10.06.1932, NJ 1933, 5 (Marktcafé). Siehe auch Van Zijst, in: J. L. P. Cahen-bundel, S.  447 (450 m. w. N.). 173  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  969. Ausführlich Abas, WPNR 1998/6308, 221; Van Zijst, in: J. L. P. Cahen-bundel, S.  447 ff. 174  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  969; zustimmend Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  318. Siehe zur Problematik auch Verheij/De Jager, WPNR 2012/6952, 831 (834 ff.). 175 Vgl. Peletier, RMThemis 1995, 423 (428). Auch der Gesetzgeber hat auf die Nähe beider Normen zueinander hingewiesen. Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  973. 176  Art.  6:230 BW: „1. Die Befugnis zur Anfechtung gemäß den Artikeln 228 und 229 entfällt, wenn die andere Partei rechtzeitig eine solche Änderung der Folgen des Vertrags vorstellt, die den Nachteil des Anfechtenden, den dieser bei Aufrechterhaltung des Vertrags erleiden würde, in hinreichender Weise aufhebt.

B. Imprévision im niederländischen Recht

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einen Änderungsvorschlag unterbreitet. Auch der Richter hat im Rahmen der Irrtumsanfechtung eine Änderungsbefugnis.177 2. Treu und Glauben Da die imprévision als Ausgestaltung der Treu- und Glaubensvorschrift (Art.  6:248 BW) gesehen wird, stellt sich die im niederländischen Recht umstrittene Frage nach dem Verhältnis beider Normen zueinander.178 Dieses Verhältnis ist insbesondere für die im niederländischen Recht nicht selbstständig geregelte Beendigung von Dauerschuldverhältnissen von Bedeutung, die gemäß der Rechtsprechung auf der Grundlage des Art.  6:248 Abs.  1 BW grundsätzlich dann gekündigt werden können, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.179 Diesbezüglich hat der Hoge Raad mehrmals geurteilt, dass das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des Art.  6:258 BW eine Kündigung nicht ausschließt.180 Sofern die eine Partei den Vertrag kündigen, die andere Partei diesen aber gemäß Art.  6:258 BW anpassen möchte, hat der Richter vielmehr zu entscheiden, welche dieser Rechtsfolge im Einzelfall die sachgerechtere Lösung darstellt.181 Die Kündigung ist bei dieser Betrachtung deshalb – wie im deutschen Recht – eine die Störung der Geschäftsgrundlage begleitende Rechtsfolge.182 2. Darüber hinaus kann der Richter auf Antrag einer der Parteien, anstatt die Anfechtung auszusprechen, die Folgen des Vertrags zum Zwecke der Aufhebung dieses Nachteils ändern“. Art.  6:230 BW (Orig.): „1. De bevoegdheid tot vernietiging op grond van de artikelen 228 en 229 vervalt, wanneer de wederpartij tijdig een wijziging van de gevolgen van de overeenkomst voorstelt, die het nadeel dat de tot vernietiging bevoegde bij intstandhouding van de overeenkomst lijdt, op afdoende wijze opheft. 2. Bovendien kan de rechter op verlangen van een der partijen, in plaats van de vernietiging uit te spreken, de gevolgen van de overeenkomst ter opheffing van dit nadeel wijzigen“. 177  Siehe zur Nähe dieser beiden Normen zueinander Peletier, in: Hartlief/Stolker, S.  517. 178  Siehe ausführlich Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  319 ff. 179  Vgl. etwa HR 21.06.1991, NJ 1991, 742 (Mattel/Borka); HR 03.12.1999, NJ 2000, 120 (Latour/De Bruijn); HR 28.10.2011, NJ 2012, 685 (Ronde Venen/Stedin); HR 14.06.2013, NJ 2013, 341 (Auping/Beverslaap); HR 15.04.2016, NJ 2016, 236 (Noord-Holland/Amsterdam); HR 02.02.2018, NJ 2018, 98 (Goglio/SMQ Group). Vgl. ferner Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  408 ff. 180 Vgl. HR 25.06.1999, NJ 1999, 602 (CSM/VvE), Rn.  3.4; HR 15.04.2016, NJ 2016, 236 (Noord-Holland/Amsterdam), Rn.  4.4; HR 02.02.2018, NJ 2018, 98 (Goglio/SMQ Group), Rn.  3.6.5; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  320. 181 Vgl. HR 25.06.1999, NJ 1999, 602 (CSM/VvE), Rn.  3.4; so auch Abas, WPNR 2000/6397, 249; Hijma, Het constitutieve wijzigingsvonnis, S.  14 ff.; anders noch HR 27.04.1984, NJ 1984, 679 (NVB/Helder); a. A. Hartkamp, WPNR 2000/6404, 395; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  456. 182  A. A. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  456.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

3. Unmöglichkeit Das Verhältnis zwischen Unmöglichkeit und imprévision ist im Einzelnen unklar. Für die Fälle der relativen Unmöglichkeit wird zum Teil dafür plädiert, vorrangig Art.  6:258 BW anzuwenden, da der Richter in diesem Fall über großzügigere Befugnisse verfüge. Dieser könne in diesen Situationen die Durchführung eines Vertrags durch etwaige Änderungen wieder möglich machen.183 III. Maßstab 1. Unvorhergesehene Umstände a) Allgemein Die Umstände, die zur Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag Anlass geben, müssen unvorhergesehen sein. Unvorhergesehene Umstände sind solche „Umstände, die sich nach Vertragsschluss ergeben und nicht von den Parteien (ausdrücklich oder konkludent) im Vertrag abgegolten wurden und für die diese keine Vorkehrungen getroffen haben“.184 Die Umstände sollen „außergewöhnlich“ sein.185 Durch Auslegung des Vertrags ist deshalb zunächst dessen Inhalt zu ermitteln (vgl. Art.  3:33, 3:35 BW). Erst wenn sich ergibt, dass die Umstände nicht zum Vertragsinhalt geworden sind, ist der Anwendungsbereich der Norm eröffnet.186 Hat bspw. der Erblasser mit seiner Geliebten einen Mietvertrag mit einem äußerst niedrigen Mietzins geschlossen, der überdies ausdrücklich nicht indexiert oder anderweitig angepasst werden sollte, so stellt diese niedrige Gegenleistung auch 20 Jahre später und nach zunehmender Geldentwertung im Verhältnis zum Rechtsnachfolger keinen unvorhergesehenen Umstand dar.187

183 Vgl. De Vries, Recht op nakoming en op schadevergoeding en ontbinding wegens tekortkoming, S.  34 f. 184 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  441 (Orig.): „omstandigheden, ingetreden na het sluiten van de overeenkomst, die partijen niet (uitdrukkelijk of stilzwijgend) in hun overeenkomst hebben verdisconteerd, omstandigheden waarin zij niet hebben voorzien“ (Herv. im Orig.). Vgl. auch Bakker/De Groot, WPNR 2009/6797, 369 (370); Grosheide, Contracteren 2011, 127; Hijma, Het constitutieve wijzigingsvonnis, S.  8; Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermogensrecht, S.  406; Tanja, Bb 2018/1, 1. 185 Vgl. Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  314 („exceptioneel“). 186 Vgl. HR 20.02.1998, NJ 1998, 493 (Briljant Schreuders/Pensioenfonds ABP), Rn.  4.3.3. So auch Grosheide, Contracteren 2011, 127; Sieburgh, in: Asser, Bd.  III, Rn.  439; a. A. Van Dunné, Contracteren 2011, 111 ff.; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  287. 187 Vgl. Hof Amsterdam 09.11.2010, Prg. 2011, 5, Rn.  3.3.6 ff.

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b) Bedeutung der Vorhersehbarkeit Aus dem insoweit klaren Wortlaut des Art.  6:258 Abs.  1 S.  1 BW folgt, dass die Umstände lediglich unvorhergesehen, nicht aber unvorhersehbar sein müssen.188 Das Gesetz enthält somit keine dahingehende Anforderung, dass die Parteien ein etwaiges Risiko nicht kennen konnten. Vielmehr genügt ein konkretes Nichtvorhersehen. Der im Rahmen eines Immobilienentwicklungsvertrags erhebliche Umstand, dass wegen eines Schrumpfens der Bevölkerung in einer bestimmten Region weitaus weniger Bedarf an Wohnraum bestand, war bspw. nicht unvorhergesehen, da dem Bauherrn diesbezüglich bei Vertragsschluss bereits Statistiken vorlagen.189 Gleichwohl wird – ähnlich wie in Deutschland – darauf hingewiesen, dass je wahrscheinlicher der Eintritt eines bestimmten Umstands, desto eher von der vertraglichen Berücksichtigung dieses Risikos durch die Parteien auszugehen ist.190 Im Umkehrschluss ergibt sich aus der Unvorhersehbarkeit eines Umstands ein starkes Indiz dafür, dass dieser nicht im Vertrag abgegolten worden ist. 2. Erwartendürfen des Festhaltens am Vertrag a) Allgemein Die unvorhergesehenen Umstände müssen zu einer derart gravierenden Veränderung führen, dass die andere Partei das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht erwarten darf. Ob dies der Fall ist, ist anhand der Maßstäbe von Treu und Glauben zu ermitteln. Bezugspunkt der Prüfung ist in persönlicher Hinsicht der Gläubiger; entscheidend ist, ob aus dessen Sicht das Festhalten am unveränderten Vertrag erwartet werden kann. Unerheblich ist dem Wortlaut nach hingegen und im Unterschied zum deutschen Recht die Frage, ob dieses Festhalten dem Schuldner zumutbar ist. b) Maßstäbe von Treu und Glauben Das Erwartendürfen des Festhaltens am unveränderten Vertrag ist anhand der Maßstäbe von Treu und Glauben zu beurteilen. Gemäß Art.  3:12 BW sind bei der Ermittlung der konkreten Gebote von Treu und Glauben „allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze, die in den Niederlanden herrschenden Rechtsüberzeugungen 188 

Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  968, 971 und 973; Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermogensrecht, S.  406; Peletier, Contracteren 2009, 49 (50); Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  313. 189 Vgl. HR 13.10.2017, RvdW 2017/1099 (Bronckhorst/X), Rn.  3.3.2. 190 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  441; Tanja, Bb 2018/1, 1; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  313.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

sowie die gesellschaftlichen und persönlichen Interessen, die im Einzelfall eine Rolle spielen“, zu berücksichtigen.191 Dass der Gläubiger die Aufrechterhaltung des Vertrags nach den Maßstäben von Treu und Glauben erwarten kann, ist in Anbetracht des Grundsatzes der Vertragstreue in aller Regel der Fall. In der Rechtsprechung192 und im Schrifttum193 ist der Ausnahmecharakter der Norm in Übereinstimmung mit den Vorstellungen des Gesetzgebers194 vielfach betont worden. „Treu und Glauben verlangen an erster Stelle Vertragstreue, während eine Abweichung davon nur ganz ausnahmsweise in Betracht kommen kann […]. Daraus folgt, dass der Richter bei der Honorierung geltend gemachter Ansprüche wegen unvorhergesehener Umstände Zurückhaltung üben muss.“195

So konnte der Bankier, dem nach internen Vergütungsrichtlinien eine Zahlung i. H. v. 6,5 Mio. EUR im Falle der Beendigung des Arbeitsvertrags zustand, trotz des Eintretens der Finanzkrise, der daraus resultierenden geänderten gesellschaftlichen Wahrnehmung des Bankenwesens und der Inanspruchnahme staatlicher Rettungspakete durch die Bank, weiterhin Erfüllung verlangen. Die aufgezählten Umstände seien nach Ansicht des Berufungsgerichts zwar unvorhergesehen, gleichwohl gingen diese in erster Linie zulasten der Bank, sodass der Arbeitnehmer das Festhalten am Vertrag weiterhin erwarten darf.196 Zum selben Ergebnis kommt im Übrigen die Mehrheit der deutschen Gerichte.197 In der Tat 191  Art.  3:12

BW (Orig.): „Bij de vaststelling van wat redelijkheid en billijkheid eisen, moet rekening worden gehouden met algemeen erkende rechtsbeginselen, met de in Nederland levende rechtsovertuigingen en met de maatschappelijke en persoonlijke belangen, die bij het gegeven geval zijn betrokken“. Vgl. auch Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  315. 192 Vgl. HR 27.04.1984, NJ 1984, 679 (NVB/Helder), Rn.  3.2; HR 19.11.1993, NJ 1994, 156 (Campina/Van Jole), Rn.  3.3; Hof Amsterdam 28.09.2010, JAR 2009, 261 (De Jong/ABN Amro), Rn.  5.23. 193 Vgl. Bakker, Contracteren 2012, 122 (123); Hijma, in: Castermans u. a., S.  17 (19 f.); Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  444; Tanja, Bb 2018/1, 1 (2). 194  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  967 und 974. 195  HR 20.02.1998, NJ 1998, 493 (Briljant Schreuders/Pensioenfonds ABP), Rn.  4.3.2 (Orig.): „redelijkheid en billijkheid verlangen immers in de eerste plaats trouw aan het gegeven woord en laten afwijking daarvan slechts bij hoge uitzondering toe […]. Uit het voorgaande vloeit voort dat de rechter terughoudendheid moet betrachten ten aanzien van de aanvaarding van een beroep op onvoorziene omstandigheden“. Vgl. bereits HR 27.04.1984, NJ 1984, 679 (NVB/Helder), Rn.  3.2. 196 Vgl. Hof Amsterdam 28.09.2010, JAR 2009, 261 (De Jong/ABN Amro), Rn.  5.18 ff. 197 Vgl. BAG, Urt. v. 29.08.2012 – 10 AZR 385/11, NZA 2013, 148; BAG, Urt. v. 20.03.2013 – 10 AZR 8/13, NZA 2013, 970; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.2011 – 6 U 42/11, NZG 2012, 20; a. A. LAG München, Urt. v. 04.05.2011 – 11 Sa 1018/10, BeckRS 2011, 141739, Rn.  81 ff. Dass es letztlich immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, zeigt BAG, Urt. v. 26.09.2012 – 10 AZR 370/11, BeckRS 2013, 65576.

B. Imprévision im niederländischen Recht

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stellt die Finanzkrise in Fällen dieser Art bereits im Allgemeinen keinen Umstand dar, der zu einem richterlichen Eingriff in das Vertragsverhältnis führen darf.198 3. Gesichtspunkte des Art.  6:258 Abs.  2 BW Eine Anpassung oder Aufhebung kommt nicht in Betracht, wenn der unerwartete Umstand in die Risikosphäre derjenigen Person fällt, die sich auf die Rechtsfolgen beruft. Das Gesetz nennt zwei Gesichtspunkte, und zwar die Natur des Vertrags sowie die Verkehrsauffassungen. Auffällig ist, dass die Norm die Risikoverteilung nach (dispositivem) Vertragsrecht nicht als maßgeblich für die Risikozuweisung ausweist. Dieses kann allerdings insoweit im Rahmen der Natur des Vertrags berücksichtigt werden. Systematisch und dem Wortlaut nach folgt augenscheinlich aus Art.  6:258 Abs.  1 S.  1 und 2 BW, dass sich die Frage der Risikozuordnung erst nach der Bejahung des Erwartendürfens stellt. Bei näherer Betrachtung ist dies allerdings insoweit anders, als Abs.  2 vielmehr als eine Konkretisierung des Erwartendürfens zu verstehen ist.199 Hat nämlich die Partei, die die unvorhergesehenen Umstände geltend macht, das Risiko für deren Eintreten zu tragen, darf der andere Teil erwarten, dass der Vertrag aufrechterhalten wird.200 a) Kraft Natur des Vertrags Im Rahmen des Merkmals der Natur des Vertrags können insbesondere die für einen Vertragstypus geltenden Vorschriften des besonderen Schuldrechts herangezogen werden.201 So ergibt sich aus dem Kaufrecht, dass Preissteigerungen bzw. -senkungen der Kaufsache grundsätzlich in die Risikosphäre des Verkäufers bzw. des Käufers fallen.202 Kraft Natur des Vertrags geht ferner ein unvorhergesehener Kurswechsel der Rechtsprechung, der für eine der Parteien eines Vergleichs nachteilhafte Folgen mit sich brachte, zulasten des davon Betroffenen, da der Vergleich gerade der Behebung einer solchen Unsicherheit dient (vgl. Art.  7:900 Abs.  1 BW).203 Im Rahmen des Merkmals der Natur des Vertrags 198 Vgl.

Rb. Rotterdam 05.10.2011, ECLI:NL:RBROT:2011:BT7320 (Panagro Vastgoedontwikkeling/Ontwikkelingscombinatie Brugemeesterswijck); Rb. Amsterdam 24.04.2013, ECLI:NL:RBAMS:2013:CA2158 (Amsterdam/Multivastgoed), Rn.  4.22; so auch Bakker, Contracteren 2013, 122 ff. m. w. N.; Zwart, BR 2010/136, 711 m. w. N.; kritisch hingegen Hartlief, NJB 2013/1603, 1765. 199 Vgl. Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  315. 200  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  970; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  445; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  315. 201 Vgl. Van Dunné, Contracteren 2011, 111 (119). 202 Vgl. Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  313. 203 Vgl. HR 15.11.1985, NJ 1986, 228 (Dillema/FBTO II), Rn.  3.9 f. Siehe auch Peletier,

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

kann ferner die Modalität des Zustandekommens des Vertrags berücksichtigt werden. Nach dem Zuschlag in einem Ausschreibungsverfahren steht der ausschreibenden Behörde im Allgemeinen keine Möglichkeit offen, den Auftrag durch die Geltendmachung unvorhergesehener Umstände wesentlich abzuändern.204 Ähnlich liegen die Dinge bspw. bei Vorkaufsrechten205 und, mehr im Allgemeinen, bei Verträgen mit spekulativem Charakter206. b) Kraft Verkehrsauffassungen Im Rahmen der Verkehrsauffassungen können allgemeine rechtliche Grundsätze dazu führen, dass ein Umstand der Risikosphäre einer Partei zugeordnet wird. Im Übrigen können allgemeine (Handels-)Bräuche sowie branchenspezifische Gepflogenheiten berücksichtigt werden.207 So folgt aus dem Nominalitätsprinzip, dass die Geldentwertung grundsätzlich zulasten des geldempfangenden Gläubigers zu gehen hat.208 Eine verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners, die dazu führt, dass dieser nicht zur Zahlung der Wohnungsmiete in der Lage ist, stellt einen Umstand dar, der in der Risikosphäre des Schuldners liegt.209 Kraft Verkehrsauffassungen hat ferner derjenige die Folgen des Misslingens einer steueroptimierenden Lösung zu tragen, der sich davon Vorteile erhofft hatte.210 Preissenkungen auf dem Immobilienmarkt infolge der Banken- und Finanzkrise im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gehen kraft Verkehrsauffassungen zulasten des Käufers.211 Ebenfalls in die Risikosphäre des Mitkäufers einer Immobilie fällt der Suizid des anderen Mitkäufers wenige Tage vor der Auflassung.212 Beim Lehrbuchfall des wegen der Absage der Hochzeit nicht länger benötigten Hochzeitskleids kam das Gericht wenig überraschend zum Ergebnis, dass das Nichtstattfinden der Hochzeit zwar

Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  106; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  315. 204 Vgl. Hof Arnhem-Leeuwarden 11.07.2017, ECLI:NL:GHARL:2017:5925 (X/Gelderland), Rn.  4.31. 205 Vgl. HR 28.11.1980, NJ 1981, 440 (Westenberg/Van Hooren). 206 Vgl. Bakker, Contracteren 2013, 122 (123). 207  Vgl. zur Baubranche bspw. Van Dunné, Contracteren 2011, 111 (119 f.). 208 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  194; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  450. 209 Vgl. Rb. Rotterdam 23.12.1994, Prg. 1995, 4419 (ABP/Berkers); ähnlich Peletier, Con­ tracteren 2009, 49 (51). 210 Vgl. Rb. Amsterdam 18.10.1995, JOR 1996, 12 (Madras/Schouten Techniek), Rn.  6.1 f. 211 Vgl. Rb. Amsterdam 05.12.2012, Prg. 2013, 51 (Flatvereniging/X), Rn.  4.9. Siehe zur Problematik Zwart, BR 2010/136, 711 ff. 212 Vgl. Rb. Rotterdam 12.01.2011, NJF 2011/165 (A/B), Rn.  7.12 f.

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unvorhergesehen ist, kraft Verkehrsauffassungen allerdings der Risikosphäre der Käuferin zuzuordnen war.213 IV. Rechtsfolgen Kann die andere Partei das Festhalten am unveränderten Vertrag wegen unvorhergesehener Umstände nicht erwarten, so kann der Richter den Vertrag ändern oder ganz oder teilweise aufheben (Art.  6:258 Abs.  1 S.  1 und 2 BW). 1. Verhältnis zwischen Anpassung und Aufhebung Zwischen beiden möglichen Rechtsfolgen besteht weder dem Wortlaut nach noch nach hM ein hierarchisches Verhältnis.214 Die Entscheidung darüber, ob eine Anpassung oder eine Aufhebung im Einzelfall die sachgerechtere Lösung darstellt, bleibt deshalb letztlich dem Gericht überlassen. Bei der Ausgestaltung des richterlichen Ermessens spielen etwa die Art des Vertrags und die Interessen der Parteien eine Rolle.215 Anpassung und Aufhebung können ferner kumuliert werden, indem bspw. eine monetäre Gegenleistung für die Vergangenheit herabgesetzt und der Vertrag ex nunc aufgehoben wird.216 In Anbetracht der vom Richter zu beachtenden Zurückhaltung bei der Anwendung des Art.  6:258 BW existiert wenig Rechtsprechung, die einen Blick auf die konkrete Ausübung der richterlichen Befugnisse bietet.217 2. Notwendigkeit eines konstitutiven Urteils Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers treten die Rechtsfolgen des Art.  6:258 BW erst durch das konstitutive richterliche Urteil ein.218 In dieser Hinsicht weicht die imprévision-Norm von der allgemeinen Vorschrift zu Treu und Glauben (Art.  6:248 BW) ab, die gerade von Rechts wegen wirkt.219 In Art.  6:258 Abs.  1 S.  1 BW wird dies etwa dadurch zum Ausdruck gebracht, dass eine Ände213 Vgl. Ktr. Zaandam 18.03.1993, Prg. 1993, 3891 (X/Irma la Douce); zustimmend Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  106; a. A. gleichwohl Chao-Duivis, WPNR 1994/6127, 183. 214  Vgl. etwa Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  441; a. A. Peletier, RMThemis 1995, 423 (424 ff.). 215 Vgl. Peletier, RMThemis 1995, 423 (428 f.); Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  448. 216  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  970; Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  316. 217  So auch Bakker/De Groot, WPNR 2009/6797, 369 (373). 218  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  974 und 979; Hijma, Het constitutieve wijzingsvonnis, S.  5. 219 Vgl. Hijma, in: Castermans u. a., S.  17 (18 f.); Hijma, in: Snijders/De Tavernier, S.  17 (18 f.); Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermo-

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

rung oder Aufhebung jedenfalls von einer Partei im Allgemeinen oder mit konkreten Hinweisen beantragt worden sein muss.220 In Ermangelung eines Antrags kann der Richter die Norm nicht ex officio anwenden.221 Ob und inwiefern der Richter an die Anträge der Parteien gebunden ist und in welcher Weise dieser in prozessualer Hinsicht zu verfahren hat, ist im Einzelnen umstritten. Angenommen wird jedenfalls, dass der Richter bei von ihm unterbreiteten Änderungsvorschlägen die Parteien möglichst umfassend zu involvieren hat.222 Die Notwendigkeit eines konstitutiven Urteils geht nach den Vorstellungen des Gesetzgebers darauf zurück, dass die Rechtslage in Anbetracht der Vielzahl denkbarer Anpassung- und Aufhebungsmöglichkeiten äußerst unübersichtlich sei, sodass die konkrete Neugestaltung des Vertrags nicht von Rechts wegen in Erscheinung tritt.223 Gleichwohl steht es den Parteien selbstverständlich frei, ihre vertragliche Beziehung einvernehmlich neuzugestalten.224 Eine Anwendung des Art.  6:258 BW ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Vertrag bereits teilweise oder gänzlich erfüllt worden ist.225 Angenommen wird allerdings, dass sich die Anpassung oder Aufhebung in einem solchen Fall selten mit den Maßstäben von Treu und Glauben in Einklang bringen lässt.226 3. Anpassung und Aufhebung Der Richter hat den Vertrag in einer solchen Weise anzupassen, dass dieser einen Inhalt hat, den die Parteien vor dem Hintergrund der veränderten Umstände nach gensrecht, S.  407; Die praktischen Unterschiede werden allerdings relativiert von Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  315 f.; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  446. 220 Vgl. Hijma, in: Castermans u. a., S.  17 (21 f.); Hijma, in: Snijders/De Tavernier, S.  17 (21 ff.); Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermogensrecht, S.  407. 221 Vgl. Hijma, Het constitutieve wijzingsvonnis, S.  11; Hijma, in: Castermans u. a., S.  17 (21 ff.) Hijma, in: Snijders/De Tavernier, S.  17 (21 ff.). 222  Siehe ausführlich zur Rolle des Richters und der Parteien Hijma, in: Castermans u. a., S.  17 (21 ff.); Hijma, in: Snijders/De Tavernier, S.  17 (21 ff.); Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  152 ff.; Peletier, RMThemis 1995, 423 (429 ff.). 223  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  974 und 979. Ein Eingriff in den Vertrag im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kommt deshalb nicht in Betracht. Vgl. HR 06.04.2012, NJ 2012, 234 (C/Tennisvereniging De IJpelaar), Rn.  3.5. Siehe ausführlich zu dieser Thematik und m. w. N. zur unterinstanzlichen Rechtsprechung Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  167 ff. 224  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  975; Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  137 f. 225  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  970 f. 226 Vgl. Hof Amsterdam 28.09.2010, JAR 2009, 261 (De Jong/ABN Amro), Rn.  5.19. Siehe ferner Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  105; ausführlich auch Snijders, in: Castermans u. a., S.  29 ff.; Snijders, in: Snijders/De Tavernier, S.  95 ff.

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den Maßstäben von Treu und Glauben voneinander erwarten dürfen.227 Der Norm liegt deshalb der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zugrunde.228 Eine Anpassung kann in erster Linie darin bestehen, eine Vergütung festzusetzen, mit der die von den unvorhergesehenen Umständen betroffene Partei für den Nachteil kompensiert wird.229 Denkbar ist ebenfalls, dass das Gericht eine Klausel aus dem Vertrag streicht.230 Die Daumenregel, im Zweifel habe eine Zuweisung des Risikos zur Hälfte zu erfolgen,231 die auch in der Praxis Anwendung gefunden hat,232 ist in der niederländischen Literatur auf Kritik gestoßen. Insbesondere für Dauerschuldverhältnisse sei diese unpassend, da eine Partei lange Zeit zur Aufrechterhaltung eines Verlustgeschäfts gezwungen werden würde. Der Umstand solle zunächst zulasten derjenigen Partei gehen, die das Risiko typischerweise im Rahmen des „normalen“ Unternehmensrisikos zu tragen habe. Lediglich ein darüber hinaus gehendes Maß solle im Anschluss zur Hälfte aufgeteilt werden.233 4. Bedingungen gemäß Art.  6:260 BW Art.  6:260 Abs.  1 BW ermöglicht es dem Richter, die Änderung oder Aufhebung des Vertrags mit einer oder mehreren Bedingung(en) zu verbinden. Dabei kann es sich etwa um Auflagen handeln, wie eine Aufhebung des Vertrags unter der Auflage einer Abschlagszahlung.234 Gemäß Art.  6:260 Abs.  2 S.  1 BW kann der Richter darüber hinaus einer oder beiden Parteien das Gestaltungsrecht einräumen, innerhalb einer im Urteil zu 227 Vgl.

Hijma, Het constitutieve wijzigingsvonnis, S.  5 und 13 f. Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  133. 229  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  970; Peletier, RMThemis 1995, 423 (428). 230  So konnte ein Milchgroßhändler wegen der unvorhergesehenen Veränderung der Milchquotenregelung trotz eines dies verbietenden Vertrags mit einer Gewerkschaft einen Standort schließen. Vgl. HR 10.07.1989, NJ 1989, 786 (FNV/Campina). 231 Vgl. Nieuwenhuis, WPNR 1995/6165, 37 (41); Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  119. 232 Vgl. Hof Arnhem 24.08.2010, RCR 2010, 82, in dem ein gepachteter Schweinestall nach einer Gesetzesänderung nicht länger den rechtlichen Vorgaben entsprach, während eine Renovierung dem Pächter nicht zumutbar war. Das Gericht hob den Vertrag auf und verpflichtete den Pächter zur Zahlung der Hälfte der verbleibenden Pachtzinsen. Vgl. auch Rb. Rotterdam 16.06.2010, ECLI:NL:RBROT:BN4076 (Holland Labour Group/X), Rn.  4.29 ff., in dem der Franchisenehmer zur Zahlung einer pauschalen, mit erwirtschafteter Provision aufzurechnenden Vergütung wegen der Aufnahme in das Franchisemodell verpflichtet war und der Vertrag wegen der unvorhergesehen Nichtrealisierung von Provisionsansprüchen dahingehend angepasst wurde, dass die Pauschalzahlung nur zur Hälfte zu leisten war. 233  So etwa Bakker/De Groot, WPNR 2009/6797, 369 (371). 234 Vgl. Hof Arnhem 24.08.2010, RCR 2010, 82 (Rn.  2.21). 228 Vgl.

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bestimmenden Frist schriftlich den Rücktritt zu erklären.235 In diesem Fall kann die Änderung oder Aufhebung eines Teils des Vertrags erst nach Ablauf der Frist eintreten (Art.  6:260 Abs.  2 S.  2 BW). Die Norm ist im Grunde eine Ausgestaltung des ersten Absatzes.236 5. Nachverhandlungspflicht Die Existenz einer Nachverhandlungspflicht ist auch im niederländischen Schrifttum höchst umstritten. Obwohl überwiegend davon ausgegangen wird, dass jedenfalls de lege lata keine solche Pflicht existiert,237 scheint die hM eine Nachverhandlungspflicht oder -obliegenheit mit unterschiedlicher Ausgestaltung insbesondere aus Gründen der Vorzugswürdigkeit einer einvernehmlichen Neugestaltung vertraglicher Beziehungen zu befürworten.238 Dogmatisch soll diese aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (Art.  6:248 BW) hergeleitet werden.

C. Frustration of contract im englischen Recht I. Begriffsbestimmung und dogmatische Einordnung 1. Allgemein Unter dem Begriff frustration of contract wird im englischen Recht eine Vielzahl unterschiedlicher Fälle diskutiert.239 „A contract is frustrated where, after the contract was concluded, events occur which make performance of the contract impossible, illegal or something radically different from that which was in the contemplation of the parties at the time they entered into the contract.“ (Herv. im Orig.)240 235 Vgl.

Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  113. Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  987. So wohl auch Valk, in: Hijma, Rechtshandeling en Overeenkomst, S.  316. 237  So jedenfalls der Gesetzgeber, vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  975. Siehe ferner etwa Van Beukering-Rosmuller, NTBR 2006/10, 40 (43 f. und 46 f.); a. A. Bakker/De Groot, WPNR 2009/6797, 369 (370 f.). 238  Vgl. etwa Van Beukering-Rosmuller, NTBR 2006/10, 40 (41 ff.); inspiriert vom deutschen Recht auch Peletier, Rechterlijke vrijheid en partij-autonomie, S.  137 ff. Siehe inspiriert von Art.  6:111 PECL auch Busch/Hondius, ZEuP 2001, 223 (243). A. A. Hijma, in: Castermans u. a., S.  17 (26 f.); Hijma, in: Snijders/De Tavernier, S.  17 (23 ff.). 239  Siehe aus dem deutschen Schrifttum etwa Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  45 ff. 240  McKendrick, Contract Law, S.  276 f.; ähnlich Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-045 ff. 236 

C. Frustration of contract im englischen Recht

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Frustration setzt sich somit aus einer Reihe unterschiedlicher Fallgruppen und Erscheinungsformen zusammen, deren Gemeinsamkeit in der Rechtsfolge liegt.241 Diese besteht kurzweg in dem Ausschluss des Naturalerfüllungsanspruchs sowie des Schadensersatzanspruchs wegen des unerwarteten Ereignisses (discharge by supervening event). Von frustration of contract im engeren Sinne kann zunächst die Rede sein, wenn die Leistung, wie im oben erwähnten Taylor v Caldwell-Fall,242 unverschuldet unmöglich oder der Vertragsgegenstand unverschuldet untergegangen (destruction of the subject-matter) oder (vorübergehend) nicht verfügbar ist243.244 Im letzteren Fall wird zum Teil ebenfalls von frustration of adventure gesprochen.245 Hier handelt es sich im Grunde um verschiedene Formen der Unmöglichkeit,246 die im englischen Recht ebenfalls zu einer gesamten Auflösung des Vertrags führen können.247 Während das deutsche und niederländische Recht die Befreiung von der Erfüllungspflicht und der Schadensersatzpflicht getrennt ermitteln, geht das englische Recht von einer einheitlichen Lehre aus. Bei frustration of purpose liegt grundsätzlich keine Unmöglichkeit vor.248 Vielmehr kann der Vertrag typischerweise wie vereinbart abgewickelt werden, 241 Siehe zur terminologischen Diskussion Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-046 ff. Siehe ferner McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-004 ff.; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  17 ff. 242  Siehe oben Kap.  3 A. III.1. (S.  116). 243  Vgl. bspw. Bank Line Ltd v Arthur Capel & Co [1919] AC 435 (HL) (Beschlagnahme eines gecharterten Schiffs; frustration des Chartervertrags). 244 Vgl. Joseph Constantine Steamship Line Ltd v Imperial Smelting Corp Ltd [1942] AC 154 (HL) (183). 245  Siehe etwa Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-047: „[frustration of adventure] refers to cases in which performance has not become permanently impossible, but has been merely affected by some temporary obstacles which are later removed“. Vgl. auch McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-006; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  19. Siehe ferner Admiral Shipping Co Ltd v Weidner, Hopkins & Co [1916] 1 KB 429 (KB) (436 f.): „The commercial frustration of an adventure by delay means […] the happening of some unforeseen delay without the fault of either party to a contract, of such a character as that by it the fulfilment of the contract in the only ways in which the fulfilment is contemplated and practicable is so inordinately postponed that its fulfilment when the delay is over will not accomplish the only object or objects that both parties to the contract must have known that each of them had in view at the time they made the contract, and for the accomplishment of which object of objects the contract was made“. 246  Vgl. Sec. 1 (1) Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943: „Where a contract governed by English law has become impossible of performance or been otherwise frustrated […]“ (Herv. QCL). 247  Siehe zur Gleichbehandlung beider Problematiken auch Zimmermann, AcP 193 (1993), 121 (142). 248 Vgl. Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-048; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  19.

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allerdings wäre eine solche ordnungsgemäße Durchführung aufgrund des unerwarteten Ereignisses für eine oder beide Vertragsparteien ungerecht.249 Trotz der weitreichenden historischen Wurzeln war frustration of contract in der Rechtsprechung lange Zeit von Unklarheiten umgeben.250 In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verfestigte sich insbesondere die folgende Definition: „frustration occurs whenever the law recognizes that without default of either party a contractual obligation has become incapable of being performed because the circumstances in which performance is called for would render it a thing radically different from that which was undertaken by the contract“.251

2. Abgrenzung a) Unverhältnismäßigkeit Treitel/Peel unterscheiden impracticability von frustration of purpose nach der Partei, die sich auf die Anwendbarkeit des jeweiligen Instituts beruft. Bei impracticability sei dies meistens der Schuldner der Sachleistung, der geltend mache, die Erbringung der Leistung sei ihm aufgrund des unerwarteten Ereignisses nicht länger zumutbar. Frustration of purpose hingegen werde zumeist von dem Gläubiger der Substanzleistung geltend gemacht, der für die Leistung nicht länger die ursprünglich geplante Verwendung habe.252 Das Fallmaterial zeigt jedoch, dass dies nicht zwingend der Fall sein muss. 249 Vgl. Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  112): „Since the purpose of the doctrine is to do justice, then its application cannot be divorced from considerations of justice“. Siehe auch Hirji Mulji v Cheong Yue Steamship Co Ltd [1926] AC 497 (PC) (510): „a special exception which justice demands“. 250 Vgl. Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (727): „It has often been pointed out that the description [of frustration of contract] vary from one case of high authority to another“. Siehe ausführlich auch McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  37 ff.; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-007. 251  Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (728 f.). Vgl. bspw. Pioneer Shipping Ltd v B. T. P. Tioxide Ltd [1982] AC 724 (HL) (751 f.). In der Entscheidung spricht das Gericht von „the now classic statement of the doctrine“, sodass „[i]t should therefore be unnecessary in future cases, where issues of frustration of contracts arise, to search back among the many earlier decisions in this branch of the law“. Vgl. auch National Carriers Ltd v Panalpina (Northern) Ltd [1981] AC 675 (HL) (688); J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA) (8). Siehe allerdings auch Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (238): „[Frustration] is simply this: if it should happen, in the course of carrying out a contract, that a fundamentally different situation arises for which the parties made no provision – so much so that it would not be just in the new situation to hold the bound to its terms – then the contract is at an end“. 252 Vgl. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  19-042.

C. Frustration of contract im englischen Recht

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b) Irrtum Das englische Recht unterscheidet zunächst nach unvorhergesehenen Ereignissen, die sich vor, und solchen, die sich nach Vertragsschluss ergeben. Haben die Parteien beim Vertragsschluss eine zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegende Tatsache nicht gekannt, liegt ein Fall des beiderseitigen Irrtums (common oder mutual mistake) vor.253 Ergeben sich nach Vertragsschluss Ereignisse, die die Parteien nicht vorgesehen haben, so kann u. U. die Doktrin der frustration zur Anwendung kommen.254 Das Merkmal für die Abgrenzung beider Lehren stellt demnach der Zeitpunkt des Eintritts des unerwarteten Ereignisses dar.255 II. Historischer Hintergrund Das englische Recht hat sich bei historischer Betrachtung seit jeher skeptisch gezeigt, wegen eines unvorhersehbaren oder unvorhergesehenen Ereignisses in den Vertrag einzugreifen.256 Vielmehr hat es sich auf den Standpunkt gestellt, die Parteien könnten für derartige Eventualitäten privatautonome Vorkehrungen treffen,257 bspw. durch das Aushandeln einer sog. force majeure- oder hard­shipKlausel258 oder einer Bedingung über die Genehmigung eines Bauvorhabens259. Grundsätzlich gilt: „The parties must, if they desire to be safeguarded against subsequent contingencies, provide for them in their agreement“.260

Der Anwendungsbereich der doctrine of frustration war deshalb in der alten Rechtsprechung äußerst beschränkt. Der Vertrag wurde vielmehr als eine Garantie verstanden, während der Ausschluss der Leistungspflicht im Falle eines bestimmten Leistungshindernisses im Zuge einer Freizeichnung zu vereinbaren war.261 Diese sog. Lehre der absoluten Verträge (absolute contracts), die auf die 253 Vgl.

Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  1-005 ff. McKendrick, Contract Law, S.  276 f.; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-002; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  1-005 ff. 255  Siehe zur Abgrenzung näher die Entscheidung Amalgamated Investment & Property Co Ltd v John Walker & Sons Ltd [1977] 1 WLR 164 (CA) (171 f.), in der das vertragsgegenständliche Gebäude mit dem Ziel des Umbaus gekauft, kurz nach dem Vertragsschluss allerdings unter Denkmalschutz gestellt wurde. 256 Vgl. Farnsworth, in: Zimmermann/Reimann, S.  899 (926 f.). 257 Vgl. McKendrick, Contract Law, S.  279. 258  Siehe dazu ausführlich McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  33 ff.; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-003. 259 Vgl. Amalgamated Investment & Property Co Ltd v John Walker & Sons Ltd [1977] 1 WLR 164 (CA) (173 ff.). 260  Walton Harvey Ltd v Walker and Homfrays Ltd [1931] 1 Ch 274 (CA) (282). 261 Vgl. Zimmermann, AcP 193 (1993), 121 (137 f.). 254 Vgl.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

Paradine v Jane-Entscheidung aus dem 17. Jahrhundert zurückgeht,262 wurde nach verbreiteter Ansicht in einer Reihe von Entscheidungen im Laufe des 19. Jahrhunderts aufgegeben.263 Grundlegend für die neuere englische Dogmatik der frustration of contract sind die sog. Krönungsfälle (coronation cases).264 III. Die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe 1. Coronation cases Den coronation cases liegt ein gemeinsames historisches Ereignis zugrunde, obwohl sich die davon betroffenen Vertragsverhältnisse zum Teil leicht unterscheiden. Zumeist hatten Personen mit dem Ziel des Zuschauens bei der Krönungszeremonie von Edward VII. Mietverträge geschlossen, während die Feierlichkeiten aufgrund der Krankheit des Königs vertagt wurden.265 Interessant sind insbesondere die Fälle, in denen der Vertrag vor der Absage der Krönung bereits geschlossen worden war und keine Klausel für das Eintreten einer entsprechenden Eventualität enthielt.266 In Krell v Henry handelte es sich um einen Vertrag über die Miete einer Wohnung für exakt die zwei Tage (und ohne Übernachtungsmöglichkeit), an denen die Krönungsumzüge des Königs hätten stattfinden sollen, obwohl im Vertrag nicht ausdrücklich auf die Krönung Bezug genommen wurde.267 In Herne Bay Steam Boat Co v Hutton hatte der Gläubiger ein Schiff mit dem gewerblichen Ziel gemietet, Gäste zu einer im Rahmen der Krönungszeremonie stattfindenden Flottenschau zu befördern sowie eine Rundfahrt durchzuführen.268 Die Ent-

262 

Paradine v Jane (1647) Aleyn 26. Siehe dazu McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-004; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-001 ff. 263  Vgl. grundlegend Taylor v Caldwell (1863) 3 B&S 826. Siehe auch Lorenz, in: Beatson/ Friedmann, S.  357; McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  42; McKendrick, Contract Law, S.  279 f.; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  3 ff. m. w. N.; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  2-022 ff. 264 Vgl. McKendrick, Contract Law, S.  281; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  7-006 ff. 265  Siehe zu den historischen Hintergründen aus rechtlicher Sicht ausführlich Treitel, Frus­ tration and Force Majeure, Rn.  7-006 ff. 266  Anders bspw. in Victoria Seats Agency v Paget (1902) 19 TLR 16 (KB). Hier hatten die Parteien das vorgesehene Datum des Umzugs oder andernfalls den Tag, an dem dieser stattfinden würde, vereinbart. Siehe zum Ganzen McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23033 f.; Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  7-006 ff. 267  Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA) (749). 268  Herne Bay Steam Boat Co v Hutton [1903] 2 KB 683 (CA).

C. Frustration of contract im englischen Recht

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scheidungen kommen, trotz vergleichbarer Sachverhalte, zu unterschiedlichen Ergebnissen.269 In der ersten Entscheidung untersucht das Gericht zunächst den Vertragsinhalt. „I think that you first have to ascertain, not necessarily from the terms of the contract, but if required, from necessary interferences, drawn from surrounding circumstances recognized by both contracting parties, what is the substance of the contract, and then to ask the question whether that substantial contract needs for its foundation the assumption of the existence of a particular state of things. If it does, this will limit the operation of the general words, and in such case, if the contract becomes impossible of performance by reason of the non-existence of the state of things assumed by both contracting parties as the foundation of the contract, there will be no breach of the contract thus limited.“ (Herv. QCL)270

Auch im englischen Recht wird letztlich zwischen Vertragsinhalt und Vertragsgrundlage differenziert. Erforderlich ist, dass Vorstellungen über die die Vertragsgrundlage bildenden Umstände bei beiden Parteien vorherrschen. „In each case one must ask oneself, first, what, having regard to all the circumstances, was the foundation of the contract? Secondly, was the performance of the contract prevented? Thirdly, was the event which prevented the performance of the contract of such a character that it cannot reasonably be said to have been in the contemplation of the parties at the date of the contract? If all these questions are answered in the affirmative […], I think both parties are discharged from further performance of the contract.“271

Im vorliegenden Fall, in dem das Vertragsverhältnis aufgrund einer Anzeige des Vermieters, in der die Wohnung für die Krönung angepriesen wurde, zustande gekommen war, war das Stattfinden des Umzugs in Verbindung mit der Lage der Wohnung letztlich Vertragsgrundlage, sodass beide Parteien von der Bindungswirkung des Vertrags befreit wurden.272 Im anderen Fall kam das Gericht hingegen zum Ergebnis, die Parteien seien trotz der Vertagung der Feierlichkeiten an den Vertrag weiterhin gebunden. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass der Vermieter des Schiffs letztlich nicht vertraglich das Risiko für das Stattfinden der Flottenschau übernommen hatte, sondern lediglich dazu verpflichtet war, das Schiff zur Verfügung zu stellen. Anders als im ersten Fall wies das Schiff überdies keinen besonderen Bezug zur Krönung auf.273 Dabei spielte ebenfalls eine Rolle, dass das Ziel des Vertrags nicht nur in der Fahrt zur Flottenschau, sondern auch in der Durchführung 269  Siehe zu beiden Fällen auch McKendrick, Contract Law, S.  281 f.; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-033 f. 270  Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA) (749). 271  Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA) (751). 272  Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA) (750): „regarded by both parties as the foundation of the contract“. 273 Vgl. Herne Bay Steam Boat Co v Hutton [1903] 2 KB 683 (CA) (689 ff.).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

eines Schiffsausflugs bestand; letzteres war trotz des Vertagens der Krönung weiterhin möglich.274 2. Weitere Fälle Die Dogmatik von frustration of contract blieb nach den coronation cases umstritten. Die Gerichte zogen unterschiedliche Begründung heran, die eine gewisse Ähnlichkeit zur kontinentaleuropäischen Entwicklung aufweisen. a) Entwicklung im 20. Jahrhundert aa) Implied condition und (hypothetischer) Parteiwille Entscheidungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bedienen sich überwiegend der Lehre der implied condition.275 Diese wird jedoch zunehmend mit dem Argument in Frage gestellt, die stillschweigende Bedingung sei „artificial and often fictitious in its operation“.276 Auch im englischen Recht besteht das Hauptargument gegen die implizite Bedingung somit letztlich in der Überlegung, dass die Parteien für Umstände, die nicht vorhergesehen wurden, keine – auch nicht eine implizite – Vorkehrung getroffen haben können.277 Bis in die 1950er Jahre wurde frustration of contract zuweilen ebenfalls als Ausprägung der (ergänzenden) Vertragsauslegung angesehen. Eine grundlegende Veränderung führte demnach dazu, dass die Geltung des Vertrags nicht länger als von dem Parteiwillen getragen angesehen wurde. Die neue Situation sei gewissermaßen nicht von dem Vertrag bedacht worden, sodass dieser nicht länger gelte. „If […] a consideration of the terms of the contract, in the light of the circumstances existing when it was made, shows that [the parties] never agreed to be bound in a fundamentally different situation which has now unexpectedly emerged, the contract ceases to bind at that point –

274 Vgl. Herne Bay Steam Boat Co v Hutton [1903] 2 KB 683 (CA) (689 und 692). Siehe auch Treitel, Frustration and Force Majeure, Rn.  7-013 f. 275  Vgl. etwa F. A. Tamplin S. S. Co Ltd v Anglo-Mexican Petroleum Products Co Ltd [1916] 2 AC 397 (HL) (403 ff.). Siehe auch McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-010. 276 So McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-011 m. w. N. 277 Vgl. Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (728): „[Prior case law] ascribes the dissolution to an implied term of the contract that was actually made. […] But there is something of a logical difficulty in seeing how the parties could even impliedly have provided for something which ex hypothesi they neither expected nor fore­saw; and the ascription of frustration to an implied term of the contract has been criticized as obscuring the true action of the court which consists in applying an objective rule of the law of contract to the contractual obligations that the parties have imposed upon themselves“.

C. Frustration of contract im englischen Recht

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not because the court in its discretion thinks it is just and reasonable to qualify the terms of the contract, but because on its true construction it does not apply to that situation.“ (Herv. QCL)278

bb) Radically different-Test Mit dieser Tradition wird in der Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council-Entscheidung gebrochen.279 Darin wird der auch von späteren Entscheidungen rezipierte radically different-Test eingeführt,280 der kurzweg danach fragt, ob die nach dem Eintreten des unerwarteten Ereignisses zu erbringende Leistung grundlegend von der vertraglich vereinbarten Leistung abweicht, also als radically different anzusehen ist. Der radically different-Test beinhaltet somit einen Vergleich von zwei Zeitpunkten, und zwar einem historischen sowie einem gegenwärtigen.281 „To see if the doctrine applies, you have first to construe the contract and see whether the parties have themselves provided for the situation that has arisen. If they have provided for it, the contract must govern. If they have not provided for it, then you have to compare the new situation with the situation for which they did provide. Then you must see how different it is. The fact that it has become more onerous or more expensive for one party than he thought is not sufficient to bring about a frustration. It must be more than merely onerous or more expensive. It must be positively unjust to hold the parties bound.“282

Deshalb ist vielmehr im Wege der Billigkeit durch das Gericht zu bestimmen, ob von frustration of contract die Rede ist,283 denn die Ermittlung des vermeintlichen Parteiwillens führt dazu,

278  British Movietonews Ltd v London and District Cinemas Ltd [1952] AC 166 (HL) (185). Vgl. auch Morgan v Manser [1948] 1 KB 184 (KB) (191): „If there is an event or change of circumstances which is so fundamental as to be regarded by the law as striking at the root of the contract as a whole, and as going beyond what was contemplated by the parties and such that to hold the parties to the contract would be to bind them to terms which they would not have made had they contemplated that event or those circumstances, then the contract is frustrated by that event“. 279 Vgl. Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (729). 280  Bspw. in Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (239); Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  112). 281  Siehe auch J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA) (9): „The doctrine of frustration depends on a comparison between circumstances as they are or are assumed to be when a contract is made and circumstances as they are when a contract is, or would be, due to be performed“. 282  Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (239 f.). 283  Vgl. auch Cartwright, ERPL 2009, 155 (160 Fn.  25).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

„that the parties themselves have become so far disembodied spirits that their actual persons should be allowed to rest in peace. In their place there rises the figure of the fair and reasonable man. And the spokesman of the fair and reasonable man, who represents no more than the anthropomorphic conception of justice, is and must be the court itself“.284

b) Multi-factorial approach Eine neuere Entscheidung stellt bei der Anwendung der frustration-Doktrin auf einen „multi-factorial approach“ ab,285 allerdings ohne den bisherigen Maßstab oder die Reichweite der Lehre grundlegend zu verändern286. Vielmehr ist der multi-factorial approach somit eine Ausgestaltung des radically different-Tests. In Rahmen dessen spielen verschiedene Gesichtspunkte eine Rolle, und zwar: „the terms of the contract itself, its matrix or context, the parties’ knowledge, expectations, assumptions and contemplations, in particular as to risk, as at the time of contract, at any rate so far as these can be ascribed mutually and objectively, and then the nature of the supervening event, and the parties’ reasonable and objectively ascertainable calculations as to the possibilities of future performance in the new circumstances“.287

c) Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency Eine aktuelle Entscheidung, die den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU betrifft, darf an dieser Stelle nicht unbesprochen bleiben.288 Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde.289 Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) – eine 1995 gegründete Agentur der EU mit Sitz in London290 – hatte im 284 

Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (728). Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  111). 286 Vgl. Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel)) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  111): „In such circumstances, the test of ‘radically different’ is important“. Vgl. McKendrick, Contract Law, S.  278; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-019. 287  Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  111). 288  Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch). Siehe dazu auch Weller/Schlürmann, in: FS Hopt, S.  1449 (1450 ff.); Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  19-044. 289 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  1 ff.). 290  Vgl. Verordnung (EWG) Nr.  2309/93 des Rates vom 22. Juli 1993 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln, ABl.EG L 214 v. 24.08.1993, S.  1; Verordnung (EG) Nr.  726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur, ABl. EG L 136 v. 30.04.2004, S.  1. 285 

C. Frustration of contract im englischen Recht

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Jahre 2014 mit der Klägerin einen auf 25 Jahre befristeten Mietvertrag über Büro­räumlichkeiten im Londoner Canary Wharf geschlossen. Nachdem sich die britische Bevölkerung gegen den Verbleib in der EU ausgesprochen hatte, teilte die EMA der Vermieterin mit, dass diese einen etwaigen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU als ein zur Vertragsauflösung führender Fall der frustration of contract betrachten wurde. Die EMA machte geltend, dass aufgrund primärrechtlicher Erwägungen keine Agenturen außerhalb der EU unterhalten werden könnten. Der Sitz der EMA wurde in der Zwischenzeit bereits nach Amsterdam verlegt.291 Die Vermieterin machte daraufhin im Rahmen einer negativen Feststellungsklage geltend, ein frustrating event in Gestalt des Brexit liege nicht vor. Das Gericht stellt zunächst klar, dass die Modalitäten der künftigen Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich während des Verfahrens weiterhin unklar waren.292 Demnach untersucht es zunächst, ob ein Fall von frustration of contract bei dem weitreichendsten Szenario eines zur damaligen Zeit noch ungewissen harten Brexit vorliegen würde. Nach einigen lesenswerten Ausführungen zur englischen Lehre der frustration of contract kommt das Gericht in Anlehnung an frühere Entscheidungen zum Ergebnis, dass der Maßstab letztlich im radically different-Test liege,293 der anhand des multi-factorial approach durchzuführen sei294. Gewichtige Gesichtspunkte sind im vorliegenden Fall insbesondere, dass die Parteien im Mietvertrag verschiedene Regelungen zur Untermiete und Vertragsübergang im Falle einer Verringerung des Kapazitätsbedarfs oder eines Umzugs der EMA vereinbart hatten. Der Brexit mag somit zwar unvorhersehbar gewesen sein, gleichwohl sei das vorliegende Ereignis vom Vertrag erfasst.295 Deshalb liege kein frustrating event vor und bleibe die EMA vertraglich gebunden.296 291  Art.  1 Verordnung (EU) 2018/1718 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.  726/2004 in Bezug auf den Sitz der Europäischen Arzneimittel-Agentur, ABl.EU L 291 v. 16.11.2018, S.  3. 292 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  16): „In an ideal world, I would consider the question of frustration of the Lease after it was clear which scenario pertained. But – for entirely understandable reasons – the parties seek clarity before 29 March 2019, and an expedited trial has been ordered on that basis. I cannot ‘wait and see’“. 293 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  27). 294 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  209 ff.). 295 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  239 ff.). 296 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  258 f.).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

IV. Bedeutung der Vorhersehbarkeit Für die Anwendung der doctrine of frustration ist grundsätzlich erforderlich, dass das nach Vertragsschluss eintretende Ereignis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unvorhersehbar gewesen ist.297 Zwei Entscheidungen mögen dies verdeutlichen. Nach der ägyptischen Nationalisierung des Suez-Kanals, aber bevor es zu dessen Sperrung kam, seien politische und militärische Schwierigkeiten, darunter auch die spätere Sperrung, bereits absehbar gewesen, sodass dadurch ein Chartervertrag trotz der längeren Fahrt nach Indien über den Kap der guten Hoffnung aufrechterhalten wurde.298 In einer Entscheidung, in der ein Musiker 1938 einen Managementvertrag geschlossen hatte, 1940 allerdings von der Armee eingezogen wurde, kam das Gericht hingegen zum Ergebnis, dieser Einzug sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar gewesen und der Vertrag sei deshalb aufzuheben.299 In einigen Entscheidungen ist die Bedeutung der Unvorhersehbarkeit allerdings in Frage gestellt worden. In einer älteren Entscheidung ist die Position vertreten worden, die Unvorhersehbarkeit sei vollkommen irrelevant. „It has frequently been said that the doctrine of frustration only applies when the new situation is ‘unforeseen’ or ‘unexpected’ or ‘uncontemplated’, as if that were an essential feature. But it is not so. The only thing that is essential is that the parties have made no provision for it in their contract. The only relevance of it being ‘unforeseen’ is this: If the parties did not foresee anything of the kind happening, you can readily infer they have made no provision for it: whereas, if they did foresee it, you would expect them to make provision for it.“300

Im EMA-Fall wird der Vorhersehbarkeit ebenfalls ein beschränkter, aber immerhin ein Wert beigemessen. „Foreseeability is […] no more than a factor to be taken into account. There will, no doubt, be many cases where something can be foreseen as a theoretical possibility, but where neither party can be criticised for failing to take it into account.“301

297 Vgl. McKendrick, Contract Law, S.  284.; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-059. 298 Vgl. Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (239 ff.). Siehe m. w. N. zu Fällen im Zuge der Suez-Krise McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-048; Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  19-032; Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  47 ff.; rechtsvergleichend auch Rösler, ERPL 2007, 483 (499 ff.). 299 Vgl. Morgan v Manser [1948] 1 KB 184 (KB) (186 und 192). 300  Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (239). Kritisch dazu McKendrick, Contract Law, S.  284. 301 Vgl. Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch) (Rn.  211).

C. Frustration of contract im englischen Recht

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Als Daumenregel ist in diesem Zusammenhang deshalb vorgeschlagen worden, dass je unvorhersehbarer das Ereignis ist, desto eher von frustration of contract die Rede sein kann.302 V. Rechtsfolge Liegt ein Fall von frustration of contract vor, so besteht die Rechtsfolge grundsätzlich darin, dass der Vertrag als beendet anzusehen ist und beide Parteien von ihren vertraglichen Pflichten entbunden werden (discharge).303 Diese Rechtsfolge tritt von Rechts wegen ein.304 Dies gilt auch dann, wenn die Parteien selbst den Vertrag nach Eintritt des Ereignisses zunächst nicht als beendet ansehen und die daraus stammenden Verpflichtungen weiterhin erfüllen.305 Eine Anpassung des Vertrags lehnt das englische Recht kategorisch ab. Diese kommt aus dem Grund nicht in Betracht, dass der Richter letztlich den Parteien den Inhalt des Vertrags diktieren würde. Dies wird im Hinblick auf die Vertragsfreiheit als problematisch angesehen.306 Das Schicksal etwaiger bereits erbrachter Leistungen bestimmt sich nunmehr nach dem Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943.307 Nach Sec. 1 (2) desselben308 gehen Zahlungspflichten aus dem Vertrag unter und können bereits 302  Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  127): „the less that an event, in its type and its impact, is foreseeable, the more likely it is to be a factor which, depending on other factors in the case, may lead on to frustration“. 303  J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA) (8): „The effect of frustration is to kill the contract and discharge the parties from further liability under it“. 304 Vgl. Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (723); J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA) (8); McKendrick, Contract Law, S.  286; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23071. 305 Vgl. Morgan v Manser [1948] 1 KB 184 (KB) (191): „the contract is frustrated by that event immediately and irrespective of the volition or the intention of the parties, or their knowledge as to that particular event, and this even although they have continued for a time to treat the contract as still subsisting“. 306 Vgl. etwa McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  44; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-071. 307  Siehe zur vorherigen Rechtslage nach dem common law insbesondere Fibrosa Spolka Akcyjna v Fairbairn Lawson Combe Barbour Ltd [1943] AC 32 (HL); McKendrick, Contract Law, S.  287; McKendrick, The Consequences of Frustration, in: McKendrick, S.  224 ff.; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-07; Siehe im Rahmen der coronation cases auch Blakeley v Muller [1903] 2 KB 760 Fn 5. 308  Sec. 1 (2) Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943: „(2) All sums paid or payable to any party in pursuance of the contract before the time when the parties were so discharged (in this Act referred to as “the time of discharge”) shall, in the

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

getätigte Zahlungen zurückgefordert werden.309 Der Schuldner der Substanzleistung kann allerdings unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls Erstattung bis zu Vertragsbeendigung getätigter Aufwendungen (incurred expenses) verlangen, sofern dies dem Gericht gerecht vorkommt. Der Gläubiger muss sich u. U. ebenfalls gewisse Gebrauchsvorteile anrechnen lassen (Sec. 1 (3) Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943).310 Für die Zwecke der Bestimmung der Höhe beider Posten enthält das Gesetz in Sec. 1 (4)–(6) zwar einige Kriterien, diese lassen dem Gericht allerdings große Ermessensspielraume.311 Wie dieses Ermessen auszuüben ist, ist im Einzelnen umstritten.312 Die Gerichte haben sich auf den Standpunkt gestellt, es komme auf die Erzielung sachgerechter Lösungen im Einzelfall an und Grundsätze oder Leitlinien verböten sich.313

D. Rechtsvergleichende Überlegungen I. Allgemeine Beobachtungen Die Institute der Veränderung vertragsrelevanter Umstände bewegen sich im Spannungsfeld zwischen der Aufrechterhaltung der Vertragstreue und der Erzielung sachgerechter Lösungen.314 Dies erfordert einerseits eine theoretische Ver-

case of sums so paid, be recoverable from him as money received by him for the use of the party by whom the sums were paid, and, in the case of sums so payable, cease to be so payable: Provided that, if the party to whom the sums were so paid or payable incurred expenses before the time of discharge in, or for the purpose of, the performance of the contract, the court may, if it considers it just to do so having regard to all the circumstances of the case, allow him to retain or, as the case may be, recover the whole or any part of the sums so paid or payable, not being an amount in excess of the expenses so incurred“. 309 Vgl. McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-076. 310 Vgl. McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-084 ff. 311  Vgl. etwa BP Exploration Co (Libya) v Hunt (No 2) [1983] 2 AC 352 (HL); Gamerco SA v ICM/Fair Warning (Agency) Ltd [1995] 1 WLR 1226 (QB) (1235 ff.). 312  Siehe näher McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-081. 313 Vgl. BP Exploration Co (Libya) v Hunt (No 2) [1981] 1 WLR 232 (CA) (238): „What is just is what the trial judge thinks is just. That being so, an appellate court is not entitled to interfere with his decision unless it is so plainly wrong that it cannot be just. The concept of what is just is not an absolute one. Opinions among right thinking people may, and probably will, differ as to what is just in a particular case. No one person enjoys the faculty of infallibility as to what is just. It is with these considerations in mind that we approach this case“. Siehe auch Gamerco SA v ICM/Fair Warning (Agency) Ltd [1995] 1 WLR 1226 (QB) (1237): „It is self-evident that any rigid rule is liable to produce injustice“. 314  Zimmermann, The Law of Obligations, S.  579 spricht in diesem Zusammenhang von „potentially [one of the] most dangerous […] inroads into pacta sunt servanda“.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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festigung der Eingriffsmöglichkeit zur Wahrung der Rechtssicherheit.315 Andererseits beschränkt eine solche Theoriebildung gerade die zur Erreichung gerechter Ergebnisse erforderliche Flexibilität.316 Auf die Rechtsunsicherheit, die durch das Widerstreiten der Vorhersehbarkeit richterlicher Lösungen und der Anwendung im Einzelfall verbleibt, wird in allen Rechtsordnungen hingewiesen.317 In Bezug auf das englische Recht schreibt McKendrick: „[u]ncertainty is […] inherent in the doctrine of frustration“.318

Und Köhler schreibt zum deutschen Recht: „Die Stärke der Lehre von der Geschäftsgrundlage liegt in ihrer Schwäche, nämlich in ihrer Unbestimmtheit, sowohl hinsichtlich des Tatbestands als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen“.319

In allen Rechtsordnungen ist das Institut der Veränderung vertragsrelevanter Umstände somit von einer gewissen Rechtsunsicherheit geprägt. Diese bezieht sich im englischen Recht in erster Linie darauf, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Doktrin von frustration vorliegen,320 denn als Rechtsfolge sieht das englische Recht lediglich die Auflösung, nicht aber die Anpassung des Vertrags vor. Gerade vor diesem Hintergrund wird im englischen Schrifttum die Notwendigkeit privatautonomer Vorkehrungen betont, und zwar sowohl auf Tatbestandsebene321 als auch hinsichtlich einer differenzierteren Ausgestaltung der Rechtsfolgen322. Auch die (ältere) Rechtsprechung hat sich vielfach mit diesem Argument beholfen und frustration of contract mangels einer vertraglichen Regelung abgelehnt. Dabei drängt sich allerdings eine gewisse Paradoxalität auf, denn die Daseinsberechtigung von frustration of contract liegt gerade darin, dass künftige Ereignisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar waren oder von den Parteien jedenfalls nicht vorhergesehen wurden, sodass es häufig bereits denklogisch nicht möglich ist, für die Veränderung der Umstände eine konkrete Vereinbarung zu treffen, während eine eher abstrakt gefasste hard­shipKlausel leicht ihr Ziel verfehlen kann.323 Mehr im Allgemeinen führt das Aus315 Vgl.

Rüfner, in: Jansen/Zimmermann, S.  900. Siehe zu diesem Spannungsverhältnis auch Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (137). 317  Dies betonend auch Rüfner, in: Jansen/Zimmermann, S.  909 f. 318 Vgl. McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  39. 319  Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (296); sich dem anschließend Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  162. 320 Vgl. McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  39: „[It is] very difficult to predict when the courts will invoke the doctrine“. 321 Vgl. McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  39 und 43. 322 Vgl. McKendrick, The Consequences of Frustration, in: McKendrick, S.  223. 323  Siehe etwa Hongkong Fir Shipping Co Ltd v Kawasaki Kisen Kaisha Ltd [1962] 2 QB 26 (CA) (65 f.): „The contract may itself expressly define some of these events, as in the can316 

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

handeln eines solchen vollständigen Vertrags, der für jegliche Eventualität eine Vereinbarung enthält, zu beachtlichen Transaktionskosten. Insgesamt scheint es deshalb in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung und weniger der Parteien zu sein, eine angemessene Regelung für den Fall der Veränderung der Umstände bereitzustellen. Im deutschen und niederländischen Recht kommen neben Unklarheiten auf tatbestandlicher Ebene – kritisiert wird insbesondere die mangelnde Praxistauglichkeit der von der Rechtsprechung verwendeten Formeln324 – weitere Unsicherheiten hinsichtlich der Rechtsfolgen hinzu. Diese beziehen sich zunächst auf die Wahl der beiden Rechtsfolgen der Anpassung oder der Aufhebung und im Falle der Anpassung ebenfalls auf deren Modalitäten. Obwohl sich das Institut der Veränderung vertragsrelevanter Umstände immer wieder Kritik ausgesetzt sieht, scheint dieses aus Sicht der jeweiligen Rechtsordnung in der Rechtspraxis grosso modo zu zufriedenstellenden Ergebnissen zu führen.325 Vorab kann bereits festgehalten werden, dass sich die praktische Relevanz der Institute in den hier untersuchten Rechtsordnungen erheblich unterscheidet.326 Insbesondere das englische Recht handhabt frustration of contract mit einer besonderen Restriktivität und hebt den Vertrag in den seltensten Fällen auf, denn die Lehre solle nicht als „an escape route for a party for whom the contract has simply become a bad bargain“ fungieren.327 Zwar werden unvorhergesehene Umstände in der niederländischen Gerichtspraxis mit erstaunlicher Häufigkeit cellation clause in a charterparty; but, human prescience being limited, it seldom does so exhaustively and often fails to do so at all“. Vgl. auch Hondius/Grigoleit, Introduction, in: Hondius/Grigoleit, S.  3 (4); Momberg, Contracteren 2011, 78 (83). 324 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  76 m. w. N.; Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  182 (185 f.); Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  63; Köhler in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (299); Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (135); a. A. Eidenmüller, Jura 2001, 824 (831): §  313 BGB enthalte „einen subsumtionsfähigen Tatbestand und klar bestimmte Rechtsfolgen“. 325  Siehe zum deutschen Recht etwa Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  182 (190): „Der BGH wird den insoweit bestehenden Gestaltungsspielraum wie bisher mit gutem Judiz und glücklicher Hand nutzen“; ferner Rösler, JuS 2005, 120 (125); Rösler, ERPL 2007, 483 (511). 326 Vgl. Rüfner, in: Jansen/Zimmermann, S.  909. 327  McKendrick, Contract Law, S.  277. Vgl. auch Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL) (715): „[The doctrine of frustration rests] on the impact of the law on a situation in which an unexpected event would make it unjust to hold parties to their bargain, [yet] in this aspect the doctrine has been, and must be, kept within very narrow limits“ (Herv. QCL); Pioneer Shipping Ltd v B. T. P. Tioxide Ltd (The Nema) [1982] AC 724 (HL) (752): „the doctrine [of frustration] is not lightly to be invoked to relieve contracting parties of the normal consequences of imprudent commercial bargains“; J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA) (8): „disappointed expectations do not of themselves give rise to frustrated contracts“. So auch Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ

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geltend gemacht, zur Anwendung des Art.  6:258 BW kommt es hingegen selten.328 Am großzügigsten scheint das deutsche Recht die Störung der Geschäftsgrundlage zu handhaben. II. Historische Entwicklung Was die historische Entwicklung des Instituts der Veränderung vertragsrelevanter Umstände anbelangt, so lässt sich in allen drei untersuchten Rechtsordnungen ein ähnlicher Verlauf beobachten.329 Dieser besteht im Wesentlichen darin, dass der Eingriff in den Vertrag wegen der gravierenden Veränderung der Umstände zunächst mithilfe einer impliziten Vertragsbedingung unterschiedlichen Inhalts begründet wurde. Im gemeinen Recht geht dies auf die clausula-Doktrin zurück, in England wird von einem implied term oder einer implied condition gesprochen.330 Von dieser Bedingungslehre verabschieden sich alle Rechtsordnungen im Grunde mit demselben Argument: Wenn der Eingriff in den Vertrag erst im Falle einer grundlegenden – unvorhersehbaren oder jedenfalls unvorhergesehenen – Veränderung der Umstände in Betracht kommen kann, so kann auch bei einer äußerst extensiven Auslegung des Vertrags nicht gesagt werden, die Parteien hätten das Ereignis bei Vertragsschluss bedacht und implizit geregelt. Dass Verträge stets unter der Bedingung gleichbleibender Verhältnisse geschlossen werden, ist ferner mindestens aus zwei Gründen bedenklich. Zum einen nimmt die Bedingungslehre die – in Ansehung der Zeit und der allgemeinen Lebenserfahrung unhaltbare – Unveränderlichkeit der Welt als Prämisse, zum anderen scheint es schlichtweg realitätsfern, dass ein Vertragsschluss unter dieser Bedingung dem Parteiwillen entspricht.331

547 (Rn.  110 ff.). Siehe auch McKendrick, Force Majeure and Frustration, in: McKendrick, S.  42; McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-003. 328  Vgl. etwa Hondius, Contracteren 2011, 86 (87 f. m. w. N.), der schlussfolgert, die Rechtsprechung sei sich des Ausnahmecharakters der imprévision-Vorschrift bewusst. Oosterhuis, in: Stijns/Jansen, S.  113 (119) geht sogar so weit, von totem Recht zu sprechen: „in judicial practice, the Dutch legal system is ‘closed’ after all: the remedy is virtually a dead letter“. Dies scheint freilich überzogen. 329 Vgl. Zimmermann, JZ 1995, 477 (486). 330 Vgl. Rüfner, in: Jansen/Zimmermann, S.  908; Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  77 ff. Siehe näher aus rechtsvergleichender Sicht zu implied terms im englischen Recht Schmidt-Kessel, ZVglRWiss 96 (1997), 101. 331 Siehe auch Hondius/Grigoleit, General comparative remarks, in: Hondius/Grigoleit, S.  643 (649): „‘conventional’ doctrine amounts to concealing the essential equitable conflict between the (flawless but silent) contract and the extrinsic effect caused by the unexpected event“.

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Vielmehr wächst das Bewusstsein, dass eine solche Veränderung jenseits der Vorstellungen der Parteien liegt und eine Auflösung oder Änderung des Vertragsverhältnisses gerade erst dann in Betracht kommen kann, wenn die Parteien keine vertraglichen Vorkehrungen für die eingetretene Veränderung getroffen haben.332 Der Eingriff in den Vertrag wird somit im Laufe der Zeit mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gerechtfertigt. In Deutschland und den Niederlanden stehen bei den vormals unter dem Begriff der clausula diskutierten Fälle ab etwa dem Ende des 19. Jahrhunderts und insbesondere in den 1920er und 1930er Jahre Billigkeitserwägungen im Vordergrund.333 Im späteren BW finden diese sogar ausdrücklich Erwähnung. Auch das englische Recht, das einen das gesamte Vertrags- oder gar Zivilrecht überspannenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht kennt,334 stellt in der Nachkriegszeit letztlich auf die Figur eines „fair and reasonable man“ ab und hält die Lehre von der impliziten Bedingung nicht länger für überzeugend. III. Die Kriterien im Einzelnen 1. Kernkriterium Im deutsch-niederländischen Vergleich ist zunächst auffällig, dass das Kernkriterium der Störung der Geschäftsgrundlage bzw. der imprévision von einer spiegelbildlichen Perspektive ausgeht: Während das deutsche Recht danach fragt, ob das Festhalten am unveränderten Vertrag dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, kommt es im niederländischen Recht darauf an, dass der Gläubiger das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht erwarten darf. Aus diesen unterschiedlichen Formulierungen dürften sich allerdings keine praktischen Unter332  Vgl.

(6).

333 

im Allgemeinen auch Hondius/Grigoleit, Introduction, in: Hondius/Grigoleit, S.  3

In dieser Zeit entwickelte die englische Rechtsprechung die Figur der implied condition für die Zwecke der Veränderung vertragsrelevanter Umstände gerade erst. Vgl. Meijers, in: Bibliographie, S.  297 (301). 334 Vgl. Interfoto Picture Library Ltd v Stiletto Visual Programmes Ltd [1989] QB 433 (CA) (439): „In many civil law systems, and perhaps in most legal systems outside the common law world, the law of obligations recognises and enforces an overriding principle that in making and carrying out contracts parties should act in good faith. […] English law has, characteristically, committed itself to no such overriding principle but has developed piecemeal solutions in response to demonstrated problems of unfairness“. Vgl. auch Yam Seng Pte Ltd v International Trade Corp Ltd [2013] EWHC 111 (QB) (Rn.  120 ff.); Mid Essex Hospital Services NHS Trust v Compass Group UK and Ireland Ltd [2013] EWCA Civ 200 (Rn.  105); MSC Mediterranean Shipping Co v Cottonex Anstalt [2016] EWCA Civ 789 (Rn.  45). Siehe ferner etwa Cartwright, ERPL 2009, 155 ff.; näher aus rechtsvergleichender Sicht auch Schmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  124 ff.

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schiede ergeben, denn hinsichtlich des Ausgangspunkts stimmen die Rechtsordnungen überein: Dasjenige, das dem Schuldner zugemutet werden kann bzw. der Gläubiger erwarten darf, ist in erster Linie, dass die Leistung vertragsgetreu erbracht wird. Im englischen Recht kommt eine Auflösung des Vertrags in Betracht, wenn das radically different-Kriterium erfüllt ist, also etwa dann, wenn sich die unter den veränderten Umständen zu erbringende Leistung radikal von der Leistung unterscheidet, die die Parteien bei Vertragsschluss vor Augen hatten. Dies erinnert an den frühen Maßstab des Reichsgerichts, wonach „die Erfüllung des Vertrags unter solchen Umständen stattfinden müßte, daß sie dem, was die Beteiligten vernünftigerweise beabsichtigt haben, nicht mehr entsprechen würde“.335 Auch das englische Rechtsprechungskriterium, wonach „[i]t must be positively unjust to hold the parties bound“,336 weist eine ins Auge springende Ähnlichkeit zur älteren und strikteren Rechtsprechung des BGH auf, nach der mithilfe der Störung der Geschäftsgrundlage lediglich „mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbare […] Ergebnisse“337 vermieden werden sollten. 2. Gesichtspunkte In allen Rechtsordnungen wird bei der Veränderung vertragsrelevanter Umstände letztlich eine möglichst umfassende Bewertung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen, wie dies insbesondere das deutsche Recht in §  313 BGB und das englische Recht mit dem multi-factorial approach und der matrix of facts zum Ausdruck bringen. Im Grunde besteht der ultimative Zweck des Instituts der Veränderung vertragsrelevanter Umstände darin, ein Risiko, für dessen Verwirklichung die Parteien keine vertraglichen Vorkehrungen getroffen haben, das sich allerdings gleichwohl materialisiert hat, der einen oder anderen Partei zuzuweisen.338 Das Institut verfolgt somit das Ziel der Risikoverteilung. Dass diese in erster Linie anhand der vertraglichen oder gesetzlichen Risikozuweisung oder allgemeiner Rechtsgrundsätze zu erfolgen hat, kann somit nicht verwundern339 und ist in der Tat in allen hier untersuchten Rechtsordnungen anerkannt.

335 

RG, Urt. v. 08.07.1920 – III 89/20, RGZ 99, 258 (259). Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA) (239 f.). 337  BGH, Urt. v. 11.7.1958 – VIII ZR 96/57, NJW 1958, 1772; ähnlich BGH, Urt. v. 29.09.1961 – V ZR 136/60, NJW 1962, 29 (30). 338 Ähnlich Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (299 f.). 339  Vgl. auch Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (136). 336 

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

3. Unvorhergesehenheit und Unvorhersehbarkeit In allen hier untersuchten Rechtsordnungen kann aus dem Umstand, dass die Parteien ein Risiko positiv vorhergesehen haben, geschlussfolgert werden, dass dieses zum Vertragsinhalt geworden ist, sodass ein Eingriff in den Vertrag ausscheidet. Im Umkehrschluss ist somit stets eine Unvorhergesehenheit des Risikos erforderlich, wie insbesondere das niederländische BW in Art.  6:258 ausdrücklich klarstellt. Das englische Recht scheint der Unvorhersehbarkeit auf den ersten Blick weniger Bedeutung beizumessen. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Vorhersehbarkeit eines Risikos in Anbetracht der restriktiven Handhabung der Lehre der frustration und des verbreiteten Verweises der Parteien auf privatautonome Regelungen ein Einschreiten des Gerichts in aller Regel ausschließt.340 Praktisch lässt sich allerdings häufig schwer rekonstruieren, ob ein Risiko zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich vorhergesehen wurde. Aus diesem Grund ist vielfach im Wege einer objektiven Betrachtung zu ermitteln, ob ein bestimmtes Risiko vorhersehbar gewesen ist. Zwar findet die Vorhersehbarkeit in keiner der Rechtsordnungen Erwähnung – der deutsche Gesetzgeber hat darauf sogar bewusst verzichtet –, gleichwohl gehört diese in praktischer Hinsicht zu den wichtigeren Gesichtspunkten. Denn war ein Risiko zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhersehbar, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dieses berücksichtigt und im Vertrag abgegolten wurde. Dies wiederum schließt eine Anwendung des jeweiligen Instituts typischerweise aus. Fraglich und umstritten ist insbesondere im deutschen und englischen Recht allerdings, ob die Vorhersehbarkeit konkret-subjektiv oder abstrakt-objektiv zu bestimmen ist. Während es nach einer Ansicht auf eine „konkret-individuelle“ Vorhersehbarkeit ankommt,341 hat das OLG Stuttgart die Voraussehbarkeit einer Trennung des Ehebands wegen der derzeitigen Scheidungsquote bejaht342 und damit ein wohl eher abstraktes Verständnis des Merkmals der Vorhersehbarkeit an den Tag gelegt.343 Auch im englischen Recht wird überwiegend dafür plädiert, frustration of contract nur für solche Ereignisse auszuschließen, die „any person of ordinary intelligence would regard as likely to occur“.344 340 Vgl. auch Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  115 ff. 341  Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  74. So auch Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  84. 342  OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.02.2012 – 16 UF 249/11, FamRZ 2012, 1595 f. 343  Für beide Formen der Erkennbarkeit Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  74. 344  Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  19-085. Vgl. auch McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-016 und 23-060. Siehe aus rechtsvergleichender Sicht auch Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  121 f.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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Vorzugswürdig erscheint eine Zwischenlösung, nach der die Vorhersehbarkeit konkret-objektiv zu bestimmen ist. Zum einen sprechen die besseren Gründe für die grundsätzliche Beurteilung der Vorhersehbarkeit aus Sicht eines objektiven Dritten.345 Denn ist ein Risiko objektiv vorhersehbar, so ist es selten sachgerecht, die Unbedachtheit der Parteien durch richterliche Intervention auszugleichen. Wie stets bei einer solchen objektivierten Betrachtungsweise verbirgt sich hinter der Objektivierung die eigentliche Frage nach der Qualität und Erkenntnisfähigkeit des objektiven Dritten. Hier ist zum anderen auf konkret vorhersehbare Risiken abzustellen. Maßgeblich ist somit etwa, ob das Risiko für eine dem jeweiligen Verkehrskreis der Parteien angehörende Person konkret vorhersehbar gewesen wäre, wobei auch etwaiges Sonderwissen der Parteien berücksichtigt werden könnte. Dem englischen Recht ist darin beizupflichten, dass an die Vorhersehbarkeit keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen, denn „[i]n a sense, most events are to a greater of lesser degree foreseeable. That does not mean that they cannot lead to frustration“.346

4. Zeitpunkt der Veränderung der Umstände Im niederländischen und englischen Recht stellt der Zeitpunkt des Eintritts der Veränderung der Umstände das Merkmal für die Abgrenzung zwischen dem Irrtumsrecht und der imprévision bzw. frustration of contract dar. Die Anwendbarkeit der letzten beiden Institute setzt voraus, dass sich die Veränderung der Umstände erst nach Vertragsschluss ergibt. Dementgegen erfasst §  313 BGB nicht nur diese, sondern auch die Fälle der sich als falsch herausstellenden wesentlichen Vorstellungen (§  313 Abs.  2 BGB). In dieser Vorverlagerung des maßgeblichen Zeitpunkts liegt dem ersten Anschein nach eine Besonderheit des deutschen Rechts im Vergleich zu den anderen beiden Rechtsordnungen.347 Zu bedenken ist allerdings, dass das deutsche Recht im Unterschied zum niederländischen (vgl. Art.  6:228 Abs.  1 lit.  c BW)348 und englischen Recht, wenn auch in sehr engen Grenzen,349 keine Anfechtung wegen beiderseitiger Motivirrtümer zu345 

So auch Momberg, Contracteren 2011, 78 (81). Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547 (Rn.  127). 347  Dies hervorhebend Rösler, ERPL 2007, 483 (505): „That German law thereby also covers the initial absence of the subjective basis of the contract, is a major peculiarity of German hardship law, which is not followed by the other domestic laws and the international instruments analyzed here“. Vgl. auch Cashin-Ritaine, in: JbJZivRWiss 2001, S.  85 (94). 348  Siehe auch oben Kap.  5 B. II.1. (S.  190). 349 Vgl. Treitel/Peel, The Law of Contract, Rn.  8-003. Siehe ferner etwa Great Peace Shipping Ltd v Tsavliris Salvage (International) Ltd [2002] EWCA Civ 1407. 346 

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lässt und diese Lücke insoweit durch §  313 BGB schließt.350 Im niederländischen Recht scheidet eine Anfechtung wegen Irrtums über rein künftige Umstände zwar aus, derartige Umstände sind u. U. aber wiederum von der imprévision-Norm erfasst. Hinzukommt, dass die Irrtumsanfechtung und imprévision insoweit näher als im deutschen Recht351 miteinander verwandt sind,352 als auch das niederländische Irrtumsrecht eine Anpassungsmöglichkeit vorsieht und eine Anfechtung wegen Irrtums – wiederum im Unterschied zum deutschen Recht – grundsätzlich keine Schadensersatzansprüche des Anfechtungsgegners gegen den Anfechtenden auslöst. Vor dem Hintergrund des Zusammenspiels zwischen Irrtumsanfechtung und Störung der Geschäftsgrundlage bzw. imprévision lassen sich schwer Fälle herausbilden, die nach niederländischem Recht anders zu behandeln wären. In Bezug auf das englische Recht sei auf weitere Krönungsfälle hingewiesen, in denen die Parteien den Vertrag – ohne Kenntnis dieses Umstands – nach der Absage der Krönungsumzüge, also etwa im Zeitfenster zwischen der Entscheidung über das Ausfallen und der öffentlichen Verbreitung dieser Nachricht, geschlossen hatten. Rechtsvergleichend betrachtet handelt es sich dabei also um eine Fehlvorstellung i. S. d. deutschen Rechts. Die englischen Gerichte stellten hier die Nichtigkeit der Verträge fest353 und kamen somit zu keinem anderen Ergebnis, als das deutsche Recht anhand der Störung der Geschäftsgrundlage gekommen wäre. IV. Rechtsfolgen 1. Allgemein Einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen dem englischen Recht einerseits und dem deutschen354 und niederländischen Recht andererseits liegt darin, 350 Vgl. Hondius/Grigoleit, General comparative remarks, in: Hondius/Grigoleit, S.  643 (651): „[the application of] doctrines on unexpected circumstances in cases of mistake as to pre-existing factors […] can mainly be explained by certain deficiencies in [the] respective law of mistake“. Kritisch zum deutschen Recht Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (142 und 147). 351  Im deutschen Recht kommt die Anfechtung nur dann nicht in Betracht, wenn sich der Anfechtungsgegner bereiterklärt, den Vertrag mit dem vom Erklärenden gewollten Inhalt gelten zu lassen. Denn würde der Erklärende gleichwohl auf die Anfechtung bestehen, könnte diesem widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, sodass eine Anfechtung rechtsmissbräuchlich wäre (§  242 BGB). Vgl. etwa Armbrüster, in: MüKoBGB, §  119 Rn.  156 m. w. N.; Neuner, BGB AT, §  41 Rn.  153. Gemäß Art.  6:230 Abs.  1 BW ist jedoch lediglich erforderlich, dass der Anpassungsvorschlag den Nachteil des Erklärenden in hinreichender Weise aufhebt. 352  Dies betonend auch Hondius/Grigoleit, General comparative remarks, in: Hondius/Grigoleit, S.  643 (651 f.). 353 Vgl. Clark v Lindsay (1903) 19 TLR 202 (KB); Griffith v Brymer (1903) 19 TLR 434 (KB). 354  Vgl. auch Zimmermann, AcP 193 (1993), 121 (137).

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dass das englische Recht als Rechtsfolge lediglich die Aufhebung des Vertrags vorsieht, die von Rechts wegen eintritt355. Der Vertrag wird in der Rechtsprechung gewissermaßen zu Fall gebracht; bereits erbrachte Leistungen werden nicht rückabgewickelt, alle noch ausstehenden Leistungspflichten entfallen. Für bereits erbrachte Leistungen hat der Gesetzgeber mit dem Law Reform (Frustrated Contracts) Act 1943 einen Rahmen für sachgerechtere Lösungen geschaffen.356 Das Gesetz sieht im Grunde entsprechend dem deutschen und niederländischen Recht eine Rückabwicklung des Vertrags vor und lässt dem Richter dabei beachtliche Ermessensspielräume.357 Eine Anpassung des Vertrags an die veränderten Umstände kommt aus Gründen der Vertragsfreiheit nicht in Betracht. Eine Vergleichbarkeit der Rechtsordnungen bezieht sich im Verhältnis zum englischen Recht somit höchstens auf das Ob des Eingriffs und weniger auf die Rechtsfolgen.358 Die Skepsis des englischen Rechts gegenüber einer richterlichen Neuordnung der vertraglichen Rechte und Pflichten ist nicht ganz unbegründet.359 Das dogmatische Argument, eine Anpassung stelle einen weitreichenden Eingriff in die Vertragsfreiheit dar, kann, ganz im Gegenteil, ebenfalls im deutschen und niederländischen Recht eine gewisse Validität für sich beanspruchen, wie insbesondere der Blick auf die Äquivalenzstörungen prägnant zeigt. Beide Rechtsordnungen lehnen eine iustum pretium-Prüfung durch das Gericht grundsätzlich ab, denn es sei gerade nicht Aufgabe des Richters, sondern der Parteien, durch den Vertrag eine Austauschgerechtigkeit herzustellen.360 Trotz dieser dogmatischen Einwände ist festzuhalten, dass die Anpassung in vielen Fällen flexiblere, pragmatischere und auch sachgerechtere Lösungen als eine bloße Aufhebung des Vertrags („alles oder nichts“) ermöglicht.361 So scheint in den Krönungsfällen wenig gegen eine dahingehende Anpassung des 355 Vgl. auch Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  47 f. 356 Vgl. auch Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, S.  48 ff. 357  Vgl. auch Hondius/Grigoleit, Introduction, in: Hondius/Grigoleit, S.  3 (11). 358 Vgl. auch Hondius/Grigoleit, General comparative remarks, in: Hondius/Grigoleit, S.  643 (644). 359  Vgl. auch Riesenhuber, BB 2004, 2697 (2701). 360  Siehe zum deutschen Recht in diesem Zusammenhang etwa Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  89; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  50; zum niederländischen Recht HR 19.09.1997, NJ 1998, 6 (Assoud/De Nationale Sporttotalisator), Rn.  3.4.2; Parl. Gesch. Invoering Boeken 3, 5 en 6 BW, S.  1521; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  468; zu den historischen Hintergründen Zimmermann, The Law of Obligations, S.  255 ff. 361 Vgl. Hondius/Grigoleit, Introduction, in: Hondius/Grigoleit, S.  3 (8 ff.); Hondius/Grigoleit, General comparative remarks, in: Hondius/Grigoleit, S.  643 (652); Rösler, ERPL 2007, 483 (507); Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  448.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

Vertrags zu sprechen, dass die vertragsgegenständlichen Räumlichkeiten an dem Tag der nachgeholten Umzüge zur Verfügung gestellt hätten werden müssen.362 2. Hierarchisches Verhältnis von Anpassung und Aufhebung Das deutsche sieht im Gegensatz zum niederländischen Recht ein Rangverhältnis der Rechtsfolgen vor. Zunächst ist eine Anpassung des Vertrags in Erwägung zu ziehen; erst wenn diese unmöglich oder einem Teil unzumutbar ist, kommt als „ultima ratio“ (Herv. im Orig.) eine Aufhebung des Vertrags in Betracht.363 Dieses Stufenverhältnis der Rechtsfolgen, das bereits vor der Schuldrechtsreform allgemein anerkannt war,364 „beruht auf dem Gedanken, dass die Auflösung eines Vertrags tiefer in die Privatautonomie eingreift als dessen Anpassung“.365 Es wird auch vom „Prinzip des ‚schonendsten Eingriffs‘“ gesprochen.366 Bei der Wahl der Rechtsfolge kommen dem niederländischen Richter hingegen große Ermessensspielräume zu; eine Rangordnung existiert nicht. Obwohl die hM in Deutschland von der Subsidiarität der Aufhebung ausgeht,367 ist das Verhältnis der Anpassung zur Aufhebung auch im deutschen Recht nicht unumstritten. Für die hM sprechen zunächst zwei Argumente, und zwar ein gesetzeshistorisches sowie der Wortlaut des §  313 Abs.  3 BGB. Zum Teil wird aber auch argumentiert, beide Rechtsfolgen seien gleichrangig.368 Gegen den Vorrang der Anpassung spricht allerdings, dass von einer Aufrechterhaltung des Vertrags durch Anpassung – was wiederum eher dem Grundsatz der Vertragstreue entspräche – gar nicht die Rede ist, sondern dass diese „in Wahrheit Ausdruck richterlicher Vertragsumgestaltung ist“.369 Nimmt man den hypothetischen Parteiwillen als Ausgangspunkt, ließe sich der Vorrang der Anpassung immerhin rechtfertigen, wenn die Parteien eine solche typischerweise vorziehen würden. Dass dies zuweilen zutrifft, mag zwar sein, leuchtet jedoch in dieser 362 

So auch etwa Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  42. Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  35. 364  Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 31.01.1967 – V ZR 125/65, NJW 1967, 721 (722); BGH, Urt. v. 08.02.1984 – VIII ZR 254/82, NJW 1984, 1746 (1747). Vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S.  176 r. Sp.; Huber, in: Huber/Faust, 9. Kap. Rn.  9. 365  BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (375 Rn.  27). Vgl. auch Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  32. 366  Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (307). 367  Siehe oben Kap.  5 A. V. (S.  183). 368  Vgl. etwa Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  174 f.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  105 m. w. N.; Nauen, Leistungserschwerung und Zweckvereitelung im Schuldverhältnis, S.  123. 369  Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (308). Siehe ferner auch Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  102; insbesondere Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S.  269 f.; Lobinger, GPR 2008, 262 (267). 363 

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Allgemeinheit nicht ein.370 Auch der BGH hat mittlerweile gewisse Einschränkungen des Vorrangs der Anpassung zugelassen, wenn auch nur für den Fall, in dem „beiden Parteien nicht (mehr) an einer Aufrechterhaltung des Vertrags gelegen ist“.371 Insgesamt sprechen die besseren Gründe dafür, die im Einzelfall zu treffende Entscheidung über die sachgerechteste Rechtsfolge dem Gericht zu überlassen. Bereits de lege lata lässt sich die Bedeutung des Vorrangs der Anpassung praktisch dadurch reduzieren, dass im Rahmen der Unzumutbarkeitsprüfung des §  313 Abs.  3 BGB danach gefragt wird, ob die Parteien im Falle der eingetretenen Veränderung der Umstände den Vertrag überhaupt geschlossen hätten.372 Bejahendenfalls sind anhand des hypothetischen Parteiwillens die Vertragskonditionen zu ermitteln und ist der Vertrag dementsprechend anzupassen. Hätten die Parteien den Vertrag jedoch nicht geschlossen, so scheidet eine Anpassung aus und ist der Vertrag aufzuheben.373 Zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen. Hat zum einen etwa der Vermieter in den Krönungsfällen den Vertrag geschlossen, weil dieser die Wohnung während der Umzüge aufgrund eines längeren Auslandsaufenthalts ohnehin nicht benötigt, kommt eine dahingehende Anpassung, dass der Vertrag stattdessen am Tag der Nachholung zu erfüllen ist, nicht in Betracht, wenn der Vermieter bereits von seiner Reise heimgekehrt ist. Meidet der Vermieter als überzeugter Republikaner generell Krönungsumzüge, kann der Vertrag grundsätzlich angepasst werden. Zum anderen kann auf den vom Reichsgericht judizierten Altmetall-Fall hinwiesen werden.374 Hier hatten die Parteien einen Kaufvertrag über ein Altmetalllager geschlossen, das in Wahrheit doppelt so viel wog, als von den Parteien angenommen wurde. Hier kommt als Anpassung entweder die Abnahme des halben Bestands zum gleichen Preis oder die Abnahme des ganzen Bestands zum doppelten Preis in Betracht. Steht fest, dass der Käufer nicht zum Vertragsschluss zum doppelten Preis bereit gewesen wäre, während dem Verkäufer daran gelegen war, den Gesamtbestand im Wege eines einzigen Vertrags zu veräußern, so scheiden beide Anpassungsmöglichkeiten aus und muss der Vertrag aufgehoben werden.375 370 Vgl.

Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  105. BGH, Urt. v. 30.9.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (375 Rn.  27). 372  Ähnlich etwa Hau, Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag, S.  249 f. 373  Ähnlich etwa Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  174 f.; Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  105; Peer, in: JbJZivRWiss 2001, S.  61 (77 f.). 374 Vgl. RG, Urt. v. 23.05.1917 – I 74/17, RGZ 90, 268. Dabei handelte es sich allerdings um einen Fall der Irrtumsanfechtung. Siehe dazu ausführlich Medicus, in: FS Flume, S.  629 (638 f.). 375  So im Ergebnis auch Medicus, in: FS Flume, S.  629 (639); Wieling, Jura 1985, 505 (509). 371 

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3. Anpassung ipso iure oder durch konstitutive Gerichtsentscheidung Ein weiterer Unterschied in Bezug auf die Rechtsfolgen betrifft die Frage, ob die Rechtsfolgen des Instituts der Veränderung vertragsrelevanter Umstände von Rechts wegen eintreten oder erst durch eine konstitutive Entscheidung eines Gerichts herbeigeführt werden. Sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden bedarf es nach hM einer konstitutiven richterlichen Entscheidung zur Vertragsanpassung. Anders war dies noch nach den in der Rechtsprechung von vor der Schuldrechtsreform entwickelten Grundsätzen, nach denen die Anpassung ipso iure erfolgte.376 Das Gerichturteil war somit lediglich deklaratorischer Natur, sodass „die Vertragsanpassung nach §  242 BGB ein Akt der Rechtsfindung und keine Rechtsgestaltung ist, weil auch hier das richterliche Urteil nicht die rechtlichen Beziehungen der Parteien neu schafft, sondern bloß ausspricht, welche Umgestaltung die bestehenden Rechtsbeziehungen durch die Veränderung der Umstände nach Treu und Glauben erlitten haben“.377

Im niederländischen Recht besteht der lex specialis-Charakter der imprévision im Verhältnis zur allgemeinen Treu und Glauben-Norm gerade darin, dass die Rechtsfolgen der imprévision nicht von Rechts wegen eintreten. Im Gegensatz dazu geht das englische Recht weiterhin von einer solchen Aufhebung von Rechts wegen aus. Die Unterscheidung hat insbesondere eine prozessuale Dimension, da sich eine konkrete Antragstellung wegen der Vielzahl möglicher Rechtsfolgen praktisch häufig schwer formulieren lässt.378 Vor dem Hintergrund der Dispositionsmaxime gewinnt der Unterschied zudem an Bedeutung: Treten nämlich die Rechtsfolgen erst durch ein konstitutives Urteil ein, so hat sich der Richter in erster Linie an den Anträgen der Parteien zu orientieren, während weiterreichende Anpassungsvarianten nicht ohne Überschreitung der Grenzen des Parteistreits in Betracht kommen. Treten die Rechtsfolgen hingegen ipso iure ein, scheint dem Richter auf den ersten Blick eine größere Bandbreite an Anpassungsoptio376  Vgl. bspw. BGH, Urt. v. 21.11.1968 – VII ZR 89/66, NJW 1969, 233; BGH, Urt. v. 30.03.1984 – V ZR 119/83, NJW 1985, 126 (127). Siehe auch Neuner, BGB AT, §  42 Rn.  32; Riesenhuber, BB 2004, 2697 (2698). Für die Vertragsauflösung bedurfte und bedarf es hingegen einer Gestaltungserklärung der benachteiligten Partei. Vgl. BGH, Urt. v. 12.06.1987 – V ZR 91/86, NJW 1987, 2674 (2676); BGH, Urt. v. 22.01.1993 – V ZR 165/91, NJW 1993, 1641 (1642). Siehe auch Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  183 (190 ff.); Loyal, NJW 2013, 417 f.; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  30. 377  BGH, Urt. v. 19.11.1971 – V ZR 103/69, NJW 1972, 152 (153); BGH, Urt. v. 04.07.1996 – I ZR 101/94, NJW 1997, 320 (324). 378 Vgl. Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (325 f.), der auf das Risiko hinweist, dass die antragstellende Partei „nicht die ‚richtige‘ kraft Gesetzes eintretende Anpassung erkennt“; ähnlich Riesenhuber, BB 2004, 2697 (2698).

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nen offen zu stehen. Bei näherer Betrachtung ist allerdings zu bedenken, dass nicht nur der Kläger selbst Anpassungsvorschläge unterbreiten kann oder muss,379 sondern auch der Richter bereits nach altem Recht „die nach seiner Auffassung in Betracht kommenden Lösungen mit den Parteien […] erörtern und ihnen Gelegenheit geben [muss], sachdienliche, das heißt auf die ihnen eröffneten Lösungsmöglichkeiten abgestimmte Anträge zu stellen (§  139 ZPO)“.380 Ein Nachteil der richterlichen Gestaltungslösung ist wiederum, dass der Schuldner, der nicht einvernehmlich zur Anpassung bereit ist, Verzögerungstaktiken anwenden und bis zum Urteil nicht mit der Erbringung der angepassten Leistung in Verzug geraten kann.381 Diese Problematik hat der BGH u. a. durch die Konstruktion eines echten Anspruchs auf Vertragsanpassung versucht zu beheben.382 V. Nachverhandlungspflicht Eines der kontroversesten Themen in der neueren (rechtsvergleichenden) Literatur hinsichtlich des Instituts der Veränderung vertragsrelevanter Umstände ist die (In-)Existenz einer Nachverhandlungspflicht.383 Dabei geht es im Allgemeinen darum, ob die von der Veränderung der Umstände betroffene Partei gegen den anderen Teil einen Anspruch darauf hat, eine einvernehmliche Vertragsanpassung zu erzielen. Ein derartiger Anspruch kann etwa Pflichten zur konstruktiven Verhandlungsführung oder gar Pflichten zur Zustimmung zu sachgerechten Anpassungsvorschlägen beinhalten.384 Wie bereits erwähnt, hat der BGH eine solche vertragliche Pflicht zur Mitwirkung an der Anpassung angenommen.385 Lässt sich die andere Partei auf einen fairen Anpassungsvorschlag nicht ein, so macht sich diese nach §§  280 Abs.  1 und 2, 286 BGB schadensersatzpflichtig.386 Im deutschen Schrifttum wird ein derartiger Anspruch auf Nachverhandlung je379 Vgl.

Wieser, JZ 2004, 654. BGH, Urt. v. 14.10.1977 – V ZR 253/74, NJW 1978 695. Vgl. auch Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (326). 381 Vgl. Loyal, AcP 214 (2014), 746 (767 ff.). 382 Auch ein sofortiges Rücktrittsrecht entgegen dem Vorrang der Anpassung kann ausnahmsweise in Betracht kommen. Vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1968 – VII ZR 89/66, NJW 1969, 233. 383  Siehe näher Momberg Uribe, The effect of a change of circumstances on the binding force of contracts, S.  219 ff. m. w. N. 384 Vgl. Momberg Uribe, The effect of a change of circumstances on the binding force of contracts, S.  227 ff. 385 Siehe BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373. Siehe auch Kap.  5 A. V.1.b) (S.  185). 386 Vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2011 − V ZR 17/11, NJW 2012, 373 (375 Rn.  35). Siehe auch Dauner-Lieb/Dötsch, NJW 2003, 921 (925); Loyal, AcP 214 (2014), 746 (769 f.). 380 

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doch ganz überwiegend abgelehnt. In den Niederlanden ist die Situation gewissermaßen spiegelbildlich; die hM im Schrifttum spricht sich für eine Nachverhandlungspflicht aus, die Rechtsprechung hat sich bisher zu dieser Frage nicht geäußert. In England scheint das Thema kaum eine Rolle zu spielen, denn das englische Recht erkennt bereits die vorvertragliche Pflicht, zu verhandeln, und in der Folge ebenfalls die Pflicht, nachzuverhandeln, nicht an.387 Für die Nachverhandlungspflicht wird immer wieder das Argument ins Feld geführt, eine einvernehmliche, von der Parteiautonomie getragene sei einer erzwungenen, richterlichen Vertragsanpassung grundsätzlich vorzuziehen.388 Dem ist gewiss zuzustimmen. Dass es zu einer Verhandlungslösung kommt, ist zwar nicht ausgeschlossen, freilich scheitert diese praktisch häufig an der fehlenden Verhandlungsbereitschaft der nicht von der Veränderung der Umstände betroffenen Partei, die typischerweise am unveränderten, für sie nunmehr umso vorteilhafteren Vertrag festhalten möchte.389 In diesem Fall, in dem eine Partei im Schatten eines drohenden Schadensersatzanspruchs zum Verhandeln gezwungen wird, kann von Einvernehmlichkeit nur noch in ganz geringem Maße die Rede sein. In der Tat gestehen auch die Befürworter einer Nachverhandlungspflicht ein, dass „§  313 Abs.  1 BGB […] einen Kontrahierungszwang“ aufstellt.390 Ein wesentlicher Unterschied zum Vorvertrag, an den die Nachverhandlungspflicht bei der Veränderung vertragsrelevanter Umstände zuweilen angelehnt wird,391 besteht im Übrigen darin, dass sich dabei immerhin die Parteien selbst zum Verhandeln verpflichtet haben, während sich eine Neuverhand387 Vgl.

Courtney & Fairbairn Ltd v Tolaini Brothers (Hotels) Ltd [1975] 1 WLR 297. Interessant ist das Hauptargument für die Ablehnung des Vorvertrags, das ebenfalls die ablehnende Haltung des englischen Rechts gegenüber der Anpassung nach einer grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände erklärt. „There is no machinary for ascertaining the price except by negotiation. In other words, the price is still to be agreed. Seeing that there is no agreement on so fundamental matter as the price, there is no contract“ (301). Siehe ferner Walford v Miles [1992] 2 AC 128 (HL) (138): „the concept of a duty to carry on negotiations in good faith is inherently repugnant to the adversarial position of the parties when involved in negotiations“. Vgl. auch Cartwright, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker, S.  51 (65 ff.); Vogenauer, IWRZ 2021, 209 (211). 388 Vgl. etwa Van Beukering-Rosmuller, NTBR 2006/10, 40 (43 f.); Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  122; Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  183 (195 ff.); Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  123; Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (275); Riesenhuber, BB 2004, 2697 (2698 f.); Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  265. 389  So auch Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (276); Stürner, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht, S.  265. 390  Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (277). 391 Diese Parallele betonend Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (passim, insbesondere 290). Siehe aus englischer Sicht auch Cartwright, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker, S.  51 (65 f.).

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lungspflicht im Falle der Veränderung der Umstände nicht ohne Weiteres privatautonom rechtfertigen lässt.392 Eine Prämisse der sanktionierten Anpassungsverhandlungspflicht ist ferner, dass das Vorliegen eines Falls der Veränderung vertragsrelevanter Umstände unstreitig ist und sich der andere Teil bei der Anpassung „gezielt obstruktiv verhält“393. Angesichts der vergleichsweise kasuistischen Rechtsprechung besteht allerdings gerade in tatbestandlicher Hinsicht häufig, wie bereits eingangs erwähnt wurde, eine gewisse Rechtsunsicherheit. Vor diesem Hintergrund sollte es dem anderen Teil erst einmal – ohne spätere schadensersatzrechtliche Folgen befürchten zu müssen – freistehen, jegliche Anpassung von sich zu weisen. Die benachteiligte Partei kann ihr Anpassungsanliegen daraufhin gerichtlich geltend machen. Sollte das Gericht das Vorliegen eines Falls der veränderten vertragsrelevanten Umstände bejahen, hindert das Gericht nichts daran, auf eine sachgerechte Vertragsanpassung durch die Parteien hinzuwirken. Weshalb dazu eine Nachverhandlungspflicht notwendig sein sollte, ist nicht ersichtlich. Im Rahmen des ohnehin schwierigen, weil unsicheren Umgangs mit der grundlegenden Veränderung der Umstände, wird darüber hinaus durch Neuverhandlungspflichten ein anschließender Streitplatz eröffnet. Dies dürfte für das zur Durchführung des angepassten Vertrags erforderliche Kooperationsverhältnis zwischen den Parteien kaum förderlich sein. Hat nämlich das Gericht den Vertrag nach gescheiterten Parteiverhandlungen angepasst oder aufgehoben, so ist zu befürchten, dass anschließend weiter darüber gestritten wird, ob sich möglicherweise eine Partei wegen der Verletzung der Nachverhandlungspflicht schadensersatzpflichtig gemacht hat. Zum einen ergibt sich dabei bereits in abstracto die Schwierigkeit, welche Verhaltensanforderungen an die Parteien zu stellen sind.394 Dies ist auch das wesentlichste Argument des englischen Rechts gegen eine Nachverhandlungspflicht.395 So soll nach den Befürwortern einer Nachverhandlungspflicht ermittelt werden, ob von „Verhandlungstaktiken, die nur dazu dienen, eine ursprünglich durchführbare Anpassung des Vertrages durch Scheinangebote und die Verschleppung der Verhandlungen letztlich infolge Zeitablaufs 392  So auch Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  151; a. A. Momberg, Contracteren 2011, 78 (82): „The duty to renegotiate is a necessary consequence of the existence of the principle of favor contractus and of the duties of flexibility and cooperation that arise from the duty to perform in good faith“. Vgl. auch Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  183 (196), der damit argumentiert, dass „für ein inzwischen aufgetretenes Risiko keine vertragliche Regelung getroffen [wurde und die] privatautonom getroffene Regelung somit reparaturbedürftig geworden“ sei. 393  Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (295). 394 Vgl. Hondius/Grigoleit, Introduction, in: Hondius/Grigoleit, S.  3 (10); Janda, NJ 2013, 1 (7). 395 Vgl. Cartwright, in: Cartwright/Vogenauer/Whittaker, S.  51 (65 ff.).

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unmöglich zu machen“ die Rede war.396 Andere fragen danach, ob der eine Teil „in seinem Verhalten [nicht] ernsthaft Verhandlungsbereitschaft zeigt“397 oder „Verhandlungen rundheraus ablehnt“398.399 Setzt man nun einen praktikablen Maßstab einmal voraus, ist zum anderen eine oftmals langwierige Rekonstruktion der Nachverhandlungen erforderlich. Ziel dieser Rekonstruktion ist die Beantwortung der Frage, ob und bejahendenfalls zu welchem Zeitpunkt das Verhalten des Anpassungsgegners den Anforderungen nicht (länger) genügte. Diese Prüfung dürfte auch auf der Ergebnisseite von erheblicher Rechtsunsicherheit geprägt sein.400 Schließlich ist noch einmal in Erinnerung zu rufen, welches Problem mit einer Nachverhandlungspflicht insbesondere behoben werden sollte. Dieses besteht im Wesentlichen darin, dass der Anpassungsgegner bei einer Vertragsanpassung mittels konstitutiver Gerichtsentscheidung bis zur Entscheidung nicht in Verzug gerät, zumindest sofern sich der Richter für eine Anpassung ex nunc entscheidet. Die deutsche Rechtsprechung passt jedenfalls im Grundsatz in der Tat nur für die Zukunft an,401 ausnahmsweise kommt allerdings auch eine Anpassung für den Zeitpunkt des störenden Ereignisses in Betracht.402 Im niederländischen Recht wird die Verzögerungsproblematik in zeitlicher Hinsicht insofern entschärft, als dem Urteil rückwirkende Kraft verliehen werden kann (vgl. Art.  6:258 Abs.  1 S.  2 BW). Auch in Deutschland wird zum Teil die zustimmungswürdige Ansicht vertreten, dass der Richter hinsichtlich des Zeitpunkts der Vertragsanpassung freie Hand habe.403 Durch diese zeitliche Vorverlagerung der Wirkung der Anpassung verringert sich der Bedarf an einer Nachverhandlungspflicht.

396 

Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (282). Heinrichs, in: FS Heldrich, S.  183 (197). 398  Lüttringhaus, AcP 213 (2013), 266 (295). 399  Siehe ferner positiv formuliert etwa Momberg Uribe, The effect of a change of circumstances on the binding force of contracts, S.  227: „both parties should search for reasonable and appropriate modifications, taking into account the interests of the counterparty and maintaining efforts to reach agreement within a reasonable period of time“. 400  Kritisch auch Pfeiffer, in: Remien, S.  133 (138). 401 Vgl. BGH, Urt. v. 02.05.1972 – VI ZR 47/71, NJW 1972, 1577 (1579); BGH, Urt. v. 21.04.1983 – I ZR 201/80, NJW 1983, 2143 (2144): „Eine Anpassung kommt dabei regelmäßig nur für noch nicht abgewickelte Vertragsverhältnisse in Betracht, so insbesondere für Dauerschuldverhältnisse, und auch dort regelmäßig nur für die Zukunft“. 402 Vgl. Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  97 f.; Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  126; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  141. 403  Loyal, NJW 2013, 417 (419): „zeitlich besteht völlige Flexibilität“. 397 

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VI. Drei Fallgruppen Die Fälle der Veränderung vertragsrelevanter Umstände lassen sich, wie insbesondere im deutschen404 und niederländischen405 Recht gelehrt wird, im Wesentlichen in drei Gruppen einteilen, und zwar in die Äquivalenzstörungen, Leistungserschwernisse und Zweckstörungen.406 Auch im englischen Recht liegen die Dinge bei rechtsvergleichender Betrachtung nicht wesentlich anders, obwohl eine Einteilung entsprechend dem induktiven und situativeren Stil des Common Law in erster Linie anhand des Ereignisses oder des Vertragstypus erfolgt.407 Gleichwohl muss an dieser Stelle betont werden, dass das Institut der Veränderung vertragsrelevanter Umstände in den Rechtsordnungen eine gewisse Auffangfunktion erfüllt. Es werden häufig Fälle erfasst, die das Recht an anderer Stelle nicht zufriedenstellend lösen kann. In praktischer Hinsicht sind die Anwendungsbereiche deshalb durch eine besondere Vielfältigkeit gekennzeichnet.408 1. Äquivalenzstörungen a) Überblick Beim gegenseitigen Vertrag stehen Leistung und Gegenleistung in einem Austauschverhältnis, das beim Vertragsschluss von den Parteien bestimmt wird und vom Gericht in Anbetracht der Vertragsfreiheit grundsätzlich nicht überprüft werden darf. Aufgrund nachträglicher Ereignisse kann es allerdings zu einer Störung dieses Gleichgewichts kommen. Grund für solche Äquivalenzstörungen ist insbesondere die Geldentwertung, sei es aufgrund einer Hyperinflation oder wegen eines schleichenden Kaufkraftschwunds bei Verträgen mit einer langen Laufzeit.409 404 

Vgl. BT-Drs. 14/6040, S.  174 r.Sp.; Dauner-Lieb, in: Ernst/Zimmermann, S.  305 (321 f.); Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  49 ff.; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  15; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  70. 405  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  969; ähnlich Peletier, RMThemis 1995, 423. 406 Siehe näher Hondius/Grigoleit, General comparative remarks, in: Hondius/Grigoleit, S.  643 ff. 407  Vgl. etwa McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-020. 408  So auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  534. 409  Für die Fälle der gestörten Äquivalenz hat auch der Gesetzgeber an unterschiedlichen Stellen Vorkehrungen getroffen. So werden Unterhaltspflichten nach niederländischem Recht jährlich von Rechts wegen indexiert (Art.  1:402a BW) und können die Parteien nach deutschem Recht gemäß §  557b BGB eine Indexmiete vereinbaren. Siehe ferner insbesondere die Ausnahmen (§§  2 ff. PrKG) vom grundsätzlichen Preisklauselverbot des §  1 Abs.  1 PrKG; zu den Währungsumstellungen im Zuge der deutschen Währungseinheit etwa BGH, Urt. v.

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b) Rechtliche Behandlung Die Fallgruppe der Äquivalenzstörungen ist in Deutschland nicht nur historisch, sondern auch zahlenmäßig von vergleichsweise großer Bedeutung. Entwicklungsgeschichtlich stellte die Hyperinflation in den 1920er Jahren das Ereignis dar, das das Reichsgericht zur Anerkennung der Lehre der Störung der Geschäftsgrundlage veranlasst hat.410 Das Gericht knüpfte dabei im Wesentlichen an eine drohende Existenzvernichtung an. Das Recht auf Auflösung des Vertrags im Falle der Preissteigerung sei „regelmäßig […] zu versagen, es müßte denn sein, daß mit einer außerordentlichen Steigerung der Preise eine außerordentliche Einwirkung auf die Verhältnisse des betreffenden Vertragsteiles verbunden ist, […] daß die Durchführung eines langfristigen Vertrags infolge der wirtschaftlichen Veränderung für diesen Vertragsteil „geradezu ruinös“ zu werden droht“.411

Die Formel ist im Schrifttum kritisiert worden, da diese „zu einer eklatanten Ungleichbehandlung zwischen finanziell starken und finanziell schwachen Unternehmen führt“.412 Bei Fremdwährungen war das Reichsgericht weitaus großzügiger.413 Was die Erscheinungsformen der Äquivalenzstörungen in der späteren deutschen Rechtsprechung anbelangt, so zeigt sich ein breitgefächertes Bild. Die Fälle betreffen etwa Erbbau-,414 Pacht- und Mietzinsen aus langfristigen Verträgen, Versorgungs-415 und insbesondere Rentenleistungen416 sowie Vorkaufsrechte im 10.03.1993 – VIII ZR 238/92, NJW 1993, 1387; ferner Finkenauer, in: MüKoBGB, §  313 Rn.  142 und 195. 410 Vgl. Ridder/Weller, ERPL 2014, 371 (387); Rösler, JuS 2004, 1058. Siehe etwa RG, Urt. v. 08.07.1920 – III 89/20, RGZ 99, 258; RG, Urt. v. 03.02.1922 – II 640/21, RGZ 103, 328. Siehe näher auch Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  178 ff.; Meyer-Pritzl, in: HKK-BGB, §  313 Rn.  18 ff.; Rösler, ERPL 2007, 483 (491). 411 Vgl. RG, Urt. v. 08.07.1920 – III 89/20, RGZ 99, 258 (259 f.). 412  Köhler, in: FS 50 Jahre BGH, Bd.  I, S.  295 (303). 413  Siehe etwa RG, Urt. v. 21.06.1933 – I 54/33, RGZ 141, 212 (218) (20–30 % Entwertung des englischen Pfunds); RG, Urt. v. 20.04.1940 – II 156/39, RGZ 163, 324. 414 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 01.06.1979 – V ZR 80/77, NJW 1979, 1818; BGH, Urt. v. 18.11.2011 − V ZR 31/11, NJW 2012, 526; BGH, Urt. v. 23.05.2014 – V ZR 208/12, NJW 2014, 3439. Siehe auch Jung, in: NK-BGB, §  313 Rn.  90; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  50. 415  BGH, Urt. v. 04.10.1988 – VI ZR 46/88, NJW 1989, 289 (Erhöhung einer Unterhaltsschadensrente wegen Ansteigens der Lebenshaltungskosten um etwa 36 %); BGH, Urt. v. 25.01.1995 – XII ZR 247/93, NJW 1995, 1345 (Erhöhung einer zu DDR-Zeiten geschlossenen Unterhaltsrente); BGH, Urt. v. 04.10.1988 – VI ZR 46/88, NJW 1989, 289; OLG Hamm, Beschl. v. 05.02.1991 – 10 W 107/90, NJW-RR 1991, 966 (Erhöhung einer Apanage trotz vertraglichen Ausschlusses der Anpassung). 416  BAG, Urt. v. 30.03.1973 – 3 AZR 26/72, NJW 1973, 959 (Erhöhung eines betrieblichen

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Gesellschaftsrecht417.418 In der gebotenen Kürze kann diese Rechtsprechung zwar nicht in vollem Umfang gewürdigt werden, festzuhalten bleibt jedoch, dass das deutsche Recht vergleichsweise häufig in den Vertrag eingreift, insbesondere bei Leistungen mit Versorgungscharakter419. Das niederländische Recht hat sich äußerst skeptisch gezeigt, im Falle der Inflation in den Vertrag einzugreifen. Im Schrifttum wird stark an dem in Art.  6:111 BW kodifizierten Nominalitätsgrundsatz420 festgehalten und dem Richter grundsätzlich die Befugnis abgesprochen, wegen Geldentwertung die Gegenleistung anzuheben oder den Vertrag aufzuheben.421 Dies geht etwa auf die Überlegung zurück, dass sämtliche Bürger gleichermaßen von der Geldentwertung betroffen sind und insofern vielmehr der Gesetzgeber zur Behebung einer solchen gesamtgesellschaftlichen Problematik tätig werden sollte (sog. Verbot des arrêt de règlement, Art.  12 Gesetz Allgemeine Bestimmungen (Wet Algemene bepa­ling­ en)).422 Auch der Hoge Raad hat 1931 die Klage auf Anpassung einer in Mark lautenden Geldforderung um die Höhe des Wertverlusts mit der Begründung abgelehnt, der Richter sei dazu nicht befugt (sog. Mark = Mark-Urteil).423 Bei einer schleichenden Geldentwertung, etwa bei Rentenzahlungen, kann die Anwendung der imprévision nach den Vorstellungen des späteren BW-Gesetzgebers unter ausdrücklichem Verweis auf die deutsche Rechtsprechung in Betracht kommen.424 Gleichzeitig ist auch die neuere Rechtsprechung sehr zurückhaltend und verneint eine Anpassung regelmäßig, etwa bei Miet-425 oder Erbbauzinsen426. Ruhegehalts wegen Ansteigens der Lebenshaltungskosten um etwa 40 %). Seit 1975 ist die Anpassung allerdings gesetzlich geregelt (vgl. §  16 BetrAVG). 417  BGH, Urt. v. 25.05.1970 – II ZR 245/67, BB 1970, 1191 (Ausübung eines durch Aufschwung des Unternehmens wertvoller gewordenen Vorkaufsrechts). 418  Siehe näher auch Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  92 ff. 419 Vgl. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S.  180; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  50; Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  31; Teichmann, in: Soergel, §  313 BGB Rn.  71. 420  Vgl. dazu Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  194. 421 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  450 m. w. N. Siehe zum alten Recht bereits Bloembergen, WPNR 1967/4965, 397 (399); Van der Grinten, Redelijkheid en billijkheid in het overeenkomstenrecht, S.  20. 422 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  450. 423 Vgl. HR 02.01.1931, NJ 1931, S.  274 mit kritischer Anmerkung von Meijers; a. A. Van der Grinten, Redelijkheid en billijkheid in het overeenkomstenrecht, S.  20. Der Nominalitätsgrundsatz gilt somit nicht nur für die inländische Währung, sondern auch für Fremdwährungen. Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  451. 424  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  975 ff. Zitiert werden BGH, Urt. v. 28.05.1973 – II ZR 58/71, NJW 1973, 1599; BAG, Urt. v. 30.03.1973 – 3 AZR 26/72, NJW 1973, 959; BAG, Urt. v. 30.03.1973 – 3 AZR 34/72, NJW 1973, 1296. 425  Vgl. etwa Hof Amsterdam 09.11.2010, Prg. 2011, 5. 426 Vgl. Rb. Utrecht 13.10.2010, NJF 2010, 460 (Eemnes/X).

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

Das englische Recht hält ebenfalls strikt am Nominalitätsgrundsatz fest: „in England we have always looked upon a pound as a pound, whatever its international value. […] A man who stipulates for a pound must take a pound when payment is made, whatever the pound is worth at that time“.427

Inflation stellt deshalb grundsätzlich keinen Auflösungsgrund dar.428 Dies gilt auch dann, wenn eine inländische Geldschuld anhand ihres Wertes im Verhältnis zu einer ausländischen Währung (hier: CHF) anzugleichen ist und dies zur Folge hat, dass ein Darlehen i. H. v. 36.000 GBP nach etwa zehn Jahren mit 87.588 GBP nebst Zinsen zu tilgen war.429 Umgekehrt wurde eine auf Mark lautende Geldleistung aufgrund einer Lebensversicherung, bei der der Versicherungsfall im Jahre 1922 und damit zu einem Zeitpunkt eintrat, in dem die Police nahezu wertlos war, nicht angehoben.430 Eine seltene Ausnahme von diesem Grundsatz stellt die Entscheidung Staffordshire Area Health Authority v South Staffordshire Waterworks Co dar.431 In diesem Fall hatte sich ein Wasserversorgungsunternehmen vertraglich verpflichtet, ein Krankenhaus „at all times hereafter“ gegen einen bestimmten Preis mit Wasser zu versorgen. Nach einem Zeitverlauf von etwa 50 Jahren betrug der vereinbarte Preis noch lediglich 1/20 von dem realen Wert der Leistung. Im Ergebnis konnte sich der Schuldner unter Beachtung einer Frist vom Vertrag lösen.432 c) Gesamtbetrachtung Sieht man von den Fällen der Hyperinflation in der deutschen Rechtsprechung der 1920er und 1930er Jahre einmal ab, die eine gewisse historische Besonderheit darstellen, von der die anderen Rechtsordnungen nicht in gleichem Umfang betroffen waren,433 so kann festgehalten werden, dass das deutsche Recht Korrekturen der vertraglichen Wertäquivalenz vergleichsweise großzügig für Geld427 

Treseder-Griffin v Co-operative Insurance Society Ltd [1956] 2 QB 127 (CA) (144). Vgl. auch Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  88 ff. 428 Vgl. British Movietonews Ltd v London and District Cinemas Ltd [1952] AC 166 (HL) (185): „a wholly abnormal rise or fall in prices, a sudden depreciation of currency […], or the like […] does not in itself affect the bargain“. 429 Vgl. Multiservice Bookbinding Ltd v Marden [1979] Ch 84 (Ch) (101 ff.). 430 Vgl. Anderson v Equitable Life Assurance Society [1926] 42 TLR 302 (CA). 431 Vgl. Staffordshire Area Health Authority v South Staffordshire Waterworks Co [1978] 3 All ER 769 (CA). 432  Staffordshire Area Health Authority v South Staffordshire Waterworks Co [1978] 3 All ER 769 (CA) (776, 781 f. und 784). Siehe auch Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frustration“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  82 f. 433  Vgl. auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  54.

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leistungen in der eigenen und in einer fremden Währung zulässt. In der Tat findet sich hierzu eine Vielzahl an Fällen in der deutschen Rechtsprechung. Das niederländische und englische Recht halten mit einer gewissen Härte am Nominalitätsgrundsatz fest; Ausnahmen finden sich in der Rechtsprechung kaum. 2. Leistungserschwernis a) Überblick Eine weitere Fallgruppe der Veränderung vertragsrelevanter Umstände stellen die Fälle der Leistungserschwernis dar. Während die Äquivalenzstörungen zumeist die Geldleistung betreffen, bezieht sich die Leistungserschwernis typischerweise auf die Substanzleistung. Gründe für eine Leistungserschwerung können insbesondere sein, dass sich der Schuldner mit einem rasanten Anstieg der Preise auf einem Beschaffungsmarkt (bspw. für Rohstoffe434) konfrontiert sieht oder die Sache aus einer nicht frei verfügbaren Gattung zu beschaffen ist435. Ausgangspunkt ist in allen Rechtsordnungen wiederum der Grundsatz der Vertragstreue. Nur in Ausnahmenfällen kommt ein Eingriff in den Vertrag in Betracht. b) Rechtliche Behandlung Ein solcher Ausnahmefall lag nach Ansicht des BGH nicht vor, als die Produktionskosten einer Fernsehserie von 23 Mio. DM auf etwa 29,5 Mio. DM und damit um etwa 28 % anstiegen.436 Während der Ölkrisen der 1970er Jahre kam der BGH zum Ergebnis, dass die Anpassung eines Vertrags, der eine Festpreisklausel enthielt, auch bei Preissteigerungen auf dem Beschaffungsmarkt von über 100 % auszuscheiden hatte, da der Lieferant als Ölkaufmann in Anbetracht der politischen Entwicklungen weitere Vorräte hätte einlagern müssen.437 Ähnlich lagen die Dinge bei Verträgen über die Versorgung mit Fernwärme, die ebenfalls von der Ölkrise betroffen waren.438 Mehr im Allgemeinen besteht bei Verträgen mit einer kurzen Laufzeit oder Kündigungsmöglichkeit grundsätzlich kein Raum für eine Störung der Geschäftsgrundlage; erforderlich ist vielmehr, dass „der Schuldner keinen anderen Ausweg hat, um sich von der für ihn untragbar gewordenen Verbindlichkeit zu lösen“.439 434 

Vgl. etwa RG, Urt. v. 21.03.1916 – II 473/15, RGZ 88, 172. BGH, Urt. v. 01.12.1993 – VIII ZR 259/92, NJW 1994, 515 (516). 436 Vgl. BGH, Urt. v. 11.03.1993 – I ZR 27/91, NJW-RR 1993, 880. 437 Vgl. BGH, Urt. v. 08.02.1978 – VIII ZR 221/76, BB 1978, 1033. 438 Vgl. BGH, Urt. v. 25.05.1977 – VIII ZR 196/75, NJW 1977, 2262. 439 Vgl. BGH, Urt. v. 20.05.1953 – II ZR 184/52, DB 1953, 552. 435 Vgl.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

Die englische Rechtsprechung verfolgt ebenfalls eine solche harte Linie. Preissteigerungen auf Beschaffungsmärkten führen grundsätzlich nicht zur Auflösung des Vertrags.440 Mehrkosten wegen der Verteuerung von Baumaterialien und Arbeitskräften, die zu Gesamtherstellungskosten i. H. v. etwa 115.000 GBP führten, während sich die vertragliche Vergütung auf lediglich 94.000 GBP belief, stellten keinen Grund für frustration of contract dar.441 In Brauer & Co (Great Britain) Ltd v James Clark (Brush Materials) Ltd handelte es sich um einen Kaufvertrag mit einer FOB-Klausel über die Lieferung von Piassava aus Brasilien.442 Aufgrund eines Preiskontrollgesetzes hätte der Verkäufer zur Beschaffung der Waren Mehrkosten von etwa 15 bis 30 % aufwenden müssen, versäumte dies allerdings. Daraufhin verweigerten die brasilianischen Behörden die Erteilung einer Exportgenehmigung. Der Verkäufer berief sich auf frustration of contract, war damit allerdings nicht erfolgreich: „any person who sells goods forward must be ready himself to bear any increase in the market price. It would be a strange thing if a seller could insist on the contract if the price fell, and could escape his own obligations if it rose. It would do away with the whole point of forward contracts altogether“.443

Die Ölkrisen führten schließlich – ebenso wie in Deutschland – nicht zur Auflösung des Vertrags, wie die Sky Petroleum-Entscheidung zeigt.444 Nach niederländischem Recht stellen veränderte Marktumstände keinen Anlass dar, in den Vertrag einzugreifen. Die Ölkrisen scheinen in der niederländischen Rechtsprechung keine Rolle gespielt zu haben.445 Die spätere Rechtsprechung, etwa zu Energielieferungsverträgen446 oder zu einer veränderten Marktlage für Bitumen447, lehnt eine Leistungserschwerung durchweg ab und bedient sich dabei insbesondere des Arguments der vertraglichen Risikoverteilung. 440 Vgl. 441 Vgl.

Tennants (Lancashire) Ltd v C. S. Wilson & Co Ltd [1917] AC 495 (HL). Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL)

(723 f.). 442 Vgl. Brauer & Co (Great Britain) Ltd v James Clark (Brush Materials) Ltd [1952] 2 All ER 497 (CA). 443  Brauer & Co (Great Britain) Ltd v James Clark (Brush Materials) Ltd [1952] 2 All ER 497 (CA) (501). 444  Sky Petroleum Ltd v VIP Petroleum Ltd [1974] 1 WLR 576 (Ch). Siehe dazu bereits oben Kap.  2 C. IV.1.a)aa) (S.  77). Vgl. auch Treitel, Unmöglichkeit, „Impracticability“ und „Frus­tra­ tion“ im anglo-amerikanischen Recht, S.  77. 445 So auch Van Dunné, wiedergegeben im Diskussionsbericht von De Jong, BR 1999, 535 ff., der davon ausgeht, Parteien hätten hier im Wege etwaiger Nachverhandlungen einvernehmliche Lösungen gefunden. 446  Vgl. etwa Hof Den Bosch 29.11.2011, ECLI:NL:GHSHE:2011:BU6524; Ktr. Groningen 15.09.2010, Prg. 2010, 224 (Qwint/R). 447 Vgl. Hof Arnhem-Leeuwarden 15.11.2016, ECLI:NL:GHARL:2016:9299 (JPB Logistics/Reef Infra).

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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c) Gesamtbetrachtung Eine Vertragsanpassung oder -auflösung wegen Erschwernis der Leistungserbringung kommt praktisch weder nach deutschem noch nach niederländischem noch nach englischem Recht in Betracht. Die Rechtsprechung aller hier untersuchten Rechtsordnungen ist äußerst restriktiv und lässt den Vertrag trotz der Leistungserschwernis in aller Regel unberührt. 3. Zweckstörungen a) Überblick Eine Zweckstörung liegt vor, wenn eine Partei mit der Leistung ein Ziel verfolgt, das sich aufgrund eines nachträglichen Ereignisses nicht verwirklichen lässt. b) Rechtliche Behandlung Das Lehrbuchbeispiel der englischen Krönungsumzüge, das auch in den anderen Rechtsordnungen paradigmatisch für diese Fallgruppe zu sein scheint,448 dürfte in Deutschland449 und den Niederlanden450 im Ergebnis gleichbehandelt werden. Im Übrigen sind die denkbaren Fälle der Zweckstörungen besonders vielfältig. Dies erschwert den direkten Vergleich der Rechtsordnungen.451 In der Rechtsprechung scheinen die Fälle der Miete von Geschäftsräumen in Einkaufszentren oder dergl., bei denen die Besucherzahlen hinter den Erwartungen zurückbleiben oder die Vermietung der restlichen Räumlichkeiten nicht (in einer für den Mieter befriedigender Weise) erfolgt, mit einer gewissen Häufigkeit aufzutreten. Das Interesse des Mieters geht in derartigen Fällen dahin, Verkaufsräume an einem hinreichend frequentierten Ort zu unterhalten.452 Der BGH hat für diese Fälle zum Ausgangspunkt genommen, dass die Erwartung einer positiven Entwicklung eines Einkaufszentrums oder der räumlichen Umgebung im Allgemeinen zwar Geschäftsgrundlage geworden sein möge, für eine Anpassung oder Auflösung des Vertrags gleichwohl kein Anlass bestehe. Denn derartige Umstände fielen in den Risikobereich des Mieters.453 Anders 448 Vgl. Rösler, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Bd.  I („Geschäftsgrundlage“), S.  713: „Europaweite Berühmtheit“. 449  Vgl. etwa Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.  I.2, S.  1080 f.; Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, S.  173; Pfeiffer, in: jurisPK-BGB, §  313 Rn.  55; Rösler, JuS 2004, 1058 (1061 f.); Stadler, in: Jauernig, §  313 BGB Rn.  18. 450 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-III, Rn.  452. 451  So auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S.  534. 452  Siehe zu dieser Problematik im Allgemeinen Joachim, NZM 2000, 785 (793 f.). 453  Vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.05.1970 – VIII ZR 197/68, NJW 1970, 1313; BGH, Urt. v.

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

kann dies etwa dann sein, wenn sich das Geschäft des Mieters nur in Verbindung mit einem anderen Unternehmen betreiben lässt und dessen Anwesenheit zur Geschäftsgrundlage des Mietvertrags geworden ist. Mit der Geschäftsaufgabe dieses anderen Unternehmens entfällt sodann die Geschäftsgrundlage des Mietvertrags.454 Das niederländische Recht sieht für die gewerbliche Miete bereits eine periodische Anpassungsmöglichkeit vor (vgl. Art.  7:303 BW), sodass die Zahl der Fälle, die über die imprévision gelöst werden, vergleichsweise beschränkt ist. Im Grundsatz scheidet die Anwendung der imprévision-Vorschrift typischerweise ebenfalls unter Berufung auf die vertragliche Risikoverteilung aus.455 So wurde in einem Fall, in dem der Vertrag eine Kündigungsmöglichkeit wegen geringer Besucherzahlen bis zum Ende des ersten Jahres vorsah, von der allerdings kein Gebrauch gemacht worden war, angenommen, das Risiko gehe aufgrund der Klausel zulasten des Mieters.456 Anders war dies etwa in einem Fall, in dem der Vermieter die sonstigen Räumlichkeiten trotz geplanter Verwendung für den Einzelhandel an Gastronomieunternehmen vermietet hatte, wodurch sich der Mieter (ein Textilreinigungsunternehmen) wider Erwarten in einem unattraktiven Geschäftsumfeld befand.457 Im englischen Recht war seit langem umstritten, ob die Lehre der frustration überhaupt auf Mietverträge Anwendung findet.458 Mittlerweile wird angenommen, dass dies zwar grundsätzlich zu bejahen ist,459 Anwendungsbeispiele sucht man in der Rechtsprechung jedoch vergebens.460 Der hier interessierenden Fall16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714 (1716); BGH, Urt. v. 19.07.2000 – XII ZR 176/98, NJW-RR 2000, 1535 (1536); BGH, Urt. v. 21.09.2005 – XII ZR 66/03, NJW 2006, 899 (901 Rn.  30); BGH, Urt. v. 17.03.2010 − XII ZR 108/08, NJW-RR 2010, 1016 (1017 Rn.  17). Vgl. auch Derleder, NZM 2005, 521 (524); Kluth/Freigang, NZM 2006, 41 (42 f.). 454 Vgl. OLG München, Urt. v. 23.06.1999 – 3 U 6412/98, NJW-RR 1999, 1532. Konkret handelte es sich um eine Metzgerei neben einem Supermarkt. Eine Störung der Geschäftsgrundlage wurde wegen besonderer Umstände (etwa der sehr präzisen Reglementierung der unternehmerischen Tätigkeit des Mieters durch den Vermieter) ebenfalls bejaht in OLG Koblenz, Urt. v. 11.10.1988 – 3 U 520/87, NJW-RR 1989, 400. 455 Vgl. HR 20.02.1998, NJ 1998, 493 (Briljant Schreuders/Pensioenfonds ABP); Rb. Haarlem 17.06.2010, RVR 2010, 102 (Beverwijkse Bazaar/X). 456 Vgl. Rb. Breda 28.12.1999, WR 2000, 36 (Ashendene/Blom). 457 Vgl. Ktr. Amsterdam 02.09.1997, ECLI:NL:KTGAMS:1997:AL7797 (Ontwikkeling Brouwerij Terrein/Hendrikse Textielreiniging). 458  Die Kontroverse bezieht sich im Wesentlichen auf den Charakter der Miete, der nach englischem Recht sowohl vertraglicher Natur ist, als auch dingliche Aspekte hat. Vgl. Cricklewood Property and Investment Trust Ltd v Leightons Investment Trust Ltd [1945] AC 221 (HL). Siehe näher zur Diskussion McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-052. 459 Vgl. National Carriers Ltd v Panalpina (Northern) Ltd [1981] AC 675 (HL); Canary Wharf (BP4) T1 Ltd v European Medicines Agency [2019] EWHC 355 (Ch). 460 Vgl. McKendrick, in: Chitty on Contracts, Bd.  I, Rn.  23-053.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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konstellation scheint keine große praktische Bedeutung zuzukommen. Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass gewerbliche Mietverträge (commercial leases) häufig eine Mietanpassungsklausel (rent review clause) enthalten, wonach die Miete in regelmäßigen Abständen anhand eines bestimmten Kriteriums, z. B. einer Vergleichsmiete, anzupassen ist. Darüber hinaus wird das Problem der Vermietung der sonstigen Räumlichkeiten des Einkaufszentrums häufig über vertragliche Rücksichtspflichten des Vermieters oder das Gewährleistungsrecht gelöst, indem Umweltbeziehungen zur Beschaffenheit der Mietsache gerechnet werden. So konnte sich der Mieter in einem Einkaufszentrum des höheren Segments vom Vertrag lösen, nachdem der Vermieter die benachbarten Geschäftsräume an ein Pfandleihhaus vermietet hatte.461 Aus ähnlichen Gründen kam eine Kündigung des Mietvertrags in einem Fall in Betracht, in dem der Vermieter wider vorherige Absichten die einzelnen Einheiten des Einkaufszentrums zusammenfügte und an ein einzelnes Unternehmen vermietete. Durch dieses Vorgehen ging nämlich der Charakter der Einkaufspassage verloren.462 Nicht gehört wurde hingegen ein Mieter mit der Argumentation, die Vermietung der benachbarten Räume an ein in derselben Branche tätiges Unternehmen führe zur frustration des Mietvertrags.463 c) Gesamtbetrachtung Der idealtypische Fall der Krönungsumzüge wird bei rechtsvergleichender Betrachtung einheitlich behandelt. Ein umfassender Vergleich aller denkbaren Fälle der Zweckstörung konnte an dieser Stelle zwar nicht vorgenommen werden, in den Fällen der gewerblichen Miete zeigen sich jedoch Unterschiede. Im deutschen und niederländischen Recht wird das Unternehmensrisiko grundsätzlich dem Mieter auferlegt, während das englische Recht dem Mieter mehr entgegenzukommen scheint. Dies wird dadurch erreicht, dass Umweltbeziehungen großzügiger als im deutschen464 und niederländischen465 Recht in den Beschaffenheitsbegriff inkludiert werden. Ferner scheinen die Vertragsparteien in der Tat häufiger privatautonome Vorkehrungen zu treffen und vertragliche Mietanpassungsmöglichkeiten zu vereinbaren. 461 

Chartered Trust Plc v Davies [1997] 2 EGLR 83 (CA). Petra Investments Ltd v Jeffrey Rogers Plc [2000] L & T R 451 (Ch). 463 Vgl. Port v Griffith [1938] 1 All ER 295 (Ch). 464  Vgl. zum „Mietermix“ und „Milieuniveau“ BGH, Urt. v. 26.09.2012 – XII ZR 122/11, NJW-RR 2012, 1480 (1481 Rn.  21). Siehe ferner Häublein, in: MüKoBGB, §  536 Rn.  24 m. w. N. 465  Vgl. zu Besucherzahlen etwa HR 01.02.2008, NJ 2008, 85 (Perry Sport/SBZ). Siehe ferner Rossel/Heisterkamp, in: Asser, Bd.  7-II, Rn.  31. 462 

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Kapitel 5:  Grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände

4. Gesamtergebnis Insgesamt kann festgehalten werden, dass insbesondere das englische, aber auch das niederländische Recht den Vertrag auch bei einer grundlegenden Veränderung der Umstände typischerweise aufrechterhält. Das deutsche Recht greift insgesamt großzügiger in den Vertrag ein und bemüht sich um eine sachgerechte Risikozuweisung an die Parteien. Dies zeigt in erster Linie der Gesamtvergleich der in diesem Kapitel ausgewerteten Rechtsprechung. Innerhalb der tradierten Fallgruppen lässt sich die Tendenz der jeweiligen Rechtsordnung insbesondere bei den Äquivalenzstörungen erkennen. Die deutschen Gerichte haben sich bei Geldleistungen sowohl in der Inlands- als auch in einer Fremdwährung durchaus zur Wiederherstellung des Äquivalenzinteresses bereit gezeigt, während der Nominalitätsgrundsatz im englischen und niederländischen Recht selten aufgeweicht und somit an der Naturalerfüllung festgehalten wird. Bei den Zweckstörungen im gewerblichen Mietverhältnis hat sich gezeigt, dass die Kontrahenten nach englischem Recht entsprechend den Vorstellungen der Rechtsprechung in der Tat häufig(er) vertragliche Regelungen zur Anpassungen des Mietzinses zu treffen scheinen. Entgegen der allgemeinen Einstellung der Rechtsordnungen sind hier gerade das deutsche und niederländische Recht vergleichsweise zurückhaltend, Klagen des Mieters auf Anpassung stattzugeben, während das englische Recht die Mietsache u. U. als mangelhaft ansieht und damit im Ergebnis gerade zugunsten des Mieters entscheidet. In Fällen der Leistungserschwernis kommt ein Ausscheiden der Naturalerfüllung praktisch in keiner der untersuchten Rechtsordnungen ernsthaft in Betracht.

Kapitel 6

Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs Nach dem Naturalerfüllungsanspruch und der Naturalkondemnation stellt die Naturalvollstreckung die letzte Entfaltungsstufe des Naturalerfüllungsanspruchs im weiteren Sinne dar. Das Zwangsvollstreckungsrecht ist im rechtsvergleichenden Schrifttum insgesamt wenig1 und im Rahmen der vorliegenden Thematik kaum behandelt worden. Ohne Einbeziehung vollstreckungsrechtlicher Aspekte bleibt jedoch eine Betrachtung des Erfüllungsanspruchs unvollkommen. Die effektive Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen hat nicht nur eine erhebliche praktische Relevanz, sondern ist auch aus rechtsstaatlicher Sicht von eminenter Bedeutung.2 So hat der EGMR klargestellt, dass „[the right to a court] would be illusory if a Contracting State’s domestic legal system allowed a final, binding judicial decision to remain inoperative to the detriment of one party. […] Execution of a judgment given by any court must therefore be regarded as an integral part of the ‘trial’ for the purposes of Article 6“.3

Vor diesem Hintergrund wird in diesem Kapitel untersucht, ob und inwiefern die Rechtsordnungen, insbesondere in Form des Zwangsvollstreckungsrechts, dem Gläubiger Mittel zur Naturalexekution bereitstellen. Bei praktischer Betrachtung ist deshalb zu untersuchen, ob der Gläubiger den Schuldner, der zur Naturalerfüllung verurteilt worden ist, zur Erbringung der Leistung zwingen kann. Die Ausübung eines dahingehenden Zwangs kann, wie näher zu zeigen sein wird, unmittelbaren oder mittelbaren Charakter haben. Während der Leistungserfolg bei der unmittelbaren Vollstreckung unabhängig vom Willen des Schuldners herbeigeführt werden kann (z. B. durch Wegnahme einer Sache), dient die mittelbare Vollstreckung der Willensbeugung des Schuldners. Letztere kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Erbringung der Leistung nur unter Mitwirkung des 1  So auch Hess, in: Stürner/Kawano, S.  49 (50). Im Allgemeinen hat sich die Rechtsvergleichung schwerpunktmäßig dem materiellen Recht gewidmet und weitaus weniger mit dem Verfahrensrecht befasst. Vgl. Zekoll, in: Zimmermann/Reimann, S.  1306. Siehe zur Prozessrechtsvergleichung im Allgemeinen und m. w. N. Stürner/Kern, in: GS Konuralp, Bd.  I, S.  997 ff. 2  Siehe dazu näher Kodek, in: Andenas/Hess/Oberhammer, S.  303 ff.; Trocker, in: Stürner/ Kawano, S.  21 ff.; aus deutscher Sicht auch Walker, in: GS Wolf, S.  561. 3  EGMR, Urt. v. 19.03.1997 – 18357/91 (Hornsby v Greece), Rn.  40.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Schuldners erfolgen kann, wie dies bspw. bei tätigkeitsbezogenen Pflichten der Fall ist. Hier stößt das Recht letztlich an die Grenzen des Faktischen. Die Untersuchung des Zwangsvollstreckungsrechts erfolgt in vergleichsweise detaillierter Weise. Dies geht auf die Überlegung zurück, dass das Zwangsvollstreckungsrecht nicht belanglose Verfahrensvorschriften und Regelungsdetails beinhaltet,4 sondern sich in dessen Ausgestaltung vielmehr eine Abwägung der Schuldner- und Gläubigerinteressen und damit letztlich ebenfalls ein Bekenntnis zum Erfüllungsanspruch erkennen lässt. So mag die Länge einer verfahrensrechtlichen Frist dem ersten Anschein nach – wie letztlich jede Frist – von einer gewissen Arbitrarität gekennzeichnet sein, sie hat aber erhebliche Auswirkungen darauf, ob der Gläubiger die Leistung zeitnah oder erst zeitversetzt erhält.

A. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe sowie von Handlungen und Unterlassungen im deutschen Recht

A. Zwangsvollstreckung im deutschen Recht Das deutsche Recht regelt die Zwangsvollstreckung nicht in einer Geldzahlung liegender Pflichten insbesondere im 3. Abschnitt des 8. Buchs der ZPO (§§  883 ff.).5 I. Herausgabe beweglicher Sachen 1. Bestimmte bewegliche Sachen Ist der Schuldner zur Herausgabe einer bestimmten Sache oder einer Menge bestimmter Sachen verpflichtet, so hat der Gerichtsvollzieher diese dem Schuldner wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben (§  883 Abs.  1 ZPO, §  127 Abs.  1 S.  1 GVGA). Sachlich beschränkt sich der Anwendungsbereich des §  883 ZPO somit auf bewegliche körperliche Gegenstände i. S. d. §  90 BGB sowie auf Sach-

4  So aber noch Stein, Grundriss des Zivilprozeßrechts und des Konkursrechts, S. XIV in Bezug auf das Prozessrecht: „Der Prozeß ist für mich das ‚technische Recht‘ in seiner allerschärfsten Ausprägung“. 5  Bei der nachfolgenden Besprechung der Zwangsvollstreckungsmodalitäten ist stets davon auszugehen, dass die allgemeinen für die Zwangsvollstreckung geltenden Voraussetzungen erfüllt sind. In erster Linie wird also unterstellt, dass der Gläubiger einen Titel mit vollstreck­ barem Inhalt gegen den Schuldner erwirkt hat (§§  704, 794 ZPO), der in vollstreckbarer Ausfertigung vorliegt, d. h. mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist (§§  724 ff. ZPO). Erforderlich ist ferner, dass der Vollstreckungstitel dem Schuldner zugestellt worden ist oder mit dem Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt wird (§  750 Abs.  1 S.  1 ZPO). Siehe näher etwa Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  12.1 ff.; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  3 Rn.  1 ff.

A. Zwangsvollstreckung im deutschen Recht

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gesamtheiten.6 Findet der Gerichtsvollzieher die herauszugebende Sache nicht vor, kennt der Schuldner aber deren Belegenheitsort, so können die eidesstatt­ liche Versicherung und alternativ Erzwingungshaft Abhilfe schaffen (vgl. §  883 Abs.  2 i. V. m. §§  802g ff. ZPO).7 2. Gattungsschulden Für die Herausgabe einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere ordnet §  884 ZPO die entsprechende Anwendbarkeit des §  883 Abs.  1 ZPO an. Reine Gattungsschulden, sofern diese zumindest vertretbare Sachen betreffen,8 sind deshalb wie Stückschulden zu behandeln (vgl. §  127 Abs.  1 S.  2 GVGA).9 Die Konkretisierung wird in analoger Anwendung des §  264 Abs.  1 BGB grundsätzlich vom Gerichtsvollzieher vorgenommen.10 Die Möglichkeit einer eidesstattlichen Versicherung bei fehlender Auffindbarkeit ist für Gattungsschulden jedoch nicht vorgesehen, da der Gläubiger ebenfalls einen Ersatzkauf tätigen und gemäß §  893 Abs.  1 ZPO das Interesse geltend machen kann.11 Die Beschaffung von Sachen der geschuldeten Gattung durch den Schuldner gemäß den Vorschriften über die Vollstreckung vertretbarer Handlungen schließt §  887 Abs.  3 ZPO ausdrücklich aus.12 3. Verfahren, insbesondere Betreten der Wohnung des Schuldners Der Gerichtsvollzieher nimmt dem Schuldner die Sache weg und übergibt sie dem Gläubiger. Für die Wegnahme ist typischerweise das Betreten der Wohnung 6 Vgl. Hein, JuS 2012, 902 (903); Bartels, in: Stein/Jonas, §  883 ZPO Rn.  15 f.; Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  4 und 7; Seibel, in: Zöller, §  883 ZPO Rn.  3; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  883 ZPO Rn.  2. 7 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  883 ZPO Rn.  31 ff.; Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  30 ff.; Seibel, in: Zöller, §  883 ZPO Rn.  13 ff. 8  Bei unvertretbaren Gattungsschulden scheidet die Anwendung des §  884 ZPO aus. Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  884 ZPO Rn.  4; Seibel, in: Zöller, §  883 ZPO Rn.  3. Sofern die Parteien allerdings eine Vorratsschuld vereinbart haben, kommt eine Vollstreckung nach §  883 ZPO in Betracht. Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  883 ZPO Rn.  16; Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  9; Seibel, in: Zöller, §  883 ZPO Rn.  3. 9 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  884 ZPO Rn.  1; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  39.8; Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  8. Ob eine Sache vertretbar ist, ist nach §  91 BGB zu bestimmen. Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  884 Rn.  3. 10 Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  35 Rn.  19; Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  9. 11 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  884 Rn.  1; Schmidt, in: Anders/Gehle, §  884 ZPO Rn.  3; Seibel, in: Zöller, §  884 ZPO Rn.  2. 12 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  884 ZPO Rn.  2; Gruber, in: MüKoZPO, §  884 Rn.  7; Seibel, in: Zöller, §  884 ZPO Rn.  2.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

des Schuldners erforderlich. Verweigert der Schuldner dem Gerichtsvollzieher den Zugang zur Wohnung, bedarf der Gerichtsvollzieher in Anbetracht des Art.  13 GG grundsätzlich einer zusätzlichen richterlichen Anordnung (vgl. §  758a Abs.  1 S.  1 ZPO).13 4. Rechtsfolge Die Wegnahme der Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger beinhaltet eine Besitzverschaffung (vgl. §  128 Abs.  1 S.  1 GVGA) und ersetzt damit lediglich die Übergabe (§  897 Abs.  1 ZPO).14 Sofern die herauszugebende Sache in das Eigentum des Gläubigers übergehen soll, bedarf es zudem einer dahingehenden Willenserklärung des Schuldners, die erforderlichenfalls gemäß §  894 S.  1 ZPO durch das Urteil des Gerichts ersetzt werden kann.15 II. Herausgabe von Grundstücken und Schiffen Pflichten zur Herausgabe, Überlassung oder Räumung von Grundstücken und eingetragenen Schiffen16 werden durch Zwangsräumung vollstreckt (§§  885 f. ZPO). Diese erfolgt durch Besitzentsetzung des Schuldners und anschließende Besitzeinsetzung des Gläubigers (§  885 Abs.  1 S.  1 ZPO). Ist der Schuldner neben der Herausgabe ebenfalls zur Verrichtung weiterer Tätigkeiten, etwa zur Beseitigung eines Bauwerks17 oder zur Entsorgung herumliegender Abfälle18, verurteilt worden, so sind zusätzlich die §§  887 f. ZPO anzuwenden.19

13  Siehe

bereits BVerfG, Beschl. v. 03.04.1979 – 1 BvR 994/76, NJW 1979, 1539. §  758a ZPO stellt dies seit dem Jahre 1999 klar, nachdem die Frage, ob für das Betreten der Wohnung eine separate Anordnung erforderlich oder die Erlaubnis dazu bereits in der Hauptverurteilung enthalten ist, seit Längerem umstritten gewesen war. Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  35 Rn.  24 f.; Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  26, beide m. w. N. zum älteren Schrifttum. 14 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  883 Rn.  21, §  894 Rn.  17 ff. 15  Siehe näher unten Kap.  6 A. IV. (S.  256). 16 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  7. Auf die Räumung beweglicher Sachen, etwa einer Wohnbaracke (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 30.01.1962 – 8 W 9/62, NJW 1962, 595) und nicht eingetragener Schiffe, kann §  885 ZPO analog angewendet werden. Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  885 ZPO Rn.  3; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  8; Schmidt, in: Anders/Gehle, §  885 ZPO Rn.  4; Seibel, in: Zöller, §  885 ZPO Rn.  1; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  885 ZPO Rn.  1. 17 Vgl. BGH, Beschl. v. 19.03.2004 – IXa ZB 328/03, NJW-RR 2005, 212 f. 18 Vgl. BGH, Beschl. v. 25.06.2004 – IXa ZA 9/04, DGVZ 2005, 70. 19 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  885 ZPO Rn.  4.

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1. Person des Schuldners und Bestimmtheit des Titels Die Zwangsräumung kann grundsätzlich lediglich gegen die im Urteil bezeichnete(n) Person(en) vollstreckt werden (vgl. §  750 Abs.  1 ZPO).20 Gegen Dritte, etwa den Untermieter21 oder andere unmittelbare Mitbesitzer22, muss deshalb grundsätzlich ebenfalls ein Titel erwirkt werden.23 Dies gilt auch dann, wenn diese Personen dem Gläubiger unbekannt sind, wie es häufig bei besetzten Häusern der Fall ist.24 2. Verfahren Die Räumung kann grundsätzlich nicht früher als drei Wochen nach der Zustellung des Titels durchgeführt werden (§  128 Abs.  2 S.  5 GVGA). Bei der Räumung einer Wohnung kann das Gericht dem Schuldner zudem eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren (vgl. §§  721, 794a ZPO). Einer separaten richterlichen Genehmigung zum Betreten einer Wohnung bedarf es wegen der Natur der Zwangsräumung ausnahmsweise nicht (§  758a Abs.  2 ZPO).25 Wie bei der Zwangsvollstreckung insgesamt, ist insbesondere bei der Zwangsräumung die schuldnerschützende, allerdings mit Zurückhaltung anzuwendende Vorschrift des §  765a ZPO zu berücksichtigen, nach der eine Maßnahme aufgeschoben oder sogar insgesamt aufgehoben werden kann, wenn diese „unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist“ (§  765a Abs.  1 S.  1 ZPO).26 20 Vgl.

Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  12. BGH, Beschl. v. 14.08.2008 – I ZB 39/08, NJW 2008, 3287 f. 22 Vgl. BGH, Beschl. v. 19.03.2008 – I ZB 56/07, NJW 2008, 1959 (Rn.  12 ff.). 23  Siehe ausführlich und m.  w.  N. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  39.10; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  12 ff.; Mroß/Fischer, DGVZ 2016, 195 (196 f.); Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  70 Rn.  21; Schuschke, DGVZ 2009, 160 (161 ff.); Seibel, in: Zöller, §  885 ZPO Rn.  6 ff. und insbesondere Honsel, Die Räumungsvollstreckung gegen Personenmehrheiten, passim. 24 Vgl. BGH, Beschl. v. 13.07.2017 – I ZB 103/16, NJW 2018, 399. Siehe auch Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  39.10; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  5. 25 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  885 ZPO Rn.  6; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  26; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  70 Rn.  20; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  885 ZPO Rn.  2 f. Kritisch wegen verfassungsrechtlicher Bedenken etwa Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  8.21. 26  Grundsätzlich bejaht hat die Rechtsprechung das Vorliegen solcher Umstände bspw. bei Suizidgefährdung des Schuldners. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.08.2001 – 1 BvR 1002/01, NJWRR 2001, 1523; BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 24/05, NJW 2006, 508; BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 27/10, NJW-RR 2011, 300; BVerfG, Beschl. v. 25.02.2014 – 2 BvR 2457/13, NJW 2014, 2266; BVerfG, Beschl. v. 06.07.2016 – 2 BvR 548/16, NJW 2016, 3090; BVerfG, 21 Vgl.

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3. Vorgefundene bewegliche Gegenstände a) Allgemein In welcher Weise mit den vom Gerichtsvollzieher vorgefundenen beweglichen Sachen (darunter auch Tieren27) zu verfahren ist, wird in §  885 Abs.  2 ff. ZPO, §  128 Abs.  5 ff. GVGA geregelt.28 Sofern diese nicht Gegenstand der Vollstreckung sind, müssen die Sachen grundsätzlich entfernt werden (§  885 Abs.  2 ZPO, §  128 Abs.  3 GVGA).29 Die wegzuschaffenden Sachen muss der Gerichtsvollzieher in erster Linie dem Schuldner oder alternativ einer ihm nahestehenden Person übergeben (§  885 Abs.  2 ZPO). Scheidet dies wegen der Unauffindbarkeit der genannten Personen oder der Verweigerung aus, werden die Sachen in die Pfandkammer oder in Verwahrung gegeben (§  885 Abs.  3 S.  1 ZPO).30 Keinesfalls darf der Gerichtsvollzieher Sachen schlichtweg auf die Straße stellen.31

Beschl. v. 15.05.2019 – 2 BvR 2425/18, NJW 2019, 2012; BVerfG, Beschl. v. 08.08.2019 – 2 BvR 305/19, NJW 2019, 2995. Siehe näher auch Kaiser, NJW 2011, 2412; Linke, NZM 2002, 205; Lissner, DGVZ 2020, 90; Schuschke, NZM 2011, 304; Schuschke, NZM 2012, 209 (215); Schuschke, NZM 2015, 233 (237 ff.); Walker/Gruß, NJW 1996, 352; Zschieschack, NZM 2017, 15. 27  Der Umgang mit Tieren in der Zwangsvollstreckung wird insbesondere in Deutschland diskutiert und ist in der Rechtsprechung und Literatur gleichermaßen umstritten. Siehe im Überblick etwa Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  43 Rn.  39. Nach einer Ansicht obliegt dem Ordnungsamt im Rahmen der Gefahrenabwehr die Pflicht, für die Unterbringung der Tiere zu sorgen. So etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.12.1996 – 14 W 64/96, NJW 1997, 1789 (1790); LG Oldenburg, Beschl. v. 27.10.1994 – 6 T 656/94, DGVZ 1995, 44; Geißler, DGVZ 1995, 145 ff. Nach anderer Ansicht sind diese als bewegliche Sachen i. S. d. §  885 Abs.  2 ff. ZPO mit der Folge anzusehen, dass der Gerichtsvollzieher zuständig ist. So etwa Braun, JZ 1997, 574 ff.; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  50; Loritz, DGVZ 1997, 150 ff.; Majer, NZM 2012, 67 (72); Schmid, JR 2013, 245 ff.; Seibel, in: Zöller, §  885 ZPO Rn.  20; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  885 ZPO Rn.  18. Der BGH hat sich grundsätzlich letzterer Ansicht angeschlossen und vergleichsweise detaillierte Angaben zum weiteren Vorgehen gemacht. Vgl. BGH, Beschl. v. 04.04.2012 – I ZB 19/11, NJW 2012, 2889 (Rn.  11 ff.). In den anderen hier untersuchten Rechtsordnungen scheint diese Problematik keine große Rolle zu spielen. 28  Siehe näher Bartels, in: Stein/Jonas, §  885 ZPO Rn.  29 ff.; Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  3 Rn.  22; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  31 ff.; Seibel, in: Zöller, §  885 ZPO Rn.  17 ff. 29  Andernfalls sind die §§  883 f. ZPO anwendbar. Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  32. 30  Verlangt der Schuldner im Anschluss keine Herausgabe oder zahlt dieser nicht die Kosten der Aufbewahrung, liquidiert der Gerichtsvollzieher die Sachen und hinterlegt den Erlös (§  885 Abs.  4 S.  1 und 2 ZPO). Siehe dazu näher Hippeli, DGVZ 2018, 241 ff. 31 Vgl. Schmidt, in: Anders/Gehle, §  885 ZPO Rn.  15; Schuschke, DGVZ 2010, 137 (139).

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b) Berliner Räumung; beschränkter Vollstreckungsauftrag gemäß §  885a ZPO Bei der faktischen Durchführung der Zwangsräumung und der Wegschaffung beweglicher Sachen haben sich in der Praxis verschiedene Vorgehensweisen etabliert, die schwerpunktmäßig der Vermeidung exorbitanter Speditions- und Aufbewahrungskosten und damit dem Schutz des Gläubigers dienen, der für diese Kosten Vorschüsse leisten muss (§  4 Abs.  1 S.  1 GvKostG) und sich leicht mit der Unrealisierbarkeit des Erstattungsanspruchs gegen den Schuldner konfrontiert sehen kann.32 Der Gerichtsvollzieher kann sowohl die Räumung als auch die Wegschaffung der Sachen gleichzeitig vornehmen (sog. Preußische Räumung) oder zunächst formell zwangsräumen und dem Schuldner eine Frist zur Entfernung der Sachen oder zur Mitteilung eines Lagerorts setzen, zu dem die Sachen transportiert werden sollen (sog. Hamburger Räumung33). Das Modell der Berliner Räumung, bei dem lediglich eine formelle Zwangsräumung stattfindet, der Vermieter in Bezug auf bewegliche Gegenstände allerdings vom Vermieterpfandrecht (§  562 BGB) Gebrauch macht und die Sachen deshalb in der Wohnung verbleiben, ist nach vorheriger Anerkennung in der höchstinstanzlichen Rechtsprechung34 durch das Mietrechtsänderungsgesetz35 im Jahre 2013 mit einer gesetzlichen Grundlage versehen worden (§  885a ZPO).36 Der Gerichtsvollzieher dokumentiert die vorgefundenen Sachen,37 während der Vermieter/ Gläubiger deren Wegschaffung und Verwahrung sowie, sofern sich der Schuld32  Siehe im Allgemeinen Bartels, in: Stein/Jonas, §  885a ZPO Rn.  1; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  35 Rn.  38 ff.; Gruber, in: MüKoZPO, §  885a Rn.  3 ff. 33  Zum Transport ist der Gerichtsvollzieher grundsätzlich allerdings nicht verpflichtet. So auch LG Aschaffenburg, Beschl. v. 07.02.1997 – 4 T 232/96, DGVZ 1997, 155; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  40. Häufig stellt dieser jedoch die kostengünstigere Alternative dar. In diesem Fall darf der Gerichtsvollzieher den Transport vornehmen. Ähnliches gilt, wenn der Schuldner oder der Gläubiger die Kosten übernimmt. 34  Vgl. etwa BGH, Beschl. v. 17.11.2005 – I ZB 45/05, NJW 2006, 848; BGH, Beschl. v. 10.08.2006 – I ZB 135/05, NJW 2006, 3273; BGH, Beschl. v. 16.07.2009 – I ZB 90/05, NJWRR 2009, 1384. 35  Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln v. 11.03.2013, BGBl. I, S.  434. 36  Vgl. BT-Drs. 17/10485, S.  2, 15 r.Sp.; Bartels, in: Stein/Jonas, §  885a ZPO Rn.  2; Gruber, in: MüKoZPO, §  885a Rn.  3 und 5; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  885a ZPO Rn.  1. Siehe zum Verhältnis der etablierten Praxis zum gesetzlichen Modell Fischer/Mroß, DGVZ 2015, 97 (101 ff.). Siehe näher im Allgemeinen etwa Flatow, NJW 2006, 1396; Knapp, Die Räumungsvollstreckung nach dem Berliner Modell; Lehmann-Richter, NZM 2014, 257 (260 ff.); Majer, Die Räumungsvollstreckung und ihre effektive Durchsetzung, S.  67 ff.; Schuschke, NZM 2006, 284; Schwieren, Die Kostenbelastung des Gläubigers bei der Räumungsvollstreckung, S.  82 ff. 37  Kritisch dazu Dötsch, NZM 2012, 73 ff.; Fischer/Mroß, DGVZ 2015, 97 (99 f.); Schuschke, NZM 2012, 209 (213). Siehe auch Lincke, DGVZ 2016, 44.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

ner nicht meldet, deren Verwertung übernimmt (vgl. §  885a Abs.  2, 3 S.  1 und Abs.  4 S.  1 und S.  3 ZPO, §  129 GVGA).38 III. (Un-)Tätigkeitspflichten Die §§  887 ff. ZPO normieren die Erzwingung von Handlungen sowie Unterlassungen und Duldungen.39 1. Handlungspflichten Bei Verpflichtungen zum Tun ist danach zu unterscheiden, ob eine vertretbare oder unvertretbare Handlungspflicht40 vorliegt.41 Vertretbar ist eine Leistungshandlung, wenn auch ein Dritter den Leistungserfolg herbeiführen kann. Bei unvertretbaren Handlungen kann hingegen lediglich der Schuldner leisten.42

38 Vgl.

Bartels, in: Stein/Jonas, §  885a ZPO Rn.  6 und 9 ff.; Seibel, in: Zöller, §  885a ZPO Rn.  3 ff. 39 Siehe näher zur Gesetzessystematik insbesondere Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 f. 40  Zur (Un)Vertretbarkeit der Handlung existiert eine umfangreiche Kasuistik. Unvertretbar sind danach bspw. die Erteilung einer Bescheinigung (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 18.12.2009 – 10 W 814/09, BeckRS 2010, 14334) oder eines Zeugnisses (vgl. BAG, Urt. v. 23.06.2004 – 10 AZR 495/03, NJW 2005, 460 (461); siehe auch Geißler, DGVZ 1988, 17 ff.), der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber (vgl. BAG, Urt. v. 17.03.2015 – 9 AZR 702/13, NZA 2016, 124 (125 Rn.  21)) sowie im Allgemeinen Leistungen der Kunst und Wissenschaft (vgl. etwa Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  46). Siehe näher auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  5 f.; Seibel, in: Zöller, §  887 ZPO Rn.  3, §  888 Rn.  3, beide m. w. N. Als vertretbare Leistungen gelten hingegen etwa Abbruch- und Beseitigungsansprüche (vgl. BGH, Beschl. v. 19.03.2004 – IXa ZB 328/03, NJW-RR 2005, 212), Mängelbeseitigung (etwa an der Miet- oder Kaufsache), Handwerksleistungen, die Pflicht zum Schneeräumen (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 01.08.2011 – 16 W 90/11, NJW-RR 2011, 1695) sowie der Anspruch auf Vernichtung von Fotomaterial (vgl. OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 22.05.2006 – 11 W 13/06, NJW-RR 2007, 485). Siehe näher auch Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.3. 41  Bei der Abgrenzung zwischen beiden Handlungsarten kommt es auf die Perspektive des Gläubigers unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses an. Vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 02.01.2014 – 3 W 648/13, MDR 2014, 244 (245): „Es muss von dem Standpunkt des Gläubigers aus wirtschaftlich gleichgültig sein, durch wen die Handlung vorgenommen wird, und vom Standpunkt des Schuldners rechtlich zulässig sein, dass ein anderer als er selbst die Handlung vornimmt“. Siehe auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  887 ZPO Rn.  6; Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  8 ff.; Seibel, in: Zöller, §  887 ZPO Rn.  2. 42 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.2; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  71 Rn.  2 ff.

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a) Vertretbare Handlungen Die Vollstreckung vertretbarer Handlungen erfolgt durch Ersatzvornahme (§  887 ZPO). Das Gericht ermächtigt den Gläubiger auf dessen Antrag dazu, die Leistung durch einen Dritten erbringen zu lassen. Die Ersatzvornahme erfolgt auf Kosten des Schuldners, jedenfalls soweit die Kosten notwendig waren (§  887 Abs.  1 i. V. m. §§  788 Abs.  1, 91 Abs.  1 S.  1 ZPO).43 Der Gläubiger kann für die voraussichtlich mit der Ersatzvornahme einhergehenden Kosten eine Verurteilung des Schuldners zur Vorauszahlung beantragen (§  887 Abs.  2 ZPO).44 Wegen der Subsidiarität des §  887 ZPO45 im Verhältnis zu einigen sich ebenfalls auf Handlungen beziehenden leges speciales liegt der Anwendungsbereich der Norm insbesondere im Dienst-, Werkvertrags- und Baurecht.46

43  Nimmt der Gläubiger eine Ersatzvornahme ohne vorherige richterliche Ermächtigung vor, können die Kosten nicht im Wege des Zwangsvollstreckungsverfahrens geltend gemacht werden. Vielmehr hat der Gläubiger Leistungsklage zu erheben, im Rahmen derer Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf bereicherungsrechtlicher Grundlage geltend gemacht werden können. Vgl. BGH, Beschl. v. 10.08.2006 – I ZB 110/05, NJW-RR 2007, 213 (214 Rn.  18). Siehe auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  887 ZPO Rn.  49; Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  31. 44 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  887 ZPO Rn.  45 f.; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.9. Die Kosten können vom Gericht, erforderlichenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, zunächst geschätzt werden. Vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.1992 – VII ZR 272/90, NJW 1993, 1394 (1395); BGH, Beschl. 05.11.2004 – IXa ZB 32/04, NJW 2005, 367 (369); Seibel, in: Zöller, §  887 ZPO Rn.  10. 45 Vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 02.01.2014 – 3 W 648/13, MDR 2014, 244 f.; Seibel, in: Zöller, §  887 ZPO Rn.  2. 46  (Uneigentliche) Handlungen zur Herausgabe einer Sache sind vorrangig nach §§  883 ff. ZPO zu vollstrecken (§  887 Abs.  3 ZPO). Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  11 f.; Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  5; a. A. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  431 ff. Für die Abgabe einer Willenserklärung – ebenfalls eine (unvertretbare) Handlung (vgl. Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 (483)) – enthält §  894 ZPO zudem eine Sonderregelung. Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  887 ZPO Rn.  3, §  894 Rn.  1; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.4; Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  7. Schließlich sieht auch das besondere Schuldrecht die Möglichkeit einer Ersatzvornahme bereits vor. So kann der Besteller einen Mangel des Werks nach Fristsetzung selbst beseitigen (lassen) und gegen den Schuldner einen Anspruch auf die Zahlung eines Vorschusses oder Aufwendungsersatz geltend machen (§§  634 Nr.  2, 637 Abs.  1 und 3 BGB). Ähnlich verhält es sich bei der Beseitigung eines Mangels der Mietsache (§  536a Abs.  2 BGB). §  887 ZPO stellt das vollstreckungsrechtliche Pendant derartiger Regelungen dar. Vgl. Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S.  466, der die Existenzberechtigung der vollstreckungsrechtlichen Regelung deshalb bestreitet.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

b) Nicht vertretbare Handlungen aa) Allgemein Die Vollstreckung von Handlungen, die lediglich vom Schuldner vorgenommen werden können, erfolgt durch Verurteilung zur geschuldeten Handlung unter Androhung eines Übels in Form des Zwangsgelds und/oder der Zwangshaft (§  888 Abs.  1 S.  1 ZPO). Es handelt sich mithin um eine Form des indirekten Zwangs, der durch das Gericht auf Antrag des Gläubigers angeordnet wird. Abgesehen vom Vorliegen einer unvertretbaren Handlung setzt eine Vollstreckung nach §  888 ZPO voraus, dass die Vornahme der Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt (§  888 Abs.  1 S.  1 ZPO). Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Leistung wegen Unmöglichkeit nicht erbracht werden kann47 oder die Mitwirkung eines Dritten48 erfordert. Im letzteren Fall liegt ähnlich wie auf materiellrechtlicher Ebene Unmöglichkeit erst dann vor, wenn der Schuldner „alle zumutbaren Maßnahmen (rechtlicher oder tatsächlicher Art) ergriffen hat, um seinerseits den Dritten zur Duldung der geschuldeten Handlung oder Mitwirkung […] zu bewegen“.49 Vor dem Hintergrund der Argyll-Entscheidung des House of Lords50 ist bereits an dieser Stelle erwähnenswert, dass auch eine im Mietvertrag vereinbarte Betriebspflicht nach ständiger Rechtsprechung eine unvertretbare Handlung darstellt, die nach §  888 ZPO vollstreckt werden kann.51 bb) Ausnahmen, insbesondere §  888 Abs.  3 ZPO Eine praktisch bedeutsame Ausnahme von der Vollstreckbarkeit unvertretbarer Leistungen sieht §  888 Abs.  3 ZPO für Verpflichtungen aus einem Dienstvertrag 47 Vgl.

Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  10; Cirullies, NJW 2013, 203 (204); Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  13. 48  Vgl. etwa OLG Hamburg, Beschl. v. 21.08.2013 – 8 W 72/13, NJW-RR 2014, 133 (behördliche Genehmigung); Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  37. 49  BGH, Beschl. v. 27.11.2008 – I ZB 46/08, NJW-RR 2009, 443 (444 Rn.  14); ähnlich BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, NJW 2009, 2308 (2309 Rn.  21). Siehe zustimmend zur letzten Entscheidung auch Koch, EWiR 2009, 591 f. 50  Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1. Siehe dazu oben Kap.  2 C. IV.1.b) (S.  82). 51  Vgl. etwa OLG Rostock, Beschl. v. 22.08.2016 – 3 W 53/16, NJW 2016, 3539 (Bekleidungsgeschäft in einem Einkaufszentrum). Siehe ferner OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.01.1997 – 24 U 94/96, NJW-RR 1997, 648 (Wäschegeschäft in einem Einkaufszentrum); OLG Celle, Beschl. v. 02.01.1996, 2 W 80/95, NJW-RR 1996, 585 (Parfümerie in einem Ladenzentrum); OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 10.12.2008 – 2 U 250/08, ZMR 2009, 446 (Hotel); OLG Hamburg, Beschl. v. 21.08.2013 – 8 W 72/13, NJW-RR 2014, 133 (Apotheke); a. A. allerdings OLG Naumburg, Beschl. v. 21.11.1997 – 2 W 14/97, NJW-RR 1998, 873. Siehe zur englischen Entscheidung oben Kap.  2 C. IV.1.b) (S.  82).

A. Zwangsvollstreckung im deutschen Recht

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i. S. d. §  611 BGB vor.52 Jedenfalls nach Ansicht der Rechtsprechung handelt es sich bei Pflichten aus einem Arbeitsvertrag in Anbetracht des §  613 S.  1 BGB, nach dem der Schuldner die Leistung im Zweifel persönlich zu erbringen hat, immer um eine unvertretbare Handlung.53 Die hM im Schrifttum weist allerdings darauf hin, dass es sich dabei lediglich um eine Vermutung handelt, sodass danach zu fragen ist, ob die Leistung aus Sicht des Gläubigers vertretbar ist und bejahendenfalls §  887 ZPO angewendet werden kann.54 Erfasst von der Ausnahme des §  888 Abs.  3 ZPO sind jedenfalls höchstpersönliche Leistungen künstlerischer oder wissenschaftlicher Art.55 Die Vollstreckung nach §  888 ZPO kann ferner wegen einer damit einhergehenden Verletzung von Grundrechten ausgeschlossen sein.56 So kann die vertragliche Pflicht zur Mitwirkung an einer religiösen Scheidung nicht durch die Androhung der Zwangsmittel des §  888 Abs.  1 ZPO vollstreckt werden.57 cc) Zwangsmittel des §  888 Abs.  1 ZPO Das Zwangsgeld und die Zwangshaft dienen der Ausübung von Druck auf den Schuldner und der Beugung seines Willens; ihr Endziel ist somit die Vornahme der geschuldeten Handlung. Den Zwangsmitteln ist eine bestrafende Funktion deshalb fremd.58 Wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kommt die Zwangshaft erst dann in Betracht, wenn die Effektivität des Zwangsgelds als Mittel zur Beugung 52 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  36 f.; Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  20; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  71 Rn.  21. 53 Vgl. BAG, Urt. v. 04.03.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 (732): „Der Ausschluss der Vollstreckbarkeit gem. §  888 Abs.  3 ZPO gilt auch für alle Arbeitsverträge“. 54 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  38; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.16; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  38 m. w. N.; Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  15; Wolf, JZ 1963, 434 ff. 55 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  20. 56  Vgl. etwa Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  22. In verschiedenen eherechtlichen Fällen kommt eine Zwangsvollstreckung im Ergebnis ebenfalls nicht in Betracht. Aus dem materiellen Recht ergibt sich, dass auf die Eingehung der Ehe nicht geklagt werden kann (§  1297 Abs.  1 BGB), sodass a fortiori die Vollstreckung ausscheidet (vgl. §  120 Abs.  3 FamFG). Ähnliches gilt für die (Wieder-)Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft (§  1353 Abs.  2 BGB, §  120 Abs.  3 FamFG). Siehe näher etwa Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.15; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  39 f.; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  71 Rn.  20. 57 Vgl. OLG Köln, Beschl. v. 19.03.1973 – 7 W 63/72, MDR 1973, 768 (Scheidung nach jüdischem Recht). 58 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  21; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.19; Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  25; Seibel, in: Zöller, §  888 ZPO Rn.  7; a. A. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  433.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

des Willens des Schuldners zweifelhaft ist.59 Im Übrigen können Zwangsgeld und Zwangshaft nicht simultan kumuliert werden,60 deren sukzessive Anwendung ist hingegen zulässig (vgl. §  888 Abs.  1 S.  1 ZPO).61 Auch eine wiederholte Anordnung ist möglich.62 Eine vorherige Androhung findet zwar nicht statt (§  888 Abs.  2 ZPO), denkbar ist allerdings, dass dem Schuldner für die Durchführung der geschuldeten Handlung ein gewisser Zeitraum zugestanden wird.63 (1) Zwangsgeld Das Zwangsgeld wird vom Gericht festgesetzt und darf den Betrag von 25.000 EUR nicht überschreiten (§  888 Abs.  1 S.  1 und 2 ZPO). Ein Mindestbetrag von 5 EUR ergibt sich – in Anbetracht des Charakters des Zwangsgelds bemerkenswerterweise – aus Art.  6 Abs.  1 S.  1 EGStGB. Das Zwangsgeld wird als einheitlicher Betrag festgesetzt;64 ein Betrag pro Zeiteinheit, etwa für jeden Tag der Nichtbeschäftigung eines Arbeitnehmers,65 ist nicht zulässig.66 Nach einer Nichtbefolgung der Gerichtsentscheidung wird das Zwangsgeld nicht von Amts wegen, sondern lediglich auf Antrag des Gläubigers nach den Vorschriften über die Vollstreckung wegen Geldforderungen vollstreckt.67 Das Zwangsgeld fließt der Staatskasse zu.68 59 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.18. Dies kann insbesondere bei weniger finanzstarken Schuldnern der Fall sein. Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  23; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  53; Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  27. 60 Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  53; Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  27; Seibel, in: Zöller, §  888 ZPO Rn.  8; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  888 ZPO Rn.  12. 61 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  23; Cirullies, NJW 2013, 203; Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  27. 62 Vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 11.08.1993 – 16 WF 24/93, FamRZ 1994, 1274; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.06.1997 – 10 W 37/96, FamRZ 1998, 180. Siehe auch Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  28. 63 Vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, NJW 2009, 2308 (2310 Rn.  29). Siehe auch Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  24. 64  Die Bestimmung der Höhe des Zwangsgelds richtet sich nach dessen Ziel. Es kommt darauf an, welche Summe zur Beugung des Willens des Schuldners voraussichtlich erforderlich ist. Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  29. 65  LAG Köln, Beschl. v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95, NZA-RR 1996, 108; LAG BadenWürttemberg, Beschl. v. 19.09.2013 – 13 Ta 15/13. 66 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  29. Für bestimmte Pflichten aus dem BetrVG gelten allerdings Sondervorschriften (vgl. §§  23 Abs.  3. S.  5, 98 Abs.  5 S.  3, 101 S.  3 BetrVG). 67 Vgl. BGH, Beschl. v. 02.03.1983 – IVb ARZ 49/82, NJW 1983, 1859 (1860). 68 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.19; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  36 Rn.  58; Seibel, in: Zöller, §  888 ZPO Rn.  13; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  888 ZPO Rn.  15.

A. Zwangsvollstreckung im deutschen Recht

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Sofern das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann, kommt eine Ersatzhaft in Betracht.69 Diese muss das Gericht jedoch bereits bei Verhängung des Zwangsgelds angeordnet haben.70 (2) Zwangshaft Für die Zwangshaft ordnet §  833 Abs.  1 S.  3 ZPO eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Erzwingungshaft für Vermögensauskünfte bei der Vollstreckung von Geldforderungen an (§§  802a ff., insbesondere §  802g ZPO). Das Gericht erlässt auf Antrag des Gläubigers einen Haftbefehl gegen den Schuldner (§  802g Abs.  1 S.  1 ZPO). Die Dauer der Haft beträgt mindestens einen Tag (Art.  6 Abs.  2 S.  1 EGStGB) und höchstens sechs Monate (§  802j Abs.  1 S.  1 ZPO).71 Für die Vollstreckung der Zwangshaft hat der Gläubiger einen Kostenvorschuss zu leisten (§  4 Abs.  1 GvKostG). Erklärt sich der Schuldner zur Erbringung der Leistung bereit, wird dieser aus der Haft entlassen (§  888 Abs.  1 S.  3 i. V. m. §  802i Abs.  2 ZPO).72 2. Unterlassungs- und Duldungspflichten Ebenso wie unvertretbare Handlungen werden auch Unterlassungs- und Duldungspflichten durch die Androhung eines Übels vollstreckt. Hat der Schuldner eine Handlung zu unterlassen oder zu dulden, so wird dieser im Falle der Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers durch das Gericht zu einem Ordnungsgeld oder zur Ordnungshaft verurteilt (§  890 Abs.  1 S.  1 ZPO). Bei der Abgrenzung zwischen der Vollstreckung unvertretbarer Handlungen (§  888 ZPO) und der Vollstreckung von Unterlassungen (§  890 ZPO) kommt es nicht auf den negativen oder positiven Wortlaut des Tenors an. Diese sprachlichen Aspekte des Unterlassungsanspruchs wurden oben bereits angesprochen.73 Vielmehr ist zu ermitteln, „ob – bei verständiger Auslegung des Titels – in der Sache ein Gebot zum Unterlassen oder ein Gebot zum Handeln ausgesprochen worden ist“.74

69 Vgl.

Gruber, in: MüKoZPO, §  888 Rn.  29. Cirullies, NJW 2013, 203. 71  Die Festsetzung kann auch ohne bestimmte Angabe zur Dauer erfolgen. Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  888 ZPO Rn.  29; Seibel, in: Zöller, §  888 ZPO Rn.  10. 72 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.19. 73  Siehe oben Kap.  1 C. II.3. (S.  25). 74  OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.04.2000 – 5 W 22/00-8, NJW-RR 2001, 163 (164). Vgl. auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  5; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  5. 70 Vgl.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

a) Allgemein Beim Unterlassen i. S. d. §  890 ZPO kann es sich sowohl um ein reines Untätigbleiben als auch um ein Unterlassen mit einer (nicht ausdrücklichen) Verpflichtung zum Tun, bspw. dem Ausdemverkehrziehen von Sachen,75 handeln.76 Dulden ist das Nichtbehindern der Vornahme einer Handlung.77 Welche Pflicht dem Schuldner obliegt, ist durch Auslegung des Titels zu ermitteln. Zur Gewährleistung der Effektivität des Unterlassungs- oder Duldungsgebots ist eine äußerst restriktive Auslegung häufig nicht angebracht. Nach der sog. Kerntheorie ist vielmehr zu ermitteln, ob ein Verhalten des Schuldners das Wesen des Ver- oder Gebots betrifft, sodass auch „alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen“ erfasst sind.78 Die Verurteilung zu einer Ordnungsmaßnahme kann nur nach einer vorherigen Androhung erfolgen, zumindest sofern diese nicht bereits im Urteil enthalten ist (§  890 Abs.  1 ZPO).79 Diese Androhung dient dazu, dem Schuldner die Folgen eines Verstoßes vor Augen zu führen.80 Bei wiederholtem pflichtwidrigen Verhalten des Schuldners wird auf Antrag des Gläubigers „wegen einer jeden Zuwiderhandlung“ eine Ordnungsmaßnahme festgesetzt (§  890 Abs.  1 S.  1 ZPO). Dabei ist allerdings zu beachten, dass mehrere Zuwiderhandlungen u. U. eine natürliche Handlungseinheit bilden können, und zwar dann, wenn diese aufgrund „ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches, zusammengehörendes Tun erscheinen“.81 Auf Antrag des Gläubigers kann der Schuldner ebenfalls zur Bestellung einer Sicherheit für et75 Vgl.

BGH, Urt. v. 04.02.1993 – I ZR 42/91, NJW 1993, 2873. BGH, Beschl. v. 25.01.2007 – I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863 (864 Rn.  17). Siehe ausführlich Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  5; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  37 Rn.  4 ff.; Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 (475 ff.); Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  7; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  5; Seibel, in: Zöller, §  890 ZPO Rn.  4; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  890 ZPO Rn.  2a ff. 77 Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  37 Rn.  5; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  4; Seibel, in: Zöller, §  890 ZPO Rn.  2. 78  BGH, Urt. v. 09.11.1995 – I ZR 212/93, NJW 1996, 723 (724). Ähnlich BGH, Urt. v. 20.06.2013 – I ZR 55/12, NJW 2014, 775 (Rn.  18 ff.); BGH, Beschl. v. 03.04.2014 – I ZB 42/11, NJW 2014, 2870 (Rn.  11 ff.). Vgl. auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  34; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.21; Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 (477 f.); Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  10; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  5. 79 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  12; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  25 ff.; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  9; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  890 ZPO Rn.  4a. 80 Vgl. BGH, Beschl. v. 23.10.2003 – I ZB 45/02, NJW 2004, 506 (507). 81  BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 32/06, NJW 2009, 921 (Rn.  13). 76 Vgl.

A. Zwangsvollstreckung im deutschen Recht

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waige aus weiteren Zuwiderhandlungen folgende Schäden verurteilt werden (§  890 Abs.  3 ZPO). b) Ordnungsmaßnahmen des §  890 ZPO Der Charakter der Ordnungsmaßnahmen ist umstritten. Da diese erst in Betracht kommen, wenn der Schuldner die ihm obliegende Pflicht bereits verletzt hat, besteht insoweit weitestgehend Einigkeit darüber, dass diese in Abweichung von den Zwangsmitteln jedenfalls einen bestrafenden Charakter haben und der Sanktionierung von Zuwiderhandlungen dienen.82 Vor diesem Hintergrund kommt eine Verhängung der Ordnungsmaßnahmen – wiederum im Unterschied zu den Zwangsmitteln – nur dann in Betracht, wenn der Schuldner schuldfähig83 ist und die Zuwiderhandlung vorsätzlich oder fahrlässig84 begangen hat.85 Strittig ist insoweit insbesondere, ob mit den Ordnungsmaßnahmen ebenfalls das über die Bestrafung hinausgehende Ziel der Prävention verfolgt wird. Dies ist nach hM zu bejahen: „Die Ordnungsmittel des §  890 haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie – präventiv – der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellen sie – repressiv – eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar“.86 82  Vgl. bereits BVerfG, Beschl. v. 25.10.1966 – 2 BvR 506/63, NJW 1967, 195 (196). Siehe ferner etwa BVerfG, Beschl. v. 04.12.2006 – 1 BvR 1200/04, NJW-RR 2007, 860 (861 Rn.  11); Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  3; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.27; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  2; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  26; Seibel, in: Zöller, §  890 ZPO Rn.  6; a. A. insoweit lediglich Schmidt, in: Anders/ Gehle, §  890 ZPO Rn.  9 (die Vorschrift verfolge lediglich das Ziel der Willensbeugung). 83  Kinder und Geisteskranke sind dies bspw. nicht. Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.10.1995 – 9 U 51/95, NJW-RR, 1996, 211 bzw. OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 04.06.2014 – 5 WF 110/14, FamRZ 2014, 1956. 84 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1966 – 2 BvR 506/63, NJW 1967, 195 (196); BVerfG, Beschl. v. 14.07.1981 – 1 BvR 575/80, NJW 1981, 2457; BVerfG, Beschl. v. 23.04.1991 – 1 BvR 1443/87, NJW 1991, 3139; BVerfG, Beschl. v. 04.12.2006 – 1 BvR 1200/04, NJW-RR 2007, 860 (861 Rn.  11); BVerfG, Beschl. v. 09.05.2017 – 2 BvR 335/17, NJW-RR 2017, 957 (Rn.  29). 85 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.23; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  37 Rn.  17; Seibel, in: Zöller, §  890 ZPO Rn.  6; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  890 ZPO Rn.  15. 86  BGH, Beschl. v. 08.12.2016 – I ZB 118/15, NJW-RR 2017, 382 (383 Rn.  17). Siehe ferner insbesondere BVerfG, Beschl. v. 04.12.2006 – 1 BvR 1200/04, NJW-RR 2007, 860 (861 Rn.  11): „Die Vorschrift des §  890 ZPO enthält strafrechtliche Elemente, da die verhängte Strafe nicht nur Zwangsmittel, sondern auch Sühne für eine begangene Zuwiderhandlung ist“. Siehe auch BVerfG, Beschl. v. 25.10.1966 – 2 BvR 506/63, NJW 1967, 195 (196); Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  2; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  26; Seibel, in: Zöller, §  890 ZPO Rn.  6; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  890 ZPO Rn.  2. A. A. Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  440.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Bezüglich des Verhältnisses des Ordnungsgelds zur Ordnungshaft gilt im Wesentlichen das bereits oben zu den Zwangsmitteln Gesagte.87 Dies ergibt sich aus dem insoweit einheitlichen Wortlaut des jeweiligen Abs.  1 S.  1 von §  888 bzw. §  890 ZPO. Bei der Wahl des Ordnungsmittels sowie bei dessen Bemessung kommt dem Richter ein Ermessen zu.88 Ziel ist letztlich, dass sich „[e]ine Titelverletzung […] für den Schuldner nicht lohnen“ soll.89 aa) Ordnungsgeld Das Ordnungsgeld ist in bestimmter Höhe festzusetzen und bewegt sich zwischen 5 EUR (Art.  6 Abs.  1 S.  1 EGStGB) und 250.000 EUR (§  890 Abs.  1 S.  2 ZPO) je Verstoß. Die Vollstreckung einer auf Antrag des Gläubigers erlassenen Ordnungsmaßnahme erfolgt zugunsten der Staatskasse und, anders als die der Zwangsmittel, von Amts wegen.90 bb) Ordnungshaft Die Ordnungshaft dauert mindestens einen Tag (Art.  6 Abs.  2 EGStGB) und höchstens zwei Jahre (§  890 Abs.  1 S.  2 ZPO) pro Verstoß. Bei wiederholtem Zuwiderhandeln kann ebenso wie beim Ordnungsgeld die Höchstgrenze überschritten werden.91 Wer die Kosten der Vollstreckung der Ordnungshaft trägt, ist umstritten. Zum Teil wird vertreten, diese erfolge wegen des pönalen Charakters auf Kosten des Staates nach den Regeln der StrVollstrO.92 Nimmt man mit der hM an, §  890 ZPO sei ebenfalls präventiver Natur, soll wiederum der Gläubiger die Kosten der

87 

Siehe unten Kap.  6 A. III.1.b)cc) (S.  249). BGH, Beschl. v. 08.12.2016 – I ZB 118/15, NJW-RR 2017, 382 (383 Rn.  16). Bei der Ermessenausübung sind etwa zu berücksichtigen: „Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten“ (BGH, Beschl. v. 23.10.2003 – I ZB 45/02, NJW 2004, 506 (510)). Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners können eine Rolle spielen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.12.2016 – I ZB 118/15, NJW-RR 2017, 382 (383 Rn.  18)). 89 Vgl. BGH, Beschl. v. 23.10.2003 – I ZB 45/02, NJW 2004, 506 (510). 90 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  45; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  38; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  22; Seibel, in: Zöller, §  890 ZPO Rn.  22. 91 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  890 ZPO Rn.  41 f.; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  37. 92 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.29; Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 (480). 88 Vgl.

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Ordnungshaft zunächst vorstrecken, allerdings einen Erstattungsanspruch aus §  788 ZPO gegen den Schuldner haben.93 3. Einheitliches Verfahren Für die Handlungs- sowie Unterlassungs- und Duldungspflichten sieht §  891 ZPO ein einheitliches Verfahren vor. Das Gericht entscheidet durch Beschluss und trifft dabei ebenfalls eine Kostenentscheidung (§  891 S.  1 und 3 ZPO). Zwar kann auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden (§  128 Abs.  4 ZPO),94 die Anhörung des Schuldners ist jedoch zwingend vorgesehen (§  891 S.  2 ZPO)95. Umstritten ist, ob der Schuldner im Rahmen der Anhörung i. S. d. §  891 S.  2 ZPO den Einwand der Erfüllung erheben oder ob dieser lediglich im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage des §  767 ZPO geltend gemacht werden kann.96 Steht die Erfüllung fest, kann jedenfalls nicht vollstreckt werden.97 Leistet der Schuldner gegen die Ersatzvornahme oder die Vornahme der zu duldenden Handlung Widerstand, so kann der Gläubiger einen Gerichtsvollzie93 Vgl.

Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  37 Rn.  31; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  39; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  73 Rn.  22; Seiler, in: Thomas/ Putzo, §  890 ZPO Rn.  32. Siehe zur Zwangshaft bereits Kap.  6 A. III.1.b)cc)(2) (S.  249). 94 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  891 Rn.  3; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  891 ZPO Rn.  2. 95 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  891 ZPO Rn.  2; Seibel, in: Zöller, §  891 ZPO Rn.  1. 96  Ist offenkundig erfüllt worden oder konnte die Erfüllung mit liquiden Beweismitteln bewiesen werden, so hatte eine vermittelnde Ansicht den Einwand auch im Wege des §  891 S.  2 ZPO zugelassen. Vgl. etwa KG, Beschl. v. 18.09.2002 – 24 W 199/02, NJW-RR 2003, 214; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.01.2001, NJOZ 2002, 199 (201); OLG München, Beschl. v. 26.03.2002 – 7 W 691/02, NJW-RR 2002, 1034 (1035); Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.18. Problematisch ist insbesondere der Fall, in dem die Erfüllung zwischen den Parteien streitig ist und sich diesbezügliche Unklarheiten nicht rasch ausräumen lassen. Nach Ansicht des BGH (vgl. BGH, Beschl. 05.11.2004 – IXa ZB 32/04, NJW 2005, 367 (369); BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 (Rn.  11 f.); BGH, Beschl. v. 06.06.2013 – I ZB 56/12, NJW-RR 2013, 1336 (Rn.  8 ff.)) und eines Teils des Schrifttums (vgl. etwa Bischoff, NJW 1988, 1957 f.; Bartels, in: Stein/Jonas, §  887 ZPO Rn.  25 ff.; Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 (470 f.); Schilken, in: FS Gaul, S.  667 ff.; Seibel, in: Zöller, §  887 ZPO Rn.  7 und 14) soll der Einwand der Erfüllung sowohl im Wege der Vollstreckungsabwehrklage als auch im Rahmen des Ermächtigungsverfahrens erhoben werden können. Im Schrifttum, in dem eine Erhebung des Einwands nach hM nur gemäß §  767 ZPO zugelassen sein sollte, ist die Rechtsprechung des BGH auf dahingehende Kritik gestoßen, dass es sich beim Erfüllungseinwand um eine materiellrechtliche Problematik handele, die aus systematischen Gründen nicht im Rahmen der Vollstreckung behandelt werden dürfe. So etwa Gruber, in: MüKoZPO, §  887 Rn.  17 ff.; Kannowski/Distler, NJW 2005, 865 (868); Münch, JZ 2013, 1057; zuvor bereits OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.01.2001 – 9 W 79/00, NJOZ 2002, 199 (201): „Verwischung der Grenzen von Vollstreckungs- und Erkenntnisverfahren“. Siehe auch Huber, in: FS Merz, S.  229 (234 ff.). 97  Vgl. etwa Schilken, in: FS Gaul, S.  667 (670 f.).

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

her hinzuziehen (§  892 ZPO). Der Gerichtsvollzieher ist zur Gewaltanwendung befugt und kann erforderlichenfalls seinerseits die Polizei hinzuziehen (§  892 i. V. m. §  758 Abs.  3 ZPO).98 IV. Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung 1. Regelfall des §  894 ZPO Die Abgabe der Willenserklärung wird nicht als unvertretbare Handlung gemäß §  888 ZPO,99 sondern in effizienterer Weise mithilfe der Sonderregelung des §  894 ZPO vollstreckt, nach der die Gerichtsentscheidung die Willenserklärung als gesetzliche Fiktion ersetzt.100 Praktische Relevanz hat die Vorschrift insbesondere für die Zwecke des Erwerbs des Eigentums an beweglichen Sachen bei der Einigung (§  929 S.  1 BGB) sowie an Grundstücken bei der Auflassung (§§  873 Abs.  1, 925 Abs.  1 S.  1 BGB).101 Die Willenserklärung gilt als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft im formellen Sinne erlangt (§§  894 S.  1, 705 ZPO).102 Erforderlich ist insbesondere, dass das Urteil die Willenserklärung mit hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit bezeichnet.103 Das Urteil hat dieselben Rechtsfolgen, die die Abgabe der Willenserklärung durch den Schuldner selbst gehabt hätte.104

98  Siehe näher zur Schutzhilfe der Polizei Corcilius, DGVZ 2020, 41. Siehe auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  891 ZPO Rn.  1 ff.; Gruber, in: MüKoZPO, §  892 Rn.  4; Seibel, in: Zöller, §  892 ZPO Rn.  1. 99 Vgl. BGH, Beschl. v. 19.05.2011 – I ZB 57/10, NJW 2011, 3161 (3162 Rn.  8 ff.). 100 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  894 ZPO Rn.  1 f.; Gerhardt, in: FS 50 Jahre BGH, S.  463 (483); Gruber, in: MüKoZPO, §  894 Rn.  1; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  72 Rn.  2; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  894 ZPO Rn.  1. 101 Weitere Anwendungsbereiche nennen Bartels, in: Stein/Jonas, §  894 ZPO Rn.  9 ff.; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  41.3; Gruber, in: MüKoZPO, §  894 Rn.  2. Sofern sich der Schuldner etwa nach einem unter Anwendung des §  894 ZPO erfolgten Eigentumserwerb unkooperativ zeigt, ist für die Besitzeinräumung auf die für die Wegnahme einer beweglichen Sache oder die Zwangsräumung geltenden Vorschriften zurückzugreifen. Siehe oben Kap.  6 A. I bzw. A. II. (S.  240 bzw. 242). 102 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  41.7; Gruber, in: MüKoZPO, §  894 Rn.  13. 103 Vgl. BGH, Beschl. v. 19.05.2011 – I ZB 57/10, NJW 2011, 3161 (3162 Rn.  7). 104  Je nach angestrebtem Erfolg müssen weitere Voraussetzungen hinzutreten. Ist bspw. die Willenserklärung einem Dritten gegenüber abzugeben, muss das Urteil für das Wirksamwerden der Willenserklärung diesem Dritten zugestellt werden (§§  130 Abs.  1 S.  1, 132 Abs.  1 S.  1 BGB). Siehe auch Bartels, in: Stein/Jonas, §  894 ZPO Rn.  21 ff.; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  41.9; Gruber, in: MüKoZPO, §  894 Rn.  14 ff.; Schilken, in: Gaul/ Schilken/Becker-Eberhard, §  72 Rn.  24.

B. Realexekution im niederländischen Recht

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2. Sonderfall des §  895 ZPO §  895 ZPO enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Fiktion der Abgabe der Willenserklärung erst mit der Rechtskraft des Urteils eintritt. Ausnahmsweise kann nämlich bereits ein vorläufig vollstreckbares Urteil i. S. d. §§  708 f., 537, 558 ZPO in das Grundbuch oder das Schiffs(bau)register eingetragen werden. Mit der Urteilsverkündung gilt eine Vormerkung i. S. d. §  883 BGB oder ein Widerspruch i. S. d. §§  894, 899 BGB als bewilligt.105 Eine endgültige Eigentumsübertragung findet somit (noch) nicht statt; §  895 ZPO dient lediglich der vorübergehenden Sicherung.106 Sobald ein rechtkräftiges Urteil zugunsten des Schuldners ergeht, erlischt die Vormerkung oder der Widerspruch (§  895 S.  2 ZPO). Liegt im Umkehrschluss zu einem späteren Zeitpunkt ein rechtkräftiges Urteil zugunsten des Gläubigers vor, ist §  894 ZPO anwendbar.107 3. Erteilung von Urkunden Für die Fälle der §§  894 f. ZPO, in denen die fingierte Willenserklärung dem Zweck der Eintragung in ein Register dient, sieht §  896 ZPO ein erleichtertes Verfahren zugunsten des Gläubigers für die Beibringung von Urkunden vor.108 Auf Urkunden, die der Schuldner von einer Behörde, einem Beamten oder einem Notar verlangen kann, hat der Gläubiger einen eigenen, unmittelbar gegen jene gerichteten Anspruch (§§  896, 792 ZPO).

B. Realexekution im niederländischen Recht Das niederländische Recht regelt die Realexekution (reële executie) sowohl im BW bei den Rechtsforderungen109 als auch im Prozessrecht und damit vergleichsweise unübersichtlich. Die Wirkung der Realexekution ist für alle Fälle einheitlich geregelt.110 Art.  3:297 BW stellt nämlich klar, dass die Zwangsvoll-

105 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  41.8; Gruber, in: MüKoZPO, §  895 Rn.  6; Seibel, in: Zöller, §  895 ZPO Rn.  6. 106 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  895 ZPO Rn.  1. 107 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  895 Rn.  8 f. 108 Vgl. Bartels, in: Stein/Jonas, §  896 ZPO Rn.  1; Seibel, in: Zöller, §  896 ZPO Rn.  1. 109  Siehe bereits oben Kap.  2 B. II.2. (S.  46). 110 Vgl. Van Leuken/Van de Moosdijk/Tweehuysen, Hartkamps Compendium van het vermogensrecht, S.  185.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

streckung dieselben Rechtsfolgen wie die freiwillige Erbringung der geschuldeten Leistung hat.111 I. Verpflichtungen zum Tun und Unterlassen Für Tätigkeitsverpflichtungen sieht das niederländische Recht eine Ersatzvornahme auf Kosten des Schuldners vor (Art.  3:299 Abs.  3 S.  1 BW). Bleibt der Schuldner säumig, so kann sich der Gläubiger auf Antrag durch das Gericht ermächtigen lassen, „selbst dasjenige zu bewirken, wozu Erfüllung geführt hätte“ (Art.  3:299 Abs.  1 BW).112 Für Unterlassungspflichten gilt ausweislich Art.  3:299 Abs.  2 BW dasselbe; hier handelt es sich um eine Ermächtigung, „dasjenige, das wider die Unterlassungspflicht getan wurde, zunichtezumachen“.113 Die Vorschrift kann nur für bestimmte Unterlassungspflichten, bspw. Nichtbebauungsverpflichtungen, bei denen eine Ermächtigung zum Abriss des Bauwerks in Betracht kommt, Relevanz erlangen. Sie hilft dem Gläubiger bspw. bei Geheimhaltungsverpflichtungen nicht weiter. Bei derartigen Pflichten schaffen die indirekten Druckmittel Abhilfe.114 II. Vornahme einer Rechtshandlung, insbesondere in Bezug auf unbewegliche Sachen Art.  3:300 BW enthält eine Regelung zur Vornahme von Rechtshandlungen, die insbesondere bei Verpflichtungen zur Übereignung einer Immobilie praktische Bedeutung hat.115 Dazu bedarf es nach niederländischem Recht, ähnlich wie nach deutschem Recht, einer Lieferungshandlung in Form einer notariellen Urkunde sowie der Eintragung dieser Urkunde in das Grundbuch (vgl. Art.  3:89 Abs.  1 BW). Verweigert der Schuldner die Mitwirkung bei der Vornahme einer Rechtshandlung, stehen dem Gläubiger drei Mittel zur Zwangsvollstreckung offen.

111 Vgl.

Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  347. Abs.  1 BW (Orig.): „Wanneer iemand niet verricht waartoe hij is gehouden, kan de rechter hem jegens wie de verplichting bestaat, op diens vordering machtigen om zelf datgene te bewerken waartoe nakoming zou hebben geleid“. 113  Art.  3:299 Abs.  2 BW (Orig.): „Op gelijke wijze kan hij jegens wie een ander tot een nalaten is gehouden, worden gemachtigd om hetgeen in strijd met die verplichting is verricht, teniet te doen“. Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  357. 114 Vgl. Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  357. 115 Vgl. Stein, MvV 2006, 122 (123). Art.  3:300 BW gilt allerdings auch für die Übereignung anderer Registergüter wie eingetragener Schiffe (Art.  8:199 und 8:790 BW) und Luftfahrzeuge (Art.  8:1306 BW) sowie für die Mitwirkung bei der Begründung beschränkter dinglicher Rechte. Vgl. Jongbloed, Executierecht, S.  33 f.; Jongbloed, Reële executie in het privaatrecht, S.  308; weitere Beispiele bei Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  349. 112  Art.  3:299

B. Realexekution im niederländischen Recht

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1. Urteil anstelle des gesamten Rechtsgeschäfts Der Richter kann zunächst das gesamte Rechtsgeschäft durch sein Urteil ersetzen (Art.  3:300 Abs.  2 BW). Im Falle der Auflassung kann das Urteil demnach ohne Weiteres in das Grundbuch eingetragen werden.116 Art.  3:301 BW trifft hier allerdings einige Vorkehrungen, die der inhaltlichen Richtigkeit des Grundbuchs und dem Schutz Dritter dienen.117 Das Urteil muss dem Schuldner zunächst zugestellt werden. Es kann erst nach Eintritt der Rechtskraft (vgl. Art.  25 Grundbuchgesetz (Kadasterwet)) oder dem Ablauf einer Ausschlussfrist bzw. unter Vermerk der Einlegung der Berufung in das Register eingetragen werden (vgl. Art.  3:301 Abs.  1 lit.  a und b, Abs.  2 BW). 2. Zwangsstellvertretung Zudem kann das Gericht einen Zwangsstellvertreter bestellen, der die Rechtshandlung vornimmt (Art.  3:300 Abs.  1 S.  1 Fall 2, S.  2 BW). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Richter den Inhalt des Rechtsgeschäfts nicht mit hinreichender Bestimmtheit festschreiben kann.118 3. Urteil anstelle einer Willenserklärung Schließlich kann der Richter – ähnlich wie im deutschen Recht – bestimmen, dass das Urteil lediglich an die Stelle einer vom Schuldner abzugebenden Willenserklärung tritt (Art.  3:300 Abs.  1 S.  1 BW). In diesem Fall bedarf es für die Übereignung einer Immobilie somit noch einer notariellen Urkunde und deren Eintragung in das Grundbuch.119

116 Vgl. Huijgen, Koop en verkoop van onroerende zaken, S.  63 f.; Stein, MvV 2006, 122 (123); Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  683. 117 Vgl. HR 04.05.2007, NJ 2008, 140 (Hooijmans/Hooijmans), Rn.  3.2; HR 04.05.2007, NJ 2009, 141 (Brongersma Stichting/Wagrowski), Rn.  3.2; Huydecoper, Reële executie, S.  67 f.; Stein, MvV 2006, 122 (123 f.). 118  Vgl. Parl. Gesch. Boek 6 BW, S.  901; Huydecoper, Reële executie, S.  79 f. 119 Vgl. HR 21.01.2008, NJ 2008, 66 (Ontvanger/Brink), Rn.  3.3. Siehe auch Huijgen, Koop en verkoop van onroerende zaken, S.  63 f.; Huydecoper, Reële executie, S.  72; Jongbloed, Executierecht, S.  33.

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III. Herausgabe beweglicher Sachen Leistet der Schuldner einer ihn zur Herausgabe einer beweglichen Sache120 verurteilenden Gerichtsentscheidung121 keine Folge, kann der Gerichtstürwärter (gerechtsdeurwaarder) dem Schuldner die Sache wegnehmen und an den Gläubiger herausgeben (executie tot afgifte) (Art.  491 Abs.  2 S.  1, 492 Rv).122 Der Gerichtstürwärter hat dabei „Zugang zu jedem Ort, insoweit als dies für die Ausübung seines Amts vernünftigerweise erforderlich ist“ (Art.  491 Abs.  3 i. V. m. Art.  444 Abs.  1 Rv). Auch Wohnungen darf der Gerichtstürwärter im Unterschied zum deutschen Recht ohne Weiteres betreten.123 Beschränkte Gattungsschulden können im niederländischen Recht ebenfalls in natura vollstreckt werden.124 Der Schuldner nimmt die Konkretisierung vor; sofern er dies unterlässt, entscheidet allerdings der Gerichtstürwärter (Art.  493 Rv).125 Die Rechtsfolge der Herausgabe an den Gläubiger durch den Gerichtstürwärter richtet sich – wie im deutschen Recht – nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.126 IV. Herausgabe unbeweglicher Sachen Die Zwangsräumung (gedwongen ontruiming) ist in der niederländischen ZPO lediglich in sehr rudimentärer Weise geregelt. Die niederländische Zwangsräu120  Für einige bestimmte Arten von Sachen enthält das Gesetz Sonderbestimmungen, bspw. für noch zu erntende landwirtschaftliche Erzeugnisse (Art.  494 Rv), Wertpapiere (orderpapieren) (Art.  495 Rv), Schiffen (vgl. Art.  582 Abs.  2 Rv) und Luftfahrzeuge (Art.  584r Abs.  2 Rv). Siehe zum Ganzen Huydecoper, Reële executie, S.  25 ff. 121  Im besonderen Schuldrecht wird dem Gläubiger an einigen Stellen bereits die Befugnis zur Ersatzvornahme ohne richterliche Intervention eingeräumt. So kann der Käufer im Falle der Leistungsstörung einen Deckungskauf tätigen und die Differenz zwischen dem ursprünglichen Kaufpreis und dem Deckungskaufpreis als Schadensersatz geltend machen (Art.  7:37 BW). Auch der Verbrauchsgüterkäufer und Mieter können eine Durchführung der Mängelbeseitigung veranlassen und Kostenersatz vom Unternehmer bzw. Vermieter verlangen (Art.  7:21 Abs.  6 BW bzw. Art.  7:206 Abs.  3 BW). Vgl. auch Huydecoper, Reële executie, S.  83 f.; Jongbloed, Reële executie in het privaatrecht, S.  355 ff. 122 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  676. 123  Erforderlich ist insoweit lediglich die Erstellung eines Protokolls über das Betreten der Wohnung und dessen Übersendung an den Bewohner (vgl. Art.  444 Abs.  3 Rv i. V. m. Art.  10 und 11 Abs.  2 Allgemeines Gesetz über das Hineintreten (Algemene wet op het binnentreden)). 124 Vgl. Jongbloed, Reële executie in het privaatrecht, S.  287 f.; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  348. 125 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  676. 126  Typischerweise wird mit der Besitzeinräumung eine Eigentumsübertragung vollzogen (vgl. Art.  3:84 Abs.  1, 3:90 Abs.  1 BW). Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  24 ff.; Sieburgh, in: Asser, Bd.  6-II, Rn.  348.

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mungspraxis stützt sich deshalb auf das Zusammenspiel des Zwangsvollstreckungsrechts mit dem allgemeinen Verwaltungsrecht und dem Kommunalrecht.127 Nach Zustellung der zur Zwangsräumung verurteilenden Entscheidung und unter Gewährung einer dreitägigen Frist zur freiwilligen Räumung kann der Gerichtstürwärter eine Immobilie zwangsräumen (Art.  555, 556 Abs.  1 Rv).128 Das geplante Räumungsdatum muss der Gerichtstürwärter der Kommunalverwaltung mitteilen (Art.  14 Gerichtstürwärtergesetz (Gerechtsdeurwaarderswet)).129 Der Gerichtstürwärter hat für die Zwecke der Räumung Zugang zu jedem Ort (Art.  557 i. V. m. Art.  444 Rv) und kann sich erforderlichenfalls der Polizei bedienen (Art.  557 i. V. m. Art.  444 Abs.  2 S.  2 Rv).130 Personen, die nicht Partei des Rechtsstreits waren, aber dem Verurteilten nahestehen, dürfen aus der Wohnung entfernt werden, sofern dies im Vollstreckungstitel angeordnet wird. Praktisch klagt der Gläubiger deshalb typischerweise auf Räumung der Immobilie durch den Schuldner cum suis.131 Gegen den Untermieter muss hingegen u. U. ein selbstständiger Titel erwirkt werden.132 Bei besetzten Gebäuden ist nicht erforderlich, dass sämtliche Bewohner Partei des Rechtsstreits waren.133 Vorgefundene Gegenstände hat der Gerichtstürwärter aus der Immobilie zu entfernen.134 Diese werden auf die Straße gestellt und damit in den Verantwortungsbereich des Ordnungsamts gegeben, das die Gegenstände entweder entsorgt oder verwahrt.135 In der Praxis zeigt sich die Kooperation zwischen Ordnungsamt und Gerichtstürwärter häufig als schwierig, bspw. was den Umgang mit großen Mengen von Gegenständen anbelangt.136 Hier ist umstritten, ob diese vom Gerichtstürwärter oder vom Ordnungsamt zu entsorgen sind.137 127 Vgl.

Van der Hoeden, in: Van der Hoeden/Van Vlastuin/Wisseborn, S.  11. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  678. Auf die Räumung beweglicher Sachen, bspw. eines Schiffs, kann die Regelung analog angewendet werden. Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  19. 129 Vgl. HR 16.12.1977, NJ 1978, 561 (Hiep/ABN Amro); Van der Hoeden, in: Van der Hoeden/Van Vlastuin/Wisseborn, S.  14. 130 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  679. 131 Vgl. HR 16.12.1977, NJ 1978, 561 (Hiep/ABN Amro); Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  677; Wisseborn, in: Van der Hoeden/Van Vlastuin/Wisseborn, S.  70. Namentlich bekannt müssen die Personen deshalb nicht sein. 132  Siehe zum Ganzen Wisseborn, in: Van der Hoeden/Van Vlastuin/Wisseborn, S.  70 f. 133 Vgl. HR 16.12.1977, NJ 1978, 561 (Hiep/ABN Amro); HR 14.01.1983, NJ 1983, 267 (Schuring/Sweelinck Conservatorium). Siehe auch Huydecoper, Reële executie, S.  19. 134 Vgl. Jongbloed, Executierecht, S.  35. 135 Vgl. Van der Hoeden, in: Van der Hoeden/Van Vlastuin/Wisseborn, S.  14 f. 136 Vgl. Van der Hoeden, in: Van der Hoeden/Van Vlastuin/Wisseborn, S.  33 ff. 137  Vgl. etwa Hof Amsterdam 20.02.1992, NJ 1993, 37 (Braam/Velsen) (Der Gerichtstür128 Vgl.

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Die Vorschiften gelten entsprechend für vom Schuldner zu duldende, richterlich genehmigte Ersatzvornahmen i. S. d. 3:299 BW und die Durchführung von etwaigen Bau- und Reparaturarbeiten (Art.  558 lit.  a bzw. b Rv).138 Das niederländische Recht behandelt diese Fälle somit, anders als das deutsche Recht, in dem nach §  890 ZPO vollstreckt wird, als Kategorie der Zwangsräumung. V. Indirekte Zwangsmittel: Zwangshaft und Zwangsgeld Als indirekte Zwangsmittel kennt das niederländische Recht die gesondert geregelten Instrumente der Zwangshaft (lijfsdwang oder gijzeling) (Art.  585–600 Rv) sowie des Zwangsgelds (dwangsom) (Art.  611a–g Rv). Insbesondere der Anwendungsbereich des Zwangsgelds ist wesentlich weiter als im deutschen Recht. Sowohl die Zwangshaft139 als auch das Zwangsgeld140 dienen dazu, den Schuldner zur Erbringung der geschuldeten Leistung zu bewegen und sind somit als Druckmittel einzuordnen. Beide haben insbesondere keinen strafrechtlichen Charakter, sondern stellen rein zivilrechtliche Instrumente dar. 1. Zwangshaft a) Anwendungsbereich Auf Antrag des Gläubigers kann das Gericht sowohl im selben Urteil, in dem die Hauptverurteilung enthalten ist, als auch erst nachträglich die Zwangshaft des Schuldners erlauben (Art.  585 Rv).141 In sachlicher Hinsicht kann diese grundsätzlich mit jeder Art von Pflicht außer der Zahlung einer Geldsumme (Art.  585 lit.  a Rv) kombiniert werden.142 Art.  585 lit.  b Rv sieht allerdings eine praktisch wärter darf eine große Menge brennbarer Gegenstände nicht auf die Straße stellen, sondern der Gläubiger muss für die Entfernung einen Vorschuss leisten); Hof Den Bosch 10.03.1992, NJ 1992, 780 (Castelijns/Bergeijk) (Der Gerichtstürwärter darf Gegenstände grundsätzlich auf die Straße stellen, lediglich in Ausnahmefällen (hier: Störung des Straßenverkehrs wegen der großen Menge) kann dies anders sein). 138 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  679. 139 Vgl. Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  187; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  690. 140  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  28. Siehe auch Beekhoven van den Boezem, De dwangsom in het burgerlijk recht, S.  55 ff.; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  23 und 30; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  694; a. A. Blaauw, Executiemiddelen, S.  51 ff. 141 Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  46 f.; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dage­ lijkse) praktijk, S.  185. 142  Eine Ausnahme gilt insoweit lediglich für die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers, für welche die Zwangshaft ausgeschlossen ist (vgl. Art.  7:659 Abs.  2 BW). Für die Pflicht des Schuldners zur Erteilung von Vermögensauskünften (Art.  475g Abs.  1 Rv), die eine Vollstre-

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bedeutsame Rückausnahme für Unterhaltsansprüche unter ehemaligen Ehegatten oder registrierten Partnern sowie von Kindern gegenüber ihren Eltern vor.143 Weitere Ausnahmen können sich aus dem nichtstrafrechtlichen Charakter der Zwangshaft ergeben. So kommt die Zwangshaft für Unterlassungsansprüche, bei denen diese vielmehr der Spezialprävention dienen würde, nicht im Betracht.144 Die Zwangshaft ist ultimum remedium.145 Dies wird in Art.  587 Rv dadurch zum Ausdruck gebracht, dass diese nur dann angeordnet werden kann, wenn alle sonstigen Zwangsmittel keine Aussicht auf Erfolg bieten. Im Zweifel soll deshalb zunächst das Zwangsgeld, nicht die Zwangshaft in Erwägung gezogen werden.146 Das Gericht kann die Zwangshaft und das Zwangsgeld allerdings dahingehend kumulieren, dass der Gläubiger zur Vollstreckung der Zwangshaft erst dann befugt ist, wenn sich das Zwangsgeld als ineffektiv erwiesen hat.147 b) Vollstreckung Sofern das Gericht die Zwangshaft nicht bereits in derselben Entscheidung angedroht und die Vollstreckung erlaubt hat, bedarf es einer weiteren richterlichen Vollstreckungserklärung (uitvoerbaarverklaring) (Art.  586 Rv). Einem dahingehenden Antrag des Gläubigers wird nur dann stattgegeben, wenn der Schuldner zur Erbringung der geschuldeten Leistung im Stande ist (Art.  588 Rv).148 ckung von Geldverurteilungen erst ermöglichen soll, kann ebenfalls Zwangshaft angeordnet werden. Dies entspricht der Erzwingungshaft des deutschen Rechts. 143 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  686. Die Regelung geht darauf zurück, dass in den Niederlanden keine Unterhaltsvorschusskassen existieren, sodass Unterhaltsansprüche grundsätzlich privat eingetrieben werden müssen. Weigert sich der Schuldner beharrlich, die Unterhaltsansprüche zu erfüllen, ist dies insbesondere wegen deren periodischer Natur oftmals problematisch. Vor diesem Hintergrund wird die Zwangshaft im Bereich des Unterhaltsrechts praktisch häufig angewendet. So auch Huydecoper, Reële executie, S.  45. Die Zwangshaft kommt allerdings lediglich bei Zahlungsverweigerung, nicht aber bei finanziellem Unvermögen in Betracht (sog. Bezahlungsrenitenz statt Bezahlungsohnmacht). Vgl. etwa Hof Den Bosch 03.11.2015, ECLI:NL:GHSHE:2015:4439. 144  So auch Huydecoper, Reële executie, S.  47; Körver, AA 56 (2007), 663 (666 ff.); Lenters, FJR 1999, 96 f.; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  189; a. A. wohl Blaauw, Executiemiddelen, S.  14. 145 Siehe Huydecoper, Reële executie, S.  45; Jongbloed, Executierecht, S.  50; Körver, AA 56 (2007), 663 (665 m. w. N. zur unterinstanzlichen Rechtsprechung); Lenters, FJR 1999, 96; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  688. 146 Vgl. Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  187; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  688. 147  Hof Den Bosch 06.01.1988, NJ 1988, 800 (X/Y). Siehe auch Lenters, FJR 1999, 96 (97); Oudelaar, TCR 1996, 21 (22). 148  Daran fehlt es jedenfalls im Verhältnis zum Gläubiger typischerweise dann, wenn der Schuldner etwa durch Betreuung die (selbstständige) Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verloren hat. Vgl. Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  188.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Der Gerichtstürwärter nimmt den Schuldner in Haft und hat dafür Zugang zu jedem Ort (Art.  592 Abs.  2 Rv). Die Zwangshaft wird in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen (Art.  596 Rv) und kann für dieselbe Pflicht eine Dauer von einem Jahr nicht überschreiten (Art.  589 Abs.  1 Rv), zumindest sofern das Gericht keine kürzere Dauer festgelegt hat (Art.  589 Abs.  2 Rv).149 Der Vollzug erfolgt zunächst auf Kosten des Gläubigers, der allerdings einen Anspruch auf Kostenersatz gegen den Schuldner hat (Art.  597 Abs.  1 Rv).150 Leistet der Gläubiger keinen Vorschuss, so kann der Schuldner aus der Haft entlassen werden (Art.  597 Abs.  2 Rv). c) Haftentlassung Das Gesetz regelt in Art.  600 Rv sechs weitere Fälle, in denen der Schuldner aus der Haft entlassen wird. Dies ist in erster Linie dann der Fall, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung erbringt bzw. sich zu deren Erbringung bereiterklärt (lit.  b).151 Die Haft wird ebenfalls beendet, wenn der Gläubiger dem zustimmt (lit.  a) oder das Interesse an der Fortsetzung der Zwangshaft verliert (lit.  e). Das Subsidiaritätsprinzip wird zudem auch während der Haft dadurch gewahrt, dass die Haft beendet wird, sobald andere Zwangsmittel Abhilfe schaffen können (lit.  f). Weitere Gründe betreffen die Person des Schuldners.152 2. Zwangsgeld a) Hintergrund Das niederländische Recht kennt das Zwangsgeld (dwangsom) in kodifizierter Form seit dem Jahre 1933.153 Die geltenden Vorschriften zum Zwangsgeld ge149 Vgl.

Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  691. Siehe näher Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  190. 151 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  92. 152  Der Schuldner wird ferner aus der Haft entlassen, wenn dieser zur Erbringung nicht länger im Stande ist (lit.  d), gleichgültig ob dies selbstverschuldet war. Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  46. Auch bei einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands des Schuldners wird die Haft beendet (lit.  c). Nicht ausreichend dafür sind selbstverschuldete, bspw. durch einen Hungerstreik herbeigeführte Verschlechterungen der Gesundheit (so jedenfalls Rb. Breda 30.07.2004, NJF 2004, 511 (P/T)). 153  Siehe Gesetz v. 29.12.1932, Staatsblad 1932, 676. Der niederländische dwangsom ist somit nicht unmittelbar mit der französischen astreinte verwandt, die rechtsvergleichend wiederholt behandelt worden ist. Siehe etwa Drabe, Die Naturalerfüllung im französischen Recht mit Hilfe der ‚astreinte‘; Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  33 ff. Gleichwohl weist die vorherige Rechtsprechung beider Länder gewisse Ähnlichkeiten auf. So auch Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  9 f. Siehe näher zum Verhältnis auch Blaauw, Executiemiddelen, S.  25 ff.; Westerouen van Meeteren, De dwangsom (astreinte) naar Neder150 

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hen allerdings auf ein Einheitsgesetz aus den 1970er Jahren zurück, das im Rahmen eines Übereinkommens der Benelux-Staaten verabschiedet worden ist.154 Das Einheitsgesetz ist in allen beteiligten Ländern wortgleich in nationales Recht umgesetzt, sodass die niederländischen Vorschriften dem belgischen und luxemburgischen Recht gleichen und sich die folgende Abhandlung mutatis mutandis auf diese Rechtsordnungen übertragen lässt.155 Für die einheitliche Auslegung des Einheitsgesetzes ist der Benelux-Gerichtshof156 zuständig (vgl. Art.  4 des Übereinkommens), der dem Verfahren beim EuGH entsprechend (vgl. Art.  267 AEUV) Vorabentscheidungsfragen nationaler Gerichte sowie – im Gegensatz zum EuGH157 – von Schiedsgerichten beantwortet.158 b) Anwendungsbereich aa) Grundsatz Der sachliche Anwendungsbereich des Zwangsgelds ist besonders breit, denn der Richter kann dieses auf Antrag einer Partei grundsätzlich mit Hauptverurteilungen jeglicher Art verbinden, sofern das Urteil zumindest einen vollstreckbaren Inhalt hat.159 Die Verurteilung zum Zwangsgeld ist somit akzessorisch160 und landsch Recht. Siehe ausführlich zum niederländischen Zwangsgeld Beekhoven van den Boezem, De dwangsom in het burgerlijk recht; aus der deutschsprachigen Literatur insbesondere Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  64 ff. 154 Benelux-Übereinkommen zum Einheitsgesetz bezüglich des Zwangsgelds (Overeenkomst houdende eenvormige wet betreffende de dwangsom) v. 26.11.1973, Tractatenblad 1974, 6. In niederländisches Recht umgesetzt mit dem Gesetz v. 23.03.1977, Staatsblad 1977, 183. 155  In Belgien in Art.  1385 bis ff. Gerechtelijk Wetboek; in Luxemburg in Art.  2059 ff. Code civil. Siehe die Transponiertabelle bei Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  191. 156  Das Gericht wurde 1974 gegründet und hat seinen Sitz in Luxemburg. Es setzt sich aus insgesamt 9 Richtern (3 pro Staat) zusammen, die im jeweiligen Staat dem obersten Gericht angehören müssen. Vgl. Art.  2 und 3 des Übereinkommens v. 31.03.1965 bezüglich der Errichtung und des Statuts des Benelux-Gerichtshofs (Verdrag van 31 maart 1965 betreffende de instelling en het statuut van het Benelux-Gerechtshof), Tractatenblad 1965, 71. 157 Vgl. EuGH, Urt. v. 23.03.1982 – C-102/81 (Nordsee/Reederei Mond); EuGH, Urt. v. 27.01.2005 – C-125/04 (Denuit/Transorient); EuGH, Urt. v. 06.03.2018 – C-284/16 (Slowakei/ Achmea). 158 Vgl. Jongbloed, Executierecht, S.  39. 159 Vgl. Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  194. Der niederländische Gesetzgeber hat auch Schiedsgerichten die Befugnis zur Verhängung eines Zwangsgelds eingeräumt (vgl. Art.  611i Rv). Anders ist dies in Belgien und Luxemburg. Vgl. Stein, Beslagen Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  191 und 216 f. 160 Vgl. Benelux-GH 17.12.2009, NJ 2010, 82 (Stedenbouwkundig Inspecteur Vlaams Ge-

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beinhaltet die Zahlung einer Geldsumme an den Gläubiger – darin liegt sicherlich den wichtigsten Unterschied zum deutschen Recht – für den Fall der Nichtbefolgung der Hauptverurteilung (vgl. Art.  611a Abs.  1 S.  1 Rv).161 Zwar geht aus den Materialien zum Übereinkommen hervor, dass beide im selben Urteil enthalten sein müssen,162 ausweislich der Rechtsprechung kommt allerdings auch eine nachträgliche Zwangsgeldverurteilung in Betracht.163 Das Verhältnis der direkten Vollstreckungsmodalitäten zum Zwangsgeld ist im niederländischen Recht umstritten. Zum Teil wird angenommen, dass zwischen einzelnen Vollstreckungsmodalitäten kein Rangverhältnis bestehe.164 Vereinzelt wird allerdings für einen grundsätzlichen, nicht aber ausnahmslosen Vorrang direkter Vollstreckungsmechanismen plädiert, da diese den Schuldner am effektivsten befriedigten.165 bb) Ausnahmen Im Falle einer Hauptverurteilung zur Zahlung einer Geldsumme kann grundsätzlich kein Zwangsgeld verhängt werden (Art.  611a Abs.  1 S.  2 Rv),166 obwohl die Rechtsprechung einige Ausnahmen zugelassen hat.167 Grundsätzlich kann sich der Gläubiger aber bereits durch das Betreiben der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (verhaalsexecutie) befriedigen, sodass es eines indirekten Druckmittels nicht bedarf.168

weest/W). Siehe auch Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  18; Jongbloed, Executierecht, S.  38; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  194. 161 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  695. Das Zwangsgeld kann auch erst in der Berufung beantragt werden (Art.  611a Abs.  2 Rv). Vgl. Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  41 ff. 162  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  29. 163  Benelux-GH 17.12.2009, NJ 2010, 82 (Stedenbouwkundig Inspecteur Vlaams Geweest/W). Vgl. auch Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  194; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  695. 164 Vgl. Beekhoven van den Boezem, WPNR 2001/6465, 959 (964). 165 Vgl. Blaauw, Executiemiddelen, S.  56; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  58. 166 Siehe ausführlich Jongbloed, Executierecht, S.  41 f.; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  696. 167  Vgl. etwa Benelux-GH 09.07.1981, NJ 1982, 190 (X/Y) (Pflicht zur Zahlung einer Geldsumme an einen Dritten). Siehe auch Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  99 ff. m. w. N. 168  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  28. Es wird aber auch für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Zwangsgelds auf Zahlungsansprüche plädiert, da das Gesetz grundsätzlich keine Subsidiarität der indirekten Zwangsmittel vorsehe und diese Bereichsausnahme für Zahlungsansprüche insoweit systemwidrig sei. Vgl. etwa Beekhoven

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Zudem sieht das Übereinkommen eine Ausnahme für den Arbeitnehmer vor (vgl. Art.  3 Abs.  1 des Übereinkommens), der nicht unter Androhung des Zwangsgelds zur Erbringung der Arbeitsleistung (Art.  7:659 Abs.  2 BW), wohl aber anderer Pflichten aus dem Arbeitsvertrag bewogen werden darf.169 Bei höchstpersönlichen Pflichten kommt die Zwangsgeldanordnung ebenfalls nicht in Betracht.170 Diese Ausnahme ist sehr restriktiv auszulegen.171 Im Unterschied zum deutschen Recht können auch vertraglich übernommene Verpflichtungen zur Mitwirkung an einer religiösen Scheidung durch eine Zwangsgeldanordnung vollstreckt werden.172 In persönlicher Hinsicht wird das Zwangsgeld zumeist nicht gegen den Staat verhängt, wenn dieser privatrechtlich handelt, da von diesem die Befolgung eines Urteils erwartet werden darf.173 c) Ausgestaltung der Zwangsgeldregelung Das Zwangsgeldurteil kann sowohl einen Pauschalbetrag als auch eine Summe pro Zeiteinheit oder pro Verstoß beinhalten (Art.  611b S.  1 Rv). In den letzten beiden Fällen kann der Richter ebenfalls einen Höchstbetrag festsetzen, dazu verpflichtet ist er allerdings nicht (vgl. Art.  611b S.  2 Rv).174 Aus Gründen der Rechtssicherheit sind hinsichtlich der geschuldeten Leistung hinreichend bestimmte Angaben erforderlich.175 Der Richter kann insbesondere bei zeitaufwändigeren Leistungen bestimmen, dass das Zwangsgeld erst nach dem Ablauf einer Frist, innerhalb derer der Schuldner die Leistung zu erbringen hat (Umsetzungsfrist), oder auch erst nach einer zusätzlichen Aufschubfrist (sog. délai de grâce) fällig wird (Art.  611a Abs.  4 Rv).176 van den Boezem, WPNR 2001/6465, 959 ff. A. A. Blaauw, Executiemiddelen, S.  56, der ein solches Subsidiaritätsprinzip gerade einführen will. 169  Etwa zur Herausgabe von Unterlagen. Vgl. Benelux-GH 20.10.1997, NJ 1998, 396 (Cotrabel/Laute), Rn.  17. Siehe ferner Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  121 ff.; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  195 f. 170 Vgl. Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  196; a. A. Huydecoper, Reële executie, S.  10, der bereits keine Verurteilung zulassen möchte. 171  Nicht erfasst sind Pflichten im Bereich des Umgangsrechts. Vgl. Benelux-GH 11.05.1982, NJ 1983, 610 (X/Y); Benelux-GH 11.05.1982, NJ 1983, 613 (X/Y); Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  90 m. w. N. 172 Vgl. HR 22.01.1982, NJ 1982, 489 (X/Y) (Mitwirkung bei der Erteilung eines get nach jüdischem Recht); HR 10.11.1989, NJ 1990, 112 (X/Y) (Mitwirkung bei einer Scheidung durch Verstoßung nach islamischem Recht). 173 Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  51; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  78 ff. Anders aber in HR 30.06.2000, NJ 2000, 535 (D/Curaçao). 174 Vgl. Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  61. 175  Siehe dazu etwa Van Maanen/Tillema, TCR 1995, 1 f. 176  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  30. Siehe ausführlich Bene-

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Insgesamt kommen dem Gericht somit beträchtliche Ermessenspielräume zu.177 Für eine Zwangsgeldverurteilung bedarf es zwar eines Antrags einer Partei,178 bei der konkreten Ausgestaltung ist der Richter hingegen weitestgehend frei.179 Der Richter kann somit auch ein höheres Zwangsgeld als gefordert festsetzen.180 Bei der Ausübung des Ermessens hat sich der Richter an sämtlichen Umständen des Einzelfalls, darunter insbesondere an dem Streitwert und der prognostizierten Effektivität des Druckmittels, zu orientieren.181 Die Parteiinteressen spielen ebenfalls eine Rolle. Auf Seiten des Gläubigers kann demnach etwa die Dringlichkeit berücksichtigt werden, während auf Schuldnerseite etwa der zu erwartende Widerstand und die finanzielle Position des Schuldners in die Beurteilung einfließen können.182 d) Fälligkeit, Begünstigter und Vollstreckung Aus Gründen des Schuldnerschutzes wird das Zwangsgeld erst fällig, nachdem der Gläubiger dem Schuldner das Urteil zugestellt hat (Art.  611a Abs.  3 Rv).183 Ist das Zwangsgeld einmal fällig geworden, steht es dem Gläubiger in vollem Umfang zu (Art.  611c S.  1 Rv),184 und zwar unbeschadet etwaiger (vertraglicher) Ansprüche auf Schadensersatz (Art.  611a S.  1 Rv)185 und eines Strafversprechens (boetebeding, vgl. Art.  6:91 ff. BW)186. Eine Anrechnung des Zwangsgelds auf lux-GH 11.02.2011, NJ 2011, 235 (Vanseer/Gewestelijk Stedenbouwkundig Inspecteur), Rn.  6 ff.; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  696. 177  So auch Beekhoven van den Boezem, De dwangsom in het burgerlijk recht, S.  129 ff.; Huydecoper, Reële executie, S.  50 ff.; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  47; Jongbloed, Executierecht, S.  40 f.; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  198 ff.; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  696. 178 Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  50. Eine ex officio-Anordnung ist nicht zulässig. Siehe ausdrücklich Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  28 f.; HR 28.03.2014, NJ 2014, 237 (S/B), Rn.  3.4.2. 179 Vgl. Jongbloed, Executierecht, S.  40 f. 180 Vgl. Benelux-GH 17.12.1992, NJ 1993, 545 (Authentic Professional Colorcopy/Bisoux), Rn.  7 ff. 181  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  28; HR 19.02.2010, NJ 2010, 295 (Z/Y), Rn.  3.4. Siehe auch Huydecoper, Reële executie, S.  50 ff. 182 Vgl. Blaauw, Executiemiddelen, S.  11; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  47. 183 Vgl. HR 27.04.1979, NJ 1980, 169 (Tepea/Wilkes); Huydecoper, Reële executie, S.  53; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  137; Jongbloed, Executierecht, S.  46 f. 184 Vgl. Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  82 ff. 185  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  28; Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  21 f. 186  So auch Jongbloed, Executierecht, S.  43; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dage­ lijkse) praktijk, S.  192. Siehe näher zum Strafversprechen nach niederländischem Recht ­Lobach, in: Wais/Pfeiffer, S.  173 (189 ff.).

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den Schadensersatz, etwa im Wege der Vorteilsausgleichung, kommt deshalb nicht in Betracht.187 Das fällig gewordene Zwangsgeld kann vom Gläubiger unmittelbar vollstreckt werden; weitere richterliche Intervention ist nicht erforderlich (vgl. Art.  611c S.  2 Rv), aber zulässig.188 Vollstreckungsstreitigkeiten, etwa darüber, ob die geschuldete Pflicht erbracht wurde, können im Rahmen der Vollstreckungsklage (executiegeschil) auf Initiative einer der Parteien gerichtlich geklärt werden (vgl. Art.  438 Rv).189 Der Gläubiger trägt die Beweislast für die Tatsachen, die zur Fälligkeit des Zwangsgelds führen.190 Zum Schutz des Schuldners sieht das Gesetz in Art.  611g Rv für die Geltendmachung des fällig gewordenen Zwangsgelds eine kurze Ausschlussfrist von sechs Monaten vor, durch die vermieden werden soll, dass der Gläubiger insbesondere in dem Fall, in dem ein Zwangsgeld pro Zeiteinheit zugesprochen worden ist, aus finanziellem Eigeninteresse über längere Zeit untätig bleibt.191 Für die Geltendmachung gegen die Insolvenzmasse oder im Erbfall enthält das Gesetz einige Sondervorschriften.192 e) Anpassung des festgesetzten Zwangsgelds Auf Antrag des Schuldners kann das Gericht die Verurteilung zur Zahlung des Zwangsgelds im Falle der Unmöglichkeit der Hauptverurteilung aufheben, aussetzen oder herabsetzen (Art.  611d Abs.  1 Rv).193 Erfasst sind alle Formen der 187 Vgl.

Blaauw, Executiemiddelen, S.  12. Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  207; Van Maanen/Tillema, TCR 1995, 1 (2 f.). In dieser Hinsicht unterscheidet sich das niederländische Zwangsgeld etwa von der französischen vorläufigen und definitiven astreinte (provisoire bzw. définitive). 189 Vgl. Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  211. 190  Huydecoper, Reële executie, S.  59. 191  Vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  37; HR 29.06.2012, NJ 2013, 508 (Kratos/Gulf Oil), Rn.  4.2; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  700. 192  Während Zwangsgeldforderungen zum Schutz der anderen Gläubiger nicht gegen die Insolvenzmasse geltend gemacht werden können (Art.  611e Abs.  2 Rv) (vgl. Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  33 f.; siehe dazu näher Franken, TvI 1999, 102 ff.), kommt eine Geltendmachung von vor Eintritt des Erbfalls fällig gewordenen Zahlungen sehr wohl in Betracht. Die Erben selbst schulden das Zwangsgeld hingegen erst dann, wenn diese dazu vom Gericht verurteilt worden sind (Art.  611f Abs.  1 S.  2 Rv), können u. U. allerdings ebenfalls eine Aufhebung oder Herabsetzung beantragen (Art.  611f Abs.  2 Rv). Siehe zum Ganzen Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  166 ff.; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  211 ff. 193  Das Gericht, das die Zwangsgeldzahlung festgesetzt hat, ist ausschließlich zuständig. Vgl. Benelux-GH 25.09.1986, NJ 1987, 909 (Van der Graaf/Agio), Rn.  9 f.; Benelux-GH 14.06.2013, NJ 2014, 210 (Alphacom/Belgacom), Rn.  5 ff.; HR 22.09.2017, NJ 2019, 126 (X/Y), Rn.  3.5.2. Siehe auch Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  156 ff. m. w. N.; 188 Vgl.

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Unmöglichkeit sowie der Unverhältnismäßigkeit.194 Ausweislich der Materialien zum Übereinkommen soll eine solche nachträgliche Anpassung allerdings nur ganz ausnahmsweise erfolgen.195 Eine Aufhebung oder Herabsetzung eines bereits fällig gewordenen Zwangsgelds ist ausgeschlossen (Art.  611d Abs.  2 Rv); für Billigkeitserwägung besteht ex post facto kein Raum.196

C. Specific enforcement im englischen Recht Das englische Recht regelt die Zwangsvollstreckung an verschiedenen Stellen. Von Bedeutung sind namentlich die CPR und die dazugehörigen Practice Directions, der Contempt of Court Act 1981, der County Courts Act 1984, der Senior Courts Act 1981 sowie der Tribunals, Courts and Enforcement Act 2007.197 Das Zusammenspiel der verschiedenen Regelungen kann durchaus als komplex bezeichnet werden. Darüber hinaus regelt das englische Recht die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen nicht einheitlich, sondern stellt es für verschiedene Gerichte unterschiedliche Vollstreckungsvorschriften bereit. So gelten für die Vollstreckung der Entscheidungen der county courts, des High Court, des Court of Appeal und des Supreme Court andere Regelungskomplexe. Die mit der konkreten Vollstreckung betrauten Personen unterscheiden sich ebenfalls von Gericht zu Gericht.198 Van Maanen/Tillema, TCR 1995, 1 (4); Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  209; Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  699. Kritsch Jongbloed, in: Van der Putten/Van Zanten, S.  437 ff. 194 Vgl. HR 13.06.2003, NJ 2003, 521 (H/P), Rn.  3.5.2 f.; Benelux-GH 29.04.2008, NJ 2008, 309 (Pet Center/Schouten), Rn.  7. Siehe auch Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  699; Tjong Tjin Tai, WPNR 2004/6577, 363 (365). 195  Gemeenschappelijke Memorie van Toelichting, S.  33. Siehe auch Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  155; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  208 ff. 196 Vgl. Benelux-GH 09.03.1987, NJ 1987, 910. So auch Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  165 ff.; Huydecoper, Reële executie, S.  55 f.; Van Maanen/Tillema, TCR 1995, 1; a. A. Hof Den Haag 29.09.1993, NJ 1994, 615 (Los Gauchos/Weijl), Rn.  2.3. Kritisch etwa Beekhoven van den Boezem, WPNR 2001/6431, 75; Beekhoven van den Boezem, WPNR 2001/6432, 100. Der Schuldner kann sich in dieser Phase höchstens noch darauf berufen, dass der Gläubiger durch die Geltendmachung des Zwangsgelds rechtsmissbräuchlich handelt. Vgl. Beekhoven van den Boezem, WPNR 2001/6431, 75 (77 ff.); Jongbloed, De privaatrechtelijke dwangsom, Rn.  165, beide m. w. N.; a. A. Blaauw, Executiemiddelen, S.  12. Siehe eingehend auch Tjittes, WPNR 1989/5908, 156. 197 Vgl. Zuckerman, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1292. 198 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  190 f.

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Für die Vollstreckung einer Entscheidung ist in erster Linie dasjenige Gericht zuständig, das die Entscheidung erlassen hat.199 Es existieren allerdings großzügige Möglichkeiten, eine Entscheidung des einen Gerichts durch Übertragung an ein anderes Gericht nach dem Vollstreckungsverfahren ebendieses Gerichts zu vollstrecken (vgl. Sec. 42 County Courts Act 1984).200 Trotz dieser Fragmentierung sind die Unterschiede zwischen den Vollstreckungsverfahren zum Teil zu relativieren, denn bei inhaltlicher Betrachtung sind etwa die für die county courts und den High Court geltenden Regelungen zwar nicht inhaltsgleich, aber doch vielfach ähnlich.201 Auf die Vollstreckung der Entscheidungen des Court of Appeal sind die Vollstreckungsvorschriften des High Court (vgl. Sec. 15 (4) Senior Courts Act 1981) bzw. der county courts (vgl. Sec. 76 County Courts Act 1984) entsprechend anwendbar.202 Urteile des Supreme Court werden im Grunde in Beschlüsse (orders) des High Court umgewandelt und entsprechend den dafür geltenden Normen vollstreckt (vgl. CPR 40B 13.1 i. V. m. CPR Part 23).203 Die hiesige Besprechung richtet sich deshalb auf das Vollstreckungsverfahren bei den county courts und beim High Court. Die Vollstreckungsanordnungen dieser Gerichte werden als warrants bzw. writs bezeichnet. Zudem sei noch darauf hingewiesen, dass das Zwangsvollstreckungsrecht im englischen Recht zuweilen ein wenig vernachlässigt wird. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird die Zwangsvollstreckung zum einen kaum oder jedenfalls nur am Rande behandelt.204 Etwaige literarische Werke beinhalten vielfach nicht mehr als eine Darstellung der einschlägigen Regelungen.205 Zur Systematisierung und Kommentierung kommt es selten. So schreibt Jacob: „From the point of view of legal and social theory, the enforcement process is in a kind of backwater, seldom examined or studied“.206

Zum anderen scheinen insbesondere die unmittelbaren Vollstreckungsmechanismen auch in der Rechtsprechung eine untergeordnete Rolle zu spielen. Diese beiden Umstände erschweren den Zugang zum englischen Zwangsvollstre199 Vgl.

Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  189. zwischen den county courts und dem High Court und vice versa. Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.2 m. w. N.; White Book 2020, Bd.  I, Rn.  83.0.17. 201 Vgl. Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  2-06; Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.1. 202 Vgl. Ager v Ager [1998] 1 All ER 703 (CA) (709 f.). Siehe auch Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  2-14. 203  Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  2-15. 204 Vgl. Andrews, in: Stürner/Kawano, S.  13. 205  Ähnliche Kritik in Bezug auf das deutsche Recht äußert Hess, JZ 2009, 662 (663). 206 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  188. 200  Etwa

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

ckungsrecht in nicht unerheblichem Maße. Die nachfolgende Abhandlung orientiert sich somit maßgeblich an dem regulativen Rahmen. Insgesamt kann bereits zu Beginn und nach wie vor festgehalten werden: „The distinguishing feature of the English system of enforcement of judgment (sic!) and orders of the court is that it is an unplanned, unsystematic, haphazard, complex system. […] It functions in the absence of a general body of principles, but rather on an ad hoc basis applicable to particular modes of enforcement“.207

I. Contempt of court und die Zwangsmaßnahmen des englischen Rechts Contempt of court ist das Kernstück des englischen Zwangsvollstreckungsrechts wegen Nichtgeldforderungen.208 Wer einem richterlichen Gebot oder Verbot keine Folge leistet, missachtet nach traditioneller Ansicht209 das Gericht und damit, zumindest bei historischer Betrachtung, mittelbar die Herrschaftsgewalt des Königs.210 Gegen eine solche Person kann das Gericht wegen civil contempt of court211 eine Reihe unterschiedlichster Maßnahmen verhängen.212 So können Zwangshaft (committal) und Zwangsverwaltung (sequestration) angeordnet sowie eine Geldstrafe (fine) verhängt werden. 207 

Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  188. Das Zitat stammt aus dem Jahre 1987. Seitdem hat das englische Zivilverfahrensrecht insbesondere in Form der CPR zwar eine grundlegende Reform erfahren, einige Charakteristiken wie die Regelungstechnik des eigenen Zwangsvollstreckungsrechts eines jeden Gerichts wurden aber beibehalten. Vgl. auch Kennett, The Enforcement of Judgments in Europe, S.  83 Fn.  119. 208 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  205. 209  Neuere Entscheidungen beteuern hingegen, dass contempt of court in erster Linie der Rechtspflege diene. Vgl. etwa Morris v Crown Office [1970] 2 QB 114 (CA) (129): „The archaic description of these proceedings as ‘contempt of court’ is in my view unfortunate and misleading. It suggests that they are designed to buttress the dignity of the judges and to protect them from insult. Nothing could be further from the truth. No such protection is needed. The sole purpose of proceeding for contempt is to give our courts the power effectively to protect the rights of the public by ensuring that the administration of justice shall not be obstructed or prevented“; A-G v Yaxley-Lennon [2019] EWHC 1791 (QB) (Rn.  25): „Contempt of court is principally a common law doctrine. Its purpose is to protect the integrity of civil and criminal proceedings by imposing appropriate penalties on those who interfere with, obstruct, impede or prejudice the due administration of justice, or expose the process to risk that these consequences will follow. The label ‘contempt of court’ has long been considered inappropriate“. 210 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  205. Siehe auch Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses im anglo-amerikanischen Recht, S.  139 f. 211  Siehe näher zur Unterscheidung zwischen civil und criminal contempt of court A-G v Times Newspaper Ltd [1992] 1 AC 191 (HL) (217 f.); OB v Director of the Serious Fraud Office [2012] EWCA Crim 67; ferner White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-4. 212  Die Maßnahmen können grundsätzlich mit jedem Leistungsurteil, nicht aber mit Feststellungsurteilen verbunden werden. Vgl. etwa Webster v Southwark London Borough Council [1983] QB 698 (706 ff.). Siehe auch White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-19.

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1. Ziel und Charakter Mit den wegen contempt of court verhängten Maßnahmen werden zwei Ziele verfolgt. Während contempt aus Sicht des Gläubigers in erster Linie der Vollstreckung und insbesondere der Willensbeugung des Schuldners dient, bringt das Gericht im Verhältnis zum Schuldner zum Ausdruck, dass die Missachtung gerichtlicher Entscheidungen ein sanktionswürdiges Verhalten darstellt.213 Con­ tempt of court ist deshalb nach verbreiteter Ansicht quasi-strafrechtlicher Natur.214 Trotz der strafrechtlichen Elemente bleibt contempt allerdings schwerpunktmäßig ein zivilrechtliches Instrument.215 Diese Zwitterstellung des contempt führt zu einem ständigen Widerstreiten zivilverfahrensrechtlicher und strafrechtlicher Grundsätze. Einerseits wird contempt of court für die Zwecke des Art.  6 EMRK als strafrechtlich angesehen,216 sodass etwa das nemo tenetur-Prinzip gilt217. Contempt of court setzt wegen seines quasi-strafrechtlichen Charakters zudem grundsätzlich voraus, dass dem Schuldner hinsichtlich der Zuwiderhandlung ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann.218 Eine vorsätzliche Zuwiderhandlung ist zwar nicht erforderlich, bei rein zufälligen Verstößen liegt allerdings kein contempt of court vor.219 Etwaige Zuwiderhandlungen eines Arbeitnehmers werden dem Arbeitgeber allerdings wiederum in relativ großzügiger Weise nach den deliktsrechtlichen Grund213  Re Barrell Enterprises [1973] 1 WLR 19 (CA) (27). Siehe auch Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-5; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.1; Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  207; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.125. Gleichwohl kommt eine Maßnahme auch dann in Betracht, wenn diese voraussichtlich keinen Beitrag zur Willensbeugung leisten wird und deshalb lediglich der Bestrafung dient. Vgl. B (Algeria) v Secretary of State for the Home Department [2013] UKSC 4 (Rn.  14 und 19). 214  Vgl. etwa Phonographic Performance Ltd v Amusement Caterers (Peckham) Ltd [1964] Ch 195 (Ch) (198 f.). Siehe ferner Andrews, English Civil Procedure, Rn.  39.64; Andrews, The Modern Civil Process, Rn.  8.33 und 8.35; Andrews, in: Stürner/Kawano, S.  13 (18); Andrews, in: English Private Law, Rn.  22.129; Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-38. 215 Vgl. Phonographic Performance Ltd v Amusement Caterers (Peckham) Ltd [1964] Ch 195 (Ch) (198 f.); OB v Director of the Serious Fraud Office [2012] EWCA Crim 67 (Rn.  43 ff.). 216 Vgl. Newman (t/a Mantella Publishing) v Modern Bookbinders Ltd [2000] 2 All ER 814 (CA) (821 ff.). Siehe auch French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.15. 217 Vgl. Comet Products UK Ltd v Hawkex Plastics Ltd [1971] 2 QB 67 (CA) (74); Tiernan v National Farmers Union [2015] EWCA Civ 1419 (Rn.  38 f.). Siehe auch Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-72; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.129 m. w. N. 218  Siehe aber Sec. 1 ff. Contempt of Court Act 1981, die eine gegenständlich beschränkte strict liability rule enthalten. 219 Vgl. Heatons Transport (St Helens) Ltd v Transport and General Workers’ Union [1973] AC 15 (HL) (108 ff.); Bhimji v Chatwani [1991] 1 WLR 989 (Ch) (1002); X v Y [1988] 2 All ER 648 (QB) (667). Siehe auch Andrews, English Civil Procedure, Rn.  39.60 m. w. N.; Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-94 f.; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.15; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.127.

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sätzen der vicarious liability zugerechnet.220 Ein Verstoß kann dem Arbeitgeber, anders als nach deutschem Recht,221 selbst dann zurechnet werden, wenn dieser dem Arbeitnehmer gegenteilige Weisungen erteilt hat.222 Bemerkenswert ist ferner, dass nicht nur der Schuldner, sondern auch jeder Dritte, der den Schuldner bei seiner Zuwiderhandlung unterstützt oder selbst in entscheidungswidriger Weise handelt, in contempt of court geraten kann.223 Andererseits zeigt sich der zivilrechtliche Charakter etwa darin, dass die Maßnahmen wegen contempt of court grundsätzlich nur auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers vollstreckt werden können.224 Am deutlichsten zeigt sich der gemischte Charakter des Instituts schließlich bei der Beweislast. Zwar hat der Gläubiger die Tatsachen, die eine Zuwiderhandlung begründen, sowie die Einhaltung etwaiger Formalitäten (etwa die Zustellung des Titels an den Schuldner225) darzulegen und zu beweisen, der anzuwendende Beweismaßstab ist allerdings das striktere beyond reasonable doubt-Kriterium des Strafrechts (vgl. CPR 81 PD 9).226 220  Vgl. Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-113; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.2. 221  Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 14.07.1981 – 1 BvR 575/80, NJW 1981, 2457. 222 Vgl. Re Supply of Ready Mixed Concrete (No 2), Director General of Fair Trading v Pioneer Concrete (UK) Ltd [1995] 1 All ER 135 (HL) (150 ff.). 223 Vgl. Seaward v Paterson [1897] 1 Ch 545 (CA) (554 ff.). Dabei handelt es sich allerdings um criminal contempt of court. Vgl. Z Ltd v A-Z AA-LL [1982] QB 558 (CA) (578); A-G v Times Newspaper Ltd [1992] 1 AC 191 (HL) (217 ff.). Siehe auch Andrews, English Civil Procedure, Rn.  39.59; Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-2. 224 Vgl. Home Office v Harman [1983] 1 AC 280 (HL) (310). Sofern dies im öffentlichen Interesse ist, kann aber auch der Attorney-General contempt of court beantragen. In Ausnahmenfällen kommt auch eine Verurteilung wegen contempt of court von Amts wegen in Betracht. Vgl. Clarke v Chadburn [1985] 1 WLR 78 (Ch) (82 f.): „It is perhaps not generally real­ized that where the party who has obtained an order from the court is content that it should not be performed, the court, generally speaking, has no interest in interfering so as to enforce what the litigant does not want enforced. The order is made so as to assist the litigant in obtaining his rights, and he may consult his own interests in deciding whether or not to enforce it. If he decides not to, there may in some cases be a public element involved, and the Attorney-General will judge whether the public interest requires him to intervene in order to enforce the order. If n­ either the litigant nor the Attorney-General seeks to enforce the order, the court will act of its own volition in punishing for contempt only in exceptional cases of clear contempt which cannot wait to be dealt with“; Bedfordshire Police Constabulary v U [2013] EWHC 2350 (Fam) (Rn.  32). Siehe auch Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-6; Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  207; White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-17; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.129. 225 Vgl. Churchman v Joint Shop Stewards’ Committee of the Workers of the Port of London [1972] 1 WLR 1094 (CA) (1098). 226 Vgl. OB v Director of the Serious Fraud Office [2012] EWCA Crim 67 (Rn.  21). Siehe auch Andrews, English Civil Procedure, Rn.  39.64; Arlidge, Eady and Smith on Contempt,

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2. Die Maßnahmen im Einzelnen Die Maßnahmen, die infolge eines contempt of court erlassen werden können, sind überwiegend im Contempt of Court Act 1981 sowie in CPR 81 geregelt. Die CPR schaffen allerdings keine Befugnis zum Erlass etwaiger Maßnahmen (vgl. CPR 81.2 (1)(3)), sondern enthalten lediglich verfahrensrechtliche Vorgaben.227 Höherrangige Gerichte (superior courts228) können qua ihrer Stellung bestrafen (inherent jurisdiction),229 während niederrangigeren Gerichten (inferior courts) die Befugnis zur Bestrafung gegenständlich beschränkt gesetzlich eingeräumt wird (vgl. für die county courts etwa Sec. 14, 38, 118 County Courts Act 1981).230 a) Committal Im Falle einer Zuwiderhandlung kann das Gericht den Freiheitsentzug des Schuldners anordnen (committal). Committal stellt die schärfste, historische verbreitetste Maßnahme des contempt of court dar.231 aa) Dauer Die Dauer der Haft darf bei den superior courts zwei Jahre nicht übersteigen (Sec. 14 (1) Contempt of Court Act 1981).232 Für inferior courts ist eine Höchstdauer von einem Monat vorgesehen (Sec. 14 (1) Contempt of Court Act 1981). Stets ist zwar eine Festsetzung auf eine bestimmte Dauer erforderlich,233 der Schuldner wird jedoch nach der Hälfte der Zeit aus der Haft entlassen (Sec. 258 Criminal Justice Act 2003).234 Das Gericht kann allerdings eine erneute Haftstrafe verhängen.235 Rn.  12-50 ff.; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.15; Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  207; White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-19; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.129. 227  Vgl. White Book 2020, Bd.  I, Rn.  81.0.2. 228  Vgl. Sec. 19 Contempt of Court Act 1981. 229 Vgl. A-G v Times Newspaper Ltd [1992] 1 AC 191 (HL) (216); Webster v Southwark London Borough Council [1983] QB 698 (709); Deutsche Bank AG v Sebastian Holdings Inc [2016] EWHC 3222 (Comm) (Rn.  7); Vik v Deutsche Bank AG [2018] EWCA Civ 2011 (Rn.  35). 230 Vgl. Tuohy v Bell [2002] EWCA Civ 423 (Rn.  62). Siehe auch White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-27 und 33; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.127. 231  Vgl. White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-18. 232 Vgl. French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.17. 233 Vgl. Danchevsky v Danchevsky [1974] 3 All ER 934 (CA) (937). Siehe auch Andrews, The Modern Civil Process, Rn.  8.35; White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-87. 234 Vgl. Crystal Mews Ltd v Metterick [2006] EWHC 3087 (Ch) (Rn.  9). 235  Vgl. etwa Re W (Child) [2001] EWCA Civ 1196 (Rn.  45 ff.) für einen Fall der Kindesent-

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bb) Verfahren Bei der Vollstreckung durch committal handelt es sich um ein zweigliedriges Verfahren, in dem in einem ersten Schritt ein Leistungsurteil erwirkt und im Anschluss die Zwangshaft beantragt wird. Die Entscheidung, in der das richterliche Gebot oder Verbot tituliert ist, muss dem Schuldner grundsätzlich durch das Gericht zugestellt werden, ehe durch Zwangshaft vollstreckt werden kann (CPR 81.5 ff.).236 Dies dient der Sicherstellung der Möglichkeit der Kenntnisnahme von dem ge- oder verbotenen Verhalten.237 Die Zustellung erfolgt in erster Linie durch den Gerichtsvollzieher. Schlägt diese allerdings fehl, so hat der Gläubiger die Zustellung durchzuführen (CPR 81.7 (1), (2)). Die Zwangshaft kann im Anschluss auf Antrag des Gläubigers angeordnet werden (CPR 81.10 i. V. m. CPR 23).238 Dieser Antrag, der eine genaue Beschreibung der Zuwiderhandlung beinhalten muss, wird dem Schuldner grundsätzlich ebenfalls zugestellt, obwohl darauf ausnahmsweise verzichtet werden kann, wenn dies dem Gericht billig vorkommt (CPR 81.10 (4), (5)).239 Der Schuldner muss ferner grundsätzlich gehört werden (CPR 81.28). cc) Beendigung der Haft Der Schuldner kann beim Gericht seine Entlassung aus der Haft schriftlich beantragen, wenn dieser seinen contempt wiedergutmacht (purges contempt) oder bereit ist, dies zu tun (CPR 81.31 (1), (2)(a), (b)).240 Der Antrag des Schuldners wird dem Gläubiger zugestellt (CPR 81.31 (2)(c)).241 Ein Aussetzen der Strafe auf Bewährung ist nicht möglich.242 Hat eine Inhaftierung ihre Funktion der Bestrafung bereits erfüllt und scheint ein Einlenken des Schuldners aller Voraussicht nach ausgeschlossen zu sein, so kann committal ebenfalls beendet werden.243 führung. Zurückhaltender war die Rechtsprechung bei der Herausgabe beweglicher Sachen. Vgl. Kumari v Jalal [1997] 1 WLR 97 (CA) (101 f.). 236 Vgl. French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.5; White Book 2020, Bd.  I, Rn.  81.5.1. 237  Vgl. Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-41. 238  Vgl. White Book 2020, Bd.  I, Rn.  81.10.2. 239 Vgl. French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.11. 240  Vgl. auch French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.22 m. w. N.; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.130. 241  Vgl. aber die Entscheidung Swindon Borough Council v Webb t/a Protective Coatings [2016] EWCA Civ 152, in der das Verfahren nicht eingehalten wurde, das Berufungsgericht gleichwohl keine erneute Festnahme des Schuldners anordnete. 242 Vgl. Harris v Harris [2001] EWCA Civ 1645 (Rn.  21 ff.). 243 Vgl. Re Barrell Enterprises [1973] 1 WLR 19 (CA) (27); Enfield London Borough Council v Mahoney [1983] 1 WLR 749 (CA) (755 ff.).

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Ferner kann der Schuldner aus der Haft entlassen werden, wenn das Gericht sequestration angeordnet hat und die Zwangsverwalter das Vermögen bereits an sich gezogen haben (vgl. CPR 81.32). b) Sequestration Hat sich der Schuldner der Missachtung des Gerichts schuldig gemacht, so kann dessen Vermögen unter Zwangsverwaltung gestellt werden.244 Der Schuldner verliert damit – ähnlich wie bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens – die Verfügungsgewalt über sämtliche Vermögensgegenstände.245 Diese wird durch die vom Gericht bestellten Zwangsverwalter (sequestrators) ausgeübt. Sequestration kommt insbesondere bei juristischen Personen in Betracht, da Zwangshaft bei einer juristischen Person aus logischen Gründen ausscheidet.246 Die Zwangsverwalter können in letzter Konsequenz die Vermögensbestandteile des Schuldners zu Geld machen. Umstritten war, ob dies ebenfalls für unbewegliche Vermögensbestandteile gilt. Nunmehr ist anerkannt, dass das Gericht auch in diesem Fall die Zwangsstellvertretung anordnen kann, sodass die sequestrators die Übertragung eines Grundstücks bewirken können.247 Die verfahrensrechtlichen Vorschriften zur Zwangsverwaltung sind dieselben, die auch für die Zwangshaft gelten.248 Auch hier wird das Vollstreckungsverfahren durch einen Antrag des Gläubigers in Gang gesetzt (vgl. CPR 81.26 i. V. m. CPR 23). Ebenfalls sind eine Zustellung des Titels (CPR 81.21 ff.) und des Antrags (CPR 81.26 (4), (5)) sowie eine Anhörung des Schuldners (CPR 81.28) vorgeschrieben. c) Fine Das Gericht kann den Schuldner zudem zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilen.249 Die Strafe ist der Höhe nach grundsätzlich unbegrenzt, zumindest sofern diese von einem superior court verhängt wird (Sec. 4 Contempt of Court Act 1981).250 Darunter fallen für diese Zwecke ausnahmsweise ebenfalls die county 244 Vgl.

French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.27; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.132. 245  Vgl. White Book 2020, Bd.  I, Rn.  81.20.1. 246  Vgl. Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-146; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.1; White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-18. 247 Vgl. Mir v Mir [1992] 1 All ER 765 (Fam) (767 f.). Siehe näher zur Zwangsstellvertretung unten Kap.  6 C. V. (S.  284). 248 Vgl. French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.28. 249 Grundlegend Phonographic Performance Ltd v Amusement Caterers (Peckham) Ltd [1964] Ch 195 (Ch). 250 Vgl. Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.126 und 23.130.

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courts (vgl. Sec. 14 (4A) Contempt of Court Act 1981). Bei inferior courts kann sich das Bußgeld auf höchstens 2.500 GBP belaufen (Sec. 14 (2A) Contempt of Court Act 1981). Das Bußgeld kann als Einmalbetrag oder für jeden Tag der Zuwiderhandlung festgesetzt werden.251 Es wird im Anschluss grundsätzlich nach den für die Vollstreckung wegen Geldforderungen geltenden Regeln zugunsten der Staatskasse eingetrieben (Sec. 16 (1) Contempt of Court Act 1981).252 d) Weitere Maßnahmen Das Gericht kann schließlich eine Reihe weiterer Maßnahmen ergreifen.253 So kann es den Schuldner zur Erstattung der Kosten des Gläubigers verurteilen,254 obwohl Vorsicht geboten ist, wenn diese der Höhe nach einer Geldbuße gleichzusetzen sind.255 Grundsätzlich kann auch ein Rechtsmittelausschluss in Betracht kommen, solange der Schuldner seinen contempt nicht wiedergutmacht.256 Bei dieser – in Anbetracht der Gebote des effektiven Rechtsschutzes – sehr weitreichenden Maßnahme ist allerdings stets eine Prüfung im Einzelfall erforderlich.257 Die neuere Rechtsprechung sieht in der Einschränkung prozessualer Rechte zulasten des Schuldners zwar keinen Verstoß gegen Art.  6 EMRK,258 tendiert allerdings insgesamt dazu, mehr Zurückhaltung an den Tag zu legen.259 251  Vgl. White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-87; Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.130 m. w. N. 252  In bestimmten Fällen kommt auch eine öffentlich-rechtliche Eintreibung in Betracht (Sec. 16 (2), (3) Contempt of Court Act 1981). 253 Vgl. Andrews, The Modern Civil Process, Rn.  8.35; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.24. 254 Vgl. Watkins v A J Wright (Electrical) Ltd [1996] 3 All ER 31 (Ch) (44 f.); Worthington v Ad-Lib Club Ltd [1964] 3 All ER 674 (Ch) (682). Siehe auch White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-87. 255 Vgl. Adam Phones Ltd v Goldschmidt [1999] 4 All ER 486 (CA) (494 f.). 256 Vgl. Hadkinson v Hadkinson [1952] 2 All ER 567 (CA) (569 ff.); Re Jokai Tea Holding Ltd [1992] 1 WLR 1196 (CA) (1202). 257  Raja v Van Hoogstraten [2004] EWCA Civ 968 (Rn.  81 ff.). 258 Vgl. JSC BTA Bank v Ablyazov [2012] EWCA Civ 649 (Rn.  28): „I do not accept, therefore, that any refusal to hear a contemnor would inevitably involve a breach of article 6, but I do accept that the circumstances in which such a course would be justified are likely to arise very rarely. The mere fact that the applicant is in contempt is not, in my view, sufficient justification“. Im Ergebnis ähnlich Motorola Credit Corp v Uzan [2003] EWCA Civ 752 (Rn.  58). Siehe auch Stolzenberg v CIBC Mellon Trust Co Ltd [2004] EWCA Civ 827 (Rn.  161): „the state can impose restrictions on the right of access to court provided that the restrictions serve a legitimate aim, are proportionate and do not destroy the very essence of the right. Here, the legitimate aim in imposing a sanction is to secure compliance with court orders, which in the instant case were made to ensure the effectiveness of freezing orders. The imposition of a sanc­ tion is proportionate if it is reasonably necessary for achieving that aim. The essence of the

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e) Ermessen des Gerichts bei der Wahl der Maßnahmen und deren Verhältnis zueinander 259

Bei der Wahl der anzuwendenden Maßnahmen kommen dem Gericht große Ermessensspielräume zu.260 Früher wurde sogar gesagt, dass „this jurisdiction of committing for contempt of court [is] practically arbitrary and unlimited“.261

Wegen des drakonischen Charakters des Freiheitsentzugs wird zuweilen eine Subsidiarität des committal im Verhältnis zu den anderen Maßnahmen diskutiert.262 So findet sich in der Rechtsprechung die Auffassung, dass „[c]ommittal orders […] remedies of last resort“ sind.263 Mehr im Allgemeinen wird im Schrifttum dafür plädiert, wegen ihrer Härte lediglich dann auf die Maßnahmen wegen contempt of court zurückzugreifen, wenn direkte Vollstreckungsmittel ausscheiden.264 Bei der Wahl der zu verhängenden Maßnahme kann das Gericht alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.265 Das Gericht orientiert sich dabei u. a. an right of access to court is not destroyed because the litigant has the opportunity to seek relief against the sanctions. The refusal of that relief is Convention-compliant if the same tests are satisfied. The legitimate aim remains the same. Proportionality will be satisfied if the over­ riding objective is met. The essence of the right will not be destroyed even if refused, since the appellants always had the chance to comply with the court orders and to help progress the case to trial“. Siehe zur Vereinbarkeit der Gerichtspraxis mit Art.  6 EMRK näher Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-82 ff. 259 Vgl. Days Healthcare UK Ltd v Pihsiang Machinery Manufacturing Co Ltd [2006] EWHC 1444 (QB) (Rn.  21 ff.); JSC BTA Bank v Ablyazov [2012] EWCA Civ 649 (Rn.  17 ff.). Siehe auch Andrews, English Civil Procedure, Rn.  39.63; Andrews, The Modern Civil Process, Rn.  8.35; Andrews, in: English Private Law, Rn.  22.130; Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-73 ff. Nicht zulässig ist etwa die Bedingung, dass der Schuldner erst dann in Berufung gehen kann, wenn sich dieser zuvor in die Haft begibt. Vgl. JSC BTA Bank v Ablyazov [2012] EWCA Civ 649 (Rn.  31). Die Abweisung einer Widerklage oder der Ausschluss der Geltendmachung einer Einwendung sind ebenfalls als unzulässige Maßnahmen anzusehen. Vgl. Raja v Van Hoogstraten [2004] EWCA Civ 968 (Rn.  108 ff.). 260 Vgl. Andrews, The Modern Civil Process, Rn.  8.35. 261 Vgl. Clements v Erlanger (1877) 46 L. J. Ch. 375 (CA) (383). 262  Vgl. etwa Danchevsky v Danchevsky [1974] 3 All ER 934 (CA) (939). Siehe auch Ar­ lidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-20. 263  Ansah v Ansah [1977] 2 All ER 638 (CA) (643). Vgl. auch Templeton Insurance Ltd v Thomas [2013] EWCA Civ 35 (Rn.  42). 264  Vgl. Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-20 ff. 265  Siehe im Allgemeinen Crystal Mews Ltd v Metterick [2006] EWHC 3087 (Ch) (Rn.  13): „The matters which I may take into account include these. First, whether the claimant has been prejudiced by virtue of the contempt and whether the prejudice is capable of remedy. Second, the extent to which the contemnor has acted under pressure. Third, whether the breach of the order was deliberate or unintentional. Fourth, the degree of culpability. Fifth, whether the con-

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

der prognostizierten Effektivität. Ist der Schuldner bspw. bereits aus strafrechtlichen Gründen inhaftiert worden, ist committal zur Willensbeugung kein geeignetes Mittel. Vielmehr können in diesem Fall die Zwangsverwaltung oder eine Geldstrafe in Betracht kommen.266 Zudem kann das Gericht die Zuwiderhandlung des Schuldners bewerten und dabei zum Ergebnis kommen, dass diese committal oder eine Geldstrafe wegen ihres geringen Gewichts nicht rechtfertigt. In einem solchen Fall kann das Gericht stattdessen eine Kostenverurteilung aussprechen.267 Alternativ können committal und sequestration unter der Bedingung verhängt werden, dass der Schuldner dem Gläubiger Kosten erstattet.268 Ferner kann der Grad des Vorsatzes berücksichtigt werden.269 Auf das Verhängen von Maßnahmen kann das Gericht schließlich ganz verzichten, wenn die Zuwiderhandlung „a mere technicality“ betrifft.270 II. Herausgabe unbeweglicher Sachen 1. Überblick Die Vollstreckung zur Herausgabe unbeweglicher Sachen wird überwiegend in CPR 55 geregelt, die allgemeine Vorschriften für possession claims sowie einige Sondervorschriften, insbesondere für possession claims against trespassers enthält.271 Zuständig für das Erkenntnisverfahren sind grundsätzlich die county courts; unter besonderen Umständen kommt allerdings ebenfalls ein Verfahren beim High Court in Betracht (CPR 55A PD 1.1).272 Im Regelfall kann der Gläubiger bei der Vollstreckung wiederum die Übertragung an den High Court verlangen (CPR 83.19 (1)(a)), dessen Verfahren praktisch eine schnellere Vollstreckung ermöglicht.273 temnor has been placed in breach of the order by reason of the conduct of others. Sixth, whether the contemnor appreciates the seriousness of the deliberate breach. Seventh, whether the contemnor has co-operated“. 266 Vgl. Raja v Van Hoogstraten [2004] EWCA Civ 968 (Rn.  69 ff.). 267 Vgl. Watkins v A J Wright (Electrical) Ltd [1996] 3 All ER 31 (Ch) (44 f.). 268 Vgl. Phonographic Performance Ltd v Amusement Caterers (Peckham) Ltd [1964] Ch 195 (Ch) (201). Siehe nunmehr CPR 81.29 (1). 269 Vgl. A-G v Times Newspaper Ltd [1992] 1 AC 191 (HL) (217); Tuohy v Bell [2002] EWCA Civ 423 (Rn.  60); Crystal Mews Ltd v Metterick [2006] EWHC 3087 (Ch) (Rn.  13). 270  Adam Phones Ltd v Goldschmidt [1999] 4 All ER 486 (CA) (495). Vgl. auch Bhimji v Chatwani [1991] 1 WLR 989 (Ch) (1002). 271  Vgl. CPR 55.1 (a): „‘a possession claim’ means a claim for the recovery of possession of land (including buildings or parts of buildings)“. 272 Vgl. Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  16-06. 273 Vgl. Patridge v Gupta [2017] EWHC 2110 (QB) (Rn.  2 f.).

C. Specific enforcement im englischen Recht

281

Die Klage muss dem Schuldner zugestellt werden (CPR 55.4). Erst nach Ablauf einer von der Art der zu räumenden Sache abhängigen Frist (CPR 55.5) findet eine mündliche Verhandlung statt.274 Die Vollstreckung einer Entscheidung zur Besitzeinräumung an Grundstücken beim High Court erfolgt durch den writ of possession, durch Zwangshaft und/ oder durch Zwangsverwaltung (CPR 83.13 (1) (a)–(c)). Im Verhältnis zu den indirekten Vollstreckungsmitteln im Rahmen des contempt of court hat eine direkte Herausgabevollstreckung grundsätzlich Vorrang, sodass sich der Schuldner zunächst eines writ of possession zu bedienen hat.275 Diese muss vom Gläubiger beantragt und grundsätzlich vom Gericht gesondert stattgegeben werden (vgl. CPR 83.13 (2)).276 Über den Antrag müssen auch etwaige Mitbesitzer in Kenntnis gesetzt werden (CPR 83.13 (8)(a)).277 Bei der Vollstreckung des writ of possession werden sämtliche bewegliche Gegenstände von dem zu räumenden Grundstück entfernt.278 Darin unterscheidet sich die Vollstreckung beim High Court vom warrant of possession der county courts, bei dem eine solche Räumung beweglicher Gegenstände gerade nicht vorgesehen ist (vgl. Sec. 111 (1) County Courts Act 1984). Die Polizei ist dem High Court enforcement officer bereits im Allgemeinen zum Beistand und zur Hilfeleistung verpflichtet (vgl. Sch. 7 Par. 5 Courts Act 2003), praktische Bedeutung hat diese Beistandspflicht vor allem bei der Räumungsvollstreckung.279 Dasselbe gilt für die county courts enforcement agents (vgl. Sec. 85 (4) County Courts Act 1984). 2. Sondervorschriften für possession claims against trespassers Für die Zwangsräumung im Falle einer possession claim against trespassers enthält CPR Part 55 einige Sondervorschriften. Dieser Anspruch wird in CPR 55.1 (b) definiert als 274 

Vgl. White Book 2020, Bd.  I, Rn.  55.5.3. De Grey v Ford [2005] EWCA Civ 1223 (Rn.  17): „[It] plainly reflects the concern of the law and the courts in this area of the law only to use an order of committal in support of an order for possession when possession could not otherwise be obtained by means of warrants for possession and the use of bailiffs and such like steps to obtain the outcome of the court’s deliberations as to entitlement to possession“. Vgl. auch Tuohy v Bell [2002] EWCA Civ 423 (Rn.  59). Siehe ferner Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-151; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.4. 276 Vgl. Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1382. 277  Siehe näher Patridge v Gupta [2017] EWHC 2110 (QB) (Rn.  63 ff.). 278 Vgl. Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  16-40; Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.38. 279 Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.38. 275 Vgl.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

„a claim for the recovery of land which the claimant alleges is occupied only by a person or persons who entered or remained on the land without the consent of a person entitled to possession of that land [with the exception of] a claim against a tenant or sub-tenant whether his tenancy has been terminated or not“.

Im Anwendungsbereich der Norm liegen somit in erster Linie Fälle der Hausbesetzung, nicht etwa Ansprüche aus einem Mietvertrag.280 Die für possession claims against trespassers geltenden leges speciales dienen insbesondere der Bewältigung des Problems der unbekannten Identität der Hausbesetzer. CPR 55 hält dafür eine ausführliche Regelung bereit, die eine Klage gegen „persons unknown“ ausdrücklich ermöglicht (vgl. auch CPR 55.3 (4)).281 Die Zustellung der Klageschrift durch das Gericht erfolgt in diesem Fall durch das Befestigen der Unterlagen an der Haupteingangstür und, sofern möglich, durch den Einwurf eines transparenten Umschlags, adressiert an die Hausbesetzer (CPR 55.6 (a) (i) und (ii)). Ebenfalls zulässig ist allerdings das Aufhängen eines solchen Umschlags an mehreren Pflöcken, die an deutlich sichtbaren Orten auf dem zu räumenden Grundstück aufzustellen sind (CPR 55.6 (b), CPR 55A PD 4.1). Im Unterschied zur allgemeinen possession claim ist eine solche gegen trespassers grundsätzlich ohne nähere Anordnung des Gerichts vollstreckbar (vgl. CPR 83.13 (3)).282 3. Eintragung der Gerichtsentscheidung in das Register Gemäß Sec. 6 (1)(a) Land Charges Act 1972 können Gerichtsentscheidungen, die nichtregistrierte Grundstücke (unregistered land) betreffen, zur Vollstreckung unmittelbar in das Land Charges Register eingetragen werden.283 Dasselbe gilt für registrierte Grundstücke (registered land); hier kann die Entscheidung in das Grundbuch eingetragen werden (Sec. 87 Land Registration Act 2002).284

280 

Erfasst ist aber die schwächere Form der Miete i. S. d. license. Vgl. Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  16-04. Eine drohende Hausbesetzung kann nicht im Wege einer possession claim, sondern nur durch injunction verhindert werden. Vgl. Secretary of State for Environment, Food, and Rural Affairs v Meier [2009] UKSC 11 (Rn.  78 ff.). Siehe näher im Allgemeinen auch Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  16-04. 281  Vgl. auch Secretary of State for Environment, Food, and Rural Affairs v Meier [2009] UKSC 11 (Rn.  62). 282 Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.38; Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1382. 283 Vgl. Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1299. 284 Vgl. Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1299.

C. Specific enforcement im englischen Recht

283

III. Herausgabe beweglicher Sachen Ist der Schuldner zur Herausgabe einer beweglichen Sache (specific delivery of goods) verurteilt worden und hat das Gericht diesem nicht die Möglichkeit der Zahlung des Geldersatzes eingeräumt, erfolgt die Vollstreckung durch den High Court285 mittels eines writ of specific delivery, Zwangshaft und/oder Zwangsverwaltung (CPR 83.14 (1)(a)–(c)).286 Zur Erteilung eines writ of specific delivery bedarf es eines Antrags des Gläubigers (CPR 83.14 (3) i. V. m. CPR Part 23) sowie dessen Zustellung an den Schuldner (CPR 83.14 (3) i. V. m. CPR 23.4).287 Die Vollstreckung erfolgt im Wesentlichen nach den für die Pfändung beweglicher Sachen (taking control of goods) geltenden Vorschriften (vgl. CPR 84).288 IV. Handlungen und Unterlassungen 1. Einheitliches Verfahren Für die Vollstreckung von Handlungen und Unterlassungen (CPR 81.4 (1)(a) bzw. (b)) sieht das englische Recht ein einheitliches Verfahren vor. Gegen den Schuldner, der zur Erbringung einer Handlung oder zum Unterlassen verurteilt wurde, kann durch Zwangshaft (CPR 81.4 (1)) oder durch Zwangsverwaltung (CPR 81.20 (1)) vollstreckt werden. Stets ist erforderlich, dass der Titel das geschuldete Verhalten hinreichend bestimmt beschreibt.289 Ist der Schuldner ein Unternehmen (company oder corporation), so kann gegen jede Person, die der Geschäftsleitung angehört, und gegen faktisches Führungspersonal committal (CPR 81.4 (3)) oder sequestration (CPR 81.20 (3)) angeordnet werden,290 zumindest sofern die Voraussetzungen für contempt im Verhältnis zum Unternehmen dem Grunde nach vorliegen.291 285  Ähnlich verhält es sich beim warrant of specific delivery der county courts. Vgl. CPR 83.23. Vgl. Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1389. 286 Vgl. Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1383; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  636. 287  Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1383. 288 Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.37. 289  Siehe näher Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-55 m. w. N. 290  Siehe grundlegend A-G for Tuvalu v Philatelic Distribution Corp Ltd [1990] 1 WLR 926 (CA) (938); ferner Sectorguard Plc v Dienne Plc [2009] EWHC 2693 (Ch) (Rn.  42); Masri v Consolidated Contractors International Company SAL [2010] EWHC 2458 (Comm) (Rn.  40); Dar Al Arkan Real Estate Development Co v Al Refai [2014] EWCA Civ 715 (Rn.  33); White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-24. 291 Vgl. Phonographic Performance Ltd v Amusement Caterers (Peckham) Ltd [1964] Ch 195 (Ch) (201 f.); Webster v Southwark London Borough Council [1983] QB 698 (708). Siehe näher Arlidge, Eady and Smith on Contempt, Rn.  12-124; French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.4 m. w. N.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

2. Anwendungsbereich Das englische Recht legt den Begriff der Handlung vergleichsweise extensiv aus. So wird auch das Übergeben einer Geldsumme oder einer Sache als Handlung angesehen. Für die Zahlung einer Geldsumme ist jedoch zum einen die Zwangshaft vorbehaltlich einiger Ausnahmen und deshalb grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Sec. 4 Debtors Act 1869).292 Ist der Schuldner zum anderen zur Herausgabe einer Sache oder zur Erstattung ihres Werts verurteilt worden, so kann das Gericht auf Antrag des Gläubigers auch einen order for committal erlassen (CPR 81.4 (5)). Eine Zwangsverwaltung kommt hier ebenfalls in Betracht (vgl. CPR 81.20). Es ist allerdings erneut von einem Vorrang der direkten Vollstreckungsmittel auszugehen. 3. Sondervorschrift für Handlungen: Ersatzvornahme Sofern der Schuldner einer Verurteilung zur Vornahme einer Handlung keine Folge leistet, kann der Gläubiger durch das Gericht zur Ersatzvornahme ermächtigt werden.293 Das englische Recht sieht eine Vornahme der Handlung durch den Gläubiger selbst oder durch eine vom Gericht bestellte Person vor (CPR 70.2A (2)(a) und (b)).294 Die Ersatzvornahme erfolgt auf Kosten des Schuldners (CPR 70.2A (3)(a)). Anders als nach deutschem Recht kann der Gläubiger hierfür keinen Kostenvorschuss vom Schuldner verlangen. Vielmehr setzt das Gericht nach der Vornahme der geschuldeten Handlung die damit einhergehenden Kosten fest (CPR 70.2A (3) (b)). Die Ermächtigung zur Ersatzvornahme lässt die Befugnis des Gerichts, den Schuldner wegen contempt of court zu bestrafen, unberührt (CPR 70.2A (4)(b)). V. Zwangsstellvertretung Für die Vornahme bestimmter Rechtshandlungen kann der High Court einen Zwangsstellvertreter bestellen, der das Rechtsgeschäft anstelle des Schuldners vornimmt (Sec. 39 Senior Courts Act 1981).295 Der sachliche Anwendungsbereich der Norm ist dem Wortlaut nach auf die Auflassung (conveyance), die Durchführung eines Vertrags oder die Ausstellung eines Wertpapiers (negotiable instrument) beschränkt (Sec. 39 (1) Senior Courts Act 1981). Voraussetzung für 292 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  199; White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-18. 293 Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.43; Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  636; Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1298. 294 Vgl. Zuckerman in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1298. 295  Siehe etwa das Anwendungsbeispiel in Mir v Mir [1992] 1 All ER 765. Vgl. ferner Zuckerman, Civil Procedure, Rn.  23.133.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

285

die Anordnung einer Zwangsstellvertretung ist ferner, dass der Schuldner die eigenhändige Vornahme der geschuldeten Handlung verweigert hat oder unauffindbar ist (Sec. 39 (1)(a), (b) Senior Courts Act 1981). Die von dem Zwangsstellvertreter vorgenommene Handlung hat dieselben Rechtsfolgen, welche die Vornahme durch den Schuldner gehabt hätte (Sec. 39 (2) Senior Courts Act).296

D. Rechtsvergleichende Überlegungen I. Vorbemerkungen zur Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts Durch die bisherige Fokussierung auf die für die Naturalvollstreckung relevanten Mechanismen der untersuchten Rechtsordnungen können die grundlegend verschiedenen Ausgestaltungen des Zwangsvollstreckungsverfahrens297 leicht übersehen werden.298 Grundsätze des Vollstreckungsrechts können an dieser Stelle lediglich in gebotener Kürze angesprochen werden. Für die Komparatistik stellt das Zwangsvollstreckungsrecht sicherlich nach wie vor ein vergleichsweise unerkundetes Terrain dar.299 Ein Grund dafür mag sein, dass dieses Rechtsgebiet, das eine Brücke zwischen Recht und Realität bildet, zwar in abstrakter Weise, in seiner praktischen Vielfalt allerdings häufig nur schwerlich zugänglich ist.300 Dies trifft gelegentlich bereits auf das eigene und umso mehr auf das fremde Recht zu. Nichtsdestoweniger ist es eine Binsenweisheit, dass die Rechtsverwirklichung gewissermaßen den Prüfstein des Rechts darstellt. Das Zwangsvollstreckungsrecht erscheint darüber hinaus vielfach als Spiegel der Kultur und der historischen Entwicklung einer Rechtsordnung und ist deshalb von besonderem rechtsvergleichendem Interesse.

296 Vgl.

Tetterborn, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  95, Rn.  636 Fn.  5. A. A. Weller, Die Vertragstreue, S.  423 ff. 298 Siehe näher etwa Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S.  481 ff. 299  So auch Kennett, The Enforcement of Judgments in Europe, S.  62; Wagner, ZEuP 2008, 6 (24). Das Prozessrecht rückte insbesondere ab den 1990er Jahren durch den Vereinheitlichungsvorschlag von Storme, Rapprochement du Droit Judiciaire de l’Union européenne, vermehrt in das Interesse der (europäischen) Rechtsvergleichung. Mittlerweile ist auch der europäische Rechtssetzer vermehrt im Bereich der grenzüberschreitenden Vollstreckung tätig geworden. Siehe im Überblick von Hein/Imm, IWRZ 2019, 112 sowie die Beiträge in Pfeiffer/ Lobach, Effektive grenzüberschreitende Vollstreckung in der Europäischen Union. 300 Ähnlich Stürner, RabelsZ 58 (1994), 760. 297 

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

1. Das Zwangsvollstreckungsverfahren als Dreiparteienverhältnis Das Zwangsvollstreckungsverfahren kann als Dreiparteiengefüge charakterisiert werden, das sich aus Gläubiger, Schuldner und Staat zusammensetzt.301 Der Gläubiger ist bei der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen den Schuldner in Anbetracht des grundsätzlichen Selbsthilfeverbots typischerweise auf die Staatsgewalt angewiesen. Zu deren Aktivierung bedarf es in allen untersuchten Rechtsordnungen eines Antrags des Gläubigers.302 Im Gegenzug zu diesem Zwangsmonopol ist der Staat dem Gläubiger zwar grundsätzlich zur Durchsetzung zivilrechtlicher Positionen verpflichtet, gleichzeitig hat dieser aber im Verhältnis zum Schuldner die Gebote der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns zu beachten. Dies zeigt sich in den Fällen, in denen der Staat aus Gründen des Schuldnerschutzes oder aus eigenem Interesse303 seine Mitwirkung an der Vollstreckung verweigert. In der Zwangsvollstreckung geht es somit um die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche durch öffentlich-rechtliche Gewalt. Bei rechtsvergleichender Betrachtung kann die Zwangsvollstreckung entweder in erster Linie dem Zivilrecht zugeordnet oder überwiegend als öffentliche Aufgabe des Staates angesehen werden.304 Diese Schwerpunktsetzung zieht eine Reihe fundamentaler Unterschiede in der Systematik des Zwangsvollstreckungsrechts nach sich, die sich ebenfalls zumindest potenziell auf die Durchsetzbarkeit des Naturalerfüllungs-

301 Siehe näher zum deutschen Recht Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  5.1 ff.; Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  8 Rn.  3 ff.; Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S.  22. 302  Siehe zum deutschen Recht bereits ausdrücklich RG, Beschl. v. 02.06.1913 – III 13/12, RGZ 82, 85 (86): „Ob die Zwangsvollstreckung den Gerichten oder den Gerichtsvollziehern zugewiesen ist […], stets erfolgt sie zwar nicht von Amtswegen, sondern auf Antrag oder im Auftrag und im Interesse der Partei, aber als Ausübung staatlicher Zwangsgewalt, kraft der der Behörde oder dem Einzelbeamten vom Staate verliehenen Gewalt“; ferner Gaul, in: Gaul/ Schilken/Becker-Eberhard, §  8 Rn.  6; zum englischen Recht French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.1; White Book 2020, Bd.  I, Rn.  83.0.2.; a. A. zum englischen Recht Weller, Die Vertragstreue, S.  424. 303  Etwa das Interesse des Staates daran, dass der Schuldner nicht völlig mittellos wird und in der Folge der Staatskasse zur Last fällt. Vgl. Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S.  15 f. 304  Vgl. auch Zuckerman, in: Gottwald, S.  1 f.: „Since disputes predominantly concern private rights, it is thought that the process of resolving them is essentially a private matter of no major public interest. […] However, to regard court adjudication as simply one of many forms of private dispute resolution is to overlook its constitutional function in a system governed by the rule of law“; “Upholding of rights is in the interest of the community as a whole and this is why compulsory and enforceable adjudication is a monopoly of the state and is not left to private enterprise“.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

287

anspruchs im weiteren Sinne auswirken können und deshalb im Folgenden überblicksartig besprochen werden.305 2. Vollstreckungsorgan a) Natur Eine erste Unterscheidung betrifft die Natur des zur Zwangsvollstreckung berufenen Organs. Die Vollstreckung kann entweder durch staatliche oder durch private Stellen vollzogen werden.306 Am einen Ende des Spektrums kann in diesem Zusammenhang das niederländische Recht eingeordnet werden, nach dem die Vollstreckung durch den Gerichtstürwärter erfolgt, der als privater Berufsträger hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. Zwar handelt es sich um einen reglementierten Beruf mit einem eigenen Standesrecht, dies lässt jedoch den grundsätzlich privaten Charakter des Gerichtstürwärterwesens unberührt. Im Verhältnis zum Vollstreckungsgläubiger wird der Gerichtstürwärter auf dienstvertraglicher Grundlage (overeenkomst van opdracht) tätig. Das Gerichtstürwärterwesen ist seit einiger Zeit weitgehend liberalisiert und nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichtet. So kann der Gläubiger seinen Vertragspartner nach Belieben wählen. Deutschland befindet sich trotz langjähriger Reformdiskussionen um eine Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens am anderen Ende des Spektrums.307 Der Gerichtsvollzieher, der mit den hier interessierenden Tätigkeiten betraut ist,308

305 

Siehe eingehend Kennett, in: Storme, S.  81 (94 ff.). auch Hess, in: Andenas/Hess/Oberhammer, S.  25 (33 ff.), der aufgrund anderer Merkmale zu einer ähnlichen Einteilung kommt. Er unterscheidet allerdings vier Grundmodelle der Vollstreckungsmechanismen, und zwar „bailiff-oriented“, „court-oriented“, gemischte sowie verwaltungsrechtliche Vollstreckungssysteme. 307  Siehe dazu, insbesondere vor dem Hintergrund des Funktionsvorbehalts des Art.  33 Abs.  4 GG, etwa Blaskowitz, DGVZ 2007, 97; Fischer, DGVZ 2011, 158; Gaul, ZZP 124 (2011), 271; Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  1 Rn.  20 ff.; Heister-Neumann, ZRP 2007, 140; Hess, JZ 2009, 662 (666 ff.); Hess, Die Neuorganisation des Gerichtsvollzieherwesens in Deutschland, S.  34 ff.; Mroß, DGVZ 2005, 49; Pilz, DGVZ 2010, 65; Pilz, DGVZ 2014, 29 (36 ff.); Scholz, DGVZ 2003, 97; Schönrock, DGVZ 2011, 57. Siehe näher zur historischen Entwicklung Pilz, DGVZ 2014, 1; Pilz, DGVZ 2014, 29; zu den französischen Einflüssen auf das deutsche Gerichtsvollzieherwesen auch Deutsch, DGVZ 2007, 1. 308  Der Gerichtsvollzieher ist für die vorliegenden Zwecke das primäre Vollstreckungsorgan des deutschen Rechts (vgl. auch §  753 Abs.  1 ZPO). Weitere Vollstreckungsorgane (Vollstreckungsgericht, Prozessgericht und Grundbuchamt) sind hier von geringerem Interesse. Dasselbe gilt für die Rechtspfleger. Siehe zu deren Tätigkeit im Rahmen des Zwangsvollstreckungsrechts näher Gaul, in: FS Stürner, S.  687. Kritisch zur Aufteilung der Vollstreckungstätigkeiten zwischen Gerichtsvollziehern und Rechtspflegern Stamm, JZ 2012, 67 ff. 306 Vgl.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

ist in erster Linie Beamter (vgl. §  154 GVG),309 obwohl er seine Tätigkeit in Teilen eigenständig ausübt.310 Das Verhältnis des Gerichtsvollziehers zum Gläubiger ist nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur.311 Der Gläubiger ist in der Wahl des Gerichtsvollziehers nicht frei, sondern muss sich an den örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher wenden.312 Der Gläubiger hat im Unterschied zum niederländischen Recht keinen Anspruch auf Tätigwerden gegen den Gerichtsvollzieher und lediglich in beschränktem Umfang eine Weisungsbefugnis,313 kann allerdings wegen eines Untätigbleibens das Vollstreckungsgericht anrufen (vgl. §  766 Abs.  2 ZPO)314. Insgesamt ist die Stellung des deutschen Gerichtsvollziehers seit jeher mit Unklarheiten umgeben und von Kontroversen geprägt.315 Das englische Recht sieht nach einer grundlegenden Reform nunmehr eine Mischform aus dem Amts- und Berufssystem vor.316 Wie oben erwähnt, ist die Zersplitterung des Vollstreckungsverfahrens darauf zurückzuführen, dass dieses, ähnlich wie im gemeinen Recht,317 gerichtsspezifisch geregelt ist und sich die 309 Vgl. Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  1 Rn.  19; Mroß, DGVZ 2011, 103; ­Scholz, DGVZ 2003, 97 (98). 310  So unterhält der Gerichtsvollzieher auf eigene Kosten ein Geschäftszimmer (§  46 Abs.  1 S.  1 GVO) und ggf. eine Pfandkammer (§  48 S.  1 GVO). Siehe näher Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  1 Rn.  22 ff.; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  8.1 ff.; Glenk, NJW 2014, 2315; Götze/Schöder, DGVZ 2009, 1 (2). 311 Vgl. RG, Beschl. v. 02.06.1913 – III 13/12, RGZ 82, 85 (86): „Deshalb gehört die Tätigkeit der Organe der Zwangsvollstreckung, der Gerichtsvollzieher nicht minder wie der Gerichte, dem öffentlichen Rechte an, und zwar in ihrer Gesamtheit. Das öffentliche Recht beherrscht deshalb auch das Verhältnis des Gerichtsvollziehers zu dem Gläubiger, der ihn mit der Zwangsvollstreckung beauftragt“; RG, Urt. v. 21.01.1938 – VII 106/37, RGZ 156, 395 (398): „Der Gerichtsvollzieher […] ist nicht Beauftragter des die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigers […], er steht vielmehr allen Beteiligten als Beamter gegenüber, er nimmt […] einen staatlichen Hoheitsakt vor […]. Dieser Hoheitsakt greift zwar in privatrechtliche Verhältnisse ein, er liegt aber selbst nicht auf dem Gebiete des Privatrechts“. Anders ist dies, wenn der Gerichtsvollzieher im Rahmen seiner Tätigkeit Verträge mit Dritten, etwa Transportunternehmen, schließt. Hier liegt ein privatrechtliches Rechtsverhältnis vor. Vgl. BGH, Urt. v. 17.06.1999 – IX ZR 308/98, NJW 1999, 2597. Siehe näher Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  8.5; Gilleßen/Polzius, DGVZ 2001, 5; Mroß, DGVZ 2011, 103 (104). 312 Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  1 Rn.  24. 313 Vgl. Mroß, DGVZ 2011, 103 (104 f.). 314 Vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  1 Rn.  25. 315  Siehe im Einzelnen Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  8.2; Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  1 Rn.  19 m. w. N.; Glenk, NJW 2014, 2315 ff.; Götze/Schöder, DGVZ 2009, 1 ff.; Hess, Die Neuorganisation des Gerichtsvollzieherwesens in Deutschland, S.  15 ff.; Mroß, DGVZ 2011, 103 ff.; Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S.  492 ff. 316  Siehe näher Sandbrook, Enforcement of a Judgment, Rn.  1-01 ff.; Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.1. 317 Vgl. Gaul, ZZP 112 (1999), 135 (144 ff. m. w. N.).

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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Gerichte somit unterschiedlicher mit der Vollstreckung betrauten Personen bedienen. Die enforcement agents, die für die Vollstreckung der Entscheidungen der county courts zuständig sind (vormals bailiffs318), sind Beamte des Gerichts.319 Die enforcement officers des High Court (vormals sheriffs320) nehmen hingegen im Rahmen ihres Berufs hoheitliche Aufgaben wahr. Sie werden durch den Lord Chancellor bestellt (Sec. 99 Sch. 7 Par. 2 Courts Act 2003), arbeiten allerdings im Wesentlichen freiberuflich.321 Die Zwangsvollstreckung durch die High Court enforcement officers erfolgt dezentral. Diesen werden ein oder mehrere Distrikte zugewiesen, obwohl sich ihre Zuständigkeiten nicht auf dieses Gebiet beschränken (vgl. Sec. 99 Sch. 7 Par. 1 (1), 2 (2), (3) County Courts Act ).322 Der Gläubiger kann den High Court enforcement officer frei wählen.323 b) Haftung des Vollstreckungsorgans Die Stellung des Vollstreckungsorgans als hoheitlich handelnder Freiberufler oder als Amtsträger kann ebenfalls Folgen für die Haftung bei fehlerhaftem Handeln im Rahmen der Tätigkeitsausübung haben. Die Haftung des deutschen Gerichtsvollziehers für Amtspflichtverletzungen richtet sich nach staatshaftungsrechtlichen Grundsätzen (vgl. §  839 BGB, Art.  34 GG).324 Demnach ist grundsätzlich erforderlich, dass der Geschädigte den Rechtsmittelweg ausgeschöpft hat (§  839 Abs.  3 BGB) und zunächst etwa im Wege des §  766 ZPO gegen das Handeln des Gerichtsvollziehers vorgegangen ist.325 Für Pflichtverletzungen, die der niederländische Gerichtstürwärter im Rahmen seines Berufs begeht, haftet dieser dem Gläubiger gegenüber aus Vertrag.326 Im Verhältnis zum Schuldner kommt nur eine Haftung auf deliktischer Grundlage in

318 Vgl.

French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  92.1. Browne, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  2.2. Die zuständige Behörde ist Her Majesty’s Courts and Tribunals Service. Vgl. auch Sec. 2 Courts Act 2003. 320 Vgl. French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  92.1; White Book 2020, Bd.  I, Rn.  83.0.5. 321  Siehe näher High Court Enforcement Officers Regulations 2004. Vgl. auch Browne, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  2.8. 322 Vgl. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.7; White Book 2020, Bd.  I, Rn.  83.0.5. 323  Vgl. White Book 2020, Bd.  I, Rn.  83.0.5. 324 Vgl. Gaul, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  7 Rn.  7 ff.; Glenk, NJW 2014, 2315 (2318). 325 Vgl. Glenk, NJW 2014, 2315 (2318). 326 Vgl. Rb. Zutphen 25.03.2009, ECLI:NL:RBZUT:2009:BI0365. Siehe eingehend und m. w. N. Van der Putten, TvPP 2014, 139 (140 f.). 319 Vgl.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Betracht.327 In beiden Fällen kann das Fehlverhalten überdies standesrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.328 Vollstreckungsfehler können nach englischem Recht grundsätzlich eine deliktische Haftung (tort) wegen interference bzw. trespass begründen.329 Die Haftung der enforcement agents der county courts wird im Gesetz jedoch weitestgehend ausgeschlossen. Denn diese werden auch trotz etwaiger Fehler im Rahmen ihrer Tätigkeitsausübung nicht als trespasser angesehen (vgl. Sec. 125 (1), 126 County Courts Act 1984).330 Die High Court enforcement officers haften hingegen für Fehler, nicht aber der Gläubiger aufgrund seiner bloßen Anwesenheit bei der fehlerhaften Vollstreckungshandlung.331 3. Bestrafung in der Zwangsvollstreckung Sieht eine Rechtsordnung das Verfahren zur Durchsetzung zivilrechtlicher Positionen als schwerpunktmäßig zivilrechtlich an, so wird sie vor dem Hintergrund des staatlichen Bestrafungsmonopols einer Bestrafung im Rahmen des Zwangsvollstreckungsrechts ablehnend gegenüberstehen. In der Tat wehrt sich insbesondere das niederländische Recht vehement gegen den Gedanken, bei den indirekten Zwangsmitteln spielten pönale Elemente eine Rolle. Eine gewisse Eigenart weisen die Maßnahmen wegen contempt of court auf. Bei contempt of court handelt es sich im Unterschied zum deutschen und niederländischen Recht jedenfalls auch um ein genuin strafrechtliches Institut.332 Die Missachtung des Gerichts stellt per se bereits ein strafwürdiges Verhalten dar. 327 Vgl.

Van der Putten, TvPP 2014, 139 (143 ff.). Van der Putten, TvPP 2014, 139 (145). Diese begründen eine zivilrechtliche Haftung jedoch nicht. Vgl. HR 10.01.2003, NJ 2003, 537 (Portielje/Y), Rn.  3.3. 329  Vgl. etwa Gawler v Chaplin (1848) 2 Ex 503 (507); Watson v Murray & Co [1955] 2 QB 1 (QB) (19 f.); Moore v Lambeth County Court Registrar (No 2) [1970] 1 QB 560 (CA) (570); Khazanchi v Faircharm Investment Ltd, McLeod v Butterwick [1998] 2 All ER 901 (CA) (921 ff.). Siehe auch Zuckerman, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1317 m. w. N. zur älteren Rechtsprechung. 330 Vgl. Zuckerman, in: Halsbury’s Laws of England, Bd.  12a, Rn.  1330. 331 Vgl. Willams v Williams and Nathan [1937] 2 All ER 559 (CA) (561); Moore v Lambeth County Court Registrar (No 2) [1970] 1 QB 560 (CA) (569). Anders kann dies sein, wenn der Gläubiger die Vollstreckungsperson gewissermaßen zu seinem Werkzeug macht und die Verantwortung für deren Handeln übernimmt. Vgl. auch Barclays Bank Ltd v Roberts [1954] 3 All ER 107 (CA). Sieher ferner Khazanchi v Faircharm Investment Ltd, McLeod v Butterwick [1998] 2 All ER 901 (CA) (921 ff.). 332  Dies betonend Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  208: „an unbridgeable gulf in the process of enforcement of non-money judgments between English and civil law systems; Kerameus, RdC 264 (1997), S.  179 (324): „the most striking difference between common law and the Continental legal systems“. 328 Vgl.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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4. Praktische Auswirkungen der systematischen Unterschiede Inwiefern diese systematischen Differenzen des Vollstreckungsverfahrens und der daran beteiligten Vollstreckungspersonen für die Naturalerfüllung Relevanz erlangen, lässt sich – insbesondere in Ermangelung empirischer Daten – nicht leicht sagen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Systematik des Zwangsvollstreckungsverfahrens ebenfalls dessen Effektivität sowohl in positiver als auch in negativer Weise beeinflussen kann. So liegt es nahe, dass der Gläubiger, der mit einem Gerichtsvollzieher seiner Wahl kontrahieren und diesem demnach auf vertraglicher Grundlage Weisungen erteilen kann, typischerweise auf die Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens hinwirken kann, während derartige Möglichkeiten der Einflussnahme in einem Amtssystem weitaus weniger existieren. Umgekehrt scheint das Amtssystem mit der entsprechenden Staatshaftung wiederum weitreichendere verfahrensrechtliche Garantien zu bieten, denn beim privaten Gerichtsvollzieherwesen wird dem Schuldner letztlich das Insolvenzrisiko des Gerichtsvollziehers bzw. des Gläubigers für die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Vollstreckung auferlegt. II. Die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Einzelnen Aus rechtsvergleichender Sicht kann das Zwangsvollstreckungsrecht im Wesentlichen nach zwei Kriterien geordnet werden.333 Zum einen kommt eine Gliederung nach der Art der zu vollstreckenden Leistung in Betracht, für die jeweils eigene Vollstreckungsmittel vorgesehen werden.334 Eine solche Systematisierung, die im Grunde der im ersten Kapitel vorgeschlagenen Einteilung entspricht und eine Anordnung unterschiedlicher Vollstreckungsmechanismen für unterschiedliche Leistungsarten beinhaltet, findet sich insbesondere im deutschen Recht. Rechtsordnungen, die zum anderen für indirekte Vollstreckungsmittel einen breiten Anwendungsbereich vorsehen, tendieren dazu, diese im Allgemeinen zu normieren und für bestimmte Leistungspflichten oder Leistungsobjekte Sondernormen bereitzustellen. Dies entspricht insbesondere der Regelungstechnik des englischen Rechts.

333 

Siehe auch Kerameus, RdC 264 (1997), S.  179 (249), der nach Art der Leistung, Art des Vollstreckungsobjekts, (un)mittelbarer Vollstreckung, Art des Titels und Art des Gerichts unterscheidet. Dabei sind allerdings vielfache Überschneidungen denkbar. Ist die Vollstreckung bspw. für jedes Gericht gesondert geregelt, muss eine Rechtsordnung im Anschluss gleichwohl nach einem oder mehreren der ersten vier Kriterien unterteilen. Siehe näher auch Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, S.  335 ff. 334  Siehe im Rahmen des Zwangsgelds auch Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  129 f.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Für die vorliegenden Zwecke können beide Herangehensweisen dahingehend kombiniert werden, dass eine Einteilung zunächst nach den für einzelne Arten von Pflichten vorgesehenen direkten Vollstreckungsmechanismen erfolgt. Diese führen die Naturalerfüllung unmittelbar herbei und sind deshalb für die hiesige Untersuchung von besonderem Interesse. In der Natur der Dinge liegt es allerdings, dass sich bestimmte Pflichten nicht unmittelbar vollstrecken lassen.335 Hier kommen die im Anschluss zu thematisierenden mittelbaren Vollstreckungsmechanismen zur Anwendung. 1. Unmittelbare Vollstreckung a) Herausgabe beweglicher Sachen Alle untersuchten Rechtsordnungen sehen für Pflichten zur Herausgabe einer Stücksache vor, dass diese dem Schuldner durch die Vollstreckungsperson weggenommen und dem Gläubiger übergeben wird. Dies ist für die Vollstreckung derartiger Pflichten typischerweise ein gleichermaßen naheliegendes wie probates Mittel. Gattungsschulden werden nach deutschem und niederländischem Recht entsprechend behandelt. Auch in England kommt für Gattungssachen eine Vollstreckung durch specific delivery zwar grundsätzlich in Betracht, dazu wird es aber freilich nur selten kommen, denn das englische Recht sieht bei Gattungsschulden bereits auf materiellrechtlicher Ebene grundsätzlich keine Naturalerfüllung vor.336 b) Herausgabe unbeweglicher Sachen aa) Übereignung Übereignet der Schuldner eine Immobilie nicht freiwillig, so kann der Eigentumsübergang in allen Rechtsordnungen im Ergebnis ohne dessen Mitwirkung bewerkstelligt werden. Die Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung nach deutschem Recht hat hier eine vergleichsweise beschränkte Reichweite; ersetzt wird lediglich die Willenserklärung des Schuldners. Für die Zwecke der Auflassung muss der Gläubiger dem Notar gegenüber weiterhin eine eigene Willenserklärung abgeben.337 Das niederländische und englische Recht sehen großzügigere Möglichkeiten vor, denn die Gerichtsentscheidung kann die gesamte Lieferungshandlung ersetzen und unmittelbar in das Grundbuch eingetragen werden. 335 Vgl.

Kerameus, RdC 264 (1997), S.  179 (327). Siehe aber Sky Petroleum Ltd v VIP Petroleum Ltd [1974] 1 WLR 576 (Ch); dazu näher oben Kap.  2 C. IV.1.a)aa) (S.  77). 337 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  894 Rn.  17; Seibel, in: Zöller, §  894 ZPO Rn.  8; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  894 ZPO Rn.  8. 336 

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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In diesen beiden Rechtsordnungen kommt ebenfalls eine Zwangsstellvertretung in Betracht, obwohl das praktische Bedürfnis danach wegen der soeben erwähnten Ersetzungsmöglichkeit, die typischerweise effizienter ist, beschränkt sein dürfte.338 bb) Faktische Herausgabe Die faktische Herausgabe unbeweglicher Sachen erfolgt in allen untersuchten Rechtsordnungen durch Zwangsräumung. Im Verfahrensrecht, insbesondere hinsichtlich des Schuldnerschutzes,339 unterscheiden sich die Rechtsordnungen allerdings zum Teil erheblich. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das Gebot der Bestimmtheit des Titels, an dem insbesondere das deutsche Recht stringent festhält. Dies hat zu einer kontroversen Diskussion um die Fälle der Hausbesetzung geführt. Dabei stellt sich häufig das Problem, dass die Identität der Besitzer dem Gläubiger nicht bekannt ist. Darüber hinaus hat der Schuldner die Möglichkeit, durch die (wiederholte) Zwischenschiebung nicht im Titel erwähnter Besitzer die Zwangsräumung zu frustrieren.340 In der Literatur ist vielfach für die Zulässigkeit gegenstandsbezogener Angaben im Titel341 oder sog. Titel gegen Unbekannt342 plädiert worden. Eine im Ergebnis ähnliche Ansicht will diese unter den Voraussetzungen der Nichtfeststellbarkeit der Personalien sowie der Abgrenzbarkeit des Personenkreises ausnahmsweise zulassen.343 Der BGH hat einer solchen Lockerung des Bestimmtheitsgebots jedoch eine klare Absage erteilt.344 Selbst im Falle des Verdachts auf Vollstreckungsvereitelung oder bei sich offensichtlich unrechtmäßig auf dem Grundstück aufhaltenden 338  Der Anwendungsbereich der niederländischen Zwangsstellvertretungsregelung ist allerdings breiter. Mit ihr können Pflichten zur Abgabe einer Willenserklärung großzügiger als nach deutschem und englischem Recht direkt vollstreckt werden kann. Durch Zwangsstellvertretung lässt sich die Abgabe von Willenserklärungen unbestimmten Inhalts unmittelbar durchsetzen, bspw. solche aufgrund einer Vereinbarung über gesellschaftsrechtliches Stimmverhalten. Vgl. Huydecoper, Reële executie, S.  65. Siehe dazu im deutschen Recht Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.4 und 41.5. 339  Siehe dazu im Allgemeinen Wolber, Schuldnerschutz im Europäischen Zwangsvollstreckungsrecht, S.  119 ff. 340 Vgl. Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  16; Mroß/Fischer, DGVZ 2016, 195 (196). 341 Vgl. Majer, NZM 2012, 67 (69 f.). 342 Vgl. Geißler, DGVZ 2011, 37 (39 ff.); Gerland, DGVZ 1999, 182 ff.; Lisken, NJW 1982, 1136 f.; Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663 ff. 343 So OLG Oldenburg, Beschl. v. 24.02.1995 – 5 W 24/95, NJW-RR 1995, 1164; Baur/ Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  39.10; Gruber, in: MüKoZPO, §  885 Rn.  5; a. A. OLG Köln, Beschl. v. 18.08.1981 – 3 W 24/81, NJW 1982, 1888. 344  BGH, Beschl. v. 13.07.2017 – I ZB 103/16, NJW 2018, 399 (400 Rn.  18); ebenso LG Kassel, Beschl. v. 09.07.1990 – 2 T 81/90, NJW-RR 1991, 381. Ablehnend zuvor etwa Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, §  70 Rn.  24.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Hausbesetzern soll keine Ausnahme gemacht werden.345 Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere im Hinblick auf den Eigentumsschutz des Art.  14 Abs.  1 S.  1 GG sowie den aus Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  20 Abs.  3 GG abgeleiteten Rechtsschutzanspruch,346 hat der BGH mit dem Argument von der Hand gewiesen, dass Hausbesetzungen gemäß §  123 Abs.  1 StGB strafbar sind und eine Räumung gegenüber Hausbesetzern nach dem Polizei- und Ordnungsrecht erfolgen kann.347 Problematisch ist allerdings, dass der Eigentümer öffentlich-rechtlich lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung, nicht aber stets einen Anspruch auf tatsächliche Räumung gegen die Behörde hat.348 Vor diesem Hintergrund ist das englische Recht von Interesse, das der Problematik der Hausbesetzung mit einem gewissen Pragmatismus begegnet und die Befestigung des Räumungsantrags an Haustür oder Pflöcken vorsieht. Im Anschluss kann der Titel unmittelbar, d. h. ohne nähere Vollstreckungsanträge, vollstreckt werden. Das niederländische Recht lässt einen Antrag gegen den Schuldner cum suis zu und überführt damit die Pflicht, die Mitbesitzer über das Räumungsverfahren zu informieren, in den Verantwortungsbereich des Schuldners. Weitere prozessuale Unterschiede betreffen den Umgang mit und die Verantwortung für Sachen, die in oder auf dem Vollstreckungsobjekt vorgefunden werden. In allen Rechtsordnungen ist zum einen im Grundsatz davon auszugehen, dass die Vollstreckungsperson etwaige bewegliche Gegenstände wegzuschaffen hat.349 Das deutsche Recht sieht mit dem Modell der Berliner Räumung ebenfalls eine beschränkte Räumungsvollstreckung vor, bei der Gegenstände vom Vermieter entfernt werden. Der Schuldnerschutz wird dadurch gewahrt, dass der Gerichtsvollzieher zur Dokumentierung vorgefundener Gegenstände verpflichtet ist. Die Frage, in welcher Weise die Vollstreckungsperson zum anderen die Gegenstände wegzuschaffen hat, wird sehr unterschiedlich beantwortet. Während der niederländische Gerichtstürwärter diese schlichtweg auf die Straße stellt und damit dem Ordnungsamt überlasst, ist eine solche Vorgehensweise dem deutschen Gerichtsvollzieher gerade untersagt.

345 Vgl. BGH, Beschl. v. 13.07.2017 – I ZB 103/16, NJW 2018, 399 (400 Rn.  12 ff.); BGH, Beschl. v. 14.08.2008 – I ZB 39/08, NJW 2008, 3287 (3288 Rn.  12); a. A. Bartels, in: Stein/ Jonas, §  885 ZPO Rn.  18; Seiler, in: Thomas/Putzo, §  885 ZPO Rn.  5. 346 Vgl. Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  39.10; Gruber, in: MüKo­ ZPO, §  885 Rn.  16. 347 Vgl. BGH, Beschl. v. 13.07.2017 – I ZB 103/16, NJW 2018, 399 (400 Rn.  19). 348  Vgl. etwa Bruns, NZM 2018, 164 (167); Majer, NZM 2019, 59 (61 f.). 349  Eine Ausnahme stellt die Vollstreckung des warrant of possession durch die enforcement agents der county courts dar. Siehe oben Kap.  6 C. II.1. (S.  280).

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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2. Mittelbare Vollstreckung Tätigkeits- und Unterlassungspflichten lassen sich ihrer Natur nach nicht unmittelbar vollstrecken, sodass es Mittel zur Willensbeugung des Schuldners bedarf. Den hier untersuchten Rechtsordnungen ist gemeinsam, dass eine solche Druckausübung auf den Schuldner durch das Verhängen eines Zwangsgelds oder durch Zwangshaft erfolgen kann. Das englische Recht sieht ferner eine Zwangsverwaltung über das Vermögen des Schuldners vor, die insbesondere bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen von Bedeutung sein kann und deshalb an dieser Stelle im Übrigen unbesprochen bleibt.350 a) Zwangsgeld aa) Anwendungsbereich und praktische Bedeutung Das niederländische Zwangsgeld ist von immenser praktischer Relevanz, denn sachlich kann es mit jedem Leistungsurteil unabhängig von der Art des darin titulierten Anspruchs außer der Zahlung einer Geldsumme kombiniert werden. Zumeist zeigt sich der Schuldner einsichtig und erbringt dieser die Hauptleistung, sodass es zum Fälligwerden des Zwangsgelds bei den meisten Zwangsgeldverurteilungen gar nicht erst kommt. Die Effektivität des Zwangsgelds ist somit durchaus gegeben.351 Vereinzelt existieren allerdings Fälle, bei denen durchaus bezweifelt werden kann, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend gewahrt wurde und sich das Ergebnis mit der Gerechtigkeit vereinbaren lässt.352 Mehr im Allgemeinen ist wiederholt beklagt worden, dass das Zwangsgeld nahezu routinemäßig und in unverhältnismäßiger Weise, etwa im Verhältnis zum (drohenden) Schaden, beantragt wird und Gerichte dahingehenden Anträgen zumeist ohne Weiteres stattgeben.353 Summen pro Tag in Höhe des deutschen Höchstbetrags von 25.000 EUR (vgl. §  888 Abs.  1 S.  2 ZPO) sind in der niederländischen Praxis keine Seltenheit.354 Auch Millionenbeträge pro Tag 350  Ähnlich verhält es sich in Deutschland. Vgl. §  869 ZPO und Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. 351  So auch Huydecoper, Reële executie, S.  87. 352 Aufsehenerregend war insbesondere der Fall Trenning/Krabben, in dem eine wohlhabende Landwirtin durch exorbitante Zwangsgeldansprüche Hof und Ländereien verlor und schlussendlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Vgl. HR 01.11.1985, NJ 1986, 92 (Trenning/Krabben); Benelux-GH 09.03.1987, NJ 1987, 910 (Trenning/Krabben); HR 09.10.1987, NJ 1988, 137 (Trenning/Krabben). 353  Kritisch zu dieser Praxis Blaauw, Executiemiddelen, S.  10 f.; Van Maanen/Tillema, TCR 1995, 1 ff.; Stein, Beslag- en Executierecht in de (dagelijkse) praktijk, S.  193. 354  Vgl. exemplarisch HR 04.10.2019, NJ 2019, 391 (Sargosso/Control Seal). In dem Fall begehrte der klagende Mieter Unterbrechung verschiedener Bau- und Reparaturmaßnahmen durch den Vermieter und war ein Zwangsgeld i. H. v. 25.000 EUR pro Tag mit einem Maximal-

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

kommen gelegentlich vor.355 Im internationalen Vergleich stellt der dwangsom in der Tat wohl eher eine Eigentümlichkeit dar,356 gleichzeitig bietet das niederländische Recht durch diesen weitreichende Möglichkeiten, den Schuldner zur Naturalerfüllung von Pflichten nahezu jeglicher Art zu bewegen.357 Das englische Recht lässt, ähnlich wie das niederländische Recht und im Unterschied zum deutschen Recht, die Geldbuße wegen contempt of court sachlich und – jedenfalls beim High Court – der Höhe nach unbeschränkt zu. Auch in England wird von der Möglichkeit der Verhängung eines Bußgelds vergleichsweise großzügig Gebrauch gemacht, sowohl als Einmalzahlung als auch als wiederkehrende Zahlung pro Zeiteinheit.358 Das deutsche Recht sieht die Zahlung einer Geldsumme als Vollstreckungsmittel – sei es als Zwangsgeld oder als Ordnungsgeld – in gegenständlich beschränkter Weise vor. Sie kommt lediglich dann in Betracht, wenn direkte Vollstreckungsmittel ausscheiden, und kann demnach bei unvertretbaren Handlungen, die nicht aufgrund eines Dienstvertrags geschuldet sind, sowie bei Unterlassungen und Duldungen zur Anwendung kommen. Anders als nach niederländischem und englischem Recht kann das Zwangsgeld nicht für vertretbare Handlungen verhängt werden, denn für diese ist eine Ersatzvornahme vorgesehen und scheidet die Naturalerfüllung aus.359 Ob dem Gläubiger letztlich mit einer zwangsweise durchgesetzten Naturalleistung des ursprünglichen Schuldners oder mit einer freiwillig erbrachten Leistung durch einen neuen Schuldner im Wege der Ersatzvornahme gedient ist, kann zwar nicht im Allgemeinen gesagt werden, praktisch scheint eine Vorteilhaftigkeit der Naturalerfüllung aber durchaus denkbar. Kommt der Gläubiger im Einzelfall zum Ergebnis, dass die Naturalerfüllung seine Interessen am ehesten befriedigt, ist nicht ersichtlich, weshalb ihm diese verwehrt bleiben soll. Die Höhe des Zwangs- und Ordnungsgelds ist im Vergleich zum niederländischen und englischen Recht, in dem dieses der Höhe nach grundsätzlich unbeschränkt ist, niedrig und auf einen gesetzlich fixierten Betrag beschränkt. Dies kann die Effektivität der Vollstreckungsmaßnahbetrag von 1 Mio. EUR verhängt worden. Der Kläger hatte sogar Beträge von 50.000 EUR bzw. 5 Mio. EUR beantragt. 355  Vgl. etwa HR 31.05.2003, NJ 2003, 343 (Telfort/Scaramea): 5 Mio. NLG pro Tag mit einem Maximalbetrag i. H. v. 50 Mio. NLG. 356  Kritisch auch Remien, ERPL 1994, 399 (407). 357  So auch Blaauw, Executiemiddelen, S.  55 ff., der allerdings Kritik an dieser Situation übt und für eine bedeutendere Stellung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit plädiert. Vgl. auch Huydecoper, Reële executie, S.  8 f. 358  Vgl. etwa Raja v Van Hoogstraten [2004] EWCA Civ 968 (Rn.  37 ff., 59). In dem Fall wurden mehrere Strafen verhängt, die sich insgesamt bereits auf 1,2 Mio. GBP beliefen und wöchentlich um weitere 300.000 GBP anstiegen. 359  Vgl. auch Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  136 ff.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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me insbesondere bei finanzstärkeren Schuldnern u. U. leicht beeinträchtigen. Mehr im Allgemeinen besteht – wie letztlich bei jedem gesetzlich festgelegten Betrag ohne periodische Anpassung – die Gefahr, dass das Zwangsgeld durch Geldentwertung zunehmend an Effektivität verliert.360 bb) Charakter Eine in den untersuchten Rechtsordnungen, in der Rechtsvergleichung361 und im internationalen Zivilverfahrensrecht362 gleichermaßen umstrittene Frage betrifft den Charakter des Zwangsgelds. Hier lässt sich festhalten, dass das Zwangsgeld letztlich einen hybriden Charakter aufweist, denn es erfüllt ex ante die Funktion eines Beugungsmittels, während nach einer Zuwiderhandlung das Ziel der Sanktionierung zu überwiegen scheint. Die Stellung der Zwangshaft bleibt letztlich vergleichsweise unklar.363 Kaum diskutiert wird im deutschen und niederländischen Schrifttum bspw. die wohl zu verneinende Frage, ob es sich bei einer Zuwiderhandlung um eine Straftat i. S. d. Art.  6 Abs.  2 und 3 EMRK handelt, wovon das englische Recht ausgeht.364 So wird im deutschen Recht angenommen, dass die Verhängung eines Zwangsgelds sowie einer Strafe wegen der Verwirklichung eines Straftatbestands nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung (Art.  103 Abs.  3 GG) verstößt. Für die Zwecke des Verbots der Doppelbestrafung sind nämlich lediglich die allgemeinen Strafgesetze maßgeblich;365 das Zwangsgeld hat jedoch gerade keinen strafrechtlichen Charakter. Im englischen Recht ist letzteres anders. Eine Kumulation von 360  Kritisch

zur Höhe des deutschen Maximalbetrags etwa Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.18: „viel zu niedrig“. Abgesehen von einer Umrechnung von 50.000 DM auf 25.000 EUR anlässlich der Einführung des Euro (vgl. Art.  1 Nr.  7 Siebtes Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen v. 13.12.2001, BGBl. I, S.  3686), ist der aktuelle Betrag seit dem Jahr 1974 ungeändert geblieben (vgl. Art.  98 Nr.  13 lit.  a Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch v. 02.03.1974, BGBl. I, S.  469). Erwähnenswert ist, dass das Höchstmaß des deutschen Zwangsgelds seit dem Jahre 1923 bis zu der Gesetzesänderung von 1974 ebenfalls unbeschränkt war (vgl. Art.  7 Nr.  1 Geldstrafengesetz v. 27.04.1923, RGBl. I, S.  254). 361  Siehe näher Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  209 ff. 362  Nach Ansicht des EuGH ist auch das deutsche Ordnungsgeld als zivilrechtlich zu qualifizieren, sodass es in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO fällt. Vgl. EuGH, Urt. v. 18.10.2011, C-406/09 (Realchemie Nederland/Bayer CropScience). Siehe näher Arnold, ZEuP 2012, 315. 363  Siehe näher Ebert, Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, S.  332 ff. m. w. N. zur Diskussion in Deutschland. 364 Siehe aber etwa Beekhoven van den Boezem, De dwangsom in het burgerlijk recht, S.  66 ff. 365 Vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1998 – III ZR 103/97, NJW 1998, 1138 (1139); Baur/Stürner/ Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  40.25; Lackmann, in: Musielak/Voit, §  890 ZPO Rn.  9. Eine Berücksichtigung der Strafe ist allerdings möglich. Siehe ebenda.

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

einer Strafe und einer Maßnahme wegen contempt of court kommt hier nicht in Betracht, da dies eine Doppelbestrafung darstellen würde.366 cc) Begünstigter Eines der bei rechtsvergleichender Betrachtung kontroversesten Themen betrifft sicherlich die Frage nach dem Begünstigten des Zwangsgelds.367 Dieses fließt nach deutschem und englischem Recht der Staatskasse zu,368 wird in den Niederlanden hingegen zugunsten des Gläubigers eingetrieben. Dies lässt sich wiederum dadurch erklären, dass „das Zwangsgeld zugunsten des Staates […] stärker der Trennung zwischen privatem Recht und staatlicher Rechtsdurchsetzung“ entspricht,369 während das Vollstreckungsverfahren in den Niederlanden als schwerpunktmäßig privatrechtlich angesehen wird. Andere als die hier untersuchten Rechtsordnungen, wie etwa das portugiesische Recht, sehen einen Mittelweg vor, nach dem sich Gläubiger und Staat das Zwangsgeld teilen.370 Gegen das Modell, das das Zwangsgeld dem Gläubiger zuspricht, ist zunächst einzuwenden, dass der Grund für eine Gläubigerbegünstigung nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, denn im Ergebnis bereichert sich der Gläubiger auf Kosten des Schuldners.371 Dies lässt sich mit tradierten Grundsätzen des kontinentaleuropäischen Vertrags-, Schadensersatz-, und Zivilverfahrensrechts nur schwerlich in Einklang bringen.372 Umgekehrt ist allerdings ebenso wenig einleuchtend, weswegen das Zwangsgeld dem Staat zustehen sollte.373 Denn der Staat ist Inhaber des Bestrafungsmonopols, dem Zwangsgeld ist eine bestrafende Funktion jedenfalls nach deutschem Recht jedoch gerade fremd. In der Tat lässt sich das Zwangsgeld zugunsten des Staates allenfalls dann rechtfertigen, wenn dieses wie im englischen 366  Zwar sind contempt of court und das Strafverfahren zu trennen (vgl. Crown Prosecution Service v Tweddell [2001] EWHC 188 (Admin) (Rn.  14 ff.)), eine Doppelbestrafung für dasselbe Verhalten ist jedoch unzulässig. Vgl. Slade v Slade [2009] EWCA Civ 748 (22 ff.). Das zweite Gericht hat die bereits verhängte Strafe zudem zu berücksichtigen. Vgl. Lomas v Parle [2003] EWCA Civ 1804 (Rn.  42 ff.); French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.21; White Book 2020, Bd.  II, Rn.  3C-86 f. 367 Vgl. Kerameus, RdC 264 (1997), S.  179 (326 ff.). 368  Vgl. auch Bruns, ZZP 118 (2005), 3 (9). 369  Bruns, ZZP 118 (2005), 3 (12); ähnlich Kerameus, RdC 264 (1997), S.  179 (328); Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  196. 370  Vgl. Art.  829-A Abs.  3 Código Civil. 371 Vgl. Blaauw, Executiemiddelen, S.  57. Siehe auch Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  197 m. w. N. 372  Vgl. auch Bruns, ZZP 118 (2005), 3 (20); Schilken, ZZP 109 (1996), 315 (336). 373  Vgl. auch Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  195, der zu dem Ergebnis gelangt, das Zwangsgeld stehe im Grunde keinem der Beteiligten zu.

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Recht neben der Willensbeugung auch der Sanktionierung der Missachtung des Gerichts dient. Die „Gläubigerverdopplung“374 beim Zwangsgeld zugunsten des Staates bringt zwei Nachteile mit sich. Bei diesem Modell sind zum einen die Anreize zur Geltendmachung der Zwangsgeldansprüche ungünstig auf die Akteure verteilt. Der Staat hat ein eigenes finanzielles Interesse an der Eintreibung des Zwangsgelds, kann allerdings nicht aus eigenem Antrieb tätig werden, denn das Zwangsgeld wird sowohl in Deutschland als auch in England nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Gläubigers eingetrieben. Anders ist dies nur beim deutschen Ordnungsgeld. Der Gläubiger muss für den Antrag zwar Aufwendungen tätigen, die Vollstreckung stiftet für ihn allerdings keinen Nutzen.375 Eine weitere Schwäche des Zwangsgelds zugunsten des Staates stellt zum anderen der Fall dar, in dem der Staat selbst zum Zwangsgeld verurteilt wurde und sich somit Schuldner- und Gläubigereigenschaft in ihm vereinen. In einem solchen Fall wird das Zwangsgeld lediglich von einem Organ des Staates an das andere überwiesen, sodass das Zwangsgeld zur Willensbeugung ein ungeeignetes Mittel darstellt.376 Dies zeigen etwa die (verwaltungsrechtlichen) Fälle Deutsche Umwelthilfe/Freistaat Bayern377 und Deutsche Umwelthilfe/Baden-Württemberg378 eindrucksvoll. Der wichtigste Einwand gegen eine Begünstigung des Gläubigers ist das von Blaauw als „Paradox der goldenen Eier“379 bezeichnete Problem: Der Gläubiger hat nach der Verurteilung ein finanzielles Eigeninteresse daran, dass die Leistung gerade nicht erbracht wird. Je nach Höhe des Zwangsgelds ist sogar denkbar, dass das Interesse des Gläubigers an dem Ausbleiben der Leistung das Interesse an der Erbringung der Leistung übersteigt. Dies führt zu einer flagranten Inversion von Mittel und Zweck.380 Es scheinen somit gewichtige Gründe für, aber auch gegen beide Lösungsmodelle zu sprechen. Viele Bedenken ließen sich durch einfache regulatorische Modifikationen ausräumen. So kann für den Fall des Zusammenfallens der Gläubiger- und Schuldnereigenschaft des Staates etwa ein anderer Begünstigter vorgesehen werden,381 während das Problem der goldenen Eier eng mit der Höhe des 374 

Bruns, ZZP 118 (2005), 3 (20). Vgl. auch Bruns, ZZP 118 (2005), 3 (20). 376  Vgl. auch Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  199. 377 Vgl. EuGH, Urt. v. 19.12.2019 – C-752/18 (Deutsche Umwelthilfe/Freistaat Bayern). Siehe zu den Einzelheiten den Vorlagebeschluss an den EuGH, vgl. VGH München, Beschl. v. 09.11.2019 – 22 C 18.1718, ZUR 2019, 108. Siehe ferner Will, NJW 2020, 963. 378 Vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 14.05.2020 – 10 S 461/20, ZUR 2020, 555. 379 Vgl. Blaauw, Executiemiddelen, S.  57: „de gouden eierenparadox“. 380  Vgl. auch Schilken, ZZP 109 (1996), 315 (335). 381  Dies entspricht der Lösung des VGH Mannheim, Beschl. v. 14.05.2020 – 10 S 461/20, 375 

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Kapitel 6:  Vollstreckungsrechtliche Aspekte des Erfüllungsanspruchs

Zwangsgelds verknüpft ist und sich durch eine vernünftige richterliche Bemessung im Einzelfall weitestgehend beseitigen lässt. Insgesamt ist die Identität des Begünstigten ein einzelnes Merkmal der Ausgestaltung einer Zwangsgeldregelung, während die Effektivität und Verhältnismäßigkeit auch im Lichte weiterer Merkmale zu sehen sind. dd) Verfahren In verfahrensrechtlicher Hinsicht unterscheiden sich die Rechtsordnungen schließlich erheblich.382 Erwähnenswert ist an dieser Stelle insbesondere die Frage, ob das Zwangsgeld entsprechend dem deutschen und englischen Recht in einer gesonderten Entscheidung oder wie in den Niederlanden bereits in der Hauptverurteilung festgesetzt wird. Auch bei dem Verfahren zur Eintreibung des Zwangsgelds halten die Rechtsordnungen grundlegend verschiedene Lösung bereit. b) Zwangshaft aa) Anwendungsbereich und praktische Bedeutung Die Zwangshaft stellt ein vergleichsweise primitives Instrument dar,383 dessen Anwendungsbereich sich im Laufe der Zeit in allen Rechtsordnungen, aber insbesondere im englischen Recht384, sowohl praktisch als auch dogmatisch maßgeblich verkleinert hat.385 In dogmatischer Hinsicht kann etwa auf die Zwangshaft wegen der Nichtzahlung einer Geldforderung hingewiesen werden. Das englische Recht hat diese historisch vergleichsweise großzügig zugelassen.386 Mittlerweile ist die Zwangshaft wegen Nichtzahlung allerdings auch in England

ZUR 2020, 555, nach der das Zwangsgeld ausnahmsweise an eine gemeinnützige Organisation (hier: die Deutsche Kinderkrebsstiftung) zu zahlen war. 382  Siehe dazu ausführlich Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  205 ff. 383 Vgl. auch Blaauw, Executiemiddelen, S.  60: „mittelalterliches Mittel“. Orig.: „middeleeuws middel“. 384 Bei committal kann seit Jahren eine rückläufige Tendenz beobachtet werden. Während im Jahre 2000 noch 6.621 Mal ein warrant for committal erteilt wurde, handelte es sich im Jahre 2010 um lediglich 1.386 und im Jahre 2020 nur noch um 242 Fälle. Vgl. Civil Justice Statistics Quarterly: July to September 2021, Table 1.7. 1971 waren es sogar noch 88.594 Fälle. Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  200 m. w. N. 385  Für die vollständige Abschaffung der Zwangshaft ist insbesondere in den Niederlanden wiederholt plädiert worden Vgl. Bichon Van IJsselmonde, De afschaffing van den lijfsdwang; Blaauw, Executiemiddelen, S.  13 und 60; kritisch auch Körver, AA 56 (2007), 663 ff.; a. A. Oudelaar, TCR 1996, 21 (22). 386 Vgl. Jacob, The Fabric of English Civil Justice, S.  199.

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eingeschränkt worden387 und, ähnlich wie in den Niederlanden, im Wesentlichen nur im Unterhaltsrecht zugelassen (vgl. Sec. 11 Administration of Justice Act 1970).388 Die Zwangshaft ist in allen Rechtsordnungen ultima ratio. Sie kommt somit nur dann zur Anwendung, wenn alle anderen Mittel, darunter auch das Zwangsgeld, fehlschlagen. Praktisch hat sie somit Relevanz bei weniger liquiden Schuldnern, die sich vom Zwangsgeld unbeeindruckt zeigen, sowie im Falle der hartnäckigen Weigerung des Schuldners, etwa weil es sich um eine prinzipielle oder emotionale Angelegenheit handelt. In der Tat kann in allen Rechtsordnungen das Familienrecht, in dem derartige Motive häufig präsent zu sein scheinen, einen großen Teil der Fälle der Zwangshaft für sich beanspruchen. bb) Verfahren In der konkreten Ausgestaltung der Zwangshaftregelungen unterscheiden sich die Rechtsordnungen nicht grundlegend. So ist wegen des einschneidenden Charakters der Zwangshaft insbesondere im niederländischen und englischen Recht eine im Verhältnis zum Zwangsgeld intensivere richterliche Kontrolle vorgesehen und muss die Zwangshaft ebenso wie im deutschen Recht grundsätzlich gesondert beantragt werden. Im deutschen und englischen Recht muss der Schuldner ferner grundsätzlich angehört werden. Die Haftentlassungsgründe decken sich darüber hinaus weitestgehend. In allen Rechtsordnungen kann der Schuldner die Beendigung der Haft in erster Linie dadurch herbeiführen, dass sich dieser zur Erbringung der geschuldeten Leistung bereiterklärt. Gleichwohl können ebenfalls einige Unterschiede beobachtet werden. Auffällig ist zunächst die divergierende Höchstdauer der Zwangshaft, die von sechs Monaten (Deutschland) über ein Jahr (Niederlande) bis zwei Jahre (England, obgleich die Haft nach der Hälfte der Zeit beendet wird) reicht. In persönlicher Hinsicht handhabt das englische Recht committal wegen contempt of court zudem vergleichsweise großzügig. So lässt es die Zwangshaft im Unterschied zum niederländischen Recht389 auch gegen leitende Personen eines Unternehmens zu, wenn lediglich ein Titel gegen das Unternehmen erwirkt wurde. Nach deut387 Vgl.

French, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  81.4. Sime, in: Blackstone’s Civil Practice, Rn.  79.36. In Deutschland stellt die Verletzung der Unterhaltspflicht eine Straftat dar (vgl. §  170 StGB), sodass jedenfalls im Ergebnis ebenfalls eine Inhaftierung des Schuldners vorgesehen ist. Dabei überwiegen allerdings pönale Erwägungen, während die Willensbeugung des Schuldners gänzlich in den Hintergrund gerät. Insbesondere der erste Absatz des §  170 StGB hat im Übrigen eine nicht unerhebliche praktische Bedeutung. Im Jahre 2019 wurden insgesamt 1.726 Fälle abgeurteilt. In 914 Fällen kam es zu einer Verurteilung. Vgl. Statistisches Bundesamt, Rechtspflege, S.  30. 389 Vgl. Steneker, in: Asser Procesrecht, Bd.  5, Rn.  689. 388 Vgl.

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schem Recht kommt eine Vollstreckung der Ordnungshaft (nicht aber des Ordnungsgelds) auch gegen Organe einer juristischen Person in Betracht, obwohl diese nicht Titelschuldner sind.390 Insofern stimmt das deutsche Recht im Wesentlichen mit dem englischen Recht überein. III. Ergebnisse zur Vollstreckbarkeit einzelner Arten von Pflichten 1. Pflichten zum Geben Im Bereich der unmittelbaren Vollstreckung zur Herausgabe beweglicher Sachen zeichnen sich die untersuchten Rechtsordnungen trotz geringfügig unterschiedlicher verfahrensrechtlicher Vorgaben insgesamt durch eine Ergebniskoinzidenz aus. Die Vollstreckung von Pflichten zur Übereignung unbeweglicher Sachen ist in allen Rechtsordnungen dadurch gewährleistet, dass die Übereignung im Ergebnis mithilfe des Gerichts oder jedenfalls ohne Mitwirkung des Schuldners erfolgen kann. Unterschiede existieren insoweit allenfalls hinsichtlich der Reichweite der Gerichtsentscheidung, d. h. in Bezug darauf, welche weiteren, im Regelfall für eine Übereignung erforderlichen Handlungen durch die Gerichtsentscheidung entbehrlich werden. Gewichtigere Unterschiede konnten allerdings bei der faktischen Herausgabe unbeweglicher Sachen verzeichnet werden. Es hat sich gezeigt, dass die hier untersuchten Rechtsordnungen zwar allesamt grundsätzlich eine Zwangsräumung vorsehen, diese sich allerdings in der praktischen Handhabung und zum Teil, insbesondere bei der Hausbesetzung, wohl auch im Ergebnis erheblich unterscheidet. 2. Pflichten zum Tun Im Bereich der Tätigkeitsverpflichtungen konnten vergleichsweise große Unterschiede zwischen den untersuchten Rechtsordnungen festgestellt werden. Nach deutschem Recht scheidet die Naturalerfüllung für vertretbare Handlungen aus, denn diese Art von Leistungen wird durch Ersatzvornahme vollstreckt.391 Insbesondere das niederländische Recht, das letztlich naturgemäß zwar ebenfalls keine Naturalerfüllung garantieren kann, aber mit dem Zwangsgeld immerhin An390 Vgl.

BGH, Urt. v. 16.05.1991 – I ZR 218/89, NJW 1992, 749 (750); BGH, Beschl. v. 12.01.2012 – I ZB 43/11, NZG 2012, 320 (Rn.  7); BVerfG, Beschl. v. 09.05.2017 – 2 BvR 335/17, NJW-RR 2017, 957 (959 Rn.  24). Siehe auch Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, §  37 Rn.  25; Gruber, in: MüKoZPO, §  890 Rn.  24; Lackmann, in: Musielak/Voit, §  890 ZPO Rn.  12. 391  Die Ersatzvornahme weist bei funktionaler Betrachtung Ähnlichkeiten zum Schadensersatz statt der Leistung und zum Deckungsgeschäft auf. Vgl. auch Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, S.  437 f.

D. Rechtsvergleichende Überlegungen

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reize für die Erfüllung der geschuldeten Tätigkeit bereitstellt, sieht weitreichende Möglichkeiten vor.392 Dasselbe gilt für das englische Recht, das in dieser Hinsicht ausnahmsweise großzügiger Naturalerfüllung als das deutsche Recht gewährt.393 Unvertretbare Handlungen können in allen Rechtsordnungen durch Zwangsgeld oder als ultima ratio auch durch Zwangshaft vollstreckt werden, zumindest sofern diese nicht höchstpersönlich sind (Niederlande und England) oder aus einem Dienstvertrag stammen (Deutschland), d. h. typischerweise ebenfalls in Person zu erbringen sind. Höchstpersönliche Tätigkeitspflichten können im Umkehrschluss gerade nicht in natura durchgesetzt werden. Denn sieht man von den Fällen des indirect specific performance, die durchaus unterschiedlich behandelt werden, einmal ab, lehnt das englische Recht für Handlungspflichten höchstpersönlicher Art zum Schutz der Freiheit des Schuldners bereits specific performance ab, während auch im niederländischen Recht jedenfalls de lege lata keine Naturalkondemnation vorgesehen ist (vgl. Art.  3:296 Abs.  1 BW). Das deutsche Recht lässt hingegen zwar eine Verurteilung zu, misst allerdings ähnlichen Gesichtspunkten des Schuldnerschutzes einen Wert bei und schließt letztlich die Naturalvollstreckung höchstpersönlicher Pflichten in §  888 Abs.  3 ZPO aus. Richtig ist zwar die rechtsvergleichende Beobachtung, dass die Rechtsordnungen dem Gläubiger den Naturalerfüllungsanspruch im weiteren Sinne entweder auf der Ebene der Naturalkondemnation oder auf der Ebene der Naturalvollstreckung versagen, von einigen Autoren wird dieser Umstand allerdings pars pro toto zur Veranschaulichung der Wertungs- und Ergebnisgleichheit der Rechtsordnungen herangezogen.394 Das durchaus einleuchtende Beispiel der praktisch vergleichsweise seltenen höchstpersönlichen Tätigkeitspflichten sollte indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich bspw. bereits bei den freilich häufiger vorkommenden vertretbaren Tätigkeitspflichten große Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen feststellen lassen. 3. Pflichten zum Unterlassen Bezüglich der Unterlassungspflichten konnten insgesamt keine großen Unterscheide festgestellt werden, denn diese lassen sich in allen untersuchten Rechtsordnungen durch indirekte Mechanismen vollstrecken. Im niederländischen und 392 

Vgl. auch Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S.  123. Vgl. auch Unberath, Die Vertragsverletzung, S.  268; Weller, Die Vertragstreue, S.  424. 394  Vgl. etwa Neufang, Erfüllungszwang als ‚remedy‘ bei Nichterfüllung, S.  285; Treitel, Remedies for Breach of Contract, S.  71. Siehe auch Weller, Die Vertragstreue, S.  422 ff., der diese Ansicht zwar ablehnt, allerdings mit der Begründung, dass die Bedeutung des Zwangsvollstreckungsrechts ohnehin gering sei. Siehe richtigerweise relativierend zur Ergebnisgleichkeit trotz ähnlicher Ausgangspunkte Kleinschmidt, in: Jansen/Zimmermann, S.  1261 f. 393 

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englischen Recht werden Pflichten zum Unterlassen und Tätigkeitsverpflichtungen im Wesentlichen einheitlich behandelt, sodass erneut durch Zwangsgeld und/oder Zwangshaft bzw. durch die Maßnahmen wegen contempt of court vollstreckt werden kann. Das deutsche Recht sieht für Unterlassungsverpflichtungen eine Vollstreckung durch Ordnungsmaßnahmen vor, die sich von den Zwangsmitteln zur Vollstreckung unvertretbarer Handlungspflichten – neben verfahrensrechtlichen Aspekten – insbesondere durch eine erhebliche zusätzliche Härte unterscheiden.

Schlussbetrachtung Am Ende dieser Untersuchung ist auf die Frage zurückzukommen, ob und inwiefern sich in den untersuchten Rechtsordnungen sowohl bei dogmatischer Betrachtung als auch in praktischer Hinsicht Unterschiede und Gemeinsamkeiten beobachten lassen. Es hat sich gezeigt, dass das praktische Bedürfnis nach dem Erfüllungsanspruch im Wesentlichen interessengeleitet ist. Wenngleich sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an dem Erhalt bzw. an der Erbringung der Leistung interessiert ist, können sich die Interessen der Parteien nachträglich und im Falle der Leistungsstörung leicht verändern. Weigert sich der Schuldner, die Leistung freiwillig zu erbringen, sieht sich der Gläubiger vor die Frage gestellt, ob er die Leistung zwangsweise durchsetzen möchte. Die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs und das Betreiben der Zwangsvollstreckung sind bereits im Allgemeinen häufig zeitaufwändig und kostspielig. Zum Teil treten aufgrund der Art der geschuldeten Leistung weitere Schwierigkeiten rechtlicher und praktischer Natur hinzu. Ob das Anstreben der Naturalerfüllung für den Gläubiger eine attraktive Vorgehensweise darstellt, ist somit in erster Linie eine Frage der Alternativen. Lässt sich die Leistung zeitnah anderweitig beschaffen, wird der Gläubiger es typischerweise vorziehen, mit einem neuen, bereitwilligeren Schuldner zu kontrahieren. Eine Austauschbarkeit der Leistung bzw. des Schuldners ist insbesondere bei Handelswaren regelmäßig gegeben. Aus diesem Grund ist den zu Beginn dieser Untersuchung erwähnten Autoren darin beizupflichten, dass die Naturalerfüllung im (internationalen) Handelsverkehr, in dem fungible Waren vielfach das Leistungsobjekt darstellen, insgesamt keine große praktische Relevanz hat. Allerdings sollte der Blick nicht lediglich auf den (internationalen) Handelskauf gerichtet werden, denn in einer Vielzahl anderer Vertragskonstellationen kann die Naturalerfüllung von eminenter Bedeutung sein. In der Tat lassen sich unzählige Fälle herausbilden, in denen die Naturalerfüllung für den Gläubiger durchaus von Belang ist. Dies zeigt bereits die schlichte Erkenntnis, dass Naturalerfüllung in der Gerichtspraxis aller hier untersuchten Rechtsordnungen vielfach begehrt wird. Für all diese Fälle von einer (weitestgehenden) Ergebniskoinzidenz auszugehen, erscheint freilich kühn und undifferenziert. Exemplarisch sei

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Schlussbetrachtung

an dieser Stelle der Argyll-Fall der mietvertraglichen Betriebspflicht erwähnt, in dem das Gericht ausdrücklich auf die vermeintliche Gleichförmigkeit der Ergebnisse des Common und Civil Law hinweist. Doch während das House of Lords in diesem Fall keine specific performance gewährte, kann eine Betriebspflicht nach der ständigen Rechtsprechung in Deutschland ohne Weiteres eingeklagt und vollstreckt werden. Die Dogmatik des Erfüllungsanspruchs weist in Deutschland und den Niederlanden eine ins Auge springende Ähnlichkeit auf. In beiden Rechtsordnungen handelt es sich um eine dreigliedrige Konzeption, die sich aus subjektivem Recht, materiellem Klagerecht und prozessualem Klagerecht (actio) zusammensetzt. Im Grundsatz ist jeder Anspruch (§  194 Abs.  1 BGB) bzw. jedes Forderungsrecht (Art.  3:296 Abs.  1 BW) einklagbar. Primäranspruch im dogmatischen Sinne ist die Erfüllung des Vertrags in natura. Dieses Primat der Naturalerfüllung (§  241 Abs.  1 BGB) bzw. der Naturalkondemnation (Art.  3:296 Abs.  1 BW) ist im Wesentlichen unumstritten. Sekundäransprüche sind erst im Falle einer Pflichtverletzung (§  280 Abs.  1 BGB) bzw. einer Unzulänglichkeit der Erfüllung (Art.  6:74 Abs.  1 BW) gegeben. Das englische Recht baut demgegenüber maßgeblich auf dem Begriff des remedy auf. Remedies sind sämtliche rechtliche Vorgehensweisen, die dem Gläubiger im Falle der Leistungsstörung zustehen. Ihr Charakter ist hybrid, denn die remedies entfalten ihre Wirkung zumeist in der Überleitung vom materiellen Recht in die Verurteilung. Auch das englische Recht unterscheidet zwischen primary und secondary rights, sodass die These, der Vertrag nach englischem Recht begründe lediglich eine Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz für den Fall des Vertragsbruchs, abzulehnen ist. Der Klage auf specific performance wird dem materiellen Recht entsprechend und deshalb stets dann stattgegeben, wenn die für specific performance geltenden Voraussetzungen vorliegen. Die Besonderheit von specific performance im Vergleich zu sonstigen remedies besteht darin, dass specific performance das primary right, das aufgrund des bloßen Vertragsschlusses entsteht, unmittelbar verwirklicht. Als unbegründet hat sich deshalb die These des rechtsvergleichenden Schrifttums herausgestellt, der Erfüllungsanspruch sei eine Sanktion des Vertragsbruchs, entstehe erst im Falle einer Vertragsverletzung und stehe im Ermessen des Gerichts. Die wichtigste Voraussetzung für specific performance stellt traditionell die (In-)Adäquanz des Schadensersatzes dar. Dieses Hauptkriterium wurde in der Rechtsprechung des letzten Viertels des 20. Jahrhunderts zunehmend durch eine umfassende Gerechtigkeitsabwägung ersetzt und damit letztlich gelockert. In verschiedenen Bereichen, in denen specific performance traditionell nicht in Betracht kam, wird darüber hinaus mittlerweile verbreitet Naturalerfüllung zugesprochen. Beispielhaft sind Dauerschuldverhältnisse, bei denen dem constant supervision-Argument weniger Bedeutung beigemessen und nach er-

Schlussbetrachtung

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folgs- und tätigkeitsbezogenen Pflichten unterschieden wird. Die Argyll-Entscheidung aus dem Jahre 1998 erscheint auf den ersten Blick als Exempel für einen konservativeren Kurs der Rechtsprechung, bei näherer Betrachtung stellt sie jedoch keinen Trendbruch dar, wie die weiterhin großzügige Rechtsprechung dieses Jahrhunderts zeigt. Trotz alldem bleibt unbestreitbar, dass das englische Recht weiterhin zahlreiche Voraussetzungen für den Erfüllungsanspruch aufrechterhält, die dem deutschen und niederländischen Recht schlichtweg fremd sind. Der Erfüllungsanspruch wird durch verschiedene Tatbestände des materiellen Rechts beschränkt. Untersucht wurden verschiedene Formen der Unmöglichkeit (tatsächliche nachträgliche, vorübergehende, rechtliche), die normative Unmöglichkeit (Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen) sowie die grundlegende Veränderung vertragsrelevanter Umstände. Es hat sich gezeigt, dass diese Tatbestände im englischen Recht eine Doppelfunktion erfüllen. Denn während diese zum einen ebenso wie im deutschen und niederländischen Recht den Naturalerfüllungsanspruch beschränken, können diese als Unterkategorien der Lehre der frustration of contract ebenfalls zu einem Entfallen sämtlicher vertraglicher – einschließlich sekundärer – Ansprüche führen. Ein gewichtiger Unterschied besteht dabei darin, dass das deutsche und niederländische Recht das Entfallen des Erfüllungsanspruchs und etwaiger Sekundäransprüche stets getrennt behandeln (dualistisches System), während das englische Recht dies lediglich im Rahmen der ersten Funktion der Ausnahmentatbestände macht. Mehr im Allgemeinen sind die Grenzen zwischen den Ausnahmetatbeständen (impossibility, illegality, hardship, impracticability, frustration of contract) im englischen Recht terminologisch und dogmatisch vielfach fließend. In allen Rechtsordnungen ist anerkannt, dass die Naturalleistungspflicht im Falle der (absoluten) Unmöglichkeit bzw. impossibility entfällt, und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner die zu der Unmöglichkeit führenden Umstände zu vertreten hat. Richtigerweise entfällt die Leistungspflicht im Falle der Unmöglichkeit von Rechts wegen; ein Leistungsverweigerungsrecht ist insbesondere mit der Systematik des deutschen und niederländischen Rechts nicht vereinbar. Die Unmöglichkeit der Vollstreckung steht der Naturalkondemnation im deutschen und niederländischen Recht aus guten Gründen nicht entgegen, denn systematisch sind vollstreckungsrechtliche Problematiken in ebendieser Phase des Naturalerfüllungsanspruchs im weiteren Sinne zu behandeln. Das englische Recht blickt im Erkenntnisverfahren auf das Vollstreckungsvorfahren voraus, sodass bereits eine Verurteilung ausscheidet, wenn die Vollstreckbarkeit voraussichtlich nicht gewährleistet sein wird. Im Falle des Doppelverkaufs liegt in allen Rechtsordnungen nicht bereits mit dem bloßen Verlust der Dispositionsbefugnis über das Leistungsobjekt Unmöglichkeit vor.

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Bei der Unverhältnismäßigkeit, der relativen Unmöglichkeit bzw. dem hard­ ship oder der impracticability werden das Leistungsinteresse des Gläubigers und der Erfüllungsaufwand des Schuldners gegeneinander abgewogen. Existiert zwischen beiden Größen ein grobes Missverhältnis, steht dem Schuldner – im Unterschied zur Unmöglichkeit – ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Das Institut der Unverhältnismäßigkeit dient der Vermeidung besonders krasser Ressourcenverschwendungen, spielt in der Gerichtspraxis der untersuchten Rechtsordnungen jedoch nur eine geringe Rolle. Es ist davon auszugehen, dass die Rechtsordnungen für die im Rahmen der Unverhältnismäßigkeit zu bewältigenden Extremfälle (z. B. den Ring am Boden des Sees und den Ocean Island-Fall) im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen gelangen. Sondervorschriften im Rahmen des Kaufund Werkvertrags für die Nacherfüllung sollen zwar ebenfalls unproportionale Aufwendungen verhindern und verfolgen insoweit funktional vergleichbare Ziele, stellen jedoch auf eine Unverhältnismäßigkeit zwischen den Nacherfüllungsvarianten der Reparatur und der Ersatzlieferung ab. Gleichwohl kann sich der Schuldner in allen Rechtsordnungen auch im Rahmen der Nacherfüllung grundsätzlich, jedoch jedenfalls in Deutschland und den Niederlanden innerhalb der Grenzen der Weber und Putz-Rechtsprechung des EuGH, auf die Unverhältnismäßigkeit der Erfüllung berufen. Bei der Unzumutbarkeit, der moralischen Unmöglichkeit bzw. dem personal hardship werden Umstände, die den Schuldner selbst oder ihm nahestehende Personen betreffen, gegen das Leistungsinteresse des Gläubigers abgewogen. Erforderlich ist letztlich, dass die Erbringung einer höchstpersönlichen Leistung für den Schuldner eine derart große Belastung darstellen würde, dass diese ihm nicht zugemutet werden kann. Konkret handelt es sich dabei meistens um die Kollision vertraglicher mit (höherrangigen) rechtlichen, moralischen, religiösen oder familiären Pflichten sowie mit gesundheitlichen Eigeninteressen des Schuldners. Die Anwendungsbeispiele sind in den Rechtsordnungen zwar zahlenmäßig äußerst beschränkt, weisen gleichzeitig allerdings eine praktische Vielfältigkeit auf. Die Lösungen einiger idealtypischer Sachverhalte, wie die akute Pflegebedürftigkeit erkrankter Angehöriger, scheinen sich jedoch kaum zu unterscheiden. Die Institute der Störung der Geschäftsgrundlage, imprévision und frustration of contract, die in allen Rechtsordnungen historisch mit einer impliziten Vertragsbedingung begründet wurden, später aber zunehmend im Lichte von Treu und Glauben behandelt werden, sind durch den Widerstreit von Vertragstreue, Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit gekennzeichnet. Dem ersten Anschein nach gehen die Rechtsordnungen nicht einmal von derart verschiedenen Maßstäben aus und lassen diese ähnliche Gesichtspunkte (etwa die Risikoverteilung oder die (Un-)Vorhersehbarkeit) in die Abwägung über das Schicksal des

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Vertrags einfließen. Nichtsdestoweniger kommen die Rechtsordnungen im eben erwähnten Spannungsfeld zu grundlegend verschiedenen Wertungen. In der Folge konnten bei der Veränderung vertragsrelevanter Umstände sowohl in der Ausgestaltung des Rechts als auch im Ergebnis die größten Differenzen unter den Ausnahmetatbeständen beobachtet werden. Einer der wichtigsten Unterschiede betrifft die Rechtsfolgen. Das deutsche Recht sieht vorrangig die Anpassung des Vertrags vor, im niederländischen Recht besteht hingegen kein hierarchisches Verhältnis zwischen Anpassung und Aufhebung und im englischen Recht kommt als Rechtfolge aus Gründen der Skepsis gegenüber einer richterlichen Neuordnung vertraglicher Verhältnisse lediglich die Aufhebung in Betracht. Auch die Art des Eintritts der Rechtsfolge(n) – von Rechts wegen (England) oder durch konstitutive Gerichtsentscheidung (Deutschland und Niederlande) – unterscheiden sich. Die Thematik der Nachverhandlungspflicht ist in Deutschland und den Niederlanden höchst umstritten. Während der BGH für das deutsche Recht eine solche schadensersatzbewehrte Pflicht entgegen der hM anerkannt hat, besteht im niederländischen Recht de lege lata keine Verpflichtung zum Nachverhandeln, obwohl dafür im Schrifttum gelegentlich plädiert worden ist. Im Allgemeinen hat sich gezeigt, dass eine Nachverhandlungspflicht vielfach nicht sachgerecht und deshalb abzulehnen ist. Dies entspricht im Ergebnis und zum Teil ebenfalls in der Begründung der Lösung des englischen Rechts. Bei näherer Betrachtung der Rechtsprechung und der drei wesentlichen Fallgruppen der grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände – Äquivalenzstörungen, Leistungserschwernisse und Zweckstörungen – zeigt sich das Bild, dass vor allem das englische, aber auch das niederländische Recht strikt an der Naturalerfüllung des Vertrags festhalten, während das deutsche Recht durchaus bereit ist, in den Vertrag einzugreifen. Im Zwangsvollstreckungsverfahren, das als Dreiparteienverhältnis zwischen Staat, Gläubiger und Schuldner charakterisiert werden kann, geht es um die Durchsetzung zivilrechtlicher Positionen mithilfe der öffentlichen Gewalt. In der Struktur des Zwangsvollstreckungsrechts unterscheiden sich die Rechtsordnungen zum Teil erheblich. Während der deutsche Gerichtsvollzieher Beamter des Staates ist, wird der niederländische Gerichtstürwärter freiberuflich tätig. Das englische Recht sieht eine Mischung aus dem Amts- und Berufssystem vor. Es ist davon auszugehen, dass sich diese grundlegenden Unterschiede ebenfalls auf die Effektivität der Naturalvollstreckung auswirken können, bspw. hinsichtlich der Möglichkeit des Gläubigers, auf das Vollstreckungsverfahren Einfluss zu nehmen. Der systematische Aufbau des Zwangsvollstreckungsrechts unterscheidet sich ebenfalls. Das deutsche Recht strukturiert nach der Art der zu vollstreckenden Leistung. Es geht von dem Vorrang der unmittelbaren Vollstreckung aus und stellt mittelbare Vollstreckungsmittel nur dann bereit, wenn sich eine Leis-

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tung nicht direkt durchsetzen lässt. Das englische Recht sieht eine solche gegenständliche Beschränkung der Maßnahmen wegen contempt of court nicht vor und auch das niederländische Recht lässt jedenfalls das Zwangsgeld sachlich nahezu unbeschränkt zu. In den letzteren Rechtsordnungen werden die mittelbaren Zwangsvollstreckungsmechanismen gesondert geregelt und punktuell durch spezifische Vorschriften für bestimmte Leistungspflichten und -objekte ergänzt. Die Herausgabe beweglicher Sachen erfolgt in allen untersuchten Rechtsordnungen dadurch, dass die Sache dem Schuldner weggenommen und dem Gläubiger übergeben wird. Für die Vollstreckung von Pflichten zur Übereignung einer Immobilie sehen zwar alle Rechtsordnungen die Möglichkeit vor, die für die Auflassung erforderliche Willenserklärung des Schuldners durch eine Gerichtsentscheidung zu ersetzen, die Reichweite dieser Entscheidung unterscheidet sich jedoch. Die faktische Herausgabe einer unbeweglichen Sache erfolgt durch Zwangsräumung, bei der beträchtliche verfahrensrechtliche Differenzen, etwa hinsichtlich der erforderlichen Bestimmtheit des Titels und des Umgangs mit vorgefundenen beweglichen Sachen, beobachtet werden konnten. Die mittel­ baren Vollstreckungsmittel des Zwangsgelds und der Zwangshaft sind insbesondere für Tätigkeits- und Unterlassungspflichten von Bedeutung, die sich natur­ gemäß nicht unmittelbar vollstrecken lassen. Die Zwangsgeldregelungen der Rechtsordnungen unterscheiden sich erheblich, insbesondere im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich, die praktische Bedeutung, etwaige richterliche Ermessenspielräume bei der Ausgestaltung und – nicht zuletzt – die Höhe des Zwangsgelds. Weitere Unterschiede betreffen insbesondere die Frage, ob das Zwangsgeld dem Staat zufließt (Deutschland und England) oder zugunsten des Gläubigers eingetrieben wird (Niederlande). Die Zwangshaft, deren Subsidiarität in allen Rechtsordnungen anerkannt ist, spielt insbesondere im englischen Recht mittlerweile eine geringere Rolle als dies einst der Fall war. Obwohl die Zwangshaftregelungen im Wesentlichen vergleichbar sind, lassen sich ebenfalls einige Unterschiede, insbesondere hinsichtlich der Dauer, feststellen. Die unterschiedlichen Anwendungsbereiche der indirekten Vollstreckungsmittel führen in den untersuchten Rechtsordnungen zu vergleichsweise großen Divergenzen bei der Vollstreckbarkeit von Tätigkeitsverpflichtungen. Für vertretbare Handlungen sieht nämlich das deutsche Recht lediglich eine Ersatzvornahme vor, während das niederländische und englische Recht durch mittelbaren Zwang darauf hinwirken, dass der ursprüngliche Schuldner die Leistung tatsächlich erbringt. Letztere gewähren dem Gläubiger insoweit die Naturalerfüllung im weiteren Sinne großzügiger als das deutsche Recht. Unvertretbare Handlungen, die nicht höchstpersönlich oder dienstvertraglich begründet worden sind, können hingegen in allen Rechtsordnungen durch die indirekten Mittel vollstreckt werden. Der Umstand, dass im Umkehrschluss höchstpersönliche Tätigkeitspflichten in allen

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Rechtsordnungen im Ergebnis gerade nicht in natura durchgesetzt werden können und insoweit eine gewisse Wertungs- und Ergebnisgleichheit existiert, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies nur für ebendiese Art von Pflicht gilt und diese Untersuchung an anderer Stelle – erwähnt seien hier nur die vertretbaren Tätigkeitspflichten – eine Vielzahl an Unterschieden aufzeigen konnte. Insgesamt kann festgehalten werden, dass das deutsche Recht dem Naturalerfüllungsanspruch im engeren Sinne den größten materiellrechtlichen Wert beimisst und abgesehen von den Naturalobligationen keine Ausnahmen von der grundsätzlichen Einklagbarkeit subjektiver Rechte vorsieht. Ähnlich verhält es sich im niederländischen Recht, wenngleich eine Verurteilung im Unterscheid zum deutschen Recht wegen der Natur der Verpflichtung ausgeschlossen sein kann. Specific performance ist demgegenüber auf materiellrechtlicher Ebene weiterhin vom Vorliegen verschiedener Voraussetzungen abhängig. Vergleichbare Wertungen und Ergebnisse konnten bei der (normativen) Unmöglichkeit, nicht aber bei der grundlegenden Veränderung vertragsrelevanter Umstände beobachtet werden, bei der insbesondere das englische Recht dem Gläubiger in aller Regel weiterhin Naturalerfüllung gewährt, während sich das deutsche Recht vielfach um eine sachgerechte Risikoverteilung bemüht. Auf der Ebene der Naturalvollstreckung und damit wohl auch insgesamt sieht das niederländische Recht die weitreichendsten Möglichkeiten – insbesondere indirekter Natur – vor, den Schuldner zur Naturalerfüllung anzuhalten. Trotz der schwachen Ausgestaltung der Naturalerfüllung im materiellen Recht geht das englische Recht mit den Maßnahmen wegen contempt of court gegen den sich weigernden Schuldner mit beträchtlicher Härte vor, während der Schuldnerschutz im Zwangsvollstreckungsrecht eine vergleichsweise untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Das deutsche Recht geht von dem Vorrang der unmittelbaren Vollstreckung aus und kennt trotz des soliden materiellrechtlichen Fundaments der Naturalerfüllung ein für den Schuldner vergleichsweise mildes, von dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägtes Zwangsvollstreckungsrecht.

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Deutschland BGH, Urt. v. 09.11.1995 – I ZR 212/93, NJW 1996, 723. BGH, Beschl. v. 22.11.1995 − VIII ARZ 4/95, NJW 1996, 515. BGH, Urt. v. 24.11.1995 − V ZR 164/94, NJW 1996, 990. BGH, Urt. v. 18.01.1996 − I ZR 65/94, NJW-RR 1996, 942. BGH, Urt. v. 04.07.1996 − I ZR 101/94, NJW 1997, 320. BGH, Urt. v. 26.09.1996 − I ZR 265/95, NJW 1997, 1702. BGH, Urt. v. 20.02.1997 − III ZR 208/95, NJW 1997, 1581. BGH, Urt. v. 05.02.1998 – III ZR 103/97, NJW 1998, 1138. BGH, Urt. v. 26.03.1999 − V ZR 368–97, NJW 1999, 2034. BGH, Urt. v. 17.06.1999 – IX ZR 308/98, NJW 1999, 2597. BGH, Urt. v. 30.06.1999 – XII ZR 230/96, NJW 1999, 2962. BGH, Urt. v. 29.09.1999 − XII ZR 313/98, NJW 2000, 354. BGH, Urt. v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714. BGH, Urt. v. 19.07.2000 – XII ZR 176/98, NJW-RR 2000, 1535. BGH, Urt. v. 17.05.2001 – IX ZR 256/99, NJW 2001, 3713. BGH, Urt. v. 01.02.2002 − V ZR 61/01, NJW-RR 2002, 853. BGH, Urt. v. 08.05.2002 − XII ZR 8/00, NJW 2002, 2384. BGH, Urt. v. 16.07.2002 – X ZR 27/01, NJW 2002, 3323. BGH, Beschl. v. 23.10.2003 – I ZB 45/02, NJW 2004, 506. BGH, Beschl. v. 19.03.2004 – IXa ZB 328/03, NJW-RR 2005, 212. BGH, Beschl. v. 25.06.2004 – IXa ZA 9/04, DGVZ 2005, 70. BGH, Urt. v. 28.04.2005 – III ZR 351/04, NJW 2005, 2069. BGH, Urt. v. 21.09.2005 − XII ZR 66/03, NJW 2006, 899. BGH, Beschl. v. 17.11.2005 – I ZB 45/05, NJW 2006, 848. BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 24/05, NJW 2006, 508. BGH, Urt. v. 21.12.2005 − X ZR 108/03, NJW-RR 2006, 699. BGH, Urt. v. 20.01.2006 – V ZR 124/05, NJW 2006, 1198. BGH, Urt. v. 08.02.2006 − VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037. BGH, Urt. v. 28.03.2006 – X ZR 85/04, NJW 2006, 2330. BGH, Urt. v. 12.05.2006 − V ZR 97/05, NJW 2006, 2843. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839. BGH, Beschl. v. 29.06.2006 – III ZB 36/06, NJW-RR 2006, 1502. BGH, Beschl. v. 10.08.2006 – I ZB 110/05, NJW-RR 2007, 213. BGH, Beschl. v. 10.08.2006 – I ZB 135/05, NJW 2006, 3273. BGH, Beschl. v. 25.01.2007 – I ZB 58/06, NJW-RR 2007, 863. BGH, Urt. v. 19.10.2007 – V ZR 211/06, NJW 2007, 3777. BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, NJW 2008, 439. BGH, Beschl. v. 19.03.2008 – I ZB 56/07, NJW 2008, 1959. BGH, Urt. v. 09.07.2008 − XII ZR 179/05, NJW 2008, 3277. BGH, Urt. v. 09.07.2008 − VIII ZR 181/07, NJW 2008, 2840. BGH, Urt. v. 18.07.2008 − V ZR 171/07, NJW 2008, 3123. BGH, Beschl. v. 14.08.2008 – I ZB 39/08, NJW 2008, 3287. BGH, Beschl. v. 27.11.2008 – I ZB 46/08, NJW-RR 2009, 443. BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 32/06, NJW 2009, 921. BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, NJW 2009, 2308. BGH, Beschl. v. 14.01.2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660. BGH, Beschl. v. 16.07.2009 – I ZB 90/05, NJW-RR 2009, 1384. BGH, Urt. v. 03.02.2010 – XII ZR 189/06, NJW 2010, 2202.

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England

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OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.06.1997 – 10 W 37/96, FamRZ 1998, 180. OLG Naumburg, Beschl. v. 21.11.1997 – 2 W 14/97, NJW-RR 1998, 873. OLG München, Urt. v. 23.06.1999 – 3 U 6412/98, NJW-RR 1999, 1532. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.04.2000 – 5 W 22/00-8, NJW-RR 2001, 163. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.01.2001 – 9 W 79/00, NJOZ 2002, 199. OLG München, Beschl. v. 26.03.2002 – 7 W 691/02, NJW-RR 2002, 1034. KG, Beschl. v. 18.09.2002 – 24 W 199/02, NJW-RR 2003, 214. OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 22.05.2006 – 11 W 13/06, NJW-RR 2007, 485. OLG Karlsruhe, Urt. v. 08.11.2006 – 9 U 58/06, MDR 2007, 577. OLG Celle, Beschl. v. 03.07.2007 – 2 W 56/07, NJW-RR 2008, 168. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 10.12.2008 – 2 U 250/08, ZMR 2009, 446. OLG Koblenz, Beschl. v. 18.12.2009 – 10 W 814/09, BeckRS 2010, 14334. OLG Schleswig, Beschl. v. 01.08.2011 – 16 W 90/11, NJW-RR 2011, 1695. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.2011 – 6 U 42/11, NZG 2012, 20. OLG Oldenburg, Urt. v. 14.12.2011 – 5 U 183/11, NJW 2012, 1597. OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.02.2012 – 16 UF 249/11, FamRZ 2012, 1595. OLG Hamburg, Beschl. v. 21.08.2013 – 8 W 72/13, NJW-RR 2014, 133. OLG Koblenz, Beschl. v. 02.01.2014 – 3 W 648/13, MDR 2014, 244. OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 04.06.2014 – 5 WF 110/14, FamRZ 2014, 1956. OLG Rostock, Beschl. v. 22.08.2016 – 3 W 53/16, NJW 2016, 3539. Landgerichte LG Kassel, Beschl. v. 09.07.1990 – 2 T 81/90, NJW-RR 1991, 381. LG Oldenburg, Beschl. v. 27.10.1994 – 6 T 656/94, DGVZ 1995, 44. LG Aschaffenburg, Beschl. v. 07.02.1997 – 4 T 232/96, DGVZ 1997, 155. LG Berlin, Urt. v. 20.02.2015 – 11 O 90/14, NJW-RR 2015, 976. LG Frankfurt/Main, Urt. v. 16.11.2017 – 2-24 O 37/17, NJOZ 2018, 196. Oberverwaltungsgerichte VGH München, Beschl. v. 09.11.2019 – 22 C 18.1718, ZUR 2019, 108. VGH Mannheim, Beschl. v. 14.05.2020 – 10 S 461/20, ZUR 2020, 555. England Adam Phones Ltd v Goldschmidt [1999] 4 All ER 486 (CA). Admiral Shipping Co Ltd v Weidner, Hopkins & Co [1916] 1 KB 429 (KB). A-G for Tuvalu v Philatelic Distribution Corp Ltd [1990] 1 WLR 926 (CA). A-G v Times Newspaper Ltd [1992] 1 AC 191 (HL). A-G v Yaxley-Lennon [2019] EWHC 1791 (QB). Ager v Ager [1998] 1 All ER 703 (CA). Airport Industrial GP Ltd v Heathrow Airport Ltd [2015] EWHC 3753 (Ch). Alfa Finance Holdings AD v Quarzwerke GmbH [2015] EWHC 243 (Ch). Alfred McAlpine Construction Ltd v Panatown Ltd [2001] 1 AC 518 (HL). Amalgamated Investment & Property Co Ltd v John Walker & Sons Ltd [1977] 1 WLR 164 (CA). Anders Utkilens Rederi A/S v O/Y Lovisa Stevedoring Co A/B (The Golfstraum) [1985] 2 All ER 669 (Ch). Anderson v Equitable Life Assurance Society [1926] 42 TLR 302 (CA). Ansah v Ansah [1977] 2 All ER 638 (CA).

348

Rechtsprechungsverzeichnis

Araci v Fallon [2011] EWCA Civ 668. Ashburn Anstalt v Arnold [1989] Ch 1 (CA). Ashworth v The Royal National Theatre [2014] EWHC 1176 (QB). Austins of East Ham Ltd v Macey [1941] Ch 338 (CA). B (Algeria) v Secretary of State for the Home Department [2013] UKSC 4. Bank Line Ltd v Arthur Capel & Co [1919] AC 435 (HL). Barclays Bank Ltd v Roberts [1954] 3 All ER 107 (CA). Bedfordshire Police Constabulary v U [2013] EWHC 2350 (Fam). Behnke v Bede Shipping Co Ltd [1927] 1 KB 649 (KB). Beswick v Beswick [1968] AC 58 (HL). Bhimji v Chatwani [1991] 1 WLR 989 (Ch). Blakeley v Muller [1903] 2 KB 760. Blue Manchester Ltd v North West Ground Rents Ltd [2019] EWHC 142 (TCC). BP Exploration Co (Libya) v Hunt (No 2) [1981] 1 WLR 232 (CA). BP Exploration Co (Libya) v Hunt (No 2) [1983] 2 AC 352 (HL). Brauer & Co (Great Britain) Ltd v James Clark (Brush Materials) Ltd [1952] 2 All ER 497 (CA). British Movietonews Ltd v London and District Cinemas Ltd [1952] AC 166 (HL). C H Giles & Co Ltd v Morris [1972] 1 All ER 960 (Ch). C N Marine Inc. v Stena Line A/B and Regie voor Maritiem Transport (The Stena Nautica) [1982] 2 Lloyd’s Rep 336 (CA). Cavendish Square Holding BV v Makdessi [2015] UKSC 67. Cehave NV v Bremer Handelsgesellschaft mbH (The Hansa Nord) [1976] QB 44 (CA). Chartered Trust Plc v Davies [1997] 2 EGLR 83 (CA). Churchman v Joint Shop Stewards’ Committee of the Workers of the Port of London [1972] 1 WLR 1094 (CA). Clark v Lindsay (1903) 19 TLR 202 (KB). Clarke v Chadburn [1985] 1 WLR 78 (Ch). Clements v Erlanger (1877) 46 L. J. Ch. 375 (CA). Cohen v Roche [1927] 1 KB 169 (KB). Coles (Trustees of the Ward Green Working Men’s Club) v Samuel Smith Old Brewery (Tadcaster) [2007] EWCA Civ 1461. Comet Products UK Ltd v Hawkex Plastics Ltd [1971] 2 QB 67 (CA). Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1996] Ch 286 (CA). Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd [1998] AC 1 (HL). Courtney & Fairbairn Ltd v Tolaini Brothers (Hotels) Ltd [1975] 1 WLR 297 (CA). Cricklewood Property and Investment Trust Ltd v Leightons Investment Trust Ltd [1945] AC 221 (HL). Crown Prosecution Service v Tweddell [2001] EWHC 188 (Admin). Crystal Mews Ltd v Metterick [2006] EWHC 3087 (Ch). Danchevsky v Danchevsky [1974] 3 All ER 934 (CA). Dar Al Arkan Real Estate Development Co v Al Refai [2014] EWCA Civ 715. Davis Contractors Ltd v Fareham Urban District Council [1956] AC 696 (HL). Days Healthcare UK Ltd v Pihsiang Machinery Manufacturing Co Ltd [2006] EWHC 1444 (QB).

England

349

De Francesco v Barnum (1890) 45 Ch D 430 (Ch). Decro-Wall International SA v Practitioners in Marketing Ltd [1971] 1 WLR 361 (CA). Denny Mott & Dickson Ltd v James B Fraser & Co Ltd [1944] AC 265 (HL). Deutsche Bank AG v Sebastian Holdings Inc [2016] EWHC 3222 (Comm). Dowty Boulton Paul Ltd v Wolverhampton Corp [1971] 1 WLR 204 (Ch). Earl of Oxford’s case (1615) 21 ER 485. Easton v Brown [1981] 3 All ER 278 (Ch). Edwinton Commercial Corp v Tsavliris Russ (Worldwide Salvage & Towage) Ltd (The Sea Angel) [2007] EWCA Civ 547. Enfield London Borough Council v Mahoney [1983] 1 WLR 749 (CA). Evans Marshall & Co Ltd v Bertola SA [1973] 1 WLR 349 (CA). Eximenco Handels AG v Partrederiet Oro Chief and Levantes Maritime Corp (The Oro Chief) [1983] 2 Lloyd’s Rep 509 (QB). F. A. Tamplin S. S. Co Ltd v Anglo-Mexican Petroleum Products Co Ltd [1916] 2 AC 397 (HL). Factortame Ltd v Secretary of State for Transport [1990] 2 AC 85 (HL). Falcke v Gray (1859) 4 Drew 651. Fibrosa Spolka Akcyjna v Fairbairn Lawson Combe Barbour Ltd [1943] AC 32 (HL). Gamerco SA v ICM/Fair Warning (Agency) Ltd [1995] 1 WLR 1226 (QB). Gawler v Chaplin (1848) 2 Ex 503. Geys v Société Générale, London Branch [2012] UKSC 63. Great Peace Shipping Ltd v Tsavliris Salvage (International) Ltd [2002] EWCA Civ 1407. Griffith v Brymer (1903) 19 TLR 434 (KB). Hadkinson v Hadkinson [1952] 2 All ER 567 (CA). Hardwick Game Farm v Suffolk Agricultural and Poultry Producers Association Ltd [1966] 1 WLR 287 (CA). Harris v Harris [2001] EWCA Civ 1645. Hasham v Zenab [1960] AC 316 (PC). Heatons Transport (St Helens) Ltd v Transport and General Workers’ Union [1973] AC 15 (HL). Herne Bay Steam Boat Co v Hutton [1903] 2 KB 683 (CA). Hirji Mulji v Cheong Yue Steamship Co Ltd [1926] AC 497 (PC). Home Office v Harman [1983] 1 AC 280 (HL). Hongkong Fir Shipping Co Ltd v Kawasaki Kisen Kaisha Ltd [1962] 2 QB 26 (CA). Hope v Walter [1900] 1 Ch 257 (CA). Howard E Perry Co Ltd v British Railways Board [1980] 1 WLR 1375 (Ch). Interfoto Picture Library Ltd v Stiletto Visual Programmes Ltd [1989] QB 433 (CA). J Lauritzen AS v Wijsmuller BV (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep 1 (CA). Jaggard v Sawyer [1995] 2 All ER 189 (CA). James Jones & Sons Ltd v Earl of Tankerville [1909] 2 Ch 440 (Ch). Jeune v Queens Cross Properties Ltd [1974] Ch 97 (Ch). Johnson v Agnew [1980] AC 367 (HL). Jones v Lipman [1962] 1 WLR 832 (Ch).

350

Rechtsprechungsverzeichnis

Joseph Constantine Steamship Line Ltd v Imperial Smelting Corp Ltd [1942] AC 154 (HL). Joseph v National Magazine Co Ltd [1959] Ch 14 (Ch). JSC BTA Bank v Ablyazov [2012] EWCA Civ 649. Khazanchi v Faircharm Investment Ltd, McLeod v Butterwick [1998] 2 All ER 901 (CA). Krell v Henry [1903] 2 KB 740 (CA). Kudo Catering (UK) Ltd v Manchester Convention Complex Ltd [2013] EWCA Civ 38. Kumari v Jalal [1997] 1 WLR 97 (CA). Lake v Bayliss [1974] 1 WLR 1073 (Ch). Lauritzencool AB v Lady Navigation Inc [2005] EWCA Civ 579. Lep Air Services Ltd v Rolloswin Investments Ltd [1973] AC 331 (HL). Letang v Cooper [1965] 1 QB 232 (CA). Liberty Mercain Ltd v Cuddy Civil Engineering Ltd [2013] EWHC 4110 (TCC). Libyan Arab Foreign Bank v Bankers Trust Co [1989] QB 728 (QB). Locabail International Finance Ltd v Agroexport [1986] 1 WLR 657 (CA). Lomas v Parle [2003] EWCA Civ 1804. Luganda v Service Hotels Ltd [1969] 2 Ch 209 (CA). Lumley v Gye (1853) 118 ER 749. Lumley v Wagner (1852) 1 De G M & G 604. M v Home Office [1994] 1 AC 377 (HL). Man UK Properties Ltd v Falcon Investments Ltd [2015] EWHC 1324 (Ch). Maritime National Fish Ltd v Ocean Trawlers Ltd [1935] AC 524 (HL). Marks v Lilley [1959] 1 WLR 749 (Ch). Masri v Consolidated Contractors International Company SAL [2010] EWHC 2458 (Comm). Matila Ltd v Lisheen Properties Ltd [2010] EWHC 1832 (Ch). MSC Mediterranean Shipping Co v Cottonex Anstalt [2016] EWCA Civ 789. Metropolitan Electricity Supply Co Ltd v Ginder [1901] 2 Ch 799 (Ch). Mid Essex Hospital Services NHS Trust v Compass Group UK and Ireland Ltd [2013] EWCA Civ 200. Mir v Mir [1992] 1 All ER 765 (Fam). Moore v Lambeth County Court Registrar (No 2) [1970] 1 QB 560 (CA). Morgan v Manser [1948] 1 KB 184 (KB). Morris v Crown Office [1970] 2 QB 114 (CA). Motorola Credit Corp v Uzan [2003] EWCA Civ 752. Mountford v Scott [1975] Ch 258 (CA). Multiservice Bookbinding Ltd v Marden [1979] Ch 84 (Ch). National Carriers Ltd v Panalpina (Northern) Ltd [1981] AC 675 (HL). Newman (t/a Mantella Publishing) v Modern Bookbinders Ltd [2000] 2 All ER 814 (CA). North East Lincolnshire Borough Council v Millennium Park (Grimsby) Ltd [2002] EWCA Civ 1719. OB v Director of the Serious Fraud Office [2012] EWCA Crim 67. OBG Ltd v Allan [2007] UKHL 21. Ocean Tramp Tankers Corp v V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226 (CA). Page One Records Ltd v Britton [1968] 1 WLR 157 (Ch).

England

351

Paradine v Jane (1647) Aleyn 26. Park Lane Ventures Ltd v Locke [2006] EWHC 1578 (Ch). Patel v Ali [1984] Ch 283 (Ch). Patridge v Gupta [2017] EWHC 2110 (QB). Petra Investments Ltd v Jeffrey Rogers Plc [2000] L & T R 451 (Ch). Phonographic Performance Ltd v Amusement Caterers (Peckham) Ltd [1964] Ch 195 (Ch). Photo Production Ltd v Securicor [1980] AC 827 (HL). Pioneer Shipping Ltd v B. T. P. Tioxide Ltd (The Nema) [1982] AC 724 (HL). Port v Griffith [1938] 1 All ER 295 (Ch). Poussard v Spiers & Pond (1876) 1 QB 410 (QB). Price v Strange [1978] Ch 337 (CA). Rainbow Estates Ltd v Tokenhold [1999] Ch 64 (Ch). Raja v Van Hoogstraten [2004] EWCA Civ 968. Ralli Brothers v Compania Naviera Sota y Aznar [1920] 2 KB 287 (CA). Re Barrell Enterprises [1973] 1 WLR 19 (CA). Re Claim by Helbert Wagg & Co Ltd [1956] Ch 323 (Ch). Re Jokai Tea Holding Ltd [1992] 1 WLR 1196 (CA). Re Supply of Ready Mixed Concrete (No 2), Director General of Fair Trading v Pioneer Concrete (UK) Ltd [1995] 1 All ER 135 (HL). Re W (Child) [2001] EWCA Civ 1196. Re Wait [1927] 1 Ch 606 (CA). Redland Bricks Ltd v Morris [1970] AC 652 (HL). Rees v Marquis of Bute, Davies v Marquis of Bute [1916] 2 Ch 64 (Ch). Regazzoni v K C Sethia Ltd [1958] AC 301 (HL). Ruxley Electronics and Constructions Ltd v Forsyth [1996] AC 344 (HL). RVB Investments Ltd v Bibby [2013] EWHC 65 (Ch). Ryan v Mutual Tontine Westminster Chambers Association [1893] 1 Ch 116 (CA). Seaward v Paterson [1897] 1 Ch 545 (CA). Secretary of State for Environment, Food, and Rural Affairs v Meier [2009] UKSC 11. Sectorguard Plc v Dienne Plc [2009] EWHC 2693 (Ch). Shah v Greening [2016] EWHC 548 (Ch). Shiloh Spinners Ltd v Harding [1973] AC 691 (HL). Singh (Sudagar) v Nazeer [1979] Ch 474 (Ch). Sky Petroleum Ltd v VIP Petroleum Ltd [1974] 1 WLR 576 (Ch). Slade v Slade [2009] EWCA Civ 748. Societe des Industries Metallurgiques SA (sic!) v The Bronx Engineering Co Ltd [1975] 1 ­Lloyd’s Rep 465 (CA). Staffordshire Area Health Authority v South Staffordshire Waterworks Co [1978] 3 All ER 769 (CA). Stolzenberg v CIBC Mellon Trust Co Ltd [2004] EWCA Civ 827. Sudbrook Trading Estate Ltd v Eggleton [1983] 1 AC 444 (HL). Swindon Borough Council v Webb t/a Protective Coatings [2016] EWCA Civ 152. Tamplin v James (1880) 15 Ch D 215 (CA). Taylor v Caldwell (1863) 3 B&S 826. Templeton Insurance Ltd v Thomas [2013] EWCA Civ 35.

352

Rechtsprechungsverzeichnis

Tennants (Lancashire) Ltd v C. S. Wilson & Co Ltd [1917] AC 495 (HL). Texaco Ltd v Mulberry Filling Station Ltd [1972] 1 WLR 814 (Ch). Thames Valley Power Ltd v Total Gas & Power Ltd [2005] EWHC 2208 (Comm). The Nile Co for the Export of Agricultural Crops v H & J M Bennett (Commodities) Ltd [1986] 1 Lloyd’s Rep 555 (QB). Themehelp Ltd v West [1996] QB 84 (CA). Tiernan v National Farmers Union [2015] EWCA Civ 1419. Tito v Waddell (No 2) [1977] Ch 106 (Ch). Treseder-Griffin v Co-operative Insurance Society Ltd [1956] 2 QB 127 (CA). Tuohy v Bell [2002] EWCA Civ 423. United Scientific Holdings Ltd v Burnley Borough Council [1978] AC 904 (HL). Verral v Great Yarmouth Borough Council [1981] QB 202 (CA). Victoria Seats Agency v Paget (1902) 19 TLR 16 (KB). Vik v Deutsche Bank AG [2018] EWCA Civ 2011. Walford v Miles [1992] 2 AC 128 (HL). Walsh v Lonsdale (1882) 21 Ch 9 (CA). Walton Harvey Ltd v Walker and Homfrays Ltd [1931] 1 Ch 274 (CA). Warner Bros Pictures Inc v Nelson [1937] 1 KB 209 (KB). Warren v Mendy [1989] 3 All ER 103 (CA). Watkins v A J Wright (Electrical) Ltd [1996] 3 All ER 31 (Ch). Watson v Murray & Co [1955] 2 QB 1 (QB). Watts v Spence [1976] Ch 165 (Ch). Whiteley Ltd v Hilt [1918] 2 KB 808 (CA). Whitwood Chemical Co v Hardman [1891] 2 Ch 416 (CA). Willams v Williams and Nathan [1937] 2 All ER 559 (CA). Worthington v Ad-Lib Club Ltd [1964] 3 All ER 674 (Ch). Wroth v Tyler [1974] Ch 30 (Ch). X v Y [1988] 2 All ER 648 (QB). Yam Seng Pte Ltd v International Trade Corp Ltd [2013] EWHC 111 (QB). Z Ltd v A-Z AA-LL [1982] QB 558 (CA). Zinc Cobham Ltd v Adda Hotels [2018] EWHC 1025 (Ch). Zucker v Tyndall Holdings plc [1993] 1 All ER 124 (CA). Europäische Union EuGH, Urt. v. 23.03.1982 – C-102/81 (Nordsee/Reederei Mond). EuGH, Urt. v. 27.01.2005 – C-125/04 (Denuit/Transorient). EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 (Weber/Wittmer), C-87/09 (Putz/Medianess Electronics). EuGH, Urt. v. 18.10.2011 – C-406/09 (Realchemie Nederland/Bayer CropScience). EuGH, Urt. v. 18.10.2016 – C-135/15 (Griechenland/Nikiforidis). EuGH, Urt. v. 06.03.2018 – C-284/16 (Slowakei/Achmea). EuGH, Urt. v. 19.12.2019 – C-752/18 (Deutsche Umwelthilfe/Freistaat Bayern).

Niederlande

353

Europarat EGMR, Urt. v. 19.03.1997 – 18357/91 (Hornsby v Greece). Frankreich Cour de cassation Cass. civ. 06.03.1876, Dalloz Recueil périodique et critique, Jurisprudence générale 1876, 193 (Canal de Craponne). Cass. civ. 19.01.1926, Dalloz Receuil hebdomadiare de jurisprudence 1926, 115. Conseil d’État C. E. 30.03.1916, Recueil Lebon 1916, 143 (Gaz de Bordeaux). Kanada Chaulk v Fairview Construction Ltd (1977) 14 Nfld. & PEIR 13. Heron Bay Investments Ltd v Peel-Elder Developments Ltd (1976) 2 CPC 338. Semelhago v Paramadevan [1996] 2 SCR 415. Niederlande Hoge Raad HR 18.06.1886, Weekblad van het Recht 48 (1886), 5312 (Van Wageningen/Wichers). HR 23.12.1887, Weekblad van het Recht 50 (1888), 5509 (Hollandsche IJzeren Spoorwegmaatschappij/Staat der Nederlanden). HR 23.06.1899, Weekblad van het Recht 61 (1899), 7302 (Van der Kraan/Van der Spiegel). HR 02.11.1917, NJ 1917, 1136 (Brice Whyte/Henkel). HR 08.01.1926, NJ 1926, 203 (Sarongs). HR 12.03.1926, NJ 1926, 777 (Goudse bouwmeester). HR 19.03.1926, NJ 1926, 441 (Weefgetouw). HR 02.01.1931, NJ 1931, 274 (Mark = Mark). HR 18.12.1931, NJ 1932, 771 (Welters/Nederlandsche Lloyd). HR 10.06.1932, NJ 1933, 5 (Marktcafé). HR 26.05.1939, NJ 1939, 896 (Osram/Appeldoorn). HR 09.01.1942, NJ 1942, 305 (Venema/Van Dalen). HR 21.12.1956, NJ 1957, 126 (Meegdes/Meegdes). HR 14.02.1964, NJ 1965, 95 (Koorn en De Jong/Den Helder). HR 17.11.1967, NJ 1968, 42 (Pos/Van den Bosch). HR 09.05.1969, NJ 1969, 338 (Van der Pol/De Jong). HR 16.12.1977, NJ 1978, 156 (Ziekenfonds/X). HR 16.12.1977, NJ 1978, 561 (Hiep/ABN Amro). HR 12.01.1979, NJ 1980, 526 (Kharagjitsingh/Sewrajsing). HR 27.04.1979, NJ 1980, 169 (Tepea/Wilkes). HR 28.11.1980, NJ 1981, 440 (Westenberg/Van Hooren). HR 16.01.1981, NJ 1981, 312 (Katwijkse boedelscheiding). HR 22.05.1981, NJ 1982, 59 (Van der Gun/Farmex). HR 22.01.1982, NJ 1982, 489 (X/Y). HR 02.04.1982, NJ 1983, 367 (Smael/Moszkowicz). HR 14.01.1983, NJ 1983, 267 (Schuring/Sweelinck Conservatorium). HR 27.04.1984, NJ 1984, 679 (NVB/Helder). HR 18.10.1985, NJ 1986, 338 (Dohdoh/Orchidflower).

354

Rechtsprechungsverzeichnis

HR 01.11.1985, NJ 1986, 92 (Trenning/Krabben). HR 15.11.1985, NJ 1986, 228 (Dillema/FBTO II). HR 12.06.1987, NJ 1988, 150 (Kriek/Smit). HR 09.10.1987, NJ 1988, 137 (Trenning/Krabben). HR 23.06.1989, NJ 1991, 673 (GCN/Nieuwegein). HR 10.07.1989, NJ 1989, 786 (FNV/Campina). HR 10.11.1989, NJ 1990, 112 (X/Y). HR 21.06.1991, NJ 1991, 742 (Mattel/Borka). HR 18.06.1993, NJ 1994, 347 (R/M). HR 19.11.1993, NJ 1994, 156 (Campina/Van Jole). HR 27.06.1997, NJ 1997, 641 (Budde/Tao Moa Cruising). HR 27.06.1997, NJ 1997, 719 (Setz/Bruings). HR 19.09.1997, NJ 1998, 6 (Assoud/De Nationale Sporttotalisator). HR 28.11.1997, NJ 1998, 659 (Luycks/Kroonenberg). HR 20.02.1998, NJ 1998, 493 (Briljant Schreuders/Pensioenfonds ABP). HR 25.06.1999, NJ 1999, 602 (CSM/VvE). HR 03.12.1999, NJ 2000, 120 (Latour/De Bruijn). HR 30.06.2000, NJ 2000, 535 (D/Curaçao). HR 11.01.2002, NJ 2003, 255 (Schwarz/Gnjatovic). HR 10.01.2003, NJ 2003, 537 (Portielje/Y). HR 31.05.2003, NJ 2003, 343 (Telfort/Scaramea). HR 13.06.2003, NJ 2003, 521 (H/P). HR 16.01.2004, NJ 2004, 164 (Badawy/Atlanta). HR 24.12.2004, NJ 2007, 58 (Amstelimmo/Amsterdam). HR 20.01.2006, NJ 2006, 80 (Robinson/Molenaar Racing). HR 04.05.2007, NJ 2008, 140 (Hooijmans/Hooijmans). HR 04.05.2007, NJ 2009, 141 (Brongersma Stichting/Wagrowski). HR 21.01.2008, NJ 2008, 66 (Ontvanger/Brink). HR 01.02.2008, NJ 2008, 85 (Perry Sport/SBZ). HR 04.09.2009, NJ 2009, 398 (Van Eendenburg/De Alternatieve). HR 19.02.2010, NJ 2010, 295 (Z/Y). HR 28.10.2011, NJ 2012, 685 (Ronde Venen/Stedin). HR 06.04.2012, NJ 2012, 234 (C/Tennisvereniging De IJpelaar). HR 29.06.2012, NJ 2013, 508 (Kratos/Gulf Oil). HR 14.06.2013, NJ 2013, 341 (Auping/Beverslaap). HR 28.03.2014, NJ 2014, 237 (S/B). HR 15.04.2016, NJ 2016, 236 (Noord-Holland/Amsterdam). HR 22.09.2017, NJ 2019, 126 (X/Y). HR 13.10.2017, RvdW 2017/1099 (Bronckhrost/X). HR 02.02.2018, NJ 2018, 98 (Goglio/SMQ Group). HR 04.10.2019, NJ 2019, 391 (Sargosso/Control Seal). Gerichtshöfe (gerechtshoven) Hof Den Bosch 06.01.1988, NJ 1988, 800 (X/Y). Hof Amsterdam 20.02.1992, NJ 1993, 37 (Braam/Velsen). Hof Den Bosch 10.03.1992, NJ 1992, 780 (Castelijns/Bergeijk). Hof Den Haag 29.09.1993, NJ 1994, 615 (Los Gauchos/Weijl). Hof Arnhem 24.08.2010, RCR 2010, 82.

Schottland

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Hof Amsterdam 28.09.2010, JAR 2009, 261 (De Jong/ABN Amro). Hof Amsterdam 09.11.2010, Prg. 2011, 5. Hof Den Bosch 29.11.2011, ECLI:NL:GHSHE:2011:BU6524. Hof Den Bosch 03.11.2015, ECLI:NL:GHSHE:2015:4439. Hof Arnhem-Leeuwarden 15.11.2016, ECLI:NL:GHARL:2016:9299 (JPB Logistics/Reef In­ fra). Hof Arnhem-Leeuwarden 11.07.2017, ECLI:NL:GHARL:2017:5925 (X/Gelderland). Gerichte (rechtbanken) Rb. Rotterdam 23.12.1994, Prg. 1995, 4419 (ABP/Berkers). Rb. Amsterdam 18.10.1995, JOR 1996, 12 (Madras/Schouten Techniek). Rb. Breda 28.12.1999, WR 2000, 36 (Ashendene/Blom). Rb. Breda 30.07.2004, NJF 2004, 511 (P/T). Rb. Zutphen 25.03.2009, ECLI:NL:RBZUT:2009:BI0365. Rb. Rotterdam 16.06.2010, ECLI:NL:RBROT:BN4076 (Holland Labour Group/X). Rb. Haarlem 17.06.2010, RVR 2010, 102 (Beverwijkse Bazaar/X). Rb. Utrecht 13.10.2010, NJF 2010, 460 (Eemnes/X). Rb. Rotterdam 12.01.2011, NJF 2011/165 (A/B). Rb. Rotterdam 05.10.2011, ECLI:NL:RBROT:2011:BT7320 (Panagro Vastgoedontwikkeling/ Ontwikkelingscombinatie Brugemeesterswijck). Rb. Amsterdam 05.12.2012, Prg. 2013, 51 (Flatvereniging/X). Rb. Amsterdam 24.04.2013, ECLI:NL:RBAMS:2013:CA2158 (Amsterdam/Multivastgoed). Kantongerichte (kantongerechten) Ktr. Zaandam 18.03.1993, Prg. 1993, 3891 (X/Irma la Douce). Ktr. Groningen 15.09.2010, Prg. 2010, 224 (Qwint/R). Schottland Highland and Universal Properties Ltd v Safeway Properties Ltd 2000 SLT 414.

Sachverzeichnis Abhilfe; siehe remedy actio  31, 33 f., 38, 47, 100, 306; siehe auch Klagebefugnis, remedy AGB  181 Anspruch; siehe auch Forderung, right, Windscheid − Justiz(gewährungs-)~  38 − materiellrechtlicher  33–35 − Primär~  41, 44, 51, 69, 96, 99, 102 f., 306 − prozessrechtlicher  38; siehe auch Streitgegenstand − Sekundär~  42, 44, 51 f., 68, 73, 101, 103, 306 Betriebspflicht  84, 99, 135 f., 248, 306 breach of contract 69, 72–76, 92, 97, 103, 117, 205; siehe auch Vertragsbruch − inducement of  72 − self-induced  117 Brexit  209 Burgerlijk Wetboek  3 f. CISG; siehe UN-Kaufrecht Civil Law  1 f., 4 f., 29, 96, 306 clausula rebus sic stantibus  166–169, 188, 215 f. Code civil (frz.)  3, 22, 44 f., 188 Common Law  1 f., 4, 59, 79, 150, 226, 304 common law  61, 63–66, 69, 76, 96, 98 constant supervision  82–84, 102, 306 Consumer Rights Act 2015  94 contempt of court  58, 95 f., 272–280, 290, 301, 311 Co-operative Insurance Society Ltd v Argyll Stores (Holdings) Ltd  2, 25, 77, 84 f., 99, 135, 248, 306 f. coronation cases  204–206, 220 f., 223, 235, 237; siehe auch frustration Court of Chancery; siehe equity

debtors’ prison 96 Deckungsgeschäft  25, 27 f., 30, 77–79, 146, 241, 305 Deliktsrecht  56, 72, 90, 94, 137, 273, 289 f.; siehe auch Torts (Interference with Goods) Act 1973 discretion; siehe Ermessen Doppelverkauf  137–141 equity  61–67, 75 f., 93, 140 Ermessen  58, 64–67, 93, 95, 100 f., 136, 207, 212, 221, 254, 268, 279, 306 Ersatzvornahme  3, 115 f., 131, 247, 258, 284, 296, 302, 310 Fälligkeit  21, 28, 75 f.; siehe auch Klage (vor Fälligkeit) Fixgeschäft  28, 111, 129 Fixhandelskauf  42 f. force majeure  180, 203 Forderung  36 f.; siehe auch Anspruch − Rechts~  46–48, 100, 306 − ~srecht  45–49, 100, 105 forms of action  31, 54–56, 59 frustration  12, 117, 124, 131, 152, 200–212; siehe auch coronation cases − of adventure  201 − of purpose  201 f. Gattungsschuld; siehe Schuld Gefahrübergang  182 Geldentwertung  178, 182, 192, 196, 229 f., 231 f., 297 Geldleistung; siehe Leistung Geschäftsgrundlage; siehe Störung der Geschäftsgrundlage Gewinnerzielungsinteresse; siehe Interesse Grundstückskauf; siehe Kauf

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Sachverzeichnis

Handelskauf; siehe Kauf hardship  12, 143, 307 − economic  152–155, 162; siehe auch Unverhältnismäßigkeit − ~klausel  203, 213 − personal  161–164; siehe auch Unzumutbarkeit Hausbesetzung  243, 261, 282, 293 f., 302; siehe auch Zwangsräumung Holmes  70–72 illegallity; siehe Unmöglichkeit (rechtliche) implied condition  118, 206, 215 f. impossibility; siehe Unmöglichkeit impossibilium nulla est obligatio  107; siehe auch Unmöglichkeit impracticability; siehe Unverhältnismäßigkeit imprévision  187–200, 216, 220, 224, 236, 308 inadequacy of damages  68, 77, 81, 98, 117 Inflation; siehe Geldentwertung injunction; siehe auch specific performance (indirect) − mandatory  87 f., 91 − prohibitory  87–91 Interesse  − Gewinnerzielungs~  16–18 − Vergütungs~  16 f., 19 − Reputations~  18, 30 − Verwendungs~  14–16, 20, 27 f., 30, 177 − Leistungserbringungs~  18–20, 30 Judicature Acts  55, 61–63, 67 Justiz(gewährungs-)anspruch; siehe Anspruch Kauf − Grundstücks~  79 f., 140, 242, 256, 258 f., 277, 281 f., 292 − Handels~  2, 27, 42, 122, 305 − Sale of Goods Act 1979  92–94, 118 − Verbraucher~  92, 94, 148 Klage − ~befugnis  32 f., 35–38, 45 f., 48, 75, 100; siehe auch actio − ~erhebung 33 − vor Fälligkeit  104–106

Krönungsumzug; siehe coronation cases Leistung − Geld~  13 f., 23, 61, 76, 96, 182, 232, 233 − (höchst-)persönliche  25 f., 50, 85 f., 90, 102, 158, 161 f., 249, 256, 303 − ~serbringungsinteresse; siehe Interesse − Substanz~  14–17, 72, 181 f. − ~sverweigerungsrecht  124, 132, 143, 149, 159 f., 307 Leistungsart  22–27 − Geben  22 f., 240–243, 260 f., 280 f., 283, 292 f., 302 − Tun  22–25, 246–248, 258, 295, 302 f. − Unterlassen  22 f., 25–27, 88 f., 91, 251 f., 258, 283 f., 295, 303 f. Maitland  55 f., 66 Metamorphosentheorie  32 f., 36, 57, 103; siehe auch Savigny Miete  95, 137 − gewerbliche  84, 95, 118, 135, 209, 235–238 − Wohnraum~  192, 196, 204 f. Motivirrtum  171–173, 203, 219 Nacherfüllung  17, 26, 94, 148, 151, 154 f., 157, 308 Nachverhandlungspflicht  185, 188, 200, 225–228, 309 Natural − ~erfüllung  1, 11, 14, 29, 41 f., 51, 74–76, 102–104, 305–311 − ~kondemnation  11, 49 f., 96, 101 f., 303 − ~obligation  37, 49, 311 − ~vollstreckung  11, 50, 102, 239–304 nemo praecise cogi potest ad factum  22, 24 Nichterfüllung  44, 52, 103; siehe auch Pflichtverletzung, Vertragsbruch Ocean Island  152 f., 156, 308; siehe auch Unverhältnismäßigkeit Oertmann  169, 176; siehe auch Störung der Geschäftsgrundlage Ordnungsmittel  253–255; siehe auch Zwangsmittel

Sachverzeichnis pacta sunt servanda  1; siehe auch Vertragstreue Pandektistik  32, 67 Patel v Ali  162 f., 165 Pflichtverletzung  43 f., 52, 57, 74–76, 101, 103, 106, 306; siehe auch Nichterfüllung, Vertragsbruch praesumptio similitudinis  7; siehe auch Rechtsvergleichung Primäranspruch; siehe Anspruch Rabel  1 f., 6 f., 71 Recht − ~sökonomik  8 f., 71, 156 − ~sphilosophie  8 − ~svergleichung  5–8 Rechtsbehelf; siehe remedy Rechtsforderung; siehe Forderung Reichsgericht  37, 126, 168 f., 217 remedy  56–68; siehe auch actio − discretionary  64, 66, 68 − equitable  60–67; siehe auch equity − judicial  57–60, 97; siehe auch common law − legal  60–64 − monetary  60, 66, 97 − self-help  56, 59 f. − specific  60 f., 97; siehe auch specific performance − substitutional  60 f., 97 Reputationsinteresse; siehe Interesse right; siehe auch Anspruch − primary  69–73, 76, 101, 306 − secondary  69, 73 f., 101, 103, 306 Sale of Goods Act 1979; siehe Kauf Savigny  32 f., 57; siehe auch Metamorphosentheorie Schuld − Gattungs~  78, 111, 115, 129, 146, 241, 260, 292 − Stück~  110, 115, 118, 129, 131, 146, 241, 292 Schuldrechtsreform − Deutschland  39, 41, 43, 103, 108, 120, 130, 143, 170, 185 f., 222, 224 − Frankreich  22, 45, 188 Sekundäranspruch; siehe Anspruch

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specific performance  76–100 − indirect  87, 89–92; siehe auch injunction − Kaufrecht  92–95; siehe auch Kauf, Sale of Goods Act 1979 Störung der Geschäftsgrundlage  167–187; siehe auch Nachverhandlungspflicht − Fallgruppen  229–237 − Geschäftsgrundlage  169, 176 f.; siehe auch Oertmann − Risikoverteilung  180–182 − Schuldrechtsreform  170 f., 185, 222 Streitgegenstand  38; siehe auch Anspruch (prozessrechtlicher) Stückschuld; siehe Schuld Substanzleistung; siehe Leistung tort; siehe Deliktsrecht Torts (Interference with Goods) Act 1973  60, 94 f., 164 ubi remedium, ibi ius  31, 54; siehe auch remedy UN-Kaufrecht  6, 22, 52, 103 Unmöglichkeit; siehe auch impossibilium nulla est obligatio − absolute  107, 113 f., 129, 138 − anfängliche  43, 107 f., 129 − dauerhafte  107, 120–122 − der Vollstreckung  135–137 − nachträgliche  108–119, 129 − normative; siehe Unverhältnismäßigkeit, Unzumutbarkeit − objektive  110, 113, 130 f. − praktische  150–152, 155; siehe auch Unverhältnismäßigkeit − rechtliche  107, 124–129, 134 − relative  113 f., 126, 150; siehe auch Unverhältnismäßigkeit − subjektive  110, 113, 130 f. − tatsächliche  107–119, 129 − vorübergehende  119–124, 133 f. − wirtschaftliche  144, 173 Unverhältnismäßigkeit  143–157; siehe auch hardship (economic) − Erfüllung  155 f. − Nacherfüllung  157 Unzumutbarkeit  157–165; siehe auch hardship (personal)

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Sachverzeichnis

Verbraucherkauf; siehe Kauf Vergütungsinteresse; siehe Interesse Verjährung  35, 48 f., 102 Vertrag − ~sbruch  18, 20, 52 f., 72, 75 f., 101, 124, 132, 154, 306; siehe auch breach of contract, Nichterfüllung, Pflichtverletzung − ~sdurchführungsinteresse; siehe Interesse − ~sfreiheit  166, 211, 221, 229 − ~sschluss  13 f. − ~streue  164, 166, 179, 194, 212, 222, 233, 308; siehe auch pacta sunt servanda Verwendungsinteresse; siehe Interesse Vollstreckung  239–304; siehe auch Zwangsvollstreckung − mittelbare 26, 295–301, 303 f. − ~sorgan  287–290 − unmittelbare  23, 271, 292–294, 302

Windscheid  32–36, 38, 100 f., 167 f.; siehe auch Anspruch Wohnraummiete; siehe Miete writ  31, 54 f., 271, 281, 283 wrong  57 f., 69, 73 Zwang − ~sgeld  248–251, 261, 264–270, 277 f., 295–300 − ~shaft  248, 251, 254 f., 262–264, 275–277, 283 f., 295, 301 f. − ~smittel  249–251, 262–270, 272–280, 291–302; siehe auch Ordnungsmittel − ~sräumung  242–246, 260–262, 280–282, 293 f.; siehe auch Hausbesetzung − ~sstellvertretung  259, 277, 284 f., 293 − ~svollstreckung  11, 21–23, 102, 136, 239–304