Die Zurückgewinnungshilfe: Der Zugriff des Verletzten auf gemäß §§ 111b ff. StPO sichergestellte Vermögenswerte des Straftäters [1 ed.] 9783428510535, 9783428110537

Wirtschaft und Privatleute werden regelmäßig Opfer von Vermögensdelikten wie Betrug oder Untreue. In solchen Fällen könn

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Die Zurückgewinnungshilfe: Der Zugriff des Verletzten auf gemäß §§ 111b ff. StPO sichergestellte Vermögenswerte des Straftäters [1 ed.]
 9783428510535, 9783428110537

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V O L K E R HEES

Die Zurückgewinnungshilfe

Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechts wissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dörner Dr. Dirk Ehlers Dr. Ursula Nelles

Band 148

Die Zurückgewinnungshilfe Der Zugriff des Verletzten auf gemäß §§ 111b ff. StPO sichergestellte Vermögenswerte des Straftäters

Von Volker Hees

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: WB-Druck GmbH & Co., Rieden im Allgäu Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-11053-6 Gedruckt auf alteiungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Θ

Vorwort Die Arbeit wurde durch meine Tätigkeit als Rechtsanwalt angeregt, der häufig mit Fällen von Wirtschafts- und Mitarbeiterkriminalität befasst und bei denen wichtiger Bestandteil die Wiedergutmachung der den Opfern entstandenen Schäden ist. Dabei habe ich festgestellt, dass die Zurückgewinnungshilfe, mit deren Hilfe der Geschädigte auf die Vermögenswerte des Täters zugreifen können soll, bislang kaum Gegenstand von Entscheidungen und wissenschaftlichen Erörterungen war. Diese Arbeit soll einen Beitrag leisten, die Zurückgewinnungshilfe nicht nur ins Blickfeld der Ermittler, sondern auch der übrigen Jurisprudenz zu rücken, und zur Diskussion über die Anwendung und Auswirkungen der Zurückgewinnungshilfe anregen. Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2002 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelm-Universität zu Münster als Dissertation angenommen. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis Mitte September 2001 berücksichtigt werden. Ganz herzlich danke ich Frau Prof. Dr. Ursula Nelles, die die Arbeit betreut und zusammen mit den Mitherausgebern in die vorliegende Reihe aufgenommen hat. Mein herzlicher Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Jürgen Welp, der das Zweitgutachten übernommen hat. Ebenso möchte ich mich bei all jenen bedanken, die die Anfertigung der Arbeit - in welcher Form auch immer - angeregt und unterstützt haben. Kaarst, im Oktober 2002

Volker Hees

Inhaltsverzeichnis

I.

Α. Einleitung

17

Β. Die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO

21

Überblick

21

II. Einführung und Entwicklung der §§ 111b ff. III. Funktion und Regelungsinhalt der §§ 111b

21 ff.

1. Die Beschlagnahme von Gegenständen, die dem Verfall unterliegen....

24 26

a) Voraussetzungen der Beschlagnahme

26

b) Die Anordnung der Beschlagnahme

28

c) Die Bewirkung der Beschlagnahme

28

d) Die Wirkung der vollzogenen Beschlagnahme

29

e) Beispiel für die Beschlagnahme nach § 11 lc 2. Die Sicherstellung durch dinglichen Arrest wegen Verfall von Wertersatz oder wegen anderer Ansprüche

30 31

a) Voraussetzungen der Sicherstellung durch dinglichen Arrest

31

b) Die Anordnung des dinglichen Arrestes

33

c) Die Vollziehung des dinglichen Arrestes

33

d) Die Wirkung des vollzogenen dinglichen Arrestes

33

e) Beispiel zum dinglichen Arrest nach §§ 111b Abs. 2, 11 ld 3. Die Zurückgewinnungshilfe für den Verletzten

34 35

a) Die Sicherstellung unmittelbar zu Gunsten des Verletzten

35

b) Die Zurückgewinnungshilfe bei Beschlagnahmen nach § 111c

38

c) Die Zurückgewinnungshilfe bei Sicherstellungen durch dinglichen Arrest wegen Verfall von Wertersatz nach §§ 111b Abs. 2, 11 ld .. . 39 d) Die Zurückgewinnungshilfe bei Sicherstellungen durch dinglichen Arrest aus anderen Gründen 40 e) Beispiel zur Zurückgewinnungshilfe für den Verletzten 4. Ergebnis IV. Die grundlegende Problematik und Abgrenzung der Thematik

40 41 42

1. Die problematische Grundkonstellation

42

2. Abgrenzung der Thematik

43

8

Inhaltsverzeichnis C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

I.

Auswirkungen des Zulassungserfordernisses in § 111g Abs. 2 auf die Wirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen 1. Der Anwendungsbereich des § 111g Abs. 2 a) Vollstreckung in Gegenstände, die nach § 11 lc beschlagnahmt sind. b) Vollstreckung in Gegenstände, deren Verfall bereits angeordnet ist. . c) Einschränkungen des Anwendungsbereichs von § 11 lg Abs. 2 aa) Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht (1) Beginn der Beschlagnahme und ihrer Wirkung (2) Ende der Beschlagnahme und ihrer Wirkung (a) Ergehen rechtskräftiger Entscheidungen (aa) Rechtskräftige Entscheidung mit Verfallsanordnung (bb) Rechtskräftige Entscheidung ohne Verfallsanordnung (b) Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung nach nicht rechtskräftiger Entscheidung ohne Verfallsanordnung. . (c) Aufhebung der Beschlagnahme während des Strafverfahrens (d) Ende der Beschlagnahme aufgrund gutgläubigen Erwerbs (e) Ende der Beschlagnahme gemäß § 11 lc Abs. 6 (f) Zwischenergebnis bb) Einschränkungen nach dem Sicherungszweck der Beschlagnahme? (1) Beschlagnahme von Gegenständen wegen Erweitertem Verfall (a) Verhältnis des § 11 lg zu § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB.... (b) Systematischer Bruch mit dem geltenden Verfallssystem (c) Verwirklichung des Opferschutzgedankens (aa) Vorrang des Verfalls vor dem Erweiterten Verfall. (bb) Entsprechende Anwendung der Härtefallregelung aus § 73c StGB (cc) Entsprechende Anwendung des § U l i (α) Planwidrige Regelungslücke (ß) Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte (γ) Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung. . (d) Zwischenergebnis (2) Beschlagnahme von Gegenständen wegen Einziehung (3) Der Vermögensstrafe unterfallende Gegenstände d) Ergebnis

46

46 47 47 49 50 50 50 51 51 51 52 53 54 55 58 59 59 59 60 65 68 68 70 72 73 74 75 75 76 76 80

Inhaltsverzeichnis 2. Wirksamkeit von nach § 111g Abs. 2 Satz 1 zulassungsbedürftigen Vollstreckungsmaßnahmen ohne vorherige Zulassung? a) Rechtsauffassungen in Rechtsprechung und Literatur im Überblick . aa) Urteil des BGH vom 6. April 2000 bb) Weitere gerichtliche Entscheidungen cc) Aufzählung der vertretenen Literaturmeinungen b) Auslegung der Gesetzesnorm des § 111 g Abs. 2 Satz 1 aa) Wortlaut des § 111g Abs. 2 Satz 1 bb) Entstehungsgeschichte des § 111g Abs. 2 Satz 1 cc) Systematik dd) Telos ee) Zwischenergebnis ff) Praktische Erwägungen 3. Ergebnis II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses aus § 111g Abs. 2 1. Grundsätzliche Geltung des Prioritätsprinzips a) Das Prioritätsprinzip bei der Zwangsvollstreckung b) Das Prioritätsprinzip bei der Arrestvollziehung c) Zwischenergebnis 2. Änderung des Prioritätsprinzips durch den Zulassungsbeschluss? a) Die Rangfolge zwischen Verletztem und Justizfiskus (Staat) b) Die Rangfolge zwischen dem zugelassenen Verletzten und einem anderen Gläubiger aa) Vollstreckung des Gläubigers nach der Beschlagnahme bb) Vollstreckung des Gläubigers vor der Beschlagnahme cc) Zulassung oder Vollstreckung des Verletzten nach Beendigung der Beschlagnahme (1) Rechtzeitige Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung . (2) Rechtzeitiges Vorliegen des Zulassungsbeschlusses dd) Zwischenergebnis c) Die Rangfolge mehrerer Verletzter untereinander aa) Die Rangfolge zwischen zugelassenem und nicht zugelassenem Verletzten bb) Die Rangfolge zwischen zugelassenen Verletzten (1) Überblick über die vertretenen Rechtsauffassungen (2) Auslegung des § 111g Abs. 3 Satz 1 (a) Wortlaut des § 111g Abs. 3 Satz 1 (b) Entstehungsgeschichte (c) Systematik (d) Telos (e) Konsequenzen aus dem gefundenen Auslegungsergebnis 3. Ergebnis

81 82 82 83 85 87 87 88 91 94 98 98 99 101 101 102 104 106 106 106 109 109 111 111 112 112 114 114 115 117 118 121 121 122 124 125 126 128

10

Inhaltsverzeichnis

III. Beschränkung der Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 auf einen bestimmten Gläubigerkreis 128 1. Straftat i.S.d. § 11 lg Abs. 2 Satz 3 129 a) Bestimmte Tat als Anlass der Beschlagnahme 129 b) Umfang der Tat 134 c) Zwischenergebnis 138 2. Verletzter i.S.d. § 11 lg Abs. 2 Satz 3 138 a) Grundlegende Bestimmung des Verletztenbegriffs 139 aa) Der Verletztenbegriff in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB 139 bb) Übernahme des Verletztenbegriffs aus § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB 140 cc) Zwischenergebnis 143 b) Ausgesuchte Einzelfälle 144 aa) Staat und Steuerfiskus als Verletzte 144 bb) Rechtsnachfolger des Verletzten als Verletzter i.S.d. § 11 lg .. . 146 (1) Überblick über den Meinungsstand 149 (2) Auslegung des § 111g Abs. 2 bezüglich Rechtsnachfolger . 150 (a) Wortlaut 150 (b) Systematik 150 (c) Entstehungsgeschichte 151 (d) Telos 152 (aa) Ziel des § 111g: Vorrangige Befriedigung des Verletzten 152 (bb) Ziel des § 111g: Konsequente Gewinnabschöpfung beim Täter? 153 (3) Zwischenergebnis 158 3. Aus der Tat erwachsener Anspruch i.S.d. § 11 lg Abs. 2 Satz 3 158 a) Generelle Bestimmung und Eingrenzung der erfassten Ansprüche . . 158 aa) Entstehung aufgrund des der Tat zu Grunde liegenden Geschehens 159 bb) Art der in Betracht kommenden Ansprüche 161 cc) In Betracht kommende Anspruchsgrundlagen 162 dd) Zwischenergebnis 163 b) Ausgesuchte Einzelfälle 163 aa) Ansprüche des Verletzten auf Schmerzensgeld aus § 847 BGB . 163 bb) Ansprüche auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten 165 (1) Prozessualer Kostenerstattungsanspruch 166 (2) Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch 168 (3) Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung 169 cc) Ansprüche des Verletzten, die Gegenstand der Straftat sind . . . . 170 (1) ,Aus der Tat erwachsen"? 170 (2) Zugriff des Verletzten auf beschlagnahmte Verfallsgegenstände? 176 (3) Zwischenergebnis 178

Inhaltsverzeichnis 4. Rechtsschutzbedürfnis des Verletzten für die Zulassung 5. Ergebnis

I.

178 180

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

181

Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke 1. Anwendungsbereich des § 11 lh a) Zulassung der Rangänderung bei mehreren eingetragenen Sicherungshypotheken b) Beschränkung des § 111h auf arrestierte Grundstücke? c) Beschränkung des § 111h auf Arreste wegen Verfall von Wertersatz? aa) Arrest wegen Erweitertem Verfall von Wertersatz bb) Arrest wegen Einziehung von Wertersatz, einer Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens . . . cc) Arrest wegen Verhängung einer Vermögensstrafe dd) Zwischenergebnis d) Zeitliche Beschränkungen der Möglichkeit der Rangänderung aa) Beginn der Arrestierung eines Grundstücks bb) Ende der Arrestierung eines Grundstückes (1) Entscheidung ohne Anordnung des Verfalls von Wertersatz, der Einziehung von Wertersatz oder der Vermögensstrafe (a) Rechtskräftige Entscheidung (b) Nicht rechtskräftige Entscheidung (c) Ausnahme: Verlängerung der Arrestierung nach § 11 Ii? (aa) Widersprüchlicher Gesetzeswortlaut des § U l i . . (bb) Planwidrige Regelunglücke in § l l l i (cc) Analoge Anwendung des § l l l i (2) Rechtskräftige Entscheidung mit Anordnung des Verfalls von Wertersatz oder der Einziehung von Wertersatz (3) Aufhebung der Arrestanordnung während des Strafverfahrens (4) Rechtskräftige Verhängung der Geldstrafe oder Vermögensstrafe (5) Kostenansatz nach rechtskräftiger Kostenentscheidung des Urteils (6) Aufhebung der Arrestvollziehung aus sonstigen Gründen . . e) Ergebnis 2. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses in § 111h Abs. 2 a) Grundsätzliche Geltung des Prioritätsprinzips b) Änderung des Prioritätsprinzips durch den Zulassungsbeschluss? .. . aa) Die Rangfolge zwischen Verletztem und Justizfiskus (Staat) .. .

181 181 182 183 184 184 185 189 190 190 190 191

191 191 193 193 194 195 198 200 202 203 203 204 205 206 207 207 207

12

Inhaltsverzeichnis

bb) Die Rangfolge zwischen zugelassenem Verletzten und Gläubiger 209 (1) Vollstreckung des Gläubigers nach der Sicherstellung durch Arrest 209 (2) Eintragung der Rangänderung nach Beendigung der Arrestierung 212 cc) Die Rangfolge mehrerer Verletzter untereinander 213 (1) Die Rangfolge bei zugelassenem und nicht zugelassenem Verletzten 213 (2) Die Rangfolge zwischen zugelassenen Verletzten 216 (a) Gleichzeitige Vorrangeinräumung durch § 111 h Abs. 1 Satz 1? 217 (b) Notwendigkeit und Maßgeblichkeit der Rangänderungseintragung 218 (c) Widerspruch zum Regelungsplan in den §§ 11 lb ff.?. . 222 (aa) Wortlaut des § 111h Abs. 1 222 (bb) Systematik 222 (cc) Entstehungsgeschichte und Telos des § 111h Abs. 1 223 (α) Gründe für Abweichung vom Regelungsplan? 226 (ß) Fehlender Regelungsbedarf? 226 (αα) Einigung des Justizfiskus mit dem Verletzten i.S.d. § 880 BGB? 227 (ßß) Inhalt der Vorrangeinräumung i.S.d. § 111h Abs. 1 228 (γγ) Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB 229 (d) Empfehlung für gesetzliche Neuregelung des § 111h . . 232 c) Ergebnis 232 3. Beschränkung der Zulassung gemäß § 111h Abs. 2 auf einen bestimmten Gläubigerkreis 234 a) Aus der Straftat erwachsener Anspruch i.S.d. § 111h Abs. 2 Satz 2 234 b) Rechtsschutzbedürfnis des Verletzten 235 II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte 235 1. Vorrangige Befriedigung des Verletzten aus eingetragenen Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen 239 a) Analoge Anwendung des § 111h 239 aa) Planwidrige Gesetzeslücke 239 bb) Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte 240 (1) Vollstreckung in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke 240 (a) Belastung mit einem rangfähigen Sicherungsrecht 241 (b) Kein Ausschluss der Rangänderung 243

Inhaltsverzeichnis (2) Vollstreckung in eingetragene Luftfahrzeuge (3) Vollstreckung in ein nicht im Schiffsbauregister eingetragenes Schiffsbauwerk (4) Zwischenergebnis cc) Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung (1) Fehlende gesetzliche Möglichkeiten zur Bevorrechtigung des Verletzten (2) Unklare Möglichkeiten zur Bevorrechtigung des Verletzten (3) Abhilfe und Bevorrechtigung des Verletzten durch eine Zulassung analog § 111h dd) Zwischenergebnis b) Besonderheiten bei analoger Anwendung des § 111h c) Ergebnis 2. Vorrangige Befriedigung des Verletzten aus sonstigem beweglichem Vermögen, Forderungen und Vermögensrechten a) Analoge Anwendung des § 111h b) Die Rangfolge zwischen Justizfiskus und Verletzten aa) Aufhebung von Arrestanordnung und Arrestpfändung? bb) Alternative Möglichkeiten der Bevorrechtigung des Verletzten . (1) Aufhebung des Arrestes erst zum Ende des Ermittlungsverfahrens (2) Aufhebung des Pfändungspfandrechts und Neupfändung.. . (3) Schuldrechtliche Rangrücktrittsvereinbarung cc) Feststellung der Privilegierung des Verletzten i.S.d. § 111h... . (1) Zulassungsverfahren analog § 111h Abs. 2 (2) Zulassungsbeschluss analog § 11 lh Abs. 2 dd) Vorschlag für gesetzliche Neuregelung ee) Zwischenergebnis c) Die Rangfolge zwischen Justizfiskus, Gläubiger und Verletzten aa) Vorrangeinräumung zur Abänderung des Prioritätsprinzips? . . . . (1) Aufhebung von Arrestanordnung und-pfändung (2) Rangrücktrittsvereinbarung (3) Analoge Anwendung des § 111g Abs. 3 Satz 1 bb) Umsetzung des Rechtsgedankens aus § 11 lh (1) Generelle Aufhebung von Arrestanordnung und-pfändung. (a) Arrest wegen Verfall von Wertersatz oder Zurückgewinnungshilfe (b) Arrest aus anderen Gründen (2) Feststellung im Zulassungsverfahren analog § 111h Abs. 2 cc) Zwischenergebnis d) Vorschlag für gesetzliche Neuregelung des § 111h 3. Ergebnis

244 247 247 248 249 250 251 253 253 254 254 255 256 258 259 260 261 261 262 262 264 265 266 266 267 267 268 269 270 271 271 272 274 274 276 278

14

Inhaltsverzeichnis E. Zusammenfassung der Ergebnisse

279

Literaturverzeichnis

285

Amtliche Veröffentlichungen und Materialien

296

Stichwortverzeichnis

298

Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

ders.

derselbe

dies.

dieselben

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

GwG

Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) vom 25.10.1993 (BGBl I, S. 1770)

hrsg.

herausgegeben

i.S.d.

im Sinne des

i.S.v.

im Sinne von

Ii. Sp.

linke Spalte

NStZ-RR

NStZ-Rechtsprechungs-Report Strafrecht

OLGE

Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts

re. Sp. SchiffsRG

rechte Spalte Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken v. 15.11.1940 (RGBl I, S. 1499)

s.o.

siehe oben

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Im Übrigen wird hinsichtlich der verwendeten Abkürzungen verwiesen auf: Kirchner,

Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin, New York 1993

Α. Einleitung Wirtschaftsunternehmen, Geldinstitute und Privatpersonen werden regelmäßig Opfer von Vermögensdelikten wie Betrug, Untreue, Raub oder Diebstahl. Diese führen vor allem in der Wirtschaftskriminalität bei Kapitalanlage- und Kreditbetrug und in der Organisierten Kriminalität bei Bandendiebstahl und -betrug zu mitunter erheblichen Schadenssummen und werfen zugleich auf Täterseite hohe Gewinne ab. In diesen Fällen können die eingeschalteten Ermittlungsbehörden gemäß §§ 111b ff. 1 aufgefundene Vermögenswerte der Straftäter und ihrer Teilnehmer mit dem Ziel sicherstellen, sowohl die aus der Straftat gezogenen Gewinne mittels Verfall oder Einziehung wieder abzuschöpfen als auch die Vermögenswerte zu Gunsten der durch die Tat geschädigten Opfer, den Verletzten, zu sichern. Die Verletzten müssen anschließend zur Schadenswiedergutmachung die Vollstreckung der ihnen aus der Tat erwachsenen Ansprüche in die gesicherten Werte betreiben. Bei ihrem Wiedergutmachungsbestreben sind die Opfer in der Regel auf eine solche Vorleistung der Ermittlungsbehörden angewiesen. Wirtschaftsstraftäter und Organisierte Kriminalität verstehen es, ihre Gewinne und ihr sonstiges Vermögen derart zu verstecken oder in andere Werte zu investieren, dass den Verletzten die Vollstreckung ihrer Ansprüche erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird. Auch sonst stoßen die Verletzten bei der Zwangsvollstreckung auf erhebliche Schwierigkeiten. Die erlangten Gewinne sind oftmals bereits kurz nach der Tat oder mit Beginn der Ermittlungen verschwunden und verwertbare Vermögenswerte liegen in der Regel nicht offen zu Tage. 2 Den Ermittlungsbehörden dagegen ist aufgrund der staatlichen Eingriffsbefugnisse wie Einholen von Auskünften bei Banken und Behörden, Durchsuchungen, Beschlagnahme von Unterlagen oder Vernehmungen von Personen eine weitaus effektivere Aufspürung der illegalen Gewinne und Vermögenswerte der Täter mit dem Ziel ihrer Sicherstellung möglich. Tatsächlich gehen die Staatsanwaltschaften und Polizeikräfte in den letzten Jahren mit Hilfe von Finanzermittlern verstärkt dazu über, die aus den 1

§§ ohne Gesetzesangabe sind solche der StPO. Vgl. Podolsky, S. 99; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; Kilchling wistra 2000, 241 (249); Hoffmann MDR 1984, 617 (617); LKA Baden-Württemberg, S. 28; Schürholz Die Polizei 1999, 257 (259). 2

2 Hees

18

Α. Einleitung

Straftaten gezogenen Erlöse konsequent abzuschöpfen und dabei die Vermögenswerte der Täter auch zu Gunsten der Verletzten sicherzustellen. Zudem haben mittlerweile alle Bundesländer unter Vorreiterrolle von BadenWürttemberg seit 1997 zusätzlich eigene Finanzermittlungsgruppen eingerichtet, die sich meist aus Staatsanwälten, Rechtspflegern, Finanzermittlern, Zoll- und Steuerfahndern und weiteren Polizeikräften zusammensetzen.3 Diese Finanzermittlungsgruppen haben neben den wesentlichen Umständen, die bedeutsam sind, um Verfalls- und Einziehungsanordnungen sowie Anordnungen zur Vermögensabschöpfung treffen zu können, auch die Umstände zu ermitteln, die Opfern als Grundlage für eine Schadenswiedergutmachung dienen können. Die Finanzermittlungen sollen deshalb in bereits anhängigen Strafverfahren insbesondere auch der Feststellung und Sicherung von Vermögenswerten zum Zwecke der sogenannten Zurückgewinnungshilfe für durch die Tat verletzte Personen dienen. 4 Die verstärkten Bemühungen der Behörden und der Einsatz der Spezialkräfte in Bezug auf Vermögensabschöpfung und Schadenswiedergutmachung für die Opfer führen bereits in der Praxis zu einer erhöhten Sicherstellung und Abschöpfung von Vermögenswerten aus Straftaten. 5 Dies zeigt sich seit 1998/1999 auch in einem signifikanten Anstieg der ergangenen Verfallsanordnungen. 6 Statistisch von den Landesämtern erfasste Zahlen zu Umfang und Höhe der Zurückgewinnungshilfemaßnahmen fehlen noch. Nach neueren Berichten von Sondereinheiten der Landeskriminalämter belaufen sich diese aber bereits zum Teil auf mehr als die Hälfte der insgesamt sichergestellten Vermögenswerte. 7 Die Zurückgewinnungshilfe zu 3

Vgl. Kilchling wistra 2000, 241 (246, 249); Podolsky, S. 95 ff.; LKA BadenWürttemberg, S. 1 ff.; Presseinformation des Niedersächsischen Ministeriums der Justiz 17/98 v. 11.2.1998; Presseinformation des Bayerischen Innenministeriums 80/00 v. 16.2.2000; Presseinformation der Sächsischen Staatsministerien des Innern und der Justiz 31/00 v. 17.7.2000; Der Spiegel 16/1999, S. 58. 4 Vgl. Finanzermittlungsrichtlinien NW, Ziffer 2, 2.1 und Fn. vorher. 5 Vgl. Schürholz Die Polizei 1999, 257 ff.; Kaiser wistra 2000, 121 (124); Kilchling wistra 2000, 241 (246); Wabnitz/Janov sky-Harder, Kapitel 5, Rn. 71; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (483, 485); Der Spiegel 16/1999, S. 58; Focus 25/2000, S. 52; Presseinformation der Sächsischen Staatsministerien des Innern und der Justiz 31/00 v. 17.7.2000; Presseinformationen des Bayerischen Innenministeriums 80/00 v. 16.2.2000 u. 212/01 v. 11.5.2001; Vgl. auch Erster Periodischer Sicherheitsbericht 2001 (Kurzfassung), S. 69; Beschluss zu TOP II.8 der 72. Konferenz der Justizministerinnen und -minister vom 11. bis 13. Juni 2001 in Trier, Ziffer 2. 6 Vgl. die statistischen Erhebungen der Länder und des Bundes zur Nebenstrafe des Verfalls (§§ 73 ff. StGB); Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, S. 9 u. Anhang Β Ziffer 1; Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, S. 10 u. Anhang Β Ziffer 2. 7 Vgl. Kaiser wistra 2000, 121 (123); Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, S. 8, 11; Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, S. 8, 11; Schürholz Die Polizei 1999, 257 (258); Podolsky, S. 102.

Α. Einleitung

19

Gunsten der Verletzten spielt demnach in der Arbeit der Ermittlungsbehörden eine bedeutsame Rolle. 8 Erfolgen Vollstreckungsmaßnahmen der Verletzten und anderer Gläubiger des Täters in die bereits gemäß §§ 11 l b ff. beschlagnahmten oder durch dinglichen Arrest sichergestellten Vermögenswerte, so führt dies in der Praxis immer wieder zu erheblichen Problemen, die die erfolgreiche Befriedigung der Verletzten betreffen. Für den Zugriff der Verletzten auf die sichergestellten Vermögenswerte schreibt die StPO in § 111g die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung und in § 111h die Zulassung der Rangänderung vor. Diese Zulassungserfordernisse werfen regelmäßig die Frage auf, ob und wie die Verletzten auf die sichergestellten Vermögenswerte des Täters zugreifen können, um sich wegen der entstandenen Schäden zu befriedigen. Sie stellt sich zum Beispiel, wenn die Vermögenswerte wegen in Betracht kommendem Erweiterten Verfall oder wegen Verhängung einer Vermögensstrafe sichergestellt werden. Es ist daher jeweils zu untersuchen, wann vollstreckungsrechtliche Zugriffe des Verletzten auf sichergestellte Vermögenswerte möglich sind und diese einer Zulassung nach § 111g oder § 111h bedürfen. Ebenfalls ist zu untersuchen, wer zu dem Kreis der Verletzten gehört, die die erforderliche Zulassung erlangen können. Besondere Probleme bereiten auch die Fragen, welche Auswirkungen die Zulassungen nach §§ 111g und 111h auf die Wirksamkeit von Pfändungspfand- und anderen Sicherungsrechten haben und welche Rechtsfolgen sie für die Rang Verhältnisse dieser Rechte untereinander mit sich bringen. Schließlich ist zu klären, was in den Fällen gelten soll, wenn Verletzte in arrestierte Vermögenswerte vollstrecken, die nicht Grundstücke sind, da diesbezüglich eine den §§ 111g, 111h entsprechende Vorschrift fehlt. Die beim Zugriff auf die sichergestellten Vermögenswerte des Straftäters auftauchenden Fragen sollen anhand des nachfolgenden Ausgangsbeispiels, das Fällen aus der Praxis nachgebildet ist, jeweils für bestimmte Fallkonstellationen untersucht werden: S begeht einen Anlagebetrug, indem er A und Β durch einen Prospekt veranlasst, ihm für Geldanlagegeschäfte EUR 50.000,- (A) und EUR 100.000,- (B) zu übergeben. S legt das Geld jedoch nicht an, sondern verwendet es wie zuvor geplant für eigene Zwecke. Beide Geschädigten erstatten Strafanzeige, S flieht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, dass sich S von den EUR 50.000,- des A einen Sportwagen für EUR 40.000,- gekauft hat, die restlichen EUR 10.000- hat er auf sein Konto bei der 8

Vgl. Kilchling wistra 2000, 241 (248); Vgl. auch Beschluss zu TOP II.8 der 72. Konferenz der Justizministerinnen und -minister vom 11. bis 13. Juni 2001 in Trier, Ziffer 2. 2*

20

Α. Einleitung

D-Bank eingezahlt. Die nicht mehr auffindbaren EUR 100.000,- von Β soll S in einem ausschweifenden Lebensstil verschwendet haben. Daraufhin beschlagnahmt die Staatsanwaltschaft den noch EUR 20.000,- teuren Sportwagen sowie den Anspruch des S aus dem Kontovertrag mit der D-Bank auf Auszahlung der EUR 10.000,-. Weiter vollzieht sie einen dinglichen Arrest über EUR 100.000,- in ein Grundstück sowie in eine Mietforderung des S, beide jeweils im Wert von EUR 30.000,-. Da S den Sportwagen nicht bezahlt hat, stehen dem bereits titulierten Autohändler C aus dem Autokauf noch EUR 40.000,- und aus einem früheren Einbruch gegen S weitere EUR 20.000,- zu. Alle Gläubiger Α, Β und C vollziehen Arreste bzw. zwangsvollstrecken in die sichergestellten Vermögenswerte des Straftäters S.

Β. Die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO L Überblick Die Vorschriften der §§ 111b bis 111p regeln die behördliche Sicherstellung von Vermögenswerten durch Beschlagnahme oder dinglichen Arrest zur Sicherung der staatlichen Ansprüche wegen Verfall, Einziehung, Verfall oder Einziehung von Wertersatz, Geldstrafe, voraussichtlich entstehender Kosten des Strafverfahrens sowie wegen Vermögensstrafe. Zugleich regeln sie die Sicherstellung der Vermögenswerte zur Sicherung aus der Tat erwachsener Ansprüche von Verletzten. Innerhalb der §§ 111b ff. schreiben § 111g und § 111h für den Zugriff des Verletzten auf die sichergestellten Vermögenswerte mittels Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung sogenannte Zulassungen vor.

II. Einführung und Entwicklung der §§ 111b ff. Die §§ 111b bis 1111 sind durch Art. 21 Nr. 29 EGStGB vom 2. März 19741 mit Geltung ab 1. Januar 1975 in die StPO eingefügt worden. Sie stellen mit Ausnahme des § 111k, der den bis 1974 geltenden § 111 a.F. ersetzte, und des § 1111, der an die Stelle des § 101 a.F. trat, eine völlige Neuschöpfung des Gesetzgebers dar. Der Komplex wurde um die §§ 111m, H i n durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk vom 25. Juli 19752 erweitert. Mit § I l i o und § 111p sind später die Institute der Vermögensstrafe und der Vermögensbeschlagnahme durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 19923 zusätzlich eingeführt worden. Die Neuschöpfung der §§ 111b ff. resultierte aus der Einführung der allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften über den Verfall gemäß §§73 ff. StGB durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 4. Juli 1969.4 Das 2. StrRG brachte mit der Einführung des Tagessatz1

BGBl I S. 469. BGBl I S. 1973, 2164. 3 BGBl I S. 1302, 1309. 4 BGBl I S. 717; zur Entstehungsgeschichte der §§ 73 ff. StGB vgl. Nachweise bei LK-Schmidt, Vor § 73, Rn. 16. 2

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

systems i.S.v. § 40 StGB eine Umgestaltung des Geldstrafensystems, das eine Abschöpfung der aus der Tat gezogenen Vorteile durch die Geldstrafe nicht mehr gestattete. Deshalb sah die Strafrechtsreform die Schaffung des Rechtsinstituts des Verfalls in den §§73 ff. StGB als Maßnahme eigener Art vor, die das kriminalpolitische Ziel erreichen sollte, dem Täter die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile wieder abzunehmen. Soweit der erlangte Vermögensvorteil des Täters in bestimmten Gegenständen oder deren Surrogaten bestand, sollte deren Verfall angeordnet werden können. Ist der Vermögensvorteil nicht (mehr) in einem bestimmten Gegenstand konkretisiert oder dies sonst nicht feststellbar, so sollte der Verfall eines Geldbetrags angeordnet werden können, der dem Wert des Erlangten entspricht, dem Verfall des Wertersatzes. 5 Mit den §§ 111b ff. sollte die verfahrensrechtliche Ergänzung zu §§ 73 ff. StGB geschaffen werden. 6 Zur prozessualen Sicherung von Verfall und Verfall von Wertersatz war die StPO entsprechend zu ändern. Die eingefügten §§ 111b ff. sollten durch den zugelassenen frühzeitigen Zugriff auf das Vermögen des Beschuldigten und die Sicherstellung der Vermögensgegenstände gewährleisten, dass die erst mit der Rechtskraft eines späteren Urteils vollstreckbaren Entscheidungen über den Verfall gem. § 73e StGB nicht durch zwischenzeitliche Verfügungen des Beschuldigten leerliefen. 7 Unter dem Aspekt der Opferentschädigung und Verbrechenswiedergutmachung war mit dem 2. StrRG auch die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB eingeführt worden. Danach war zu Gunsten des Verletzten der Verfall von Vermögensvorteilen an den Staat generell ausgeschlossen bzw. beschränkt, „soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde". 8 Um zu ermöglichen, dass solche Vermögensvorteile für die Realisierung von Ausgleichsansprüchen des Geschädigten zur Verfügung stehen, wurde für diese Fälle in den §§ 111b ff. auch die frühzeitige Möglichkeit ihrer Sicherstellung zu Gunsten des Verletzten geschaffen. 9 Soweit privatrechtliche Ansprüche des Verletzten dem staatlichen Anspruch auf Verfall wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, lässt § 111b 5

Vgl. AK-Achenbach, vor §§ l i l i a l i In, Rn. 2; LR-Schäfer, § 111b, Rn. 2; LK-Schäfer, 10. Auflage, Vor § 73, Rn. 11; Schmitt, in: Noll-GedS, S. 295. 6 Vgl. Protokolle V, S. 543, 1022; BT-Drucks. 7/550, S. 291 ff., 476, 496 f.; BTDrucks. 7/1261, S. 25; Protokolle 7, S. 651. 7 Vgl. AK-Achenbach, vor §§ l l l b - l l l n , Rn. 2; LR-Schäfer, § 111b, Rn. 2. 8 Zu den Erwägungen des Gesetzgebers bezüglich § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vgl. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21, 25; Güntert, S. 69 ff.; Lenz, S. 281 ff.; Eser, S. 294 ff. 9 Vgl. BT-Drucks. V/4095, S. 39 f.; BT-Drucks. 7/550, S. 291 f.; BT-Drucks. 7/ 1261, S. 25; Vgl. auch BT-Drucks. IV/650, S. 241; LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 26, 27.

II. Einführung und Entwicklung

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Abs. 5 1 0 bereits im Ermittlungsstadium die Sicherstellung von Vermögenswerten zur Vollstreckungssicherung mittels Beschlagnahme nach §§ 111b Abs. 1, 11 lc oder dinglichen Arrestes gemäß §§ 111b Abs. 2, 11 l d zu. Auf diese Weise wird dem Verletzten die Möglichkeit des Zugriffs auf die Vermögenswerte offengehalten. Für diesen Zugriff beinhalten die §§ 11 le, 11 l g bis 111k, I l i o weitere Instrumente zwecks Verwirklichung der Schadloshaltung des Verletzten. Über die Vorschrift des § 111b Abs. 5 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dienen die §§ 111b ff. somit gleichzeitig auch der Sicherung der dem Verletzten aus der Tat erwachsenen Ansprüche und damit der Verwirklichung seiner Wiedergutmachungsinteressen. 11 Die Sicherstellung zu Gunsten des Verletzten nach § 111b Abs. 5 und die Möglichkeit, dann nach §§ 11 le, 111g bis 111k, I l i o auf die sichergestellten Vermögenswerte zugreifen und sich daraus befriedigen zu können, wird deshalb heute in Praxis, Rechtsprechung und Literatur allgemein als „Zurückgewinnungshilfe" bezeichnet. 12 Angesichts der beständigen Verwendung in der Rechtspraxis kann mittlerweile von dem feststehenden Rechtsbegriff der Zurückgewinnungshilfe gesprochen werden. Seit ihrer Einführung bis heute haben die Vorschriften der §§ 111b ff. mit Ausnahme der grundlegenden Ausgangs Vorschrift des § 111b sowie des § I l i o keine Änderungen durch den Gesetzgeber erfahren. § 111b wurde durch das am 7. März 1992 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 13 neu gefasst und schließlich durch das am 9. Mai 1998 10 Bei Einführung der Vorschriften der §§ 111b ff. noch als § 111b Abs. 3, zwischen den Gesetzesänderungen in den Jahren 1992 und 1998 noch als § 111b Abs. 4. 11 LK-Schmidt, § 73, Rn. 42; Roxin, § 63, Rn. 20; Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 51; Strüwer, S. 178 f. 12 So z.B.: Finanzermittlungsrichtlinien NW, Ziffer 2.1; OLG Düsseldorf wistra 1992, 157; OLG Hamm wistra 1999, 278 (278); OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 301 (302); OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (484); LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); LG Kiel SchlHA 1999, 131; LG Aachen NJW 1978, 385 (386); LR-Schäfer, § 111b, Rn. 1; SK-Rudolphi, § 111b, Rn. 9; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111b, Rn. 6; LK-Schmidt, Vor § 73, Rn. 12; Tröndle/Fischer, § 73, Rn. 13; Schönke/ Schröder-Eser, § 73, Rn. 29; Heghmanns ZRP 1998, 475 (475); Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Käbisch wistra 1984, 10 (14); Ciolek, Rn. 362; Brodag, Rn. 479; Achenbach, in: Blau-FS, S. 11; Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 50; Roxin, § 63, Rn. 20; Kühne, Rn. 263; Kramer, Rn. 194; Schäfer KTS 1991, 23 (23); Meure r NStZ 1991, 437 (439); Dörn wistra 1990, 181 (182); Müller-Gugenberger/Bieneck-Richter, §9, Rn. 41; Hetzer JR 1999, 141 (147); Kilchling wistra 2000, 241 (248); Dessecker, S. 34 f.; Albrecht, S. 46; Lührs GRUR 1994, 264 (267). 13 BGBl I S. 372.

Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

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in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 14 zusammen mit § I l i o in seine heutige Fassung geändert. In der 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages brachten die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. im Deutschen Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straften vom 3. Februar 1998 15 ein. Dieses sah neben einer Zusammenfassung der Institute des Verfalls und der Einziehung auch Änderungen der §§ 111b ff. vor, und zwar sowohl eine teilweise Straffung der einschlägigen Normen mit dem Ziel der Vereinfachung als auch weitere inhaltliche Ergänzungen. 16 Nach Erster Beratung im Bundestag und Überweisung an den Rechts- und Innenausschuss unterfiel der Gesetzentwurf mit Ende der 13. Wahlperiode dem Grundsatz der Diskontinuität. Der Entwurf hatte sich als äußerst kompliziert und auch wegen zahlreicher ungeklärter Fragen des Verhältnisses zum Zivilrecht als nicht konsensfähig erwiesen. Er wurde bis heute nicht wieder aufgegriffen. Die Justizministerkonferenz hat den Auftrag erteilt, die Wirksamkeit der bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Gewinnabschöpfung empirisch zu überprüfen. In den Ländern werden wie eingangs dargestellt nunmehr erhebliche organisatorische Anstrengungen unternommen, um die Gewinnabschöpfung aus Straftaten zu intensivieren. In der Praxis scheint die Ansicht zu überwiegen, eine konsequente Anwendung der geltenden Regelungen sei einer grundlegenden Reform vorzuziehen. 17 Auch seien durch die geplante Neuregelung wegen der weiterhin bestehenden Schwierigkeiten, beweisen zu können, dass die Gewinne aus der Straftat stammen, durchgreifende Effizienzsteigerungen kaum zu erwarten. 18

III. Funktion und Regelungsinhalt der §§ 111b ff. Die Durchführung der Sicherstellung von Vermögenswerten des Straftäters, sei es zur Sicherung des Verfalls oder als Zurückgewinnungshilfe, und die verfahrenstechnischen Möglichkeiten des Verletzten, die erfolgten Sicherstellungen zur Verwirklichung der eigenen Ausgleichsansprüche ge14

BGBl I S. 845. BT-Drucks. 13/9742, abgedruckt in NJW Beil zu Heft 15/1998, S. 63 f.; dazu ZRP 1998, 154 ff. 16 Näher hierzu Heghmanns ZRP 1998, 475; Hetzer JR 1999, 141 (147); ders. ZRP 2001, 266 (269); Kaiser ZRP 1999, 144 (147); Tröndle/Fischer, § 73, Rn. lc. 17 Näher hierzu Hetzer ZRP 2001, 266 (269); Tröndle/Fischer, § 73, Rn. lc; Erster Periodischer Sicherheitsbericht 2001 (Kurzfassung), S. 69; Beschluss zu TOP II.8 der 72. Konferenz der Justizministerinnen und -minister vom 11. bis 13. Juni 2001 in Trier, Ziffern 1, 4. 18 So Kaiser ZRP 1999, 144 (150). 15

III. Funktion und Regelungsinhalt

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gen den Täter zu nutzen, sind im Einzelnen in den §§ 111b bis 111k, I l i o geregelt. Es wird bislang in Praxis und Literatur immer wieder bemängelt, die Vorschriften der §§ 111b ff. zur Gewinnabschöpfung und das System der Zurückgewinnungshilfe innerhalb dieser Normen seien allzu unübersichtlich und kompliziert geregelt, was zugleich deren praktische Anwendung erheblich erschwere oder sogar vor dieser zurückschrecken lasse. 19 Die Sicherstellung sei in den §§ 111b ff. in kaum praktikabler Weise und nicht funktionierend geregelt. 20 Bereits der mit der Einführung der Vorschriften befasste Sonderausschuss des Deutschen Bundestages hatte diese als kompliziert eingestuft. 21 Hinzu kommt, dass auf Seiten der Verletzten und ihrer Rechtsvertreter die Möglichkeit der Sicherstellung von Tatgewinnen und anderen Vermögenswerten für die Zurückgewinnungshilfe noch zu unbekannt zu sein scheint. 22 Polizei und Staatsanwaltschaft reagieren daher enttäuscht und oft frustriert, wenn nach legitimen Abschöpfungsmaßnahmen sich die Verletzten wegen ihrer Ansprüche nicht melden oder nicht ermittelt werden können. Negative Rückwirkungen auf die Verfolgungspraxis sind daher wahrscheinlich. 23 Des Weiteren stehen alle maßgeblichen Sicherstellungsmaßnahmen und ihre Anordnung nach den §§ 111b, 11 ld, 11 l o im Ermessen der Ermittlungsbehörde. 24 Eine angeblich unpraktikable Materie und die Unkenntnis der Verletzten fördern nicht die Ermessensentscheidung, Tatgewinne und andere Vermögenswerte der Täter zu identifizieren und nach den §§ 1 I I b ff. sicherzustellen. Unterbleiben Zurückgewinnungshilfemaßnahmen der Behörden oder werden diese nur widerwillig vorgenommen, so hat dies zwangsläufig wiederum Auswirkungen auf den Erfolg anschließender Vollstreckungsmaßnahmen und der Befriedigung des Verletzten. Dieser ist gerade in komplizierten Fällen von Wirtschaftskriminalität und Organisierter Kriminalität auf die Hilfe der Ermittler angewiesen. Andererseits wird in der Praxis auch gefordert und gewinnt die Ansicht angesichts steigender Erfolgszahlen mehr und mehr Anhänger, die geltenden Regelungen zur Gewinnabschöpfung seien mehr zu beachten und konsequent anzuwenden. 25 19 So Kilchling wistra 2000, 241 (244, 249); LR-Schäfer, § 111b, Rn. 1, 4; AKAchenbach, vor §§ l l l b - l l l n , Rn. 6, 16; Albrecht, S. 46; Dessecker, S. 343; Ciolek, Rn. 362; Achenbach, in: Blau-FS, S. 11; Peters, § 48 Β II; Kilchling/KaiserBenseier, S. 53 f.; Benseier, S. 33; Eberbach NStZ 1985, 294 (300); Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (483). 20 Schäfer, Praxis des Strafverfahrens, Rn. 578; Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 51, 52, 148. 21 Protokolle 7, S. 652. 22 Vgl. nur OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008. 23 Kaiser ZRP 1999, 144 (146, 147). 24 Vgl. Achenbach NStZ 2001, 401 (403); Berndt StV 2001, 446 (446).

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

Schließlich sind die beim Zugriff des Verletzten entstehenden und im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchenden Probleme besser nachvollziehbar, wenn Voraussetzungen und Ablauf der behördlichen Sicherstellungen wie auch des anschließendem Zugriffs des Verletzten einmal dargestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig und zweckmäßig, grundlegend Funktion und Regelungsinhalt der §§ 11 l b ff. sowie das System der Zurückgewinnungshilfe zu schildern und dabei den übergreifenden Zusammenhang dieser Vorschriften mit denen der §§73 ff. StGB zu verdeutlichen. Zu unterscheiden ist hierfür zwischen der Beschlagnahme gemäß § 111b Abs. 1 von konkreten Gegenständen, die gemäß §§ 73, 73d StGB dem Verfall unterliegen (1.), und der Anordnung eines dinglichen Arrestes gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d in das Vermögen des Beschuldigten wegen des Verfalls von Wertersatz gemäß §§ 73a, 73d Abs. 2 StGB oder wegen der in §§ l l l d , I l i o genannten Ansprüche (2.). In den vorgenannten Fällen sind schließlich die nach § 111b Abs. 5 gleichzeitig mögliche Sicherung von Ausgleichsansprüchen des Verletzten sowie die in den §§ 11 le, 111g bis 111k geregelten Zurückgewinnungshilfe-Instrumentarien zur Verwirklichung der Ansprüche zu beachten (3.).

1. Die Beschlagnahme von Gegenständen, die dem Verfall unterliegen a) Voraussetzungen der Beschlagnahme Gemäß § 111b Abs. 1 können Gegenstände durch Beschlagnahme nach § 111c sichergestellt werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für ihren Verfall vorliegen. § 111b Abs. 1 erfasst dabei sowohl den Verfall gemäß § 73 StGB als auch den Erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. 2 6 Gemäß §§ 73, 73d StGB kommen der Verfall oder der Erweiterte Verfall von Gegenständen nur dann in Betracht, wenn eine rechtswidrige Tat i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB vorliegt. Demgemäß setzt § 111b Abs. 1 für die Anordnung der vorläufigen Beschlagnahmemaßnahme den einfachen Tatverdacht i.S.d. § 152 Abs. 2 und die darauf begründete Annahme voraus, dass im späteren Urteil 25

So z.B. Beschluss der Strafrechtlichen Abteilung, in: Verhandlungen des 59. Deutschen Juristentages, 1992, Bd. II, S. Ο 184; Tröndle/Fischer, § 73, Rn. lc; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (483); Hoffmann MDR 1984, 617 (619); Schürholz Die Polizei 1999, 257 (257); Kaiser wistra 2000, 121 (124). 26 Möhrenschläger wistra 1992, 281 (286); Schäfer, Praxis des Strafverfahrens, Rn. 578; LK-Schmidt, § 73d, Rn. 6; Schönke/Schröder-Eser, § 73d, Rn. 3; Gradowski/Ziegler, S. 86.

III. Funktion und Regelungsinhalt

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der Verfall oder Erweiterte Verfall der relevanten Gegenstände angeordnet wird. 2 7 Zusätzlich wird als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Sicherstellungsbedürfnis verlangt, wonach die Beschlagnahme nur bei einer tatsächlichen Gefährdung der Vollstreckung der endgültigen Verfallsanordnung zulässig ist. 2 8 Wann hierbei welche Gegenstände der anzunehmenden Verfallsanordnung unterliegen, bestimmt sich allein nach den §§ 73, 73d StGB. Zu den Verfallsgegenständen gehört zunächst gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB dasjenige „etwas", welches der Täter oder Teilnehmer für die rechtswidrig begangene Tat oder aus ihr erlangt hat. „Etwas" ist jede Erhöhung des wirtschaftlichen Wertes eines Vermögens, die dem Täter oder Teilnehmer zugeflossen ist, also der unmittelbar für oder aus der Tat erlangte Vermögenszuwachs.29 Dazu gehören neben beweglichen Sachen aller Art, Grundstücken oder Rechten auch Leistungen, Nutzungen, Vergünstigungen oder Einsparungen mit wirtschaftlichem Wert. 3 0 Zu den Hauptanwendungsfällen der für den Verfall in Frage kommenden Vermögenswerte gehören Tatgewinne wie die beim Diebstahl erlangte Beute oder die durch Betrug erlangte Bereicherung sowie Tatentgelte wie der Tatlohn. 31 Gleiches gilt beim Erweiterten Verfall nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB, der sich allerdings statt des „etwas" nur auf konkrete Gegenstände wie Rechte oder Sachen bezieht. 32 § 73 Abs. 2 StGB und § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB i. V.m. § 73 Abs. 2 StGB erweitern die Anordnung des Verfalls auf bestimmte mittelbar erlangte Vermögenszuwächse, und zwar nach Satz 1 zwingend auf die gezogenen Nutzungen und nach Satz 2 fakultativ auf die sogenannten Surrogate, die an die Stelle des ursprünglich Erlangten getreten sind. 33 Täter erhalten besonders bei Eigentums- und Vermögensdelikten statt des ursprünglich für oder aus der Tat erlangten Gegenstandes häufig einen Veräußerungserlös. Darunter fallen vor allem diejenigen Kaufgegenstände, die der Täter mit 27

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111b, Rn. 8; KK-Nack, § 111b, Rn. 8; Hetzer Kriminalistik 1998, 234 (239); HK-Lemke, § 111b, Rn. 7; vgl. auch BT-Drucks. 13/ 8651, S. 15. 28 KK-Nack, § 111b, Rn. 13; LR-Schäfer, § 111b, Rn. 19; HK-Lemke, § 111b, Rn. 10; Vossler, S. 225 m.w.N.; LG Kiel wistra 1998, 363 (363); Kracht wistra 2000, 326 (332); Kochheim, S. 20. 29 Lackner/Kühl-Lackner, § 73, Rn. 3; LK-Schmidt, § 73, Rn. 17; Gebert, A, I,

2d). 30

Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 6; Τ röndle/Fischer, § 73, Rn. 8. Vgl. Gebert, A, I, 2 d); Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 6; Τ röndle/Fischer, § 73, Rn. 9. 32 Katholnigg JR 1994, 353 (354); LK-Schmidt, § 73d, Rn. 27. 33 LK-Schmidt, § 73, Rn. 45. 31

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

dem von ihm durch die Straftat erlangten Geld bezahlt hat, wie z.B. Schmuck, Wertpapiere oder Antiquitäten. 34 Zahlt der Täter sein Tatentgelt oder seinen Tatgewinn auf ein Bankkonto ein, so unterliegt der Herausgabeanspruch aus dem Kontovertrag gegen die Bank als Surrogat i.S.d. § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB ebenfalls dem Verfall. 35 Bei einer Veräußerung der aus der Straftat stammenden Beute gegen eine Geldzahlung sind sowohl der erzielte Geldbetrag selbst als auch der Gegenstand, den der Täter mit Hilfe dieses Geldbetrages als Ersatz für den veräußerten Gegenstand angeschafft hat, Verfallsgegenstände. 36 Unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB richtet sich die Verfallsanordnung auch gegen einen tatunbeteiligten Dritten wie insbesondere juristische Personen und andere Gesellschaften 37 , sofern Täter oder Teilnehmer für den Dritten gehandelt haben und dieser dadurch selbst etwas erlangt hat. Erst diese Vorschrift ermöglicht es, rechtswidrige Gewinne dort abzuschöpfen, wo das Bedürfnis am größten ist, namentlich im Bereich der Wirtschafts- und Verbandskriminalität. 38 b) Die Anordnung der Beschlagnahme Vor der eigentlichen Durchführung der Beschlagnahme muss zunächst ihre grundlegende Anordnung erfolgen, sofern die vorgenannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Zuständigkeit hierfür bestimmt § 11 le Abs. 1 Satz 1, wonach zur Beschlagnahmeanordnung nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft befugt ist. Die Anordnungskompetenz wird gemäß § 11 le Abs. 1 Satz 2 bei beweglichen Sachen und Gefahr im Verzug auf die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft erweitert. c) Die Bewirkung der Beschlagnahme Die Bewirkung, d.h. die praktische Durchführung der Beschlagnahme, bestimmt sich nach § 111c, auf den die Vorschrift des § 111b Abs. 1 verweist. Die Art und Weise der Durchführung ist abhängig von der jeweiligen Art des zu beschlagnahmenden Gegenstandes. Handelt es sich bei dem Verfallsgegenstand um eine bewegliche Sache, so wird ihre Beschlagnahme gemäß § 111c Abs. 1 dadurch bewirkt, dass 34

Vgl. LR-Schäfer, § 111b, Rn. 27; LK-Schmidt, § 73, Rn. 46; Kochheim, S. 20. BGH NJW 2001, 693 (694); Gebert, A, II, 6. 36 LK-Schmidt, § 73, Rn. 46. 37 Vgl. Bender ZfZ 1976, 139 (139); LK-Schmidt, § 73, Rn. 51; Hildenstab, S. 85 f. 38 So Lenz, S. 251; LK-Schmidt, § 73, Rn. 50; Hildenstab, S. 85. 35

III. Funktion und Regelungsinhalt

29

die Sache in Gewahrsam genommen oder die Beschlagnahme durch Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird. Die Inverwahrungsnahme erfolgt in der Regel dadurch, dass die zur Vollstreckung der Beschlagnahmeanordnung berufene Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Sachen in amtlichen Gewahrsam nehmen. 39 Bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten wird gemäß § 111c Abs. 2 zur Beschlagnahme ein entsprechender Vermerk in das Grundbuch eingetragen. Die Beschlagnahme einer Forderung oder eines anderen Vermögensrechts wird gemäß § 111c Abs. 3 durch Pfändung bewirkt, wobei die Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte insoweit sinngemäß Anwendung finden. D.h., die Pfändung folgt den §§ 829 bis 834, 846 ff., 857 bis 859 ZPO. 4 0 Bei Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen wird die Beschlagnahme wie bei beweglichen Sachen bewirkt, § 111c Abs. 4 Satz 1. Sofern diese bereits in entsprechenden Registern eingetragen sind, sieht § 11 lc Abs. 4 Satz 2 zusätzlich die Eintragung der Beschlagnahme in dieses Register vor. Nach § 11 lc Abs. 4 Satz 3 können nicht eingetragene Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge zu diesem Zweck zur Eintragung angemeldet werden. Die Durchführung der Beschlagnahme obliegt nach § U l f Abs. 1 der Staatsanwaltschaft, bei beweglichen Sachen auch deren Hilfsbeamten. Auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft oder des die Beschlagnahme anordnenden Gerichts werden die vorgenannten Eintragungen und Anmeldungen in das Grundbuch oder Register bewirkt, § 11 l f Abs. 2.

d) Die Wirkung

der vollzogenen Beschlagnahme

§ 111c bestimmt über die Durchführung der Beschlagnahme hinaus zusätzlich in § 111c Abs. 5, dass die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach den Absätzen 1 bis 4 die Wirkung eines Veräußerungsverbots im Sinne des § 136 BGB hat, wobei das Verbot auch andere Verfügungen als Veräußerungen umfasst. Damit bewirkt jede Beschlagnahme ein relatives Veräußerungsverbot gemäß §§ 136, 135 BGB zu Gunsten des Staates. Genauer wird es zu Gunsten des Justizfiskus des jeweiligen Landes bewirkt, auf den gemäß § 60 Satz 1 StVollstrO mit der Rechtskraft der Entscheidung über den Verfall das Eigentum an den für verfallen erklärten Sachen übergeht, je nach dem, wessen Gericht des Landes im ersten Rechtszug entschieden hat. Damit sind alle der Beschlagnahme nachfolgenden Verfügungen, wegen § 135 Abs. 1 Satz 2 BGB auch solche, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen, dem Justizfiskus 39 40

SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 3; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 8.

§ 111c, Rn. 3, 4.

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

gegenüber unwirksam, soweit sie den ungeschmälerten Rechtsübergang der beschlagnahmten Verfallsgegenstände nach § 73e Abs. 1 StGB vereiteln würden. 41 e) Beispiel für die Beschlagnahme nach § 111c Anhand des eingangs skizzierten Ausgangsbeispiels lässt sich die nach den vorgenannten Vorschriften mögliche Sicherstellung von Verfallsgegenständen durch Beschlagnahme nach § 11 lc nachvollziehen: Mit der Strafanzeige gegen S wegen Anlagebetruges liegt i.S.d. § 152 Abs. 2 Tatverdacht vor. Als Gewinne aus dieser Betrugstat soll S EUR 50.000,- von A und EUR 100.000- von Β erlangt haben, so dass gemäß § 73 Abs. 1 StGB der Verfall dieser Geldbeträge in Betracht kommt. Allerdings haben die Ermittlungen ergeben, dass diese Gelder selbst nicht mehr vorhanden bzw. auffindbar sind. S hat mit den EUR 50.000- von A einen Sportwagen für EUR 40.000,- gekauft und den restlichen Betrag auf sein Bankkonto eingezahlt. Damit hat S für diese den Sportwagen sowie den Anspruch aus dem Kontovertrag auf Auszahlung gegen die D-Bank als Surrogate erhalten. Diese unterliegen jedoch gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB ebenfalls dem Verfall. Die verschwendeten EUR 100.000,- scheiden dagegen, da nicht mehr konkret vorhanden, als Verfallsobjekte aus. Diesbezüglich kommt deshalb nur noch der Verfall von Wertersatz gemäß § 73a StGB in Betracht. Dessen Sicherung kann aber nicht durch Beschlagnahme, sondern nur durch einen dinglichen Arrest gemäß §§ 111b Abs. 2, 11 l d erfolgen. Da sich der S auf der Flucht befindet und deshalb die Gefahr besteht, er werde sein übriges Vermögen beiseiteschaffen, ist auch ein Sicherstellungsbedürfnis als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zu bejahen. Hinsichtlich Sportwagen und Anspruch aus dem Kontovertrag sind somit gemäß § 11 l b Abs. 1 Gründe für die Annahme vorhanden, dass sie dem Verfall unterliegen. Sie können deshalb nach entsprechender Anordnung beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme erfolgt, indem die zuständige Staatsanwaltschaft gemäß § 111c Abs. 1 den Sportwagen in amtlichen Gewahrsam nimmt. Die Beschlagnahme der Forderung des S aus dem Konto vertrag dagegen wird gemäß § 111c Abs. 3 dadurch bewirkt, dass sie von der Staatsanwaltschaft gepfändet wird. Die Forderungspfändung ist nach § 829 ZPO Abs. 3 mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Bank bewirkt. Mit Inverwahrungsnahme und Pfändung ist die Beschlagnahme des Sportwagens und der Ansprüche des S vollzogen, so 41 Zutreffend OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 14; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 8; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 10.

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III. Funktion und Regelungsinhalt

dass ab diesem Zeitpunkt das in § 111c Abs. 5 normierte Veräußerungsverbot zu Gunsten des Justizfiskus wirkt. Damit sind die durch S erlangten EUR 50.000- in Gestalt von konkreten Surrogaten mit dem Ziel der Abschöpfung durch Verfall gesichert.

2. Die Sicherstellung durch dinglichen Arrest wegen Verfall von Wertersatz oder wegen anderer Ansprüche In dem vorgenannten Beispiel waren hinsichtlich der vom Täter S betrügerisch erlangten EUR 100.000zunächst ebenfalls die Verfalls Voraussetzungen gemäß § 73 Abs. 1 StGB gegeben. Da der Geldbetrag jedoch nicht mehr vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob auch in einem solchen Fall durch die Ermittlungsbehörden eine Sicherstellung nach den §§ 111b ff. möglich ist. a) Voraussetzungen der Sicherstellung

durch dinglichen Arrest

Gemäß § 111b Abs. 2 kann zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz nach § l l l d der dingliche Arrest angeordnet werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz vorliegen. Ebenso wie die Beschlagnahmeanordnung setzt auch die Anordnung des dinglichen Arrestes den einfachen Tatverdacht i.S.d. § 152 Abs. 2 und die darauf begründete Annahme voraus, dass im späteren Urteil der Verfall von Wertersatz angeordnet wird. 4 2 Ob die Voraussetzungen für den anzuordnenden Verfall von Wertersatz vorliegen, richtet sich nach § 73a StGB oder § 73d Abs. 2 StGB i.V.m. § 73a StGB. Danach ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht, soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten (1. Alt.) oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist bzw. nach § 73d Abs. 2 StGB unmöglich geworden ist (2. Alt.) oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen wird (3. Alt.). Die Voraussetzungen der 1. Alt. liegen z.B. vor, wenn das erlangte Etwas im Ersparen eigener Aufwendungen oder in Gebrauchsvorteilen bestand oder mit einer anderen Sache verbunden oder verarbeitet worden ist. 4 3 Aus einem anderen Grunde unmöglich geworden i.S.d. 2. Alt. ist der 42

BT-Drucks. 13/8651, S. 15; Kleinknecht/Meyer-Goßner, KK-Nack, § 111b, Rn. 8; HK-Lemke, § 111b, Rn. 7. 43 Tröndle/Fischer, § 73a, Rn. 2; LK-Schmidt, § 73a, Rn. 5.

§ 111b, Rn. 9;

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

Verfall eines bestimmten Gegenstandes, wenn der Tatbeteiligte das Erlangte z.B. verbraucht, verloren oder unauffindbar beiseitegeschafft 44 oder das zuvor auf ein Bankkonto eingezahlte Beutegeld wieder abgehoben hat. 4 5 Gemäß § 73a Satz 1 3. Alt. StGB kommt der Wertersatzverfall zudem beim Absehen vom Surrogatsverfall nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB in Betracht. Oft hat der Täter mit den aus der Tat erlangten Geldern Surrogate angeschafft oder Beutegegenstände zu Geld gemacht, welches wiederum in andere Sachen investiert wurde. Häufig ist es daher für die Ermittlungsbehörden schwierig, Ansprüche auf die Surrogate gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB beweiskräftig festzustellen 46 , so z.B., ob bestimmte Objekte mit betrügerisch erlangtem Geld angeschafft worden sind. Diesen Schwierigkeiten bei der Feststellung eines Anspruchs auf das Surrogat trägt § 73a Satz 1 3. Alt. Rechnung, indem dem Richter die Möglichkeit eröffnet wird, an Stelle eines schwierigen, aber nicht unmöglichen Surrogatsverfalls auf den Wertersatz auszuweichen. Sieht der Richter nach pflichtgemäßem Ermessen von einem Surrogatsverfall ab, so kommt statt dessen zwingend der Wertersatzverfall zum Zuge. 4 7 Damit kann festgehalten werden, dass es sich in den Fällen der §§ 111b Abs. 2, l l l d immer um legale Vermögenswerte des Straftäters handelt, auf die in Vollziehung des dinglichen Arrestes zugegriffen werden kann. 48 Die Anordnung des dinglichen Arrestes setzt schließlich wegen des Verweises in § l l l d Abs. 2 auf § 917 ZPO das Vorliegen eines Arrestgrundes voraus. Das ist gemäß § 917 Abs. 2 ZPO der Fall, wenn die zu sichernde Geldforderung des Justizfiskus im Ausland zu vollstrecken ist. Ansonsten muss nach § 917 Abs. 1 ZPO die Besorgnis bestehen, dass ohne die Anordnung des Arrestes die künftige Vollstreckung des staatlichen Anspruches vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Begründet wird die Besorgnis z.B. durch Beiseiteschaffen von Vermögensstücken oder die Verschleierung ihres Verbleibs. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die bloße Begehung einer Straftat allein genügt hierfür noch nicht 4 9 , da nicht jedem Straftäter pauschal unterstellt wer44

LK-Schmidt, § 73a, Rn. 6, Tröndle/Fischer, § 73a, Rn. 3; Gebert, A, II, 5. Miiller-Gugenberger/Bieneck-Niemeyer, § 21, Rn. 72. 46 So Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV), Telefonische Auskunft v. 27.7.2001. 47 LK-Schmidt, § 73a, Rn. 8; Schönke/Schröder-Eser, § 73a, Rn. 7, 9; Gebert, A, II, 6. 48 Ebenso Gebert, A, I, 2 e); AK-Achenbach, vor §§ 11 lb-11 In, Rn. 8. 49 Vgl. HK-Lemke, § l l l d , Rn. 6; LR-Schäfer, § l l l d , Rn. 14; Zöller-Vollkomme r, §917, Rn. 5 f.; Stein/Jonas-Grunsky, §917, Rn. 4, 7 f.; Musielak-Huber, § 917, Rn. 3; eine Auflistung von Arrestgründen gibt Klos wistra 1987, 121 (125). 45

III. Funktion und Regelungsinhalt

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den kann, er werde Vermögenswerte beiseite schaffen und dadurch eine Vollstreckung verhindern. 50 Darüber hinaus kann der dingliche Arrest gemäß § 11 l d Abs. 1 Satz 1 zur Sicherung der Zahlungsansprüche des Justizfiskus wegen der Einziehung von Wertersatz, wegen einer Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens oder gemäß § I l i o Abs. 1 wegen einer zu erwartenden Vermögensstrafe angeordnet und in die legalen Vermögenswerte des Straftäters vollzogen werden. b) Die Anordnung des dinglichen Arrestes Jeder dingliche Arrest bedarf zunächst der sog. Arrestanordnung gemäß § 11 l b Abs. 2, § 11 l d Abs. 1 oder § 11 l o Abs. 1 über eine bestimmte Forderungssumme. Gemäß § 11 le Abs. 1 ist zur Arrestanordnung nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft befugt. Deren Hilfsbeamte können eine solche Anordnung nicht treffen. c) Die Vollziehung des dinglichen Arrestes Die Anordnung des dinglichen Arrestes bedarf ebenso wie ein zivilprozessualer Arrest der Vollziehung in das Vermögen des Betroffenen, um seine Sicherungswirkung entfalten zu können. Daher sehen § 11 l d Abs. 2 bzw. § 11 l o Abs. 2 für seine Vollziehung die sinngemäße Geltung der §§ 928, 930 bis 932 ZPO vor. Nach § 930 Abs. 1 ZPO wird der Arrest in das bewegliche Vermögen einschließlich Forderungen und Vermögensrechte durch Pfändung bewirkt. Auch eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke werden grundsätzlich gemäß § 931 Abs. 1 ZPO wie bewegliche Sachen gepfändet. In Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte erfolgt die Arrestvollziehung gemäß § 932 Abs. 1 ZPO durch Eintragung einer Sicherungshypothek in das Grundbuch für die zu sichernde Geldforderung. d) Die Wirkung

des vollzogenen dinglichen Arrestes

Welche Wirkung die Sicherstellung durch dinglichen Arrest hat, normiert § 11 l d nicht. Insbesondere bestimmt dieser - anders als § 111c Abs. 5 für die Beschlagnahme - kein ausdrückliches Veräußerungs- oder Verfügungsverbot zu Gunsten des Justizfiskus. Die Sicherungswirkungen des Arrestes ergeben sich jedoch ebenfalls aus § 11 l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2, wonach die §§ 928, 930 bis 932 ZPO 50

3 Hees

Dessecker, S. 33.

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

sinngemäß gelten. Die Arrestpfändungen in bewegliches Vermögen, Forderungen und Vermögensrechte sowie in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke begründen deshalb gemäß §§ 930 Abs. 1 Satz 2, 931 Abs. 2 ZPO jeweils Pfandrechte an den Gegenständen. Gleichzeitig begründet jede Pfändung nach allgemeiner Auffassung die sogenannte Verstrickung des gepfändeten Gegenstandes, welche ein relatives Veräußerungsverbot i.S.d. §§ 136, 135 BGB begründet und wonach der jeweilige privatrechtlich Berechtigte über den Gegenstand nicht mehr verfügen, ihn insbesondere nicht veräußern darf. 51 Insoweit haben sowohl die Beschlagnahme nach § 111c als auch die Vollziehung des Arrestes nach § 1 1 l d bzw. § I l i o die gleiche Wirkung eines relativen Veräußerungsverbotes. 52 Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht erfolgt dagegen gemäß § 932 ZPO durch Eintragung einer Sicherungshypothek. Damit erlangt der Justizfiskus eine Sicherheit mit Rang vor späteren Rechten am Grundstück nach § 879 BGB und vor Gläubigern noch nicht gesicherter Vollstreckungsforderungen. 53 e) Beispiel zum dinglichen Arrest nach §§ 111b Abs. 2,

llld

Die nach den vorgenannten Vorschriften wegen des Verfalls von Wertersatz mögliche Sicherstellung von Vermögenswerten des Täters durch Arrestvollziehung nach § l l l d lässt sich ebenfalls anhand des eingangs skizzierten Ausgangsbeispiels nachvollziehen: Nach den aufgenommenen Ermittlungen hat S durch Anlagebetrug von Β EUR 100.000,- erlangt, die er jedoch bereits verschwendet hat. Deshalb ist der Verfall der erlangten EUR 100.000,- i.S.d. § 73a Satz 1 2. Alt. StGB nicht mehr möglich. Nach dem den Ermittlungsbehörden bekannten Sachverhalt sind daher gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz vorliegen. Wegen Verschwendung des Geldes durch S und seiner Flucht bestehen auch Arrestgründe i.S.d. § l l l d Abs. 2 i . V . m . §917 Abs. 1 ZPO. Die Arrestanordnung über die Forderung i.H.v. EUR 100.000,- kann die Staatsanwaltschaft gemäß § l l l d Abs. 2 vollziehen, indem sie zum einen die bestehende Mietforderung des S über EUR 30.000 - nach § 930 Abs. 1 ZPO pfändet, was die Verstrickung und das Entstehen eines Pfändungspfandrechts zur Folge hat. Zum anderen kann sie in Vollziehung des Arrestes gemäß § 932 ZPO auf dem aufgefundenen Grundstück des S (Wert EUR 30.000,-) eine Sicherungshypothek zu 51

Vgl. Zöller-Stöber, § 804, Rn. 1, § 829, Rn. 16, § 931, Rn 2; Stein/JonasMünzberg, § 803, Rn. 5; AG Saarbrücken wistra 2000, 194 (196). 52 So auch BGH NJW 1979, 1612. 53 Zöller-Stöber, § 866, Rn. 3.

III. Funktion und Regelungsinhalt

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Gunsten des Justizfiskus im Grundbuch eintragen lassen. Damit ist dessen Anspruch wegen Verfall von Wertersatz über EUR 100.000zumindest in Höhe der Mietforderung und dem Wert des Grundstücks gesichert.

3. Die Zurückgewinnungshilfe für den Verletzten Im Rahmen der Zurückgewinnungshilfe sehen die Vorschriften der §§ 111b ff. zunächst die mögliche Anordnung und Durchführung von Sicherstellungen unmittelbar zur Sicherung aus der Tat erwachsener Ausgleichsansprüche des Verletzten vor (a)). Weiter enthalten die §§ 111b ff. in den §§ 11 le, 11 l g bis 11 l i , 11 l o mehrere Bestimmungen, die dem Verletzten die Nutzung der erfolgten Sicherstellungen zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen den Täter ermöglichen. Diese finden unabhängig davon Anwendung, ob die Sicherstellungen von vorneherein als Zurückgewinnungshilfe oder zunächst zur Sicherung staatlicher Verfallsansprüche erfolgt sind. 54 Hierbei ist zu unterscheiden, ob die Sicherstellungen durch Beschlagnahme (b)), durch dinglichen Arrest nach §§ 111b Abs. 2, l l l d wegen Verfall von Wertersatz (c)) oder durch dinglichen Arrest nach §§ l l l d Abs. 1, I l i o (d)) erfolgt sind. a) Die Sicherstellung

unmittelbar zu Gunsten des Verletzten

Die Sicherstellung unmittelbar zu Gunsten des Verletzten für die Zurückgewinnungshilfe beruht auf der Vorschrift des § 111b Abs. 5. Danach gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend, soweit der Verfall nur deshalb nicht angeordnet werden kann, weil die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen. Dieser schließt die gerichtliche Anordnung des Verfalls aus, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Für die Beantwortung der Frage, ob ein aus der Tat erwachsener Anspruch des Verletzten den Verfall ausschließt, ist allein seine rechtliche Existenz maßgebend, nicht dagegen, ob er voraussichtlich auch geltend gemacht wird. 5 5 Der Anspruch muss also lediglich bestehen und rechtlich durchsetzbar sein. 56 Damit steht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Verfallserklärung zwangsläufig immer dann entgegen, wenn es sich um eine Tat han54

AK-Achenbach, vor §§ l l l b - l l l n , Rn. 10. BGH NStZ 1984, 409; NJW 1986, 1186; Protokolle V, S. 543, 995, 1008, 1012 f. 56 Goos wistra 2001, 313 (313); LK-Schmidt, § 73, Rn. 41 m.w.N. 55

3*

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Β. Die Vorschriften der §§ 11b ff. StPO

delt, bei der es notwendigerweise einen individuellen Verletzten gibt, so insbesondere bei allen Eigentums- und Vermögensdelikten. 57 Diese Regelung schließt also im Ergebnis den Verfall im gesamten Bereich der Vermögenskriminalität aus. 58 Sie wird daher auch als „Totengräber des Verfalls" bezeichnet und deshalb, weil angeblich 59 kontraproduktiv für die staatliche Gewinnabschöpfung, für abschaffungswürdig gehalten. 60 § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB greift nach seinem Wortlaut weiter nur dann ein, soweit die Erfüllung eines solchen Anspruches den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Aus der Tat erlangt sind alle Vermögenswerte, die dem Täter auf Grund der Tatbegehung in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen. 61 Auf Ansprüche des Verletzten ist daher immer nur bei Tatgewinnen Rücksicht zu nehmen, da diese aus der Tat stammen, nicht aber auch bei den für die Tat gegebenen Entgelten wie dem Tatlohn. Damit beschränkt § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB den Anwendungsbereich der Zurückgewinnungshilfe in § 111b Abs. 5 auf den aus der Tat erlangten Tatgewinn. Tatentgelte können somit regelmäßig für verfallen erklärt werden, zumal deijenige, der den Tatlohn gezahlt hat, kaum als Tatverletzter anzusehen sein wird. 6 2 Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB schließen also Individualansprüche von Verletzten den Verfall des aus der Tat Erlangten aus und haben den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zu Gunsten des Justizfiskus. 6 3 Dieser Ausschluss gilt nicht nur für den Verfall des unmittelbar erlangten Etwas in § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, sondern auch für den Verfall von Nutzungen und Surrogatsgegenständen in § 73 Abs. 2 StGB 6 4 , für die Verfallsanordnung gegen tatunbeteiligte Dritte in § 73 Abs. 3 StGB 6 5 und den Verfall von Wertersatz in § 73a StGB 6 6 . 57 BGH bei Holtz MDR 1986, 794; OLG Karlsruhe NJW 1982, 456; Tröndle/ Fischer, § 73, Rn. 14; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111b, Rn. 5; Kaiser, in: Tröndle-FS, S. 695. 58 Schmitt, in: Noll-GedS, S. 299; Hoyer GA 1993, 406 (408). 59 Vgl. hierzu die Ausführungen unter B., III., 4. und E. 60 Vgl. nur BGH JR 2000, 509 (513); Katholnigg JR 2000, 513 (515); Eberbach NStZ 1987, 486 (491); Kaiser wistra 2000, 121 (121); Schmitt, in: Noll-GedS, S. 299. 61 BGH NJW 2001, 693 (693). 62 So bereits Lenz, S. 281; Hildenstab, S. 107; Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 24. 63 LK-Schmidt, § 73, Rn. 34; Goos wistra 2001, 313 (313). 64 Vgl. BGH NJW 1986, 1186; NJW 2001, 693 (694); OLG Karlsruhe NJW 1982, 456. 65 Vgl. BGH wistra 2001, 143 (143); JR 2000, 509 (513); Katholnigg JR 2000, 513 (515); SK-Horn, StGB, § 73, Rn. 16; NK-Herzog, § 73, Rn. 26; Hildenstab, S. 100 f.

III. Funktion und Regelungsinhalt

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Dagegen wurde die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB für den Anwendungsbereich des Erweiterten Verfalls in § 73d StGB außer Kraft gesetzt. 67 § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt also für den Erweiterten Verfall nicht. 6 8 Dies hat zur Folge, dass im Falle der Anwendbarkeit des § 73d StGB auch die Voraussetzungen des § 111b Abs. 5 nicht eintreten können. Eine unmittelbare Sicherstellung zu Gunsten eines Verletzten im Wege der Zurückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 unter Annahme der Voraussetzungen des Erweiterten Verfalls nach § 73d StGB ist folglich nicht möglich. Dürfen wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zurückgewinnungshilfe unterfallende Gegenstände nicht für verfallen erklärt werden, so bringt dies zugleich mit sich, dass Sicherstellungen zur Sicherung staatlicher Verfallsansprüche nicht mehr zu erfolgen brauchen. Statt dessen werden jedoch dem Verletzten kraft § 111b Abs. 5 die Instrumentarien der Beschlagnahme und des dinglichen Arrestes in § 111b Abs. 1 und 2 als Zurückgewinnungshilfe zur Sicherung der Vollstreckung der eigenen Ansprüche zur Verfügung gestellt. Mit der Verweisung in § 111b Abs. 5 auf die Absätze 1 bis 4 werden für die Zurückgewinnungshilfe die gleichen Voraussetzungen wie für den Verfall bzw. den Verfall von Wertersatz verlangt. Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Sicherstellungsbedürfnisses verlangt hier für die Beschlagnahme unmittelbar zu Gunsten der Verletzten entsprechend, dass die Vollstreckung der Verletztenansprüche tatsächlich gefährdet ist, weil z.B. die Geschädigten noch keine zivilrechtlichen Maßnahmen ergriffen haben und die Gefahr ihrer Vereitelung oder konkreten Gefährdung besteht. 69 Der Sicherungseingriff zu Gunsten des Verletzten wird demgemäß auch nur in dem gleichen Umfang wie nach Abs. 1 oder 2 zugelassen.70 D.h. insbesondere, dass es sich bei der Sicherstellung zu Gunsten des Verletzten weiterhin um Gegenstände des Verfalls nach § 73 StGB handeln muss oder, sofern der Verfall von Wertersatz gemäß § 73a StGB einschlägig ist, stattdessen auf legale Vermögenswerte des Täters zurückgegriffen wird. Dies hat zur Konsequenz, dass entweder eine Sicherstellung unmittelbar als Zurückgewinnungshilfe erfolgt, wenn von vorneherein nur die Sicherung der 66

Vgl. LK-Schmidt, § 73a, Rn. 3; Schönke/Schröder-Eser, § 73a, Rn. 6. BT-Drucks. 12/989, S. 23 f.; 11/6623, S. 7; vgl. BGHSt 41, 278 (284); Rieß NJ 1992, 491 (493); Lackner/ Κ Uhi- Lackner, § 73d, Rn. 3; Gradowski/Ziegler, S. 81. 68 BGH NJW 2001, 2339 (2339); Schönke/Schröder-Eser, § 73d, Rn. 6; LKSchmidt, § 73d, Rn. 7, 56; Möhrenschläger wistra 1992, 281 (286); Tröndle/Fischer, § 73d, Rn. 5; Ries, S. 113; Jeschek/Weigend, § 76 I 6 b); vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 23 f.; 11/6623, S. 7. 69 Kochheim, S. 20; Vossler, S. 225; AK-Achenbach, §§ l l l b - l l l d , Rn. 21 f. 70 So auch LG Mannheim, Beschluss v. 16.6.2000, Az. 24 Qs 5/00, S. 4. 67

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

Ansprüche möglicher Verletzter in Betracht kommt, oder dass beim ersten Zugriff im Ermittlungsverfahren zulässigerweise auch offen bleiben kann, ob wirklich ein Fall des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegt. 71 Es kann deshalb festgehalten werden, dass die Vorschriften der §§ 111b ff. bei der Zurückgewinnungshilfe so angewendet werden können, als wenn es die Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB überhaupt nicht gäbe. 72 Die Anwendung des § 11 l b Abs. 5 führt auf diese Weise de facto für den Geschädigten zu einer Erleichterung der Verfolgung seiner zivilrechtlichen Ansprüche. 73 b) Die Zurückgewinnungshilfe

bei Beschlagnahmen nach § 111c

Neben der Bereitstellung der Beschlagnahme nach §§ 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1, 111c ermöglichen in der Zurückgewinnungshilfe weitere Vorschriften die Durchsetzung des Ausgleichsanspruches des Verletzten. Zunächst bestimmt § 11 le Abs. 3, dass die Anordnung der Beschlagnahme dem Verletzten, soweit er bekannt ist oder im Verlaufe des Verfahrens bekannt wird, unverzüglich mitzuteilen ist. Darüber hinaus soll die Beschlagnahme in geeigneter Weise, u.a. durch Einrücken in den Bundesanzeiger, bekanntgemacht werden, wenn zu vermuten ist, dass weiteren Verletzten aus der Tat Ansprüche erwachsen sind, § 11 le Abs. 4, 1. Alt. Beides soll dem Verletzten die Sicherung und Durchsetzung seiner Ausgleichsansprüche ermöglichen. 74 Ist es dem Verletzten nicht gelungen, wegen seines aus der Tat erwachsenen Anspruches bis zum Abschluss der Hauptverhandlung einen Titel zu erlangen, und konnte wegen dieses Anspruches im Urteil nicht auf Verfall erkannt werden, so kann die Beschlagnahme unter den Voraussetzungen des § l l l i für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten werden. Damit soll dieser noch rechtzeitig einen Titel oder zumindest eine weitere Sicherung durch einen zivilprozessualen dinglichen Arrest oder eine einstweilige Verfügung erwirken können, um auf den noch beschlagnahmten Gegenstand nach § 111g zugreifen zu können. 75 Des Weiteren bestimmt § 111k, dass nach § 111c Abs. 1 beschlagnahmte, für das Verfahren nicht mehr benötigte, bewegliche Sachen, soweit 71 Ebenso Strüwer, S. 178; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111b, Rn. 5; SK-Rudolphe § 111b, Rn. 11; KMR-Müller, § 111b, Rn. 6; KK-Nack, § 111b, Rn. 19. 72 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111b, Rn. 5; Kilchling wistra 2000, 241 (248); KMR-Müller, § 111b, Rn. 4; LR-Schäfer, § 111b, Rn. 47; Kocheim, S. 15. 73 Kramer, Rn. 194. 74 LR-Schäfer, § 11 le, Rn. 7; AK-Achenbach, § 11 le, Rn. 13. 75 BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § l l l i .

III. Funktion und Regelungsinhalt

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nicht Ansprüche Dritter entgegenstehen, an den Verletzten herausgegeben werden sollen, dem diese durch die Straftat entzogen worden sind. § 111k soll in Fällen klarer Herausgabeansprüche eine vereinfachte Regelung des vorläufigen Besitzstandes bieten, damit derjenige, der zuvor deliktisch Gewahrsam daran erlangt hatte, diese nicht zurückerhält. 76 § 111g schließlich erfasst die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten in die beschlagnahmten Verfallsobjekte. Es wird hier in einem Zulassungsverfahren 77 geprüft, ob der Antragsteller, weil Verletzter mit einem Anspruch aus der Tat, auf den beschlagnahmten Gegenstand zugreifen darf. Weiter bestimmt § 111g Abs. 3 Satz 1, dass das Veräußerungsverbot nach § 111c Abs. 5 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auch zu Gunsten von Verletzten gilt, die während der Dauer der Beschlagnahme in den beschlagnahmten Gegenstand die Zwangsvollstreckung betreiben oder den Arrest vollziehen. c) Die Zurückgewinnungshilfe bei Sicherstellungen durch dinglichen Arrest wegen Verfall von Wertersatz nach §§ 111b Abs. 2, llld Erfolgt eine Sicherstellung durch dinglichen Arrest nach §§ 111b Abs. 2, l l l d , weil der Verfall von Wertersatz in Betracht kommt, so erlaubt die StPO auch in diesen Fällen dem Verletzten den Zugriff auf die sichergestellten Vermögenswerte des Täters zwecks Befriedigung seiner Ansprüche. Zunächst gelten die Bekanntmachungspflichten aus § 11 le Abs. 3, 4 ebenfalls für den dinglichen Arrest nach § l l l d , um dem Verletzten die Sicherung und Durchsetzung seiner Ausgleichsansprüche zu ermöglichen. 78 § 111h erfasst die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung eines Verletzten wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches in ein Grundstück, in welches bereits ein dinglicher Arrest vollzogen ist. Der Verletzte kann gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 verlangen, dass die durch den Vollzug des Arrestes begründete Sicherungshypothek des Justizfiskus hinter seinem Recht im Rang zurücktritt. Diese Rangänderung bedarf gemäß § 111h Abs. 2 Satz 1 ebenfalls einer Zulassung durch den Richter, der für den Arrest (§ l l l d ) zuständig ist. § 111h erfasst nach seinem Wortlaut nur die Fallkonstellation, in der ein Arrest nach § l l l d in ein Grundstück vollzogen ist. Betreibt ein Verletzter daher die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung wegen seiner Aus76 BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111k; vgl. zu den Einzelheiten AK-Achenbach,, vor §§ l l l b - l l l n , Rn. 10; KK-Nack, § 111k, Rn. 1 ff.; LR-Schäfer, § 111k, Rn. 1 ff. 77 LR-Schäfer, § 11 lg, Rn. 4. 78 LR-Schäfer, § 11 le, Rn. 7; Kleinknecht/Mey er-Goßner, § 11 le, Rn. 11.

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Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

gleichsansprüche in andere, nach § l l l d arrestierte Vermögenswerte des Täters, so kennt die StPO keine den §§ 11 lg, 11 l h entsprechende Regelung.

d) Die Zurückgewinnungshilfe bei Sicherstellungen aus anderen Gründen

durch dinglichen Arrest

Ein dinglicher Arrest kann schließlich gemäß § 11 l d Abs. 1 Satz 1 2. bis 4. Alt. auch wegen der Einziehung von Wertersatz, wegen einer Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens oder gemäß § I l i o Abs. 1 wegen einer zu erwartenden Vermögensstrafe vollzogen werden. Inwieweit auch bei solchen Arresten eine Zurückgewinnungshilfe nach den vorgenannten Vorschriften in Frage kommt, um dem Verletzten eine Befriedigung seiner Ansprüche zu ermöglichen, wird noch zu untersuchen sein. 79 e) Beispiel zur Zurückgewinnungshilfe

für den Verletzten

Zur Verdeutlichung, wie zu Gunsten des Verletzten im Wege der Zurückgewinnungshilfe Sicherstellungen nach den §§ 111b ff. erfolgen können, so dass diesem ein vollstreckungsrechtlicher Zugriff möglich wird, kann wieder das eingangs skizzierte Ausgangsbeispiel herangezogen werden: Aufgrund des Betruges des S gegenüber A und Β konnte sich dieser um insgesamt EUR 150.000,- Tatgewinn bereichern. Bei den dadurch Geschädigten A und Β handelt es sich somit um Verletzte i.S.d. des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, denen aus der Tat Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche aus den §§ 812, 823, 826 BGB erwachsen sind. Die endgültige Anordnung von Verfall, Surrogatsverfall und Verfall von Wertersatz ist daher ausgeschlossen. In diesem Fall lässt § 111b Abs. 5 jedoch Sicherstellungen im Wege der Zurückgewinnungshilfe zur Sicherung der Ansprüche von A und Β zu. Diese haben nach § 111b Abs. 1 und 2 die gleichen Voraussetzungen, wie wenn es um die Sicherung staatlicher Verfallsansprüche ginge. Da deren Voraussetzungen vorliegen 8 0 , kann die Staatsanwaltschaft als Zurückgewinnungshilfe sowohl den Sportwagen und den Anspruch des S aus dem Kontovertrag beschlagnahmen als auch einen dinglichen Arrest in das Grundstück sowie die Mietforderung des S vollziehen. Weil A und Β aufgrund ihrer Strafanzeigen bekannte Verletzte der Betrugstat sind, hat die Staatsanwaltschaft ihnen die Anordnungen der Beschlagnahme und des Arrestes gemäß § 11 le Abs. 3 unverzüglich mitzuteilen. 79 80

Vgl. im Einzelnen die Ausführungen unter D., I., 1., c), bb). s. Beispiele unter B., III., 1., e) und B., III., 2., e).

III. Funktion und Regelungsinhalt

41

Diese Mitteilung können A und Β zur Sicherung und Durchsetzung ihrer eigenen Ansprüche gegen S nutzen, indem sie jetzt z.B. einen zivilprozessualen Arrest erwirken und in dessen bereits sichergestellte Vermögenswerte vollziehen. So können A und Β den Sportwagen und beide Forderungen des S pfänden sowie auf dessen Grundstück eine Arresthypothek eintragen lassen. Gleichzeitig können A und Β beim zuständigen Richter die Zulassung ihrer Arrestvollziehung in den beschlagnahmten Sportwagen und in den beschlagnahmten Kontoanspruch gemäß § 111g Abs. 2 beantragen. Da in Vollziehung des dinglichen Arrestes aus §§ 111b Abs. 2, l l l d auf dem Grundstück des S eine Sicherungshypothek im Grundbuch eingetragen wurde, und zudem A und Β ihren Arrest durch Eintragung einer Arresthypothek auf diesem Grundstück vollzogen haben, können sie hier gemäß § 11 l h Abs. 2 einen Antrag auf Zulassung der Rangänderung stellen. Zusätzlich haben A und Β die bereits durch dinglichen Arrest nach § l l l d sichergestellte Mietforderung des S gepfändet. Ein Zulassungsverfahren oder eine Rangänderung sieht die StPO für diesen Fall allerdings nicht vor.

4. Ergebnis Die vorhergehende Darstellung hat deutlich gemacht, dass die Vorschriften der §§ 111b ff. zur Sicherstellung von Verfallsgegenständen und anderen Vermögenswerten des Täters und das System der Zurückgewinnungshilfe zu Unrecht als unübersichtlich und zu kompliziert in der Anwendung beschrieben werden. Hat man sich einmal den übergreifenden Zusammenhang der §§ 111b ff. und der §§73 ff. StGB vor Augen geführt, so bieten die vorläufigen Sicherstellungsmaßnahmen praktikable 81 und wichtige 8 2 Instrumente der Gewinnabschöpfung, die vor allem als Zurückgewinnungshilfe den Verletzten bei ihren außerstrafrechtlichen Bemühungen um Ausgleich der aus der Tat erwachsenen Ansprüche zu Gute kommen. Die immer wiederkehrende Kritik an der fehlenden Praktikabilität der §§ 111b ff. wie auch der Verfalls Vorschriften insgesamt und eine darauf bislang fußende Zurückhaltung bei deren Anwendung beruhen daher eher darauf, dass die Vorschriften als zu kompliziert gelten, nicht weil sie tatsächlich kompliziert sind. 83 81

So Podolsky, S. 91; Schürholz Die Polizei 1999, 257 (257). Kilchling, Geldwäsche und Gewinnabschöpfung, S. 9. 83 Vgl. Wolters, S. 18; LKA Baden-Württemberg, S. 28, 29 f., 32; Kaiser wistra 2000, 121 (124); ähnlich Hoffmann MDR 1984, 617 (619 u. dortige Fn. 5); vgl. auch Kracht wistra 2000, 326 (332); Schürholz Die Polizei 1999, 257 (257). 82

42

Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

IV· Die grundlegende Problematik und Abgrenzung der Thematik 1. Die problematische Grundkonstellation Die eigentlichen Probleme treten weniger in der Umsetzung der Sicherstellungsmaßnahmen nach den §§ 111b ff. auf als vielmehr im Rahmen der Vollstreckungsmaßnahmen mehrerer konkurrierender Verletzter und anderer Gläubiger, die den staatlichen Beschlagnahmen und Arrestvollziehungen nachfolgen. Diese Probleme gilt es nachfolgend aufzuzeigen und zu untersuchen. Bei einer Vielzahl von Eigentums- und Vermögensdelikten, insbesondere bei Kapitalanlage- und Kreditbetrug oder Bandendiebstahl, sind mehrere oder eine Vielzahl von Geschädigten vorhanden. Diese sind, da ihr Hauptinteresse bei solchen Straftaten in der Regel in der Wiedergutmachung des Schadens liegt 8 4 , um Ausgleich der erlittenen Vermögensverluste insbesondere durch eigene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in die Vermögenswerte der Straftäter bemüht. 85 Sind zuvor bereits behördliche Sicherstellungen von Vermögenswerten der Täter erfolgt, so gelingt dabei häufig nur die Sicherung eines Teils der Tatbeute bzw. der eigentlichen Schadenssumme, so dass die sichergestellten Werte durch einige wenige Vollstreckungen „verbraucht" sind und zwangsläufig die meisten anderen Geschädigten leer ausgehen müssen. 86 Hinzu kommt, dass viele Geschädigte, die sonst wahrscheinlich ihr Geld als verloren abgeschrieben hätten, aufgrund der nach § 11 le Abs. 3, 4 erfolgten Benachrichtigungen über sichergestelltes Vermögen in der Hoffnung einer Schadenskompensation ebenfalls noch die Zwangsvollstreckung betreiben. 87 Oft wird auch in der Presse und in den Medien über Durchsuchungen und Sicherstellungen von Vermögenswerten mutmaßlicher Täter durch die Ermittlungsbehörden berichtet. Dadurch werden nicht nur die unmittelbar Geschädigten, sondern auch weitere Gläubiger der Täter aufmerksam, die jetzt befürchten, eigene Ansprüche nicht mehr durchsetzen zu 84 Vgl. Roxin, Vor § 61, Rn. 2; Egli, S. 195; Strüwer, S. 69, 169; Kühler ZStW 71 (1959), S. 627; Weigend, S. 404; Wolters, S. 82; Wortmeldung von Frühauf, in: Verhandlungen des 55. DJT 1984, Bd. II, S. L 133; Meier ZRP 1991, 68 (69) m. w.N. 85 Vgl. Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 50, 183; Dittke wistra 1991, 209 (210); Heghmanns ZRP 1998, 475 (477); Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (874); Kilchling, Geldwäsche und Gewinnabschöpfung, S. 3. 86 Vgl. Heghmanns ZRP 1998, 475 (477); Dittke wistra 1991, 209 (210); Goos wistra 2001, 313 (313). 87 Vgl. Heghmanns ZRP 1998, 475 (477).

IV. Die grundlegende Problematik und Abgrenzung der Thematik

43

können. Diese werden daher ebenfalls auf die sichergestellten Vermögenswerte der Täter zugreifen. Reichen dann die mehrfach gepfändeten Werte nicht zur Befriedigung aller Gläubiger aus, so erlangt die Frage entscheidende Bedeutung, wer sich wann aus welchem sichergestellten Wert als Erster befriedigen darf. Es kommt zum „Wettlauf der Gläubiger". In einen „Wettlauf der Gläubiger" treten in dem eingangs skizzierten Ausgangsbeispiel auch die Verletzten A und Β sowie der nicht verletzte Gläubiger C. Alle haben wegen ihrer Ansprüche, die sich bei A auf EUR 50.000,-, bei Β auf EUR 100.000,- und bei C auf EUR 60.000,- belaufen, in den Sportwagen des S (Wert EUR 20.000,-), in den Anspruch aus dem Konto vertrag des S (Wert EUR 10.000,-), in dessen Grundstück (Wert EUR 30.000,-) sowie in dessen Mietforderung (Wert EUR 30.000,-) vollstreckt. Es stehen also Ansprüchen in einer Gesamthöhe von EUR 210.000- Vermögenswerte von EUR 90.000,- gegenüber. Diese reichen daher weder zur Befriedigung aller noch ein einzelner Vollstreckungsgegenstand zur Befriedigung nur eines Gläubigers. Problematische Grundkonstellation ist deshalb in allen nachfolgend zu untersuchenden, unterschiedlichen Fallkonstellationen diejenige, dass beim Zugriff auf die nach den §§ 111c, l l l d , I l i o sichergestellten Vermögenswerte des Täters ein Verletzter mit dem sicherstellenden Staat bzw. Justizfiskus und einem nicht geschädigten Gläubiger oder weiteren Verletzten konkurriert.

2. Abgrenzung der Thematik Der Zugriff des Verletzten auf sichergestellte Vermögenswerte des Täters wirft nicht nur Rechtsfragen im Hinblick auf die vorrangige Befriedigung des vollstreckenden Verletzten auf, sondern hat auch Berührungspunkte mit anderen Rechtsgebieten. So erfolgt die Bekämpfung von Straftaten, Wirtschaftskriminalität und Organisiertem Verbrechen nicht mehr allein nur national. Die Gewinne aus in Deutschland begangenen Straftaten und verwertbares Vermögen der Straftäter befinden sich zunehmend zur Zeit der Ermittlungen bereits im europäischen Ausland, besonders in der Schweiz, Liechtenstein und Österreich, teilweise auch außerhalb Europas. 88 Eine vorläufige Sicherstellung nach den §§ 1 I I b ff. und die Gewinnabschöpfung ist hier nur im Wege eines Rechtshilfeersuchens an die zuständigen ausländischen Ermittlungsbehörden möglich. Von erheblicher praktischer Bedeutung, aber rechtlich 88 Vgl. Kilchling!Kaiser-Benseler, S. 54; Müller-Gugenberger/Bieneck-Richter, § 9, Rn. 38; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (486); Müller/Wabnitz/Janovsky, 11. Kap., Rn. 29.

44

Β. Die Vorschriften der §§ 11 lb ff. StPO

weitgehend ungeklärt ist die Sicherstellung und Übertragung von ausländischen Vermögenswerten zum Zwecke der Zurückgewinnungshilfe für die inländischen Geschädigten. Offen ist insbesondere, ob nach einer erfolgreichen Übertragung von Erträgen aus einer Straftat an den ersuchenden deutschen Staat ein vollstreckungsrechtlicher Zugriff der Verletzten auf die übertragenen Gegenstände unter Anwendung der §§ 111g, 111h erfolgen kann oder ob der Geschädigte nach Sicherung der Vermögenswerte im Ausland selbst die zivilrechtliche Durchsetzung seiner Forderung betreiben muss, wie es derzeit in der Praxis die Regel ist. 8 9 Zudem führen die begangenen Vermögensdelikte oftmals zu hohen Schäden und damit zu hohen Schadensersatzforderungen bei den Opfern oder gehen mit massiven Steuerhinterziehungen einher. Den Straftaten folgt deshalb häufig die Stellung eines Insolvenzantrages seitens der Gläubiger oder des Täters selbst, der die „Flucht in die Insolvenz" antritt. In solchen Fällen treffen strafprozessuale und insolvenzrechtliche Beschlagnahme aufeinander, die regelmäßig Fragen zu dem bisher ungelösten Verhältnis von Beschlagnahme- und Ausschüttungskonkurrenzen bei parallellaufenden Strafund Insolvenzverfahren aufwerfen. 90 Bevor es überhaupt zu einem vollstreckungsrechtlichen Zugriff des Verletzten auf gemäß §§ 111b ff. sichergestellte Vermögenswerte kommen kann, müssen die Ermittlungsbehörden schließlich eine solche Sicherstellung erst durchgeführt und hierüber den Verletzten gemäß § 11 le Abs. 3, 4 informiert haben. Die Sicherstellung und die Frage, ob sie für die Zurückgewinnungshilfe zu Gunsten der Opfer durchzuführen ist, stehen gemäß §§ 111b Abs. 1, 2 und 5, l l l d Abs. 1 im Ermessen der Ermittlungsbehörden. 91 Offen ist hier, ob und unter welchen Umständen diese verpflichtet sein können, Maßnahmen der Zurückgewinnungshilfe zu Gunsten betroffener Verletzter zu treffen und Informationen über sowohl sichergestellte als auch über zwar aufgefundene, aber nicht gesicherte Vermögenswerte der Täter an die Verletzten weiterzuleiten. 92 Erste Forderungen, die Zurückgewinnungshilfe durch stärkere Ermessensbindung der Justiz in § 111b Abs. 5 zu intensivieren, werden bereits erhoben. 93 89 Vgl. Müller-Gugenberger/Bieneck-Richter, § 9, Rn. 41; Müller/Wabnitz/Janovsky, 11. Kap., Rn. 29; Telefonische Auskunft v. 27.7.2001 des Herrn Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV). 90 Näher hierzu Haarmeyer, Rn. 4, 134; Breuer KTS 1995, 1; Schäfer KTS 1991, 23; Uhlenbruck wistra 1996, 1 (7). 91 Vgl. Achenbach NStZ 2001, 401 (403); Berndt StV 2001, 446 (446). 92 Näher hierzu BGH NJW 1996, 2373; Achenbach NStZ 2001, 401 (403) m.w.N.; Berndt StV 2001, 446 (446) m.w.N.; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (486); Ciolek, Rn. 361; Kramer, Rn. 16, 194; Dessecker, S. 34 f.; Albrecht, S. 46; Podolsky, S. 101, 99.

IV. Die grundlegende Problematik und Abgrenzung der Thematik

45

Eine erschöpfende Behandlung der vorgenannten Problemkreise würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Sie stellen ergänzende Randprobleme und Schnittstellen aus anderen Rechtsgebieten mit dieser Untersuchung dar. Daher wird hier von ihrer Behandlung abgesehen und deren Durchdringung anderen Arbeiten überlassen.

93 So Kaiser wistra 2000, 121 (123, 124 f., 127); ders. y Verletztenansprüche, S. 290 f.; Achenbach NStZ 2001, 401 (403).

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte Probleme bereiten zunächst vollstreckungsrechtliche Zugriffe von Verletzten und anderen Gläubigern des Täters auf dessen Vermögenswerte im Inland, die mit Beschlagnahmen nach den §§ 111b ff. kollidieren.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses in § 111g Abs. 2 auf die Wirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 bestimmt, dass die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung eines Verletzten wegen eines aus der Tat erwachsenen Anspruches der Zulassung bedarf. Die Vorschriften selbst erläutern nicht näher, was unter de Zulassung zu verstehen ist. Der Begriff der „Zulassung" wird allgemein und nicht spezifisch für § 111g definiert als eine von bestimmten Voraussetzungen abhängige Eröffnung des Zugangs durch eine in der Regel öffentlich-rechtliche Erlaubnis. 1 Das geltende deutsche Recht sieht vielfach eine Zulassung vor 2 , so z.B. die Zulassung von Kraftfahrzeugen in §§ 1 StVG, 16 ff. StVZO, von Rechtsanwälten in §§ 6 ff., 18 ff. BRAO oder der Nebenintervention in § 71 ZPO. Kraftfahrzeuge dürfen gemäß § 18 StVZO auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie durch Erteilung einer Betriebserlaubnis zum Verkehr zugelassen worden sind. Rechtsanwälte sind erst dann nach § 32 BRAO befugt, ihre Tätigkeit auszuüben, wenn sie zuvor an einem Gericht zugelassen worden sind. Der Nebenintervenient kann erst gemäß § 67 ZPO Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und Prozesshandlungen wirksam vornehmen, wenn die Nebenintervention zugelassen ist. Allen vorgenannten Beispielen ist somit im Sinne der Definition gemeinsam, dass bestimmte Handlungen nur nach einer entsprechenden Erlaubnis vorgenommen werden dürfen. Zu untersuchen ist daher, ob das Erfordernis der Zulassung in § 111g Abs. 2 Satz 1 Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen hat, wenn diese ohne vorherige Zulassung vorgenommen werden. So könnte gemäß Ausgangsbeispiel (s. Abb. 1) der bereits beschlagnahmte Sportwagen des S durch den Verletzten A und den Gläubiger C ge1 2

Vgl. Brockhaus, S. 1014 „Zulassung". Vgl. Schlegelberger, S. 2105 f. „ Z u l a s s u n g " .

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses Beschlagnahme

Pfändung

des Sportwagens

Verletzter A

47

Zulassung

Ende der Beschlagnahme

Verletzter A

nach § 11 lc

nach § 111c

I

I

I

t

I t

Pfändung

Pfändung oder

Gläubiger C

Gläubiger C

Abbildung 1

pfändet werden, ohne dass diese zuvor die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g beantragt haben. Hier ist fraglich, ob die beiden Pfändungen dann wirksam sind und was gilt, wenn der A später die Zulassung nachholt. Die Frage nach der Wirksamkeit stellt sich weiter, wenn der C bereits vor der Beschlagnahme des Sportwagens die Pfändung vorgenommen hat.

1. Der Anwendungsbereich des § 111g Abs. 2 Bevor untersucht werden kann, ob Vollstreckungsmaßnahmen ohne ihre vorherige Zulassung wirksam sind, muss geklärt werden, welche Maßnahmen der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung der Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 bedürfen. a) Vollstreckung

in Gegenstände, die nach § 111c beschlagnahmt sind

Eine erste nähere Bestimmung lässt sich dahingehend vornehmen, dass nur Vollstreckungsmaßnahmen in ganz bestimmte Gegenstände des Täters zulassungsbedürftig sind. § 111g Abs. 2 Satz 1 selbst bestimmt die maßgeblichen Gegenstände der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung nicht, sondern verweist hierfür auf seinen Absatz 1. Dieser bestimmt, dass die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach § 11 lc nicht gegen eine Verfügung des Verletzten wirkt, die auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt. Dies beruht darauf, dass die Beschlagnahme gemäß § 111c Abs. 5 die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 BGB hat, das auch andere Verfügungen als Ver-

Zeit

48

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

äußerungen erfasst. Damit bewirkt jede Beschlagnahme eines der in § 111c Abs. 1 bis 4 genannten Gegenstände ein relatives Veräußerungsverbot zu Gunsten des sicherstellenden Justizfiskus gemäß §§ 136, 135 BGB. Alle der Beschlagnahme nachfolgenden Verfügungen über den beschlagnahmten Gegenstand, wegen § 135 Abs. 1 Satz 2 BGB insbesondere solche, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgt sind, sind deshalb dem Justizfiskus gegenüber (relativ) unwirksam. 3 Dieser Konfliktfall wird von § 111g Abs. 1 dahingehend gelöst, dass die Beschlagnahme des Gegenstandes trotz Veräußerungsverbots den in § 111g Abs. 1 genannten Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten nicht entgegensteht.4 Folglich kann der Konfliktfall nur eintreten und nach § 111g Abs. 1 aufgelöst werden, wenn die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten in denselben, bereits nach § 11 lc beschlagnahmten Gegenstand erfolgt. 5 Dies bedeutet, dass Vollstreckungsmaßnahmen eines Verletzten wie auch eines anderen Gläubigers, die in nicht nach § 111c beschlagnahmte Gegenstände ergehen, auch nicht der Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 bedürfen, weil sie nicht gegen das Veräußerungsverbot gemäß § 111c Abs. 5 verstoßen. Gleiches gilt, wenn der betreffende Gegenstand erst nach der erfolgten Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten oder Gläubigers nach § 111c beschlagnahmt wird. Auch in diesem Fall fehlt es an einer für die Zulassung notwendigen verbotswidrigen Verfügung, da das erst anschließend mit der nachfolgenden Beschlagnahme wirkende Veräußerungsverbot gegenüber der Vollstreckungsmaßnahme keine Wirkungen mehr zeitigen kann. Zulassungsbedürftig i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 sind somit grundsätzlich nur Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten in nach § 111c Abs. 1 bis 4 beschlagnahmte bewegliche Sachen, Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Forderungen und andere Vermögensrechte, Schiffe, Schiffsbauwerke sowie Luftfahrzeuge. Demnach gilt die Zulassungsvorschrift des § 111g Abs. 2 wie auch § 111g insgesamt nur für Beschlagnahmen von Gegenständen nach § 111c, nicht jedoch für Sicherstellungen durch dinglichen Arrest nach § l l l d . 6 Für das skizzierte Ausgangsbeispiel (s. Abb. 1) und die dort aufgeworfenen Fragen kann daher bereits festgestellt werden, dass in der Fallkonstellation, in der der Gläubiger C noch vor der Beschlagnahme nach § 111c 3

LR-Schäfer, § 111c, Rn. 14; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 8. Ebenso Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 2; LR-Schäfer, § 111g, Rn. 3; SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 3; KMR-Müller, § 111g, Rn. 2. 5 Ähnlich OLG Düsseldorf wistra 2000, 160. 6 OLG Düsseldorf wistra 2000, 160; Pfeiffer, § 111g, Rn. 2; SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 1; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 301 (302). 4

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

49

Abs. 1 die Pfändung des Sportwagens unternommen hat, diese nicht dem Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 unterliegt. Die Pfändung bedarf somit auch keiner Zulassung nach § 111g Abs. 2 und kann deshalb nicht unwirksam sein, wenn sie ohne die Zulassung ergangen ist. b) Vollstreckung

in Gegenstände, deren Verfall

bereits angeordnet ist

Von der Voraussetzung, dass § 111g Abs. 2 nur Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten in nach § 111c beschlagnahmte Gegenstände erfasst, macht § 111g Abs. 5 Satz 1 eine Ausnahme. Danach gelten die Abs. 1 bis 4 entsprechend, wenn der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, aber noch nicht rechtskräftig ist. Wird der Verfall eines nicht beschlagnahmten Gegenstandes durch den Richter angeordnet, so wirkt gemäß § 73e Abs. 2 StGB vor Rechtskraft die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 BGB. Damit wird die Anordnung in § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB der Beschlagnahme nach § 111c in ihren Wirkungen gleichgestellt. 7 Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten treten daher in Konflikt mit dem Veräußerungs verbot aus § 73e Abs. 2 StGB, wenn sie in die von der Anordnung betroffenen Verfallsgegenstände ergehen. Dieser Konfliktfall tritt nach § 73e StGB vom Zeitpunkt der Anordnung des Verfalls bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung ein. Demgemäß findet § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 für Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten in diesem Zeitraum ebenfalls entsprechende Anwendung, so dass gemäß § 111g Abs. 5 Satz 1 auch Vollstreckungsmaßnahmen in nicht beschlagnahmte, aber bereits der Verfallsanordnung unterliegende Gegenstände der Erlaubnispflicht unterliegen. Allerdings wird § 111g Abs. 5 Satz 1 im Hinblick auf Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten in der Praxis kaum Relevanz zu kommen. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, für den allein die rechtliche Existenz eines Anspruches des Verletzten aus der Tat ausschlaggebend ist 8 , steht der Verfallserklärung immer dann entgegen, wenn es sich um eine Tat handelt, bei der es notwendigerweise einen individuellen Verletzten gibt, wie insbesondere bei allen Eigentums- und Vermögensdelikten. 9 Bei diesen Taten wird es daher schon nicht zu einer gerichtlichen Verfallsanordnung kommen, so dass der Verletzte wegen seiner aus der Tat erwachsenen Ansprüche auch nicht in der Verfallsanordnung unterliegende Gegenstände vollstrecken wird.

7 8 9

4 Hees

Τ röndle/Fische r, § 73e, Rn. 3; LR-Schäfer, § 11 lg, Rn. 1. BGH NStZ 1984, 409; BGH NJW 1986, 1186; Güntert, S. 72. BGH bei Holtz MDR 1986, 794; Schmitt, in: Noll-GedS, S. 299.

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

50

c) Einschränkungen des Anwendungsbereichs von § 111g Abs. 2 aa) Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht Die vorherigen Ausführungen haben gezeigt, dass - abgesehen von § 111g Abs. 5 Satz 1 - der Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 nur Vollstreckungsmaßnahmen eines Verletzten in bereits nach § 111c beschlagnahmte Gegenstände unterfallen, weil beim Zugriff die Beschlagnahme mit der Wirkung eines Veräußerungsverbots i.S.d. § 136 BGB entgegensteht. Die Zulassungsbedürftigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen bedingt also, dass im Zeitpunkt der Vollstreckung schon eine Beschlagnahme bewirkt ist und noch besteht. Damit ist für die Frage der Zulassungspflicht nach § 111g Abs. 2 von maßgebender Bedeutung, wann eine Beschlagnahme beginnt und wieder endet. (1) Beginn der Beschlagnahme und ihrer Wirkung Daher ist zunächst zu untersuchen, wann die Beschlagnahme beginnt. Da gemäß § 111c Abs. 5 die Beschlagnahme nach den Absätzen 1 bis 4 die Wirkung eines Veräußerungsverbots im Sinne des § 136 BGB hat, fallen Wirkung und erfolgte Durchführung der Beschlagnahme nach § 111c Abs. 1 bis 4 zeitlich zusammen. D.h., das relative Veräußerungsverbot i.S.d. § 111c Abs. 5 entsteht gleichzeitig mit dem Vollzug der Beschlagnahme in die jeweiligen Gegenstände.10 Der Vollzug der Beschlagnahmemaßnahme tritt in den Fällen des § 111c Abs. 1 und 4 mit der amtlichen Inverwahrungsnahme der beweglichen Sache, des Schiffs, des Schiffsbauwerks oder des Luftfahrzeugs oder deren Kenntlichmachung ein. In den Fällen des § 111c Abs. 2 tritt der Vollzug mit der Eintragung der Beschlagnahme des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts in das Grundbuch, in den Fällen des § 111c Abs. 3 mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner der beschlagnahmten Forderung i.S.d. § 111c Abs. 3 Satz 2 i. V.m. § 829 ZPO ein. 1 1 Ab diesen jeweils für den Vollzug maßgeblichen Zeitpunkten beginnt somit die Beschlagnahme des Gegenstandes mit der Wirkung aus § 111c Abs. 5, weshalb ab diesem Zeitpunkt Vollstreckungsmaßnahmen von Ver10

So auch LR-Schäfer, § 111c, Rn. 14; Kleinknecht/M eye r-Goßner, § 111c, Rn. 11; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 9; KK-Nack, § 111c, Rn. 6; HK-Lemke, § 111c, Rn. 9. 11 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 11; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 9; KK-Nack, § 111c, Rn. 6; Gebert, D, IV, 1.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

51

letzten in davon betroffene Gegenstände der Zulassung nach § 11 l g Abs. 2 bedürfen. (2) Ende der Beschlagnahme und ihrer Wirkung Weiter ist festzustellen, wann die durchgeführte Beschlagnahme und ihre Wirkung wieder enden, so dass ab diesem Zeitpunkt erfolgende Vollstreckungsmaßnahmen in die betroffenen Gegenstände keiner Zulassung mehr bedürfen. Weder geben die Vorschriften über die strafprozessualen Zwangsmittel Aufschluss über den Zeitraum, in dem die Beschlagnahme zulässig ist, noch findet sich bislang eine gesetzliche Regelung zur Wirkungsdauer der Beschlagnahme nach dem 8. Abschnitt der StPO. 12 (a) Ergehen rechtskräftiger Entscheidungen Das Ende der Beschlagnahme und ihrer Wirkung tritt grundsätzlich dann ein, wenn in dem Verfahren, in dem die Beschlagnahmeanordnung ergangen ist, rechtskräftige Entscheidungen getroffen werden. (aa) Rechtskräftige Entscheidung mit Verfallsanordnung Zunächst kommt in Betracht, dass in einem Urteil entgegen Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Verfall eines zuvor nach § 111c beschlagnahmten Gegenstandes rechtskräftig angeordnet wird. In diesem Falle geht gemäß § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht auf den Staat über. Da das staatliche Eigentum nicht mit einer Beschlagnahme zu Gunsten des Staates belastet sein kann, tritt mit Urteilsrechtskraft die Beendigung der Beschlagnahme ein, sie erlischt. 13 Es wird hier allerdings auch die Auffassung vertreten, wegen § 73e Abs. 2 StGB, der der ergangenen Verfallsanordnung ebenfalls die Wirkung eines Veräußerungsverbots i.S.d. § 136 BGB zuordnet, ende das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 bereits mit der Anordnung des Verfalls und werde dann von § 73e Abs. 2 StGB abgelöst. 14 Danach würde die Beschlagnahme bereits mit der Verfallsanordnung enden und nicht erst mit ihrer Rechtskraft. Auf der anderen Seite ist festzustellen, dass die Ver12

Danwitz NStZ 1999, 262 (262). Zutreffend OLG Düsseldorf NStZ 1997, 301; LR-Schäfer, § 11 le, Rn. 17; Pfeiffer, § 11 le, Rn. 5; Brodag, Rn. 514; SK-Rudolphi, § I l le, Rn. 15. 14 SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 9. 13

4*

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

fallsanordnung nach § 73e Abs. 2 StGB und die Beschlagnahme nach § 111c Abs. 5 die gleiche Wirkung eines Veräußerungsverbotes nach § 136 BGB haben, um zwischenzeitliche Verfügungen des Betroffenen auszuschließen und den unbeeinträchtigten Rechtsübergang des Beschlagnahmegegenstandes auf den Staat sicherzustellen. 15 Der gleiche Sicherungszweck spricht daher dafür, dass die Regelung des § 73e Abs. 2 StGB nur dann eigenständige Bedeutung erlangt, wenn es nicht schon zuvor zu einer Beschlagnahme nach § 111c gekommen ist, § 73e Abs. 2 StGB also eine bloß ergänzende Regelung darstellt. 16 Letztlich kommt es nicht darauf an, ob § 73e Abs. 2 StGB die Beschlagnahme nach § 111c mit der Verfallsanordnung vorzeitig ablöst oder aber bei vorheriger Beschlagnahme ohne Bedeutung ist und diese erst mit der Rechtskraft des Urteils endet. Denn in beiden Fällen wirkt ein Veräußerungsverbot nach § 136 BGB, das den Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten entgegensteht und den in § 111g geregelten Konfliktfall auslöst. Deshalb erklärt § 111g Abs. 5 Satz 1 für den Fall, dass im Urteil der Verfall eines Gegenstandes noch nicht rechtskräftig angeordnet worden ist, die Absätze 1 bis 4 des § 111g und damit auch § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 für entsprechend anwendbar. Die Zulassungsbedürftigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 1 ist daher wegen eines in beiden Fällen entgegenstehenden Veräußerungsverbotes solange zu bejahen, bis das den Verfall anordnende Urteil rechtskräftig wird. (bb) Rechtskräftige Entscheidung ohne Verfallsanordnung Des Weiteren kann eine rechtskräftige Entscheidung ergehen, in der von der Anordnung des Verfalls des beschlagnahmten Gegenstandes abgesehen wird. In diesem Falle endet mit der Rechtskraft der Entscheidung ebenfalls die Beschlagnahmewirkung aus § 111c Abs. 5 . 1 7 Erwächst ein Urteil in Rechtskraft und wird damit das Verfahren abgeschlossen, ohne dass der Verfall des beschlagnahmten Gegenstandes angeordnet wurde, so lässt sich hieraus zweifelsfrei und der Rechtsklarheit genügend erkennen, dass die Beschlagnahme, deren Zweck die Sicherung des Verfalls war, gegenstandslos geworden ist. 1 8 Eine ausdrückliche Aufhebung der Beschlagnahme ist daher 15

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 111b; S. 293 zu § 111c; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 10; LK-Schmidt, § 73e, Rn. 9; Schönke/Schröder-Eser, § 73e, Rn. 4; Tröndle/Fischer, § 73e, Rn. 3; OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239. 16 So LK-Schmidt, § 73e, Rn. 10. 17 OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; NStZ 1997, 301; Danwitz NStZ 1999, 262 (263); LR-Schäfer, § 11 le, Rn. 17; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 11 le, Rn. 15; Brodag, Rn. 514.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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zwar nicht erforderlich, aus Gründen der Rechtssicherheit gleichwohl vorzunehmen. 19 Ist allerdings im Urteil lediglich deshalb nicht der Verfall eines Gegenstandes angeordnet worden, weil Ansprüche des Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, besteht unter den Voraussetzungen des § l l l i die Möglichkeit, die Beschlagnahme nach § 111c bis zu höchstens drei Monaten aufrechtzuerhalten. Trotz eines rechtskräftigen Urteils kann hier die befristete Aufrechterhaltung der Beschlagnahme durch einen besonderen Beschluss angeordnet werden. 20 Dies bedeutet dann zugleich die entsprechende Verlängerung ihrer Wirkung aus § 111c Abs. 5 und damit eine Weitergeltung der Zulassungsbedürftigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in den betreffenden Gegenstand.21

(b) Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung nach nicht rechtskräftiger Entscheidung ohne Verfallsanordnung Möglich ist auch, dass der Richter in einer (noch) nicht rechtskräftigen Entscheidung von einer Verfallsanordnung nach den §§ 73 ff. StGB absieht. In einem solchen Fall muss er grundsätzlich die dann nicht mehr notwendige, den Betroffenen aber weiterbelastende Beschlagnahmeanordnung wieder aufheben. Hierfür lässt sich die Vorschrift des § 120 Abs. 1 Satz 2 entsprechend anführen. 22 Danach ist der Haftbefehl u.a. bei einer nicht bloß vorläufigen Verfahrenseinstellung aufzuheben. Trotz der Tatsache, dass diese Einstellungsentscheidung noch nicht rechtskräftig ist, wird damit eine Vermutung aufgestellt, dass mit dem Urteil die Voraussetzungen eines Haftbefehls weggefallen sind oder die Haft zu dem endlichen Ergebnis des Verfahrens nicht mehr in angemessenem Verhältnis steht. 23 Wird hier der Verfall beschlagnahmter Gegenstände nicht durch den Richter angeordnet, so ist ebenfalls zu vermuten, dass die Voraussetzungen der §§73 ff. StGB nicht vorliegen, eine weitere Beschlagnahme aber eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte und Vermögensinteressen des Betroffenen ist. Denn die Beschlagnahme stellt einen schwerwiegenden Eingriff in seine 18

Zutreffend OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; Danwitz NStZ 1999, 262 (262). OLG Düsseldorf NStZ 1997, 301; KK-Nack, § 11 le, Rn. 12; SK-Rudolphi, § 11 le, Rn. 15; Danwitz NStZ 1999, 262 (262). 20 Vgl. Kleinknecht/Mey er-Goßner, § 11 le, Rn. 15; § 11 Ii, Rn. 4. 21 Ebenso KK-Nack, § l l l i , Rn. 7. 22 SK-Rudolphi, § l l l e , Rn. 17; KK-Nack, § 11 le, Rn. 15; KMR-Müller, § l l l i , Rn. 1. 23 LG Mannheim StV 1985, 287; OLG Düsseldorf MDR 1974, 686 (686); KK-Boujong, § 120, Rn. 11. 19

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Sphäre dar 2 4 . Infolgedessen ist die Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung geboten. Mit ihr endet dann auch die Beschlagnahmewirkung. 25 Unterbleibt die Anordnung des Verfalls jedoch wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, so kann unter den Voraussetzungen des § l l l i die Beschlagnahme nach § 111c ausnahmsweise bis zu drei Monaten aufrechterhalten werden. (c) Aufhebung der Beschlagnahme während des Strafverfahrens Die Beschlagnahme endet weiter dann, wenn sie während des Strafverfahrens aufgehoben wird. Entfällt während des Strafverfahrens eine der Voraussetzungen in § 111b Abs. 1 für die Anordnung der Beschlagnahme, wie z.B. der zunächst angenommene Tatverdacht oder die Verfallseigenschaft des beschlagnahmten Gegenstandes, so ist die die Vermögensinteressen des Betroffenen erheblich belastende Beschlagnahmeanordnung aufzuheben. 26 M i t der Aufhebung endet die Beschlagnahme und ihre Wirkung. 2 7 Zu beachten ist hierbei, das gemäß § 11 l b Abs. 3 spätestens sechs, ausnahmsweise neun Monate nach der ergangenen Beschlagnahmeanordnung sogar dringende Gründe für die Annahme vorhanden sein müssen, dass die Voraussetzungen für den Verfall des beschlagnahmten Gegenstandes oder für eine diesbezügliche Zurückgewinnungshilfe zu Gunsten des Verletzten nach §§ 111b Abs. 1, 111b Abs. 5 vorliegen. Ist die Beschlagnahme zunächst zur Sicherung der staatlichen Verfallsansprüche nach § 111b Abs. 1 angeordnet worden, stellt sich aber während des Ermittlungsverfahrens heraus, dass der Verfall wegen Ausgleichsansprüchen von Verletzten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht angeordnet werden wird, so führt dies jedoch nicht unbedingt zur Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung. Denn § 111b Abs. 5 lässt für diesen Fall die Beschlagnahme zur Sicherung der Ausgleichsansprüche des Verletzten im Wege der Zurückgewinnungshilfe zu. Zur Aufrechterhaltung der Sicherung braucht dann lediglich die Begründung der Beschlagnahmeanordnung angepasst werden. 28 Fraglich ist dagegen das Ende der Beschlagnahmewirkung, wenn eine ursprünglich zulässige Beschlagnahmeanordnung durch den zuständigen Richter als Arrestanordnung gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d aufrechterhalten wird, 24

Vgl. KK-Nack, Vor § 94, Rn. 6; Pfeiffer, Vor §§ 94-111p, Rn. 1; BT-Drucks. 13/8651, S. 16. 25 OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239. 26 KK-Nack § l l l e , Rn. 15; LR-Schäfer, § 11 le, Rn. 18; SK-Rudolphi, § 11 le, Rn. 17; LG Halle wistra 2000, 279 (279). 27 OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239. 28 Ebenso Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l e , Rn. 16; KK-Nack, § l l l e , Rn. 15.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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weil die Verfallseigenschaft des beschlagnahmten Gegenstandes weggefallen ist und nur noch die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz in Betracht kommen. 29 Ergeht in einem solchen Fall der dingliche Arrest und wird dieser in den ursprünglich beschlagnahmten Gegenstand vollzogen, so führt dies bei einer Pfändung nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 930 Abs. 1 oder § 931 Abs. 1 ZPO - wie bereits dargelegt 30 - wegen der Verstrickung ebenfalls zu einem relativen Veräußerungsverbot i.S.d. §§ 136, 135 BGB. Hier haben also die vorherige Beschlagnahme und die nachfolgende Arrestierung des Gegenstandes die gleiche Wirkung. 3 1 Damit wird bei einer Aufrechterhaltung der Beschlagnahmeanordnung durch einen Arrest das zuvor nach § 111c Abs. 5 bestehende Veräußerungsverbot praktisch nicht unterbrochen, Zwischenverfügungen bleiben weiter unwirksam. 32 Das könnte bedeuten, dass in solchen Fällen die Beschlagnahmewirkung nicht endet und Vollstreckungsmaßnahmen eines Verletzten in die betroffenen Gegenstände weiterhin einer Zulassung nach § 111g Abs. 2 bedürfen. Allerdings beruht die Wirkung des Veräußerungsverbots dann nur noch auf dem dinglichen Arrest und seiner Vollziehung nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. §§ 930, 931 ZPO, nicht aber mehr auf der ursprünglichen Beschlagnahmeanordnung. Deren Voraussetzungen liegen nicht mehr vor, weshalb sie durch die Arrestanordnung ersetzt werden musste. Da die Bestimmung des § 111g aber nur für Beschlagnahmen von Gegenständen nach § 111c gilt, nicht jedoch für Sicherstellungen durch Arrest nach § l l l d , endet mit der Ersetzung der Beschlagnahmeanordnung durch einen dinglichen Arrest auch die Zulassungsbedürftigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen nach § 111g Abs. 2 Satz 1. (d) Ende der Beschlagnahme aufgrund gutgläubigen Erwerbs Ein Ende der Beschlagnahme und ihrer Wirkung könnte weiter dann eintreten, wenn ein Dritter den beschlagnahmten Gegenstand gutgläubig erwirbt. Nach § 11 lc Abs. 5 hat die Beschlagnahme eines Gegenstandes die Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 136 BGB. Bei einer dennoch erfolgten Verfügung über den Gegenstand wie z.B. der Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten finden aber über §§ 136, 135 Abs. 2 29

Vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1981, 482; LG Kiel SchlHA 1999, 131; LR-Schäfer, § 11 lc, Rn. 14; Gebert, D, IV, 2. 30 s.o. die Ausführungen unter B., III., 2., d). 31 BGH NJW 1979, 1612. 32 LR-Schäfer, § 111c, Rn. 14; OLG Karlsruhe Die Justiz 1981, 482; Gebert, D, IV, 2.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

BGB die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung. D.h., das Veräußerungsverbot aus § 11 lc Abs. 5 schließt grundsätzlich einen gutgläubigen Erwerb beschlagnahmter Gegenstände nicht aus. 33 Es stellt sich die Frage, ob ihr gutgläubiger Erwerb tatsächlich möglich ist mit der Folge, dass gemäß § 936 BGB die Beschlagnahmewirkung erlischt. Ein wirksamer Dritterwerb einer mit einem Verfügungsverbot belegten Forderung oder eines sonstigen Vermögensrechts kraft guten Glaubens ist mangels einer durch § 135 Abs. 2 BGB in Bezug zu nehmenden Gutglaubensschutzvorschrift bereits ausgeschlossen.34 Dies gilt somit auch für die nach § 111c Abs. 3 beschlagnahmten Forderungen und Vermögensrechte. Die von § 135 Abs. 2 BGB in Bezug genommenen Gutglaubensschutzvorschriften sind für bewegliche Sachen die §§ 932 ff., 1032, 1207, 1244 BGB, § 366 HGB und für Grundstücke die §§ 892 f., 1138, 1155 BGB, wobei entsprechende Anwendung bedeutet, dass sich der gute Glaube des Erwerbers gerade auf das Nichtbestehen des Veräußerungsverbotes beziehen muss. 35 Demnach schadet beim Erwerb von Rechten an beweglichen Sachen Kenntnis und grobfahrlässige Unkenntnis, beim Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten positive Kenntnis. 36 Hinsichtlich Grundstücken bestimmt § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Fall, dass der Berechtigte in der Verfügung über ein im Grundbuch eingetragenes Recht zu Gunsten einer bestimmten Person beschränkt ist, dass die Beschränkung dem Erwerber gegenüber wirksam ist, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist. § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB erfasst insbesondere auch Verfügungsverbote aus §§ 135, 136 BGB, so dass der gutgläubige Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten durch Eintragung des jeweiligen Verfügungsverbots im Grundbuch ausgeschlossen werden kann. 37 § 111c Abs. 2 sieht deshalb für die Bewirkung der Beschlagnahme eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts vor, dass ein Vermerk über die Beschlagnahme in das Grundbuch eingetragen wird. Mit der ordnungsgemäßen Beschlagnahme nach §§ 111c 33 Vgl. LK-Schmidt, § 73e, Rn. 10; § 74e, Rn. 14; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 15; MüKo-Mayer-Maly/Armbrüster, § 136, Rn. 6, 7; Staudinger-Kohler, § 136, Rn. 14, 18. 34 Staudinger-Kohler, § 135, Rn. 59, 102; Palandt-Heinrichs, § 136, Rn. 4, 9; Bülow JuS 1994, 1 (3, 6); LK-Schmidt, § 74e, Rn. 14. 35 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 136, Rn. 9; Erman-Palm, § 136, Rn. 14; BGH NStZ 1985, 262 (262); RGZ 90, 335 (338); Bülow JuS 1994, 1 (6). 36 Vgl. Erman-Palm, § 136, Rn. 14; Staudinger-Kohler, § 135, Rn. 60. 37 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 892, Rn. 17, § 136, Rn. 9; Soergel/Hefermehl, § 135, Rn. 23.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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Abs. 2 durch Eintragung des Beschlagnahmevermerks ist daher immer auch § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB erfüllt. Ein gutgläubiger Erwerb von beschlagnahmten Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten durch Dritte ist somit in der Regel nicht möglich. Die Beschlagnahme von beweglichen Sachen, Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen wird gemäß § 111c Abs. 1 und 4 dadurch bewirkt, dass diese in Gewahrsam genommen oder die Beschlagnahme durch Siegel oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird. Diese Vorschriften sind den Zwangsvollstreckungsvorschriften der Zivilprozessordnung nachgebildet, wobei sich die in § 111c Abs. 1 enthaltene Regelung für die Beschlagnahme beweglicher Sachen an § 808 ZPO anlehnt. 38 Entsprechend § 808 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind daher Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere bei ihrer Beschlagnahme in amtlichen Gewahrsam zu nehmen. 39 Auch die Wegnahme und Verbringung anderer beweglicher Sachen in den amtlichen Gewahrsam durch die beschlagnahmende Behörde wird regelmäßig der bloßen Siegelung und Belassung im unmittelbaren Besitz des Straftäters vorzuziehen sein, damit dieser nicht die Tatgewinne und Surrogate dem Zugriff des Staates bzw. des Verletzten entziehen kann. 4 0 Bei einer in amtlichen Gewahrsam genommenen Sache, die sich nicht mehr in Besitz des veräußernden Straftäters befindet, ist ihr gutgläubig-lastenfreier Erwerb durch Dritte nach §§ 929, 932 BGB mangels Übergabe nicht möglich. Hier könnte allenfalls eine lastenfreie Übereignung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB gegen die verwahrende Behörde erfolgen. Da § 931 BGB aber einen abtretbaren Herausgabeanspruch insbesondere aus einem Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB voraussetzt, die Beschlagnahme jedoch mangels beabsichtigter Rückgabe kein solches Besitzmittlungsverhältnis zwischen der verwahrenden Behörde und dem Eigentümer begründet, kommt ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb durch Dritte gemäß §§ 936 Abs. 1, 3 BGB erst bei tatsächlicher Übergabe der Sache an den Käufer in Betracht. 41 Solange also die bewegliche Sache nach § 111c Abs. 1 1. Alt. noch durch Ingewahrsamnahme beschlagnahmt ist, kann sie nicht gutgläubig nach den §§ 136, 135 Abs. 2 BGB erworben werden. Ist dagegen eine Ingewahrsamnahme wegen der Art oder Größe der Sache nicht möglich oder aus anderen Gründen nicht angebracht, so wird die Beschlagnahme der Sache durch die Anbringung entsprechender Siegel, 38

BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 111c. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 5; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 3. 40 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 3 ff.; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 2, 3; KK-Nack, § 11 lc, Rn. 2; vgl. dazu Stein/Jonas-Münzberg, § 808, Rn. 28, 29. 41 Zutreffend OLG München NJW 1982, 2330; KK-Nack, § 111c, Rn. 2; HKLemke, § 111c, Rn. 2; MüKo-7c?ö5i, § 868, Rn. 41; Palandt-Bassenge, § 868, Rn. 17; § 931, Rn. 3. 39

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Plomben oder in anderer Weise an dem Gegenstand kenntlich gemacht und die Sache im unmittelbaren Besitz des Gewahrsamsinhabers belassen.42 Bei Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen wird aufgrund ihrer Größe die Beschlagnahme nach § 111c Abs. 4 ebenfalls regelmäßig in geeigneter Weise kenntlich zu machen sein 4 3 , insbesondere wird bzw. kann sie nach § 111c Abs. 4 ergänzend in Registern eingetragen werden. Die Kenntlichmachung der Beschlagnahme von beweglichen Sachen, Schiffen etc. durch angebrachte Siegel oder andere Mittel steht in der Regel einem gutgläubigen Erwerb entgegen. Denn in diesen Fällen muss sich der Erwerber grobfahrlässige Unkenntnis vom Veräußerungsverbot gemäß § 932 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen. Dies ist erst recht nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SchiffsRG und § 16 Abs. 1 Satz 2 LuftfzRG zu bejahen, wenn sich die Beschlagnahme der Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge zusätzlich aus den öffentlichen Glauben genießenden Registern 44 ergibt. Bei bloßer Kenntlichmachung - ohne Eintragung in ein öffentliches Register - besteht dagegen die Gefahr, dass der veräußernde Straftäter oder seine Helfer die Kenntlichmachung wieder entfernen und so einen gutgläubigen Erwerb ermöglichen. Dem soll der Straftatbestand des § 136 StGB entgegenwirken. Er schützt die einmal erfolgte Beschlagnahme mittels Kenntlichmachung durch Strafandrohung, kann die Gefahr ihrer Entfernung aber nicht ausschließen. Ein Ende der Beschlagnahme und ihrer Wirkung durch gutgläubigen Erwerb gemäß §§ 136, 135 Abs. 2 BGB kann demzufolge allenfalls bei beschlagnahmten, beweglichen Sachen und nur dann eintreten, wenn der Straftäter oder Dritte unter Verstoß gegen § 136 StGB die Kenntlichmachung durch Siegel o. ä. entfernen und den beschlagnahmten Gegenstand an einen tatsächlich gutgläubigen Dritten mit der Folge des § 936 BGB veräußern. In allen anderen Fällen, insbesondere bei Vermerk der Beschlagnahme im Grundbuch oder in anderen Registern scheidet ein gutgläubiger Erwerb und damit auch eine Beendigung der Beschlagnahmewirkung aus. (e) Ende der Beschlagnahme gemäß § 111c Abs. 6 Ein Ende der Beschlagnahme kann sich noch bei Rückgabe einer beschlagnahmten beweglichen Sache an den Betroffenen gemäß § 111c 42

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 3 ff.; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 2, 3; KK-Nack, § 111c, Rn. 2; vgl. dazu Stein/Jonas-Münzberg, § 808, Rn. 28, 29. 43 Bei Pfändungen nach § 808 ZPO werden Schiffe mit einer verschließbaren Kette mit dem Amtssiegel um den Mast „in die Kette" gelegt, vgl. Noack JurBüro 1982, 165 (170). 44 Vgl. Staudinger-Nöll, Einleitung zum SchiffsRG, Rn. 15; Schölermann/ Schmid-BurgkWM 1990, 1137 (1140).

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I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

Abs. 6 ergeben. Nach § 111c Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 kann dem Betroffenen eine beschlagnahmte bewegliche Sache gegen sofortige Erlegung des Wertes zurückgegeben werden. Gemäß § 111c Abs. 6 Satz 2 tritt dann der erlegte Betrag an deren Stelle. Dies hat zur Folge, dass die Sache selbst nicht mehr beschlagnahmt ist und für sie das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 entfällt. Stattdessen wird der Geldbetrag neuer Beschlagnahmegegenstand mit allen Wirkungen. 45 Nach § 111c Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 kann dem Betroffenen eine beschlagnahmte bewegliche Sache auch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs zur vorläufigen weiteren Benutzung bis zum Abschluss des Verfahrens überlassen werden. In diesen Fällen bleibt jedoch die Sache weiter beschlagnahmt und das Veräußerungsverbot aus § 11 lc Abs. 5 bestehen 4 6 ( 0 Zwischenergebnis Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten in nach § 111c beschlagnahmte Vermögenswerte sind zulassungsbedürftig i.S.d. § 111g Abs. 2, wenn ihnen beim Zugriff die Beschlagnahmewirkung aus § 111c Abs. 5 entgegensteht. Diese Wirkung beginnt mit dem Vollzug der Beschlagnahme in die jeweiligen Gegenstände und endet je nach den Umständen des Einzelfalles mit dem Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in demselben Verfahren, mit der Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung oder mit der Rückgabe der beschlagnahmten beweglichen Sache nach § 111c Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, im Ausnahmefall auch mit dem gutgläubigen Erwerb einer beschlagnahmten beweglichen Sache. bb) Einschränkungen nach dem Sicherungszweck der Beschlagnahme? § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 erfasst nach seinem Wortlaut ausnahmslos alle Beschlagnahmen eines Gegenstandes nach § 111c. Fraglich ist, ob damit tatsächlich alle nach § 111c beschlagnahmten Gegenstände für einen zulassungsbedürftigen Zugriff des Verletzten zur Verfügung stehen oder ob hier weitere Einschränkungen nach dem Sicherungszweck der Beschlagnahme zu machen sind. (1) Beschlagnahme von Gegenständen wegen Erweitertem

Verfall

Es stellt sich die Frage, ob der Verletzte nach § 111g in solche Gegenstände vollstrecken darf, die wegen Annahme der Voraussetzungen des Er45 46

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 14; HK-Lemke, § 111c, Rn. 13. LR-Schäfer, § 111c, Rn. 19; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 15.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

weiterten Verfalls nach §§ 111b Abs. 1, 111c i . V . m . § 73d Abs. 1 StGB beschlagnahmt worden sind. Diese Vollstreckungsmaßnahmen wären dann ebenfalls zulassungsbedürftig gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1. Dies setzt voraus, dass § 111g bei der Beschlagnahme von Gegenständen wegen Erweitertem Verfall anwendbar ist. Die systematische Einordnung des Erweiterten Verfalls in die Verfallsvorschriften des StGB bedeutet, dass § 73d StGB als weitere, besondere Erscheinungsform des in den §§ 73 ff. StGB geregelten Verfalls anzusehen ist. Daher finden alle allgemein den Verfall betreffenden Vorschriften grundsätzlich Anwendung, so insbesondere auch die §§ 111b f f . 4 7 Allerdings könnte sich hier etwas anderes daraus ergeben, dass die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB beim Erweiterten Verfall keine Anwendung findet. 48 Danach werden bei Bejahung des § 73d StGB Schadensersatzansprüche der durch die Tat Verletzten nicht berücksichtigt und deshalb die Anordnung des Erweiterten Verfalls im Urteil nicht ausgeschlossen. § 111g Abs. 2 Satz 3 und Abs. 1 verlangen für die Zulassung des Zugriffs des Verletzten auf beschlagnahmte Gegenstände ebenfalls wie in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einen aus der Tat erwachsenen Anspruch. § 111b Abs. 5, nach dem die Beschlagnahme als Zurückgewinnungshilfe unmittelbar zu Gunsten des Verletzten möglich ist, verlangt hierfür das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB. Sollte daher § 111g von den gleichen Voraussetzungen wie § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgehen oder jedenfalls systematisch auf demselben Grundgedanken beruhen, so müsste dies nach der Gesetzessystematik dazu führen, dass § 111g wie auch die übrigen Vorschriften der Zurückgewinnungshilfe in §§ l l l e , l l l i und 111k bei wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmten Gegenständen nicht anwendbar sind. Ein danach erfolgender Zugriff wäre dem Verletzten dann verwehrt. (a) Verhältnis des § 111g zu § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Daher ist zunächst das gesetzessystematische Verhältnis des § 111g zu § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu klären. Wie bereits zu Beginn dargestellt 49 , war die Schaffung der §§ 111b ff. allgemein Folge der Einführung der strafrechtlichen Vorschriften über den Verfall gemäß §§ 73 ff. StGB durch das 2. StrRG, um zur Sicherung der 47 BT-Drucks. 11/6623, S. 6; 12/989, S. 23 f.; Schönke/Schröder-Eser, § 73d, Rn. 3; NK-Herzog, § 73d, Rn. 14; Möhrenschläger wistra 1992, 281 (286); KK-Nack, § 111b, Rn. 1. 48 Vgl. hierzu die Ausführungen unter B., III., 3., a). 49 s.o. die Ausführungen unter Β., Π.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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bestehenden Verfallsansprüche die entsprechende verfahrensrechtliche Ergänzung zu schaffen. Mit dem 2. StrRG hatte der Gesetzgeber auch die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB eingeführt. Danach wurde zu Gunsten des Verletzten der nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich zwingend anzuordnende Verfall von Vermögensvorteilen an den Staat generell ausgeschlossen oder beschränkt, „soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde". Dem lag der Gedanke zu Grunde, dass der aus der Tat erlangte Vermögensvorteil belastet ist mit den aus der Tat dem Verletzten erwachsenen, vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüchen, die im Falle ihrer Realisierung den erlangten Vorteil mindern oder beseitigen. Diese Individualansprüche sollten den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zu Gunsten der Staatskasse haben. Um dem Täter nicht die Mittel zu entziehen, die er zur Befriedigung der Ansprüche des Verletzten benötigt, sollte der Verfall dieser Vermögensvorteile verhindert werden. 50 Der endgültigen Fassung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB waren in den Beratungen des vom Deutschen Bundestag in der 5. Wahlperiode eingesetzten Sonderausschusses für die Strafrechtsreform kontroverse Diskussionen und zahlreiche Überlegungen vorausgegangen. In deren Mittelpunkt hatte die Lösung der Frage gestanden, inwieweit bei der Anordnung des Verfalls von Tatgewinnen die aus der Straftat entstandenen Ersatzansprüche der Geschädigten zu berücksichtigen sind. 51 Man einigte sich schließlich auf den Vorschlag des Vertreters des Bundesjustizministeriums, die Verfallserklärung stattfinden zu lassen „nur in solchen Fällen, wo von vorneherein überhaupt keine Ansprüche vorhanden seien, und zwar in der Erwägung, daß die Verfallserklärung nur in diesen Fällen notwendig sei, weil sonst ein zivilrechtlich Berechtigter da sei, der sich um die Geltendmachung der Ansprüche kümmern könne. Dabei werde in Kauf genommen, daß es Fälle gebe, in denen sich die Verletzten um ihre Ansprüche nicht kümmern würden". 52 Um allerdings zu vermeiden, dass dem Täter der Tatgewinn verbleibt, wenn der Verletzte seine Ansprüche später nicht geltend macht - so die dem Vorschlag entgegengehaltenen Bedenken 53 - , sprach sich der Sonderausschuss für die bereits im Entwurf der Bundesregierung eines Strafgesetz50 Vgl. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21; LK-Schmidt, § 73, Rn. 34; Güntert, S. 69 ff.; Eser, S. 294 ff.; Protokolle V, S. 542 ff., 994 ff., 1007 ff., 1021 f. 51 Zu den Einzelheiten siehe Protokolle V, S. 542 ff., 994 ff., 1007 ff., 1021 f.; LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 25, 26; Güntert, S. 69 ff.; Eser, S. 294 ff.; Lenz, S. 281 ff. 52 Protokolle V, S. 1004 {Dreher). 53 Vgl. Protokolle V, S. 545, 995, 1003 f.; Lenz, S. 283 f.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

buches (StGB) E 1962 angedeutete54 sog. „Beschlagnahmelösung" aus. Diese sah vor, die vorhandenen Tatgewinne beschlagnahmen zu können und die Geschädigten aufzufordern, ihre Ansprüche im Zivilverfahren gegen den Täter geltend zu machen, damit diese sich dann nach dem Grundsatz, dass deijenige, der zuerst komme, zuerst befriedigt werde, an das beschlagnahmte Vermögen halten könnten. 55 Der Sonderausschuss erteilte daraufhin dem Gesetzgeber den Auftrag, in die StPO eine Vorschrift aufzunehmen, wonach Vermögensvorteile, die Täter oder Teilnehmer aus einer Straftat erlangt haben, sicherzustellen, gegebenenfalls zu beschlagnahmen sind, wenn dringender Tatverdacht besteht. Soweit diese Vermögensvorteile nur deshalb nicht nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB für verfallen erklärt werden, weil Ersatzansprüche Dritter bestehen, sei eine Regelung vorzusehen, nach der den Geschädigten, soweit sie bekannt sind, von der Sicherstellung Mitteilung zu machen ist. Im Übrigen seien sie öffentlich auf die Sicherstellung hinzuweisen. Ihnen sei eine Frist (von vielleicht drei Jahren) einzuräumen, innerhalb deren sie ihre Ansprüche gegen den Täter oder Teilnehmer geltend machen können. Zur Befriedigung dieser Ansprüche stünden die sichergestellten Vermögensvorteile zur Verfügung. 56 Der zunächst ohne Ergebnis in der sechsten57, dann erneut in der siebten Wahlperiode vorgelegte Entwurf der Bundesregierung eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 11. Mai 1973 58 machte sich das Ziel des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (5. Wahlperiode), wonach die Sicherstellung von Gegenständen zur Sicherung des Verfalls gleichzeitig auch der Schadloshaltung des Verletzten dienen solle, zu eigen. Der Entwurf erklärte in seiner amtlichen Begründung ausdrücklich, die vorgeschlagenen §§ 111b bis 1111 entsprächen der Konzeption des Sonderausschusses insoweit, als sie „die Beschlagnahme oder sonstige Sicherstellung von Gegenständen im Hinblick auf Verfall, Schadloshaltung des Verletzten und Einziehung regeln sowie dem Verletzten wegen aus der Straftat erwachsener Ansprüche eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit auf sichergestellte Vermögenswerte gewährleisten". 59 Zu dem ebenfalls vorgeschlagenen § 11 l g führt die Begründung des Regierungsentwurfs u.a. aus: „Die Vorschrift dient gemäß dem Grundgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB i. d. F. des 2. StrRG der vorrangigen Befriedigung aus der Tat erwachsener Ansprüche Verletzter und erleichtert damit zugleich die Klärung der Frage, inwie54

Vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 241 f. Protokolle V, S. 994, 996, 999 f., 1004, 1009, 1022. 56 Protokolle V, S. 1022; BT-Drucks. V/4095, S. 39 f.; vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 291 f. 57 BT-Drucks. VI/3250. 58 BT-Drucks. 7/550. 59 BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung. 55

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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weit wegen solcher Ansprüche von grundsätzlich gerechtfertigtem Verfall oder Verfall von Wertersatz Abstand genommen werden muß. Dem Verletzten stehen nicht nur beschlagnahmte Gegenstände zur Verfügung, die dem Verfall unterliegen, sondern auch solche, deren Verfall bereits angeordnet, aber noch nicht rechtskräftig ist (Absatz 4). [...]

Allerdings kann nicht auf die Bestimmung verzichtet werden, daß der Verletzte sich für den Zugriff einen Titel beschaffen muß, weil andernfalls eine abschließende Entscheidung im Rahmen des Strafverfahrens jedenfalls nicht vor dessen Abschluß zu erreichen wäre und außerdem häufig zu unvertretbaren Verzögerungen führen müßte, während andererseits eine unzulängliche Überprüfung zu ungerechtfertigter Benachteiligung Dritter führen kann. Den Interessen des Verletzten dient zusätzlich die Möglichkeit einer Fristverlängerung nach § Uli, in einfach gelagerten Fällen auch die in § 111k vorgesehene Regelung. Aus dem Titel selbst wird häufig nichts über dessen Gründe zu entnehmen sein, deshalb bedürfen bevorrechtigte Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten der Zulassung durch den Richter, der feststellen muss, ob es hinreichend glaubhaft gemacht ist, dass der titulierte Anspruch tatsächlich aus derjenigen Tat des Beschuldigten erwachsen ist, derentwegen die Beschlagnahme erfolgte ", 60 Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf des EGStGB wurde vom Deutschen Bundestag (7. Wahlperiode) vor seiner Verabschiedung noch an den Sonderausschuss für die Strafrechtsreform überwiesen. Dieser wiederum übernahm die §§ 111b bis 1111 mit einer geringfügigen redaktionellen Klarstellung in § l l l i unverändert und nahm wegen der Konzeption der Neuregelung und deren Einzelheiten auf die Begründung des Regierungsentwurfes Bezug. Gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates auf Verschiebung der Einführung der §§ 111b ff. führte er aus, dass die Verletzten praktisch schutzlos wären, wäre die konzipierte Sicherstellung der Gegenstände, hinsichtlich derer die Verletzten Ersatzansprüche haben, nicht möglich. Da den Verletzten der Vorrang eingeräumt sei, müssten sie während einer bestimmten Zeit auch die Möglichkeit haben, sich aus den sichergestellten Gegenständen zu befriedigen, wofür der Regierungsentwurf in § 11 l b Abs. 3 (der heutige § 11 l b Abs. 5), §§ 11 l g bis 11 l k eine vernünftige Lösung enthalte. 61 In einer seiner Sitzungen wurde die primäre Aufgabe der neuen Vorschriften der §§ 111b ff. umrissen:

„Einmal die Sicherstellung des Verfalls und zweitens die Sicherstellung im Interesse der Schadloshaltung des Verletzten, wobei der letztere Gesichtspunkt schon durch die Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorgezeichnet und durch den betonten Wunsch des Sonderausschusses anläßlich der Beratungen der materiellen Vorschriften noch einmal unterstrichen worden war. Insofern stellen die prozessualen Regelungen über die Sicherstellung im Interesse der Schadloshaltung des Verletzten nur eine konsequente Weiterführung dessen dar, was durch die A 60 61

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 11 lg. BT-Drucks. 7/1261, S. 1, 25; vgl. auch BT-Drucks. 7/1232, S. 1-3, 89 ff.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

be it e η am 2. Strafrechtsreformgesetz begonnen worden war. Sie sind damit echte Folgeänderungen des materiellen Rechts". 62 „§ 111g will das weitere Ziel der Neuregelung, die Schadloshaltung des Verletzten sicherzustellen, verwirklichen" 63 Aus der Entstehungsgeschichte der §§ 111b ff. und insbesondere des § 111g ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber hier dem Ziel der Schadloshaltung des durch eine Straftat Geschädigten mittels prozessualer Zurückgewinnungshilfe eine große Bedeutung zugemessen hat. Eindeutig feststellbarer Zweck ist es, einen wirksamen Opferschutz durch frühzeitige strafprozessuale Sicherstellungsmaßnahmen zu gewährleisten. 64 Diese Vorschriften sollten nach dem Grundgedanken und in konsequenter Weiterführung der Schaffung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, wonach die aus der Straftat erwachsenen Ausgleichsansprüche von Verletzten Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zu Gunsten der Staatskasse haben, die Sicherstellung von Gegenständen auch zur Schadloshaltung des Verletzten regeln und diesem wegen seiner Ansprüche eine durch staatliche Zwangsmaßnahmen ungehinderte, vorrangige Zugriffsmöglichkeit auf die sichergestellten Vermögenswerte gewährleisten. Dabei sollte das in § 111g für den Zugriff des Verletzten vorgesehene Zulassungsverfahren gleichzeitig die Frage klären, inwieweit wegen solcher Ansprüche von Verfall oder Verfall von Wertersatz Abstand genommen werden muss. Damit setzt § 111g für den Zugriff des Verletzten voraus, dass materiellrechtlich der Staat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Anspruch auf Verfall hat, weil dieser einen Anspruch des Verletzten aus der Straftat mindern würde. D.h., der Verletzte braucht für die Zulassung nach § 111g Abs. 2 nur zu belegen, dass der Verfall des betreffenden, beschlagnahmten Gegenstandes an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitern wird. 6 5 Findet aber § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB beim Vorliegen der Voraussetzungen des Erweiterten Verfalls aus § 73d StGB keine Anwendung, so ist demzufolge auch die Vorschrift des § 111g gesetzessystematisch nicht anwendbar. Damit kann gemäß § 111g ein Zugriff des Verletzten auf Grund aus der Tat erwachsener Ansprüche nicht auf Gegenstände erfolgen, die wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmt worden sind. Da die §§ l l l e , 111h, l l l i und 111k nach der gleichen Systematik wie § 111g dem Ziel der Zurückgewinnungshilfe und des Opferschutzes dienen, sind auch diese somit gleichfalls nicht anwendbar. 62

Protokolle 7, S. 651 (von Bülow). Protokolle 7, S. 652 zu § 111g (von Bülow). 64 Dessecker, S. 34. 65 Ebenso KMR-Müller, § l l l g , Rn. 2; KK-Nack, § l l l g , Rn. 4; Strüwer, S. 182; Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; OLG Hamm NJW-RR 2000, 286 (287); Kühne, Rn. 263. 63

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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(b) Systematischer Bruch mit dem geltenden Verfallssystem Die Regelung, dass im Gegensatz zu den Verfallsvorschriften der §§ 73, 73a StGB beim Erweiterten Verfall ein Vorrang der aus der Tat stammenden Verletztenansprüche gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gegenüber der Abschöpfung zu Gunsten des Staates nicht vorgesehen ist, könnte einen WertungsWiderspruch zum geltenden, bereits beschriebenen Verfalls- und Zurückgewinnungshilfesystem 66 darstellen. Der Gesetzgeber hatte zunächst mit dem Ziel der Bekämpfung des Betäubungsmittelhandels in den ersten Gesetzesentwürfen für den Erweiterten Verfall nur einen auf bestimmte Betäubungsmitteldelikte beschränkten Anwendungsbereich vorgesehen. 67 In diesem Bereich können - mangels Individualinteressen schützender Strafgesetze - verfallsausschließende Schadensersatzansprüche von Tatverletzten nicht relevant werden. 68 Danach wäre ein Wertungswiderspruch noch zu verneinen gewesen, weil bei Betäubungsmitteldelikten, wegen denen der Erweiterte Verfall angeordnet wird, nicht auf Ansprüche von Verletzten Rücksicht genommen werden muss. Erste unzulässige 69 Brüche mit dem geltenden Verfalls- und Zurückgewinnungshilfesystem zeigten sich aber bereits darin, dass der Gesetzgeber trotz dieses beschränkten Anwendungsbereichs nicht ausschließen konnte und wollte, dass die Verfallsgegenstände neben den Betäubungsmitteldelikten auch aus solchen Taten herrühren könnten, aus denen tatverletzten Dritten ein Schadensersatzanspruch erwachsen ist. 7 0 Im Hinblick auf die Beschränkung des Erweiterten Verfalls auf bestimmte Betäubungsmittelstraftaten und dem hiernach angesprochenen Täterkreis erschien diesem das Risiko so gering, dass im Einzelfall im Wege des Erweiterten Verfalls Gegenstände entzogen werden, die unter den strengeren Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vom Verfall ausgeschlossen wären, so dass dieses Risiko vernachlässigt werden könne. 71 Der Gesetzgeber hat hier also schon bewusst staatlichen Verfallsansprüchen und der Gewinnabschöpfung gegenüber aus der Tat erwachsenen Verletztenansprüchen den Vorrang eingeräumt, obwohl nach dem geschilderten System von Verfall und Zurückgewinnungshilfe und der dahinterstehenden Konzeption des Gesetzgebers in solchen Konstellationen die Schadloshaltung des Verletzten und der Opferschutz absolut vorrangig sein sollte. 66 67 68 69 70 71

5 Hees

s.o. unter B., III. und unter B., III., 3. Vgl. BT-Drucks. 11/6623, S. 1,4, 6 f.; vgl. auch Tröndle/Fischer, § 73d, Rn. 5. Vgl. LK-Schmidt, § 73, Rn. 34 a.E., 37; § 73d, Rn. 7; BT-Drucks. 11/6623, S. 6. Kühne, Gewinnabschöpfung, S. 210. BT-Drucks. 11/6623, S. 7. BT-Drucks. 11/6623, S. 7.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Dieser klare Wertungswiderspruch 72 im Verfallsystem zu Lasten des Verletzten, der so in seinem außerstrafrechtlichen Bemühen um Schadenswiedergutmachung erheblich beeinträchtigt wird, ist nur zu verstehen, wenn man die weiteren Beweggründe des Gesetzgebers berücksichtigt. Zum Zeitpunkt von Entwurf und Einführung des Erweiterten Verfalls in § 73d StGB beabsichtigte dieser, in einer Gesamtreform die Vorschriften über Verfall und Erziehung zu überarbeiten. In deren Rahmen sollte die Verfallsanordnung zunächst immer ohne Berücksichtigung von Schadensersatzansprüchen Verletzter ergehen können, diese dann aber in Verbesserung des Opferschutzes anschließend in einem gesonderten Nachverfahren erfolgen, so dass sich der Verletzte an den Staat halten kann. Wegen der angenommenen besonderen Dringlichkeit eines umfassenden Zugriffs auf die Gewinne aus dem illegalen Betäubungsmittelhandel wollte der Gesetzgeber jedoch den Abschluss der Arbeiten an der Gesamtreform nicht abwarten, sondern das Instrument des Erweiterten Verfalls vorziehen. Dessen Vorabregelung sollte so erfolgen, dass sie sich später in die Gesamtreform der Vorschriften über Verfall und Einziehung soweit wie möglich einfügt und zugleich eine einheitliche Fortentwicklung des Verfallsrechts gewährleistet. 73 Vor diesem Hintergrund macht daher die mit dem Erweiterten Verfall im Betäubungsmittelbereich bereits verwirklichte konsequente Gewinnabschöpfung Sinn und ließe sich zumindest für eine Übergangsphase noch hinnehmen. Entgegen der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers dehnte das OrgKG jedoch den Anwendungsbereich der Blankettnorm des § 73d StGB später auf weitere Bereiche der Organisierten Kriminalität aus, insbesondere auf Delikte mit banden- oder gewerbsmäßiger Begehungsweise.74 Mittlerweile findet der Erweiterte Verfall Anwendung beim Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB und dem Schweren Bandendiebstahl nach § 244a StGB, bei der bandenmäßigen Erpressung oder Räuberischen Erpressung nach §§ 253, 255, 256 StGB, bei der bandenmäßigen oder gewerbsmäßigen Hehlerei nach §§ 260, 260a StGB und bei bandenmäßigem oder gewerbsmäßigem Betrug gemäß § 263 Abs. 7 StGB. Bei diesen Delikten handelt es sich nicht mehr um solche der Rauschgiftkriminalität. Es sind Delikte, bei denen regelmäßig die dadurch geschützten individuellen Vermögensinteressen der Geschädigten verletzt werden mit der Folge, dass diesen sowohl geringe als auch hohe Schadensersatzansprüche zustehen werden. 75 Deren gegenüber dem Justizfiskus vorrangige Geltendmachung bliebe allerdings unter strikter Anwendung des § 73d StGB gänzlich ausgeschlossen. 72

Ebenso Lackner/Kühl-Lackner, § 73d, Rn. 1, 3, 11; Schultehinrichs, S. 187 f.; Tröndle/Fischer, § 73d, Rn. 5; kritisch auch Jeschek/Weigend, § 76 I 6 b). 73 BT-Drucks. 11/6623, S. 5, 7; BT-Drucks. 12/989, S. 23 f. 74 Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 20 f., 23 f.; BGBl 1992 I, S. 1303 f. 75 Vgl. Schultehinrichs, S. 187.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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Gleichzeitig ist das Vorhaben des Gesetzgebers, in einer Gesamtreform die Verfallsvorschriften zu überarbeiten und den Opferschutzgedanken in einem Nachverfahren zu berücksichtigen, nicht realisiert worden. Das entsprechend geplante Gesetz zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straftaten vom 3. Februar 1998 76 fand keinen Konsens, wurde nicht verabschiedet und eine Neuverabschiedung ist - wenn überhaupt vorerst nicht in Sicht. 77 Hätte der Gesetzgeber zudem dieses Gesetz so verwirklicht, wie es im seinerzeitigen Entwurf vorgelegen hatte, so hätten wegen Erweitertem Verfall (nach der neuen Gesetzesterminologie in § 73a StGB n.F. „Erweiterte Einziehung des Erlangten") beschlagnahmte Gegenstände entgegen der seinerzeitigen Ankündigung überhaupt nicht für einen Zugriff der Verletzten zur Verfügung gestanden. In den §§ 111k und 459k des Entwurfs war nicht vorgesehen, dass sich Verletzte aus Gegenständen, die wegen Erweiterter Einziehung des Erlangten gemäß § 73a StGB n.F. zuvor beschlagnahmt worden waren, befriedigen können, und zwar weder im Rahmen einer mit der jetzigen Regelung vergleichbaren Zurückgewinnungshilfe vor der rechtskräftigen Verfallsanordnung noch in einem der Verfallsanordnung nachfolgenden Nach verfahren. 78 D.h., die Vermögensinteressen der Opfer hätten beim Erweiterten Verfall weiterhin trotz der geplanten Neuregelung keine Berücksichtigung gefunden. Damit fällt auch das letzte Argument, das noch für eine Übergangsphase einen Ausschluss der Zurückgewinnungshilfe nach der derzeitigen Rechtslage gerechtfertigt hätte. 79 Aufgrund der Erstreckung des Erweiterten Verfalls auf eine größere Anzahl von Vermögensdelikten aus der Organisierten Kriminalität kommt es somit bereits nach derzeitigem Recht zu einer Konkurrenz des staatlichen Verfallsanspruches mit Ansprüchen von Verletzten, die nach dem geltenden Verfallsrecht und System der Zurückgewinnungshilfe eindeutig den Vorrang haben sollen. Weil die Ungleichbehandlung der Opfer dieser Vermögensdelikte einen Wertungswiderspruch 80 in der gesamten Gesetzessystematik der §§ 73 ff. StGB, §§ 111b ff. darstellt und dem vom Gesetzgeber mit den §§ 111b ff. verfolgten Opferschutz entgegenläuft, wäre an sich eine gesetzliche Regelung dieses Konkurrenzverhältnisses geboten. 81 76

BT-Drucks. 13/9742, abgedruckt in NJW Beil zu Heft 15/1998, S. 63 f.; dazu ZRP 1998, 154 ff. 77 s. bereits o. unter Β., II. 78 Vgl. BT-Drucks. 13/9742, S. 10, 28 zu § 11 lk n.F., S. 11, 29 zu § 459k n.F. 79 Ebenso Kühne, Gewinnabschöpfung, S. 210. 80 So zutreffend BGHSt 41, 278 (284); Lackner/Kühl-Lackner, § 73d, Rn. 1, 3, 11; Schönke/Schröder-Eser, § 73d, Rn. 6; Schultehinrichs, S. 187; a.A. Katholnigg JR 1994, 353 (353). 81 So auch LK-Schmidt, § 73d, Rn. 7; Jeschek/Weigend, § 76 I 6 b). 5*

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Zwar gilt es auch, das legitime Interesse des Staates an einer konsequenten Gewinnabschöpfung beim Straftäter zu berücksichtigen. 82 Dennoch ist es nicht hinnehmbar, dass den Verletzten in weiten Teilen der Organisierten Kriminalität mit banden- und gewerbsmäßig betriebenen Vermögensdelikten ein staatlichen Zwangsmaßnahmen vorrangiger Zugriff verwehrt wird und diese sich stattdessen in der Befriedigung „hinten anstellen" müssen. Ein Nachrang würde staatlicherseits die Chancen der Verletzten auf Wiedergutmachung erheblich beeinträchtigen, mitunter sogar zunichte machen. Die unzweifelhaft notwendige und sinnvolle konsequente Gewinnabschöpfung darf nicht zu Lasten der Opfer gehen, die, wenn es sich um Vermögensdelikte handelt, ein ganz besonderes Interesse an der Schadenskompensation haben. Hier kann und darf der Staat den Schaden nicht noch weiter zementieren. Denn braucht der Staat im Bereich der Organisierten Kriminalität beim Erweiterten Verfall auf die Opfer keine Rücksicht mehr zu nehmen und schöpft er selbst den gesamten Gewinn ab, so werden die Geschädigten regelmäßig leer ausgehen oder nur unter Einsatz erheblicher zusätzlicher Finanzmittel in der Lage sein, ihre Ansprüche in identifizierbare Vermögenswerte der Straftäter und ihrer Organisationsformen durchzusetzen. Würden dagegen die Vorschriften der Zurückgewinnungshilfe weiterhin gelten, so könnten die Geschädigten von den Finanzermittlungen der Behörden über § l l l e Abs. 3 profitieren, ohne die eine Aufklärung der Existenz von Vermögenswerten und eine Schadenswiedergutmachung angesichts der vorhandenen Strukturen des Organisierten Verbrechens so gut wie ausgeschlossen sind. (c) Verwirklichung des Opferschutzgedankens Es stellt sich daher die Frage, ob der derzeit bestehende Wertungswiderspruch und Interessenkonflikt unter Verwirklichung des Opferschutzgedankens zu Gunsten der Verletztenansprüche aufgelöst werden kann. (aa) Vorrang des Verfalls vor dem Erweiterten Verfall Das könnte zunächst in Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen dem Verfall in § 73 StGB und dem Erweiterten Verfall in § 73d StGB erfolgen. Deren Verhältnis wird, weil Letzterer gemäß § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB „auch dann" angeordnet werde, dahingehend gelöst, dass dem § 73 StGB zunächst der Vorrang zu kommt. 8 3 Vor Anordnung des Erweiterten Verfalls hat der Tatrichter also zunächst nach den allgemeinen Prozessregeln das 82

Vgl. dazu Eser, S. 294 ff.; Güntert, S. 69 ff.; Schultehinrichs,

S. 187.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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Vorliegen der Voraussetzungen des Verfalls nach § 73 StGB zu prüfen und wenn er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Täter den Gegenstand aus der zur Verurteilung anstehenden Straftat erlangt hat, den Verfall nach § 73 StGB anzuordnen. Nur wenn die Klärungsversuche des Gerichts zu keinem Ergebnis führen, darf das Gericht auf die Vorschrift des § 73d StGB zurückgreifen und gegebenenfalls nach Prüfung den Erweiterten Verfall anordnen. 8 4 Weil § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bei § 73d StGB nicht gilt, gebietet sich daher auch aus dem Opferschutzgedanken, dass das Gericht zunächst prüft, ob die Voraussetzungen des § 73 StGB vorliegen. 85 Bejaht es diese nämlich, so kann § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Anwendung finden, der Verfall bei Existenz von Verletztenansprüchen unterbleiben und der Verletzte auf die beschlagnahmten Gegenstände nach § 111g zugreifen. Dies wäre nicht möglich, wenn der Richter die beschlagnahmten Gegenstände trotz Bejahung von § 73 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StGB unmittelbar in den Erweiterten Verfall einbeziehen würde. Daraus folgt, dass der Tatrichter bei Aburteilung der Tat immer zunächst zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen des Verfalls nach § 73 StGB und die des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen, auch wenn die Gegenstände ursprünglich unter Bejahung der Voraussetzungen des § 73d StGB nach §§ 111b Abs. 1, 111c beschlagnahmt worden sind. Hat diese richterliche Prüfung bei Aburteilung der Tat Vorrang, dann muss dies auch bereits während des Strafverfahrens gelten. So betreibt der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in einen wegen § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73d StGB beschlagnahmten Gegenstand regelmäßig bereits vor der Verurteilung des Täters. Hier muss dann der für die Beschlagnahme zuständige Richter im Zulassungsverfahren gemäß § 111g Abs. 2 über die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrest Vollziehung entscheiden. Würde dieser die Zulassung und damit den Zugriff des Verletzten auf den Gegenstand allein deshalb versagen, weil die Beschlagnahme ursprünglich wegen § 73d StGB erfolgt ist, so würde damit nicht dem dargelegten Vorrang von § 73 StGB und § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Rechnung getragen. Der Richter muss also auch schon im Zulassungsverfahren des § 111g Abs. 2 prüfen, ob nicht bereits die Verfallsvor83

Tröndle/Fischer, § 73d, Rn. 6a; Schönke/Schröder-Eser, § 73d, Rn. 4; LKSchmidt, § 73d, Rn. 5, 11; Lackner/Kühl-Lackner, § 73d, Rn. 11; NK-Herzog, § 73d, Rn. 1; Katholnigg JR 1994, 353 (354); wohl auch BGH StV 1995, 633. 84 LK-Schmidt, § 73d, Rn. 5; Katholnigg JR 1994, 353 (354); Tröndle/Fischer, § 73d, Rn. 4; Gradowski/Ziegler, S. 95; Benseier, S. 16; BT-Drucks. 12/989, S. 24; 11/6623, S. 6. 85 So Tröndle/Fischer, § 73, Rn. 4; wohl auch Lackner/Kühl-Lackner, § 73d, Rn. 11.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

aussetzungen i.S.d. § 111b Abs. 1 i . V . m . § 73 StGB angenommen werden können. Ist das der Fall, so muss er bei gleichzeitiger Bejahung eines aus der Tat erwachsenen Anspruches des Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB den Zulassungsbeschluss erlassen. Der Vorrang des Verfalls wirkt sich zudem auf den ersten Zugriff durch die Ermittlungsbehörden aus. Können hier bereits die Voraussetzungen des § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73 StGB angenommen werden, so muss die Staatsanwaltschaft oder Polizei die anzuordnende Beschlagnahme auf diese Vorschrift oder die Zurückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 stützen und darf sie nicht unter Missachtung des Vorrangs des § 73 StGB und des den §§ 111b ff. innewohnenden Opferschutzgedankens auf § 73d StGB stützen. Demzufolge ist bereits aufgrund des vorrangigen Verhältnisses des Verfalls aus § 73 StGB zu dem Erweiterten Verfall ein Zugriff des Verletzten gemäß § 111g auf Gegenstände möglich, die ursprünglich wegen § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73d StGB beschlagnahmt worden sind. In Übereinstimmung mit dem System der Zurückgewinnungshilfe lässt sich also der Opferschutz verwirklichen. Solche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Verletzten bedürfen dann gemäß § 1 1 l g Abs. 2 Satz 3 ebenfalls der Zulassung. (bb) Entsprechende Anwendung der Härtefallregelung aus § 73c StGB Noch nicht beantwortet ist damit die Frage, ob der Verletzte gemäß § 111g die zugelassene Zwangsvollstreckung in wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmte Gegenstände betreiben darf, wenn weiterhin nur die Voraussetzungen des § 73d StGB zu bejahen sind. Zunächst wäre noch an eine analoge Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu denken gewesen, um in Verfolgung des Opferschutzgedankens auch beim Erweiterten Verfall eine Befriedigung des Verletzten über § 111g zuzulassen. Hierfür fehlt es jedoch bereits an einer tatsächlichen Regelungslücke. Denn wie der Gesetzgeber schon bei Einführung des Erweiterten Verfalls zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse vorgeschlagen hatte 86 , lässt sich der Interessenkonflikt über die gemäß § 73d Abs. 4 StGB mögliche, entsprechende Anwendung des § 73c StGB lösen 87 , so dass eine analoge Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht mehr in Betracht kommen kann. 8 8 Nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB wird der Verfall nicht angeordnet, 86

Vgl. BT-Drucks. 11/6623, S. 7; 12/989, S. 24. Ebenso Tröndle/Fischer, § 73d, Rn. 5; Schönke/Schröder-Eser, § 73d, Rn. 6, 19; LK-Schmidt, § 73d, Rn. 7, 56; Möhrenschläger wistra 1992, 281 (286); Kühne, Gewinnabschöpfung, S. 210. 87

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Dies wird auch bejaht für die Fälle, dass der Täter entweder aufgrund von bereits erfolgten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eines Geschädigten oder weil sicher ist, dass der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Täter durchsetzt, den Tatgewinn oder mehr wieder verlieren wird. 8 9 Danach ist es auch ein untragbares, unbilliges Ergebnis i.S.d. § 73c StGB, wenn der Betroffene den wegen Erweiterten Verfalls für verfallen erklärten Tatgewinn an den Staat verliert, zugleich aber der Verletzte aufgrund titulierter Ansprüche wegen des Tatgewinns ebenfalls in dessen Vermögen vollstreckt, um sich daraus zu befriedigen. Würde der beschlagnahmte Tatgewinn dagegen nicht für verfallen erklärt, so könnte der Gewinn dem in denselben Gegenstand nach § 111g vollstreckenden Verletzten für seine Befriedigung zufließen. 90 Damit kann also über die entsprechende Anwendung des § 73c StGB ein verfallsbedingter Entzug der Mittel, die der Täter zur Schadenswiedergutmachung beim Opfer benötigt, verhindert und die Geltendmachung der Verletztenansprüche über § 111g ermöglicht werden. Einer Anwendung des § 111g bei gleichzeitigem Vorliegen des § 73d Abs. 4 i.V.m. § 73c StGB steht auch nicht entgegen, dass beim Erweiterten Verfall § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB weder direkt noch analog anwendbar ist. Zwar baut § 11 l g - wie festgestellt - auf dem Grundgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf und setzt praktisch dessen Voraussetzungen voraus. Jedoch bestimmt § 111g Abs. 2 Satz 3 für die Zulassung der Zwangsvollstreckung des Verletzten nach seinem Wortlaut nicht, dass § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB unmittelbar erfüllt sein muss. Er setzt für die Zulassung lediglich voraus, dass dem Verletzten ein Anspruch aus der Straftat erwachsen sein muss, die Anlass zur Beschlagnahme nach § 111b Abs. 1 war. 91 § 73d StGB schließt also die Anwendung des § 111g nicht unmittelbar aus. Wird danach aus Gründen des Opferschutzes § 73c StGB beim Erweiterten Verfall angewandt, so ist auch sonst kein Grund ersichtlich, dem Opfer den Zugriff gemäß § 111g Abs. 1 noch zu verweigern. Nur eine solche Lösung entspricht dem System der Zurückgewinnungshilfe, wonach sich der Verletzte vorrangig und unbeeinträchtigt durch den Staat aus den sichergestellten Gegenständen befriedigen können soll. Außerdem hat der Gesetzgeber für solche Interessenkonflikte zwischen Verletzten- und staatlichen Ver88

LK-Schmidt, § 73d, Rn. 7; Schultehinrichs, S. 72. Vgl. BGH wistra 1999, 464 (464); LG Aachen NJW 1978, 385 (385); LK-Schmidt, § 73d, Rn. 56; Bender ZfZ 1976, 268 (268). 90 Vgl. LG Aachen NJW 1978, 385 (385). 91 BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g. 89

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

fallsansprüchen die entsprechende Anwendung von § 73c StGB ausdrücklich vorgesehen, um unbillige Ergebnisse auch wegen dieses Interessenkonflikts zu Gunsten der Verletzten zu vermeiden. 92 Damit steht auch der Wille des Gesetzgebers einer Anwendung des § 111g nicht entgegen. Eine Benachteiligung des betroffenen Täters und eine Verschlechterung seiner Vermögensposition sind schließlich mit dem nach § 111g zugelassenen Zugriff ebenfalls nicht verbunden, da der Verletzte für seinen Zugriff und die endgültige Befriedigung weiterhin einen vollstreckungsfähigen Titel gegen den Betroffenen benötigt. Demzufolge darf der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches gemäß § 111g auch auf Gegenstände zugreifen, die zuvor nach § 111b Abs. 1 i . V . m . § 73d StGB, § 111c wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmt worden sind, auch wenn dessen Voraussetzungen noch im Zeitpunkt der Verurteilung zu bejahen s i n d 9 3 Maßgeblich ist allein, dass dem Verletzten der Anspruch aus der Tat erwachsen ist, wegen der die Beschlagnahme erfolgte. Zwangsvollstreckungen und Arrestvollziehungen in solche Gegenstände sind daher ebenfalls zulassungsbedürftig nach § 111g Abs. 2 Satz 1.

(cc) Entsprechende Anwendung des § l l l i Fraglich ist noch, ob neben § 111g bei Beschlagnahmen wegen Erweiterten Verfalls dann auch die Vorschriften der Zurückgewinnungshilfe in §§ l l l e , 111k und l l l i Anwendung finden. Die §§ l l l e , 111k setzen beide § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht voraus, ermöglichen es aber ebenso wie bei § 111g dem Verletzten, zur Schadloshaltung die Zwangsvollstreckung in beschlagnahmte Gegenstände zu betreiben oder ihre Herausgabe zu verlangen. Aus den gleichen Gründen wie bei § 111g finden diese daher auch bei Beschlagnahmen wegen Erweiterten Verfalls Anwendung. Offen ist dagegen, ob gleiches auch für § l l l i gelten kann. Danach hängt die Möglichkeit der Verlängerung der Beschlagnahme davon ab, dass „ i m Urteil lediglich deshalb nicht auf Verfall oder Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche des Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen". Da § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nach dem zuvor Gesagten beim Erweiterten Verfall nicht unmittelbare oder entsprechende Anwendung findet 9 4 , können die Voraussetzungen des § l l l i somit auch nicht eintreten. 92

BT-Drucks. 11/6623, S. 7; 12/989, S. 24. Im Ergebnis davon wohl auch ausgehend Kilchling, abschöpfung, S. 8. 93

Geldwäsche und Gewinn-

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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Möglicherweise lässt sich § l l l i jedoch analog anwenden, wenn der Erweiterte Verfall nach den obigen Ausführungen wegen Beachtung der Verletztenansprüche über § 73d Abs. 4 i. V. m. § 73c StGB nicht angeordnet wird. Unter das aus Art. 103 Abs. 2 GG folgende Analogieverbot fallen die Vorschriften des Strafverfahrensrechts nicht. 9 5 Dies gilt daher auch für die §§ 111b ff., die ebenfalls keine Strafnormen sind oder damit in Zusammenhang stehen. § 11 I i ist daher einer Analogie grundsätzlich zugänglich.

(α) Planwidrige Regelungslücke Eine analoge Anwendung setzt das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, die Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte sowie die Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung voraus. 96 Fraglich ist, ob hier eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Dem könnte entgegenstehen, dass der Gesetzgeber bewusst § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht für anwendbar erklärt und den Interessenkonflikt zwischen Verletztenansprüchen und staatlichen Verfallsansprüchen zwar gesehen, aber auf seine Regelung verzichtet hat, wozu auch die an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB anknüpfende Vorschrift des § l l l i gehört. Jedoch hat der Gesetzgeber für die Übergangsphase, bis im Rahmen der geplanten Gesamtreform die Berücksichtigung der Verletztenansprüche neu geregelt sein sollten, auch den Fall eines möglichen Interessenkonflikts gesehen und die entsprechende Anwendung des § 73c StGB zu Gunsten des Verletzten zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse beim Erweiterten Verfall ausdrücklich vorgesehen. 97 Demgemäß liegt von Seiten des Gesetzgebers ein willentlicher Ausschluss aller eine vorrangige Befriedigung des Verletzten regelnden Vorschriften, hier die des § l l l i , nicht vor. Die beim Erweiterten Verfall vorgenommene Unanwendbarkeit des § 73 Abs.l Satz 2 StGB steht daher einer analogen Anwendung des § 11 I i nicht entgegen. Für den Fall, dass der Erweiterte Verfall wegen entsprechender Anwendung des § 73c StGB nicht angeordnet wird, fehlt es an einer Regelung, im Urteil die deswegen ergangene Beschlagnahme des Gegenstandes nach § 111c weiter aufrechterhalten zu können, um dem Verletzten auch nach dem Urteil den Zugriff gemäß § 111g zu seiner Schadloshaltung zu ermöglichen. Eine planwidrige Regelungslücke liegt also vor. 94

s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (b) und unter C., I., 1., c), bb), (1), (c), (bb). Vgl. Maunz/Dürig - Schmidt-Aßmann, Art. 103 Abs. Π, Rn. 233; OLG Hamm MDR 1970, 1030; LG Hildesheim NStZ 1989, 336 (336). 96 Vgl. Palandt-Heinrichs, Einleitung, Rn. 48, 40; Larenz/Canaris, S. 202 f.; Zippelius, S. 65., 68 f.; OLG Hamm MDR 1970, 1030. 97 Vgl. BT-Drucks. 11/6623, S. 7; 12/989, S. 24. 95

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

(ß) Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte Die Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte verlangt, dass es gleich zu bewerten ist 9 8 , wenn statt Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Verfallsanordnung wegen unbilliger Härte nach § 73c StGB unterbleibt. Nach den Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB darf der Verfall nicht angeordnet werden, weil dem Verletzten aus der Tat Ansprüche gegen den Beschuldigten erwachsen sind. In den hier relevanten Fällen wird der Erweiterte Verfall entsprechend § 73c StGB ebenfalls nur deshalb nicht angeordnet, weil dem Verletzten aus der Tat Ansprüche gegen den Beschuldigten erwachsen sind, die ansonsten bei Verfall keine Berücksichtigung finden würden. 99 Im Falle der Nichtanordnung des Verfalls wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB oder § 73c StGB ist dann die Beschlagnahme entweder mit der Rechtskraft des Urteils ohne weiteres unwirksam 1 0 0 oder bei nicht rechtskräftiger Entscheidung aufzuheben. 101 Die Anwendung der beiden Vorschriften hat damit zum einen zur Folge, dass der Verletzte bei Urteilserlass mangels weiterbestehender Beschlagnahme nicht mehr anhand des § 111g vorrangig auf den Gegenstand zugreifen oder eine Herausgabe nach § 111k erreichen kann. 1 0 2 Zum anderen läuft der Verletzte mit dem Wegfall der Beschlagnahme Gefahr, wenn ihm bis zur Verurteilung nicht genügend Zeit zur eigenen Titulierung zur Verfügung stand, bei anschließender Vollstreckung kein vollstreckbares Vermögen des Täters mehr vorzufinden. 1 0 3 Denn dieses wird, wenn es nicht rechtzeitig sichergestellt wird, oftmals beiseitegeschafft und so dem Zugriff der Verletzten entzogen. 104 Diese Folgen soll § l l l i aber gerade verhindern 105 , unabhängig davon, ob der Verfall wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB oder § 73c StGB unterbleibt. Die Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte ist daher zu bejahen. 98

Larenz/Canaris, S. 202. s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (c), (bb); vgl. BGH wistra 1999, 464 (464 f.); LG Aachen NJW 1978, 385 (385); LK-Schmidt, § 73d, Rn. 56. 100 s.o. unter C., I., 1., c), aa), (2), (a), (bb). 101 s.o. unter C., I., 1., c), aa), (2), (b). 102 So auch Pfeiffer, § l l l i , Rn. 4; HK-Lemke, § 11 Ii, Rn. 1, 6; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § l l l i , Rn. 1; Strüwer, S. 179; vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § llli. 103 Vgl. KMR-Müller, § l l l i , Rn. 4. 104 Vgl. Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; Kilchling wistra 2000, 241 (249); dersGeldwäsche und Gewinnabschöpfung, S. 9; Hoffmann MDR 1984, 617 (617) LKA Baden-Württemberg, S. 28; Schürholz Die Polizei 1999, 257 (259). 105 Vgl. Pfeiffer, § l l l i , Rn. 4; HK-Lemke, § l l l i , Rn. 1, 6; Strüwer, S. 179; KMR-Müller, § l l l i , Rn. 4; BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § l l l i . 99

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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(γ) Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung Eine Analogie setzt schließlich die Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung voraus. 106 Aus den im vorhergehenden Abschnitt bereits genannten Gründen ist es zudem geboten, dem Verletzten auch beim Zugriff auf wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmte Gegenstände die Verlängerung nach § l l l i analog zu gewähren. Die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme bis zu drei Monaten ist zwar eine sehr kurz bemessene Zeitspanne, in der es für den Verletzten - insbesondere bei komplexen Fällen - äußerst schwierig ist bzw. sein kann, noch rechtzeitig vor Fristablauf eine zivilprozessuale, zumindest vorläufig vollstreckbare Titulierung zu erlangen. 107 Jedoch stehen dem Verletzten auch die Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes zur Verfügung, mit denen er innerhalb kürzester Zeit Sicherungen erlangen und gegebenenfalls flexibel auf kurz zuvor identifizierte und beschlagnahmte Vermögenswerte reagieren kann. Trotz der kurz bemessenen Zeitspanne gibt ihm § l l l i eine erweiterte Möglichkeit, innerhalb zusätzlicher drei Monate nach Urteilserlass die Titulierung und Sicherung seiner Ansprüche zu erlangen, um sich tatsächlich befriedigen zu können. Nur auf diese Weise kann somit das Ziel der §§ 111b ff., den Verletzten insgesamt schadlos zu stellen, erreicht werden. Demzufolge ist § l l l i analog anwendbar, wenn der Verletzte gemäß § 111g auf Gegenstände zugreifen will, die zuvor nach § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73d StGB wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmt worden sind. Damit finden mit den §§ l l l e , 111g bis 111k auch bei der Beschlagnahme wegen Erweitertem Verfall alle diejenigen Vorschriften Anwendung, die in der Zurückgewinnungshilfe die Schadloshaltung des Verletzten bezwecken. (d) Zwischenergebnis Die Beschränkung der Zulassung in § 111g Abs. 2 auf Verletzte mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch geht zurück auf den Ausschluss des Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und dessen Grundgedanken, wonach durch den Verfall und entsprechende Beschlagnahmemaßnahmen nach den §§ 111b ff. dem Täter nicht die Mittel entzogen werden sollen, die er zur Befriedigung des Verletzten braucht. Gleichzeitig soll durch die Zurückgewinnungshilfe in § 111b Abs. 5 und in § 111g sichergestellt werden, dass sich der Verletzte wegen seiner aus der Tat erwachsenen 106

Vgl. Larenz/Canaris, S. 202 f.; Zippelius, S. 65., 68 f. So auch Heghmanns ZRP 1998, 475 (476); Güntert, S. 72; Lenz, S. 289; Hildenstab, S. 123 f.; Albrecht, S. 46; Achenbach, in: Blau-FS, S. 15. 107

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

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Ansprüche aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen kann. Die Voraussetzungen des § 111g Abs. 2 Satz 3 sind deshalb mit denen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB identisch, so dass die Zulassung immer dann zu erteilen ist, wenn der Verfall der beschlagnahmten Gegenstände an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitert. Auch wenn der § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB selbst beim Erweiterten Verfall aus § 73d StGB keine Anwendung findet, so kann der Verletzte dennoch auf Grund seines aus der Straftat erwachsenen Anspruches gemäß § 111g auf solche Gegenstände zugreifen, die wegen Annahme der Voraussetzungen des Erweiterten Verfalls nach § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73d StGB beschlagnahmt worden sind. In diesem Falle finden zudem zu Gunsten des Verletzten die Vorschriften der Zurückgewinnungshilfe in §§ l l l e , 111k unmittelbare und § l l l i analoge Anwendung. (2) Beschlagnahme von Gegenständen wegen Einziehung Fraglich ist, ob der Verletzte nach § 111g auch auf Gegenstände zugreifen darf, die statt Verfall der Einziehung nach den §§74 ff. StGB unterliegen. Gemäß § 111b Abs. 1 können Gegenstände nicht nur durch Beschlagnahme sichergestellt werden, wenn sie als Verfallsgegenstände in Betracht kommen, sondern auch, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für ihre Einziehung nach den §§74 ff. StGB vorliegen. Werden aber der Einziehung unterliegende Gegenstände beschlagnahmt, so bestimmt § 111g Abs. 5 Satz 2, dass für diesen Fall § 111g Abs. 1 bis 4 nicht gilt. § 111g hat demnach für Maßnahmen zur Sicherung einer Einziehung keine Gültigkeit. 1 0 8 Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten, die in nach § 111c beschlagnahmte Gegenstände erfolgen, weil diese gemäß § 111b Abs. 1 i.V.m. §§ 74 ff. StGB der Einziehung unterliegen, unterfallen somit nicht der Regelung des § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1. Damit kann ein Verletzter auf diese Gegenstände nicht zugreifen. (3) Der Vermögensstrafe

unterfallende

Gegenstände

Fraglich ist schließlich, ob der Verletzte nach § 111g auf Gegenstände zugreifen kann, die wegen Annahme der Voraussetzungen für die Verhängung einer Vermögensstrafe nach § I l i o sichergestellt wurden, so dass solche Vollstreckungsmaßnahmen ebenfalls zulassungsbedürftig wären. 108

SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 1.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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Gemäß § 43a Abs. 1 StGB kann das Gericht auf Zahlung eines Geldbetrages erkennen, dessen Höhe durch den Wert des Vermögens des Täters begrenzt ist, die sog. Vermögensstrafe. Diese wird gemäß §§ 459i, 459 ff. nach den Vorschriften über die Justizbeitreibungsordnung, insbesondere nach § 6 JBeitrO, durch Einzelzwangsvollstreckung in die maßgeblichen Vermögenswerte des Täters vollstreckt. 109 Zur Sicherung der Vollstreckung der künftig zu erwartenden Vermögensstrafe kann bereits vor Urteilserlass gemäß § I l i o Abs. 1, 2 eine Sicherstellung der einzelnen Vermögensgegenstände durch Anordnung und Vollziehung eines dinglichen Arrestes nach den §§ 930 bis 932 ZPO vorgenommen werden. 1 1 0 In diesen Fällen bestimmt § I l i o Abs. 5 neben der unmittelbaren Anwendung der §§ l l l e Abs. 3 und 4, 111h ausdrücklich auch die des § 111g. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Vorschrift des § 111g hier tatsächlich Anwendung finden kann, wovon die Literatur wegen der Regelung in § I l i o Abs. 5 schlicht ausgeht. 111 Dies ist aus mehreren Gründen bereits fraglich. Wie bereits festgestellt 1 1 2 , und nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut gilt die Vorschrift des § 111g nur bei Beschlagnahmen nach § 111c, nicht jedoch zugleich auch für Arrestvollziehungen. § I l i o Abs. 5 erklärt hier also mit § 111g eine Vorschrift für unmittelbar anwendbar, die eigentlich nur für Beschlagnahmen gilt, obwohl die Vermögensstrafe gemäß § 11 l o Abs. 1 und 2 nur durch die Anordnung und Vollziehung eines dinglichen Arrestes gesichert werden kann. Dementsprechend hätte § 111g richtiggehend zumindest entsprechend und nicht unmittelbar für anwendbar erklärt werden müssen, wenn er denn tatsächlich ebenfalls bei dinglichen Arresten gelten sollte. Des Weiteren findet zwar gemäß § I l i o Abs. 4 die Beschlagnahme Vorschrift des § l l l f Abs. 1 entsprechende Anwendung, soweit wegen einer Vermögensstrafe die Vollziehung des Arrestes in bewegliche Sachen zu bewirken ist. Nach § l l l f Abs. 1 obliegt die Durchführung der Beschlagnahme bei beweglichen Sachen auch den Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft. Die Anwendbarkeit dieser Beschlagnahmevorschrift führt jedoch nicht dazu, dass bei beweglichen Sachen nunmehr die Vermögensstrafe durch Beschlagnahme nach § 111c gesichert wird. Denn hiermit ist für die Arrestvollziehung nur eine praktikable Lösung gewählt worden, um statt Einschaltung eines Gerichtsvollziehers auch jeden Polizeibeamten mit der Durchführung der Arrestanordnung beauftragen zu können. 1 1 3 109

Vgl. KK-Fischer, § 459i, Rn. 2; § 459, Rn. 5; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 459i, Rn. 1; § 459, Rn. 4. 110 Vgl. Möhrenschläger wistra 1992, 281 (284); BT-Drucks. 11/5461, S. 8, 12. 111 So Kleinknecht/Meyer-Goßner, § I l i o , Rn. 10; KK-Nack, § I l i o , Rn. 13; HK-Lemke, § I l i o , Rn. 6; SK-Rudolphi, § I l i o , Rn. 10; Ries, S. 206. 112 s.o. unter C., I., 1., a).

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § I l i o Abs. 4 ergibt sich ebenfalls, dass die entsprechende Geltung des § l l l f Abs. 1 auch nur auf die Vollziehung, d.h. die Durchführung des Arrestes beschränkt ist. Das hat der Gesetzgeber selbst noch einmal in der Begründung seines Gesetzentwurfes deutlich gemacht. 114 Auch hiernach macht die Anwendungserklärung des § 111g in § I l i o Abs. 5 also keinen Sinn. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § I l i o Abs. 5 lediglich klarstellen wollen, dass die übrigen Arrestvorschriften bei der Sicherung der Vermögensstrafe in gleicher Weise Anwendung finden wie im Fall des dinglichen Arrestes nach § l l l d . 1 1 5 Demnach ging der Gesetzgeber offensichtlich irrtümlich davon aus, § 111g sei eine Vorschrift, die auch bei dinglichen Arresten nach § l l l d Anwendung finde und hat sie deshalb mit in § I l i o Abs. 5 einbezogen. Schließlich könnte vor dem Hintergrund des Verhältnisses von Verfall und Vermögensstrafe noch daran gedacht werden, der Gesetzgeber habe hiermit trotz Arrestvollziehung dem Verletzten eine gegenüber Staat und anderen Gläubigern vorrangige Befriedigung über § 11 l g ermöglichen wollen. Aus § 43a Abs. 1 Satz 2 StGB wird zutreffend gefolgert, dass bei der Vermögensstrafe im Hinblick auf die Bewertung des Vermögens zunächst die Gewinnabschöpfungsinstitute des Verfalls und des Erweiterten Verfalls den Vorrang haben. 1 1 6 D.h., bei der Bewertung des Tätervermögens i.S.d. § 43a Abs. 1 StGB können nur Vermögensvorteile aus Straftaten des Täters berücksichtigt werden, wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen weder dem Verfall noch dem Erweiterten Verfall unterliegen. 117 Sind also die Voraussetzungen des Verfalls gegeben, so bleibt das abzuschöpfende Erlangte für die Vermögensstrafe außer Betracht. Das gilt i.S.d. § 43a Abs. 1 Satz 2 StGB folglich auch dann, wenn der nach § 73 StGB gegebene Verfall nur wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht angeordnet w i r d . 1 1 8 Denn hier unterliegen die Vermögenswerte grundsätzlich weiter dem Verfall, nur sind die Geschädigtenansprüche zu berücksichtigen, mittels derer die Tatgewinne dann abgeschöpft werden. Die Vermögensstrafe darf aber - entsprechend ihrem Wortlaut und ihrer sys113

BT-Drucks. 11/5461, S. 9; vgl. auch Gebert, D, ΠΙ, 3, b), bb); Ries, S. 201. BT-Drucks. 11/5461, S. 9; vgl. Möhrenschläger wistra 1992, 281 (284); KK-Nack, § I l i o , Rn. 10; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § I l i o , Rn. 11; Gebert, D, III, 3, b), bb). 115 BT-Drucks. 11/5461, S. 9; vgl. auch Möhrenschläger wistra 1992, 281 (284). 116 BGHSt 41, 278 (281); StV 1995, 633; Tröndle/Fischer, § 43a, Rn. 15; LK-Schmidt, § 73d, Rn. 10, 11; Park JR 1996, S. 380 (381); Rieß NJ 1992, 491 (493); Podolsky, S. 95. 117 BGHSt 41, 278 (283, 281); Benseier, S. 35, 16. 118 Ebenso BGHSt 41, 278 (283). 114

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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tematischen Stellung im Gesetz - als weitere Geldstrafe nicht die Gewinnabschöpfungsfunktion der §§ 73 ff. StGB übernehmen. Zu diesem Zweck sind die Institute des Verfalls und des Erweiterten Verfalls geschaffen worden. 1 1 9 Anders ausgedrückt, kann hier in keinem Fall die Vermögensstrafe eingreifen, da ohne Verletztenansprüche ansonsten der Verfall des betreffenden Gegenstandes gegeben wäre. Zudem würde bei Miteinbeziehung des Erlangten in die Vermögensstrafe systemwidrig die Schutzfunktion des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB unterlaufen, weil dann den Verletztenansprüchen staatliche Zwangsmaßnahmen vorgehen würden und der Verletzte möglicherweise wegen der dann doppelten Inanspruchnahme des Täters seinen Ausgleichsanspruch nicht durchsetzen könnte. 1 2 0 Gehen demnach auch die aus der Tat erwachsenen Ausgleichsansprüche der Verletzten der Inanspruchnahme des Täters durch die Vermögensstrafe vor, so hat der Gesetzgeber systemimmanent und folgerichtig auch die für die Arrestvollziehung geltenden Zurückgewinnungshilfevorschriften der §§ l l l e und 111h für anwendbar erklärt. Er hat damit erneut auch in § I l i o Abs. 5 dem Opferschutz mittels vorrangiger Befriedigung der Verletzten eine hohe Bedeutung eingeräumt. Dennoch geht auch hier die Anwendungserklärung des § 111g fehl. Mag hierdurch noch dem Verletzten gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 der Zugriff auf einen beschlagnahmten Gegenstand erlaubt werden, so kann ihm aber nach § 111g Abs. 3 Satz 1 das Veräußerungs verbot nach § 111c Abs. 5 nicht zu Gute kommen. Anhand dieses Veräußerungsverbotes sind der Beschlagnahme nachfolgende Verfügungen auch dem Verletzten gegenüber nach § 136 BGB unwirksam, was bei Zwangsvollstreckungen anderer Gläubiger dem Verletzten die diesen vorrangige Befriedigung ermöglicht. Das Veräußerungsverbot nach § 111c Abs. 5 entsteht jedoch nur durch eine vorherige Beschlagnahme nach § 111c Abs. 1 bis 4. Die Arrestvollziehung nach § I l i o Abs. 2 z.B. in bewegliche Sachen, die durch Pfändung nach § 930 ZPO erfolgt, bewirkt jedoch kein Veräußerungsverbot nach oder i.S.v. § 111c Abs. 5. Aus alledem ergibt sich, dass der Gesetzgeber in § I l i o Abs. 5 nur versehentlich die Vorschrift des § 111g als angebliche Arrestvorschrift für anwendbar erklärt hat. Da sie nur bei der Beschlagnahme Anwendung findet, kann sie niemals bei der Arrestvollziehung wegen Sicherung der Vermögensstrafe relevant werden. Sie ist deshalb als überflüssig zu streichen. Ein 119

BGHSt 41, 20 (24); Thiele, S. 128; Tröndle/Fischer, § 43a, Rn. 3; Gradowski/Ziegler, S. 58 f. 120 So auch Müsch JA 1994, 425 (429); Park JR 1996, 380 (381).

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Zugriff des Verletzten gemäß § 111g auf wegen Vermögensstrafe nach § I l i o sichergestellte Vermögenswerte ist folglich nicht möglich. d) Ergebnis Die Beschränkung der Zulassung der Zwangsvollstreckung in § 111g Abs. 2 allein auf Verletzte mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch resultiert aus dem Ausschluss des Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu Gunsten der Verletzten. Durch die Zurückgewinnungshilfe in § 111b Abs. 5 und in § 111g wird sichergestellt, dass sich der Verletzte aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen kann. Die Voraussetzungen des § 111g Abs. 2 Satz 3 sind deshalb mit denen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB identisch. Die Zulassung ist daher immer dann zu erteilen, wenn der Verfall der beschlagnahmten Gegenstände an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitert. Der Verletzte kann auf Grund seines aus der Straftat erwachsenen Anspruches gemäß § 111g auf bereits und noch nach § 111c beschlagnahmte bewegliche Sachen, Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Forderungen und andere Vermögensrechte, Schiffe, Schiffsbauwerke sowie Luftfahrzeuge zugreifen, die nicht der Einziehung unterliegen. Dies gilt auch für solche Gegenstände, die wegen Annahme der Voraussetzungen des Erweiterten Verfalls nach § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73d StGB beschlagnahmt worden sind. In diesem Falle finden zudem die §§ l l l e , 111k unmittelbare und § l l l i analoge Anwendung. Ein Zugriff des Verletzten nach § 111g auf Vermögenswerte, die zur Sicherung der Vermögensstrafe gemäß § I l i o durch dinglichen Arrest sichergestellt worden sind, ist entgegen § i l i o Abs. 5 nicht möglich. Nur die Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten in diese Gegenstände sind deshalb zulassungsbedürftig i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1. Dagegen bedürfen alle anderen Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten oder anderer Gläubiger in nicht oder nicht mehr beschlagnahmte Gegenstände keiner Zulassung. Die Beschlagnahme bewirkt gemäß § 111c Abs. 5 ein umfassendes Veräußerungsverbot i.S.d. § 136 BGB, welches mit dem in § 111c Abs. 1 bis 4 geregelten Vollzug der Beschlagnahme beginnt. Es endet je nach den Umständen des Einzelfalles mit dem Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in demselben Verfahren, mit der Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung oder mit der Rückgabe der beschlagnahmten beweglichen Sache nach § 111c Abs. 6 Satz 1 Nr. 1. Im Ausnahmefall kann es auch mit dem gutgläubigen Erwerb der beschlagnahmten beweglichen Sache enden.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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2. Wirksamkeit von nach § 111g Abs. 2 Satz 1 zulassungsbedürftigen Vollstreckungsmaßnahmen ohne vorherige Zulassung? Nunmehr ist die Frage zu beantworten, ob die vorgenannten, nach § 111g Abs. 2 Satz 1 zulassungsbedürftigen Vollstreckungsmaßnahmen wirksam sind, wenn sie ohne vorherige Zulassung vorgenommen werden. Diese Frage zieht weitere Überlegungen nach sich. Hat die fehlende Zulassung aus § 111g Abs. 2 negative Folgen für die Wirksamkeit dieser Vollstreckungsmaßnahmen, so könnte das bedeuten, dass die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten mit der Zulassung an eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung geknüpft wird. In diesem Fall könnte dann die fehlende Zulassung z.B. dadurch sanktioniert werden, dass die betreffende Vollstreckungsmaßnahme wegen dieses Mangels anfechtbar ist, aber zunächst alle ihre Wirkungen nach der ZPO behält. Für die Rangfolge mehrerer vollstreckender Gläubiger untereinander wäre dann maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt der Mangel durch Nachholung der Zulassung wieder geheilt wird, so dass die Heilung des Fehlers nur eine sog. ex-nunc-Wirkung hätte. 121 D.h., für den Rang zuvor bewirkter Vollstreckungshandlungen wäre dann der Zeitpunkt der nachgeholten Zulassung entscheidend. Die fehlende Zulassung könnte aber auch dadurch zu sanktionieren sein, dass ohne sie bereits ergangene Vollstreckungsmaßnahmen zunächst schwebend oder sonst unwirksam sind. Durch die nachträgliche Einholung der Zulassung könnte jedoch entweder eine rangwahrende Heilungswirkung extunc auf den Zeitpunkt der Vollstreckung oder aber eine Heilung lediglich wieder ex-nunc eintreten. Schließlich könnte die fehlende Zulassung auch die Nichtigkeit der Vollstreckungsmaßnahme wegen Vorliegen eines schweren Mangels bedeuten mit der Folge, dass weder Verstrickung noch Pfändungspfandrecht zu Gunsten des Verletzten entstehen und der Verletzte seine „voreilige", wirkungslose Vollstreckung nach Erlangung der richterlichen Zulassung erneut vornehmen müsste. Würde danach der nachträglichen Zulassung tatsächlich nur eine rangwahrende Heilungswirkung ex-nunc zu kommen oder ihr Fehlen die Nichtigkeit der vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahme bedeuten, so müsste der Verletzte bei seinem Zugriff wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches immer die Reihenfolge 1. Zulassung, 2. Zwangsvollstreckung/ Arrestvollziehung einhalten, um diese für ihn negativen Folgen zu vermeiden. 121 Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, Vorbem § 704, Rn. 57-59; Zöller-Stöber, Vor § 704, Rn. 34, 35; Brox/Walker, Rn. 390, 383; Stein/Jonas-Münzberg, vor § 704, Rn. 65. 6 Hees

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte a) Rechtsauffassungen

in Rechtsprechung und Literatur im Überblick

Die hier aufgeworfenen Fragen, die je nach Beantwortung erhebliche Auswirkungen auf die Befriedigung des Verletzten haben, sind bereits Gegenstand von Auseinandersetzungen in der gerichtlichen Praxis mit unterschiedlichen Ergebnissen gewesen. In der Literatur haben diese dagegen bislang wenig Anklang gefunden. Daher soll zunächst ein umfassender Blick auf die hierzu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Rechtsauffassungen geworfen werden. aa) Urteil des BGH vom 6. April 2000 Der BGH hat sich mit dieser Problematik bislang erst einmal in einem Urteil vom 6. April 2 0 0 0 1 2 2 befasst. In dem dem Urteil zu Grunde liegenden Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Antrag auf Zulassung der Arrestvollziehung gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 oder die Zulassungsentscheidung selbst zur Vollziehung eines Arrestbefehls gehören und deshalb zur Wahrung der Vollziehungsfrist aus § 929 Abs. 2 ZPO erforderlich sind. Ein betrugsgeschädigter Gläubiger hatte erst zwei Monate nach der Ausbringung des Arrestbefehls auch den Zulassungsbeschluss gemäß § 111g Abs. 2 erwirkt. Mit der Begründung, damit habe dieser den Zulassungsbeschluss nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erwirkt, hatte das OLG München als Berufungsinstanz ein wirksam vor einem anderen Arrestgläubiger entstandenes Pfändungspfandrecht des betrugsgeschädigten Gläubigers abgelehnt. 123 Der BGH dagegen entschied, dass diesem ein wirksames, vorrangiges Pfändungspfandrecht zustehe. Ein Antrag auf Zulassung der Arrestvollziehung gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 oder gar eine Zulassungsentscheidung gehörten nicht zur Vollziehung des Arrestes und seien demgemäß zur Wahrung der Vollziehungsfrist nicht erforderlich. Zur Begründung führte der BGH aus, dass zwar die Arrestvollziehung nach § 111g Abs. 2 Satz 1 „der Zulassung bedürfe", diese damit aber nicht an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft werde. Das wäre zur Erreichung des mit § 11 l g Abs. 2 Satz 1 verfolgten gesetzgeberischen Zwecks nicht erforderlich. In dem Verfahren nach § 111g Abs. 2 solle geklärt werden, ob der Gläubiger zu dem privilegierten Personenkreis der durch die Straftat Verletzten gehöre. Ende das Verfahren mit der Zulassung, so verliere die Beschlagnahme, die ohne die Zulassung gemäß § 111c Abs. 5 die relative Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckungsmaßnahme des Verletzten gegenüber dem Staat zur Folge ge122 123

BGH ZIP 2000, 901. BGH ZIP 2000, 901 (902).

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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habt hätte, gegenüber dem Verletzten nach § 111g Abs. 1 ihre Wirkung. Dieser könne dann die Zwangsvollstreckung gegen den Schädiger so betreiben, als sei die zeitlich frühere Beschlagnahme nicht erfolgt. 1 2 4 Eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme des Verletzten sei daher vor der Zulassungsentscheidung gegenüber der Beschlagnahme gemäß §§ 111b ff. nur relativ, nicht aber schwebend unwirksam. 125 bb) Weitere gerichtliche Entscheidungen Vor und nach dem Urteil des BGH haben sich mit der aufgeworfenen Problematik auch mehrere Oberlandes-, Land- und Amtsgerichte befasst. Das OLG München hatte als Berufungsinstanz über den später dem BGH zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalt zu entscheiden. Zur Begründung seines Berufungsurteils führte es aus, dass dem geschädigten Gläubiger kein wirksam vor einem anderen Arrestgläubiger entstandenes Pfändungspfandrecht zustehe, weil dieser den gerichtlichen Zulassungsbeschluss gemäß § 111g Abs. 2 erst zwei Monate nach der Ausbringung seines Arrestes, also nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO, erwirkt habe. Der Zulassungsbeschluss sei aber zusätzliche Voraussetzung der Vollstreckung, hier der Arrestvollziehung. Weil die vom verletzten Gläubiger betriebene Arrestvollziehung ohne vorherige Zulassung erfolgt sei, der Schuldner aber Klarheit über die ihm daraus drohenden Maßnahmen haben müsse, sei die Arrestvollziehung bis zum Vorliegen des Zulassungsbeschlusses nach § 111g Abs. 2 unwirksam. Die nachgeholte Zulassung heile aber mit ex-nunc-Wirkung für die Zukunft. 1 2 6 Das OLG Hamm vertrat in zwei gleichgelagerten Fällen die Auffassung, das Pfändungspfandrecht eines Verletzten gelange mit Eintritt der insoweit erforderlichen Voraussetzungen sofort zur Entstehung. Dem der Vollstreckung nachfolgenden Zulassungsbeschluss nach § 11 l g Abs. 2 komme keine konstitutive, rechtsgestaltende Wirkung zu. Dieser diene allein zur Durchsetzung bereits mit der Pfändung erworbener Rechte. 127 Es bestätigte damit jeweils die schon von der Vorinstanz, dem LG Essen, vertretene Ansicht, Pfändungen des Verletzten seien ohne Zulassung uneingeschränkt wirksam, da diese auf die Wirksamkeit einer Pfändung keinen Einfluss habe. Damit hatte das L G Essen den in diesem Rechtsstreit von den Klägern vertretenen 124

BGH ZIP 2000, 901 (902). BGH ZIP 2000, 901 (903). 126 OLG München, Urteil v. 4.12.1997, Az. 19 U 3589/97, S. 9; vgl. auch BGH ZIP 2000, 901 (902, 903). 127 OLG Hamm, Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 13/94, S. 6; Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 55/94, S. 7. 125

6*

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Rechtsstandpunkt abgelehnt, der Zulassungsbeschluss gemäß § 111g Abs. 2 müsse bereits im Zeitpunkt der Vollstreckung vorliegen, so dass Pfändungen ansonsten unwirksam seien. Die Kläger hatten zudem argumentiert, die nachgeholte Zulassung bewirke allenfalls eine Heilung ex-nunc, so dass letztlich der Zeitpunkt der Zulassung für die Rangfolge zuvor erwirkter Vollstreckungshandlungen entscheidend sei. 1 2 8 Das OLG Hamm hatte sich in einem weiteren U r t e i l 1 2 9 mit der Frage der Anwaltshaftung wegen Nichtbeachtung der vollstreckungsrechtlichen Bedeutung des Zulassungsbeschlusses nach § 111g Abs. 2 befasst. Es vertrat auch hier die Auffassung, dass der Zulassungsbeschluss für das wirksame, rangmäßige Entstehen eines Pfändungspfandrechtes keine Bedeutung habe und hierfür nicht erforderlich sei. Diesem komme nur die beschränkte Anwendung und Wirkung zu, zu Gunsten privilegierter Gläubiger, den Verletzten, zum einen über § 111g Abs. 1 das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 i.V.m. § 136 BGB einzuschränken, um diesem die Befriedigung aus dem beschlagnahmten Vermögen des Straftäters im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zu ermöglichen, und zum anderen über § 111g Abs. 3 die Wirkungen des Veräußerungsverbotes zu erweitern. Die Frage einer Heilungswirkung des Zulassungsbeschlusses nach § 111g Abs. 2 mit ex-nunc- oder ex-tunc-Wirkung bezüglich Vollstreckungen stelle sich daher nicht. 1 3 0 Die Vorinstanz, das LG Dortmund, hatte in diesem Rechtsstreit noch die Auffassung vertreten, ein nach der Vollstreckung erlangter Zulassungsbeschluss wirke auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurück, weshalb dann ein vollwirksames, rangwahrendes Pfandrecht entstehe. 131 Demnach ging das L G Dortmund davon aus, dass eine Pfändung ohne Zulassung schwebend unwirksam sei, der nachträglichen Zulassung jedoch rangwahrende Heilungswirkung ex-tunc auf den Zeitpunkt der Vollstreckung zu komme. In dem Rechtsstreit wegen Anwaltshaftung, der den Entscheidungen des LG Dortmund und des OLG Hamm zu Grunde lag, spielte die maßgebliche Rolle ein Urteil des L G Hagen 1 3 2 , gegen das Rechtsanwälte nach Auffassung der vorgenannten Gerichte fehlerhaft - weil falsches Urteil - nicht Berufung eingelegt hatten. Das Urteil hatte das L G Hagen mit der Begründung erlassen, die Zwangsvollstreckungsmaßnahme des Verletzten sei feh128

OLG Hamm, Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 13/94, S. 3 f.; Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 55/94, S. 4 f. 129 OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008. 130 OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013). 131 Vgl. OLG Hamm, Urteil v. 11.2.1999, Az. 28 U 153/98, S. 11. 132 LG Hagen, Urteil v. 24.7.1997, Az. 4 Ο 105/97; vgl. auch OLG Hamm, Urteil v. 11.2.1999, Az. 28 U 153/98, S. 6 ff.; OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008

(1012).

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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lerhaft gewesen, da im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungsbeschlusses die Zwangsvollstreckung nicht gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 zugelassen war. Die Fehlerhaftigkeit der zunächst anfechtbaren Vollstreckungsmaßnahme sei zwar durch das Nachholen des Zulassungsbeschlusses behoben worden. Die nachträgliche Zulassung habe jedoch keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der früheren Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Es sei statt dessen von einer ex-nunc-Wirkung des nachgeholten Beschlusses nach § 111g auszugehen, so dass im Ergebnis auch erst die Zulassung den Rang des Pfandungspfandrechts begründe. 133 Das OLG Frankfurt hatte in einem Fall hinsichtlich der Reihenfolge von Zulassung und Zwangsvollstreckung keine Bedenken, die Zulassung der Arrestvollziehung eines Verletzten in beschlagnahmte Gegenstände anzuordnen, welche bereits vor Beantragung der Zulassung durch Pfändung erfolgt w a r . 1 3 4 Gleiches gilt für das OLG Stuttgart und die Vorinstanz LG Stuttgart, die beide ebenfalls die nachträgliche Zulassung einer zuvor erfolgten Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid nicht beanstandeten. Beide Gerichte gingen von einem bereits mit der Pfändung entstandenen Pfändungspfandrecht des Verletzten aus, das durch eine nachfolgende Zulassung nicht mehr berührt werde. 1 3 5 Das AG Düsseldorf schließlich hat entschieden, eine Zulassung gemäß § 111g könne nur in die Zukunft wirken und nicht einer bereits erfolgten Pfändung in ein beschlagnahmtes Konto Wirksamkeit verschaffen. 136 Dieser Ansicht nach müsste eine Zulassung immer zuerst erfolgen, bevor überhaupt eine wirksame Vollstreckungsmaßnahme vorgenommen werden könnte, da eine solche nicht einmal mit ex-nunc-Wirkung geheilt wird. cc) Aufzählung der vertretenen Literaturmeinungen In der Literatur hat sich mit der Problematik erstmals Dittke aus Anlass der zuvor zitierten Feststellung des Amtsgerichts Düsseldorf befasst. Unter Betrachtung sowohl der historischen Entstehung der §§ 111b ff. als auch von deren Sinn und Zweck wendet sich dieser gegen die Ansicht des A G Düsseldorf, Vollstreckungsmaßnahmen dürften nur nach ihrer Zulassung erfolgen und blieben bei Verstoß hiergegen in jedem Fall unwirksam. 137 Statt133 LG Hagen, Urteil v. 24.7.1997, Az. 4 Ο 105/97, S. 4-6; vgl. auch OLG Hamm, Urteil v. 11.2.1999, Az. 28 U 153/98, S. 7; OLG Hamm NJW-RR 2000,

1008 (1008). 134

OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 301. OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (484); LG Stuttgart, Beschluss v. 5.10.2000, Az. 8 KLs 202 Js 13020/00, S. 2. 136 AG Düsseldorf WM 1992, 38. 137 Dittke wistra 1991, 209 ff. 135

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

dessen kommt er zu dem Ergebnis, § 111g solle bis zum Vorliegen der Zulassungsentscheidung der vom Verletzten betriebenen Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung lediglich schwebende Unwirksamkeit verleihen, welche aber mit Zulassung rückwirkend und rangwahrend geheilt werde. Das Zulassungsverfahren solle lediglich der Feststellung dienen, dass die Verfügungen aufgrund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches erfolgten. Dies begründet er im Wesentlichen damit, dass zum einen § 11 l g Abs. 1 zu Folge die Wirksamkeit der Vollstreckung der Beschlagnahme immer vorangehen solle. Zum anderen sei mit der Zulassung aus § 111g Abs. 2 gemäß § 111g Abs. 3 ausdrücklich eine Rückwirkung des Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Verletzten vorgesehen. Damit sich die Absätze 1 und 3 nicht widersprechen, müsste auch die Zulassung des Richters eine Rückwirkung hinsichtlich der nach der Beschlagnahme ausgebrachten Vollstreckungsmaßnahmen entfalten. 138 Unter Hinweis auf die Auffassung von Dittke konstatiert Nack, Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten seien bis zu ihrer Zulassung schwebend unwirksam, mit der Zulassung trete jedoch ihre Wirksamkeit ex-tunc e i n . 1 3 9 Auch Schäfer, Lemke und Pfeiffer sind hinsichtlich der einzuhaltenden Reihenfolge offensichtlich der Auffassung, dass der Verletzte zunächst die richterliche Zulassung einholen müsse, bevor er in das beschlagnahmte Vermögen den Arrest vollziehe oder zwangsvollstrecke. 140 Der Verfasser zusammen mit Albeck und ihnen folgend Meyer-Goßner halten schließlich nach dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 111g Abs. 2 Satz 1 sowie aus praktischen Erwägungen eine zeitlich vor dem Zulassungsbeschluss erfolgte Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung für zulässig, eine bestimmte Reihenfolge werde nicht vorgegeben. Die Vollstreckungsmaßnahmen würden nicht erst nach anfänglich schwebender Unwirksamkeit durch den späteren Zulassungsbeschluss wirksam, sondern seien aufgrund § 111c Abs. 5 i.V.m. § 136 BGB lediglich gegenüber dem Staat relativ unwirksam, im übrigen aber voll wirksam. Dies lasse Pfändungspfandrechte nach allgemeinen Regeln schon im Zeitpunkt der Pfändung wirksam entstehen. 141

138 139 140

Rn. 1. 141

So Dittke wistra 1991, 209 (211). KK-Nack, § 111g, Rn. 3. LR-Schäfer, § 111g, Rn. 4, 8; HK-Lemke, § 111g, Rn. 2; Pfeiffer, Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (873); Kleinknecht/Meyer-Goßner,

§ 111g, § 111g, Rn. 5.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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b) Auslegung der Gesetzesnorm des § 111g Abs. 2 Satz 1 Der Überblick über die in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Rechtsauffassungen zeigt, dass in der Beantwortung der für die vorrangige Befriedigung des Verletzten bedeutsamen Fragen, ob zulassungsbedürftige Vollstreckungsmaßnahmen ohne vorherige Zulassung wirksam sind und welche Wirkung einer nachträglich erlangten Zulassung zu kommt, erhebliche Unterschiede bestehen. Diese resultieren vor allem aus der unterschiedlichen Auslegung des Begriffs der Zulassung und der Vorschrift des § 111g. Kann die Beantwortung der Fragen dem § 111g Abs. 2 Satz 1 selbst nicht eindeutig entnommen werden, so bedarf es zur verbindlichen Klärung seiner Auslegung. Diese hat sich am Wortlaut der in Rede stehenden Gesetzesnorm, ihrer Entstehungsgeschichte und systematischen Einordnung in die Rechtsordnung sowie an ihrem Sinn und Zweck zu orientieren. 142 aa) Wortlaut des § 111g Abs. 2 Satz 1 Nach dem Wortlaut des § 111g Abs. 2 Satz 1 bedarf die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung nach Absatz 1 der Zulassung durch den Richter. Der in Bezug genommene § 111g Abs. 1 bestimmt, dass die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach § 111c nicht gegen eine Verfügung des Verletzten wirkt, die auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt. Für die Unwirksamkeit zulassungsbedürftiger Vollstreckungsmaßnahmen ohne vorherige Zulassung sowie für die entsprechenden Heilungswirkungen ex-nunc oder ex-tunc einer nachgeholten Zulassung gibt § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 unmittelbar nichts her. § 11 l g Abs. 2 Satz 1 bestimmt lediglich, dass die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung „der Zulassung bedarf". Es wurde bereits ausgeführt 143 , dass der Begriff der Zulassung als von bestimmten Voraussetzungen abhängige Eröffnung des Zugangs durch eine in der Regel öffentlich-rechtliche Erlaubnis definiert w i r d 1 4 4 , und im deutschen Recht so verstanden wird, dass dann bestimmte Handlungen nur mit einer entsprechenden, zuvor eingeholten Erlaubnis vorgenommen werden dürfen. Auch wenn die Zulassung nach § 111g Abs. 2 bislang in der vollstreckungsrechtlichen Literatur weder bei den allgemeinen noch bei den besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen oder bei den Vollstreckungshindernissen erwähnt worden i s t 1 4 5 , so spricht der Wortlaut 142 143 144

Vgl. Larenz/Canaris, s.o. unter C., I. Brockhaus, S. 1014

S. 163 f.; Gern, S. 416. „Zulassung".

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

jedenfalls für eine vorgegebene Reihenfolge, bei der die Zwangsvollstreckung der Zulassung nachzufolgen hat.

bb) Entstehungsgeschichte des § 111g Abs. 2 Satz 1 Zur genaueren Auslegung von Begriff und Funktion der Zulassung bedarf es daher weiter des Rückgriffs auf die Entstehungsgeschichte des § 111g. Diese wurde bereits näher dargestellt. 146 Der Sonderausschuss des Bundestages für die Strafrechtsreform hatte sich, um zu vermeiden, dass dem Täter der Tatgewinn dennoch verbleibe, wenn der Verletzte seine Ansprüche später nicht geltend macht, für die sog. „Beschlagnahmelösung" ausgesprochen. Diese sah vor, die vorhandenen Tatgewinne beschlagnahmen zu können und die Geschädigten aufzufordern, ihre Ansprüche im Zivilverfahren gegen den Täter geltend zu machen. Damit sollten diese sich dann nach dem Grundsatz, dass derjenige, der zuerst komme, zuerst befriedigt werde, an das beschlagnahmte Vermögen halten können. 1 4 7 Der Ausgleich zwischen Täter und Geschädigten sollte hierbei ganz dem Zivilverfahren und den Geschädigten selbst überlassen bleiben, das Strafverfahren dagegen hiervon freigehalten werden. 1 4 8 Demzufolge sollte der Geschädigte die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche zunächst im Zivilverfahren titulieren und anschließend, weil das deutsche Recht keine andere hoheitliche Anspruchsdurchsetzung kennt, Befriedigung durch Zwangsvollstreckung in die beschlagnahmten Gegenstände suchen, ohne dass noch zusätzliche, strafverfahrensrechtliche Voraussetzungen vorgesehen waren. Eine Zulassung, mit der die Geschädigten dann auf den beschlagnahmten Gewinn zugreifen dürfen, wurde in diesem Konzept nicht vorgesehen. Sowohl der Gesetzgeber als auch der vom Deutschen Bundestag in der 7. Wahlperiode eingesetzte Sonderausschuss für die Strafrechtsreform übernahmen diese Konzeption, die Sicherstellung auch in den Dienst der Schadloshaltung des Verletzten zu stellen und diesem eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit auf sichergestellte Vermögenswerte zu gewährleisten. 149 Neben der eigentlichen Zwangsvollstreckung wurde für den Zugriff des

145 Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, Vorbem § 704, Rn. 38-46; Zöller-Stöber, Vor § 704, Rn. 13 ff.; Brox/Walker, Rn. 18 ff., 29 ff., 157 ff., 174 ff.; Musielak-Lackmann, vor § 704, Rn. 19-26; Stein/Jonas-Münzberg, vor § 704, Rn. 55-65. 146 s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a). 147 Vgl. Protokolle V, S. 994, 996, 999 f., 1004, 1009, 1022. 148 Vgl. Protokolle V, S. 547, 996, 998-1000, 1004, 1009, 1010. 149 BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung; BT-Drucks. 7/1261, S. 25; Protokolle 7, S. 651.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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Verletzten zusätzlich deren Zulassung vorgesehen. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum EGStGB wurde zu § 111g ausgeführt:

„Die Vorschrift dient gemäß dem Grundgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB i. d. F. des 2. StrRG der vorrangigen Befriedigung aus der Tat erwachsener Ansprüche Verletzter und erleichtert damit zugleich die Klärung der Frage, inwieweit wegen solcher Ansprüche von grundsätzlich gerechtfertigtem Verfall oder Verfall von Wertersatz Abstand genommen werden muß. Dem Verletzten stehen nicht nur beschlagnahmte Gegenstände zur Verfügung, die dem Verfall unterliegen, sondern auch solche, deren Verfall bereits angeordnet, aber noch nicht rechtskräftig ist (Absatz 4). Das Veräußerungsverbot nach § Ulc Abs. 5 gilt auch zu seinen Gunsten (Absatz 3). Allerdings kann nicht auf die Bestimmung verzichtet werden, daß der Verletzte sich für den Zugriff einen Titel beschaffen muß, w andernfalls eine abschließende Entscheidung im Rahmen des Strafverfahrens jedenfalls nicht vor dessen Abschluß zu erreichen wäre und außerdem häufig zu unvertretbaren Verzögerungen führen müßte, während andererseits eine unzuläng liche Überprüfung zu ungerechtfertigter Benachteiligung Dritter führen kann. Den Interessen des Verletzten dient zusätzlich die Möglichkeit einer Fristverlängerung nach § llli, in einfach gelagerten Fällen auch die in § 111k vorgesehene Regelung. Aus dem Titel selbst wird häufig nichts über dessen Gründe zu entnehmen sein, deshalb bedürfen bevorrechtigte Vollstreckungsmaßnahmen des Verletz ten der Zulassung durch den Richter, der feststellen muß, ob es hinreichend glaubhaft gemacht ist, daß der titulierte Anspruch tatsächlich aus derjenigen Tat des Beschuldigten erwachsen ist, derentwegen die Beschlagnahme erfolgte. Gege diese Entscheidung wird das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vorgesehen um alsbald Klarheit über den Kreis der bevorrechtigten Gläubiger zu erreichen (Absatz 2). " ,5° Der Sonderausschuss für die Strafrechtsreform hielt zu § 111g fest:

„§ 111g will das weitere Ziel der Neuregelung, die Schadloshaltung des Verletzten sicherzustellen, verwirklichen. Nach Abs. 1 greift eine Verfügung des Verletz ten, die auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt, gegenüber der Beschlagnahme nach § 111c durch, sofern die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung gemäß § 111g Abs. 2 durch den für die Beschlagnahme zuständigen Richter zugelassen worden ist. [...] § 111g Abs. 3 regelt die Wirkung des Veräußerungsverbots des § 111c Abs. 5 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auch zugunsten der Verletzten, die während der Dauer der Beschlagnahme in den beschlagnahmten Gegenstand die Zwangsvollstreckung betreiben oder den Arrest vollziehen. " ,51 Aus der Entstehungsgeschichte des § 111g wie der §§ 111b ff. insgesamt folgt somit, dass der Gesetzgeber dem Ziel der Schadloshaltung des durch eine Straftat Geschädigten mittels prozessualer Zurückgewinnungshilfe eine große Bedeutung zugemessen hat. Diese Vorschriften sollten nach dem Grundgedanken und in Konsequenz der Schaffung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, wonach der beschlagnahmte Gegenstand vorrangig zur Befriedigung 150 151

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 11 lg. Protokolle 7, S. 652 zu § 11 lg.

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

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des durch die Straftat Verletzten zur Verfügung stehen soll, die Sicherstellung von Gegenständen auch zur Schadloshaltung des Verletzten regeln und diesem eine durch staatliche Zwangsmaßnahmen ungehinderte, vorrangige Zugriffsmöglichkeit auf die sichergestellten Vermögenswerte gewährleisten. Speziell die Vorschrift des § 111g sollte hierbei die Funktion haben, dass der Verletzte wegen dieser Ansprüche nach Beschaffung eines zivilrechtlichen Titels durch Vollstreckungsmaßnahmen vorrangig auf die beschlagnahmten Gegenstände zugreifen und sich daraus befriedigen kann. Umgekehrt heißt dies nichts anderes, als dass andere Gläubiger, die nicht zu den durch die Straftat Verletzten gehören, nicht vorrangig auf den nach § 111c beschlagnahmten Gegenstand zugreifen können sollten. Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfes zu § 111g sollte deshalb durch das in § 111g Abs. 2 vorgesehene richterliche Zulassungsverfahren geklärt werden, wer zu dem „Kreis der bevorrechtigten Gläubiger" gehört, weil aus dem für die Vollstreckung benötigten Titel selbst häufig nicht zu entnehmen sei, ob der titulierte Anspruch aus der Tat 1 S9 herrührt, derentwegen die Beschlagnahme erfolgt ist. Demzufolge sollte das Instrument der Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 Satz 1 lediglich sicherstellen, dass die vorgesehene, vorrangige Befriedigung auch nur Verletzten zu Gute kommt, die sich wegen aus der Straftat erwachsener Ansprüche tituliert haben. Dagegen fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass das Fehlen der Zulassung bei Vornahme der Vollstreckungsmaßnahme darüber hinaus Bedeutung und Wirkung auch für die Wirksamkeit der konkreten Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten, insbesondere der Sicherungsrechte, wie auch hinsichtlich der chronologischen Abfolge der zivilprozessualen Maßnahmen haben sollte. Um die mit § 111g bezweckte Bevorrechtigung der einschlägigen Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten zu erreichen, ist es auch nicht als notwendig angesehen worden, die Vollstreckung selbst noch an weitere Voraussetzungen zu knüpfen und die Nichteinhaltung der Reihenfolge von Zulassung und Zwangsvollstreckung zu sanktionieren. Hierfür existieren keinerlei Anhaltspunkte. Bereits der in der 5. Wahlperiode mit der „Beschlagnahmelösung" befasste Sonderausschuss hatte vorgesehen, dass zur Befriedigung der Geschädigten lediglich Titulierung und Zwangsvollstreckung nach dem Prioritätsprinzip erforderlich sein sollten, nicht jedoch zusätzliche Voraussetzungen. Dieses Konzept hat der Gesetzgeber wie dargelegt grundlegend übernommen. Die historische Interpretation spricht daher dafür, dass durch die Zulassung nach § 111g Abs. 2 über die Prüfung hinaus, ob tatsächlich ein Ver152

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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letzter wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches vollstreckt, keine weitere Auswirkung auf seine Vollstreckungsmaßnahme beabsichtigt war. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass die Vollstreckungsmaßnahmen des eigentlich bevorrechtigten Verletzten ohne vorherige Zulassung zu seinem Nachteil unwirksam, schwebend unwirksam oder anfechtbar sein sollten. cc) Systematik Möglicherweise lässt sich aus der systematischen Stellung des § 111g Abs. 2 Satz 1 innerhalb der §§ 111b ff. das Ergebnis der historischen Interpretation bestätigen. Grundlegende Vorschrift der §§ 111b ff. über die Beschlagnahme von Gegenständen ist § 111b Abs. 1, nach dem unter bestimmten Voraussetzungen die Beschlagnahme zur Sicherung staatlicher Verfallsansprüche oder über § 111b Abs. 5 als Zurückgewinnungshilfe zur Sicherung der Verletztenansprüche möglich ist. Wird die Beschlagnahme nach § 111c bewirkt, so hat diese gemäß § 111c Abs. 5 die Wirkung eines Veräußerungsverbotes i.S.d. § 136 BGB, das auch andere Verfügungen als Veräußerungen umfasst. Damit sind insbesondere alle Verfügungen des Beschuldigten mit dem Ziel des Beiseiteschaffens seiner Werte sowie Verfügungen von Dritten wie z.B. Ζwangsvollstreckungsmaßnahmen dem Staat und unter den Voraussetzungen des § 111g Abs. 3 auch den Verletzten gegenüber (relativ) unwirksam, die während der Dauer der Beschlagnahme in den beschlagnahmten Gegenstand die Zwangsvollstreckung betreiben oder den Arrest vollziehen. 1 5 3 Hieraus erklärt sich der systematische Aufbau des § 111g, der nach seiner historischen Auslegung die vorrangige Befriedigung aus der Tat erwachsener Ansprüche des Verletzten gewährleisten sollte: Dem vorangestelltem Absatz 1 zu Folge wirkt die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach § 111c nicht gegen eine Verfügung des Verletzten, die auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgt. Danach entfaltet die Beschlagnahme ausdrücklich nicht die Wirkung eines Veräußerungsverbots gegenüber den genannten Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten. D.h., mit Vorliegen der Zulassung sollten dessen Vollstreckungsmaßnahmen ungehindert durch die Beschlagnahme durchgreifen können, also die Beschlagnahme ihre anfängliche Wirkung wieder verlieren. 154 Die Beschlag153 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 11 lb; S. 293 zu § 11 lc; OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 14; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 8; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 10; vgl. auch BT-Drucks. 13/8651, S. 15.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

nahmewirkung soll § 111g Abs. 1 zu Folge aber gegenüber anderen Gläubigern weiter bestehen bleiben, so dass hierin bereits eine Bevorrechtigung des Verletzten liegt. Die Voranstellung der Nichtwirkung der Beschlagnahme in Abs. 1 noch vor die Aufstellung des Zulassungserfordernisses in Absatz 2 zeigt, welche Gewichtung der Gesetzgeber setzen wollte. Die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des geschädigten Verletzten und deren Wirksamkeit sollte nach dem Rechtsgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gerade nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr ermöglicht werden. Erst in Absatz 2 Satz 1 wird einschränkend normiert, dass wegen der nur bestimmten Gläubigern zu Gute kommenden Wirkung aus § 111g Abs. 1 die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten einer Zulassung bedarf. Systematisch betrachtet wird damit deutlich, dass der Zulassung im Hinblick auf § 111g Abs. 1 nur eine ganz bestimmte Wirkung zu kommen sollte: Das Veräußerungsverbot in § 111c Abs. 5 soll allein zu Gunsten des vollstreckenden Verletzten eingeschränkt werden, damit er unbeeinträchtigt durch die staatliche Sicherstellung, insbesondere wenn diese für die Zurückgewinnungshilfe erfolgte, auf den beschlagnahmten Gegenstand zugreifen kann. Denn ansonsten blieben seine Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Justizfiskus weiterhin (relativ) unwirksam. Die Vollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger, die nicht durch die Straftat geschädigt sind und daher keinen aus der Straftat erwachsenen Anspruch vorweisen können, bleiben dagegen wegen § 111c Abs. 5 auf Dauer relativ unwirksam. § 111g Abs. 1 stellt somit sicher, dass die Beschlagnahme der Durchsetzung der besonderen Ansprüche des Verletzten nicht im Wege steht, weil die Ausgleichsansprüche nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Verfallsanordnung vorgehen, und nur dem Verletzten der Zugriff auf die Verfallsgegenstände erlaubt w i r d . 1 5 5 Diese Wirkung kann daher auch als die „Filterfunktion" der Zulassung bezeichnet werden, wonach aus den vollstreckenden Gläubigern die allein bevorrechtigten Verletzten herausgesondert werden, die dann mit der Zulassung die Beschlagnahmewirkung durchbrechen. § 111g Abs. 2, der in Satz 1 das Zulassungserfordernis aufstellt und nach dessen Satz 2 die Zulassungsentscheidung durch Beschluss ergeht, wird gefolgt von Absatz 3. Dieser regelt in Satz 1, dass das Veräußerungs verbot nach § 111c Abs. 5 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auch zu Gunsten von Verletzten gilt, die während der Dauer der Beschlagnahme in den be154

Protokolle 7, S. 652 zu § 111g. Zutreffend LR-Schäfer, § 111g, Rn. 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 1; SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 1; OLG Karlsruhe MDR 1984, 336; KMR-Müller, § 111g, Rn. 2. 155

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

93

schlagnahmten Gegenstand die Zwangsvollstreckung betreiben oder den Arrest vollziehen. Aus der Voranstellung der Zulassung in Absatz 2 und der Erweiterung der Wirkung des Veräußerungsverbots auf den vollstreckenden Verletzten im nachfolgenden Absatz 3 ergibt sich, dass nur für den Fall des Betreibens der Zwangsvollstreckung in einen beschlagnahmten Gegenstand und bei Vorliegen des Zulassungsbeschlusses das Veräußerungsverbot auf den Verletzten erweitert wird. Danach sind dann alle der Beschlagnahme nachfolgenden, zwischenzeitlichen Verfügungen über den beschlagnahmten Gegenstand auch ihm gegenüber nach den §§ 136, 135 Abs. 1 Satz 2 BGB (relativ) unwirksam. Der Rechtserwerb des Verletzten durch die Zwangsvollstreckung soll also durch die staatliche Beschlagnahme nach Absatz 3 sogar noch begünstigt werden, indem ab dem Zeitpunkt der Inbeschlagnahme insbesondere ein Beiseiteschaffen der Vermögenswerte des Betroffenen oder Vollstreckungen anderer Gläubiger praktisch verhindert werden. Die nicht durch die Straftat geschädigten Gläubiger können also auch von der Wirkung des § 111g Abs. 3 Satz 1 nicht profitieren, so dass hierin eine weitere Bevorrechtigung der Verletzten liegt. Die Bevorrechtigung ergibt sich zudem aus dem nachfolgenden Absatz 4. Dieser verpflichtet den Verletzten Dritten gegenüber zum Ersatz des Schadens, der diesen dadurch entsteht, dass das Veräußerungsverbot nach Absatz 3 zu Gunsten des Verletzten gilt, u.a. wenn die Zulassung zu Unrecht erfolgt ist. D.h., die Zulassung verschafft den Verletzten in § 111g Abs. 3 über das Veräußerungsverbot eine Privilegierung gegenüber dritten Gläubigern, indem die Verletzten sich zuerst befriedigen können. Andernfalls könnte durch die zu Unrecht erfolgte Zulassung kein Schaden eines Dritten begründet werden. 1 5 6 Systematisch betrachtet sollte der Zulassung im Hinblick auf § 111g Abs. 3 somit die weitere Funktion zu kommen, die Wirkung des Veräußerungsverbots in § 111c Abs. 5 zu Gunsten der vollstreckenden Verletzten gegenüber anderen Gläubigern zu erweitern. Diese kann daher auch als die „Vorrangfunktion" der Zulassung bezeichnet werden, wonach sich der vollstreckende Verletzte aufgrund des ab der Beschlagnahme wirkenden Veräußerungsverbots vor anderen Gläubigern aus dem beschlagnahmten Gegenstand befriedigen können soll. Schließlich zeigt auch ein systematischer Vergleich mit der Vorschrift des § 111h die fehlende Bedeutung der Zulassung für die Frage, ob hinsichtlich der Zwangsvollstreckung alle Voraussetzungen erfüllt sind. § 111h enthält die § 111g entsprechende Regelung für Gegenstände, in die auf Grund eines Arrestes nach § 11 l d die Arrestvollstreckung betrieben worden 156

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g Abs. 4; Protokolle 7, S. 652 zu § 111g Abs. 4.

94

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

i s t . 1 5 7 Darin wird dem Verletzten mittels Zulassung der Rangänderung ermöglicht, dass die zuvor durch den Vollzug des Arrestes nach § l l l d begründete Sicherungshypothek des Justizfiskus hinter seinem Recht im Rang zurücktritt, wenn er ebenfalls in dieses Grundstück die Zwangsvollstreckung betreibt. Hierbei bedarf dem Wortlaut des § 11 l h Abs. 2 Satz 1 zu Folge nur die Rangänderung einer Zulassung, nicht aber die Zwangsvollstreckung oder Arrest Vollziehung. Demnach hat bei § 111h die Zulassung lediglich die Funktion, über die einzutragende Rangänderung eine Bevorrechtigung des Verletzten zu ermöglichen, nicht aber der Vollstreckung erst Wirksamkeit zu verschaffen. Es ist kein spezifischer Grund ersichtlich, dass bei einer Sicherstellung durch dinglichen Arrest die zuerst erfolgende Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten gemäß § 111h voll wirksam ist, dies aber nach § 111g ganz anders sein soll, zumal § 111h gerade eine dem § 111g entsprechende Regelung darstellt. Die systematische Auslegung bestätigt somit das Ergebnis der historischen Interpretation, wonach der Zulassung aus § 111g Abs. 2 nur zwei bestimmte Funktionen mit dem Ziel der Schadloshaltung der Verletzten vor anderen Gläubigern zu kommen sollten. Danach hat sie jedoch nicht die Funktion einer weiteren Zwangsvollstreckungsvoraussetzung oder etwa eines Zwangsvollstreckungshindernisses. dd) Telos Die teleologische Auslegung schließlich fragt nach dem Sinn und Zweck einer Regelung, indem sie die Intention des Gesetzgebers zu erforschen sucht. Innerhalb dieser Interpretationsmethode finden auch die bereits durch die anderen Auslegungsverfahren gewonnenen Ergebnisse Berücksichtigung, die hierbei im Bedarfsfalle fortentwickelt und vertieft werden, um die Sinnhaftigkeit der Regelung zu ermitteln. 1 5 8 Nach der dargestellten Entstehungsgeschichte bezweckte der Gesetzgeber mit § 111g die Schadloshaltung des Verletzten, indem dieser danach unbeeinträchtigt durch den Staat und vorrangig vor anderen Gläubigern wegen seiner aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in die beschlagnahmten Gegenstände vollstrecken und sich hieraus befriedigen können sollte. Dabei besteht aber die Gefahr, dass zwischen Beschlagnahme und Zugriff des Verletzten sowohl der Beschuldigte über seine Werte verfügt als auch dritte Gläubiger in die sichergestellten Gegenstände vollstrecken. Deshalb hat die Beschlagnahme gemäß § 111c Abs. 5 zu Gunsten des Justizfiskus die Wirkung eines Veräußerungsverbotes i.S.d. § 136 BGB, das mit der Zulassung 157 158

BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h. Vgl. Gern, S. 419; BVerfGE 1, 299 (312).

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

95

gemäß § 11 l g Abs. 3 Satz 1 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auch zu Gunsten des vollstreckenden Verletzten gilt. Gleichzeitig umfasst es nach § 111c Abs. 5 2. Hs. auch andere Verfügungen als Veräußerungen. Damit sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass die durch das Verbot geschützten Interessen der Begünstigten - des Staates bzw. der durch die Tat Verletzten - nicht nur durch Veräußerungen, sondern bereits durch jede Wertbeeinträchtigung des beschlagnahmten Gegenstandes berührt werden. 159 Das Interesse des Staates liegt darin, bei Vorliegen von Verfallsansprüchen den ungeschmälerten Rechtsübergang des Beschlagnahmegegenstandes auf den Staat gemäß § 73e Abs. 1 StGB zu sichern. 160 Das Interesse der Verletzten als Opfer der Straftat liegt darin, sich ungehindert und weitgehend nach Titulierung aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen zu können, um so den erlittenen Schaden kompensieren zu können. 1 6 1 Beide Interessen leiden, wenn die Beschlagnahmegegenstände zwischenzeitlich veräußert, belastet oder sonst darüber verfügt wird. Deshalb sollten uneingeschränkt alle wertbeeinträchtigenden Veräußerungen und Verfügungen über diese Gegenstände von dem Verbot aus § 11 lc Abs. 5 erfasst werden. 162 Insbesondere sollten zu Gunsten der Verletzten zwischenzeitliche rechtsgeschäftliche Verfügungen des Betroffenen und Verfügungen von Dritten im Wege der Zwangsvollstreckung oder ArrestVollziehungen vereitelt werden. 163 Mit der Zulassung sind daher nach §§ 111g Abs. 3 Satz 1, 111c Abs. 5 i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme alle nachfolgenden Verfügungen des Beschuldigten und anderer Gläubiger gegenüber dem Verletzten (relativ) unwirksam, während die Beschlagnahme nach § 111g Abs. 1 ihre zwischenzeitliche Wirkung gegenüber dem Verletzten verliert. Mit der Zulassung kommt also das mit der Beschlagnahme entstehende Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 rückwirkend auch dem Verletzten zugute 1 6 4 bzw. wird die Schutzposition, die der Staat durch die Beschlagnahme erlangt hat, gleichsam an den Verletzten ab159

BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 111c. Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 10; LR-Schäfer, § 111c, Rn. 14. 161 Vgl. Roxin, Vor § 61, Rn. 2; Egli , S. 195; Strüwer, S. 69, 169; Kühler ZStW 71 (1959), S. 627; Weigend, S. 404; Wolters, S. 82; Wortmeldung von Frühauf in: Verhandlungen des 55. DJT 1984, Bd. II, S. L 133; ; Meier ZRP 1991, 68 (69) m.w.N.; vgl. auch Stellungnahme von NRW-Justizminister Dieckmann in Rheinische Post v. 30.6.2001, S. 6549. 162 BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 11 lc; ebenso KMR-Müller, § 11 lc, Rn. 11. 163 BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 111b, S. 294 zu § 111g; Protokolle V, S. 543, 1009, 1011, 1022; ebenso Dittke wistra 1991, 209 (210); KMR-Müller, § 111g, Rn. 5; Breuer KTS 1995, 1 (12). 164 So Dittke wistra 1991, 209 (211); HK-Lemke, § 111g, Rn. 5; SK-Rudolphi, § 11 lg, Rn. 6; Pfeiffer, § 11 lg, Rn. 3; KK-Nack, § 11 lg, Rn. 8. 160

96

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

getreten 165 . Damit dieser vor einer Verwertung der Sache im Wege der Zwangsvollstreckung seine zwischenzeitlich durch § 111g Abs. 3 Satz 1 erlangte Rechtsstellung nicht wieder verliert, bestimmt § 111g Abs. 3 Satz 5 zusätzlich, dass die Wirksamkeit des Veräußerungsverbotes zu Gunsten des Verletzten durch die Aufhebung der Beschlagnahme nicht berührt w i r d . 1 6 6 Diese Regelung betrifft alle Fälle, in denen die Beschlagnahme, aus welchen Gründen auch immer, wieder aufgehoben oder sonst beendet w i r d . 1 6 7 Damit ist eine uneingeschränkte, vorrangige Befriedigung der Tatopfer aus den beschlagnahmten Gegenständen auf Dauer gesichert. Dem Zulassungsbeschluss aus § 111g Abs. 2 kommt somit nach seinem Sinn und Zweck lediglich die Wirkung zu, das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 zu Gunsten des Verletzten zu beseitigen und zugleich auf diesen zu erweitern. Hierzu wird in dem Zulassungsverfahren förmlich geklärt, ob dem Vollstreckenden tatsächlich ein aus der Straftat erwachsener Anspruch zusteht und er daher zum Kreis der bevorrechtigten Gläubiger gehört. Die in § 111g Abs. 2 Satz 1 vorgeschriebene Zulassung hat danach nur eine „Filterfunktion", einen vom Staat ungehinderten Zugriff des Verletzten zu gewährleisten, sowie eine „Vorrangfunktion", dem Verletzten die vorrangige Befriedigung vor anderen Gläubigern zu ermöglichen. 168 Dementsprechend sollten gemäß § 111c Abs. 5 i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 1 Satz 2 BGB alle Verfügungen einschließlich Vollstreckungsmaßnahmen sowohl des Betroffenen, von Verletzten als auch von anderen Gläubigern, sind sie (noch) nicht zugelassen, zunächst dem Staat und nach § 111g Abs. 3 Satz 1 auch zugelassenen Verletzten gegenüber weiter unwirksam bleiben. Trotz ihrer relativen Unwirksamkeit sind diese jedoch im Übrigen vollwirksam, so dass auch das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 Maßnahmen der Zwangsvollstreckung keineswegs hindert. 1 6 9 Weitere Funktionen der Zulassung, wie die einer zusätzlichen Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, waren demnach nicht beabsichtigt und sind nach dem gesetzgeberischen Zweck auch nicht erforderlich. 165 So BGH ZIP 2000, 901 (903); OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (484); OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013); LR-Schäfer, § 111g, Rn. 10; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 6; KMR-Mittler, § 111g, Rn. 5; Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (873). 166 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g. 167 LR-Schäfer, § 111g, Rn. 10. 168 So im Ergebnis auch, ohne namentlich der Zulassung Funktionen zuzuordnen OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013); Breuer KTS 1995, 1 (12); Locher WuB VII C. § 111g StPO 1.92; LR-Schäfer, § 111g, Rn. 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 1; Dittke wistra 1991, 209 (210). 169 Vgl. Erman-Palm, § 136, Rn. 3; Jauernig-Jauernig, § 136, Rn. 6; StaudingerKohler, § 135, Rn. 81; Soergel-Hefermehl, § 136, Rn. 18, 21; Palandt-Heinrichs, § 136, Rn. 6.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

97

Wäre die vom AG Düsseldorf vertretene Ansicht richtig, wonach Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten ohne vorherige Zulassung vollkommen unwirksam sind, so wäre damit eine Schlechterstellung des Verletzten gegenüber anderen Gläubigern bei der Zwangsvollstreckung in beschlagnahmte Gegenstände verbunden. Die Vollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger sind gemäß § 11 lc Abs. 5 i.V.m. § 136 BGB nur relativ unwirksam, im Übrigen aber voll wirksam. D.h., ihre zunächst relativ unwirksamen Maßnahmen würden bei späterem Wegfall der Beschlagnahmewirkung sofort uneingeschränkt unter Wahrung ihres ursprünglichen Ranges wirksam. Der Verletzte dagegen muss seine gänzlich unwirksame Vollstreckung erneut vornehmen. Da er dies regelmäßig erst nach dem anderen Gläubiger vermag, muss er sich, obwohl ursprünglich besserrangig, jetzt mit einem schlechteren Rang hinter dem Gläubiger begnügen. Dagegen wollte der Gesetzgeber gerade die Schadloshaltung des insoweit privilegierten Verletzten aus den beschlagnahmten Gegenständen erreichen, so dass eine solche Sanktion nicht mit der Zielsetzung in § 111g vereinbar wäre. Ebenso läuft der gesetzgeberischen Intention die von einigen Rechtsauffassungen vertretene Annahme entgegen, mit § 111g hätte der Gesetzgeber die „schwebende Unwirksamkeit" von Vollstreckungsmaßnahmen als bislang in der ZPO unbekannte Rechtsfolge einführen wollen, wenn diese ohne vorherige Zulassung ergehen. Auch hier würde der Verletzte gegenüber anderen Gläubigern bei einer schwebend unwirksamen Vollstreckungsmaßnahme benachteiligt werden, wenn später die Beschlagnahme z.B. durch Aufhebung wieder wegfällt. In diesem Fall bedarf es mangels zu durchbrechenden Veräußerungsverbotes keiner Zulassung mehr, diese verliert ihren Sinn. Die rangwahrende HeilungsWirkung ex-tunc tritt nach dieser Auffassung aber nur mit einer nachgeholten Zulassung ein. Ist diese somit nicht mehr einholbar, kann auch keine Heilungswirkung ex-tunc eintreten. Hier stellt sich die Frage, was in diesen Fällen mit der Vollstreckungsmaßnahme und der Rangstellung des Verletzten geschehen soll. Sollten dann andere Gläubiger, die eigentlich nachrangig und wirksam gepfändet haben, dem Verletzten auf Grund der schwebenden Unwirksamkeit seiner Maßnahme vorgehen, so würde dies der gesetzgeberischen Intention in § 111g von einer vorrangigen Befriedigung des Verletzten zuwider laufen. Muss die Antwort deshalb lauten, die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten müsse bei Wegfall von Beschlagnahme und Zulassungserfordernis rückwirkend doch volle Wirksamkeit erlangen, um dem Verletzten den besseren Rang zu erhalten, so kann man der ohne Zulassung ergangenen Vollstreckungsmaßnahme auch von vorneherein Wirksamkeit zu sprechen. Dies zeigt deutlich, dass auch eine „schwebende Unwirksamkeit" keinen Sinn macht und der Zielsetzung des § 111g zuwiderläuft. 7 Hees

98

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Damit handelt sich bei dem in § 111g Abs. 2 geregelten Zulassungsbedürfnis nicht um eine „Erlaubnispflicht" im beschriebenen Wortsinn, nach deren Erteilung die ihr unterfallenden Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten erst unternommen werden dürfen. Vielmehr handelt es sich um eine nur dem Verletzten gewährte Zugriffsmöglichkeit, sich „erlaubt" und deshalb vorrangig aus zunächst zu Gunsten des Justizfiskus beschlagnahmten Gegenständen nach der Vollstreckung befriedigen zu können. 1 7 0 ee) Zwischenergebnis Die historische, systematische und teleologische Auslegung ergibt in Übereinstimmung mit den zitierten Rechtsauffassungen des BGH, des OLG Hamm und des OLG Stuttgart, dass mit der in § 111g Abs. 2 Satz 1 vorgesehenen Zulassung keine weitere Vollstreckungsvoraussetzung geschaffen werden sollte. Ihr kommen nur die beschränkten Wirkungen zu, nach Prüfung im Zulassungsverfahren ausschließlich dem Verletzten die Einschränkung des Veräußerungsverbotes aus § 111c Abs. 5 zu gewähren und dieses auf ihn zu erweitern, um dem Verletzten die gegenüber anderen Gläubigern vorrangige Befriedigung zu sichern. Sind Zulassungsantrag und Zulassungsbeschluss daher keine Voraussetzung von Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung, so bewirkt die fehlende Zulassung auch keine irgendwie geartete Unwirksamkeit der bereits erfolgten Vollstreckungsmaßnahme. Sie schreibt deshalb auch keine bestimmte Reihenfolge von Zulassung und Vollstreckung vor. Der Auslegung zu Folge sind alle ohne Zulassung ergehenden Verfügungen gemäß § 111c Abs. 5 i.V.m. §§ 136, 135 BGB zunächst nur relativ unwirksam, bis die Beschlagnahme mit der Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten ihre Wirkung verliert. ff) Praktische Erwägungen Für dieses Ergebnis und dagegen, dass die richterliche Zulassung aus § 111g Abs. 2 immer der Vollstreckungsmaßnahme vorausgehen muss, um ein wirksames Pfändungspfandrecht etc. entstehen zu lassen, sprechen schließlich auch praktische Erwägungen. In Falle einer vorgegebenen Reihenfolge müsste ein Gläubiger, der den Gang des Zulassungsverfahrens selbst nicht beeinflussen kann, je nach Ablauf mitunter Wochen oder Monate auf den Zulassungsbeschluss warten, bevor er vollstrecken und sich rangwahrend sichern könnte. Währenddessen 170

Vgl. Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 50.

I. Auswirkungen des Zulassungserfordernisses

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würde wertvolle Zeit insbesondere für die Vollziehung eines zivilprozessualen Arrestes verstreichen. Hinzu kommt, dass der Richter in dem Zulassungsverfahren nach § 111g erst nach Anhörung auch des Beschuldigten entscheidet. 171 Bei einer vorangehenden Zulassung würde der Beschuldigte also jedes Mal vorgewarnt, bevor der Verletzte seinen Arrestbefehl auch in die noch ungesicherten, nicht beschlagnahmten Vermögenswerte des Täters vollziehen könnte, was dem Sicherungszweck der §§ 916 ff. ZPO zuwiderlaufen würde. Denn so bestünde die Gefahr der Vereitelung der Arrestvollziehung durch Beiseiteschaffen der noch ungesicherten Werte. Außerdem kann der Beschuldigte nach § 111g Abs. 2 Satz 2 die Zulassung mit der sofortigen Beschwerde anfechten. Hiermit hätte es dann der Schädiger in der Hand, durch Verzögerung des Zulassungsverfahrens die Arrestvollziehung des Verletzten zu vereiteln, wenn die Zulassung als besondere Vollstreckungsvoraussetzung zur Wahrung der Vollziehungsfrist gemäß § 929 Abs. 2 erforderlich wäre. 1 7 2 Demzufolge setzt die Wahrung der Arrestvollziehungsfrist nicht das Vorliegen der Zulassung voraus. 173

3. Ergebnis Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Zulassung aus § 111g Abs. 2 Satz 1 um eine nur dem Verletzten gewährte Möglichkeit handelt, sich aufgrund des Zulassungsbeschlusses nach der Vollstreckung „erlaubt" und deshalb vorrangig vor dem Justizfiskus und anderen Gläubigern aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen zu können. Nach Sinn und Zweck, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 111g Abs. 2 Satz 1 stellen Zulassungsantrag oder Zulassungsbeschluss keine Zwangsvollstreckungsvoraussetzung dar. Um das Ziel des Gesetzgebers von der Schadloshaltung des Verletzten zu erreichen, hat die Zulassung zum einen in § 111g Abs. 1 eine „Filterfunktion", unter Ausschaltung der Beschlagnahmewirkung dem Verletzten den staatlicherseits ungehinderten Zugriff auf die beschlagnahmten Gegenstände zu ermöglichen. Zum anderen hat die Zulassung in § 111g Abs. 3 eine „Vorrangfunktion", dem Verletzten durch Geltung des Veräußerungsverbotes aus § 111c Abs. 5 ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme zu seinen Gunsten eine vorrangige Befriedigung vor anderen Gläubigern zu gewähren. Beide Funktionen können nach dem Gesetzes Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 111g nur eintreten, wenn sowohl Zulassung als auch Zwangsvollstreckung bzw. Arrestvollziehung in 171

Vgl. LR-Schäfer, § 111g, Rn. 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 4. So bereits BGH ZIP 2000, 901 (903), Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (873); Dittke wistra 1991, 209 (210). 173 Ebenso BGH ZIP 2000, 901 (902); Zöller-Vollkommer, § 929, Rn. 11. 172

*

100

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

einen noch beschlagnahmten Gegenstand erfolgt sind. Die Zulassung hat deshalb für die Frage der Wirksamkeit der einzelnen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder Arrestvollziehungen, insbesondere für das Entstehen von Pfändungspfandrechten etc., keine Bedeutung. Demgemäß ist die Zulassung auch nicht zur Wahrung der Arrestvollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erforderlich. Eine Reihenfolge von Zulassung und vollstreckungsrechtlichem Zugriff des Verletzten ist ebenfalls nicht einzuhalten. Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung des Verletzten können sowohl vor Stellung eines Antrags auf Zulassung als auch erst nach dem Zulassungsbeschluss erfolgen. Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten wie auch von anderen Gläubigern sind ohne (vorherige) Zulassung aufgrund von § 111c Abs. 5 i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich dem Staat gegenüber (relativ) unwirksam, im übrigen aber vollwirksam und begründen wirksame Pfändungspfandrechte etc. Holt der Verletzte die Zulassung nach, so verliert das Veräußerungsverbot gemäß § 111g Abs. 1 ihm gegenüber seine aus der Beschlagnahme resultierende Wirkung. In dem oben skizzierten 174 Fallbeispiel (s. Abb. 2) können somit folgende Antworten gegeben werden:

Beschlagnahme

Pftndung

des Sportwagens

Verletzter A

Zulassung

Ende der Beschlagnahme

Verletzter A

nach § 11 lc

nach § U l c

I

i

i

I

:

t Pfändung Gläubiger C

t

**•"

Pfändung oder

Glflubiger C

Abbildung 2

Die von dem Gläubiger C bereits vor der Beschlagnahme nach § Abs. 1 unternommene Pfändung des Sportwagens des S unterliegt dem erst mit der Beschlagnahme wirkenden Veräußerungsverbot aus § Abs. 5. Die Pfändung bedarf somit auch keiner Zulassung nach § 174

s.o. unter C., I.

111c nicht 111c 111g

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

101

Abs. 2. Sie ist deshalb nicht unwirksam, wenn sie ohne die Zulassung ergangen ist. Die Pfändung des beschlagnahmten Sportwagens durch den betrugsgeschädigten A bedarf dagegen der Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 1, da dieser als Verfallsgegenstand nach § 111c Abs. 1 für die Zurückgewinnungshilfe beschlagnahmt ist. Ohne vorherige Zulassung ist die Pfändung des A wegen § 111c Abs. 5 i.V.m. § 136 BGB lediglich dem Staat gegenüber unwirksam, so dass ansonsten mit der Pfändung ein vollwirksames Pfändungspfandrecht entstanden ist. Holt A die Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 nach, so verliert das Veräußerungsverbot zu Gunsten des Staates aus der Beschlagnahme ihm gegenüber nach § 111g Abs. 1 seine Wirkung. Die Pfändung ist damit uneingeschränkt wirksam. Der Verletzte A kann sich dann ungehindert aus dem gepfändeten Sportwagen befriedigen. Die Pfändung des beschlagnahmten Sportwagen durch den „normalen" Gläubiger C, erfolgt sie nach der Beschlagnahme, ist ebenfalls nach § 111c Abs. 5 i.V.m. § 136 BGB dem Staat gegenüber unwirksam und begründet ansonsten ein wirksames Pfändungspfandrecht. C kann jedoch, da nicht Verletzter der Betrugstat, keine Zulassung seiner Vollstreckungsmaßnahme nach § 111g Abs. 2 erreichen, deshalb nicht das Veräußerungsverbot durchbrechen und sich daher nicht aus dem sichergestellten Sportwagen befriedigen.

I I . Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses aus § 111g Abs. 2 Die vorhergehende Untersuchung des § 111g Abs. 2 Satz 1 hat ergeben, dass dem Zulassungsbeschluss in § 111g Abs. 1 und § 111g Abs. 3 Satz 1 zwei Funktionswirkungen mit dem Ziel der vorrangigen Befriedigung des Verletzten zu kommen, wenn dieser wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung auf beschlagnahmte Gegenstände zugreift. Die beiden Funktionswirkungen stellen zwangsläufig die Frage nach der Rangfolge von Pfändungspfandrechten, Sicherungshypotheken etc. und damit nach der Reihenfolge der Befriedigung, wenn Verletzte und andere Gläubiger Vollstreckungsmaßnahmen in die beschlagnahmten Gegenstände ausbringen und alle oder einzelne Verletzte die Zulassung nach § 111g Abs. 2 erwirken.

1. Grundsätzliche Geltung des Prioritätsprinzips Um dahingehende Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses aus § 111g Abs. 2 feststellen zu können, ist zunächst in einem kurzen Überblick zu ermitteln, welche Rangfolge von vollstreckungsrechtlichen Sicherungen und

102

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

damit welche Reihenfolge der Befriedigung aus ihnen grundsätzlich, d.h. ohne Zulassung gilt. Vorliegend geht es um konkurrierende Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern und Verletzten in nach § 111c Abs. 1 bis 4 beschlagnahmte Gegenstände. Die Vorüberlegung bezieht sich daher auf die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte, Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge sowie Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. a) Das Prioritätsprinzip

bei der Zwangsvollstreckung

Die Zwangsvollstreckung in bewegliches Vermögen erfolgt gemäß § 803 ZPO durch Pfändung. Dadurch erwirbt der Gläubiger ein Pfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand, § 804 Abs. 1 ZPO. Dieses Pfändungspfandrecht begründet einen Anspruch des Gläubigers auf Befriedigung aus dem gepfändeten Gegenstand nach bestimmter Rangordnung. 175 Diese bestimmt sich nach dem in § 804 Abs. 3 ZPO geregelten Prioritätsprinzip. Konkurriert danach ein pfändender Gläubiger mit anderen pfändenden Gläubigern und existieren so mehrere Pfändungspfandrechte, so geht die frühere Pfändung der späteren Pfändung vor und der zuerst pfändende Gläubiger wird vor dem nachrangigen Gläubiger befriedigt. 176 Die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen nach §§ 864 ff. ZPO erfasst zunächst die Zwangsvollstreckung in Grundstücke und diesen nach § 870 ZPO gleichgestellten grundstücksgleichen Rechten. In diese erfolgt die Zwangsvollstreckung gemäß § 866 Abs. 1 ZPO entweder durch Eintragung einer Sicherungshypothek, durch Zwangsversteigerung oder durch Zwangsverwaltung. Die Sicherungshypotheken werden gemäß § 867 Abs. 1 ZPO auf Antrag des jeweiligen Gläubigers im Grundbuch eingetragen, womit sie entstehen. Deren Rangverhältnis bestimmt sich gemäß § 879 Abs. 1 Satz 1 BGB nach der Reihenfolge ihrer Eintragungen, d.h. nach der tatsächlichen zeitlichen Aufeinanderfolge der Eintragungen mit der Folge, dass das früher eingetragene Recht dem später eingetragenen im Range vorgeht. 1 7 7 Da Sicherungshypotheken nach § 867 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst mit der Eintragung entstehen, bestimmt sich deren Rang untereinander somit regelmäßig nach ihrem Entstehungszeitpunkt, so dass auch hier für die Reihenfolge der Sicherungsrechte der Grundsatz der zeitlichen Priorität bzw. das Prioritätsprinzip g i l t . 1 7 8 Das hieraus folgende Rang Verhältnis der Siche175

Zöller-Stöber, § 804, Rn. 2. Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, § 804, Rn. 9; Zöller-Stöber, § 804, Rn. 5. 177 Vgl. Erman-Hagen/Lorenz, § 879 BGB, Rn. 9; Staudinger-Gursky, § 879, Rn. 34, 36; MüKo-Wacke, § 879, Rn. 17, 19; Soergel-Stürner, § 879, Rn. 6. 178 Staudinger-Gursky, § 879, Rn. 34-36; MüKo -Wacke, § 879, Rn. 10, 14; Jauernig-Jauernig, § 879, Rn. 3; Wacke JA 1981, 94 (96). 176

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

103

rungshypotheken untereinander entscheidet über die Befriedigungsaussichten des Gläubigers in der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. Gemäß §§11 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG richtet sich die Reihenfolge der Befriedigung aus dem Versteigerungserlös in §§ 109 Abs. 2, 112 ff. ZVG bzw. aus den Verwaltungsüberschüssen in § 155 ff. ZVG allein nach dieser Rangordnung. D.h. das rangbessere Recht wird vor dem rangschlechteren befriedigt. 179 Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterfällt gemäß § 870a ZPO auch die Zwangsvollstreckung in ein im Schiffsregister eingetragenes Schiff oder in ein Schiffsbauwerk, das im Schiffsbauregister eingetragen ist oder darin eingetragen werden kann. Hier erfolgt die Zwangsvollstreckung durch Eintragung einer Schiffshypothek oder durch Zwangsversteigerung. Nicht eingetragene Schiffe werden dagegen wie bewegliche Sachen gepfändet. 180 Gemäß § 870a Abs. 1, 2 i.V.m. § 867 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 24 Abs. 1 SchiffsRG werden bei der Zwangsvollstreckung in eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke die Schiffshypotheken auf Antrag des jeweiligen Gläubigers im Schiffs- bzw. Schiffsbauregister eingetragen, womit sie entstehen. Deren Rangverhältnis untereinander bestimmt sich gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SchiffsRG ebenfalls nach der Reihenfolge ihrer Eintragungen. Demnach findet auch hier ebenso wie bei den Grundstückssicherungshypotheken das Prioritätsprinzip Anwendung, wonach das früher eingetragene Recht dem später eingetragenen im Rang vorgeht. Das hieraus folgende Rangverhältnis der Schiffshypotheken untereinander entscheidet wiederum über die Befriedigungsaussichten des Gläubigers in der Zwangsversteigerung, wie sich aus § 870a ZPO, §§ 162, 1 ff. ZVG ergibt. Die Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeuge, die in die Luftfahrzeugrolle eingetragenen sind, erfolgt entweder gemäß § 99 Abs. 1 LuftfzRG i.V.m. § 870a ZPO durch Eintragung eines Registerpfandrechts für die Forderung in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen oder gemäß § 171a ZVG durch Zwangsversteigerung. Letztere ist nach § 171 Satz 2 ZVG auch bei im Register eingetragenen, aber in der Luftfahrzeugrolle gelöschten Luftfahrzeugen möglich. Nicht eingetragene Luftfahrzeuge werden dagegen wie bewegliche Sachen behandelt und gepfändet. 181 Gemäß § 99 Abs. 1 LuftfzRG i.V.m. § 870a Abs. 1, 2 i.V.m. § 867 Abs. 1 ZPO werden bei der Zwangsvollstreckung in eingetragene Luftfahrzeuge die Registerpfandrechte auf Antrag des jeweiligen Gläubigers im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen, womit sie entstehen. Deren Rangverhältnis be179 180 181

Erman-Hagen/Lorenz, § 879 BGB, Rn. 2; Soergel-Stürner, Zöller- Vollkommer, § 931, Rn. 1. Haupt NJW 1974, 1457 (1458).

§ 879, Rn. 1.

104

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

stimmt sich gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftfzRG ebenfalls nach der Reihenfolge ihrer Eintragungen. Demnach findet auch hier ebenso wie bei den vorgenannten Sicherungs- und Schiffshypotheken das Prioritätsprinzip Anwendung, wonach das früher eingetragene und damit entstandene Recht dem später eingetragenen im Rang vorgeht. Das hieraus folgende Rangverhältnis der Registerpfandrechte untereinander entscheidet wiederum über die Befriedigungsaussichten der Gläubiger in der Zwangsversteigerung nach §§ 171a, 1 ff. ZVG. b) Das Prioritätsprinzip

bei der Arrestvollziehung

Die Arrest Vollziehung von Gläubigern und Verletzten gemäß §§ 916 ff. ZPO kann erfolgen in bewegliches Vermögen (§ 930 ZPO), in eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke (§ 931 ZPO), in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (§ 932 ZPO) sowie in die Luftfahrzeugrolle oder in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragene Luftfahrzeuge (§ 99 Abs. 2 LuftfzRG). Die Vollziehung des Arrestes in bewegliches Vermögen, d.h. in körperliche Sachen einschließlich nicht eingetragener Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge 182 , in Forderungen und andere Vermögensrechte wird gemäß § 930 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Pfändung bewirkt. Diese begründet gemäß § 930 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Pfandrecht mit den in § 804 ZPO bestimmten Wirkungen. Folglich gilt auch hier für die Entstehung mehrerer Arrestpfändungspfandrechte das Prioritätsprinzip aus § 804 Abs. 3 ZPO, wonach eine frühere Pfändung der späteren Pfändung vorgeht und der zuerst pfändende Gläubiger vor dem nachrangigen Gläubiger voll befriedigt w i r d . 1 8 3 Zu beachten ist hierbei allerdings, dass der Arrest als vorläufiger Rechtsschutz nur eine Sicherungsmaßregel ist und deshalb eine Verwertung bzw. Befriedigung des Gläubigers nach Pfändung erst in Frage kommt, wenn ein vollstreckbarer Titel zur Hauptsache vorliegt. Ist das der Fall, so verwandelt sich das Arrestpfändungspfandrecht in ein die Befriedigung ermöglichendes Vollstreckungspfandrecht, dessen Rang sich nach dem Zeitpunkt der Arrestpfändung bestimmt. 1 8 4 Die Vollziehung eines Arrestes in eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke erfolgt gemäß § 931 Abs. 1 ZPO durch Pfändung, die nach Absatz 2 ein Pfandrecht an dem gepfändeten Schiff oder Schiffsbauwerk begründet. Dieses Arrestschiffspfandrecht entsteht bereits ohne Eintragung in das Schiffs- bzw. Schiffsbauregister. Für die Rangordnung mehrerer Schiffs182 183 184

Vgl. Wieczorek/Schütze-Thümmel, § 931, Rn. 1, 9. Vgl. Thomas/Putzo-Putzo y § 804, Rn. 9; Zöller-Stöber, § 804, Rn. 2, 5. Vgl. Zöller-Vollkommer, § 930, Rn. 1, 5; Brox/Walker, Rn. 1543.

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

105

Pfandrechte untereinander gilt wieder - wie zuvor bei den beweglichen Sachen mit den dort genannten Folgen - das Prioritätsprinzip gemäß § 804 Abs. 3 Z P O . 1 8 5 In ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht wird gemäß § 932 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Arrest vollzogen durch Eintragung einer Sicherungshypothek, der sogenannten Arresthypothek, bei der es sich um ein vollwertiges Sicherungspfandrecht handelt. 1 8 6 Für das Rangverhältnis mehrerer Hypotheken untereinander gilt wieder § 879 Abs. 1 Satz 1 B G B 1 8 7 , dem wie bereits ausgeführt das Prioritätsprinzip zu Grunde liegt. Diesbezüglich und wegen der Folgen der Rangordnung kann daher auf die bereits gemachten Ausführungen zur Zwangsvollstreckung in Grundstücke entsprechend verwiesen werden. 188 Die Arrestvollziehung in ein Luftfahrzeug, das entweder in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, wird schließlich nach § 99 Abs. 2 LuftfzRG dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher das Luftfahrzeug in Bewachung und Verwahrung nimmt und ein Registerpfandrecht für die Forderung eingetragen wird. Das hinsichtlich der Eintragung dem § 932 ZPO nachgebildete Arrestregisterpfandrecht i.S.d. § 99 Abs. 2 1. Hs. LuftfzRG stellt ein vollgültiges Registerpfandrecht dar, für das keine Unterschiede zu dem durch Zwangsvollstreckung gemäß § 99 Abs. 1 LuftfzRG i.V.m. § 870a ZPO begründeten Registerpfandrecht gelten, so dass auch die übrigen Vorschriften des LuftfzRG Anwendung finden. 189 Dies gilt insbesondere auch für die Vorschriften der §§ 24-26 LuftfzRG, die im wesentlichen den §§ 24-26 SchiffsRG und den Bestimmungen des Grundstücksrechts in den §§ 879, 880 BGB entsprechen. 190 Demgemäß ist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftfzRG für die Rangfolge wieder die Reihenfolge ihrer Eintragungen maßgeblich, so dass auch hier das Prioritätsprinzip Anwendung findet, wonach das frühere eingetragene Recht dem später eingetragenen Recht - auch bei der endgültigen Befriedigung - vorgeht. Diesbezüglich kann entsprechend auf die Ausführungen zur Zwangsvollstreckung in eingetragene Luftfahrzeuge verwiesen werden. 191

185

Vgl. Zöller-Vollkommen § 931, Rn. 2; Stein/Jonas-Grunsky, § 931, Rn. 5. Vgl. Zöller-Vollkommer, § 932, Rn. 1. 187 Vgl. Erman-Hagen/Lorenz, § 879, Rn. 3; Palandt-Bassenge, § 879, Rn. 4. 188 s.o. unter C., II., 1., a). 189 Groth, S. 70 ff.; Schölermann/ Schmid- Burgk WM 1990, 1137 (1141); Schleicher/Reymann/Abraham, § 99, Anm. 4; § 25, Anm. 1; Schwenk, S. 617. 190 Noack JurBüro 1982, 165 (171); Schölermann/Schmid-Burgk WM 1990, 1137 (1142); Schleicher/Reymann/Abraham, § 26, Anm. 1; § 25, Anm. 1, 2. 191 s.o. unterC., II., 1., a). 186

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte c) Zwischenergebnis

Es kann daher festgehalten werden, dass es bei der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung durch Gläubiger und Verletzte in nach § 111c beschlagnahmte Gegenstände für die Rangfolge der Pfandrechte, Hypotheken und sonstigen Ansprüche und damit für die Reihenfolge der Befriedigung jeweils auf das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip ankommt. Danach kann sich regelmäßig deijenige zuerst befriedigen, der zuerst die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in die beschlagnahmten Gegenstände betrieben hat. Es gilt das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". 192

2. Änderung des Prioritätsprinzips durch den Zulassungsbeschluss? Zu untersuchen ist nun, ob und wenn ja inwieweit ein zu Gunsten des Verletzten ergangener Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 zu einer Änderung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips führt. a) Die Rangfolge zwischen Verletztem

und Justizfiskus

(Staat)

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Zulassungsbeschluss die Rangfolge zwischen dem Justizfiskus (Staat), der als Erstes den betreffenden Gegenstand beschlagnahmt hat, und dem Verletzten, der nachfolgend in den Gegenstand vollstreckt, berührt. Das setzt voraus, dass der Justizfiskus wie ein Vollstreckungsgläubiger durch die Beschlagnahme der einzelnen Gegenstände nach § 111c ebenfalls Pfändungspfand- oder Sicherungsrechte erlangt, so dass zwischen ihm und dem Verletzten ein Rangverhältnis i.S.d. § 804 Abs. 3 ZPO, § 879 BGB, § 25 SchiffsRG oder § 25 LuftfzRG entstehen kann. Teile höchstrichterlicher Rechtsprechung scheinen der Meinung zu sein, durch die Beschlagnahme nach § 111c erwerbe der Staat allgemein an dem betreffenden Gegenstand ein gegenüber anderen vorrangiges Pfändungspfandrecht, das erst mit der Zulassung nach § 111g Abs. 2 aufgrund der Wirkung des § 111g Abs. 1 im Umfang der titulierten Forderung des Verletzten hinter dessen Pfandrecht zurücktrete. 193 Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur sind der Auffassung, jedenfalls mit der Beschlagnahme einer Forderung gemäß § 111c Abs. 3 erwerbe der Staat ein Pfändungspfandrecht i.S.d. §§ 829, 804 Z P O . 1 9 4 192

Vgl. hierzu Wacke JA 1981, 94 (94). So BGH ZIP 2000, 901 (902); OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (484). 194 So OLG Karlsruhe NStZ 1992, 287 (288); Ciolek, Rn. 361; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 7; Müller-Gugenberger/Bieneck-Richter, § 9, Rn. 40. 193

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

107

Der Sicherungsmaßnahme der Beschlagnahme i.S.d. §§ 111b ff. kommt die Wirkung eines rangbegründenden Pfändungspfandrechts jedoch nicht zu. § 111c Abs. 5 bestimmt ausdrücklich diejenige Wirkung, die eine nach §§ 111b Abs. 1, 111c Abs. 1 bis 4 durchgeführte Beschlagnahme mit sich bringt, nämlich die eines Veräußerungsverbots i.S.d. § 136 BGB. Des Weiteren werden Pfändungspfandrechte z.B. an beweglichen Sachen gemäß § 804 Abs. 1 ZPO durch eine Pfändung oder Sicherungshypotheken auf Grundstücken gemäß §§ 867 Abs. 1, 932 Abs. 1 ZPO durch Eintragung einer Zwangshypothek im Grundbuch erworben. Nach § 111c Abs. 1, 4 werden bewegliche Sachen einschließlich Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge jedoch nur in Verwahrung genommen oder sonst ihre Beschlagnahme kenntlich gemacht. Zur Beschlagnahme von Grundstücken wird gemäß § 111c Abs. 2 lediglich ein Vermerk über die Beschlagnahme in das Grundbuch eingetragen. Hier erfolgt also weder eine Pfändung noch die Eintragung einer Zwangshypothek, die überhaupt ein Pfändungspfand- oder Sicherungsrecht begründen könnten. Wäre zudem z.B. die Inverwahrungsnahme von beweglichen Sachen gemäß § 11 lc Abs. 1 eine Pfändung gemäß §§ 808, 803 ZPO mit den Wirkungen aus § 804 ZPO, so würde diese bereits nach allgemeiner Auffassung neben einem Pfändungspfandrecht auch die Verstrickung begründen, die zugleich ein Veräußerungsverbot i.S.d. §§ 135, 136 BGB zu Gunsten des vollstreckenden Gläubigers bewirkt. 1 9 5 Die ausdrückliche, nicht nur klarstellende Regelung in § 111c Abs. 5, wonach die Beschlagnahme die Wirkung eines Veräußerungsverbotes i.S.d. § 136 BGB hat, zeigt jedoch deutlich, dass die Beschlagnahme eben keine Vollstreckungsmaßnahme mit den Folgen von Verstrickung und Pfändungspfandrecht ist bzw. sein sollte. Der Begründung eines Pfändungspfandrechts zu Gunsten des Staates bei der Pfändung bedarf es im Übrigen auch nicht. Pfändungspfandrechte begründen einen prozessualen Anspruch auf Erlösauszahlung nach einer bestimmten Rangordnung und haben daher vornehmlich nur rangsichernde Funktion. 1 9 6 Die rangsichernde Funktion übernimmt bei der Beschlagnahme von Gegenständen bereits das gemäß § 11 lc Abs. 5 wirkende Veräußerungsverbot i.S.d. § 136 BGB, wonach alle nachfolgenden Verfügungen einschließlich Vollstreckungsmaßnahmen dem Staat gegenüber unwirksam sind. Dieser kann sich damit also bereits vorrangig „befriedigen", indem gemäß § 73e Abs. 1 StGB mit Anordnung des Verfalls der betreffende Gegenstand unbelastet in das Eigentum des Staates übergeht, ohne dass noch 195

Rn. 6. 196

Vgl. Zöller-Stöber, Zöller-Stöber,

§ 804, Rn. 1; Baumbach/Lauterbach-Hartmann,

§ 804, Rn. 2; Stein/Jonas-Münzberg,

§ 804, Rn. 1, la.

§ 803,

108

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

ein rangsicherndes Pfändungspfandrecht notwendig ist. Schon nach dem Sinn und Zweck der Beschlagnahme wird somit nicht noch zusätzlich ein Pfändungspfand- oder anderes Sicherungsrecht erworben, welches ein Rangverhältnis des Staates zu einem Verletzten begründen könnte. Schließlich bedarf es auch deshalb keiner Begründung eines Pfandrechts zu Gunsten des Justizfiskus, weil bei § 11 l g - anders als bei § 1 1 1 h - kein Rangtausch der durch Sicherstellung begründeten Sicherungsrechte von Justizfiskus und der durch Zwangsvollstreckung begründeten Sicherungsrechte des Verletzten erfolgen soll. Zur Ermöglichung des bevorrechtigten Zugriffs gilt zu Gunsten des Verletzten nach § 111g Abs. 3 Satz 1 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme das Veräußerungsverbot nach § 11 lc Abs. 5, so dass der Verletzte hier nicht mit einem Pfändungspfandrecht des Justizfiskus eine Rangänderung zu verlangen braucht. Gleiches gilt dann auch für die Beschlagnahme einer Forderung. Diese wird zwar gemäß § 111c Abs. 3 Satz 1 durch Pfändung bewirkt. Nach § 111c Abs. 3 Satz 2 sind die Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte aber nur insoweit sinngemäß anzuwenden. Damit wird lediglich die Art und Weise bestimmt, in der die Beschlagnahme der Forderung nach den §§ 829 bis 834, 846 ff., 857 bis 859 ZPO durchzuführen i s t . 1 9 7 Aus den vorgenannten Gründen bedeutet die sinngemäße Anwendung der Durchführungsvorschriften der §§ 829 ff. ZPO jedoch nicht, dass zugleich ein Pfändungspfandrecht nach § 804 ZPO begründet wird. Demzufolge ist der beschlagnahmende Justizfiskus kein Vollstreckungsgläubiger, der durch die Beschlagnahme dieselben vollstreckungsmäßigen Sicherungsrechte wie ein anschließend in die beschlagnahmten Gegenstände vollstreckender Verletzter begründet. Eine Rangfolge zwischen diesen Rechten wie auch deren Änderung durch die Zulassung scheiden daher aus. Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten steht allerdings zunächst das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen, wonach diese dem Justizfiskus gegenüber (relativ) unwirksam sind. Erwirkt der Verletzte die Zulassung gemäß § 111g Abs. 2, verliert die Beschlagnahme nach § 111g Abs. 1 ihre Wirkung. Der Verletzte kann die Zwangsvollstreckung gegen den Schädiger nunmehr so betreiben, als sei die frühere Beschlagnahme nicht erfolgt. 1 9 8 Mit der Einschränkung des Veräußerungsverbots stehen dem Verletzten die beschlagnahmten Gegenstände für seine Befriedigung uneingeschränkt zur Verfügung. 199 197

So auch Locher WuB VII C. § 111g StPO 1.92; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111c, Rn. 8; SK-Rudolphi, § 111c, Rn. 7; LR-Schäfer, § 11 lc, Rn. 7 ff. 198 BGH ZIP 2000, 901 (902).

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

109

Die Zulassung hat also zumindest die praktische Folge, dass der Verletzte an dem Justizfiskus (Staat) im „Rang" vorbeirückt. b) Die Rangfolge zwischen dem zugelassenen Verletzten und einem anderen Gläubiger Dagegen könnte sich die Zulassung auf die Rangfolge zwischen einem zugelassenen Verletzten und einem anderen Gläubiger auswirken. Vollstreckt gemäß dem Ausgangsbeispiel (s. Abb. 3) nach dem Gläubiger C der Verletzte A in den beschlagnahmten Sportwagen und die beschlagnahmte Bankforderung des S, und erwirkt A anschließend die Zulassung nach § 111g Abs. 2, so könnte sich damit zwischen C und A eine Änderung der ursprünglichen Rangfolge ergeben. Dabei ist zu unterscheiden, ob C erst nach der Beschlagnahme (s. aa)) oder bereits davor (s. bb)) gepfändet hat.

Beschlagnahme

Pfändung Λ

nach § 111c

nach § 111g

I

I

t Pfändung C

Zulassung A

I Zeit

t oder

Pftndung C

Abbildung 3

aa) Vollstreckung des Gläubigers nach der Beschlagnahme Durch Auslegung des § 111g Abs. 2 Satz 1 wurde festgestellt, dass dem Zulassungsbeschluss zur Schadloshaltung des Verletzten auch eine „Vorrangfunktion" zu k o m m t . 2 0 0 Diese äußert sich darin, dass gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1, 5 als Folge der richterlichen Zulassung das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auf Dauer auch zu Gunsten von Verletzten gilt, die noch während der Beschlagnahme 199 Vgl. OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013); LR-Schäfer, § 111g, Rn. 8; YMR-Müller, § 111g, Rn. 2; SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 2, 3; Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (873). 200 s.o. unterC., I., 3.

110

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

die Zwangsvollstreckung betreiben oder den Arrest vollziehen. Auf Grund der „Vorrangfunktion" sind gemäß der §§ 111g Abs. 3 Satz 1, 111c Abs. 5 i.V.m. §§ 136, 135 Abs. 1 BGB alle der Beschlagnahme nachfolgenden Verfügungen Dritter im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung dem Verletzten gegenüber unwirksam. 201 Damit kann dieser gegenüber anderen Gläubigern jederzeit die relative Unwirksamkeit ihrer verbotswidrigen Vollstreckungsmaßnahmen geltend machen. 202 Dies kann er insbesondere auch Drittschuldnern von Forderungen entgegenhalten, um die befreiende Wirkung des § 836 ZPO zu vermeiden. 203 Schutz bietet zudem § 772 Satz 1 ZPO. Danach soll der Gegenstand, auf den sich das Veräußerungsverbot bezieht, wegen eines persönlichen Anspruches oder auf Grund eines infolge des Verbots unwirksamen Rechtes nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden. Das zuständige Vollstreckungsorgan soll hiernach die Verwertung des Gegenstandes durch z.B. Versteigerung nach § 817 BGB, Überweisung der Forderung nach § 835 ZPO oder Zwangsversteigerung nach § 35 ZVG nicht vornehmen. 204 Um dies sicherzustellen, kann der Verbotsgeschützte, hier der Verletzte, zwischen Beginn und Beendigung der Zwangsvollstreckung gemäß § 772 Satz 2 ZPO Widerspruchsklage nach Maßgabe des § 771 ZPO erheben mit dem Ziel, die Veräußerung oder Überweisung im Wege der Zwangsvollstreckung für unzulässig erklären zu lassen. Weiter kann er mit dem gleichen Ziel wegen Verletzung der Ordnungsvorschrift des § 772 Satz 1 ZPO durch das Vollstreckungsorgan die Erinnerung nach § 766 ZPO einlegen. 205 Sind demnach die Pfändungspfandrechte, Sicherungshypotheken und Registerpfandrechte der Gläubiger dem Verletzten gegenüber unwirksam und steht damit der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung von Dritten nach §§ 28, 37 Nr. 5 Z V G eine Verfügungsbeschränkung entgegen, so sind diese Rechte und Maßnahmen für den begünstigten Verletzten praktisch nicht existent. Der Gläubiger kann sich also im Regelfall hieraus nicht mehr vor dem Verletzten befriedigen. Vielmehr kann der Verletzte selbst aus seinen Sicherungsrechten und Ansprüchen ungehindert durch den Gläu201 So auch BGH ZIP 2000, 901 (903); OLG Hamm, Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 55/94, S. 7; Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 13/94, S. 5; KMR-Müller, § 111g, Rn. 5; LR-Schäfer, § 111g, Rn. 10; Kleinknecht/ M eye r-Goßner, § 11 lg, Rn. 6. 202 Palandt-Heinrichs, § 136, Rn. 6 f.; Jauernig-Jauernig, § 136, Rn. 6. 203 Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, § 836, Rn. 10; BGHZ 66, 394 (397). 204 Thomas/Putzo-Putzo, § 772, Rn. 3; Staudinger-Kohler, § 135, Rn. 95 f.; Zöller-Herget, § 772, Rn. 2; Stein/Jonas-Münzberg, § 772, Rn. 9, 7. 205 Vgl. Zöller-Herget, § 772, Rn. 2; Thomas/Putzo-Putzo, § 772, Rn. 4, 5; MüKo-Mayer-Maly/Armbrüster, §135, Rn. 41; Stein/Jonas-Münzberg, § 772, Rn. 11, 10; Brox/Walker, Rn. 1426; Hilger NStZ 1982, 374 (375, Fn. 7).

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

111

biger vorgehen. Der verbotsgeschützte Verletzte geht demnach mit seinen Sicherungsrechten aus der Zwangsvollstreckung und seinen Ansprüchen in der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung denen des „normalen" Gläubigers regelmäßig im Rang vor. Er kann sich als Erster vor diesem befriedigen. 206 Mit Vorliegen des Zulassungsbeschlusses rückt daher der ursprünglich nachrangige, aber zugelassene Verletzte gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1, 5 auf Dauer - auch für die Zeit nach Aufhebung der Beschlagnahme - an die Rangstelle des ursprünglich vorrangigen Gläubigers. Dieser findet sich im Rang nach dem Verletzten wieder. Das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip wird somit durch die Zulassung zu Gunsten des Verletzten abgeändert. bb) Vollstreckung des Gläubigers vor der Beschlagnahme Fraglich ist, ob dieses Ergebnis mit der Zulassung auch dann eintritt, wenn der Gläubiger bereits vor der Beschlagnahme nach § 111c in den jeweiligen Gegenstand vollstreckt hat. Das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 i.V.m. § 136 BGB wirkt zu Gunsten des zugelassenen Verletzten nach § 111g Abs. 3 Satz 1 nur auf den Zeitpunkt zurück, an dem die Beschlagnahme vollzogen wurde. Es kann deshalb auch erst ab dem Beschlagnahmezeitpunkt Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung als verbotswidrig erfassen. Es kann dagegen nicht mehr solche Verfügungen erfassen, die bereits zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden sind, zu dem das Verbot mangels Beschlagnahme noch gar nicht existent war. Der vor der Inbeschlagnahme erfolgten Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers kann der Verletzte somit keine relative Unwirksamkeit entgegenhalten, so dass sich der Gläubiger weiterhin ungehindert vor dem Verletzten befriedigen kann. Hat daher ein Gläubiger bereits vor der Beschlagnahme in den betreffenden Gegenstand vollstreckt, so hat der Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 keine Auswirkung auf die ursprünglich eingetretene Rangfolge. cc) Zulassung oder Vollstreckung des Verletzten nach Beendigung der Beschlagnahme Dem Zulassungsbeschluss kommt demzufolge bei der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung von Verletzten und anderen Gläubigern in bereits beschlagnahmte Gegenstände eine gravierende Bedeutung für die Befriedigungsaussichten zu. Vor allem deshalb, weil das Veräußerungsverbot 206

So wohl auch Hilger NStZ 1982, 374 (375 und Fn. 6).

112

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

zu Gunsten des Verletzten gemäß § 111g Abs. 3 Satz 5 auch nach Beendigung der Beschlagnahme weiterhin seine Wirksamkeit behält. Es stellt sich deshalb die Frage, wie lange der Verletzte in den Genuss der „Vorrangfunktion" der Zulassung aus § 111g Abs. 3 Satz 1 kommen kann, um in den Rang eines vorrangigen Gläubigers gelangen zu können. (1) Rechtzeitige Zwangsvollstreckung

oder Arrestvollziehung

Den für die „Vorrangfunktion" der Zulassung maßgeblichen Zeitraum legt § 111g Abs. 3 Satz 1 fest. Danach gilt die Rückwirkung des Veräußerungsverbots nur für den Verletzten, der während der Dauer der Beschlagnahme vollstreckt. Denn nur solange die Beschlagnahme gegeben ist, hat diese gemäß § 111c Abs. 5 die Wirkung eines Veräußerungsverbotes. Deshalb kann auch nur in dieser Phase das Veräußerungsverbot gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1 auf einen vollstreckenden Verletzten erweitert werden. Erfolgt also die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten erst nach Beendigung der Beschlagnahme, so wirkt kein Veräußerungsverbot zu seinen Guns-

(2) Rechtzeitiges Vorliegen des Zulassungsbeschlusses Weiter tritt die „Vorrangfunktion" in § 111g Abs. 3 Satz 1 nur dann in Kraft, wenn der Verletzte zusätzlich zur rechtzeitigen Vollstreckung in die beschlagnahmten Gegenstände den Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 in den Händen hält. Fraglich ist daher, was passiert, wenn dieser bei Beendigung der Beschlagnahme noch nicht vorliegt. Die Beschlagnahme hat nur solange, wie sie gegeben ist, gemäß § 111c Abs. 5 die Wirkung eines Veräußerungsverbots i.S.d. § 136 BGB. Deshalb kann auch nur in diesem Zeitraum das bestehende Veräußerungsverbot gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1 auf einen vollstreckenden Verletzten erweitert werden, nach dem Wegfall der Beschlagnahme jedoch nicht mehr. Dann fehlt es nämlich im Zeitpunkt einer imaginären Zulassungsentscheidung an einer Schutzposition des Staates, die dem Verletzten noch mit den beschriebenen Folgen abgetreten werden könnte. Ist dies aber nicht mehr möglich, so kann die Zulassung auch nicht mehr ihre „Vorrangfunktion" bewirken. Demzufolge kann der Verletzte wegen eines aus der Tat erwachsenen Anspruches keine vorrangige Befriedigung vor anderen Gläubigern mehr erreichen, wenn er im Zeitpunkt der Beendigung der Beschlagnahme noch keinen Zulassungsbeschluss aus § 111g Abs. 2 erlangt hat. Dies bedeutet, dass 207

Ebenso KMR-Müller,

§ 111g, Rn. 6.

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

113

der Verletzte nicht nur während der Beschlagnahme bereits seine Vollstreckungsmaßnahme ausbringen muss. Sondern er muss zugleich noch vor Beendigung der Beschlagnahme bereits den Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 erwirkt haben, will er in die Rangposition eines ihm vorrangigen Gläubigers eintreten. Unterlässt er die Zulassung oder kann er diese nicht rechtzeitig noch während der Beschlagnahme erwirken, so bleibt es bei der nach dem Prioritätsprinzip bestimmten Rangordnung. In dem hier skizzierten Fallbeispiel (s. Abb. 4) können somit folgende Antworten gegeben werden:

Beschlagnahme

Pfändung A

nach § l l l e

nach § 111g

I t Pföndung C

I

I Zeit

t oder

Zulassung A

Pfândung C

Abbildung 4

Pfänden zuerst der Gläubiger C und anschließend der Verletzte A den beschlagnahmten Sportwagen (Wert EUR 20.000,-) und die beschlagnahmte Bankforderung des S (Wert EUR 10.000,-), erwirkt A jedoch zusätzlich die Zulassung nach § 11 l g Abs. 2, so kann er dem C die relative Unwirksamkeit seiner Pfändungspfandrechte entgegenhalten. A rückt damit unter Abänderung des Prioritätsprinzips an die Rangstelle des C. Deshalb kann sich A wegen seines Anspruches aus der Betrugstat in Höhe von EUR 50.000,- vor C aus den gepfändeten Gegenständen im Gesamtwert von EUR 30.000,- befriedigen. C geht danach leer aus. Hat C jedoch Sportwagen und Kontoanspruch bereits vor ihrer Inbeschlagnahme vorrangig nach § 804 Abs. 3 ZPO gepfändet, so ändert auch die Zulassung der Pfändung des A nach § 111g Abs. 2 das Rangverhältnis der Pfändungspfandrechte nicht mehr. Der Verletzte A kann nicht die relative Unwirksamkeit der Pfändungspfandrechte des C geltend machen, da das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 zu seinen Gunsten erst ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme wirkt. Es erfasst deshalb die Pfändungen des C nicht. C kann sich dann entsprechend dem ursprünglichen Rangverhältnis aus § 804 Abs. 3 ZPO mit seinen titulierten Ansprüchen in Höhe von 8 Hees

114

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

insgesamt EUR 60.000- aus den beiden beschlagnahmten Werten (EUR 30.000,-) des S befriedigen. In diesem Fall geht A leer aus. Gleiches Ergebnis würde auch dann eintreten, wenn der A die Zulassung oder Zwangsvollstreckung nicht rechtzeitig vor Beendigung der Beschlagnahme erreichen und damit nicht den Gläubiger C im Rang überholen kann. Dieser gravierende Unterschied in der Befriedigung der Gläubiger A und C je nach Fallkonstellation zeigt deutlich, wie wichtig es für den Verletzten ist, noch während der Beschlagnahme sowohl in die beschlagnahmten Gegenstände zu vollstrecken als auch den Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 in den Händen zu halten.

dd) Zwischenergebnis Wird der Verletzte gemäß § 111g Abs. 2 vor Beendigung der Beschlagnahme zugelassen und hat er ebenso wie ein anderer, ihm vorrangiger Gläubiger während der Dauer der Beschlagnahme in die Gegenstände vollstreckt, so rückt er wegen § 111g Abs. 3 Satz 1 auf die Rangposition des vorrangigen Gläubigers und kann sich vor diesem befriedigen. Insoweit wird das für die Rangfragen in der Zwangsvollstreckung maßgebliche Prioritätsprinzip mit Vorliegen des Zulassungsbeschlusses zu seinen Gunsten abgeändert. Hat jedoch der Gläubiger bereits vor der Beschlagnahme in den betreffenden Gegenstand vollstreckt, so hat der Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 keine Auswirkung auf die bestehende Rangfolge von Gläubiger und Verletztem. In diesem Falle bleibt das maßgebliche Prioritätsprinzip unangetastet. c) Die Rangfolge mehrerer Verletzter

untereinander

Häufig sind in der Praxis aber auch solche Fälle anzutreffen, bei denen durch ein Vermögensdelikt wie z.B. dem Anlagebetrug gleich mehrere Personen geschädigt werden. Es existieren deshalb oft viele Verletzte, die alle auf die beschlagnahmten Gegenstände der Täter im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zur Befriedigung ihrer Ausgleichsansprüche zugreifen. Hier ist fraglich, ob der von einem oder von mehreren Verletzten erlangte Zulassungsbeschluss aus § 111g Abs. 2 das nach dem Prioritätsprinzip entstandene Rangverhältnis der Verletzten untereinander abändert.

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

115

aa) Die Rangfolge zwischen zugelassenem und nicht zugelassenem Verletzten Diese Frage soll zunächst untersucht werden für die Fallkonstellation gemäß dem Ausgangsbeispiel (s. Abb. 5), dass zuerst der Verletzte A und anschließend der Verletzte Β den beschlagnahmten Sportwagen und die beschlagnahmte Bankforderung des S pfänden. Die Rangfolge ihrer Pfändungspfandrechte lautet daher: 1. A, 2. B. Anschließend erwirkt jedoch nur der Β die Zulassung nach § 111g Abs. 2, während A dies unterlässt. Die Beschlagnahme endet mit der Verurteilung des S.

Beschlagnahme

Pfändung

Zulassung des Β

nach § 111c

des A

nach § 111g

I

I

I

t

t

Pfändung

Ende der

des Β

Beschlagnahme

Zeit

Abbildung 5

Bei Untersuchung der Rangfolge zwischen einem Gläubiger und einem Verletzten war festgestellt worden, dass der Verletzte an die Rangstelle des Gläubigers gelangt, wenn er sowohl die Zwangsvollstreckung in den beschlagnahmten Gegenstand betrieben als auch vor Ende der Beschlagnahme die Zulassung nach § 111g erwirkt hat. Haben also zwei Verletzte wie A und B, die beide Gläubiger des Täters sind, in die beschlagnahmten Gegenstände vollstreckt, so müsste demzufolge zunächst der Verletzte in den Genuss der „Vorrangfunktion" aus § 111g Abs. 3 Satz 1 kommen, der als Erster von beiden die Zulassung erwirkt. Mit Vorliegen des Zulassungsbeschlusses gilt gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1 das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an auch zu Gunsten dieses Verletzten. Demgemäß müsste der eigentlich nachrangige Verletzte Β dem vorrangigen Verletzten A entgegenhalten können, dass die von diesem vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen ihm gegenüber unwirksam sind. Damit würde der zugelassene Verletzte Β an die Rangstelle des nicht zugelassenen Verletzten A gelangen, sich also auch als Erster befriedigen können. 8*

116

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Fraglich ist, ob eine solche Auswirkung für die Rangfolge gewollt ist, wenn beide Gläubiger auch Verletzte der Straftat sind. Allein die Verletzten sollen sich nach den §§ 111b ff. aus den beschlagnahmten Gegenständen privilegiert schadlos halten können. 2 0 8 Hier wird aber ein Verletzter (A), der eigentlich bevorzugt werden soll, gegenüber einem anderen, zugelassenen Verletzten (B) in seiner Rangposition verschlechtert. Aus dem Titel eines vollstreckenden Gläubigers ist häufig nicht ersichtlich, ob dieser einen aus der maßgeblichen Straftat erwachsenen Anspruch eines Geschädigten tituliert. Deshalb sollten bevorrechtigte Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten einer richterlichen Zulassung bedürfen, um alsbald Klarheit über den Kreis der bevorrechtigten Gläubiger zu erreichen. 209 D.h., in dem Zulassungsverfahren nach § 111g Abs. 2 sollte geklärt werden, ob der antragstellende Gläubiger zu dem privilegierten Personenkreis deijenigen gehört, die im Gegensatz zu anderen Gläubigern auf den beschlagnahmten Gegenstand zugreifen dürfen. 2 1 0 Daraus folgt, dass es für die Frage, wer bevorrechtigt auf die beschlagnahmten Gegenstände zugreifen und sich daraus befriedigen darf, es allein darauf ankommt, wer von den Gläubigern neben der Vollstreckung in die beschlagnahmten Gegenstände auch die Zulassung aus § 111g Abs. 2 erwirkt hat. Nur solche Gläubiger sind deshalb zu dem Kreis bevorrechtigter Verletzter zu zählen. Solange aber ein Gläubiger, auch wenn er denn Verletzter mit einem Anspruch aus der Straftat ist, die Zulassung nicht erwirkt hat, solange ist er i.S.d. § 111g nicht in den privilegierten Kreis der bevorrechtigten Gläubiger aufgenommen. Er gilt dann i.S.d. § 111g weiter als einfacher Gläubiger. Es kann nämlich durchaus Fälle geben, in denen tatsächlich Verletzte der Straftat entweder aus Unwissenheit die Zulassung gar nicht oder zu spät beantragen 211 oder es aus eigenem Unvermögen nicht nach § 111g Abs. 2 Satz 3 glaubhaft zu machen verstehen, dass ihnen ein Anspruch aus der Straftat erwachsen i s t 2 1 2 . Es kann aber nicht dem bereits zugelassenen Verletzten zum Nachteil gereichen, wenn andere Verletzte es versäumen, rechtzeitig und erfolgreich die für den Zugriff auf beschlagnahmte Werte notwendige Zulassung zu beantragen. Ist demnach die Zwangsvollstreckung des anderen Verletzten nicht nach § 111g Abs. 2 zugelassen, so kann der bereits zugelassene Verletzte diesem gegenüber regelmäßig die relative Unwirksamkeit seiner Vollstreckungs208

s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a). BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g; vgl. auch BGH ZIP 2000, 901 (902); OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013); OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (484). 210 BGH ZIP 2000, 901 (902). 211 Vgl. z.B. OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008. 212 Vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss v. 30.3.1999, Az. 4 Ws 109/99; auch LRSchäfer, § 111g, Rn. 5. 209

. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

117

maßnahme geltend machen. Der zugelassene Verletzte rückt somit im Rang an die Stelle des nicht zugelassenen Verletzten, der damit die Rangstelle dahinter einnimmt. Er kann sich deshalb letztlich vor dem nicht zugelassenen Verletzten aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen. Insofern besteht kein Unterschied zu der zuvor untersuchten Auswirkung der Zulassung auf die Rangfolge zwischen einem Gläubiger und einem zugelassenen Verletzten. 213 Wie dort ist eine Privilegierung des zugelassenen Verletzten gegenüber einem nicht zugelassenen Verletzten aber nur solange möglich, wie die Zulassung noch vor Beendigung der Beschlagnahme erfolgt, weil sonst kein Veräußerungsverbot mehr zu Gunsten des Verletzten wirken kann. Daraus folgt auch hier zum einen, dass jeder Verletzte, der sich mit Hilfe von § 111g vorrangig auch vor anderen Verletzten zu befriedigen sucht, in jedem Falle vor Beendigung der Beschlagnahme einen Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 erwirkt und die Vollstreckung vorgenommen haben muss. Dies bedeutet zum anderen, dass vorrangige Verletzte, die nicht während der Beschlagnahme zugleich die Zulassung erwirken, durch einen nachrangigen, aber zugelassenen Verletzten verdrängt werden können. bb) Die Rangfolge zwischen zugelassenen Verletzten Das gefundene Ergebnis wirft die Frage auf, ob der nicht zugelassene Verletzte diese für ihn nachteilige Folge noch verhindern kann, wenn er selbst vor Beendigung der Beschlagnahme doch noch die Zulassung nach § 111g Abs. 2 erwirkt. Denkbar ist nämlich auch die Fallkonstellation (s. Abb. 6), dass der Verletzte A und anschließend der Verletzte Β den beschlagnahmten Sportwagen und die beschlagnahmte Bankforderung des S pfänden. Anschließend erwirkt jedoch zuerst der Β die Zulassung nach § 111g Abs. 2, bevor A diese ebenfalls erhält. Zwangsvollstreckung und Zulassung eines Verletzten während der Beschlagnahme bewirken gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1, dass das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an zu dessen Gunsten gilt. Damit hat auch die spätere Zulassung des eigentlich vorrangigen Verletzten A die gleiche Wirkung wie für den eigentlich nachrangigen, bereits zugelassenen Verletzten B. Zu beider Gunsten wirkt nunmehr das Veräußerungsverbot - zeitgleich - ab der Beschlagnahme. Zu untersuchen ist, welche Rangfolge nun zwischen den beiden zugelassenen Verletzten untereinander besteht, wer sich also als Erster aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen darf. 213

s.o. unter C., IL, 2., b), dd).

118

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte Beschlagnahme nach § 111c

ι

Zulassung des Β

Pfttndung

nach § 11lg

des A

ι

ι t

Pfändung des Β

t

Zeit

Zulassung A nach § 111g

Abbildung 6

(!) Überblick über die vertretenen

Rechtsauffassungen

Zunächst ist sich ein Überblick über die wenigen in Rechtsprechung und Literatur hierzu vertretenen Rechtsauffassungen zu verschaffen. Zusammen mit Albeck und ihnen folgend Meyer-Goßner vertrat der Verfasser bislang die Ansicht, in allen denkbaren Fallkonstellationen komme es für das Rangverhältnis von Verletzten untereinander jeweils darauf an, wer als Erster während der Beschlagnahme sowohl die Vollstreckungsmaßnahme vorgenommen als auch den Zulassungsbeschluss erwirkt habe. 2 1 4 Zur Begründung führen sie an, dass es allgemein bei mehreren, miteinander konkurrierenden Veräußerungsverboten i.S.d. § 136 BGB darauf an komme, welches Veräußerungsverbot als Erstes entstanden bzw. wirksam geworden sei. 2 1 5 Es entscheide die Priorität des Verbots, weil ein später wirksam gewordenes Verbot im Verhältnis zu einem früheren, schon bestehenden Verbot als eine nach §§ 136, 135 BGB unwirksame Verfügung anzusehen sei. 2 1 6 Welcher Verletzte also zuerst sowohl Vollstreckungsmaßnahmen ausgebracht als auch die Zulassung nach § 111g Abs. 2 erwirkt und damit die Voraussetzungen des § 111g Abs. 3 Satz 1 erfüllt habe, für den entstünde in diesem Zeitpunkt als Erstes das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5. Deshalb seien alle entweder durch eine spätere Zulassung oder eine spätere Vollstreckungsmaßnahme erst danach wirksam gewordenen Veräußerungsverbote zu Gunsten anderer Verletzter und damit auch deren Vollstreckung dem schnelleren Verletzten gegenüber unwirksam. 217 214

So noch Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (875); ihnen folgend Kleinknecht/MeyerGoßner, § 111g, Rn. 5. 215 Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (874). 216 So Kohler JZ 1983, 586 (591); Staudinger-Kohler, § 135, Rn. 80; SoergelHefermehl, § 136, Rn. 26; Palandt-Heinrichs, § 136, Rn. 8; Foerste AcP 193 (1993), S. 277.

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

119

Nach dieser Ansicht würde also der nachrangige, aber zuerst zugelassene Verletzte an die Rangstelle des vorrangigen Verletzten rücken, was dieser auch durch eine nachträgliche Zulassung nach § 111g Abs. 2 nicht mehr ändern könnte. Görling ist - ohne nähere Begründung - ebenfalls der Ansicht, von mehreren vollstreckenden Geschädigten könne sich derjenige zuerst befriedigen, der auch zeitlich zuerst die Zulassung nach § 11 l g beantragt habe, insofern gelte im Zurückgewinnungshilfe verfahren selbst das Prioritätsprinzip. 218 OLG Stuttgart und OLG Hamm sind dagegen der Auffassung, wenn mehrere Verletzte einer Straftat mit ihren titulierten Forderungen zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden, so richte sich ihre Rangfolge untereinander ausschließlich nach den Zeitpunkten, zu denen ihre Pfändungspfandrechte entstanden seien. Auf den Zeitpunkt der Zulassung oder der Erfüllung der letzten Voraussetzung der Vollstreckung oder der Zulassung komme es nicht a n . 2 1 9 Zur Begründung führt das OLG Stuttgart aus, § 111g Abs. 3 Satz 1 gelte nicht für das Verhältnis verschiedener, zugelassener Verletzter untereinander, weil die §§ 111b bis H i n nur den Opferschutz verbessern sollten. Andernfalls erhielten alle Verletzten, die nach § 111g Abs. 2 die Zulassung erwirkten, über § 111g Abs. 3 Satz 1 den gleichen Rang. Das hätte zur Folge, dass bisher vorrangige Verletzte in ihrem Rang verschlechtert würden. § 111g Abs. 2 sei aber keine „Enteignungsvorschrift" zu Lasten bisher vorrangiger Verletzter und greife deshalb nicht in die durch den Prioritätsgrundsatz geregelten Rangverhältnisse von Pfändungspfandrechten e i n . 2 2 0 Das OLG Hamm meint, nach dem Sinn und Zweck des § 111g sollte für das Rangverhältnis der Gläubiger der privilegierten Gruppe untereinander das für die Rangfragen maßgebliche Prioritätsprinzip aus § 804 Abs. 3 ZPO nicht erweitert werden. Dass der Zeitpunkt der Erfüllung der letzten Voraussetzung - Erlass des Zulassungsbeschlusses oder Vollstreckungszeitpunkt - maßgeblich sein sollte, dafür finden sich weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung Anhaltspunkte. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die gerade zu Gunsten der durch den Beschuldigten in ihrem Vermögen Geschädigten getroffene Regelung Einzelnen innerhalb der bevorzugten Gruppe zum Nachteil gereichen solle. Wenn der Gesetzgeber das Prioritätsprinzip hätte erweitern und ergänzen, also eine über die in § 111g Abs. 1 217 218 219

(1013). 220

Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (874). Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22. OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (485); OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 OLG Stuttgart ZIP 2001, 484 (484).

120

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

und Abs. 3 geregelten vollstreckungsrechtlichen Wirkungen hinausgehende Regelung des zivilprozessualen Vollstreckungsrechts treffen wollen, hätte er dies deutlich getan. 2 2 1 Der BGH hat zu der Frage miteinander konkurrierender Verletzter, bei denen der eine eher zugelassen wird als der im Rang vor ihm positionierte, noch keine Entscheidung getroffen. In dem einzigen Fall mit dieser Thematik hatte der BGH über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem ein Verletzter sowohl zeitlich vor dem anderen Verletzten gepfändet als auch vor diesem die Zulassung erwirkt hatte, so dass der BGH diese Frage nicht zu entscheiden brauchte. Er führte jedoch aus, dass es für ihn „nahe" liege, dass sich die Rangfolge mehrerer, jeweils zur Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zugelassener Verletzter allein nach den Zeitpunkten richte, zu denen ihre Pfändungspfandrechte entstanden sind, und nicht nach den Zeitpunkten der zu ihren Gunsten ergangenen Zulassungen. 222 In diesem Urteil hatte es der BGH weiter abgelehnt, dass beide Verletzte aufgrund der Zulassung nach § 111g Abs. 3 Satz 1 mit ihren Pfändungspfandrechten den gleichen Rang erhielten, auch wenn nach dieser Vorschrift für beide der Zeitpunkt der Beschlagnahme maßgeblich werde. Diese Vorschrift gelte nicht für das Verhältnis mehrerer Verletzter untereinander. Der Gesetzgeber habe den Opferschutz verbessern, nicht aber das Verhältnis der Opfer untereinander regeln wollen. Insbesondere habe dieser nicht das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip antasten wollen, weil andernfalls die Verbesserung der Rechtstellung einzelner Opfer durch die Zulassung für andere eine Verschlechterung bedeute, wenn die später zugelassenen Verletzten den gleichen Rang erhielten wie diejenigen, die auf Grund des Prioritätsgrundsatzes den Vorrang genießen. 223 Dittke ist der Auffassung, die Verteilung der beschlagnahmten Beute unter den zugelassenen Opfern habe nach dem Prioritätsprinzip gemäß der Reihenfolge der Vollstreckungsmaßnahmen und nicht in Abhängigkeit von der Reihenfolge der Zulassungen zu erfolgen. Zur Begründung verweist er darauf, dass der Gesetzgeber in der Entstehungsgeschichte des § 111g absichtlich nicht die Verteilung der beschlagnahmten Beute und die Stellung des einzelnen Opfers im Verhältnis zu seinen Mitanspruchsberechtigten geregelt habe, weil er die Betroffenen diesbezüglich allein auf die Zivilprozessordnung habe verweisen wollen. 2 2 4 221

OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013); ebenso bereits OLG Hamm wistra 1999, 278 (280); Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 55/94, S. 6 f.; Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 13/94, S. 5 f. 222 BGH ZIP 2000, 901 (903). 223 BGH ZIP 2000, 901 (903). 224 Dittke wistra 1991, 209 (210).

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

121

Heghmanns geht ebenfalls davon aus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Verteilung der sichergestellten Vermögenswerte an die Geschädigten in der Reihenfolge des nach zivilprozessualen Regeln vorzunehmenden Zugriffs zuzulassen sei. 2 2 5 Das OLG Düsseldorf schließlich hat in einem Beschluss festgestellt, dass die Frage der Verteilung der beschlagnahmten Beute unter einer Vielzahl von Gläubigern nach den Gesetzesmaterialien nicht geklärt sei. Daher sehe sich ein zur Forderungsüberweisung verpflichteter Drittschuldner der schwierigen Beurteilung ausgesetzt, ob für die Rangfolge der Vollstreckungsgläubiger das Datum der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder das Datum des Zulassungsbeschlusses maßgebend sei. 2 2 6 Eine Entscheidung hierzu musste es jedoch nicht treffen.

(2) Auslegung des § 111g Abs. 3 Satz 1 Die Beantwortung der hier maßgeblichen Frage, die in Literatur und Rechtsprechung mit Verweis auf Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 111g unterschiedlich erfolgt, kann der Vorschrift des § 111g Abs. 3 Satz 1 selbst nicht eindeutig entnommen werden. Deshalb bedarf es auch hier zur verbindlichen Klärung ihrer Auslegung. Diese hat sich wieder an deren Wortlaut, ihrer Entstehungsgeschichte und systematischen Einordnung in die Rechtsordnung sowie an Sinn und Zweck der Norm zu orientie-

(a) Wortlaut des § 111g Abs. 3 Satz 1 Der Wortlaut des § 111g Abs. 3 Satz 1 gibt für die Frage, ob ein nachrangiger, eher zugelassener Verletzter den besseren Rang des nach ihm zugelassenen Verletzten einnimmt, wenig her. Er bestimmt lediglich für jeden Verletzten, der während der Beschlagnahme in den beschlagnahmten Gegenstand vollstreckt, die Geltung des Veräußerungsverbotes vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an. Er spricht daher sowohl für die Folgerung, alle zugelassenen Verletzten könnten dann den gleichen Rang einnehmen, wie auch dafür, das früher entstandene Verbot genieße die entscheidende Priorität und gehe allen späteren vor.

225 226 227

Heghmanns ZRP 1998, 475 (478). OLG Düsseldorf NStZ 1992, 203 (203). Vgl. Larenz/Canaris, S. 163 f.; Gern, S. 416.

122

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

(b) Entstehungsgeschichte Die Entstehungsgeschichte der „Beschlagnahmelösung" und des § 111g spricht für eine alleinige Geltung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips, ohne dass die Zulassung Auswirkungen auf die Rangfolge zugelassener Verletzter untereinander haben sollte. Die bereits erfolgte 2 2 8 Darstellung der Entstehung und historische Interpretation des § 111g haben gezeigt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung von § 111g und den darin geregelten „Filter- und Vorrangfunktionen" der Zulassung das Ziel der Schadloshaltung des durch eine Straftat Geschädigten verfolgte. Der Gesetzgeber hatte also im Sinn, den Opferschutz durch die Beschlagnahme nach § 111b und das Zulassungsverfahren in § 111g gerade zu verbessern, indem sich der Verletzte ungehindert durch staatliche Zwangsmaßnahmen und bevorrechtigt vor anderen Gläubigern befriedigen können sollte. Dass insbesondere das Instrument der Zulassung jedoch zugleich dazu führen sollte, das eine Opfer bei der Verteilung der beschlagnahmten „Beute" vor dem anderen Opfer derselben Straftat zu befriedigen, dafür gibt es jedoch aus der Entstehungsgeschichte keine Anhaltspunkte. Stattdessen entsprachen die §§ 111b ff. der Konzeption des BundestagsSonderausschusses für die Strafrechtsreform (5. Wahlperiode) insoweit, als sie auch dem Verletzten wegen aus der Straftat erwachsenen Ansprüchen eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit auf sichergestellte Vermögenswerte gewährleisten sollten. 2 2 9 Die vom Bundestags-Sonderausschuss verabschiedete „Beschlagnahmelösung" beinhaltete noch kein Zulassungsverfahren, wie es dann der spätere Entwurf der Bundesregierung in § 111g vorsah. Dessen Lösung ging dahin, die vorhandenen Tatgewinne beschlagnahmen zu können und die Geschädigten aufzufordern, ihre Ansprüche im Zivilverfahren gegen den Täter geltend zu machen, damit diese sich dann nach dem Grundsatz, dass deijenige, der zuerst komme, zuerst befriedigt werde, an das beschlagnahmte Vermögen halten könnten. 2 3 0 Der Ausgleich zwischen Täter und Geschädigtem sollte ganz dem Zivilprozess und dem Geschädigten selbst überlassen bleiben, das Strafverfahren aber hiervon freigehalten werden. 231 Insbesondere führte der Vertreter der Bundesregierung aus:

„ Wenn man das Prinzip bejahe, daß derjenige zuerst befriedigt werden solle, de zuerst komme, sei die Beschlagnahmelösung die richtige. Dann solle man be228

s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a) und unter C., I., 2., b), bb). Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung; Protokolle 7, S. 651, 652 zu § mg. 230 Vgl. Protokolle V, S. 546, 994, 996, 999 f., 1004, 1009, 1022. 231 Vgl. Protokolle V, S. 547, 996, 998 ff., 1004, 1009, 1010. 229

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

123

schlagnahmen und abwarten, in welcher Reihenfolge die Geschädigten ihre Ansprüche geltend machten. u232 [...]

Der Gewinn, der bei dem Angeklagten gefunden werde, werde beschlagnahmt und gleichzeitig werde ein Zeitraum von beispielsweise zwei oder drei Jahren bestimmt, innerhalb dessen die Geschädigten Zivilprozesse gegen den Täter führen könnten, um sich nach dem Grundsatz, daß derjenige, der sich zuerst melde, zuerst befriedigt werde, an das beschlagnahmte Vermögen zu halten. " 233 Die Geschädigten sollten also ihre aus der Straftat erwachsenen Ansprüche titulieren und anschließend unter ausdrücklicher Bejahung eines Prioritätsprinzips geltend machen und sich befriedigen können. 2 3 4 Eine „Zulassung" wurde nicht vorausgesetzt. Außerdem sollte das Strafverfahren von der Verteilung freigehalten werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Befriedigung aufgrund einer speziellen „Anmeldung" erfolgen sollte. Wenn hier der Sonderausschuss somit für die Frage der Reihenfolge der Befriedigung das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" anwenden wollte, so kann er damit nur das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip gemeint haben. Denn eine Befriedigung der Geschädigten nach dem vom Sonderausschuss propagierten Prinzip kann im deutschen Recht nur im Wege der hoheitlichen Anspruchsdurchsetzung durch Zwangsvollstreckung erfolgen. 2 3 5 Demnach entsprach es schon dem Konzept des Sonderausschusses, dass eine Befriedigung der Verletzten untereinander aus den beschlagnahmten Gegenständen allein nach dem vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip erfolgen sollte. Der Gesetzgeber hat diese Konzeption übernommen und in § 111g zur Befriedigung und Schadloshaltung des Verletzten einen vollstreckungsrechtlichen Zugriff vorgesehen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Zugriff für die Verletzten untereinander anders als der Sonderausschuss regeln, insbesondere das in der Zwangsvollstreckung geltende Prioritätsprinzip noch um die Zulassungskomponente erweitern wollte. Hätte dieser für die Verletzten untereinander eine über die in § 111g Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 geregelten vollstreckungsrechtlichen Wirkungen hinausgehende Regelung des zivilprozessualen Vollstreckungsrechts treffen wollen, so hätte er dies deutlich getan. 2 3 6 Des Weiteren geht aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zu den §§ 111b ff. hervor, dass das mit der Zulassung zu Gunsten des Verletzten geltende Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 seine vorrangige Befriedigung gewährleisten sollte, indem dadurch rechtsgeschäftliche Verfügungen des Betroffenen vereitelt werden und Zwangsvollstreckungs232 233 234 235 236

Protokolle V, S. 999. Protokolle V, S. 1000. Ähnlich Hildenstab, S. 120 f. Vgl. hierzu Wacke JA 1981, 94 (94). So auch OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008 (1013).

124

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

maßnahmen Dritter erfolglos bleiben. 2 3 7 Hierbei wurde nur zwischen privilegierten Verletzten und Dritten unterschieden, denen gegenüber sich die Bevorrechtigung der Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten nachteilig auswirke. 238 Dies zeigt vor allem die Begründung zu § 111g Abs. 4:

„Den notwendigen Ausgleich gegenüber Interessen Dritter; die wegen der - nicht gerechtfertigten - Privilegierung des Verletzten mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ohne Erfolg geblieben sind oder die sonst durch das - nicht gerechtfertigte Veräußerungsverbot einen Schaden erlitten haben, schafft der Entwurf dadurch, daß er Dritten in derartigen Fällen gegenüber dem Verletzten einen Schadensersatzanspruch einräumt (Absatz 4). " 239 Der Gesetzgeber hat also für den Fall, dass durch eine zu Unrecht erfolgte Zulassung und Privilegierung eines Verletzten Schadensersatzansprüche ausgelöst werden, als Anspruchsinhaber ausschließlich Dritte, also nicht privilegierte Gläubiger, in Betracht gezogen. Ansprüche von Verletzten hat er in diesen Fällen daher offensichtlich nicht gesehen. Sonst hätte er § 111g Abs. 4 auch als Regelung für kollidierende Schutzinteressen der Verletzten untereinander ansehen müssen und darauf hingewiesen oder § 111g Abs. 4 um den Begriff des geschädigten Verletzten erweitert. Sieht der Gesetzgeber daher nur Dritte, nicht aber auch Verletzte als möglicherweise benachteiligte Gruppe an und trifft er diesbezüglich Schadensersatzregelungen, so wollte er offensichtlich damit auch nur das Verhältnis zwischen zugelassenem Verletzten und nicht bevorrechtigten Gläubigern regeln, nicht aber auch die Rangfolge mehrerer zur Zwangsvollstreckung zugelassener Verletzter untereinander verändern. Die historische Interpretation ergibt somit, dass der Gesetzgeber die Befriedigung der zugelassenen, bereits privilegierten Verletzten untereinander allein den Regeln der Zwangsvollstreckung und damit dem Prioritätsprinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" überlassen wollte. (c) Systematik Möglicherweise lässt sich aus der systematischen Stellung des § 111g Abs. 3 Satz 1 eine Bestätigung der historischen Interpretation gewinnen. Die Zulassung hat auch die Funktionswirkung, nach der gemäß § 111g Abs. 1 die Beschlagnahme eines Gegenstandes nach § 111c nicht gegen eine Verfügung des Verletzten im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung wirkt. Indem diese Wirkung der gesamten Vorschrift des § 111g vorangestellt wird, hat der Gesetzgeber grundlegend klargestellt, 237 238 239

BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 11 lb, S. 293 zu § 11 lc, S. 294 zu § 11 lg. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g.

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

125

dass die staatliche Beschlagnahme der Vollstreckung zugelassener Verletzter zu keiner Zeit entgegenstehen soll, um diese nicht zu beeinträchtigen. Die hoheitliche Anspruchsdurchsetzung von Geschädigten wegen ihrer Ansprüche aus der Straftat wird also gar nicht erst von der Beschlagnahme, genauer von dem dadurch bewirkten Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 erfasst. 240 Aus der Voranstellung in Absatz 1 folgt somit, dass das Veräußerungsverbot nicht gegen einen in die beschlagnahmten Gegenstände vollstreckenden, zugelassenen Verletzten wirken kann, sondern gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1 ausschließlich und nur zu seinen Gunsten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 111g Abs. 3 Satz 1 leitet sich die neue Schutzposition des Verletzten von dem ursprünglich mit der Beschlagnahme zu Gunsten des Staates wirkenden Verbot aus § 111c Abs. 5 ab. Sie geht also darauf zurück. Durch § 111g Abs. 3 Satz 1 kommt das Veräußerungsverbot nach § 111c Abs. 5 dem Verletzten rückwirkend zu Gute bzw. wird die ursprüngliche Schutzposition des Staates an den Verletzten abgetreten. 241 Wenn das Veräußerungsverbot gemäß § 111g Abs. 1 aber gerade gegenüber einem zugelassenen Verletzten keinerlei Wirkung mehr hat bzw. haben soll, so muss dies auch in dem Fall gelten, dass das maßgebliche Verbot bereits nach § 111g Abs. 3 Satz 1 zu Gunsten eines anderen Verletzten gilt. Demgemäß kann das nach § 111g Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 111c Abs. 5 zu Gunsten eines Verletzten geltende Veräußerungsverbot nach der grundlegenden Vorschrift des § 111g Abs. 1 nicht gegen einen anderen, zugelassenen Verletzten wirken, indem sein später entstandenes Veräußerungsverbot als unwirksame Verfügung angesehen w i r d . 2 4 2 Vollstreckungen anderer, zugelassener Verletzter steht also auch nach der Systematik des § 111g Abs. 3 Satz 1 das zu Gunsten anderer Verletzter erweiterte Veräußerungsverbot wegen § 111g Abs. 1 nicht entgegen. (d) Telos Hinsichtlich der Auslegung von § 11 l g Abs. 3 Satz 1 nach seinem Sinn und Zweck kann auf die entsprechende Auslegung des § 111g bzw. § 111g Abs. 2 Satz 1 verwiesen werden. 243 Danach hat § 111g Abs. 3 Satz 1 lediglich die Funktion, zur Schadloshaltung den Verletzten im Rang vor andere Gläubiger zu bringen, die nicht zu dem Kreis der bevorrechtigten Gläubiger gehören. Nach ihrer Funktion sollte sie also nicht auch zu einer Besserstel240 Ebenso OLG Hamm Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 55/94, S. 6; Urteil v. 9.6.1994, Az. 27 U 13/94, S. 5. 241 s.o. unterC., I., 2., b), dd). 242 So noch der Verfasser in Hees/Albeck ZIP 2000, 871 (874). 243 s.o. unter C., I., 2., b), dd).

126

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

lung einzelner Verletzter innerhalb der privilegierten Gläubigergruppe führen, also deren Rangverhältnis untereinander verändern. Dies würde entgegen der gesetzgeberischen Absicht einzelne Verletzte benachteiligen, was dem mit § 111g verfolgten Ziel der Schadloshaltung 244 entgegenwirken würde. Das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 sollte also nach dem erstrebten Interessenschutz nicht gegenüber anderen Verletzten gelten, sondern nur Verfügungen des Betroffenen und Dritter ausschließen. 245 Die Auslegung der Vorschrift des § 111g Abs. 3 Satz 1 kommt daher ebenso wie BGH, OLG Hamm und OLG Stuttgart zu dem Ergebnis, dass Verletzte, nur weil sie zuerst die Zulassung vor anderen, später zugelassenen Verletzten erwirkt haben, nicht vorrangig zu befriedigen sind. Das Rangverhältnis zugelassener Verletzter untereinander richtet sich allein nach dem vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip, wer also als Erster in die beschlagnahmten Gegenstände die Zwangsvollstreckung betrieben oder Arreste vollzogen hat. Darauf, wer als Erster von mehreren Verletzten sowohl die Vollstreckung als auch die Zulassung erwirkt hat, kommt es dagegen nicht an. (e) Konsequenzen aus dem gefundenen Auslegungsergebnis Das gefundene Auslegungsergebnis führt dazu, dass vorrangige Verletzte, die sich zwar erst später als andere, nachrangige Verletzte, aber doch noch die Zulassung besorgen, hierdurch ihren Rang wahren können. Da aber nicht zugelassene Verletzte - wie festgestellt 246 - ihren Rang an zugelassene Verletzte verlieren, sind somit zwangsläufig alle Verletzten gezwungen, neben der eigentlichen Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung noch rechtzeitig vor Beendigung der Beschlagnahme einen Zulassungsbeschluss nach § 11 l g Abs. 2 zu erwirken. Nur so können sie ihren einmal erlangten Rang sichern. In diesen Fällen wandelt sich die „Vorrangfunktion" der Zulassung somit in eine „Rangsicherungsfunktion" für den Verletzten um. Kann ein Verletzter mit der nachträglich eingeholten Zulassung seinen einmal erlangten Rang daher wahren, während ihm zwischenzeitlich von bereits zugelassenen Verletzten noch die relative Unwirksamkeit seiner Vollstreckungsmaßnahmen entgegengehalten werden konnte, so hat dies auch Auswirkungen für Drittschuldner beschlagnahmter und gepfändeter Forderungen, insbesondere also für Bankunternehmen. Ist damit zu rechnen, was regelmäßig der Fall sein dürfte, dass ein nach dem grundsätzlich gel244 245 246

Protokolle 7, S. 652. BT-Drucks. 7/550, S. 293 zu § 111b, S. 293 zu § 111c, S. 294 zu § 111g. s.o. unter C., II., 2., c), aa).

127

II. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses

tenden Prioritätsprinzip vorrangiger Verletzter doch noch die erforderliche Zulassung erwirkt, dann dürfen die Drittschuldner auch bis dahin die Forderung nicht an einen nachrangigen, bereits zugelassenen Verletzten überweisen. Denn sonst laufen die Drittschuldner Gefahr, erneut an den nunmehr ebenfalls zugelassenen und deshalb weiter vorrangigen Verletzten zahlen zu müssen. Um diese Phase der Unsicherheit bis zur Beendigung der Beschlagnahme zu umgehen, können die betroffenen Drittschuldner die beschlagnahmte Forderung gemäß § 853 ZPO hinterlegen. 247 In dem hier untersuchten Fallbeispiel mit zwei unterschiedlichen Fallkonstellationen (s. Abb. 7) können somit folgende Antworten gegeben werden:

Beschlagnahme

Pfändung

nach § 111c

I

Zulassung des Β

des A

nach § 111g

I

ι t Pfändung des Β

• t

Zeit

Ende der Beschlagnahme oder Zulassung des A nach § 111g

Abbildung 7

Bewirkt der Verletzte A nach der Pfändung des Sportwagens und der Bankforderung (Gesamtwert EUR 30.000,-) keine Zulassung nach § 111g Abs. 2, so rückt der Verletzte B, wenn er sowohl gepfändet als auch die Zulassung erhalten hat, wegen § 111g Abs. 3 Satz 1 in die Rangposition des A ein. Β kann sich also an Stelle von A wegen seines Anspruches über EUR 100.000,- aus beschlagnahmten Gegenständen im Wert von EUR 30.000,- befriedigen. A geht in diesem Fall leer aus. Bewirkt A jedoch nach dem Β ebenfalls die Zulassung seiner Pfändungen, so wirkt § 111g Abs. 3 Satz 1 wegen der Regelung in § 111g Abs. 1 nicht, weshalb A mit der Zulassung seine ursprünglich erlangte, gegenüber Β bessere Rangposition wahren kann. Folge ist, dass er sich aufgrund seiner erstrangigen Pfändungspfandrechte auch als Erster befriedigen kann. 247

Vgl. hierzu OLG Düsseldorf NStZ 1992, 203; Locher WuB VII C. § 111g StPO 1.92; OLG Hamm NJW-RR 2000, 286.

128

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Seinen Anspruch in Höhe von EUR 50.000- kann er so in Höhe von EUR 30.000,- durchsetzen, während Β in diesem Falle leer ausgeht. Dieser erhebliche Unterschied in der Befriedigung von A und Β zeigt wiederum deutlich, wie wichtig die rechtzeitige Erlangung einer Zulassung auch bei Verletzten untereinander ist.

3. Ergebnis Bei der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in nach § 111c beschlagnahmte Gegenstände durch Verletzte und sonstige Gläubiger gilt grundsätzlich das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip. Ein Rangverhältnis der Rechte der Gläubiger mit solchen des beschlagnahmenden Justizfiskus (Staat) besteht dagegen nicht, weil solche Rechte bei der Beschlagnahme nach § 111c mangels entsprechender Zwangsvollstreckungsakte nicht entstehen. Vollstreckt jedoch ein Verletzter während der Dauer der Beschlagnahme neben anderen, ihm vorrangigen Gläubigern, und erwirbt er in dieser Zeit die Zulassung gemäß § 111g Abs. 2, so rückt der Verletzte unter Abänderung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips an die Rangstelle des bestpositionierten Gläubigers und kann sich so vor allen anderen Gläubigern befriedigen. Hat der Gläubiger jedoch bereits vor der Beschlagnahme in den betreffenden Gegenstand vollstreckt, hat die Zulassung nach § 111g Abs. 2 keine Auswirkung auf die nach dem Prioritätsprinzip eingetretene Rangfolge von Gläubiger und Verletztem. Betreiben gleich mehrere Verletzte die Zwangsvollstreckung oder vollziehen Arreste in beschlagnahmte Gegenstände, erwirken aber ein oder mehrere von ihnen den Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2, so verdrängen diese damit im Rang alle vorrangigen, nicht zugelassenen Verletzten und können sich vor diesen befriedigen. Die Rangfolge zwischen einmal zugelassenen Verletzten untereinander richtet sich jedoch weiterhin allein nach dem vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip. Es kommt in diesem Falle nicht darauf an, wer als Erster nach der Vollstreckung den Zulassungsbeschluss nach § 111g Abs. 2 in den Händen hält oder umgekehrt nach der Zulassung die Vollstreckung vornimmt.

III. Beschränkung der Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 auf einen bestimmten Gläubigerkreis Die zuvor gefundenen Ergebnisse haben gezeigt, dass die Zulassung der Zwangsvollstreckung gemäß § 111g Abs. 2 für Verletzte eine erhebliche Besserstellung gegenüber anderen Gläubigern bedeutet. Denn nur sie kön-

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

129

nen sich aufgrund der Zulassung vorrangig vor nicht zugelassenen Gläubigern aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen und zugleich ihren Rang gegenüber anderen, ebenfalls zugelassenen Verletzten wahren. Damit erlangt die nachfolgend zu untersuchende Frage, wer zu dem Kreis der privilegierten Gläubiger gehört, die die Zulassung ihrer Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erlangen können, wichtige Bedeutung. § 111g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 regelt, dass eine Verfügung des Verletzten, die auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung in einen nach § 111c beschlagnahmten Gegenstand erfolgt, der richterlichen Zulassung bedarf. § 111g Abs. 2 Satz 3 schreibt vor, dass die Zulassung zu versagen ist, wenn der Verletzte nicht glaubhaft macht, dass der Anspruch aus der Straftat erwachsen ist. Demzufolge kann nur ein Verletzter die Zulassung erhalten, der einen aus der Straftat erwachsenen Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in einen beschlagnahmten Gegenstand durchzusetzen sucht. Allerdings muss der verletzte Antragsteller vor seinem Zulassungsantrag noch nicht die Zwangsvollstreckung betrieben oder den Arrest vollzogen haben, so dass die Zulassung dies auch nicht zur Voraussetzung hat. 2 4 8 Die Entscheidung, ob die Zwangsvollstreckung eines Verletzten zuzulassen ist, richtet sich daher allein nach § 111g Abs. 2 Satz 3 . 2 4 9 Danach wird nur die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung desjenigen zugelassen, der Verletzter mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch ist.

1. Straftat i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 Da sich die weiteren Voraussetzungen „Verletzter" und „aus der Straftat erwachsener Anspruch" aus dem Begriff der „Straftat" ableiten, ist zunächst zu untersuchen, wie dieser Begriff i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 zu verstehen ist. a) Bestimmte Tat als Anlass der Beschlagnahme Die Frage der maßgeblichen Straftat erlangt zum einen dann Bedeutung, wenn der Straftäter im Vorfeld der Ermittlungen gleich mehrere Straftatbestände verwirklicht hat und die Ermittlungsbehörden daraufhin eine Beschlagnahme nach § 11 lc vornehmen. Hier ist regelmäßig zu klären, welche 248

s.o. unterC., I., 3. So auch OLG Hamm wistra 1999, 278 (279); Kleinknecht/Meye § 111g, Rn. 3. 249

9 Hees

r-Goßner,

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

130

Straftat diejenige ist, aus der dem die Zulassung beantragenden Verletzten i.S.d. § 11 l g Abs. 2 Satz 3 ein Anspruch erwachsen ist bzw. sein muss. So ist gemäß Ausgangsbeispiel die Fallkonstellation (s. Abb. 8) möglich, dass der C zunächst Opfer eines Diebstahls des Täters S (Schaden D M 20.000,-) geworden ist, der später auch den A betrügt (Schaden D M 50.000,-). Wird nach der Strafanzeige des A der Sportwagen des S (Wert D M 20.000,-) beschlagnahmt, so stellt sich die Frage, ob auch der durch den Diebstahl geschädigte C die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g in den Sportwagen beantragen kann.

Betrug von A

Pfändung

durch S

des Sportwagens

Zulassungsantrag nach § 111g durch C

durch C

»

*

* 1 —

t — ? Diebstahl des S

Beschlagnahme des Sportwagens

Pfändung des Sportwagens

bei C

Zeit

Zulassungsantrag nach § 11 lg durch A

durch A

Abbildung 8

Wie bereits dargelegt 250 , basiert § 111g auf den Voraussetzungen und dem Grundgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, wonach dem Verletzten die Befriedigung der ihm aus der Straftat erwachsenen Ansprüche weitgehend und ungehindert von staatlichen Verfallsansprüchen ermöglicht werden soll. § 111g regelt deshalb den bevorrechtigten Zugriff des Verletzten auf beschlagnahmte Gegenstände mit dem Ziel seiner Schadloshaltung. 251 Die Gegenstände des Täters können zum einen unter den Voraussetzungen des § 111b Abs. 1 i.V.m. §§ 73, 73d StGB bei einfachem Tatverdacht i.S.d. § 152 Abs. 2 und darauf begründeter Annahme, dass im späteren Urteil der Verfall der relevanten Gegenstände angeordnet wird, zur Sicherung der staatlichen Verfallansprüche beschlagnahmt werden. Unter den Voraussetzungen des § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1, wenn ansonsten der anzuneh250

s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a); vgl. auch BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § mg. 251 s.o. unter C., II., 2.; vgl. auch BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 11 lg.

. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

131

mende Verfall nach § 73 StGB wegen aus derselben Tat erwachsener Ansprüche von Verletzten ausgeschlossen ist, können diese Gegenstände auch zur Sicherung der Ansprüche der Verletzten beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme des jeweiligen Gegenstandes, gleich ob sie zunächst zur Sicherung staatlicher Verfallsansprüche oder im Wege der Zurückgewinnungshilfe erfolgt, hat somit immer eine bestimmte Tat zum Anlass. Erfolgt demnach die Beschlagnahme wegen einer bestimmten Tat z.B. im Wege der Zurückgewinnungshilfe gemäß § 111b Abs. 5, weil gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, und kann sich der Verletzte aus diesen beschlagnahmten Gegenständen dann wegen seiner „aus der Straftat erwachsenen Ansprüche" nach § 111g bevorzugt befriedigen, so muss es sich bei der Zulassungsvoraussetzung „Straftat" in § 111g Abs. 2 Satz 3 um diejenige Tat handeln, aufgrund derer die Beschlagnahme des Gegenstandes nach § 111c erfolgt ist. Dementsprechend sollen die bevorrechtigten Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten einer Zulassung des Richters bedürfen, „der feststellen muß, ob es hinreichend glaubhaft gemacht ist, daß der titulierte Anspruch tatsächlich aus derjenigen Tat des Beschuldigten erwachsen ist, derentwegen die Beschlagnahme erfolgte. " 252 Der zuständige Richter muss also für die Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 3 prüfen, ob der geltendgemachte Anspruch des Verletzten aus derjenigen Tat erwachsen ist, die Anlass zur Beschlagnahme des Gegenstandes gewesen ist, in den jetzt vollstreckt werden soll oder worden ist. 2 5 3 Offen ist aber, welcher Tatbegriff der Straftat i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3, derentwegen die Beschlagnahme erfolgte, zu Grunde liegt. Es stellt sich hier die Frage, wie weit die Straftat reichen kann. Gemäß § 264 Abs. 1 ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Zur Tat i.S.d. § 264 gehört dabei das gesamte Verhalten des Täters, soweit es nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen, inhaltlich zusammenhängenden Lebensvorgang darstellt. Der Begriff der „Tat" wird daher im prozessualen Sinne verstanden. 254 Das Gericht entscheidet in seinem Urteil aber nicht nur über die Bestrafung oder den Freispruch des wegen der prozessualen Tat angeklagten Straftäters. Es entscheidet auch darüber, ob der Verfall von aus dieser Tat erlangten Gewinnen oder von 252

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g. Ebenso OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 301 (302); OLG Hamm wistra 1999, 278 (279); HK-Lemke, § 111g, Rn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 3; SK-Rudolphi, § 11 lg, Rn. 4; LR-Schäfer, § 11 lg, Rn. 4. 254 Vgl. BGHSt 32, 215 (216); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 264, Rn. 2; HK-Julius, § 264, Rn. 2; Pfeiffer, § 264, Rn. 2. 253

*

132

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

entsprechendem Wertersatz nach den §§73 ff. StGB anzuordnen ist, sofern nicht der Verfall unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausscheidet. Demgemäß ist Gegenstand der richterlichen Urteilsentscheidung hinsichtlich des Verfalls eines Gegenstandes, des Verfalls von Wertersatz oder ihres Ausschlusses wegen Ansprüchen von Verletzten, die aus der Tat erwachsen sind, ebenfalls die prozessuale Tat im Sinne des § 264. 2 5 5 Auch die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB setzt also voraus, dass der Anspruch des Verletzten aus der Tat i.S.d. § 264 erwachsen sein muss. 2 5 6 § 111g beruht auf den Voraussetzungen und dem Grundgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB. Er setzt für den Zugriff des Verletzten praktisch voraus, dass materiellrechtlich der Staat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB keinen Anspruch auf Verfall hat, weil dieser einen Anspruch des Verletzten aus der Straftat mindern würde. Der Verletzte braucht für die Zulassung nach § 111g Abs. 2 also nur zu belegen, dass der Verfall des betreffenden, beschlagnahmten Gegenstandes an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitern w i r d . 2 5 7 Der Begriff der „Straftat" in § 111g Abs. 2 Satz 3 ist somit ebenfalls im Sinne der strafprozessualen Tat nach § 264 zu verstehen. 258 Aus dieser muss gemäß § 111g Abs. 2 Satz 3 der Anspruch des Verletzten erwachsen sein. Dieses Ergebnis hat erhebliche Auswirkungen auf den späteren, nach § 111g erlaubten Zugriff eines Verletzten auf die beschlagnahmten Gegenstände. Entscheiden sich die Ermittlungsbehörden nur wegen ganz bestimmter Straftaten für eine Beschlagnahme nach § 111c, so bestimmen sie damit zugleich über den Kreis der nach § 111g zulassungsberechtigten und damit bevorrechtigten Gläubiger. Hat ein Täter mehrere nicht i.S.d. § 264 zusammenhängende Vermögensdelikte begangen, wird aber nur wegen eines dieser Delikte, bei dem z.B. eine enorm hohe Schadenssumme feststellbar ist, die Beschlagnahme vorgenommen, so sind alle Verletzten der anderen Delikte von einem Zugriff auf den beschlagnahmten Vermögensgegenstand ihres Schuldners nach § 111g ausgeschlossen. Sie können nicht bevorzugt zugreifen und von der Beschlagnahme profitieren, weil ihre Straftaten nicht zu der Straftat i.S.d. § 264 gehören, derentwegen die Beschlagnahme vor255

BGHSt 28, 369 (369); BGH NJW 2001, 2560 (2563); Käbisch wistra 1984,

10(12). 256

Ebenso BGH NJW 2001, 2560 (2563); LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 22; LK-Schmidt, § 73, Rn. 40; OLG Hamm wistra 1999, 278 (279); LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); Tröndle/Fischer, § 73, Rn. 12; im Ergebnis auch BGH NJW 1989, 2139 (2139). 257 KMR-Müller, § 11 lg, Rn. 2; KK-Nack, § 11 lg, Rn. 4; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 2000, 286 (287); Kühne, Rn. 263; Protokolle 7, S. 651. 258 So auch OLG Hamm wistra 1999, 278 (279).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

133

genommen wurde. Eine Benachteilung anderer Verletzter desselben Täters ist in diesen Fällen die zwangsläufige Konsequenz. In der skizzierten Fallkonstellation (s. Abb. 9) können somit folgende Antworten gegeben werden:

Betrug von A

Pfändung

durch S

des Sportwagens

Zulassungsantrag nach § 111g durch C

durch C

ι t Diebstahl des S

I

I

t

t

Beschlagnahme des Sportwagens

Pfändung des Sportwagens

bei C

t Zulassungsantrag nach § 111g durch A

durch A

Abbildung 9

Anlass zur Beschlagnahme des Sportwagens des Täters S war der zu Lasten des Geschädigten A begangene Betrug. Der Diebstahl des S bei C gehört zwar wie der Betrug zum historischen Gesamtverhalten des S. Er steht jedoch nicht in einem einheitlichen Lebensvorgang mit der Betrugstat. Folglich gehört der Diebstahl bei C nicht zu derjenigen Tat i.S.d. § 264, derentwegen die Beschlagnahme des Sportwagens erfolgt ist. Der Verletzte C kann also wegen seiner aus dem Diebstahl unzweifelhaft erwachsenen Ansprüche gegen S nicht erfolgreich die Zulassung seiner Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 beantragen. Pfändet A ebenfalls den Sportwagen und erwirkt die Zulassung, wird dieser sich wegen seines Anspruches über EUR 50.000,- aus dem Sportwagen (Wert EUR 20.000,-) vor dem vorrangigen C teilbefriedigen können, während C leer ausgeht. Anders wäre es, wenn der S z.B. ein Auto bei C gestohlen hätte, um dieses als Fluchtwagen für einen Bankraub bei A zu verwenden. Wenn das von S bei A erbeutete Geld beschlagnahmt werden würde, gehörte auch der Ersatzanspruch des C wegen Diebstahls zu den Ansprüchen aus der gesamten, strafprozessualen Raubtat i.S.d. § 264. C könnte dann die Zulassung seiner Zwangsvollstreckung nach § 111g erlangen und sich aus der beschlagnahmten Beute aus dem Bankraub befriedigen.

Zeit

134

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte b) Umfang der Tat

Die Frage, aus welcher bestimmten Straftat der Anspruch des Verletzten erwachsen sein muss, erlangt zum anderen Bedeutung, wenn mehrere Verletzte auf die beschlagnahmten Gegenstände bzw. Tatgewinne zugreifen, diese jedoch ganz bestimmten Tathandlungen gegenüber bestimmten Verletzten zuzuordnen sind. So ist gemäß Ausgangsbeispiel die Fallkonstellation (s. Abb. 10) möglich, dass der Täter S sich von den betrügerisch erlangten EUR 50.000,des Geschädigten A einen Sportwagen für EUR 40.000,- anschafft und das restliche Geld auf ein Bankkonto einzahlt. Der Geschädigte B, den S um EUR 100.000,- betrogen hat, pfändet zuerst den beschlagnahmten Sportwagen sowie die beschlagnahmte Bankforderung. Da es sich jedoch bei dem Sportwagen und der Forderung um Surrogate derjenigen EUR 50.000,- handelt, um die der A betrogen worden war, ist fraglich, ob Β überhaupt die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 erlangen kann.

Betrug von Β

Pflindung

Zulassungsantrag

durch S

von beiden

(EUR 100.000,-)

durch Β

durch Β

ι t Betrug von A durch S (EUR 50.000,-)

nach § 111g

ι t

t

Beschlagnahme

Pftndung

des Sportwagens und

von beiden

der Bankforderung des S

durch A

Abbildung 10

§ 111g Abs. 2 Satz 3 setzt wie zuvor festgestellt voraus, dass der Anspruch des Verletzten aus einer Straftat im Sinne des § 264 erwachsen sein muss, derentwegen die Beschlagnahme erfolgte. Die gegenüber A und Β begangenen Betrugshandlungen des S beruhten auf einem einheitlichen Tatplan, nach dem dieser mittels eines Geldanlageprospektes Anleger schädigen und sich an den überlassenen Geldern schlichtweg bereichern wollte. Beide Betrugshandlungen stellen demzufolge einen i.S.d. § 264 einheitlichen Lebensvorgang, d.h. eine Tat im prozessualen Sinne dar. Dement-

Zeit

. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

135

sprechend stünde sowohl A als auch Β ein Ersatzanspruch aus dieser einen Betrugstat zu, die Anlass zur Beschlagnahme des Sportwagens und der Bankforderung war. Danach könnten A und Β die Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 3 beantragen und erlangen. Dagegen könnte einzuwenden sein, dass es sich bei dem beschlagnahmten Sportwagen und dem beschlagnahmten Kontoanspruch um Surrogate derjenigen EUR 50.000,- handelt, die S durch die entsprechende Betrugshandlung allein von dem Geschädigten A erlangt hat. Die von Β stammenden EUR 100.000,- sind dagegen verschwunden und können nicht bestimmten Surrogaten zugeordnet werden. Diesbezüglich müsste nach §§ 111b Abs. 2, l l l d ein dinglicher Arrest zur Sicherung des Anspruches des Β über EUR 100.000,- ausgebracht werden. Handelt es sich hier aber nur um den Tatgewinn bzw. dessen Surrogat, welches aus der konkreten Tathandlung gegenüber A stammt, und können die Ansprüche des Β anderweitig gesichert werden, so könnte daraus zu folgern sein, dass auf die beschlagnahmten Gegenstände auch nur deijenige Verletzte zugreifen darf, dem der Tatgewinn oder die davon abstammenden Surrogate zuvor entzogen wurden. Hiernach könnte sich dann nur der A und nicht auch der Β nach der Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 aus dem Sportwagen und dem Kontoanspruch befriedigen. Für eine solche nahezu dingliche Rückabwicklung an den konkret Betroffenen könnte sprechen, dass die Beschlagnahme nach § 111b Abs. 1 oder § 111b Abs. 5 jedenfalls beim Verfall nach § 73 StGB immer einen konkreten, einer bestimmten Straftat zuzuordnenden Verfallsgegenstand betrifft, sei es die Beute selbst oder deren Surrogat, um diese dann in der Zurückgewinnungshilfe dem Verletzten zum Ausgleich seines Anspruches i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wieder zur Verfügung zu stellen. Der Verletzte soll gerade wegen dieses Anspruches, dessen Erfüllung dem Täter den Wert der Beute oder des Tatgewinns wieder entziehen würde, nach § 111g auf die beschlagnahmten Beute- oder Surrogatsgegenstände zugreifen können. Eine solche dingliche Rückabwicklung ließe sich aber nur annehmen, wenn man unter der „Zurückgewinnungshilfe" eingeschränkt versteht, dass dem jeweiligen Verletzten geholfen werden soll, eine Minderung seines Vermögens durch „Rückholung" des Vermögensanteils beim Straftäter wieder abzugleichen. 259 Eine derartige Beschränkung des Zugriffs auf eine dingliche Rückabwicklung und damit auf ganz bestimmte Geschädigte innerhalb der Gruppe von Verletzten, die alle einen Anspruch aus der Tat i. S. d. § 264 haben, ist bereits dem Wortlaut in § 111g oder § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und ihrer 259

So Käbisch wistra 1984, 10 (14); Schultehinrichs,

S. 74.

136

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Entstehungsgeschichte nicht zu entnehmen. Insbesondere aber wird sie dem Sinn und Zweck des § 11 l g nicht gerecht. Dessen Aufgabe ist die vorrangige Befriedigung aller aus der Tat erwachsenen Ansprüche des Verletzten mit dem Ziel seiner Schadloshaltung und die gleichzeitige Klärung im Zulassungsverfahren, inwieweit wegen solcher Ansprüche vom Verfall oder Verfall von Wertersatz Abstand genommen werden muss und wer zu dem Kreis der so bevorrechtigten Gläubiger gehört. 2 6 0 Mit dem Ziel der Schadloshaltung aller durch die Tat im strafprozessualen Sinne Verletzten ist es jedoch nicht vereinbar, wenn es nach der Beschlagnahme in der Zurückgewinnungshilfe nur zu einer Rückführung der Tatgewinne bzw. Surrogate an die jeweils konkret Betroffenen käme, denen diese zuvor entzogen worden sind. Können nämlich je nach Umständen des Falles und Art der Delikte wie z.B. bei Massenbetrug die einzelnen Gegenstände zwar noch der Straftat, nicht aber mehr den einzelnen Verletzten konkret zugeordnet werden, müsste deswegen zwangsläufig ein Großteil der Verletzten regelmäßig ausfallen. Oft stehen auch im Zeitpunkt der Anordnung einer Beschlagnahme nach § 111b Abs. 1 noch nicht alle Geschädigten fest, so dass es gerade sachgerecht ist, wenn bereits die erste Beschlagnahme zu Gunsten aller durch die prozessuale Tat Geschädigter wirkt.261 Hätte Sinn und Zweck des § 111g eine derartige Beschränkung auf ganz bestimmte Verletzte sein sollen, die nur auf die ihnen zuordnenbaren Gegenstände zugreifen dürfen, so hätte dies der Gesetzgeber bestimmt bzw. deutlich gemacht. Das zeigt sich insbesondere an der Regelung des § 111k, wonach die dem Verletzten durch die Straftat entzogenen, nach § 111c beschlagnahmten beweglichen Sachen an diesen wieder herausgegeben werden sollen, sofern keine Ansprüche Dritter entgegenstehen. Diese Möglichkeit sollte jedoch nur für die von § 11 l k erfassten, klaren Fälle von Herausgabeansprüchen gelten. 2 6 2 Hier hat der Gesetzgeber also für ganz bestimmte, einfach gelagerte Fälle 2 6 3 eine unkomplizierte Rückabwicklung bzw. Rückholung der entzogenen Sachen positiv geregelt. Hätte er eine solche nahezu dingliche Rückabwicklung auch in § 111g beabsichtigt, so hätte er nicht die spezielle Vorschrift des § 111k vorgesehen und die Rückabwicklung in § 111g klar geregelt oder aber zumindest begründet. Des Weiteren zeigt ein Blick auf §§ 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, l l l d , 111h, dass die Zurückgewinnungshilfe nicht allgemein auf eine Rückführung der verlorenen Gegenstände bzw. der dafür erlangten Surrogate gerich260 261 262 263

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g; Protokolle 7, S. 652 zu § 111g. So OLG Hamm wistra 1999, 278 (279). Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111k. Strüwer, S. 180.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

137

tet ist. Kommt nämlich mangels eines noch vorhandenen Verfallsgegenstandes nach § 73a StGB nur der Verfall von Wertersatz in Betracht, kann auch hier wegen Ansprüche des Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Sicherstellung legaler Vermögenswerte des Täters und anschließend der Zugriff des Verletzten auf diese nach § 111h erfolgen. Eine dingliche Rückabwicklung ist hier also gerade nicht möglich bzw. vorgesehen. Es ist aber kein Grund dafür ersichtlich, dass dies bei § 111g anders als bei § 111h der Fall sein soll, nur weil § 111g den Zugriff auf tatverstrickte Verfallsgegenstände zulässt. Zudem verweist § 11 l h Abs. 2 Satz 2 hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen auf § 111g Abs. 2 Satz 3, die Zulassungsvoraussetzungen für den Zugriff der Verletzten sind also gleich. Eine dingliche Rückabwicklung kann schließlich auch nur solange erfolgen, wie nicht mehrere Opfer durch eine Tat im prozessualen Sinne geschädigt sind. Sobald mehrere Verletzte existieren, ist eine nahezu dingliche Rückabwicklung praktisch unmöglich und nicht sachgerecht. Betrügt z.B. der Täter S neben A und Β gleich Dutzende von Opfern, die ihm alle Geldbeträge für angebliche Anlagegeschäfte überlassen, und zahlt S diese auf sein Konto bei der D-Bank ein, so verlieren die Gelder im Augenblick der Buchung ihre Unterscheidbarkeit. Erfolgen dann von dem Konto später sogar Abbuchungen und Abhebungen, so ist eine Zuordnung der Gelder zu einzelnen Geschädigten praktisch unmöglich mit der absurden Folge, dass ein Zugriff der Verletzten trotz Beschlagnahme zu ihren Gunsten nach § 111g unmöglich wäre. Zahlt S die durch ein und dieselbe Tat betrügerisch erlangten Gelder auf verschiedenen Bankkonten ein, bleibt es im Regelfall dem Zufall überlassen, auf welchem Konto noch Zugriffsmasse sichergestellt werden kann. Daher ist es auch nicht sachgerecht, bestimmte Geschädigte von der Möglichkeit auszunehmen, durch Stellung von Anträgen auf Zulassung der Zwangsvollstreckung Zugriff zu nehmen. 264 Es kann daher festgehalten werden, dass der Zulassung in § 111g Abs. 2 über ihre beiden „Filter- und Vorrangfunktionen" hinaus keine irgendwie geartete „Einschränkungsfunktion" auf solche Verletzte zu kommt, denen die beschlagnahmten Gegenstände konkret als auf ihre Kosten erlangt zugeordnet werden können. Die Zugriffsmöglichkeit richtet sich vielmehr allein danach, wer aufgrund der Zulassungsentscheidung zeitlich vorrangig seine Rechte durchgesetzt hat. 2 6 5 In der skizzierten Fallkonstellation (s. Abb. 11) können somit folgende Antworten gegeben werden: 264 265

So bereits OLG Hamm wistra 1999, 278 (280). OLG Hamm wistra 1999, 278 (280).

138

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte Pfändung

Betrug von Β

Zulassungsantrag

durch S

von beiden

(EUR 100.000,-)

durch Β

ι t Betrug von A durch S (EUR 50.000,-)

nach § 111g durch Β

I

I

t

t

Beschlagnahme

Pfändung

des Sportwagens und

von beiden

der Bankforderung des S

durch A

Abbildung 11

Die von S gegenüber A und Β begangenen Betrugshandlungen beruhten auf einem einheitlichen Tatplan und stellen deshalb einen i.S.d. § 264 einheitlichen Lebensvorgang, d.h. eine Tat im prozessualen Sinne dar. Dementsprechend stehen sowohl A als auch Β Ersatzansprüche aus dieser einen Betrugstat zu, die Anlass zur Beschlagnahme des Sportwagens und der Bankforderung war. Danach können A und Β die Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 3 erlangen, gehören also zu den privilegierten Gläubigern. c) Zwischenergebnis Es können alle diejenigen Verletzten eine Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 in beschlagnahmte Gegenstände erwirken, denen aus derjenigen Straftat i.S.d. § 264 ein Anspruch erwachsen ist, die Anlass zur Beschlagnahme war. Eine Beschränkung der Zulassung auf Verletzte, denen die beschlagnahmten Gegenstände als auf ihre Kosten erlangte Tatgewinne oder deren Surrogate zugeordnet werden können, erfolgt nicht.

2. Verletzter i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 § 11 l g Abs. 2 Satz 3 verlangt weiter, dass es sich bei dem Antragsteller und Gläubiger des aus der Straftat erwachsenen Anspruches um einen „Verletzten" handeln muss. Fraglich ist, wer Verletzter i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 ist und so von der Zurückgewinnungshilfe nach § 111g profitieren kann.

Zeit

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

139

a) Grundlegende Bestimmung des Verletztenbegrijfs Eine Erläuterung des Begriffs des Verletzten erfolgt in § 111g nicht. Auch andere Vorschriften der Strafprozessordnung oder des Strafgesetzbuches, die gleichfalls von einem Verletzten sprechen wie z.B. §§ l l l e , 111h, 172, 374, 403 oder §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 77 StGB, bestimmen den Begriff nicht näher, so dass auf eine Legaldefinition nicht zurückgegriffen werden kann. Auch ein Rückgriff auf die Definitionen, die von der Literatur und Rechtsprechung zum Verletztenbegriff in den vorgenannten Normen erarbeitet worden sind, scheidet aus. Nach allgemeiner Auffassung sind wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen dieser Normen dem Begriff des „Verletzten" nicht überall dieselben Grenzen gezogen. Dieser hat nicht immer die gleiche Bedeutung und kann daher in StPO und StGB nicht einheitlich ausgelegt werden. Der Begriff muss vielmehr nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang der jeweils maßgeblichen Vorschrift enger oder weiter ausgelegt werden 2 6 6 , hier nach § 11 l g Abs. 2.

aa) Der Verletztenbegriff in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Es wurde bereits festgestellt 267 , dass die Vorschrift des § 111g die konsequente Weiterführung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist. Der Verletzte braucht für die Zulassung nach § 11 l g Abs. 2 nur zu belegen, dass der Verfall des betreffenden, beschlagnahmten Gegenstandes an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitern w i r d . 2 6 8 Demzufolge kann zur Bestimmung des Verletztenbegriffs in § 111g Abs. 2 Satz 3 auf dessen Verständnis in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zurückgegriffen werden. Verletzter i.S. v. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist derjenige, dessen Individualinteressen durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden sollen. 2 6 9 Hat der Täter „etwas" aus einer rechtswidrigen Tat erlangt, die nur im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit verboten ist, ohne dass zugleich auch der Schutz von Individualinteressen bezweckt ist, so fehlt es an einem individuellen Verletzten und das Erlangte fällt nicht unter § 73 266 Vgl. BGHSt 18, 283 (284); LR-Wendisch, Vor § 374, Rn. 1; LR-Rieß, § 172, Rn. 50; Peters, § 48 Β II; Krey, Rn. 150 f.; Strüwer, S. 5, 182. 267 s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a). 268 KMR-Müller, § 111g, Rn. 2; KK-Nack, § 111g, Rn. 4; Strüwer, S. 182; Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; OLG Hamm NJW-RR 2000, 286 (287); Kühne, Rn. 263. 269 BGH NJW 2001, 693 (693); NStZ 2000, 589 (590); NStZ 1999, 560 (560); LK-Schmidt, § 73, Rn. 37; LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 23; Tröndle/Fischer, § 73, Rn. 12; Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 26; Lackner/Kühl-Lackner, § 73, Rn. 6.

140

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Abs. 1 Satz 2 StGB. 2 7 0 Hat daher der Täter „etwas" auf Kosten eines individual Geschützten erlangt, so beruht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf dem bereits zitierten Grundgedanken 271 , dass das aus der Tat Erlangte gewissermaßen belastet ist mit den aus der Tat dem Verletzten erwachsenen vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüchen, deren Erfüllung den Wert des aus der Tat Erlangten wieder entziehen würde. Deshalb sollen dem Täter die zur Befriedigung der vorrangigen Verletztenansprüche notwendigen Mittel nicht durch Verfall entzogen werden. Nach Gegenstand sowie Sinn und Zweck dieser Regelung kann „Verletzter" deshalb nur sein, wer durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat, denn allein das schutzwürdige Interesse des Verletzten am Ausgleich des ihm durch die Tat zugefügten Vermögensnachteils vermag es zu rechtfertigen, dass dem Staat insoweit der Zugriff verwehrt w i r d . 2 7 2 Verletzter ist also der durch die rechtswidrige Tat unmittelbar Geschädigte. 273 Das Hauptinteresse der Verletzten als Geschädigte und Opfer einer Vermögensstraftat liegt dabei in der Wiedergutmachung des durch die Tat erlittenen Schadens. 274 Der Gesetzgeber hat somit in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB das sich aus dem Recht des Verletzten, Ersatz für den durch eine deliktische Handlung entstandenen Schaden verlangen zu können, ergebende Wiedergutmachungsinteresse 275 als besonders schutzwürdig anerkannt und diesem den Vorrang vor einer staatlichen Abschöpfung des illegitim Erlangten zugeordnet. bb) Übernahme des Verletztenbegriffs aus § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Der Gesetzgeber hat den mit § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB normierten Schutz des gegenüber dem staatlichen Verfall vorrangigen Wiedergutmachungsinteresses des Verletzten in den §§ 111b, l l l e Abs. 3, 4, 111g bis 111k übernommen und konsequent weitergeführt. 276 270

BGH NJW 1989, 2139 (2139); LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 23; Tröndle/Fischer, § 73, Rn. 12. 271 s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a). 272 BGH NJW 1981, 1457 (1457); LK-Schmidt, § 73, Rn. 37. 273 LK-Schmidt, § 73, Rn. 36. 274 Vgl. Roxin, Vor § 61, Rn. 2; Egli, S. 195; Strüwer, S. 69, 169; Kühler ZStW 71 (1959), S. 627; Weigend, S. 404; Wolters, S. 82; Meier ZRP 1991, 68 (69) m.w.N.; Wortmeldung von Frühauf, in: Verhandlungen des 55. DJT 1984, Bd. II, S. L 133; vgl. auch Stellungnahme von NRW-Justizminister Dieckmann in Rheinische Post v. 30.6.2001, S. 6549. 275 Schöch NStZ 1984, 385 (388). 276 Vgl. Protokolle 7, S. 651; LK-Schmidt, § 73, Rn. 42; SK-Rudolphi, Vorbemerkungen zu §§ 11 lb-11 Im, Rn. 4; Roxin, § 63, Rn. 20; Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 51; Strüwer, S. 178 f.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

141

Diese Vorschriften sollten insgesamt dem Ziel der Schadloshaltung des Verletzten dienen, indem sie die Beschlagnahme oder sonstige Sicherstellung von Gegenständen auch im Hinblick darauf regeln und dem Verletzten wegen seiner aus der Straftat erwachsenen Ansprüche eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit auf sichergestellte Vermögenswerte gewährleisten. 277 Dieses Ziel entsprach dem Konzept des in der 5. Wahlperiode eingesetzten Sonderausschusses für die Strafrechtsreform. 278 Dieser hatte die Beschlagnahme als Instrument angesehen, das allein den Geschädigten die Möglichkeit gebe, sich aus den beschlagnahmten Gegenständen zu befriedigen. 279 Dabei wurden von den die „Beschlagnahmelösung" propagierenden Vertretern der Bundesregierung die Begriffe des Verletzten und des Geschädigten synonym verwendet. 280 Weiter hatte auch der Sonderausschuss für die Strafrechtsreform in der 7. Wahlperiode, der sich mit der Einführung der §§ 111b ff. befasste und die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Vorschriften nahezu unverändert übernahm, gegen die Vorschläge des Bundesrates für eine Verschiebung der Gesetzeseinführung 281 plädiert:

„ Wäre eine Sicherstellung der Gegenstände, hinsichtlich derer die Verletzten Er satzansprüche haben, nicht möglich, so wären die Verletzten praktisch schutzlos. [...] Da den Verletzten der Vorrang eingeräumt ist, müssen sie während einer bestimmten Zeit auch die Möglichkeit haben, sich aus den sichergestellten Gegenständen zu befriedigen. " 282 Gleichzeitig hatte die von diesem Sonderausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe als primäre Aufgabe der §§ 11 l b ff. und des § 111g benannt: „Damit ist die primäre Aufgabe der neuen Vorschriften der §§ 11 lb ff. umrissen: einmal die Sicherstellung des Verfalls und zweitens die Sicherstellung im Interesse der Schadloshaltung des Verletzten. [...] § 111g will das weitere Ziel der Neuregelung, die Schadloshaltung des Verletzten sicherzustellen, verwirklichen". 283 Speziell § 111g sollte der vorrangigen Befriedigung aus der Tat erwachsener Ansprüche von Verletzten dienen, indem das Veräußerungsverbot aus § 11 lc Abs. 5 nach § 11 l g Abs. 3 auch zu deren Gunsten gilt und zugleich die bevorrechtigten Vollstreckungsmaßnahmen einer richterlichen Zulassung bedürfen, um Klarheit über den Kreis der bevorrechtigten Gläubiger zu erreichen. 284 277

BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung. Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 292. 279 Vgl. Protokolle V, S. 995, 1000, 1004, 1022. 280 V g l Protokolle V, S. 1004 {Dreher), 1011 (Göhler).

278

281 282 283 284

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 476. BT-Drucks. 7/1261, S. 25. Protokolle 7, S. 651 Ii. Spalte u. S. 652 Ii. Spalte. Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 11 lg.

142

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Damit hat der Gesetzgeber das Wiedergutmachungsinteresse des Verletzten gegenüber § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in § 111g sogar noch erweitert. Hiernach wird dem Verletzten nicht mehr nur über die „Filterfunktion" in § 111g Abs. 1 der Vorrang gegenüber den staatlichen Beschlagnahmen wegen Verfallsansprüchen entsprechend § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumt, sondern ihm wird über die „Vorrangfunktion" in § 111g Abs. 3 Satz 1 auch der Vorrang gegenüber Ansprüchen anderer Gläubiger gesichert. Diese können die Zulassung ihrer Zwangsvollstreckung nicht erreichen und werden auf Grund der Zulassung im Rang von den zugelassenen Verletzten überholt, weil sie mangels Verletzteneigenschaft über kein schutzwürdiges Wiedergutmachungsinteresse verfügen. Nur die Verletzten können sich daher vorrangig vor „normalen" Gläubigern aus den beschlagnahmten Gegenständen unter Abänderung des Prioritätsprinzips befriedigen. Für diese Ungleichbehandlung von Verletzten und anderen Gläubigern des Täters und die Abänderung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips zu Gunsten der Verletzten bedarf es allerdings einer Rechtfertigung, eines besonderen Grundes. Dieser kann nur in dem in persona geschädigten Opfer liegen. Nach den §§ 111b ff. soll nur dem Opfer einer Straftat durch Beschlagnahme und Zulassung geholfen werden, seine aus der Straftat erlittenen Vermögenseinbußen zu beheben, ohne dass sich auch andere aus den sichergestellten Gegenständen befriedigen können sollen. Das Zulassungsverfahren in § 111g Abs. 2 soll dazu dienen, die Opfer der Straftat von anderen Anspruchsstellern zu trennen und letzteren gegenüber zu bevorzugen aus dem Gedanken heraus, dass die Opfer dasjenige oder den Wert dessen, was ihnen durch Delikt entzogen worden ist, auch zurückerhalten, ohne Gefahr zu laufen, dass ihnen nicht durch die Straftat geschädigte Dritte zuvorkommen. 2 8 5 Danach rechtfertigt sich eine Privilegierung der Verletzten bei der Befriedigung gegenüber anderen Gläubigern nur durch die Absicht, den durch die Tat in der Opfersphäre angerichteten Schaden wieder auszugleichen. Es muss deshalb für die Zulassung nach § 111g ein persönliches Wiedergutmachungsinteresse derjenigen Geschädigten gefordert werden, die selbst zum Opfer der Straftat geworden sind. Opfer einer Straftat sind nur diejenigen, die in den Schutzbereich des jeweiligen, verwirklichten Straftatbestandes fallen, also Träger eines straftatbestandlich geschützten Rechtsgutes sind. Deshalb enthalten § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und § 111g zur Bestimmung des privilegierten Gläubigers auch den Begriff des Verletzten, um damit bei der Zurückgewinnungshilfe 285

Zutreffend Dittke wistra 1991, 209 (210).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

143

andere Gläubiger des Täters auszuschließen und eine persönliche Auswirkung der Straftat auf die tatbestandlich geschützten Individualinteressen des die Zulassung nach § 111g Beantragenden zu verlangen. Eine inhaltliche Bestimmung des Verletztenbegriffs lässt sich hier also nicht unabhängig vom Träger des straftatbestandlich geschützten Rechtsguts vornehmen, indem schlicht darauf abgestellt wird, dass zu dem privilegierten Personenkreis der Verletzten jeder gehört, der Inhaber eines zivilrechtlichen Anspruches aus der Tat i s t . 2 8 6 Diese Bestimmung kann bei § 111g vielmehr nur vom Schutzbereich der entsprechenden Norm aus erfolgen, da nicht jeder Anspruchsinhaber zugleich privilegiertes Opfer der einschlägigen Tat ist287 Daraus wird insgesamt deutlich, dass den §§ 111b ff. und insbesondere dem § 11 l g ebenso wie § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die maßgebliche Aufgabe zukommen sollte, dem Verletzten zur Restitution des durch die Tat erlittenen Schadens zu verhelfen 288 und deshalb konkret seinem persönlichen Schadenswiedergutmachungsinteresse zu dienen. 2 8 9 Der Staat hat damit in den §§ 111b ff. als Aufgabe anerkannt, dem persönlich geschädigten Opfer der Straftat bei seinem Bemühen um Ausgleich des Vermögensschadens helfend zur Seite zu treten, also das Ziel der Opferentschädigung im Bereich der Vermögensdelikte zu verfolgen. 290 Der Gesetzgeber hat demnach in § 111g den Verletztenbegriff aus § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB übernommen, wobei maßgeblich ist, dass der Verletzte durch die Tat tatsächlich auch einen Vermögensnachteil erlitten hat.

cc) Zwischenergebnis Die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung kann nach § 111g Abs. 2 Satz 3 nur derjenige beantragen und erlangen, dessen Individualinteressen durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden und der durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat. 286

So aber Strüwer, S. 183 f., 185; Hildenstab, S. 108 f. Zur Unterscheidung und Abgrenzung des Verletzten i. S. d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von einem sonstigen Anspruchsinhaber ein und derselben Tat vgl. BGH NJW 2001, 2560 (2562); wistra 2001, 295 (297); NStZ 2000, 589 (590); wistra 1999, 464 (464); NStZ 1999, 560 (560); NJW 1989, 2139 (2139). 288 Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 40, 50; ähnlich Heghmanns ZRP 1998, 475 (476); Wolters, S. 82; Achenbach NStZ 2001, 401 (402). 289 Strüwer, S. 182. 290 AK-Achenbach, vor §§ 11 lb—11 In, Rn. 18; ähnlich Achenbach, in: Blau-FS, S. 9-11; Eser, S. 298; Güntert, S. 71 f. 287

144

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte b) Ausgesuchte Einzelfälle

Handelt es sich bei den Antragstellern um Personen, die durch Eigentums- oder Vermögensdelikte wie Diebstahl, Betrug, Erpressung, Untreue oder Raub unmittelbar in ihrem Vermögen betroffen sind und wurde deshalb eine Beschlagnahme vorgenommen, so ist regelmäßig unproblematisch, dass es sich bei diesen dann auch um antragsbefugte Verletzte i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 handelt. In der Praxis ist jedoch in den nachfolgend ausgesuchten Einzelfällen fraglich, ob der Antragsteller nach § 111g auf die beschlagnahmten Gegenstände zugreifen darf. aa) Staat und Steuerfiskus als Verletzte Nach wie vor wird in der Rechtspraxis immer wieder in Frage gestellt bzw. thematisiert 291 , ob der Staat und insbesondere der Steuerfiskus als solche überhaupt Verletzte einer Straftat i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 sein können. Diese Frage ist von erheblicher Bedeutung, weil Straftaten wie z.B. Betrug regelmäßig mit Steuerhinterziehungen einher gehen, die Steuerausfälle beim Steuerfiskus bewirken. Eine Mindermeinung im Schrifttum aus Mitte der Siebziger Jahre vertritt die Auffassung, der Staat und insbesondere der Steuerfiskus könnten nicht „Verletzter" i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein. 2 9 2 Zur Begründung wird angefühlt, der Sinn der Einführung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB habe in erster Linie darin gelegen, dem Strafrichter nach einer ergangenen Verfallsanordnung die Entscheidung über die oft schwierigen zivilrechtlichen Ansprüche zu ersparen, die dann zwischen dem Staat und dem vom Täter oder Teilnehmer geschädigten Privatmann entstehen könnten. 2 9 3 Die Vorrangregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sei nur auf zivilrechtliche Ersatzansprüche Privater und nicht auch auf öffentlich-rechtliche Ansprüche des Staates ausgerichtet. 294 Nach der ganz überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur können dagegen sowohl der Staat als solcher wie auch der Steuerfiskus im Besonderen Verletzte i. S. v. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein. 2 9 5 Dieser An291

Vgl. BGH NJW 2001, 693; JR 2000, 509 (513); Katholnigg JR 2000, 513 (515); Dörn wistra 1990, 181 (182); Hildenstab, S. 110. 292 So noch Brenner DRiZ 1977, 203 (204); Herold ZfZ 1975, 299 (302); Bender ZfZ 1976, 139 (141); Bender ZfZ 1978, 268 (268). 293 Brenner DRiZ 1977, 203 (204); näher zum Sinn der Einführung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 25. 294 Bender ZfZ 1978, 268 (268). 295 LG Aachen NJW 1978, 385 (385); LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); LKSchmidt, § 73, Rn. 36; LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 23; Tröndle/Fischer,

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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sieht hat sich nunmehr auch der BGH, der diese Frage bislang offengelassen hatte, in einem Beschluss vom 28.11.2000 296 angeschlossen. Wird der Staat Bundesrepublik Deutschland z.B. Opfer von Betrug oder Diebstahl, so stehen ihm dadurch bereits private, zivilrechtliche Ersatzansprüche zu. Da auch seine Individualinteressen durch die Tatbestände des Betruges oder des Diebstahls geschützt werden, kann er bereits hiernach „Verletzter" sein. Offen bleibt, ob auch öffentlich-rechtliche Ansprüche des Staates oder des Steuerfiskus unter § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB fallen. Bereits dem Wortlaut ist nicht zu entnehmen, dass die Vorschrift lediglich den Vorrang zivilrechtlicher Ersatzansprüche Privater im Auge hatte. Vielmehr bezieht sich diese auf Ansprüche schlechthin, weshalb sie auch öffentlichrechtliche Ansprüche erfasst. 297 Hätte der Gesetzgeber den Schutz des Verletzten allein auf zivilrechtliche Ansprüche wie Schadensersatz oder Herausgabe beschränken wollen, die dem Opfer z.B. aus einem Diebstahl erwachsen sind, so hätte er dies deutlich getan. Zudem schützen die Steuerstraftatbestände der §§ 370 ff. AO 1977, deren Rechtsgut die Sicherung des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens ist, die Fiskalinteressen des Staates. 298 Sie bezwecken also i.S.d. des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einen Individualschutz des Steuerfiskus, so dass nicht ersichtlich ist, warum der Steuerfiskus als solcher aus dem Schutzbereich des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB herausfallen soll. Eine einschränkende Auslegung auf Ansprüche privater Verletzter unter Ausschluss aller öffentlich-rechtlichen Ansprüche widerspricht auch dem Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB. Nach dessen Grundgedanken haben die aus der Tat dem Verletzten erwachsenen, individuellen Ausgleichsansprüche den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zu Gunsten der Staatskasse.299 Deshalb soll die Aussparung des Verfalls des Erlangten zum einen verhindern, dass dem Täter die Mittel entzogen werden, die er zur Befriedigung der Ansprüche des Verletzten benötigt. 3 0 0 Staat und Steuerfiskus wie auch sonstige staatliche bzw. kommunale Kas§ 73, Rn. 12; Schänke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 26; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Güntert, S. 75 f.; Lackner/Kühl-Lackner, § 73, Rn. 6; SK-Rudolphi, § 111b, Rn. 9a; AK-Achenbach, §§ l l l b - l l l d , Rn. 18; Meurer NStZ 1991, 438 (439); Bäckermann ZfZ 1976, 366 (368); NK-Herzog, § 73, Rn. 18; SK-Horn, StGB, §73, Rn. 17; Lenz, S. 223 (Fn. 22); Hildenstab, S. 111; Schultehinrichs, S. 71; Pfajf DStZ 1979, 363 (367). 296 BGH NJW 2001, 693. 297 Zutreffend BGH NJW 2001, 693 (694); LG Aachen NJW 1978, 385 (385); LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); Bäckermann ZfZ 1976, 366 (368); Lenz, S. 223 (Fn. 22). 298 BGH NJW 2001, 693 (693); Leise-Dietz, § 369, Rn. 62 f. 299 s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a). 300 Vgl. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21, 25. 10 Hees

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

sen sind gemäß diesem Grundgedanken aber ebenfalls wie natürliche Personen davor zu schützen, dass die Mittel, auf die sie zugreifen können, zu Gunsten des mit ihnen nicht identischen Justizfiskus eines Landes verfallen. Zum anderen soll durch § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verhindert werden, dass der Täter zweimal zahlen muss, nämlich durch Verfall an den Justizfiskus und außerdem durch die Erfüllung des Ausgleichsanspruches gegenüber dem Verletzten. 301 Würde hier aber bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen der Verfall des aus der Straftat Erlangten angeordnet, würde eine zweimalige Zahlung doch noch stattfinden. Denn bei einer öffentlich-rechtlichen Forderung kann davon ausgegangen werden, dass sie von der zuständigen Behörde auch geltend gemacht wird. Eine solche Folge widerspricht dem Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, so dass danach auch öffentlich-rechtliche Ansprüche in dessen Anwendungsbereich einzubeziehen sind. 3 0 2 Staat und Steuerfiskus können daher Verletzte i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wie dann entsprechend auch i.S.d. § 111g sein. Sie sind deshalb nach § 111g Abs. 2 Satz 3 befugt, Anträge auf Zulassung der Zwangsvollstreckung zu stellen, sofern die Vollstreckung auch wegen eines ihnen aus der Straftat erwachsenen Anspruches erfolgt.

bb) Rechtsnachfolger des Verletzten als Verletzter i.S.d. § 111g Zu untersuchen ist weiter, ob Rechtsnachfolger des unmittelbar durch die Straftat Verletzten wie dessen Erbe, die Ersatz leistende Versicherung oder dessen Zessionar befugt sind, einen Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung nach § 111g Abs. 2 zu stellen und Zugriff auf die beschlagnahmten Gegenstände zu nehmen. So kann z.B. der unmittelbar Geschädigte nach der Straftatbegehung, aber vor Beantragung der Zulassung nach § 111g Abs. 2 versterben. Häufig haben die Geschädigten, besonders große Unternehmen, Versicherungen gegen Schäden durch Straftaten abgeschlossen, die dann im Schadensfall Ersatz leisten müssen. 303 Nach dem Schadensfall kann es auch immer wieder dazu kommen, dass die Ansprüche des Geschädigten gemäß § 398 BGB an einen Dritten abgetreten werden. 301

Vgl. Protokolle V, S. 545, 994, 995; LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 25; Güntert, S. 75 f.; Lenz, S. 223 (Fn. 22). 302 Ebenso BGH NJW 2001, 693 (694); LG Aachen NJW 1978, 385 (385); LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); LK-Schmidt, § 73, Rn. 36; Güntert, S. 76; Meurer NStZ 1991, 438 (439). 303 Vgl. Schöch NStZ 1984, 385 (389); Rheinische Post v. 14.7.2001, S. 6405; Meier ZRP 1991, 68 (68).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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Nach § 1922 BGB gehen mit dem Todesfall kraft Gesetzes grundsätzlich die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Forderungen des Erblassers, z.B. auch wegen Schadensersatz aus Delikt wie Diebstahl oder Betrug, auf seinen Erben als Rechtsnachfolger über. 3 0 4 Allein mit dem Übergang der aus der Straftat erwachsenen Ansprüche des Verletzten auf seinen Erben wird dieser jedoch nicht automatisch zum unmittelbar Verletzten. Verletzter i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 ist nur derjenige, dessen Individualinteressen durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden und der durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat. 3 0 5 Durch einen Diebstahl oder Betrug gegenüber dem Verletzten wird jedoch der Erbe, der erst später die Erbfolge antritt, nicht unmittelbar in seinen Vermögensinteressen betroffen. Eigentums- und Vermögensstraftaten werden im Zeitpunkt der Tatbegehung immer nur zum Nachteil des eigentlichen Tatopfers begangen. Deshalb werden unmittelbar auch nur die Interessen des späteren Erblassers beeinträchtigt, nicht aber die des Erben. Gleiches gilt für den Versicherer wie z.B. den Haftpflicht- oder Vertrauensschadensversicherer, der für den unmittelbar Verletzten den durch die Straftat verursachten Schaden übernimmt. Leistet dieser in einem solchen Fall an den Geschädigten, so gehen dessen Ansprüche gegen den Täter cessio legis nach § 67 V V G mit der Leistung auf den Versicherer über. Zwar wird mit der Begehung der Tat im Falle einer Schadensversicherung auch die Eintrittspflicht des Versicherers gegenüber dem Geschädigten ausgelöst. Grundlage der Leistungspflicht des Versicherers ist jedoch der mit dem Geschädigten abgeschlossene Versicherungsvertrag, bei dem sich Leistung und Gegenleistung insoweit als gleichwertig gegenüber stehen, als der Versicherungsnehmer für die Leistungen des Versicherers eine Prämie zu zahlen hat. In dieses Verhältnis greift der Täter bei der Tatbegehung nicht unmittelbar ein. Dementsprechend erwächst dem Versicherer kein direkter Anspruch gegen den Täter. 3 0 6 Folglich wird der Versicherer durch die Straftat nicht in seinen durch das übertretene Strafgesetz geschützten Individualinteressen verletzt. Deshalb kann auch der leistende Versicherer nicht unmittelbar Verletzter, sondern nur dessen Rechtsnachfolger sein. 3 0 7 Aus den gleichen Gründen kann auch der Zessionar, der gemäß § 398 BGB im Wege der gewillkürten Abtretungsvereinbarung die bereits entstandenen Ansprüche des Geschädigten übernimmt, nicht unmittelbar Verletzter sein. 304

Palandt-Edenhofer, § 1922, Rn. 6, 12, 26, 29; Erman-Schlüter, § 1922, Rn. 7, 8. 305 s.o. unter C., III., 2., a), cc). 306 OLG Karlsruhe MDR 1984, 336 (336); Prölss/Martin-J. Prölss, § 67 W G , Rn. 47; Bruck/Möller/Sieg-Sieg, § 67 VVG, Anm. 155. 307 Zutreffend OLG Karlsruhe MDR 1984, 336 (336). 10*

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Zusammen mit der eingetretenen Rechtsnachfolge könnte jedoch die Befugnis des unmittelbar Verletzten, die Zulassung nach § 111g Abs. 2 Satz 3 beantragen zu können, ebenfalls auf seinen jeweiligen Rechtsnachfolger übergehen. Denn nach § 1922 BGB gehen mit dem gesamten Vermögen regelmäßig auch alle persönlichen Vermögensrechte auf den Erben über. 3 0 8 Gemäß § 67 V V G i.V.m. §§ 412, 401 BGB und gemäß §§ 398, 401 BGB gehen beim Forderungsübergang kraft Gesetzes oder kraft Vereinbarung mit der Forderung auch die Neben- und Vorzugsrechte der Forderung auf den neuen Gläubiger über. Die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung kann nach § 111g Abs. 2 Satz 3 nur der Verletzte erwirken. Mit der Zulassung kommt er in den Genuss der „Filterfunktion" in § 111g Abs. 1 und der „Vorrangfunktion" in § 111g Abs. 3 Satz 1, wodurch er sich wegen seiner aus der Tat erwachsenen Ansprüche ungehindert und bevorrechtigt vor anderen Gläubigern befriedigen kann. Diesen bevorrechtigten Zugriff kann der privilegierte Verletzte aber nur erlangen, wenn er tatsächlich die Zulassung beantragt und erwirkt. Er kann die Durchsetzung seiner Ansprüche durch die Zulassung nach § 111g zu verbessern suchen, er muss es aber nicht. Es handelt sich daher bei der zu beantragenden Zulassung um eine dem Verletzten zur Verfügung gestellte, mit erheblichen Rechtswirkungen verbundene Zugriffsmöglichkeit, durch Eigeninitiative seine aus der Straftat erwachsenen Ansprüche zu sichern und vorrangig vor anderen durchsetzen zu können. 3 0 9 Die Antragsbefugnis für die Zulassung in § 111g Abs. 2 ist deshalb eine vermögensrechtlich wertvolle Rechtsposition zur Sicherung und Verfolgung der aus der Straftat erwachsenen Ansprüche. Es ist somit ein besonderes vermögensrechtliches Antragsrecht des Verletzten, welches deshalb nach den einschlägigen Vorschriften zusammen mit der Ausgleichsforderung des Verletzten auf den Rechtsnachfolger übergegangen sein könnte. Der Übergang dieses spezifischen Antragsrechts lässt sich jedoch nicht nach § 1922 BGB, § 67 V V G i.V.m. §§ 412, 401 BGB oder §§ 398, 401 BGB bestimmen. Danach hängt der Übergang schlicht davon ab, ob der Tod eingetreten, der Versicherer seiner Leistungspflicht nachgekommen oder die Forderung einvernehmlich abgetreten ist. Vielmehr bedarf die Frage des Übergangs des Antragsrechts der besonderen Berücksichtigung der Funktion des Verletztenbegriffs im strafverfahrensrechtlichen Zusammenhang. D.h., es muss sich hier nach dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang des § 111g richten, ob das Recht des unmittelbar Verletzten nach 308 309

Vgl. Palandt-Edenhofe r, § 1922, Rn. 12. So auch Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 50.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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§ 111g Abs. 2 vererblich oder sonst auf einen Dritten übertragbar sein soll. Es ist hier die Frage zu beantworten, ob der Rechtsnachfolger neben der materiellen Rechtsposition auch die prozessuale Rechtsposition des unmittelbar Verletzten erwirbt, ob und inwieweit also das Antragsrecht als ein nur höchstpersönliches Recht des unmittelbar Verletzten anzusehen ist. Es ist daher die Frage der Übertragbarkeit des Antragsrechts des Verletzten auf einen Erben, Versicherer und Zessionar als dessen Rechtsnachfolger anhand § 111g Abs. 2 auszulegen. ( 1 ) Überblick über den Meinungsstand Bevor § 111g Abs. 2 auszulegen ist, soll zunächst ein kurzer Blick auf den zu der aufgeworfenen Frage, ob auch ein Rechtsnachfolger als Verletzter i.S.d. §§ 111g, 111h bzw. §73 Abs. 1 Satz 2 StGB anzusehen ist, in Rechtsprechung und Literatur bestehenden Meinungsstand geworfen werden. Stimmen im Schrifttum und mehrere Gerichte stellen den Versicherer des unmittelbar Verletzten, auf den die Schadensersatzforderung kraft Gesetzes übergegangen ist, dem Verletzten gleich und zählen diesen zu dem in der Zurückgewinnungshilfe privilegierten Personenkreis. 310 Zur Begründung wird angeführt, dass mit dem Übergang der Forderungen des Verletzten auch die Vorzugs- oder Sicherungsrechte - für den Versicherer nach § 67 V V G i.V.m. §§412, 401 BGB - übergingen, mit denen die dem Verletzten erwachsenen Ausgleichsansprüche erst durchgesetzt werden könnten. 3 1 1 Dies sei zur Erreichung des Ziels des Gesetzgebers, auch die strafprozessualen Möglichkeiten für das Ziel des zivilrechtlich gerechten Ausgleichs einzusetzen, nötig. 3 1 2 Die Absicht des Gesetzgebers, im Rahmen der Zurückgewinnungshilfe nur den unmittelbar Verletzte zu schützen, ergebe sich weder aus dem Gesetz selbst noch aus den Gesetzesmaterialien. 3 1 3 Dagegen wird die Ausweitung der Antragsbefugnis auf nur mittelbar Betroffene von der h. M. in der Literatur mit dem OLG Karlsruhe weiter abge310 LK-Schmidt, § 73, Rn. 36; Τ röndle,/Fischer § 73, Rn. 13; KK-Nack, § 111g, Rn. 2; OLG Düsseldorf MDR 1986, 423 (423); OLG Schleswig NStZ 1994, 99 (100); OLG Stuttgart NStZ-RR 1999, 383 (383); LG Ulm NStZ-RR 1999, 369 (369); wohl auch Albrecht, S. 36; NK-Herzog, § 73, Rn. 16; unklar Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 11 lg, Rn. 2; § 11 lh, Rn. 1. 311 So OLG Düsseldorf MDR 1986, 423 (423); OLG Schleswig NStZ 1994, 99 (100); OLG Stuttgart NStZ-RR 1999, 383 (383); LG Ulm NStZ-RR 1999, 369 (369). 312 OLG Schleswig NStZ 1994, 99 (100). 313 So LG Ulm NStZ-RR 1999, 369 (369).

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

lehnt. 3 1 4 Diese Meinung stellt für ihre ablehnende Haltung maßgeblich darauf ab, dass anders als dem unmittelbar Geschädigten dem Rechtsnachfolger der Anspruch nicht unmittelbar aufgrund der Tat entstanden sei, weshalb dieser nicht Verletzter sein könne. 3 1 5 Die vorgenannten Ansichten legen demzufolge die Reichweite des Verletztenbegriffs bezüglich eines Rechtsnachfolgers unterschiedlich weit aus, so dass es auch hiernach einer spezifischen Auslegung des § 111g Abs. 2 bezüglich der Rechtsnachfolger bedarf. (2) Auslegung des § 111g Abs. 2 bezüglich Rechtsnachfolger (a) Wortlaut § 111g Abs. 2 Satz 3 erwähnt als befugten Antragssteiler nur den Verletzten, nicht aber auch dessen Erben oder sonstige Rechtsnachfolger. Die Auslegung nach dem Wortlaut spricht daher gegen einen Übergang des Antragsrechts nach § 111g Abs. 2 auf den Rechtsnachfolger des Verletzten. (b) Systematik Gemäß § 111g Abs. 2 Satz 3 muss der Verletzte glaubhaft machen, „daß der Anspruch aus der Straftat erwachsen ist". § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, von dessen Grundgedanken und Voraussetzungen die Vorschrift des § 111g ausgeht, bestimmt, dass der Verfall nicht angeordnet wird, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB muss also der aus der Straftat erwachsene Anspruch dem Verletzten selbst in persona entstanden sein. Wie zuvor festgestellt, gehen die Ansprüche auf den Rechtsnachfolger jedoch erst später über und entstehen diesem nicht schon durch die Tat selbst. Dies spricht deshalb auch in § 111g bereits für eine Berücksichtigung allein der Ausgleichsansprüche des Opfers der Straftat und gegen einen Übergang des Antragsrechts aus § 111g Abs. 2 auf dessen Rechtsnachfolger. Hiergegen spricht ebenfalls ein Blick auf das in den §§ 403 ff. geregelte Adhäsionsverfahren. Dieses dient ähnlich wie die Zurückgewinnungshilfe 314 OLG Karlsruhe MDR 1984, 336 (336); AK -Achenbach, § § l l l b - l l l d , Rn. 18; LR-Schäfer, § 111b, Rn. 48; Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 25; SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 3; Pfeiffer, § 111g, Rn. 1; Kaiser wistra 2000, 121 (129); ders., Verletztenansprüche, S. 293; wohl auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 2, anders aber § 11 lh, Rn. 1. 315 OLG Karlsruhe MDR 1984, 336 (336); LR-Schäfer, § 111b, Rn. 48; Schänke/ Schröder-Eser, § 73, Rn. 25; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 11 lg, Rn. 2; SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 3; Pfeiffer, § 111g, Rn. 1.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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und § 111g der Entschädigung des Verletzten und der Verwirklichung seiner zivilrechtlichen Interessen, ohne allerdings über die gleiche Aufgabe hinaus bereits einen erkennbar systematischen Zusammenhang zu besitzen. 3 1 6 Gemäß § 403 Abs. 1 kann der Verletzte oder sein Erbe gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch im Strafverfahren geltend machen. Hier wird also zwischen dem Verletzten und dem Erben zwar unterschieden, der Erbe aber dem Verletzten hinsichtlich der Antragsberechtigung gleichgestellt. Auch wenn es nach allgemeiner Auffassung in StPO und StGB keinen einheitlich verwendeten Verletztenbegriff gibt, so macht dies dennoch deutlich, dass in der StPO zwischen Verletztem und dessen Erben unterschieden wird. Gleiches gilt im Übrigen auch wegen § 77 Abs. 2 StGB für das StGB. Eine Antragsbefugnis des Erben ist dagegen in § 111g gerade nicht normiert.

(c) Entstehungsgeschichte Hätte der Gesetzgeber bei der Einführung der §§ 111b ff. auch Rechtsnachfolger des Verletzten wie Zessionare kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts oder den Erben als antragsberechtigt im Zulassungsverfahren nach § 111g Abs. 2 ansehen wollen, so hätte er dies bei der Einführung des § 11 l g im Gesetzestext vorgesehen oder sonst deutlich gemacht. Dies ist zum einen deshalb anzunehmen, weil dem Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Einführung im Jahre 1974 bereits die Existenz des Adhäsionsverfahrens mit der Vorschrift des § 403 bekannt war, die seit ihrer Einführung im Jahre 1943 3 1 7 unverändert geblieben i s t 3 1 8 und wonach ausdrücklich auch der Erbe des Verletzten zur Geltendmachung des aus der Straftat erwachsenen Anspruches befugt ist. Zudem war das Adhäsionsverfahren und sein Verhältnis zur „Beschlagnahmelösung" auch Gegenstand der Diskussionen im Sonderausschuss für die Strafrechtsreform in der 5. Wahlperiode 319 , dessen Konzept später in dem Entwurf der §§ 111b ff. mündete. Schließlich hat der Gesetzgeber in dem zusammen mit den §§ 111b ff. eingeführten § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Formulierung „aus der Straftat ... erwachsen" gerade aus § 403 übernommen. 320 316 Rieß, in: Verhandlungen des 55. Deutschen Juristentages, Rn. 40 f., 50; Kramer, Rn. 16. 317 3. Verordnung zur Vereinfachung der Strafrechtspflege v. 29.5.1943, RGBl. I, S. 342. 318 Vgl. LR -Wendisch, Vor § 403, Entstehungsgeschichte u. Rn. 5; § 403, Entstehungsgeschichte u. Rn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, vor § 403, Rn. 1. 319 Vgl. Protokolle V, S. 547, 995, 999. 320 Vgl. Niederschriften 12, S. 208.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Aus diesen Gründen liegt deshalb nahe, dass der Gesetzgeber auch die Antragsbefugnis des Erben in § 111g übernommen oder klargestellt hätte, wenn er dies denn tatsächlich gewollt hätte. Zum anderen hatte der Gesetzgeber ursprünglich zusammen mit den §§ 111b ff. auch die später nicht Gesetz gewordene Vorschrift des § 463d einführen wollen. Mit dieser war beabsichtigt worden, die den §§ 111g bis l l l i zu Grunde liegende Zielsetzung fortzusetzen und im Einzelfall bei den Verfahren nach den §§ 111g bis l l l i für den Verletzten auftretende Härten auszugleichen, indem der Verletzte trotz Erfolglosigkeit seiner Zwangsvollstreckung sich aus dem staatlicherseits durch Vollstreckung eines Verfalls, einer Einziehung oder einer Geldstrafe Erlangten befriedigen können sollte. 3 2 1 Diese nachträgliche Zugriffsmöglichkeit wurde in § 463d Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich nur dem Verletzten selbst oder seinem Erben, dagegen nicht Zessionaren kraft Gesetzes oder Rechtsgeschäfts eingeräumt. 322 Der Gesetzgeber hatte hier somit in einer Vorschrift, die sich eng an die §§ 111g bis l l l i anlehnte und deren Zielsetzung fortsetzten sollte, dem Verletzten explizit den Erben gleichgestellt, andere Zessionare dagegen nicht. Es liegt daher nahe, dass er dann sowohl dem Erben als auch anderen Zessionaren den Zugriff nach § 111g nicht gewähren wollte, wenn er sie in diese Vorschrift nicht aufgenommen hat. Auch die historische Interpretation spricht demnach gegen einen gewollten Übergang des Antragsrechts nach § 111g Abs. 2 auf den Rechtsnachfolger. (d) Telos Fraglich ist, ob sich aus dem Sinn und Zweck des § 111g die Notwendigkeit ergeben könnte, dem Rechtsnachfolger das Antragsrecht zuzugestehen. (aa) Ziel des § 111g: Vorrangige Befriedigung des Verletzten Im Rahmen der Auslegung des § 111g Abs. 2 Satz 1 nach seinem Wortlaut, seiner Entstehungsgeschichte, seiner systematischen Einordnung und seinem Sinn und Z w e c k 3 2 3 und bei der allgemeinen Bestimmung des Verletztenbegriffs in § 111g 3 2 4 wurde bereits herausgearbeitet, dass der Gesetz321 322 323 324

BT-Drucks. 7/550, S. 52 f., 315 f. BT-Drucks. 7/550, S. 52, 316. s.o. unter C., I., 2., b). s.o. unter C., ΙΠ., 2., a), bb).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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geber mit der Einführung der §§ 111b ff. und insbesondere des Zulassungsverfahrens in § 111g Abs. 2 das Ziel der Schadloshaltung des Verletzten, d.h. des unmittelbar Geschädigten, verfolgte. Die Rechtfertigung seiner vorrangigen Befriedigungsmöglichkeit vor Dritten ergibt sich daraus, dass nur dem Opfer der Straftat ein schutzwürdiges, persönliches Interesse am Ausgleich des durch die Tat erlittenen Vermögensnachteils zukommt. Auch eine bevorrechtigte Befriedigung eines Rechtsnachfolgers nach § 111g Abs. 2 vor anderen, „normalen" Gläubigern, wodurch das in der Zwangsvollstreckung geltende Prioritätsprinzip abgeändert werden würde, bedürfte daher einer besonderen Rechtfertigung. Dem Rechtsnachfolger fehlt es jedoch an einer unmittelbaren persönlichen Betroffenheit, die es rechtfertigen könnte, auch ihn gegenüber anderen Gläubigern zu privilegieren, die ebenfalls ihre Ansprüche gegen ihren Schuldner, den Täter, durchzusetzen suchen. Der Rechtsnachfolger, auch der Erbe, verfolgt unabhängig von der Straftat bloß vermögensrechtliche Interessen, indem er eine vom Verletzten lediglich übernommene Forderungsposition geltend macht. Auch wenn gerade der Erbe häufig, aber nicht unbedingt ein naher Angehöriger sein wird, der gegebenenfalls in einer persönlichen Nähebeziehung zum Verletzten steht, so kommt diesem doch der persönliche Einschlag des Opfers der Straftat abhanden. Nur das schutzwürdige, persönliche Wiedergutmachungsinteresse des Opfers, das aus seiner persönlichen Betroffenheit als unmittelbar Geschädigtem resultiert, kann und sollte aber nach dem Willen des Gesetzgebers für den privilegierten Zugriff nach § 111g berechtigen. Andere Gläubiger, auch wenn sie ihre materielle Rechtsposition unmittelbar vom Verletzten ableiten, sollten dagegen weiter als einfache, „normale" Gläubiger im Vergleich zu den persönlich betroffenen Verletzten behandelt werden. 325 Das „Antragsrecht" des Verletzten zur Zulassung seiner Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 stellt demzufolge ein höchstpersönliches Recht dar, welches einem Übergang auf den Rechtsnachfolger nicht zugänglich ist. (bb) Ziel des § 111g: Konsequente Gewinnabschöpfung beim Täter? Dieses Auslegungsergebnis, wonach Rechtsnachfolger nicht auf die Tatgewinne und Surrogate nach § 111g zugreifen und sich daraus befriedigen dürfen, könnte jedoch mit dem evt. ebenfalls mit § 111g verfolgten Ziel unvereinbar sein, die Gewinne des Täters aus der Straftat konsequent und weitgehend wieder abzuschöpfen.

325

s.o. unter C., III., 2., a), bb).

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Fraglich ist zunächst, ob § 111g auch einem solchen Ziel dienen sollte. Der Verfall nach den §§73 ff. StGB und damit auch dessen verfahrensrechtliche Ergänzungen in §§ 111b ff. zur Sicherung dieser Ansprüche dienen der Gewinnabschöpfung beim Täter. 3 2 6 Bei der Einführung der §§73 ff. StGB hatte der in der 5. Wahlperiode eingesetzte Sonderausschuss für die Strafrechtsreform allerdings auch beschlossen, mit dem § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der der Verfallsvorschrift des § 109 Abs. 2 StGB aus dem nur vorgeschlagenen Gesetzesentwurf 1962 entsprach, vom Verfall des Gewinns abzusehen. Eine ergänzende prozessuale Regelung sollte aber eine einstweilige Beschlagnahme des Gewinns zu dem Zweck ermöglichen, ihn dem Tatopfer zur Befriedigung seiner Ansprüche zur Verfügung zu stellen. 327 Ergebnis dieser „Beschlagnahmelösung" sollte nach den Vorstellungen des Sonderausschusses sein, dass damit der Täter das zu Unrecht Erlangte keinesfalls behalte, der Gewinn also dort nicht verbleibe. 328 Die „Beschlagnahmelösung", wie sie dann auch in den §§ 111b ff. umgesetzt wurde 3 2 9 , hatte der Gesetzgeber bereits in seiner Begründung des Entwurfs 1962 zu § 109 Abs. 2 StGB angeregt:

„Im übrigen kann die Regelung des Entwurfs durch eine Verfahrensvorschrift er gänzt werden, die die Beschlagnahme der durch die Tat gewonnenen Gegenstände ermöglicht, soweit dies erforderlich ist, um die Schadloshaltung des Verletzten zu sichern. Dadurch würde verhindert, daß der unrechtmäßig erlangte Ge winn nur deshalb in dem Vermögen des Täters bleibt, weil der Verletzte seine Ansprüche aus Unkenntnis über die Person des Verpflichteten oder über die Rechtslage vorerst nicht geltend macht. " 33° Der in der 7. Wahlperiode mit dem Gesetz zur Einführung der §§ 111b ff. befasste Bundestags-Sonderausschuss hat in seinem Ersten Bericht zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung ausgeführt, dass die Verletzten praktisch schutzlos wären, wenn eine Sicherstellung der Gegenstände, hinsichtlich derer die Verletzten Ersatzansprüche haben, nicht möglich wäre. 3 3 1 Damit hat er nicht nur deutlich machen wollen, dass die Opfer der Straftat generell zu schützen seien. Sondern er hat damit auch auf die Gefahr hingewiesen, dass ohne staatliche Unterstützung durch frühzeitige Beschlagnahmen oder dingliche Arreste im Wege der Zurückgewinnungshilfe beim Täter kein Tatgewinn oder sonstiges Vermögen mehr vorhanden wäre, dass noch abgeschöpft werden könnte. Denn zum einen sind die Ge326 Vgl. LK-Schmidt, §73, Rn. 7; SK-Rudolphi, vor § 111b, Rn. 2; Wolters, S. 26; Kramer, Rn. 194; Kochheim, S. 17. 327 Vgl. Protokolle V, S. 1022; BT-Drucks. IV/650, S. 241 zu § 109; V/4095, S. 39 f.; ausführlich hierzu LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21, 25. 328 Vgl. Protokolle V, S. 994, 1003, 1004. 329 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung. 330 BT-Drucks. IV/650, S. 241 f. 331 BT-Drucks. 7/1261, S. 25.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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schädigten allein oft nicht in der Lage, mangels der nur dem Staat zustehenden Eingriffsbefugnisse aus der Tat stammende oder dem Täter zuzuordnende Vermögenswerte zu identifizieren und sehen deshalb mitunter von einer Verfolgung ihrer Ersatzansprüche a b . 3 3 2 Zum anderen gilt der kriminalistische Erfahrungssatz, das Gewinne und Vermögenswerte des Täters, die nicht bereits bei einem ersten, frühzeitigen Zugriff nach §§ 111b ff. gesichert werden, später oft verschwunden oder sonst nicht mehr greifbar sind, während die Geschädigten noch mit der mitunter langwierigen Titulierung beschäftigt sind. 3 3 3 Demzufolge sollen Beschlagnahmen nach den §§ 111b ff. in der Zurückgewinnungshilfe nicht nur dem Zweck dienen, das Tätervermögen für Ansprüche der Verletzten zu sichern, sondern zugleich auch für eine effektive Gewinnabschöpfung zu sorgen. Die Zurückgewinnungshilfe sollte also nicht allein dem persönlichen Wiedergutmachungsinteresse eines Verletzten dienen. Sondern sie sollte darüber hinaus auch eine möglichst lückenlose Gewinnabschöpfung im Allgemeininteresse bewirken, indem die begünstigten Verletzten tatsächlich durch ihren bevorrechtigten Zugriff nach § 111g den erlangten Tatgewinn wieder entziehen. 334 Wie der Verfall bezweckt also auch die Zurückgewinnungshilfe das kriminalpolitische Ziel der effektiven und konsequenten Gewinnabschöpfung kriminell erlangten Vermögens. Diesem Ziel kommt besondere Bedeutung zu. Die spezialpräventive Wirkung von Strafe wird durch den Entzug der aus der Tat gezogenen Erlöse nachhaltig verstärkt. Durch gewinnabschöpfende Maßnahmen kann der entzogene Gewinn nicht mehr erneut in kriminelle Geschäfte investiert werden, so dass für weitere illegale Aktivitäten das Kapital fehlt und die Handlungsmöglichkeiten von Straftätern und kriminellen Organisationen eingeengt werden. Sie wirkt der Gefahr einer schleichenden Unterminierung des gesellschaftlichen Wirtschaftssystems und ihrer politischen Struktur entgegen, indem Verbrechensgewinne reinvestiert werden oder zur Bestechung von Zeugen, Amtsträgern etc. verwendet werden. Auch ist ein Signal an die rechtstreuen Bürger nötig, aufzuzeigen, dass sich Verbrechen letztlich nicht lohnen. 3 3 5 Durch die Abschöpfung des Tatgewinns wird der Straftäter dort getroffen, wo es ihm am meisten „weh tut", an seinem Geldbeutel. 336 332

Vgl. Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; Schmitt, in: Noll-GedS, S. 299. Vgl. Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485, 486); Achenbach, in: Blau-FS, S. 10, 14; Protokolle V, S. 1011; Ries, S. 193; Strüwer, S. 171. 334 Im Ergebnis ebenso Heghmanns ZRP 1998, 475 (476); OLG Schleswig NStZ 1994, 99 (100); SK-Horn, StGB, § 73, Rn. 19; Kramer, Rn. 194. 335 Vgl. Kaiser ZRP 1999, 144 (145); ders., in: Tröndle-FS, S. 686, 689, 693 f.; Eser, S. I l l ; Hoyer GA 1993, 406 (406); LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 4; vgl. auch Finanzermittlungsrichtlinien NW, Ziffer 1. 336 Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (483); Bender ZfZ 1978, 268 (268). 333

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Das somit ebenfalls vom Gesetzgeber mit § 111g verfolgte Ziel einer konsequenten Abschöpfung der Tatgewinne würde durch die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung der Rechtsnachfolger des Verletzten gemäß § 111g erreicht, weil dann auch die Rechtsnachfolger auf den beschlagnahmten Gegenstand Zugriff nehmen dürften und zur beabsichtigten Gewinnabschöpfung beitragen würden. Denn nur wenn über die Vorschrift des § 111g vorrangig diejenigen aus der Straftat erwachsenen Ansprüche geltend gemacht und befriedigt werden können, die gerade auf den Wiederausgleich der durch die Tat erlittenen Vermögensnachteile gerichtet sind, kann es zu einer konsequenten Gewinnabschöpfung beim Täter kommen. Indem auf Grund der Zulassung die auf die Rechtsnachfolger übergegangenen Ansprüche der unmittelbar Geschädigten als Erstes vor anderen, nicht privilegierten Ansprüchen anderer Gläubiger aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigt werden können, kommt es zu einer direkten Gewinnabschöpfung. Ohne Zulassung der Zwangsvollstreckung der Rechtsnachfolger kann der Täter die erlangten Tatgewinne z.B. auch zur Schuldentilgung gegenüber anderen Gläubigern einsetzen, so dass sich sein Verbrechen lohnen würde. Zwar kann der Rechtsnachfolger letztlich auch ohne seine Zulassung nach § 111g in die beschlagnahmten Gegenstände zwangsvollstrecken. Denn diese stünden ihm nach Aufhebung der Beschlagnahme wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dann ebenfalls zu seiner Befriedigung zur Verfügung, so dass er auch auf diese Weise die Gewinnabschöpfung verwirklichen könnte. Die unmittelbare, konsequente Gewinnabschöpfung wäre in diesem Falle aber nur dann erreichbar, wenn der Rechtsnachfolger auch als einziger auf die beschlagnahmten Gegenstände Zugriff genommen hätte. Sind diesem dagegen bereits mehrere andere Gläubiger vorrangig, so könnte es allenfalls zu einer begrenzten, gegebenenfalls sogar unmöglichen unmittelbaren Gewinnabschöpfung kommen, wenn deren vorrangige Ansprüche den Wert des beschlagnahmten Gegenstandes bereits überschreiten. Letztlich stellt sich aber auch hier die Frage, ob das Ausgleichsinteresse der Allgemeinheit von dem mittels Zurückgewinnungshilfe primär verfolgten Zweck der Schadloshaltung der Verletzten als loslösbar und so bedeutend anzusehen ist, dass es gerechtfertigt ist, durch die Zulassung der Rechtsnachfolger nach § 111g Abs. 2 andere Vollstreckungsgläubiger in der Befriedigung auf nachrangige Plätze zu verweisen. Für die Besserstellung bestimmter Gläubiger des Täters und die Abänderung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips durch die Zulassung hat der Gesetzgeber in § 111g eindeutig darauf abgestellt, dass es sich bei dem Antragsteller um einen durch die Straftat unmittelbar Geschädigten mit

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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einem persönlichen Wiedergutmachungsinteresse handelt. Es bedarf in § 11 l g also gerade eines in der Person des Bevorzugten liegenden Grundes, welcher es erlaubt, diesen unter Benachteiligung übriger Gläubiger zu privilegieren. Allein das kriminalpolitisch motivierte Ziel, dem Täter möglichst weitgehend die gezogenen Tatgewinne wieder zu entziehen, kann es aber nicht rechtfertigen, unter mehreren nicht persönlich durch die Straftat betroffenen, also gleichen Gläubigern das Prioritätsprinzip zu Gunsten eines von ihnen abzuändern. Hier wäre dann Grund für die Privilegierung des Rechtsnachfolgers allein der übergegangene Anspruch, der einem anderen aus der Tat erwachsen ist. Für die Zulassung nach § 111g ist aber zusätzlich zu fordern, dass dieser Anspruch dem Opfer entstanden und von diesem geltend gemacht wird. Denn allein die unmittelbare persönliche Betroffenheit verbunden mit dem daraus resultierenden schutzwürdigen Interesse des Verletzten am Ausgleich des ihm durch die Tat zugefügten Vermögensnachteils kann die in § 111g Abs. 3 Satz 1 geregelte Erweiterung des Prioritätsprinzips zum Nachteil dritter Gläubiger rechtfertigen. In der Person eines Rechtsnachfolgers wie z.B. des Erben selbst gibt es einen solchen Grund, ihn zu privilegieren und deshalb andere, eigentlich vorrangige Gläubiger hinter diesem einzuordnen, nicht. Dies gilt ebenso dann, wenn ein Rechtsnachfolger des Verletzten zuerst in beschlagnahmte Gegenstände vollstreckt haben sollte und nach ihm dann tatsächlich durch die Straftat Geschädigte ebenso verfahren. Könnte der Rechtsnachfolger hier ebenfalls die Zulassung nach § 111g erwirken, so hätte dies zur Folge, dass er seinen ersten Rang gegenüber den tatsächlich Verletzten i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 behaupten könnte. Diese könnten ihn dann nicht, auch nicht durch eine frühere Zulassung, im Rang überholen. 3 3 7 Das würde aber bedeuten, dass Opfer, die ihren aus der Tat erwachsenen Ausgleichsanspruch sowohl wegen ihres persönlichen Wiedergutmachungsinteresses als auch im Sinne des allgemeinen Ausgleichsinteresses zur konsequenten Gewinnabschöpfung nach § 111g geltend machen, nicht mehr bevorzugt vor einem anderen, „normalen" Gläubiger, zu denen auch der Rechtsnachfolger gehört, zum Zuge kommen könnten. Hier würde also letztlich das individuelle Restitutionsinteresse des Opfers dem allgemeinen Ausgleichsinteresse unter- und nachgeordnet. Diese Unterordnung stünde aber im völligen Gegensatz zu dem mit den §§ 11 l b ff. und besonders dem § 111g primär verfolgten Ziel, das Tätervermögen für vorrangige Ansprüche gerade der Verletzten zu sichern und zur Verfügung zu stellen. Das allgemeine Ausgleichsinteresse sollte dagegen bei der Zurückgewinnungshilfe die zwangsläufige, nicht aber die primär erstrebte Folge sein. 3 3 8

337 338

s.o. unter C., II., 3. Zutreffend Heghmanns ZRP 1998, 475 (476); a.A. wohl Kramer, Rn. 194, 16.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Folglich lässt sich das Ziel einer konsequenten Gewinnabschöpfung im allgemeinen Ausgleichsinteresse nicht von dem primären Ziel der Schadloshaltung des Verletzten zum Schutze seiner persönlichen Wiedergutmachungsinteressen abkoppeln und losgelöst betrachten. Das allgemeine Ausgleichsinteresse kann es nicht rechtfertigen, ohne die unmittelbare persönliche Betroffenheit den Rechtsnachfolger des Verletzten bei der Zulassung der Zwangsvollstreckung mit ihren Auswirkungen für das Prioritätsprinzip dem Verletzten gleichzusetzen. Nach dem Sinn und Zweck des § 111g Abs. 2 Satz 3 sollten Rechtsnachfolger daher nicht mehr zu den Gläubigern gehören, die die Zulassung erwirken dürfen, auch wenn er den aus der Straftat erwachsenen Anspruch geltend macht. Das „Antragsrecht" des unmittelbar Verletzten aus § 111g Abs. 2 Satz 3 geht somit nicht zusammen mit diesem Anspruch über. (3) Zwischenergebnis Rechtsnachfolger des unmittelbar Verletzten wie Erben, Ersatz leistende Versicherer oder Zessionare zählen nicht zu dem privilegierten Personenkreis der Verletzten i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3, die die Zulassung nach § 11 l g Abs. 2 beantragen und erlangen können.

3. Aus der Tat erwachsener Anspruch i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 Ist der Antragsteller Verletzter der maßgeblichen Straftat, so kann er schließlich gemäß § 111g Abs. 2 Satz 3 den Zulassungsbeschluss nur erlangen, wenn der erst noch geplanten oder bereits durchgeführten Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung ein aus der Straftat erwachsener Anspruch zu Grunde liegt. Welche Ansprüche „aus der Straftat erwachsen" sind, bestimmt § 111g nicht näher. Es ist daher zu untersuchen, welche Ansprüche des Verletzten i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 seine Privilegierung im Zulassungsverfahren rechtfertigen und bevorrechtigt vor Ansprüchen anderer Gläubiger zu befriedigen sind. a) Generelle Bestimmung und Eingrenzung der erfassten Ansprüche Zunächst ist der Begriff des „aus der Straftat erwachsenen Anspruches" hinsichtlich der Herkunft aus der Tat, seiner Art und der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen grundlegend zu bestimmen.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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aa) Entstehung aufgrund des der Tat zu Grunde liegenden Geschehens Nach § 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB ordnet das Gericht zwingend den Verfall des aus der Tat erlangten Etwas bzw. des Surrogates oder stattdessen nach § 73a StGB den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Unter dem erlangten Etwas ist die Gesamtheit der aus der Tat erlangten wirtschaftlich messbaren Vorteile zu verstehen 339 , speziell bei § 73a Satz 1 1. Alt. StGB geldwerte Vorteile anderer Art, durch die der Empfänger eigene Aufwendungen erspart oder Gebrauchsvorteile erlangt 3 4 0 . Aus der Tat erlangt sind dabei alle Vorteile, die dem Täter auf Grund der Tatbegehung in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen. 341 Man spricht hier auch von Tatgewinnen, die der Gewinnabschöpfung unterliegen. 342 Von dem zwingend anzuordnenden Verfall des Tatgewinns, seines Surrogats oder des entsprechenden Wertersatzes macht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB eine Ausnahme, „soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde." Statt dessen werden in diesem Fall dem Verletzten die Instrumentarien der Zurückgewinnungshilfe in den §§ 111b Abs. 5, l l l e , 111g bis l l l i zur Verfügung gestellt, um diesen Anspruch realisieren zu können. 3 4 3 Wie dargelegt 344 , müssen dann auch für die Zulassung in § 111g die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB erfüllt sein. Wird nämlich ein solcher Tatgewinn auf Kosten eines individuellen, durch das übertretene Strafgesetz geschützten Opfers gemacht, diesem also der Tatgewinn auf Grund der Tatbegehung entzogen, so wird damit zwangsläufig zugleich ein Vermögensnachteil des Opfers bewirkt. In einem solchen Fall entsteht dem verletzten Tatopfer auf Grund der Tatbegehung regelmäßig ein Anspruch auf Ausgleich des erlittenen Nachteils. Dieser wird entweder darauf gerichtet sein, den erlangten Vermögensvorteil dem ursprünglichen Zustand wieder zuzuführen, oder eine Kompensation für das Minus zu erlangen, welches durch die Entziehung des Tatgewinns entstanden ist. Der Bestohlene oder Betrogene hat immer einen Ausgleichsanspruch, mit dem er das auf seine Kosten Gestohlene, den Betrugsschaden, nach Anfechtung oder Kündigung das aufgrund der Betrugstäuschung Verfügte 3 4 5 oder jedenfalls dessen jeweiligen Wert wieder zurückfordert. Dem 339

BGH NStZ 1994, 123 (124); LK-Schmidt, § 73, Rn. 19; § 73a, Rn. 6, 8. LK-Schmidt, § 73a, Rn. 5. 341 BGH NJW 2001, 693 (693); NStZ 1994, 123 (124); LK-Schmidt, § 73, Rn. 26. 342 Vgl. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 22; LK-Schmidt, § 73, Rn. 40; BGH NJW 1989, 2139 (2139); Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 7; Kaiser ZRP 1999, 144 (147). 343 AK-Achenbach, vor §§ l l l b - l l l n , Rn. 10. 344 s.o. unter C., I., 1., c), bb), (1), (a). 340

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

entzogenen, auf Grund der Tat erlangten Tatgewinn stehen also immer auch auf Grund der Tat entstandene Ausgleichsansprüche gegenüber. 346 Deshalb beruht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB darauf, dass der aus der Tat erlangte Vermögensvorteil gewissermaßen belastet ist mit den aus der Tat dem Verletzten erwachsenen vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüchen, die im Falle ihrer Realisierung den erlangten Vorteil mindern oder beseitigen. Weil diese Individualansprüche aber einer Abschöpfung des Erlangten zu Gunsten des Staates vorgehen, soll die Aussparung des Verfalls dieser Vermögensvorteile verhindern, dass dem Täter gerade die Mittel entzogen werden, die er zur Befriedigung der Ansprüche des Verletzten benötigt. 3 4 7 D.h., das schutzwürdige Interesse des Verletzten am Ausgleich des ihm durch die Tat zugefügten Vermögensnachteils rechtfertigt es, dass dem Staat insoweit der Zugriff auf den Tatgewinn verwehrt w i r d . 3 4 8 § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hat also die Funktion, dass dem Verletzten mit seinem auf Grund der Tat entstandenen Anspruch der Zugriff gerade auf dieses Vermögen zwecks Ausgleichs eröffnet bleibt. 3 4 9 Dementsprechend ist der Anspruch i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und des § 111g Abs. 2 Satz 3 „aus der Tat erwachsen", wenn er aufgrund des der Straftat zu Grunde liegenden Geschehens zur Entstehung gelangt ist und nicht auf nachträglichen Absprachen beruht oder aus Sachverhalten stammt, die in keinem Zusammenhang mit der Straftat stehen. 350 Dazu gehören entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschriften auch solche Ansprüche des Verletzten, die in Verbindung mit z.B. einer Anfechtung, Kündigung oder Genehmigung auf dem der Straftat zu Grunde liegenden Geschehen beruhen. 351 Diese Ansprüche existieren allerdings auch erst im Falle der erfolgten Anfechtung, Kündigung oder Genehmigung, d.h., sie sind daher auch erst dann bei § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu berücksichtigen 3 5 2 . Die bloße Vermutung oder Annahme, Geschädigte könnten z.B. das 345 Vgl. Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 25; OLG Schleswig wistra 2001, 312 (313); Goos wistra 2001, 313 (313). 346 Vgl. Eser, S. 294; Güntert, S. 69 f.; Protokolle V, S. 542. 347 Vgl. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21; Eser, S. 295; Protokolle V, S. 542. 348 BGH NJW 1981, 1457 (1457). 349 BGH NJW 2001, 693 (694). 350 So auch BGH NJW 2001, 693 (694); NK-Herzog, § 73, Rn. 16; Schänke/ Schröder-Eser, § 73, Rn. 25; LK-Schmidt, § 73, Rn. 40; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 2; Hildenstab, S. 108; Strüwer, S. 183; HK-Kurth, § 403, Rn. 2; KK-Engelhardt, § 403, Rn. 2. 351 Zutreffend Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 25; OLG Schleswig wistra 2001, 312 (313); Goos wistra 2001, 313 (313); vgl. Niederschriften 12, S. 208. 352 Ebenso Goos wistra 2001, 313 (313); a.A. OLG Schleswig wistra 2001, 312 (313).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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betrügerische Rechtsgeschäft anfechten, kann hierfür nicht genügen. Denn ohne eine Ausübung des Gestaltungsrechts sind die Ansprüche vorher gar nicht existent, bestehen also nicht und sind deshalb nicht rechtlich durchsetzbar, was für deren Berücksichtigung jedoch unabdingbar i s t . 3 5 3 Schließlich muss der Anspruch - wie festgestellt 354 - aus derjenigen Tat i.S.d. § 264 stammen, die Anlass zur Beschlagnahme gewesen ist. bb) Art der in Betracht kommenden Ansprüche Daraus folgt weiter, dass eine Verfallsanordnung des Staates immer dann nicht in Betracht kommt, wenn i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB solche Ausgleichsansprüche des Verletzten bestehen, die den konkret erlangten Tatgewinn oder dessen entsprechenden Wert beim Täter wieder abschöpfen. Es wird also nur ein solcher Ausgleichsanspruch für den Verfallsausschluss anerkannt, dessen Erfüllung so gewissermaßen zu einer Rückgängigmachung einer zuvor auf Kosten des Verletzten erfolgten Vermögensverschiebung führt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird oder eine Kompensation des erlittenen Minus erfolgt. 3 5 5 Existieren dagegen lediglich Ersatzansprüche, bei denen es keinen zuvor auf Kosten des Verletzten vom Täter erlangten Tatgewinn und damit auch keinen dadurch entstandenen Vermögensnachteil gibt, so können diese Ansprüche den Tatgewinn oder dessen noch vorhandenen Wert beim Täter gar nicht entziehen. Sie werden deshalb von vorneherein nicht als Ausgleichsansprüche i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB berücksichtigt. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und § 11 l g Abs. 2 Satz 3 setzen also voraus, dass der vorrangige Ausgleichsanspruch auf eine vorherige Vermögensverschiebung zu Lasten des Verletzten und zu Gunsten des Täters zurückgeht. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich demnach auf Sachlagen, bei denen der erzielte Tatgewinn gerade die Kehrseite der Schädigung eines Individualrechtsguts bildet. Dass der Ausgleichsanspruch auf eine zuvor durch die Tat erfolgte „Vermögensverschiebung" zurückgehen, also auf Rückerstattung des erlangten Etwas oder dessen Wert beim Täter gerichtet sein muss, zeigt sich auch in der Systematik der Zurückgewinnungshilfe. Nach § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 können der zuvor erlangte Tatgewinn und dessen Surrogate als Verfallsgegenstände zur Sicherung der Ausgleichsansprüche des Verletzten beschlagnahmt werden, auf die dieser dann nach § 111g zugreifen kann und 353

BGH bei Holtz MDR 1986, 794; Goos wistra 2001, 313 (313). s.o. unter C., III., 1., a). 355 Ähnlich Wolters, S. 110, 72 f.; Käbisch wistra 1984, 10 (14); NK-Herzog, § 73, Rn. 16. 354

11 Hees

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

so eine Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung erfolgt. Nach § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 können auch wegen des Verfalls von Wertersatz, z.B. bei ersparten Aufwendungen des Täters, seine Vermögenswerte zur Sicherung der Ausgleichsansprüche des Verletzten arrestiert werden, auf die dieser dann nach § 111h zur Kompensation zugreifen kann. Existieren dagegen zwar auch aus der Tat stammende Ersatzansprüche des Verletzten, ohne dass diesen ein entsprechender, aus der Tat auf Kosten des Verletzten erzielter Tatgewinn gegenübersteht, so würde eine Beschlagnahme oder Arrestierung im Wege der Zurückgewinnungshilfe zur Sicherung dieser Ansprüche nicht erfolgen. Unter die Ansprüche i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, § 111g Abs. 2 Satz 3 fallen folglich nur solche aufgrund der Tat zur Entstehung gelangte Ansprüche, die auf eine Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert beim Täter gerichtet sind. Ansprüche dagegen, die nicht auf eine Vermögensverschiebung zurückgehen, weil es an einem auf Kosten des Verletzten erlangten Tatgewinns fehlt, fallen nicht darunter. 356 cc) In Betracht kommende Anspruchsgrundlagen § 111g Abs. 2 Satz 3 und § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB machen schließlich nach ihrem Wortlaut keine Vorgaben oder Beschränkungen dahingehend, auf welcher Rechtsgrundlage der Ausgleichsanspruch des Verletzten zu beruhen hat und wonach die Rückerstattung abzuwickeln ist. Nach dem Sinn und Zweck der beiden Vorschriften, den Verletztenansprüchen generell den Vorrang vor einer staatlichen Gewinnabschöpfung zu gewähren und zugleich den Verletzten bei dessen außerstrafrechtlichem Bemühen mit dem Ziel der Schadloshaltung zu unterstützen, beziehen sich diese auf Ausgleichsansprüche schlechthin und unterliegen hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen keiner Beschränkung. Deshalb kommen hierfür sowohl zivilrechtliche Ansprüche wie z.B. Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Abs. 1 u. 2, 826 BGB, Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus §§ 812, 816 BGB, Ansprüche auf Herausgabe aus § 985 BGB als auch öffentlich-rechtliche Ansprüche jeder Grundlage in Betracht. 357

356

Ebenso Tröndle/Fischer, § 73, Rn. 12; SK-Horn, StGB, § 73, Rn. 18; Strüwer, S. 183; Kaiser ZRP 1999, 144 (147); ähnlich Eser, S. 294 f.; Güntert, S. 69 f.; AK-Achenbach, vor §§ l l l b - l l l n , Rn. 10; Schmitt, in: Noll-GedS, S. 299. 357 So auch BGH NJW 2001, 693 (694); OLG Hamm wistra 1999, 278 (279); LR-Schäfer, § 111g, Rn. 3; Lackner/Kühl-Lackner, § 73, Rn. 6; vgl. auch Niederschriften 12, S. 208; BT-Drucks. IV/650, S. 241.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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dd) Zwischenergebnis Nach § 111g Abs. 2 Satz 3 werden Ansprüche des Verletzten jeder Rechtsgrundlage zur Zwangsvollstreckung zugelassen, die auf Grund des der Tat zu Grunde liegenden Geschehens zur Entstehung gelangt und auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet sind. Ansprüche, die nicht auf eine Vermögensverschiebung zurückgehen, weil es an einem auf Kosten des Verletzten erlangten Tatgewinns fehlt, werden nicht zugelassen.

b) Ausgesuchte Einzelfälle Die Beantwortung der Frage, ob der Anspruch i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 „aus der Straftat erwachsen" ist, wird in der Regel kaum Schwierigkeiten bereiten, wenn der Bestohlene oder Betrogene die Rückerstattung des auf seine Kosten Erlangten oder dessen Wert verlangt und deshalb zur Befriedigung auf das beschlagnahmte Erlangte oder Surrogat nach § 111g zugreift. Probleme bereiten jedoch nachfolgend ausgesuchte Einzelfälle, in denen der Verletzte wegen bestimmter Ansprüche die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 beantragt.

aa) Ansprüche des Verletzten auf Schmerzensgeld aus § 847 BGB Fraglich ist zunächst, ob bei der Tat mitverwirklichte Ansprüche auf Schmerzensgeld aus § 847 BGB nach § 111g Abs. 2 zuzulassen sind. So ist z.B. der Fall denkbar, dass der Täter einen Bankraub begeht, indem er den Bankkassierer mit schweren Verletzungen niederschießt und so anschließend von der betroffenen Bank EUR 100.000,- in bar erbeuten kann. Dem Kassierer wird wegen seiner Verletzungen ein titulierter Schmerzensgeldanspruch i.H.v. EUR 50.000,- gegen den Täter zuerkannt, während der Bank ein Ausgleichsanspruch über EUR 100.000- zusteht. Beide sind somit Verletzte, denen ihre Ansprüche aufgrund des der Tat zu Grunde liegenden Geschehens entstanden und damit aus der Straftat i.S.d. § 264 erwachsen sind. Wenn die Polizei nun bei dem Bankräuber eine mit der Beute bezahlte Limousine nach § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 beschlagnahmt, so stellt sich die Frage, ob auch der verletzte Kassierer seinen Schmerzensgeldanspruch gegen den Täter nach Pfändung der Limousine und Zulassung der Pfändung gemäß § 111g Abs. 2 aus dieser befriedigen kann. Zwar ist dem Kassierer ein Anspruch über EUR 50.000,- aus der maßgeblichen Straftat erwachsen, die Anlass für die Beschlagnahme der Limousine war. Auch würde dieser Anspruch dem Täter jedenfalls zum Teil 1*

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

den Wert der aus der Tat erlangten EUR 100.000- i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wieder entziehen. Der Schmerzensgeldanspruch des Kassierers geht jedoch nicht auf eine Vermögensverschiebung zu seinen Lasten zurück. Er ist nicht auf Rückerstattung des auf Kosten des Kassierers Erlangten gerichtet, denn der Tatgewinn wurde vom Täter ausschließlich auf Kosten der beraubten Bank erlangt. Die Beschlagnahme im Wege der Zurückgewinnungshilfe gemäß § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 erfolgte allein in das grundsätzlich dem Verfall unterliegende Surrogat der Beute aus dem Bankraub, hier der Limousine. Sie wurde also zur Sicherung der Ansprüche der Bank auf Rückerstattung der EUR 100.000,- vorgenommen. Wegen der Schmerzensgeldansprüche erfolgte die Beschlagnahme dagegen nicht, weil es hierfür an einem Verfallsgegenstand i.S.d. § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73 StGB, einer Tatbeute, fehlte. Aus diesem Grunde hätte eine Sicherstellung schon gar nicht wegen des Schmerzensgeldanspruches erfolgen können. Wäre die Beschlagnahme zunächst nach § 111b Abs. 1 nur zur Sicherung des grundsätzlich gegebenen Verfallsanspruches des Staates erfolgt, so wäre diese Sicherstellung ebenfalls nur deshalb vorgenommen worden, weil zuvor ein Vermögensvorteil auf Kosten der Bank erlangt wurde. Dass körperliche Verletzungen und immaterielle Nachteile auf Kosten des Kassierers entstanden sind, spielt demnach für die Sicherstellung überhaupt keine Rolle. Demgemäß entspricht es dem Sinn und Zweck des § 111g, wenn allein die beraubte Bank nach § 111g Abs. 2 Satz 3 darlegen darf, dass der Verfall des beschlagnahmten Gegenstandes an ihrem Rückerstattungsanspruch scheitern wird. Werden zur Schadloshaltung der Opfer die Tatgewinne und ihre Surrogate durch Beschlagnahme abgeschöpft und kann sich der Verletzte dann nach § 111g vorrangig vor Dritten daraus befriedigen, so muss verlangt werden, dass über § 111g der insgesamt abgeschöpfte Gewinn auch nur denjenigen Opfern zu Gute kommt, auf deren Kosten die Vorteile zuvor erlangt worden sind. Es ist also im Rahmen der §§ 111b ff. das Wiedergutmachungsinteresse derjenigen Opfer als besonders schutzwürdig angesehen worden, auf deren Kosten der abgeschöpfte Vermögensvorteil erlangt wurde. Dieses Interesse würde gegenüber den immateriellen Interessen eines anderen Verletzten nicht oder nur ungenügend geschützt, wenn sich ein Schmerzensgeld verlangender Verletzter, der keinen Vermögensnachteil erlitten hat, vor den in ihrem Vermögen betroffenen Tatopfern aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen dürfte. Schmerzensgeldansprüche aus § 847 BGB gehören somit mangels vorheriger Vermögensverschiebung nicht zu den privilegierten, „aus der Straftat erwachsenen Ansprüchen" i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 . 3 5 8 358

So auch Tröndle/Fischer,

§ 73, Rn. 12; Pohlmann-Wolf,

§ 60, Rn. 5.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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Gleiches gilt dann auch für Ansprüche des verletzten Kassierers auf Ersatz von Behandlungskosten und anderer Vermögensschäden wegen seiner Körperverletzungen. Solche Ersatzansprüche des Verletzten gehen ebenfalls nicht auf eine Vermögensverschiebung zurück und sind deshalb auch nicht auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet. Nur eine vorherige Vermögensverschiebung auf Kosten des Tatopfers zu Gunsten des Täters rechtfertigt es, dass der Verfall des illegitim Erlangten beim Täter ausscheidet und statt dessen mittels Zurückgewinnungshilfe über § 111g eine bevorrechtigte Befriedigung dieser Ansprüche erfolgt. Folgeansprüche wegen Körper- oder Freiheitsverletzungen werden deshalb nicht als schutzwürdig im Rahmen der §§ 11 l b ff. angesehen. Zu deren Sicherung erfolgen die Sicherstellungen nach § 111b i.V.m. §§ 73, 73d StGB mangels Verfallsgegenstandes nicht und können daher auch nicht über § 111g bevorrechtigt befriedigt werden. 3 5 9 bb) Ansprüche auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten Dem Verletzten entstehen gegen den Straftäter bei der Geltendmachung und Durchsetzung seines eigentlichen Ausgleichsanspruches regelmäßig zusätzlich Ansprüche auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten. So gut wie immer muss das Tatopfer zur erfolgreichen Titulierung seines „primären" Ausgleichsanspruches weitere Vermögenswerte aufbringen, so z.B. für die notwendige Einschaltung von Rechtsanwälten und Detektiven, für verauslagte Kosten des gerichtlichen Rechtsstreits oder des Mahnverfahrens, für die weitergehende Rechtsverfolgung wie Einholung von Privatgutachten etc. Zusätzlich fallen beim Verletzten die Kosten für die Zwangsvollstreckung in die beschlagnahmten Gegenstände an, die vor Antrag auf Zulassung nach § 111g feststehen, wenn die Zwangsvollstreckung bereits vorher erfolgt ist. Fraglich ist, ob Ansprüche auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten, die erst durch die Verfolgung des eigentlichen Ausgleichsanspruches entstehen, noch zu den aus der Tat erwachsenen Ansprüchen i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 gehören und nach Zulassung der Zwangsvollstreckung vorrangig aus den beschlagnahmten Gegenständen zu befriedigen sind. Bei diesen Ansprüchen kann man den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch sowie den Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO unterscheiden.

359 Ebenso Hilger NStZ 1982, 374 (375, dort Fn. 6); a.A. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 22; OLG Hamm wistra 1999, 278 (280).

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

(1) Prozessualer Kostenerstattungsanspruch Der prozessuale wie auch der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch sind auf Erstattung der Prozesskosten gerichtet, also der unmittelbaren Aufwendungen der Parteien für das Betreiben des Rechtsstreits im weitesten Sinne, wie alle Gerichtskosten, Anwaltskosten und weiteren Auslagen der Parteien. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch beruht auf den Vorschriften der ZPO, insbesondere den §§ 91 ff. ZPO, und kann nur in dem Rechtsstreit, in dem er entsteht, im sogenannten Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§103 ff. ZPO geltend gemacht werden. Wird der Betrag der Kosten festgesetzt, den die eine Partei der anderen zu ersetzen hat, wird für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch ein sogenannter Kostenfestsetzungsbeschluss als Vollstreckungstitel geschaffen. 360 Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entsteht als zunächst aufschiebend bedingter Anspruch bereits mit der Klageerhebung, also kraft Veranlassung, und wird mit Erlass des Kostenausspruchs und Eintritt der Rechtskraft unbedingt. 3 6 1 Demzufolge gelangt dieser Anspruch erst auf Grund der vom Verletzten eingeleiteten Klageerhebung zur Entstehung, nicht aber schon unmittelbar durch die Straftatbegehung selbst. Die Begehung des Diebstahls oder des Betruges bewirkt somit noch nicht die Anspruchsexistenz. Dennoch steht auch dieser Anspruch wie der privilegierte, „primäre" Ausgleichsanspruch des Verletzten in einem inneren Zusammenhang mit der Straftat. Die Erlangung des Tatgewinns auf Kosten des Verletzten hat erst den primären Ausgleichsanspruch gegen den Täter bewirkt. Diesen muss der Verletzte nun durch Klageerhebung geltend machen und titulieren, um auf die beschlagnahmten Gegenstände oder andere Werte des Täters zugreifen zu können. Ohne die Titulierung des aus der Tat erwachsenen Ausgleichsanspruchs könnte er sich insbesondere nicht nach § 111g befriedigen, weil der Zugriff § 111g Abs. 1 zu Folge nur im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen kann, welche einen Titel gerade voraussetzen. 3 6 2 Es handelt sich somit bei dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht um irgendeinen Anspruch ohne jeden Bezug und inneres Verhältnis zur Tat. Auch ist er nicht erst durch nachträgliche Absprachen ent360

Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, Vorbem zu § 91, Rn. 7 ff., 20; Zöller-Herget, Vor § 91, Rn. 1, 9 ff.; Stein/Jonas-Bork, vor § 91, Rn. 6 ff.; Palandt-Heinrichs, § 249, Rn. 20 ff. 361 Vgl. Zöller-Herget, Vor § 91, Rn. 10, 11; Thomas/Putzo-Putzo, Vorbem zu §91, Rn. 9-11; Musielak-Wolst, vor §91, Rn. 14; Stein/Jonas-Bork, vor §91, Rn. 13. 362 Vgl. HK-Lemke, § 111g, Rn. 2; LR-Schäfer, § 111g, Rn. 3.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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standen. Sondern er beruht in Verbindung mit der Klageerhebung auf dem der Straftat zu Grunde liegenden Geschehen. Es besteht daher kein Unterschied zu den Ausgleichsansprüchen, die erst in Verbindung mit einer Anfechtung, Kündigung oder Genehmigung zur Entstehung gelangen, aber ebenfalls als aus der Tat erwachsen anzusehen sind. 3 6 3 Auch prozessuale Kostenerstattungsansprüche sind daher auf Grund der Tat zur Entstehung gelangt. Fraglich könnte jedoch sein, ob der prozessuale Kostenerstattungsanspruch auch auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet ist, also auf eine Vermögensverschiebung zurückgeht. Der Kostenerstattungsanspruch besteht nur deshalb, weil zuvor zu Lasten des Verletzten eine Vermögensverschiebung z.B. durch Diebstahl oder Betrug erfolgt ist, die den „primären" Ausgleichsanspruch bewirkte und dessen Durchsetzung nun zu den Prozesskosten führt. Ohne einen auf Seiten des Täters erlangten Tatgewinn würde es den eigentlichen Ausgleichsanspruch und damit auch den Anspruch auf Erstattung der bei seiner Geltendmachung entstandenen Kosten nicht geben. Ausgleichsanspruch und Kostenerstattungsanspruch gehen somit beide auf die zuvor eingetretene Vermögensverschiebung zurück. Anders als der primäre Ausgleichsanspruch kann der Kostenerstattungsanspruch jedoch selbst nicht mehr auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet sein, sondern nur auf die Erstattung von Kostenpositionen. Nach Sinn und Zweck des § 111g bedeutet dies aber nicht, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nicht mehr zu den privilegierten, vorrangig zu befriedigenden Ansprüchen gehört bzw. gehören darf. Mit § 111g wollte der Gesetzgeber das Ziel der Neuregelung der §§ 111b ff., die Schadloshaltung des Verletzten sicherzustellen, verwirklichen 3 6 4 , indem dies dem Verletzten den vorrangigen Zugriff auf die beschlagnahmten Gegenstände wegen seiner aus der Tat erwachsenen Ansprüche ermöglichte. Grund und Rechtfertigung dieser vorrangigen Befriedigung des Verletzten liegt darin, dass das Interesse der Opfer an der Wiedergutmachung des erlittenen Vermögensnachteils, auf deren Kosten der Vermögensvorteil erlangt wurde, im Rahmen der §§ 111b ff. als besonders schutzwürdig angesehen wurde. Wird somit das Interesse des Verletzten am Ausgleich seines durch die Tat erlittenen Vermögensnachteils in § 111g geschützt, so muss der Schutz dieses Interesse dann auch die Vermögensnachteile einschließen, die zur Schadenswiedergutmachung notwendig sind. Ein Auseinanderfallen von Ausgleichsanspruch und Kostenerstattungsanspruch würde dem Ziel der §§ 111b ff., dem Verletzten bei seinem Bemühen um Wiedergutmachung 363 364

s.o. unter C., III., 3., a), aa). Protokolle 7, S. 652 Ii. Sp.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

des erlittenen Nachteils helfend zur Seite zu treten, widersprechen. Die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen bedingt immer auch den Einsatz weiterer finanzieller Mittel, um sich am Ende aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen zu können. Erst der Einsatz dieser Kosten führt also dazu, dass der privilegierte Ausgleichsanspruch nach § 111g durchgesetzt werden kann. Es wäre daher mit dem in § 111g beabsichtigten Opferschutz nicht vereinbar und unverständlich, wenn sich der Verletzte nicht auch wegen des prozessualen Kostenerstattungsanspruches an die beschlagnahmten Werte halten dürfte. Da zwischen dem Kostenerstattungsanspruch und dem nach § 111g privilegierten Ausgleichsanspruch ein solch enger Zusammenhang besteht, ist nach dem Sinn und Zweck des § 111g der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ebenfalls zu privilegieren. Der durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Verletzten gehört deshalb ebenfalls zu den nach § 111g bevorrechtigt zu befriedigenden, „aus der Tat erwachsenen Ansprüchen" i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3, wenn sie bei der Geltendmachung und Durchsetzung der privilegierten Ausgleichsansprüche entstanden sind. 3 6 5 (2) Materiell-rechtlicher

Kostenerstattungsanspruch

Der ebenfalls auf Erstattung der Prozesskosten gerichtete materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch beruht im Gegensatz zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch auf einer eigenen materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage. Er wird in einem eigenen Rechtsstreit geltend gemacht und mit dem so erlangten Titel im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt. Allerdings ist eine solche Klage wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, soweit sich der materielle Anspruch mit dem prozessualen deckt und auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden kann. Sein Anwendungsbereich beschränkt sich daher auf sogenannte Vorbereitungskosten. 366 Ist der Täter dem Verletzten auf Grund der begangenen Tat bereits zum Schadensersatz z.B. aus § 823 BGB verpflichtet, so können auch die 365

Ebenso OLG Düsseldorf MDR 1992, 986, welches allerdings den mit einem Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten prozessualen Kostenerstattungsanspruch als materiellen Anspruch mit eigener Ersatzpflicht aus § 249 BGB ansah; ihm folgend OLG Hamm wistra 1999, 278 (280); SK-Rudolphi, § 111g, Rn. 3; Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 111g, Rn. 2; Pfeiffer, § 111g, Rn. 1; KK-Nack, § 111g, Rn. 2; Kochheim, S. 18. 366 Zu den Einzelheiten vgl. Thomas/Putzo-Putzo, Vorbem zu § 91, Rn. 13 ff.; Zöller-Her get, Vor § 91, Rn. 11 ff.; Stein/Jonas-Bork, vor § 91, Rn. 14 ff.; PalandtHeinrichs, § 249, Rn. 20 ff.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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Kosten für die Rechtsverfolgungsmaßnahmen des Verletzten von der Ersatzpflicht des Täters mitumfasst sein, sofern sie mit dem schädigenden Ereignis in einem adäquaten Ursachenzusammenhang stehen und in den Schutzbereich der verletzten Norm fallen, also Teil des aus der Verletzungshandlung adäquat verursachten Schadens sind. 3 6 7 Kosten, die durch die Geltendmachung eines nicht auf Schadensersatz gerichteten Anspruches entstehen, kann der Verletzte z.B. unter den Voraussetzungen der unerlaubten Handlung wie § 823 BGB ersetzt verlangen 368 , so dass auch hier eine Ersatzpflicht der Rechtsverfolgungskosten bei einem adäquaten Ursachenzusammenhang mit der eigentlichen Tatbegehung bestehen kann. Demnach sind die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche bereits i. S. d. § 11 l g Abs. 2 Satz 3 aufgrund des der Straftat zugrunde liegenden Geschehens entstanden. Zudem gehen sie, wenn die Rechtsverfolgungskosten zur Geltendmachung des eigentlichen Ausgleichsanspruches notwendig entstanden sind, zugleich auch immer auf eine Vermögensverschiebung zurück Auch wenn diese Ansprüche ebenso wie der prozessuale Kostenerstattungsanspruch selbst nicht auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet sind, so besteht zwischen dem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und dem primären Ausgleichsanspruch ein solch enger Zusammenhang, dass diese Ansprüche aus den gleichen Gründen wie die prozessualen Kostenerstattungsansprüche nach dem Sinn und Zweck des § 111g zur Zwangsvollstreckung nach § 111g zuzulassen sind. Es gilt das dort bereits Gesagte entsprechend. 369 Materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche von Verletzten gehören deshalb ebenfalls zu den nach § 111g bevorrechtigt zu befriedigenden, „aus der Tat erwachsenen Ansprüchen" i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3, wenn die Kosten bei der Geltendmachung und Durchsetzung der privilegierten Ausgleichsansprüche entstanden sind. 3 7 0 (3) Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung Betreibt der Verletzte wegen seiner aus der Tat erwachsenen Ansprüche die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in die beschlagnahmten Gegenstände, so entstehen ihm hierbei weitere Kosten. Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind die Aufwendungen des Verletzten, die aus Einlei367

Ρalandt-Heinrichs, § 249, Rn. 18, 20; Stein/Jonas-Bork, vor § 91, Rn. 15. Palandt-Heinrichs, § 249, Rn. 20; BGHZ 111, 168 (172); Musielak-Wolst, vor § 91, Rn. 15. 369 s.o. unter C., III., 3., b), bb), (1). 370 So wohl auch OLG Düsseldorf MDR 1992, 986; Pfeiffer, § 11 lg, Rn. 1. 368

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

tung und Durchführung der Vollstreckung entstehen, wie z.B. für die Einschaltung eines Rechtsanwalts, eines Gerichtsvollziehers oder des Vollstreckungsgerichts. 371 Nach § 788 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung, die durch den Beginn oder danach entstehen, unter Einschluss der Kosten von Vollstreckungsmaßnahmen zu erstatten. 372 Diese werden dann gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. mit dem vollstreckbaren Anspruch auf Grund des bestehenden Vollstreckungstitels beigetrieben oder sonst gemäß § 788 Abs. 2 auf Antrag festgesetzt. Demgemäß entstehen auch die Kosten der Zwangsvollstreckung und ihre Erstattungspflicht erst kraft Veranlassung des Verletzten und damit nicht unmittelbar aufgrund der Tatbegehung des Straftäters. Aus den gleichen Gründen wie beim prozessualen Kostenerstattungsanspruch 373 steht jedoch auch die Kostenerstattungspflicht aus § 788 ZPO mit der Straftatbegehung und dem dadurch begründeten, auf eine Vermögensverschiebung zurückgehenden Ausgleichsanspruch in einem so engen Zusammenhang, dass der Anspruch auf Erstattung der Zwangsvollstreckungskosten nach dem Sinn und Zweck des § 111g ebenfalls als aus der Straftat erwachsener Rückerstattungsanspruch i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 anzusehen ist. Die anspruchsbegründende Kostenpflicht des Straftäters aus § 788 ZPO gegenüber den Verletzten gehört daher zu den nach § 111g bevorrechtigt zu befriedigenden, „aus der Tat erwachsenen Ansprüchen" i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3, wenn die Kosten bei der Zwangsvollstreckung der privilegierten Ausgleichsansprüche entstanden sind. cc) Ansprüche des Verletzten, die Gegenstand der Straftat sind Schließlich ist zu untersuchen, ob Ansprüche des Verletzten, die bereits vor der einschlägigen Straftat bestehen, aber Gegenstand der Tat sind, noch zu den privilegierten Ansprüchen i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 gehören. (1) „Aus der Tat erwachsen"? Zunächst ist fraglich, ob solche Ansprüche i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 bzw. i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 StGB „aus der Tat erwachsen" sein können. So ist zum einen bei den Steuerstraftaten der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO 1977 und des Bannbruchs gemäß § 372 AO 1977 fraglich, ob dem Steuerfiskus dabei die Steueransprüche aus diesen Straftaten erwach371 372 373

Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, § 788, Rn. 2; Zöller-Stöber, Vgl. Thomas/Putzo-Putzo, § 788, Rn. 5; Zöller-Stöber, s.o. unter C., ΙΠ., 3., b), bb), (1).

§ 788, Rn. 3. § 788, Rn. 3.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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sen. Steueransprüche entstehen gemäß §§ 38, 40 AO 1977 allgemein bereits aufgrund der Verwirklichung von Steuertatbeständen, nicht aber erst infolge der verwirklichten Steuerstraftatbestände in den §§ 369 ff. AO 1977, denn durch diese Straftaten wird der bereits bestehende Steueranspruch nur verkürzt. Eine Literaturmeinung vertritt deshalb die Auffassung, Steueransprüche des verletzten Fiskus könnten nicht i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB „aus der Tat erwachsen", weil sie nicht aus der Straftat selbst, sondern kraft Gesetzes aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen würden. Sie seien deshalb im Gegenteil nur Objekt der Straftat. Die Hinterziehung von Steuern begründe weder einen Schadensersatzanspruch, noch ändere die Tat etwas am Bestand der originären Steuerforderung. Es werde somit ein Anspruch durch die Tat nur „verkürzt", statt dass er durch die Tat „erwächst". 3 7 4 Daher seien die Verfallsvorschriften im Steuerrecht umfassend anwendbar. 375 Die aufgeworfene Frage stellt sich zum anderen auch dann, wenn z.B. das Tatopfer betrügerisch daran gehindert wird, gegenüber dem Täter seine bereits bestehenden zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen 3 7 6 , oder wenn eine gegen den Täter bestehende Forderung als Ergebnis sonstiger Manipulationen vom Tatopfer nicht eingezogen w i r d 3 7 7 . Den vorgenannten Fällen ist gemeinsam, dass hier der Täter durch die Steuerhinterziehung, den Schmuggel oder die Täuschung über die Existenz bestehender Forderungen keinen direkten Tatgewinn i.S.d. § 73 StGB erlangt, sondern vielmehr nur eigene Aufwendungen erspart. Er erlangt damit aber geldwerte Vorteile anderer Art, die dann unmittelbar dem Verfall von Wertersatz nach § 73a Satz 1 1. Alt StGB unterliegen. 378 Die auf Ausgleich dieser geldwerten Vorteile gerichteten Ansprüche der Verletzten bestehen demzufolge bereits vor und unabhängig von der eigentlichen Steuer- oder Betrugsstraftat und sind lediglich ihr Gegenstand. 379 Hier gelangt der 374 So Bender ZfZ 1978, 268 (268); SK-Horn, StGB, § 73, Rn. 17; Leise-Dietz, § 369, Rn. 105; Schultehinrichs, S. 72; Dörn wistra 1990, 181 (182); unklar Klein/ Gast-de Haan, § 370, Rn. 114. 375 Schultehinrichs, S. 75; im Ergebnis auch F ranzen/Gast/Joecks-Joecks, § 401, Rn. 4. 376 Vgl. BGH NJW 2001, 693 (694); auch BayObLG NStZ 2000, 537 (537). 377 Vgl. Meurer NStZ 1991, 438 (439). 378 Ebenso LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); Meurer NStZ 1991, 438 (439); Kohlmann, Vorb. § 369, Abschnitt B, Rn. 259.3; Schultehinrichs, S. 69 f.; Klos wistra 1987, 121 (122); LK-Schmidt, § 73a, Rn. 5; unzutreffend Käbisch wistra 1984, 10 (13), der die Vorschrift des § 73a Satz 1 1. Alt. verkennt, wenn er diese für nicht anwendbar hält, weil es an einem ursprünglich aus der Steuerhinterziehung zuordnenbaren Verfallsobjekt fehle; unzutreffend auch Pf äff DStZ 1979, 363 (367), der statt Verfall von Wertersatz Surrogatsgegenstände als Verfallsobjekte annimmt. 379 So auch BGH NJW 2001, 693 (694); Meurer NStZ 1991, 438 (439); BayObLG NStZ 2000, 537 (537); Schultehinrichs, S. 71 f.; F ranzen/Gast/JoecksJoecks, § 370, Rn. 23.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

jeweilige Anspruch nicht erst aufgrund des der Steuer- oder Betrugsstraftat zu Grunde liegenden Geschehens zur Entstehung und ist damit Folge der Tat, sondern war bereits vor der Tat existent. Um derlei Ansprüche dennoch als „aus der Tat erwachsen" in den Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einbeziehen zu können, hat das LG Berlin die Auffassung vertreten, die Entstehung der Steuerschuld, also des Steueranspruches, bilde mit ihrer in der Regel nachfolgenden Verkürzung gemäß § 370 AO 1977 einen einheitlichen geschichtlichen Vorgang und stehe mit ihr in einem untrennbaren Zusammenhang, weshalb der Anspruch noch aus der Tat i.S.d. § 264 stamme. 380 Eine prozessuale Tat i.S.d. § 264 liegt allerdings nur dann vor, wenn das gesamte Verhalten des Täters nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt, wofür entscheidend ist, ob nach den Umständen des Einzelfalles ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. 381 Während der Steueranspruch bereits durch die Erwirtschaftung verwirklicht ist, was mitunter schon Jahre zurückliegen kann, beginnt die eigentliche Steuerstraftat nach § 370 AO 1977 erst z.B. mit der Einreichung der unrichtigen Steuererklärung, mit dem sonstigen Machen von Angaben oder mit der Pflichtwidrigkeit, steuerlich erhebliche Tatsachen nicht mitzuteilen. 3 8 2 Zwar besteht ein Zusammenhang zwischen Anspruch und Steuerstraftat, weil der Anspruch Gegenstand der Verkürzung ist. Dennoch fehlt es hier dann an einem einheitlichen, inhaltlich zusammenhängenden Lebensvorgang, wenn der Steueranspruch zu einem Zeitpunkt vor der Steuerverkürzung entstanden ist, ohne dass hier bereits objektiv und subjektiv zur Verwirklichung des Steuerstraftatbestandes unmittelbar angesetzt worden ist. Solange aber die eigentliche Steuerstraftat noch nicht begonnen wurde, solange kann auch kein Anspruch aus dieser Tat entstanden sein. Gleiches gilt für die Fälle, in denen der Verletzte betrügerisch oder manipulatorisch daran gehindert wird, seine Forderungen durchzusetzen. Hier kann die Forderung schon lange und völlig unabhängig von dem späteren Geschehen bestehen, bevor der Täter überhaupt den Vorsatz fasst, zu täuschen, und dann auch erst zur Tatbestandsverwirklichung ansetzt. Auch hier kann dann der bereits vor der Tatbestandsverwirklichung bestehende Anspruch nicht mehr aus der Tat erwachsen sein. D.h., der Anspruch des Verletzten erwächst in diesen Fällen allenfalls unter bestimmten Umständen ausnahmsweise, i.d.R. jedoch nicht aus der prozes380

LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); zustimmend Kohlmann, Vorb. § 369, Abschnitt B, Rn. 259.2; kritisch Dörn wistra 1990, 181 (182). 381 Vgl. BGHSt 32, 215 (216); BGH NJW 1992, 1776 (1777); Kleinknecht/ Meyer-Goßner, § 264, Rn. 2; HK-Juli us, § 264, Rn. 2; Pfeiffer, § 264, Rn. 2. 382 Vgl. Käbisch wistra 1984, 10 (11); Klein/Gast-de Haan, § 370, Anm. 26, 39; Franzen/Gast/Joecks-Joecks, § 370, Rn. 23, 119 ff., 132, 155 ff.; Schultehinrichs, S. 69.

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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sualen Tat i.S.d. § 264, wenn er lediglich ihr Gegenstand ist. 3 8 3 § 111g Abs. 2 Satz 3 setzt jedoch einen solchen Ursprung aus der Tat gerade 384

voraus. Der in solchen Fällen gemäß § 73a Satz 1 1. Alt StGB in Betracht kommende Verfall von Wertersatz könnte dennoch an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitern, wenn auch die bereits vor der Straftat existierenden Ansprüche noch als „aus der Straftat erwachsene" Ansprüche des Verletzten im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden können. Nach dem Gesetzeswortlaut muss der Anspruch des Verletzten aus der Tat erwachsen sein. Dem lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB damit restriktiv und ausnahmslos nur solche Ansprüche erfassen sollte, die erst auf Grund des der Straftat zu Grunde liegenden Geschehens zur Entstehung gelangt sind. Würde man solche Ansprüche nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbeziehen, bei denen der Anspruch bereits vor der strafbaren Handlung bestanden hat, so würden in diesen Fällen auch die Verletzten mit ihren Ansprüchen außen vor bleiben, deren Vermögensinteressen gerade durch das verletzte Strafgesetz geschützt werden. 385 Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist es aber, den Individualansprüchen der aus der Straftat Verletzten den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zu Gunsten der Staatskasse einzuräumen und solches Vermögen vor Verfall zu schützen, in das der durch die Straftat Verletzte vollstrecken könnte. 3 8 6 Dem Täter sollen also nicht die Mittel entzogen werden, die er zur Befriedigung der Verletztenansprüche benötigt. 3 8 7 Diese Funktion kann die Vorschrift aber nicht erfüllen, wenn solche Forderungen, die bereits vor der Tat zur Entstehung gelangt und nur ihr Gegenstand sind, nicht in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB miteinbezogen werden. 388 Zudem ist die Intention des Gesetzgebers zu beachten, gemäß dem Grundgedanken des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zugleich sicherzustellen, dass der Täter auf keinen Fall zweimal zahlen muss, nämlich durch den Verfall und außerdem noch durch die Erfüllung des Ausgleichsanspruches. 389 Eine solche Doppelbelastung des Betroffenen würde aber stattfinden, wenn der Verfall von Wertersatz der vom Täter ersparten Aufwendungen ausgespro383 Davon ebenfalls ausgehend BGH NJW 2001, 693 (694); Meurer NStZ 1991, 438 (439). 384 s.o. unterC., ΙΠ., 1., a). 385 BGH NJW 2001, 693 (694). 386 Vgl. LK-Schmidt, § 73, Rn. 34; LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21; Lührs GRUR 1994, 264 (266). 387 Ebenso BGH NJW 2001, 2560 (2563). 388 Zutreffend BGH NJW 2001, 693 (694); Meurer NStZ 1991, 438 (439); BayObLG NStZ 2000, 537 (537); Kohlmann, Vorb. § 369, Abschnitt B, Rn. 259.2.

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C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

chen würde, zugleich aber der Verletzte seine Steueransprüche oder Forderungen weiter geltend macht, wovon gerade beim Steuerfiskus ausgegangen werden kann. 3 9 0 Es darf deshalb nicht dazu kommen, dass konkurrierende Ansprüche einmal des Justizfiskus nach § 73 StGB und zum anderen des Steuerfiskus hinsichtlich der verkürzten Steuerbeträge bestehen. 391 Dass diese Ansprüche von Verletzten den Vorrang vor dem Verfall genießen und nach den Vorschriften über die Zurückgewinnungshilfe in den §§ 111b ff. bevorrechtigt zu behandeln sind, rechtfertigt schließlich auch das schutzwürdige Interesse der Verletzten an einer Wiedergutmachung des durch die Tat erlittenen Vermögensnachteils. Indem der Verletzte seine Steueransprüche oder Forderungen auf Grund der Steuerverkürzungs- oder Täuschungshandlungen des Täters nicht mehr geltend macht, verschlechtert sich sein Vermögen um den Wert der existierenden Forderung. Bei der betrügerischen Verhinderung der Geltendmachung einer bestehenden Forderung ist anerkannt, dass sich hier die Verschlechterung bzw. Gefährdung der Vermögensposition des Getäuschten soweit manifestiert, dass mit der Betrugstat neben der eigentlichen Forderung sogar ein Schaden mit einem dann eigenständigen Ersatzanspruch aus der Tat eintritt. 3 9 2 Die aufgrund einer Straftat erfolgende Nichtgeltendmachung von existierenden Ansprüchen ist daher mit dem Erleiden eines unmittelbaren Vermögensnachteils z.B. durch einen Diebstahl oder Raub vergleichbar. Die Straftat bewirkt einen Vermögensnachteil beim Verletzten. 393 Diesem Nachteil auf Seiten des Verletzten steht die auf dessen Kosten ersparte Aufwendung als Vorteil im Vermögen des Täters spiegelbildlich gegenüber. Die Geltendmachung des bereits bestehenden Steueranspruches oder die Forderung des Verletzten, die Gegenstand des Betrugs oder einer anderen Manipulation ist, kann diesen zunächst erlangten Vorteil dabei wieder abschöpfen und beseitigen. 394 Zwischen der Straftat, dem dadurch erlangten Vorteil und dem auf Ausgleich des Nachteils gerichteten Anspruch besteht deshalb eine so zwingende innere Verknüpfung, dass auch Ansprüche, die zunächst nur Gegenstand der Tat sind, nach dem Schutzzweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einzubeziehen sind. 3 9 5 Es handelt sich daher hier zwar nicht 389

Vgl. Protokolle V, S. 995; BGH NJW 2001, 2560 (2563); OLG Karlsruhe NJW 1982, 456 (457); LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21, 25; Güntert, S. 76; Lenz, S. 223 (Fn. 22); Lührs GRUR 1994, 264 (266). 390 BGH NJW 2001, 693 (694); BayObLG NStZ 2000, 537 (537); LG Aachen NJW 1978, 385 (385). 391 Suhr-Bilsdorfer, Rn. 152. 392 Vgl. Schönke/Schröder-Cramer, § 263, Rn. 144. 393 Ebenso PfqffDStZ 1979, 363 (367). 394 Vgl. LG Aachen NJW 1978, 385 (385). 395 Ebenso BGH wistra 2001, 295 (297); NJW 2001, 2560 (2562).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

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um eine tatsächliche, aber um eine in ihrer Wirkung gleichgelagerte Vermögensverschiebung, die durch die Einbeziehung der bereits bestehenden Ansprüche des Verletzten in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und § I I l g Abs. 2 Satz 3 wieder ausgeglichen werden muss. Käbisch und Schultehinrichs meinen dagegen, in der Zurückgewinnungshilfe nach §§ 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, l l l d könne der Steueranspruch des Staates nicht berücksichtigt werden. 3 9 6 Die Zurückgewinnungshilfe in §§ 111b ff. und § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bedeute, dass ein beim Verletzten eingetretener Vermögensverlust durch „Rückholung des Vermögensanteils beim Straftäter" wieder ausgeglichen werden solle. Die Interessen des Steuerfiskus lägen dagegen allein darin, seinen originären Steueranspruch erstmalig durchzusetzen, nicht aber durch die Straftat vorher verlorene Vermögenswerte zurückzuholen. Deshalb decke sich die Zielsetzung des §§ 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, l l l d nicht mit der Interessenlage der Finanzbehörde, was ebenfalls dafür spreche, dass Steueransprüche dem Verfall unterliegen. 397 Diese Ansicht übersieht zunächst, dass in der Regel die Motivationslage des Steuerfiskus genau darauf gerichtet sein wird, durch Geltendmachung des originären Steueranspruches die im Wege der Steuerverkürzung erlangte vermögensmäßige Besserstellung des Täters abzuschöpfen, wobei es dem Fiskus nicht darauf ankommen wird, auf welche Weise der Vorteil wieder abgeschöpft wird. Dem Steuerfiskus wird es daher sogar recht sein, durch Maßnahmen der Zurückgewinnungshilfe nach §§ 111b Abs. 5, 111g die Durchsetzung seines originären Steueranspruches zu sichern, so dass sich seine Interessenlage sehr wohl mit denen der Zurückgewinnungshilfe decken wird. Vor allem aber verkennt diese Ansicht, dass die Zurückgewinnungshilfe nicht nur dem Verfall unterliegende, „rückholbare" Beutegegenstände, sondern über § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 gerade auch solche Vermögenswerte erfasst, die - wie hier ersparte Aufwendungen - dem Verfall von Wertersatz unterliegen. Auch in diesen Fällen können also legale Werte des Täters gesichert und dem Verletzten für die Befriedigung seiner Ansprüche zur Verfügung gestellt werden. Nach dem Sinn und Zweck der §§ 111b ff., den Verletzten wegen seines schutzwürdigen Wiedergutmachungsinteresses schadlos zu stellen, muss der Verletzte daher auch die unmittelbar auf seine Kosten ersparten Aufwendungen beim Täter wieder abschöpfen, d.h. durch Kompensation „zurückholen" können. Folglich sollen entsprechend der Zielsetzung der §§ 111b ff. auch die Steueransprüche des Steuerfiskus in der Zurückgewinnungshilfe berücksichtigt und nach § 111g bevorzugt befriedigen werden, während die ersparten Aufwendungen nicht beim Täter verbleiben sollen. 396 397

Schultehinrichs, Schultehinrichs,

S. 74; Käbisch wistra 1984, 10 (14). S. 74; Käbisch wistra 1984, 10 (14).

176

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Sind also bereits vor und unabhängig von der Straftat bestehende Ansprüche des Verletzten Gegenstand der Straftat wie z.B. Steueransprüche bei Steuerhinterziehungen, so besteht ein so enger Zusammenhang zwischen der Straftat, dem Vorteil des Täters und dem auf Vörteilsabschöpfung gerichteten Anspruch des Verletzten, der es rechtfertigt, auch diese als „aus der Tat erwachsene Ansprüche" i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB anzuerkennen. 3 9 8 Von der grundsätzlich gegebenen Voraussetzung, dass der Anspruch des Verletzten aufgrund der zu Grunde liegenden Straftat i.S.d. § 264 entstanden sein muss, kann daher nach dem Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB eine Ausnahme gemacht werden. Da § 111g Abs. 2 Satz 3 von dem Grundgedanken und den Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausgeht, handelt es sich somit bei Ansprüchen, die lediglich Gegenstand der Straftat sind, ebenfalls um privilegierte Ansprüche i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 StGB. 3 9 9 (2) Zugriff

des Verletzten

auf beschlagnahmte Verfalls gegenstände?

Dennoch könnte fraglich sein, ob die Zwangsvollstreckung solcher Ansprüche gemäß § 111g Abs. 2 in die sichergestellten Gegenstände, weil beschlagnahmt, zugelassen werden kann. Denn aus der Tat erwachsen i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 StGB sind nur die Ansprüche, die aus derjenigen Straftat stammen, die Anlass zur Beschlagnahme gewesen i s t . 4 0 0 In den hier diskutierten Fällen von Straftaten, in denen die Ansprüche des Verletzten deren Gegenstand sind, erspart der Täter eigene Aufwendungen, so dass nach § 73a Satz 1 1. Alt. StGB nur der Verfall von Wertersatz in Frage kommt. 4 0 1 Gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d kann daher zur Sicherung dieser Ansprüche auch nur eine Sicherstellung durch dinglichen Arrest erfolgen. 402 Dagegen kann hier mangels konkret existierender Verfallsgegenstände niemals eine Beschlagnahme zu Gunsten der Verletzten erfolgen. Die Straftaten, um die es hier geht, können 398

So auch die h.M.: BGH NJW 2001, 693 (694); Meurer NStZ 1991, 438 (439); BayObLG NStZ 2000, 537 (537); LK-Schmidt, § 73, Rn. 41; Lackner/KühlLackner; § 73, Rn. 6; Bäckermann ZfZ 1976, 366 (368); Schönke/Schröder-Eser, § 73, Rn. 26; Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Kohlmann, Vorb. § 369, Abschnitt B, Rn. 259.2; Klos wistra 1987, 121 (123); im Ergebnis ebenso LG Berlin NStZ 1991, 437 (438); Güntert, S. 76. 399 Ebenso Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); im Ergebnis auch PfaffOStZ 1979, 363 (367). 400 s.o. unter C., ΙΠ., 1., a). 401 Vgl. Meurer NStZ 19991, 438 (439); Schultehinrichs, S. 69 f.; Klos wistra 1987, 121 (122, 123). 402 s.o. unter B., III., 2., a); vgl. Schultehinrichs, S. 70; Klos wistra 1987, 121 (124).

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

177

also für sich betrachtet nicht Anlass zu einer Beschlagnahme sein, sondern nur für einen dinglichen Arrest gemäß § l l l d . Die Regelung des § 111g gilt aber nur für Beschlagnahmen nach § 11 lc und erlaubt nur den Zugriff auf beschlagnahmte Gegenstände. Daraus könnte zu folgern sein, dass die insoweit betroffenen Verletzten mit ihren Ansprüchen gar nicht die Zulassung nach § 111g Abs. 2, sondern allenfalls die nach § 111h Abs. 2 erlangen können. Diese Folgerung trifft jedoch nur dann zu, wenn und solange die Tat i.S.d. § 264 lediglich aus der Verwirklichung nur eines Straftatbestandes entweder der Steuerhinterziehung oder z.B. des Betruges besteht und Gegenstand der Tat ein bereits bestehender Anspruch ist. Denn dann würden Beschlagnahmen wegen Vorliegens der Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz von vorneherein ausscheiden und könnten deshalb solche Ansprüche des Verletzten im Zulassungsverfahren nach § 111g Abs. 2 auch nicht geltend gemacht werden. In der Praxis sind jedoch viel häufiger Fälle anzutreffen 403 , bei denen Steuerhinterziehungen mit gewinnträchtigen Vermögensdelikten wie z.B. Betrug in ein und derselben Tat i.S.d. § 264 zusammenfallen, so dass mehreren Verletzten aus dieser einen Tat erwachsene Ansprüche zu stehen werden. Wie bereits festgestellt 404 , können alle diejenigen Verletzten eine Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 in beschlagnahmte Gegenstände erwirken, denen aus derjenigen Straftat i.S.d. § 264 ein Anspruch erwachsen ist, die Anlass zur Beschlagnahme war. Dabei erfolgt keine Beschränkung der Zulassung nur auf solche Geschädigte, denen die konkreten, beschlagnahmten Gegenstände als auf ihre Kosten erlangte Tatgewinne oder deren Surrogate zugeordnet werden können. Ist also neben anderen Vermögensdelikten z.B. auch eine Steuerhinterziehung Teil der gesamten Tat i.S.d. § 264, die Anlass zur Beschlagnahme war, so ist dem verletzten Steuerfiskus aus dieser gesamten Tat der Steueranspruch i.S.d. §§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, 111g Abs. 2 Satz 3 erwachsen. Er kann deshalb auch nach § 111g erlaubt auf beschlagnahmte Gegenstände zugreifen und sich daraus befriedigen. Diese Möglichkeit des Steuerfiskus, als Verletzter wegen seiner Steueransprüche ebenfalls am Zulassungsverfahren nach § 111g teilnehmen zu können, hat für andere, mit dem Steuerfiskus in der Zwangsvollstreckung konkurrierende Verletzte erhebliche Auswirkungen. Der Steuerfiskus kann sich in der Regel aufgrund der häufigen Beteiligung der Steuerfahndung an Durchsuchungen, aufgrund von den Ermittlern u.a. nach §§ 10 Abs. 2, 11 403

Vgl. Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; Haarmeyer, scheid. S. 103 ff. 404 s.o. unterC., III., 1., c). 12 Hees

Rn. 4 f.; vgl. auch Ehl-

178

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

Abs. 5 GwG an diesen übermittelter, steuerlich relevanter Tatsachen 405 , aufgrund evt. selbstständig nach den §§ 399 ff. AO 1977 betriebener Ermittlungsverfahren und aufgrund der gesetzlichen Möglichkeiten nach den §§ 249 ff. AO 1977 oftmals viel schneller anhand der bestehenden Informationen einen eigenen (Steuer-)Titel gegen den Täter besorgen und damit die Zwangsvollstreckung vornehmen, bevor sich „normale" Verletzte titulieren und zwangsvollstrecken können. In diesen Fällen meldet sich also der Steuerfiskus als Verletzter meist viel früher als die privaten Geschädigten und kann, da bei § 111g für die Befriedigung der Verletzten untereinander das Prioritätsprinzip maßgeblich ist, den Großteil der Beute für sich verlan-

(3) Zwischenergebnis Ansprüche des Verletzten, die bereits vorher und unabhängig von der einschlägigen Straftat bestehen, aber Gegenstand der Straftat sind, gehören ebenfalls zu den „aus der Tat erwachsenen Ansprüchen" i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3, derentwegen sich der Verletzte nach Zulassung der Zwangsvollstreckung aus den beschlagnahmten Gegenständen befriedigen kann.

4. Rechtsschutzbedürfnis des Verletzten für die Zulassung Zu dem privilegierten Personenkreis der Verletzten, der auf Antrag hin die richterliche Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111g Abs. 2 erlangen kann, gehören schließlich auch nur diejenigen Verletzten, die für die Zulassung ein Rechtsschutzbedürfnis vorweisen können. Der Verletzte muss bei seinem Antrag nach § 111g Abs. 2 ein berechtigtes Interesse daran haben, den richterlichen Zulassungsbeschluss zu erlangen. Sein Fehlen führt sonst zur Unzulässigkeit des Zulassungsantrags. 407 Die Frage, wann das Rechtsschutzbedürfnis des Verletzten an einer Zulassung nach § 111g Abs. 2 fehlt, hängt davon ab, ob der Zulassungsbeschluss noch die beiden ihm zugedachten Funktionen mit dem Ziel der Schadloshaltung des Verletzten erfüllen kann: Nämlich zum einen allein zu Gunsten des bevorrechtigten Verletzten die Beschlagnahmewirkung nach § 111g Abs. 1 einzuschränken, während anderen Gläubigern die Beschlagnahme weiter entgegensteht („Filterfunktion"); zum anderen, das Veräußerungsverbot auf den so privilegierten Verletzten 405

Näher hierzu Ehlscheid, S. 133. Vgl. Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; auch Kaiser wistra 2000, 121 (124); LKA Baden-Württemberg, S. 14, 20. 407 So auch OLG Düsseldorf NStZ 1997, 301. 406

III. Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis

179

zu erweitern, indem es zu seinen Gunsten gemäß § 11 l g Abs. 3 Satz 1 bereits ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme wirkt, um diesem eine vorrangige Befriedigung vor anderen zu ermöglichen („Vorrangfunktion"). Beide Funktionen kommen demzufolge dann zur Geltung, wenn eine Beschlagnahme der jeweiligen Gegenstände gegeben ist. Wird die Beschlagnahme nach § 111c aber aufgehoben oder sonst beendet, bevor der Zulassungsbeschluss ergangen ist, so wirkt kein Veräußerungsverbot des Staates aus § 111c Abs. 5 mehr, das es für den Verletzten über § 111g Abs. 1 mittels der Zulassung noch zu durchbrechen gilt. Die Beschlagnahme steht in diesem Falle Vollstreckungsmaßnahmen oder anderen Verfügungen des Verletzten nicht mehr entgegen. Es bedarf also nicht mehr ihrer Einschränkung zu Gunsten des Verletzten, um damit zugleich andere Gläubiger außen vor zu lassen. Folglich fällt mit Beendigung der Beschlagnahme zunächst ihre „Filterfunktion" weg. Zum anderen kann mit dem Ende der Beschlagnahme - wie bereits dargelegt 4 0 8 - das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 auch nicht mehr auf den Verletzten nach § 111g Abs. 3 Satz 1 erweitert werden. Es fehlt im Zeitpunkt einer imaginären Zulassungsentscheidung an einem Veräußerungsverbot, welches ab vollzogener Beschlagnahme noch zu seinen Gunsten „rückwirkend" gelten könnte. Die Schutzposition des Staates kann nicht mehr abgetreten werden. Dies hat zur Folge, dass sich der Verletzte nicht mehr über § 111g Abs. 3 Satz 1, 5 auf Dauer vor anderen Gläubigern befriedigen kann, wenn er nach dem Prioritätsprinzip eigentlich nachrangig ist. Ist dies mit dem Ende der Beschlagnahme nicht mehr möglich, so kann die Zulassung nicht mehr ihre „Vorrangfunktion" erfüllen. Kommen der Zulassung demzufolge die beiden ihr gesetzlich zugedachten Funktionen der Schadloshaltung des Verletzten nicht mehr zu, wenn die Beschlagnahme des jeweiligen Gegenstandes beendet ist, so fehlt jedem Antragsteller in diesem Moment das Rechtsschutzbedürfnis für den Zulassungsbeschluss. Dieser macht dann keinen Sinn mehr, so dass die Zulassungsvoraussetzungen nach § 111g Abs. 2 mit Beendigung der Beschlagnahme nicht mehr vorliegen. Der Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durch den für die Beschlagnahme nach § 111c zuständigen Richter bedarf es daher nur, wenn und solange die Beschlagnahme nach §§ 111b, 11 lc besteht. 409 Ist die Beschlagnahme aber bereits aufgehoben oder sonst beendet, fehlt es mit dem Rechtsschutzbedürfnis an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Zulassung 410 , so dass ein entsprechender Antrag keine Aussicht auf Erfolg hat. 408

s.o. unter C., II., 2., b), cc), (2). Ebenso OLG Düsseldorf NStZ 1997, 301 (301); OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 301 (302); Heghmanns ZRP 1998, 475 (476 f.); Brodag, Rn. 514. 409

1*

180

C. Der Zugriff auf beschlagnahmte Vermögenswerte

5. Ergebnis Zu den i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 zulassungsberechtigten Verletzten gehören zunächst nur diejenigen, denen aus deijenigen Straftat i.S.d. § 264 ein Anspruch erwachsen ist, die Anlass zur Beschlagnahme war. Eine Beschränkung der Zulassung auf solche Verletzte, denen die beschlagnahmten Gegenstände als auf ihre Kosten erlangte Tatgewinne oder deren Surrogate zugeordnet werden können, erfolgt nicht. Verletzter i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 ist weiter nur die Person, deren Individualinteressen durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden und die durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat. Dazu können sowohl der Staat als auch der Steuerfiskus gehören, nicht aber Rechtsnachfolger des Verletzten wie z.B. dessen Erbe, sein Versicherer oder der Zessionar nach Abtretung der Verletztenansprüche gemäß § 398 BGB. Aus der Tat erwachsen i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 sind dem Verletzten grundsätzlich alle Ansprüche, die aufgrund des der Tat zu Grunde liegenden Geschehens zur Entstehung gelangt und auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet sind. Ansprüche, die nicht auf eine Vermögensverschiebung zurückgehen, weil es an einem auf Kosten des Verletzten erlangten Tatgewinns fehlt, werden dagegen nicht zugelassen. Ebenfalls als aus der Tat erwachsen i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 sind die Ansprüche des Verletzten anzusehen, die auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten gerichtet sind, wenn sie bei der Geltendmachung und Durchsetzung der Ausgleichsansprüche entstehen. Gleiches gilt für die Ansprüche, die bereits vor der Straftat bestanden haben und deren Gegenstand sind, wie z.B. die Steueransprüche des Steuerfiskus bei Steuerhinterziehungen oder Schmuggel. Schmerzensgeldansprüche oder Schadensersatzansprüche des Verletzten wegen Körperverletzungen, Freiheitsentziehungen o.ä. scheiden dagegen mangels vorhergehender Vermögensverschiebung aus. Die Privilegierung des Verletzten in der Befriedigung durch die Zulassung nach § 111g gegenüber Verfallsansprüchen des Staates und gegenüber anderen, „normalen" Gläubigern rechtfertigt sich daraus, dass gerade auf ihre Kosten der Täter etwas erlangt hat und diese deshalb als Opfer der Straftat ein schutzwürdiges persönliches Interesse an der Wiedergutmachung des durch die Tat erlittenen Vermögensnachteils aufweisen können. Der Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durch den für die Beschlagnahme nach § 11 lc zuständigen Richter bedarf es nur, wenn und solange die Beschlagnahme nach §§ 111b, 111c besteht. Mit deren Ende besteht für eine Zulassung nach § 11 l g kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. 410

(302).

OLG Düsseldorf NStZ 1997, 301 (301); OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 301

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte Probleme bereitet weiter der Zugriff des Verletzten und anderer Gläubiger auf Vermögenswerte der Straftäter, die statt durch eine Beschlagnahme durch Anordnung und Vollziehung eines dinglichen Arrestes gemäß § l l l d sichergestellt sind. Aus dem Verweis in § l l l d Abs. 2 auf die Vorschriften der §§ 930 bis 932 ZPO ergibt sich, dass der Arrest in die gleichen Werte wie die Beschlagnahme nach § 111c vollzogen werden kann, nämlich nach §930 ZPO in bewegliches Vermögen, nach § 931 ZPO in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke und nach § 932 ZPO in Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte. Innerhalb der §§ 111b ff. regelt aber lediglich die Vorschrift des § 111h den vollstreckungsrechtlichen Zugriff eines Verletzten, und zwar auch nur auf Grundstücke, in welche ein Arrest nach § l l l d vollzogen ist. Deshalb ist bei der nachfolgenden Untersuchung bestehender Probleme zwischen der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung von Verletzten und Gläubigern in arrestierte Grundstücke (I.) und in sonstige, arrestierte Vermögenswerte (II.) zu unterscheiden.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke Erfolgen Zwangsvollstreckungen oder Arrestvollziehungen von Verletzten und anderen Gläubigern in arrestierte Grundstücke, so ist zu untersuchen, welche Rechtsfolgen die nach § 111h Abs. 1 Satz 1 mögliche Rangänderung und die nach § 111h Abs. 2 Satz 1 hierfür erforderliche Zulassung für die Reihenfolge der Befriedigung der Vollstreckungsgläubiger haben.

1. Anwendungsbereich des § 111h Hierfür bedarf es zuallererst der Klärung, inwieweit § 111h überhaupt auf vollstreckungsrechtliche Zugriffe des Verletzten Anwendung findet.

182

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte a) Zulassung der Rangänderung bei mehreren eingetragenen Sicherungshypotheken

§ 11 l h greift zunächst nur dann ein und schreibt für die mögliche Rangänderung eine Zulassung vor, wenn auf dem betreffenden Grundstück bereits Sicherungshypotheken zu Gunsten des Justizfiskus und eines oder mehrerer Verletzten eingetragen sind. Gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 kann der Verletzte, wenn er wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches in ein Grundstück die Zwangsvollstreckung betreibt oder einen Arrest vollzieht, in welches ein Arrest nach § l l l d vollzogen ist, verlangen, dass die durch den Vollzug des Arrestes begründete Sicherungshypothek hinter seinem Recht im Rang zurücktritt. § 111h Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass die Rangänderung der Zulassung durch den Richter bedarf, der für den Arrest (§ l l l d ) zuständig ist. Aus dem eindeutigen Wortlaut geht somit hervor, dass hier nicht die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten in das arrestierte Grundstück, sondern lediglich die Rangänderung der auf dem Grundstück bereits begründeten Rechte der Zulassung bedarf. Demnach unterliegt bei § 111h nur die Frage des Rangrücktritts zwischen Rechten des Justizfiskus und des Verletzten dem Zulassungserfordernis, nicht aber die einzelne Vollstreckungsmaßnahme. Im Gegensatz zu § 111g Abs. 2 Satz 1 stellt sich deshalb hier nicht mehr die Frage, ob eine Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten in ein arrestiertes Grundstück ohne vorherige Zulassung wirksam sein kann. Die Frage einer bestimmten, einzuhaltenden Reihenfolge zwischen Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten und ihrer Zulassung stellt sich bei § 111h ebenfalls nicht. Deren Reihenfolge ergibt sich zum einen bereits aus dem Wortlaut des § 111h Abs. 1 Satz 1. Danach kann der Verletzte verlangen, dass die durch den Vollzug des Arrestes nach § l l l d begründete Sicherungshypothek hinter seinem Recht im Rang zurücktritt, wenn er die Zwangsvollstreckung in das arrestierte Grundstück betrieben oder einen Arrest vollzogen hat. Diese Rangänderung muss dann nach der Systematik des § 111h noch gemäß § 111h Abs. 2 Satz 1 zugelassen werden. Die Zulassung erfolgt also erst, wenn zuvor bereits mindestens zwei Sicherungsrechte, die Sicherungshypothek auf Grund des dingliches Arrestes und das eingetragene Sicherungsrecht auf Grund der Vollstreckung des Verletzten, begründet worden sind. Zum anderen verweist § 111h Abs. 1 Satz 5 für drücklich auf § 880 BGB. Dieser erfasst in § 880 trägliche Änderung eines grundsätzlich nach § 879 verhältnisses, betrifft also nur die Änderung des

die Rangänderung ausAbs. 1 BGB die nachBGB geregelten RangRangverhältnisses zwi-

183

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

sehen bereits eingetragenen Rechten.1 Die Rangänderung kann also erst dann nach § 111h Abs. 1 Satz 1 verlangt und nach § 111h Abs. 2 zugelassen werden, wenn durch vorherige Vollstreckungsmaßnahmen des Justizfiskus und des Verletzten bereits i.S.d. § 879 BGB rangbegründende Sicherungshypotheken auf dem Grundstück eingetragen worden sind. Hat der Verletzte dagegen noch keine Sicherungshypothek durch Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung begründet, so fehlt es für den zuzulassenden Rangrücktritt des Justizfiskus an einem zwingend notwendigen zweiten Recht. Anders ausgedrückt kann der Richter keine Rangänderung durch Beschluss zulassen, wenn das vortretende Recht des Verletzten, um dessen Rang es geht, noch gar nicht existent ist. § 111h Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 erfasst somit auch nur den Fall, dass die Zulassung der Rangänderung einer Vollstreckung des Verletzten in ein arrestiertes Grundstück zeitlich nachfolgt, so dass dann der Rang mehrerer eingetragener Sicherungshypotheken geändert werden kann. b) Beschränkung des § 111h auf arrestierte

Grundstücke?

Fraglich ist weiter, ob § 111h nur für Vollstreckungsmaßnahmen des Verletzten in arrestierte Grundstücke gilt oder auch für solche in arrestierte grundstücksgleiche Rechte i.S.d. § 870 ZPO. Nach dem Wortlaut des § 111h Abs. 1 Satz 1 besteht die Möglichkeit der Rangänderung nur, wenn es sich bei dem arrestierten Gegenstand der Zwangsvollstreckung des Verletzten um ein Grundstück handelt. Diese Beschränkung der Rangänderungsmöglichkeit auf Grundstücke begründete der Gesetzgeber damit, dass das bürgerliche Recht in § 880 BGB nur bei Grundstücken einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung kenne.2 Der dingliche Arrest kann aber nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 932 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. ZPO neben einem Grundstück auch in eine Berechtigung vollzogen werden, für welche die sich auf die Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, also in ein grundstücksgleiches Recht wie z.B. das Erbbaurecht nach §§ 1, 11 ErbbauVO oder unter den Voraussetzungen des § 864 Abs. 2 ZPO das Wohnungseigentum.3 Für diese Berechtigungen finden somit auch die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften der §§ 879, 880 BGB entsprechende Anwendung. Deshalb bestimmt sich das Rangverhältnis von Sicherungshypotheken, mit denen grundstücksgleiche Rechte belastet sind, ebenfalls nach § 879 BGB und kann nach § 880 BGB nachträglich geändert werden. 4 D.h., das Bürgerliche Recht kennt in § 880 BGB einen Rang1 2 3

RGRK-Augustin, § 880, Rn. 1. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h. Vgl. Zöller-Stöber, § 864, Rn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner,

§ 111c, Rn. 7.

184

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

tausch mit dinglicher Wirkung nicht nur bei Grundstücken, sondern ebenso bei grundstücksgleichen Rechten. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff des Grundstücks in § 111h Abs. 1 Satz 1 zugleich grundstücksgleiche Rechte gemeint hat und nach dem Inhalt der Begründung nicht diese, sondern bewegliche Sachen von einer Rangänderung ausschließen wollte. c) Beschränkung des § 111h auf Arreste wegen Verfall

von Wertersatz?

Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Zulassung der Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 nur möglich ist, wenn in das Grundstück ein dinglicher Arrest nach §§ 111b Abs. 2, l l l d wegen Verfall von Wertersatz vollzogen ist, oder ob die Zulassung der Rangänderung auch bei Arresten mit einem anderen Sicherungszweck in Betracht kommt. Es wurde bereits dargelegt 5, dass sowohl zur Sicherung der staatlichen Verfallsansprüche als auch zur Sicherung der Geschädigtenansprüche eine Sicherstellung von Vermögenswerten durch dinglichen Arrest nach §§ 111b, l l l d erfolgen kann, wenn statt des Verfalls nur der Verfall von Wertersatz in Betracht kommt. Dabei kommt es für die erste Sicherstellung nicht darauf an, ob die Voraussetzungen auch des § 111b Abs. 5 oder nur die des § 111b Abs. 2 vorliegen. Für beide Fälle, in denen wegen Verfall von Wertersatz ein dinglicher Arrest nach § l l l d in ein Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek vollzogen worden ist, ermöglicht es § 111h als Bestandteil der Zurückgewinnungshilfe, dass der Verletzte zu seinen Gunsten eine Rangänderung gegenüber dem eingetragenen Justizfiskus verlangen kann. Nach § 111h Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 kann der Verletzte also die Rangänderung und ihre Zulassung zumindest immer dann verlangen, wenn der Arrest wegen Verfall von Wertersatz oder entsprechend wegen Zurückgewinnungshilfe in das Grundstück vollzogen worden ist. aa) Arrest wegen Erweitertem Verfall von Weitersatz § 111h könnte weiter Anwendung finden, wenn der dingliche Arrest nach § l l l d wegen Erweiterten Verfalls von Wertersatz vollzogen worden ist. Die §§ 111b ff. finden grundsätzlich auch für den Erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB Anwendung. Unter den Voraussetzungen des § 73d Abs. 2 i.V.m. § 73a StGB kann daher zur Sicherung der Ansprüche wegen des 4 5

Vgl. Palandt-Bassenge, § 879, Rn. 2; § 880, Rn. 1. s.o. unter B., III., 2., a) und unter Β., ΙΠ., 3., a).

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

185

Erweiterten Verfalls von Wertersatz ebenfalls der dingliche Arrest nach § l l l d angeordnet werden. Es wurde bereits festgestellt 6, dass der Verletzte wegen seiner aus der Tat erwachsenen Ansprüche nach § 11 l g auf die wegen Erweitertem Verfall beschlagnahmten Gegenstände zugreifen darf. Da die Vorschriften der §§73 Abs. 1 Satz 2, 73c StGB auch beim Verfall von Wertersatz nach § 73a StGB gelten, und § 111h als Parallelvorschrift des § 111g7 nur eine weitere Zugriffsmöglichkeit zur Schadloshaltung des Verletzten schafft 8 , kann der Verletzte aus denselben genannten Gründen wie bei § 111g auch nach § 11 l h auf die wegen Erweitertem Verfall von Wertersatz arrestierten Vermögenswerte zugreifen. bb) Arrest wegen Einziehung von Wertersatz, einer Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens Schließlich könnte § 111h auch dann eingreifen, wenn der dingliche Arrest gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 1 2. bis 4. Alt. wegen Einziehung von Wertersatz, einer Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens angeordnet und vollzogen ist. Wie sich aus § l l l d Abs. 1 Satz 1 ergibt, kann der dingliche Arrest nicht nur wegen des Verfalls von Wertersatz bzw. wegen Zurückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5, sondern auch wegen der Einziehung von Wertersatz, wegen einer Geldstrafe oder der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens angeordnet werden. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 111h Abs. 1 Satz 1 besteht die Möglichkeit zur Rangänderung ausnahmslos immer dann, wenn in das betreffende Grundstück ein Arrest nach § l l l d vollzogen ist. Demnach findet § 111h zu Gunsten des Verletzten nicht nur Anwendung, wenn der vollzogene dingliche Arrest gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 1 1. Alt. der Sicherung des Verfalls von Wertersatz dient, sondern auch dann, wenn die auf dem Grundstück eingetragene Sicherungshypothek gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 1 2. bis 4. Alt. der Sicherung der Einziehung von Wertersatz, einer verhängten Geldstrafe oder der voraussichtlichen Kosten des Strafverfahrens dient. 9 Dies bedarf einer näheren Betrachtung. § 111g als die Parallel Vorschrift des § 111h 10 schließt in § 111g Abs. 5 Satz 2 noch einen Zugriff des Verletzten auf der Einziehung unterliegende Vermögenswerte des Täters aus. 6

s.o. unterC., I., 1., c), bb), (1), (d). BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 11 lh. 8 BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung; Protokolle 7, S. 652. 9 Ebenso KMR-Müller, § 111h, Rn. 1; Pfeiffer, § 111h, Rn. 1; LR-Schäfer, § 111h, Rn. I; SK-Rudolphi, § 111h, Rn. 1; KK-Nack, § 111h, Rn. 1; HK-Lemke, § 111h, Rn. 2. 10 BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 11 lh. 7

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Kommt jedoch die Einziehung von Wertersatz in Betracht und wird diese zukünftige Verpflichtung des Beschuldigten zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme durch dinglichen Arrest nach § l l l d in ein Grundstück gesichert, so kann der Verletzte auf das Grundstück zugreifen und sich dann nach § 111h Abs. 1 Satz 1 den Rang vor dem Justizfiskus erlangen. Der Gesetzgeber hat in § 111h also klargestellt, dass aus der Tat erwachsene Ausgleichsansprüche des Verletzten gegen den Täter einer späteren Vollstreckung von Zahlungsansprüchen des Justizfiskus wegen Einziehung von Wertersatz immer vorgehen sollen, wenn Arrestvollziehung und Vollstreckung des Verletzten in denselben Gegenstand erfolgen. Damit hat dieser den Grundgedanken aus § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, wonach dem Täter nicht die Finanzmittel entzogen werden sollen, die er zur Befriedigung der aus der Tat stammenden Ausgleichsansprüche des Verletzten benötigt, auch in § 111h verwirklicht. Die Entschädigung der durch die Straftat Verletzten soll also nicht deshalb scheitern, weil der Täter vom Staat in Anspruch genommen wird. Denn wie durch Verfall von Weitersatz wird auch durch die Vollstreckung der auf Grund derselben Tat angeordneten Zahlungsansprüche wegen Einziehung von Wertersatz das Vermögen des Straftäters als Haftungssubstrat geschmälert. Diese Zahlung geht dann zu Lasten des Opfers, wenn die finanziellen Mittel der notorisch vermögenslosen Täter nicht ausreichen, um die Wiedergutmachungsansprüche zu befriedigen. Hinzu kommt, dass die Lasten einer verhängten Geldstrafe, der Verfahrenskosten und der eigenen verfahrensbedingten Auslagen die oftmals von vorneherein geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verurteilten zusätzlich schmälern. 11 Dem Ziel der Schadloshaltung des Verletzten, welches die §§ 111b ff. insgesamt verfolgen, dient daher auch der in § 111h zum Ausdruck gekommene Vorrang der Verletztenansprüche gegenüber der Einziehung von Wertersatz, wenn diese Ansprüche bei der Vollstreckung in ein arrestiertes Grundstück in Konflikt treten. Gleiches gilt auch bei der Geldstrafe und den Verfahrenskosten. Diese stellen ebenso wie die Einziehung von Wertersatz Zahlungsansprüche des Justizfiskus dar, die mit den Ersatzansprüchen der Verletzten konkurrieren. Die Vollstreckung von Geldstrafe und Verfahrenskosten kann deshalb die Fähigkeit des Verurteilten, den Opferschaden wiedergutzumachen, beeinträchtigen. 12 Abgesehen von der Schmälerung des Tätervermögens als Haftungssubstrat kommt bei der Geldstrafe noch hinzu, dass der Verurteilte im Hinblick auf die sonst drohende Ersatzfreiheitsstrafe gut beraten ist, die Geldstrafe vorweg zu tilgen. Damit sinkt die Bereitschaft des Verurteilten 11 Vgl. Meier, S. 74; ders. ZRP 1991, 68 (68); Hirsch ZStW 102 (1990), S. 557 f. 12 Böttcher JR 1987, 133 (138); Meier, S. 74; ders. ZRP 1991, 68 (68); Hirsch ZStW 102 (1990), S. 557 f.; Weigend NJW 1987, 1170 (1176).

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zur Schadenswiedergutmachung. 13 Lässt § 111h auch bei Arresten zur Sicherung von staatlichen Ansprüchen wegen Geldstrafe oder Verfahrenskosten die vorrangige Befriedigung des Verletzten zu, so hat er auch hier i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB den Verletztenansprüchen den Vorrang vor denen des Staates eingeräumt. Die gegenwärtige rechtliche Ausgestaltung der eigentlichen Vollstreckung der Geldstrafe, der Verfahrenskosten und der Einziehung von Wertersatz nimmt dagegen mit Ausnahme von § 459a Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 bzw. § 459g Abs. 2 i. V. m. § 459a Abs. 1 Satz 2 keine Rücksicht auf die aus der Tat erwachsenen Ausgleichsansprüche des Tatopfers gegen den Täter. Nach den vorgenannten Vorschriften können bei der Vollstreckung der Geldstrafe, der Verfahrenskosten und der Einziehung von Wertersatz Zahlungserleichterungen gewährt werden, wenn sonst die Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens durch den Verurteilten erheblich gefährdet wäre. Die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, die Vollstreckung z.B. durch Stundung bis zur Erfüllung der Schadensersatzforderung des Verletzten zurückzustellen, hängt also sowohl von dem Eintritt einer erheblichen Gefährdung der Schadenswiedergutmachung als auch der Bereitschaft des Verurteilten zur Verletztenbefriedigung ab und liegt zudem noch im Ermessen der Behörde. 14 Zwar kann somit die Vollstreckung gegenüber den Verletztenansprüchen zeitlich zurücktreten, allerdings nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Dies führt deshalb noch nicht dazu, dass der Schadenswiedergutmachung bzw. dem Wiedergutmachungsinteresse des Opfers generell der Vorrang gegenüber den Zahlungsansprüchen des Justizfiskus eingeräumt ist. 1 5 Es wird daher zu Recht bemängelt, dass das Recht der Geldstrafe in den §§ 459 ff. keine Vorschrift enthält, die wie § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Ersatzanspruch des Verletzten den Vorrang gegenüber der strafrechtlichen Sanktion einräumt. 16 Um im Rahmen des Geldstrafensystems einschließlich Verfahrenskosten und Einziehung von Wertersatz für eine bessere Berücksichtigung der Opferinteressen zu sorgen und den Wiedergutmachungsinteressen des Opfers gegenüber der Vollstreckung von Geldstrafen etc. den Vorrang einzuräumen, hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts vorgelegt. Die darin geplanten Neurege13

Böttcher JR 1987, 133 (138); BT-Drucks. 10/5305, S. 20. Vgl. KK-Fischer, § 459a, Rn. 4; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 459a, Rn. 3; Böttcher JR 1987, 133 (139); BT-Drucks. 10/5305, S. 21. 15 Ebenso LR -Wendisch, Nachtrag zu § 459a, Rn. 7; Schünemann NStZ 1986, 193 (200); Weigend NJW 1987, 1170 (1176); vgl. auch BT-Drucks. 10/5305, S. 20 f. 16 So Mitsch JA 1993, 304 (305); Hirsch ZStW 102 (1990), S. 558; Meier ZRP 1991, 68 (68). 14

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lungen sollen verhindern, dass der Anspruch des Staates auf die Geldstrafe in eine das Opfer benachteiligende Konkurrenz zu dessen Schadensersatzanspruch tritt. 1 7 Mit § 111h hat der Gesetzgeber allerdings eine bereits bestehende, in der Diskussion anscheinend unbekannte 18 Regelung geschaffen, die bei Sicherung der staatlichen Zahlungsansprüche durch einen in ein Grundstück vollzogenen Arrest den aus der Tat erwachsenen Wiedergutmachungsansprüchen des Opfers den Vorrang vor der späteren Vollstreckung zu Gunsten des Staates einräumt. Hierfür kommt es lediglich darauf an, dass dem Verletzten ein Anspruch aus der Straftat erwachsen ist. Weitere Voraussetzungen werden also im Gegensatz zu § 459a Abs. 1 Satz 2 nicht erhoben. Der Verletzte kann sich nach § 11 l h als Erster aus einem Vermögenswert befriedigen, der eigentlich bereits für den Justizfiskus „reserviert", d.h. sichergestellt war. Diese Vorrangeinräumung zur Schadloshaltung des Verletzten ist umso bemerkenswerter, weil die Geldstrafe mit einem Anteil von rund 80% die mit Abstand häufigste Hauptstrafe des Erwachsenenstrafrechts ist 1 9 , weshalb auch dingliche Arreste zu deren Sicherung in nicht unerheblichem Maße ergehen werden. Dass die nach § 111h vorgesehene Möglichkeit der Schadloshaltung durch Zurückgewinnungshilfe auch bei allen Arten von dinglichen Arresten umgesetzt werden soll, ergibt sich zudem daraus, dass die Opfer der jeweiligen Straftat von der Sicherstellung durch Arrest nach § l l l d zu informieren sind. Nach § l l l e Abs. 3 und 4 ist nämlich die Anordnung des Arrestes dem durch die Tat Verletzten unverzüglich mitzuteilen oder sonst bekannt zu machen. § l l l e erfasst also nach seiner systematischen Stellung und dem Wortlaut in § l l l e Abs. 1 generell und ohne Einschränkung alle Anordnungen von dinglichen Arresten nach § l l l d unabhängig von seinem Sicherungszweck. Demgemäß ist der Verletzte auch bei Vollziehung von Arresten wegen Einziehung von Weitersatz, Geldstrafen oder Verfahrenskosten hierüber zu informieren, damit er seine Rechte aus § 111h wahrnehmen kann. 2 0 Festzuhalten ist daher, dass § 111h zu Gunsten des Verletzten in allen Fällen Anwendung findet, in denen ein dinglicher Arrest nach § l l l d , unabhängig von seinem Sicherungszweck, in ein Grundstück vollzogen wird. 17 Vgl. Referentenentwurf zur Reform des Sanktionensystems, S. 1, 2, 18; Begründung zum Referentenentwurf, S. 11; vgl. dazu auch StV 2001, 315 ff. 18 Vgl. z.B. LR-Wendisch, Nachtrag zu § 459a, Rn. 4; BT-Drucks. 10/5305, S. 20; Referentenentwurf zur Reform des Sanktionensystems, S. 1, 2, 18; Begründung zum Referentenentwurf, S. 11; vgl. dazu auch StV 2001, 315 ff. 19 Vgl. Mitsch JA 1993, 304 (304); Rheinische Post v. 9.7.2001, S. 1200; vgl. auch BT-Drucks. 10/5305, S. 20. 20 A.A. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l e , Rn. 11; HK-Lemke, § l l l e , Rn. 8.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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cc) Arrest wegen Verhängung einer Vermögensstrafe Schließlich könnte § 111h auch dann anwendbar sein, wenn der Arrest wegen Verhängung einer Vermögensstrafe gegen den Täter vollzogen ist. Gemäß § I l i o Abs. 1 kann ein dinglicher Arrest ebenfalls angeordnet werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer Vermögensstrafe vorliegen. Nach § I l i o Abs. 5 finden in diesem Falle auch die §§ 111h, l l l e Abs. 3, 4 Anwendung. Ist also zur Sicherung der Vermögensstrafe ein dinglicher Arrest nach § 11 l o in ein Grundstück vollzogen, so kann auch hier der Verletzte gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 nach Zulassung der Rangänderung verlangen, dass die durch den Vollzug des Arrestes begründete Sicherungshypothek hinter seinem Recht im Rang zurücktritt. Der Gesetzgeber hat also hier den aus der Tat erwachsenen Ansprüchen des Verletzten gegenüber den Zahlungsansprüchen des Justizfiskus wegen Vermögensstrafe den absoluten Vorrang eingeräumt, indem sich der Verletzte aus demselben Grundstück vorrangig befriedigen kann. 21 Auch hier zeigt sich der Wille und das Ziel des Gesetzgebers, dem Opfer der Straftat die Schadenswiedergutmachung weitgehend zu ermöglichen und dessen Bemühen um Schadensausgleich nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass dem Täter staatlicherseits Vermögenswerte entzogen werden, die er zur Wiedergutmachung des Schadens benötigt. Dabei tritt der Staat dem Opfer sogar helfend zur Seite, denn dem durch die Tat Verletzten ist die Anordnung des Arrestes nach § I l i o Abs. 5 i.V.m. § l l l e Abs. 3 und 4 mitzuteilen, was ihm die Sicherung und Durchsetzung seiner Ausgleichsansprüche ermöglichen soll. 2 2 Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil bereits bei der Berechnung der zu verhängenden Vermögensstrafe gemäß § 43a Abs. 1 Satz 2 StGB Vermögensvorteile, deren Verfall angeordnet wird, außer Ansatz bleiben. D.h., bei der Bewertung des Vermögens sind die Verletztenansprüche i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bereits berücksichtigt. 23 Dennoch kann der Verletzte weiterhin auf die zur Sicherung der Vermögensstrafe arrestierten Vermögenswerte nach § 111h zugreifen und sich dann daraus vor dem Justizfiskus befriedigen. Folglich geht hier die Entschädigung des Verletzten jeder späteren durch einen Arrest gesicherten Vollstreckung der wegen derselben Tat verhängten Vermögensstrafe vor. Die Regelung des § 111h greift damit einen Grundsatz wieder auf, der bereits im römischen Recht, dort L. 17. D. de jure fisci, und im deutschen Partikularstrafrecht, vgl. z.B. Art. 28 Abs. 2 des 21 22 23

Ebenso Ries, S. 206; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l e , Rn. 11. s.o. unterC., I., 1., c), bb), (3).

§ I l i o , Rn. 10.

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Allgemeinen Criminal-Gesetzbuchs 8. August 1840, enthalten war. 2 4

für das Königreich Hannover vom

dd) Zwischenergebnis Gemäß § 11 l h Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 kann eine Rangänderung uneingeschränkt zugelassen und vom Verletzten verlangt werden, wenn aus welchem Grunde auch immer - ein dinglicher Arrest nach § l l l d oder § I l i o in ein Grundstück des Täters vollzogen ist. Der aus der Straftat erwachsene Anspruch des Verletzten und seine Entschädigung gehen allen Ansprüchen des Staates aus §§ 73a, 74c StGB, auf Zahlung einer Geldoder Vermögensstrafe oder auf Ersatz der Verfahrenskosten vor. d) Zeitliche Beschränkungen der Möglichkeit der Rangänderung Möglicherweise unterliegt die nach § 111h mögliche Rangänderung und ihre Zulassung auch bestimmten zeitlichen Beschränkungen, nach denen § 111h lediglich während der Arrestierung des Grundstücks einschlägig sein kann. § 111h Abs. 1 Satz 1 zu Folge kann die Rangänderung verlangt werden, wenn der Verletzte in ein Grundstück, in welches ein Arrest nach § l l l d vollzogen ist, die Zwangsvollstreckung betreibt oder einen eigenen Arrest vollzieht. Die Rangänderung bereits bestehender Sicherungshypotheken kann also nur von demjenigen Verletzten verlangt werden, der seine Vollstreckungsmaßnahme in ein Grundstück betreibt, das zuvor bereits nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 932 ZPO arrestiert worden und noch im Zeitpunkt der Vollstreckung des Verletzten arrestiert ist. Nur wenn die Vollstreckung in einem solchen Zeitraum erfolgt, kann also zwangsläufig auch die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 erfolgen. Für die Möglichkeit der Zulassung wie für die Rangänderung selbst ist daher erforderlich, dass die Vollstreckung des Verletzten in das Grundstück noch während der Arrestierung erfolgt. Es ist daher zu untersuchen, wann i.S.d. §§ l l l d , I l i o , 111h Abs. 1 Satz 1 die Arrestierung des Grundstücks beginnt und wieder endet. aa) Beginn der Arrestierung eines Grundstücks Die Arrestierung eines Grundstücks erfolgt, indem der angeordnete dingliche Arrest nach § l l l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2 Satz 1 durch sinnge24

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 315 zu § 463d.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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mäße Geltung der §§ 928, 930 bis 932 ZPO vollzogen wird. Gemäß § 932 ZPO wird die Arrestvollziehung in ein Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek in das Grundbuch für die zu sichernde Geldforderung bewirkt, wobei nach § 932 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 867 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Sicherungshypothek erst mit der Eintragung entsteht. Demnach beginnt die Arrestierung eines Grundstückes i.S.d. § 111h Abs. 1 Satz 1 mit der tatsächlichen Eintragung der Sicherungshypothek in das Grundbuch zu Gunsten des Justizfiskus. Erfolgt daher im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung die Eintragung einer Sicherungshypothek zu Gunsten des Verletzten bereits vor dieser Eintragung, so ist eine Rangänderung nach § 111h nicht mehr nötig. bb) Ende der Arrestierung eines Grundstückes Für das Ende der Grundstücksarrestierung kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, die nachfolgend im Einzelnen zu untersuchen sind. (1) Entscheidung ohne Anordnung des Verfalls von Wertersatz, der Einziehung von Wertersatz oder der Vermögensstrafe Zunächst kann in dem Verfahren, in dem eine Arrestanordnung nach § l l l d wegen des Verfalls von Wertersatz, der Einziehung von Wertersatz oder der Vermögensstrafe ergangen ist, eine Entscheidung getroffen werden, die weder den Verfall von Wertersatz noch die Einziehung von Wertersatz noch die Vermögensstrafe anordnet. Hierbei muss unterschieden werden, ob diese Entscheidung bereits rechtskräftig ist oder noch nicht. (a) Rechtskräftige Entscheidung Erwächst eine Entscheidung, in der von dem Verfall von Wertersatz gemäß § 73a StGB, der Einziehung von Wertersatz gemäß § 74c StGB oder der Vermögensstrafe gemäß § 43a StGB abgesehen wird, in Rechtskraft und wird damit das Verfahren abgeschlossen, so lässt sich hieraus zweifelsfrei und der Rechtsklarheit genügend erkennen, dass der Arrest, dessen Zweck die Sicherung des Verfalls von Wertersatz oder der Einziehung von Wertersatz oder der Vermögensstrafe war, gegenstandslos geworden ist. 2 5 Eine ausdrückliche Aufhebung des Arrestes ist daher nicht mehr erforderlich, aber aus Gründen der Rechtssicherheit vorzunehmen. 26 Mit der Rechtskraft 25

Vgl. für die Beschlagnahme nach § 111c OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; Danwitz NStZ 1999, 262 (262).

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

der Entscheidung endet deshalb die Arrestierung der jeweiligen Gegenstände. 27 Fraglich bleibt aber, wie sich das Ende der Arrestierung auf die auf dem Grundstück des Täters noch eingetragene Sicherungshypothek des Justizfiskus auswirkt. Die Aufhebung einer ergangenen Arrestanordnung hat gemäß § l l l d Abs. 2 i.V.m. §§ 932 Abs. 2, 868 ZPO die Folge, dass mit der Aufhebungsentscheidung die in Vollzug des Arrestes auf dem Grundstück eingetragene Sicherungshypothek kraft Gesetzes auf denjenigen übergeht, der zum Zeitpunkt der Aufhebung Eigentümer des Grundstückes ist. Die Hypothek wird damit gemäß § 1177 Abs. 1 BGB zu einer Eigentümergrundschuld. 28 Es handelt sich dann also mit der Aufhebungsentscheidung nicht mehr um die durch den Vollzug des Arrestes nach § l l l d begründete Sicherungshypothek des Justizfiskus. Gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 kann aber nur mit dieser (Arrest-)Sicherungshypothek der Rangrücktritt verlangt werden, nicht aber mit einer Eigentümergrundschuld zu Gunsten des Eigentümers. Mit der rechtskräftigen Entscheidung, in der von einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz, der Einziehung von Wertersatz oder der Vermögensstrafe abgesehen wird, endet somit die Arrestierung des Grundstücks. Danach besteht für den Verletzten keine Möglichkeit zur Rangänderung und ihrer Zulassung gemäß § 11 l h mehr. Allerdings ist noch zu beachten, dass trotz rechtskräftiger Entscheidung nach wie vor im Grundbuch zu Gunsten des Justizfiskus die Sicherungshypothek in Vollziehung der Arrestanordnung nach § l l l d eingetragen ist. Zwar kann der Eigentümer, i. d. R. der Täter, jetzt wieder durch Abtretung, Belastung, Aufhebung oder Inhaltsänderung über seine Grundschuld verfügen. Dafür ist seine Voreintragung als Grundschuldgläubiger nach § 39 Abs. 1 GBO nicht notwendig. Er bedarf für die Verfügungen jedoch eines Nachweises des Rechtserwerbs gemäß § 29 GBO. 2 9 Auch kann er die Umschreibung der (Arrest-)Sicherungshypothek in eine Eigentümergrundschuld zur Berichtigung des Grundbuchs beabsichtigen. Diese erfolgt jedoch auf Grund der dem Grundbuchamt vorzulegenden Ausfertigung der entsprechenden Aufhebungsentscheidung i.S.d. § 868 ZPO nach § 22 G B O . 3 0 Al26 Vgl. für die Beschlagnahme nach § 111c OLG Düsseldorf NJW 1995, 2239; Danwitz NStZ 1999, 262 (262). 27 Ähnlich BGH NJW 1979, 1612. 28 Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 68; Thomas/Putzo-Reichold, § 932, Rn. 1; Zöller-Vollkommer, § 932, Rn. 6; Zöller-Stöber, § 868, Rn. 3; Stein/JonasGrunsky, § 932 ZPO, Rn. 15. 29 Vgl. Palandt-Bassenge, § 1177, Rn. 2; BGH NJW 1968, 1674 (1674).

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lein ein Strafurteil mit oder ohne Freispruch, dem zu der eigentlichen Arrestanordnung grundsätzlich nichts zu entnehmen sein wird, wird als Nachweis in diesen Fällen in aller Regel nicht ausreichend sein. Aus Gründen der Rechtsklarheit gegenüber dem Grundbuchamt und um dem Beschuldigten die Grundbuchberichtigung oder eine Verfügung über die Grundschuld zu ermöglichen, ist es erforderlich, neben der rechtskräftigen Entscheidung zugleich auch eine förmliche richterliche Aufhebung der Arrestanordnung vorzunehmen. (b) Nicht rechtskräftige Entscheidung Des Weiteren kann der Richter in seiner Entscheidung auch von einer Maßnahme nach den §§ 73a, 74c StGB oder der Verhängung der Vermögensstrafe nach § 43a StGB absehen, die nicht sofort in Rechtskraft erwächst. Aus den gleichen Gründen, aus denen der Richter bei Nichtanordnung des Verfalls die Beschlagnahme nach § 111c wieder aufzuheben hat 3 1 , muss er auch hier in entsprechender Anwendung des § 120 Abs. 1 Satz 2 die Arrestanordnung wieder aufheben, weil insoweit mangels in Betracht kommenden Verfalls von Wertersatz, Einziehung von Wertersatz oder Vermögensstrafe für den dinglichen Arrest kein Bedarf mehr besteht. 32 Wie zuvor ausgeführt 33 , wandelt die Aufhebung der Arrestanordnung die Sicherungshypothek des Justizfiskus in eine Eigentümergrundschuld kraft Gesetzes um. Damit endet zugleich die Arrestierung des Grundstücks und somit auch die Möglichkeit zur Rangänderung und ihrer Zulassung. (c) Ausnahme: Verlängerung der Arrestierung nach § l l l i ? In den vorgenannten Fällen, in denen eine nicht oder eine bereits rechtskräftige Entscheidung von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß § 73a StGB absieht und deshalb grundsätzlich der Arrest aufzuheben ist, stellt sich die Frage, ob der Arrest hier nicht ausnahmsweise durch das Gericht gemäß § l l l i für höchstens drei Monate aufrechterhalten werden kann. Dies hätte zur Folge, dass die Rangänderung und ihre Zulassung gemäß § 111h bei Vollstreckungen von Verletzten bis zu drei Monaten weiterhin möglich wären.

30 31 32 33

13 Hees

Zöller-Stöber, § 868, Rn. 3. s.o. unter C., I., 1., c), aa), (2), (b). So auch SK-Rudolphi, § 11 le, Rn. 17; KK-Nack, s.o. unter D., I., 1., d), bb), (1), (a).

§ 11 le, Rn. 15.

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

(aa) Widersprüchlicher Gesetzeswortlaut des § l l l i Gemäß § l l l i kann, soweit im Urteil lediglich deshalb nicht auf Verfall oder Verfall des Wertersatzes erkannt wird, weil Ansprüche eines Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen, die Beschlagnahme nach § 111c für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten werden, sofern die sofortige Aufhebung gegenüber dem Verletzten unbillig wäre. § l l l i sieht demnach ausdrücklich nur die Aufrechterhaltung einer Beschlagnahme nach § 111c, nicht aber die des dinglichen Arrestes nach § l l l d vor. Unverständlich ist dann aber, dass nach § l l l i auch die Unmöglichkeit, auf Verfall von Wertersatz zu erkennen, eine Aufrechterhaltung der Beschlagnahme ermöglichen soll. Denn zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz ist gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d niemals eine Beschlagnahme, sondern ausschließlich der dingliche Arrest zulässig. D.h., wegen des einschlägigen Verfalls von Wertersatz kann die Beschlagnahme eines Gegenstandes mangels Vorliegen der für die Beschlagnahme erforderlichen Voraussetzungen des Verfalls aus § 73 StGB weder angeordnet noch aufrechterhalten werden. Es wird daher in der Literatur vertreten, die Erwähnung des Verfalls von Wertersatz in § l l l i habe keine Bedeutung und beruhe auf einem schlichten Versehen des Gesetzgebers. 34 Andere Literaturmeinungen sehen einen Sinn in der Erwähnung des Verfalls von Wertersatz in § l l l i zumindest darin, dass damit auch ein fälschlich beschlagnahmter Gegenstand notfalls für die Vollstreckung durch den Verletzten zur Verfügung stehen soll. 3 5 Ein derartiger Sinn der Regelung ist aber nicht anzunehmen. Kommt nämlich hinsichtlich ursprünglich wegen Verfall nach § 111b Abs. 1 beschlagnahmter Gegenstände später nur der Verfall von Wertersatz in Betracht, weil die Beschlagnahme-Voraussetzungen nach § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73 StGB doch fehlen oder zwischenzeitlich entfallen sind, so müsste die Beschlagnahme - anstatt sie aufrechtzuerhalten - sofort aufgehoben oder sonst jedenfalls durch eine neue Arrestanordnung nach § l l l d ersetzt werden. 36 Dass der Gesetzgeber diese Folge mit § l l l i umgehen wollte, ergibt sich weder aus der Entstehungsgeschichte des § l l l i 3 7 noch wäre dies praktisch sinnvoll. Denn diese Lösung würde nur vordergründig dem in den §§ 111b ff. verfolgten Ziel der Schadloshaltung des Verletzten 34

So LR-Meyer, 23. Auflage, § l l l i , Rn. 2. So KMR-Müller, § l l l i , Rn. 3; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l i , Rn. 1; Pfeiffer, § l l l i , Rn. 2; LR-Schäfer, § l l l i , Rn. 2; SK-Rudolphi, § l l l i , Rn. 2. 36 Vgl. KK-Nack, § l l l e , Rn. 15; SK-Rudolphi, § l l l e , Rn. 17; OLG Karlsruhe Die Justiz 1981, 482 (483); LG Kiel SchlHA 1999, 131 (131). 37 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung, S. 295 zu § l l l i ; Protokolle V, S. 1022. 35

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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dienen. Im Falle der Konkurrenz mit einem vorrangigen Vollstreckungsgläubiger könnte sich der Verletzte zwar auf Grund einer Zulassung, die er während der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nach § l l l i erlangt hat, vor diesem befriedigen. Er würde sich dann aber jedes Mal dem Gläubiger gegenüber schadensersatzpflichtig nach § 111g Abs. 4 1. Alt. machen, weil der beschlagnahmte Gegenstand nicht wie erforderlich dem Verfall unterlag, sondern nur der Verfall von Wertersatz in Betracht kam. Weil § 111g aber nur die Zwangsvollstreckung in nach § 111b Abs. 1 i.V.m. §§ 73, 73d StGB beschlagnahmte Gegenstände des Verfalls zulässt, würde hier deshalb die Zulassung jedes Mal zu Unrecht erfolgen. Dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis bei der Formulierung des § l l l i in Kauf genommen haben könnte, ist nicht anzunehmen. Es könnte hier jedoch ein dahingehendes Versehen des Gesetzgebers vorliegen, dass dieser § l l l i eigentlich allgemein auf Sicherstellungen auch wegen des Verfalls von Wertersatz anwenden wollte, aber unbeabsichtigt die Verlängerungsmöglichkeit diesbezüglich angeordneter Arreste unterließ. (bb) Planwidrige Regelunglücke in § l l l i Eine solche planwidrige Regelungslücke könnte sich aus der näheren Betrachtung von Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § l l l i innerhalb der §§ 11 l b ff. ergeben. Der Sonderausschuss des Bundestages für die Strafrechtsreform (5. Wahlperiode) hatte in seiner „Beschlagnahmelösung" dem Gesetzgeber vorgeschlagen, den Geschädigten nach Sicherstellung der Vermögensvorteile für die Befriedigung ihrer Ansprüche daraus eine Frist von vielleicht drei Jahren einzuräumen. Nach Ablauf der Frist sollten die restlichen Vermögensvorteile auf den Staat übergehen, wobei vorher dem Verurteilten noch einmal die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung der Höhe der aus der Straftat erlangten Vermögensvorteile eröffnet werden sollte. 38 Für das geltende Recht hat der Gesetzgeber die Konzeption des Sonderausschusses insoweit übernommen, als die §§ 111b ff. die Sicherstellung von Gegenständen auch im Hinblick auf die Schadloshaltung des Verletzten regeln und diesem eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit auf sichergestellte Vermögenswerte gewährleisten. 39 Nicht übernommen wurde dagegen der Vorschlag, die Sicherstellung zu diesem Zweck über einen Zeitraum von mehreren Jahren erfolgen zu lassen. Der Gesetzgeber erachtete es aus praktischen und prozessökonomischen Gründen sowie im Interesse aller Beteiligten nicht als durchführbar, Gegenstände allgemein während eines län38 39

1

Protokolle V, S. 1022; BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung. BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung.

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geren Zeitraumes noch nach Abschluss des Strafverfahrens zur Verfügung etwaiger Verletzter zu halten sowie zusätzlich nach Fristablauf noch eine Art Nachtragsverfall vorzusehen. 40 Bei der Aufzählung der aus seiner Sicht dagegensprechenden Gründe machte der Gesetzgeber hinsichtlich der Sicherstellung keinen Unterschied zwischen der Beschlagnahme nach § 111c und der Arrestierung nach § l l l d , sondern bezeichnete beide Maßnahmen als Sicherstellung. So stellte er z.B. ausdrücklich „beschlagnahmte oder gepfändete bewegliche Sachen" und „beschlagnahmte oder mit einer Sicherungshypothek belastete Grundstücke" gleich. 41 Statt dessen wollte er die Hauptverhandlung grundsätzlich mit einer endgültigen Entscheidung abschließen, jedoch mit einer Ausnahme: „Im Interesse von Verletzten kann allenfalls unter Umständen die Sicherstellung während eines vertretbaren Zeitraumes weiter aufrechterhalten bleiben (§ llli), sofern die Zeit bis zum Abschluß der Hauptverhandlung zu kurz war; um die gegebenen Zugriffsmöglichkeiten auszunützen. " 42 Demzufolge hat der Gesetzgeber mit § l l l i zwecks Korrektur unbilliger Sachverhalte ausnahmsweise Sicherstellungen aufrecht erhalten wollen, wobei er zuvor die Beschlagnahme nach § 111c und den Arrest nach § l l l d , insbesondere die hier relevante Arrestvollziehung durch Sicherungshypothek in ein Grundstück, gemeinsam als Sicherstellung bezeichnet und verstanden hatte. Zudem sollte der Verletzte dem Zitat zu Folge anhand von § l l l i die gegebenen Zugriffsmöglichkeiten ausnützen können. Diese sind jedoch nicht nur in § 111g nach vorheriger Durchführung der Beschlagnahme zu finden, sondern für den Zugriff des Verletzten auf Grundstücke, in die ein Arrest nach § l l l d vollzogen worden ist, auch in § 111h. 43 Dies zeigt bereits deutlich, dass der Gesetzgeber mit § l l l i allgemein Sicherstellungen von Vermögenswerten verlängern sollte, also auch die Vollziehung von Arresten nach § l l l d , damit ein Verletzter auf die so sichergestellten Vermögenswerte zwecks Schadloshaltung zugreifen kann. Dafür spricht auch ein weiterer Umstand. Der Gesetzgeber hatte ursprünglich in seinem Gesetzesentwurf, mit dem er die §§ 111b ff. einführte, zusätzlich die Vorschrift des § 463d vorgeschlagen. Diese sah eine weitere Möglichkeit zur Schadloshaltung des Verletzten vor, wenn dieser bis zum Abschluss der Hauptverhandlung bzw. bis zur Aufhebung der Sicherstellung trotz der Verlängerungsmöglichkeit des § l l l i mit seinen Forderungen keine Befriedigung oder Sicherung erlangen konnte. 44 Gemäß § 463d sollte 40 41 42 43

BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung. BT-Drucks. 7/550, S. 292 Ii. Sp. BT-Drucks. 7/550, S. 292 re. Sp. Vgl. Protokolle 7, S. 652 zu § 11 lg und § 11 lh.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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sich der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches gegen den Täter bei erfolgloser Zwangsvollstreckung an die Staatskasse halten können, wenn bei dem Täter eine Geldstrafe, Verfall oder Einziehung von Wertersatz sowie Verfall oder Einziehung eines Gegenstandes vollstreckt worden sind. 45 § 463d wurde wie folgt begründet:

„Die Vorschrift führt die den §§ 11 lg bis llli Ld.F. der Nummer 27 zugrunde liegende Zielsetzung fort: Hat der Verletzte eine Sicherung oder Befriedigung au beschlagnahmten oder auf Grund eines Arrestes nach § llld gepfändeten Sachen nicht erlangen können und ist er deshalb mit seiner Schadensersatzforderung ganz oder zum Teil leer ausgegangen, so soll der Staat ihm das durch die Vollstreckung eines Verfalls, einer Einziehung, aber auch einer Geldstrafe Erlangte herausgeben. Durch eine solche nur für den Fall der fruchtlosen Zwangsvollstreckung gegen den Täter vorgesehene Regelung sollen Härten, die im Einzelfall bei den Verfahren nach den §§ 111g bis 1 Iii für den Verletzten auftreten können, ausgeglichen werden. ' i46 Zwar ist der vorgeschlagene § 463d später wegen mehreren Bedenken und zu kurzer Beratungszeit nicht übernommen worden. 47 Aus der zitierten Begründung ergibt sich aber, dass der Gesetzgeber mit den §§ 111g, 111h und dem ebenfalls zitierten § l l l i das Ziel verfolgte, dass sich der Verletzte zunächst aus den beschlagnahmten oder arrestgepfändeten Sachen befriedigen oder sichern können sollte. Bei Fruchtlosigkeit trotz § l l l i sollte er sich nach einer staatlichen Vollstreckung auch wegen des Verfalls von Wertersatz an die Staatskasse halten können. Diese wiederum kann nur durch einen zuvor vollzogenen dinglichen Arrest nach § l l l d gesichert werden. Dies zeigt ebenfalls, dass vom Gesetzgeber auch mit § l l l i geplant war, dem Verletzten zu ermöglichen, sich aus allen sichergestellten Gegenständen - unabhängig davon, ob beschlagnahmt, arrestgepfändet oder als Grundstück mit einer Sicherungshypothek belastet - schadlos halten zu können. Dazu sollten ausdrücklich auch solche Gegenstände gehören, die wegen Verfall von Wertersatz durch dinglichen Arrest nach § l l l d sichergestellt worden sind. Schließlich hat der Gesetzgeber allgemein die Sicherstellung durch Beschlagnahme nach § 111c oder durch dinglichen Arrest nach § l l l d in den Dienst der Schadloshaltung des Verletzten und des Opferschutzes gestellt, indem er diesem eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit nach den §§ 111g, 111h und den Zugriff auf sonstige, arrestgepfändete Vermögensgegenstände ermöglicht. 48 Diesem Ziel dient es darüber hinaus, wenn im Wege der 44 45 46 47 48

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7/550, S. 292 re. Sp. 7/550, S. 52 zu § 463d. 7/550, S. 315 zu § 463d. 7/1261, S. 32 re. Sp. 7/550, S. 292 Ii. Sp., S. 294 zu § 11 lg, S. 295 zu § 11 lh.

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Zurückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 auch unter den Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz der dingliche Arrest nach § l l l d zur Sicherung der Restitutionsinteressen des Geschädigten angewandt werden kann. Nach § l l l e Abs. 3 und 4 ist die Arrestanordnung den durch die Tat Verletzten mitzuteilen bzw. bekannt zu machen, damit sie ihre Ansprüche auch tatsächlich geltend machen und durchsetzen können. 49 Das Gesamtkonzept der §§ 111b ff. einschließlich § l l l i beruht also darauf, trotz ergangener oder sogar mit Hilfe von dinglichen Arresten, die wegen Verfall von Wertersatz ergangen sind, anhand der bestehenden Zugriffsmöglichkeiten eine Schadloshaltung des Verletzten zu erreichen. Demzufolge widerspricht die Nichtregelung der Aufrechterhaltung von Sicherstellungen durch dinglichen Arrest in § l l l i dem den §§ 111b ff. und speziell dem § l l l i zugrundeliegenden Regelungsplan des Gesetzgebers von einer Schadloshaltung des Verletzten. Eine dahingehende planwidrige Regelungslücke in § l l l i ist somit zu bejahen.

(cc) Analoge Anwendung des § l l l i Diese Regelungslücke könnte durch eine analoge Anwendung des § l l l i geschlossen werden, sofern zusätzlich ein mit der in § l l l i geregelten Beschlagnahme vergleichbarer Sachverhalt sowie die Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung zu bejahen ist. § l l l i bietet für den Fall, dass wegen Ansprüchen von Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB im Urteil nicht auf Verfall oder Verfall von Wertersatz erkannt wird, dem Richter die Möglichkeit, die Beschlagnahme nach § 111c für einen bestimmten Zeitraum aufrechtzuerhalten. Beschlagnahmt werden nach §§ 111b Abs. 1, 111c nur Gegenstände des Verfalls, auf die der Verletzte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nach seiner Zulassung gemäß § 111g Abs. 2 vorrangig vor dem Staat und anderen Gläubigern zugreifen darf. 5 0 Damit der Verletzte die Rechte aus § 111g wahrnehmen kann 5 1 , hat der Beschluss des Richters nach § l l l i die Wirkung, dass die Beschlagnahme für maximal drei Monate bestehen bleibt. Ansonsten würde mit der richterlichen Entscheidung auch die Beschlagnahme enden und damit auch die Möglichkeit des Verletzten, eine Zulassung nach § 111g Abs. 2 mit der Folge der bevorrechtigten Zugriffsmöglichkeit zu erreichen. 52 49 50 51 52

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l e , Rn. 11. s.o. unter C., II., 3. Pfeiffer, § l l l i , Rn. 4; HK -Lemke, § 11 Ii, Rn. 1, 6. s.o. unter C., I., 1., c), aa), (2), (a), (bb) u. (b).

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

199

Sind im Vermögen des Straftäters aber keine Gegenstände mehr vorhanden oder von vorneherein nicht erlangt, deren Verfall und Beschlagnahme angeordnet werden könnte, so kommt nur noch der Verfall von Wertersatz nach § 73a StGB in Betracht. Sind Gründe für die Annahme des Vorliegens seiner Voraussetzungen vorhanden, so kann zur Sicherung der entsprechenden Ansprüche des Justizfiskus nach § 111b Abs. 2 oder der Verletztenansprüche nach § 111b Abs. 5 der dingliche Arrest u.a. in Grundstücke nach § 11 l d i.V.m. § 932 ZPO vollzogen werden. Auf diese kann dann der Verletzte wiederum bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, da § 111h Abs. 2 Satz 2 für die Zulassung der Rangänderung auf § 111g Abs. 2 Satz 3 verweist, vorrangig vor dem Staat zugreifen und sich daraus befriedigen. 53 § l l l d stellt also für die Fälle, in denen ein bestimmter Verfallsgegenstand fehlt, der beschlagnahmt werden könnte, die notwendige Ergänzung zu den §§ 111b Abs. 1, 111c dar, um auch hier eine Sicherung zu Gunsten der Verletztenansprüche zu erreichen. Stehen dem Verletzten aus der Straftat erwachsene Ansprüche i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu, kann er deshalb sowohl auf beschlagnahmte als auch auf arrestierte Grundstücke nach den §§ 111g, 111h zugreifen. § l l l i regelt somit einen Beschlagnahme-Sachverhalt, der mit dem eines wegen Verfalls von Wertersatz durch dinglichen Arrest nach § l l l d sichergestellten Grundstücks vergleichbar ist, dem jedoch Ansprüche des Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Zudem knüpft § l l l i bereits selbst in seinem Wortlaut an die Unmöglichkeit, auf Verfall von Wertersatz zu erkennen, an. Zugleich wäre es unbillig, wenn der Verletzte nicht auch bei einem dinglichen Arrest von der Verlängerungsmöglichkeit des § l l l i Gebrauch machen könnte. Dem Verletzten steht oft bis zur Hauptverhandlung und Urteilsentscheidung nicht genügend Zeit zur eigenen Titulierung zur Verfügung, um im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung Zugriff auf die arrestierten Werte nehmen zu können. Würde dann aber der Arrest aufgehoben, so liefe der Verletzte Gefahr, bei späterer Titulierung kein vollstreckbares Vermögen des Täters mehr vorzufinden. 54 Denn dieses ist oftmals bei Nichtsicherstellung schnell veräußert oder sonst verschwunden und wird so dem Zugriff der Verletzten entzogen. 55 Die Aufrechterhaltung des Arrestes bis zu drei Monaten nach dem Strafurteil ist zwar eine äußerst kurz bemessene Zeitspanne, in der es für den Verletzten schwierig ist, überhaupt - insbesondere bei komplexen Fällen - noch rechtzeitig vor Frist53

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h, S. 294 zu § 111g. KMR-Müller, § l l l i , Rn. 4. 55 Vgl. Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; Kilchling wistra 2000, 241 (249); Hoffmann MDR 1984, 617 (617); Podolsky, S. 99; LKA Baden-Württemberg, S. 28; Schürholz Die Polizei 1999, 257 (259). 54

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

ablauf eine zivilprozessuale, zumindest vorläufig vollstreckbare Titulierung zu erlangen. 56 Jedoch steht dem Verletzten auch der vorläufige Rechtsschutz des zivilprozessualen Arrestes nach den §§ 916 ff. ZPO zur Verfügung, mit dem er innerhalb kürzester Zeit Sicherungen erlangen kann. Hiermit kann er sogar kurzfristig auf neu identifizierte und arrestierte Vermögenswerte reagieren, auch wenn sie erst kurz vor der Hauptverhandlung entdeckt werden. Die Hauptverhandlung und Verurteilung des Täters gibt dem Verletzten aber auch oft erst die endgültigen Mittel und Informationen an die Hand, um sich gegen den Täter dann endgültig titulieren zu können, z.B. wenn der Zivilrechtsstreit bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt ist. Deshalb bietet § l l l i dem Verletzten eine nicht unerhebliche Möglichkeit, in weiteren drei Monaten die Titulierung zumindest mit einem Arrestbefehl zu erreichen und anschließend die Sicherung seiner Ansprüche zu erlangen. Nur durch analoge Anwendung des § l l l i ist daher ein effektiver, im Einklang mit dem Zielen in §§ 111b ff. stehender Rechtsschutz des Verletzten zur Schadloshaltung möglich. Andernfalls würde immer mit Ergehen einer rechtskräftigen oder noch nicht rechtskräftigen Entscheidung die Arrestierung unmittelbar enden, die Werte des Täters freiwerden und eine Zulassung der Rangänderung nach § 111h ausscheiden. Analog § l l l i ist daher die Aufrechterhaltung des dinglichen Arrestes nach § 11 l d für die Dauer von höchstens drei Monaten möglich, wenn eine Entscheidung - rechtskräftig oder nicht - getroffen wird, die wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz absieht. (2) Rechtskräftige Entscheidung mit Anordnung des Verfalls oder der Einziehung von Wertersatz

von Wertersatz

Ein Ende der Arrestierung des Grundstücks kommt weiter dann in Betracht, wenn in einem rechtskräftigen Urteil der Verfall von Wertersatz oder die Einziehung von Wertersatz gemäß der §§ 73a, 74c StGB angeordnet wird. Diese Entscheidung hat allerdings nicht automatisch zur Folge, dass die nach § l l l d ergangenen Arrestanordnungen wirkungslos werden. 57 Die Urteilsanordnung bewirkt in einem solchen Fall zunächst das Entstehen eines 56

So Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV), Telefonische Auskunft v. 27.7.2001; kritisch auch Heghmanns ZRP 1998, 475 (476 f.); Güntert, S. 72; Lenz, S. 289; Hildenstab, S. 123 f.; Albrecht, S. 46; Achenbach, in: Blau-FS, S. 15; Goos wistra 2001, 313 (313). 57 SK-Rudolphi, § l l l e , Rn. 17; KK-Nack, § l l l e , Rn. 14; LR-Schäfer, § l l l e , Rn. 21.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

201

Zahlungsanspruches gegen den Angeklagten und schafft so erst einen vollstreckbaren Titel für den Staat. Dieser Titel bedarf allerdings auch im Falle der vorherigen Vollziehung eines dinglichen Arrestes in das Grundstück noch der eigenen Vollstreckung gemäß §§ 459g Abs. 2, 459. 5 8 Hat nämlich ein Gläubiger, hier der Justizfiskus, bezüglich einer durch Arrest gesicherten Forderung ein rechtskräftiges Urteil erlangt, dann wird aus der (Arrest-) Sicherungshypothek aus § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 932 ZPO nicht kraft Gesetzes eine Zwangsicherungshypothek gemäß §§ 866, 867 ZPO. 5 9 Der Justizfiskus kann und muss als weitere Vollstreckungsmaßnahme unter Vorlage des erlangten Strafurteils beim Grundbuchamt die Umwandlung der Arresthypothek in eine mit dem Rang der Arresthypothek neu zu begründende Zwangssicherungshypothek nach §§ 866, 867 Abs. 1, 2 ZPO beantragen. Erst diese, nicht aber schon die durch Vollziehung des Arrestes begründete Arresthypothek, ermöglicht dann zur Befriedigung unmittelbar die Zwangsversteigerung gemäß § 867 Abs. 3 ZPO, da § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 932 Abs. 2 ZPO nicht auf § 867 Abs. 3 ZPO verweist. 60 Demgemäß handelt es sich bei der Sicherungshypothek des Justizfiskus i.S.d. § 111h Abs. 1 Satz 1 solange um eine durch Vollzug eines dinglichen Arrestes nach § l l l d begründete (Arrest-)Sicherungshypothek, mit der dem Verletzten die Rangänderung möglich ist, bis diese durch Eintragung in eine ordentliche (Zwangs-)Sicherungshypothek umgewandelt worden ist. Erst letztere Hypothek beruht dann nicht mehr auf dem Arrest nach § l l l d , sondern auf dem den Verfall oder die Einziehung von Wertersatz anordnenden rechtskräftigem Titel. 6 1 Solange also noch die Sicherungshypothek als eine Arresthypothek nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 932 ZPO im Grundbuch eingetragen ist, solange besteht auch die Arrestierung des Grundstücks i.S.d. § 111h weiter. Der Verletzte kann in dieser Zeit weiterhin trotz rechtskräftiger Entscheidung über den Verfall oder die Einziehung von Wertersatz die Rangänderung und ihre Zulassung nach § 11 l h Abs. 2 verlangen. Erst mit Umwandlung in die Zwangssicherungshypothek durch die vom Grundbuchamt vorzunehmende Eintragung endet die eigentliche Arrestierung des Grundstücks. Damit endet dann auch die Möglichkeit für den Verletzten, nach Zwangsvollstreckung noch Zulassung und Rangänderung gemäß § 111h zu erwirken. 58 Vgl. BGHSt 28, 369 (370); Schönke/Schröder-Eser, § 74c, Rn. 13; Tröndle/ Fischer, § 74c, Rn. 3; LR-Schäfer, § l l l e , Rn. 21; LG München NStZ 1989, 285 (285). 59 BGH NJW 1997, 3230 (3233); Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 932, Rn. 3; Stein/Jonas-Grunsky, § 932, Rn. 14. 60 Thomas/Putzo-Reichold, § 932, Rn. 1; BGH NJW 1997, 3230 (3233); Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 932, Rn. 3; LG Zweibrücken NJW-RR 1995, 512. 61 Vgl. Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 932, Rn. 3; BGH NJW 1997, 3230 (3233); LG Zweibrücken NJW-RR 1995, 512.

202

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

(3) Aufhebung der Arrestanordnung

während des Strafverfahrens

Zu einem Ende der Arrestierung des Grundstücks führt auch die Aufhebung der Arrestanordnung bereits während des Strafverfahrens. Entfällt während des Strafverfahrens eine der Voraussetzungen für die Anordnung des Arrestes wegen Verfall oder Einziehung von Wertersatz, so ist die Anordnung vom zuständigen Gericht aufzuheben. 62 Dabei müssen gemäß § 111b Abs. 3 spätestens sechs bzw. ausnahmsweise neun Monate nach der Anordnung sogar dringende Gründe für die Annahme vorhanden sein, dass die Voraussetzungen des Verfalls oder der Einziehung von Wertersatz nach § 111b Abs. 2 oder der Zurückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 vorliegen. Mit Aufhebung der Arrestanordnung werden von Amts wegen zugleich alle Vollziehungsmaßnahmen aufgehoben. 63 Die Aufhebung hat auch hier wieder zur Folge, dass mit der Aufhebungsentscheidung die in Vollzug des Arrestes auf dem Grundstück zu Gunsten des Justizfiskus eingetragene Sicherungshypothek nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. §§ 932 Abs. 2, 868 ZPO kraft Gesetzes auf den übergeht, der zum Zeitpunkt der Aufhebung Eigentümer des Grundstücks war. Sie wird damit gemäß § 1177 Abs. 1 BGB zur Eigentümergrundschuld. 64 Bei der Eigentümergrundschuld handelt es sich dann nicht mehr um die durch den Vollzug des dinglichen Arrestes nach § l l l d begründete Sicherungshypothek i.S.d. § 111h Abs. 1 Satz 1 mit der Folge, dass der Verletzte mit der Eigentümergrundschuld keine Rangänderung mehr nach § 111h verlangen kann. Ist die Arrestierung dagegen zunächst nur zur Sicherung der staatlichen Ansprüche wegen Verfall von Wertersatz nach § 111b Abs. 2 angeordnet worden, stellt sich aber während des Ermittlungsverfahrens heraus, dass der Verfall von Wertersatz wegen Ausgleichsansprüchen des Verletzten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht angeordnet werden wird, so führt dies nicht sofort zur Aufhebung. Denn § 11 l b Abs. 5 lässt für diesen Fall ebenfalls die Arrestierung zur Sicherung der Ausgleichsansprüche des Verletzten mittels Zurückgewinnungshilfe zu, so dass hier statt Aufhebung lediglich die Begründung der Arrestanordnung angepasst werden muss. 65 Mit der Aufhebung der Arrestanordnung schon während des Strafverfahrens endet somit ebenfalls die Arrestierung des Grundstücks und damit die 62

KK-Nack, § l l l e , Rn. 15; SK-Rudolphi, § l l l d , Rn. 12; Pfeiffer, § llle, Rn. 7. 63 LR-Schäfer, § 11 ld, Rn. 34; KK-Nack, § 11 ld, Rn. 13; Pfeiffer, § 11 ld, Rn. 8; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 255 (256). 64 OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 68; Thomas/Putzo-Reichold, § 932, Rn. 1; Zöller-Vollkommer, § 932, Rn. 6; Zöller-Stöber, § 868, Rn. 3; MüKo-Heinze, ZPO, § 932, Rn. 16. 65 Zutreffend KK-Nack, § l l l e , Rn. 15; SK-Rudolphi, § l l l e , Rn. 17.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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Möglichkeit zur Rangänderung, so dass es nach § 111h Abs. 2 hierzu dann auch keiner Zulassung mehr bedarf.

(4) Rechtskräftige

Verhängung der Geldstrafe

oder Vermögensstrafe

Weiter kann in einem Urteil eine Geldstrafe nach §§40 ff. StGB oder eine Vermögensstrafe nach § 43a StGB für den Täter rechtskräftig verhängt werden. Gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 2 kann nach Ergehen des Urteils zur Sicherung des Zahlungsanspruches wegen der Geldstrafe der dingliche Arrest angeordnet werden. Gemäß § I l i o Abs. 1 kann ein Arrest zudem bereits im Vorfeld des Urteils wegen anzunehmender Verhängung der Vermögensstrafe ergehen. Beide Arreste können nach § l l l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2 i.V.m. § 932 ZPO in ein Grundstück vollzogen werden. Mit der Rechtskraft des Urteils entsteht für den Staat jeweils ein vollstreckbarer Titel über die Zahlungsansprüche wegen Geld- bzw. Vermögensstrafe. 66 Wie in dem bereits geschilderten Fall eines rechtskräftigen Urteils, in dem der Verfall oder die Einziehung von Wertersatz angeordnet wird 6 7 , muss auch hier der Justizfiskus zur Beitreibung der jeweiligen Forderung noch als weitere Vollziehungsmaßnahme gemäß §§ 459 ff. bzw. §§ 459i, 459 ff. die Umwandlung der bestehenden Arresthypothek in eine Zwangssicherungshypothek zum Zwecke der Zwangsversteigerung beantragen. Erst mit Eintragung der Umwandlung kann der Justizfiskus also die Zwangsversteigerung betreiben. Dies bedeutet, dass auch erst dann die Hypothek nicht mehr auf der wegen Geld- oder Vermögensstrafe vollzogenen Arrestanordnung, sondern auf dem rechtskräftigen Urteil als Titel beruht. Damit gilt auch bei der rechtskräftigen Verhängung einer Geld- oder Vermögensstrafe die Arrestierung i.S.d. § 111h Abs. 1 Satz 1 erst als beendet, wenn die Arresthypothek durch Eintragung im Grundbuch umgewandelt ist. Solange ist daher dem Verletzten die Zwangsvollstreckung in das arrestierte Grundstück mit anschließender Rangänderung nach § 111h noch möglich.

(5) Kostenansatz nach rechtskräftiger

Ko stenentScheidung des Urteils

Darüber hinaus kommt ein Ende der Grundstücksarrestierung mit dem Kostenansatz nach rechtskräftiger Kostenentscheidung des Urteils in Betracht. 66

LR-Schäfer, § l l l d , Rn. 8; SK-Horn, StGB, § 40, Rn. 20; Schönke/SchröderStree, § 43a, Rn. 5; SK-Horn, StGB, § 43a, Rn. 16, 19. 67 s.o. unter D., I., 1., d), bb), (2).

204

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Wenn gegen den Angeklagten ein auf Strafe lautendes Urteil ergangen ist, kann gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 1 4. Alt., Satz 2 auch wegen der voraussichtlich entstehenden Kosten des Strafverfahrens, die der Verurteilte der Staatskasse aufgrund der Kostenentscheidung gemäß § 464 zu erstatten hat, der dingliche Arrest angeordnet und in ein Grundstück vollzogen werden. Da die Kostenentscheidung des Urteils i.S.d. § 464 lediglich allgemein die Kostentragungspflicht trifft, ohne bereits die Höhe der Kosten zu beziffern, wird das rechtskräftige Urteil noch nicht zu einem vollstreckbaren Titel. Erst mit dem Kostenansatz durch die Gerichtskasse im Kostenansatzverfahren nach § 4 Abs. 2 GKG liegt ein nach der Justizbeitreibungsordnung vollstreckbarer Titel über die Kostenforderung vor. 6 8 Auch hier muss also der Justizfiskus als Gläubiger zur Beitreibung der nach wie vor arrestgesicherten Forderung durch eine weitere Vollziehungsmaßnahme wieder anhand des vollstreckbaren Titels die Umwandelung der Arresthypothek in eine Zwangssicherungshypothek beantragen. Mit deren Eintragung kann er dann daraus die Zwangsversteigerung betreiben und seine Kostenforderung befriedigen. Erst dann beruht die Hypothek nicht mehr auf der vollzogenen Arrestanordnung, sondern auf dem rechtskräftigen Titel. Damit gilt auch bei der Festsetzung der Kosten nach rechtskräftiger Kostenentscheidung die Arrestierung i.S.d. § 111h Abs. 1 Satz 1 erst als beendet, wenn die wegen der voraussichtlichen Verfahrenskosten begründete (Arrest-)Sicherungshypothek durch Eintragung im Grundbuch in eine Zwangssicherungshypothek umgewandelt wurde. Solange ist daher dem Verletzten die Zwangsvollstreckung in das arrestierte Grundstück mit anschließender Rangänderung nach § 111h noch möglich.

(6) Aufhebung der Arrestvollziehung

aus sonstigen Gründen

Schließlich kann unter bestimmten Voraussetzungen die einzelne Arrestvollziehungsmaßnahme, hier die der Eintragung der Sicherungshypothek, oder die Arrestanordnung selbst durch Beschluss des zuständigen Gerichts wieder aufgehoben werden. Wird zum einen gemäß § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 934 Abs. 1 ZPO der in der Arrestanordnung genannte Geldbetrag vom Beschuldigten hinterlegt oder dem gleichgestellt eine entsprechende Bankbürgschaft beigebracht, so ist die Arrestvollziehungsmaßnahme, nicht aber auch die Arrestanordnung aufzuheben. 69 Ist der Arrest wegen einer Geldstrafe oder der voraussichtlich 68 OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 255 (256); Kleinknecht/Meyer-Goßner, Rn. 2; § 464a, Rn. 1. 69 SK -Rudolphi, § l l l d , Rn. 14; KK-Nack, § l l l d , Rn. 11, 8; Pfeiffer, Rn. 7.

§ 464, § llld,

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

205

entstehenden Kosten angeordnet worden, muss die jeweilige Vollziehungsmaßnahme unter den Voraussetzungen des § l l l d Abs. 3 wieder aufgehoben werden. 70 Bei der Vermögensstrafe wird im Falle der Hinterlegung des festgesetzten Geldbetrages der Schuldner gemäß § I l i o Abs. 2 Satz 1, 2 zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt. Beschließt das Gericht in den vorgenannten Fällen die Aufhebung der Eintragung der Sicherungshypothek oder der Arrestanordnung, so wird damit die zuvor zu Gunsten des Justizfiskus eingetragene Sicherungshypothek wieder zu einer Eigentümergrundschuld. 71 Damit endet dann auch hier aus den bereits genannten Gründen 72 die Arrestierung des Grundstücks i.S.d. § 111h Abs. 1 Satz 1 und die Möglichkeit zur Rangänderung nach § 111h.

e) Ergebnis Das in § 111h gewährte Recht, nach Zulassung die Rangänderung zu verlangen, besteht nur, wenn die Vollstreckung eines Verletzten auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches in ein bereits und noch nach § l l l d oder § I l i o arrestiertes Grundstück oder grundstücksgleiches Recht erfolgt. Des Weiteren besteht die Möglichkeit zur Rangänderung nur solange, solange auch die Arrestierung des Grundstücks durch Belastung mit einer (Arrest-)Sicherungshypothek zu Gunsten des Justizfiskus gegeben ist. Die Arrestierung beginnt mit der in Vollziehung des Arrestes nach § l l l d oder § I l i o vorgenommenen Eintragung der (Arrest-)Sicherungshypothek zu Gunsten des Justizfiskus. Sie endet abhängig vom Einzelfall mit der rechtskräftigen Urteilsentscheidung, wenn diese den Verfall oder die Einziehung von Wertersatz nicht anordnet, mit der Aufhebung der Arrestanordnung oder einzelnen Arrestvollziehungsmaßnahme und ansonsten mit der Eintragung der Umwandlung der (Arrest-)Sicherungshypothek in eine (Zwangs-)Sicherungshypothek i.S.d. § 867 ZPO. Verletzte und andere Gläubiger, die ihre Vollstreckungsmaßnahmen bereits vor Beginn oder erst nach Ende der Arrestierung des Grundstücks vornehmen, können eine Rangänderung nach § 11 l h nicht verlangen. Die Möglichkeit zur Rangänderung nach § 111h ist bei allen in ein Grundstück vollzogenen, dinglichen Arresten eröffnet, unabhängig davon, ob die Arrestanordnung gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d wegen des Verfalls von Wertersatz, gemäß § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 wegen Zurückgewinnungshilfe, gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 1 2. bis 4. Alt. wegen der Einzie70 71 72

LR-Schäfer, § l l l d , Rn. 29; SK-Rudolphi, § l l l d , Rn. 15. Thomas/Putzo-Reichold, § 932, Rn. 1. s.o. unter D., I., 1., d), bb), (1), (a).

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

hung von Wertersatz, wegen einer Geldstrafe oder der voraussichtlichen Verfahrenskosten oder auch gemäß § I l i o Abs. 1, Abs. 5 i.V.m. § 111h wegen einer zu erwartenden Vermögensstrafe erfolgt ist. In allen diesen Fällen von Arresten geht der aus der Tat erwachsene Anspruch des Verletzten den Zahlungsansprüchen des Justizfiskus gegen den Täter nach § 111h vor. Dingliche Arreste, die gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d wegen des Verfalls von Wertersatz oder entsprechend gemäß § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 wegen Zurückgewinnungshilfe angeordnet worden sind, können analog § l l l i für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten werden.

2. Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses in § 111h Abs. 2 Nach Festlegung des Anwendungsbereichs des § 111h kann sich nunmehr der Untersuchung der Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses in § 111h Abs. 2 zugewandt werden. Die Untersuchung der Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses in § 111g Abs. 2 hat gezeigt, dass dieser auf Grund seiner „Filterfunktion" in § 111g Abs. 1 und der „Vorrangfunktion" in § 111g Abs. 3 Satz 1 erhebliche Auswirkungen auf das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip und damit auf die Rangfolge der Sicherungsrechte und Befriedigungsaussichten unter den Verletzten und anderen Vollstreckungsgläubigern hat. Zur Verwirklichung des den §§ 111b ff. zu Grunde liegenden Zieles der Schadloshaltung der Opfer kann sich der gemäß § 111g Abs. 2 zugelassene Verletzte gegenüber nicht zugelassenen Verletzten und anderen Gläubigern rangmäßig besser stellen. Auch kann dieser gegenüber anderen, zugelassenen Verletzten seinen Rang verteidigen, da durch § 111g unter mehreren privilegierten Verletzten das Prioritätsprinzip nicht abgeändert werden sollte. 73 Nach der amtlichen Begründung zu § 111h enthält diese Vorschrift die § 111g entsprechende Regelung für Grundstücke, in die auf Grund eines Arrestes nach § l l l d die Arrestvollstreckung betrieben worden ist. 7 4 Gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 kann der Verletzte - nach Zulassung der Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 - verlangen, dass die durch den Vollzug des Arrestes nach § l l l d zu Gunsten des Justizfiskus begründete Sicherungshypothek hinter seinem eigenen Recht im Rang zurücktritt. Es soll daher nachfolgend untersucht werden, welche Rechtsfolgen der Zulassungsbeschluss in § 111h Abs. 2 für die Rangfolge der Sicherungsrechte und Befriedigungsaussichten mehrerer Vollstreckungsgläubiger untereinander hat. 73 74

s.o. unter C., II., 3. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke a) Grundsätzliche

207

Geltung des Prioritätsprinzips

Bei der Zwangsvollstreckung oder der Vollziehung von Arresten in ein Grundstück gemäß §§ 867, 932 ZPO kommt es für die Frage der Rangfolge der Sicherungshypotheken untereinander und damit der erstrangigen Befriedigung aus ihnen darauf an, wer i.S.d. § 879 BGB zeitlich als Erster im Grundbuch eingetragen worden ist. 7 5 Dies gilt auch, wenn zu Gunsten des Justizfiskus nach § l l l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2 i.V.m. §§ 932, 867 Abs. 1 ZPO in Vollziehung des dinglichen Arrestes eine Arrestsicherungshypothek eingetragen wird. Unter den im Grundbuch eingetragenen Sicherungsrechten des Justizfiskus, der Verletzten und der anderen Vollstreckungsgläubiger gilt somit grundsätzlich das Prioritätsprinzip. 76 b) Änderung des Prioritätsprinzips

durch den Zulassungsbeschluss?

Festzustellen ist, welche Änderungen sich für das Prioritätsprinzip ergeben, wenn ein Verletzter nach seiner Vollstreckung in das Grundstück den Beschluss über die Zulassung der Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 erhält und damit den Rangrücktritt nach § 111h Abs. 1 Satz 1 verlangt. aa) Die Rangfolge zwischen Verletztem und Justizfiskus (Staat) § 111h könnte zunächst Auswirkungen auf die Rangfolge zwischen einem Verletzten und dem Justizfiskus (Staat) haben. Anders als die Beschlagnahme, bei der nach § 111c Abs. 5 nur ein Veräußerungsverbot wirkt, begründet die Vollziehung des dinglichen Arrestes gemäß § l l l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2 i.V.m. § 932 ZPO zur Sicherung der jeweiligen Zahlungsansprüche des Justizfiskus eine Sicherungshypothek auf dem jeweiligen Grundstück. Denn nur mit einer solchen ist bei der Arrestierung von Grundstücken eine Sicherung und zugleich eine Rangänderung zu Gunsten eines Verletzten möglich. Ein Verletzter, der nach dem Justizfiskus als Nächster wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreibt, erlangt allerdings wegen § 879 Abs. 1 BGB immer nur eine nachrangige Sicherungshypothek und kann sich deshalb auch nur nach dem Justizfiskus aus dem Grundstück befriedigen. Der Verletzte kann aber gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1, Satz 4 i.V.m. § 880 BGB den Rücktritt der Sicherungshypothek aus dem dinglichen Ar75

s.o. unter C., II., 1., a) und unter C., II., 1., b). Vgl. Staudinger-Gursky, § 879, Rn. 34; MüKo-Wacke, § 879, Rn. 10, 14; Jauernig-Jauernig, § 879, Rn. 3; Wacke JA 1981, 94 (96). 76

208

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

rest hinter seine Sicherungshypothek verlangen, wenn er die hierfür nach § 111h Abs. 2 erforderliche Zulassung erlangt. M i t dem Zulassungsbeschluss steht ihm sozusagen ein Anspruch auf Rangrücktritt der Sicherungshypothek gegen den Justizfiskus zu. 7 7 Auf sein Verlangen hin wird gemäß § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB die zugelassene Rangänderung beim Grundbuchamt unter Vorlage des Zulassungsbeschlusses gemäß § 111h Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 3 Satz 3 eingetragen. Die Eintragung hat die Wirkung, dass die Völlstreckungsmaßnahme des Verletzten der Sicherungshypothek aus dem dinglichen Arrest vorgeht 78 , also das Recht des Verletzten Vorrang vor dem Recht des Justizfiskus hat 7 9 . Damit verdrängt das vorgehende Recht des Verletzten die zurücktretende (Arrest-)Sicherungshypothek des Justizfiskus aus ihrem Rang so, wie wenn es von Anbeginn an deren Stelle eingetragen gewesen wäre. Letztere erlangt also den Rang, den die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten ohne Rangänderung erhalten würde. 80 Damit erfolgt hier ein schlichter Rangtausch unmittelbar benachbarter Sicherungsrechte mit dinglicher Wirkung. 8 1 Die Zulassung und die nachfolgende Eintragung der Rangänderung auf Grund des Zulassungsbeschlusses in § 111h Abs. 2 führen also dazu, dass der Verletzte mit seinem Zugriff auf das Grundstück des Täters eine Sicherung und Befriedigungsaussicht in der Zwangsversteigerung erlangt, ohne Rücksicht auf die zu Gunsten des Justizfiskus eingetragene Sicherungshypothek nehmen zu müssen. Das nach § 879 BGB bestehende Rang Verhältnis und damit das zwischen den Vollstreckungsmaßnahmen des Justizfiskus und des Verletzten geltende Prioritätsprinzip werden somit zu Gunsten des Verletzten nachträglich abgeändert. Dies bedeutet, dass ebenso wie die Beschlagnahme nach § 111g Abs. 1 auch jede Arrestierung eines Grundstücks gegenüber einem (zugelassenem) vollstreckungsrechtlichen Zugriff des Verletzten wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches keine Wirkung hat. Die Ausgleichsansprüche des Verletzten gehen in Folge von § 111h Abs. 1 Satz 1 denen des Justizfiskus wegen Verfall oder Einziehung von Wertersatz, wegen Geld- oder Vermögensstrafe oder wegen Verfahrenskosten immer vor und werden nicht durch staatliche Sicherstellungsmaßnahmen mittels dinglichen Arrestes beeinträchtigt. 82 Andere, „normale" Gläubiger dagegen können eine Zulas77 So OLG Stuttgart NStZ-RR 1999, 383 (383); LG Ulm NStZ-RR 1999, 369; vgl. auch Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 32. 78 KMR-Müller, § 111h, Rn. 4; vgl. Palandt-Bassenge, § 880, Rn. 5. 79 AK-Achenbach, vor §§ 11 lb-11 In, Rn. 12. 80 KMR-Müller, § 111h, Rn. 4; vgl. MüKo -Wacke, § 880, Rn. 14. 81 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h; LR-Schäfer, § 111h, Rn. 1; OLG Düsseldorf OLGZ 1966, 489 (490); Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 33; MüKoWacke, § 880, Rn. 16.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

209

sung der Rangänderung nicht erreichen und müssen gegenüber dem Justizfiskus nachrangig bleiben. Ebenso wie mit § 111g verfolgte der Gesetzgeber also auch mit § 11 l h das Ziel der Schadloshaltung des Verletzten, indem er diesem darin die weitere Zugriffsmöglichkeit bietet, sich vorrangig vor dem Justizfiskus aus den arrestierten Grundstücken des Täters befriedigen zu können. 83 Dem Zulassungsbeschluss aus § 111h Abs. 2 kommt daher ebenso wie dem Zulassungsbeschluss aus § 111g Abs. 2 eine „Filterfunktion" zu Gunsten der Opfer der Straftat zu. bb) Die Rangfolge zwischen zugelassenem Verletzten und Gläubiger Fraglich ist, ob dem Zulassungsbeschluss aus § 111h Abs. 2 ebenso wie bei § 111g Abs. 2 auch eine „Vorrangfunktion" für den Verletzten zu kommt. Aus § 111h Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 geht nicht unmittelbar hervor, ob der Verletzte wegen seines aus der Straftat erwachsenen Anspruches auch gegenüber ihm vorrangigen, dem Justizfiskus aber nachrangigen Sicherungshypotheken anderer Gläubiger, den sogenannten Zwischenrechten, durch die Rangänderung bei der Sicherung und Befriedigung bevorrechtigt wird. Nach seinem Wortlaut kann der Verletzte lediglich verlangen, dass die zu Gunsten des Justizfiskus begründete, vorrangige Sicherungshypothek hinter seinem Recht im Rang zurücktritt. § 111 h ist aber zunächst nicht zu entnehmen, ob der Verletzte damit auch den Vorrang gegenüber eigentlich vorrangigen Zwischenrechten anderer Gläubiger erlangen kann. (1) Vollstreckung

des Gläubigers nach der Sicherstellung

durch Arrest

Diese Frage soll zunächst für die Fallkonstellation beantwortet werden, dass Gläubiger und Verletzter nach der Sicherstellung des Grundstücks durch Arrest ihre Sicherungshypotheken nacheinander haben eintragen lassen. Gemäß dem eingangs skizzierten Ausgangsbeispiel ist die Fallkonstellation (s. Abb. 12) denkbar, dass zunächst in Vollziehung eines dinglichen Arrestes wegen Verfall von Wertersatz eine Sicherungshypothek über EUR 100.000,- auf dem Grundstück des Täters S (Wert EUR 30.000,-) für den Justizfiskus eingetragen wird. Anschließend betreibt der Gläubiger C wegen seiner Forderung (EUR 40.000,-) die Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Danach vollzieht auch der Verletzte A wegen seiner Schadensersatzforderung aus dem Betrug über EUR 50.000,- einen Arrest. 82

Vgl. BT-Drucks. 7/1261, S. 25 Ii. Sp. BT-Drucks. 7/550, S. 292 zu Einleitung, S. 295 zu § 111h; Protokolle 7, S. 65; vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111h, Rn. 1; AK-Achenbach, vor §§ 111b— 11 In, Rn. 12. 83

1

Hees

210

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte Arrestierung

Eintragung

des Grundstücks

Sicherungshypothek

nach §11 ld

für A

l

i

Zulassung der Rangflnderung für A nach § 111h

ι Zeit

t

Eintragung Sicherungshypothek für Gläubiger C

Abbildung 12

Die Rangfolge der eingetragenen Sicherungshypotheken lautet somit: Grundstück des S, Wert EUR 30.000,1. Justizfiskus mit EUR 100.000,2. Gläubiger C mit EUR 40.000,3. Verletzter A mit EUR 50.000,Wie bereits festgestellt, wirkt die zugelassene und im Grundbuch eingetragene Rangänderung gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 zunächst so, dass das vortretende Recht des Verletzten so behandelt wird, als wäre es an der Stelle, an der das zurücktretende Recht des Justizfiskus eingetragen ist, gebucht. 84 Letzteres nimmt dann den Rang ein, den die Vollstreckungsmaßnahme des Verletzten ohne Rangänderung erhalten würde. Es findet also grundsätzlich ein Rangtausch zwischen den Rechten des Justizfiskus und des Verletzten statt. Das Rangverhältnis dieser Rechte zu dem an zweiter Rangstelle eingetragenen Zwischenrecht des Gläubigers C bestimmt sich dann nach § 111h Abs. 1 Satz 4. Danach ist im übrigen § 880 BGB sinngemäß anzuwenden. § 880 Abs. 5 BGB bestimmt, dass Rechte, die den Rang zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Recht haben, durch die Rangänderung nicht berührt werden. Danach hat die Rangänderung also keine Wirkung auf das Rangverhältnis der geänderten Rechte zu den Zwischenrechten. Diese dürfen durch die Rangänderung weder Vor- noch Nachteile haben. 85 Das be84

s.o. unter D., I., 2., b), aa). RGZ 141, 235 (238); Staudinger-Kutter, Rn. 16. 85

§ 880, Rn. 34; MüKo -Wacke, § 880,

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

211

wirkt u.a. in dem Fall, dass der Betrag des vortretenden Rechts des Verletzten größer ist als der der Sicherungshypothek des Justizfiskus, dass das Recht des Verletzten auch nur mit dem Betrag in Höhe des zurücktretenden Rechts des Fiskus vortritt, während der Rest hinter dem Zwischenrecht von C und vor dem zurücktretenden Recht bleibt. 8 6 Die Rangänderung wirkt also Zwischenrechten gegenüber nur in dem Umfang, in dem sich das vortretende und zurücktretende Recht decken. 87 Demzufolge wird bei der Rangänderung zu Gunsten des Verletzten A, dessen Betrag der Sicherungshypothek kleiner als der der Sicherungshypothek des Justizfiskus ist, das Zwischenrecht des Gläubigers C gemäß § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB nicht berührt. Dessen bisheriger Status bleibt weiter erhalten. Nach Eintragung der zugelassenen Rangänderung zu Gunsten des Verletzten A gemäß §§ 111h Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 3 Satz 3 sieht die Rangfolge der Sicherungsrechte nunmehr wie folgt aus: Grundstück des S, Wert EUR 30.000,la. Verletzter A mit EUR 50.000,lb. Justizfiskus mit EUR 50.000,2. Gläubiger C mit EUR 40.000,3. Justizfiskus mit EUR 50.000,Damit kann sich der Verletzte A wegen seines aus der Tat erwachsenen Anspruches aus seiner Sicherungshypothek nach dem voraussichtlichen Wert des Grundstücks von EUR 30.000,- weitgehend und vor dem Gläubiger C befriedigen. Als Verletzter nimmt er somit nach Zulassung und Eintragung der Rangänderung den Rang der Sicherungshypothek des Justizfiskus ein. Bestehen Zwischenrechte anderer Gläubiger wie das des C, so erfolgt der Rangtausch mit dem Justizfiskus mit der Einschränkung aus § 880 Abs. 5 BGB, dass der Status der Zwischenrechte in jedem Falle ohne irgendeinen Nachteil erhalten bleibt. 8 8 Der Verletzte kann sich also vorrangig vor anderen Zwischenrechten bis zum vollen Betrag der Sicherungshypothek des Justizfiskus sichern und aus dem Grundstück befriedigen. Dem Zulassungsbeschluss in § 111h Abs. 2 kommt somit ebenfalls eine, wenn auch durch § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB eingeschränkte „Vorrangfunktion" zu Gunsten der Verletzten gegenüber anderen Gläubigern zu, die vor den Verletzten in das Grundstück vollstreckt haben. 86

Vgl. statt aller Palandt-Bassenge, § 880, Rn. 7, 8. Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 47; zu den einzelnen Rechtsfolgen für das Rangverhältnis vgl. Palandt-Bassenge, § 880, Rn. 8. 88 So auch KMR-Müller, § 11 lh, Rn. 4; LR-Schäfer, § 11 lh, Rn. 4. 87

1*

212

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Diese Vorrangfunktion hat zudem dauerhafte Wirkung. Nach allgemeiner Auffassung verliert - mit der Ausnahme in § 880 Abs. 4 BGB - das vorgerückte Recht bei Erlöschen des zurückgetretenen Rechts grundsätzlich wieder seinen Vorrang und fällt an seine frühere Rangstelle zurück. Dagegen rücken die Zwischenrechte der übrigen Gläubiger entsprechend vor, weil sie den Rang erhalten müssen, der ihnen ohne Rangänderung zugekommen wäre. 89 Gemäß § 111h Abs. 1 Satz 2 geht der dem vortretenden Recht des Verletzten eingeräumte Rang aber nicht dadurch verloren, dass der Arrest aufgehoben wird. D.h., § 111h Abs. 1 Satz 2 erweitert § 880 BGB insoweit, als der eingeräumte Rang durch Untergang des zurücktretenden Rechts, hier der Sicherungshypothek aus dinglichem Arrest, nicht berührt wird. 9 0 M i t dieser Regelung wird somit der Rückfall des vortretenden Sicherungsrechts des Verletzten hinter das Zwischenrecht eines anderen Gläubigers verhindert, sollte irgendwann der dingliche Arrest wieder entfallen. Dies zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber über § 111h dem Verletzten endgültig und dauerhaft den Vorrang vor vorrangigen Zwischenrechten anderer Gläubiger verschaffen wollte. Dies unterstreicht damit erneut die zentrale Bedeutung des Ziels des Opferschutzes in den §§ 111b ff. 9 1 (2) Eintragung der Rangänderung nach Beendigung der Arrestierung Fraglich ist, wie sich die Rangfolge zwischen dem Justizfiskus, einem Gläubiger und dem Verletzten darstellt, wenn Letzterer die erforderliche Eintragung der bereits zugelassenen Rangänderung nicht vor Beendigung der Arrestierung des Grundstückes hat vornehmen lassen. Wie bereits dargelegt, endet mit der Arrestierung des Grundstücks mangels dann noch bestehender (Arrest-)Sicherungshypothek des Justizfiskus immer auch die Möglichkeit des Verletzten, gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 noch einen Rangrücktritt gegenüber dem Justizfiskus zu verlangen. 92 Er kann dann trotz Zulassungsbeschluss aus § 11 l h Abs. 2 auch keine Rangänderung mehr eintragen lassen, weil es an der hierfür erforderlichen Arresthypothek des Justizfiskus fehlt, die noch zurücktreten könnte. Ohne Eintragung der Rangänderung und Rangtausch mit dem Justizfiskus kann der Verletzte aber nicht vortreten. Er bleibt auf seinem bisherigen Rang stehen, die Rangverhältnisse bleiben unverändert. Daraus folgt, dass jeder Verletzte, der sich mit Hilfe von § 111h vorrangig vor anderen Gläubigern zu sichern und befriedigen sucht, in jedem 89 90 91 92

Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 36; RGRK-Augustin, § 880, Rn. 41. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 11 lh. Vgl. Achenbach NStZ 2001, 401 (402). s.o. unter D., I., 1., e).

213

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

Falle vor dem Ende der Arrestierung nicht nur den Zulassungsbeschluss nach § 11 l h Abs. 2 erwirkt, sondern auch die Eintragung der Rangänderung vorgenommen haben muss. cc) Die Rangfolge mehrerer Verletzter untereinander Greifen gleich mehrere Verletzte auf das arrestierte Grundstück zur Befriedigung ihrer Ausgleichsansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zu, so stellt sich auch hier die Frage, ob der von einem oder mehreren Verletzten erlangte Zulassungsbeschluss nach § 111h Abs. 2 das Rangverhältnis der vollstreckenden Verletzten untereinander abändert. (1) Die Rangfolge bei zugelassenem und nicht zugelassenem Verletzten Diese Frage soll zunächst untersucht werden für die Fallkonstellation, dass gemäß dem Ausgangsbeispiel (s. Abb. 13) zuerst der Verletzte A wegen seines Anspruches über EUR 50.000,- und anschließend der Verletzte Β wegen seines Anspruches über EUR 100.000,- Vollstreckungsmaßnahmen in das Grundstück des Täter S (Wert EUR 30.000,-) vornehmen. In diese ist bereits ein dinglicher Arrest über EUR 100.000,- vollzogen. Anschließend beantragt jedoch nur der Β die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 und lässt die Rangänderung im Grundbuch eintragen. Dagegen erwirkt A selbst keine Zulassung nach § 111h. Der Arrest wird später aufgehoben. Bei der vorhergehenden Untersuchung des Rangverhältnisses zwischen einem Gläubiger und einem Verletzten war festgestellt worden, dass der

Arrestierung des Grundstücks nach § l l l d

Eintragung

Zulassung und Eintragung der

Sicherungshypothek

Rangänderung

für A

für Β

t Eintragung Sicherungshypothek für Β

Abbildung 13

Γ Ende der Arrestierung

Zeit

214

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Verletzte mit seinem Sicherungsrecht an die Rangstelle der Sicherungshypothek des Justizfiskus und damit zugleich im Rang auch vor das Zwischenrecht des Gläubigers gelangt. Dies setzt nach § 111h voraus, dass er nach der Zwangsvollstreckung in das Grundstück zusätzlich die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 erwirkt und die Rangänderung im Grundbuch eintragen lässt. Vollstrecken daher zwei Verletzte, die ebenfalls beide Gläubiger des Täters sind, in das arrestierte Grundstück, so kommt demzufolge zunächst auch deijenige Verletzte in den Genuss der „Vorrangfunktion", der von den beiden die Zulassung der Rangänderung erwirkt und eintragen lässt. Mit der Eintragung der zugelassenen Rangänderung gelangt nämlich - wie im geschilderten Verhältnis eines Verletzten zu einem einfachen Gläubiger 93 der zugelassene Verletzte auf Dauer im Rang vor die Sicherungshypothek des Justizfiskus und überholt damit auch das Zwischenrecht des nicht zugelassenen Verletzten. Der zugelassene Verletzte könnte sich deshalb in der Zwangsversteigerung als Erster vor dem anderen Verletzten befriedigen. Fraglich ist, ob eine solche Folge gewollt ist, wenn beide Gläubiger des Täters tatsächlich Verletzte der zu Grunde liegenden Straftat mit einem daraus erwachsenen Anspruch sind. Beide gehören nämlich zu der Gruppe privilegierter Gläubiger, zu deren Gunsten in der Zurückgewinnungshilfe Sicherstellungen durch dinglichen Arrest erfolgen können und die sich generell aus arrestierten Grundstücken vor dem Justizfiskus und anderen Gläubigern nach § 111h schadlos halten können. Nach dem zuvor geschilderten Ergebnis wird aber ein Verletzter gerade in seiner Rangposition schlechtergestellt, indem er sich auf Dauer nach § 111h Abs. 1 Satz 2 hinter dem zugelassenen Verletzten im Rang wieder findet. Der Gesetzgeber hat jedoch, um sicherzustellen, dass es sich bei denjenigen, die von der erweiterten Zugriffsmöglichkeit des § 111h 94 Gebrauch machen, tatsächlich um Verletzte mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch handelt, in § 111h Abs. 2 ein Zulassungsverfahren vorgesehen. Die Zulassungsregelung in § 111h entspricht der des § 111g. 95 Nach der amtlichen Begründung zu § 111g wird die Notwendigkeit einer richterlichen Zulassung bevorrechtigter Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten damit begründet, auf diese Weise alsbald Klarheit über den Kreis der bevorrechtigten Gläubiger zu erreichen. Aus dem Titel des Gläubigers sei häufig nicht ersichtlich, ob dessen Grund ein aus der maßgeblichen Straftat erwachsener Anspruch eines Geschädigten ist. 9 6 Diese Begründung gilt demnach auch für das Zulassungsverfahren in § 111h Abs. 2. Darin soll also 93 94 95

s.o. unter D., I., 2., b), bb), (1). Protokolle 7, S. 652 re. Sp. oben. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

215

ebenfalls geklärt werden, ob der Antragsteller zu dem privilegierten Personenkreis derjenigen gehört, die im Gegensatz zu „normalen" Gläubigern ohne Beeinträchtigung durch den dinglichen Arrest bevorrechtigt nach § 111h auf das arrestierte Grundstück zugreifen dürfen. Daraus folgt, dass es für die Frage, wer auf Grund der Rangänderung nach § 111h Abs. 1 Satz 1 bevorrechtigt auf ein arrestiertes Grundstück zugreifen darf, allein darauf ankommt, wer von den Gläubigern auch die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 erwirkt hat. Nur diese Gläubiger sind zu dem Kreis bevorrechtigter Verletzter zu zählen, die dann unter Vorlage des Zulassungsbeschlusses beim Grundbuchamt die Eintragung der Rangänderung verlangen können. Solange aber ein Gläubiger, auch wenn er Verletzter ist, die Zulassung der Rangänderung nicht vorweisen kann, solange ist er i.S.d. § 111h nicht in den privilegierten Kreis der bevorrechtigten Gläubiger aufgenommen. Er gilt dann weiterhin als „normaler" Gläubiger, dem die Zugriffsmöglichkeit in § 111h nicht zu Teil werden soll. Denn es kann Fälle geben, in denen „verletzte" Gläubiger z.B. aus Unwissenheit die Zulassung der Rangänderung nicht beantragen oder es aus eigener Nachlässigkeit nicht nach § 111h Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 2 Satz 3 glaubhaft zu machen vermögen, dass ihnen ein Anspruch aus der Straftat erwachsen ist. 9 7 Es kann aber nicht einem zugelassenen Verletzten zum Nachteil gereichen, wenn andere Verletzte es versäumen, neben der Zwangsvollstreckung auch erfolgreich die Zulassung nach § 111h Abs. 2 zu beantragen. Der zugelassene Verletzte rückt somit im Rang vor die staatliche Sicherungshypothek und damit im Ergebnis auch vor das Zwischenrecht eines anderen, nicht zugelassenen Verletzten, wen er nach der Zulassung auch die Eintragung der Rangänderung im Grundbuch bewirkt. Er kann sich so vor dem anderen Verletzten aus dem Grundstück befriedigen. In dieser Fallkonstellation (s. Abb. 13) können daher folgende Antworten gegeben werden: Die Sicherungshypothek des zugelassenen Verletzten Β rückt im Rang vor die Sicherungshypothek des Justizfiskus, während diese an die ursprüngliche Rangposition des Β tritt. Da beide Rechte mit einem gleichen Betrag über EUR 100.000,- eingetragen sind, findet ein schlichter Rangtausch statt. Das Zwischenrecht des nicht zugelassenen Verletzten A bleibt unberührt an 2. Rangposition jetzt hinter dem Recht des Β bestehen. Aus dem nur mit EUR 30.000,- bewerteten Grundstück wird sich daher in der 96

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g; vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 1999, 383

(383). 97

Vgl. z.B. OLG Hamm NJW-RR 2000, 1008; OLG Hamm, Beschluss v. 30.3.1999, Az. 4 Ws 109/99; s. auch LR-Schäfer, § 111g, Rn. 5.

216

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Zwangsversteigerung allein Β befriedigen können, während A leer ausgeht. Hätte also anstelle von Β der ursprünglich vorrangige A die zugelassene Rangänderung eingetragen lassen, so hätte er sich aus dem Grundstück befriedigen können. An dieses Ergebnis schließt sich die Frage an, in welchem Zeitraum eine solche Privilegierung des zugelassenen Verletzten auch gegenüber einem nicht zugelassenen Verletzten möglich ist. Diesbezüglich wurde bereits festgestellt 98 , dass die Eintragung der zugelassenen Rangänderung nur solange erfolgen kann, solange noch nicht die Arrestierung des Grundstücks beendet ist, weil es dann für die Rangänderung an der erforderlichen (Arrest-) Sicherungshypothek fehlt. Daraus folgt auch hier, dass jeder Verletzte, der sich mit Hilfe von § 111h vorrangig vor anderen Verletzten zu sichern und zu befriedigen versucht, in jedem Falle vor Ende der Arrestierung sowohl den Zulassungsbeschluss nach § 11 l h Abs. 2 erwirkt als auch die Eintragung der Rangänderung vorgenommen haben muss. Dies bedeutet weiter, dass vollstreckende Verletzte, die nicht mehr während der Arrestierung des Grundstücks die Zulassung und Eintragung der Rangänderung erwirken, befürchten müssen, in ihrem Rang auf Dauer durch einen nachrangigen, aber zugelassenen Verletzten verdrängt zu werden. (2) Die Rangfolge zwischen zugelassenen Verletzten Das zuvor gefundene Ergebnis wirft allerdings die Frage auf, ob der (noch) nicht zugelassene Verletzte diese für ihn nachteilige Folge verhindern kann, wenn er selbst vor Ende der Arrestierung - nach dem anderen Verletzten doch noch die Zulassung und Eintragung der Rangänderung erwirkt. So ist die Fallkonstellation denkbar, dass gemäß Ausgangsbeispiel (s. Abb. 14) zuerst der Verletzte A und anschließend der Verletzte Β wegen ihrer Forderungen über EUR 50.000,- bzw. EUR 100.000,- die Zwangsvollstreckung in das durch dinglichen Arrest i.H.v. EUR 100.000,- sichergestellte Grundstück (Wert EUR 30.000,-) betreiben und Sicherungshypotheken eintragen lassen. Das ursprüngliche Rangverhältnis lautet dann: Grundstück des S, Wert EUR 30.000,1. Justizfiskus mit EUR 100.0002. Verletzter A mit EUR 50.0003. Verletzter Β mit EUR 100.000Anschließend erwirkt zunächst der Β die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 und lässt diese eintragen. Danach erhält auch A den 98

s.o. unter D., I., 2., b), bb), (2).

217

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke Arrestierung des Grundstücks nach § l l l d

I

Eintragung

Zulassung der

Sicherungshypothek

Rangänderung

für A

für Β

I

I

t

Eintragung Sicherungshypothek für Β

t

>

Zeit

Zulassung der Rangänderung für A

Abbildung 14

Zulassungsbeschluss und verlangt nun ebenfalls die Eintragung seiner Rangänderung nach §§ 111h Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 3 Satz 3. Hier stellt sich die Frage, welche Rangfolge der Sicherungsrechte nunmehr nach Zulassung und Eintragung der einzelnen Rangänderungen zwischen den zugelassenen Verletzten A und Β untereinander im Grundbuch eingetragen ist, wer sich also jetzt als Erster aus dem Grundstück befriedigen darf. (a) Gleichzeitige Vorrangeinräumung durch § 111h Abs. 1 Satz 1? Zunächst könnte den nachrangigen Rechten der Verletzten A und Β gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 gleichzeitig der Vorrang eingeräumt worden sein. Bei den Rangänderungen zu Gunsten von A und Β handelt es sich um einen Rangvortritt mehrerer Rechte von Verletzten vor die zurücktretende Sicherungshypothek des Justizfiskus. Wird dabei mehreren nachrangigen Rechten gleichzeitig der Vorrang eingeräumt, so behalten allgemeiner Auffassung nach die vortretenden Rechte untereinander ihr bisheriges Rangverhältnis bei. Begründet wird dies damit, dass sich eine solche Vorrangeinräumung lediglich auf das Verhältnis des zurücktretenden Rechts zu den vortretenden Rechten bezieht, diese aber nicht das Verhältnis Letzterer untereinander berührt, sofern nicht etwas Abweichendes vereinbart i s t . " 99 KGJ 47, 189 (193); KG HRR 1931, Nr. 408; OLG Düsseldorf OLGZ 1966, 489 (492); KG OLGE 29, 321 (323); RGRK-Augustin, § 880, Rn. 16; Soergel-Stürner,

218

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 kann jeder Verletzte mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch, der deswegen die Zwangsvollstreckung in ein nach § l l l d arrestiertes Grundstück betreibt, den Rangrücktritt der staatlichen Sicherungshypothek verlangen. Demzufolge wird der Rangrücktritt für den Fall gewährt, dass ein Verletzter die Zwangsvollstreckung in ein arrestiertes Grundstück betreibt und dadurch selbst bereits ein Sicherungsrecht durch Eintragung begründet hat. D.h., erst mit Beginn der jeweiligen eigenen Sicherung des Verletzten im Grundbuch kann es nach § 111h Abs. 1 Satz 1 zu einer Vorrangeinräumung an den Verletzten kommen. Eine gleichzeitige Vorrangeinräumung an mehrere Verletzte ist der Vorschrift daher schon nicht zu entnehmen. Allerdings bedarf die Vorrangeinräumung an den jeweiligen Verletzten nach § 111h Abs. 1 Satz 1 noch der Zulassung der Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 Satz 1. Die Rangänderung, genauer ihre Eintragung im Grundbuch muss also noch erlaubt werden. Denn erst bei Vorlage des Zulassungsbeschlusses wird vom Grundbuchamt die Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 3 Satz 3 vorgenommen. Das hat zur Folge, dass zwar gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 dem zuerst vollstreckenden Verletzten auch zuerst der Vorrang eingeräumt wird. Dies erfolgt allerdings unter der aufschiebenden Bedingung, dass er anschließend die richterliche Zulassung nach § 111h Abs. 2 erlangt, ohne die die Eintragung der Rangänderung nicht möglich ist. Demzufolge scheitert eine Beibehaltung des bisherigen Rangverhältnisses der Verletzten A und Β bereits an einer fehlenden gleichzeitigen Vorrangeinräumung durch die Vorschrift des § 111h Abs. 1 Satz 1.

(b) Notwendigkeit und Maßgeblichkeit der Rangänderungseintragung Auch wenn man in § 111h Abs. 1 Satz 1 eine gleichzeitige Vorrangeinräumung an alle in Frage kommenden Verletzten der Straftat erkennen wollte, so scheitert die Beibehaltung des bisherigen Rangverhältnisses zwischen den Verletzten, hier von A und B, in jedem Falle an der zeitlich unterschiedlich erfolgenden Eintragung ihrer Rangänderungen im Grundbuch. Gemäß § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB ist zur Rangänderung neben der dinglichen Einigung zwischen vor- und zurücktretendem Recht auch deren Eintragung erforderlich. Erst Einigung und Eintragung führen die dingliche Wirkung der Rangänderung herbei. 1 0 0 Nach § 111h Abs. 1 Satz 1 kann der vollstreckende Verletzte den Rangrücktritt § 880, Rn. 18; Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 44; Laué Gruchot 55 (1911), S. 238, 248. 100 KG HRR 1931, Nr. 408; MüKo-Wacke, § 880, Rn. 9; KGKK-Augustin, § 880, Rn. 20.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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lediglich verlangen. Um dies aber auch zu erreichen, muss er nach seiner Zulassung gemäß § 111h Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 3 Satz 3 dem Grundbuchamt den Zulassungsbeschluss als Nachweis vorlegen. Erst dessen Vorlage führt dann zu der notwendigen Eintragung der Rangänderung i.S.d. § 880 Abs. 2 Satz 1 B G B . 1 0 1 Würden daher nach § 111h Abs. 1 Satz 1 auch die Vorrangeinräumungen an die Verletzten gleichzeitig erfolgen und dementsprechend gegenüber dem Grundbuchamt beantragt, werden aber die einzelnen Rangänderungen trotzdem zeitlich nacheinander nach Vorlage der Zulassung im Grundbuch eingetragen, so geht das mit der ersten Eintragung zuerst aufgerückte Recht auch dann dem mit späterer Eintragung ebenfalls aufgerückten Recht vor, wenn es ursprünglich rangschlechter w a r . 1 0 2 Das Gleiche gilt, wenn der vorgehende Gläubiger zunächst einem nachrangigen Recht den Vorrang einräumt und später einem weiteren und dann die Rangänderungen zeitlich nacheinander eingetragen werden. 103 Bei einem nicht durch gleichzeitige Eintragung vollzogenem Vortritt mehrerer Rechte bestimmt also allein die zeitliche Abfolge der Vorrangeintragungen das künftige Rangverhältnis. 104 Wird nämlich zunächst der Vorrang des einen Rechts im Grundbuch eingetragen und soll dann auch für ein zweites Recht ebenfalls der Vorrang eingetragen werden, so vermag das zweite Recht die ihm eingeräumte Rangstelle erst nach dem zuerst vorgetretenen Recht einzunehmen. Denn der den Vorrang einräumende Gläubiger des zurücktretenden Rechts ist bereits durch die vorherige, erste Vorrangeintragung beschränkt und kann deshalb nicht mehr Rechte übertragen, als er selbst noch laut Grundbuch hat. 1 0 5 Demgemäß ist also für das neue Rangverhältnis nicht etwa die gleichzeitige oder nacheinander erfolgte Vorrangeinräumung nach § 111h Abs. 1 Satz 1 maßgeblich, sondern allein die Zeitpunkte ihrer Eintragungen ins Grundbuch. Für die vorliegende Fallkonstellation bedeutet das, dass es letztlich allein darauf ankommt, dass der Verletzte Β als Erster anhand des erwirkten Zulassungsbeschlusses aus § 111h Abs. 2 die notwendige Eintragung seiner 101

Vgl. KK-Nack, § 111h, Rn. 4. KGJ 20, A 181 (A 184); KGJ 47, 189 (193); KG HRR 1931, Nr. 408; OLG Düsseldorf OLGZ 1966, 489 (492); UüKo-Wacke, § 880, Rn. 15; RGRK-Augustin, § 880, Rn. 16; Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 45; Westermann-Eickmann, § 81 ΠΙ. 3.; Soergel-Stürner, § 880, Rn. 18; Wege JherJb 51 (1907), S. 57 f.; Fuchs JherJb 51 (1907), S. 483 f., 486. 103 s. vorherige Fn. 104 KG HRR 1931, Nr. 408; Erman-Hagen/Lorenz, § 880, Rn. 11; Palandt-Bassenge, § 880, Rn. 5. 105 So KG HRR 1931, Nr. 408; KGJ 20, A 181 (A 184); Wege JherJb 51 (1907), S. 58. 102

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Rangänderung in das Grundbuch erwirkt hat. Dies führt dazu, dass der Verletzte Β nun an die Rangstelle des Justizfiskus tritt und diesen verdrängt. Das Zwischenrecht des noch nicht zugelassenen Verletzten A darf nach § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB keine Nachteile erleiden, weshalb der Justizfiskus in voller Höhe hinter A tritt. Nach der Eintragung zunächst der Rangänderung des Β sieht die Rangfolge im Grundbuch daher wie folgt aus: Grundstück des S, Wert EUR 30.000 1. Verletzter Β mit EUR 100.000,2. Verletzter A mit EUR 50.0003. Justizfiskus mit EUR 100.000Beantragt nunmehr der Verletzte A ebenfalls nach Erhalt des Zulassungsbeschlusses aus § 111h Abs. 2 die Eintragung seiner Rangänderung, so kann A jetzt allenfalls noch an die neue Rangstelle des Justizfiskus gelangen. Er kann aber nicht auch den jetzt an erster Rangstelle eingetragenen Β verdrängen, weil der zurückgetretene Justizfiskus dem A nicht mehr Rechte einräumen kann, als nach der ersten Vorrangeinräumung und -eintragung zu Gunsten des Β noch vorhanden sind. Der Justizfiskus, der nunmehr an dritter Rangstelle steht, kann dem A also nicht mehr einen Rang vor Β verschaffen. Mit einer Rangänderung kann das vortretende Recht daher immer nur an die Rangstelle des zurücktretenden Rechtes gelangen, nicht aber auch noch davor rangierende Rechte wie das des Β verdrängen. Die endgültige Rangfolge zwischen dem Justizfiskus und den vorgetretenen Rechten der Verletzten A und Β lautet daher: 1 0 6 Grundstück des S, Wert EUR 30.000 1. Verletzter Β mit EUR 100.0002. Verletzter A mit EUR 50.0003. Justizfiskus mit EUR 100.000Danach führen die infolge der Zulassung vorgenommenen Rangänderungen gemäß § 111h dazu, dass sich das ursprüngliche Rang Verhältnis zwischen dem zweitrangigen A und dem drittrangigen Β umgekehrt hat. Nach den Rangrücktritten des Justizfiskus gegenüber A und Β ist nunmehr Β an erster und A an zweiter Rangstelle eingetragen. Der A kann somit trotz nach dem Β nachgeholter Zulassung und Eintragung der Rangänderung nicht mehr das ursprüngliche Rangverhältnis gegenüber Β herstellen. Er fällt, obwohl zunächst dem Β gegenüber vorrangig, auf einen Rang hinter Β zurück. 106 Ygj z u r endgültigen Rangfolge auch die Bsp. bei Westermann-Eickmann, § 81 III. 3.; Wege JherJb 51 (1907), S. 57; Fuchs JherJb 51 (1907), S. 483.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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Dieses Ergebnis ist damit die Folge eines Parteiaktes, der im Hinblick auf die ursprünglich eingetragene Rangfolge der Rechte der Verletzten „verkehrt herum" vorgenommenen worden ist, indem der rangschlechtere Verletzte zuerst die Eintragung der Rangänderung bewirkt hat. 1 0 7 Anders wäre es jedoch gewesen, wenn der zurücktretende Justizfiskus zunächst dem besserrangigen Verletzten A und erst dann dem schlechterrangigen Verletzten Β den Vorrang eingeräumt hätte und die beiden Rangänderungen nach ihrer Zulassung auch entsprechend dieser Reihenfolge nacheinander eingetragen worden wären. Dann hätte der A zuerst den Rang des Justizfiskus eingenommen. Anschließend hätte auch der Β mit letzterem den Rang getauscht, so dass der Justizfiskus den Rang hinter A und Β erhalten, der A aber weiterhin den Rang vor Β behalten hätte. Es kann daher festgehalten werden, dass die Regelung des § 111h zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Rangfolge zugelassener Verletzter führt, je nach dem wer von ihnen auf Grund der Zulassung die Rangänderung zuerst ins Grundbuch eintragen lässt. Danach kommt es für das spätere Rangverhältnis von zugelassenen Verletzten untereinander und damit für die Frage der erstrangigen Sicherungs- und Befriedigungsaussicht allein darauf an, wer von den Verletzten als Erster die Zulassung und Eintragung der Rangänderung gemäß § 111h erlangt. Derjenige Verletzte, der zuerst anhand des Zulassungsbeschlusses nach § 111h Abs. 2 die Eintragung der Rangänderung erwirkt, kann entweder seinen Rang vor anderen, zugelassenen Verletzten wahren oder sogar in der Höhe der zurücktretenden (Arrest-) Sicherungshypothek des Justizfiskus endgültig im Rang vor andere, noch nicht zugelassene Verletzte gelangen. Verletzte dagegen, die zwar ursprünglich besserrangig waren, aber erst später die Eintragung der Rangänderung vornehmen lassen, können dagegen nicht mehr das ursprüngliche Rangverhältnis wieder herstellen bzw. aufrechterhalten. § 111h bewirkt also, dass rangschlechtere Verletzte, die zuerst die Rangänderung nach der Zulassung haben eintragen lassen, auf Dauer im Rang nicht nur vor den Justizfiskus, sondern auch vor ursprünglich rangbessere Verletzte gelangen können, auch wenn Letztere noch zu einem späteren Zeitpunkt ihre Rangänderung eintragen lassen. § 111h führt hier zu einer Abänderung des nach § 879 BGB geltenden Prioritätsprinzips unter den zugelassenen Verletzten. Es kann sich somit hiernach immer derjenige als Erster aus dem arrestierten Grundstück befriedigen, der auch als Erster mit dem Zulassungsbeschluss nach § 111h Abs. 2 die Eintragung der Rangänderung vorgenommen hat.

107

Wege JherJb 51 (1907), S. 58.

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

(c) Widerspruch zum Regelungsplan in den §§ 111b ff.? Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieses ermittelte Ergebnis dem Regelungsplan in den §§ 111b ff. und dem Sinn und Zweck des § 111h entspricht. Bei der Untersuchung der Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses aus § 111g Abs. 2 war festgestellt worden, dass es dort für die vorrangige Befriedigung von Verletzten untereinander nicht darauf ankommen sollte, wer als Erster auch den Zulassungsbeschluss in den Händen hält. Stattdessen sollte durch die Vorschrift des § 111g und das darin geregelte Zulassungsverfahren das für Rangfragen maßgebliche Prioritätsprinzip der zugelassenen Verletzten untereinander nicht erweitert werden. Für die Frage der erstrangigen Befriedigung sollte es allein auf die durch Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung bewirkte Rangfolge der Sicherungsrechte ankommen. 1 0 8 Ob dies aber auch für die hier zu untersuchende Fallkonstellation gelten soll, wenn mehrere Verletzte hintereinander die Rangänderung nach § 111h Abs. 1 verlangen, dies aber in einer Reihenfolge erfolgt, die nicht der im Grundbuch eingetragenen Rangfolge entspricht, ergibt sich nicht eindeutig aus § 111h Abs. 1. Dieser bedarf daher der Auslegung. (aa) Wortlaut des § 111h Abs. 1 Die wörtliche Auslegung kann zur Lösung des Problems wenig beitragen. § 111h Abs. 1 Satz 1 erfasst nach seinem Wortlaut den Fall, dass ein Verletzter gegenüber dem Justizfiskus den Rangrücktritt der Sicherungshypothek aus dem dinglichen Arrest verlangt. Zudem wurde die Möglichkeit gesehen, dass beim Rangrücktritt zusätzlich Zwischenrechte weiterer Gläubiger bestehen können, wie sich aus den Regelungen in § 111h Abs. 1 Satz 2 und in § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB ergibt. Dagegen enthält § 11 lh keine Regelung zum späteren Rang Verhältnis in unterschiedlicher Reihenfolge vortretender Verletzter. (bb) Systematik Die §§ 111b ff. sollen dem Verletzten wegen seiner aus der Straftat erwachsenen Ansprüche eine bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeit auf sichergestellte Vermögenswerte gewährleisten und seiner Schadloshaltung dienen. 1 0 9 Das gilt insbesondere für die Vorschrift des § 111g, der den Zugriff des Verletzten auf beschlagnahmte Gegenstände regelt, und des § 111h, der die 108 109

s.o. unter C., II., 3. BT-Drucks. 7/550, S. 292 Ii. Sp.

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§ 111g entsprechende Regelung für arrestierte Grundstücke enthält. 1 1 0 Die beabsichtigte Schadloshaltung wird in § 111g vor allem durch die „Vorrangfunktion" der Zulassung in § 111g Abs. 3 Satz 1 sichergestellt, wonach sich der Verletzte gegenüber anderen Gläubigern vorrangig befriedigen kann. Die Geltung des für Rangfragen maßgeblichen Prioritätsprinzips unter zugelassenen Verletzten selbst sollte jedoch nicht erweitert werden. 111 Würde deshalb durch § 111h das ursprüngliche, nach dem Prioritätsprinzip zustande gekommene Rangverhältnis doch zu Gunsten rangschlechterer Verletzter abgeändert, so stellte diese Folge gegenüber der Regelung in § 111g einen systematischen Bruch dar. Es ist im Hinblick auf die beabsichtigte Schadloshaltung des Verletzten widersprüchlich, wenn innerhalb der Zurückgewinnungshilfe der §§ 111b ff. die Vorschrift des § 111g die Verletzten begünstigt und Einzelnen innerhalb dieser Gruppe nicht zum Nachteil gereicht, aber § 11 l h einzelne Verletzte benachteiligt, wenn sie später als andere Verletzte die Eintragung der zugelassenen Rangänderung vornehmen. Die systematische Auslegung des § 111h Abs. 1 spricht daher eher gegen eine Abänderung des ursprünglichen Rangverhältnisses zugelassener Verletzter untereinander. (cc) Entstehungsgeschichte und Telos des § 111h Abs. 1 Zur Ermittlung dessen, was in dieser Fallgestaltung letztendlich zu gelten hat, muss daher weiter auf die Entstehungsgeschichte des § 111h Abs. 1 und dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck zurückgegriffen werden. Bereits der vom Bundestag in der 5. Wahlperiode eingesetzte Sonderausschuss für die Strafrechtsreform hatte in der „Beschlagnahmelösung" vorgeschlagen, dass die Geschädigten ihre aus der Straftat erwachsenen Ansprüche nach Titulierung im Zivilprozess durch Zwangsvollstreckung in die beschlagnahmten Gegenstände unter ausdrücklicher Bejahung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips geltend machen. 112 Der Gesetzgeber übernahm in den §§ 111b ff. diese Konzeption mit dem Ziel der Schadloshaltung des Verletzten und sah deshalb in den §§ 111g, 111h bevorrechtigte Zugriffsmöglichkeiten auf beschlagnahmte und arrestierte Vermögenswerte des Straftäters vor. Sein Ziel der Schadloshaltung verfolgte er in § 111h dadurch, dass aus der Straftat erwachsene Ansprüche der Opfer durch die 110

BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 11 lg, S. 295 zu § 11 lh; Protokolle 7, S. 652. s.o. unter C., II., 2., c), bb), (2), (d). 112 s.o. unter C., II., 2., c), bb), (2), (b); vgl. Protokolle V, S. 543, 546 f., 994, 996, 999, 1000, 1004, 1009, 1022. 111

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Arrestierung des Grundstücks zunächst gesichert werden konnten, bevor sich der Verletzte dann durch Vollstreckungsmaßnahmen vorrangig aus dem arrestierten Grundstück befriedigen können sollte. 1 1 3 Der Gesetzgeber hatte also im Sinn, den Opferschutz auch durch die Vollziehung dinglicher Arreste, insbesondere durch die Zurückgewinnungshilfe nach § 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, und durch die vorgesehene Zulassung der Rangänderung nach § 111h zu verbessern. Es sind dagegen bei § 111h keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber mit den genannten Instrumenten zugleich einzelne Opfer bei der Verteilung der gesicherten Vermögenswerte benachteiligen wollte, wenn diese mit dem Zulassungsbeschluss auch die Rangänderung eintragen lassen. Aus der amtlichen Begründung zu den §§ 111b ff. oder anderen Materialien ergibt sich nichts, wonach der Gesetzgeber durch die Einführung der Zulassung der Rangänderung das vom Sonderausschuss propagierte vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip abändern wollte. Hätte er dennoch für die Verletzten untereinander eine über den in § 111h Abs. 1 Satz 1 geregelten bloßen Rangrücktritt hinausgehende Regelung zur Abänderung des Prioritätsprinzips treffen wollen, so hätte er dies deutlich getan. Aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zu § 111h geht zudem hervor, dass dieser die § 111g entsprechende Regelung für durch dinglichen Arrest nach § l l l d sichergestellte Grundstücke enthält. 1 1 4 Im Wege der historischen und teleologischen Auslegung des § 111g Abs. 3 Satz 1 wurde bereits ermittelt 1 1 5 , dass der Gesetzgeber damit keine weitergehende Regelung bezüglich der bestehenden Rangfolge unter zugelassenen Verletzten treffen wollte. Wenn bereits § 111g die Rangfolge der zugelassenen Verletzten untereinander nicht berühren sollte, so ist davon auszugehen, dass auch § 11 l h kein solcher Sinn und Zweck zukommen sollte. Des Weiteren wurde bereits festgestellt 116 , dass auch der Zulassungsbeschluss über die Rangänderung aus § 111h Abs. 2 die Funktionen hat, zur Schadloshaltung der Verletzten zum einen diese nicht durch die Sicherungshypothek aus dem dinglichen Arrest zu beeinträchtigen („Filterfunktion"), und zum anderen die Verletzten im Rang vor andere, nicht privilegierte Gläubiger zu bringen („Vorrangfunktion"). Hierfür sollte das in § 111h Abs. 2 geregelte Zulassungsverfahren ebenfalls Klarheit über den Kreis der tatsächlich bevorrechtigten Gläubiger verschaffen, weil sich aus dem Titel 113

BT-Drucks. 7/550, S. 292 Ii. Sp., S. 293 zu § l l l d , S. 294 zu § 111g, S. 295 zu § 11 lh; Protokolle 7, S. 652 zu §§ 11 lg, 11 lh. 114 BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h; vgl. auch Protokolle 7, S. 652 zu § 111h. 115 s.o. unter C., IL, 2., c), bb), (2), (b) und unter C., II., 2., c), bb), (2), (d). 116 s.o. unter D., I., 2., b), aa) und unter D., I., 2., b), bb), (1).

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

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häufig nichts über dessen Gründe entnehmen lässt und bei unzulänglicher Überprüfung eine ungerechtfertigte Benachteiligung Dritter eintreten kann. 1 1 7 Weitere Funktionen im Hinblick auf die Rangfolge der zugelassenen Verletzten untereinander sollten dem Zulassungsverfahren danach nicht zukommen. Der Zulassungsbeschluss sollte also gemäß § 111h Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 111g Abs. 3 Satz 3 nur als Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt dienen, dass eine Vorrangeinräumung gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 gegeben ist. Eine Besserstellung bestimmter Verletzter ist mit der Zulassung der Rangänderung demnach nicht gewollt. Schließlich ist zu beachten, dass wegen der „Vorrangfunktion" der Zulassung für den Fall, dass die Zulassung zu Unrecht erfolgt und durch die Rangänderung ein Schaden entstanden ist, in § 111h Abs. 3 eine Ersatzpflicht des Verletzten gegenüber Dritten vorgesehen i s t . 1 1 8 Der Gesetzgeber hat damit auch hier wie bei § 111g Abs. 4 1 1 9 hinsichtlich der Auswirkungen der zugelassenen Rangänderung auf die Befriedigungsreihenfolge ausdrücklich nur zwischen Verletzten und Dritten unterschieden. Dies zeigt ebenfalls, dass er mit § 111h Abs. 1 Satz 1 nur das Rangverhältnis zwischen zugelassenen Verletzten einerseits und nicht bevorrechtigten Gläubigern andererseits regeln wollte, nicht aber auch das Rangverhältnis mehrerer zur Rangänderung zugelassener Verletzter untereinander. Der Gesetzgeber ging ersichtlich davon aus, dass die Sicherstellung durch Arrest und die Rangänderung nur den insoweit privilegierten Verletzten zu Gute kommen sollten und entsprechende Auswirkungen auch nur gegenüber Dritten haben sollte, die nicht zum Kreis der bevorrechtigten Gläubiger gehörten. § 111h Abs. 1 Satz 1 ist demzufolge nicht als Enteignungsvorschrift zu Lasten bisher vorrangiger Verletzter konzipiert, sondern sollte nur eine Rangänderung zwischen dem Recht des Justizfiskus und dem des jeweiligen Verletzten bewirken. Es sollte also nicht darauf ankommen, wer als Erster die Zulassung in den Händen hält und die Rangänderung vornimmt, sondern wer als Erster die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betrieben hat. Der Gesetzgeber wollte danach durch die Vorschriften des § 111h wie auch der §§ 111b ff. insgesamt nicht das Prioritätsprinzip in der Zwangsvollstreckung nach § 879 BGB unter den Verletzten erweitern. Führt aber § 111h Abs. 1 ein hiervon abweichendes Ergebnis herbei, so kann diese Folge nur darauf beruhen, dass das Ergebnis entweder in Kauf 117

BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 11 lh, S. 294 zu § 11 lg. Vgl. Protokolle 7, S. 652 zu § 111h Abs. 3; BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h und S. 294 zu § 111g. 1.9 Vgl. amtliche Begründung zu § 111g Abs. 4 in BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § mg. 1.8

15 Hees

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

genommen werden musste, eine Regelung nicht für notwendig gehalten wurde oder dieses mögliche Ergebnis bei der Einführung des § 111h schlichtweg übersehen wurde. Dies gilt es nachfolgend zu untersuchen. (α) Gründe für Abweichung vom Regelungsplan? Eine Notwendigkeit, in § 111h Abs. 1 eine solche Regelungslücke in Kauf nehmen zu müssen, weil z.B. sonst zu Gunsten der Verletzten eine Vorrangeinräumung und Rangänderung i. S. d. § 880 BGB nicht möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Die erfolgreiche Rangänderung zu Gunsten der Verletzten bedingt in keiner Weise ein solches Ergebnis. (ß) Fehlender Regelungsbedarf? Möglicherweise hat der Gesetzgeber die Möglichkeit gesehen, dass sich eine Abänderung der Rangfolge unterschiedlich vortretender Rechte von Verletzten ergeben kann, aber eine diesbezügliche Regelung angesichts bereits bestehender Bestimmungen zur Korrektur missbilligender Ergebnisse nicht für nötig gehalten. Um dem Verletzten eine von Justizfiskus und anderen Gläubigern ungehinderte Schadloshaltung zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber in § 111h Abs. 1 einen Rangrücktritt des Justizfiskus zu Gunsten des vortretenden Verletzten i.S.d. § 880 BGB vorgesehen, weil das bürgerliche Recht in § 880 BGB einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung bei Grundstücken kennt. 1 2 0 Bei der Einführung des § 111h im Jahre 1975 muss dem Gesetzgeber daher hinsichtlich der Rechtsfolgen des § 880 BGB bekannt gewesen sein, dass beim Rangvortritt mehrerer Rechte, wenn die Rangänderungen zeitlich nacheinander eingetragen werden, das zuerst aufgerückte Recht auch dann dem später aufgerückten vorgeht, wenn es ursprünglich rangschlechter war. Denn diese Rechtsfolge ist in Rechtsprechung, Kommentaren und sonstiger Literatur bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts regelmäßig wiedergegeben und gebilligt. 1 2 1 Ein Übersehen ist danach kaum anzunehmen. Demgemäß muss der Gesetzgeber, wenn er dennoch die Zugriffsmöglichkeit des Verletzten in § 111h ohne weiteres auf § 880 BGB gestützt hat, eine Regelung zur Vermeidung dieses für bestimmte Verletzte nachteiligen Ergebnisses nicht für notwendig gehalten haben. 120

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h. Vgl. KGJ 20, A 181 (A 184); Wege JherJb 51 (1907), S. 57 f.; Fuchs JherJb 51 (1907), S. 483 f.; KG OLGE 29, 321 (323); KGJ 47, 189 (193); KG HRR 1931, Nr. 408; OLG Düsseldorf OLGZ 1966, 489 (492); Palandt-Degenhart, 32. Auflage, § 880, Anm. 5 c; Staudinger-Seufert, 11. Auflage, § 880, Rn. 29; Planck-Brodmann, § 880, Anm. II 4 c; RGRK-Pr/ttcÄ, 11. Auflage, § 880, Anm. 14. 121

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

227

Dementsprechend könnte hier dann kein Regelungsbedarf bestehen, wenn zwischen dem zurücktretenden Justizfiskus und dem zuerst vortretenden, aber rangschlechteren Verletzten eine der späteren Ranglage widersprechende dingliche „Einigung" gegeben ist, die in Ansehung der eingetragenen Rangverhältnisse der Verletztenrechte die Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB bewirkt. Gemäß § 11 l h Abs. 1 Satz 4 ist im übrigen § 880 BGB sinngemäß anzuwenden, also auch § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach ist zu der Rangänderung die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch erforderlich. Einigung und Eintragung zusammen führen erst die dingliche Wirkung der Rangänderung herbei. 1 2 2 Die Einigung i.S.d. § 880 BGB hat dabei Vertragscharakter. 1 2 3 Bei der Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten über die Rangänderung kann daher auch eine Bestimmung über das künftige Rangverhältnis mehrerer vortretender Grundbuchrechte zueinander getroffen werden. Stimmt nach Eintragung der einzelnen Rangvortritte der vorgetretenen Rechte die grundbuchmäßige Ranglage nicht mit der getroffenen dinglichen Einigung, d.h. der materiellen Rechtslage überein, so bewirkt dieser Widerspruch die Unrichtigkeit des Grundbuchs. 124 Allerdings können sich die Vorrangeinräumungserklärungen des zurücktretenden Rechts auch ausschließlich auf das eigene Verhältnis zu den vortretenden Rechten beziehen, indem lediglich jedem der vortretenden Rechte der Vorrang eingeräumt wird, und nichts über das Verhältnis der vortretenden Rechte zueinander bestimmen. In diesem Falle liegt dann keine widersprechende materielle Rechtslage vor, wenn die Rangvortritte in anderer Reihenfolge als die ursprüngliche Rangfolge eingetragen werden. 125

(αα) Einigung des Justizfiskus mit dem Verletzten i.S.d. § 880 BGB? Zu prüfen ist daher zunächst, ob in den von § 111h erfassten Fällen überhaupt zwischen dem Justizfiskus und dem jeweils vortretenden Verletzten eine Einigung mit Vertragscharakter über den Rangvortritt zustande kommt.

122

KG HRR 1931, Nr. 408; MüKo-Wacke, § 880, Rn. 9; RGRK-Augustin, § 880, Rn. 20. 123 RG JW 1934, 282; Staudinger-Kutter, § 880, Rn. 14; MüKo -Wacke, § 880, Rn. 7. 124 Vgl. KG HRR 1931, Nr. 408; OLG Düsseldorf OLGZ 1966, 489 (492); KGJ 47, 189 (193); KG OLGE 29, 321 (323); RGRK-Augustin, § 880, Rn. 16; Laué Gruchot 55 (1911), S. 238, 248; vgl. auch RGZ 122, 61 (64); Planck-Brodmann, § 880, Anm. II 4 c). 125 KG HRR 1931, Nr. 408. 15*

228

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Bereits durch die Regelung des § 111h Abs. 1 Satz 1 wird dem Verletzten gegenüber der Vorrang eingeräumt, indem er den Rangrücktritt der Sicherungshypothek aus dem dinglichen Arrest verlangen kann, sobald er wegen seiner aus der Straftat erwachsenen Ansprüche die Zwangsvollstreckung in das arrestierte Grundstück betreibt. Der Gesetzgeber hat für den Justizfiskus in § 111h Abs. 1 Satz 1 somit gegenüber dem Verletzten eine gesetzliche Vorrangeinräumungserklärung abgegeben. Dieser kann den ihm eingeräumten Vortritt umsetzen, indem er die zugelassene Rangänderung gemäß § 111h Abs. 2 im Grundbuch eintragen lässt. § 111h Abs. 1 Satz 1 gewählt also dem Verletzten einen gesetzlichen Anspruch auf Rangrücktritt bzw. Rangänderung gegenüber dem Staat. 1 2 6 Diesen kann er geltend machen, muss er aber nicht. Man kann deshalb die gesetzliche Vorrangeinräumung in § 111h Abs. 1 Satz 1 auch als ein Angebot des Justizfiskus an den Verletzten bezeichnen, welches dieser durch Vorlage des Zulassungsbeschlusses beim Grundbuchamt verbunden mit dem Antrag auf Rangänderung annimmt. Demnach handelt es sich in den von § 111h erfassten Fällen zwar nicht um Sachverhalte mit einzeln, individuell ausgehandelten Verträgen. Sie sind aber mit diesen vergleichbar, weil der jeweilige Verletzte de facto ein gesetzliches Angebot zum Rangrücktritt annimmt bzw. einen ihm eingeräumten Anspruch geltend machen darf. Bei der gesetzlichen Vorrangeinräumungserklärung in § 111h Abs. 1 Satz 1 handelt es sich daher um eine Einigung i.S.d. § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB zwischen dem Justizfiskus und dem jeweils vortretenden Verletzten.

(ßß) Inhalt der Vorrangeinräumung i.S.d. § 111h Abs. 1 Noch nicht geklärt ist damit die Frage, welchen Inhalt die Vorrangeinräumungserklärung nach § 111h Abs. 1 Satz 1 und damit auch die Rangänderung hat, wenn der jeweilige Verletzte entsprechend dieser Vorrangeinräumung den Rangrücktritt verlangt. Da der Verletzte die zugelassene Rangänderung gegenüber dem Grundbuchamt gemäß der Vorrangeinräumung in § 111h Abs. 1 Satz 1 nur noch verlangt, also das gesetzliche Angebot unverändert annimmt, kommt es allein auf den Inhalt der gesetzlichen Vorrangeinräumungserklärung an den Verletzten an. Zu prüfen ist, ob die Vorrangeinräumung in § 111h an den jeweiligen, vortretenden Verletzten nur soweit erfolgt, als dass die ursprünglichen Rangverhältnisse der Verletzten beim zugelassenen Rangvortritt mehrerer Rechte weiter gewahrt bleiben. Denn nur bei einem solchen Inhalt würde 126

So OLG Stuttgart NStZ-RR 1999, 383 (383); LG Ulm NStZ-RR 1999, 369.

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

229

das Grundbuch, wenn ein ursprünglich rangschlechterer Verletzter (hier der B) dem ursprünglichen rangbesseren Verletzten (hier der A) nach Eintragung der Rangänderungen in der Reihenfolge Β, A vorgehen sollte, zu dieser Einigung im Widerspruch stehen und deshalb unrichtig sein. Ein solcher Inhalt der Vorrangeinräumungen ergibt sich nicht eindeutig aus § 111h Abs. 1 Satz 1. Stellen Vorschriften jedoch nicht eindeutige Regelungen bereit, so ist der Rechtsanwender genötigt, diese Unpräzision im Wege der Auslegung nach den allgemein anerkannten Regeln zu beseitigen. 127 Bei der Auslegung des § 111h Abs. 1 wurde bereits festgestellt, dass ebenso wie bei § 111g Abs. 3 Satz 1 durch diese Regelung das bestehende Rangverhältnis unter den privilegierten, d.h. zugelassenen Verletzten nicht verändert werden sollte. Vielmehr sollte dadurch allein dem Verletzten der Vorrang vor dem Justizfiskus und vor anderen Gläubigern eingeräumt werden. Nach dem Sinn und Zweck des § 111h sollte dieser also keine Vorrangeinräumung gegenüber anderen zugelassenen Verletzten unter Abänderung des bestehenden Rangverhältnisses beinhalten, sondern deren Rangverhältnis untereinander sollte bestehen bleiben. 1 2 8 Aus Sicht des privilegierten Verletzten ist daher die Vorrangeinräumungserklärung in § 111h Abs. 1 Satz 1 nur so auszulegen, dass die Vorrangeinräumung an ihn nur soweit erfolgt, als dass die ursprünglichen Rangverhältnisse mehrerer Verletzter zueinander beim zugelassenen Rangvortritt ihrer Rechte gewahrt bleiben. Aus dem Sinn und Zweck des § 111h Abs. 1 Satz 1 ergibt sich für jeden Verletzten, der hiernach die Zulassung und Eintragung der Rangänderung erwirkt, dass die Vorrangeinräumung nur unter dieser Einschränkung erfolgt, weil der Gesetzgeber das ursprüngliche Rangverhältnis nach § 879 BGB unter den zugelassenen Verletzten bewahren wollte. Die Auslegung der gesetzlichen Vorrangeinräumung an den Verletzten in § 111h Abs. 1 Satz 1 ergibt somit, dass diese an den Verletzten nur soweit erfolgt, als dass die ursprünglichen Rangverhältnisse mehrerer Verletzter zueinander beim zugelassenen Rangvortritt ihrer Rechte gewahrt bleiben.

(γγ) Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 BGB Es stellt sich somit die Frage, was dann gilt, wenn die später eingetragene Ranglage unter den zugelassenen, vorgetretenen Verletzten nicht mit diesem Inhalt der Vorrangeinräumung in § 111h Abs. 1 Satz 1 übereinstimmt. 127

Vgl. Gern, S. 416 f.; BGH JR 2000, 509 (509); Palandt-Heinrichs, tung, Rn. 35. 128 s.o. unter D., I., 2., b), cc), (2), (c), (cc).

Einlei-

230

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Tritt dieser Fall ein, so führt dies wegen Widerspruch der buchmäßigen Ranglage gegenüber der materiellen Rechtslage zur Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.d. § 894 B G B . 1 2 9 Der ursprünglich rangbessere Verletzte, der sich nach Zulassung und Eintragung der Rangänderung gemäß § 111h im Grundbuch hinter einem ursprünglich rangschlechteren, nach § 111h vorgetretenen Verletzten wiederfindet, kann deshalb von diesem die Berichtigung des Grundbuchs verlangen und gemäß § 894 BGB durchsetzen. Im bereits betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren kann der so betroffene Verletzte zur Sicherung seiner eigentlich vorrangigen Rechte diese gemäß § 37 Nr. 4 Z V G zum Versteigerungstermin anmelden und mit den vorgenannten Gründen glaubhaft machen, dass er einen aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen, aber vorgehenden Rang für seine Sicherungshypothek in Anspruch nehmen kann. 1 3 0 Andernfalls wird sein Anspruch bei der Erlösverteilung den anderen Ansprüchen, also auch dem des eigentlich nachrangigen Verletzten, endgültig nachgesetzt. 131 Die Berichtigung des Grundbuchs entsprechend der richtigen Rangverhältnisse und deren Berücksichtigung in der Zwangsversteigerung erfolgt dann im Ergebnis so, als hätte der jeweils ursprünglich rangbessere Verletzte die zugelassene Rangänderung nach § 111h Abs. 2 auch als Erster eintragen lassen, so dass er sich als Erster aus dem Grundstück befriedigen kann. Dies kommt einer erneuten Rangänderung i.S.d. § 880 BGB, diesmal zwischen den beiden von der Unrichtigkeit des Grundbuchs betroffenen Verletzten gleich. D.h., die Berichtigungsbewilligung des erstrangig eingetragenen Verletzten, die sich grundsätzlich nach der Art der Unrichtigkeit des Grundbuchs richtet132, muss eine erneute Rangänderung jetzt zu Gunsten des rangschlechteren Verletzten beinhalten. Sofern Zwischenrechte anderer Gläubiger bestehen, dürfen diese jedoch durch die Grundbuchsberichtigung wegen § 111h Abs. 1 Satz 4 i . V . m . § 880 Abs. 5 BGB keine Nachteile erleiden. Es kann daher festgehalten werden, dass bei § 111h kein Regelungsbedarf besteht, da sich auch die hier untersuchte Fallkonstellation mit den gesetzlichen Mitteln entsprechend dem durch Auslegung ermittelten Willen des Gesetzgebers lösen lässt. Sollte der Gesetzgeber diese Fallkonstellation dennoch aus Versehen übersehen haben, so besteht aus den gleichen Gründen aber auch keine planwidrige Regelungslücke. In dem hier untersuchten Fallbeispiel (s. Abb. 15) können somit folgende Antworten gegeben werden: 129 130 131 132

Vgl. MüKo -Wacke, § 894, Rn. 8; RGRK-Augustin, § 894, Rn. 6. Vgl. RGZ 122, 61 (64); Reinhard/Dassler-Muth, § 37, Rn. 13. RGZ 76, 379 (383); Reinhard/Dassler-Muth, § 37, Rn. 13. MüKo -Wacke, § 894, Rn. 26.

231

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke Arrestierung des Grundstücks nach § l l l d

1

Eintragung

Zulassung der

Sicherungshypothek

Rangänderung

für A

für Β

I

I

t

Eintragung Sicherungshypothek für Β

t

>

Zeit

Zulassung der Rangänderung für A

Abbildung 15

Die nach ihrer Zulassung hintereinander vorgenommenen Rangänderungen gemäß § 11 l h zuerst des Β und dann des A führen zunächst dazu, dass sich das ursprüngliche Rangverhältnis zwischen dem besserrangigen A und dem rangschlechteren Β zu Gunsten des Β umgekehrt hat. Dieser steht nach dem Rangrücktritt des Justizfiskus nunmehr an erster Rangstelle: Grundstück des S, Wert EUR 30.000,1. Verletzter Β mit EUR 100.000,2. Verletzter A mit EUR 50.000,3. Justizfiskus mit EUR 100.000,Diese Ranglage entspricht jedoch nicht dem Inhalt der an die Verletzten Β und A gerichteten, gesetzlichen Vorrangeinräumungserklärungen in § 111h Abs. 1 Satz 1. Danach hat deren Rangverhältnis zueinander gewahrt zu bleiben, wenn beide nacheinander nach Zulassung und Eintragung der Rangänderung im Grundbuch vortreten. Da bezüglich der Vorrangeinräumung die Ranglage im Grundbuch und die materielle Rechtslage nicht mehr übereinstimmen, kann A von Β die Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB verlangen. Diesen Anspruch kann Β dadurch erfüllen, indem er selbst nach § 880 BGB dem A den Vorrang einräumt und so einen Rangtausch vornimmt. Der Rangtausch führt zu einer Ranglage, die derjenigen entspricht, wenn der Verletzte A entsprechend der ursprünglichen Rangfolge auch als Erster die Rangänderung hätte eintragen lassen. Diese stimmt dann mit dem gesetzgeberischen Willen von einem durch § 111h unveränderten Rang Verhältnis unter den vorgetretenen Verletzten A und Β überein:

232

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte Grundstück des S, Wert EUR 30.0001. Verletzter A mit EUR 50.0002. Verletzter Β mit EUR 100.0003. Justizfiskus mit EUR 100.000,-

Der Verletzte A kann sich dann als Erster aus dem Grundstück des Straftäters S (Wert EUR 30.000,-) befriedigen. Bei einem Anspruch des A von EUR 50.000,- wird dies dazu führen, dass Β - anders als noch nach der zwischenzeitlichen, buchmäßigen Ranglage 133 - leer ausgeht.

(d) Empfehlung für gesetzliche Neuregelung des § 111h Zur Klarstellung des gesetzgeberischen Willens in § 111h wird abschließend empfohlen, eine entsprechende gesetzliche Regelung zum Rangverhältnis mehrerer vortretender Verletzter zueinander in § 111h Abs. 1 einzufügen. Damit könnte die bei den notwendigen Auslegungen immer bestehende Gefahr abweichender Ergebnisse von vorneherein ausgeschlossen werden, zumal sich aus den zwar nicht bindenden, aber den Gesetzeszweck verdeutlichenden 134 Gesetzesmaterialien nicht ergibt, in welchem Rang Verhältnis vortretende Rechte von Verletzten zueinander stehen sollen. Eine solche Regelung könnte als neuer § 111h Abs. 1 Satz 2 eingefügt werden und folgenden Wortlaut haben: „Das Rangverhältnis mehrerer nach Satz 1 vortretender unverändert. "

Rechte zueinander bleibt

Damit würde unmissverständlich klargestellt, dass die Vorrangeinräumung nach § 11 l h Abs. 1 Satz 1 bei einem zugelassenen Rang vortritt mehrerer Rechte von Verletzten keine Änderung der Rangfolge ermöglicht, sondern deren ursprüngliches Rangverhältnis zueinander gewahrt zu bleiben hat, unabhängig davon, ob der Vortritt der Verletztenrechte zeitgleich oder nacheinander gebucht wird. c) Ergebnis Bei der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durch Verletzte und andere Gläubiger in Grundstücke, in welche zur Sicherung der Zahlungsansprüche des Justizfiskus ein Arrest nach § l l l d oder § I l i o vollzogen ist,

133 134

S. 66.

s.o. unter D., I., 2., b), cc), (2), (b). Vgl. Palandt-Heinrichs, Einleitung, Rn. 37; Larenz/Canaris,

S. 151; Wolters,

I. Der Zugriff auf arrestierte Grundstücke

233

gilt für alle Vollstreckungsgläubiger grundsätzlich das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip aus § 879 BGB. § 111h Abs. 1 Satz 1 räumt einem Verletzten, der wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches während der Arrestierung die Vollstreckung in ein Grundstück vornimmt, im Zeitpunkt der Eintragung seines Rechtes den Vorrang gegenüber der Sicherungshypothek des Justizfiskus ein. Die Vorrangeinräumung steht unter der aufschiebenden Bedingung der Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2. Vollstreckt ein Verletzter während der Dauer der Arrestierung neben anderen, ihm vorrangigen Gläubigern in das Grundstück, und erwirbt er die Zulassung gemäß § 111h Abs. 2, so kann er mit dem Zulassungsbeschluss die Rangänderung im Grundbuch eintragen lassen. Damit rückt er zunächst an die Rangstelle des Justizfiskus und kann sich ungehindert vor diesem befriedigen. Dem Zulassungsbeschluss aus § 111h Abs. 2 kommt damit eine „Filterfunktion" zu. Gleichzeitig verdrängt der Verletzte durch die eingetragene Rangänderung unter Beachtung des § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB in der Höhe der staatlichen Sicherungshypothek im Rang auch Zwischenrechte rangbesserer Gläubiger. Dem Zulassungsbeschluss kommt deshalb auch eine „Vorrangfunktion" zu. Betreiben mehrere Verletzte die Zwangsvollstreckung oder vollziehen Arreste in das arrestierte Grundstück, erwirken aber nur einige den Zulassungsbeschluss nach § 111h Abs. 2 und lassen damit die Rangänderung eintragen, so rücken diese im Rang ebenfalls vor die Zwischenrechte besserrangiger, aber nicht zugelassener Verletzter. Die Rangfolge zwischen zugelassenen Verletzten untereinander, die nacheinander die Rangänderungen eintragen lassen, richtet sich allein nach dem vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip aus § 879 BGB. Hier kommt es nicht darauf an, wer als Erster nach der Vollstreckung mit dem Zulassungsbeschluss nach § 111h Abs. 2 auch die Eintragung der Rangänderung im Grundbuch vornehmen lässt. Das ursprüngliche Rangverhältnis der zugelassenen Verletzten untereinander sollte durch § 111h nicht abgeändert werden, sondern unverändert bleiben. Die Vorrangeinräumungserklärung in § 111h Abs. 1 Satz 1 ist so auszulegen, dass eine Vorrangeinräumung an den jeweiligen Verletzten nur soweit erfolgt, als dass das Rangverhältnis mehrerer vortretender Verletzter zueinander unverändert zu bleiben hat. Widerspricht die buchmäßige Ranglage später dem Inhalt dieser Vorrangeinräumungserklärung, weil ein ursprünglich rangschlechterer Verletzter zuerst die zugelassene Rangänderung hat eintragen lassen, so ist das Grundbuch unrichtig. Der betroffene Verletzte kann dann die Berichtigung des Grundbuchs verlangen und nach § 894 BGB und § 37 Nr. 4 ZVG durchsetzen. Die Grundbuchberichtigung erfolgt,

234

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

indem ihm der vorrangig eingetragene, ursprünglich rangschlechtere Verletzte selbst den Vorrang nach § 880 BGB einräumt. Da insoweit der Wortlaut des § 111h keine eindeutige Regelung enthält, wird empfohlen, in § 111h Abs. 1 als neuen Satz 2 eine klarstellende Bestimmung aufzunehmen, wonach beim Rangvortritt mehrerer Rechte von Verletzten deren Rangverhältnis untereinander unberührt bleibt.

3. Beschränkung der Zulassung gemäß § 111h Abs. 2 auf einen bestimmten Gläubigerkreis Die Untersuchung der Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses aus § 111h Abs. 2 hat gezeigt, dass die Erlangung der Zulassung und die damit mögliche Eintragung der Rangänderung für die Verletzten eine erhebliche Besserstellung in der Rangfolge und den Befriedigungsaussichten bedeutet. Damit stellt sich auch hier die Frage, wer zu dem Kreis der privilegierten Verletzten i.S.d. § 111h gehört, die erfolgreich die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 Satz 1 beantragen können. § 111h Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass § 111g Abs. 2 Satz 3 entsprechend anzuwenden ist. Danach ist die Zulässung zu versagen, wenn der Verletzte nicht glaubhaft macht, dass der Anspruch aus der Straftat erwachsen ist. Demgemäß müssen für die Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 dieselben Voraussetzungen erfüllt sein wie für die Zulassung der Zwangsvollstreckung in beschlagnahmte Gegenstände nach § 111g Abs. 2. Die Regelung entspricht also der des § 111g und es gelten insoweit dieselben Grundsätze. 135 Danach darf sich also nur derjenige vorrangig aus einem arrestierten Grundstück befriedigen, der Verletzter mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch ist. Hinsichtlich der Frage, wer zu dem Kreis der nach § 11 l h privilegierten Gläubiger gehört, kann daher entsprechend auf die bereits bei § 111g gewonnenen Ergebnisse verwiesen werden 1 3 6 , soweit im Nachfolgenden nicht noch auf Besonderheiten hinzuweisen ist. a) Aus der Straftat

erwachsener Anspruch i.S.d. § 111h Abs. 2 Satz 2

Gegenüber § 111g Abs. 2 Satz 3 besteht die Besonderheit, dass die Zulassung der Rangänderung nach § 111h entsprechend voraussetzt, dass der Anspruch des Verletzten aus der Straftat erwachsen sein muss, welche 135

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h; LR-Schäfer, § 111h, Rn. 3; KMRMüller, § 11 lh, Rn. 3; SK-Rudolphi, § 11 lh, Rn. 4; HK-Lemke, § 11 lh, Rn. 3. 136 s.o. unter C., III.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

235

Anlass zur Anordnung eines Arrestes nach § l l l d Abs. 1 oder § I l i o Abs. 1 war. 1 3 7 b) Rechtsschutzbedürfnis

des Verletzten

Zu dem privilegierten Personenkreis, der eine Zulassung der Rangänderung nach § 111h Abs. 2 beantragen kann, gehören auch nur diejenigen Verletzten, die dafür ein Rechtsschutzbedürfnis vorweisen können. Es wurde bereits festgestellt, dass der Verletzte in dem Moment, wo die Arrestanordnung aufgehoben wird oder sonst die Arrestierung des Grundstücks endet, mangels weiterbestehender Arrestsicherungshypothek des Justizfiskus auch keine Rangänderung mehr nach § 111h Abs. 1 Satz 1 verlangen kann. 1 3 8 Ist ihm mit diesem Zeitpunkt eine Rangänderung im Grundbuch nicht mehr möglich, so kann er dann weder die im Rang vorgehende Sicherungshypothek des Justizfiskus verdrängen noch seine eigene Rangposition im Wege des Rangtauschs mit der staatlichen Sicherungshypothek gegenüber anderen Gläubigern verbessern. Mangels noch aufgrund dinglicher Arreste bestehender Sicherungshypotheken kann somit der Zulassungsbeschluss nach § 111h Abs. 2 die ihm zugedachte „Filterfunktion" und „Vorrangfunktion" nicht mehr erfüllen. Damit fehlt es dem Verletzten mit dem Ende der Arrestierung des Grundstücks an einem berechtigten Interesse zur Rangänderung und daher mit dem Rechtsschutzbedürfnis an einer Zulassungsvoraussetzung gemäß § 111h Abs. 2. Gleiches gilt, wenn in dem Zeitpunkt, indem der Verletzte die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreibt, in dieses noch gar kein dinglicher Arrest gemäß §§ l l l d oder I l i o vollzogen worden ist. Dann muss der Verletzte keine Rangänderung verlangen, um den Justizfiskus aus seiner Rangposition zu verdrängen, weil er gemäß § 879 BGB bereits mit seinem Recht im Grundbuch vorrangig eingetragen ist. Der Zulassung der Rangänderung durch den für den Arrest nach § l l l d oder § 1 I l o zuständigen Richter bedarf es daher nur, wenn und solange die Arrestierung des Grundstücks nach §§ l l l d oder I l i o besteht.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte Neben Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten können dingliche Arreste nach § l l l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2 i.V.m. §§ 930, 931 ZPO auch in andere Vermögenswerte des Straftäters vollzogen werden. Dabei 137 138

So auch KMR-Müller, § 11 lh, Rn. 2. s.o. unter D., I., 1., e).

236

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

kann es sich um bewegliche Sachen aller Art, also auch eingetragene und nicht eingetragene Luftfahrzeuge, nicht eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke, weiter um Forderungen und andere Vermögensrechte (§ 930 ZPO) sowie eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke (§ 931 ZPO) handeln. 1 3 9 Diese so arrestierten Werte können anschließend ebenfalls zu Objekten der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung von Verletzten und anderen Gläubigern des Täters werden. Anders als § 111g und § 111h, der den Zugriff des Verletzten auf durch dinglichen Arrest sichergestellte Grundstücke regelt, findet sich in der StPO für den Zugriff des Verletzten auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte keine entsprechende Vorschrift, wonach sich die Verletzten wegen ihrer aus der Tat erwachsenen Ansprüche ungehindert durch den Justizfiskus und andere, vorrangige Gläubiger aus den gesicherten Werten schadlos halten können. Dies ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz kann ein dinglicher Arrest als Zurückgewinnungshilfe gemäß §§ 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, l l l d zur Sicherung der aus der Straftat erwachsenen Ansprüche des Verletzten angeordnet und vollzogen werden. Um dem Verletzten eine Befriedigung seiner Ausgleichsansprüche gegen den Täter zu ermöglichen, können also z.B. bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte in Vollziehung dinglicher Arreste nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 930 Abs. 1 ZPO gepfändet werden. Die Vorschriften in § l l l e Abs. 3, 4 und § I l i o Abs. 5 i.V.m. § l l l e Abs. 3, 4 schreiben zudem vor, bei allen dinglichen Arrestanordnungen in das Tätervermögen den Verletzten zu informieren, damit dieser seine aus der Tat erwachsenen Ansprüche daraus befriedigen kann. Ein daran anschließender, bevorrechtigter Zugriff des Verletzten auf die arrestierten Vermögenswerte zwecks Befriedigung fehlt jedoch in den §§ 111b ff. Hinzu kommt, dass die vom Täter aus der Straftat erlangte Beute häufig bereits kurze Zeit nach der Tat oder spätestens bei Beginn der polizeilichen Ermittlungen verbraucht, verschwunden oder sonst unauffindbar beiseitegeschafft i s t . 1 4 0 In diesen Fällen kommt statt Verfall gemäß § 73 StGB nur noch der Verfall von Wertersatz gemäß § 73a StGB in Betracht. 141 Eine Sicherstellung der dem Verfall von Wertersatz unterfallenden, legalen Vermögenswerte des Täters erfolgt aber nicht durch Beschlagnahme, sondern ist nur durch dinglichen Arrest nach §§ 111b Abs. 2, l l l d zulässig. 139

Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 11 ld, Rn. 12 ff.; § 11 lf, Rn. 7, 11-13; Thomas/Putzo-Reichold, § 930, Rn. 1; § 931, Rn. 1; mfco-Heinze, ZPO, § 931, 1, 7, 8. 140 Vgl. Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485); Görling FAZ v. 3.2.2001, S. 22; Kilchling wistra 2000, 241 (249); ders., Geldwäsche und Gewinnabschöpfung, S. 9; Hoffmann MDR 1984, 617 (617); LKA Baden-Württemberg, S. 28; Podolsky, S. 99; Schürholz Die Polizei 1999, 257 (259). 141 Tröndle/Fischer, § 73a, Rn. 3; Schönke/Schröder-Eser, § 73a, Rn. 5.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

237

Hat der Täter statt des ursprünglich erlangten Beutegegenstandes hierfür ein Surrogat erhalten, ist es für die ermittelnden Beamten meist sehr schwierig, zu belegen, dass es sich um ein nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB dem Verfall unterliegendes und daher beschlagnahmbares Surrogat handelt. Diesen Schwierigkeiten bei der Feststellung eines Verfallsanspruches auf das Surrogat trägt § 73a Satz 1 3. Alt. StGB Rechnung. Danach kann vom Verfall des Ersatzgegenstandes abgesehen und statt dessen der Verfall von Wertersatz angeordnet werden. 142 Die Praxis neigt deshalb dazu, den Verfallsanspruch auch wegen Surrogaten gleich auf § 73a StGB zu stützen. 143 Zu dessen Sicherung ist wiederum nur der dingliche Arrest nach § 11 l d zulässig. Darüber hinaus können die staatlichen Ansprüche wegen Geld- und Vermögensstrafe ebenfalls nur durch dingliche Arreste nach §§ l l l d , I l i o gesichert werden. Insgesamt befindet sich die Wertersatzabschöpfung, auch in der EU, auf dem Vormarsch. 144 In der Gewinnabschöpfung spielt der bislang unterschätzte Wertersatzverfall nach § 73a StGB mittlerweile die zentrale Rolle mit höherer praktischer Bedeutung als Verfall und Erweiterter Verfall. 1 4 5 Deshalb ergehen auch bei den vorläufigen Maßnahmen im Hauptanwendungsfall dingliche Arreste nach §§ 111b Abs. 2, l l l d , und nicht Beschlagnahmen nach § 111c. 1 4 6 So entfielen nach der baden-württembergischen Statistik zur Gewinnabschöpfung im Jahr 1998 56% des Abschöpfungsvolumens auf Maßnahmen gemäß § 73a StGB, nur 19% auf § 73 StGB, 16% auf § 74 StGB und 9% auf § 73d StGB, bezogen auf 293 Verfahren. 147 Dementsprechend herrschten bei der Verteilung der vorläufigen Maßnahmen ebenfalls solche nach § l l l d wegen Verfall von Wertersatz vor. 1 4 8 Nach den Lagebildern der verfahrensintegrierten Finanzermittlungen in Nordrhein-Westfalen für die Jahre 1998 und 1999 stiegen die vorläufigen Sicherstellungsmaßnahmen beim Verfall von Wertersatz 1998 im Vergleich zum Voijahr um 247% und 1999 im Vergleich zum Vorjahr um 637%, wobei 142

II, 6.

143

LK-Schäfer, § 73, Rn. 49; Schönke/Schröder-Eser,

§ 73a, Rn. 7; Gebert, A,

So Gebert, A, II, 6; Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV), Telefonische Auskunft v. 27.7.2001; vgl. auch Kilchling wistra 2000, 241 (248). 144 Kaiser wistra 2000, 121 (124) m.w.N.; Kilchling wistra 2000, 241 (249, 247) m.w.N. 145 Podolsky, S. 92 f.; Kilchling wistra 2000, 241 (247). 146 So Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV), Telefonische Auskunft v. 27.7.2001. 147 Vgl. Kaiser wistra 2000, 121 (124). 148 Vgl. Schürholz Die Polizei 1999, 257 (259); Arnitz/Kemm Die Polizei 1999, 262 (262).

238

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

1999 auf der Grundlage des § 73a StGB sogar 87,3% der Gesamtsumme sichergestellt wurde. 1 4 9 Der größte Anteil aller sicherstellenden Maßnahmen lag dabei 1999 im Bereich der Sicherstellung von beweglichen Sachen (83%), hier insbesondere von Bargeld, und von Forderungen und sonstiger Vermögensrechte (12,3%). Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte wurden dagegen nur in Einzelfällen sichergestellt. 150 Ähnliche Anteile zeigten sich in 1998 1 5 1 . Nach den Erfahrungen in der Praxis werden insgesamt dingliche Arreste besonders häufig in Bargeld und Forderungen vollzogen. 1 5 2 Nach dem Lagebild Organisierte Kriminalität des B K A für 1999 verteilten sich die Vermögensabschöpfungsmaßnahmen auf 180 Beschlagnahmen zur Sicherung des Verfalls und 24 Beschlagnahmen zur Sicherung von Ansprüchen Verletzter. Dagegen ergingen 254 dingliche Arreste zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz und 40 dingliche Arreste zur Sicherung von Ansprüchen Verletzter. 153 Das Lagebild Organisierte Kriminalität des B K A für 2000 zeigt gegenüber 140 Beschlagnahmen zur Sicherung des Verfalls und 149 Beschlagnahmen zur Sicherung von Ansprüchen Verletzter bereits 404 dingliche Arreste zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz und 73 dingliche Arreste zur Sicherung von Ansprüchen Verletzter. 154 Hinzu kamen jeweils noch weitere Arreste zur Sicherung des Erweiterten Verfalls von Wertersatz, der Einziehung von Wertersatz und der Vermögensstrafe. 155 Daraus wird insgesamt ersichtlich, dass Sicherstellungen durch dinglichen Arrest von Vermögenswerten, die nicht Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte sind, in der Praxis viel häufiger anzutreffen sind als Beschlagnahmen nach § 111c und eine erhebliche praktische Bedeutung haben. Dennoch ist für den somit wichtigsten und bedeutendsten Teil staatlicher Sicherungsmaßnahmen ungeregelt, ob und inwieweit verletzte Opfer auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte zu ihrer Schadloshaltung zugreifen können. 149 Vgl. Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, S. 9; Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, S. 10. 150 Vgl. Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, S. 12 u. Anhang Β Ziffer 4. 151 Vgl. Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, S. 11 f. u. Anhang Β Ziffer 3. 152 Telefonische Auskunft v. 27.7.2001 des Herrn Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV); vgl. Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, S. 12 u. Anhang Β Ziffer 4; Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, S. 11 f. u. Anhang Β Ziffer 3. 153 Vgl. BKA, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 1999 BRD, Abschnitt 2.2.2 Vermögensabschöpfung. 154 Vgl. BKA, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 2000 BRD, Abschnitt 2.2.8 Vermögensabschöpfung. 155 Vgl. BKA, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 1999 BRD, Abschnitt 2.2.2 Vermögensabschöpfung; BKA, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 2000 BRD, Abschnitt 2.2.8 Vermögensabschöpfung.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

239

Zu untersuchen ist daher, ob trotz Fehlens einer den §§ 111g, 111h entsprechenden Vorschrift dem Verletzten ein ebenso bevorrechtigter Zugriff auf die sonstigen, arrestierten Vermögenswerte des Täters ermöglicht werden kann, um das mit den §§ 111b ff. insgesamt verfolgte Ziel der Schadloshaltung des Verletzten zu erreichen.

1. Vorrangige Befriedigung des Verletzten aus eingetragenen Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen Neben den Grundstücken unterliegen gemäß § 864 Abs. 1 ZPO der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen auch die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe und die im Schiffsbauregister eingetragenen Schiffsbauwerke, gemäß § 99 Abs. 1 LuftfzRG i.V.m. § 864 Abs. 1 ZPO die in der Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeuge sowie nach § 171a S. 2 Z V G die in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenen Luftfahrzeuge, deren Eintragung in der Luftfahrzeugrolle gelöscht ist. Erlangen Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung eingetragene Rechte an diesen, so können sie sich genauso wie bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung der eingetragenen Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge gemäß §§ 162, 171a, 1 ff., 10 ZVG aus den Rechten befriedigen. Dabei richtet sich gemäß § 11 Z V G die Reihenfolge der Befriedigung nach der Rangordnung der durch Vollstreckungsmaßnahmen erlangten Rechte. Demzufolge werden eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge den Grundstücken in der Zwangsvollstreckung gleichbehandelt. a) Analoge Anwendung des § 111h Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob die Vorschrift des § 111h zumindest auf eingetragene Sicherungsrechte des Justizfiskus und des Verletzten an eingetragenen Schiffen, Schiffsbauwerken oder Luftfahrzeugen analoge Anwendung finden kann. aa) Planwidrige Gesetzeslücke Diese setzt das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke, die Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte sowie die Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung voraus. 156 156

Vgl. Palandt-Heinrichs, Einleitung, Rn. 48, 40; Larenz/ Canaris, Zippelius, S. 65, 68 f.; OLG Hamm MDR 1970, 1030.

S. 202 f.;

240

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Eine erweiterte Zugriffsmöglichkeit des Verletzten entsprechend §§ 111g, 111h in den Fällen, in denen ein dinglicher Arrest zu Gunsten des Justizfiskus in bereits eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge vollzogen ist oder in denen diese Sachen in Vollziehung des Arrestes gemäß §§ l l l f Abs. 3 Satz 1, 2 i.V.m. Abs. 2, 111c Abs. 4 zusätzlich zur Eintragung angemeldet werden, hat der Gesetzgeber bei Einführung der §§ 111b ff. bewusst nicht geregelt. In der amtlichen Begründung zu § 111h heißt es:

„Die Frage, inwieweit die Vorschrift entsprechend auch auf Arrestpfandrechte an Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen angewendet werden kann, blei der Rechtsprechung überlassen. " 15 Der Gesetzgeber hat also die Entscheidung über die Anwendbarkeit des § 111h auf diese Fälle der Rechtsprechung überlassen, so dass hier eine bewusste, planwidrige Regelungslücke vorliegt. 1 5 8 Die Rechtsprechung hatte bislang noch keinen Fall dieser Art zu entscheiden. bb) Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte Die Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte verlangt hier zum einen, dass wie bei einem Grundstück als Belastungsgegenstand auch „auf 4 dem jeweiligen Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug rangfähige Sicherungsrechte eingetragen werden können, wenn sowohl ein dinglicher Arrest vollzogen wird als auch der Verletzte die Zwangsvollstreckung betreibt. Ohne solche eingetragenen Rechte könnte eine Rangänderung entsprechend § 111h nicht erfolgen. Zum anderen darf die Rangänderung nicht unmöglich oder sonst ausgeschlossen sein. (1) Vollstreckung

in eingetragene Schiffe

oder Schiffsbauwerke

Die Rechtsähnlichkeit soll zunächst für die Vollstreckung in eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke untersucht werden. Vollzieht der Staat einen dinglichen Arrest in ein im Schiffsregister eingetragenes Schiff oder in ein im Schiffsbauregister eingetragenes Schiffsbauwerk, so erfolgt dies gemäß § l l l d Abs. 2 oder § I l i o Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 931 Abs. 1 ZPO durch Pfändung. Diese begründet nach § 931 Abs. 2 ZPO ein Pfandrecht an dem gepfändeten Schiff oder Schiffsbauwerk. Zwar kann das Pfandrecht anschließend gemäß § 931 Abs. 6 ZPO zusätzlich in das Schiffs- oder Schiffsbauregister eingetragen werden. 1 5 9 Das Arrestpfandrecht entsteht jedoch ohne diese bloß deklaratorische Ein157 158

BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h. Palandt-Heinrichs, Einleitung, Rn. 47.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

241

tragung bereits mit der Pfändung, wobei für die Rangordnung mehrerer Pfandrechte untereinander das Prioritätsprinzip gemäß § 804 Abs. 3 ZPO gilt.160 (a) Belastung mit einem rangfähigen Sicherungsrecht Werden demnach eingetragene Schiffe oder Schiffsbauwerke bei der Arrestvollziehung wie bewegliche Sachen behandelt, so ist fraglich, ob sich hier überhaupt die Regeln über eine Rangänderung in § 11 l h i.V.m. § 880 BGB entsprechend anwenden lassen. Denn nach ganz h.M. ist eine rechtsgeschäftliche Änderung der Rangordnung zwischen mehreren Pfandrechten an beweglichen Sachen mit dinglicher Wirkung unzulässig, weil die Regeln über das Rangverhältnis solcher Rechte streng bindend sind, eine Regelung entsprechend § 880 BGB fehlt und deshalb auch für eine Analogie zu § 880 BGB kein Raum ist. 1 6 1 Eine Behandlung der Arrestpfandrechte aus § 931 Abs. 2 ZPO nur als Sicherungsrechte an beweglichen Sachen würde jedoch nicht berücksichtigen, dass eingetragene Schiffe oder Schiffsbau werke nach §§ 864, 870a ZPO für die Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören und nur aus rein praktischen Gründen für die Arrestvollstreckung als bewegliche Sachen behandelt werden. 162 Zudem werden die zunächst arrestgepfändeten Schiffe und Schiffsbauwerke bei ihrer Verwertung durch Zwangsversteigerung gemäß §§ 162, 1 ff. ZVG den Grundstücken wieder gleichgestellt und nicht mehr als bewegliche Sachen behandelt. Diese Zwitterstellung bzw. Doppelnatur im Rahmen der Vollziehung des Arrestes 163 äußert sich vor allem darin, dass das Arrestpfandrecht gemäß § 931 Abs. 2 2. Hs. ZPO dem Gläubiger im Verhältnis zu anderen Rechten dieselben Rechte wie eine Schiffshypothek gewährt. D.h., das Arrestpfandrecht hat die Rang Wirkung und den Inhalt einer Schiffshypothek. 164 Nach dem Gesetz wird damit die Entstehung einer Schiffshypothek fingiert. 165 Das führt 159

Vgl. LR-Schäfer, § U l f , Rn. 10; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § U l f , Rn. 11; § l l l o , Rn. 10. 160 Vgl. Zöller-Vollkommer, §931, Rn. 2; Stein/Jonas-Grunsky, §931, Rn. 5; Thomas/Putzo-Reichold, § 931, Rn. 1; MüKo-Heinze, ZPO, § 931, Rn. 6; Gebert, D, III, 5 a). 161 So RGRK-Kregel, § 1209, Rn. 2; MüKo-Damrau, § 1209, Rn. 2; Zöller-Stöber, § 804, Rn. 5; Stein/Jonas-Münzberg, § 804, Rn. 38; Staudinger-Wiegand, § 1209, Rn. 9 m.w.N.; bei Bestehen von Zwischenrechten auch WestermannGursky, § 131, 2. c). 162 Stein/Jonas-Grunsky, § 931, Rn. 1; MüKo-Heinze, ZPO, § 931, Rn. 1; näher zu den praktischen Gründen Noack JurBüro 1982, 165 (165). 163 So Wieczorek/Schütze-Thümmel, §931, Rn. 2; Noack JurBüro 1982, 165

(166). 1

Hees

242

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

z.B. dazu, dass der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nach § 931 Abs. 6 ZPO die Berichtigung des Registers durch Eintragung seines Pfandrechts verlangen kann, mit der Wirkung, dass sich das Rangverhältnis bereits eingetragener Sicherungsrechte i.S.d. § 25 SchiffsRG zum Arrestpfandrecht nach § 804 Abs. 3 ZPO richtet. 1 6 6 Weiter kann der Gläubiger bei Vollstreckungsreife eines den Arrestanspruch ausschöpfenden Hauptsachetitels die Eintragung einer Schiffshypothek mit dem Rang des Arrestpfandrechts beantragen, unabhängig davon, ob das Arrestpfandrecht selbst bereits eingetragen war. 1 6 7 Demzufolge handelt es sich bei dem Arrestpfandrecht aus § 931 Abs. 2 ZPO um ein im Schiffs- bzw. Schiffsbauregister nach § 931 Abs. 6 Satz 1 ZPO eintragbares und i.S.d. § 25 SchiffsRG rangfähiges Sicherungsrecht gleich der einer Schiffshypothek, welches durch die Arrestvollziehung nach § l l l d oder § I l i o begründet wird. In Vollziehung des dinglichen Arrestes wird dieses Sicherungsrecht deshalb auch immer nach § l l l d Abs. 2 i.V.m. § 931 Abs. 6 Satz 1 ZPO oder bei der Vermögensstrafe nach § I l i o Abs. 2 i.V.m. § 931 Abs. 6 Satz 1 ZPO auf Ersuchen der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. des zuständigen Gerichts gemäß § l l l f Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 oder nach §§ I l i o Abs. 5, § l l l f Abs. 3 Satz 2 i . V . m . Abs. 2 in dem Schiffs- bzw. Schiffsbauregister zwingend eingetragen. 168 Gleiches gilt, wenn nach dem Staat auch die Verletzten gemäß § 931 ZPO ihre zivilprozessualen Arreste in die eingetragenen Schiffe oder Schiffsbauwerke vollziehen. Die damit entstandenen Arrestpfandrechte können ebenfalls auf Antrag des Verletzten nach § 931 Abs. 6 Satz 1 ZPO in dem Schiffs- bzw. Schiffsbauregister eingetragen werden. Für deren Rangverhältnis untereinander gilt wegen § 931 Abs. 2 2. Hs. ZPO wiederum das Prioritätsprinzip aus § 804 Abs. 3 ZPO, wonach das mit der Pfändung zuerst entstandene Pfandrecht dem später begründeten vorgeht und auch so im Register mit rangwahrender Wirkung nach § 25 SchiffsRG einzutragen ist. Es handelt sich also bei diesen ebenfalls um eintragbare und i.S.d. § 2 5 SchiffsRG rangfähige Sicherungsrechte gleich der einer Schiffshypothek. 164 Vgl. Baumbach/Lauterbach-Hartmann, §931, Rn. 3; Stein/Jonas-Grunsky, §931, Rn. 5; Wieczorek/Schütze-Thümmel, § 931, Rn. 2; RGRK-Mattern, Anh. § 1203, § 11 SchiffsRG, Rn. 2. 165 Noack JurBüro 1982, 165 (171). 166 Vgl. Stein/Jonas-Grunsky, § 931, Rn. 5; Wieczorek/Schütze-Thümmel, § 931, Rn. 7, 6; MüKo-Heinze, ZPO, § 931, Rn. 6; Noack JurBüro 1982, 165 (166). 167 Wieczorek/Schütze-Thümmel, § 931, Rn. 7; Noack JurBüro 1982, 165 (171). 168 Vgl. Gebert, D, ΠΙ, 5 a); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 11 lf, Rn. 11; § I l i o , Rn. 10; Ries, S. 201.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

243

Betreiben die Verletzten statt der Arrestvollziehung die Zwangsvollstreckung aufgrund eines endgültigen Titels, so erfolgt diese gemäß § 870a Abs. 1 1. Alt. i.V.m. § 867 ZPO unmittelbar durch Eintragung einer Schiffshypothek im Register. Deren Rangverhältnis untereinander richtet sich dann nach § 25 SchiffsRG, der der Vorschrift des § 879 BGB entspricht. 1 6 9 Demnach handelt es sich bei den durch Zwangsvollstreckung zu Gunsten der Verletzten entstehenden Schiffshypotheken auch um eingetragene, rangfähige Sicherungsrechte. Die in den Registern eingetragenen Arrestschiffspfandrechte und Schiffshypotheken sowohl des Justizfiskus als auch der Verletzten sind somit den Sicherungshypotheken auf Grundstücken, die gemäß § 111h an der Rangänderung zu Gunsten des Verletzten teilnehmen, rechtsähnlich. (b) Kein Ausschluss der Rangänderung Die Rechtsähnlichkeit des in Rede stehenden Sachverhalts mit dem des § 111h verlangt aber auch, dass die Rangänderung eines Arrestpfandrechts des Justizfiskus mit einem Arrestschiffspfandrecht oder einer Schiffshypothek des Verletzten möglich und nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Zunächst bedingt die Rangänderung entsprechend § 111h i.V.m. § 880 BGB, dass neben den obligatorisch einzutragenden Schiffshypotheken der Verletzten auch die Arrestpfandrechte des Justizfiskus und der vollstreckenden Verletzten bereits im Register gemäß § 931 Abs. 6 ZPO eingetragen sind. Denn nur dann kann auch eine Rangänderung der betroffenen, eingetragenen Rechte analog § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 2 BGB im jeweiligen Register wirksam gebucht werden. Des Weiteren ist die dingliche Rangänderung von Schiffshypotheken auf eingetragenen Schiffen und Schiffsbau werken gemäß §§ 26, 1, 77 SchiffsRG ausdrücklich zulässig. Gemäß § 26 Abs. 1, 2 SchiffsRG können deren Rangverhältnisse untereinander nachträglich durch Einigung und Eintragung in das Schiffsregister geändert werden. Da jede Arrestpfändung dem Justizfiskus und den Verletzten gemäß § 931 Abs. 2 2. Hs. ZPO ein Arrestpfandrecht mit dem Rang einer Schiffshypothek gewährt 1 7 0 , gilt § 26 SchiffsRG genauso für im Register eingetragene Arrestpfandrechte. Diese können deshalb ebenfalls Gegenstand von Rangänderungen mit dinglicher Wirkung sein. § 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 5 SchiffsRG entsprechen dabei in ihrem Wortlaut dem in § 111h sinngemäß anzuwendenden § 880 B G B 1 7 1 , so dass auch insoweit keine Unterschiede zu § 111h festzustellen sind. 169

Staudinger-Nöll, § 25 SchiffsRG, Rn. 1. Vgl. Baumbach/Lauterbach-Hartmann, Thümmel, § 931, Rn. 2. 170

1*

§ 931, Rn. 3; Wieczorek/Schütze-

244

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Demgemäß bestehen bei Eintragung der Arrestpfandrechte und Schiffshypotheken im Schiffs- bzw. Schiffsbauregister im Wege der Arrestvollziehung oder Zwangsvollstreckung sowohl zu Gunsten des Justizfiskus als auch der Verletzten eingetragene, i.S.d. § 25 SchiffsRG rangfähige Sicherungsrechte. Diese sind nach § 26 SchiffsRG ausdrücklich einer Rangänderung mit dinglicher Wirkung i.S.d. § 880 BGB zugänglich. Es kann somit festgehalten werden, dass § 111h einen rechtsähnlichen Sachverhalt regelt: An die Stelle des Grundstücks als Belastungsgegenstand tritt das eingetragene Schiff oder Schiffsbauwerk und die Rolle der vorbzw. zurücktretenden Sicherungshypotheken übernehmen die eingetragenen, rangfähigen Arrestschiffspfandrechte und Schiffshypotheken. Dabei trifft die Vorrangeinräumung nach § 111h unter sinngemäßer Anwendung des § 880 BGB eine Rechtsfolge, die so auch in § 26 SchiffsRG als zulässig vorgesehen ist. (2) Vollstreckung

in eingetragene Luftfahrzeuge

Fraglich ist, ob die Rechtsähnlichkeit der Sachverhalte auch bei der Vollstreckung in eingetragene Luftfahrzeuge bejaht werden kann. Sofern nicht nach dem Gesetz über die Unzulässigkeit der Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen 172 bestimmte Luftfahrzeuge ausnahmsweise nicht arrestgepfändet werden dürfen, erfolgen gemäß § 99 Abs. 2 1. Hs. LuftfzRG Arrestvollziehungen in ein Luftfahrzeug, das in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen ist, dadurch, dass der Gerichtsvollzieher das Luftfahrzeug in Bewachung und Verwahrung nimmt und ein Registerpfandrecht für die Forderung eingetragen wird. Hinsichtlich der Eintragung des Registerpfandrechts ist damit die gemäß § 932 ZPO für Grundstücke geltende Regelung übernommen worden. 1 7 3 Nach der gesetzlichen Regelung entsteht in diesem Fall anders als bei § 931 ZPO das Arrestpfandrecht erst mit der Eintragung in das Register. 174 Vollzieht dagegen der Staat einen strafprozessualen, dinglichen Arrest in ein eingetragenes Luftfahrzeug, so verweist § l l l d Abs. 2 bzw. § I l i o Abs. 2 für die Vollziehung jedoch nicht auf die Vorschrift des § 99 Abs. 2 LuftfzRG, sondern lediglich auf § 930 Abs. 1 ZPO. Demgemäß werden eingetragene Luftfahrzeuge ebenso wie nicht eingetragene Luftfahrzeuge zu171

Soergel-Winter, § 26 SchiffsG, Rn. 1; RGRK-Mattern, Anh. § 1203, § 8 SchiffsRG, Rn. 3, 9; § 27 SchiffsRG, Rn. 1; Staudinger-Nöll, § 26 SchiffsRG, Rn. 1. 172 RGBl. I, S. 385; näher hierzu Heinz, S. 69 ff.; Schwenk, S. 617. 173 Schleicher/Reymann/Abraham, § 99, Anm. 4. 174 Noack JurBüro 1982, 165 (171).

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

245

nächst als bewegliche Sachen gepfändet. 175 Diese Pfändung müsste dann eigentlich gemäß § 930 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 804 ZPO ein Pfändungspfandrecht begründen. Dem steht jedoch entgegen, dass der Gesetzgeber rechtliche Schwierigkeiten durch ein Nebeneinander von Registerpfandrechten und anderen Pfandrechten i.S.d. der §§ 1204 ff., 1257 BGB gerade vermeiden wollte. 1 7 6 Er sah deshalb § 9 LuftfzRG vor, wonach ein in der Luftfahrzeugrolle eingetragenes Luftfahrzeug nicht in anderer Weise mit einem Recht belastet werden kann, als in dem LuftfzRG vorgesehen i s t . 1 7 7 Auch sollte mit der speziellen Regelung des § 99 Abs. 2 LuftfzRG gerade eine von § 931 ZPO abweichende Regelung geschaffen werden, der zu Folge statt einer Schiffshypothek bei der Arrestvollziehung ein Pfändungspfandrecht begründet wird, damit im Interesse der Rechtsklarheit Registerpfandrechte und außerregisterliche Pfändungspfandrechte nicht zusammentreffen. 178 Daraus folgt, dass die Arrestpfändung nach §§ l l l d oder I l i o i.V.m. § 930 ZPO noch kein (Pfändungs-)Pfandrecht des Justizfiskus an dem eingetragenen Luftfahrzeug begründen kann. Dies ist erst mit der allein möglichen Eintragung eines (Arrest-)Registerpfandrechts in das Pfandrechtsregister der F a l l . 1 7 9 Deshalb ist jede Arrestvollziehung gemäß § l l l f Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 i.V.m. § 111c Abs. 4 Satz 2 auch immer in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen einzutragen 180 , wenn das Luftfahrzeug dort bereits eingetragen ist. Ist das Luftfahrzeug in der Luftfahrzeugrolle eingetragen, aber noch nicht im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, so ist das Luftfahrzeug in Vollziehung des dinglichen Arrestes gemäß § l l l f Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111c Abs. 4 Satz 3 i.V.m. §§ 79 ff. LuftfzRG zur Eintragung in dieses Register anzumelden, um die Arrestvollziehung dort eintragen zu können. 1 8 1 Die nach diesen Vorschriften erforderliche registerliche Eintragung der Vollziehung des dinglichen Arrestes erfolgt dadurch, dass für die Forderung des Justizfiskus ein vollwirksames Arrestregisterpfandrecht i.S.d. § 99 Abs. 2 1. Hs. LuftfzRG eingetragen wird. 175 Ebenso Gebert, D, III, 5 b); Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l f , Rn. 12; HKLemke, § l l l f , Rn. 9; SK-Rudolphi, § l l l f , Rn. 10. 176 Vgl. Erman-Küchenkoff/Michalski, Einl § 1204, Rn. 24; Schölermann/ Schmid-Burgk WM 1990, 1137 (1140) m.w.N.; Groth, S. 72 m.w.N. 177 Vgl. Heinz, S. 55. 178 Schuschke/Walker-Schuschke, § 931, Rn. 6; Schleicher/Reymann/Abraham, § 99, Anm. 4; Haupt NJW 1974, 1457 (1457); Groth, S. 72 m.w.N. 179 Noack JurBüro 1982, 165 (171); Haupt NJW 1974, 1457 (1457); Wendt MDR 1963, 448 (451); Heinz, S. 60. 180 Für die Arrestvollziehung zur Sicherung der Vermögensstrafe ergibt sich das aus § 11 lo Abs. 5. 181 Näher hierzu Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l f , Rn. 12; § I l i o , Rn. 10; Gebert, D, III, 5, b); Ries, S. 201; LR-Schäfer, § l l l f , Rn. 9.

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Das Arrestregisterpfandrecht i.S.d. § 9 9 Abs. 2 1. Hs. LuftfzRG stellt ein vollgültiges Registerpfandrecht dar. Für dieses gelten keinerlei Unterschiede zu dem durch Zwangsvollstreckung gemäß § 99 Abs. 1 LuftfzRG i.V.m. § 870a begründeten Registerpfandrecht, so dass auch die übrigen Vorschriften des LuftfzRG Anwendung finden. 1 8 2 Dies gilt insbesondere für die Vorschriften der §§ 24-26 LuftfzRG, die im wesentlichen den §§ 24-26 SchiffsRG und den §§ 879, 880 BGB entsprechen. 183 Danach stellt das eingetragene (Arrest-)Registerpfandrecht ein rangfähiges Sicherungsrecht dar, wobei sich das Rangverhältnis mehrerer Registerpfandrechte an einem Luftfahrzeug gemäß § 25 LuftfzRG nach der Reihenfolge der Eintragungen richtet. Insbesondere kann ihr Rangverhältnis untereinander gemäß § 26 LuftfzRG nachträglich durch Einigung und Eintragung in das Register wieder geändert werden. Das Registerpfandrecht, in das das (Arrest-)Registerpfandrecht bei Titulierung umgewandelt werden kann, gibt dem Justizfiskus gemäß § 47 LuftfzRG, §§ 171a, 10 ff. Z V G das Recht zur Befriedigung aus dem Luftfahrzeug gemäß der bestehenden Rangordnung. Vollzieht also der Staat einen dinglichen Arrest in das eingetragene Luftfahrzeug, so liegt mit der Eintragung des Registerpfandrechts in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen ein eingetragenes, rangfähiges Sicherungsrecht vor, das einer zulässigen Rangänderung zugänglich ist. Vollzieht anschließend ein Verletzter einen Arrest in ein in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Luftfahrzeuge eingetragenes Luftfahrzeug, so wird dies gemäß § 99 Abs. 2 1. Hs. LuftfzRG dadurch bewirkt, dass neben der Bewachung und Verwahrung durch den Gerichtsvollzieher ebenfalls ein Registerpfandrecht für die Forderung eingetragen wird. Somit entsteht auch hier ein eingetragenes, rangfähiges Sicherungsrecht, das gemäß § 26 LuftfzRG einer Rangänderung zugänglich ist. Betreibt der Verletzte statt dessen die Zwangsvollstreckung in das in der Luftfahrzeugrolle eingetragene Luftfahrzeug, so erfolgt diese gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 LuftfzRG i. V. m. § 870a ZPO durch Eintragung eines Registerpfandrechts für die Forderung. Hier gilt daher nichts anderes. Damit regelt § 111h auch hinsichtlich der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung von Justizfiskus und Verletzten in eingetragene Luftfahrzeuge einen vergleichbaren Sachverhalt. An die Stelle des Grundstücks tritt hier das eingetragene Luftfahrzeug und an die Stelle der vor- bzw. zurücktretenden Sicherungshypotheken die eingetragenen, rangfähigen Registerpfandrechte des Justizfiskus und der Verletzten. Dabei trifft die Vorrang182

Vgl. Groth, S. 70 ff.; Schölermann/Schmid-Burgk WM 1990, 1137 (1141); Schleicher/Reymann/Abraham, § 99, Anm. 4; § 25, Anm. 1; Schwenk, S. 617; Heinz, S. 60. 183 Noack JurBüro 1982, 165 (171); Schölermann/Schmid-Burgk WM 1990, 1137 (1142); Schleicher/Reymann/Abraham, § 26, Anm. 1; § 25, Anm. 1 f.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

247

einräumung nach § 111h unter sinngemäßer Anwendung des § 880 BGB eine Rechtsfolge, die auch in § 26 LuftfzRG als zulässig vorgesehen ist. (3) Vollstreckung in ein nicht im Schiffsbauregister Schiffsbauwerk

eingetragenes

Schließlich kommt ein vergleichbarer Sachverhalt auch bei der Arrestvollziehung und Zwangsvollstreckung in ein nicht im Schiffsbauregister eingetragenes Schiffsbauwerk in Betracht. Ist ein Schiffsbauwerk nicht im Schiffsbauregister eingetragen, so vollzieht der Staat den dinglichen Arrest gemäß § l l l d Abs. 2 oder § I l i o Abs. 2 i.V.m. § 930 ZPO durch Pfändung als bewegliche Sache nach § 808 Z P O . 1 8 4 Allerdings ist für diesen Fall in § l l l f Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 11 lc Abs. 4 Satz 3 vorgesehen, dass das nicht eingetragene, aber eintragungsfähige Schiffsbauwerk zum Zwecke der Eintragung der Arrestvollziehung in das Schiffsbauregister angemeldet werden kann. Dies gilt gemäß § I l i o Abs. 5 auch bei der Arrestvollziehung zur Sicherung der Vermögensstrafe. Auf diese Weise kann der Staat zu Gunsten des Justizfiskus nach § 931 Abs. 6 ZPO ein Arrestpfandrecht in dem Register eintragen lassen, welches nach § 931 Abs. 2 2. Hs. ZPO im Rang einer Schiffshypothek gleichsteht. In Folge der vorgenommenen Eintragungen von Schiffsbauwerk und Arrestpfandrecht in das Schiffsbauregister kann dann auch der Verletzte nachfolgend im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung gemäß §§ 870a, 931 ZPO dort Schiffshypotheken oder Pfandrechte eintragen lassen. Bei diesen handelt es sich - wie bereits festgestellt 185 - um eingetragene, rangfähige und nach § 26 SchiffsRG einer Rangänderung zugängliche Sicherungsrechte, die Grundstücken i.S.d. § 111h i.V.m. § 880 BGB vergleichbar sind. (4) Zwischenergebnis Damit kann insgesamt festgehalten werden, dass § 111h einen vergleichbaren, rechtsähnlichen Sachverhalt regelt, wenn für die in dem Schiffsregister eingetragenen Schiffe, in dem Schiffsbauregister eingetragenen Schiffsbauwerke oder in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragenen Luftfahrzeuge Arrestpfandrechte, Schiffshypotheken oder Registerpfandrechte zu Gunsten des Justizfiskus und der Verletzten durch Arrestvollziehung oder Zwangsvollstreckung eingetragen werden. Bei diesen 184

Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, Heinze, ZPO, § 931, Rn. 1. 185 s.o. unter D., Π., 1., a), bb), (1), (b).

§ U l f , Rn. 11; § I l i o , Rn. 10; MüKo-

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D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Sicherungsrechten handelt es sich ebenso wie bei Sicherungshypotheken auf einem Grundstück um eingetragene, rangfähige Rechte, die nach den Rangänderungsregelungen in § 26 LuftfzRG und § 26 SchiffsRG einer Vorrangeinräumung analog § 111h i.V.m. § 880 BGB zugänglich sind. cc) Unbilligkeit der gesetzlichen Nichtregelung Eine analoge Anwendung des § 111h kommt schließlich nur dann in Betracht, wenn sich § 111h auch billigerweise auf die Vollstreckung des Verletzten wegen seiner aus der Tat erwachsener Ansprüche in arrestierte, eingetragene Schiffe, Schiffsbau werke und Luftfahrzeuge erstrecken muss. Mit der Einführung der §§ 111b ff. hat der Gesetzgeber zugleich das Ziel der Schadloshaltung des Verletzten verfolgt. Er wollte damit einen wirksamen Opferschutz durch frühzeitige strafprozessuale Sicherstellungsmaßnahmen gewährleisten 186 , indem ein staatlich ungehinderter, anderen Gläubigern vorrangiger Zugriff des Verletzten ermöglicht wird. Dies gilt auch wie festgestellt 187 - bezüglich aller Sicherstellungen durch dinglichen Arrest, was sich insbesondere in den Vorschriften der §§ 111b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, l l l e Abs. 3 und 4, 111h und § I l i o Abs. 5 manifestiert. Mit § 111h wurde jedoch eine den ungehinderten, vorrangigen Zugriff ermöglichende Regelung nur in betreff auf arrestierte Grundstücke getroffen. Obwohl Arrestvollziehungen und Zwangsvollstreckungen des Staates, der Verletzten und anderer Gläubiger ebenso in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge möglich sind, fehlt es an einer Regelung, die dem Verletzten ausdrücklich den vorrangigen Zugriff auf das arrestierte Tätervermögen nicht nur vor dem Justizfiskus, sondern auch vor anderen Gläubigern ermöglicht. Dabei hat der Gesetzgeber in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und in den §§ 111g, 111h deutlich zum Ausdruck gebracht, dass zur Erreichung der Schadloshaltung des Verletzten dessen Ausgleichsansprüche denen des Justizfiskus und anderer Gläubiger in der Befriedigung vorgehen sollen, weil dessen persönliches Wiedergutmachungsinteresse als besonders schutzwürdig angesehen wurde. Kann sich also der Verletzte nicht aus den eingetragenen Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen vorrangig befriedigen und müsste er deshalb mit nachrangigen Befriedigungsaussichten vorlieb nehmen, weil Justizfiskus und andere Gläubiger vor ihm vollstreckt haben, so würde dies den mit den §§ 111b ff. verfolgten Opferschutzgedanken den Vollstreckungsinteressen anderer Gläubiger nachordnen. Dies stünde aber im direkten Widerspruch zu dem Ziel der §§ 111b ff., einen wirksamen Opferschutz durch unmittelbare Schadenswie186 187

Dessecker, S. 34. s.o. unter D., I., 1., c), dd).

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

249

dergutmachung des Verletzten im Wege bevorrechtigter Vollstreckungsmaßnahmen zu verwirklichen. Dies ist vorliegend der Fall, da hier Instrumente zur Verwirklichung einer Schadloshaltung des Verletzten gänzlich fehlen. Ohne eine entsprechende Anwendung des § 111h auch in Bezug auf eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge kann ein wirksamer Opferschutz für den Verletzten nicht oder nur unter Inkaufnahme erheblicher, rechtlicher Unwägbarkeiten und offener Rechtsfragen erreicht werden. Dies ergibt sich aus Folgendem:

(1) Fehlende gesetzliche Möglichkeiten zur Bevorrechtigung

des Verletzten

Zunächst würde eine schlichte Aufhebung der richterlichen Anordnung des dinglichen Arrestes wegen existierender Verletztenansprüche i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht dazu führen, dass sich der Verletzte auch vor anderen, ihm vorrangigen Gläubigern aus dem arrestierten Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug befriedigen kann. Nach § 99 Abs. 2 Satz 3 LuftfzRG i.V.m. § 870a Abs. 3 Satz 1 l.Hs. ZPO oder § 931 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 870a Abs. 3 Satz 1 l.Hs. ZPO erlöschen zwar bei Aufhebung der Arrestanordnung die Registerpfandrechte oder Arrestpfandrechte des Justizfiskus. Dies würde aber lediglich dazu führen, dass der dem Verletzten im Rang vorgehende Gläubiger an die Rangstelle des Justizfiskus vorrückt, ohne dass ihn der Verletzte dabei auch überholen könnte. Dieser würde also im Rang hinter dem Gläubiger bleiben. Des Weiteren könnte der eingetragene Justizfiskus zwar unmittelbar gemäß § 26 SchiffsRG oder § 26 LuftfzRG dem jeweiligen, nachrangigen Verletzten den Vorrang mit dinglicher Wirkung einräumen und diesen Rangtausch eintragen lassen, um dem Verletzten so die Rangstelle des Staates wie bei § 111h zu verschaffen. Im Falle eingetragener Schiffe und Schiffsbauwerke ist jedoch gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 SchiffsRG zu der Rangänderung im Schiffsregister auch die Zustimmung des Eigentümers, also in der Regel des Straftäters, erforderlich. Diese wird in der Regel schon nicht ohne weiteres zu erhalten sein. Zum anderen geht wegen § 26 Abs. 4 SchiffsRG ein dem Verletzten zunächst eingeräumter Vorrang später wieder verloren. Gleichzeitig gehen Zwischenrechte anderer Gläubiger den Sicherungsrechten des Verletzten im Rang wieder vor, wenn das zurückgetretene Arrestpfandrecht des Justizfiskus mit Aufhebung der Anordnung des dinglichen Arrestes nach § 931 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 870a Abs. 3 Satz 1 l.Hs. ZPO wieder erlischt. Dies wird regelmäßig der Fall sein, weil aufgrund der bestehenden Ausgleichsansprüche des Verletzten wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Aufhebung letztlich immer erfolgen muss.

250

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Danach kann eine Schadloshaltung des Verletzten jedenfalls bei der Vollstreckung in eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke und dem Bestehen von Zwischenrechten schon nicht erreicht werden.

(2) Unklare Möglichkeiten zur Bevorrechtigung

des Verletzten

Anders stellt sich die Rechtslage bei der Vollstreckung in eingetragene Luftfahrzeuge dar. Eine § 26 Abs. 2 Satz 1 SchiffsRG entsprechende Regelung fehlt in § 26 LuftfzRG, so dass zur Rangänderung jedenfalls die Zustimmung des Eigentümers nicht erforderlich ist, dieser den Rangtausch also nicht verhindern kann. Weiter bestimmt § 26 Abs. 4 LuftfzRG, dass der eingeräumte Vorrang nicht dadurch verloren geht, dass das zurücktretende Registerpfandrecht wieder erlischt. D.h., erlischt im Falle der richterlichen Aufhebung der Arrestanordnung das Registerpfandrecht des Justizfiskus nach § 99 Abs. 2 Satz 3 LuftfzRG i.V.m. § 870a Abs. 3 Satz 1 l.Hs. ZPO, so bleibt der Verletzte mit seinem Registerpfandrecht im Rang vor einem Zwischenrecht eines Gläubigers. Eine dauerhafte dingliche Vorrangeinräumung durch den Justizfiskus nach § 26 LuftfzRG würde hier demnach die erstrangige Befriedigung des Verletzten auch bei Zwischenrechten gewährleisten können. Allerdings ist zu beachten, dass es bei einer solchen Vorrangeinräumung des Justizfiskus an einen Verletzten - genauer bei einer Einigung nach § 26 Abs. 2 LuftfzRG über den Rangtausch zwischen Justizfiskus und Verletztem - an einem formellen, richterlichen Zulassungsverfahren i.S.d. § 111h fehlen würde. Es würde also im Vorfeld einer möglichen Vorrangeinräumung an den Verletzten nicht durch eine neutrale (Gerichts-)Instanz festgestellt, dass hier tatsächlich ein Verletzter einen Anspruch geltend macht, der ihm aus der Straftat erwachsen ist und derentwegen der dingliche Arrest angeordnet worden ist. Diese Prüfung würde lediglich dem Justizfiskus des jeweiligen Landes, vertreten durch den Leitenden Oberstaatsanwalt der betreffenden Staatsanwaltschaft, obliegen. Fraglich ist hier bereits zum einen, ob der Verletzte überhaupt einen Anspruch auf eine Vorrangeinräumung zu seinen Gunsten geltend machen könnte. Bei einer die Vorrangeinräumung ablehnenden Entscheidung des Leitenden Oberstaatsanwalt stellt sich zudem die Frage, ob dem Verletzten hiergegen überhaupt Rechtsschutz möglich wäre. Man könnte diesbezüglich der Auffassung sein, dass dem Verletzte dann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG zusteht. Die ablehnende Entscheidung über die Einräumung des Vorrangs könnte als eine sonstige Maßnahme i.S.d. § 23 EGGVG anzusehen sein, die nicht mehr die

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

251

eigentliche Ermittlungs- und Strafverfolgungstätigkeit der Staatsanwaltschaft ausmacht. Denn letztgenannte Tätigkeiten sind einer gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich. 188 Dagegen könnte die Ansicht gegen das Rechtsstaatsprinzip und speziell Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, wonach die Verwirklichung der Verletztenansprüche mit der Verwirklichung des Strafanspruchs eine solche Einheit im Strafverfahren bildeten, dass die ablehnende Entscheidung noch einen das Strafverfahren gestaltenden Charakter erhielte und deshalb keiner gerichtlichen Nachprüfung nach §§ 23 ff. EGGVG unterliege. 189 Auch wenn dem Verletzten daher möglicherweise Rechtsschutz nach den §§23 ff. EGGVG gewährt werden könnte, so stellt sich dann die weiteren Fragen nach der Beteiligung des beschuldigten Straftäters an einer solchen Vorrangeinräumung wie auch seines Rechtsschutzes gegen eine solche Entscheidung des Justizfiskus. Zum einen wäre nicht vorgeschrieben, dass an der Prüfung, ob der Verletzte einen aus der Tat erwachsenen Anspruch geltend macht, auch der Beschuldigte teilnimmt, z.B. in Form einer Anhörung. Zum anderen ist offen, ob dessen Rechte und Interessen durch eine Vorrangeinräumung an den Verletzten soweit verletzt sein könnten, dass diese aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG einer gerichtlichen Nachprüfung nach §§23 ff. EGGVG unterliegen müssen. Insgesamt würde also eine nicht richterliche Überprüfung unter fehlender Beteiligung des Verletzten und des Beschuldigten mit jedenfalls fraglichen Rechtsschutzmöglichkeiten erfolgen, was zu einer erheblichen Benachteiligung sowohl der Interessen des Verletzten an einer Schadloshaltung als auch der Vermögensinteressen des Beschuldigten führen würde. (3) Abhilfe und Bevorrechtigung analog § 111h

des Verletzten

durch eine Zulassung

Dagegen würde die Überprüfung des Verletztenstatus in einem formalisierten, richterlichen Zulassungsverfahren analog §§ 111h Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 111g Abs. 2 Satz 3 und die Bevorrechtigung des Verletzten durch eine zugelassene Rangänderung analog § 111h Abs. 1 dem Verletzten und Beschuldigten keine Nachteile, sondern nur Vorteile bringen. Durch die nach diesen Vorschriften gegebenen Möglichkeiten der formellen Antragstellung an den Richter, der Anhörung des Beschuldigten und der sofortigen Beschwerde beider gegen die richterliche Entscheidung nach 188

Vgl. OLG Koblenz ZIP 1985, 565 (566); BVerfG NStZ 1984, 228. Vgl. OLG Koblenz ZIP 1985, 565 (567); Dessecker, S. 35 m.w.N.; Vossler, S. 28; Schöch NStZ 1984, 385 (388); vgl. auch Albrecht, S. 46. 189

252

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

§ 111g Abs. 2 Satz 2 wäre beiden rechtliches Gehör gewährt. Auch schafft eine analoge Anwendung des § 111h keinen neuen Eingriffstatbestand für Zwangsmaßnahmen zu Lasten des Beschuldigten. Denn die Arreste sind zulässigerweise bereits aufgrund der §§ l l l d , I l i o in das Vermögen des Täters erfolgt. Zudem muss sich der Verletzte für seine Vollstreckung in das Vermögen und die Befriedigung daraus noch einen vollstreckungsfähigen Titel besorgen. Er kann also wegen analoger Anwendung des § 111h hier nicht erleichtert oder intensiver auf das Tätervermögen zugreifen, sondern muss zunächst im Zivilprozess klären lassen, ob ihm tatsächlich Ansprüche gegen den Täter zustehen. Des Weiteren wird durch das richterliche Zulassungsverfahren sichergestellt, dass tatsächlich nur Verletzte auf das Vermögen des Beschuldigten zugreifen dürfen. 1 9 0 Schließlich führt die Bevorrechtigung des als besonders schutzwürdig erkannten Verletzten in der Zwangsvollstreckung gegenüber anderen Gläubigern durch Abänderung des Prioritätsprinzips nach § 111h auch nicht zu einer Störung des prozessualen Gleichgewichts zwischen Beschuldigtem und Verletztem im Strafverfahren. Die Bevorrechtigung des Verletzten wirkt sich nicht in irgendeiner Weise auf den Strafausspruch gegen den Täter aus 1 9 1 , wesentliche Rechte des Beschuldigten werden also nicht beeinträchtigt. Da sich der Verletzte für den bevorrechtigten Zugriff zunächst einen zivilrechtlichen Titel besorgen muss, bleibt auch die verfassungsrechtliche Unschuldsvermutung zu Gunsten des Beschuldigten gewahrt. Statt dessen trägt eine vorrangige Befriedigung des Verletzten aus dem Tätervermögen als unfreiwilliger „Täter-Opfer-Ausgleich" dazu bei, dass der Täter im Strafverfahren und in der Hauptverhandlung jedenfalls die rechnerische Schadens Wiedergutmachung zu seinen Gunsten anführen kann. Die Balance zwischen der Wahrung der Beschuldigtenrechte einerseits und dem Opferschutz andererseits ist demnach gewahrt. Daher ist es insgesamt, sowohl im Hinblick auf eine Verwirklichung des mit den §§ 111b ff. bezweckten Opferschutzes als auch hinsichtlich der Berücksichtigung der Belange des Beschuldigten, gerechtfertigt und entspricht der Billigkeit, bei eingetragenen Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen in entsprechender Anwendung des § 111h eine Rangänderung zuzulassen. Ansonsten wäre eine Wiedergutmachung des Schadens des verletzten Opfers aus dem gerade auch für die Verletzten sichergestellten Tätervermögen nicht gewährleistet. Nur eine entsprechende Anwendung des § 111h führt hier zu einer Verwirklichung der vom Gesetzgeber mit den §§ 111b ff., insbesondere den §§ 111g, 111h verfolgten Ziele des Opferschutzes. 190 191

Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g. Vgl. Weigend, S. 428 f.; Schöch NStZ 1984, 385 (387).

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

253

Damit liegen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 111h vor. dd) Zwischenergebnis Vollzieht der Staat einen dinglichen Arrest nach § l l l d Abs. 2 oder § I l i o Abs. 2 in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge, so werden in den einschlägigen Registern rangfähige, einer Rangänderung mit dinglicher Wirkung zugängliche Arrestpfandrechte, Schiffshypotheken oder Registerpfandrechte eingetragen. Der anschließend ebenfalls vollstreckende Verletzte kann dann in analoger Anwendung des § 111h den Rangrücktritt des Justizfiskus hinter seine eingetragenen Sicherungsrechte verlangen, wobei die Rangänderung analog § 111h Abs. 2 der Zulassung bedarf. 1 9 2 b) Besonderheiten bei analoger Anwendung des § 111h Findet § 111h bei der Arrestvollziehung und Zwangsvollstreckung des Justizfiskus und der Verletzten in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge analoge Anwendung, so gelten zunächst entsprechend auch die Ergebnisse, die bei der Untersuchung der Rechtsfolgen des Zulassungsbeschlusses aus § 111h Abs. 2 für den Zugriff des Verletzten auf arrestierte Grundstücke und der Beschränkung der Zulassung auf einen bestimmten Gläubigerkreis gefunden wurden. 1 9 3 Nachfolgend soll noch auf abweichende Besonderheiten eingegangen werden. Eine abweichende Besonderheit bei analoger Anwendung des § 111h besteht hinsichtlich der Frage, wann für den Verletzten die Möglichkeit zur Rangänderung besteht, er also die erforderliche Zulassung der Rangänderung und deren Eintragung erreichen kann. Wie dargestellt ist für die Möglichkeit der Rangänderung ebenso wie für ihre Zulassung grundlegend erforderlich, dass die Vollstreckung des Verletzten in den Gegenstand noch während seiner Arrestierung erfolgt. 1 9 4 Dafür ist zunächst entscheidend, wann tatsächlich i.S.d. §§ l l l d , I l i o , 111h Abs. 1 Satz 1 die Arrestierung beginnt. In den hier relevanten Fällen ist zu berücksichtigen, dass bei der dinglichen Arrestierung von Schiffen, Schiffsbauwerken oder Luftfahrzeugen mittels Pfändung nach §§ l l l d Abs. 2 oder 192

So im Ergebnis auch, allerdings ohne Begründung oder Nachweise, SK-Rudolphi, § 111h, Rn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 11 Ih, Rn. 4; KMR-Müller, § 111h, Rn. 6; KK-Nack, § 11 lh, Rn. 1; Pfeiffer, § 111h, Rn. 1; HK-Lemke, § 11 lh, Rn. 2; LR-Schäfer, § 11 lh, Rn. 1. 193 s.o. unter D., I., 2., c) und unter D., I., 3. 194 s.o. unter D., I., 1., e).

254

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

I l i o Abs. 1 i.V.m. §§ 931 Abs. 1, 930 Abs. 1 ZPO noch kein Sicherungsrecht existiert, welches bereits in den jeweiligen Registern eingetragen ist und dessen Rangänderung der nachfolgend vollstreckende Verletzte dann verlangen könnte. 1 9 5 Erst mit der staatlicherseits nach §§ l l l f Abs. 3 Satz 2 i . V . m . Abs. 2, 111c Abs. 4 vorzunehmenden Eintragung der Pfandrechte gemäß § 931 Abs. 6 Satz 1 ZPO oder der Registerpfandrechte gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 l.Hs. LuftfzRG existieren Sicherungsrechte des Justifiskus, die auch an einem Rangtausch i.S.d. § 111h i.V.m. § 880 BGB teilnehmen können. Solange die vorgeschriebene Eintragung daher noch nicht vorgenommen wurde, kann der Verletzte mangels eingetragener Sicherungsrechte weder die Zulassung der Rangänderung noch ihre Eintragung begehren. Dagegen endet die Arrestierung und damit die Möglichkeit der Rangänderung wie auch das rechtliche Interesse an ihrer Zulassung analog § 111h Abs. 2 hier vor allem dann, sobald die Anordnung des dinglichen Arrestes wieder aufgehoben wird oder eine dem gleichbedeutende rechtskräftige Entscheidung ohne Anordnung von Verfall von Wertersatz o.ä. ergeht. Denn dies hat gemäß § 99 Abs. 2 Satz 3 LuftfzRG i.V.m. § 870a Abs. 3 Satz 1 l.Hs. ZPO oder gemäß § 931 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 870a Abs. 3 Satz 1 l.Hs. ZPO das Erlöschen des Arrestpfandrechts oder des Registerpfandrechts zur Folge. c) Ergebnis Vollzieht der Staat dingliche Arreste in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge und werden in Vollziehung Sicherungsrechte in den einschlägigen Registern eingetragen, so kann der anschließend ebenfalls vollstreckende Verletzte analog § 111h den Rangrücktritt des Justizfiskus verlangen. Die Rangänderung bedarf analog § 111h Abs. 2 der Zulassung. Hinsichtlich der Rechtsfolgen und der Beschränkung der Zulassung auf den Kreis der privilegierten Verletzten gilt nichts anderes als bei der Vollstreckung des Verletzten in ein arrestiertes Grundstück.

2. Vorrangige Befriedigung des Verletzten aus sonstigem beweglichem Vermögen, Forderungen und Vermögensrechten Der Staat kann dingliche Arreste nicht nur in Grundstücke, eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahrzeuge vollziehen. Er kann diese auch in sonstiges bewegliches Vermögen ausbringen, d.h. in bewegliche Sachen einschließlich nicht eingetragener Schiffe, Schiffsbauwerke oder Luftfahr195

s.o. unter D., Π., 1., a), bb), (1), (a) und unter D., II., 1., a), bb), (2).

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

255

zeuge, in Forderungen sowie andere Vermögensrechte. Besonders häufig werden dingliche Arreste in Bargeld und Forderungen vollzogen. 1 9 6 Die Arrestvollziehung wird hier gemäß § l l l d Abs. 2 oder § I l i o Abs. 2 i.V.m. § 930 ZPO durch Pfändung bewirkt. 1 9 7 Dadurch wird nach § 930 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Pfandrecht für den Justizfiskus mit den in § 804 ZPO bestimmten Wirkungen, also auch denen des § 804 Abs. 3 ZPO begründet. 198 Pfändet anschließend der Verletzte ebenfalls die beweglichen Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte, so stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Verletzte daraus bevorrechtigt sowohl vor dem Justizfiskus als auch gegebenenfalls vor anderen, mit ihren Pfändungspfandrechten nach § 804 Abs. 3 ZPO vorrangigen Vollstreckungsgläubigern Befriedigung suchen kann, da diesbezüglich eine den §§ 111g, 111h entsprechende Regelung fehlt. a) Analoge Anwendung des § 111h Zunächst könnte auch hier daran zu denken sein, § 111h entsprechend anzuwenden, wenn der dingliche Arrest aus § l l l d oder § I l i o in bewegliches Vermögen, Forderungen oder Vermögensrechte vollzogen ist. Für eine analoge Anwendung des § 111h fehlt es jedoch bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn der Gesetzgeber hat, weil es nach ganz h.M. keinen Rangtausch mit dinglicher Wirkung von Pfandrechten bei beweglichen Sachen, Forderungen oder Vermögensrechten g i b t 1 9 9 , diesbezüglich von der Regelung einer Vorrangeinräumung zu Gunsten des Verletzten in § 111h abgesehen: „Die Vorschrift enthält die § 111g entsprechende Regelung für Gegenstände, in die auf Grund eines Arrestes nach § llld die Arrestvollstreckung betrieben worden ist. Sie erfaßt jedoch nur den Fall, daß der Arrest in ein Grundstück vollzogen ist. Der Grund für diese Beschränkung liegt in der insoweit unterschiedlichen Regelung des bürgerlichen Rechts: Nur bei Grundstücken kennt das bürgerliche 196

Telefonische Auskunft v. 27.7.2001 des Herrn Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV); vgl. Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, S. 12 u. Anhang Β Ziffer 4; Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, S. 11 f. u. Anhang Β Ziffer 3. 197 Vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l d , Rn. 12; LR-Schäfer, § l l l d , Rn. 24; MüKo-Heinze, ZPO, § 931, Rn. 1,7; Schuschke/Walker-Schuschke, § 931, Rn. 1,6. 198 Zutreffend Kleinknecht/Meyer-Goßner, § l l l d , Rn. 12; § I l i o , Rn. 10; LRSchäfer, § l l l d , Rn. 24; AG Saarbrücken wistra 2000, 194 (196); Ries, S. 200; Lührs GRUR 1994, 264 (268). 199 So RGRK-Kregel, § 1209, Rn. 2; MüKo-Damrau, § 1209, Rn. 2; Zöller-Stöber, § 804, Rn. 5; Stein/Jonas-Münzberg, § 804, Rn. 38; Palandt-Bassenge, § 1209, Rn. 1; Staudinger-Wiegand, § 1209, Rn. 9 m.w.N.; bei Bestehen von Zwischenrechten Westermann-Gursky, § 131, 2. c); vgl. auch BAG NJW 1990, 2641 (2642).

256

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Recht einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung (§ 880 BGB). [...] Ist der Arrest in andere Gegenstände als Grundstücke vollzogen, so wird hei anschließenden Vollstreckungshandlungen Verletzter besonders sorgfältig zu prüfen sein, ob nic der Arrest - wenn er im Hinblick auf den Verfall ausgebracht wurde - nach § 73 Abs. I Satz 2 StGB i.d.F. des 2. StrRG aufgehoben werden muß." 200 Demnach sollte in § 111h kein Rangtausch mit dinglicher Wirkung von Pfandrechten an beweglichen Sachen, Forderungen und Vermögensrechten zu Gunsten des Verletzten geschaffen werden. Eine analoge Anwendung des § 111h zur Vorrangeinräumung an den Verletzten bei der Arrestierung dieser Vermögenswerte scheidet daher aus. b) Die Rangfolge zwischen Justizfiskus

und Verletzten

Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob sich der Verletzte nicht anderweitig jedenfalls vorrangig vor dem Justizfiskus befriedigen kann, wenn nur dieser vor dem Verletzten bewegliche Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte des Straftäters nach den §§ l l l d oder I l i o arrestgepfändet hat. So ist gemäß Ausgangsbeispiel (s. Abb. 16) der Fall denkbar, dass nacheinander die Verletzten A (Anspruch EUR 50.000,-) und Β (Anspruch EUR 100.000,-) die bereits nach §§ 111b Abs. 2, l l l d wegen des Verfalls von Wertersatz arrestgepfändete Mietforderung des Täters S i.H.v. EUR 30.000,- pfänden. Die ursprüngliche Rangfolge lautet dann gemäß § 804 Abs. 3 ZPO: 1. Rang: Justizfiskus, 2. Rang: Verletzter A und 3. Rang: Verletzter B.

Arrestierung der Mietforderung

Forderungspftindung

Zulassung

durch A

für A ?

nach § l l l d

I

+

I f Forderungspfändung durch Β

Abbildung 16

200

BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h.

t Zulassung für Β ?

Zeit

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

257

Kollidiert demnach ein Zahlungsanspruch des Justizfiskus mit Ausgleichsansprüchen von Verletzten bei der Vollstreckung in bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechten, so stellt sich die Frage, wie dieser Kollisionsfall aufzulösen ist. Nach dem in §§ 111g, 111h Gesetz gewordenen Rechtsgedanken aus § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB gehen die aus der Straftat erwachsenen Ausgleichsansprüche des Verletzten den in § 111b Abs. 1 i.V.m. § 73 StGB oder § 111b Abs. 2 i.V.m. § 73a StGB genannten staatlichen Verfallsansprüchen und allen sonstigen in §§ l l l d , I l i o genannten Zahlungsansprüchen des Justizfiskus immer vor, um dem Täter nicht die Mittel zu entziehen, die dieser zur Schadenswiedergutmachung beim Opfer und der Verletzte zu seiner Befriedigung benötigt. Danach darf sich der Staat überhaupt nicht - mit Ausnahme der Einziehung gemäß § 111g Abs. 5 Satz 2 - aus dem Tätervermögen befriedigen bzw. daraus die Gewinne abschöpfen, wenn Ausgleichsansprüche Verletzter existieren. Bestehen also Ausgleichsansprüche, so verfolgen die §§ 111b ff. primär das Ziel der Schadloshaltung des Verletzten mittels Zurückgewinnungshilfe und räumen dem Opferschutz besondere Priorität ein. 2 0 1 Dies wird dadurch verwirklicht, dass § 111g Abs. 1 und § 111h Abs. 1 normieren, dass Beschlagnahme und Arrestierung einer Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten wegen aus der Tat erwachsener Ansprüche nicht entgegenstehen. Kommt z.B. vorliegend der Verfall von Wertersatz in Betracht, so normiert § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausdrücklich, dass bei Vorliegen seiner Voraussetzungen die Verfallsanordnung unterbleiben muss. § 111h ermöglicht stattdessen den Zugriff des Verletzten auf die deswegen arrestierten Grundstücke des Täters. Diese Regelung und Systematik der Zurückgewinnungshilfe hat der Staat bzw. der Justizfiskus daher ebenfalls zu beachten, wenn er wegen des Verfalls von Wertersatz einen dinglichen Arrest in sonstige, arrestierte Vermögenswerte vollzieht, für die § 11 l h unmittelbar nicht g i l t . 2 0 2 Eine entsprechende Berücksichtigung der Opferansprüche hat hier jedoch nicht nur zu erfolgen, wenn der dingliche Arrest lediglich im Hinblick auf den Verfall von Wertersatz ausgebracht wurde. Dies könnte nach der amtlichen Begründung des § 111h anzunehmen sein, wenn es dort heißt, der Arrest sei nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aufzuheben, wenn er im Hinblick auf den Verfall ausgebracht wurde. 2 0 3 Denn § 111h ermöglicht bereits wie dargestellt 204 - den ungehinderten, bevorrechtigten Zugriff des Verletz201

Ebenso Achenbach NStZ 2001, 401 (402); ders., in: Blau-FS, S. 14 f., 20; Dessecker, S. 34; AK-Achenbach, vor §§ 11 lb—11 In, Rn. 18. 202 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h. 203 Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h. 1

Hees

258

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

ten auch bei Arresten wegen Einziehung von Wertersatz, Geldstrafe, Verfahrenskosten und der Vermögensstrafe. Um im Einklang mit dem in den §§ 111b ff. und insbesondere in § 111h verfolgten Ziel, die Wiedergutmachungsinteressen des Tatopfers umfassend zu schützen, muss der Staat dem Verletzten auch dann eine zumindest dem Justizfiskus gegenüber vorrangige Befriedigung ermöglichen, wenn der Staat im ungeregelten Bereich bewegliche Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte in Vollziehung eines dinglichen Arrestes, aus welchem Grund auch immer, pfändet. Daraus folgt, dass der Staat bzw. Justizfiskus in diesen Fällen in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und nach der in den §§ 111b ff. enthaltenen Weitung vom primären, der staatlichen Vollstreckung vorgehenden Opferschutz die Schadenswiedergutmachung der Verletzten nicht durch eigene Vollstreckungsmaßnahmen beeinträchtigen darf. Er muss diese deshalb im Rang vortreten lassen. Das wirft die Frage auf, wie der Staat diese Verpflichtung umsetzen kann. aa) Aufhebung von Arrestanordnung und Arrestpfändung? Zunächst könnte hierfür eine Aufhebung der Arrestanordnung und Arrestpfändung in Betracht kommen. Arrestanordnungen sind allgemein dann aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung entfallen sind. 2 0 5 Liegen die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor, so haben bei nachfolgenden Vollstreckungshandlungen von Verletzten Vollstreckungsmaßnahmen und Befriedigung des Justizfiskus in Anwendung des zuvor genannten Rechtsgedankens aus § 111h und der Wertung vom primären Opferschutz zu unterbleiben. Damit sind dann die Voraussetzungen für die Anordnung des jeweiligen Arrestes entfallen, weil der Staat entweder nur zur Sicherung der eigenen, nachgehenden Ansprüche erfolgte oder aber zur Sicherung der Verletztenansprüche, so dass er seinen Zweck erfüllt hat. Zur Ermöglichung von Vollstreckung und Befriedigung des Verletzten sind deshalb in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h Arrestanordnung und Arrest Vollziehung aufzuheben. 206 Einer Aufhebung auch der Anordnung des Arrestes wird es jedoch dann nicht bedürfen, wenn der Arrest durch mehrere Pfändungen in verschiedene 204

s.o. unter D., I., 1., c), dd). Vgl. KK-Nack, § l l l e , Rn. 15; SK-Rudolphi, § l l l e , Rn. 17; HK-Lemke, § l l l e , Rn. 11. 206 So auch KK-Nack, § 111h, Rn. 1; Pfeiffer, § 111h, Rn. 1; SK-Rudolphi, § 111h, Rn. 2; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 111h, Rn. 4; für den Fall, dass der Arrest zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz ausgebracht worden ist, auch LR-Schäfer, § l l l d , Rn. 34. 205

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

259

Vermögenswerte des Täters vollzogen ist, aber nicht alle dieser Pfändungen mit denen eines privilegierten Verletzten kollidieren. Zur Ermöglichung von Vollstreckung und Befriedigung des betroffenen Verletzten wird es hier regelmäßig genügen, lediglich die kollidierende Arrestvollziehungsmaßnahme wieder aufzuheben. Im Hinblick auf die weiteren, den Verletzten nicht beeinträchtigenden Arrestvollziehungen kann die Arrestanordnung aufrechterhalten bleiben, um die Sicherung sowohl der staatlichen Zahlungsansprüche als auch die Ausgleichsansprüche möglicher, weiterer Verletzter darüber hinaus zu gewährleisten. Mit der Aufhebung von Arrestvollziehung und gegebenenfalls Arrestanordnung wird das jeweilige Arrestpfandrecht des Justizfiskus an dem arrestgepfändeten Vermögenswert wieder beseitigt. Damit geht dessen Rang verloren und die nachgehenden Pfändungspfandrechte der unmittelbar im Rang nachfolgenden Verletzten rücken auf. 2 0 7 Auf diese Weise kann sich der Verletzte im Sinne des Rechtsgedankens des § 111h unbeeinträchtigt durch staatliche Sicherungsmaßnahmen und vorrangig vor dem Justizfiskus aus den arrestierten Sachen, Forderungen oder Vermögensrechten befriedigen. Der Sinn und Zweck jeden dinglichen Arrestes, wenn dieser nicht sowieso schon wegen Zurückgewinnungshilfe gemäß § 111b Abs. 5 ausgebracht worden ist, reduziert sich somit bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf eine „Platzhalterfunktion" zur Sicherung der Verletztenansprüche, indem die Verletzten dann in den Rang des unmittelbar vor ihnen stehenden Justizfiskus aufrücken. Die ursprüngliche Rangfolge gemäß dem Prioritätsprinzip aus § 804 Abs. 3 ZPO ändert sich damit in diesen Fällen zu Gunsten des nachfolgenden Verletzten. bb) Alternative Möglichkeiten der Bevorrechtigung des Verletzten Die bloße Aufhebung von Arrestvollziehung und Arrestanordnung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bietet sich jedoch nicht in allen Fallkonstellationen zur Umsetzung der staatlichen Verpflichtung aus der Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h an. Hat der Staat wegen einer Straftat, durch die gleich mehrere Verletzte geschädigt worden sind, nur einen dinglichen Arrest angeordnet und diesen auch nur in eine Sache oder Forderung vollzogen, deren Wert den Ausgleichsanspruch des bislang einzigen nach dem Justizfiskus vollstreckenden Verletzten übersteigt, würde bei einer Aufhebung der restliche Vermögenswert des Täters wieder frei werden und dann ungesichert sein. Das könnte dazu führen, dass der Täter den ungesicherten Wert den späteren voll207

1*

Vgl. Thomas/ Ρutzo-Reichold, § 930, Rn. 3; Thomas/Putzo-Putzo,

§ 804, Rn. 8.

260

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

streckungsrechtlichen Zugriffen weiterer Verletzter zu entziehen sucht. Nach einem kriminalistischen Erfahrungssatz sind Vermögenswerte, werden sie nicht frühzeitig schon beim ersten Zugriff gesichert, später oft verschwunden. 208 Dies ist somit auch zu befürchten, wenn die Sicherung zwischenzeitlich aufgehoben wird. Für die Zurückgewinnungshilfe zu Gunsten weiterer Verletzter und zur möglichst weitgehenden Gewinnabschöpfung beim Täter wäre eine schlichte Aufhebung deshalb zumeist ungeeignet. Gleichzeitig hat der Justizfiskus bei eigenen, durch Arrest gesicherten Zahlungsansprüchen wegen Einziehung von Wertersatz, Vermögensstrafe, Geldstrafe oder der Verfahrenskosten weiterhin auch ein Interesse an seiner eigenen - wenn auch nachrangigen - Befriedigung, das trotz Bestehens der Verletztenansprüche nicht entfällt. Der Staat muss hier daher andere Wege suchen, sowohl die Befriedigung des einen, zuerst vollstreckenden Verletzten zu ermöglichen, als auch die eigenen Ansprüche und die später noch zugreifender Verletzter weiterhin zu sichern. (1) Aufhebung des Arrestes erst zum Ende des Ermittlungsverfahrens Eine dahingehende Möglichkeit könnte darin bestehen, bis zum Ende des Ermittlungsverfahrens bzw. der Hauptverhandlung noch mit einer Aufhebung des dinglichen Arrestes abzuwarten. Dies könnte gewährleisten, dass in dieser Zeit möglichst viele Verletzte in die arrestgepfändeten Gegenstände vollstrecken und Pfandrechte erlangen, so dass dann im Zeitpunkt der Aufhebung keine nennenswerte Vermögenswerte des Täters mehr frei werden können, also ungesichert sind. Gegen eine solche Praxis spricht jedoch der Rechtsgedanke aus § 111h und die Weitung vom primären Opferschutz, wonach dem Verletzten ein unbeeinträchtigter Zugriff auf die arrestierten Werte zu seiner Schadloshaltung ermöglicht werden soll. Ist ein Verletzter bereits im Besitz eines vollstreckbaren Titels, bevor das Ermittlungsverfahren - mitunter erst nach Monaten oder Jahren - beendet ist, so muss er sich dann auch unmittelbar und ungehindert aus den arrestierten Gegenständen befriedigen können. Der Gesetzgeber hat in den §§ 111b ff. den Schutz der Wiedergutmachungsinteressen des Opfers der Straftat gegenüber den Interessen des Staates und anderer Gläubiger als besonders schutzwürdig und vorrangig angesehen. Diese Wertung ist daher mit einem weiteren, zeitintensiven Abwarten des Opfers, bevor es sich aus den arrestierten Vermögenswerten schadlos halten könnte, 208

Vgl. Janovsky Kriminalistik 2000, 483 (485).

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

261

nicht zu vereinbaren. Der Verletzte muss unmittelbar zugreifen und sich befriedigen können und darf nicht in der Schadloshaltung beeinträchtigt werden. Ein solches Vorgehen käme daher allenfalls dann in Frage, solange der Verletzte lediglich vorläufigen Rechtsschutz durch Arreste gesucht hat und selbst noch nicht rechtskräftig tituliert ist, so dass er sich noch nicht befriedigen kann. (2) Aufhebung des Pfändungspfandrechts

und Neupfändung

Der Staat bzw. Justizfiskus könnte daher zur weiteren Sicherung sowohl der eigenen als auch der Ansprüche evt. noch zu berücksichtigender Verletzter zum einen das bestehende Pfändungspfandrecht aufheben und zugleich eine erneute Pfändung des betreffenden Wertes vornehmen. 209 Damit könnte zunächst der nachrangige, betroffene Verletzte mit seinem Pfändungspfandrecht im Rang aufrücken. Gleichzeitig würde durch die Neupfändung verhindert, dass der Täter zu einer Vermögensverschiebung schreitet, und weitere Ansprüche des Justizfiskus und anderer Verletzter bleiben gesichert. (3) Schuldrechtliche

Rangrücktrittsvereinbarung

Schließlich könnte der Justizfiskus als Vollstreckungsgläubiger mit dem nachrangigen Verletzten eine schuldrechtliche Rangrücktrittsvereinbarung mit dem Inhalt treffen, dass sich der Verletzte vorrangig vor dem Justizfiskus aus der arrestierten Sache, Forderung oder Vermögenswert befriedigen kann. Solche schuldrechtlichen Vereinbarungen von Pfändungsgläubigern untereinander sind nach allgemeiner Meinung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit zulässig und führen dazu, dass der nachrangige Gläubiger zum vorrangigen Gläubiger w i r d . 2 1 0 Eine solche Rangrücktrittsvereinbarung mit obligatorischer Wirkung kommt einer Rangänderung, hier einem Rangtausch zwischen Justizfiskus und Verletztem, gleich. 2 1 1 Auch diese Möglichkeit würde es somit dem Staat bzw. dem Justizfiskus gestatten, sowohl dem ursprünglich nachrangigen Verletzten die diesem zustehende vorrangige Befriedigung i.S.d. § 111h zu gewähren, als auch wei209

Vgl. Staudinger-Wiegand, § 1209, Rn. 9; MüKo-Damrau, § 1209, Rn. 2; RGRK-Kregel, § 1209, Rn. 2. 210 Vgl. BAG 1990, 2641 (2642); Staudinger-Wiegand, § 1209, Rn. 9; MüKoDamrau, § 1209, Rn. 2; RGRK-Kregel, § 1209, Rn. 2; Weste rmann-Gursky, § 131, 2. c). 211 Zöller-Stöber, § 804, Rn. 5; Stein/Jonas-Münzberg, § 804, Rn. 38.

262

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

terhin ein sicherndes Pfandrecht an dem arrestierten Vermögenswert des Täters zu besitzen. cc) Feststellung der Privilegierung des Verletzten i.S.d. § 111h Noch nicht geklärt ist aber, wie der Staat bzw. der Justizfiskus feststellen kann, dass es sich bei dem nachrangigen Vollstreckungsgläubiger tatsächlich um einen Verletzten mit einem aus der maßgeblichen Straftat erwachsenen Anspruch handelt, weshalb eine Aufhebung von Arrestanordnung und/ oder Arrestvollziehung, eine Neupfändung oder aber eine schuldrechtliche Rangrücktrittsvereinbarung zu treffen ist. (1) Zulassungsverfahren

analog § 111h Abs. 2

Aus den bereits genannten Gründen, die gegen ein ungeregeltes Verfahren zur Feststellung der Privilegierung des Verletzten sprechen 212 , bietet sich auch hier an, den Vorrang des Verletztenanspruches in einem Zulassungsverfahren analog § 111h Abs. 2 zu überprüfen. Teile der gerichtlichen Praxis - soweit bekannt - prüfen bereits in analoger Anwendung der §§ 111g, 11 l h in einem Zulassungsverfahren, ob der Verletzte glaubhaft gemacht hat, dass der geltend gemachte Anspruch aus der einschlägigen Straftat erwachsen ist. Bei Erfolg wird die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in die arrestierten Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte analog §§ 111g Abs. 2, 111h Abs. 2 beschlossen, welche dann den uneingeschränkten Zugriff des Verletzten erlaubt. 21 3 Auch Teile der Kommentarliteratur wollen in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h in einem Zulassungsverfahren das Vorliegen der vom Verletzten glaubhaft zu machenden Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB prüfen und im Erfolgsfalle in entsprechender Anwendung des § 111h einen Beschluss ergehen lassen, der auf Aufhebung des Arrestes lautet. 2 1 4 Fraglich ist, ob hier ein Zulassungsverfahren analog §§ 111g, 111h überhaupt zulässig sein kann. 212

s.o. unter D., II., 1., a), cc) und unter D., II., 1., a), cc), (3). So z.B. OLG Stuttgart ZIP 2001, 484; LG Stuttgart, Beschluss v. 5.10.2000, Az. 8 KLs 202 Js 13020/00; AG Bochum, Beschlüsse v. 4.10.1999 u. 26.11.1999, Az. 64 Gs 4862/99; AG Bochum, Beschluss v. 11.6.2001, Az. 64 Gs 2365/01; Telefonische Auskunft v. 27.7.2001 des Herrn Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV); Telefonische Auskunft v. 30.1.2001 des Herrn Schönfelder, zuständiger Rechtspfleger bei der Staatsanwaltschaft Bochum, Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität. 214 So KK-Nack, § 111h, Rn. 3; HK-Lemke, § 111h, Rn. 3; Pfeiffer, § 111h, Rn. 1. 213

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

263

Wie bereits dargelegt, scheitert eine Analogie des § 111h im Hinblick auf eine vorrangige Befriedigung Verletzter aus arrestierten beweglichen Sachen, Forderungen und Vermögensrechten an einer planwidrigen Regelungslücke. 2 1 5 Allerdings hat der Gesetzgeber in § 111h eine Regelung ausschließlich für arrestierte Grundstücke lediglich deshalb getroffen, weil das bürgerliche Recht einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung sonst nicht kennt. 2 1 6 D.h., die bewusste Nichtregelung dieser Fälle erfolgte nur im Hinblick darauf, dass eine Rangänderung mit dinglicher Wirkung bei diesen Vermögenswerten nach § 111h nicht geschaffen werden sollte. Dagegen unterblieb die Regelung in § 111h nicht, weil kein Zulassungsverfahren eingeführt werden sollte, wenn der Verletzte in bereits arrestierte Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte vollstreckt, um dessen Privilegierung festzustellen. Das zeigt sich insbesondere darin, dass der Gesetzgeber bei Einführung des § 111h selbst vorgeschlagen hat, in diesen Fällen eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen, ob nicht der Arrest nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aufgehoben werden muss. 2 1 7 Er hat also gerade nicht ein den §§ 111g Abs. 2, 111h Abs. 2 entsprechendes Prüfverfahren von vorneherein ausgeschlossen bzw. ausschließen wollen. Vielmehr entspricht eine analoge Anwendung des § 111h Abs. 2 dem Plan des Gesetzgebers in den §§ 111b ff., unter Wahrung der Rechte und Interessen aller Beteiligten dem Verletzten eine bevorrechtigte Befriedigung zu ermöglichen. Wenn dem Verletzten analog § 111h Abs. 2 in einem Zulassungsverfahren der Zugriff auf arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte erlaubt wird, so folgt dies bereits den Verfahren, wie sie in § 111g für den Zugriff auf beschlagnahmte Gegenstände und in § 111h für den Zugriff auf arrestierte Grundstücke vorgesehen sind. Nur ein solches richterliches Zulassungsverfahren bietet den Beteiligten dadurch, dass es eine Anhörung und Beschwerdemöglichkeit der Staatsanwaltschaft, des Verletzten und des Beschuldigten gewährt, ausreichenden Schutz ihrer Interessen und eine Gewähr dafür, dass es sich bei dem privilegierten Gläubiger tatsächlich um einen Verletzten mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch handelt. 218 Zur Feststellung der Privilegierung des vollstreckenden Verletzten ist daher analog § 111h Abs. 2 in einem Zulassungsverfahren das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zu prüfen.

215 216 217 218

s.o. unter D., II., 2., a). Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 11 lh. BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 11 lh. s.o. unter D., II., 1., a), cc) und unter D., II., 1., a), cc), (3).

264

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

(2) Zulassungsbeschluss analog § 111h Abs. 2 Hat der Verletzte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB erfolgreich glaubhaft gemacht, ist entsprechend § 111h Abs. 2 durch Beschluss die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten zuzulassen. Dieser Beschluss kann nur zur Folge haben, dass der Richter zugleich die den Verletzten beeinträchtigende Arrestvollziehung und gegebenenfalls auch die Arrestanordnung insgesamt aufhebt. Falls zur Sicherung weiterer Ansprüche des Justizfiskus oder anderer Verletzter nötig, kann dieser anschließend erneut einen neuen dinglichen Arrest in den jeweiligen Gegenstand vollziehen lassen, um den Justizfiskus wieder in den Rang hinter dem aufgerückten Verletzten gelangen zu lassen. Dies dürfte in der Praxis eine enge Abstimmung zwischen Richter, Staatsanwaltschaft und Verletztenvertreter bedürfen, wenn man nicht der bestehenden Gefahr des Verschwindens der Vermögenswerte beim Täter Vorschub leisten will. Allerdings wird der Richter mangels einer gesetzlichen Regelung und wegen belastender Drittwirkung den Justizfiskus durch den Zulassungsbeschluss nicht dazu verpflichten können, eine vertragliche Rangrücktrittsvereinbarung mit dem Verletzten zu schließen. Ein Zulassungsbeschluss ohne gleichzeitige Aufhebung von Arrestanordnung oder -Vollziehung könnte also allenfalls dann erfolgen, wenn bereits im Vorfeld eine entsprechende Rangrücktrittsvereinbarung mit obligatorischer Wirkung getroffen worden wäre. Durch ein Zulassungsverfahren analog § 111h lässt sich also sicherstellen, dass nur ein tatsächlich privilegierter Verletzter ungehindert durch staatliche Maßnahmen und vorrangig vor dem Justizfiskus Zugriff auf arrestierte beweglichen Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte nimmt. Dem ergehenden Zulassungsbeschluss kommt deshalb ebenso wie bei § 111g Abs. 2 oder § 111h Abs. 2 eine „Filterfunktion" zu Gunsten des Verletzten zu. In dem eingangs skizzierten Fallbeispiel (s. Abb. 17) können somit folgende Antworten gegeben werden: Die Verletzten A und Β haben die arrestierte Mietforderung des Täters S gepfändet. Können A und Β dann in dem analog § 111h durchzuführenden Zulassungsverfahren glaubhaft machen, dass ihre titulierten Ansprüche aus der Straftat erwachsen sind, die zur Arrestpfändung der Mietforderung des S nach §§ 111b Abs. 5 i . V . m . Abs. 2, l l l d Abs. 2 i.V.m. § 930 Abs. 1 ZPO geführt hat, so sind ihre Forderungspfändungen als bevorrechtigt zuzulassen. Infolge der Zulassung müssen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 111h die Arrestanordnung und -Vollziehung des Staates in die Mietforderung aufgehoben werden. Dadurch rückt der A in den ursprünglichen Rang des Justizfiskus und der Β in den ursprünglichen Rang des A auf. Da

265

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte Arrestierung der Mietforderung

Zulassung

Forderungspfändung

für A?

durch A

nach § l l l d

I

I

I

τ Forderungspfändung durch Β

t

>

Zeit

Zulassung fürB?

Abbildung 17

sich die arrestierte Mietforderung lediglich auf EUR 30.000,- beläuft, A und Β aber darüber hinausgehende Ausgleichsansprüche von insgesamt EUR 150.000,- geltend machen, mit der sie das Vermögen des S abschöpfen, bedarf es hier keiner erneuten Arrestanordnung und -Vollziehung zur Sicherung weiterer Verletztenansprüche mehr. Nach Zulassung der Pfändung und Aufhebung der staatlichen Arrestvollziehung kann sich der Verletzte A wegen seines Anspruches über EUR 50.000,- zumindest in Höhe von EUR 30.000,- aus der gepfändeten Forderung befriedigen. Β geht dagegen leer aus. dd) Vorschlag für gesetzliche Neuregelung Um in solchen Fallkonstellationen für das Zulassungsverfahren § 111h nicht regelmäßig analog anwenden zu müssen, vor allem aber, um dem Verletzten einen gesetzlich normierten Anspruch auf einen unbeeinträchtigten, dem Justizfiskus vorrangigen Zugriff auf arrestierte bewegliche Vermögenswerte zu geben, könnte der Gesetzgeber in § 111h eine Regelung einführen, die die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten in diese Werte regelt. Vorgeschlagen wird, in § 111h einen neuen Abs. 3 vorzusehen, so dass diese Regelung auch im Falle der Sicherung der Vermögensstrafe durch Arrest nach § I l i o Abs. 5 anwendbar wäre. Die Bestimmung könnte lauten:

„Der Verletzte kann wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches die Zwangsvollstreckung oder die Vollziehung eines Arrestes auch in eine bewegliche Sache, eine Forderung oder ein anderes Vermögensrecht betreiben, in welche ein Arrest nach § llld vollzogen ist. Die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung bedarf der Zulassung durch den Richter, der für den Arrest (§ llld) zuständig ist. § 111g Abs. 2 Satz 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden. "

266

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Auf diese Weise könnte der Verletzte nach Feststellung in einem formellen Zulassungsverfahren ungehindert durch den Staat bzw. Justizfiskus auch auf alle sonstigen, nach den §§ l l l d , I l i o arrestierten Vermögenswerte des Täters zugreifen. Der Staat muss in Umsetzung des Zulassungsbeschlusses den eigenen Rang an den Verletzten abtreten, um diesem eine vorrangige Befriedigung zu ermöglichen. ee) Zwischenergebnis Vollstreckt der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches in sonstige bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte, in welche ein dinglicher Arrest vollzogen ist, ist in einem Zulassungsverfahren analog § 111h zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen. Ist das der Fall, muss der Staat in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Vollstreckung des Verletzten zulassen, diesem die uneingeschränkte Vollstreckung in den arrestierten Gegenstand ermöglichen und von eigenen Vollstreckungsmaßnahmen absehen. Hierzu hat er geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die im Regelfall dahingehen werden, dass die Anordnung des dinglichen Arrestes und die Arrestpfändung aufzuheben sind. Gegebenenfalls müssen zur Sicherung weiterer Verletztenansprüche oder noch bestehender eigener Zahlungsansprüche z.B. wegen Geld- oder Vermögensstrafe Arrestpfändungen neu vorgenommen werden. Der Gesetzgeber könnte in § 111h einen neuen Abs. 3 vorsehen, wonach der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches nach einer entsprechenden Zulassung die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung auch in eine bewegliche Sache, eine Forderung oder ein Vermögensrecht betreiben kann. c) Die Rangfolge zwischen Justizfiskus,

Gläubiger und Verletzten

Noch nicht geklärt ist danach aber die Regelung der Rangfolge, wenn neben den Pfändungspfandrechten des Justizfiskus und des privilegierten Verletzten noch ein Zwischen-Pfändungspfandrecht eines anderen, „normalen" Gläubigers existiert, der nach dem Justizfiskus, aber vor dem Verletzten die Pfändung vorgenommen hat. So könnte gemäß Ausgangsbeispiel (s. Abb. 18) der Gläubiger C wegen seines Anspruches gegen S aus dem Autokauf über EUR 40.000,- nach dem Justizfiskus, aber noch vor den Verletzten A und Β die nach § l l l d arrestierte Mietforderung des Täters S über EUR 30.000,- gepfändet haben. Gemäß § 804 Abs. 3 ZPO lautet die Rangfolge der Pfändungspfandrechte:

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte Arrestierung

Zulassung

Forderungspfändung

der IMietforderung

267

durch A

für A ?

nach § l l l d

ι

I

t

Forderungspfändung

I

τ

t

Forderungspfändung

Zulassung

durch Β

für B?

durch C

Abbildung 18

1. Rang: Justizfiskus, 2. Rang: Gläubiger C, 3. Rang: Verletzter A und 4. Rang: Verletzter B. Zu prüfen ist, ob und gegebenenfalls wie die nachrangigen Verletzten A und Β ebenso wie nach § 111g Abs. 3 Satz 1 und § 111h Abs. 1 Satz 1 eine bevorrechtigte Befriedigung ihrer aus der Tat erwachsenen Ansprüche vor dem vorrangigen Gläubiger C erreichen können. Damit stellt sich die Frage, ob Verletzten anhand des - wie zuvor festgestellt - möglichen Zulassungsverfahrens analog § 111h eine Abänderung des geltenden Prioritätsprinzips zu Lasten vorrangiger Gläubiger möglich ist. aa) Vorrangeinräumung zur Abänderung des Prioritätsprinzips? Dies setzt grundlegend voraus, dass der nachrangige Verletzte mit Hilfe des Zulassungsbeschlusses analog § 111h Abs. 2 überhaupt einen Rangtausch i.S.d. § 111h mit dem Justizfiskus vornehmen oder eine entsprechende Vorrangeinräumung erreichen kann, um dann auf diese Weise im Rang auch vor das Zwischen-Pfändungspfandrecht des anderen Gläubigers zu gelangen. ( 1) Aufhebung von Arrestanordnung

und -pfändung

In Betracht kommt hierfür zunächst wieder die Aufhebung von Arrestanordnung und -pfändung wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB. Diese beseitigt zwar das jeweilige vorgehende Arrestpfandrecht des Justizfiskus an der betreffenden Sache, womit zugleich dessen Rang verloren geht. Es bewirkt aber nur ein Aufrücken aller nachgehenden Pfändungs-

Zeit

268

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

Pfandrechte 219, so dass zwar der nachrangige Gläubiger und der nachrangige Verletzte aufrücken, ohne dass allerdings ihre durch das Prioritätsprinzip gemäß § 804 Abs. 3 ZPO begründete Rangfolge abgeändert wird. Bei bloßer Aufhebung des dinglichen Arrestes könnte sich also ein „normaler" Gläubiger deshalb weiterhin vor den Verletzten aus den beweglichen Sachen, Forderungen oder Vermögensrechten befriedigen. Die Aufhebung scheidet daher als Möglichkeit aus, dem Verletzten eine vorrangige Schadloshaltung auch bei Zwischenrechten von Gläubigern zu ermöglichen. (2) Rangrücktrittsvereinbarung Auch eine Rangrücktrittsvereinbarung zwischen Justizfiskus und dem Verletzten führt nicht zu einer vorrangigen Befriedigung des Verletzten. Wie bereits mehrfach ausgeführt, ist nach ganz h.M. ein Rangtausch mit dinglicher Wirkung bei beweglichen Sachen, Forderungen oder Vermögensrechten, insbesondere wenn Zwischenrechte anderer Gläubiger bestehen, ausgeschlossen. Die h.M. argumentiert überzeugend, dass die Regeln über das Rangverhältnis von Pfandrechten an beweglichen Sachen aus § 804 Abs. 3 ZPO streng bindend seien und nur durch besondere Regelungen wie § 880 BGB abbedungen werden könnten. Auch sei der sonst nachteilig betroffene Zwischenberechtigte zu schützen. Weil im Gegensatz zum Grundstücksrecht mit § 880 BGB die Zulässigkeit einer Rangänderung bei beweglichen Sachen, Forderungen und Vermögensrechten nicht ausdrücklich ausgesprochen sei, komme eine Änderung mit dinglicher Wirkung nicht in Betracht, auch nicht durch Analogie zu § 880 B G B . 2 2 0 Solange der Gesetzgeber daher nicht ausdrücklich einen Rangtausch von Pfandrechten an beweglichen Sachen, Forderungen und Vermögensrechten, zumindest für die Zurückgewinnungshilfe nach den §§ 111b ff., zulässt, solange scheidet daher ein Rangtausch mit dinglicher Wirkung zu Lasten von zwischenberechtigten Gläubigern aus. Rangrücktrittsvereinbarungen mit schuldrechtlicher Wirkung dagegen sind allgemein zulässig. 221 Damit können jedoch nur Absprachen zwischen den jeweiligen Vertragsparteien getroffen werden, so zu verfahren, als hät219

Vgl. Thomas/Putzo-Reichold, § 930, Rn. 3; Thomas/Putzo-Putzo, § 804, Rn. 8. RGRK-Ärege/, § 1209, Rn. 2; MüKo-Damrau, § 1209, Rn. 2; Palandt-Bassenge, § 1209, Rn. 1; Staudinger-Wiegand, § 1209, Rn. 9 m.w.N.; WestermannGursky, § 131, 2. c); vgl. auch BAG NJW 1990, 2641 (2642); Zöller-Stöber, § 804, Rn. 5; Stein/Jonas-Münzberg, § 804, Rn. 38. 221 BAG NJW 1990, 2641 (2642); Staudinger-Wiegand, § 1209, Rn. 9; MüKoDamrau, § 1209, Rn. 2; RGRK-Kregel, § 1209, Rn. 2; Westermann-Gursky, § 131, 2. c). 220

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

269

ten die Rechte die gewünschte Reihenfolge. Eine Vereinbarung zu Lasten eines Zwischenberechtigten, indem der schlechterrangige Verletzte im Rang vor diesem befriedigt wird, ist damit jedoch nicht zu erreichen. Die gesetzliche Regelung des § 804 Abs. 3 ZPO geht der schuldrechtlichen Vereinbarung immer vor. Die Möglichkeiten der Rangrücktrittsvereinbarung bzw. Vorrangeinräumung erlauben daher ebenfalls keine Abänderung des Prioritätsprinzips aus § 804 Abs. 3 ZPO zwischen Gläubiger und dem Verletzten. (3) Analoge Anwendung des § 111g Abs. 3 Satz 1 Ist somit anhand bestehender Vorschriften keine vorrangige Befriedigung des Verletzten möglich und findet auch § 111h diesbezüglich keine analoge Anwendung 2 2 2 , wenn vorrangige Zwischenrechte eines Gläubigers bestehen, so kommt allein noch eine analoge Anwendung des § 111g Abs. 3 Satz 1 in Betracht. Teile der gerichtlichen und behördlichen Praxis wenden in Ausfüllung der in der StPO bestehenden Gesetzeslücke neben einem §§ 111g, 111h entsprechenden Zulassungsverfahren auch die Vorschrift des § 111g Abs. 3 Satz 1 analog an, um dem Verletzten vor anderen Gläubigern eine vorrangige Befriedigung und Wiedergutmachung seines Schadens zu ermöglichen. 2 2 3 Demgemäß könnte sich ein Verletzter nach Zulassung analog §§ 111g, 111h aufgrund des ab dem Sicherstellungszeitpunkt geltenden Veräußerungsverbotes aus § 111c Abs. 5 vorrangig vor allen anderen Gläubigern aus arrestierten beweglichen Sachen, Forderungen und Vermögensrechten befriedigen. 224 Fraglich ist jedoch, ob hier die Voraussetzungen für eine Analogie des § 111g Abs. 3 Satz 1 gegeben sind. Der Gesetzgeber hatte bei Einführung der §§ 111b ff. gesehen, dass der Verletzte auch auf andere Gegenstände als Grundstücke im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zugreifen kann, in die bereits ein Arrest nach § l l l d vollzogen ist. Er hat aber absichtlich auf eine Regelung wie in § 111h Abs. 1 Satz 1 oder § 111g Abs. 3 Satz 1 verzichtet, den Verletzten auch in diesen Fällen gegenüber anderen Gläubigern rangmäßig besserzustellen. Hierzu ist erneut die amtliche Begründung zu § 111h zu zitieren: 222

s.o. unter D., II., 2., a). Telefonische Auskunft v. 27.7.2001 des Herrn Roland Probst, Stellv. Leiter d. Rechtsreferats im LKA Baden-Württemberg und d. Projektgruppe Vermögensabschöpfung (PGV). 224 s.o. unter C., II., 3. 223

270

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

„Die Vorschrift enthält die § 111g entsprechende Regelung für Gegenstände, in die auf Grund eines Arrestes nach § llld die Arrestvollstreckung betrieben worden ist. Sie erfaßt jedoch nur den Fall, daß der Arrest in ein Grundstück vollzogen ist. Der Grund für diese Beschränkung liegt in der insoweit unterschiedlichen Regelung des bürgerlichen Rechts: Nur bei Grundstücken kennt das bürgerliche Recht einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung (§ 880 BGB). [...] Ist der Arrest in andere Gegenstände als Grundstücke vollzogen, so wird bei anschließenden Vollstreckungshandlungen Verletzter besonders sorgfältig zu prüfen sein, ob nich der Arrest - wenn er im Hinblick auf den Verfall ausgebracht wurde - nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB i. d. F. des 2. StrRG aufgehoben werden muß. " 225 Das Prioritätsprinzip sollte also bezüglich anderer Gegenstände im Gegensatz zu Grundstücken unangetastet bleiben, weil es an einer § 880 BGB vergleichbaren Vorschrift fehlt, die auch bei beweglichen Sachen, Forderungen und Vermögensrechten einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung ermöglicht. Eine solche Regelung sollte daher auch nicht neu geschaffen oder zugelassen werden. Sonst hätte der Gesetzgeber eine § 111g Abs. 3 Satz 1 vergleichbare Vorschrift für den Zugriff des Verletzten auf arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte getroffen oder darauf verwiesen. Statt dessen hat er für nachfolgende Vollstreckungshandlungen Verletzter nach sorgfältiger Prüfung der Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB lediglich eine Aufhebung des Arrestes empfohlen. Das zeigt deutlich, dass eine Abänderung des Prioritätsprinzips aus § 804 Abs. 3 ZPO bei der Vollstreckung des Verletzten in bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte nicht vorgenommen werden sollte. Für die analoge Anwendung des § 111g Abs. 3 Satz 1 fehlt es daher an einer planwidrigen Regelungslücke. Es muss somit festgestellt werden, dass nach der jetzigen Rechtslage eine Abänderung der zwischen Justizfiskus, Gläubiger und Verletztem gemäß § 804 Abs. 3 ZPO bestehenden Rangfolge nicht möglich ist. Das Prioritätsprinzip zwischen dem besserrangigen Gläubiger und dem schlechterrangigen Verletzten kann nicht zu Gunsten des Letzteren erweitert werden. Verletzte können sich also auch weiterhin nur nach einem vorrangigen, „normalen" Gläubiger befriedigen. bb) Umsetzung des Rechtsgedankens aus § 111h Ist demnach eine Rangänderung bzw. Vorrangeinräumung zu Gunsten des Verletzten bei bestehenden Zwischen-Pfändungspfandrechten anderer Gläubiger nicht möglich, so stellt sich die Frage, ob dann in diesen Fällen bei existierenden Verletztenansprüchen in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB noch eine staatliche Reaktion zu 225

BT-Drucks. 7/550, S. 295 zu § 111h.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

271

Gunsten des Verletzten erforderlich ist. Auch stellt sich die Frage, ob es noch eines ZulassungsVerfahrens analog § 11 l h zur Feststellung der Privilegierung des Verletzten bedarf. (1) Generelle Aufhebung von Arrestanordnung

und -pfändung

(a) Arrest wegen Verfall von Wertersatz oder Zurückgewinnungshilfe Zunächst könnten als staatliche Reaktion jedenfalls bei Vollziehung eines Arrestes wegen Verfall von Wertersatz oder wegen Zurückgewinnungshilfe die Arrestanordnung und -Vollziehung wieder aufgehoben werden, wenn Ansprüche des Verletzten aus der einschlägigen Straftat existieren. Hat der Staat einen dinglichen Arrest zur Sicherung von Ansprüchen wegen Verfall von Wertersatz gemäß §§ 111b Abs. 2, l l l d oder wegen Zurückgewinnungshilfe gemäß §§ 11 l b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2, 11 l d zur Sicherung von Ausgleichsansprüchen des Verletzten angeordnet, und liegen die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor, so kann keine Anordnung des Verfalls von Wertersatz nach §§ 73a, 73e StGB mehr ergehen. Der Staat muss in diesem Falle Arrestanordnung und -Vollziehung aufheben, wenn ein Verletzter wegen eines aus der Tat erwachsenen Anspruches i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in den arrestierten Vermögenswert vollstreckt ist, um ihm die Befriedigung zu ermöglichen. 226 Dies gilt auch dann, wenn nicht nur der Justizfiskus dem Verletzten vorrangig ist, sondern auch ein anderer Gläubiger den arrestierten Vermögenswert gegenüber dem Verletzten vorrangig gepfändet hat. Hier muss ebenfalls dem Verletzten die Möglichkeit eröffnet werden, seine nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorrangigen Ansprüche vor dem Staat geltend zu machen. Dieser hat deshalb seine vorrangigen Pfändungspfandrechte aufzugeben. Für den Fall, dass der Wert des gepfändeten Gegenstandes die Forderungen des vorrangigen, „normalen" Gläubigers übersteigt, hat die Aufhebung des dinglichen Arrestes zur Folge, dass dem nachrangigen Verletzten zumindest noch eine teilweise Befriedigung aus dem arrestierten Vermögenswert des Straftäters ermöglicht wird. Das mit den §§ 111b ff. verfolgte Ziel der Schadloshaltung des Verletzten kann somit in einer solchen Fallkonstellationen mit Aufhebung des Arrestes auch bei Zwischenrechten zum Teil oder sogar zur Gänze erfüllt werden. Sofern allerdings auch weitere, noch nicht durchgesetzte Verletztenansprüche zu sichern sind und der Wert des gepfändeten Gegenstandes die Forderungen des Gläubigers und des zu berücksichtigenden Verletzten übersteigt, ist der Arrest nach Aufhebung er226

s.o. unter D., IL, 2., b), ee).

272

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

neut anzuordnen und neu zu pfänden. 227 Übersteigt dagegen der Wert des gepfändeten Gegenstandes die Forderungen des vorrangigen Gläubigers nicht, so kann der Staat dem Verletzten hier trotz Aufhebung keine Schadloshaltung ermöglichen. Der Verletzte geht dann leer aus, jedenfalls was die Befriedigung aus dem konkreten, arrestierten Vermögenswert anbetrifft. (b) Arrest aus anderen Gründen Anders könnte es jedoch sein, wenn der Staat den dinglichen Arrest zur Sicherung seiner eigenen Ansprüche wegen Einziehung von Wertersatz, Geldstrafe, Verfahrenskosten gemäß § l l l d Abs. 1 Satz 1 oder wegen Vermögensstrafe gemäß § I l i o Abs. 1 angeordnet hat. Wie im vorherigen Abschnitt dargelegt, ermöglicht die Aufhebung des dinglichen Arrestes für den Fall, dass der Wert des gepfändeten Gegenstandes die Forderungen des vorrangigen Gläubigers übersteigt, dem nachrangigen Verletzten die zumindest teilweise Befriedigung aus dem arrestierten Vermögenswert. In Anwendung des Rechtsgedankens des § 111h wird so das Ziel der Schadloshaltung des Verletzten verwirklicht. Zwar kann sich dann ein nicht privilegierter Gläubiger als Erster befriedigen, während der Staat zu Gunsten des Verletzten verzichtet. Jedoch haben alle staatlichen, durch Arrest gesicherten Zahlungsansprüche hinter den vorrangigen Ausgleichsansprüchen des Verletzten zurückzustehen. 228 Würde der Staat sich hier dennoch als Erster wegen seiner Zahlungsansprüche befriedigen, würde er regelmäßig dem Täter diejenigen Mittel entziehen, die er - nach Vorabbefriedigung des zwischenberechtigten Gläubigers - auch zur Befriedigung des Verletzten benötigen würde. Dies widerspricht dem Rechtsgedanken aus § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und § 111h. 2 2 9 Der Staat muss nach dem gesetzgeberischen Willen Sorge dafür tragen, dass der Verletzte weitgehend geschützt und schadlos gestellt wird. Sofern dies dem Staat möglich ist, muss er dieses auch umsetzen. D.h., auch bei Arresten wegen Einziehung von Wertersatz, Geldstrafe, Verfahrenskosten oder Vermögensstrafe muss der Staat den Arrest aufheben, wenn die Forderungen des zwischenberechtigten Gläubigers den Wert des arrestierten Werts nicht erreichen, so dass sich der Verletzte daraus zumindest teilbefriedigen kann. Übersteigt dagegen der Wert des arrestierten Vermögenswertes die Forderung des vorrangigen Gläubigers nicht, so wird der nachrangige Verletzte 227

s.o. unter D., Π., 2., b), bb), (2). s.o. unter D., II., 2., b). 229 Vgl. LK-Schäfer, 10. Auflage, § 73, Rn. 21; LR-Schäfer, § 111h, Rn. 1 u. § 111g, Rn. 1. 228

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

273

normalerweise mit seiner Forderung leer ausgehen. Seine Befriedigung wird dann also nicht mehr möglich sein. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Staat hier praktisch allein zu Gunsten des ihm nachrangigen, „normalen" Gläubigers auf die Durchsetzung seiner eigenen Forderungen wegen z.B. Geldstrafe verzichten soll bzw. muss. Einerseits greift in diesem Fall der Rechtsgedanke aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zunächst nicht. Denn der Staat kann hier den Verletzten bei seinem Zugriff nicht mehr beeinträchtigen, weil bereits der vorrangige Gläubiger durch seinen eigenen Zugriff eine Befriedigung des Verletzten verhindert. Eine Konkurrenzsituation zwischen Justizfiskus und Verletzten ist also nicht aufzulösen, da das Ziel der Schadloshaltung des Verletzten grundsätzlich nicht erreicht werden kann. Andererseits ist dennoch weiterhin zu beachten, dass der Gesetzgeber den Ansprüchen des Verletzten beim Zugriff auf arrestierte Vermögenswerte in den §§ 111b ff. und § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB generell den Vorrang vor den staatlichen Zahlungsansprüchen eingeräumt hat. Der Staat darf sich hiernach nicht vor dem Verletzten aus einem gemeinsam gepfändeten Wert des Täters befriedigen, damit dem Täter nicht die Finanzmittel entzogen werden, die er zur Befriedigung der aus der Tat stammenden Ausgleichsansprüche des Verletzten benötigt. Denn wie durch Verfall von Wertersatz wird auch durch die Vollstreckung der auf Grund derselben Tat angeordneten sonstigen Zahlungsansprüche das Vermögen des Straftäters als Haftungssubstrat geschmälert. Dies beeinträchtigt dessen Möglichkeiten zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens gegenüber dem Verletzten. Das soll aber gerade durch Aussparung der Vollstreckung auch anderer Zahlungsansprüche als solche wegen Verfall von Wertersatz verhindert werden. 2 3 0 Im Übrigen besteht immer die Möglichkeit, dass der vorrangige Gläubiger dennoch von einer Befriedigung - aus welchen Gründen auch immer - absieht oder sich sonst eine Teilbefriedigung aus dem Vermögenswert ergibt, so dass der Verletzte doch noch zum Zuge käme. Dies würde aber verhindert, wenn der Staat bereits die Vollstreckung seiner eigenen Ansprüche durchgeführt und abgeschlossen hätte. In Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 7 3 Abs. 1 Satz 2 StGB muss daher der Staat ausnahmslos die Vollstreckung und Befriedigung erst nach einem Verletzten suchen, auch wenn der Verletzte in Einzelfällen keine reelle Chance auf eigene Befriedigung nach einem besserrangigen Gläubiger hat. Liegen die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vor, so sind daher Arrestanordnung und -Vollziehung generell aufzuheben.

230

18 Hees

s.o. unter D., I., 1., c), bb) u. cc).

274

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

(2) Feststellung im Zulassungsverfahren

analog § 111h Abs. 2

Muss der Staat danach sowohl Arreste wegen Zurückgewinnungshilfe und Verfall von Wertersatz als auch wegen der in §§ l l l d Abs. 1 Satz 1, I l i o Abs. 1 genannten Zahlungsansprüche generell aufheben, wenn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen, so bedarf es auch hierfür eines geeigneten Prüfverfahrens. Darin ist festzustellen, ob der vollstreckende Gläubiger Verletzter mit einem aus der Straftat erwachsenen Anspruch ist, weshalb der Staat bzw. Justizfiskus von einer Vollstreckung seiner Zahlungsansprüche abzusehen hat. Aus denselben Gründen wie in dem zuvor untersuchten Fall, bei dem Justizfiskus und Verletzter alleinige Vollstreckungsgläubiger des Täters sind 2 3 1 , ist auch für den Fall, dass andere Gläubiger als Zwischenberechtigte hinzutreten, ein Zulassungsverfahren analog § 111h Abs. 2 zur Feststellung des Vorrangs des Verletzten gegenüber dem Justizfiskus geeignet. Der am Ende der Prüfung ergehende Zulassungsbeschluss analog § 111h Abs. 2 gibt den Beteiligten Aufschluss darüber, ob der Staat von der Vollstreckung eigener Zahlungsansprüche zunächst absehen muss und dem Verletzten dadurch die eigene Befriedigung zumindest zu ermöglichen hat. Dies entspricht der gesetzgeberischen Intention für die Schaffung des Zulassungsverfahrens in § 111g. 2 3 2 Insoweit kommt dem Zulassungsbeschluss analog § 111h Abs. 2 in Verwirklichung des Ziels der Schadloshaltung des Verletzten wieder eine „Filterfunktion" zu. Eine „Vorrangfunktion" zu Gunsten des Verletzten auch gegenüber anderen, „normalen" Gläubigern kann diesem jedoch - wie aufgezeigt 2 3 3 - nicht zukommen. cc) Zwischenergebnis Nach der jetzigen Rechtslage ist bei der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung eines Verletzten in arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte, wenn vor ihm andere Gläubiger bereits vollstreckt haben, eine Abänderung der zwischen Justizfiskus, Gläubiger und Verletztem gemäß § 804 Abs. 3 ZPO bestehenden Rangfolge nicht möglich. Das Prioritätsprinzip zwischen dem besserrangigen Gläubiger und dem schlechterrangigen Verletzten kann nicht zu Gunsten des Letzteren erweitert werden. Der Rang des Zwischenrechts des Gläubigers bleibt bestehen. 231 232 233

s.o. unter D., Π., 2., b), cc). Vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 294 zu § 111g. s.o. unter D., II., 2., c), aa), (3).

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

275

Es ist dennoch in einem Zulassungsverfahren analog § 111h zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen. Ist das der Fall, so muss der Staat in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verletzten die uneingeschränkte Vollstreckung in den arrestierten Gegenstand ermöglichen, auch wenn aufgrund des Wertes des arrestierten Gegenstandes eine Befriedigung des Verletzten nach dem zwischenrangigen Gläubiger kaum realistisch ist. Die Anordnung des dinglichen Arrestes und die Arrestpfändung sind deshalb aufzuheben. In dem eingangs skizzierten Fallbeispiel (s. Abb. 19) können somit folgende Antworten gegeben werden: Arrestierung

Forderungspfändung

der Mietforderung

Zulassung

durch A

für A ?

nach § l l l d

i

ι I Forderungspfändung durch C

ι f

Ι

Forderungspfändung

Zulassung

durch Β

für Β ?

Abbildung 19

Die Verletzten A und Β haben nach dem Justizfiskus und dem Gläubiger C die Mietforderung des Täters S gepfändet. Trotz Zulassung ihrer Forderungspfändungen in einem Zulassungsverfahren analog § 111h Abs. 2 können A und Β den „normalen" Gläubiger C wegen der allein maßgeblichen Regelung des § 804 Abs. 3 ZPO nicht im Rang verdrängen. Eine Abänderung des Prioritätsprinzips zu Gunsten von A und Β als verletzte Opfer der Straftat ist bei arrestierten Forderungen nicht möglich, da hierfür keine Regelungen Anwendung finden. In Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB muss der Staat bzw. der Justizfiskus jedoch nach Zulassung der Forderungspfändungen von einer Durchsetzung seiner Ansprüche wegen Verfalls von Wertersatz absehen und den Arrest aufheben. Sowohl der Gläubiger C als auch die beiden Verletzten A und Β rücken dann im Rang auf, weil mit der Aufhebung das Pfändungspfandrecht des Justizfiskus entfällt. Bei der Verwertung der gepfändeten Mietforderung in Höhe von EUR 30.000,- werden A und B, wenn sich C wegen seines titulierten Anspruches über EUR 40.000,- befriedigt, allerdings leer ausgehen. 18*

Zeit

276

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte d) Vorschlag für gesetzliche Neuregelung des § 111h

Die vorhergehende Untersuchung hat ergeben, dass in bestimmten Fallkonstellationen, in denen „normale" Gläubiger vor einem oder mehreren privilegierten Verletzten in den arrestierten Vermögenswert vollstrecken, der nachrangige Verletzte keine vorrangige Befriedigung seines durch die Straftat erlittenen Vermögensnachteils erreichen kann. Das Prioritätsprinzip aus § 804 Abs. 3 ZPO bleibt maßgeblich und kann nicht abgeändert werden. Dies stellt im Hinblick auf die Verwirklichung des Opferschutzes ein unbefriedigendes Ergebnis dar, weil hier der vom Gesetzgeber mit den §§ 111b ff. primär verfolgte Schutz der Opfer der Straftat und ihrer persönlichen Wiedergutmachungsinteressen nicht erreicht wird. Statt dessen müssen die Verletzten - sogar trotz Sicherstellungen auch im Wege der Zurückgewinnungshilfe - anderen Gläubigern ohne Aussicht auf eigene Befriedigung den Vortritt lassen. Dies trägt bei den Betroffenen zu einer negativen Einschätzung der Effektivität des Rechtsstaates und der mangelnden Opferorientiertheit nur bei. Das muss vor allem vor dem bereits geschilderten Hintergrund konstatiert werden, dass mittlerweile der Großteil der Vermögenswerte von Straftätern durch dingliche Arreste wegen Verfall von Wertersatz sichergestellt wird und die Arrestvollziehungen zumeist bewegliche Sachen wie Bargeld und Forderungen, insbesondere gegen Bankinstitute, betreffen. 234 Berücksichtigt man das durch die §§ 111b ff., insbesondere durch § 111g und § 111h bereits vorgegebene primäre Ziel der Schadloshaltung des Verletzten und den dahinter stehenden zentralen Opferschutzgedanken, so ist der Gesetzgeber aufgefordert, die aufgezeigte Lücke durch eine Neuregelung des § 111h zu schließen. Mit den §§ 111g, 111h hat der Gesetzgeber bereits in einem ersten Schritt durch entsprechende Instrumente das Wiedergutmachungsinteresse der Straftatopfer über die Vermögensinteressen anderer Vollstreckungsgläubiger gestellt und so dem Verletzten in Abänderung des vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzips eine auch anderen Gläubigern vorgehende Befriedigung ermöglicht. Hier ist dem Verletzten durch eine der Systematik der §§ 111b ff. entsprechende Regelung helfend zur Seite zu treten und ihm der Vorrang nicht nur gegenüber dem Justizfiskus, sondern auch gegenüber anderen Vollstreckungsgläubigern zu gewähren. Danach müsste dem Verletzten bei seinem vollstreckungsrechtlichen Zugriff auf nach § l l l d oder § I l i o arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen oder Vermögensrechte der Vorrang eingeräumt werden, indem ein Rangtausch mit dinglicher Wirkung mit dem Sicherungsrecht des Justizfiskus nach Zulassung der Rangänderung entsprechend § 111h Abs. 2 erfolgt. Nur über eine solche dingliche Rangänderung kann dem Verletzten bei der Voll234

s.o. unter D., II.

II. Der Zugriff auf sonstige, arrestierte Vermögenswerte

277

Streckung in sonstige arrestierte Vermögenswerte eine Schadloshaltung ermöglicht werden, wenn Zwischenpfandrechte anderer Gläubiger existieren. Es besteht hier somit ein Bedürfnis, dem Verletzten mittels einer dinglichen Rangänderung zur Seite zu treten. 235 Übergeordnete Interessen, die einer solchen allein auf die Zurückgewinnungshilfe in den §§ 111b ff. begrenzten Regelung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. 236 Erst mit einer solchen Regelung wäre der erstrebte Opferschutz im Rahmen der §§ 111b ff. vollendet. Vorgeschlagen wird deshalb, in § 111h folgenden neuen Absatz hinter Abs. 1 einzufügen:

„Betreibt der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches die Zwangsvollstreckung oder vollzieht er einen Arrest in eine bewegliche Sache, Forderung oder ein anderes Vermögensrecht, in welche ein Arrest nach § llld vollzogen ist, so kann er verlangen, dass die durch den Vollzug dieses Arrestes begründeten Pfändungspfandrechte hinter seinem Recht im Rang zurücktreten. Absatz 1 Satz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden. " Hierdurch würde ein Rangvortritt des Verletzten vor Zwischenrechte von Gläubigern sichergestellt, wobei diese entsprechend § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB keine Nachteile daraus erleiden. Außerdem wird der Vorrang wegen § 111h Abs. 1 Satz 2 auf Dauer eingeräumt, während dagegen die Zustimmung des Eigentümers wie auch die Eintragung im Grundbuch gemäß dem Sinn der Regelung nach § 111h Abs. 1 Satz 4 keine Anwendung finden. Nach § 111h Abs. 1 wäre weiterhin der vorrangige Zugriff des Verletzten auf Grundstücke sichergestellt, der dann analog auch für eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und Luftfahrzeuge gilt. Dieser Regelungsvorschlag geht sehr viel weiter als der bereits zwischenzeitlich unterbreitete Vorschlag, dem Verletzten zumindest den staatlich unbeeinträchtigten Zugriff auf bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte nach Prüfung in einem Zulassungsverfahren zu erlauben, ohne ihm allerdings auch den Vorrang gegenüber Dritten einzuräumen. 237 Der dort unterbreitete Vorschlag kommt daher nur dann - hilfsweise - in Betracht, wenn der Gesetzgeber den hier nunmehr empfohlenen Schritt zur Besserstellung des Verletzten gegenüber anderen Gläubigern durch Einführung einer dinglichen Rangänderung für Pfandrechte an beweglichem Vermögen nicht gehen will.

235

Anders dagegen Stein/Jonas-Münzberg, § 804, Rn. 38 (Fn. 156); Martin, S. 278 ff., die beide noch ein Bedürfnis für dingliche Rangänderungen verneinen, ohne allerdings die §§ 111b ff. bei ihren Ausführungen zu berücksichtigen bzw. zu kennen. 236 Vgl. MüKo -Wacke, § 880, Rn. 1; Wacke JA 1981, 94 (96). 237 s.o. unter D., II., 2., b), dd).

278

D. Der Zugriff des Verletzten auf arrestierte Vermögenswerte

3. Ergebnis Betreibt der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches die Zwangsvollstreckung oder vollzieht er einen Arrest in ein eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug, in welches ein Arrest nach § l l l d oder § I l i o vollzogen und deshalb in dem jeweiligen Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen ein Arrest- oder Registerpfandrecht zu Gunsten des Justizfiskus eingetragen ist, so findet § 111h analoge Anwendung. Der Verletzte kann danach verlangen, dass das durch den Vollzug des Arrestes eingetragene Sicherungsrecht des Justizfiskus hinter seinem Sicherungsrecht im Rang zurücktritt, und zwar mit dinglicher Wirkung auch gegenüber Zwischenrechten anderer Gläubiger. Vollstreckt der Verletzte dagegen in sonstige bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte, in welche ein Arrest nach § l l l d oder § 1 I l o vollzogen ist, so fehlt eine Regelung wie in § 11 l h oder § 11 lg. Jedoch ist in einem Zulassungsverfahren analog § 111h zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen. Ist das der Fall, muss der Staat in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 11 I h i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Vollstreckung des Verletzten zulassen, diesem die uneingeschränkte Vollstreckung in den arrestierten Gegenstand ermöglichen und von eigenen Vollstreckungsmaßnahmen absehen. Hierzu hat er geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die im Regelfall dahingehen werden, dass die Anordnung des dinglichen Arrestes und die Arrestpfändung aufzuheben sind. Gegebenenfalls muss er zur Sicherung weiterer Verletztenansprüche oder eigener Zahlungsansprüche Arrestpfändungen neu vornehmen. Dies gilt auch, wenn nach dem Justizfiskus und vor dem Verletzten ein anderer Gläubiger in den arrestierten Vermögenswert vollstreckt und somit ein Zwischenpfandrecht begründet hat. Der Justizfiskus hat hier ebenfalls in allen Fällen eines dinglichen Arrestes in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nach Zulassung der Zwangsvollstreckung Arrestanordnung und -Vollziehung aufzuheben, um die Vollstreckung des Verletzten in keiner Weise zu beeinträchtigen. Eine Abänderung der nach dem Prioritätsprinzip aus § 804 Abs. 3 ZPO begründeten Rangfolge kann der Verletzte jedoch zu Lasten des besserrangigen Gläubigers nicht erreichen. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, zur Schließung der Gesetzeslücke, die bei der Vollstreckung des Verletzten in bereits nach den §§ l l l d , I l i o arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte besteht, eine Vorschrift einzuführen, nach der dem Verletzten der Vorrang mit dinglicher Wirkung auch gegenüber anderen Gläubigern eingeräumt wird.

E. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Vorschriften der §§ 111b ff. beinhalten nicht nur wichtige, vorläufige Sicherungsinstrumente zur staatlichen Gewinnabschöpfung mittels Verfall oder Einziehung nach den §§73 ff. StGB. Sie bieten vor allem den Verletzten der Straftat mit der in der Praxis immer bedeutenderen Zurückgewinnungshilfe in den §§ 111b Abs. 5, l l l e Abs. 3 und 4, 111g, 111h und l l l i herausragende Möglichkeiten, die durch eine Straftat erlittenen Schäden durch eigene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wieder auszugleichen. Der Verletzte kann hiernach auf die zuvor durch den Staat beschlagnahmten oder arrestierten Vermögenswerte der Straftäter, Teilnehmer und tatunbeteiligten Dritten nach einer richterlichen Zulassung zugreifen und sich daraus sowohl vor dem Justizfiskus als auch vor anderen Gläubigern befriedigen. So kann der Verletzte auf Grund eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches gemäß § 111g auf alle bereits und noch nach § 111c beschlagnahmten Vermögenswerte zugreifen, die nicht der Einziehung unterliegen. Darunter fallen auch Gegenstände, die wegen Erweiterten Verfalls gemäß § 73d StGB beschlagnahmt worden sind. Zur Sicherung von Vermögensstrafen können dagegen keine Beschlagnahmen erfolgen, so dass dem Verletzten hier ein Zugriff entgegen § 11 l o Abs. 5 i. V. m. § 111g nicht ermöglicht werden kann. Vollstreckt der Verletzte in den beschlagnahmten Vermögenswert und erlangt er die gemäß § 111g Abs. 2 dafür erforderliche Zulassung, so hat der Zulassungsbeschluss zum einen die in § 111g Abs. 1 geregelte „Filterfunktion". Danach wird mit der Zulassung das bisher zu Gunsten des Staates aufgrund der Beschlagnahme wirkende relative Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 ausgeschaltet. Dem Verletzten wird so die ungehinderte Befriedigung ermöglicht. Bis zur Zulassung sind wegen § 111c Abs. 5 alle Vollstreckungsmaßnahmen von Verletzten und Gläubigern dem Justizfiskus gegenüber (relativ) unwirksam, im übrigen aber vollwirksam. Da dem Zulassungsbeschluss insoweit keine andere als die genannte Filterfunktion zu kommt, stellt dieser keine Zwangsvollstreckungsvoraussetzung dar und hat auch sonst keine Bedeutung für die Frage der Wirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen oder des Entstehens von Pfändungspfandrechten. Darüber hinaus kommt dem Zulassungsbeschluss eine „Vorrangfunktion" zu. Bei der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung in beschlagnahmte Werte gilt zwar grundsätzlich das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip.

280

E. Zusammenfassung der Ergebnisse

Vollstreckt jedoch ein Verletzter während der Dauer der Beschlagnahme zusammen mit ihm vorrangigen Gläubigern, und erwirbt er in diesem Zeitraum die Zulassung, so gilt gemäß § 111g Abs. 3 Satz 1 vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an das Veräußerungsverbot aus § 111c Abs. 5 zu Gunsten des Verletzten. Dieser rückt damit auf Dauer an die Rangstelle des bestrangigen Gläubigers, was ihm die vorrangige Befriedigung ermöglicht. Betreiben gleich mehrere Verletzte die Zwangsvollstreckung in beschlagnahmte Werte, erwirken aber nur einige von ihnen den Zulassungsbeschluss aus § 111g Abs. 2, so verdrängen diese damit im Rang auch alle vorrangigen, nicht zugelassenen Verletzten. Die Rangfolge zwischen mehreren zugelassenen Verletzten untereinander, die in die beschlagnahmten Gegenstände vollstrecken, richtet sich dagegen weiter nach dem vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip. Dieses wird durch die Zulassung nach § 111g nicht verändert. Es kommt nicht darauf an, wer als Erster nach der Vollstreckung den Zulassungsbeschluss in den Händen hält oder umgekehrt als Erster nach der Zulassung die Vollstreckung vornimmt. Den maßgeblichen Zulassungsbeschluss können gemäß § 111g Abs. 2 Satz 3 nur Verletzte erlangen, denen ein Anspruch aus der Straftat erwachsen ist. Diese Beschränkung folgt der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und dem darin enthaltenen Rechtsgedanken, wonach Individualansprüche den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Erlangten zu Gunsten der Staatskasse haben. Die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in beschlagnahmte Werte ist daher immer dann zu erteilen, wenn deren Verfall an § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB scheitert. Verletzter i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 ist deshalb jede Person, deren Individualinteressen durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden und die durch diese Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat. Dazu können auch der Staat und der Steuerfiskus gehören, nicht aber die Rechtsnachfolger des Verletzten. Dem Verletzten muss zusätzlich aus deijenigen Straftat i.S.d. § 264 ein Anspruch erwachsen sein, die Anlass zur Beschlagnahme war. Das sind grundsätzlich alle Ansprüche, die aufgrund des der Tat zu Grunde liegenden Geschehens zur Entstehung gelangt und auf Rückerstattung des Erlangten oder dessen Wert gerichtet sind. Ansprüche dagegen, die nicht auf eine Vermögensverschiebung zurückgehen, weil es an einem auf Kosten des Verletzten erlangten Tatgewinns fehlt, werden nicht zugelassen. Als aus der Tat erwachsen i.S.d. § 111g Abs. 2 Satz 3 gelten auch die Ansprüche des Verletzten, die auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten gerichtet sind, wenn sie bei der Durchsetzung der aus der Tat erwachsenen Ausgleichsansprüche entstehen. Gleiches gilt für die Ansprüche, die bereits vor der Straftat bestehen und deren Gegenstand sind, wie insbesondere Steueransprüche

E. Zusammenfassung der Ergebnisse des Steuerfiskus bei Steuerhinterziehungen. Schmerzensgeld- oder Schadensersatzansprüche des Verletzten wegen Körperverletzung, Freiheitsentziehung o.ä. scheiden dagegen mangels vorhergehender Vermögensverschiebung aus. Der Zulassung der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung bedarf es schließlich nur, wenn und solange die Beschlagnahme nach §§ 111b, 111c besteht. Ist die Beschlagnahme bereits aufgehoben oder sonst beendet, so fehlt es mit dem Rechtsschutzbedürfnis an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für die Zulassung. Ein Antrag hat dann keine Aussicht auf Erfolg mehr. Ebenso wie § 111g ermöglicht auch § 111h unter den gleichen Voraussetzungen dem Verletzten wegen seiner aus der Straftat erwachsenen Ansprüche eine bevorrechtigte Befriedigung. Der Verletzte kann nach Einholen der Zulassung gemäß § 111h Abs. 2 vom Justizfiskus (Staat) eine Rangänderung zu seinen Gunsten verlangen, die auf Antrag des Verletzten im Grundbuch eingetragen wird. Das Recht zur Rangänderung aus § 111h Abs. 1 Satz 1 besteht dann, wenn der Verletzte wegen eines aus der Straftat erwachsenen Anspruches i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in ein bereits und noch arrestiertes Grundstück oder grundstücksgleiches Recht vollstreckt. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob der dingliche Arrest wegen Verfall von Wertersatz oder Zurückgewinnungshilfe, wegen der Einziehung von Wertersatz, einer Geldstrafe, der voraussichtlichen Verfahrenskosten oder wegen einer zu erwartenden Vermögensstrafe erfolgt ist. Die Möglichkeit zur Rangänderung wie auch zu ihrer Zulassung besteht aber nur solange, wie die Arrestierung des Grundstücks durch Belastung mit einer (Arrest-)Sicherungshypothek zu Gunsten des Justizfiskus gegeben ist. Dabei können dingliche Arreste, die wegen des Verfalls von Wertersatz oder entsprechend wegen Zurückgewinnungshilfe angeordnet worden sind, analog § l l l i für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten werden. Bei der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in nach § l l l d oder § I l i o arrestierte Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte gilt für alle Vollstreckungsgläubiger einschließlich des Justizfiskus grundsätzlich das Prioritätsprinzip aus § 879 BGB. Vollstreckt jedoch ein Verletzter während der Dauer der Arrestierung zusammen mit ihm vorrangigen Gläubigern und erwirbt er die Zulassung aus § 111h Abs. 2, so rückt er mit der Eintragung der Rangänderung an die Rangstelle des Justizfiskus. Er kann sich so ungehindert vor diesem befriedigen. Dem Zulassungsbeschluss kommt hier ebenfalls eine „Filterfunktion" zu. Gleichzeitig verdrängt der Verletzte durch die eingetragene Rangänderung wegen § 111h Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 880 Abs. 5 BGB bis zur Höhe der staatlichen Sicherungshypothek im Rang auch die Zwischenrechte rangbesserer Gläubiger. Dem Zulassungsbeschluss kommt daher ebenfalls eine „Vorrangfunktion" zu.

282

E. Zusammenfassung der Ergebnisse

Vollstrecken gleich mehrere Verletzte in das arrestierte Grundstück oder grundstücksgleiche Recht, erwirken aber nur einige von ihnen den Zulassungsbeschluss aus § 111h Abs. 2 und lassen damit die Rangänderung eintragen, so rücken diese im Rang an die Stelle des Justizfiskus und damit auch vor die Zwischenrechte nicht zugelassener Verletzter. Die Rangfolge zwischen zugelassenen Verletzten untereinander richtet sich weiterhin nach dem vollstreckungsrechtlichen Prioritätsprinzip aus § 879 BGB. Sie bleibt auch dann, wenn die Verletzten nacheinander die Rangänderungen eintragen lassen, unverändert. Bei § 111h kommt es nicht darauf an, wer als Erster nach der Vollstreckung anhand des Zulassungsbeschlusses auch die Eintragung der Rangänderung vornehmen lässt. § 111h Abs. 1 Satz 1 ist so auszulegen, dass die Vorrangeinräumung an den jeweiligen Verletzten nur soweit erfolgt, als dass das Rangverhältnis mehrerer vortretender Verletzter untereinander unverändert zu bleiben hat. Widerspricht dem später die buchmäßige Ranglage, weil ein ursprünglich rangschlechterer Verletzter zuerst die Rangänderung hat eintragen lassen, so ist das Grundbuch unrichtig. Der ursprünglich rangbessere Verletzte kann dann die Berichtigung des Grundbuchs verlangen und nach § 894 BGB und § 37 Nr. 4 Z V G durchsetzen. In Umsetzung der Grundbuchberichtigung muss diesem von dem vor ihm eingetragenen, ursprünglich rangschlechteren Verletzten der Vorrang nach § 880 BGB eingeräumt werden. Zur Klarstellung der Regelung in § 111h Abs. 1 wird empfohlen, in § 111h Abs. 1 als neuen Satz 2 eine Bestimmung aufzunehmen, wonach beim Rangvortritt mehrerer Rechte von Verletzten ihr Rangverhältnis untereinander unberührt bleibt. Betreibt der Verletzte die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung in ein nach § l l l d oder § I l i o arrestiertes, eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug, und ist in dem jeweiligen Schiffsregister, Schiffsbauregister oder Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen zu Gunsten des Justizfiskus ein Pfandrecht eingetragen, so findet § 111h analoge Anwendung. Der Verletzte kann verlangen, dass das durch den Vollzug des Arrestes eingetragene Sicherungsrecht des Justizfiskus hinter seinem Pfandrecht im Rang mit dinglicher Wirkung auch gegenüber Zwischenrechten anderer Gläubiger zurücktritt. Vollstreckt der Verletzte dagegen in sonstige bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte, in welche ein Arrest nach § l l l d oder § I l i o vollzogen ist, so fehlt es an einer gesetzlichen Regelung wie in den §§ 111g, 111h. Zur Schließung dieser Gesetzeslücke ist in einem Zulassungsverfahren analog § 111h zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen. Ist das der Fall, muss der Staat in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Vollstreckung des Verletzten zulassen. Er hat diesem die uneinge-

E. Zusammenfassung der Ergebnisse schränkte Befriedigung aus dem arrestierten Gegenstand zu ermöglichen und von eigenen Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Hierzu hat er geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die im Regelfall dahingehen werden, dass die Anordnung des dinglichen Arrestes oder einzelne Arrestpfändungen wieder aufzuheben sind. Gegebenenfalls muss zur Sicherung weiterer Verletztenansprüche oder staatlicher Zahlungsansprüche z.B. wegen Geldstrafe der Arrest neu vollzogen werden. Dies gilt auch, wenn nach dem Justizfiskus und vor dem Verletzten ein anderer Gläubiger in den arrestierten Vermögenswert vollstreckt und ein Zwischenpfandrecht begründet hat. Der Justizfiskus hat hier ebenfalls in allen Fällen eines dinglichen Arrestes in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 111h i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nach Zulassung der Zwangsvollstreckung Arrestanordnung und -Vollziehung aufzuheben, um die Vollstreckung des Verletzten nicht zu beeinträchtigen. Eine Abänderung der nach § 804 Abs. 3 ZPO begründeten Rangfolge kann der Verletzte jedoch zu Lasten des besserrangigen Gläubigers nicht erreichen. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, zur Schließung der bestehenden Gesetzeslücke eine Vorschrift einzuführen, nach der dem Verletzten der Vorrang sowohl vor dem Justizfiskus als auch vor anderen Gläubigern mit dinglicher Wirkung bei einem Zugriff auf arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen und andere Vermögensrechte eingeräumt wird. Die §§ 111g und 111h bieten somit dem Verletzten - mit Ausnahme beim Zugriff auf arrestierte bewegliche Sachen, Forderungen und Vermögensrechte - zu seiner Schadloshaltung besondere Zugriffsmöglichkeiten, die das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip erweitern. Da die Tatgewinne und legalen Vermögenswerte der Straftäter nach der Tat allerdings häufig verschwunden, verschleiert oder sonst unbekannt sind, sind die Verletzten bei der Schadenswiedergutmachung in der Regel auf die Finanzermittlungen der Behörden und die Sicherstellungen nach den §§ 11 l b ff. angewiesen. Erst hierdurch können sie sich bevorrechtigt nach den §§ 111g und 11 l h aus den sichergestellten Vermögenswerten der Täter befriedigen. Konsequente Sicherstellungen von Vermögenswerten für die Zurückgewinnungshilfe und die Schließung der aufgezeigten Gesetzeslücke könnten daher den in den §§ 111b ff. bereits bestehenden Opferschutz zu einem wirksamen, effektiven und wichtigen Instrument verwirklichen. Auf diese Weise könnten sowohl dem Verletzten die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens ausnahmslos ermöglicht als auch zugleich die erlangten Gewinne bei den Straftätern im staatlichen Interesse endgültig abgeschöpft werden. Die bislang kritisierte und zur Abschaffung vorgeschlagene Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB behindert somit aufgrund der Vorschriften über

284

E. Zusammenfassung der Ergebnisse

die Zurückgewinnungshilfe, wird diese konsequent umgesetzt, in der Praxis weitaus weniger die mit dem Verfall beabsichtigte Gewinnabschöpfung und führt gerade nicht ihre Bedeutungslosigkeit herbei. Statt dessen ist die Berücksichtigung der Verletztenansprüche in den §§ 11 l b ff. eine wichtige, gar die tragende Säule der Gewinnabschöpfung. Angesichts der außerordentlichen Bedeutung und der Auswirkungen der Zurückgewinnungshilfe für die Schadloshaltung der Verletzten sollte den §§ 111b ff. im Opferschutzinteresse die uneingeschränkte Aufmerksamkeit sowohl des Gesetzgebers, der Ermittlungsbehörden als auch der betroffenen Verletzten und ihrer Rechtsanwälte zu teil werden.

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294

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Amtliche Veröffentlichungen und Materialien Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 12. Band, Zweite Lesung des Entwurfs - Allgemeiner Teil - , Bonn 1959 (zit.: Niederschriften 12, Seite) Entwurf der Bundesregierung eines Strafgesetzbuches (StGB) E 1962 (mit Begründung), Bundestags-Drucksache IV/650 (zit.: BT-Drucks. IV/650, Seite) Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform, 5. Wahlperiode 1965-1969 (zit.: Protokolle V, Seite) Zweiter Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform über den von [...] eingebrachten Entwurf eines Strafgesetzbuches vom 23. April 1969, Bundestags-Drucksache V/4095 (zit.: BT-Drucksache V/4095, Seite) Entwurf der Bundesregierung eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 4. April 1972, Bundestags-Drucksache VI/3250 (zit.: BTDrucks. VI/3250, Seite) Entwurf der Bundesregierung eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 11. Mai 1973, Bundestags-Drucksache 7/550 (zit.: BT-Drucks. 7/550, Seite) Protokolle über die Sitzungen des Sonderausschusses des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform, 7. Wahlperiode 1972-1976 (zit.: Protokolle 7, Seite) Erster Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Einfiihrungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) - Drucksache 7/550 - , Bundestags-Drucksache 7/1232 (zit.: BT-Drucksache 7/1232, Seite) Erster Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB), Bundestags-Drucksache 7/1261 (zit.: BT-Drucks. 7/1261, Seite) Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren vom 10. April 1986, Bundestags-Drucksache 10/5305 (zit.: BTDrucks. 10/5305, Seite) Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Vermögensstrafe - (...StrÄndG) vom 25. Oktober 1989, Bundestags-Drucksache 11/5461 (zit.: BT-Drucks. 11/ 5461, Seite) Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes - Erweiterter Verfall - (.. .StrÄndG) vom 9. März 1990, Bundestags-Drucksache 11/6623 (zit.: BT-Drucks. 11/6623, Seite) Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 25. Juli 1991, Bundestags-Drucksache 12/989 (zit.: BT-Drucks. 12/989, Seite)

Amtliche Veröffentlichungen und Materialien

297

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 1. Oktober 1997, Bundestags-Drucksache 13/8651 (zit.: BT-Drucks. 13/8651, Seite) Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Abschöpfung von Vermögensvorteilen aus Straften vom 3. Februar 1998, Bundestags-Drucksache 13/9742 (zit.: BT-Drucks. 13/9742, Seite) Lagebild Finanzermittlungen Nordrhein-Westfalen 1998, hrsg. vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (zit.: Lagebild Finanzermittlungen NRW 1998, Seite) Lagebild Finanzermittlungen Nordrhein-Westfalen 1999, hrsg. vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (zit.: Lagebild Finanzermittlungen NRW 1999, Seite) Bundeskriminalamt, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 1999 Bundesrepublik Deutschland (zit.: BKA, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 1999 BRD, Abschnitt) Bundeskriminalamt, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 2000 Bundesrepublik Deutschland (zit.: BKA, Kurzfassung des Lagebildes Organisierte Kriminalität 2000 BRD, Abschnitt) Richtlinien über polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Finanzermittlungen zur Abschöpfung rechtswidrig erlangten Vermögens und zur Bekämpfung der Geldwäsche (Finanzermittlungsrichtlinien - FERL) - Gem. RdErl. d. Innenministeriums - IV-D 1 - 6537, d. Finanzministeriums - S- 0750 - 10 - VAI und d. Justizministeriums - 4000 - III A 155, ν. 21.7.2000, in MB1. NRW 2000, S. 892 (zit.: Finanzermittlungsrichtlinien NW, Ziffer) Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts des Bundesministeriums der Justiz (Stand: 8. Dezember 2000) (zit.: Referentenentwurf zur Reform des Sanktionensystems, Seite) mit Begründung (Stand: 8. Dezember 2000) (zit.: Begründung zum Referentenentwurf, Seite) Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Kurzfassung, Berlin Juli 2001, hrsg. vom Bundesministerium des Innern und Bundesministerium der Justiz (zit.: Erster Periodischer Sicherheitsbericht 2001 (Kurzfassung), Seite)

trtverzeichnis Adhäsionsverfahren 150, 151 Analogie - bei Arresten in eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke, Luftfahrzeuge 239 ff. - bei der Zwangsvollstreckung in arrestiertes, bewegliches Vermögen 255, 262, 264,269 f., 274 - bei Verlängerung der Beschlagnahme wegen Erweitertem Verfall 72 ff. Anfechtung der Vollstreckungsmaßnahme 81 Anspruch aus der Straftat 21, 35, 61, 129, 158 ff, 170 ff., 234 Anwendungsbereich der §§ 111g, h 47 ff., 181 ff. Arrest, dinglicher 21, 31 ff., 181 ff., 235 ff. - Anordnung 33, 258 - Aufhebung 202, 204, 258, 260, 267, 271 - Aufrechterhaltung 193 ff. - Beginn der Arrestierung 190, 253, 255 - Ende der Arrestierung 191, 212, 254 - in ein Grundstück 33, 181 ff., 190, 238 - in ein grundstücksgleiches Rechts 33, 181 ff., 183, 238 - in ein Schiff 33, 181 ff., 235, 239, 240 ff., 254 - in ein Schiffsbauwerk 33, 181 ff., 235, 239, 240 ff., 254 - in ein Luftfahrzeug 235, 239, 244 ff., 254 - in eine bewegliche Sache 33, 181, 235, 238, 254

- in eine Forderung 238, 254

33, 181, 235,

- Sicherungshypothek 33, 39, 182, 201, 202, 204, 205, 207 ff. - Verlängerung 193 ff. - Vollziehung 33, 184, 185 - wegen Einziehung von Wertersatz 33, 40, 185, 258, 260, 272 - wegen Geldstrafe 33, 40, 185, 203, 258, 260, 272 - wegen Kosten des Strafverfahrens 33, 40, 185, 203, 258, 260, 272 - wegen Vermögensstrafe 258, 260, 272

189, 203,

-Wirkung 33 Arrestgrund 32 Arrestvollziehung, siehe auch Zwangsvollstreckung - in arrestierte Vermögenswerte 235

181,

- in beschlagnahmte Vermögenswerte 46 Arrestvollziehungsfrist 82, 99, 100 Ausgleichsanspruch 208

22, 35, 158 ff.,

- Anspruchsgrundlagen 162 - Freiheits- u. Körperverletzungen 165 - Rechtsverfolgungskosten 165 ff. - Schmerzensgeld 163 f. Ausland - Gewinnabschöpfung 43 - Vollstreckung 32, 44

Stichwortverzeichnis Auslegung - d e r Vorrangeinräumung in § l l l h StPO 222 ff. - der Zulassungsentscheidung 87 ff., 121 ff., 150 ff. -des § 111g Abs. 2 StPO 87 ff., 150 ff. - des § 111g Abs. 3 StPO 121 ff. - des Zulassungsbegriffs 46, 87 Bankkonto 28, 126 Bankunternehmen 126 Bekanntmachung der Sicherstellungen 38, 39, 44, 188, 236 Beschlagnahme 21, 26 ff, 38, 46 ff. - Anordnung 28 - Aufhebung 53 ff. - Aufrechterhaltung 38, 7 ff., 75, 198 - Beginn 50 - Bewirkung 28, 50 - einer beweglichen Sache 28, 50 - einer Forderung 29, 50 - eines anderen Vermögensrechts 29, 50 - eines Grundstücks 29, 50 - eines grundstücksgleichen Rechts 29, 50 - eines Luftfahrzeuges 29, 50 - eines Schiffes 29, 50 - eines Schiffsbauwerkes 29, 50 - Ende 51 ff. - Verlängerung 38, 72 ff., 75, 198 - Vollzug 50 - Wirkung 29, 50, 94 f., 106 ff., 112 Beschlagnahmekonkurrenzen 44 Beschlagnahmelösung 62, 88, 141 Dinglicher Arrest, siehe Arrest Drittschuldner 126 Eigentümergrundschuld 192, 193, 202 Einleitung 17 Eintragung

299

- der Pfandrechte in Registern 240, 242, 243 f., 245 f., 247, 254 - d e r Rangänderung 208, 210, 211, 212, 214, 216, 218 Einziehung 21, 76 Einziehung von Wertersatz 21, 33, 40, 185, 200, 258, 260, 272 Erbe des Verletzten 146 ff. Ermessen 25, 32, 44 - Pflicht zur Sicherstellung 44 - stärkere Ermessensbindung 44 Erweiterter Verfall 19, 26, 37, 59 ff. Erweiterter Verfall von Wertersatz 31, 37, 184 Etwas aus der Straftat erlangt 27, 31 Filterfunktion der Zulassung 92, 96, 142, 178, 209, 235 Finanzermittlungen 17 f., 237 Geldstrafe 21, 33, 40, 185, 203, 258, 260, 272 Gesetzgebung - Einführung der §§ 11 lb ff. 21 ff. - Empfehlungen für Neuregelungen 232, 265, 276 Gewinnabschöpfung 17, 18, 24, 25, 36, 41, 43, 66, 153 ff., 237 Grundbuch - Berichtigung 230 - Unrichtigkeit 227, 229 f. Grundstück - Arrestvollziehung 105 - Beginn der Arrestierung 190 - dinglicher Arrest 33, 181 ff., 190, 238 - Ende der Arrestierung 191 ff. - Zwangsvollstreckung 102 Grundstücksgleiches Recht - Arrestvollziehung 105 - dinglicher Arrest 33, 181, 183, 238 - Zwangsvollstreckung 102 Gutgläubiger Erwerb von beschlagnahmten Gegenständen 55 ff.

300

trtverzeichnis

Härtefallregelung 70 Hinterlegung eines Drittschuldners 127 Insolvenz - Beschlagnahmekonkurrenzen 44 - des Straftäters 44 Justizfiskus 29, 33, 34, 106, 207 f., 209,211,220, 256 ff., 266 ff. Kosten des Strafverfahrens 21, 33, 40, 185, 203, 258, 260, 272 Kostenerstattungsanspruch 165 ff. - Kosten der Zwangsvollstreckung 169 - materiell-rechtlicher 168 - prozessualer 166 Luftfahrzeuge - Arrestvollziehung 104, 105, 244 ff. - Luftfahrzeugrolle 103, 104, 244, 245, 246 - Register für Pfandrechte 103, 105, 244, 245, 246 - Zwangsvollstreckung 103, 244 ff., 254 ff.

236, 105, 104, 239,

Nachverfahren 66, 67 Nichtigkeit, siehe Wirksamkeit Nutzungen 27 Opferschutz 22, 64, 67, 68 ff., 248, 252, 257, 276, 298 Organisierte Kriminalität 17, 66, 238 Pfändung 29, 33, 102, 104, 236, 240, 242, 245, 247, 255, 259, 261, 267 Pfändungspfandrecht 34, 81, 82 ff., 101, 102 f., 104 ff., 240 ff., 245, 247, 255, 259, 261, 266, 268 - Drittschuldner 127

- Eintragung in Registern 240, 242, 243 f. 245 f., 247, 254 Platzhalterfunktion der Zulassung 259 Prioritätsprinzip 101 ff., 123, 207 - Abänderung 106 ff., 207 ff. - bei der Arrestvollziehung 104 ff. - in der Zwangsvollstreckung 102 ff. Rangänderung 39, 181 ff., 190, 205, 207 ff., 211, 212, 214, 215, 218, 227, 228, 253 - Anspruch auf 208, 228 - dingliche Wirkung 226, 227, 255, 268, 270, 277 - Eintragung 208, 210, 211, 212, 214, 216, 227, 253 Rangordnung - bei mehreren Pfändungspfandrechten 101 ff. - bei Zwangsvollstreckung in Grundstück 102, 105, 207 ff. - bei Zwangsvollstreckung in Luftfahrzeug 103, 105, 246 - bei Zwangsvollstreckung in Schiff 103, 104, 240, 241 ff. - mehrerer Verletzter 114 ff., 213 ff., 253, 254, 266 - zwischen Verletztem und Gläubiger 109 ff., 209 ff., 266 ff. - zwischen Verletztem und Justizfiskus 106 ff., 207 ff., 256 ff., 266 ff. - zwischen zugelassenen Verletzten 117 ff., 216 ff. Rangrücktritt 208, 212, 226, 228 - Anspruch auf 208, 228 - Rangrücktrittsvereinbarung 261, 268 Rangsicherungsfunktion der Zulassung 126 Rangtausch 208, 210, 226, 254, 255, 267, 268 Rangvortritt mehrerer Rechte 217, 226 Rechtskraft 51, 52, 53, 191, 193, 200, 203 Rechtsnachfolger des Verletzten 146 ff.

301

Stichwortverzeichnis Rechtsschutzbedürfnis 178, 235, 254 Rechtsverfolgungskosten 165 ff. Reihenfolge von Zulassung und Zwangsvollstreckung 81,86,88,90, 98 Rückgabe beschlagnahmter Sachen 58 Schiffe, Schiffsbauwerke - Arrest, dinglicher 33, 236, 240 ff., 254 ff. - Arrestvollziehung 104, 239 ff., 247 - Zwangsvollstreckung 103, 239 ff., 247 Schiffsregistereintragung - bei Arrestvollziehung 104, 240, 241, 242, 244, 247 -Schiffshypothek 103,241,243,244, 247 Schmerzensgeld 163 Schmuggel 171 Sicherstellungsbedürfnis 27, 37 Sicherungshypothek 33, 34, 39, 102, 105, 182, 201, 202, 203, 204, 207 ff., 214, 216, 218 Staat, siehe auch Verletzter 144 Steueransprüche 170 ff., 176, 177 Steuerfiskus, siehe auch Verletzter 144, 170, 174, 175, 177 Steuerhinterziehung 44, 170 ff., 176 Straftat 129 ff. - Anlaß der Beschlagnahme 129 - Anlaß für den Arrest 235 - aus der Tat erwachsener Anspruch 158 ff., 170 ff., 234 - Tat im prozessualen Sinne 131, 132, 172 - Umfang 134 Surrogat 27, 32, 36, 37

Unrichtigkeit des Grundbuchs 227, 229 ff. Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen, siehe Wirksamkeit Veräußerungserlös 27 Veräußerungsverbot 29, 34, 94 f., 107, 108, 109, 111, 112, 117 ff., 123 Verfall

17,21,26,36

- Ausschluss 35 f. - Verfallsanordnung 51 - Verfallsgegenstände 27 - Vorrang 68 Verfall von Wertersatz 21, 22, 31, 36, 39, 176, 184, 191, 193, 194, 200, 236 ff., 271 Verletzter 17, 22, 23, 128 ff., 138 ffi, 234 f., 262 - Ausgleichsanspruch 22, 35, 158 ff. - Begriff des Verletzten 138 ff. - Grund der Privilegierung 142 f. - Staat, Steuerfiskus 144 - Wiedergutmachungsinteresse 23, 95, 140, 142, 155, 157, 248, 258, 276 Vermögensabschöpfung 18 Vermögensstrafe 19, 21, 33, 40, 76 ff., 189, 203, 258, 272, 260 Vermögensvorteil 22 Vermögenswerte, arrestierte 19, 40, 181, 235, 239, 276 Versicherer des Verletzten 146 ff. Verstrickung 34, 81, 107 Vorrangeinräumung 255, 267

217, 228, 229,

Vorrangfunktion der Zulassung 93, 96, 109, 112, 115, 142, 179, 209, 211, 235 Wertungswiderspruch 65, 66

Tatentgelt 27 Tatgewinn 17, 27, 36 Tatverdacht, einfacher 26, 31

Wettlauf der Gläubiger 43 Wiedergutmachungsinteresse 23, 95, 140, 142, 155, 157, 248, 258, 276

302

Stichwortverzeichnis

Wirksamkeit - der Vollstreckungsmaßnahme 46, 81 ff. - Nichtigkeit der Vollstreckungsmaßnahme 81,97 - schwebende Unwirksamkeit der Vollstreckungsmaßnahme 83, 86, 97 Wirtschaftskriminalität 17, 43 Zessionar 146 ff. Zulässigkeit - der Vollstreckung ohne Zulassung 46, 81 ff. - Heilung von Mängeln 81 ff., 97 - Rechtsschutzbedürfnis 178, 235,254 Zulassung - der Arrestvollziehung 19, 21, 46, 81 ff., 101, 106 ff. - der Rangänderung 19, 39, 181, 182, 183, 184, 190, 214, 215, 216, 221, 224, 234 - der Zwangsvollstreckung 19, 21, 46, 81 ff., 101, 106 ff. - Filterfunktion 92, 96, 142, 178, 209, 235 - Kreis der Bevorrechtigten 96, 128 ff., 148, 234 f., 253, 262, 274 - nach Beendigung der Beschlagnahme 111 - Nachholen der Zulassung 81, 83, 84, 85, 117 - Platzhalterfunktion 259 - Rangsicherungsfunktion 126 - Rechtsschutzbedürfnis 178, 235, 254 - Übertragbarkeit des Antragsrechts 148 ff. -Vorrangfunktion 93, 96, 109, 112, 115, 142, 179, 209,211,235

Zulassungsbeschluß - Rechtsfolgen 19, 101, 106 ff., 205 ff., 253, 264, 270, 274 - Vorlage beim Grundbuchamt 208, 219, 225 Zulassungsverfahren 39, 64, 69, 90, 214, 251, 262, 269, 274, 277 Zurückgewinnungshilfe 18, 23, 24, 26, 35 ff., 155 - bei Beschlagnahmen 35 ff., 38, 106 ff. - bei dinglichen Arresten 35 ff., 39, 40, 181 ff., 214, 235 ff., 271, 277 Zusammenfassung der Ergebnisse 279 ff. Zwangsvollstreckung - in arrestierte Vermögenswerte 181 ff., 235 ff. - in beschlagnahmte Vermögenswerte 46 ff., 99 ff. - in bewegliches Vermögen 102, 104, 236, 254 ff. - in Forderungen 102, 104, 236, 254 ff. - in Grundstücke 102, 105, 181 ff., 207 - in Grundstücksgleiche Rechte 102, 105, 183 - in Luftfahrzeuge 103, 105, 239 ff., 244 ff., 254 ff. - in Schiffe, Schiffsbauwerke 103, 104, 239 ff., 247, 254 ff. - in unbewegliches Vermögen 102, 103, 105 - nach Beendigung der Beschlagnahme 111 ff. - vor Inbeschlagnahme 111 Zwischenrechte 209 ff., 214, 230, 266, 267, 269, 270, 277